CATECHJSMUS MJLCH/ Oder Der Erklaͤrung des Christ- lichen Catechismi Zehender und letster Theil/ Begreiffend das Sechste Haupt-Stuck von dem Gewalt der Schluͤssel. Zu Straßburg im Muͤnster der Gemein- de GOttes erklaͤret Durch Johann Conrad Dannhauern/ wey- land der H. Schrifft Doctorem, bey der Universit aͤt Professorem, und Predigern im Muͤnster/ nun- mehr sel. Straßburg/ Jn Verlegung Johann Friderich Spoor . M DC LXXIII. Dem Hochgebohrnen Graffen und Herꝛn/ HERRN P hilipp A lbrecht/ Herꝛn zu Limburg/ des Heil. Roͤm. Reichs Erbschencken und semper Freyen/ ꝛc. ꝛc. Meinem Gnaͤdigen Graffen und Herꝛn. Hochgebohrner Graff/ Gnaͤdiger Herꝛ G Rosse Koͤnige/ Fuͤrsten und Herren haben auch gemeiniglich grosse Schaͤtze/ wie solches nicht allein die taͤgliche Erfahrung/ sondern auch die H. Schrifft selbsten gnug- sam bezeuget: Die Koͤnige in Juda und )?( ij Jsrael DEDICATIO. Jsrael hatten ihre herꝛliche Schaͤtze; David der maͤchtige Koͤnig hatte in seiner Armuth verschafft zum Hause des HErꝛn hundert tausend Centner Golds/ und tausendmahl tausend Centner Silbers/ darzu Ertz und Eisen ohne Zahl. 1. Paral. XXIII, 14. Er hat- te seine Schaͤtze auff den Laͤndern/ in Staͤdten/ Doͤrffern/ und Schloͤssern; Seine Wein-Keller/ und darinnen die Schaͤtze des Weins; Seine Oel-Gaͤrten und Maulbeer- Baͤume/ und neben diesen seine Oel-Schaͤtze; Seine Weid- Rinder zu Saron; Seine Rinder in Gruͤnden/ seine Ka- meel/ Esel und Schaafe/ und also seinen Vieh-Schatz. 1. Par. XXVIII, 25. Seinen Edelgestein-Schatz; denn er ver- schaffte zum Hause des HErꝛn Onych-Steine/ und Mar- mel die Menge. c. XXX, 2. seqq. Noch hoͤher ist gestiegen der Schatz seines Sohns Salomons/ als welcher des Sil- bers und des Goldes zu Jerusalem so viel gemacht/ wie die Steine/ und der Cedern wie die Maul- beer-Baͤume in Gruͤnden 2. Paral. I, 15. Solche Schaͤtze hatten sie in vesten Staͤdten/ Schloͤs- sern/ Haͤusern/ und anderen versicherten Orten verwahret. David wie gehoͤret/ hatte seine Schaͤtze in Staͤdten/ Doͤrf- fern/ und Schloͤssern; Assa der Koͤnig in Juda hatte seinen Schatz in seinem Koͤniglichen Hause 1. Reg. XV, 18. Hiski- as hatte sein Schatz-Hauß; dann er zeigete den Abge- sandten von Babel das gantze Schatz-Hauß/ Silber/ Gold/ Specerey/ und das beste Oel/ und die Har- nisch-Kammer: 2. Reg. XX, 13. Sie haben alles gese- hen/ was in meinem Hause ist/ und ist nichts in mei- nen Schaͤtzen/ das ich nicht ihnen gezeiget haͤtte: spricht obgedachter Koͤnig zum Propheten Jesaia v. 15. Die Geistliche Guͤter und Schaͤtze waren beygelegt in dem Tabernackel und Tempel; Das Silber und Gold/ DEDICATIO. Gold/ und ehrin und eisern Geraͤth (von Jericho er- obert) thaͤten sie (die Kinder Jsrael zum Schatz in das Hauß des HErꝛn. Josuæ VI, 24. Als Salomo den Tempel außgebauet hatte/ bracht er hinein/ was sein Vater David geheiliget hatte/ von Silber und Golde/ und Gefaͤssen/ und legts in den Schatz des Haußes des HErꝛn. 2. Paral V, vers. 1. Vier hundert Centner Silbers/ und zwey hundert Centner Goldes lag in dem Tempel zur Zeit der Maccabeer/ als Heliodorus kam den Schatz zu rauben. 2. Maccab. IV, 11. Uber solche Koͤnigliche Schaͤtze und Schatz-Haͤuser waren versicherte Leute verordnet/ welche man Schatz- oder Rentmeister hiesse. Aßmaveth der Sohn Abdiel war uͤber den Schatz des Koͤnigs/ welcher zu Hauß war; Jonathan der Sohn Usia uͤber die Schaͤtze auff dem Lande; Sabdi der Siphimiter uͤber die Wein-Keller und Schaͤtze des Weins; Jaas uͤber den Oel-Schatz: Andere uͤber den Vieh-Schatz. 1. Paral. XXVIII, 25. Cores der Koͤnig in Persien hatte seinen Schatzmeister/ welcher Mithredath hiesse. Esr. I, 8. Deßgleichen hatte auch Arthahsastha ein an- derer Koͤnig in Persien jenseit des Wassers. c. VII, 21. Sol- cher Schatzmeister Ampt war/ die Guͤter nach Belieben und Befehl ihrer Herren außzutheilen: wie dann Arthah- sastha dem Schatzmeister jenseit des Wassers befohlen/ Esra dem Schrifftgelehrten auß den Koͤniglichen Schatz- Kammern folgen zu lassen/ biß auff hundert Centner Silbers/ und auff hundert Cor Weitzen/ und auff hundert Bath Weins/ und Saltzes ohne Maaß. v. 22. Zu dem Ende hatten sie ihre anvertraute Schluͤssel/ damit die Thuͤren der Schatz-Kammern auff- oder zu zuschliessen/ den Schatz zu behalten/ und zu be- wahren/ oder außzutheilen; und scheinet/ sie haben solche ):( iij Schluͤs- DEDICATIO. Schluͤssel/ oder doch eine Copey davon/ auff den Achseln und Schultern getragen; dann Jesai. XXII, 22. verspricht GOtt der HERR Eliakim dem Sohn Hilkia; Jch wil die Schluͤssel zum Hause David auff seine Schulter legen/ daß er auffthue/ und niemand zuschliesse; daß erzuschliesse und niemand auffthue. Warum aber auff den Achseln und Schultern? Ohne zweiffel deßwegen/ weil Schatz- und Rentmeister Ampt ein muͤhsam Ampt ist/ welches/ wann es recht soll verwal- tet werden/ den Gewissen als eine schwere Last auff dem Hals und Schultern ligt. Jst ein schoͤnes Bild und Beyspiel gewesen der geistli- chen Schaͤtze/ Schatz-Haͤuser und Schatzmeister. GOtt der grosse HERR/ und Koͤnig aller Koͤnige/ welcher reich ist uͤber alle die ihn anruffen/ hat auch seine Schaͤtze/ nicht allein seine leibliche/ als gewesen die/ so im Tabernackel und Tempel beygelegt waren/ sondern auch seine geistliche; Seynd sein Wort in H. Schrifft geoffenbahret; welches Paulus 2. Cor. IV, 7. einen Schatz nennet/ und billich; dann es ist koͤstlicher denn Gold und viel feines Gold/ und suͤsser als Honig und Honigseim; Psalm. XIX, 11. Verbor- gen in Heil. Schrifft/ als die Metall-Adern in Bergwer- cken. Joh. V, 39. Es ist die koͤstliche Perle/ welche Christliche Kauffleute suchen/ und erkauffen. Matth XIII, 45. Es ist die Ruͤst-Kammer/ darinnen die πα οπλία und Ruͤstung in aller- ley Wehren fuͤr einen tapffern Streiter JEsu Christi anzu- treffen/ Ephes. VI Schaͤtze ziehen die Hertzen nach sich: wo euer Schatz ist/ da ist auch euer Hertz/ spricht Chri- stus Matth. VI, 21. Also auch GOttes Wort die Hertzen der Frommen: HERR/ ich gedencke des Nachts an deinen Nahmen/ und halte dein Gesaͤtz: das ist mein Schatz/ daß ich deinen Befehl halte: spricht das DEDICATIO. das fromme Hertz David/ Psal. CXIX, 55. 56. Und das nicht nur etwan eine Zeitlang/ sondern ewig: Es ist ewiglich mein Schatz/ sagt er ferner v. 98. Dergleichen Schaͤtze seynd auch die heilige Sacramenten/ welche Pau- lus 1. Corinth. IV, 1. Geheimnuͤsse nennet den Dienern Christi/ als Haußhaltern anvertrauet; Ja freylich seynd es Schaͤtze/ dann sie theilen uns GOtt/ das hoͤchste Gut/ mit; Jn der H Tauff GOtt den H. Geist/ den kostbah- ren Schatz des Freuden-Oels/ Psalm. XLV. als welcher durch/ in/ und mit dem Tauff-Wasser in grossem uñ gnaden- reichem Geheimnuͤß uͤber den Taͤuffling außgegossen wird/ Tit III, 5. Durch Jesum Christum unsern Heyland/ auff daß wir durch desselben Gnade gerecht und Erben seyen des ewigen Lebens; und also eines unvergaͤnglichen/ unbe- fleckten/ und unverwelckten Erbs und Schatzes im Him- mel beygelegt/ 1. Pet. l. 4. theilhafftig. Wird bestaͤttigt im Heiligen Abendmahl mit dem erwuͤnschten Brod- und Wein-Schatz/ als in welchem uns gar der allerheiligste Leib und Blut JEsu Christi/ wormit Er uns so theur er- kaufft und erloͤset/ im Brod und Wein/ nicht allein ange- botten/ sondern auch mitgetheilet werden/ derselben Nu- tzen ewig zu geniessen. Nun diese Geistliche/ Goͤttliche/ himmlische Schaͤtze haben auch ihre Schatz-Haͤuser/ darinn sie beygeleget. Jst die Christliche Kirche/ als die rechte Hauß-Ehre/ welche den Raub außtheilet/ Ps. LXVIII, 13 und das Hertze und Mund rechtschaffener Lehrer und Prediger/ als welche die- sen theuren Schatz bey sich/ wiewohl in denen irꝛdischen Gefaͤssen ihres Leibes tragen. 2. Cor. IV, 7. Seind aber auch zugleich der geistlichen Schaͤtze Verwalter/ als Die- ner Christi/ und Haußhalter uͤber GOttes Geheimnuͤsse. 1. Cor. IV, 1. versehen mit Schluͤsseln/ welche der allerhoͤch- ste DEDICATIO. ste Schatzmeister JEsus Christus ihnen durch ordentlichen Beruff eingehaͤndiget/ wann er zu Petro Matth. XVI, 19. sagt: Jch wil dir des Himmelreichs Schluͤssel ge- ben/ alles was du auff Erden binden wirst/ soll auch im Himmel gebunden seyn/ und alles/ was du auff Erden loͤsen wirst/ soͤll auch im Himmel loß seyn. Dergleichen Wort Er hernach auch zu den uͤbrigen Juͤngern geredet/ als Er ihnen und ihren Nachfol- gern so wohl als Petro die Schluͤssel zu seinen Schaͤtzen uͤberreichet/ Joh. XX, 23. Seynd die treuen und klugen Knechte. GOttes/ die der HERR gesetzt hat uͤber sein Gesinde/ daß sie ihnen zu rechter Zeit Speise geben. O selig ist der Knecht/ wann sein Herꝛ kom̃t/ und findet ihn also thun! spricht Christus der HERR selbsten Matth. XXIV. vers. 46. Ein solcher getreuer/ kluger/ und demnach seliger Knecht GOttes ist auch gewesen und erfunden worden der weyland Hoch-Ehrwuͤrdige/ Großachtbare/ und Hochgelehrte Herꝛ Johann Cunrad Dann- hauer/ der H. Schrifft Doctor, und weitberuͤhmter Professor auff der Straßburgischen Vniversitaͤt/ auch eines Wol-Ehrwuͤrdigen Kirchen-Convents da- selbsten Præses, und Dechant zu St. Thomaͤ/ mein getreuer Præceptor, eyferiger Befoͤrderer/ Hertzgelieb- ter Vater in Christo/ Collega, Schwager und Gevat- ter. Diesem seinem getreuen Knecht hatte der grosse HERR Himmels und der Erden zweyerley Schluͤssel an- vertrauet; Erstlich den Schluͤssel des Erkaͤntnuͤß/ Luc. XI, 52. bey einer loͤblichen Universi taͤt/ hernach auch die Schluͤssel des Himmelreichs/ bey seiner Kirchen; Wann vor Zeiten bey den Hebraͤern einer zum Schrifftge- lehrten DEDICATIO. lehrten und Schul-Lehrer geweihet wurde/ uͤbergab man ihm einen Schluͤssel/ samt einer Schreib-Tafel/ hiemit an- zudeuten/ daß er die Weißheit/ als einen Schatz in Buͤ- chern beygelegt/ durch fleissige Lesung und Erklaͤrung an- dern auffschliessen solle; Das Gegenbild dieses Schluͤssels ist auch unserm Seligen Dannhauer uͤbergeben worden/ als GOTT durch ordentliche Vocation, Jhne zu einem Professore erstlich Eloquentiæ, hernach Theologiæ als einen Schrifftgelehrten zum Himmelreich gelehrt Matth. XIII, 52. beruffen. O wie manchen herꝛlichen Schatz der weltli- chen und Goͤttlichen Weißheit hat Er seinen Zuhoͤrern er- oͤffnet/ daß sie JEsum/ und mit Jhme das Ewige Leben darinnen gefunden! Und/ O wie manches verdraͤhetes Schloß widerwaͤrtiger Sophistereyen/ hat Er durch den Schluͤssel seiner scharffsinnigen Weißheit auffgeschloßen/ daß man die betruͤglichen Schluͤssel/ und heillose Wahr der Widersacher hat koͤnnen erkennen und meiden! Mir zweif- felt auch nicht/ daß viel hundert selige Seelen im Himmel jetzund sich schon erfreuen der himmlischen Schaͤtze/ welche er ihnen Zeit seines im Muͤnster getragenen Predig- und Pfarꝛ-Amts durch seine Himmel-Schluͤssel auffgethan/ und durch die kraͤfftige Vergebung ihrer Suͤnden reichlich mitgetheilet. Was Er/ der Selige Mann/ von dieser Schluͤssel Gewalt geglaubet/ gelehret/ und geprediget/ solches bezeugen diese seine hier vor Augen liegende Predigten/ als in welchen Er das Sechste Haupt-Stuͤck unsers Christli- chen Straßburgischen Catechismi/ vom Gewalt der Schluͤssel/ und der Christlichen Buß-Zucht reichlich erklaͤret/ und angezeiget dero Geheimnuß-reichen Nahmen/ Goͤttlichen Ursprung/ getreue Verwalter/ uͤber- Zehender Theil. ):( ):( natuͤr- DEDICATIO. natuͤrliche Krafft/ unaußsprechlichen Nutzen/ und was der Herꝛlichkeiten mehr seynd. Darzu kommen die Ein- gangs-Predigten/ von dem verlohrnen Sohn/ unter dessen anmuhtigen Bilde der Greuel der Suͤnden/ und die Freu- de des Himmels uͤber ein bußfertig reuendes Hertz/ son- derlich der Jugend zum Nachricht/ abgemahlet wird. Wuͤrdig und werth/ daß man solche in acht nehme/ ans Liecht bringe/ und fleissig lese/ sich je mehr und mehr in die- sem Geheimnuͤße zu gruͤnden/ zu verwahren/ zu erbauen/ zu troͤsten und auffzurichten. Zwar bey den alten hebraͤern war es uͤblich/ wann ein Rabbi oder Schrifftgelehrter ohne Kinder verstorben/ daß man seinen Schluͤssel/ und seine Schreib-Tafel mit ihm in einen Sarck gelegt/ und begraben: Dergleichen Exem- pel man in Juͤdischen Historien findet von einem Rabbi/ Samuel genant/ als der verstorben/ und keinen Sohn hinterlassen/ hat man ihme seinen Ampts-Ring und uͤbliche Schreib-Tafel mit ins Grab gegeben: i. e. Postquam mortuus est, posuerunt clavem \& pugillare ejus in loculo ejus, eo quod non habuerit filium : das ist: Nach dem er gestorben/ haben sie seinen Schluͤssel und Schreib-Tafel in seinen Sarck gelegt/ darum/ dieweil er keinen Sohn hat hinterlassen. Ob nun wol unser Seliger D. Dannhauer auch keinen leiblichen Sohn hinterlassen/ wollen wir doch darum seine Schluͤssel und Schreib-Tafel/ das ist/ diese seine Predigten nicht vergraben/ daß sie der Verweßlichkeit zu theil werden; sondern behalten zu Nutz und Trost/ und hertzlichem Vergnuͤgen seiner geistlichen Soͤhne und Toͤchter/ deren dieser Evangelische Schrifft- gelehrte eine nicht geringe Anzahl durch seine Lehr und Schrifften gezeuget/ und zu seinem unsterblichen Ruhm nach sich gelassen. Damit DEDICATIO. Damit aber dessen Schluͤssel wohl und maͤchtig moͤchte verwahret seyn/ habe ich mich erkuͤhnet/ Euer Hochgraͤfl. Gnaden durch wohlgemeinte Dedication solche mit unterthaͤniger Observantz hiemit zu uͤbergeben. Es ist mir noch in frischem Andencken/ was massen Jhre Genaden waͤhrender Zeit Sie auff der Straßburgi- schen Vniversitaͤt zu dero stattlichem Ruhm sich auff- gehalten/ mir Unwuͤrdigen sonderbahre grosse Gnade er- wiesen; So gar/ daß Jhr Gnaden/ samt Dero damah- lichem Hoffmeister/ dem Wohl-Edeln/ Vesten/ und Hoch- gelehrten Herꝛn Joh. Heinrich Hippen/ meinen groß- guͤnstigen Herꝛn/ und werthen Goͤnner/ in meinem Hause etlich mal mich gnaͤdig zu besuchen/ auch bey andern Gele- genheiten Jhr Gnaͤdiges Angesicht gegen mir auff vieler- ley weise helle leuchten zulassen mich gewuͤrdiget; Ja/ da- mit ich auch in Abwesenheit solcher Gnade versichert waͤre/ Jhren gnaͤdigen Gruß durch Jhren Herꝛn Hoff-Predi- ger/ den Woh-Ehrwuͤrdigen/ Großachtbaren und Wol- gelehrten Herꝛn M. Joh. Guilh. Gratianum, meinen Hoch- geehrten Goͤnner/ sehr werthen Freund/ und hertzgeliebten Bruder in Christo/ zum oͤfftern gnaͤdig mir zu entbieten lassen: Will die hertzlichen Worte/ mir zuentbotten/ an- jetzo mit Stillschweigen uͤbergehen/ damit es nicht scheine/ als wann ich mich deßwegen uͤberhebe. Darzu komt Jhr Gn. gruͤndliche Erkantnuß Evangelischer Religion/ un- gefaͤrbte Liebe gegen GOttes Wort/ und dessen Diener/ in- bruͤnstiger Eyfer in der wahren Gottseligkeit/ und derer Fortpflantzung bey dero Land und Leuten. Dafuͤr dero gehorsame Unterthanen/ dem grossen GOTT/ welcher sich also selbst erhoͤhet bey den Schilden auff Erden Psal. XLVII. billich und hertzlich zu dancken haben. Jch aber habe diese und dergleichen Hoch Graͤfliche Gnaden und Tugenden mir einen kraͤfftigen Antrieb seyn lassen/ mich dessen/ DEDICATIO. dessen/ was ich bereits gemeldet/ zu unterfangen/ nicht zweifflend/ es werde Jhr Gnaden Dero gnaͤdige Hand außstrecken/ und diese Schluͤssel von Jhres unterthaͤnigen Dieners Hand gnaͤdig annehmen/ und maͤchtig verwah- ren/ warum ich dann mit unterthaͤnigem Respect will ge- betten haben. GOtt segne Jhr Gnaden/ und dero Hoch-Graͤff- liche Frau Gemahlin/ samt dem gantzen Hoch Graͤfl. Hauß/ und hohen nahen Anverwandten zu Leib und Seel. Erhalte sie in bestaͤndigem Eyffer reiner Religion/ ungeaͤn- derter Augspurgischer Confession/ und verleihe fried- liche Regierung/ biß der grosse Schluͤssel-HErꝛ Christus/ wann Jhr Gnaden wird alt und Lebens-satt seyn/ Jhr durch ein seliges Ende den Him̃el samt allen seinen Schaͤ- tzen allergnaͤdigst auffschliesse! Euer Hoch Graͤffl. Gnaden Unterthaͤniger Diener und Fuͤrbitter bey GOTT Straßburg den 16. Februar. Anno 1673. Baltasar Bebelius, der H. Schrifft Doctor und Professor. Catechismus Catechismus-Milch/ Zehender Theil. Eingangs-Predigten. uͤber das Sechste Haupt-Stuͤck unsers Christlichen Catechismi. TEXTUS. Luc. Cap. XV. vers. 11. biß 32. Und Je sus sprach: Ein Mensch hatte zween Soͤhne. Und der Juͤngste unter ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir/ Vater/ das Theil der Guͤter/ das mir gehoͤret. Und er theilet ihnen das Gut. Und nicht lang darnach samlet der juͤngste Sohn alles zusammen/ und zog ferne uͤber Land/ und daselbst bracht er sein Gut umb mit prassen. Da er nun alle das seine verzehret hatte/ ward eine grosse Theurung durch dasselbige gantze Land/ und er fieng an zu darben. Und gieng hin/ und haͤnget sich an einen Buͤrger desselbigen Landes/ der schick- et ihn auff seinen Acker der Saͤu zu huͤten. Und er begehrte seinen Bauch zu fuͤllen mit Trebern/ die die Saͤu assen/ und niemand gab sie ihm. Da schlug er in sich/ und sprach: Wie viel Tagloͤhner hat mein Vater/ die Brod die Fuͤlle haben/ und ich Zehender Theil. A verderbe Die Erste Predigt verderbe im Hunger. Jch wil mich auffmachen/ und zu meinem Vater gehen/ und zu ihm sagen: Vater/ ich habe gesuͤndiget in Himmel und fuͤr dir: Und bin fort nicht mehr werth/ daß ich dein Sohn heisse/ mache mich als einen deiner Tagloͤhner. Und er machet sich auff und kam zu seinem Vater. Da er aber noch ferne von dannen war/ sahe ihn sein Vater/ und jammerte ihn/ lieff und fiel ihm um seinen Hals/ und kuͤsset ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater/ ich habe gesuͤndiget in den Himmel und fuͤr dir/ ich bin fort nicht mehr werth/ daß ich dein Sohn heisse. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringet das beste Kleid herfuͤr/ und thut ihn an/ und gebet ihm ein Finger- reiff an seine Hand/ und Schuch an seine Fuͤsse. Und bringet ein gemaͤstet Kalb her/ und schlach- tets/ lasset uns essen und froͤlich seyn. Denn die- ser mein Sohn war todt/ und ist wieder lebendig worden/ er war verlohren/ und ist funden wor- den/ und fiengen an froͤlich zu seyn. Aber der aͤl- teste Sohn war auff dem Felde/ und als er nahe zum Hause kam/ hoͤret er das Gesänge/ und den Reihen. Und rieff zu sich der Knechte einen/ und fraget was das waͤre? Der aber saget ihm: Dein Bruder ist kommen/ und dein Vater hat ein ge- maͤstet Kalb geschlachtet/ daß er ihn gesund wie- der hat. Da ward er zornig/ und wolt nicht hin- ein gehen. Da gieng sein Vater herauß/ und bat ihn. Vom verlohrnen Sohn. ihn. Er antwortet aber/ und sprach zum Vater: Sihe/ so viel Jahr diene ich dir/ und habe deine Gebott noch nie uͤbertretten/ und du hast mir nie einen Bock gegeben/ daß ich mit meinen Freunden froͤlich waͤre. Nun aber dieser dein Sohn kom- men ist/ der sein Gut mit Huren verschlungen hat/ hast du ihm ein gemaͤstet Kalb geschlachtet. Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn/ du bist allezeit bey mir/ und alles was mein ist/ das ist dein. Du solst aber froͤlich und gutes Muths seyn/ denn dieser dein Bruder war todt/ und ist wieder leben- dig worden/ er war verlohren/ und ist wieder funden. Erste Predigt/ Von dieser Parabel/ Natur Zweck und Art. G Eliebte in Christo: Jch wil meinen Mund auffthun in Spruͤchen: Ephtecha be-maschal pi, sagt der eingebohrne Sohn Go ttes unter der Per- son Assaphs/ Psal. 78, 2. Wie das auß der collation und Vergleichung Matth. 13, 34. zu vernehmen; da der Evangelist meldet/ wie JEsus alles durch Gleichnuß zum Volck/ und ohne Gleichnuß nichts geredet habe/ auff daß erfuͤllet wuͤrde/ das gesagt ist durch den Propheten/ der da spricht: Jch wil meinen Mund auff- thun in Gleichnussen. Jn welchen Worten er zu verstehen gibt/ I. Affectum \& παῤῥησίαν dicendi, die Freymuͤndigkeit und das uner- schrockene Hertz im Reden/ er wolle kein Maͤmme seyn/ der Paͤpp im Maul hat/ er wolle kein Blatt fuͤrs Maul nehmen/ sondern redlich herauß sag- en/ wie es ihm um das Hertz ist. Wie dann auch geschehen/ als ihm Marcus das Zeugnuß gibt c. 8, 32. Er redete das Wort frey offen- bar; deßgleichen seine Juͤnger Joh. 16, 29. Sihe/ nun redest du frey herauß. Und Christus selbst sagt c. 18, 20. Jch hab frey offentlich geredt fuͤr der Welt/ und nichts im verborgenen/ als Jhn die Hohe- A ij priester Die Erste Predigt priester um seine Juͤnger und seine Lehre gefragt. II. Zeiget er an mate- riam dicendi: be-maschal, in Spruͤchen/ oder/ wie es die LXX. Dol- merschen und Matthaͤus gibt/ in Gleichnussen/ Er wolle sich bedienen parabolico dicendi modo, der Art durch Gleichnuͤsse zu predigen/ das ist/ Er wolle ratione materiæ nicht schlechte/ geringe/ irdische/ weltliche Sach- en/ heydnische Historien/ oder ohne das bekante moralia, die Ohren damit zu fuͤllen/ auff die Bahn bringen/ sondern meschalim, ἀξιώματα, κυρίας γνώμας, mysteria \& magnalia DEI, guldene Aepffel/ hohe/ wichtige/ uͤber- natuͤrliche/ der Vernunfft unbegreiffliche himmlische Geheimnussen vor- legen. Jn welchem Verstand das Prophetische Geheimnuß Bileams Num. 24, 3. Maschal genennet wird/ deßgleichen nennet auch Hiob seine Spruͤche Meschalim, c. 27, 1. III. Modum docendi parabolicum, diewei- len solche himmlische Sachen uns Menschen allzuschwer/ so waͤre vonnoͤ- then/ daß Er/ der λόγος, das Wort auch eine him̃lische Eloquen tz brauche/ und sich zu dem menschlichen Unverstand herab lasse/ welches/ wie Mar- cus bezeuget/ c. 4, 33. wuͤrcklich geschehen/ durch viel solche Gleich- nuͤsse saget Er ihnen das Wort/ καθὼς ἠδυή´αντο ἀκούειν, nach dem sie es hoͤren kunten. Er legte es parabolicè, Gleichnuß-weise fuͤr/ nach Art eines guten Redners/ damit die Hertzen zu gewinnen. Und 1. die attention zu erhalten/ als der etwas neues/ seltzames und wundersames fuͤrzubringen hatte. Die Erfahrung bezeugets/ daß/ wann man mit blo- sen klaren Worten die Predigt verrichtet/ die attention und das Auff- mercken nicht so groß und aifferig/ als wann man schoͤne Gleichnuͤsse/ Ex- empel und Historien einstreuet/ dann wir seind alle von Natur also gesin- net/ wie die Athenienser/ immer gern etwas neues zu hoͤren. Also/ spricht der Messias wolle er auch thun/ aber nicht die Ohren zu braͤuen/ sondern 2. zu erlangen docilitatem, die Gelehrsamkeit/ ihren Verstand zu schaͤrffen/ daß sie begierig seyen/ je laͤnger je mehr zu forschen und nachzufragen/ zu bitten/ daß Er ihnen auch die Außlegung sagen wolle. Es hat eine Be- schaffenheit wie mit einem Raͤtzel/ so bald man es hoͤret/ verlanget man auch nach der Außlegung. Darum der Herr Marc. 4, 10. 11. als Jhn die Juͤnger/ die um Jhn allein waren/ gefragt: Warum redest du zu ih- nen durch Gleichnuͤsse ? geantwortet und gesagt: Euch/ als mei- nen fleissigen Zuhoͤrern/ die dem Verstand nachdencken/ und fleissig forschen/ euch ists gegeben/ das Geheimnuß des Reichs GOttes zu wissen/ denen aber draussen wiederfaͤhret es alles durch Gleichnuͤsse. 3. Benevolentiam, das Hertz zu gewinnen/ in dem Er keine fremde Art zu lehren auff die Bahn gebracht/ sondern/ wie ers Vom verlohrnen Sohn. ers gefunden/ an sich genommen. Familiare namque Syris, (wie Hie- ron. bezeugt in cap. 18. Matth.) \& maximè Palæstinis, ad omnem sermo- nem parabolas jungere, ut quod per simplex præceptum teneri ab au- ditoribus non potest, per similitudines \& exempla teneatur. Dann es hatten die Syrer/ und sonderlich die Palaͤstiner im Ge- brauch/ was man etwa mit einfaͤltiger Vorlegung nicht fassen kunte/ mit Gleichnussen und Exempeln einzubilden. 4. Ad ef- ficaciam \& energian, desto baß damit durchzudringen/ und die Gemuͤther gefangen zu nehmen/ wie Nathan der Prophet den Koͤnig David seines Mords und Ehebruchs durch eine Parabel von einem Mann/ der seiner Schaafe und Rinder geschont/ und des armen Mannes Schaaf genom- men/ seinen fremden Gast damit zu speisen/ uͤberzeugt 2. Sam. 12. Also da Christus Matth. 21. den Hohenpriestern und Schrifftgelehrten mit gutem Glimpff die Parabel von zween Soͤhnen erzehlet/ deren der eine gesagt/ er wolle nicht in den Weinberg gehen/ und hat es doch hernach ge- than/ der andere aber hats versprochen/ und sich grosser Streich außge- than/ und seye nicht hingegangen/ hat Er gefragt/ welcher unter den zweyen hat des Vaters Willen gethan ? da sie nun geantwortet/ der Erste; sprach er: warlich ich sage euch/ die Zoͤllner und Hu- rer moͤgen wol ehe ins Himmelreich kommen/ dann ihr. Und eben dahin siehet auch Christus in den drey Parabeln vom verlohrnen Schaaf/ Groschen und Sohn/ Luc. 15. nachdem Er gesehen/ wie scheel die Pharisaͤer und Schrifft gelehrten dazu gefehen/ daß Er sich der zu ihm na- henden Zoͤllner und Suͤnder angenommen/ daruͤber gemurret und ge- sprochen/: Dieser nimmet die Suͤnder an/ und isset mit ihnen: novum ac antea inauditum crimen! Dergleichen man niemals zuvor gehoͤrt. Fuͤhret eben darauff drey Parabeln ein/ sie zu uͤberweisen/ daß Gott groͤssers Gefallen hab an einem bußfertigen Suͤnder/ als an einem hoffaͤrtigen Heuchler; unter welchen Parabeln die letste wir erwehlet/ an statt eines Eingangs uͤber das Sechste Stuck unsers Christ- lichen Glaubens/ darinnen die Art der wahren Buß gantz scheinbar/ hell und lieblich beschrieben/ und illumin irt wird/ auff daß wir also der Lehr vom Bind- und Loͤß-Schluͤssel den Weg præpari ren. Dißmal bleiben wir allein bey den Generalibus, und nehmen vor uns die promul- sidem, oder Vorschmack/ anzuzeigen/ welches dieser Parabel Natur/ Zweck und Art seye/ und wie wir sie prima fronte, im ersten Blick anzu- sehen haben: Gott gebe seine Gnad und Segen/ Amen. A iij Geliebte Die Erste Predigt G Eliebte im HErꝛn: Jn fuͤnff Stucken bestehet der Vortrag unsers parabolischen Textes/ da uns zu allerforderst vorkom̃t I. Parabolæ Cortex, die Rinde gleichsam an diesem paraboli- schen Baum/ die Schelet/ die Schaal/ darinnen sie fuͤrgetragen worden/ dieselbe ist nun die narratio, die gantze Comoͤdi in unterschiedlichen acti- bus, darinnen erzehlet wird von einem Vater/ der zween Soͤhne hatte/ deren einer dem Vater das Erb abgetrotzet/ damit uͤber Land gezogen/ und alles verpancketieret. Da er nun ange- fangen Mangel zu leiden/ und sich elend behelffen muͤssen/ ge- dachte er zuruck an seines Vaters Hauß/ wie gut es daselbst die Tagloͤhner haͤtten/ und er muͤßte in solchem Mangel leben. Deßwegen er umgekehret/ seine vorige Heimath wieder besucht/ und von seinem Vater/ auch wider seines aͤltern Bruders Wissen und Willen/ freundlich bewillkommet und auffge- nommen worden. Das ist also kuͤrtzlich die Histori an ihr selbst. Ob aber dergleichen jemalen geschehen/ und ἐν ὑϖοθέσει, im Wercke selbsten fuͤrgangen/ daher der Herr Christus das Exempel genommen/ ab ὑϖο- ϑέσει ad ϑέσιν zugehen/ oder ob Er ex fictione rei possibilis, auß Satz ei- ner moͤglichen Sache gegangen/ und diese Parabel selbsten erdichtet/ ist nicht gnugsam offenbar/ ligt uns auch daran gar wenig. Jsts also ge- schehen/ so ists parabola exemplar, ein Exempel-Gleichnuß/ von Christo fuͤrgestellet/ daß man sich/ jung und alt/ daran spiegle. Jsts nicht ge- schehen/ so hat es doch wol geschehen koͤnnen/ und ist eine Comoͤdi/ die von Anbegin der Welt gespielet worden. Niemand lasse sich deßwegen irꝛ machen/ wanns gleich also in solchen Umstaͤnden nicht geschehen waͤre. Dann zu gleicher weiß/ wie in einer Comoͤdi/ wann eine Person in einem Koͤniglichen Habit aufftritt/ und sich darstellet als ein Koͤnig/ niemand deßwegen verfuͤhret oder betrogen wird: Also/ wann der Evangelist sagt/ der Herr habe diese Gleichnuß gesprochen/ und sie eben in der That mit solchen Umstaͤnden nicht geschehen/ kan darum Christo kein Betrug oder crimen falsi auff gebuͤrdet werden. II. Radix, die Wurtzel und Schluͤssel des Verstands/ ist der sco- pus und Zweck/ warum der Herr diese Parabel angefuͤhret/ und wohin sie gemeynet ist. Ursach hat dem Herrn dazu gegeben/ das Parisaͤische/ heuchlerische/ neidische Schalcks-Aug; dann diese murreten/ daß Christus der Zoͤllner und Suͤnder sich annimmet/ sie aͤrgerten sich darab/ und ge- dachten/ gleich und gleich geselle sich gern/ sie liessen sich beduncken/ das Himmelreich seye allein ihr/ als die ein solch streng und heiliges Leben fuͤhre- Vom verlohrnen Sohn. fuͤhreten/ Zoͤllner und Suͤnder aber waͤren Außwerfflinge. Dieselbe nun zubeschlagen/ fuͤhret der Herr diese Parabel ein/ und verstehet unter der Person des verlohrnen Sohns die bußfertigen Zoͤllner und Suͤnder/ um dero willen Christus in die Welt gekommen; unter der Person des Va- ters seinen himmlischen Vater/ ja auch sich selbs; unter der Person des aͤltern Bruders die Heuchler und Werck-Heiligen/ und ist der gantzen Parabel Meynung diese: So dieser irdische Vater seines boͤsen Kinds/ aber bußfertigen Suͤnders/ sich so hertzlich angenommen. Und (ich frag euch) wann euerer einem/ die ihr doch so arg und boͤß seyd/ dergleichen Hertzenleid begegnet/ wuͤrdet ihr auch euere Kinder außschlagen? ich glaub es nicht; also solt ihr mich auch nicht verdencken/ daß ich mich der armen Suͤnder so hertzlich annemme/ als um dero willen ich in die Welt kom- men bin/ zu suchen/ das verlohren ist. Jhr aber seyd die feindselige Bruͤ- der des verlohrnen Sohns/ die leidigen Schaden-Fro/ meynet ihr/ der Himmel seye allein fuͤr euch erbauet? nimmermehr. Jst also diese Pa- rabel in Summa/ ein Commentarius, ein Schluͤssel des himmlischen Vater-Hertzens/ ein Liecht und illuminatio der Goͤttlichen Verheissung/ Ezech. 18, 31. So wahr ich lebe/ ich begehre nicht den Tod des Suͤnders und Gottlosen; Matth. 11. Kom̃t her zu mir alle/ die ihr muͤhselig und beladen seyd/ ich wil euch erauicken; Luc. 5. Die Gesunden bedoͤrffen keines Artzts/ sondern die Krancken/ ich bin kommen zu ruffen den Suͤndern zur Buß/ und nicht den Gerechten. Sie ist eine rechte promulsis und Vorschmack der Lehr vom Loͤß- und Bind-Schluͤssel. III. Nucleus, der Kern/ Marck/ Safft und Frucht dieser Parabel ( nam parabolæ aliud in medulla habent, aliud in radice pollicentur, ait Hieron. in cap. 12. Ezech. die Gleichnuͤsse haben etwas anders in sich/ als sie aͤusserlich bedeuten.) ist/ der hoͤchst-nothwendige Articul unsers Christlichen Glaubens von der wahren Buß/ und folgender Rechtfertigung eines armen Suͤnders fuͤr Gott/ (da zugleich mit einlauffen die Articul vom freyen Willen und dessen Kraͤfften/ von der Suͤnd/ von Gottes Gnad und dero Krafft/ von beyderley Gerechtigkeit des Gesetzes und Evangelii/) als von welchen Articuln des Glaubens biß dato außfuͤhrlich zu handeln/ sich die Gelegenheit nit wollen præsenti ren Reimet sich gar wol hieher/ dieweil wir naͤchst darauff die Lehr von der Absolution und excommunication antretten werden/ alles uns zur Lehre und Trost. IV. Rami, die Aeste an solcher Gleichnuß/ die seind nun die jenige Stuͤcke/ oder Theile/ in welche sich diese Parabel abtheilet/ und seind dero sonderlich Die Erste Predigt sonderlich drey/ der ungerathene/ verlohrne aber bußfertige Sohn/ der repræsenti ret dich/ mich/ und einen jeden unter uns/ es beredt sich ja niemand/ ob seye er um viel Haar besser/ wir haben leider alle mit Gott den verlohrnen Sohn gespielt/ wiewol einer sein Person besser oder viel- mehr aͤrger vertretten/ als der andere; ah perditè vixi, ich habe schlimm gelebt! muͤssen wir alle sagen. 2. Der Vater des verlohrnen Sohns præsenti ret den himmlischen Vater/ der agirt daselbs seine Per- son/ oͤffnet sein Vater-Hertz fast nirgend in der gantzen Bibel so klar/ so be- weglich als allhie/ indem er seinem Sohn/ als er noch ferne geweßt/ entge- gen gangen/ ihm um den Hals gefallen und gekuͤsset/ seiner sich erbarmet/ und befohlen/ ihme das beste Kleid/ einen Fingerreiff und Schuch zu bringen/ und ein gemaͤstet Kalb zu schlachten. 3. Der Bruder des verlohrnen Sohns seind die jenige grosse Heiligen/ die ihrer Einbildung nach nie kein Wasser betruͤbet/ die nicht noth haben zu betten auß Psal. 25. Gedencke nicht HErꝛ der Suͤnde meiner Jugend und meiner Ubertrettung; Werffens auch bußfertigen Suͤndern fuͤr/ nachdem sie mit Gott sich außgesoͤhnet. Seind eine rechte idea und Muster der alten Pelagianer und Novatianer/ und der heutigen paͤpstischen Semi- Pelagianer: die meynen/ sie bedoͤrffen keiner Buß/ und wollen durch und durch recht haben. Ein lebendiges Controfet und Bildnuß der geist- lichen Hoffart und des schnoͤden Pharisaismi, davon aber zu seiner Zeit gruͤndlich wird gehandelt werden. V. Kommen endlich dazu die folia und Emblemata, die Bey- und Neben-Personen/ die Neben-Gemaͤhld/ die zwar zum eigentlichen Wesen und Zweck nicht gehoͤren/ werden aber ad complendam parabolam, die Gleichnuß zu ergaͤntzen mit eingefuͤhret/ derselben eine Gestalt zu geben/ darinnen man eben nicht alles außeckeln muß/ wie bißweilen muͤssige Leute zu thun pflegen. Als da ist die condition des fremden Landes/ dahin er gezogen/ die Huren/ mit denen er sein Gut verthan/ der Burger des Lands/ an den er sich gehaͤnget/ die Tagloͤhner/ die Brod die Fuͤlle haben/ die Spiel- leut/ die er bey der Mahlzeit gehalten/ die Knechte/ Kleid/ Finggerreiff und Schuch/ und dergleichen. Hier stehet nun/ M.L. der herꝛliche Parabolist/ Ach welch ein Meister zu lehren! allen Predigern/ sonderlich aber Theologiæ Studiosis zu einem dapffern Lehrmeister/ und weiset den rechten Hand-Griff/ wie man nach seinem Exempel lehren soll. Quid I. docendum, was man fuͤrtragen soll/ nicht Menschen-Tand/ nicht weltliche/ heydnische Historien/ die Ohr- en damit zu grauen/ nicht lauter moralia und legalia, vom Geitz/ Wucher/ Un- vom verlohrenen Sohn. Unkeuschheit/ ꝛc. damit man offtmal mehr nicht erlangt als den Phari- saismum und aͤusserliche Erbarkeit; sondern die Meschalim, sublimia magnalia DEI, hohe/ himmlische/ uͤbernatuͤrliche Geheimnuͤsse/ von der Person Christi/ Gnaden-Wahl/ den Kraͤfften des freyen Willens/ von der Tauff-Krafft der Kinder/ davon die Zwinglianer nichts hoͤren wollen/ ꝛc. und dasselbe soll vollkommen geschehen/ soviel davon in Go ttes Wort ge- offenbahret ist; es wird doch wohl in dieser Welt ein ænigma, ein Spie- gel/ dunckele Lehr und Stuck-Werck verbleiben/ aber so viel geoffenbaret/ soll man auch nicht verschweigen. Solte darum ein Knab in der untern Schul sein Elementale nicht recht lernen wollen/ dieweil dasselbe in der obern deutlicher erklaͤret wird? also laͤßt sichs auch nicht thun/ wann einer die Milch-Speiß wegen der harten Speiß in unterschiedlichen Glaubens- Articuln nicht verstehen lernen/ sondern verneinen wolte/ wann man die schweren Sachen verstehet/ wuͤrde das leichtere sich auch ergeben/ wie es August, tract. 97. erklaͤret. 2. Quomodo? sie sollen Christo ab- lernen modum parabolicum, daß sie auch Gleichnuß-Tichter seyen/ wie Ezechiel diesen loͤblichen Nahmen gehabt/ daß er memaschel meschalim genennet worden/ als der eitel verdeckte Wort geredet/ c. 21. Und das heisset Knechten und Maͤgden/ und Einfaͤltigen predigen. Dahin seind die Wort Lutheri in colloq. zu verstehen/ daß man schlecht und einfaͤltig predige/ nur gedencke Knechten und Maͤgden zu predigen/ um D. Jonæ, Philippi, oder der gantzen Universit aͤt willen nicht einmal auff- trette. Verstehe aber nicht absolutè, schlechter dings dahin/ dann Er wußte wol/ se debitorem esse omnium, daß er aller Schuldner seye/ Rom. 1, 14. sondern comparatè, Vergleichungs-weiß/ in oppositione und Ge- gensatz wider die jenige/ die lauter Rabbinos und Meisterstuck herauß werffen/ mit Hebraͤisch/ Grichisch es so krauß machen/ daß das gemeine Volck da stehet/ und zuhoͤret/ wie ein Kuh ein neu Thor anplart. Mit wenig Worten viel anzeigen/ das ist grosse Kunst/ Thorheit aber ists mit vielen Worten nichts reden; Jch predige/ spricht Luther. einfaͤltig den Ungelehrten/ und es gefaͤllet allen wol. Man lese seine Postill/ so wird mans finden. 3. Qu id in parabola quærendum ? Was in der Gleichnuß zu suchen ? Eine jede Parabol hat ihren Kern/ da hat man sich nun wol zu huͤten vor dem Zweck-Fehler/ daß man nicht neben dem Zweck hin- schiesse/ mit den Rinden und der Schelet die Zuhoͤrer abspeise/ sondern das Marck recht herauß grabe. ᾽Ερευνᾶτε, οὐ συκοφαντει῀τε καὶ πολυπραγμο- νει῀τε schreibt Damascen. l. 4. D. O. F. 12. Christus spricht/ suchet/ for- schet in der Schrifft/ nicht/ treibet Allefaͤntzerey/ oder beleget euch mit Zehender Theil. B Sachen Die Erste Predigt. Sachen/ die euch nicht gebuͤhren/ bringet keine Sachen bey/ die sich daher eigentlich nicht schicken. Da trucke man nun die Postillen nicht zu wohl/ dann sie vagi ren bißweilen allzuweit herum/ und uͤberschielen den Kern/ sie thun keine satisfaction, gehet eben mit ihnen/ wie mit dem Geld/ je we- niger man hat/ je groͤssern Fleiß legt man an/ biß mans bekomt/ je mehr man aber Geld hat/ je weniger achtet man es; Es laßt sich zwar mit den Postillen vor der Welt auffgezogen kom̃en/ die eben die fremden Federn/ (darinn sich mancher spiegelt) nicht erkennen/ aber vor Gott und dem Gewissen nicht. Was Gott der Herr dem Propheten Ezechiel gesagt c. 40, 4. Du Menschen-Kind/ siehe und hoͤre fleissig zu/ und mercke eben drauff/ was ich dir zeigen will. Dann darum bist du hergebracht/ daß ich dir solches zeige/ auff daß du solches al- les/ was du hie siehest/ verkuͤndigest dem Hause Jsrael; Das sagen wir auch allen Theologiæ Studiosis, du Menschen-Kind/ siehe und hoͤre zu/ was dir gesagt wird/ und mercke eben drauff/ was dir fuͤrkomt/ auff daß du solches dem Hause Jsrael/ deiner Gemeinde/ die dir anver- trauet werden soll/ treulich ohn alle Gefaͤhrde vortragest. Es stehet aber Christus auch hie/ und rufft allen Zuhoͤrern zu/ Matth. 13. Wer Ohren hat zu hoͤren/ der hoͤre. Er verheißt; Wer da hat/ dem wird gegeben/ daß er die Fuͤlle habe: Dann wo das Wort Go ttes verstanden wird/ da mehret es sich/ es bessert den Menschen/ und macht ihn auffwachsen zur Christlichen Vollkommenheit. Er draͤuet aber auch: wer aber nicht hat/ von dem wird auch genommen/ das er hat. Gleich wie in der Schul einem ungehorsamen Discipul/ der alle Unterweisung in Wind schlaͤgt/ und keinen Unterricht mit Danck annehmen will/ letstlich solches benè rechtmaͤßiger weise entzogen wird; Ja wann die præmia werden auß getheilet werden/ wirds heissen: du Schalcks-Knecht hast das Gute in der Welt verachtet/ nim nun auch mit der Straff vorlieb. Christus der Herr begehret von uns cupidi- nem \& promulsidem, eine Begierde nicht nur der Gesetz-maͤssigen/ son- dern auch Evangelischer Stuck und Geheinmuͤsse/ darum legte ers seinen Juͤngern κατ᾽ ἰδίαν, in sonderheit auß/ daß sie desto begieriger und eifferi- ger zur Nachforschung werden solten. So hoͤret nun/ M. L. diese Gleich- nuß: Christus ladet die Alten ein/ daß sie in sich selbst gehen/ und das γνῶϑι σεαυτὸν die selbs-Erkantnuß fleissig practiciren lernen/ in ihrer Jugend hindersich spatziren und auffs genaueste alles pruͤffen sollen. Sonder- lich aber agir et er diese Comœdi vor den jungen Gesellen und Jung- frauen/ sich daran zu spieglen/ nicht zur Nachfolg/ sondern zur Flucht und Abscheu. Terentii Epitaphium ist in den Schulen bekant: De- vom verlohrnen Sohn. Descripsi mores hominum, juvenumque senumque, Qualiter à servis decipiantur heri. Quid meretrix, quid Leno dolis confingat avarus, Hæc quicunque fugit, sic, puto, cautus erit. Die Sitten lehrte ich/ der Jungen und der Alten/ Wie Knecht und Maͤgde thun ihr Herꝛschaft zubetriegen/ Wie sich der Unkeusch pflegt/ der geitz'ge Filtz zu halten/ Wer dieses alles flieht/ der wird wol sicher liegen. Diesem verlohrnen Sohn ists gelungen/ daß er zur Buß kommen/ aber tausenden seines gleichen gelingt es nicht/ denen am allerwenigsten/ die es auff die Gnade Go ttes wagen wollen. Gott gebe/ daß wir in dieser fuͤrhabender Buß-Comoͤdi nicht blosse Seher und Hoͤrer/ sondern Thaͤter werden/ daß wir uns nicht erkuͤhnen vom Thurn in diese boͤse Welt freventlich herab zu springen/ dieweil nicht irgend einer mit dem Leben darvon komt/ um sein selbst willen/ Amen. Die Andere Predigt. Von des verlohrnen Sohns Undanckbarkeit. G Eliebte in Christo. Wann Hug. de S. Victore, einer von den alten Lehrern/ l. 2. de arca morali c. 4. eine artige und schoͤne prosopopœiam unter andern einfuͤhret/ uns Menschen-Kinder zu schuldiger Danckbarkeit gegen Gott im Himmel auffzumuntern/ und schreibet: Audimus crea- turam tribus vocibus nobis loquentem; prima vox dicit, accipe; secunda, redde; tertia, fuge; accipe beneficium, redde de- bitum, fuge supplicium, das ist: Wir hoͤren die Creatur mit drey Stim- men reden/ die erste sagt/ Nim̃; die andere/ Gib; die dritte/ Fleuch; Nim̃ die Gutthat an/ leg deine Schuldigkeit ab/ und fleuch die Straff. So pr æ sentiret sich die Creatur I. in der ersten Stimm tanquam fa- mulam, als eine Dienerin; Sihe Mensch/ spricht sie gleichsam/ ich bin deine Dienerin/ darzu erschaffen/ daß ich dir dienen soll/ die Sonn/ Mond und Sternen sprechen/ ich leuchte dir/ der Wein/ ich erquicke dich/ die Fruͤchten/ ich speise dich; Seiden/ Flachs/ Hanff/ Woll/ ich kleide dich; B ij Silber Die Andere Predigt Silber und Gold/ ich diene dir in allerhand Contracten; die Blumen des Feldes/ die froͤliche Fruͤhlings-Zeit/ ich lache dich an/ nim̃ hin/ brich ab/ iß/ trinck/ kleide dich/ brauche mich/ ich bin bereit/ dir zur Freud und Nutz zu dienen. II. Jn der andern Stimm/ pr æ sentiret sich die Creatur tanquam magistram, als eine Lehrmeisterin/ und spricht: redde 1. debitum gloriæ, gib mir die Ehren-Schuld/ wisse/ daß ich mich dir nicht vergebens zum Dienst untergebe/ sondern daß du mich brauchen solt meinem Schoͤpffer zu Ehren/ und dem Naͤchsten zu dienen/ aspice me, sed oculis columbinis, sihe mich an/ aber vergiß Go ttes des Schoͤpffers daruͤber nicht/ amplexu Josephico, wie Joseph mich angenommen; ge- brauche meiner als ein Wandersmann und Pilgrim/ uͤber Tisch als ein Knecht und Diener/ mach keinen Goͤtzen auß mir meinem Schoͤpffer zu Unehren. 2. Debitum justitiæ \& exercendæ charitatis in proximum, die Liebes-Schuld/ brauche mich als einen Brunnen/ der jederman Wasser gibt/ verstopffe mich nicht/ und laß meine Baͤchlein auff die Gas- sen fliessen. Gott der Schoͤpffer ist das Meer aller Guͤtigkeit/ die Men- schen seind die Canaͤle und Roͤhre/ durch welche alles Gute dem Naͤchsten zu gut wieder in Gott hinein fliessen muß. 3. Debitum gratiæ, die Danck-Schuld/ seyd nicht wie Roß und Maͤuler/ die nicht verstaͤndig seind/ die den Habern fressen/ und dencken nicht einmal/ wo er herkomt/ oder wie die Schweine/ so die Eychlen fressen/ sehen aber niemals uͤber sich auff den Baum/ von dem sie herab fallen/ sondern sprich: Ach Gott/ es ist ja dein Geschenck und Gab/ mein Leib und Seel/ und was ich hab. III. Jn der dritten Stimm pr æ sentirt sich die Creatur tanquam ar- borem vetitam, als einen verbottenen Baum/ und spricht: fuge supplicium, meide die Straff/ wegen des schaͤndlichen Muͤssiggangs und Mißbrauchs/ du kanst an mir gar wol die Hoͤlle verdienen/ wirst du mich martern/ und mit schaͤndlichem Mißbrauch quaͤlen/ so klag ichs meinem Schoͤpffer/ der uns Creaturen auch zur Rach erschaffen/ wie Bileams Eselin gesagt Num. 22. Was hab ich dir gethan/ daß du mich geschlagen hast nun dreymal; so sagen auch in ihrer Maß alle andere Creaturen. Jst M. L. eben das jenige/ was uns Christus in drey Parabeln schoͤn fuͤr- gebildet/ und zu verstehen gegeben; Matth. 25. an dem Exempel dessen/ der einen Centner zum Wucher empfangen/ bey ihm war das accipe, aber vom redde wolt er nichts wissen. Luc. 16. am ungerechten Hauß- halter/ der seinem Herrn die Guͤter umgebracht/ bey welchem sich das accipe auch befunden/ aber nicht das redde und fuge; also auch sonder- lich Luc. 15. in der schoͤnen Parabel vom verlohrnen Sohn/ als bey wel- chem vom verlohrnen Sohn. chem das accipe gar annehmlich war/ aber das redde blieb aussen/ dar- um dann auch das supplicium, die Straff darauff gefolget/ wie gerun- gen/ so gelungen. Wann wir nun heut acht Tag daran den Anfang gemacht/ und von der Parabel ins gemein gehandelt/ so folget nun nach gemachter Abthei- lung in Dramate parabolico die erste Person/ der verlohrne Sohn tan- quam peccator, in seiner Untugend/ und zwar in drey Umstaͤnden/ 1. ut in DEUM ingratus. 2. in parentem impius. 3. in se ἄσωτος, als ein Undanckbarer/ Gottloser/ unmaͤssiger Gesell/ da er grad umkeh- ret/ was Paulus sagt Tit. 2. daß wir sollen σωφρόνως, δικαίως, καὶ ἐυσε- βῶς, zuͤchtig/ gerecht/ und Gottselig leben/ so heisset es bey ihm/ ἀσωφρόνως, ἀδίκως, καὶ ἀσεβῶς, unzuͤchtig/ ungerecht und gottloß. Diß- mal nehmen wir allein vor uns/ Filium ingratum, seine Undanckbarkeit: darvon nun nutzlich und aufferbaulich zu reden/ wolle uns Gott mit der Gnad/ Liecht und Beystand des Heil. Geistes um Je su Christi willen mildiglich erscheinen/ Amen. Z Wey Stuͤck haben wir bey unserm Vortrag zu mercken/ des verlohrnen Sohns Gluͤckselig- und Undanckbarkeit an ihr selbst. Belangend nun I. seinen gesegneten gluͤckseligen Stand/ so geben die Umstaͤnde der Parabel zu verstehen/ es seye derselbe geweßt 1. Felix Ecclesiæ communione, in dem Schoß der Kirchen. Dann ists eine warhafftige Geschicht gewesen/ (welches wir heut acht Tag dahin gestellt gelassen) so ists von einem Juͤdischen Mann/ und seinem Juͤdi- schen Sohn/ der sich ins Heydenthum hinauß begeben/ zuverstehen: Jsts aber eine bloße Parabel/ so hat doch Christus auff das Judenthum gese- hen/ und gleich wie der aͤltere Sohn ein Bild der Juden/ also ist der juͤnge- re ein Bild der Heyden geweßt. Ja unter anderm Elend/ das er auß- gestanden/ wird auch vermeldet/ daß er im fremden Land der Schwein hab huͤten muͤssen. War ein gedoppeltes Elend/ erstlich das Schwein huͤten selbst/ und dann daß er als ein juͤdischer Mensch solches thun muͤs- sen/ davor sonst die Juden ein Abscheuen hatten. Wie nun Plato vor zeiten der Natur gedancket/ daß er ein Mensch/ keine bestia, ein Manns- Bild/ nicht ein Weibs-Bild/ ein Griech/ kein Barbarer/ ein Athenienser/ kein Thebaner gebohren/ also war das ein uͤberauß grosses Gluͤck/ daß er unter dem Volck Go ttes/ dem außerwehlten Geschlecht geboren/ das Sacrament der Beschneidung empfangen/ die Hoffnung der Seligkeit gehabt: Summa/ ein Kind Go ttes gewesen. B iij 2. Felix Die Andere Predigt 2. Felix nativitate temporali, gluͤckselig seiner Ankunfft nach/ daß er gleich in den freyen adelichen Stand gesetzet worden. Dann die Umstaͤnde gebens/ daß er nicht von geringen/ schlechten Eltern/ nicht von einem Bauren oder Leibeigenen/ sondern frey gebohren: ist etlicher mas- sen abzunehmen ex insigni annuli \& stolæ, auß dem stattlichen Finger- Reiff und Kleid/ das ihm der Vater bringen und anziehen sassen/ ςόλην τὴν ϖρώτην, das erste/ edelste nnd beste Kleid. Das waren insignia nobilitatis, und wie vermuthlich/ hat er es zuvor auch getragen. Also ist der Unterscheid zwischen den Soͤhnen/ und dann den Knechten und Tagloͤhnern im Text fundi ret. 3. Felix ingenio \& indole, gluͤckselig seinem Verstand und Gaben nach/ adeliches Gebluͤt und adeliches Gemuͤth war bey einander/ ist auß der guten freymuͤthigen Lust zu reisen abzunehmen/ er wolt kein Stuben-Huͤter oder Mutter-Kind seyn/ immer hinder dem Ofen sitzen/ sondern sich auch versuchen in der Welt. Die Intention war bey ihm gar gut/ und der Zweck nicht boͤß/ aber der Schuß war nicht just/ der des Zwecks verfehlet. Darauß abzunehmen/ was noch fuͤr an- dere semina, virtutes \& talenta darunter verborgen gelegen. Sonder Zweiffel wird er zum Schutz der Synagog angezogen worden seyn/ dann damals hielten die Edel-Leute die Studia fuͤr eine Ehr. 4. Felix corpore \& valetudine, er war guter Gesundheit: Dann so er nicht frisch/ gesund/ starck und schoͤn von Leib gewesen/ und irgends einen Bresten/ Bruch/ Hoffer/ lames Glied/ oder dergleichen Wehbengel einen am Halß gehabt/ der Reyß-Kuͤtzel wird ihn nicht an- kommen seyn. 5. Felix opibus, reich an Guͤtern; Er begehret von seinem Va- ter das Theil seiner Guͤter/ und erlangts/ samlet alles zusammen/ und zie- het mit davon. Er erinnert sich hernach in seiner Buß/ daß die Tagloͤh- ner Brods die Fuͤlle haben: so muß der Vater auch nicht uͤbel gestanden seyn/ die reichen Gaben/ der guͤldene Finger-Ring/ das koͤstliche Kleid/ das gemaͤste Kalb in parato, und die stattliche Mahlzeit/ die Tagloͤhner und Knechte seind lauter Zeugen des Reichthums. Dazu komt die monadelphia, daß er nur einen einigen Bruder gehabt/ da waͤre dann das Gut bald getheilet. 6. Felix favore, er hat gute Gunst. Dann er war der juͤngste/ consequenter der liebste/ wie Benjamin und Joseph/ Gen. 37. Das wußt ihm wol der aͤltere Bruder auffs Brod zu schmieren; Nun aber dieser vom verlohrnen Sohn. dieser dein Sohn kommet/ das schoͤne liebe Juͤnckerlein/ der ehrbare Ge- sell/ ꝛc. Darum auch Jacob ehe alle seine zehen Soͤhne in Egypten laͤßt/ biß auff den eintzigen Benjamin. Folget nun II. Ingratitudo, die Undanckbarkeit. Wie hat sich aber dieser schoͤne Juncker erzeiget? als wie ein undanckbarer Gesell ge- gen Gott zuforderst im Himmel/ und gegen seinem lieben frommen Va- ter/ wie er selbs bekennet/ ich hab gesuͤndiget im Himmel und fuͤr dir. Und zwar war er undanckbar 1. Per gratiarum intermissionem, in dem er des Dancks ver- gessen; Wie solte doch dieser Mensch Gott gedancket haben/ seinen gluͤckseligen Stand gegen andern seines Alters Juͤnglinge und Jung- frauen verglichen und gedacht haben? sihe/ Gttt hat dich zum Junckern gemacht/ du haͤttest wohl auch eines Bauren Sohn werden koͤnnen; du bist reich/ haͤttest aber auch gar wohl ein armes Waysen- und Bettel- Kind seyn koͤnnen; du hast eine schoͤne gesunde und grade Leibes pro- portion, da ein anderer ein Krippel/ blind und lahm; Gott hat dir ein faͤhig ing nium gegeben schoͤne Kuͤnste zu lernen/ dessen ein anderer ent- rathen muß. Der jenige Gott/ der dir diß alles gegeben/ kan dirs auch bald wieder nehmen/ fortunam rev er enter habe, hast du ein grosses Gluͤck/ wisse/ es hat auch sein Tuͤck. Das alles hat er gedencken und fuͤr Lieb gegen Gott brennen sollen, aber er achtet alles nicht/ und mey- net/ es muͤsse eben so seyn/ Gott seye es ihm schuldig/ macht deswegen sein computum bey Zeit auff seines Vaters Guͤter/ dencket/ da kan es ihm nicht fehlen. 2. Per superbiam \& inobedientiam, die Hoffart blieb nicht auß bey so hohen Gaben/ seine Natur ist gantz verderbt; er trotzet Gott nicht nur/ sondern spiegelt sich auch in seinen Gaben/ er wußt zeit- lich/ daß er einen reichen Vater hatte/ und machte seinen Concept fein bey zeiten auff seines Vaters Gut; es hats ihm ein Schalck gesagt/ daß er einen guten Kopff habe/ schoͤn von Leib seye/ und ihm alles wohl anstehe. Dessen uͤberhebt er sich. Divitiarum morbus est superbia, sagt August. grandis animus, qui inter divitias illo morbo non laborat. Omne pomum, omne gramen, omne frumentum, omnelignum habet ver- mem suum, alius vermismali, alius pyri, alius fabæ, alius tritici, ver- mis divitiarum superbia; das ist: Der Reichen Kranckheit ist Hochmuth/ es ist ein seltzames Wildpret/ wer bey grossem Reichthum daran nicht danieder liget; ein jedes Obs/ Graß/ Frucht/ Holtz hat seinen Wurm in sich/ ein anderer Wurm steckt Die Ander Predigt steckt im Apffel/ ein anderer in der Birn/ ein anderer in ei- ner Bonen/ des Reichthums Wurm ist Hochmuth/ darum je schoͤner Blum/ je schaͤdlicher Ungeziffer. Summa: er hatte einen Wurm/ der hieß φιλαυτία \& contemptus proximi, selbst-Lieb und Ver- achtung des Naͤchsten/ da ist an ihm/ was sonst die Heyden von Narcisso gedichtet/ alles wahr worden. 3. Ingratus per otium, matrem nugarum \& novercam vir- tutum, der Muͤssiggang/ eine Muter der Allefaͤntzerey und Stieffmutter aller Tugenden/ steckte ihm in dem Rucken/ er mocht nicht gern dicke Brettlein boren/ ließ sich duncken/ er haͤtte Gelds genug/ die Bauren-Kinder moͤchtens ihnen lassen saur werden/ warum solte er sich außmaͤrglen. Sein Thun war zweiffels ohn schlaffen/ biß ihm die Sonne ins Bett geschienen/ er hat nicht viel nach dem Haber- mann/ nach den Buͤchern und der Kirchen gefragt/ sondern nach dem Kellermann/ nach dem Fruͤhstuͤck/ darauff die Gassen getrett/ enspatzieren gegangen/ Musicen angestellet/ iunckerirt/ geloͤffelt/ grassatum gangen/ und mit. Schlinglen die liebe Zeit zugebracht. Jst alles darauß abzu- nehmen/ daß er/ da es ihm hernach an den Bund-Riemen gangen/ kein ehrlich Handwerck ergriffen. Dann weil er die Bluͤht seiner Jugend dem Teuffel auffgeopffert/ hat er nichts rechtschaffenes studieret/ damit er sich haͤtte moͤgen durchbringen/ mußte des wegen der Schwein huͤten/ und sich mit den Saͤuen lustig machen. War also in Summa ingra- tus hospes in DEI aula, ein undanckbarer Kostgaͤnger an GOttes Taf- fel/ ihm war re ipsa in der That auff sein Hertz und in sein Gewissen ge- brant das stigma, ingratus homo, danckest du also deinem Gott? Gleich wie vor zeiten der Koͤnig Philippus einem Soldaten/ der seinem Kost-Wirth/ von dem er viel Gutes empfangen/ einen rothen Hahn auffs Hauß gesetzt/ ein stigma lassen auff die Haut brennen/ ingratus hospes, undanckbarer Gast/ auff daß/ wer ihn ansihet/ sich an ihm spieglen moͤchte; also stellet uns auch Christus diesen Juͤngling ut ingratum stigmate hospitem, als einen undanckbaren Gesellen vor/ an dem wir uns allzumal wohl bespieglen und schamroth werden sollen. Nun/ M. L. der verlohrne Sohn ists nicht allein/ wir alle sind in ge- wissen Stucken auch solcher Art und Haar gegen Gott/ wir wollen die Deu- tung dessen nit weit auß dem Paradiß her holen/ da wir alle das Brand- mal/ ingratus hospes, in unsern Hertzen erholt. Wieviel verlohrner Soͤhn gibts noch unter uns/ bey denen das accipe, die Geb-Hand Go ttes gar Vom verlohrnen Sohn. gar angenehm/ aber das redde, und die schuldige Wieder-Erstattung auß- bleibet? Keiner ist unter uns/ der nicht sonderbare Gutthaten von Gott hat; seinds nicht Gemuͤths-Gaben/ so ists gesunder/ frischer/ starcker Leib; ists nicht Reichthum/ so seinds Gemuͤths-Gaben/ oder anders der- gleichen. Ja wir alle seind Kinder GOttes worden/ die da hoͤchst ge- adelt seind: Aber ô des schnoͤden Mißbrauchs! ach wie viel Falliten und Banckerotierer gibt es/ die mehr eingenommen als außgegeben/ die neben dem Zweck hinschiessen/ und sich selbs treffen. O der schaͤdlichen Traͤg- heit! Eine Dienstmagd wann sie nur eine Suppe besser kochen kan als die andere/ wie groß duncket sie sich zu seyn. Ein jeder zielet jetzt auff sich selbs/ und erschießt sich selbs; Was wollen wir von hoͤhern Gaben sagen? wie duncket sich der Adel so groß/ wer einen Pfenning mehr hat als der ander/ der meynet/ daß er nicht um ein Haar weichen darff/ und wil gleich allenthalben oben schwimmen/ wie das Fett auff der Supp. Jhr alten Jani sehet doch zuruck in euere vorige Zeiten vor der allgemeinen teutschen blutigen Suͤndfluth/ wie habt ihr da haußgehalten? gedencket/ was ihr vor Gaben von Gott gehabt? nemlich ihr hattets wie die zu Sodoma/ Hoffart und alles vollauff/ und guten Fried/ wolfeile Zeiten/ einen edlen Sitz und Paradiß GOttes/ ein rechtes Schlauraffen-Land. Aber ô der schnoͤden Undanckbarkeit! ich wil nicht sagen von dem groben un- danckbaren Baurs-Volck/ das mitten in der Cron des Goͤttlichen Se- gens gesessen/ mit deme aber Gott den Kehrauß gemacht; Von uns/ die es besser haben verstehen koͤnnen/ rede ich/ wo seind die fœnora? wo ist geblieben die Danckbarkeit gegen Gott/ in Erkanntnuß GOttes/ Lieb/ Forcht/ Gebet/ Lob/ Heiligung des Sabbaths/ Demut und dergleichen? Da hat man sich verlassen auff Proviant/ Festungen/ Waͤhl/ Geschuͤtz/ Mannschafft/ und getrotzt/ wann schon drey Kriegs-Heer fuͤr die Stadt kaͤmen/ koͤnten sie sie doch nicht gewinnen; man hat/ mit einem Wort/ gelebet wie Schweine/ gefressen/ gesoffen/ pancketieret/ gesprungen/ ge- tantzt/ und also haußgehalten/ daß die Creaturen daruͤber geseufftzet und geaͤchtzet. Daß aber jetzt dergleichen nicht geschicht/ mangelt nicht am guten Willen/ sondern an Mitteln. Jsts dann Wunder/ wann Schwein- Suͤnden mit Schwein-Straffen bezahlet werden/ und was mancher ein- gebrockt/ anjetzo außfressen muß? Es stehet aber dieser ingratus hospes, und undanckbare Gast auch fuͤr Augen als ein Schreck- und Warnungs-Spiegel/ allen jungen Leuten/ Studenten und Unstudenten/ Edeln und Unedeln/ Soͤhnen und Toͤch- tern/ Knechten und Maͤgden. I. Den Handwercks-Knechten Zehender Theil. C und Die Andere Predigt und Maͤgden/ die sich beduncken lassen/ das Junckern-Handwerck seye das beste/ sie muͤßten wol Narren seyn/ daß sie sich von ihren Meistern solten hudlen lassen/ sie wollen lieber in Krieg ziehen/ da seye es um ein Stund Schildwacht zu thun/ so laßt man sie im uͤbrigen zu frieden. Gehets nun solchen wie dem verlohrnen Sohn/ so moͤgen sie hernach den Werth daran haben; ja werden sie mit Leib und Seel verdam̃t/ so dencken sie nur nicht anders/ als es sey ihres Undancks Schuld. 2. Den Ed- len von Adelichem Gebluͤt/ die sich beduncken lassen/ der Schul- Rauch moͤchte den Glantz ihrer Schild und Helm verdunckeln/ duͤncken sich besser als Moses/ Salomo/ Alexander M. lernen nichts rechts/ bring- en die edle Zeit mit Raßlen/ Spielen/ Fressen/ Schlinglen/ und muͤssig gehen zu. Gehets ihnen alsdann wie dem verlohrnen Sohn/ so muͤssen und moͤgen sie es haben. Sprichstu: es wird eben mir nicht so ergehen/ ich traue gutes Gluͤck zu haben. Antwort: quod cuiquam potuit ac- cidere, potest etiam cuivis, was einem begegnet/ das kan auch dir und allen andern wiederfahren. Es seind wol Edlere Geschlechter in den Staub gefallen/ darauß sie erhebt worden/ wil man dergleichen wissen/ so wird man sie in der Tuͤrckey/ wie Busbequius bezeugt/ antreffen: Die Nachkommende der Bulgarischen Fuͤrsten und Griechischen Kayser/ die anjetzo hinter dem Pflug gehen/ Habern-Brod essen/ und mit Zwilchenen Kleidern fuͤr lieb nehmen muͤssen. 3. Unsere Studenten/ sonderlich die von Mitteln seind/ sollen sich auch daran spieglen/ und gedencken/ man habe sie nicht hergeschickt zu tantzen/ zu spielen/ schlinglen/ fressen/ fechten/ rauffen/ junckerieren/ stutzieren/ allamodisi ren/ Ballen schlagen/ grassatum gehen/ loͤfflen und dergleichen/ sondern etwas rechtschaffenes zu lernen/ damit sie zu seiner Zeit dem gemeinen Wesen/ Kirchen und Schulen bedienet seyn. Unsere Straßburger/ die es wol haben/ sollen an ihre condiscipulos, commilitones gedencken/ an die Waysen- und Gutleut-Kinder/ an Wilhelmiten und Marciten/ und die resolution fassen/ etwas rechtes zu lernen/ und den Ehren-Grad mit Ruhm zu er- langen. Wo sie es nicht thun/ so moͤchte wol der Reimen des verlohrnen Sohns an ihnen wahr werden: Studierstu uͤbel/ so mustu essen mit den Saͤuen auß dem Kuͤbel. Es ist aber 4. den Toͤchtern gesagt/ denen es ein Schalck eingeblasen/ sie seyen wunder-schoͤn/ Adelichen hohen Standes/ reich und nahrhafft/ sie muͤßten sich herfuͤr thun/ seye nicht von noͤthen/ daß sie/ wie die Maͤgde/ die Arbeit angreiffen/ sondern bey zeiten spieglen/ Pracht treiben/ und es andern gleich- oder auch gar vor machen. Solche sollen hoͤren/ wie der verlohrne Sohn hinter den Schweinen her- fuͤr Vom verlohrnen Sohn. fuͤr ihnen zurufft/ und sagt: Disce meo exemplo sapere, mein Sohn/ meine Tochter/ lerne an meinem Schaden witzig werden/ nondum omnium dierum Sol occidit, es ist noch nicht alle Tag Abend/ es kan uͤber 20. Jahr geschehen/ was sie ihnen jetzt nicht eingebildet/ es hat wol mehr- mal manche stoltze Dirne das ihre verthan/ und mit Schaden erfahren muͤssen/ woran sie niemal gedacht. Die Armen troͤsten sich mit dem Exempel Josephs/ und Mariaͤ/ ergeben sich Goͤttlicher Providen tz/ denck- en/ es seye besser/ arm seyn/ als sich mit Reichthum verwunden/ contenti- ren sich mit dem/ was sie haben; doch also/ daß sie auch fromm seyn und demuͤtig/ dann manche Dienst-Magd ist in ihrem Hertzen so stoltz/ solte sie die Mittel haben/ sie wuͤrde sich sehen lassen/ und keinem Menschen kein gut Wort geben. Aber from̃e und demuͤtige Hertzen dencken anders/ in Betrachtung/ daß sie destoweniger zu verantworten/ da ist die geringste Vieh-Magd bey ihrem geringen Lohn und truckenen stuͤck Brod viel gluͤckseliger/ als der/ welcher der gantzen Welt Reichthum besitzet. Das Magnificat der Gottseligen Mariaͤ ist ihr Symbolum/ mit welcher sie taͤglich sprechen: Wer Demut/ Gedult und Hunger hat/ Die wil GOtt gaͤntzlich speisen/ Hoch setzen sie/ und machen satt/ Damit sein Gewalt beweisen/ Die Reichen schon laͤßt leer hingohn/ Thut sie in Trauren setzen: Doch was arm ist/ dem hie gebrist/ Wil Er mit Freud ergoͤtzen. Si non esse potes, quod te fore sorte putabas, Tum benè contentus, quod potes, esse velis. Gehts dir nicht allzeit nach deim Will. Sey zu frieden/ GOtt heißt dich schweigen still. AMEN. C ij Die Die Dritte Predigt Die Dritte Predigt/ Von des verlohrnen Sohns Gottlosigkeit. G Eliebte in Christo. Ob wol die ἀτεκνία, der Kinder- Mangel oder die Erblosigkeit kuͤmmerlich und beschwer- lich/ bey Gottlosen Leuten eine Goͤttliche gerechte Straff/ und ein Zeichen Goͤttlicher Ungnad/ als bey Absalon/ 2. Sam. 18. der seinen eigenen Vater durchaͤchtet und ver- folget; bey From̃en und Gottsfoͤrchtigen aber ein schmirtz- endes und weh-thuendes Creutz/ als wann Abraham/ Hanna eine lange Zeit ohne Kinder hingehen/ Job dieselbe in einer Nacht verlieret/ Hißkias ohne Kinder gestorben waͤre/ wo ihm nicht durch ein extraordinari mira- cul ein Sohn/ wiewol ein boͤser Sohn/ waͤre beschehret worden/ dann darum wars ihm zu thun/ in seinem ernstlichen Gebet/ 2. Reg. 20. daß er einen Stul-Erben haben moͤchte; sintemal Manasses erst im dritten Jahr nach seiner Kranckheit gezeuget worden. Ob wol/ sag ich/ die ἀτεκνία, die Erblosigkeit ein kuͤmmerlicher und fast unseliger Zustand/ so ist er doch nicht ohn allen Trost/ wann wir bedencken die grosse Gefahr/ so Eltern mit ihnen zu besorgen/ und zwar 1. die gemeine Gefahr/ wann allgemeine Straffen und Noth fuͤrhanden/ und es sonderlich an dem seyn wil/ daß der erzoͤrnte Gott sein Wort und Kirch wendet/ da dann die Kinder mit eingeflochten seind; darum Luc. 23. die Unfrucht- baren/ und die Leibe/ die nicht gebohren/ und die Bruͤste/ die nicht gesaͤuget haben/ selig gepriesen werden. 2. Wegen der special- und sonder- baren Gefahr; es moͤchte irgend das Kind des Vaters Namenstinck- end machen/ nach den alten Sprich-Woͤrtern/ Chomez ben jajin, He- roum filii noxæ, fuͤrnehmer Leut Kinder gerathen selten wol. Die Ex- empel beweisens/ was hat Noah an Cham/ Jsaac an Esau/ Jacob an Simeon/ Levi/ Ruben erlebet? Die Soͤhne Eli und Samuels/ Davids Absalon machten eitel Hertzenleid; Von M. Antonino, einem tugendsa- men Kaiser schreibet ein H i storicus, felix Imperator, nisi filios habuisset, haͤtte unser Kayser keine Kinder gehabt/ er waͤre ein gluͤckseliger Mann gewesen. Sonderlich aber 3. wegen der ewigen Seelen Gefahr/ wann ein mancher frommer Vater sich besorgen muͤßte/ es werde sein un- gerathener Sohn/ oder ungerathene Tochter der Hoͤllen dermal eins zu theil werden/ und im Außgang erfahren muͤssen/ er hab ein Hoͤllen-Brand und Vom verlohrnen Sohn. und Kind des Verderbens gezeuget; wie dann freylich David die Tag seines Lebens sich gekraͤncket und bekuͤmmert/ daß sein Sohn Absalon in seinen Suͤnden gestorben und umkommen! wuͤrde er nicht manchmal gewuͤnschet haben/ ô daß das boͤse Kind nie gebohren waͤre/ welches Hertzenleid/ wie Philipp Melanchthon davor haͤlt/ groͤsser als keines in der Welt/ und nechst dem hoͤllischen Feur am allermeisten schmirtzet. Al- lermassen wie auch zweiffels frey der Vater des verlohrnen Sohns in sol- cher grossen Gefahr gestanden/ da er sein ungerathenes Kind fuͤr Augen gesehen/ und sich der Verfuͤhrung befahret/ wann er ihm einen Sprung in die Welt vergoͤnnen wuͤrde; wann er auch erfahren muͤssen/ daß an sei- nem Sohn das Sprichwort wahr worden/ Heroum filii noxæ, fuͤrneh- mer Leuth Kinder gerathen selten wol; Ja wann er sich der Verdamnuß befahren muͤssen/ nachdem er sich hinauß gewagt/ und der Vater ihn all- bereit fuͤr todt und verlohren gehalten. Wird er nicht manchmal ge- wuͤnschet haben; O daß der ungerathene Boͤßwicht nie waͤre gebohren worden/ und haͤtte von ihm nicht auch moͤgen gesagt werden/ was man wie oben erzehlet/ von M. Antonino vor Zeiten gesagt/ er waͤre gluͤckselig gewesen/ wann er nur keine Kinder gehabt. Wann wir nun annoch auff dem Theatro in der Schau des verlohr- nen Sohns stehen/ und heut acht Tag vernommen/ wie er sich mit Un- danck an Gott im Himmel vergriffen/ so folget anjetzo in der Ordnung Impietas \& iniquitas in parentem, seine Untreu und Gottlosigkeit gegen seinem Vater. Daß wir nun hievon aufferbaulich reden moͤgen/ wolle Gott seine Gnad und Segen verleihen. Amen. S O erscheinet nun der verlohrne Sohn abermal und praͤsentiret sich I. ut Filius perditus inobediens, als ein ungehorsames Kind/ darauff deutet sein aͤlterer Bruder/ dann wann er vom Feld heimkomt/ und vernimt/ daß die schoͤne Zucht/ das verlohrne Kind/ wieder gekommen/ so fuͤhret er unter andern seinen Verweisungs-Worten seinem Vater auch zu Gemuͤth seinen Gehorsam/ ꝟ. 29. Jch habe dein Gebott noch nie uͤbertretten/ als wolt er sprechen: aber dieser dein Sohn/ das ehrbare Buͤrschlein/ das dir allezeit zuwider gewesen/ und dir in der Jugend groß Hertzenleid gemacht/ wie vielmal hat er dein Gebott veracht/ und seinem Kopff nachgelebet. Ausser zweiffel/ wie es pflegt zu geschehen/ wann der Vater ihm befohlen in die Kirch und Schulen zu gehen/ hat er sich bey seiner Gesellschafft in Spiel- und Wuͤrths-Haͤusern antreffen lassen. Wann der Vater gemeynt/ der Sohn ligt im Bett/ ist C iij er Die Dritte Predigt er irgend grassatum gegangen. Dazu dann Geld vonnoͤthen war; da wird er heimliche Muten gemacht haben/ und dem Vater uͤber den Seckel gekommen seyn/ Schulden eingenommen oder gemacht haben/ die er her- nach quittiren und bezahlen muͤssen. Es wolte der Juncker nach seinem Plaisir leben/ ließ ihm nicht gern einreden/ solte er zu Hauß bleiben/ so wars ihm wie einem Vogel im Kaͤffig. Er wolte sich nach seiner Ma- nier in alle neue Gattung kleiden/ hieng boͤse Gesellschafft an sich; Was/ gedachte er/ solte ich mich lassen in ein Bockshorn treiben/ solte ich mich von dem oder jenem Schulfuchsen viel foppen lassen/ das laß ich wol blei- ben/ disrumpamus vincula eorum, wir wollen sie schoͤn finden/ es muß gehen/ oder muß brechen. II. Ut audacter \& ferociter superbus, als ein freches/ hoffaͤr- tiges Kind. Bey dem blosen Ungehorsam und Halsstarrigkeit blieb es nicht/ sondern es kam dazu die contumacia, der Frevel/ Trotz und Hof- fart/ wie auß seiner eigenen Beicht abzunemmen/ da er bekante/ ἥμαρτον ἐνώϖιὀν σου, das heißt/ ich habe gesuͤndiget fuͤr deinen Augen/ mit auffge- habener Hand/ trotziglich/ ohne Stirn und Scheu; anders als die Soͤhne Jacobs/ die ihre Boßheit noch verdutschet; Und/ welches das aͤrgste/ hat er den Vater lassen reden/ er seinen Kopff auffgesetzet und geschuͤttelt/ fuͤr die Naß geschnellt und gedacht/ er thue doch/ wie es ihm gefaͤllt. III. Ut extremè iniquus, als ein gar gottloses und ungerechtes Kind. Dann durffte ers einmal dem Vater zumuthen/ so ist er ihm ge- wiß oͤffters unter die Angen getretten/ und hat zu ihm gesagt: Vater/ gib mir das Theil der Guͤter/ das mir gehoͤrt. Er bittet den Vater nicht/ son- dern expostul irt mit ihm/ trotzts ihm herauß/ δός μοι, gib mirs her/ grad als waͤre ers ihm schuldig/ als gebuͤhrte es ihm von Gott und Rechts wegen. Er begehret nicht irgend sein Muͤtterliches/ das ihm von Rechts wegen ge- buͤhrte/ wie sonst dem Rechten nach mit Bescheidenheit den Kindern zu begehren wol erlaubet. Jst abzunehmen auß des Bruders Klag/ wann er v. 30. sagt: er habe τὸν βίον σου, all sein Gut mit Huren verschlungen. Er begehret nicht bloß die Legitimam, was ihm eigentlich gehoͤrte/ oder einen ehrlichen Wechsel/ sondern τὸ ἐπι άλλον, q. d. βάλλον ἐϖ᾽ ἐμὲ, so viel ihn auff dem Fall im Erb treffen moͤchte. War wol facinus im- pium, ein leichtfertiges Begehren/ daß er sich geluͤsten lassen/ den Vater bey lebendigem Leib zu erben. Es wolte ihm der Vater fast zu alt werden/ er wolte nicht einmal sterben; er gedachte/ sit divus, dummodo non vivus, wann er nur einmal tod waͤre/ wie dorten Antoninus Cara- calla pflegte zu sagen; ich mag ihm das ewige Leben wol goͤnnen/ wann er nur Vom verlohrnen Sohn. nur einmal gieng. Und nachdem ers ihm zu lang machen wil/ so resol- v irt er sich erst-erzehlter massen; Er gedachte/ wer wolte so lang warten/ biß der Vater stirbt/ er moͤcht noch wol zwantzig Jahr leben/ indessen muß ich mich immer fretten lassen. Es war facinus iniquum, ein ungerech- tes Begehren/ indem er das gesucht/ was ihm nicht gebuͤhret. Es war facinus desperatum, ein verzweiffelt boͤß Begehren. Er dacht bey sich/ ich wil mein Heil anderwerts versuchen/ ich kom̃ doch nicht mehr wie- der/ ich wil mit meinem Gutschalten und walten/ wie ich wil/ anders wo ist auch gut Brod essen. Summa: er gibt seinem Vater den Absag- Brieff/ Ade Vater. Er verkaufft alles um einen wolfeilen Preiß/ nur daß er bald davon komt/ er wolte seinem Vater angst und bang machen/ als solte er ihn so bald nimmer wieder sehen. Dannhaͤtte er Hoffnung ge- habt wieder zu kommen/ so wuͤrde er mit einem ehrlichen viatico und Wechsel vorlieb genommen haben. Ey/ moͤchte jemand sagen/ das muß gleichwol ein thoͤrichter Vater gewesen seyn/ der sich so bald hat bereden las- sen; ein unverstaͤndiger Mann/ der seinem jungen unerfahrnen Sohn das Schwerd in die Hand gegeben/ sich selbs zu beschaͤdigen? Solte mir ein Sohn das thun/ solte mir einer so kommen/ ich wolte ihm den Weg wei- sen/ es seye dann kein Farrenwadel mehr in der Welt? Antwort: Ja frey- lich/ wann wir allein in cortice historiæ, an der Schelet der blosen Erzehl- ung bleiben/ so scheinets fast thoͤricht gehandelt seyn. Wir muͤssen aber auf den nucleum und den Kern gehen/ und sehen/ was Christus damit gemey- net/ und was er unter des verlohrnen Sohns Vater verstanden/ nemlich den him̃lischen Vater/ sein uͤber-gutes und uͤberfliessendes Vater-Hertz zu erkennen zu geben/ als der uns allen mehr gutes thut/ als wir werth seind. Er vertraͤgt den Mißbrauch seiner Guͤter und Gaben mit grosser Lang- muth/ aber hernach strafft Er um so viel schroͤcklicher/ als herꝛlicher die Gab- en seind. Zu gleicher weise wie ein Ehemann/ dem sein Ehegatt zum Kirschbaum worden/ dieselbe nicht schuldig ist wieder anzunemmen/ auch nach Goͤttlichen und weltlichen Rechten nicht annemmen soll; aber der him̃lische Braͤutigam/ damit er seine uͤberfliessende Liebe bezeugte/ thut mehr als einem Menschen zu thun waͤre/ und rufft uns zu/ Jerem. 3/ 1. Du hast mit vielen Bulern gehuret/ doch komme wieder zu mir. Also wil auch Christus hier zu erkennen geben/ daß Go tt auch den Gottlosen mehr gebe/ als Er schuldig geweßt. Zum Exempel/ es wird manchmal gefragt: Warum Gott der Herr den Saul zum Koͤnig gemacht/ da er doch wol gewußt/ daß er es mißbrauchen wuͤrde/ und in seinen Suͤnden sterben? Warum hat Er Judam zum Juͤnger angenommen/ da Er doch wol ge- wußt/ Die Dritte Predigt wußt/ daß er Jhn wuͤrde verrathen? also noch heutigs Tags gibt Gott der Herr manchem Ehre/ Schoͤnheit/ Reichthum/ ꝛc. der es doch miß- braucht. Hieron. l. 3. contra Pelag. c. 2. gibt die Antwort: DEUS præsen- tia judicat, non futura, nec condemnat ex præscientia, quem noverit talem fore, qui sibi postea displiceat; sed tantæ bonitatis est \& ineffa- bilis clementiæ, ut eligat eum, quem interim bonum cernit \& scit ma- lum futurum, dans ei potestatem conversionis \& pœnitentiæ, das ist: GOtt richtet gegenwaͤrtige/ nicht zukuͤnfftige Dinge/ er ver- dammet auch niemand nach seiner Allwissenheit/ ob er wol wußte/ daß der/ so ihm nachgehends mißfallen/ so werden wuͤr- de; sondern er ist von so grosser und unaußsprechlicher Guͤtig- keit/ daß Er den erwehlet/ welchen Er zur Zeit fromm befindet/ weiß aber/ daß er Gottloß werden wird/ nur daß Er ihm Ge- legenheit gebe sich zu bekehren und Buße zu thun. Die beste Antwort stehet Rom. 11. O welch eine Tieffe des Reichthums bey- de der Weißheit und des Erkantnuß GOttes/ wie gar unbe- greifflich seind seine Gerichte/ und unerforschlich seine Wege! Jst eine von den Fragen/ die unter die ἀνεξιχνίαςα, oder unerforschliche Dinge gehoͤrt. Gnug ists/ zu wissen/ daß Gott manchmal auß heiligen Ursachen seinen Segen unter boͤse Buben außstreuet/ da gemeiniglich die aͤrgsten die besten Beuten davon tragen/ wie wir in der vierten Bitt un- sers Vater Unsers bekennen; aber denen/ die es Jhm herauß bochen/ be- komt es ex accidenti, wie dem Hund das Graß. Num. 11, 20. Nun es hat sich/ M. L. der verlohrne Sohn abermal præsenti ret/ 1. Uns allesamt schamroth zu machen/ dann wir ja alle Gott dem himmlischen Vater den schuldigen Gehorsam nie geleistet/ sondern clar das Widerspiel gethan/ die Goͤttliche Disciplin veracht/ nach dem Wort/ das auß GOttes Munde gegangen/ uns nicht gehalten/ mit auffgehabe- ner Hand manche schwere Suͤnde begangen/ uns trotziglich der fuͤrge- schriebenen Ordnung GOttes/ die da heiffet/ ora \& labora, bete und arbeite/ widersetzet. Ja viel haben auch wol Gott seine Gaben herauß getrotzet/ das sind die/ so durch unordentliche Mittel entweder Gesundheit/ oder sonsten ein Stuͤck Brod bekommen/ da es auch manchmal geheissen/ δός μοι, gib mirs; denenes oͤffters Gott gibt/ folget aber darum gar nicht/ daß/ wann einem sein Bubenstuͤck abgegangen/ es mit GOttes Willen geschehen. 2. Machet er in specie schamroth die Alten Erlebten/ die/ wann sie hinder sich gedencken an die Suͤnde ihrer Jugend/ wie sie manchmal mit ihren Eltern/ Vormuͤndern/ Lehrern/ Praͤceptoren/ Obrig- Vom verlohrnen Sohn. Obrigkeiten/ Herren und Frauen umgegangen/ das Gelt abgetrotzt/ sie belogen/ betrogen/ bestohlen/ die Ubertrettung des ersten Gebotts in der an- dern Taffel auff ihrem Gewissen schwer befinden. Ja wann sie auch Kin- der haben/ dieselbe mit dem Mutter-Pfenning verzaͤrtlen/ da es hernach so schoͤne Fruͤchtlein gibt. Er machet schamroth 3. alle ungehorsame Kinder/ Soͤhn und Toͤchter ins gemein/ die ihren Eltern Hertzenleyd machen/ ihnen widerbefftzen/ oder wol gar fluchen. Sonderlich die jenige/ denen die Eltern zu lang leben wollen/ die auch gedencken/ wann sie nur einmal todt waͤren/ sie wolten ihnen gern ein langes Leben goͤnnen: Sind solche Kraͤutlein wie der verlohrne Sohn auch: pressen das Geld von ih- nen herauß zum Pracht/ nehmen ihr Erb vorauß/ oder lehnen darauff/ ihren eigenen Kindern zum Nachtheil/ wann sie gehofft noch etwas zu er- ben. 4. Machet er schamroth alle junge Studenten/ die ihren Eltern die Ducaten wechslen/ die Chymisten/ so das aurum potabile machen/ ihrer Eltern sauren Schweiß und Blut verzehren/ pochen das Geld herauß/ oder machen Schulden/ und dencken/ wils der Vater nicht zahlen/ so mag ers stehen lassen. Die aͤrgste seind die jenige/ die ihre Muͤtter und albere Eltern bereden/ sie studieren fleissig/ saugenihnen das Marck auß den Beinen/ be- stehlen ihre arme Geschwistrige; ja/ wie man wol dergleichen Gesellen fin- det/ machen falsche Rechnungen/ schreiben ein X. fuͤr ein V. wann der Vater meynet/ es gehe auff Collegia und Buͤcher/ so gehets auff Pancke- ten/ Pasteten-Haͤuser und dergleichen Lumpereyen. Er machet 5. scham- roth alle Handwercks-Bursche/ Knecht und Maͤgde/ welche die Frey- heit suchen/ wie ein Vogel/ der nicht im Keffich bleiben wil. Die seind et- wan an einem guten ehrlichen Ort/ da sie zur Kirchen/ Gottesdienst/ Ar- beit/ Haußhaltung angehalten/ auch mit Worten/ im Fall der Nachlaͤssig- keit/ gestrafft werden/ da schmecket es ihnen nicht/ seind trotzig/ setzen ihre Koͤpffe auff/ und blitzen davon; da heißt es/ man laßt mich am Sontag mit keinem ehrlichen Menschen schwaͤtzen/ ich werd auff solche weise keinen Mann bekommen. Darum seind sie lieber an Orten/ da es drunter und druͤber hergehet/ da heißt es auch bey ihnen/ δός μοι, gib mir meinen Lohn/ so kan ich einen andern Herꝛn suchen. Daß es ihnen nun offt eben nicht gehet/ wie dem verlohrnen Sohn/ ist an der Ursach kein Mangel/ sondern nur an dem zufaͤlligen Außgang/ daß es ihnen eben besser gelungen/ es solte sonst einem manchen truͤbselig gnugergehen. Nun das seind lauter verlohrne Soͤhn und Toͤchter/ ungehorsame Kinder/ die trifft alle fulmen Mosaicum, der Mosaische Fluch/ Deut. 21, 18. Wann jemand einen eigenwilligen und ungehorsamen Zehender Theil. D Sohn Die Dritte Predigt Sohn hat/ der seines Vaters und Mutter Stimme nicht ge- horchet/ ist ein Schlemmer/ ein Trunckenbold/ den soll man steinigen/ daß er sterbe. Und Prov. 30, 17. Ein Aug/ das den Vater verspottet/ und verachtet/ der Mutter zu gehorchen/ das muͤssen die Raben am Bach außhacken/ und die jungen Adler fressen. Ja/ Gott strafft manchmal schroͤcklich/ sonderlich ju- re talionis, wann die Kinder die Eltern außziehen/ vertreiben/ bey leben- digem Leib erben/ so verhaͤnget Gott dergleichen auch uͤber ihre Kinder/ die muͤssen hernach ihre Groß-Eltern raͤchen. Wollen nun solche Leute sich nicht am verlohrnen Sohn spieglen/ so erschrecken sie doch an Cham/ den Soͤhnen Eli/ an Absalon und ihres gleichen/ oder sie werdens mit ihrem Exempel erfahren muͤssen. Fromme Kinder/ so quasi sacerdotes in fano domestico, sacrati pa- rentibus, ut Diis latibus, als Hauß-Priester und Heilige seyn/ haben zum Exempel fuͤr sich den Bruder des verlohrnen Sohns/ sie strecken sich nach der Decke/ sparen wo zu sparen ist/ sie troͤsten sich Goͤttlicher Verheissung/ dann ihnen ist verheissen langes Leben im Lande/ das ihnen der Herr geben wird/ Gluͤck und Heyl in ihrem Stand/ Handel und Wandel. Dann es ist ja billig/ daß der lang lebet/ der seines Lebens Ursprung recht verehret. Aber gnug fuͤr dißmal/ Gott dem himmlischen Vater/ dem Vater aller Barmhertzigkeit/ der der rechte Vater ist uͤber alles das Kin- der heisset/ sey Ehre und Preiß jetzt und in Ewigkeit. Amen. Die Vierte Predigt/ Von der Ἀσωτίᾳ und Ruchlosigkeit des verlohrnen Sohns. G Eliebte in Christo. Obwol peregrini ren und reißen fuͤr und an sich selbs ein adiaphorum und Mittel-Ding/ wann man es recht braucht und anlegt/ nutzlich und heilsam 1. ad Anagogen spiritualem, dabey wir uns unserer geistlichen Wallfarth/ in deren wir begriffen/ und als Pilgram dem himmlischen Vaterland zuwandern und wallen/ erinneren koͤnnen: Nutzlich und heilsam 2. ad propagandam religionem, zu Fort- pflantzung der Religion/ wie dann diß der vornemste Zweck seyn soll/ wann wir von fremden Nationen zeitlichen Segen abholen/ wie wir denselben den Vom verlohrnen Sohn. den geistlichen Segen kramen und mitbringen moͤgen. 3. Ad mercis communicationem, einander das seine zu uͤberbringen und mitzutheilen; quia non omnis fert omnia tellus, es waͤchset nicht alles in einem Land. Zu welchem End auch Salomo das Ophirische Gold abzuholen Schif- farten angericht/ 1. Reg. 9. wie hernach Josaphat auch thun wollen. 1. Reg. 22. 4. Ad prudentiam politicam comparandam, etwas zu ler- nen/ so fern junge Leute/ nicht als wie die Schrepffhoͤrnlein das boͤse un- gesunde Gebluͤt an sich ziehen/ sondern als wie die Jmmen und Bienen den guten Honig-Safft saugen und samlen. 5. Ad linguas exteras addiscendas, fremde Sprachen zu begreiffen; wie es dann bey einem Regiment loͤblich/ bey Koͤniglichen Cantzleyen ruͤhmlich/ wann Eliakim der Hoffmeister/ Sebna der Cantzler/ und Joah der Schreiber sich ver- nehmen lassen/ Rabsacke/ der Assyrische Ertz-Schenck soll auff Syrisch und nicht Juͤdisch mit ihnen reden/ dann sie verstuͤnden es wol. Esa. 36/ 11. Dannenhero die jenige Voͤlcker/ die ihre Leut nicht reißen lassen/ sonderlich die Chineser/ die niemand auß ihrem Reich zuruck lassen/ ihre Kuͤnste nicht zu vertragen/ rechte monstra naturæ zu nennen/ als welche die na- tuͤrliche κοινωνίας und eingepflantzte Zuneigung daͤmpffen und verstecken. Ob nun wol das peregrini ren erst-erzehlter massen/ wanns recht ge- braucht und angelegt wird/ loͤblich/ gut/ heilsam und nutzlich; so ist doch im Gegentheil nichts schaͤdlichers/ nichts verdamlichers/ als solche ra- sende Reiß-Sucht/ wann sie ohne Forcht GOttes und Christliche Klug- heit gefuͤhret wird. Wann junge Leut unvorsichtig sich hinauß in die Fremde wagen/ sine viatico fidei, geben sich bloß/ und nemmen den besten Zehrpfenning des wahren Glaubens nicht mit sich/ verwahren sich nicht recht wider alle Verfuͤhrung/ gerathen anderswo in den Atheismum oder Anti-Christianismum, geben der Babylonischen Huren irgends auch ei- nen Kuß/ heuchlen mit/ und versehren ihr Gewissen. Sine viatico pru- dentiæ, befleissen sich nicht der recht loͤblichen Klugheit/ begeben sich an solche Ort/ da Tugend/ Gottesforcht und Ehrbarkeit ein Ende/ in fremde Lande/ da Frau Mundus in gloria sitzet/ da das listige/ unbaͤndige wilde Weib/ Fleisches-Lust an allen Ecken lauret/ Proverb. 7. Wann ein un- vorsichtiger Juͤngling komt/ demselben rufft sie zu/ und sagt: Jch hab mein Bett schoͤn geschmuͤckt mit bunten Teppichen auß Egy- pten. Jch habe mein Lager mit Myrrhen/ Aloes und Cinna- men besprenget/ komm/ laß uns gnug buhlen biß an den Mor- gen/ und laß uns der Liebe pflegen. Da folget dann der albere Juͤngling/ wie ein Ochs/ der zur Fleisch-Banck gefuͤhret wird/ D ij wie Die Vierte Predigt wie zum Fessel/ damit man die Narren zuͤchtiget. Da solte man doch solcher Ort/ als der allergefaͤhrlichsten Syrten/ muͤssig gehen/ wie ein mancher gehet von Jerusalem gen Jericho/ und faͤllt unter die Moͤrder. Sicut saltus infamantur latrociniis, ita mundus propter peccata mun- di, spricht Hieronym. Gleichwie die Waͤlder wegen der Moͤrder ver- schreyt werden/ also auch die Welt wegen ihrer Suͤnden. Sine viatico abstinentiæ, ohne Behutsamkeit. Es gibt leyder gar wenig unter un- sern jungen reyfenden Leuten/ die/ wie Ulysses, die Ohren verstopffen vor den Syrenen. Darum es auch hernach so schoͤn bey manchem Hoff- Regiment und Gemeinen Wesen hergehet/ daß der Atheismus, Epicu- reismus, Welsche Untreu/ Frantzoͤsische Leichtfertigkeit/ Allemoderey und anderer Wust und Unflath gleichsam als eine Suͤndflut alles uͤber- schwemmet. Und ein solcher rasender unsinniger Reiser war auch der verlohrne Sohn/ nachdem er dem Vater den Seckel mit dem Geld herauß gebocht/ und sein uͤbrige Nahrung versilbert/ macht er sich είς χώραν μακρὰν, in ein fernes Land/ daß der Vater nicht so leichtlich nachfragen/ oder etwas von ihm erfahren kan/ er macht sich in die Heydenschafft hin- auß ausser dem Volck GOttes; ist darauß abzunehmen/ daß in demselben Land Schwein geweßt/ die er hernach einem Buͤrger huͤten muͤssen/ wie er nun da seine Zeit verfuͤhrt/ wie er nicht nur ἀσε ῶς, ἀδίκως, sondern auch ἀσωφρόνως gelebt/ wie er seine Seel verunreiniget/ sein Gewissen beschwaͤ- ret/ den Leib befudelt/ und den Saͤckel gelaͤhrt/ davon soll dißmal unsere Betrachtung seyn/ Go tt gebe seine Gnad und Segen/ daß es fruchtbar- lich geschehe; Amen. W Je nun der verlohrne Sohn in der Fremde sein Leben zuge- bracht/ das zeiget der Evangelist ins gemein an mit zweyen Woͤrtern/ wann er spricht: ζῶν ἀσώτως, er bracht sein Gut um mit Prassen/ er lebte als ein Filius belial und bestia, unordentlich/ ungezogen/ unflaͤtig/ wuͤst/ wild und frech/ in Schwelgen und Pancketie- ren/ achtet weder GOttes im Himmel/ noch der weltlichen Erbarkeit/ er war homo desperatæ salutis, ein verzweiffelt boͤser Mensch; allermassen wie in solchem Verstand das Wort ἀσώτως, nicht nur in H. Schrifft ge- braucht wird/ Eph. 5. Sauffet euch nicht voll Weins/ darauß ἀσωτια ein unordentliches Wesen folget. Tit. 1, 6. da Paulus an- zeiget/ wie die Eltesten sollen beschaffen seyn/ nicht ἐν κατηγορίᾳ ἀσωτίας, nicht beruͤchtiget/ daß sie Schwelger. 1. Petr. 4, 4. da Petrus al- lerhand heydnische Laster erzehlet und spricht: Es ist genug/ daß wir die Vom verlohrnen Sohn. die vergangene Zeit des Lebens zubracht haben nach heydni- schem Willen/ da wir wandelten in Unzucht/ Luͤsten/ Truncken- heit/ Fresserey/ Saͤufferey und greulichen Abgoͤtterey. Das befremdet sie/ daß ihr nicht mit ihnen lauffet/ in dasselbige wuͤste unordentliche Wesen. εἰς την ἀυτὴν τῆς ἀσωτίας ἀνάχυσιν; Sondern es brauchen auch in solchem Verstand dieses Wort die weltlich- en Autores; Aristoteli in moralibus heisset ἄσωτος so viel/ als der nichts behaͤlt/ alles wegschencket und verthut. Cicero l. 2. de fin. nennet die je- nige asotos, die/ nachdem sie sich voll gesoffen/ wider ergeben/ und hernach widerkommen/ und von neuem sich anfuͤllen. Jst also sein Leben geweßt/ wie gesagt/ ein sicheres/ bestiali sches Leben/ und war er eine rechte bestia, Schwein/ und filius Belial. Da dann unter solchen Lastern den Fahnen getragen/ und das præ gehabt/ Frau Securitas, die rohe Gott- und Ehrlose Sicherheit. Es gieng dem verlohrnen Sohn/ wie einem Voͤgelein/ das im Keffig gesteckt/ nachdem es loß worden/ wer war alsdann froͤlicher? da schlug er alle traurig-machende Gedancken auß dem Sinn/ GOttes allsehendes Rach-Aug achtet er nicht/ GOttes Gebott waren ihm fulgura ex pelvi, Lufft-Streiche/ die Hoͤlle war ihm als ein Schatten/; er wußte von keinem Sabbath nichts mehr/ das Beten unterließ er/ fluchen und schwoͤren war sein taͤglich Brod; er vergaß seines Catechismi/ gedachte nicht mehr an die schoͤnen Lehren/ die er in den Schulen auß den Spruͤch- en Salomonis/ Syrach und andern gehoͤrt. Er ließ sich beduncken/ er haͤtte mit dem Tod einen Bund/ und mit der Hoͤllen einen Verstand ge- macht/ er sprach seinem Hertzen zu ex Eccl. 12. So freue dich/ Juͤng- ling/ in deiner Jugend/ und laß dein Hertz guter Ding seyn/ thue/ was dein Hertz lustet/ und deinen Augen wol gefaͤllet; er laßt aber auß/ was folget; Wisse/ daß dich GOtt um diß alles wird fuͤr Gericht fuͤhren. Summa: er war gantz loß von Gott und aller Ehr/ und sang das Epicurische Liedlein: Jch bin noch frisch/ jung und gesund/ Kan noch haben manche froͤliche Stund/ Biß daß das traurig Alter komt/ Wil unterdeß spielen/ trincken/ tantzen/ Und es tapffer wagen auff die Schantzen. Nachdem nun Frau Securitas eingenist/ war ihm keine Untugend zu viel/ als der schier alle Laster folgen. Da fand sich II. ihre Schwester/ Prodigalitas, διεσκόρϖισε, sagt Christus/ er streuet das Gelt auß ohne dau- ren/ legt ihm keinen Pantzer an/ grad als haͤtte er fortunam im Seckel ge- D iij habt/ Die Vierte Predigt habt/ er wechselt seinem Vater die alten Ducaten/ und ließ es dapffer ge- hen: er spendirt auff Kleidung/ ςόλα πρώτη, die er daheim getragen/ war ihm nimmer gut genug/ er mußt allamodisch hergehen/ daß er gar fuͤr ei- nen Graafen moͤchte angesehen und geehret werden. Er spendierte auff Diener und Laqueyen/ auff allerhand Exercitia und Ritter-Spiel/ Fechten und Tantzen/ auff Pferd und Hund/ auff Musicken/ Taͤntz/ schoͤne Weibs- Bilder und Damen/ auff convivia und Mahlzeiten/ auff Compagnien und Gesellschafften/ sonderlich auff Karten- und Doppel-Spiel/ und war ihm nicht zuviel/ auff einen Satz ein groß Stuck Geld zu verdoppeln und zu verspielen/ und kratzet nicht einmal am Kopff. Alles dieses begreifft der διασκοϖισμὸς in sich. Dazu kam III. Luxuria, die wuͤtende crapula und Fraß/ dann er war καταφαγὼν, ꝟ. 30. da gieng das Pancketieren/ das schwelgen/ prassen und sauffen an/ er lebte als der reiche Schlemmer taͤglich im Sauß/ da muß- ten die Gesundheiten herum fliegen; Wol her/ (hat es geheissen/ wie bey jener gottlosen Bursch/ Sap. 2.) laßt uns wol leben/ weils da ist/ und unsers Leibs gebrauchen/ weil er noch jung ist/ wir wollen uns mit dem besten Wein und Salben fuͤllen/ laßt uns die Meyen-Blumen nicht versaumen/ laßt uns Kraͤntze tragen von jungen Rosen/ ehe sie welck werden/ unser keiner laß ihm fehlen mit Prangen/ daß man allenthalben spuͤren mag/ wo wir froͤlich geweßt seind/ wir haben doch nichts mehr davon/ dann das. Manchmal giengs auch wol nicht ohne Stoͤße ab/ es gab Stein-Regen/ provocationes, duella, Rauff-Haͤndel/ Nacht-Geschrey. Summa: es gieng ἀσώτως her. IV. Blieb nicht auß Libido, er gerieth gar ins Huren-Leben/ war ein templum Veneris, wann der Wein vom Baccho entzuͤnd/ Frau Ve- nus sich bald auch einsind; das Venus-Spiel mußte nicht außbleiben; in den Lupanaribus Huren-Haͤusern war er vielleicht auch wol bekant. Es bleibt also ja dabey/ was Hieron schreibet ep. 83. ad Ocean. Venter mero æstuans cito despumat in libidines \&c. \& in c. 1. ad Tit. 7. Nun- quam ebrium castum putabo, specta ventrem \& genitalia, qualis ordo membrorum, talis \& vitiorum. Wann der Bauch voller Most/ bleibet die Geilheit nicht auß ꝛc. gestalt dann ihm sein Bruder solches vorwirfft/ er habe sein Geld mit den Huren verschlungen/ q. d. Ey das schoͤne Venus- Kind/ daß man ihn nit auch so bewillkom̃et von seinem wuͤsten Hurenleben. Sehet/ M. L. ein solch ehrbares Fruͤchtlein war der verlohrne Sohn/ das war die κατηγορία ἀσωτίας, ein solches Belials-Kind war er/ so hielt er hauß/ Vom verlohrnen Sohn. hauß/ er stehet da/ als auff dem Pranger mit den Augen/ damit er her- nach in der Buß sich selbs angesehen. Zu wuͤnschen were abermal/ er were es allein/ aber es gehet ihm eben/ wie einem/ den man an den Pranger stellet/ da stehen manchmal solche Personen um ihn herum/ die keines Haars besser. Solte er noch reden koͤnnen/ er wuͤrde mit Fingern auff uns deuten/ uns schamroth machen/ und sagen: was sehet ihr mich an/ was lacht ihr meiner/ γνῶϑι σεαυτὸν, ein jeder sehe in seinen Spiegel/ und fege fuͤr seiner Thuͤr. Und zwar I. uns allesamt. Durch den traurigen Suͤndenfall haben wir ja eine gefaͤhrliche Reise gethan/ vom Vaterland in die Fremde: von Jerusalem gen Jericho/ vom Himmel in die Hoͤll/ vom Paradiß in die grosse Welt und Moͤrder-Grub. Was ist unser Leben als ἀσωτίᾳ? Wir bringen noch/ wie die ungerechte Haußhalter/ Gott seine Gaben um? πρώτη ςόλη war uns auch nicht gut genug/ des Teuffels Alamoderey verblendete uns die Augen. Und was ist Teutsch- land bißher geweßt als manipulus hominum perditissimorum, ein Hand und Land voll boͤser Buben? welche Religion ist die groͤsseste? atheismus. Wer war der groͤste und geehrteste Heilige? Bachhus. Es muß ein jeg- liches Land seinen eigenen Teuffel haben/ Welschland seinen/ Franckreich seinen. Unser Teutscher Teuffel wird ein guter Weinschlauch seyn/ und muß Sauff heissen/ der so durstig und hellig/ daß er nicht anderst als mit so grossen Suffen Weins und Viers kan gebuͤhnet werden; dem opffern die asotes, die den Wein/ wie Hunde/ wieder von sich speyen. Welche Goͤttin war biß dato die liebste? Frau Venus, davon zeugen die Kinder in der Wiegen; ja am Juͤngsten Tag werden die Stein und Balcken re- den. Summa: wie es gieng zur Zeit Noaͤ/ sie assen/ sie truncken/ sie freyeten/ und liessen sich freyen/ biß daß Noah in die Arche gieng/ und die Suͤndflut uͤber alle kam. Seind also um so viel aͤrger als der verlohrne Sohn/ der in sich gieng/ und nachließ vor seinem Ende; aber hie liegen die gottlosen Kinder und lassen doch nicht ab. Es ziehet der verlohrne Sohn in die κατηγορίαν ἀσωτίας, in sein Regi- ster/ 2. auch die jenigen adultiores, die dergleichen in ihren juͤngern Jahr- en auch gethan; ja die Alten/ Herren und Frauen/ die jetzt sprechen: O thut man das noch/ da man es vielleicht auß Mangel der Gelegenheit nicht so arg machet/ als sie zu ihren Zeiten. Wann sie ihrem Gewissen keinen Maul-Korb vorhaͤngeten/ es wuͤrde gewiß reden/ wie man manch- mal bey Spatzieren-Fahrten/ bey Burgerlichen Schieß-Festen/ bey Hoch- zeiten und Taͤntzen/ haußgehalten: Solche sollen wissen/ Gott seye ein Wuͤrth/ der die Zech lang borget/ aber es heißt auch bey ihm/ lang geborgt ist Die Erste Predigt ist nicht geschenckt. Was wollen wir sagen von den prodigis und Schwelgern/ die bey guten Zeiten nichts gesparet/ lassen es noch wacker hergehen/ und die kleinen Wald-Voͤgelein sorgen/ beschweren aber eine gantze Stadt und Freundschafft/ gedencken/ das Waisenhauß seye nicht vergebens gebauet. Hieher gehoͤret auch der uͤbermachte/ unverantwort- liche Weiber-Pracht/ auch offt bey denen/ denen es nicht gebuͤhret den hal- ben Theil zu tragen/ die in ihrem Schanddeckel/ stattlichen Hauben daher prangen/ in ihren breiten Hauben-Strichen auffziehen/ davor man gar wol in ehrbarer Kleidung es doppelt haben koͤnte; welche in koͤstlichen grossen Leinwad-Kroͤßen sich sperren/ davon einer gnug zu einem Hembd haͤtte/ und sich darein einwicklen koͤnte/ die mehr von einem Kroͤß zu waͤschen geben/ als ein anderer zu einem gantz neuen brauchete. Sum- ma/ es bleibet dabey/ was Luther sagt in c. 24. Gen. Es ist solches Thier um ein Weib/ das mit Schmuck nicht zu saͤttigen/ es seind heutigs Tages fast keine Evaͤ/ sondern lauter Adaͤ und Zillaͤ. Es bringet 3, der verlohrne Sohn in seine Gesellschafft alle die junge Leute/ die unvorsichtig/ toll und naͤrrisch in die Fremde/ Franckreich und Jtalien reißen/ bringen aber nichts mit sich zuruck als ein versehrt Ge- wissen/ unredliches Hertz/ naͤrrische Phantasien und Ceremonien/ un- geheure/ abscheuliche Kleidung/ und ein Dutzet Welsche Phrases, damit pralen sie/ als wann sie ihrer Mutter-Sprach daruͤber vergessen haͤtten. Alle die junge Soͤhne/ die ihrer Eltern sauren Schweiß verzehren/ oder in den Krieg ziehen. Alle die Handwercks-Bursche/ welche/ was sie am Werck-Tag verdienen/ am Sontag dem Wuͤrth auffzuheben geben/ der ihnen aber hernach nichts mehr gestehet. Die Maͤgde/ welche allen ihren Lohn auff den stinckenden Pracht wenden/ deren mancher es an dem guten Willen nicht mangelt/ wann sie nur durch gute Ordnung nicht davon abgehalten wuͤrden. Sonderlich aber gehoͤren 4. hieher in dieses Register die jenige Studiosi, Edle und Unedle/ die zwar auff Hohe Schulen reißen/ aber wie Cicetonis Sohn nach Athen/ schaͤ- men sich der Federn/ ihre Dinten ist der rothe Wein/ ihre Federn Ta- back-Pfeiffen/ ihr Papier die Karten/ ihre auditoria, die Reit- und Fecht-Schulen/ lernen aber nichts dabey/ als Fressen/ Sauffen/ Spie- len/ reiten/ fechten/ tantzen/ und mit dem Venus Spiel umgehen. Stu- dieren sie etwas/ so ists nur pro forma, einen Discurs zu formi ren/ einen blauen Dunst fuͤr die Augen zu machen/ verlassen sich auff ein gut Mundstuͤck. Solche thun hernach zu Hoff/ im Regiment/ bey Fuͤrsten und Herren unsaͤglichen Schaden: bereden die junge Herꝛschafft/ sie muͤssen Vom verlohrnen Sohn. muͤssen eben vom Schul-Rauch nicht schwartz werden/ auff daß sie ihnen hernach nicht in die Karten sehen/ machens wie jener Fuchs/ der keinen Schweiff hatte/ und wolte andere Thiere bereden/ es stuͤnde also besser. Andere Hohe Schulen haben dergleichen monstra viel gehabt/ die auß Tugend-Tempeln Moͤrder-Gruben und schroͤckliche Schau-Plaͤtz aller Laster gemacht. Straßburg ist aber auch nicht allerdings befreyet/ da mancher wol mehr auff die Reit-Schul/ des Monats/ als auff Collegia spendiret. Wem uͤber zwantzig Jahr gedencket/ der wird sich sonderlich zweyer verlohrner Soͤhn erinnern koͤnnen/ die den verlohrnen Sohn un- gescheut/ so dapffer agieret/ als weren sie dazu gedingt gewesen. Wer eine rechte Ideam und Muster des verlohrnen Sohns wil sehen/ der ge- dencke/ wie es noch bißweilen hergehet/ Gott weiß es/ und der Außgang bezeugets. Aber Gott verzeihe es und gebe es zu erkennen allen den jeni- gen Hoffmeistern/ Exercitienmeistern/ Handwercksleuten/ und sonder- lich Kost-Wuͤrthen/ und Kost-Wuͤrthinnen/ die dapffer hin und wieder dazu helffen/ ein X fuͤr ein V anschreiben/ und welches schroͤcklich zu hoͤ- ren/ ein groß Faß anstechen/ das extra auffgeschrieben/ nicht so viel einem beliebt zu nehmen/ sondern nach der proportion des Fasses. Wann das Faß ein Fuder gehalten/ so hat mans unter die Kostgaͤnger außge- theilet/ da hat einem ein Ohmen oder mehr getroffen/ hat ers nicht/ so hats der ander gesoffen/ und hat es doch jener bezahlen muͤssen/ da hats ge- heissen/ sauffst du nicht/ so helff dir Gott nicht. Da gehen die jungen Leut gern zu Kost/ moͤgen nicht in der Pferch seyn/ und calmeisen. Aber was fuͤr Segen dabey/ das bezeuget der Außgang/ der Juͤngste Tag wird das meiste offenbaren/ und werden solche Kost-Wuͤrthe von solchen jung- en Bluͤtern schwere Rechenschafft zu geben haben. So seyd nun gewarnet allesamt ihr junge Leute/ so raset nicht/ dencket was ihr vor euch habt/ Lupanaria, Lazareth, Jericho, \&c. machets wie Ulysses, ihr stehet auff dem bivio Herculeo, habt zween Wege vor euch/ sehet nun zu/ welchen ihr erwehlet zu gehen; oder vielmehr wie Joseph/ der gesagt/ wie solt ich ein so groß Ubel thun/ und wider Gott suͤndigen/ humilis fuit, schreibt Ambrosius l. 1. offic. 17. von ihm/ usque ad servitu- tem, verecundus usque ad fugam, patiens usque ad carcerem, er war demuͤtig biß zur Knechtschafft/ schamhafftig biß zur Flucht/ gedultig biß in den Kercker; wie Daniel/ Sadrach/ Mesach und Abed Nego/ die sich mit keiner Abgoͤtterey beflecken wolten/ sondern ihren Kuͤnsten und Sprachen zu lernen abgewartet. So sollen es junge Studenten wider alle Verfuͤhrungen auch machen/ wann man zu ihnen sagt; Du bist wol Zehender Theil. E ein Die Fuͤnffte Predigt ein Narꝛ/ was wilt jetzt in der Kirchen thun; oder was laßst du dich viel pochen/ du hasts doch zu bezahlen/ es ist jetzt der Welt Lauff also; so sollen sie antworten: Nein/ das ist wider Gott/ seine Ehr/ Wort und Gebott/ es laufft Christlicher Zucht zuwider/ darum laßt sichs nicht thun. Als- dann werdet ihr Cantzeln und Catheder wol zieren mit euerer Weißheit/ Cantzleyen und Rath-Stuben werden mit euerer Klugheit und Eloquen tz prangen; ihr werdet ehrlichen Stellen wol anstehen/ Segen und Gluͤck haben/ hie zeitlich und dort ewig/ dann ja auch euere Gottseligkeit zu allen Dingen nutz seyn wird/ und die Verheissungen dieses und des zukuͤnff- tigen Lebens haben. Gott spreche das kraͤfftige Amen dazu. AMEN. Die Fuͤnffte Predigt/ Von demtodten und verlohrnen Sohn. G Eliebte im HErꝛn. Es vergleichet so wol Zophar von Naema/ Job 20/6. als auch Assaph/ Psalm. 73. der Welt Gluͤck und gluͤckseligen Stand der Gottlosen einem suͤssen Traum. Wie ein Traum vergehet und ein Ge- sicht in der Nacht verschwindet/ so wird auch der Gottloß/ wann gleich seine Hoͤhe an den Himmel reichet/ und sein Haupt an die Wolcken ruͤhret/ nicht funden werden/ sagt Zophar von Naema. Wie ein Traum/ wann einer erwacht/ so machest du/ HErꝛ/ der Gottlosen Bild in der Stadt verschmaͤcht/ sagt Assaph. Es bestehet aber die Gleichnuß in folgenden Stuͤcken/ 1. in phan- tasmatum suavitate, in der Einbildung der Lieblichkeit; Einem Mensch- en/ wann er sich zur Ruhe begeben/ die aͤusserliche Sinne ihre Werckstatt beschlossen/ die Phantasi allein Meister ist/ so hat dieselbe ihre abentheur- liche Comoͤdien und Spiel/ fangt allerhand Kurtzweil an/ bald erzeigen sich ihr koͤstliche Pancketen und liebliche Musicken/ einem andern praͤ- sentirt sich ein Sack mit Geld/ der dritte nim̃t Koͤnigreich und Herꝛ- schafften ein; alldieweil der Traum waͤhret/ ist ihm uͤber die massen wol/ er ist froͤlich und gutthaͤtig. So hat es auch eine Beschaffenheit mit dem Gluͤck/ Reichthum/ Gelt/ Gut/ Hoffart/ Wolluͤsten des Gottlosen/ all sein Vom verlohrnen Sohn. sein Leben/ so er damit zubringt/ seind solche suavia somnia, es ist ihm gar wol/ er meynt/ er sey es/ es werde keine Noth haben; Jederman applau- di ret ihm/ und sagt: Wol denen/ denen ihre Soͤhne auffwachsen in ihrer Jugend/ wie die Pflantzen/ und ihre Toͤchter/ wie die außgehauene Ercker/ gleichwie die Pallaͤste. Deren Kam- mern voll seyn/ die herauß geben koͤnnen einen Vorrath nach dem andern/ daß ihre Schaafe tragen tausend und hundert tausend auff ihren Doͤrffern. Derer Ochsen viel erarbeiten daß kein Schade/ kein Verlust noch Klage auff ihren Gassen sey/ wol dem Volck/ dem es also gehet. Psal. 144. 2. In Phan- tasmatum van tate, in der Eitel- und Nichtigkeit; Wie ein Traum nichts mehr ist als ein Schatten; Narren verlassen sich auff Traͤum/ sagt Syrach c. 34. Wer auff Traͤume haͤlt/ der greifft nach dem Schat- ten/ und wil den Wind haschen/ Traͤume seind nichts anders als Bilde ohne Wesen. So ist auch die gantze Welt ein solches Schema, ein Puppen-Spiel/ der Satan hats ἐν ςιγμῇ, in einem Augenblick praͤsen- tirt/ Matth. 4. 3. In Phantasmatum fallacia, Jn der Betriegerey; Traͤume betriegen den Menschen/ nicht allein non præstando, wann sie nicht geben/ was sie einem einbilden/ sondern contrarium potius confe- rendo, das Gegentheil bedeuten. Einem Hungerigen traͤumet/ er esse/ wann er aber auffstehet/ ist seine Seele noch laͤr/ und wie ein Durstiger/ ist er matt und durstig. Esa. 29. Quem somnium divitem fecit, evigi- latio facit pauperem; tenuit illum somnus fortasse in terra, dormien- tem \& in duro jacentem pauperem \& forte mendicum. In somnio vidit se jacere in lecto eburneo, \& in plumis aureis, sagt Augustin. in Psalm. 73. Welchen die Traͤume reich gemacht/ der ist arm/ wann er auffsteht. Er hat vielleicht auff dem harten Boden gelegen und geschlaffen/ ist dazu arm und wol gar ein Bettler; im Traum aber meynet er/ er liege in einem helffenbeinern Bette/ und auff guldenen Federn. Wann der gantze Welt-Schlaff auß seyn/ und wir am Juͤngsten Tag aufferstehen werden/ dann wird sich der Gottlose schaͤndlich betrogen finden. Ein Traͤumender achtet und fuͤhlet seinen elenden Zustand nicht; ein Gefangener fuͤhlet seine Fessel im Schlaff nicht; Es kan einem wol traͤumen er seye bey einer stattlichen Mahlzeit/ und ist irgend mit einer Feurs-Brunst umgeben; die von den Syrenen eingeschlaͤffert werden/ hoͤren der Musick zu/ unterdeß fallen sie ins Wasser. Also betreugt sich auch der Gottlose mit seinem Welt-Gluͤck/ er preiset sich in seinem Hertzen gluͤckselig/ aber fuͤr GOttes Gericht ist er E ij der Die Fuͤnffte Predigt der unseligste. Da Haman in seinem groͤsten Gluͤck schwebete/ und bey Esther an der Taffel war/ wird ihm der Kessel uͤbergehengt/ und er bald darauff zum Galgen erkant/ auß hoͤchster Ungnaden des Koͤniges und der Koͤnigin. Und eben also gieng es auch dem verlohrnen Sohn/ als er bißher in der Categoria asotias, in der Sicherheit dahin gelebet/ da er die Ducaten gewechselt/ auff Pracht spendiret/ auff Lackeyen/ Pancketen/ Musicken/ Hunde/ Pferde/ Karten/ schoͤne Damen/ das Runda dinellula gesungen/ das Venus-Spiel geuͤbet/ an statt des Morgen-Segens das Liedlein gesungen: Jch bin noch frisch/ jung und gesund/ Kan noch haben manche froͤliche Stund/ Biß daß das traurig Alter komt/ Wil unterdeß spielen/ trincken/ tantzen/ Und es tapffer wagen auff die Schantzen. Das applaudite mangelte auch nicht; ey ist das nicht ein dapfferer Mensch/ wie nim̃t er sein reputation so wol in acht. Da war er im Traum/ da fand sich suavitas \& vanitas phantasmatum, da saß er dem Gluͤck im Schoß/ es fuͤgte sich so zu ihm/ daß er meynte/ es wuͤrde sich mit ihm vermaͤhlen. Aber er ward heßlich betrogen/ da er wachte/ befand ers viel anders/ er meynte/ die Welt waͤre eitel Gelt/ nun war es aber viel anders. Ja sonderlich war er gleichsam obstupefactus, gantz thumm und unempfindlich: er ward nicht nur betrogen/ sondern sein offenbar Welt-Gluͤck war bey ihm ein Vorbott des Zorns GOttes. Haͤtte er nicht geschlaffen/ sondern gewacht/ er wuͤrde sich in seinem Stand wol be- trogen gefunden haben. Es gieng ihm wie Damocli, der uͤber der Koͤ- niglichen Taffel Dionysii gesessen/ und den Koͤnig verweßt/ aber ein bloß scharpffes Schwerdt uͤber dem Haupt an einem Roßhaar hangend gehabt/ als wolte es alle Augenblick ihm auff den Kopff fallen; da schmeckte ihm weder Essen noch Trincken. Wann wir dann biß dato den verlohrnen Sohn auffs Theatrum ge- bracht tanquam ingratum, iniquum \& ἄσωτον, als einen undanckbaren/ gottlosen/ und unmaͤssigen Gesellen/ so folget nun/ daß wir besehen/ was derselbe fuͤr ein Ansehen fuͤr GOttes Augen gehabt/ und wie die Divina Nemesis, Goͤttliche Rach ihm auff dem Fuß nachgefolget/ und also diß- mal ins gemein de Αϖωλείᾳ, von dem Verderben des verlohrnen Sohns/ Gott gebe Gnad und Segen/ Amen. So Vom verlohrnen Sohn. S O deutet nun Christus auff den elenden Zustand/ in welchem der verlohrne Sohn fuͤr Gott begriffen gewesen/ in zweyen Worten/ die der Vater hernach zweymal wiederholet/ und sagt: Dieser mein Sohn war νεκρὸς καὶ ἀϖολωλὼς, todt und verlohren/ ja κατ ἐξοχηὺ, ein verlohrner Sohn. Nicht wie Joseph/ der auch in den Augen und Hertzen seines Vaters todt und verlohren war/ aber unschul- diger weiß; sondern dieser war verlohren um und von wegen seines Un- gehorsams/ Boßheit und eigenthaͤtlichen Suͤnden. Jst also der Zustand des verlohrnen Sohns geweßt 1. Status desperatæ salutis, \& reatus da- mnationis, ein verdam̃ter Zustand/ ἀϖολωλως ηὖ, er war verdam̃t/ dann das heisset eigentlich in H. Schrifft verlohren seyn/ Joh. 3. Also hat GOtt die Welt geliebet/ daß Er seinen eingebohrnen Sohn gab/ auff daß alle/ die an ihn glauben/ nicht verlohren werden. 2. Cor. 4. 3. Jst unser Evangelium verdeckt/ so ists in denen/ die verlohren werden/ verdeckt. Er war in der Zunfft Judaͤ begriffen/ der ιἱὸς τῆς ἀϖωλείας, i.e. dignus perditione, das verlohrne Kind genen- net worden/ Joh. 17/ 12. Er steckte der Hoͤllen schon im Rachen/ war nur um ein Augenblick zu thun/ um ein einiges Stoͤßel/ so waͤre er in Abgrund der Hoͤllen gefallen. Nicht aber hat es die Meynung/ als waͤre er sine spe veniæ, ohne Hoffnung der Gnad verlohren geweßt/ sondern der Buß- Weg stund ihm noch fuͤr. Der Vater schloß ihn so fernauß dem Hertzen/ weil er ihn fuͤr verlohren hielt/ und nicht wußte/ wo er hin gekommen; doch aber blieb die Vaͤtterliche ςοργὴ, Blut-Lieb und wuͤnschete: Ach daß er doch wieder kaͤme/ und wieder umkehrete. Also auch Gott/ der nicht wil/ daß jemand soll verlohren werden/ hat deß wegen seinen Sohn gesandt/ σῶσαι τὸ ἀϖολωλὸς, selig zu machen das verlohren ist/ Luc. 19. War also der verlohrne Sohn damnatus nondum quoad actum, sed reatum, die Axt war schon dem Baum an die Wurtzel gelegt/ haͤtte er nicht Buße ge- than/ so waͤre er abgehauen worden. II. Status Excommunicationis, er war ein geistlicher Bandit/ ein verlohrner Mensch/ von deme Gott/ auß gerechtem Gericht/ die Hand abgezogen/ und ihn auff seinen Beinen tantzen lassen. Ein Schaaf/ wann es verlohren ist/ welches niemand huͤtet oder verwahret/ verirret und verlauffet sich/ das gerathet dem Wolff in den Rachen/ und wird ihm zur Außbeut: Also wurde auch dieser gottlose Mensch von Gott verlassen/ gehet irꝛ/ und geraͤth dem hoͤllischen Raub-Wolff in die Klauen. Der ist der Αϖολλύων, Apoc. 9. Dem wird er uͤbergeben/ als ein Wildpret dem Jag-Hund/ Rom. 1. als ein Sclav einem unbarmhertzigen Tyrannen. E iij 2. Chron. Die Fuͤnffte Predigt 2. Chron. 12. schickt Gott der Herr den Sisack uͤber Rehabeam mit 1200. Waͤgen und 60000. Reutern/ und ließ ihm durch den Propheten Semaja sagen: Jhr habt mich verlassen/ darum hab ich euch auch verlassen/ in Sisacks Hand/ dem sollen sie unterthan seyn/ daß sie innen werden/ was es sey mir dienen/ und den Koͤnigen in Landen dienen. Also schickte auch Gott noch den hoͤllischen Si- sack/ der mißbrauchte des verlohrnen Sohns nicht nur zur Verrichtung allerhand Bubenstuͤck und Leichtfertigkeit/ seines Leibes zur Uppigkeit/ seiner Gliedmassen zum Dienst der Ungerechtigkeit/ seines Seckels mit Geld zur Verschwendung; Er war verkaufft nur Ubels zu thun/ wie Achab/ 1. Reg. 20. Er war ein rechter Sclav so vieler Herren/ als viel Laster er an sich hatte; ein rechter vom Teuffel besessener Mensch/ gleichwie jener leiblich besessene Marc. 5/ 2. der seine Wohnung in den Graͤb- ern hatte/ der sich nicht binden ließ/ die Ketten zuriß/ und sich selbs mit Steinen schlug; Ein filius Belial, und Teuffels-Kind/ war mehr nicht uͤbrig/ als der Suͤnden-Sold/ der ewige Tod. Dann er war auch III. In statu mortis, im Stand des Tods; Zwar dem natuͤrlichen Le- ben nach war er frisch und gesund/ aber das Leben/ das auß Gott ist/ man- gelte ihm/ er war todt morte gratiæ, war nur noch uͤbrig/ daß die Seele vom Leib abscheidete/ der reatus lag ihm auff dem Hals/ das Urtheil und Blut- Gericht war schon in der Schrifft uͤber ihn gefaͤllet/ und das Weh uͤber ihn geschrien/ Esai. 1. Hoͤret ihr Him̃el/ und du Erde nim̃ zu Ohren/ ich habe ein Kind aufferzogen/ und erhoͤhet/ und es ist von mir abgefallen/ O wehe des suͤndigen Menschen/ des Menschen von grosser Missethat/ des boßhafftigen Saamens/ des schaͤdlichen Kindes/ das seinen Herꝛn verlassen/ gelaͤstert/ und von ihm zu- ruck gewichen ist. Der Stab war uͤber ihn gebrochen/ daß er solte ge- steiniget werden/ Deut. 21. Prov. 30 17. die ἀσωτία, hat ihre Straff in der Goͤttlichen Halsgerichts-Ordnung/ 1. Cor. 9. Lasset euch nicht ver- fuͤhren/ weder die Hurer/ noch die Abgoͤtter/ noch die Truncken- bold werden das Reich GOttes ererben/ Gal. 5, 21. Der Hurer Theil wird seyn in dem Pfuhl/ der mit Feur und Schwefel brennet/ welches ist der ander Tod. War also nichts mehr uͤbrig/ als die Execution, dazu er schon reiff genug war/ weil die Straff vor der Thuͤr/ die Axt dem Baum an die Wurtzel gelegt/ das Schwerdt ge- schaͤrpfft/ daß es schneiden soll/ der Bogen gespannt/ daß er loß gehen soll. Dazu kam nun IV. auff diesen Tod Status ἀναισϑησίας miserrimus, die Fuͤhl-Losigkeit. Er dunckte sich ein grosser Juncker seyn/ war aber in der That Vom verlohrnen Sohn. That der elendeste Sclav/ excæcatus, induratus, verblendt/ verstockt/ und Eiß-hart gefroren/ hatte cauteriatam conscientiam, Brandmal im Ge- wissen/ das aber noch ruhete/ unterdessen war er stinckend worden nicht nur vor ehrlichen Leuten/ gleichwie zu Hoff/ wenn sich zwey Augen wen- den/ so wendet sich der gantze Hoff, sondern auch vor seinen eigenen Lust- Freunden/ die von ihm geloffen/ wie die Laͤuse von sterbenden und leblosen Leibern/ und nachdem sie ihm das Blut außgesogen/ ihn nicht mehr ken- nen wollen. Er war impotens ad sui conversionem, er ist gefallen/ kun- te ihm aber selber nicht wieder auffhelffen. Also war das weyland liebe Schoß-Kind verlohren/ todt/ in Bann gethan/ ein Sclav/ und gantz stinckend vor jederman. Hie stehet nun abermal der verlohrne Sohn am Pranger/ und hat ei- ne dreyfache Ruthe/ ein dreyfaches Schwerdt uͤber ihm hangen. Wir ha- ben ihm biß dato sein Wapen hoͤren visiren/ laßt uns nun auch die Ruthe uͤber seinem Haupt beschauen/ und sehen/ was Suͤnde fuͤr ein Trinck-Geld hinter sich lasse/ was des Teuffels Danck sey/ wann man ihm gedienet? nemlich sie ist eine Schlang/ komstu ihr zu nah/ so sticht sie dich/ sie hat Loͤwen-Zaͤhn/ und toͤdtet den Menschen. Syr. 21. Wie Cleopatra eine gifftige Schlang in einem Korb voll Blumen ins Gemach verbergen lassen/ sich an den Arm gesetzt/ und sich toͤdten lassen. Eine jeg- liche Suͤnde/ spricht Syrach/ ist wie ein scharpff Schwerdt/ und verwundet/ daß niemand heilen kan. Jst ein anders Urtheil/ als die sichere Welt von den Suͤnden hat/ die gedencket/ man muß junge Leut eben nicht in ein Bocks-Horn treiben/ man muß sie nur verrasen lassen/ sie wer- den hernach schon gut thun. Aber hieher alle Menschen/ sehet an den ver- lohrnen Sohn 1. als euer Schroͤck-Bild; Wir seind ja alle verlohrne Schaafe/ Kinder des Todes/ hospites ingrati, undanckbare Gaͤste/ die ihr Gott/ der euch so viel schoͤne/ Gemuͤths-Leibs-Gluͤcks-Gaben gegeben/ mit Undanck bezahlet; Danckestu also deinem Gott? Wer dencket an sei- ne Ampts-Pflicht? niemand boret gern dicke Brettlein/ das Junckern- Handwerck wil das beste seyn/ bey Edel und Unedel/ Jung und Alt/ Mann und Weib/ Soͤhnen und Toͤchtern/ Knechten und Maͤgden wil der Muͤssig- gang und das Herren-Handwerck getrieben seyn; Wolte Gott/ daß alle verlohrne Soͤhne/ die auß Ungedult davon in Krieg gezogen; alle praͤch- tische Toͤchter/ denen der Schalck der Einbildung allerhand Concepten von sich selbst einblaset; alles trotzige/ ungehorsame Gesind/ die ihren Lohn her- auß pochen/ den Stul fuͤr die Thuͤr setzen/ wann man sie nicht machen las- sen wil/ wie es ihnen gefaͤllt/ zur Erkantnuß ihres Unrechts kaͤmen! Hieher ihr Die Fuͤnffte Predigt ihr Athei sten/ Schwelger/ Abendzehrer/ Bacchus- und Venus- Knecht/ hoffaͤrtige Puppen/ und alle die ihr dazu helffet/ per conniventiam \& oc- casionem, durch Stillschwigen oder gegebene Gelegenheit/ ihr Kostwuͤrth/ ihr Extra- Schreiber/ sehet an den Zustand des verlohrnen Sohns/ welchem ihr es nachmachet. Was seyd ihr/ die ihr euch einbildet/ grosse Leute/ freye Junckern/ dapffere Leute/ vornehme reiche Toͤchter zu seyn/ anders als ιἱοὶ ἀϖωλείας, Kinder des Verderbens? ihr laßt euch von hohen Dingen traͤu- men/ und seyd dem Sturtz so nah. Das alles solt ihr ansehen/ είς τὸ γνῶϑι σ αυτὸν, die Selbst-Erkantnuß zu lernen. Es gibt Leute/ die um Prachts willen hinten und vornen Spiegel stehen haben/ sich darinnen zu beschau- en. Hier hastu einen zwiefachen Spiegel/ der praͤsentiret dir vornen her monstrum peccati, wer du bist deiner Natur nach/ von hinden aber mon- strum iræ \& pœnarum, was du mit deinen Suͤnden verdienet. Dafuͤr erschrecke nun/ und laß dirs 2. auch seyn einen Warnungs- Spiegel/ daß wir GOttes Langmuth recht lernen kennen/ die Er an dem verlohrnen Sohn erwiesen/ wie Er seinen Bogen gespannet/ gezie- let/ und darauff gelegt toͤdtliche Geschoß/ wie Er seine Pfeile zugericht zum Verderben/ wann man sich nicht bekehren wil. Psalm. 7. aber nicht gleich zugeschossen/ sondern gewartet/ biß er zur Buße gekommen. Jst grosse Langmuth GOttes/ deren libera mensura, Maß und Laͤnge auch zu mercken; dem verlohrnen Sohn sahe er lang zu/ wie er sich in der Welt herum getummelt/ und noch manchem/ wie den Amori- tern/ Gen. 15. andere aber kommen ploͤtzlich um/ wie Belsazer/ Simri/ Absalon/ laßts sich derowegen darauff nicht wagen; ein Baum ist jeher auffrecht als der andere/ eine Frucht eher zeitig zur Ernde als die andere: so verhaͤlt es sich auch mit GOttes Langmuth/ bey deren Beweisung Er nicht mehr auff uns als sich selbsten siehet. Der Zweck und Absehen ge- het dahin/ nicht zur Pharaonischen Verstockung/ der/ wann er Lufft ge- kriegt/ es eben so schlimm gemacht als zuvor/ sondern zur Buß und Be- kanntnuß der Suͤnden. Verachtestu den Reichthum der Guͤte/ Gedult und Langmuth GOttes ? weissestu nicht/ daß dich GOttes Guͤte zur Buße leitet ? Rom. 1. Es soll aber 3. auch seyn ein Anmahnungs-Bild/ Go ttes Gnade wol auffzuheben. Jn Bezæ Schul wird zwar gelehret/ es koͤnne ein Rechtglaubiger seinen Glauben/ den Heiligen Geist und GOttes Gnade nicht verlieren. Auff dem Colloquio zu Moͤmpelgard hat er also gelehrt: Jch sage/ daß David/ da er den Ehebruch begangen/ den Glaub- en und Heiligen Geist behalten/ und nicht verlohren habe. Welches Vom verlohrnen Sohn. Welches ich dir mit einer Gleichnuß erklaͤren wil. Ein vol- ler Mann verleurt seinen Verstand oder Vernunfft nicht/ ob sich wol dieselbe/ so lang er voll ist/ und der Wein sein Haupt eingenommen/ nicht erzeiget/ sondern als ein unvernuͤnfftiges Thier ist/ und wie ein Feur/ das mit Aschen bedecket/ nicht außgeloͤschet/ sondern ein verborgen Feur ist: Also auch/ wann die Außerwehlte GOttes in Suͤnde fallen/ werden die Gnade GOttes/ der Glaub/ und Heiliger Geist eine Zeitlang ver- deckt/ und von solchen suͤndigen Menschen nicht empfunden/ biß sie wiederum zu sich selbst kommen/ ihre Suͤnde erkennen/ und Buße thun/ welches auch in Davids Ehebruch geschehen ist/ in dem die Gnade GOttes eine Zeitlang bedecket/ aber nicht verlohren geweßt ist. Biß hieher Beza. Andreas Rivetus schreibet in medit. ad Psal. 51. Spiritum tuum, quamvis tristitia affecerim, à me non recepisti. Darum nennen sie es auch nur eine λειϖοθυμίαν, oder syncopen, eine geistliche Ohnmacht. Christus aber urtheilet anders davon/ der verlohrne Sohn war todt/ nemlich in Suͤnden. E. so hatte er ja GOttes Gnade verlohren. Zwar ists wahr/ daß die Gnade GOttes von einem Außerwehlten nicht endlich kan weggenommen werden/ jedoch kan sie gaͤntzlich ihm entzogen werden. Sprichstu: die Gaben GOttes seind ἀμεταμέλητα, sie lassen sich nicht bereuen oder wieder wegnemmen. Aber man muß wissen/ daß solches gelte/ was den Bund und Verspruch betrifft; nicht aber was die Goͤttliche Ordnung und Beschaffenheit des Menschen/ so GOtt von ibm fordert/ anbelangt. Dienet demnach alles zur Anmahnung/ diesen Schatz wol in acht zu nemmen; dann ja kein groͤsserer Schatz ist/ als die Gnade Go ttes/ mit Go ttes Gnad auffstehen und schlaffen gehen. Wie bemuͤhet sich der Mensch um Menschen-Huld/ ad ἀποθέωσιν usque, daß er ja niemand erzuͤrne/ er kraͤncket sich darum/ wann er sie nicht haben kan. GOttes Zorn/ o Mensch/ ist ein Bott zum Tode/ der Glaub/ ohne welchen ohnmoͤglich ist GOtt zu gefallen/ ist das Liecht der fuͤnff klugen Jungfrauen/ und der Heilige Geist ist der einige rechte Weg-Leiter/ der uns wider die Verfuͤhrung des Satans schuͤtzen kan. Ach so laßt uns dann die Resolution fassen/ von GOtt nicht zu las- sen/ laßt uns beten auß dem 51. Psalm. Verstoß mich nicht von dei- nem Angesicht/ (wie Cain/ der von GOtt fluͤchtig worden) und nim̃ deinen Heiligen Geist nicht von mir. Auß dem 119. Psalm. Jch bin wie ein verirret und verlohren Schaaf/ suche HErꝛ deinen Knecht. Lasset uns der raudigen Schaafe muͤssig gehen/ die Stimme Zehender Theil. F unsers Die Sechste Predigt unsers Ertz-Hirten hoͤren/ Jhme folgen/ so wird uns niemand auß seiner Hand reissen/ und wir werden Kinder seyn des ewigen Lebens. Nun GOtt gebe/ daß niemand unter uns allen verlohren/ sondern alle zur ewigen Seligkeit erhalten werden. Amen. Die Sechste Predigt/ Von den Straff-Flagellen zur Buße. G Eliebte im HErꝛn. Obwol die Comoͤdien und Tragoͤ- dien/ die auff offentlichen Theatris und Schau-Plaͤtzen ge- spielet werden/ in Heiliger Schrifft und bey den Patribus einen schlechten Namen und Ruhm fuͤhren/ und uͤbel hoͤ- ren muͤssen. Dann es werden von ihnen gescholten ludi idololatrici, die Abgoͤttische Spiele/ Exod. 32. Davon Paulus sagt 1. Cor. 10. Werdet auch nicht Abgoͤttische/ gleichwie jener etliche worden/ als geschrieben stehet/ das Volck satzte sich nieder zu essen/ und zu trincken/ und stunde auff zu spie- len. Denen es heutigs Tages nachthun die Sabbath-Schaͤnder/ die alle ihre Kurtzweil und Spiele auff den Sontag verlegen. Es werden verworffen die Blut-Spiele/ 2. Sam. 2. Da Abner im Laͤger den Vorschlag thut gegen Joab/ und sagt: Laß sich die Knaben auff- machen/ und fuͤr uns spielen; Da machten sich auff zwoͤlff auß Ben- jamin auff Jsboseths Seiten/ und zwoͤlff auß den Knechten Davids/ die spieleten mit einander/ das ihnen das Blut uͤber die Koͤpffe herab lieff/ einer ergrieff den andern beym Kopff/ und stieß ihm sein Schwerdt in sei- ne Seite/ und fielen mit einander. Denen es die Heyden nachgethan auff ihren Amphitheatris die solche Fechter auff der Straͤu gehalten/ und hat sich solcher Unflath auch unter die Christen in dero Fecht-Spiele gezo- gen. Es werden gescholten ludi levitatis, Huren-Spiele/ wie der- gleichen von Weibs-Bildern mit nackenden Leibern gespielet worden/ in Gymnasiis Græcorum, als Lactantius bezeuget l. 1. de fals. relig. c. 30. Dergleichen Spiel-Haͤuser hernach der Hohepriester Jason unter der Burg zu Jerusalem gebauet/ daß sich nach Griechischer weise die staͤrcksten Junge Gesellen darinnen uͤben mußten; es stehet aber dabey/ sie muß- tens auch wol bezahlen/ dann Gott schickte uͤber sie eben die/ welchen sie Vom verlohrnen Sohn. sie solche Spiele wolten nachthun/ daß sie sie mußten straffen. Eben wie es uns Teutschen auch ergangen/ nachdem wir die Englische/ die Welsche/ die Frantzoͤsische Mascarada/ Taͤntze/ Mummereyen und Faßnacht- Spiel nachgeaͤfft. Jedoch aber/ wann Comoͤdien und Spiele nach der Christlichen Pru- den tz/ ohne Aergernuß/ zu seiner Zeit/ mit gebuͤhrender Bescheidenheit angestellet werden/ so werden sie in H. Schrifft gar nicht verdammet/ son- dern seind 1. consecrati à Spiritu S. von dem H. Geist geweihet/ und gut geheissen/ exemplis, mit Exempeln/ als da ist das Weiber- und Sing- Spiel/ welches die Weiber David zu Ehren angestellet 1. Sam. 18/ 7. das Kinder-Spiel auff den Gassen/ Zach. 8/ 5. Similitudinibus, mit Gleich- nussen/ Prov. 8/ 30. da die Himmlische Weißheit spricht/ sie habe fuͤr GOtt gespielet. Matth. 11/ 17. da sich Christus den Kindlein ver- gleicht/ die auff dem Marckt sitzen und gegen ihre Gesellen ruffen: Wir haben euch gepfiffen/ und ihr wolt nicht tantzen/ wir haben euch geklagt/ und ihr wolt nicht weinen. Ja was wollen wir sagen von der gantzen Offenbarung Johannis/ die wird anderst nicht als eine Comoͤdie praͤsentirt? 2. Usitati in populo DEI, unter dem Volck GOt- tes geuͤbet. Wie dann Lutherus in der Meynung begriffen/ es seye das Buch Judith keine warhafftige Geschicht/ sondern ein politisch Gedicht geweßt/ das sie gespielet/ und darinnen den Zustand der Juͤdischen Kirch- en entworffen/ und der Jugend fuͤrgehalten/ Judith seye eine Tragoͤdi/ Tobias aber eine Comoͤdi. 3. Seind sie ornamenta pacis \& otii negotia, die zum Frieden wol stehen/ und fuͤr den Muͤssiggang seyn. Zu Kriegs- Zeiten/ wann man mit Canonen spielt/ laßt sichs nicht thun/ da muß das Theatrum feyren. Nun Gott mit uns die Tragoͤdi angefangen zu spielen/ so noch nicht außgespielt/ muͤssen wir inhalten; Und wer weiß/ ob nicht das letste Feurwerck bald nachfolgen und der Welt abdancken wird. 4. Seind sie salutares in Republica, nutzlich/ nicht nur die Ge- muͤther auffzumuntern/ schoͤne Historien ad vivum zu praͤsentiren/ son- dern auch sonderlich die affecten zu erwecken und zu gewinnen/ nach dem eines jeden Stands und Handels/ Sitten und Eigenschafften moͤgen gar artig gewiesen werden. Und eben zu solchem Ende haben wir neulich auffs Theatrum produc irt den verlohrnen Sohn/ und bißher in der Hi- stori den ersten Actum geendet/ der geheissen/ Filius impius, iniquus, pro- digus, perditus \& mortuus; folget nun der andere Actus, der uns præ- sent irt Filium peccatorem pœnitentiarum, den reuenden Sohn; nicht die Ohren dadurch kuͤtzlend zu machen/ sondern die hohe Lehr von der F ij Buß Die Sechste Predigt Buß und Rechtfertigung fuͤr GOtt/ E. L. recht einzubilden in ei- nem lebendigen Exempel/ daß es besser zu Hertzen dringe/ und fester be- halten werde. So man nun dem Puppen-Spieler manche gute Stun- de schencket/ auch nicht leichtlich einem dabey der Schlaff ankommet/ wel- ches wol zu erbarmen/ so laßt uns auch dem schoͤnen Geistreichen Spiel/ welches der Himmlische Prophet Christus auff die Bahn gebracht/ ferner ohne Verdruß/ ohne Schlaff/ alldieweil unsere Seligkeit daran hafftet/ zuhoͤren und zusehen. Dieses mal wollen wir allein erzehlen/ von der ersten Catastrophe des Gluͤcks/ von den Straff-Flagellen/ Buß-Glocken/ Gewissens-Wecker und Zucht-Ruthen/ die Gott gebraucht. Gott erscheine uns mit dem Liecht des Heiligen Geistes/ Amen. G Eliebte in Christo. Die Geißlen und dero Zweck/ womit der verlohrne Sohn gezuͤchtiget worden/ werden uns fuͤr dieses mal praͤsentiret. Was nun I. die Flagella Geißlen betrifft/ so ist die erste Haupt-Geißel und gleichsam der Preß-Reuter Fames, λιμὸς ἰσχυρὸς, die grosse Theurung durch dasselbe gantze Land; ist einer von den vier Reutern/ die Johannes in seiner Offenbarung gesehen/ nemlich der schwartz-hungerige Reuter/ der eine Waag in der Hand gehabt. Vor dem außgeruffen worden/ ein Maß Weitzen um einen Groschen/ und drey Maß Gersten um einen Groschen. Wird einem schwartzen Reuter verglichen/ weil der Hunger schwartz machet/ Thren. 4, 8. Das Maß bedeutet ein Gewicht- Maß/ und solche Theurung/ da man die Fruͤchten nicht mit Sestern/ son- dern mit Wurtz-Waagen außmesset/ und um ein stuͤck Brod ein groß Geld geben muß. Dieser Reuter zog ein in dasselbige Land/ auß was Ur- sachen wird nicht gemeldet. Da geriethen alle Victualien in grossen Auff- schlag/ Juncker Wucher wird sich dapffer dabey getum̃elt und nichts ver- saumet haben. Wer damal in Rohren gesessen/ der hat Pfeiffen geschnit- ten. Dieser hungerige/ magere Reuter hatte nun seine unterschiedliche Ruthen/ damit er auff den verlohrnen Sohn getroffen. 1. Ein laͤhrer Seckel/ dann er hatte alles verzehrt/ der saure Schweiß seines Vaters war dahin/ es war durch/ was er mit sich genommen hatte. Waͤre der Seckel noch gespickt geweßt/ haͤtte er wenig nach der Theurung gefragt/ es haͤtte doch alles muͤssen vorhanden seyn/ es koste auch was es wolle; aber der laͤhre Seckel that ihm wehe/ er mußte den Cornelium spielen. 2. Der Hunger/ ἀυτὸς ἤρξατο ὑςερ ει̃οϑαι, er fieng an zu darben/ er hat nir- g end kein Credit/ keinen Wechsel zu hoffen/ seine Lauß-Freunde haben von ihm Vom verlohrnen Sohn. ihm außgesetzt/ die Huren haben ihn zum Hauß hinauß geschlagen/ so hat- te der arme Tropff nichts redliches gelernet/ daß er einem Herrn dienen und auffwarten/ und nur das Maul-Futter davon bringen moͤchte. Nichts destoweniger wolte der Magen seine Nothdurfft und satisfaction haben. Aber er fieng an zu darben/ und miseriam zu schmeltzen. 3. Servi- tus ignominiosa, schaͤndliche schimpffliche Dienstbarkeit/ ἐκολλήϑη, er gieng und hieng sich an einen Burger desselbigen Landes/ der schicket ihn auff seinen Acker/ der Saͤue zu huͤten. O des schlech- ten Diensts! wie saur muß es dem Junckern fuͤrkom̃en seyn. Der Text sagt: ἐκολλήθη/ bedeutet ein aͤngstiges Nachlauffen/ Flehen und Bitten/ er wolle sich doch seiner erbarmen; eine gewisse Verdingung/ wie Matth. 19/ 5. Der Mann wird seinem Weib anhangen/ ex pacto scil. wegen des Verspruchs: Also auch dieser hat sich zweiffels frey auff gewisse Zeit versprechen muͤssen/ ist eben nicht so bald loß worden/ er mußte recht buͤs- sen. Was erlangt er aber fuͤr ein officium? macht er ihn irgend zu einem Lackeyen/ oder Trabanten/ Keller oder Koch? Nein/ dann er kunte nichts/ er hatte nichts gelernet; sondern hinauß auff den Acker mußte er. Was thun? pfluͤgen/ zu Acker fahren? nein/ das waͤre noch traͤglicher gewesen; Solte er irgend Schaffe oder Kuͤhe huͤten? nein/ sondern/ welches das allerunertraͤglichste/ er/ als ein Jud/ mußte der Schwein huͤten. Und das war noch nicht alles/ welches ihm nicht nur schimpfflich/ seiner Ade- lichen Reputation zuwider/ sondern es war ihm auch ein Greuel. Dazu kam 4. Cibus abjectissimus ac insufficiens, die veraͤchtliche/ elende Speiß/ deren er doch nicht gnug haben kunte. Dann er begehr- te seinen Bauch zu fuͤllen mit Traͤbern/ die die Saͤue assen/ und niemand gab sie ihm. Traͤbern waren es/ wie es Lutherus gibt/ das Griechische κεράτια, was es eigentlich geweßt/ seind die Dolmetschen nicht eins/ gewiß ists eine Sau-Speiß/ Spulet/ Eicheln/ Kleyen oder der- gleichen/ das man sonst den Schweinen fuͤrwirfft/ gewesen. Bedencklich sagt Christus/ er habe den Bauch fuͤllen wollen/ es seye womit es wolle/ damit der Magen nur etwas habe/ und sich zur Ruhe begebe: er habe be- gehrt/ und niemand habs ihm gegeben/ wann man zu gewissen Zeiten den Schweinen zu essen gebracht/ und dargeschuͤttet/ so solt er mit ihnen essen/ man gab ihm sonst nichs mehr; aber er hatte gar unhoͤffliche commensa- les, und Tisch-Genossen/ die Schwein waren ihm viel zu hurtig/ ehe er sei- nen Hunger gestillt/ waren die Traͤbern schon hin. Jst also durch Go t- tes heilige und gerechte Gericht auß dem weyland reichen und wolhaͤbigen Sohn ein armer Halunck und Bettler worden; auß einem wolluͤstigen F iij Epicurer/ Die Sechste Predigt Epicurer/ der in Malvasier gebadet/ und das Brod mit Fuͤssen getretten/ ein Hungerleider; auß einem freyen Herꝛn ein Sclav und elender Knecht; auß einem Junckern ein Saͤu-Hirt/ auß einem Hirten der Schwein ein Schwein/ als der zuvor als ein Schwein gelebt/ ja der als ein Schwein worden/ und nicht einmal so gut geachtet wurde/ daß er der Traͤbern genug gehabt haͤtte. O des elenden Wechsels/ des armse- ligen Lebens! an ihm ist wahr worden/ womit einer suͤndiget/ damit wird er auch geplaget. Sap. 2. Folget nun II. Finis \& Scopus. Was hat der gerechte Gott mit dieser seiner scharpffen und harten Ruthen gemeynet? wohin hat er gezielet und sein Absehen gehabt? Warum wars ihm zu thun? keinen andern Zweck hat- te er/ als ein Vater/ der seinen Sohn zuͤchtiget/ daß er nicht gar verderbe; das/ was hernach auch selbs gefolget/ nemlich Buß und Bekehrung. Es war diese grosse Blut-Armut und elender Stand 1. Gottes Straff- Peitsche/ er solte es fuͤhlen/ es solte ihm wehe thun/ er solte sein Hertz nicht verhaͤrten/ wie Pharao/ und sich gleichsam faͤst machen. 2. GOt- tes Buß- und Weck-Gloͤcklein/ er solte in sich selbs gehen/ solte ge- dencken/ sihe/ wo komt mir das her/ hab ichs nicht ex talione nach dem Recht der Widervergeltung verdienet/ daß/ womit ich gesuͤndiget/ ich auch gestrafft werde? die Augen solten ihm auffgehen/ daß er das unbestaͤndige Gluͤck verfluchte/ und gedaͤchte/ es seye seiner Boßheit Schuld/ daß er so gestraffet werde; und darnach gutem Rath folgen. 3. Waren sie als lictores, Haͤscher/ die ihn in Goͤttliche Hafft ge- zogen/ und fuͤr Gericht citiret/ zur Tortur/ daß er da lernte schwaͤtzen/ sie haben das compelle mit ihm gespielet/ er war beschlossen gleichsam unter der Suͤnden reatum, in den Bann gethan/ und in die Acht GOttes er- klaͤrt/ Gal. 3/ 22. wie Manasses in den Ketten und Banden. 4. Solte er es ansehen als ein Zeichen des ewigen Jammers/ da solte er gedencken/ wann er nicht Buße thun wuͤrde/ so werds damit noch nicht außgericht seyn/ er habe noch fuͤr ihm den ewigen Hunger und Durst/ wie der reiche Schlemmer/ Luc. 16. Summa/ es meynte es Gott gut mit ihm; den reichen Schlemmer und seine Bruͤder weiset GOtt in folgendem Capitel auff Mosen und die Proph et en/ aber das war eine extraordinari Gna- de/ so gut wirds ihnen nicht/ den nassen Bruͤdern/ die mit dem verlohrnen Sohn unten und oben gelegen/ geschicht der gleichen nicht; wie dann Go tt ihm hierinnen seine Weise vorbehalten. Er zuͤchtiget ihn/ daß er sich nicht fuͤr unschuldig hielt/ und mit der Welt verdamt wuͤrde/ er solte die Ruthe kuͤssen und sprechen; O eine gute Ruth/ wie machstu boͤse Buben so gut. Wie Vom verlohrnen Sohn. Wie nun junge Leute sich abermal hier spieglen sollen/ sonderlich un- sere Stutzer/ die nichts studieren/ und das ihrige mit muͤssig gehen verthun/ bey denen es gewiß heissen wird/ wie die Ameyß in den Fabeln Æsopi zu der Haͤuschrecke gesagt: æstate cecinisti, hyeme salta, hastu im Sommer ge- pfiffen/ so tantze im Winter/ daß dir der Hunger vergehet; Das stoltze Weiber-Volck/ bey denen es mehrmalen geschehen/ daß sie jetzt das Brod nicht zu essen haben/ die vor diesem alle Schleck- und niedlichste Bißlein ge- kostet/ da muͤssen sie mit guten Zaͤhnen uͤbel essen; Also/ wann wir die Aug- en auffthun wollen/ werden wir befinden/ daß auff gleiche Suͤnde gleiche Straffe folge/ und daß Go tt auch mit uns biß dato den verlohrnen Sohn gespielt/ weil wir den verlohrnen Sohn mit ihm gespielt/ und da man auff Mosen und die Propheten nichts mehr geben wollen/ ein neuen Text fuͤr- gelegt/ nemlich/ seine vier boͤse Straffen/ die vier Reuter; und sonderlich auch bey uns allhie den schwartzen Reuter der Theurung einlosirt/ der Kisten und Kaͤsten/ Seckel und Beutel gelaͤhrt/ und manches Mutter- Kind in das Kriegs-wesen geiagt/ da sie fremden Herren dienen muͤssen/ anderer Particular-Straffen zu geschweigen. Ja es ist dahin gekom̃en/ daß mancher vor diesem in der Nachbarschafft gern mit den Schweinen Traͤbern essen wolte/ aber sie haben ihm nicht werden moͤgen; Eychel- und Kleyen-Brod/ ja unmenschliche/ unnatuͤrliche Speisen mußten fuͤr den Hunger dienen. Felix, quem faciunt allena pericula cautum. Und wann wir die Augen auffthun wollen/ haben wir auch bißhero Ursach/ den λιμὸν ἰσχυρὸν zu beklagen; Und obwol der liebe Go tt die Theur- ungetwas gemiltert/ und verhoffentlich/ darum wir ihn flehentlich bitten/ noch ferner miltern moͤchte/ wiewol wir noch nicht juh schreyen doͤrffen; Multa caduntintra lances \& pocla diserta: So ist doch der Saͤckel laͤhr/ und die Mittel sind verschwunden. Was wuͤrde es dich nutzen/ wann du gleich das Viertel Frucht um einen Batzen oder Schilling kauffen koͤntest/ du haͤttest aber denselben nicht; Brod- Mangel und Hunger heißt auch der Mittel-Mangel. Wann einem Kauffmann sein Gewerb gesteckt ist/ daß er mehr einbuͤssen und Verlust leiden muß/ als Gewinn haben/ wann ihm die Wahren liegen bleiben. Wann ein Handwercks-Mann gern arbeitete/ niemand aber gibt ihm zu thun/ daß sie einander in ihrer Kunst neiden/ und sehen/ wie je einer dem andern sein stuck Brod vor dem Maul abschneiden mag; Wann dem Gelehrten seine Besoldung/ davon er leben muß/ nicht einkomt/ wann Wittwen und Waisen ihrer Pensionen nicht koͤnnen faͤhig werden; wann Die Sechste Predigt wann der papierne Goͤtz im Trog ligt/ und mancher daruͤber panckerotirt; Wann man schon Mittel hat/ davon man Geld machen koͤnte/ und sie aber nichts gelten wollen/ ist das nicht λιμὸς ἰσχυρὸς, Hungers genug? Es hat freylich der Herr Jus Talionis, das Recht der Widervergeltung mit uns gespielt/ da Er Wollust und Uberfluß mit Mangel und Armut/ frey- en Stand mit Sclaverey/ Sau-Leben mit Sau-Speiße gestrafft. Ja/ sprichstu/ das trifft zwar etliche/ und den meisten Theil/ aber wie kommen davon 1. fœneratores, die Wucherer/ die beym Kriegs-wesen profiti- ren und gewinnen/ die von dem Außgeliehenen einen unchristlichen Zinß nemmen/ die nicht allein alles vollauff haben/ sondern auch anderer Leute Mittel durch unbarmhertzigen Wucher an sich erkauffen/ durch ungerech- te Kaͤuffe/ und andere contractus innominatos, sed ad extremum diem reservatos, des armen Naͤchsten Ubriges an sich ziehen/ sonderlich wo man weiß/ daß man gesteckt ist/ die mit dem Getreyd Wucher treiben? Wie kommen davon 2. Voluptuosi, die Wolluͤstler/ denen man nichts an- siehet/ und leben in der Fuͤlle/ die es machen/ wie der Jud Aaron zu Franckfurt/ und gedencken/ je theurer/ je wolluͤstiger/ es muß dieser oder jener Bissen auff der Taffel stehen/ und solte er auch weiß nicht was kosten? Und was wollen wir sagen 3. de Superbis, von dem schnoͤden uͤber- teuffelten Pracht/ sonderlich des Weiber-Volcks? Welches/ wann Haußrath wolfeil ist/ mit Schmertzen zuschen. Unter die auch 4. die im- misericordes \& ἀσυμϖαθοῦντες gehoͤren/ die auß Unbarmhertzigkeit Augen und Hertzen vor dem nothleidenden Naͤchsten zuschliessen. Solche alle/ weil sie es noch nicht trifft/ fuͤhlen sie es auch nicht. Aber/ Antwort/ sie soltens dennoch wol fuͤhlen ex Christiana συμϖαθείᾳ, auß Christlichem Mitleiden/ und gedencken/ hat mir Gott noch einen Segen beschehret/ so wil ich ihn auffheben/ vielleicht werde ich meinem Naͤchsten noch koͤn- nen damit zu Huͤlff kommen. Weil sie es aber nicht fuͤhlen/ seind und bleiben sie die unseligste Leute/ es wird sich finden/ wann der Schnee ihres Uberflusses vergehet: Gott laͤßt sie noch eine weile/ als Mastvieh in der Weyde/ gehen/ aber Er wird sie endlich zur Schlachtbanck fuͤhren/ und auff den Kopff schlagen. Sie seynd unseliger als der verlohrne Sohn/ der Sohn/ den der Vater nicht staͤupet/ stehet uͤbel: O wie wol gieng es manchem verlohrnen Sohn/ der nicht gut thun wil/ wann er die Straff bey Zeiten fuͤhlete. Multi perpetrant, qualia Sodomorum cives, sed ignis pluvia non descendit: Viel begehen/ was die Buͤrger zu Sodom/ aber dir feurige Re- gen fallt nicht auff sie. Chrysost. hom. 27. ad pop. Apud suos filios clemen- Vom verlohrnen Sohn. mentissimus DEUS carnosa vulnera adurit cauterio, non parcit, ut parcat, non miseretur, ut misereatur, Hieronym. in c. 7. Ezech. Bey seinen Kindern brennet der allguͤtige Gott die gefaͤhrliche Wunden mit einem Brand-Eysen/ und schonet nicht/ damit er schone/ und erbarmet sich nicht/ damit er sich erbarme. Origenes in c. 20. Exod. wann er die Wort Ose. 4/ 14. widerholet: \& propter hoc non visitabo super filios vestros, ruffet er auß: hoc est terribile, hoc est extremum, cum jam non corripimur pro peccatis. i. e. Das ist erschroͤcklich/ das ist die aͤusserste Gefahr/ wann wir auch nicht einmal gestrafft werden. Gedencke derowegen/ mein lieber Mensch/ hats die Meynung/ so wil ich sagen/ hîc ure, hîc seca, ich wils mit dem verlohrnen Sohn halten/ und lieber mit den Schweinen essen/ daß meine Seel erhalten werde/ als in der Theurung wol leben/ und mit Leib und Seele verderben. Wo aber solche Straffe sich erzeigen/ so lernen wir hiebey/ wie und wofuͤr wir sie sol- len ansehen/ wie wir sie empfahen und annemmen sollen/ nemlich als Straff-Ruthen/ die wir wol fuͤhlen und kuͤssen sollen/ nicht wie Pha- rao der sein Hertz verhaͤrtet/ bevorab wann er Lufft bekommen/ oder wie die Zuhoͤrer Jeremtaͤ/ von denen er sagt c. 5. Du HErꝛ/ schlaͤgest sie/ aber sie fuͤhlens nicht/ du plagest sie/ aber sie bessern sich nicht/ sie haben ein haͤrter Angesicht/ dann ein Felß/ und wollen sich nicht bekehren. Gehet noch heutiges Tages also/ wann man ein wenig gute Zeitung vom Frieden oder Wolfeile hoͤret/ wird man sicher und suͤn- diget wieder auff das vorige Kerbholtz. Sondern wie ein Vater sein Kind zuͤchtiget/ auß Hoffnung/ daß es sich bessern/ und die straffbare Un- tugenden fahren lassen wird; so gehet auch Gott mit uns um/ da ist nun unsere kindliche Schuldigkeit/ ihn in seiner Hoffnung und gutem Absehen nicht zu verhindern oder zu erfaͤhren. 2. Als Buß-Gloͤcklein/ und Citanten; Gott hat viel Wege/ dadurch Er die Suͤnder fuͤr Gericht ci- tiret/ 1. per conciones legales, durch seine Goͤttliche Gesetz-Stimme/ wie er also Adam und Cain/ Vater und Sohn/ Gen. 3. Adam wo bist du? hastu nicht gegessen ꝛc.? und c. 4, 10. Cain was hastu gethan/ die Stim- me deines Bruders ꝛc. fuͤrberuffen hat. Wollen nun diese nichts helf- fen/ so gebraucht er 2. die innere Gewissens-Schlaͤge/ daß/ zum Exempel/ das Hertz David schlagen/ und er selbst bekennen muß/ er habe schwerlich gesuͤndiget/ 2. Sam. 24/ 10. Er citirt 3. per pœnas epi- demicas, durch Krieg und andere grassirende Straffen/ die uns allen auß Mitleiden zu Hertzen schneiden/ und wir sagen sollen: Jch habs ja so wol verdienet/ als andere Leute/ ich bin kein Haar besser als der Baursmann/ Zehender Theil. G der Die Sechste Predigt der des Tages schneidet und des Abends droͤschet/ aber augenblicklich in Gefahr seiner Pferde/ Viehes und Nahrung schweben muß. 4. Per pœ- nas talionis, mit dem Recht der Widervergeltung/ wie Manassen/ der von dem Assyrischen Koͤnig im Triumph gen Babel gebracht/ und mit Ketten angeschmiedet wird; also auch den Schaͤcher am Creutz/ der selbst bekennet/ er verdiene was seine Straffen werth seynd. Komt nun dergleichen auch an dich/ so dencke/ nun wolan/ jetzt ist es Zeit/ jetzt eitiret mich Gott fuͤr Gericht/ berede dich nicht faͤlschlich/ als waͤrs ein unschul- diges Creutz/ keine wolverdiente Straff. Und das ist citatio perempto- ria, wer diese versaumt/ wer diesen Botten verachtet/ der hat vor sich den Tag des schroͤcklichen Gerichts/ und wisse/ daß ihme solches alles prælu- dium æternæ pœnæ seye/ ein Vorschmack der ewigen Hoͤllen-Pein/ es wird ihm gehen/ wie einem Ubelthaͤter/ der dem Hencker entgehet/ der zeit- lichen Straff entfliehet/ und der ewigen entgegen lauffet. Gott gebe/ daß wir nicht auß Gewonheit/ sondern von Hertzen die tieffe Stimm an- stimmen: Auß tieffer Noth schrey ich zu dir/ HErꝛ GOtt erhoͤr mein Ruffen: Dein gnaͤdig Ohren kehr zu mir/ Und meiner Bitt sie oͤffen. Dann so du wilt das sehen an/ Was Suͤnd und Unrecht ist gethan. Wer kan HErꝛ vor dir bleiben. Weil nun Buße thun kein Menschen-Werck/ so laßt uns zuvor recht præpari ren/ und sprechen: Bekehre du uns HErꝛ/ so werden wir bekehret/ hilff du uns/ so wird uns geholffen/ Jerem. 31. O HErꝛ/ wer kan das boͤse Hertz aͤndern/ und ein neues schaffen/ du kanst es dem alles muͤglich/ das steinerne Hertz von mir nem- men/ und ein fleischernes geben: So schaff/ O HErꝛ/ daß ichs recht fuͤhl/ Wann du mich hier wirst schlagen/ Daß ich dar auß nicht mach ein Spiel/ Wann kommen deine Plagen/ Mach mich nur wuͤrdig in der Zeit Zu schmecken deine Himmels-Freud Bey allen Außerwehlten. AMEN. Die Vom verlohrnen Sohn. Die Siebende Predigt/ Von dem Rath des verlohrnen Sohns/ und drey unterschiedlichen Rathschlaͤgen/ die an ihn gesetzt. G Eliebte in Christo. Es war die jenige Frag/ welche Christi Juͤnger Marc. 8. ihrem Herrn und Meister fuͤrgelegt und gesagt: Woher nemmen wir Brod hie in der Wuͤsten ? (nach dem Er seiner Zuhoͤrer/ die nun drey Tag ungegessen bey ihm verharret/ sich gejammert und be- sorget/ wo Er sie ungessen von sich ließ/ sie moͤchten auff dem Wege verschmachten/ so tretten seine Juͤnger auff/ und sprechen: Woher nemmen wir Bord hie in der Wuͤsten ? oder wie es Matt- haͤus c. 15. beschreibet/ Woher moͤgen wir so viel Brods nemmen hie in der Wuͤsten/ daß wir so viel Volck saͤttigen ? ) I. Zwar Quæstio diffidentiæ, eine mißtrauische Frag/ herkommend von der unverstaͤndigen Naͤrrin/ der fladerenden/ zagenden und unglaubigen Bauch-Sorg. Es hatten zuvor die Juͤnger das Wunderwerck gesehen von den fuͤnff Gersten-Broden/ Joh. 6/ 11. noch gleichwol sprechen sie: ϖ θεν δυνήσεταί τις τούτους ᾧδε σχορτάσαι ἄρτων ἐϖ᾽ ἐρημίας; Woher nem- men wir ꝛc. Jst eben die Frag/ welche die Kinder Jsrael in der Wuͤsten auff die Bahn gebracht/ Psalm 78/ 20. Ja solte wol GOtt koͤnnen einen Tisch bereiten in der Wuͤsten ? wie kan Er Brod geben/ und seinem Volck Fleisch verschaffen ? Und der Ritter zu Sama- ria 2. Reg. 7. Dann als Elisa gesagt: Morgen um diese Zeit wird ein Scheffel Semmel-Meel einen Seckel/ und zwey Scheffel Gersten einen Seckel gelten unter dem Thor zu Samaria: Da antwortet der Ritter: Und wann der HErꝛ Fenster am Him- mel machet/ wie koͤnte solches geschehen ? Es ist aber diese Frag II. quæstio fidei \& informationis, eine Glaubens- und Lehr-Frag/ wann sie auß glaubigem Hertzen gehet/ duo cum quærunt idem, sæpè non est idem, es koͤnnen wol oͤffters ihrer zween einerley fragen/ aber nicht mit einerley Sinn und Gedancken. Auß einem andern Hertzen kam das Quomodo Nicodemicum, Joh. 3. auß einem andern das Quomodo Marianum, Luc. 1. also auch/ wann ein Mensch in schweren Land-Plag- en/ wann Gott den Vorrath des Brods wegnim̃t/ und muͤssige Zaͤhne gibt/ wann ein mancher Hauß-Vater auch eine Wuͤste findet in seinem G ij Brod- Die Siebende Predigt Brod-Korb/ auff seinem Acker/ in seiner Werckstatt/ wolte gern arbeiten/ hat aber die Mittel nicht/ kan er sich auß GOttes Wort/ das unser Rath- geber ist/ Raths erholen und fragen/ woher nim̃ ich Brod? III. Quæstio necessitatis \& opportunitatis, eine Zeit- und Noth-Frag/ dann ob zwar wol der Vater des Liechts/ von dem alle gute und vollkommene Gaben von oben herab kommen/ seinen Himmels-Schatz auffge- than/ und den Himmel/ der Himmel aber die Erde erhoͤret/ und eine reiche und wolgebige Ernde beschehret/ so ists doch noch nicht außgetheilet/ der unersaͤttliche Geitz-Wolff bloͤckt schon die Zaͤhn darnach/ und wetzet die Klauen; es mangelt etwan manchem duͤrfftigen Hauß-Vater an Geld- Mitteln zu kauffen; Und wañ gleich das Viertel Frucht auff einen Schil- ling kaͤm/ so hat doch mancher denselben nicht/ wo wil er denn Brod her/ nemmen? Vom Lufft kan ja niemand leben/ und das Stehlen ist ihm bey Hencken verbotten. So heisset demnach allhie Brod ins gemein alles das jenige/ was zur Leibes-Nahrung und Nothdurfft gehoͤret. Der Nackende fragt/ woher nemme ich Kleider auff den Winter fuͤr mich und die meini- gen? der Krancke sagt/ wodurch werd ich gesund? Ja woher nehmen wir den Frieden in dieser allgemeinen Land-Wuͤsten/ da alles eroͤdet und ver- wuͤstet? in dieser allgemeinen Reich-Wuͤsten/ da alles von Kriegs-Flam- men brennet? in dieser Kirchen-Wuͤsten/ da aller Gottes dienst ligt/ und das Wort GOttes Noth leidet? in der Wuͤsten alles Vorraths/ in der Seckel-Wuͤsten? wo spare ich einen Pfenning auffs Alter? wo kan ich im Sommer mit den Ameisen samlen/ daß ich auch im Winter mit ihnen zu essen habe? Jst jemals eine Zeit gewesen/ da man sich auff Mittel und Wege einen Vorrath zu samlen zu bedencken gehabt/ so ists gewißlich die- se/ da die Voͤgel außgeflogen/ wie man Zinß abstatten/ die Salaria und Besoldungen bezahlen/ Zinß und Guͤlden einbringen moͤchte. Aber es heißt: sera in fundo parsimonia, es ist zu spat: Wo nemme ich Brod bey meinen Zinß- und Guͤlt-Brieffen/ sie seind zu Mam̃elucken worden/ haben panckerotirt/ sie seind nicht giebig/ niemand gebe mir ein stuͤck Brod auff ein manchen Brieff/ der von etlich hunderten sagt. Und dieses ist eben die Frage/ die den verlohrnen Sohn auch geplagt und gequaͤlt/ da die Ruthen GOttes uͤber ihm zusammen geschlagen/ und unbarmhertzig auff ihn geschmissen/ daß ers empfunden/ der laͤhre Seckel/ das darben/ die schimpffliche Dienstbarkeit/ und der greuliche Hunger/ alles zu dem Ende/ daß er die Ruthe kuͤssen/ zum Creutz kriechen/ und das Pater peccavi, Vater ich habe gesuͤndiget/ das miserere mei, er- barme dich mein/ sprechen solte. Ja da er mitten unter den Schwei- nen/ Vom verlohrnen Sohn. nen/ wie Orpheus unter den wilden Thieren gesessen/ nicht mit der Harpf- fen/ sondern mit einem Hirten-Stecken/ und mit den Schweinen fuͤr lieb nemmen muͤssen/ die als gar unhoͤffliche Tisch-Genossen mit ihme umge- gangen. Da hat es freylich auch geheissen: ach wo nim̃ ich zu essen in dieser Wuͤsten? ach welch gut Brod geniessen meines Vaters Tagloͤh- ner/ und ich muß darben; Sein Wald-Liedlein/ das er gesungen/ war dieses/ ἐγὼ λιμῷ ἀϖόλλυμαι, ich verderbe fuͤr Hunger/ ach daß ich vor mei- nem Tod nur noch einmal gnug essen moͤchte! ach der guten Zeit/ die ich daheim hatte/ und nicht erkandte! es schmeckte mir in meinem vorigen Leben/ da es alles herꝛlich und koͤstlich hergegangen/ kein rauhes und schwartzes Brod/ Semmel und Weiß-Brod mußte man mir vorlegen. Da schmeckte mir kein gemeiner Hauß-Kosten/ es mußte das niedlichste seyn/ solte es mein Maul kosten. Ach saͤße ich nur eine Stunde unter meines Vaters Tagloͤhnern! O Hunger/ wie bitter bistu; jetzt weiß ich/ was Hunger ist/ haͤtte ich nur die Speisen/ die ich manchmal mit Fuͤssen trat; den Wein/ den ich außgeschuͤttet; ja die Speiß/ die ich Unflat wie- der außgespyen! aber was hilffts? λιμῷ ἀϖόλλυμαι, ich weiß keinen Rath/ wo nemme ich Brod? Drey Rathgeber fanden sich damalen/ die ihm (aber ungleiche) Raͤthe ertheilt/ nemlich der Satan/ die Vernunfft/ und der gute Geist GOttes/ deren Oracula und Vorschlaͤge wir fuͤr dieses mal anhoͤren/ und was wir dadurch gebessert seyn moͤgen/ kuͤrtzlich anzeigen wollen. GOtt der H. Geist laß uns kraͤfftiglich lehren/ erbau- lich hoͤren/ alles zu seinen Ehren/ Amen. S O ist nun/ Geliebte im Herrn/ das I. Oraculum Satanicum, der Satan meldet sich bey ihm zum ersten an/ der in solchen Faͤl- len von Anbegin geschaͤfftig und beyraͤthig ist/ der feyret und saͤu- met sich nun hier auch nicht. Wie er sich dann eben in solchem Fall an den Sohn GOttes selbsten gemacht/ Matth. 4. so macht er sich auch an den Menschen; es stehet zwar in unserm Text nicht klar außgedruckt/ ist aber auß den fast verzweiffelten Worten wol abzunem̃en/ wann er spricht: ἐγὼ λιμῷ ἀϖόλλυμαι, ich verderbe im Hunger; das war nicht Gott/ als der nicht wil/ daß jemand verlohren werde. Dann der Satan ist ein Geist/ ex affectibus, tanquam unguibus leo, agnoscendus, den man an seinen Wercken/ gleich als einen Loͤwen an seinen Klauen/ erkennen kan: als wolte er sagen: Jch muß verzweiffeln und vergehen/ da hilfft nichts fuͤr. Zweiffels frey wird er ihm auch das dilemma fuͤrgelelegt haben/ welches er Christo fuͤrgelegt; da er sagt: Bistu GOttes Sohn/ so sprich/ G iij daß Die Siebende Predigt daß diese Steine Brod werden/ das ist/ entweders bist du GOttes Sohn/ und das must du mit einem Wunder beweisen/ soll man es glauben/ wo nicht/ so must du verzweiffeln. Also hat es auch hier geheissen; fac pa- nes, si non miraculosè, saltem inordinatè, sihe/ daß du Brod bekommest/ wil dir keines vom Himmel fallen/ ey so greiffe zu/ wo du zukom̃en kanst/ auch wann es schon durch unrechte Fug/ und unordentliche Mittel gesche- hen muß/ stihl/ raub/ mach Beuten/ zwings auß einem Stein herauß/ im Fall der Noth/ wann man sich des Hungers anderst nicht erwehren kan/ wird sich solches wol entschuldigen lassen. Es mag auch wol der listige Geist die Schrifft angezogen/ und auß Proverb. 6/ 30. gesagt haben: Es ist einem Dieb nicht so grosse Schmach/ ob er stielet/ seine Seele zu saͤttigen/ weil ihn hungert. Weil nun irgend ein gutes Fuͤncklein in dem Schwein-Hirten ge- weßt/ und der erste Griff nicht angehen wil/ greiffet er zu dem andern ex- tremo, und spricht: wann dir das nicht angehen wil/ so wird dich nie- mand verdencken koͤnnen/ wann du wider Gott murrest/ ungedultig wirst/ verzweiffelst/ und dir etwas am Leben thust: siehe da/ hie ist der Strick/ nim̃ ihn hin/ und erhencke dich/ oder hie ist das Wasser/ ertraͤncke dich/ hie hastu ein Messer/ schneide dir die Gurgel ab/ so komstu deines Elends ab. Deine Suͤnde seind doch groͤsser/ als daß sie dir koͤnnen ver- geben werden/ du bist verlohren. Das war eine Art der Satanischen Versuchung/ haͤtte er nun diesem Rath gefolget/ so waͤre er freylich sein eigener Prophet gewesen/ ἐγὼ λιμῷ ἀπόλλυμαι, ich verderbe im Hunger/ haͤtte er dem hoͤllischen Apoliyon und Verderber gefolget/ so waͤre er zwar dem zeitlichen Hunger entgangen/ aber dem ewigen entgegen geloffen/ da er unauffhoͤrlich haͤtte schreyen muͤssen/ ἐγὼ ἀϖόλλυμαι, ach ich bin ver- lohren und verdamt! II. Meldete sich bey ihm an Ratio, die Vernunfft/ mit ihren hoͤltzernen Anschlaͤgen/ sie traͤgt auch ihren Rath bey/ und sagt/ was ihrer Meynung nach zu thun waͤre. Es gedencket zwar die Parabel und Gleich- nuß nur eines Vernunfft-Raths/ nemlich/ labora, arbeite/ suche dir einen Herꝛn/ haͤnge dich an einen reichen Burger/ und diene ihm. Dann es war doch noch ein Fuͤncklein eines redlichen Gemuͤths in ihm/ daß er gedachte/ bistu gleich arm/ so hastu doch einen gesunden Leib/ daß du dich mit arbeiten ernehren kanst. Aber es ist auch kein Zweiffel/ es werde die Vernunfft/ da es so uͤbel um ihn gestanden/ andere Gedancken ersonnen und gesponnen haben: Was plagest du dich lang? wil dir dein Herꝛ nicht recht zu essen geben/ so bistu ihm auch nicht schuldig zu dienen/ zeuch davon/ reiß Vom verlohrnen Sohn. reiß auß/ gib Verse-Gelt/ ziehe bettlen herum/ oder suche dein Gluͤck an- derswo/ gehe in den Krieg/ wirstu erschossen/ so kommestu des Jammers ab/ komstu aber davon/ so kan dir irgend eine gute Beute beschehret seyn/ und kanst es wieder anfangen/ wo du es gelassen; wo nicht/ und gehets dir uͤbel/ so kan es dir doch nicht aͤrger gehen/ als auff diese Weise. Ach wieviel tausend haben biß dato diesem Rath gefolget/ aber die Pferd schaͤnd- lich hinter den Wagen gespannet/ und seind/ bevorab zu diesen Zeiten/ in GOttes Zorn umkommen. Es komt aber auch III. Spiritus DEI ex excelsis, der Geist GOt- tes mit seinem Goͤttlichen Oraculo, der Mund des Herrn that sich ge- gen ihm auff/ und bließ ihm zwey heilsame consilia und Huͤlffs-Mittel ein/ deren das eine heisset/ revertere in te, kehre wieder du abtruͤn- niger Sohn/ Jerem. 3. so wil ich mein Antlitz nicht gegen dich verstellen/ dann ich bin barmhertzig/ und wil nicht ewiglich zuͤr- nen/ allein erkenne deine Missethat/ daß du wider den HErꝛn deinen GOtt gesuͤndiget hast. Gehe in dich selbs/ in domum inte- riorem, kehre wieder um/ biß dato bist du ein exul und ausser dir selber ge- weßt/ hast deiner selbs vergessen/ gehe in dich selbs/ zuͤnde ein Liecht an/ das Liecht des Worts GOttes/ und des Catechismi/ den du in deiner Ju- gend gelernet hast. Das ist das Wort/ davon Christus sagt/ Matth. 4. Der Mensch lebet nicht allein vom Brod/ sondern von einem jeglichen Wort/ das auß dem Munde GOttes gehet. Ge- dencke/ wo solche Straffen herkommen/ nemlich von dem eifferigen Gott/ der da sagt/ ich suche heim/ die Missethat der Vaͤtter biß in das dritte und vierte Glied/ wieviel mehr dann peccata propria, eigene Suͤnden. Mercke wol/ was Gott damit gemeynet/ nemlich Buß/ Bekehrung/ Rechtfertigung/ oscula virgæ, du sollest die Ruthe kuͤssen. Der 2. Rath ist reversio ad domum Patris, kehre wieder um zu deinem Vater/ und demuͤthige dich fuͤr ihm/ wie dorten der Engel des Herrn zu Hagar sagt/ Gen 16, 9. Also gehe du auch zu deinem Va- ter/ und sprich: Vater/ ich habe gesuͤndiget im Himmel und fuͤr dir: Und da der verlohrne Sohn haͤtte koͤnnen außnemmen und sagen: Ja/ aber mein Vater hat gesagt/ ich solle nicht mehr widerkommen/ ich solle ihm nicht fuͤr Augen tretten/ ich soll nicht mehr sein Kind seyn; Zu dem habe ich mein Vaͤtterliches Erbtheil dahin/ und nichts mehr daheim zu holen. Da antwortet der Geist GOttes: Ach nein! es jammert deinen Vater/ du daurest ihn/ es wird ihn gewiß reuen/ so du dich nur wieder ein- stellest/ Die Siebende Predigt stellest/ sey versichert/ er dencket offt und mehr an dich/ als an deinen Bru- der/ den er allezeit fuͤr Augen hat; koͤnte er dich mit grossem Geld rantzio- niren/ er unterließ es nicht. Er beweiset ihm solches/ à minori ad ma- jus; dein Vater hat so viel Tagloͤhner/ die ihm weder von Haut noch Haar zugehoͤren/ und thut ihnen so viel gutes; du bist ihm ja naͤher ver- wandt/ du bist gleichwol sein Kind/ sein Fleisch und Blut/ die natuͤrliche ςοργὴ und Blut-Liebe leidets nicht/ daß er dich verstossen oder sein Hertz vor dir verschliessen solte. Wil er dich aber nicht tractiren als einen Sohn/ ey so wird er dich doch besser tractiren/ als dieser harte Herꝛ/ besser als die Tagloͤhner; er wird eben keinen Sauhirten auß dir machen/ und wann schon/ so wird er dir doch gnug Brod zu essen geben. Das waren die heimliche Bewegungen und Zuspruch in ihm/ wie solche auß dem Auß- gang koͤnnen abgenommen werden. Was thut nun der verlohrne Sohn; er folget gutem Rath/ lasset die andere boͤse und schlimme Raͤthe fahren/ und widerstehet dem H. Geist nicht/ er gehet in sich selbs/ schlug nicht hinauff gen Himmel wider Gott/ sondern in sich/ und sagt bey sich selbs: Wieviel Tagloͤhner hat mein Vater/ die Brods die Fuͤlle haben/ und ich verderbe im Hunger; ich wil mich auffmachen/ und zu meinem Vater ge- hen/ und er machte sich auff. Wie aber in specie solche Bekehrung geschehen/ darinnen der gantze Buß-Handel bestehet/ werden wir mit nechstem vernemmen. Also haben wir nun die 3. Consilia und Raͤthe/ des Satans/ der Ver- nunfft/ und GOttes/ ligt aber das beste an der Wahl/ daß man nach dem rechten greiffe. Wir lernen hiebey in dieser Raths-Schul I. Consilio- rum diversitatem, daß es vielerley Raͤthe gibt/ wie es in der Welt hergehet/ da der eine so/ der andere anders rathet/ so gehets auch in den innerlichen tentationibus und Anfechtungen/ in Mangel des Brods/ Gesundheit und Friedens ꝛc. Wann auch der Mensch anstehet/ und bey sich selbs fraget/ woher nemme ich Brod/ Gesundheit und andere Noth durfft? da ist nun der Hunger malesuada, es finden sich freylich auch consilia Satanica Sa- tanische Rathschlaͤge/ mache auß Steinen Brod/ siehe/ wo du etwas be- komst/ Noth bricht Eisen: Und wann schon Brod vorhanden/ und Gott seinen Segen reichlich gibet/ so seind doch Leute/ die auß Brod Steine ma- chen/ nicht physicè, sondern moraliter, wann man armen Leuten die Arbeit schwer machet/ sie nicht bezahlet/ daß ihnen ihr saurer Schweiß noch saurer wird/ wann man die liebe Fruͤchten auffschuͤttet/ einsperret/ und zu grossem Auffschlag sparet/ daß der Arme zu nichts kommen kan. Wann nun Vom verlohrnen Sohn. nun/ sag ich/ dergleichen geschicht/ da ist der Satan geschaͤfftig/ er saget auch/ mache Brod/ greiff zu/ wo und wie du kanst/ durch Dieberey/ Be- trug/ Allefaͤntzerey/ laß deinen ordentlichen Beruff fahren/ Weib und Kinder sitzen/ und ziehe davon/ murre wider Gott/ kratze/ schinde und schabe per fas \& nefas, wann es nur Brod gibt; fluche GOtt und dem Koͤnig/ welches eines von den gerechten Straffen GOttes ist/ Esa. 8, 21. wie die Kinder Jsrael gethan/ Exod. 16. und gesprochen: Jhr habt uns darum außgefuͤhret auß Egypten/ in diese Wuͤsten/ daß ihr diese gantze Gemeine Hungers sterben lasset. Das ist Teuffels-Rath/ wer ihme folget/ traͤgt des Teuffels Danck davon. Die Vernunfft hat auch ihre Anschlaͤge/ siehet auff causas secun- das, die eben nicht alle zu verwerffen/ und heisset; labora, renne/ lauffe/ laß dirs saur werden; wil das nicht helffen/ urge debita, bring Schulden ein/ erzwings/ thue den Heimgang/ wie 2. Reg. 4. der armen Wittwen zu Sarepta geschehen; versetze/ verkauffe alles/ was du hast/ wie die Egyptier/ Gen. 47. Haußrath/ Vieh/ Feld/ hernach dich selbs/ wie den Juden wider- fahren/ Nehem. 5. Thren. 1, 11. Schreye den Koͤnig an/ hilff mir mein Herꝛ Koͤnig. 2. Reg. 6, 26. Nim̃ mein Kind ins Waysenhauß/ in Spittal/ zu St. Marx. Wil das nicht helffen/ oder dergleichen/ mendi- ca, so bettele/ liege andern Leuten uͤber den Hals/ wandere fort/ zeuch auß dem Land/ wie Abraham und Jsaac gethan. Seind alle gute Anschlaͤge/ aber weil sie das ὕςερον πρότερον spielen/ und die Pferde hinter den Wagen spannen/ so taugen sie nicht; Arbeit ohne Gebet ist Lufft-Fischerey/ und Nacht-Arbeit/ vergebens ist es/ wann man fruͤh auffstehet. Wer ver- setzet/ ist bald fertig/ und bleibet endlich im Rest numero nichts/ o von o gehet auff; wo nichts ist/ da hat der Kayser sein Recht verlohren: Bet- teln bringet Gott helff auff dem Rucken mit/ hilfft dir der Herr nicht/ woher soll ich dir helffen? in fremdem Land ist man nicht angenehm und willkomm/ man wird gedruckt und geneidet. Jst noch uͤbrig 2. Consilii electio, welches ist der beste Rath? den der verlohrne Sohn ergriffen/ nemlich/ conversio in se per contritionem, daß man in sich selbst schlage/ nicht in Gott/ oder in die Ruthe/ nicht nach den Menschen/ die einem Unrecht thun/ sondern in sich selbs/ nicht dem blinden Gluͤck es zuschreibe/ wann es uͤbel gehet/ sondern der Suͤnde/ zu- ruck gedencke/ wie man in vorigen Zeiten haußgehalten/ und Buße thue/ ihme zu allerforderst einen gnaͤdigen GOtt zu wegen bringe/ auß GOttes Befehl/ thut Buß/ und bekehret euch zu mir/ so werdet ihr selig aller Welt Ende/ Es. 54, 22. Jch sage euch/ werdet ihr euch nicht Zehender Theil. H bessern/ Die Siebende Predigt bessern/ so werdet ihr alle umkommen/ Luc. 13. Es ist aber dieses eine schwere Kunst: Ambrosius schreibet l. 2. de pœnit. Facilius se inve- nisse, qui servaverit innocentiam, quàm qui congruè egerit pœniten- tiam, er habe eher einen gefunden/ der sich in seinem Leben un- straͤfflich gehalten/ als einen/ der rechtschaffene Buße gethan/ wie sichs gebuͤhret. Das andere Stuck ist reversio ad Patrem Cœlestem per fidem, die glaubige Zunahung zu GOTT/ Er ist der reiche Herr/ der Raben-Vater/ der Brod beschehret/ nicht nur aber beschehret/ sondern auch wachsen lasset/ und in die Tenne lieffert/ von dem wir singen: Weil du mein GOtt und Vater bist/ Dein Kind wirstu verlassen nicht/ Du Vaͤtterliches Hertz. Er ist der Allmaͤchtige GOtt/ der Himmel und Erden erschaffen/ und noch erhaͤlt; Kom̃t nun/ laßt uns zum HErꝛn gehen/ Er hat uns geschlagen/ und wird uns wieder verbinden/ Er hat uns verwundet/ und wird uns auch wieder heylen. Ose. 6, 2. Er ist der barmhertzige Herr/ σϖλαγχνιζομαι, spricht Er/ Marc. 8. Mich jammert des Volcks/ das Hertz in seinem Leib kehrte sich um/ wie die Bruͤder Josephs ihrem Bruder nachgeloffen/ so sollen wir unserm GOtt auch nachlauffen/ Er ist ja noch heut so reich/ als er gewesen ewiglich. Da/ da/ vor seiner Thuͤr muͤssen wir anklopffen durchs Gebet/ so wird uns auffgethan/ Luc. 11. und nicht nachlassen/ wie das Cananeische Weiblein/ biß er uns erhoͤret. So nun ein irdischer Vater seinem Sohn/ so er ihn darum bittet/ alles Gute gibt/ warum wird nicht vielmehr unser Himm- lischer Vater seinen Kindern geben/ was ihnen nutzlich ist. Endlich und 3. ist zu mercken Consiliorum ordo, Gott ist ein Go tt der Ordnung/ der sagt/ Trachtet am ersten nach dem Reich GOt- tes/ Matth. 6. hoc elige, darnach folgen die obige Vernunffts-Mittel/ die alsdann durchs Wort und Gebet werden gesegnet seyn. Hierauff nun fahre auff die Hoͤhe/ und wirff dein Ampt-Netz auß/ greiff an das Werck mit Freuden/ dazu dich Gott hat bescheiden/ in deinem Beruff und Stand/ so wird das Gedeyen nicht mangeln. Schaͤme dich keiner Arbeit/ wie der verlohrne Sohn auch fuͤr lieb genommen haͤtte/ wann er nur als ein Tagloͤhner waͤre gehalten worden/ nicht wie jener ungerechte Haußhalter/ der gesagt/ graben mag ich nicht/ Luc. 16. Es schadet niemand nichts/ wann man gleich den Kragen-Rock ableget/ und die nied- lichen Vom verlohrnen Sohn. lichen Bißlein meidet/ und die Haͤnde arbeiten laͤsset. Jener Koͤnig in Sicilia, Dionysius, (apud Gottfried pag. 132.) der vorhin 400. Gallee- ren samt Land und Leuten besessen hatte/ dem ist kaum ein klein Schiff zu theil worden/ daß er darauff gen Corinthum kommen/ da hat er sein we- niges/ das er mit sich auß Sicilia gebracht/ bald verzehret/ und damit er nicht bittern Hunger leiden muͤßte/ hat er eine Schul zu Corintho auffge- richtet/ und Kinder gelehret/ ist also auß einem maͤchtigen Koͤnig ein ar- mer Schulmeister worden. Welches Exempel grosse Herren billig sich zu Gemuͤth fuͤhren solten. Da er also zu Corintho im Elend saß/ hoͤnet ihn einer/ und sprach/ was hilfft dichs nun/ daß du den Philosophum Platonem an deinem Hoffe gehabt/ und was hastu fuͤr Nutzen an seiner Lehr? Antwortet Dionysius, das hab ich von ihm/ daß ich diß mein Un- gluͤck und Widerwaͤrtigkeit mit Gedult ertragen kan/ und mich darein zu schicken weiß. Wil nun Arbeit nicht von statten gehen/ so brauche man 2. andere erlaubte Mittel/ die Gott und Gelegenheit an die Hand gibt/ wie jener Wittwen geschehen/ der von Gott gebotten worden/ sie solle Eliam speisen/ er wolle ihren Oel-Krug und Brod-Korb segnen 1. Reg. 17. Seye aber 3. zu frieden mit dem/ was Gott beschehret/ und meistere den Heiligen in Jsrael nicht/ Psalm 78/ 41. Er hat das σιτομέτριον und Maß in seiner Hand/ damit Er einem jeglichen zumisset/ so viel er bedarff. Solte aber auch das nicht geschehen/ und du muͤßtest 4. auch gar bettlen/ wie Lazarus/ troͤste dich mit ihm; Und wann du auch schon durch die or- dinari Unmuͤglichkeit soltest Hungers sterben muͤssen/ Jerem. 15/ 2. ey so wisse/ daß dich doch weder Truͤbsal noch Angst/ oder Verfolg- ung/ oder Hunger/ oder Bloͤße und dergleichen/ von der Liebe GOttes scheiden mag/ Rom. 8, 35. Christus sagt Luc. 6, 21. Se- lig seyd ihr/ die ihr hie hungert/ dann ihr sollt satt werden. Nun dieses alles wird geprediget zu Trost der lieben Armuth/ deren/ die in Noͤthen/ Schulden/ Kummer und Mangel stehen/ und ist auch kuͤrtzlich die Antwort auff die Frag/ Woher nemmen wir Brod ? Es laßt sich aber auch gar wol auff alle andere leibliche Noͤthen ziehen/ zum Exempel Kranckheiten/ ꝛc. Teuffels Rath ist/ brauch unordentliche/ Zauberische Mittel/ oder gar nichts/ du must doch sterben/ ist dir dein Stuͤndlein bestim̃t/ so kanstu es durch Artzney weder auffziehen/ noch zu- ruck treiben. Die Vernunfft gibt auch ihren verkehrten Rath/ und spricht/ ja gebrauche Artzney/ wollen die nichts helffen/ so laß es gehen/ wie es gehet. Aber das beste ist der Goͤttlichen Ordnung nachgeleben/ Jhn zu allerforderst anruffen nach seinem Willen/ und das seinige verrichten/ H ij so Die Achte Predigt so ist kein Zweiffel/ es wird wol gerathen. Also in gegenwaͤrtigen Frie- dens-Tractaten geben sich auch drey Consulenten an; der jenige schoͤne Gesell/ der auch am Persianischen Hoff beyraͤthig/ und am Koͤniglichen Hoff in Persenland einer der vornemsten Raͤthe gewesen/ Dan. 10. Die- ser Hoff-Teuffel lebet noch/ seine moͤrderische Loͤwen-Klauen seind since- rationes, betruͤgliche Hoffnung/ Blutdurstigkeit/ und allerhand Extre- mi taͤten. Der Vernunfft Rath ist/ so sie zu Athen vom Thrasybulo studiert/ die ἀμνηςεία, und Vergessenheit aller Injuri en; Der dritte Rath ist der beste/ nemlich Buß und Gebet/ die Bekehrung zu GOtt/ und sehn- liche hertzliche Seufftzer zu GOtt um den lieben/ edlen und guldenen Frie- den. Nun GOtt erleuchte unsere Augen/ daß wir ja nicht ohne den Mund des Herrn rathschlagen/ und sein Wort allezeit unfern Rath- geber seyn lassen. Dem aber der uͤberschwenglich thun kan/ uͤber alles das wir bitten oder verstehen/ nach der Krafft/ die in uns wuͤrcket/ dem sey Ehre in der Gemein/ die in Christo JEsu ist/ nun und zu allen Zeiten/ von Ewigkeit zu Ewigkeit/ Amen. Die Achte Predigt/ Von dem Selbs-Gericht oder Selbs-Verdam- nuß des verlohrnen Sohns/ wie er in sich geschlagen. G Eliebte im HErꝛn. Es hat/ gleich wie in H. Schrifft also auch bey Kirchen-Lehrern und profan Scribenten das menschliche Gewissen/ das unbegreifflich grosse Ge- heimnuß/ viel und unterschiedliche Nahmen/ dessen Art und Natur etlicher massen außzuspaͤen und zu erkennen. Jns gemein wird es genennet DEI Theatrum, GOttes Schau-Platz/ darauff Er/ als ein Hertzenkuͤndiger/ gar genaue Achtung gibet/ und sichet was fuͤr Geschichten da gespielet werden: Lumen mentis, des Gemuͤths Liecht/ durch welches nicht allein offenbar wird/ was verborgen ligt/ sondern auch der Weg gezeiget/ was zu thun. Ante pec- catum, vor dem Suͤnden-Fall wurde das Gewissen genennet Legis præco, des Gesetzes Herold/ animæ pædagogus, ein Zuchtmeister der Vom verlohrnen Sohn. der Seelen. Jn dem Fall und Suͤnden-Stand ist es worden Nota- rius cordis, ein Hertzens-Schreiber und Auffmercker/ der trefflich gut Protocoll haͤlt. Nach dem Suͤnden-Fall macht es bleiche Nasen/ und rothe Backen/ ist ein brennende Fackel/ Geisel und scharffe Ruth/ es wuͤtet wie furj en/ deren Haupt an statt des Haars mit Schlangen um- geben. Die Poeten haben ein solches boͤses Gewissen Titii im Hertzen schoͤn verglichen/ wann sie fuͤrgegeben; es habe ein Geyer in ihm gewoh- net/ der immer mit seinem ungeheuren Schnabel an ihm genagt/ und hab ihm das Hertz doch nicht abnagen koͤnnen/ sondern seye immer wieder ge- wachsen. Wie dann die jenige Gleichnuß/ die Bernhardus gefuͤhret/ vor allen sehr schoͤn und anmuthig/ wann er in einer sonderbaren meditation de do- mo interiori, das Gewissen ein inneres Hauß nennet/ und sagt: Sicut corpus nostrum tabernaculum nostrum, in quo militamus, sic consci- entia nostra domus, in qua post militiam acquiescimus. Idcirco quia domus illa in brevi est casura, alia nobis est ædificanda, quæ \& domus perpetua est, inseparabilis vel gloria, vel confufio. Redeamus igitur ad nos, \& discutiamus conscientiam nostram. Wie unser Leib eine Zelt ist/ in welcher wir kriegen/ also ist unser Gewissen das Hauß/ in welchem wir nach dem Krieg ruhen. Deßwegen weil jenes Hauß kurtz waͤhret/ und bald zufaͤllet/ sollen wir uns ein anders bauen/ welches ewig ist; dergleichen von ungetrenn- ter Ehre oder Schand ist. Lasset uns demnach wieder in uns selbst kehren/ und unser Gewissen pruͤffen. Es ist ja freylich das menschliche Gewissen ein rechtes inneres Hauß/ und ist die Gleichnuß ge- nommen 1. à domo vulgari, von einem gemeinen Hauß/ ein manches Hauß sihet von aussen schoͤn/ herꝛlich/ magnific, inwendig aber ist es faul/ wurmstichig/ caduc, halb eingefallen/ alt/ außwendig ein getuͤnchtes Grab/ inwendig voll Todtenbein; im gegentheil hat manches Hauß von aussen ein schlecht Ansehen/ inwendig aber ist es wol verwahret; Also scheinet ein mancher Mensch von aussen der allerfroͤmste/ der sein Lebtag kein Wasser betruͤbet/ darff sich auch wol kuͤhner weise dafuͤr außgeben/ und die Leute bereden/ wie man ihn von aussen befindet/ so seye und meyne er es auch im Hertzen/ aber er ist doch ein Schalck in der Haut/ hat ein brandmaͤliges/ boͤses und beissendes Gewissen; das nimmer ruhet: Jm gegentheil muß ein mancher in foro exteriori politico, nach dem aͤusserlichen Schein unrecht haben/ und ein Suͤnder seyn/ dem man aber Gewalt und unrecht thut/ wie die Exempel der H. Maͤrtyrer solches außweisen. 2. à domo H iij sacra Die Achte Predigt sacra, von einem Gottes-Hauß. Das Gewissen ist ein Hauß und Tem- pel/ da entweder Gott oder dem Teuffel seine Opffer verrichtet werden; gleichwie der Salomonische Tempel zuforderst eine Wohnung der Ehre GOttes seyn solte/ nachmals aber schandlicher weise mißbrauchet/ und den fremden Goͤtzen ihre Opffer darin verrichtet wurden: Also solte des Menschen Gewissen das Sanctum Sanctorum, das Allerheiligste seyn/ welches Gott allein zu seinem Sitz einhaben und bewohnen soll/ aber man stoͤsset Jhn oͤffters darauß/ und laßt einen andern einnisten. Der Gottlosen Hertz ist gleich jenem innern Hoff/ davon zu lesen Ezech. 8. da der Prophet/ als er in den Tempel gegangen/ erstlich durch ein Loch der Wand hinein geschauet/ und hernach gar in den innern Vorhoff hinein gegang- en. Da sahe er die Greuel und allerley Goͤtzen des Hauses Jsrael/ Weiber/ die uͤber den Thamus weineten/ Maͤnner/ die Wein-Reben an die Nasen hielten/ und allerhand verdrießliche Abgoͤtterey trieben: Ein solcher Greuel ist auch ein boͤses Gewissen vor Gott. 3. à domo fori, vom Gericht- Hauß/ von dem innern Hauß der gar geheimen Rath-Stuben/ die nicht zulaͤßt/ daß man unter dem Huͤtel spiele. Vor Zeiten wurden die Blut- Gerichte gehalten ad portas unter den Thoren/ damit maͤnniglich densel- ben beywohnen und zusehen moͤchte/ obs recht oder unrecht hergieng/ gleich wie man noch auff den heutigen Tag an manchem Ort unter dem freyen Himmel Gericht haͤlt. Hernach aber werden die Malefiz Personen in domum interiorem gezogen/ wie auß der Passions-Histori abzunemmen/ da Pilatus Christum den Herrn bald herauß/ bald wieder hinein ge- fuͤhret; Petrus mußte draussen stehen bleiben/ und durffte nicht in des Hohenpriesters Pallast hinein kommen. Also hat auch GOtt zweyerley judicia geordnet/ judicium soli \& poli, von jenem an dieses zu appelli- ren/ kan keinem gewehret werden/ manche Sach wird dort gewonnen/ und da verlohren; hingegen auch manche dort verlohren/ und hie gewon- nen/ da geschicht keinem um ein Haar unrecht. Und dieses ist das jenige Hauß/ in welches der verlohrne Sohn spa- ziert/ nach dem er/ wie wir bereits in voriger Predigt vernommen/ drey un- terschiedliche Consulenten gehoͤrt/ die als Buß-Wecker an seiner Hertzens- Thuͤr angeklopfft/ und ihme gewiesen was zu thun/ wann er wieder zuruck wil/ davon der Text sagt: εἰς ἑαυτὸν ἑλθὼν, er gieng in sich selbs/ und fieng gleichsam mit und in sich selbs einen Rechts-Handel an/ er nam articu- lum justificationis den Articul von der Rechtfertigung fuͤr sich/ er gieng erstlich in das innere Hauß seines Gewissens/ darnach in domum patris, in das Hauß seines Vaters. Mit welchen zweyen Haͤußern gar schoͤn repræ- Vom verlohrnen Sohn. repræsenti ret werden duæ partes contritionis, \& duæ actus pœnitentiæ; die zwey Stuͤcke der Reu und der Buß. Auff Art und Weise/ wie E. L. mit mehrerm soll berichtet werden; Dieses mal machen wir den Anfang am ersten Stuck/ und stehen allein still bey dem innern Gewissens- Gericht. Gott der Herr regiere und ruͤhre unser aller Hertzen/ daß wir theils heilsam lehren/ theils fruchtbarlich hoͤren/ und lernen/ was zu Befoͤrderung hertzlicher Buß uns dienen mag. Amen. Ε Ις ἑαυτὸν δὲ ἐλθὼν, spricht der Evangelist/ er schlug oder gieng in sich selbst. Seind wenig Wort/ aber von sehr weitem Begriff/ dann sie begreiffen in sich den gantzen ambitum justificationis, der Buß und zween actus oder Handlungen/ die zur Rechtfertigung gehoͤren. So gehet er nun in sich selbs tanquam pœnitentiarius \& suimet judicialis accusa- tor, ἀυτοκατάκριτος, als sein Selbst-Richter/ und bußfertiger Selbst- Verdammer/ als ein reuender Buͤsser; allermassen wie nicht nur die Um- staͤnde es geben/ sondern auch diese phrasis von dem H. Geist selbs also er- klaͤret wird/ wann Salomo in seinem Weyh-G e bet 1. Reg 8, 47. GOtt dem Herrn den Fall fuͤrlegt; wann sich die Kinder Jsrael an Jhm ver- suͤndigen werden/ und deßwegen ihren Feinden uͤbergeben/ und in fremde Lande weg gefuͤhret wuͤrden/ so wolle Er ihr Flehen erhoͤren/ und ihnen wieder gnaͤdig seyn/ wann sie in ihr Hertz schlagen/ in dem Land/ da sie gefangen sind/ und bekehren sich/ und Flehen in ihrer Gefaͤngnuß. Da stehet die phrasis clar. Deßgleichen Es. 46/ 8. Gehet in euer Hertz ihr Ubertretter. Jst eine Gleichnuß genommen von einem Traͤumen- den/ der im Schlaff uͤber Feld gewesen/ und wieder heim gekommen/ wann er erwacht/ weiß er nicht wie ihm geschehen/ Act 12, 11. Da Petrus zu ihm selber kam/ und gedacht/ was ihm getraͤumet. So war der verlohrne Sohn auch auß dem Traum der Sicherheit erwacht/ und ange- fangen mit sich selbs zu reden in seinem Hertzen/ wie GOtt der Herr uͤber das Juͤdische Volck geklaget/ daß es nicht einmal in seinem Hertzen spricht: Laßt uns doch den Herrn unsern GOtt foͤrchten/ Jerem. 5/ 24. Er hatte guten Raum und Weyl/ da er unter den Schweinen gesessen/ allda cornelisirt/ auff- und abgegangen/ und gedacht: Ach wie ein grosser Narꝛ bin ich doch geweßt/ warum hab ich das und das gethan? Jst ferner eine Gleichnuß genommen von einem trunckenen Nacht-Schwaͤrmer und Staͤncker/ der in die Stein gehauen/ sich unnuͤtz gemacht/ und denen Schaarwaͤchtern in die Haͤnde gerathen/ die ihn ins Keffich gesetzt/ biß er nuͤchtern worden; da ihm aber der Rausch vergangen/ und der Wein auß dem Die Achte Predigt dem Kopff gekommen/ fangt er an zu grillisiren/ und Calender zu machen. Ja es ist ein Gleichnuß genommen von einem aberwitzigen Menschen/ von einem Hundstags-Narren/ den eine Weil die Narren-weiß ankomt/ sich aber bald wieder besinnet/ und selbs seiner Thorheit entweder lachen oder sich schaͤmen muß. Aristoteles l. de moral. auscult. gedencket eines sol- chen Phantasten/ der zur Zeit seines paroxysmi auff das Thea  rum ge- gangen/ allda agiret und phantasiret/ da er aber zu sich selbs gekommen/ gesagt/ es waͤre ihm niemals besser geweßt. Gleichfals gedencket Athe- næus l. 12, 32. eines/ nahmens Thrasylai, der sich an der Athenienser Py- reum oder Seeport gemacht/ und daselbst die Schiffe command irt/ und angefangen abgehen zu lassen/ grad als waͤren sie sein eigen. Da er nun wieder zu sich selber gekommen/ bekante er/ er waͤre nie froͤlicher noch ihme besser geweßt. Aber so wars dem verlohrnen Sohn nicht/ sondern es folget ein schroͤckliches Blut-Gericht in seinem Hertzen/ das macht ihm angst und bang/ er muß bekennen/ perditè vixi, ich habe uͤbel gelebet/ es gieng auff ein lami bey ihm auß/ das forum conscientiæ gieng an/ die Gewissens-Marter fieng an zu foltern. Wie nun bey weltlichen Blut-Gerichten/ sonderlich an andern Orten/ oder auch hier/ wann ein Stand-Gericht gehalten worden/ sich erstlich der Richter/ der Blut-Rich- ter/ der Regiments-Schultz/ der Oberste samt seinen Assesso ren und Bey- sitzern niedersetzet/ und das Stand-Recht haltet/ haben die Bibel und die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung vor sich liegen/ den Regiments-Sce- pter oder Stab in der Hand: Also hat sich auch bey dem verlohrnen Sohn herfuͤr gethan mens \& intellectus, sein Gemuͤth/ Sinn und Verstand. In hac curia mens ad thronum conscientiæ conscendit regalem, schrei- bet Chrysost. homil. 1. de Lazaro, i. e. in diesem Gericht steiget des Men- schen Gemuͤth auff den Koͤniglichen Gewissens-Thron/ hat vor sich liegen das Geses Mosis/ nach welchem es den Beschuldigten verurtheilet; Und vor diesem muß der arme Suͤnder erscheinen/ und sich richten lassen. II. Der Anwald und Blut-Schreiber/ der schlaͤgt das Protocoll auff/ liset die Articul nacheinander herab/ fanget an zu recessi ren/ beschreibet die grosse begangene Laster/ wie sie es verdienet. Wer vertritt nun diese Stelle beym verlohrnen Sohn? Paulus sagt Rom. 2. die verklagende Ge- dancken/ sonderlich GOttes Dienerin/ die memo r ia und Gedaͤchtnuß/ die Go tt als ein characterem indelebilem, unaußloͤschliches Merckzeichen in das Hertz gelegt/ das nicht schweiget/ noch ihm das Maul verbinden laßt/ der legt nun sein libell samt beyliegender Handschrifft seiner eigenen Bekantnuß vor/ wann er es etwa laͤugnen wolte/ Col. 3. Und das ist eigentlich Vom verlohrnen Sohn. eigentlich libellus conscientiæ, so dermal eins am Juͤngsten Gericht soll auffgethan werden/ Apoc. 20, 11. darinnen stunden seine delicta, Verbrech- en nachemander geschrieben/ und hieß: Jtem war er seinen Eltern und Praͤceptoren in seiner Jugend ungehorsam/ und trug ihnen heimlich ab; Jtem hieng er sich an boͤse Gesellschafft; Jtem spiegelte er sich in seinen Gaben; Jtem war er ein Schlingel/ Gassen-Tretter/ Doppler/ Loͤffler/ ꝛc. Jtem brauchte er seine Talenta nicht recht/ und war Gott undanckbar; Jtem trotzte und pochte er seinen Vater/ ohne Scheu und Stirn/ er schnellte ihm vor die Nasen/ und wolte ihn bey lebendigem Leib erben; Jtem lebte er ἀσώτως, unmaͤssig/ in Hoffart wie ein Pfau/ in Unzucht wie ein Hund/ in Saͤufferey und Fuͤllerey wie ein Schwein; Jtem er war ein Sabbath-Schaͤnder/ Flucher/ Schwoͤrer/ ein Staͤncker und Venus- Kind; Summa/ er war ein boͤser Bub. Es praͤsentiret ihm aber dieses Buch gleichsam als in einer mappa, in gantz greßlicher Gestalt/ und zeig- te ihm/ wie man sonst pflegt zu sagen/ den Teuffel im Glaß/ als ein feind- seliges Kriegs- ja schaͤndliches/ greuliches Laster-Heer. III. Sitzen auch dabey personæ offensæ, wann Stand-Recht ge- halten wird/ befinden sich irgends auch dabey die Personen/ so beleidiget worden/ als der Baur/ dem das Pferd gestohlen/ der Handwercks-Gesell so gepluͤndert/ oder das Weibs-Bild so geschaͤndet und genothzuͤchtiget worden. Also auch allhie ist I. der beleidigte Gott/ der Allmaͤchtige/ der laßt sich per συγκατά ασιν gleichsam von seinem Thron herunter/ fangt an zu klagen und zu sagen auß Esa. 1/ 18. Komm/ laß uns mit einander rechten; was hastu doch Fehls an mir gebabt/ daß du von mir gewichen/ und dich an die Huren gehaͤnget/ du undanckbarer Mensch ? Jer. 2/ 5. Was hab ich dir gethan? und womit hab ich dich beleidiget? das sage mir/ Mich. 6/ 3. Hab ich dich nicht von ehrlichen El- tern lassen gebohren werden/ und in Adelichen Stamme gesetzt? Du haͤt- test auch wol ein Bauren Sohn werden koͤnnen? Hab ich dir nicht Leib und Seel/ schoͤne/ grade und gesunde Glieder gegeben/ da du auch wol ein Krippel haͤttest werden koͤnnen? Hab ich dir nicht reiche Eltern beschehret/ da du eines blut-armeu Bettlers Kind haͤttest werden moͤgen? Hab ich nicht durch die Beschneidung dich in meinen Bund/ Kirche und zu mei- nem Gnaden-Kind auffgenommen/ da du ein Fremdling auß der Vor- haut haͤttest werden koͤnnen? Danckestu nun also deinem Gott/ O du undanckbarer Gesell? Ein Ochs kennet ja seinen Herꝛn/ und ein Esel die Krippe seines Herꝛn/ aber du wilt nicht kennen noch vernehmen/ was ich dir Gutes gethan/ Esa. 1. Das hastu eine Zehender Theil. J Zeit- Die Achte Predigt Zeitlang gethan/ und ich habe geschwiegen/ da hast du gemey- net/ ich werde seyn gleich wie du/ aber ich wil dich straffen/ und wil dirs unter die Augen stellen/ Psalm. 50. O wehe nun des suͤndigen Menschen/ des boßhafftigen Saamens/ der schaͤd- lichen Kinder! Der 2. Offensus ist der Vater/ der komt ihm fuͤr/ und schilt ihn unter Augen: du schoͤner Juncker/ unartiger Boͤßwicht/ hab ichs dir nicht vielmal gesagt/ es werde dir also ergehen. Du hast mich manchmal getrutzt/ jetzt hastu deinen verdienten Lohn; Schad ist es/ daß es dir nicht aͤrger ergangen. Da wir gar wol errathen koͤnnen/ wie der Vater des verlohrnen Sohns unterdessen manches Klag- libell wird gen Himmel haben abgehen lassen. Wie manchmal/ meynen wir/ wird ihme der Vater im Traum fuͤrkommen seyn/ und ihn erschroͤckt haben/ wie Neroni seine ermordete Mutter. Der 3. Offensus waren die Crea- turen/ so er mißbraucht/ und zu seinem Suͤnden-Dienst genoͤthiget/ welche dawider geaͤchtzet/ und sich geaͤngstiget; die Glider seines Leibes/ auß welchen er garstige Huren-Glieder gemacht/ der Wein/ so er ohne maß in sich geschuͤttet/ das Brod/ so er vielleicht mit Fuͤssen getretten/ oder sonst verderben lassen/ Silber und Gold/ welches er schnoͤder unnuͤtzer weise außgegeben. Das alles waren seufftzende Creaturen/ welche in diesem Gerichtlichen Gewissens-Proceß wider ihn geklaget/ und ihm seine Suͤnde/ wie Bileams Eselin/ ins Angesicht verwiesen. IV. Finden wir auch Testes, die Zeugen/ dann im Fall der Be- klagte es laͤugnen solt/ wessen er beschuldiget wird/ so stellet man ihm Zeug- en unter die Augen/ zween oder drey. Nun allhie befand sich ein unum- stoßliches/ undisputirliches Zeugnuß/ welches gibt das allsehende Aug GOttes/ das nicht irren; die Engel/ die nicht liegen; das Hertz selbst/ welches nicht triegen/ und so viel gilt als sonst tausend Zeugen; die eigene Handschrifft/ so niemand außloͤschen oder zerreissen kan. Diese alle nem- men kein Blat fuͤrs Maul/ sie lassen sich nicht bestechen/ oder mit Affect en einnemmen/ und sagen trucken herauß: ja/ ja/ du hast es gethan/ da und da/ so und so/ so offt und so offt/ ꝛc. V. Da stehet nun der arme Reus, er muß es gestehen/ und kan es nicht laͤugnen. Sonst bey weltlichen Gerichten geschichts/ daß der Reus seinen contrari Anwald begehrt/ der laͤugnets entweder/ oder entschuldigt es/ so gut er kan/ legt die Schuld auff andere/ oder macht die Sach ge- ringer als sie ist. Aber bey dem verlohrnen Sohn findet sich dergleichen nicht/ er stehet da/ und gibt Gott die Ehre/ wie Achan/ und sagt/ ja/ so und so hab ich gesuͤndiget/ es ist wahr/ ich kan es nicht laͤugnen. Er machts Vom verlohrnen Sohn. machts nicht/ wie jener Wolff/ der kein Wasser wolte truͤb gemacht haben/ oder wie ein mancher/ der/ wann er schon die Wort des Fluchs hoͤret/ sich in seinem Hertzen segnet/ Deut. 20, 19. und sagen darff: Botz/ es ist wol ein greulicher Handel/ daß man so viel Maulwaͤschens davon haben mag/ man macht ja auß einer Mucken einen Elephanten. Andere deckens mit Feigen-Blaͤttern zu/ sagen/ es seyen delicta juventutis, man habe es in der Jugend gethan/ da man es wol verzeihen oder zu gut halten kan; oder sie schiebens auff andere/ wie Adam und Eva. Also machets der verlohrne Sohn nicht/ sondern er erkennets/ und wie er hernach in seiner Confession sich vernem̃en lassen/ spricht er: Vater/ ich habe gesuͤndiget/ ꝛc. Was folgt nun confitente reo, wann die Bekanntnuß richtig? V. Sententia condemnatoria, das Verdamnuß- und Todes-Ur- theil/ der Tod ist der Suͤnden-Sold. Also wußte der verlohrne Sohn seinen Senten tz wol/ der stehet Exod. 20. und Deut. 21. Er soll verflucht seyn. Welcher Fluch unter die jenige mit eingeruckt worden/ die laut Deut. 27. auff dem Berg Ebal geschehen/ und heisset: Verflucht sey/ wer seinem Vater und Mutter flucht/ makle, vilipendens, wer sie verachtet/ und gebuͤhrenden Respect nicht gibet/ und alles Volck soll sagen/ Amen. Da ist er nun worden ἀυτοκατάκριτος, sein Hertz hat ihn verdamt; wie wir solche ἀυτοκατάκρισιν und Selbst-Verdammung in terminis terminantibus haben/ wann er spricht: ich bin fort nicht mehr werth/ daß ich dein Sohn heisse/ ich habe das Erb-Recht der Kindschafft verlohren. Das ist das Facit in dieser δοκιμασίᾳ und Rechnung/ die conclusio in diesem Syllogismo practico, das End-Urtheil und Malefi tz- Senten tz; darauff folgte alsobald die Ubergab dem Pro- foßen/ der Stab wurde gebrochen/ das Urtheil abgesprochen/ und er dem Scharffrichter uͤbergeben/ ist nicht mehr uͤbrig als das Supplicium, daß man das Urtheil sollte vollziehen. Diese waren M. L. des verlohrnen Sohns Gedancken/ da er unter den Schweinen im Wald herum spatzirete. Jst auch zugleich primus actus justificationis, die erste Handlung in dem hohen Werck der Recht- fertigung fuͤr Gott/ und fuͤrwar kein Spiegel-fechten/ keine Idea noch bloße Einbildung/ sondern ein grosses Goͤttliches Geheimnus des Gewis- sens/ wann es recht auffwacht/ und reg wird. Sichere Leute/ die in den Tag hinein leben/ die da hoͤren die Wort dieses Fluchs/ und segnen sich doch/ schlagen nicht in sich selbs/ sondern uͤber und neben sich/ die machen brandmaͤhlige und boͤse Gewissen. J ij Wir Die Achte Predigt Wir nemmen solches alles an ad Theotiam Justificationis, die ei- gentliche Natur der Rechtfertigung zu lernen/ was sie seye/ nemlich nicht justitia infusa, eine eingegossene/ eingeschuͤttete/ eingezwungene Gerechtig- keit/ sondern/ wie die Schrifft durch und durch davon handelt/ und die Gleichnuͤsse es allenthalben außweisen/ ein solcher Rechts-Handel/ der zween actus in sich begreifft/ actum condemnationis \& absolutionis; ist ein juristisch Werck und Loß-Zehlung/ wie zu sehen auß Esa. 5/ 23. Wehe euch/ die ihr den Gottlosen Recht sprechet oder rechtfertiget um Geschencke willen. Prov. 17. Wer den Gottlosen Recht spricht oder rechtfertiget/ und den Gerechten verdamt/ die sind beyde dem Herꝛn ein Greuel. Luc. 10. Der Zoͤllner gieng ge- rechtfertiget hinab in sein Hauß vor dem Pharisaͤer. Rom. 8. Wer wil die Außerwehlten GOttes beschuldigen ? GOtt ist hie/ der gerecht macht. Allwo clar zu sehen/ was Rechtfertigen heisse/ und worinnen es bestehe. 2. Haben wir zu mercken necessitatem ἀυτοκατακρίσεως, wie noth- wendig es seye/ daß ein Mensch sich selbst richte und verdamme. Einmal wollen wir nicht am Juͤngsten Tag gerichtet seyn/ und ins Gericht kom- men/ so muͤssen wir uns hier selbst richten/ uns selbs und unsern alten Adam auff Leib und Leben verklagen/ es muß uns zuvor heiß werden/ und das Gewissen gereget seyn/ ehe wir ad Thronum gratiæ, an den Thron der Gnaden appelli ren; Der Mensch muß zuvor in die Hoͤlle/ ehe er ge- dencket in den Himmel zu kommen/ prius desperare quàm aspirare, ehe an sich selbsten verzweifflen/ als sich hinauffwerts Hoffnung und Ge- dancken machen. Es ist Go ttes klarer Befelch/ mit angehaͤngter Draͤu- ung und Verheissung/ auff den Fall/ so wir es thun/ oder nicht thun wer- den. Paulus spricht 1. Cor. 11/ 31. So wir uns selber richten/ so werden wir nicht gerichtet. Die Kirch GOttes vermahnet dazu Thren. 3, 40. Lasset uns forschen und suchen unser Wesen/ und uns zum HErꝛn bekehren. Syr. 18, 20. Straffe dich vor selber/ ehe du andere urtheilest/ so wirstu Gnade finden/ wann andere gestrafft werden. Es ist GOttes weise Ordnung also/ Rom. 2/ 15. daß die Gewissen und Gedancken die Menschen uͤberzeugen sollen 1. Cor- 2/ 11. Deut. 6/ 8. Es gehet dahin die Vermahnung der H. Kirchen-Vaͤter/ Hieron. l. 3. apolog. Rufin. Duorum temporum quam maxime ha- benda cura, manè \& vesperi, manè ad præteritæ noctis exactionem, (wie Bernhard. redet I. de vit. solit) \& venturæ diei cautionem, vesperi ad rationis exactionem. das ist: Auff zwo Zeiten solle man sonder- lich Vom verlohrnen Sohn. lich fleissige Achtung geben/ nemlich morgens und abends/ des Morgens zwar/ daß man bedencke/ wie man die vergangene Nacht zugebracht/ und den angehenden Tag uͤber sich zu ver- halten; des Abends aber/ weil man um alles muß Rechenschafft geben. Die Vernunfft gibts doch; Ein Knecht muß fuͤr seinen Herꝛn stehen/ wann ihm etwas leyds geschehen/ also das Gewissen fuͤr Gott/ wann Er beleydiget worden. Die Exempel der Heyden solten uns be- schaͤmen. Der Gymnosophi sten dißmal zu geschweigen/ faciebat hoc Sextius, schreibet Seneca l. 3. de Ira, cumse ad nocturnam quietem rece- pisset, interrogavit animum, \&c. Das that Sextius, wann er sich schlaf- fen legte/ fraget er sein Gewissen/ ꝛc. Richtige Rechnung behalt gute Freunde. 3. Jst zu mercken Ordo, die Ordnung/ so bereits oben zum theil angedeutet/ zuvor in die Hoͤlle/ hernach in den Himmel/ zuvor soll man auß Schamhafftigkeit unter sich sehen/ ehe man auß gutem Vertrauen die Augen uͤber sich hebt. Man soll nicht das hinderste zum foͤrdersten angreiffen/ à foro gratiæ ad thronum Justitiæ appelli ren; von dem Thron der Gnaden an den Richter-Stul appelli ren. Gleichwie es nicht recht gethan waͤre/ wann man eine Sache/ so fuͤr den grossen Rath gehoͤ- ret/ wolte bey dem kleinen Rath anbringen. Man soll aber auch nicht bey dem foro justitiæ stehen bleiben/ wie Judas gethan/ den hernach die Verzweifflung zur Hoͤllen gestuͤrtzet. 4. Processus ἀυτοκατακρίσεως, den Proceß/ welchen Gott wil observ irt haben/ es heißt/ sis tibi ipsi accusator \& judex, nec indulgeas, verklage und richte dich selbs/ schone deiner selbs nicht. Wahr ist es/ der alte Adam ruͤmpfft sich/ wann man ihn irgends auff der Cantzel trifft/ und wil doch keiner in sich selbs gehen/ und sprechen/ was mach ich doch? Aber man soll sich eben deßwegen auch nicht wundern/ wann wenig selig werden/ Luc. 13. Lege die Schuld nicht auff andere/ oder behilff dich nicht mit anderer boͤsem Exempel/ daß du woltest sagen/ der und der machts doch auch also/ und es gehet ihm ab; dann es ist mißlich und gefaͤhrlich darauff zu wagen; es gehet hier viel in foro soli, fuͤr menschlichem Gericht vor/ das dort in foro poli, fuͤr dem himmlischen Gericht nicht gut geheis- sen wird. Gleichwie nun der Mensch ihme selbs immer gnaͤdiger ist als andern Leuten/ wie zu sehen auß Gen. 38, 24. 2. Sam. 12. Matth. 7. und die taͤgliche Erfahrung ligt vor Augen/ da viel dergleichen geschicht/ darauff man aber wenig Achtung gibt: Also soll ein Mensch in Gewissens-Sachen fuͤr GOtt ihme selbst viel haͤrter und herber seyn als andern Leuten/ ein J iij anderer Die Neunte Predigt anderer wags auff sein Abentheur/ es ist besser ihme selbs hier weh thun/ als dort in Ewigkeit weh leiden/ ich wil lieber hier das ite in conscientiam, gehet in euer Gewissen/ als dorten das ite in ignem, gehet hin in das ewige Feur hoͤren und practiciren. Wer das thut/ der hat den Trost/ daß er nicht soll gerichtet werden/ und wird Gnade finden zur Zeit/ wann ihme Huͤlffe von noͤthen seyn wird. Nun GOtt gebe/ daß wir alle ein rein Ge- wissen zur Außbeut davon tragen/ und nicht in das endliche letste Verdam- nuß-Gericht kommen. Amen. Die Neunte Predigt/ Von der Wiederkunfft und Zuruck-Kehr des verlohrnen Sohns. G Eliebte im HERRN. Was sollen wir thun ? sprechen Act. 2. die Maͤnner zu Jerusalem/ Petri Zuhoͤ- rer/ nachdem sie derselbe offentlich des Gottes-Mords/ als der allergreulichsten Suͤnde uͤberzeuget und angezeigt/ daß dieser JEsus/ den sie gecreutziget/ zu einem Herrn und Christ gemacht sey/ dabey sie ihnen leichtlich die Rechnung machen kunten/ wessen sie sich zu befahren oder zu versehen/ darum ihr Maͤnner/ lieben Bruͤder/ sprechen sie/ was sollen wir thun ? Jst ein Gleichnuß genommen von einem Schlaffenden und Schlummeren- den/ der nicht erwachen wil/ wann man ihm gleich lang zuruffet/ biß man ihn mit der Spitz-Ruthen zwickt/ oder wol gar/ wie zu Kriegs-Zeiten zu geschehen pflegt/ mit einem Spieß durchsticht. Also/ nachdem der Apostel Petrus den Juden den Eyssen geruͤhrt/ und es ihnen durchs Hertz gegangen/ κατενύγησαν, da er Spieß und Naͤgel gebraucht/ wie die Wort der Weisen genennet werden/ Eccl 12, 11. so mundern sie sich auff/ und sprechen: Was sollen wir thun ? Jst eben die Frage/ welche Paulus auch dem Herrn fuͤrgelegt/ Act. 9. als er die Goͤttliche Stim- me gehoͤret: Saul/ Saul/ was verfolgestu mich? Jch bin JEsus/ den du verfolgest/ es wird dir schwer werden wider den Stachel lecken; nach dem ihn ploͤtzlich ein Liecht vom Himmel umleuchtet/ daß er auff die Erden darnieder gefallen/ so rufft er auch mit Zittern und Zagen: HErꝛ/ was wilt du/ das ich thun soll ? Jst eine Gleichnuß genommen von zween Duellanten da einer dem andern den Fuß untergeschlagen und zu Boden gebracht/ Vom verlohrnen Sohn. gebracht/ da der unten ligende perdon begehret/ und um Fristung seines Lebens bittet/ mit Versprechen zu thun/ was der Uberwinder begehren wuͤrde/ wie dort Turnus l. 12. Æn. equidem \&c. Also ergibt sich Paulus auch/ da er nimmer weiter gekunt/ und spricht: Was wiltu/ das ich thun soll ? Jam se parat ad obediendum, qui prius sæviebat ad perse- quendum: jam formatur ex persecutore prædicator, ex lupo ovis, ex hoste miles, schreibet Augustin. serm. 14. de Sanctis. Jetzt schickt er sich zum Gehorsam/ da er zuvor wuͤtete/ andere zu verfolgen. Jetzt wird auß einem Verfolger ein Prediger/ auß einem Wolff ein Schaff/ auß einem Feind ein Verfechter. Jst eben auch die jenige Frag/ die wir in unserm Christlichen Leich-Lied fuͤhren: Mitten in der Hoͤllen-Angst Unser Suͤnd uns treiben. Wo sollen wir dann fliehen hin/ Da wir moͤgen bleiben ? Zu dir HErꝛ Christ alleine/ ꝛc. Jst ausser zweiffel auch die Frage geweßt/ so der verlohrne Sohn da- mals gefuͤhret/ nachdem er auß seinem Suͤnden-Schlaff erwacht/ und durch die Spiß-Ruthen der Theurung auffgewecket worden/ nachdem ihm der Spengler auß den Augen gekommen/ und ihn der Strahl des Gesetzes zu Boden geschlagen/ da er seine Suͤnde erkant/ und GOttes Zorn gefuͤhlet/ hat er auch unter dem Winseln und Kirren/ mit Hand- ringen/ und Brust-schlagen diese Weh-Klag gefuͤhret: Ach wo soll ich hin? was soll ich doch thun? lieff ich gleich weit herum/ so finde ichs viel- leicht doch nicht besser. Die Antwort hierauff haben wir bereits droben vernommen/ was ihm der himmlische Consulent fuͤr einen Anschlag ge- geben/ er soll sich auff machen/ soll hin zu seinem Vater gehen/ soll argu- menti ren à minori ad majus, ernehret mein Vater so viel Tagloͤhner reichlich/ ey so wirst du vielleicht auch noch einen guten Willen finden/ und wieder zu Gnaden angenommen werden. Jst eben das jenige was wir sonst zu singen pflegen: Es wird die Suͤnd durchs Gsatz erkandt/ Und schlaͤgt das Gewissen nider/ Das Evangelium komt zu Hand/ Und troͤst den Suͤnder wieder. Es spricht: nur kreuch zum Creutz herzu/ Jm Gsatz ist weder Rast noch Ruh Mit allen seinen Wercken. Jst Die Neunte Predigt Jst Consilium reditus, die gethane Wahl des verlohrnen Sohns/ und seine Ruckfahrt zum Vater/ consilium appellationis à Throno ju- stitiæ ad thronum gratiæ; consilium reconciliationis \& justificationis Evangelicæ, davon Esa. 1. Komt laßt uns mit einander rechten/ wann eure Suͤnde gleich blutroth ist/ soll sie doch schnceweiß werden/ ꝛc. Wie nun der verlohrne Sohn diesem Rath nach gekom- men/ werden wir ins kuͤnfftig zu vernehmen haben/ dißmal bleiben wir al- lein bey den præparatoriis, und der Vorbereitung. Gott eroͤffne unser aller Mund/ Hertzen und Ohren/ kraͤfftig zu lehren/ und nutzlich zu hoͤren/ Amen. W As nun/ Geliebte in Christo dem Herrn/ die vorhabende præparation des verlohrnen Sohns betrifft/ so spricht er davon also: Jch wil mich auffmachen/ und zu meinem Va- ter gehen. Jst peregrinatio reconciliatoria, justificatoria \& appel- latocia, eine versoͤhnliche/ nach der Rechtfertigung strebende und appellirende Reise; da wir zu mercken I. Terminum ad quem, wo- hin ? ist patria Ecclesiæ, das himmlische Vaterland/ ich wil rectà zu meinem Vater gehen/ als offensum, iratum, justum, den ich beleidi- get/ erzoͤrnet/ und zu Straffen gereitzet/ dem ich in seine gerechte Straffe gefallen; aber auch misericordem, der wiederum barmhertzig ist. Zu dem nun wil ich gehen/ mich fuͤr ihm demuͤtigen/ und sprechen: Vater ich habe gesuͤndiget ꝛc. Columbæ requies in arca, aviculæ in nido, spricht ein andaͤchtiger Lehrer/ Die Dauberuhet in dem Ka- sten Noaͤ/ und ein jedes Voͤgelein ist gern in seinem Nest. Wie ihm nun der verlohrne Sohn fuͤrgenommen/ so hat er auch gethan. Jst aller armer Suͤnder Wegweiser/ wo sie hingehen sollen: nicht sollen sie zu den Heiligen lauffen/ dem Strick oder Wasser zueilen: Nicht vor Gott fliehen/ wie Adam und Cain/ wie ein Dieb vor dem Hencker/ wie ein Hund vor dem/ der ihn schlaͤgt. Nicht also/ sondern wie ein Kind die Ruthe in die Hand nim̃t/ sie kuͤsset/ und zum Vater gehet/ ihn um Verzeihung bit- tet/ und kuͤnfftige Besserung verspricht; Ein tugendsames Huͤndlein liebet sich wieder: Also sollen wir auch zu dem gehen/ der uns geschlagen: Wo soll ich hingehen fuͤr deinem Geist/ und wo soll ich hinflie- hen vor deinem Angesicht ? Fuͤhre ich gen Himmel/ so bist du da/ betet ich in die Hoͤlle/ so bist du auch da/ ꝛc. Psalm. 139. Dieser ist zwar Offensus, der Beleidigte/ aber Paulus sagt: καταλλά- γητε τῷ Θεῷ, laßt euch wieder versoͤhnen mit GOtt. 2. Cor. 5/ 20. Er Vom verlohrnen Sohn. Er ist zwar iratus, erzoͤrnt/ und in seinem Zorn wie ein verzehrendes Feur/ Er ist gerecht/ und straffet nach Verdienst; aber Cr ist auch wieder barmhertzig/ gnaͤdig/ gedultig/ und von grosser Guͤte/ und reuet ihn bald der Straffe/ Joel. 2/ 13. II. Scopum, seinen Zweck/ warum ? der ist nun nicht mit seinem Vater zu bochen/ zu trotzen/ sondern sich demuͤtig zu erzeigen/ und zu spre- chen: Vater ich habe gesuͤndiget in Himmel und fuͤr dir/ und bin nicht mehr werth/ daß ich hinfort dein Kind heisse/ mache mich nur wie einen deiner Tagloͤhner; tantum gratia, gratia, re- conciliatio, ach nur Gnad/ Gnad/ und Vergebung! sonsten duͤrffte es bald heissen/ fuͤr der Thuͤr ist drauß. Also ist auch der scopus nostræ appellationis, das Absehen unserer Appellirung nicht/ re- vocatio prioris judicii, daß man auffs neue wolte anfangen mit Go tt zu rechten/ wiein der Welt von einem Richter zum andern appelli ret wird/ da es heißt/ uͤbel gesprochen/ wol appellirt. Nein/ sondern GOttes Gericht ist gerecht/ unwandelbar/ gleichwie der Perser und Meder Recht. Dan. 6. Es ist appellatio ad reconciliationem, der Friede mit Gott/ den wir suchen/ wie die arme Buͤrger zu Cremona/ welche Stricke an ihren Haͤlsen habend um Verzeihung gebetten: Jm Pabstthum reiset man zu St. Jacob gen Compostell/ was bringen sie aber mit davon? ihrer Meynung nach Jndulgentz und Ablaß/ aber in der Warheit nichts als Menschen-Tand. Oder zum H. Grab; was bringt man da mit sich? Weltliche Ehr/ den Ritter-Orden/ oder Heiligthum/ Todten-Bein. Vor Zeiten brachten die blinden Leute blutige Koͤpffe zuruck; gemahnet mich eben an Cajum Caligulam, der einsmals einen Zug in Franckreich ge- than. Da er dahin gekommen/ stellet er das Volck an das Ufer des Meers in eine Schlacht-Ordnung/ als wolte er einen Zug in Britannien thun. Da nun jederman wartet/ was es doch endlich geben wird/ ließ er viel Muscheln und Schnecken-Haͤuser auffheben/ und marschieret damit wieder gen Rom/ als mit vielen stattlichen Beuten. III. Scopi fundamentum, sein Fundament und Grund/ das ist nun keine gerechte Sache/ er kunte den Appellations- Eyd nicht præsti- ren/ brachte nichts mit sich als Suͤnde/ Unlust/ Elend/ zerrissene Lumpen/ Unziffer/ Hunger und Mangel; sondern er gruͤndet sich 1. auff sein Kinds- Recht: er schliesset also: so viel Tagloͤhner hat mein Vater/ die Brods die Fuͤlle haben/ und ich verderbe im Hunger/ als wolt er sagen/ Wahr ists/ ich bin nicht werth/ daß ich sein Sohn heisse/ unterdeß bin ichs doch re ipsa, vinculum est naturale, das Band zwischen mir Zehender Theil. K und Die Neunte Predigt und meinem Vater hat die Natur gemacht/ das kan nicht so leicht- lich auff gehaben werden/ andere Freunde mag er beurlauben/ ich aber bin sein Fleisch und Blut/ sein necessarius, er wird ja mich nicht hassen oder heissen fortgehen. 2. Gruͤndet er sich auff paternam ςοργην, des Va- ters natuͤrliche Liebe/ ich wil sagen/ Vater/ damit wil ich ihm das Hertz ruͤhren/ und die Liebes-Fuͤncklein auffblasen/ das Schwartz in der Scheiben treffen. Es sihet der verlohrne Sohn 1. auff die natuͤrliche συμπάθειαν, des Gebluͤts/ wie sich das Vater-Hertz nicht kan vrrlaͤug- nen; solte ein Vater sein Kind im Feur sehen/ oder in Wassers-Noth/ und ihm nicht helffen? das ist nicht glaublich/ er wagt das Leben fuͤr es/ darnach auff die Exempel/ vornemlich Absalons/ dann unangesehen/ daß er ein ungerathener Sohn war/ und in flagrantissimo persecutionis cur- su, zu der Zeit/ da er seinen Vater auffs hefftigste verfolgte/ er- stochen worden/ beklaget ihn doch sein Vater David auß Vaͤtterlicher Liebe. Drittens auff die Exempel der wilden Thier/ nicht nur des Adlers und der Hennen/ sondern auch der Loͤwen/ Woͤlff/ Pantherthier. Quæ fera pro catulis non ipsa se offert morti? ingruat licet telorum seges, fera ta- men parvulos suo corporum muro septos immunes præstat periculi, fraget und antwortet Ambros. l. 6. hexaem. c. 4. Welches wildes Thier setzet sich nicht in Todes-Gefahr fuͤr seine Jungen ? las- se die toͤdtliche Pfeile daher schneyen/ so schuͤtzet doch ein wildes und unvernuͤnfftiges Vieh seine Jungen fuͤr Gefahr. Der Exempel finden sich bey barbarischen Unmenschen/ die das Gegentheil gethan. Erixonem equitem Rom. memoriâ nostrâ, quia Filium suum flagellis occiderat, populus in foro graphiis confodit; vix illum Au- gusti Cæsaris autoritas infestis tàm patrum quàm filiorum manibus eri- puit. Seneca l. 1. de clem. 14. Es ist noch zu unserer Zeit geschehen/ daß das Volck einen Ritter/ Erixon genennet/ weil er seinen Sohn peitschen lassen/ auff dem Marckt mit Schreib-Messer- lein wollen erstechen; Also daß die Hoheit des Kaysers Augusti ihn kaum den Haͤnden der verbitterten Eltern und Kindern entreissen koͤnnen. Man siehets doch unter uns/ wann ein Vater sein Kind allzuhart tractirt/ es gehet den Nachbarn zu Hertzen. Nun also macht auch hiemit der verlohrne Sohn allen armen Suͤn- dern ein Hertz/ er zeigt ihnen die rechte anchoram post naufragium. Ancker nach dem Schiffbruch/ woran sie sich im Glauben halten sollen/ nemlich nicht an eigene Gerechtigkeit/ die vor Gott ist wie ein beflecktes Tuch/ ein verwuͤstes Kleid voller Unziffer der boͤsen Luͤsten/ und daß um so viel we- niger Vom verlohrnen Sohn. niger/ als fester unsere Gerechtigkeit verwahret seyn soll. Der verlohrne Sohn verlasset sich auff sein Kindes-Recht/ wie vielmehr sollen wir uns darauff gruͤnden/ die wir auß Gott gebohren seynd/ und die Macht be- kommen haben/ GOttes Kinder zu werden in der H. Tauff. Joh. 1. So wir nun mit GOtt versoͤhnet sind dur den Tod seines Sohns/ da wir noch Feinde waren/ wieviel mehr werden wir selig wer- den durch sein Leben/ so wir nun versoͤhnet seind. Rom. 5/ 10. Jst unser Kindes Recht gleich nicht gegruͤndet in der Natur/ so ists doch ge- gruͤndet in dem festen Bund Go ttes/ Esa. 54/ 10. Es sollen wol Berge weichen/ und Huͤgel hinfallen/ aber meine Gnade soll nicht von dir weichen/ und der Bund meines Friedens soll nicht hin- fallen/ spricht der HErꝛ dein Erbarmer. Jch bin ja doch dein liebes Kind/ trotz Tod/ Teuffel und der Suͤnd/ doͤrffen wir kuͤhnlich sagen. Er verlaßt sich auff seines Vaters Hertz/ wieviel mehr wir/ dann hier ist unendlich/ unvergleichlich mehr als ein irdischer Vater/ der vertroͤstet uns ja/ daß/ wann auch eine Mutter ihres Kindes vergessen solte/ daß sie sich nicht erbarmen wolte uͤber den Sohn ihres Leibes/ und ob sie gleich desselben vergesse/ so wolle Er doch unser nicht vergessen/ dann in seine Haͤnde habe Er uns gezeichnet/ Esa. 49. Er ist weder der Raben noch junger Straussen Vater/ der seine Eyer auff die Erden fallen laͤsset/ und laͤsset sie die heisse Sonne auß- bruͤten/ der vergisset/ daß sie moͤchten zutretten werden/ und ein wild Thier sie zubrechen; der so hart gegenseine Jungen wird/ als waͤren sie nicht seyn. Hiob 39. sondern ein liebreicher Vater/ der sich uͤber die/ so ihn foͤrchten/ erbarmet/ wie ein Va- ter uͤber seine Kinder/ Psalm. 103. Uber das haben wir noch nechst dem Gnaden-Thron die Verheissung/ Esa. 1. Wann euere Suͤnde gleich blutroth ist/ soll sie doch schneeweiß werden/ und wann sie gleich ist wie Rosinfarbe/ soll sie doch wie Wolle werden. Jer. 3/ 12. Kehre wieder du abtruͤnnige Jsrael/ spricht der HErꝛ/ so wil ich mein Antlitz nicht gegen euch verstellen/ dann ich bin barmhertzig/ ꝛc. Ezech. 18. \& 33. So wahr ich lebe/ ich habe kein Gefallen am Tode des Sterbenden und Gottlosen/ son- dern wil/ daß er sich bekehre und lebe. Mal. 3, 7. Bekehret euch zu mir/ so wil ich mich auch zu euch kehren. 2. Pet. 3. GOtt wil nicht/ daß jemand verlohren werde/ sondern daß sich jeder- man zur Buße kehre. Um wieviel hoͤher nun GOttes Vater-Lieb/ um so viel troͤstlicher seind auch seine Verheissungen/ und um so viel staͤr- K ij ckere Die Neunte Predigt ckere Gruͤnde und Pfeiler hat man. Deßwegen hat Er auch das Evan- gelium predigen lassen/ und dasselbe mit dem Tod seines lieben Sohns/ mit einem Eyd-Schwur/ und Sacramenten befestiget/ viel fester als das Wort des Gesetzes/ welches/ als auß der Natur bekandt/ den Menschen in den Anfechtungen hefftig zusetzet/ und ihn aͤngstiget. Es lehret uns der verlohrne Sohn mit seinem Exempel 2. reconci- liationis possibilitatem, die Moͤglichkeit der Vorsoͤhnung/ daß wahr sey/ was wir im dritten Articul bekennen/ ich glaube Ablaß der Suͤnden/ und zwar nicht nur der Suͤnden/ die vor der Tauff begangen/ wie Novatus, hostis gratiæ, interfector pœnitentiæ, der Gnaden- Feind/ und Buß-Moͤrder vor Zeiten geschwaͤrmet; dann der ver- lohrne Sohn war ja beschnitten/ und stunde zuvor mit Gott im Bund der Gnaden; er hat aber seinen Vater nicht nur einmal erzoͤrnet/ und doch/ so offt ers ihme leyd seyn lassen/ ihn wieder versoͤhnet. Absalon hat viel boͤses veruͤbet/ so offt er aber wieder kam/ und um Vergebung bat/ wurde er wieder zu Gnaden angenommen. Nicht nur der geringen/ kleinen/ Sand- oder Staub- und Splitter-Suͤnden/ wie der verlogene Cain in dem Wahn gestanden/ sondern auch der grossen baum-starcken Berg- und Balcken-Suͤnden. Christus der Herr antwortet Matth. 18/ 22. auff die vorgelegte Frag Petri: HErꝛ/ wie offt muß ich dann/ mei- nem Bruder/ der an mir suͤndiget/ vergeben ? ists gnug sieben mal ? also/ und spricht: Jch sage dir/ nicht sieben mal/ sondern siebentzig mal sieben mal. χιλιάκις μετανοήσας εἰσέλθε, Chrysost. Moͤchte hier jemand einwenden/ warum redet dann der Prophet Joel also zweiffelhafftig davon/ als stuͤnde es noch dahin/ und waͤre ein Mensch nicht gewiß/ ob ihn Gott wiederum zu Gnaden annemmen werde? wann er c. 2. spricht: Zureisset eure Hertzen/ und nicht eure Kleider/ nnd bekehret euch zu dem HErꝛn euerm GOtt/ ? Wer weiß/ es mag ihn wiederum gereuen/ und einen Segen hinter sich las- sen ? Da ist aber zu wissen/ daß solche Prophetische Wort keine zweiffel- haffte oder Zweiffel erweckende/ sondern Wunsch- und Hoffnungs- Worte feind/ wie sie Luth. Tom. 3. Lat. erklaͤret: est vox perterrefactæ conscientiæ, quæ incipit respirare ad spem \& DEI bonitatem. Es ist die Stimme eines zaghafften Gewissens/ welches anfahet nach der Hoffnung und Guͤte GOttes zu schnappen. Und seind zu verstehen/ wie etwan einer/ der in der Ohnmacht ligt/ doch aber sich allge- mach wieder erholet/ und spricht: Es wird/ ob Gott wil/ sich schon wen- den/ und wieder besser werden. Darnach gilt allhier die Regul: duo cum Vom verlohrnen Sohn. cum faciunt idem, sæpè non est idem: Wann zween ein Ding thun/ ist es darum nicht gleich ein Ding. Dann ein unglaubiger Mensch spricht solche Wort auß Mißtrauen/ weil er mit Cain meynet/ Gott koͤnne oder wolle ihm seine Suͤnde nicht verzeihen. Ein Glaubiger aber redet sie auß freudigem Geist und guter Zuversicht/ der bey ihm die Goͤttliche Verheissungen Ja und Amen seyn laͤßt/ und gewiß weiß/ Gott koͤnne und wolle alle bußfertige Suͤnder zu Gnaden annemmen. Des theuren Apostels Pauli Wort/ Hebr. 6/ 4. 5. Unmuͤglich ists/ daß die so einmal erleuchtet sind/ ꝛc. wo sie abfallen/ solten wiederum erneuert werden zur Buß/ wird und kan niemand anders annem- men/ als von den Suͤnden in den H. Geist/ welche fuͤr ihre Suͤnde kein ander Opffer forthin mehr haben/ Hebr. 10/ 26. Gleichwie/ zum Exempel/ die Soͤhne Eli solche Gesellen waren/ die sich an den Mitt- len der Versoͤhnung mit Gott vergriffen/ das wußte ihr Vater wol/ dar- um sagt er zu ihnen: Wann jemand wider einen Menschen suͤn- diget/ so kans der Richter schlichten. Wann aber jemand wi- der den HErꝛn suͤndiget/ wer kan fuͤr ihn bitten? 1. Sam. 2, 25. Das ist ja freylich eine Milch- und Honig-suͤsse Lehre/ ein Geruch des Lebens zum Leben/ ein herꝛlicher Trost in allen Anfechtungen/ und sonder- lich in den letsten Zuͤgen/ wann wir zum Vater gehen. Wolan nun/ moͤchte hier ein sicheres Welt-Kind gedencken/ das ist eine gute Predigt fuͤr mich: dergleichen haͤtte ich laͤngst gern gehoͤret. Dann also wird es nichts zu bedeuten haben/ wann ich schon im̃er hin suͤndige/ meinem Fleisch und Blut zu gefallen thue/ wornach es immer geluͤstet/ weilen ich allezeit wiederum zu Gnaden kommen/ und Vergebung erlangen kan? Ant- wort: Jrre dich nicht/ Gott laͤßt sich nicht spotten; das ist eben das rechte Schwerdt/ das schon viel tausend erschlagen/ das Messer/ damit sich schon ihrer viel selbs erwuͤrget/ und ums Leben gebracht; ist eine rech- te teuffelische Versuchung/ da der leidige Geist den armen Menschen è dif- fidentia in profidentiam, von dem Zweiffel und Mißtrauen in die gottlose Sicherheit/ und also von einem Garn ins ander treibet/ biß er ihn verstricken und knicken mag. Da solle der Mensch bedencken 1. con- tritionis necessitatem, die hohe Nothwendigkeit einer wahren Reu und Buße/ und zusehen/ daß er auch beschaffen seye/ wie der ver- lohrne Sohn. 2, Divinæ justitiæ libertatem, der Goͤttlichen Ge- rechtigkeit Freyheit/ GOtt hat nicht einem jeden Menschen versproch- en allezeit die Gnade Buß zu geben; niemand/ der dieselbe einmal muth- willig verachtet/ kan oder foll ihm die gewisse Rechnung machen/ daß er K iij eben Die Zehende Predigt eben grad wieder darzu kommen werde. Dann da gehets als dann oͤff- ters/ wie Esai c. 6. stehet: daß die Hertzen verstocket/ die Ohren dick/ und die Augen geblendet werden/ daß sie nicht sehen mit ihren Augen/ noch hoͤren mit ihren Ohren/ noch verstehen mit ihrem Hertzen/ und sich bekehren und genesen. Derer Urtheil und Verdamnuß ist gantz recht. Dann wer mich verachtet/ spricht Christus Joh. am 12. und nimt meine Wort nicht auff/ der hat schon/ der ihn richtet/ das Wort/ welches ich geredt habe/ das wird ihn richten am Juͤngsten Tag. 3. Mor is incertitudinem \& velocitatem, die ungewisse und schnelle Todes-Stunde. Man dencke nur an Absalon/ an dem sich alle freche/ frevele Suͤnder spieglen sollen; dann ehe er sichs versah/ kam er in den Abgrund der Hoͤllen/ und da er gedachte noch so lang zu leben/ uͤberfiel ihn die Rach GOttes in ei- nem Augenblick. Darum so wachet in taͤglicher Buß/ dann ihr wisset nicht/ wann es Zeit ist/ Marc. 13/ 33. Christianus nulli rei, nisi pœ- nitentiæ natus, sagt Tertullianus, ein Christ ist zu nichts/ als zur Buße gebohren. Buße thun ist eines rechtschaffenen Christen ἔργον, und eigentliche Arbeit/ alles andere seind πάρεργα und Nebens-Wercke. Wachet nun alle/ daß es uns nicht gehe/ wie dorten den thoͤrichten Jung- frauen/ welche die Ankunfft des Braͤutigams verschlaffen/ mit denen es nachmals geheissen/ vor der Thuͤr ist draussen. Sondern wachet; O selige Knechte/ die der HErꝛ/ so Er komt/ wachend findet/ warlich/ ich sage euch/ er wird sich auffschuͤrtzen/ und wird sie zu Tische setzen/ und fuͤr ihnen gehen/ und ihnen dienen/ Amen. Die Zehende Predigt/ Von der Reue und Buß des verlohrnen Sohns. G Eliebte im HErꝛn. Zu gleicher weise wie allezeit zwo wie- drige Seeten in der Welt geweßt/ die sichere Epicurer und aber- glaubische Pharisaͤer/ also seind auch zweyerley remedia, Mit- tel erdacht worden dem nagenden und wuͤtenden Gewissens-Wurm zu begeg- Vom verlohrnen Sohn. begegnen. 1. Sag ich/ waren die sichere Epicureer/ so sich den wuͤ- tenden Gewissens-Wurm mit fleischlichen Wolluͤsten zu daͤmpffen un- terstanden. Vom Koͤnig Demetrio in Asia schreibet der Historicus, als er von Seleuco in Verhafftung gezogen worden/ habe er lusu \& ebrieta- te acriores de infortuniis cogitationes begraben/ gespielt und gesoffen/ damit er seines Ungluͤcks vergessen/ und also der wuͤtenden Schlang gleichsam Milch zu trincken gegeben/ die Wunden mit anodynis cut irt/ aber nicht allerdings geheilet. 2. Superstitiosi Pharisæi, die aberglau- bische Pharisaͤer/ die zwar dafuͤr gehalten/ es muͤsse GOtt mit etwas versoͤhnet werden/ aber mit ihren eigenen erwehlten Wercken/ Verdienst und Satisfaction solches verrichten wolten: Gleichwie die Philister 1. Sam. 5. gethan. Dann als sie die Lade des Bundes des GOttes Jsrael gen Asdod gebracht/ und entheiliget/ darum sie der Herr an heimli- chen Oertern geschlagen/ und sonsten ihr Land verderbet/ so gaben ihre Priester und Weissager den Rath/ sie solten die Lade GOttes nicht leer zuruck senden/ sondern ein Schuld-Opffer beylegen/ nemlich 5. guldene Erse/ und 5. guldene Maͤuse/ den GOtt Jsrael zu versoͤhnen c. 7. Als es vor Zeiten ohngefaͤhr 1200. und etliche Jahr in der Christenheit bund und uͤbel genug hergieng/ entstunden die Flagellan ten/ die bey viel tausend sich zusammen gerottet/ auff den Gassen und Strassen herum geloffen/ und sich selbs gantz unbarmhertzig gegeisselt. Denen vor Zeiten die Baals-Pfaffen vorgangen/ und die heutige Flagellanten im Pabstthum es nachthun. Dabey hat es aber der hoͤllische Blut-Hund nicht bleiben lassen/ sondern die ἀνθρωϖοθυσίαν und Menschen-Opffer auff die Bahn ge- bracht/ wie bey den Massiliensern und andern/ ꝛc. so gar/ daß sie auch ihre eigene Kinder dem Moloch auffgeopffert. Gestalt dann auch Mesa der Moabiter Koͤnig gethan/ als ihme die drey Koͤnige zu nahe auff den Hals gekommen/ und seinen eigenen Sohn geopffert/ 2. Reg. 3. Dieses ist nicht der rechte Weg/ GOtt der H. Geist schreibet ein anderes Mittel fuͤr/ das heißt μετάνοια, Theschubha, Buß und Widerkehr Esa. 1. Wa- schet und reiniget euch/ ꝛc. so komt dann und laßt uns mit einanden rechten. Jst ein bewaͤhrtes Mittel/ in vielen Exempeln der Juͤdischen Kirchen practic irt/ und heylsam befunden worden/ der Kinder Jsrael/ Niniviten/ Davids/ Manassis/ Petri/ der armen Suͤnder und Zoͤllner; sonderlich aber wurde dasselbe Jaͤhrlich an dem Versoͤhnungs- Fest solennissimè hochfeyrlich widerholet/ Lev. 16. Es ligt aber sehr viel an der rechten Buß/ Ambrosius schreibet l. 2. de pœn. c. 10. se facilius invenisse, qui servaverit innocentiam, quàm qui congruè egerit pœni- tentiam. Die Zehende Predigt tentiam. Er habe leichtlicher einen gefunden/ der unstraͤfflich gelebet/ als der rechtschaffene Buße gethan. Cain und Judas erkanten auch ihre Suͤnden/ aber es halff keinen nichts. Bey den Kin- dern Jsrael scheinete es auch/ sie thaͤten Buß/ als ihnen Moses Num. 14. einen harten Bescheid gegeben/ dann da stund das Volck und traurete sehr/ daß es aber Heucheley geweßt/ hat der Außgang bezeuget/ und das eigenthaͤtliche hinauff ziehen. Achab stellete sich auch klaͤglich/ als ihm Elias ein harter Botte geweßt/ und die tragica fata, bevorstehende trau- rige Faͤlle seines Hauses ihme angez iget/ er zuriß seine Kleider/ legte ei- nen Sack an seinen Leib/ fastete/ und schlieff im Sack/ und gieng jaͤmmer- lich einher; aber es gieng nicht von Hertzen/ wie seine Propheten-Schin- derey an Micha solches bezeuget 1. Reg. 21. Der Koͤnig Saul that zwar eine schoͤne Bekanntnuß/ und sprach: Jch habe gesuͤndiget/ daß ich des HErꝛn Befehl und deine Wort uͤbergangen hab. Aber es mangelte ihm an der Demuth/ das Hertz war ihm nicht recht zer- schlagen. Jch habe gesuͤndiget/ spricht er/ aber ehre mich doch jetzt fuͤr den Eltesten meines Volcks/ und fuͤr Jsrael. Er war ὀφ αλμόδουλος, ein Augendiener/ wann er nur seine Reputation be- hielte/ wuͤrde es seiner Meynung nach schon gut seyn. Judas Jscha- rioth that eine gantz vollkommene Paͤbstische Buß/ aber es war pœniten- tia cassa, wie es die Alten genennet/ eine Buß ohne Kern und Marck/ das beste mangelte ihr. GOtt wil/ wie geliebt/ also auch gebuͤsset haben/ toto corde, von gantzem Hertzen/ Joel 2/ 12. So spricht der HErꝛ: Bekehret euch zu mir von gantzem Hertzen/ mit Fasten/ mit Weinen/ mit Klagen/ zureisset euere Hertzen/ und nicht euere Kleider. GOtt begehret es aber nicht von uns appreciativè, ver- dienstlicher weise/ dann wer kan mercken/ wie offt er suͤndiget ? Psalm. 19. wil geschweigen/ daß er seine Suͤnde alle recht vollkommen bereuen solte; sondern seriò \& sincerè, ein auffrichtiges/ Evangelisch- redliches Hertz/ das ohne falsch ist. Allermassen wie uns eine solche Idea und Muster eines Buͤssers am verlohrnen Sohn fuͤrgestellet wird; dem sollen wir die rechte Buß-Kunst ablernen. Er lieget da auff der Erden unter den Schweinen/ welches darauß abzunemmen/ wann er sagt: ἀναςὰς πορ σουαι ich wil mich auffmachen oder auffstehen. E. lag er zuvor auff der Erden; und zwar als conscientiæ flagellantis obje- ctum, wie dort Heliodorus 2. Maccab. 3. auff welchen zween Eng- lische Junge Gesellen getrost geschlagen/ daß er fuͤr Ohn- macht zur Erden gesuncken/ und ihm das Gesicht vergangen. Voller Vom verlohrnen Sohn. Voller Schrecken/ Forcht/ Scham und Verzweiffelung an ihm selbs. Da hieß es auch bey ihm: Ach HErꝛ/ wann du wilt Suͤnde zu- rechnen/ wer kan fuͤr dir bestehen ? Er lag da als damnatus \& reus, als ein Malefitz-Person und armer Suͤnder/ dem das Leben ab- gesprochen worden/ deren etliche/ wie die Exempel es bezeugen/ einen Fuß- fall gethan/ oder auch gar auß Forcht gestorben. Er ligt da in pulvere, im Staub/ tanquam victima \& holocaustum, als der sich selbs als ein Brand-Opffer darwirfft/ und das Opffer eines durchs Gesetz zerknirschten und zerschlagenen/ wie Wachs zerschmoltzenen Hertz- ens Gott dem Herrn dargibt/ auß guter glaubiger Hoffnung auff Goͤttliche Gnade und heiligem Verlangen nach der Vergebung/ mit thaͤtlicher Befleissigung des neuen Gehorsams. Wir wollen M. L. zu ihm in die Schule gehen/ und die Art rechter Buße ihm ablernen. Gott gebe seines Heiligen Geistes Gnad/ daß es nutzlich und fruchtbar- lich Jhme zur Ehre/ uns zur Lehre geschehen mag/ Amen. S O erzeiget sich nun/ Geliebte im Herrn/ bey dem’ verlohrnen Sohn I. in intellectu agnitio \& sensus doloris, eine hertzliche Erkantnuß und schmertzliche Bereuung seiner Suͤnd- en. Ein Malefitz Person/ ehe man ihr das Leben abkuͤndet/ meynet nicht/ daß ihr Verbrechen so groß/ und des Todes wuͤrdig/ aber wann der Her- renknecht des Todes Urtheil ihr anzeiget/ und die Pfarrer zu ihr geschicket werden/ da gehet ihr das Gewissen auff/ und wird reg gemacht: Also da der verlohrne Sohn sich fuͤr den Feur-Spiegel des Gesetzes stellet/ der ihne mit seinem Fluch ins Hertz gebrennet/ da erkante er allererst sein Un- recht/ und sagt: peccavi, Jch habe gesuͤndiget. O HErꝛ/ deine Pfeile stecken in mir/ und deine Hand drucket mich/ ich empfin- de/ daß nichts gesundes in meinem Leibe fuͤr deinem Draͤuen/ und ist kein Friede in meinen Gebeinen fuͤr meiner Suͤnde. Meine Suͤnde gehen uͤber mein Haupt/ wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer worden. Meine Wunden stincken und eytern/ ꝛc. ich gehe krum̃ und sehr gebuckt/ den gantzen Tag gehe ich traurig ꝛc. Psalm. 38. Zahnweh ist ein grosses Wehe/ aber das Gewissens-Wehe ist noch daruͤber: Der Stachel der Suͤnden/ wann er recht angehet/ ist unertraͤglich. Schroͤcklich ist es/ wann ein grosses Kriegs-Heer auff eine Stadt zuzeucht/ aber viel schroͤcklicher/ wann die Suͤnden nach einander in der Schlacht-Ordnung auffziehen/ wie in dem 50. Psalm der Gottlosen Suͤnden nacheinander erzehlet werden. Zehender Theil. L Das Die Zehende Predigt Das Zahnwehe thut der aͤusserlichen Empfindlichkeit weher als ein lang- wieriges Fieber/ und wird doch dieses bey einem vernuͤnfftigen Mann groͤsser gehalten/ dann es gehet zum Tod. Also thut zeitlicher Schaden schmertzlich wehe/ aber noch weher der innerliche Seelen-Schaden einem zarten Buͤsser. Schimpff/ Undanck/ abgegangene gute Freunde/ Jn- jurien/ ungerechter Gewalt/ thun wehe/ aber die Suͤnde bey einem buͤssen- den Suͤnder vielmehr. II. In affectibus, 1. tristitia, in seinen Affeeten: Traurigkeit/ die auffrechte Erkantnuß folget; nicht die Tod- wuͤrckende Traurigkeit der Welt/ dann er trauret nicht uͤber seinen Seckel und Geld/ das er verloren/ nicht auß Ungedult uͤber GOttes Straff/ weil er selber sagt/ er habe alles wol und noch aͤrger verdienet; er sagt nicht wie Cain/ nun verstossest du mich/ und treibest mich heute auß dem Lande/ und ich muß mich fuͤr deinem Angesicht ver- bergen/ und muß unstaͤt und fluͤchtig seyn auff Erden/ so wird mirs gehen/ daß mich todt schlage/ wer mich findet/ Genel. 4. Sondern ist tristitia, ϑεικὴ, die Goͤttliche Traurigkeit/ die eine Reue wuͤrcket zur Seligkeit/ die niemand gereuet. 2. Corinth. 7. entstehet uͤber dem abscheulichen Suͤnden-Greuel/ uͤber dem Verlust des hoͤchsten Gutes/ und der Furcht des erzoͤrnten GOttes; welche/ weil der innerliche Trost des H. Geistes sich erzeiget/ der da wohnet bey denen/ so zuschlagenes und demuͤthiges Geistes seind/ auff daß er den Geist der Gedemuͤtigten/ und das Hertz der Zerschlagenen er- quicke/ Esa. 57/ 15. und mit zufliesset/ so wuͤrckete sie eine heilsame Reue zur Seligkeit/ nicht eine Cains/ sondern Thamar-Reu/ welche/ als sie von Ammon geschwaͤcht worden/ Aschen auff ihr Haupt geworffen/ ihren bunten Rock zerrissen/ ihre Hand auff das Haupt geleget/ daher gegangen und geschryen/ und in Absalons ihres Bruders Hauß ledig geblieben/ das ist/ nicht mehr wie eine Jungfrau im Krantz unter die Leute gegangen. Es war bey ihm 2. Odium non solum actus, sed \& effectus ein laute- rer/ bestaͤndiger/ unversoͤhnleher und hefftiger Haß wider die Suͤnde. Die Karten/ damit er gespielet/ die Weiber/ damit er gebuh- let; die Gesellschafften/ mit denen er umgegangen; verspeyet und verma- ledeyet er in seinem Hertzen/ und sagt gleichsam: O du unselige Stund/ als ich da und da hingekommen/ als ich diese oder jene Gelegenheit gehabt/ mich also zu versuͤndigen! 3. Timor, eine Furcht/ aber nicht eine knecht- ische sondern abermal mit dem Glau b en verbundene Furcht/ er furchte sich fuͤr seinem Vater/ als fuͤr einem Vater/ nicht als fuͤr einem Hencker/ er fleucht nicht wie Cain/ sondern sagt/ ich wil mich auffmachen/ auff Gnad und Vom verlohrnen Sohn. und Ungnad ergeben. 4. Pudor, eine Scham/ er spricht gleichsam: Jch bin zu schanden worden/ und stehe schamroth/ Jer. 31, 19. Jetzt muß ich leiden den Hohn meiner Jugend/ Num. 12, 14. mein Vater hat mich ins Angesicht gespien/ ich muß mich fuͤr ihm verkriechen und schaͤmen. Hæc est resurrectio prima, das war bey ihm die erste Aufferstehung/ auß dem Schlaff der Sicherheit zum Fuͤrsatz des neuen Gehorsams/ und dessen bestaͤndige Ubung. Surgam, sprach er/ è peccato, surgam voto constanti, è peccati cloaca, è vinculis consuetudinis, è servitio \& compedibus, ex occasionibus peccandi, nun wil ich mich versprechen fuͤr Suͤnden zu huͤten/ boͤse Gewonheiten ablegen/ und suͤndlicher Gelegenheit muͤssig gehen/ das Aug/ Hand und Fuß/ das mich hinfuͤro aͤrgern wird/ wil ich außreissen/ und von mir werffen/ Matth. 18. III. In voluntate subjectio ad pœnam, er erbietet sich freywil- lig zur Straff/ und spricht: Jch bin nicht werth/ daß ich dein Sohn heisse/ mache mich nur gleich einem deiner Tagloͤhner. Luam in corpore, quod non habeo in ære, ich wil an meinem Leibe buͤs- sen/ was ich mit Gelt nicht gut machen kan. Nim̃ mich nur wieder zu Gnaden an/ und laß mich fuͤr deine Augen kommen/ ich wil gern buͤssen/ und dein Tagloͤhner seyn/ Jch wil dir die Schuld mit der Haupt- Summa versuͤhnen/ und daruͤber das fuͤnffte Theil dazu thun/ nach GOttes Befehl. Num. 5, 7. Nam, cum res aliena (fama, pe- cunia,) quæ reddi potest, non redditur, non agitur sed fingitur pœui- tentia, spricht August. Wann eine fremde Sach/ die wiedergebig ist/ (als ein guter Nahm/ Gelt/) und aber nicht wieder gegeben wird/ so ist es keine rechte/ sondern eine heuchlerische Buße. Kan mans aber nicht den Menschen wieder geben/ so soll mans dem Herrn geben/ nach dem Exempel Zachaͤi/ Luc. 19, 8. IV. In Locomotiva, in denen Bewegungs-Kraͤfften/ haben sich auch erzeiget signa pœnitentiæ, die Zeichen der wahren Buße/ jejunium saccus, pulvis, Fasten/ ein Sack und Staub; daß er 1. ge- dultig und willig gefastet/ er haltet sich nicht werth anderer Speisen/ als der Traͤberen/ die er genossen/ er begehret keine niedliche Speisen/ sondern nur das schwartze harte Tagloͤhner-Brod. 2. Humicubatio, daß er sich auff die Erden gelegt/ und die Augen nieder geschlagen/ und sich nicht werh haltet/ den Himmel anzuschauen. 3. Schlaͤgt er in sich/ wie es Lutherus gedolmetschet/ an die Brust/ dabey uns Christus zu bedencken gibt das Kurren/ das lamentiren/ weheklagen/ aͤchtzen/ seufftzen und hand- L ij ringen; Die Zehende Predigt ringen; sonderlich aber die heissen Thraͤnen/ die ihm uͤber die Wangen herab geflossen. Es seind zwar manchmal die grossen Schmertzen stum̃/ und die Thraͤnen-Quellen verstopfft/ man muß offt sein Leyd in sich fressen/ die temperamen a seind unterschiedlich; aber gewiß/ wer sonsten leichtlich zu bewegen/ der bewegt sich da/ ist anderst die Buße recht. Wer seinen zeitlichen Schaden beweinen kan/ und weinet nicht um die Suͤnde/ bey dem scheinet die Buß nicht rechtschaffen. Quid illis o c ulis formosius, schreibet Chrysost. hom. 30. in Genes. perpetuo lachrymorum imbre \& quasi margatitarum decore. Was ist schoͤner als die jenigen Augen/ welche von unauff hoͤrlichen Thraͤnen Regen fliessen/ und mit denen Troͤpfflein als mit Perlein gezieret ? Und das ist/ M. L. die rechte Suͤnden-Reu/ so muß das Hertz zer- knirscht seyn. Soll ein metallin Gefaͤß/ das rostig ist/ wuͤst/ alt und un- formlich worden/ wieder huͤbsch werden/ so muß mans zerschlagen/ zer- brechen/ umschmeltzen/ und in einen neuen Model giessen. Soll ein ar- mer Suͤnder begnadet werden/ so muß er einen Fußfall thun; soll der Wurm des Gewissens ruhen/ so muß man ihn fuͤhlen/ in die Wunden scharffen Essig oder Wein giessen; soll man sich zu Gott kehren/ so muß man von der Welt und Suͤnden sich abkehren. Also muß dann die Buße geartet seyn/ soll sie rechtschaffen seyn/ nicht zwar meritoriè daß wir etwas damit verdienen wolten/ sondern ist pars ordinis, ein Theil der Ordnung/ also hat es Gott geordnet/ wann jemand zu ihm kommen wil. Jst demnach Contritio, die Reu anders nichts/ als eine solche von dem H. Geist erweckte/ hertz-brechende und zuknirschende Bewegung/ da der Mensch in allen seinen Kraͤfften veraͤndert wird/ die Augen auffthut/ sein Unrecht erkennet/ hasset und lasset/ alles zu GOttes Ehre/ damit sein geraubtes Gut wieder erstattet/ er GOtt/ und der Mensch Staub und Asche bleibet. Wo wollen wir aber solche Buß finden? der jenigen gibts wol viel/ die den Wurm des Gewissens mit Wein ersaͤuffen/ oder mit Wollust daͤmpffen/ bey denen aber der kleine Wurm zu einem grossen feurigen Drachen wird. Fuͤr den Spiegel stellet man sich wol/ stellet denselben hinden und vornen/ zu schauen wie der Pracht anstehet; aber niemand stehet fuͤr den Spiegel des Gesetzes/ man schauet wol/ aber niemand uͤbet das παρακύψαι, und durchschauen; so genau follen wir in den Spiegel des Gesetzes schauen/ als fleissig die Maria ins Grab gegucket/ Joh. 20/ 11. hinden und fornen/ durch und durch/ alle Flecken und Runtzeln beschauen. Domitianus hatte in dem Palatio oder Gang/ da er spatzier- Vom verlohrnen Sohn. spatzierte/ allenthalben die Waͤnde mit dem Edelgestein sphengite behaͤngt/ das er hinden und fornen alles sehen/ und ihm niemand zukom̃en moͤchte. Aber da hat bey uns der Pharisaisinus allenthalben uͤberhand genommen/ daß niemand sich recht beschauet/ nur die groben Fehler und Balcken- Suͤnden nim̃t man wahr/ die andern uͤbersiehet man/ und bildet sich offt viel schoͤner ein/ als der Spiegel præsenti ret/ ist man in foro soli, fuͤr dem weltlichen Gericht absolv irt/ wie Saul/ so laßt man sich beduncken/ es habe in foro poli, fuͤr GOttes Gericht auch keine Noth mehr. Und wann man die Fehler schon siehet/ so schaͤmet man sich doch derselben nicht/ man empfindets nicht/ und erschrickt nicht daruͤber/ gehet von stund an davon/ und vergisset/ wie man gestalt war/ niemand komt mit dem Buß- Schwammen darhinder sie abzuwischen. Man trauret wol/ aber um das Zeitliche/ nicht um die Suͤnde: Mancher Mensch stecket in Schulden- Last/ er aͤchtzet und kraͤchtzet/ seufftzet und klaget daruͤber; aber es ist nur eine Galgen-Buß/ geschicht nicht um der Suͤnden willen. Was wollen wir von den Josephs-Bruͤder sagen/ die sich um den Schaden ihres Bru- ders gar nichts bekuͤmmern? von den Herodianischen Taͤntzern/ die lassen Johannem im Blut liegen/ unterdessen spielen und jubiliren sie? Wann Gott irgend eine gute Zeitung hoͤren laͤßt/ dancken sie ihm mit Suͤnden/ machens wie Pharao/ wann er Lufft kriegte; wie ein Wuͤrtshauß voller trunckener Bauren/ welche zwar/ wann das Wetter einschlaͤgt/ erschrecken/ wann es aber fuͤruͤber/ fangen sie es wieder an/ wo sie es zuvor gelassen. An statt des Hasses und der Scham/ uͤber die begangene Suͤnden/ an statt der Forcht ruͤhmet sich noch mancher der Suͤnde seiner Jugend/ an statt der Traurigkeit lachet er daruͤber/ erzehlets andern/ und kuͤtzelt sich damit/ tanquam re benè gestâ, als haͤtte er gar recht gethan. Die mei- sten fuͤhren zwar guten Fuͤrsatz auff der Zung/ aber machens wie Achab/ der bald darauff den Propheten Micham gefaͤnglich einsetzen/ und mit Brod und Wasser der Truͤbsal abspeisen lassen; sie beurlauben ihre alte lang geuͤbte Suͤnden nicht/ sondern herbergen sie noch immer/ da ist keine Veraͤnderung/ bleiben fort und fort auff den alten Suͤnden-Hefen liegen. Wer erstattet dem/ dem er unrecht gethan? noch bleibet das unrecht Gut in des Gottlosen Hauß/ und muß man manchem auff den Tod warten/ sonst bringt man nichts auß seinen Wolffs-Klauen herauß. Wo ist Fasten? vielmehr wuͤrgen/ Ochsen schlachten/ wie zur Zeit Noaͤ/ eitel Feud und Wonne/ Fleisch essen/ Wein trincken/ da heißt es: Laßt uns essen und trincken/ dann Morgen seind wir doch todt/ und ha- ben nichts mehr davon/ dann das: Wo gehet man im Sack? aber L iij Hoffart Die Zehende Predigt Hoffart treiben kan jederman/ in den Leinwad-Laͤden und bey den Waͤschen siehet man es: Manche Maden-Saͤcke haben Saͤcke an/ die/ wann mans zusammen rechnet/ wol etlich hundert Gulden antreffen. Wo sind die Thraͤnen? Es ist die heutige Welt aͤrger als die Juden/ die beweinen ihr Vaterland Jaͤhrlich auff den Tag/ als Jerusalem eingenommen worden. Usque ad præsentem diem, perfidi coloni, post interfectionem servo- rum, \& ad extremum Filii DEI, excepto planctu prohibentur ingredi Hierusalem; \& ut ruinam suæ eis flere liceat civitatis, precio redimunt; ut qui quondam emerant sanguinem Christi, emant lachrymas suas. Et ne fletus quidem eis gratuitus sit; videas in die, quo capta est à Ro- manis, \& diruta Hierusalem venire populum lugubrem; conflnere decrepitas mulierculas, \& senes pannis annisque obsitos, in corporibus \& in habitu suo, iram domini demonstrantes, \&c. Das ist: Die un- treuen Reebleute/ nach dem sie die Knechte (GOttes/) und endlich gar seinen Sohn ermordet/ doͤrffen biß auff den heutig- en Tag in Jerusalem nicht kommen/ als mit Thraͤnen; und muͤssens mit Gelt bezahlen/ daß sie den Untergang ihrer Stadt/ und Steinhauffen beweinen moͤgen; Also daß sie auch die Thraͤnen nicht umsonst haben; Man siehet auff den Tag/ da Jerusalem von den Roͤmern ist eingenommen und verstohret worden/ wie das betruͤbte Volck daher kommet/ die alten Wei- ber herzu schneyen/ die von schlechter Kleidung und Jahren verschimmelte alten Greise herzu kriechen/ und auch mit ihren Leibern und Kleidern von GOttes Zorn predigen: das elende Volck komt zu Hauff/ und nach dem das Creutz des HErꝛn von seiner Aufferstehung schimmert und strahlet/ und als ein Sieges-Faͤhnlein auff dem Oelberg glaͤntzet/ beweinen die elenden Leute den Untergang ihrer Stadt/ und ist niemand der Mitleiden mit ihnen hat; Wann die Thraͤnen noch auff de- nen Wangen stehen/ und die Arme noch voller Streich-Maͤ- ler/ und das Haar noch zerstreuet/ ist schon der Soldat da/ und fordert Geld/ daß sie nur mehr weinen doͤrffen. So schreibet Hieronym. uͤber das Erste Cap. Sophoniæ. Nun unser Vaterland ligt in der Aschen/ wo ist ein Jeremias/ der Thraͤnen vergießt? Der Thraͤnen-Brunn ist allenthalben verstopfft/ nie- mand ist/ der es ihme zu Hertzen gehen laͤßt: Solte der verlohrne Sohn sich also erzeigt haben/ er wuͤrde nimmer keine Gnad haben zu hoffen ge- habt; solte er fuͤr seinen Vater gekommen seyn mit Spielleuten/ und ge- tantzet Vom verlohrnen Sohn. tantzet haben/ wuͤrde er wol Gnade erlanget haben? ja einen Strick an den Hals. Nun man sagts genug/ wer ihme nicht wil rathen lassen/ der mag den Werth daran nehmen/ es wird eine μετάνοια folgen sine miseri- cordia, eine Reu ohne Barmhertzigkeit/ die Nachwitz wird als dann zu spat seyn. Nun der hohe und erhabene GOtt/ der ewiglich wohnet/ dessen Name heilig ist/ der in der Hoͤhe und Heiligthum wohnet/ und bey denen/ so zuschlagenes und demuͤtiges Geistes sind: Gott der H. Geist wolle unsere eiß-kalte Hertzen anhauchen/ daß sie zerschmeltzen/ und anwehen die Berge/ daß es thaue. Christus wolle uns anschauen/ daß wir mit Petro bitterlich weinen/ und mit Au- gustino beten: Domine da mihi irriguum superius \& irriguum infe- rius, ut sint mihi lacrymæ meæ panes die ac nocte, HErꝛ gib mir ein waͤsseriges Unten und Oben/ daß meine Thraͤnen seyen meine Speise Tag und Nacht. Daß wir hie mit Thraͤnen saͤen/ und dort mit Freuden ernden/ auff das Ejulate das himmlische Jubilate, auff das Kyrie eleison das himmlische Alleluja anstimmen moͤgen. Amen. Die Eilffte Predigt/ Von der Beicht des verlohrnen Sohns. G Eliebte im HErꝛn. Ein klares Exempel menschlicher Unart und Vergleisterung des Boͤsen stellet uns Moses der uhralte Historicus fuͤr Augen/ Gen. 37. da er meldet/ welcher massen die treulose und leichtfertige Bruͤder Jo- sephs- nach dem sie denselben den Midianitern um 20. Sil- berling verkaufft/ ihre Boßheit vor ihrem Vater bemaͤn- telt; sie nahmen/ berichtet Moses/ Josephs Rock/ und tunckten ihn in eines geschlachteten Ziegenbocks Blut/ schickten den bunten Rock hin/ und liessen ihn ihrem Vater bringen/ und sagen: die- sen haben wir funden/ siehe/ obs deines Sohns Rock sey oder nicht ? Hierauß erscheinet 1. Conscientiæ morsus, ihr beissendes boͤses Gewissen/ das verwundet war. Dann warum bringen sie den Rock nicht selbs? warum schicken sie ihn durch fremde Haͤnd? Es war ihnen nicht Die Eilffte Predigt nicht geheur bey der Sach/ sie hatten ein boͤses verwundetes Gewissen/ sie gedachten/ wie wollen wirs verantworten bey unserm Vater/ daß wir Jo- seph nicht mitbringen? Machen es eben/ wie unsere erste Eltern/ die sich/ nachdem sie sich versuͤndiget/ ihr Gewissen verwundet/ und die Stimme GOttes des Herrn gehoͤret/ fuͤr dem Angesicht GOttes des Herrn unter die Baͤume im Garten verstecket/ und durfften Gott nicht unter die Augen kommen. 2. Cura palliativa, die Vermaͤntelung; sie schlachten einen Ziegenbock/ duncken den Rock Joseps ins Blut/ und wie Josephus bezeuget/ so zerreissen sie ihn/ auff daß der Vater desto eher glaub- en moͤchte/ es waͤre Joseph von einem wilden Thier zerrissen worden. Wie er dann alsbald außgeruffen: es ist meines Sohnes Rock/ ein boͤses Thier hat ihn gefressen/ ein reissend Thier hat Joseph zurissen. Das war wol cura palliativa, ein listige Bemaͤntelung/ dem alten guten Vater machen sie unaußsprechlich Hertzenleyd/ lassen ihn uͤber die 22. Jahr auff dem falschen Wahn/ martern ihn/ hoͤren ihn offt seufftzen/ nicht aber nur ihn/ sondern auch ihren Großvater Jsaac/ daß er sich (illud decus mundi) daruͤber zu todt weinen mußte. Sie verkleiben ihm die Augen/ und gedencken nicht einmal an GOttes allsehendes/ Hertzen-forschendes Aug. Jst je und allezeit der Menschen Art/ (vielmehr Unart) gewesen/ da sie sich vor der Welt ihrer Gebrechen geschaͤmet/ und nicht wollen zu Schanden werden/ und offt viel Eyd uͤbereinander geschworen/ aber nicht einmal an das strenge Gericht GOttes gedacht. Dazu dann 3. geschla- gen/ cauteriatio, daß sie auff die 22. Jahr ohne Buß/ ohne Erkanntnuß/ ohne Gnad/ ohne geistliche Ubung geweßt/ gantz entschmertzet: waͤren auch gewißlich darinnen verdorben/ wo nicht endlich der Gewissens-Wurm in ihnen auffgewacht/ und die Straff ihnen die Augen geoͤffnet/ so uͤber diese Suͤnde beschlossen geweßt/ Gen. 42. daß sie sich selber angeklagt: das ha- ben wir an unserm Bruder verschuldet/ da wir sahen die Angst seiner Seelen/ da er uns flehet/ und wir wolten ihn nicht erhoͤ- ren/ darum komt nun diese Truͤbsal uͤber uns. Nun die Bruͤder Josephs haben diese Unweise nicht gestohlen/ sondern ererbt von unsern ersten Eltern/ wie auch David/ der es eben also gemacht. Dann da er vernommen/ daß Bathseba von ihm schwanger worden/ so schicket er nach Uria ins Lager/ der solte kommen/ und das Ey außbruͤtlen. Machet ihn truncken/ und vermeinet/ er solte nun heim gehen/ bey seinem Weibe schlaffen/ und der Liebe pflegen. Da aber der Poß nicht wolte angehen/ laͤßt er ihn an die Spitze des stuͤrmenden Heers stellen/ daß er umkaͤme. Alles zu dem Ende/ daß David unschuldig gehalten/ und das Kind/ so Vom verlohrnen Sohn. so Bathseba gebaͤhren wuͤrde/ fuͤr Uri æ Kind erkennet werden solte. So macht es der verlohrne Sohn nit/ sondern so bald sich das Gewissen in ihm gereget/ so ergreiffet er die rechte edelste Medicin/ verhaͤrtet sein Hertz nicht/ sagt/ er wolle das Scham-Huͤtlein ablegen/ der Untugend kei- ne tinctur anziehen/ seinem Hertzen recht raumen/ und seinem Vater kein Aug verkleiben/ sondern frey und rund bekennen; er habe gesuͤndiget im Himmel und fuͤr ihm/ ach mache mich nur gleich einem dei- ner Tagloͤhner. Zwar hat er die letztere Wort nicht außgesprochen/ ist aber Zweiffels frey daher geschehen/ dieweil ihm der Vater in die Rede gefallen/ und ihn nicht hat außreden lassen. Nun wir haben biß dato in der Schul des verlohrnen Sohns viel schoͤne lectiones studi rt und gelernet/ anjetzo wollen wir demselben die edle Beicht-Kunst ablernen/ und an- zeigen/ wie man beichten muß/ daß es auch Gott gefaͤllig. GOtt der H. Geist erwecke auffmercksame Ohren und Hertzen/ daß viel dadurch auff- gemuntert und zum ewigen Leben erhalten werden/ Amen. S O haben wir/ Geliebte im Herrn/ zu betrachten I. Confessio- nem, die Beicht an sich selbs/ wann der verlohrne Sohn spricht: Vater/ ich habe gesuͤndiget im Himmel und fuͤr dir/ ꝛc. Er theilet seinen Suͤnden- Catalogum und Suͤnden-Register ab nach den zwo Taffeln des Gesetzes/ in peccata cœli, in Himmel-Suͤnden/ ich habe gesuͤndiget in Himmel. Himmel heißt hier soviel als GOtt selbs/ wie dann das Hebraͤische Wort Schamajim, cœli, von GOtt gebraucht wird/ Dan. 4, 23. Wann du erkennet hast die Gewalt im Himmel; Matth. 21, 25. Woher war die Tauffe Johannis ? war sie vom Himmel/ oder von den Menschen. Daher die Juden Cœlicolæ, Himmels-Buͤrger/ Einwohner des Himmels genennet worden. Das seind nun die Suͤnden wider das erste Gebott/ als wolt er sagen/ ich habe GOtt im Himmel nicht geehret/ und gelebet als ein ἄθεος, ohne Go tt/ wie ein Schwein; Undanckbar fuͤr seine Goͤttliche Wolthaten/ ich habe nicht ihm/ sondern auff meinen Seckel und gesunde Jugend getrauet/ sei- ne Gaben verschwendet/ verdoppelt/ verspielt und verzehrt: ich hab ihn nicht gefoͤrchtet noch geliebet/ was er mir verbotten/ das hab ich gethan/ und seine Gebott verachtet; ich habe gelebet ἀθέως, ἐθνικῶς, ἀσεϐῶς, ἀδίκως, und ἀσώτως, Gottloß/ Heydnisch/ frech/ unzuͤchtig/ ungerecht und unheilig/ besttalisch/ als ein Pfau in Hoffart/ als ein Schwein in Saͤufferey/ als ein Hund in Unzucht; Karten waren mein Bett-Buch/ fluchen/ schweren mein Ge- wonheit/ Wuͤrths-Spiel- und Tantzhauß meine Kirchen/ Summa: Zehender Theil. M perditè Die Eilffte Predigt Perditè vixi, ich habe uͤbel gnug gelebet/ und kunte es nicht aͤrger ma- chen. Hernach in peccata patris, ἐνώϖιόν σου spricht er und fuͤr dir/ fuͤr deinen Augen; wider die andere Taffel/ ohne Scheu/ ohne Forcht/ ich habe dir das patrimonium herauß gepocht/ und mich unterstanden dich bey lebendigem Leib zu erben/ habe deinen sauren Schweiß mit Huren ver- praßt/ manch schoͤnes Geld/ das du auffgehoben/ durchgejagt/ ich bin/ mit einem Wort/ ein boͤser Bub geweßt/ da ligt der gantze Plunder fuͤr deinen Augen. Also speyet er eben alles herauß/ wie der jenige/ der etwa eine giff- tige/ unreine/ und sonst ungesunde Speiße zu sich genommen/ keine Ruh hat/ biß ers alles herauß gewurgt. II. Haben wir zu mercken Confessionis modum, die Art zu beich- ten: Er berichtet 1. ingenuè, redlich/ teutsch herauß/ laͤugnet nichts/ be- schoͤnet seinen Suͤnden-Greuel nicht/ verringert oder vergleistert nichts/ viel weniger legt er die Schuld auff andere. 2. Plenè, er schuͤttet sein gan- tzes Hertz auß/ wie einer/ der Gifft zu sich genommen/ alles von sich geben muß/ biß daß der gantze Plunder da vor Augen ligt. 3. παῤῥησιαςικῶς, freymuͤndig/ und ungescheut; er sagt/ Vater/ beichtets nicht dem Scharffrichter an der Tortur oder Folter/ in der Schwaͤtz-Schul/ da man auch beichtet/ aber je mehr man beichtet/ je schwerere Straffe man zu ge- warten hat; Sondern gantz vertraulich/ ohne Zwang/ seinem Vater/ je mehr er da beichtete/ je mehrere und groͤssere Gnad er erlangte. Sonderlich aber 4. humiliter, gantz demuͤtig/ dann ohne die Demuth ist die Beicht keine confessio und Bekantnuß/ sondern professio mali, ein offentlicher Ruhm der Suͤnden. Er spricht: Jch bin forthin nicht mehr werth/ daß ich dein Sohn heisse; halte mich werth der Enterbung/ ich habe das Erb-Recht verlohren. Ausser zweiffel haͤtte er fortgefahren/ und sich als einen Tagloͤhner angegeben/ wann ihm der Vater nicht in die Rede gefallen waͤre/ wie auch der Keyser Mauritius gethan und gesagt: Justus es Domine, \&c. HErꝛ du bist gerecht/ und alle deine Gerichte sind recht. 5. Apertè, er hat seine Bekantnuß offentlich/ gleich wie er zu- vor ενώϖιον του῀ πατρὸς, vor dem Vater gefrevelt/ so beichtete er ihm anjetzo unter dem freyen Himmel/ wie es dann auch offentlich auffgezeichnet wor- den/ daß wir es ihm alle nachthun sollen. Gleich wie auch David gethan/ der seine Suͤnde offentlich singen lassen/ und dem Vorsaͤnger zu singen uͤbergeben/ Ps. 51. Jch erkenne meine Missethat/ an dir allein hab ich gesuͤndiget/ und uͤbels fuͤr dir gethan. Paulus 1 Tim. 1. nennet sich den groͤsten Suͤnder/ schreyet sich offentlich auß/ er seye der fuͤrnem- ste unter allen Suͤndern/ aber mir/ spricht er/ ist Barmhertzigkeit wieder- Vom verlohrnen Sohn. wiederfahren/ auff daß an mir fuͤrnemlich JEsus Christus er- zeigete alle Gedult/ zum Exempel denen/ die an Jhne gkauben sollen zum ewigen Leben. Er machet es/ wie einer der Zahnweh hat/ dann der meynet/ sein Schmertz seye der groͤste/ weil er ihn auß der Erfah- rung hat/ andern aber nur glaubet auß ihren Worten. Augustinus hat 13. Buͤcher von seinen eygenen Suͤnden geschrieben/ und in denselben ge- beichtet peccata infantiæ, inhiabam uberibus plorans, l. 7. die Suͤn- den seiner unmuͤndigen Kindheit/ wie er auß Boßheit gewei- net/ wann er seiner Mutter Bruͤste gesogen; peccata pueritiæ, da er ein wenig aͤlter worden/ wie er ungern in der Schule gelernet/ lieber ge- spielt und gedockt/ sonderlich aber die Griechische Sprache nicht lernen wollen/ seye lieber mit politischen Fabeln umgegangen/ habe sich mehr ge- schaͤmet uͤber einen solœcismum linguæ, einen Sprach- fehler/ als vitæ, Lebens fehler/ wann er nicht schoͤn geredet/ als wanner nicht schoͤn gelebet. In adolescentia, in seinen Juͤnglings-Jahren habe Fleisch und Blut und die unziemlichen Begierden mit ihm den Meister gespielet; er wolte nicht zu frieden seyn/ daß er ein Vater waͤre/ er sahe mehr darauff/ wie er beredt als keusch und zuͤchtig waͤre. Seinem Nachbarn hat er die Birn abge- macht/ und sagt/ er habe gestohlen/ gar nicht auß Armut/ sondern nur/ weil ich nicht gern sahe/ daß es recht solte hergehen/ und mich die boͤse Lust kuͤtzelte; wann ich nun daran gedencke/ schaͤme ich mich von Hertzen/ an- derst/ als mancher/ der die Suͤnde seiner Jugend noch ruͤhmet. Jn seinem mannlichen Alter eckelte ihm vor der Heiligen Schrifft/ er achtete sie nicht werth/ daß er sie mit des Ciceronis Wohlredenheit vergleichen solte; Er bekennet l. 6. c. 15. daß er eine Concubin und unehlichen Sohn gehabt/ non amator conjugii, sed libidinis servus eram, ich war kein Lieb ha- ber des ehelichen Standes/ sondern ein Sclav meiner schaͤnd- lichen Luͤsten. Wo ich nun dieses nicht bekennen wolte/ so verbirgte ich dich vor mir/ und nicht mich vor dir. l. 10. c. 2. Wir lernen hiebey 1. Confessionis necessitatem, die Nothwendig- keit der rechten wahren Beicht/ vor dem/ welchen wir mit unsern Suͤnden beleidiget/ sie stehet gar nicht in unserer freyen Willkur. Und zwar 1. Confessionis coram DEO absolutè, daß wirs vor Go tt schlechter dings/ ohne Bedingung oder gesuchte Durchschleiffe bekennen/ so wills Gott haben/ und wills also haben. Num. 5, 7. Er hat Gnade verheissen denen/ die es also thun/ 1. Joh. 1, 9. So wir sagen/ wir haben keine Suͤnde/ so verfuͤhren wir uns selbst/ und die Warheit ist nicht in uns. So wir aber unsere Suͤnde bekennen/ so ist GOtt treu M ij und Die Eilffte Predigt und gerecht/ daß Er uns die Suͤnde vergibt/ und reiniget uns von aller Untugend. Es stehet auch grosse Gefahr darauff allen/ die es unterlassen/ Psalm. 32., 5. wie es David erfahren/ darum saget er: Da ichs wolte verschweigen/ verschmachten mir meine Ge- beine. Und da sollen abgelegt werden sonderlich die bekandte und schwe- re Suͤnden/ wie die Jsraeliten darinnen vorgegangen/ und zu Samuel ge- sprochen: Bitte fuͤr deine Knechte den HErꝛn deinen GOtt/ daß wir nicht sterben. Dann uͤber alle unsere Suͤnde haben wir auch das Ubel gethan/ daß wir uns einen Koͤnig gebetten haben/ 1. Sam. 12, 19. Und damit niemand einwende/ Gott wisse vor- hin alles wohl/ so gibt darauff Augustinus die Antwort l. 11. conf. 1. Num- quid Domine, cum tua sit æternitas, ignoras, quæ tibi dico, aut ante tem- pus vides, quod fit in tempore? cur ego tot tibi narrationes digero? \&c. Wie/ mein HErꝛ und GOtt/ weil du ewig bist/ wustestu nicht/ was ich dir sage: oder siehestu nicht vor der Zeit/ was geschicht in der Zeit ? Warum hab ich dir so viel zu erzehlen ? 2. Coram proximo, vor dem Naͤchsten/ den wir beleidiget/ und zwar zu allerforderst vor der Kirchen/ als unserer Mutter/ die man geaͤrgert/ welches eigentlich die Kirchen-Buß heisset/ Matth. 18. wie Achan/ Jos. 7. Die Suͤnderin/ Luc. 7. der unzuͤchtige Blut-Schaͤnder/ 1. Cor. 5, 5. 2. Cor. 2, 6, 7. solche Buße thun muͤssen. Dahin auch zu ziehen confessio justa \& politica, die politische Beicht/ davon Jac. 5, 16. Bekenne einer dem andern seine Suͤnde/ Matth. 5, 23. Wann du deine Gabe auff den Altar opfferst/ und wirst allda eingedenck/ daß dein Bruder etwas wider dich/ oder du wider ihn/ so laß allda fuͤr dem Altar deine Gabe/ und gehe zuvor hin/ und versoͤhne dich mit deinem Bru- der. Was/ sprichstu/ ist aber von der Beicht/ die man vor dem Kirchendie- ner/ als seinem Beicht-Vater/ insonderheit und in geheim ableget/ zuhaltẽ? Antwort: Da muß man zwischen zweyen extremis durchseglen/ daß man theils nicht zu hart darauff treibe/ und sie den Gewissen als schlechter dings nothwendig aufftringe, theils aber sie nicht mit Calvino gar verwerffe/ und das Kind sampt dem Bad außschuͤtte/ welcher defens. 2. contra Westphal. sagt: sie seye von dem Teuffel auß den stinckenden Pfuͤtzen des Roͤmischen Anti Christs in die Kirch eingefuͤhret worden. Nicht so streng und blind-eyfferig/ Calvine, moͤgen wir wohl sagen; dann ist diese privat-Beicht/ wie wir selbst gestehen/ eben nicht bloß von noͤhten/ weil davon kein eigentlicher und deutlicher Befehl außtruck- entlich gesetzt worden; doch gleichwol/ weil wir die Exempel in der Schrifft 2. Sam. Vom verlohrnen Sohn. 2. Sam. 12, 13. Matth. 3, 6. und der alten Christlichen Kirchen haben/ und weil sie zu mehrerem Trost der forchtsamen Gewissen und mehrerem Unterricht dienet/ so soll mans nicht unterwegen lassen/ wo sie kan auffkom- men. Zu dem End/ schreibet B. Rhenanus uͤber Tertull. de pœnit. seye vor zeiten die Beicht auffkommen/ ubi horulæ spatio plus proficit laicus, quàm triduana, \&c. weil da in einer Stund ein gemeiner Lay mehr außrichten und erbauet werden kan/ als sonsten in drey- en Tagen Daher die Augspurgische Confession artic. 11. sagt: von der Beicht wird also gelehret/ daß man in der Kirchen privatam absolutionem erhalten/ und nicht fallen lassen soll/ wiewol in der Beicht nicht noth ist alle Missethat und Suͤnden zu erzeh- len/ dieweil doch solches nicht muͤglich. Ps. 19. Wer kennet die Missethat ? Und in den Schmalkaldischen Articulen: Die Beicht soll nimmer abgeschaffet werden wegen der zarten und schwa- chen Gewissen/ und wegen der Jugend/ damit sie in der Christ- lichen Lehre unterrichtet werde. Darum auch dieselbe auß Christ- licher Freyheit behalten wird/ und sollen die Diener des Worts treulich gewarnet seyn/ in solchen Faͤllen reinen Mund zuhalten; nicht zwar wie im Pabstthum/ da ohne einige exception alles verschwiegen wird/ auch die Verraͤhterey sub sigillo Confessionis, außgenommen/ wann man etwas wider den Papst fuͤr hat; Sondern wann offentliche Gefahr darauff stuͤn- de/ als da ist Verraͤtherey/ Mord-Brand/ Brunnen-Vergifftung/ so mag man die Sache wol offenbaren/ aber die Person unvermeldet lassen; sonst heisset es/ ich hab es nicht gehoͤret/ er hat es Christo gebeichtet/ es ist ein de- positum Divinum, eine Goͤttliche Beylag; wil es GOtt offenbahren/ so werdensich schon Mittel finden. Der Kirchendiener sitzet da an Christus statt/ nicht aber an statt der Obrigkeit/ als ein Blutschreiber. So stehet es auch einem jeden frey/ seine Suͤnde vertraulich zu beichten oder nicht/ sonderlich die ihm anliegen zu eroͤffnen. 2. Sehen wir auch hierauß Confessionis auricularis absurditatem, wie ungereimt die Ohren-Beicht seye. Der verlohrne Sohn erzehlet nicht alle Suͤnden in particulari, ein jede absonderlich/ sondern bleibet bey der ge- neralit aͤt/ und beichtet alle seine Suͤnde ins gemein. Jst zu mercken wi- der das Paͤpstische Beicht-Weh/ da alle Suͤnden muͤssen bekant werden/ alles/ dessen man sich erinnern mag/ alle Tod-Suͤnde mit allen ihren Um- staͤnden der Zeit/ des Orts/ wie/ womit/ ꝛc. sie halten gar Register druͤber/ damit ihnen nichts außfalle/ ja die allerheiligsten beichten auch ihre Gedan- M iij cken/ Die Eilffte Predigt cken/ und lassen sich bereden/ die ungebeichte Suͤnden werden nicht verziehẽ. Jst aber 1. ἀγραφος, eine Schrifft-Lose Lehr/ die mit keinem einigen bewaͤhrten Zeugnuß mag bewiesen werden. 2. Impossibilis, unmuͤglich zu halten/ dann entweder kan man alle und jede/ oder aber nur etliche Suͤn- den erzehlen und beichten: Jenes ist unmuͤglich/ laut des 19. Ps. wer kan mercken/ consequenter beichten/ erzehlen/ wie offt er fehlet ? E. muß dieses wahr seyn. Nun fraget sichs weiter: Entweder werden die nicht bekandte und nicht gebeichtete Suͤnden vergeben oder nicht vergeben? Werden sie vergeben/ wann sie schon nicht erzehlet worden/ ey warum nit auch andere/ die man weiß/ ob man sie schon nicht beichtet? Werden sie aber nicht vergeben/ so ist und bleibet solche Beicht eine carnificina, ein Zweif- fels-Strick/ damit die Menschen in Verzweifflung und folgens in die ewi- ge Verdamnuß gezogen werden. 3. Jst sie nova in primitiva Ecclesia da- mnata, eine in der ersten Christlichen Kirchen schon verdammte/ jetzt aber wieder erneuerte Lehre. Nectarius, Bischoff zu Constantinopel/ hat dergleichen Beicht wegen einer mit einer edlen Frauen von einem Ca- plan in der Kirchen begangenen Unzucht abgeschafft/ und hat es sein Suc- cessor Chrysostomus gebilliget; solus te DEUS confitentem videat, DE- US, qui non exprobrat peccata tua, sed solvit peccata propter confusio- nem, das ist: Beichte allein GOtt/ GOtt/ der keinem seine Suͤnden vorwirfft/ sondern sie erlasset um der Schande wil- len. Dabey lassen wir es auch bleiben/ und dancken Gott/ der uns von solcher Gewissens-Tortur erloͤset hat. 3. Sehen wir auch hierauß Confessionis ingenuæ, plenæ, parrisia- sticæ humilis \& apertæ fructuositatem, den Nutzen einer auffrichti- gen/ voͤlligen/ freudigen/ demuͤhtigen und offentlichen Beicht. Gleich wie der Vater des verlohrnen Sohns seinem Sohn mit dem osculo Kuß/ und also mit der Absolution vorgekommen/ und denselben nicht auß- reden lassen/ votum confessionis erat instar confessionis, der gute Will und Vorhaben zu beichten/ war so viel als die Beicht selbst. Daß er gesagt/ er wolle zum Vater gehen/ das war ihm genug: So sollen wir uns auch unsern himmlischen Vater einbilden/ ehe dann wir ruf- fen/ will Er uns hoͤren/ und ehe wir zu ihm schreyen/ will Er uns antworten. Im Geistlichen Rechten findet sich ein schoͤner locus caus. 33. q. 3. de pœnit. dist. 3. Omnis qui \&c. Non ergò in confessione peccatum remittitur, sed iam re- missum esse probatur. Fit itaque confessio ad ostensionem pœnitentiæ, non ad impetrationem gratiæ \& veniæ. Et sicut circumcisiodata Abrahæ in signum Vom verlohrnen Sohn. in signum Iustitiæ, non in causam justificationis: ita confessio Sacerdoti offertur in signum veniæ acceptæ, non in causam temissionis accipiendæ. Lasset uns unsere Suͤnden recht erkennen/ und fuͤr Gott unser Hertz außschuͤtten/ so wird uns Gnade wiederfahren. Was ist wohl die Ur- sach so vieler schuͤchtern/ erschrockenen und zaghafften Gemuͤhter/ als vielleicht eben diese/ weil niemand nicht einmahl redlich beichtet/ und seine Suͤnde auffrichtig bekennet. Es gibt Prediger/ die mehr auff ihr und der Zuhoͤrer Meel als ihr Seel sehen; Obrigkeiten/ die den Eigen-Nutz mehr/ als die gemeine Wohlfahrt bedencken. Wer ist unter uns allen/ der sagen kan/ er habe GOtt jemahlen gebeichtet/ wie Daniel c. 9. Ja HErꝛ/ wir/ unsere Koͤnige/ unsere Fuͤrsten und unsere Vater muͤssen uns schaͤmen/ daß wir uns an dir versuͤndiget haben. Sondern wir machens alle/ wie der ungerechte Haußhalter/ und schreiben gern fuͤr 100. Pfund 50. an/ wir reden uns auß/ und verglimpffens so gut wir koͤnnen/ oder troͤsten uns mit andern Exempeln. Wann man je einmahl recht beichtete/ so doͤrffte Gott nicht solche schroͤckliche Torturen gebrauch- en. Sum̃a: Si tu ipse fueris accusator, \& DEUS liberator, quid erit diabolus nisi calumniator? sagt Augustin. serm. 48. das ist: Wann du dich selber als einen Suͤnder darstellest/ und dich GOtt von der Suͤnd erloͤset/ was wird der Teuffel alsdann seyn als ein Verleumder ? Nun wolan/ der Allerhoͤchste regiere unsere Hertzen/ und oͤffne uns unsern Mund/ daß wir uns nicht scheuen noch schaͤmen/ unsere Suͤnde zu beichten und zu bekennen/ so wird es recht heissen: Der Mensch fuͤr GOtt wohl selig ist/ Dem die Suͤnd ist vergeben/ Auß lauter Gnad durch JEsum Christ/ Der uns erwarb das Leben/ Deckt zu all unser Missethat/ Zahlt/ was er nicht verschuldet hat Durch sein Blut/ Tod und Wunden/ ꝛc. AMEN. Die Die Zwoͤlffte Predigt Die Zwoͤlffte Predigt. Von dem Gnaden-Thron JESU Christo. G Eliebte in Christo. Drey unterschiedliche appellatio- nen und Gnaden-Throͤne hat der Aberglaub im Papstthum̃ erfunden/ dabey man in Noͤthen Huͤlff/ Ablaß und Verge- bung der Suͤnden hoffet zu erlangen. Der 1. ist Thronus Matris Misericordiatum, der Marien-Thron/ den sie als das ultimum appellationis forum als das allerletzte und beste Mittel ihren Leuten anbefehlen; sonderlich Jacobus de Vo- ragine Archiepiscopus Januensis schreibet: ad Mariam ab omni grava- mine appellandum esse, tanquam ad Dominam \& Augustam, sive quis gravetur ab ipso DEO \& à justitia; Man muͤsse in allen Truͤb- salen an Mariam appelliren/ solte auch gleich ein Mensch von GOtt selbs und seiner Gerechtigkeit heimgesucht werden. Das heisset ja viel anders gelehret/ als Christus der HErr uns vorgelegt/ welcher Matth. 11. sagt: Kommt her zu MJR/ alle die ihr muͤhselig und beladen seyd/ JCH will euch erquicken. Anders/ als der H. Apostel Paulus sich vernehmen lassen/ Hebr. 4, 16. Wir haben nicht einen solchen Hohenpriester/ der nicht koͤnte Mit- leiden haben mit unserer Schwachheit/ sondern der versucht ist allenthalben/ gleich wie wir/ doch ohne Suͤnde. Hat doch Maria selber solche Ehre nicht begehret/ sondern ihrem Sohn/ dem Herrn Christo anheim gewiesen/ Johan. 2. Was Er/ nicht ich/ euch saget/ das thut. 2. Thronus indulgentiarum, der Ablaß-Thron/ der im Gegentheil weiset auff einen grossen/ unerschoͤpfflichen/ auß Chri- sti/ Mari æ und der Heiligen Verdienst zusammen geflossenen und gespaͤt- telten Ablaß-Schatz und Kasten/ der zu Rom in St. Peters/ Pauli/ Johannis Lateranensis und S. Mari æ Kirchen hinderlegt/ und dem Papst die Schluͤssel darzu vertrauet seyn sollen. Welcher denselben sonderlich im Jubel-Jahr mit einem guldenen oder verguldeten Ham- mer eroͤffnet. Anders lehret die Schrifft abermahls/ die uns allein weiset auff pretiosum sanguinem, das theure Blut Christi/ als eines unschuldigen und unbefleckten Laͤmmleins/ 1. Pet. 1. davon zu dispen- sir en allen getreuen Haußhaltern GOttes befohlen worden/ welches der Vom verlohrnen Sohn. der Herr im Himmel zu ratifici ren versprochen. 3. Thronus imagi- num \& reliquiarum, der Bilder- und Heiligthuͤmmer Thron/ als das Hauß der Empfaͤngnuß Christi zu St. Loretto/ die Hoͤhle zu Bethle- hem/ da Er gebohren worden/ seine Krippen/ Wiege/ Gebaͤnde/ Creutz/ Cron/ Naͤgel/ Grab/ ꝛc. Der Mutter Go ttes Haußrath/ Guͤrtel/ Haube/ Handschuh/ Milch/ Haar/ Spindel/ Rock/ Ring/ Sohlen/ und andere Reliquien von den Leibern der Heiligen. Da soll man sich im Ablaß erholen/ wann man dafuͤr niderfaͤllt/ sie kuͤsset/ die Pater noster daran oder außwendig ans Glaß reibet/ damit das Gebet zu demselben desto staͤrcker seye. Da doch die Schrifft uns weiset auff das Wort des Evange- lij/ welches ist eine Krafft GOttes selig zu machen/ alle die da- ran glauben/ Rom. 1. Auff die Absolution, welchen man da die Suͤnde vergibt/ denen sollen sie vergeben seyn; Auff die Tauff und Abendmahl. Dieses seind so die Throni appellationum in dem Papstthum/ welche der Roͤmische Ἀντίϑεος fuͤrgestellet zu Gnaden- Stuͤhlen; das seind die Kaͤlber zu Dan und Bethel/ die man anbetet und verehret. Gleichwie Gott im Alten Testament den Gnaden-Thron nach seinem Model machen lassen/ und zu Mosi gesagt: Wie ich dir ein Fuͤrbild zeigen werde/ so soltu es machen: Also wil es der Pabst zu Rom von seinen Creaturen auch haben/ daß sie es machen muͤssen nach seinem Kopff und Abriß/ wie es ihm wolgefaͤllet. Allein/ es wil in Summa die gantze heilige Schrifft von keinem an- dern Gnaden-Thron und Fuͤrsprecher/ durch den wir Heyl erlangen muͤs- sen/ etwas wissen/ ohn JEsum Christum. Dann wir werden ohne Verdienst gerecht/ auß der Gnade GOttes/ durch die Erloͤß- ung/ so durch JEsum Christum geschehen ist/ welchen GOtt hat fuͤrgestellet zu einem Gnaden-Stuhl durch den Glauben in seinem Blut/ schreibet Paulus Rom. 3. und Hebr. 4. Wir haben nicht einen Hohen-Priester der nicht konte Mitleiden haben/ mit unserer Schwachheit/ sondern der versucht ist allenthalben/ gleich wie wir/ doch ohne Suͤnde. Darum lasset uns hinzu tretten mit Freudigkeit zu dem Gnaden-Stuhl/ auff daß wir Barmhertzigkeit empfahen/ und Gnade finden/ auff die Zeit/ wann uns Huͤlffe noth seyn wird. Und der ist auch der jenige Gnaden-Thron/ Mittler und Reconciliator, den wir in unserm Versoͤhn- Werck/ und Lehre der Rechtfertigung fuͤr Gott/ bey abgelesener Para- bel/ fuͤr dißmal fuͤrtragen werden. Unser Intent und Meynung ist/ Meine Liebsten/ gar nicht in cortice zu verbleiben/ und gleichsam den Zehender Theil. N Apffel Die Zwoͤlffte Predigt Apffel nur zu schaͤlen/ die Histori bloß dahin zu erklaͤren/ dann da haͤtten wir schon laͤngst koͤnnen fertig werden/ und waͤre freylich nicht von noͤthen geweßt/ sich so lang in dieser Parabel zu verweilen; Sondern unsere Meynung ist/ die hohe Lehr von der Buß und Rechtfertigung zu erklaͤren/ das laßt sich aber so bald nicht außmachen/ wie zwar albere/ unverstaͤndige Leute ihnen einbilden. Wer nur um der Histori Willen des verlohrnen Sohns in die Kirche gehet/ der ist gleich einem/ der Krebs fuͤr sich hat/ die Schaalen und Scheeren ablegt/ aber das Fleisch nicht kostet/ der Aepffel und Birn schelet aber keinen Geschmack davon hat. Wir suchen das Korn- lein in den Aehren/ den Kern in der Schelet/ den Dotter in der Schaal/ und die quintam essentiam, das beste im Kraut. Es ist zwar immer einerley Text/ aber wann E. L. hat Achtung darauff gegeben/ so finden sich immer neue Lehren/ ja unser gantzes Christenthum ist darinnen begriffen. Wir haben in voriger Predigt von der guten Sache gehandelt/ gleichwie Paulus/ wann er sagt: ich beruffe mich auff den Kayser/ confi- dentiam bonæ causæ, ein Vertrauen auff selne gute Sache hatte: Also weil wir/ zwar nicht ex lege, auß dem Gesetz/ sondern auß dem Evangelio wissen/ daß wir einen gnaͤdigen Gott um Christi willen haben/ so beruf- fen wir uns darauff/ auff unser Kindes-Recht und Vaters Namen/ und wissen/ wohin wir appelliren sollen/ daß wir eine gute Sache behalt- en/ nemlich/ auff den Gnaden-Thron/ JEsum Christum/ davon anjetzo weiter soll gehandelt werden. Nun Christus JEsus/ unser außerwehl- te Gnaden-Thron gebe dazu Segen und Gedeyen um sein selbst willen/ Amen. W Ahr ist es/ Geliebte im Herrn/ es wird in dieser Parabel Christi als des Mittlers und Versohners zwischen Gott und Menschen und des Gnaden-Throns clar und außtruck- lich mit keinem Wort gedacht/ scheinet deßwegen/ als zoͤgen wirs mit Haaren herzu/ und legten dem Text Gewalt an; Ja es scheinet/ es habe Christus gleichsam in 3. Parabeln die Gutthaten der hoch-gebenedeyten Drey-Einigkeit unterschiedlich erzehlen wollen. Jn der ersten von dem verlohrnen Schaaf stellet er sich s e lbsten als den Hirten dar/ welcher das verlohrne Schaaf gesucht/ das gefundene auff die Achsel genommen/ und wieder zu der Heerde getragen. Jn der andern Parabel leget er die Gut- that des H. Geistes vor/ der den verlohrnen Groschen durch Frau Eccle- siam wiederum suchet/ das Liecht des Glaubens anzuͤndet/ und das Hauß mit dem Buß-Baͤsen kehret. Jn der dritten deutet er sonderlich an die Barm- Vom verlohrnen Sohn. Barmhertzigkeit seines himmlischen Vaters/ und habe deßwegen seiner als der mittlern Person sonderlich nicht gedencken wollen. Wann wir aber die Augen recht auffthun/ und der Sache eigentlich recht und fleissig nachdencken/ so befinden wir/ daß/ wie sonsten die opera ad extra indivisa \& inexclusa, die aͤusserlichen Werck in der Gottheit gemein seyn/ und allen dreyen Personen koͤnnen beygelegt werden/ also ge- schicht auch Christi/ als des Mittlers/ in unserer Parabel genugsam Mel- dung/ welches wir beweisen 1. ex ore recitantis, dieweil er die Parabel selbsten erzehlet/ der uns gemacht ist/ von Gott zur Weißheit/ Gerechtig- keit/ Heiligung und Erloͤsung/ 1. Cor. 1. Gleichwie er der Hirt gewesen/ der das verlohrne Schaaf gesucht/ so ist Er nun auch der Mittler/ der den verlohrnen Sohn außgesoͤhnet. 2. In vitulo saginato, in dem geschlach- teten Kalb geschicht seiner auch Meldung; dann ob zwar der Herr des gemaͤsteten Kalbs anderst nicht gedenckt/ als doni, einer Gab/ (δώρου non λύτρου) so hat Er doch subintellectivè das Absehen auff sich selbst/ weil Er nicht nur das Speiß-Kalb/ sondern auch das Opffer-Kalb fuͤr uns ge- schlachtet ist/ der Antitypus und das Gegen-Bild aller Opffer-Kaͤlber im Alten Testament. 3. In fundamento reconciliationis, in dem Versoͤhnungs-Grund. Dann wie E. L. heut acht Tag gehoͤrt/ so verlaßt sich der verlohrne Sohn auff zwey Fundamenten/ seines Kindes- Recht/ und den Vaters-Namen. Wir haben aber noch zwey mehr/ nemlich GOttes Eyd und Himmel-feste Verheissung/ und den Mittler und Gnaden-Thron Christum. Ja daß wir auffs Kinds-Recht und Vaters-Namen uns verlassen doͤrffen/ das haben wir in Christo/ Joh. 1. Dann wieviel Jhn auffnemmen/ denen gibt Er Macht GOttes Kinder zu werden/ die an seinen Namen glauben. Sonderlich aber erscheinets 4. ex scopo parabolæ, auß dem Zweck der Parabel; Christus wil uns ja lehren die Art unserer Recht- fertigung und Versoͤhnung mit Gott. Nun ist ordinariè keine Ver- soͤhnung ohne Mittel-Mann; Soll Absalon bey seinem Vater außgesoͤh- net werden/ so mußte Joab und das kluge Weib zu Thekoa das beste thun/ 2. Sam. 14. Also ist GOttes Barmhertzigkeit zwar infinita, unendlich/ aber temperata cum justitia, mit der Gerechtigkeit temperirt/ welches wi- der die Photinianer wol zu mercken. Gehoͤret also Christus in dieses Spiel als der Mittler/ Fuͤrsprech und Gnaden-Thron/ durch welchen wir alle und der verlohrne Sohn versoͤhnet worden. Damit wir aber die Wort Pauli Rom. 3. und Hebr. 5. recht verstehen moͤgen/ muͤssen wir nothwendig einen Blick thun ins Alte Testament/ N ij und Die Zwoͤlffte Predigt und zwar in c. 25. Exod. und Num. 7, 89. alwo der Gnaden-Stuhl be- schrieben wird/ und unsere geistliche Appellations-Kunst daselbst studi- ren; Da wir zu beobachten 1. Substantiam \& materiam, das Wesen und die Materi. Der Gnaden-Deckel des Alten Testaments war der Materi nach von feinem Gold/ lamina aurea, ein Goldstuck/ an beyden Enden war ein Cherub/ das ist/ ein Bild eines gefluͤgelten Juͤnglings/ 2. Chron. 3/ 13. die ihre Fluͤgel oben her uͤber dem Gnaden-Stuhl gegen einan- der außbreiteten/ und den Gnaden-Stuhl damit bedeckten/ daß eines jeglichen Antlitz gegen dem andern stunde/ und ihre Ant- litz solten auff den Gnaden-Stuhl sehen. Waren also die Fluͤgel formirt wie ein Sessel/ Thron oder Wagen/ 1. Chron. 29/ 18. darauff Gott gesessen/ der Gnaden-Stuhl selbst war der Fuß-Schemel/ wie ab- zunemmen auß Psalm. 99/ 1. 5. Der HErꝛ sitzet auff dem Cherubim/ betet an zu seinem Fuß-Schemmel; und Thren. 2/ 1. 2. Dadurch wird nun anders nichts bedeutet als Christus/ dessen heilige und vollkom- mene Menschheit aber durch den Deckel/ in deren die Gottheit leib- hafftig wohnet/ Col. 2. 2. Cor. 5/ 19. GOtt war in Christo/ und versoͤhnet die Welt mit ihm selber. Die Engel als dienstbare Geister warten Jhm auff/ und schauen mit Freuden in dieses Ge- heimnuß/ 1. Pet. 1/ 2. Sie bezeugen mit ihrer Gegenwart/ daß durch Christum Engel und Menschen wieder mit einander versoͤhnet/ Col. 1/ 20. Es ist alles durch Jhn versoͤhnet zu Jhm selbst/ es sey auff Erd- en oder im Himmel/ ꝛc. 2. Figuram, Die Gestalt und Form/ Dritthalb Ehlen solte die Laͤnge/ und anderhalb Ehlen die Breite seyn/ nemlich so lang und breit/ als ein Mensch seyn kan/ nicht laͤnger oder breiter/ wann derselbe seine Hand außstrecket/ gleichsam nach dem Menschen ab emessen/ auff daß sich der Mensch daran wieder abmesse/ und die Haͤnde dagegen außstrecke. Bedeutet gar schoͤn die am Creutz Christi außgedaͤhnte Arme/ und justi tiæ imputationem, daß die guldene Hetligkeit Christi uns soll applicirt/ zugeeignet und zugemessen werden/ massen uns Christus gemacht ist zur Weißheit/ Gerechtigkeit/ Heiligung und Erloͤsung 1. Cor. 1. 3. Officium/ sein Ampt/ das war ins gemein mediatorium \& imputatortum, das Mittler- und Versoͤhnungs-Ampt. Der Gnaden-Deckel oder Gnaden-Stuhl lag gleichsam zwischen Himmel und Erden/ zwischen dem Richter-Stuhl und dem Schwerdt/ das zur Schlacht gewetzet ist/ Psalm. 11. Gen. 3. zwischen dem Richter und dem Klaͤger/ Vom verlohrnen Sohn. Klaͤger/ der in der Bunds-Lade verborgen war/ und wider uns zeugete. Wie aber ein Mittler und Versoͤhner zwischen zwo Partheyen/ wo eine rechte vollkommene Versoͤhnung Platz hat/ erstlich fuͤr die Person stehet/ daß sie nicht gesehen werde; Zum andern dem Richter ins Schwerdt faͤl- let/ und/ wie gemeiniglich/ der Friede machen wil/ die besten Stoͤße bekomt/ und alsdann bittet/ er wolle doch das Schwerdt einstecken/ und nicht so grimmig seyn. An Mose haben wir etlicher massen ein Exempel/ Exod. 32. Dann da Gott der Herr die schroͤckliche Abgoͤtterey Aarons und der Kinder Jsrael gesehen/ ist er sehr erzuͤrnet worden/ und sprach zu Mose: Laß mich/ daß mein Zorn uͤber sie ergrimme und sie aufffresse. Aber Moses faͤllet Jhm gleichsam in den Arm/ stellet sich fuͤr sie alle dar/ und spricht: Nun vergib ihnen ihre Suͤnde/ wo nicht/ so tilge mich auß deinem Buch/ das du geschrieben hast. Er bittet fuͤr sie flehentlich/ und erweichet Gott dem Herrr das Hertz. Was Paulus zwischen Philemone und Onesimo gethan/ in dem er sich auch als einen Schiedmann zwischen sie hinein gelegt/ und begehret/ Philemon wolle ihm seines unnuͤtzen Knechtes Schaden/ seinem Knecht aber die Gunst und Gnade/ die er bey ihm habe/ zurechnen/ laͤßt sich gar fein auff vorha- bende materiam applici ren/ wie uͤber das Evangelium am 6. Sontag nach Trin. gewiesen worden/ Memor. p. 577. So muͤssen wir uns auch einen armen Suͤnder einbilden/ der in foro legali, vor dem Thron der Gerechtigkeit gestanden/ da vindicta, oder die Rache geruffen; Laß mich/ daß ich mich raͤche/ und den Ehren-Raub bezahlt mache. Aber Christus der Gnaden-Stuhl stehet im Weg/ 1. tegendo, mit zudecken/ gleich- wie im Alten Testament der Gnaden-Stuhl operculum ein Deckel war/ so unmittelbar auff der Lade des Bundes/ darinnen das Zeugnuß ge- weßt/ gelegen/ coaptatum arcæ, nulla ex parte prominens, der sich just auff die Lade schickte/ und nirgends daruͤber hinauß gieng/ wie Josephus redet l. 3. antiq. c. 6. Er decket aber zu Erstlich die Strahlen des Gesetzes; gleichwie Moses sein glaͤntzendes Angesicht/ das den Glantz und Feur-Spiegel des Gesetzes repræsentir te/ welches unsere Suͤnde illumi- nirt/ und ans Liecht stellet/ mit einer Decke bedecket/ also decket Christus die verdammende verfluchende Strahlen des Gesetzes/ fanget sie auff/ daß sie uns nicht treffen. Darnach decket er zu Calendarium nostrorum peccatorum memoriæ divinæ insoriptorum, unsern GOtt wolbe- kanten Laster-Calender und Suͤnden-Register. Es ist die Mensch- heit Christi in suo merito considerata, in ihrem Verdienst gleichsam operculum divinitatis, wie Theophyl. redet/ sie bedecket unsere Suͤnden- N iij Flecken/ Die Zwoͤlffte Predigt Flecken/ Gestanck und abscheulichen Anblick vor Gott/ er ist gleichsam die Decke GOttes/ als des verzehrenden Feurs/ Ps. 32. Rom. 4. 2. Pla- cando, mit Versoͤhnen/ wird deßwegen außtrucklich ἱλαςήριον genen- net/ Hebr. 9/ 5. aber in sanguine victimali, in dem Opffer-Blut/ dann der Gnaden-Stuhl mußte vom Hohenpriester mit Opffer-Blut be- sprenget werden siebenmal/ Lev. 16/ 14. Dahin er auch sein Absehen hatte/ und wer nach dem Gnaden-Stul sich wenden wolte/ der mußte zuvor opf- fern; Also ist Christus auch als ein Gnaden-Stuhl von Gott fuͤrgestel- let worden in seinem Blut/ mit welchem er einmal in das Allerheiligste eingegangen/ und eine ewige Erloͤsung erfunden/ dieweil unmuͤglich/ daß ohne Blutvergiessen solten die Suͤnden vergeben werden/ Rom. 3. Hebr. 9. darum mußte er sein Rantzion-Blut dargeben. 3. Intercedendo. mit Fuͤrbitt/ Gott der Herr spricht: Von dem Ort wil ich dir zeu- gen/ und mit dir reden/ nemlich von dem Gnaden-Stuhl zwi- schen den zween Cherubim/ der auff der Laden des Zeugnuß ist/ alles was ich dir gebieten wil an die Kinder Jsrael. Exod. 25. Das war GOttes oraculum, da Er nicht nur predigen/ sondern auch Gebet erhoͤren wollen. Wann die Lade zog/ sprach Mose: HErꝛ/ stehe auff/ laß deine Feinde zerstreuet/ und die dich hassen/ fluͤch- tig werden fuͤr dir. Und wann sie ruhete/ sprach er: Komme wieder HErꝛ zu der Menge der Tausenden Jsrael/ Num. 10. Salomo bittet 1. Reg. 8. GOtt wolle das Flehen und Gebet derer/ die gegen dem Weg zur Stadt/ die er erwehlet/ und zum Hause/ das er seinem Namen gebauet/ beten werden/ erhoͤren vom Himmel/ vom Sitz seiner Wohnung/ und ihnen Recht schaf- fen. Durch den Gnaden-Stuhl ist all ihr Gebet erhoͤrlich angefangen worden/ wie zu sehen auß Ps. 99. und auß der Ubung der Jaͤhrlichen Wallfarthen nach dem Tempel/ und an den Exempeln warzunehmen/ sonderlich derer/ die im Gefaͤngnuß waren/ als Daniels/ der oben an seinem Sommer-Hauß offene Fenster gen Jerusalem hatte/ und daselbst taͤglich betete/ Dan. 6, 10. Also ist auch Christus unser Fuͤrsprech/ der uns bey Gott vertritt/ und mit seinem Blut versoͤhnet/ 1. Joh. 2. Rom. 8. Hebr. 9. So verstehet E. L. was Paulus mit dem Gnaden-Stuhl meyne/ was er seye/ durch was fuͤr einen Mittler und Fuͤrsprech wir fuͤr GOttes Angesicht tretten im Glauben/ Gebet/ und dessen gnaͤdige Erhoͤrung erlangen. So wissen und haben wir auch unsern Gnaden-Thron JEsum Christum. Es mache sich ja niemand an den blosen Gott/ dann er ist ein Vom verlohrnen Sohn. ein verzehrendes Feur/ darinnen die Muͤcklein sich verbrennen: Er hat sein Schwerdt gewetzet/ und seinen Bogen gespannet/ und darauff gelegt toͤdliche Geschoß gegen die Suͤnder/ so boͤses im Sinn haben/ Psalm. 11. Man sihets etlicher massen/ an schweren grossen Wettern/ wie schwer und schroͤcklich GOttes Zorn seye. Das ist nur ein kleines Bild desselben/ und der Mensch weiß dabey nicht wo er hinauß soll/ wie wird es dann de- nen ergehen/ die ohne Mittler fuͤr Gott kommen wollen? Nun Christus ist unser Gnaden-Stuhl/ welchen 1. Gott selbst neben den Thron seiner Gerechtigkeit gesetzet hat/ und seinen Zorn daruͤber fahren laͤßt. 2. Jst es thronus apertus, ein offentlicher Gnaden-Stuhl/ dann Gott hat ihn gesetzet oder fuͤrgestellet/ Rom. 3. Er stehet nicht mehr hinter dem Fuͤrhang und Fuͤrbildern/ sondern wir haben nunmehr alle/ nicht nur der Hohepriester/ einen Zugang und Zutritt zu Jhm. 3. Jst er thronus ve- rus, ein warhafftiger/ nicht eingebildeter falscher Gnaden-Stuhl/ nicht wie die Kaͤlber zu Bethel und Dan. Wir lassen den Heyden ihre stum- me Goͤtzen/ denen sie nachlauffen; den Juden ihre Wallfarthen/ denen sie wie eine Camelin in der Brunst nachlauffen/ Jer. 2/ 24. Den Tuͤrcken ihres Mahomets Grab zu Mecha; Die Papisten lassen wir lauffen zum H. Grab/ nach Compostel/ Loretto/ Einsidel/ ꝛc. Wir bleiben an Christo/ so fehlet es uns nicht. 4. Thronus omniscius \& omnipræsens, ein allgegenwaͤrtiger und allwissender Gnaden-Stuhl/ nicht nur zu Samaria/ oder Jerusalem/ sondern allenthalben/ wo man Jhn im Geist und in der Warheit anbetet/ Joh. 4. Zwischen Gott und allen Mensch- en/ 1. Tim 2. 5. Thronus unicus, ein einiger/ alleiniger Gnaden- Thron/ stellet man ihm Dagon oder einen andern an die Seite/ so wird er zu Schanden/ 1. Sam. 4. 6. Thronus mediatorius, tectorius, pla atorius, oratorius, ein Mittler-Schutz-Versoͤhn- und Bet- Thron/ dabey man der Goͤttlichen Fuͤrbitt/ Schutzes/ Gnade und Er- hoͤrung gewiß versichert ist. Dahin laßt uns nun fliehen/ und mit Paulo sprechen; ich beruffe mich darauff/ der ist uͤber den Kayser. Wann von oben her der Zorn GOttes/ innerhalb das verletzte Gewissen wuͤtet/ so laßt uns dahin sehen/ auff diesem Thron reichet Gott seinen guͤldenen Absolutions-Scepter gegen uns/ da finden wir den rechten Mitt- ler und Fuͤrsprech/ zu dem laßt uns mit der Christlichen Kirchen ruffen: Allein zu dir HErꝛ JEsu Christ/ Mein Hoffnung steht auff Erden/ Jch weiß/ daß du mein Heyland bist/ Kein Trost mag mir sonst werden/ ꝛc. Und: Die Zwoͤlffte Predigt Und: HErꝛ JEsu Christ du hoͤchstes Gut/ Du Brunnquell aller Gnaden/ Sieh doch wie ich in meinem Muth Mit Schmertzen bin beladen/ Und in mir hab der Pfeile viel/ Die im Gewissen ohne Ziel/ Mich armen Suͤnder druͤcken. Erbarm dich mein in solcher Last/ Nim̃ sie auß meinem Hertzen/ Dieweil du sie gebuͤsset hast/ Am Creutz mit Todes-Schmertzen/ Auff daß ich nicht in grossem Weh Jn meinen Suͤnden untergeh/ Noch ewiglich verzage. Hinauß nun/ ihr unglaubige Philistaͤer/ euch bekomt dieser Gnaden- Stuhl/ wie dem Hund das Graß/ 1. Sam. 5. Hinauß ihr Widerspenstige und Halsstarrige/ die ihr in euern Hertzen saget/ wir wollen nicht/ daß dieser uͤber uns herꝛsche; Wisset ihr nicht/ daß er sanfftmuͤtig ist/ Matth. 11. Hinauß mit euch/ ihr Werckheilige und Verdienstler/ die ihr wie die Kin- der Jsrael 1. Sam. 4. euch geschickt und wuͤrdig genug achtet/ ohne diesen Gnaden-Thron alles wol außmachen. Aber hieher alle rechtschaffene bußfertige und glaubige Suͤnder/ trettet hieher mit aller Freudigkeit zu diesem Gnaden-Stuhl/ auff daß ihr Barmhertzigkeit em- pfahet und Gnade findet/ auff die Zeit/ wann euch Huͤlffe noth seyn wird. Hebr. 5. O selig ist der Mann/ dem die Suͤnde also bedecket ist/ Psalm 32. Gesegnet werdet ihr seyn/ wie das Hause Obed- Edom/ 1. Sam. 6, 11. der allerley geistliche Segen in himmlischen Guͤtern ist uͤber euch/ Ephes. 1. Die Goͤttliche Gnaden-Wahl/ Kindschafft/ Erloͤß- ung/ und Vergebung der Suͤnden/ das Pfand des H. Geistes: Sum- ma/ die ewige Seligkeit. Nun Uns segne Vater und der Sohn/ Uns segne GOtt der H. Geist/ Dem alle Welt die Ehre thut/ Fuͤr Jhm sich foͤrchte allermeist/ Nun sprecht von Hertzen/ Amen. Die Vom verlohrnen Sohn. Die Dreyzehende Predigt/ Von dem Hingang des verlohrnen Sohns zu seinem Vater. W As koͤnte/ Geliebte in Christo/ troͤstlichers gesagt wer- den/ was haͤtte Christus seinen Juͤngern fuͤr eine schoͤnere Letze hinterlassen koͤnnen/ als daß er eben dazumal/ da Er in procinctu gestanden/ und auff dem Wege war/ seinen Blut- und Creutz-Gang fuͤrzunehmen/ und also in seine Herꝛligkeit eingehen wolte/ gesagt/ Joh. 14. Jch bin der Weg/ die Warheit und das Leben. Dann als der Herr kurtz zuvor gesagt: Wo ich hingehe/ das wisset ihr/ und den Weg wis- set ihr auch; und aber Thomas daruͤber gestutzt/ und gesagt: HErꝛ/ wir wissen nicht/ wo du hingehest/ und wie koͤnnen wir den Weg wissen/ so sagt Er: Jch bin der Weg die Warheit und das Leben. Der wahre lebendige und lebendig-machende Weg und Wegweiser/ ja der terminus selbs mit meinem Exempel/ die Warheit in meinen Verheis- sungen/ und das Leben in meinem Verdienst. I. Ego sum via, Jch bin der Weg; ey wie der Weg? sagt er doch kurtz zuvor/ und hernach/ Er gehe zum Vater ? Er seye der Viator oder Wandersmann/ und Prodromus, der Vorgaͤnger? Antwort: Gleich- wie Er sonst ist der Priester und das Opffer/ der Wuͤrth und die Speiß/ in seinem Sacrament zugleich/ also ist Er auch der Wandersmann und der Weg. Und zwar via sola, allein/ dann niemand kom̃t zum Vater ohne durch ihn. Was martern sich doch die Leute im Pabst- thum/ daß sie andere Wege suchen/ Kloster-Geluͤbde/ Wallfarthen/ An- ruffung der Heiligen/ kostbare Reißen/ ꝛc. Gleichwie Pharao seine Leute allein zu Joseph gewiesen/ zu dem gehet/ also sollen und muͤssen arme Suͤnder allein zu Christo gewiesen werden. 2. Ego sum via vera, Jch bin der wahre Weg/ nicht nur/ in oppositione viæ præfiguratæ, im Gegensatz auff die fuͤrgebildete Wege/ zum Exempel der Jacobs- Letter/ die Christus clar auff sich gezogen/ als durch welchen wir hinauff zu GOtt steigen/ und Gott zu uns mit seinen H. Engeln herab komt/ durch welchen Gott und Menschen/ Himmel und Erden vereiniget wer- den; sondern auch viæ falsæ, des falschen Lugen-Wegs/ wer von ihm weicht/ der gerath auff Holtz-Wege/ und tappet in der Jrre. Christus ist der Weißheits-Weg/ Sap. 4, 11. der uns gemacht ist zur Weißheit/ Zehender Theil. O 1. Cor. Die Dreyzehende Predigt 1. Cor. 1. Viæ nebulosæ \& lubricæ, eines nebelichten/ finstern und schluͤpfferigen Wegs/ darauff man Hals und Bein abfallen kan; Christus ist via lucida \& serena, ein schoͤner/ heller/ wolgebahnter Weg/ wie die Wolcken-Saͤule in der Wuͤsten den Kindern Jsrael ein Weg-Liecht gewesen/ also ists auch Christus mit seiner Lehr und Exempel allen Glaubigen. 3. Ego sum via viva, vivifica, Jch bin der leben- dige/ lebendig-machende Lebens- und Heyl-Weg/ Act. 16, 17. dann Er ist unser Heyl/ Esa. 49/ 6. Via meritoria, regia, vitæ col- latoria, \& Paradisi reparatrix, Er ist der verdienstliche Lebens- und Paradiß-Weg/ davon die Epistel an die Hebraͤer redet/ cap. 10/ 19. So wir dann nun haben/ lieben Bruͤder/ die Freudigkeit zum Eingang in das Heilige/ durch das Blut Jesu/ welchen Er uns zubereitet hat/ zum neuen und lebendigen Weg/ durch den Vor- hang/ das ist/ durch sein Fleisch. So lasset uns hinzu gehen/ mit warhafftigem Hertzen/ in voͤlligem Glauben/ besprengt in unsern Hertzen/ und loß von dem boͤsen Gewissen. Jst eine Gleichnuß genommen vom Hohenpriesterlichen Eingang durch das neu- vergossene Blut in das Allerheiligste; Gleichwie man den Gang des Hohen-Priesters an den Bluts-Tropffen spuͤren koͤnnen/ daß er hinein gegangen in das Allerheiligste; also auch wir an dem Blut JEsu Christi/ und sollen uns daruͤber freuen/ mehr als jene im Alten Testament. Jst demnach der Weg/ den alle arme bußfertige Suͤnder gehen sol- len/ zum Gnaden-Thron/ und von dannen zum Vater. Gleichwie Er der Prodromus, Fuͤrlaͤuffer/ durch seinen Blut-Gang zum Vater ge- gangen meritoriè, verdienstlicher Weise/ so sollen wir Jhme nachgehen auff dem Weg und Gang des Glaubens/ als dessen Geheimnuß wie in andern Stellen H. Schrifft einem Aug/ Geschmack/ Geruch/ Gehoͤr/ Er- greiffung/ Kuß/ Essen/ Trincken/ ꝛc. also auch einem Fuß-Pfad und Gang verglichen wird/ Hebr. 11/ 1. der Glaub ist ὑπόςασις, ein fester Stand/ einer Zukunfft zu Gott/ v. 6. Wer zu GOtt kommen wil/ der muß glauben. Durch Christum haben wir Freudigkeit und Zugang in aller Zuversicht durch den Glauben an Jhn/ Rom. 5/ 2. Eph. 3/ 12. Und in solcher Gleichnuß wird uns auch in vorha- bender Parabel das Geheimnuß des Glaubens praͤsentirt in denen Wort- en/ und er machte sich auff/ und kam zu seinem Vater. Wann wir nun biß dato in actu primo ihn besehen Filium prodigum peccato- rem, als einen reuenden Buͤsser/ wie hertzlich/ ernstlich/ und willig er Buße gethan/ nicht auß Zwang oder Mangel der Mittel/ wie heutiges Tages Vom verlohrnen Sohn. Tages ein mancher nicht mehr saufft/ weil er die Mittel nicht mehr hat; nicht mehr geitzet/ weil die instrumenta zerstoben. Das naͤchste mal aber das consilium appellationis, den gefaßten Rath zu appelli ren geendet/ und biß auff den Gnaden-Thron Christum gekommen seind/ den wir ge- funden in ore, in vitulo, in parabolæ scopo, \& reconciliationis funda- mento, darauff unser Kindes-Recht und die Zuversicht des Vater- Hertzens bestehet; so erzeiget er sich jetzt in idea viæ, auff dem Weg zu seinem Vater/ wie allbereit angefuͤhret worden/ ligt nur daran/ daß wir diesen Weg des Glaubens recht tretten/ gehen/ wandern/ lauffen/ und ankommen/ und folgends im dritten actu absolutionis unsere Person auch recht vertretten. Nun Christus JEsus unser einige/ wahre und lebendige Lebens-Weg/ verleihe Geist und Gnade/ von dem seligen Glaubens-Weg aufferbaulich zu reden/ damit wir auff demselben ler- nen moͤgen sein Ende/ der Seelen Seligkeit/ zu erreichen/ Amen. S O lauten nun/ Geliebte im Herrn/ unsere Wort also: Und er machte sich auff und kam zu seinem Vater. Seind verba terminantia \& initiantia, Schluß- und Anfangs- Wort/ und moͤgen deßwegen so wol zum ersten als andern Haupt-Stuck der Parabel gezogen werden. Es werden uns aber darinnen die gradus des seligmachenden Glaubens gar artig adumbr irt und entworffen/ und zwar 1. Ανάςασις καταληϖτικὴ καὶ ἐλϖιςικὴ, die freudige/ Hoffnung- volle Aufferstehung: Dann nachdem er den Suͤnden-Last von sich abgelegt/ und Christo dem Gnaden-Thron auff gebunden/ stund er auff gleichsam als ein Todter oder Lahmer/ oder als einer/ der von einer gros- sen Last zur Erden geschlagen worden/ einen Stab ergreifft/ und sich dar- mit auffrichtet. Ein leiblich todter Mensch/ wann er wieder erwachen soll/ thut zu erst die Augen auff/ schnappet nach der Lufft/ darnach richtet er sich auff die Fuͤsse/ Ezech. 37. Also ein geistlich todter siehet zu erst das Liecht der seligmachenden Erkantnuß/ darnach schnappet er nach der aura gratiæ, nach dem erfrischenden Gnaden-Lufft/ und richtet sich im Glauben auff/ und das ist ἀναςασις prima, die erste Aufferstehung. Ein lahmer Krippel muß fremde Huͤlffe haben/ soll er fortkommen/ wie auß Act. 3, 7. zu sehen/ als Petrus den lahmen Menschen bey der Hand ergriffen/ und auffgerichtet/ da sprang er auff/ und seine Schenckel und Knoͤchel stun- den fest. Also auch/ wen Gott durch seinen Geist ziehet/ der haltet sich an die Verheissungen/ und ergreifft dieselbe per κατάληψ , durch eine glaubige Auffnahm/ Joh 1. Hebr. 13. er kuͤsset die Geb-Hand GOttes/ und O ij laßt Die Dreyzehende Predigt laßt sie nimmer gehen. Ein zu Boden geschlagener Last-Traͤger muß entweder den Last von sich werffen/ oder nach einem Stock greiffen/ da- ran er sich auffrichtet. So macht es ein glaubiger Mensch/ er wirfft den Suͤnden-Last von sich/ und greiffet nach dem Stab der Grund-Himmel- und Eyd-festen Verheissungen GOttes/ den ihm der H. Geist darreichet. Darauß wachset die Hoffnung/ die nicht laßt zu Schanden werden. Gleichwie Saulus/ so bald er die Stimme gehoͤret/ stehe auff/ sich auff- gerichtet/ Act. 9. Gott der Herr entdeckt uns sein gantzes Hertz/ auß welchem Er seines Hertzens Crone und Wonne uns geschencket/ wie solte Er mit seinem lieben Sohn uns nicht zugleich alles mit schencken. Er reichet uns die Hand vom Himmel/ da klettert dann ein armer gefallener und nidergeschlagener Suͤnder/ an dem Gnaden-Thron Christo JEsu hinauff/ biß er sie erreichet. Es bleibet dabey/ was/ und wie Christus saget/ Joh. 6. Niemand kommet zu mir/ es sey dann/ daß ihn der Vater ziehe. Der einige Spruch/ daran sich Paulus der Christen- Moͤrder gehalten/ kan nicht mit Gold bezahlet werden/ und wann die Welt voll guldener Berge waͤr; er ist aber uns vielmehr geschrieben/ und nicht ihm/ zum Exempel/ denen die an Christum glauben sollen/ wann er 1. Tim. 1. spricht: das ist je gewißlich wahr/ λ γος πάσης ἀϖοδοχῆς ἄξιος, gewisser als aller Menschen/ ja als GOttes Wort/ als das Ge- setz/ ein Himmel- und Eyd-festes Wort/ daß JEsus Christus/ als unser Mittler/ Buͤsser zu unserer Gerechtigkeit/ in die Welt kommen ist/ die Suͤnder/ nicht die Gerechten/ selig zu machen. 1. Reg. 1. lesen wir die schoͤne Histori: Nachdem Salomo auff den Koͤniglichen Stuhl an seines Vaters statt gesetzet worden/ Adonia aber seiner arglistigen Pra- cticken und Auffruhr halber ihme uͤbel bewußt/ weil er sich selbst zum Koͤ- nig gemacht/ den Tod fuͤr Augen gesehen/ so machte er sich auff/ gieng hin/ und fassete die Hoͤrner des Altars/ appellirte an seinen Bruder Salo- mon/ und spricht: der Koͤnig schwoͤre mir/ daß er seinen Knecht nicht toͤdte mit dem Schwerdt. Salomo laßt ihm sagen: wird er Ben Chail, filius fortitudinis, redlich seyn/ so soll kein Haar von ihm auff die Erden fallen. Also sollen wir auch/ die wir uns alle nichts guts bewußt/ den Gnaden-Thron Christum ergreiffen/ als unsere Freyheit/ damit wir nicht in dem strengen Malefitz-Gericht GOttes verdamt werden/ wir sollen Bene Chail, starcke Helden im Glauben und guter Zuversicht seyn/ so wird die Loßsprechung erfolgen. 2. Ὑϖόςασις ἀσάλ υτος, ἀγκυρικὴ, ἀντιςατικὴ, ἰσχυρὰ, ϑαῤῥοϖοιητικὴ, καυχητικὴ, die unbewegliche/ unumstoßliche/ feste/ getroste und ruͤhmen- Vom verlohrnen Sohn. ruͤhmende Stand-Feste. Der verlohrne Sohn stehet fest/ halt sich an seinen Stab/ und unter desselben Gleichnuß/ an sein Kindes-Recht/ und Vaters-Namen. Er widerstehet allen ungleichen Gedancken/ wancket nicht/ ist stockfest in seinem Hertzen/ ja ruͤhmet sich noch und spricht: ich weiß/ es wird meine fuͤrhabende Reiß wol abgehen. Das ist die ὑϖόςασις fidei salvificæ, Hebr. 11. die Standfeste des seligmachenden Glaubens/ da der Mensch/ wann er sich an den Goͤttlichen Verheissungen da Gott versprochen/ Er begehre nicht den Tod des Suͤnders/ ꝛc. Chri- stus ist in die Welt kommen/ die armen Suͤnder selig zu mach- en/ und der H. Geist das Pfand unsers Erbes unsere Hertzen versiegelt/ auffgericht und daran haͤlt/ fest stehet/ wie dorten der lahme Mensch/ Act. 3, 7. als ein Schiff an einem Ancker. Gleichwie dasselbe/ wann es mit Wellen umfangen/ fest stehet an dem Ancker/ der in den Abgrund des Meers versencket ist; also versencket sich der Glaube in den Abgrund des Meers Goͤttlicher Barmhertzigkeit/ daran sich des glaubigen Menschen Hertz fest und unbeweglich haͤlt/ wie Abrahams Hertz fest geweßt/ Sap. 10, 5. Er fasset ein Hertz/ wann der Herr sagt: Jn der Welt habt ihr Angst/ aber ϑαρσει῀τε, seyd getrost/ ich habe die Welt uͤberwun- den/ so erzeiget sich ϑάρσος, eine feste Staͤrcke und Zuversicht/ Joh. 17, ult. Ja wir ruͤhmen uns der Hoffnung der zukuͤnfftigen Herꝛligkeit/ die Gott geben soll/ Rom. 5/ 2. des schoͤnen Erbes/ das uns beygeleget ist im Himmel/ und sagen Rom. 8. Wer wil mich beschuldigen ? mein Gewissen nicht/ dann das ist ja gereiniget durch das Blut Christi/ Hebr. 9/ 4. Die Goͤttliche Gerechtigkeit nicht/ dann sie ist durch Christum auß- gesoͤhnet/ und ihr fuͤr mich ein uͤberguͤltiges Genuͤgen geschehen. Der Satan auch nicht/ ja laͤstern kan er wol/ aber mich nichts beschuldigen/ er muß vom Recht schweigen. Wer wil mich verdammen ? Das Gesetz nicht/ dann es ist durch Christum an meine statt erfuͤllet; Der Richter nicht/ dann Christus hat mich bey ihm vertretten und außgebet- ten. Wer wil mich dann scheiden von der Liebe GOttes die da ist in Christo JEsu ? Gar nichts/ weder Truͤbsal/ noch Angst/ weder Verfolgung/ weder Tod noch Leben/ ꝛc. 3. Πόρ υσις ἀϖοςατικὴ, seine fortgesetzte Reise/ er sihet nicht zu- ruck/ wie Loths Weib/ nach den Wolluͤsten/ nach den Traͤbern/ als die ihm zimlich versaͤuert worden. War πόρ υσις κατερητικὴ, eine Glaub-feste Reiß/ wie Mosis/ Hebr. 11/ 27. Er gehet σϖουδαίως, seinen Weg stracks fort; ἀκλινῶς, unabgewandt/ er warff sein Vertrauen nicht weg/ Hebr. 10/ 35. Laͤßt sich nicht irꝛ machen/ weder zur Rechten noch zur Lincken/ ob O iij er Die Dreyzehende Predigt er schon arm/ blutt und bloß/ und manches stuͤck Brod unterwegs heischen muͤssen/ ob es schon auff ihn geschneyet und geregnet/ und boͤse Gesell- schafften unterwegs sich befunden/ die ihn in ihre Compagnie und Karten- Spiel ziehen wollen/ so laßt er sich doch nicht erschroͤcken/ wandert fort/ nahet je laͤnger je naͤher an seine Heimath/ es mag auch der curs s dazu gekommen seyn/ daß er geloffen/ und sich selbs uͤber Macht getrieben/ da- mit er nur bald heim kaͤme. Wann ihm schon ein Dornen in den Fuß kommen/ achtete er es nicht/ und gieng immer fort. Er zog zwar/ wie vermuthlich/ zu Pferd auß/ aber/ leider/ zu Fuß wieder heim. Auff gleiche weise laufft ein mancher dem Teuffel sporenstreich zu/ aber der Weg zur Seligkeit komt uns kuͤmmerlich und bitter saur an/ und heisset/ der schmale Weg ist Truͤbsal voll/ den ich zum Himmel wandern soll. Aber laßt nur unsern Glauben geartet seyn/ wie des verlohrnen Sohns/ las- set uns nur abtretten von der Ungerechtigkeit/ wer den Namen Christi nennet/ ἕκαςος ἀϖοςήτω, ein jeglicher trette davon ab/ 2. Tim. 2/ 19. Wie Paulus gethan Phil. 3/ 13. Jch vergesse was da- hinten/ und strecke mich nach dem/ das da fornen ist. Er gedencket/ es ist boͤß genug/ daß ich die vorige Zeit in Unbußfertigkeit und wuͤstem Suͤnden-Leben zugebracht/ nun ist es auch einmal Zeit umzukehren/ und Buße zu thun. So muß ein geistlicher Wandersmann je laͤnger je mehr seinem himmlischen Vaterland zugehen/ in allerhand Ubungen des Glaubens zunemmen/ durch Erkanntnuß/ Verlangen und Nachforschen/ in dem himmlischen Reiß-Buch nachfragen/ wo der Weg hinauß gehet. Durch geistliche Ritterschafft im Gebet und Gedult/ zur Rechten und zur Lincken/ zwischen der Freyheit und Verzweifflung durchgehen/ wie ein Seyl-Taͤntzer im Gewicht und Waag stehen; Er muß allezeit bey sich recolligi ren und wiederholen die oben angezeigte Fundamenten/ das Kindes-Recht/ Vater-Hertz/ theuren Verheissungen GOttes/ den Gna- den-Thron/ der da ist der Weg und das Leben/ Christum JEsum. Ja er muß jagen nach dem fuͤrgesteckten Kleinod/ wie ein durstiger und lechzen- der Hirsch/ der in der Brunst lauffet; Wie ein Hirsch schreyet nach frischem Wasser/ so schreyet meine Seele GOtt zu dir/ ꝛc. Psalm. 42. 4. Προσ λευσις πληροφορικὴ παῤῥησιαςικὴ, die erfreuliche und Freuden-volle Ankunfft. Da er noch ferne war/ sahe ihn sein Va- ter/ und er zweiffels frey ihn auch/ je naͤher er zu ihm gekommen/ je mehr brandte das Hertz gegen ihm/ und je mehr lauffet er; es war eine voͤllige πληροφορία da/ er schiffete gleichsam mit vollen Seglen auff ihn zu; es war da Vom verlohrnen Sohn. da die παῤῥησία, und Freymuͤndigkeit/ er gedachte; jetzt wil ich mein Hertz außschuͤtten/ und alles sagen/ wie mirs um das Hertz seye: Vater/ ich habe gesuͤndiget im Himmel und fuͤr dir/ ꝛc. Eben also soll es auch bey uns seyn/ je aͤlter wir werden/ je mehr wir sollen zunemmen in un- serm Christenthum/ je mehr uns strecken/ nahen/ wann uns Gott noch von ferne siehet/ wanns zum Hause des Herrn gehet/ daß wir mit David sagen auß dem 122. Psalm. v. 1. Jch freue mich deß/ das mir geredt ist/ daß wir werden ins Hauß des HErꝛn gehen. Sonderlich aber/ wanns an den Port des Lebens gehet/ da soll Freude seyn/ wie auff einem gluͤcklich anfahrenden Schiff/ mit vollen Segeln anzulenden in den insulis fortunatis des ewigen Lebens/ da soll die παῤῥησία im Gebet er- schallen: Mit Fried und Freud ich fahr dahin/ Nach GOttes Willen/ Getrost ist mir mein Hertz und Sinn/ Sanfft und stille/ Wie GOtt mir verheissen hat/ Der Tod ist mein Schlaff worden. Es ist ja der Tod doch nichts anders/ als ein ἔξοδος und ε σοδος, ein Außgang auß diesem Leben/ und ein Eingang/ ein Lauff und Sprung zum Vater ins himmlische Paradiß. Das ist nun/ M. L. der seligmachende Glaube/ nicht ein Traum/ Einbildung/ schema, sondern eine Goͤttliche Bewegung/ und ε οδος, Hingang und Eingang zu Gott. Es wird der Glaube nicht vergebens vom H. Geist in vielen Figuren und Gleichnussen beschrieben/ auff daß/ wer es nicht in einem verstehet/ in der andern fasse. Auß dem holdseligen Gleichnuß unsers Texts lernen wir auch die Natur des seligmachenden Glaubens/ so richtet er sich auff/ so wachset er/ so laͤndet er an/ das ist seine Art/ und so stehet er in circo justificationis, in dem Handel der Rechtfer- tigung/ wider alle Anklag/ wie wir auß dem Bilde des verlohrnen Sohns abzunemmen. Er spricht getrost: Wer wil die (mich) Außerwehl- ten GOttes beschuldigen ? GOtt ist hie/ der gerecht machet; Wer wil sie (mich) verdammen ? Christus ist hie der gestorben ist/ ꝛc. Er fordert Teuffel/ Hoͤll/ Welt/ und alles herauß/ und sagt: Hie ist der Gnaden-Thron/ Trutz dem/ der mir da etwas solte oder wolte abgewinnen. Eben also gehet der Glaub auch fort auff dem Weg/ den Christus mit seinem Blut consecr irt/ ins Allerheiligste zum Gnaden- Thron/ Die Dreyzehende Predigt Thron/ Christo JEsu/ und spricht mit St. Paulo: Wir werden ohne Verdienst gerecht/ auß der Gnade GOttes/ durch die Erloͤß- ung/ so durch JEsum Christum geschehen ist/ welchen GOtt hat fuͤrgestellet zu einem Gnaden-Stuhl durch den Glauben in seinem Blut. Also machet der Glaube auch selig/ nicht meritoriè, verdienstlicher weise/ sondern organicè, als ein Mittel und Werckzeug. So wenig der Gang des verlohrnen Sohns die Huld seines Vaters ver- dienet/ sondern nur das Mittel dazu war; eben so wenig verdienen wir mit unserm Glauben/ daß uns Gott gnaͤdig seyn muß. Das ist der sola fides, der allein seligmachende Glaube/ davon das Papstthum nichts wissen noch hoͤren wil/ machet auß der ignorantia, auß der thum- men unverantwortlichen Unwissenheit ein Heiligthum/ eine heilige Gott wolgefaͤllige Einfalt/ confundi ren die fiduciam das glaubige Vertrauen mit der spe und Christlichen Hoffnung. Die es ihnen hierinnen begeh- ren nachzuthun/ die wird ihre Unwissenheit gar nicht entschuldigen. Das ist die geistliche Pilgrims-Kunst/ ligt nur an der praxi und Ubung/ daß wir demselben begehren nachzuarten. Wolte Gott/ daß/ wie lieblich dieses Geheimnuß in der Schrifft uns vorgetragen/ und wie freundlich/ wie ernstlich wir darzu vermahnet werden/ wir auch einen gleichen Eyffer/ demselben nicht zu widerstreben/ bey uns sehen liessen. Soll uns demnach dienen zur Nachfolge/ ςήκετε τῇ ϖίςει, γρηγορει῀- τε, \&c. Wachet/ stehet im Glauben/ seyd mannlich und seyd starck/ 1. Cor. 16, 13. 2. Cor. 1, 24. ruͤhmet Paulus die Corinthier/ daß sie im Glauben stehen/ und darum begehre er kein Herꝛ uͤber sie zu seyn/ sondern ein Gehuͤlffe ihrer Freude. Wir sol- len in unserer Pilgrim- und Wanderschafft jederzeit und allenthalben einkehren zur heiligen Hostia, und zum rothen Blut. Zur Warnung aber soll es dienen allen/ die sich versaͤumen/ und auff dieser Reiße dahin- den bleiben/ welchen Gott geschworen/ sie sollen nicht zu seiner Ruhe kommen; als da seind 1. onere peccati adhuc pressi, die noch in Suͤnden todte und von dem Suͤnden-Last getruckte Menschen/ die nicht ablegen die Suͤnde/ so ihnen anklebet/ und sie traͤge macht/ und sie verhindert zu lauffen/ durch Gedult in dem Kampff/ der ihnen verordnet ist/ Hebr. 12, 1. Dann wo diese depositio nicht ist/ da ist kein Glaube. Die nicht abtretten von der Ungerechtigkeit/ 2. Tim. 2. 2. Falso fundamento nixi, die ihrer Sachen nicht gewiß seynd/ sich halten an einen schwachen Rohr-Stab ihres ei- genen Verdienstes/ gehen auff das schluͤpffrige/ und sincken endlich daruͤber Vom verlohrnen Sohn. daruͤber zu Boden/ wie die Waghaͤlse/ die sich auff das glatte Eyß wagen/ endlich aber ein Bein brechen/ oder untersincken. 3. Cadentes, die einen Suͤnden-Sturtz nach dem andern thun/ apostatæ fidei \& vitæ, die am Glauben und Leben Schiffbruch leiden/ wie die abgoͤttische Jsraeliten in der Wuͤsten/ welche noch auff dem Weg dem gelobten Land und edlen Canaan zu sich versuͤndiget; denen gilt es/ was Paulus 1. Cor. 10. saget: Wer sich laͤßt duncken/ er stehe/ der sehe wohl zu/ daß er nicht falle. Man lasse nur ein haͤrter Creutz an solche setzen/ so wird mans se- hen/ wie standhafftig sie seyen. Es gehoͤren hieher 4. Stationarii, Retro- gradi, die entweder immer stille stehen/ und nicht fortschreiten/ oder gar wider zuruck begehren/ wie Loths Weib/ Gen. 19. oder wie die Kinder Jsrael/ die ihnen einen Haupt-Mann erwehlet/ und wieder zu- ruck ziehen wolten/ Num. 14, 4. 5. Desperantes \& impatientes, die auß Ungedult Stab und Stecken fallen/ und allen Muth sincken lassen/ machens wie die/ so mit Josua und Caleb das gelobte Land be- schauet/ da sie aber wieder zuruck kamen/ gesagt: Wir vermoͤgen nicht hin- auff zu ziehen gegen diß Volck/ dann sie seind uns zu starck/ ꝛc. das seind die jenige/ welche in ihrem Christenthum faul seind/ und eine geringe dem Ansehen nach scheinbare Truͤbsal sich schroͤcken lassen. Alle die gehet an der Goͤttliche Schwur/ Ps. 95. sie sollen nicht zu seiner Ruhe kom̃en. Ach/ sprichstu/ wie komm aber ich fort/ ich befinde mich einmahl zu schwach? ich komme viel zu spaͤth? Antwort: daran ligt nichts/ GOTT erfreuet sich auch uͤber die letzten/ wann sie nur gehen/ so viel und weit sie durch GOttes Gnad koͤnnen/ er verspricht/ sie bey den Armen zu neh- men/ zu leiten/ zu gaͤnglen/ wie ein Mutter ihr Kind gehen lch- ret/ nnd bey den Armen fuͤhret/ Os. 11, 3. Deut. 25. wird gedacht der Schwachen/ die dem Heer der Kinder Jsrael hinten nach gezogen/ weil sie muͤd und schwach waren/ und von denen Amalekitern geschlagen worden seind. Aber es heissets Gott der Herr nicht gut/ sondern befihlt/ sie sol- len/ so sie zur Ruhe kommen sind/ das Gedaͤchtnuß der Amalekiter unter dem Himmel vertilgen. Wir haben einen Vor- und Nachgaͤnger Chri- stum/ der uns nicht dahinden laßt/ Hebr. 12, 2. Er laßt sich auch damit begnuͤgen/ wann man nur wuͤnschet fort zukommen/ und seine Begierde se- hen laͤsset/ wie abzunehmen auß Marc. 9, 23. Luc. 17, 6. c. 19, 5. 2. Cor. 2, 9. Das Exempel Petri ist bekant/ Matth. 14. 25. da er auff dem Meer ge- hend einen starcken Wind sahe/ erschrack er/ hub an zu sincken/ und sprach: Herr hilff mir! JEsus aber recket bald die Hand auß/ ergriff ihn und sprach: O du kleinglaubiger/ warum zweiffelstu? Zehender Theil. P Lasset Die Dreyzehende Predigt Lasset nun/ M. L. uns lauffen den Weg des Glaubens/ zu erlangen des Glaubens Ende/ und zu kommen in unsers Vaters Hauß/ da viel Wohnungen seynd. Wir haben ja den besten Vorgaͤnger/ Weg-Leiter und Weg-Liecht/ von dem wir singen: Du bist der Weg/ das Liecht/ die Pfort/ Die Warheit und das Leben/ Des Vaters Rath und ewiges Wort/ Den er uns hat gegeben/ Zu einem Schutz/ Daß wir mit Trutz/ An Jhn fest sollen glauben/ Darum uns bald Kein Macht noch Gwalt Auß seiner Hand wird rauben. Diesem laßt uns nachwandern/ so wird die Ankunfft und der Ein- gang in den sichern Himmels-Pfort desto freudiger seyn. Nun Gott der H. Geist erleuchte unsere Hertzen mit seinem Goͤttlichen Wort/ und ent- zuͤnde sie mit dem Liecht des wahren Glaubens/ Er ziehe uns nach ihm/ so lauffen wir. Amen. Die Vierzehende Predigt. Von des Vaters und GOttes Barmhertzigkeit. G Eliebte in Christo dem HErꝛn. Jn dem sehr bekan- ten/ offt widerholten/ aber niemal gnug außstudierten Trost- Spruch des lieben GOttes/ in welchem Er sein Lieb-flam- mendes Mutter-Hertz gleichsam außschuͤttet/ und dem trauri- gen/ wehmuͤtigen und klagenden Zion zuspricht und sagt/ Es. 49. Kan auch ein Weib ihres Kindleins verges- sen/ daß sie sich nicht erbarme uͤber den Sohn ihres Leibes ? Und ob sie desselben vergesse/ so will ich doch dein nicht vergessen/ siehe/ in die Haͤnde hab ich dich gezeichnet/ werden uns drey fuͤr- nehme Vom verlohrnen Sohn. nehme Stuck fuͤrgehalten. I. Impossibile ordinarium, ein natuͤrlicher weise unmuͤgliches Ding/ die Verlaͤugnung und Vergessenheit der muͤtterlichen ςοργῆς und Blut-Liebe/ nicht nur bey den Menschen/ sondern auch den wilden Thieren. So wenig das Feur sein brennen/ und Wasser das Fliessen lassen kan/ eben so wenig koͤnne auch die Mutter-Liebe sich ver- stellen/ daß sie sich nicht erbarmen solte uͤber den Sohn ihres Leibes. Zwey schoͤne und beruͤhmte Exempel dessen haben wir in Heil. Schrifft/ sonderlich an dem Weib/ das vor dem Koͤnig Salomon mit einem an- dern Weib um das lebendige Kind gestritten. Da ihr Kind geweinet/ und sie das gefaͤlte Koͤnigliche Urtheil gehoͤret/ so moͤchte ihr das Hertz in tausend Stuͤcke zerspringen; Jhr muͤtterliches Hertz/ sagt die Histori/ entbrand uͤber ihren Sohn/ daß sie es ehe dem andern Weib lassen/ als todt haben will/ spricht deswegen: Ach mein Herꝛ/ gebet ihr das Kind lebendig/ und toͤdtet es nicht Desgleichen an Rizpa/ einem zarten Weib/ das sonsten der Pflaum-Federn gewohnet/ 2. Sam. 21 10. zu sehen/ diese legte sich auff den harten Boden/ wachet ihren erhenckten Soͤhnen/ und wehrete/ daß des Tages die Voͤgel sie nicht beruͤhrt/ noch ihnen des Nachts die wilden Thiere schadeten/ allen Spott noch Gestanck achtete sie nicht/ die Mutter-Liebe trang bey ihr hindurch. Wieviel mehr liebreicher/ meynen wir/ und weichhertziger daß Gott sey/ der solche ςοργὴν den Menschen eingepflantzet/ und gegen der Goͤttlichen Liebe nur wie ein Staͤublein oder Troͤpfflein zu achten ist. II. Possibile extraordinarium, ein ausserordentlicher weiße muͤgliches Ding/ daß nemlich die Vergessenheit der muͤtterlichen Liebe bißweilen geschehe/ und geschehen koͤnne. Dann daher fuͤhret der Herr das Argument à minori ad majus an/ und beweiset das Groͤssere auß dem geringern. Es geschicht die Verlaͤugnung der muͤtterlichen Blut-Liebe theils ex barbara monstrositate, auß barbarischer unmenschlicher Raserey und Wuth/ wie die wilden Leuthe/ wann wahr ist/ was die Histori-Schreiber erzehlen/ die ihre eygene Kinder schlachten/ und verzeh- ren; theils ex affectu, auß suͤndlichen Affecten/ wie Athalia auß eyteler Regier-Sucht ihre eygene Enckel umgebracht/ 2. Reg. 11. da doch sonsten Groß-Muͤtterliche Liebe viel zarter und feuriger zu seyn pflegt; theils auß Unwissenheit/ allermassen wie sich allererst vor 23. Jahren eine solche traurige Geschichte zu Leipzig begeben/ da ein Soldat/ der etlich und zwantzig Jahr außgewesen/ nach Hauß gekommen/ und sich niemand als seiner Schwester/ so an einem andern Ort gewohnt/ zu erkennen gegeben/ bey sei- nem Vater und Mutter aber/ so die Wuͤrthschafft getrieben/ eingekehret/ P ij und Die Vierzehende Predigt und sich als ein gantz Land-fremder Gast gestellet. Da er aber seinem Vater ein Paquet mit Geld/ 300. Thaler werth/ auffzuheben gegeben/ in Meynung/ morgenden Tages zu sagen/ wer er seye/ und sich mit ihnen lu- stig zu machen/ so geschichts/ daß der Teuffel Vater und Mutter durch den Geitz die Augen verblendet/ daß sie ihren eygenen leiblichen Sohn zu Nacht im Beth erwuͤrgen und ermorden. Am morgens/ da die Schwester ge- kommen/ nach dem Bruder gefragt/ und den Eltern zu verstehen gegeben/ es waͤre ihr verlohrner Sohn wieder gekommen/ er habe sich bey ihr gestern angemeldet/ und gesagt/ er wolle diese Nacht bey ihnen herbergen/ da wachet ihnen das Gewissen auff/ gerathen in solche Verzweiffelung/ daß der Vat- ter sich selbs erhencket/ die Mutter sich selbs erstochen/ und die Schwester/ nach dem sie es gehoͤret/ sich selbs in einen Brunnen gestuͤrtzet und ersaͤuffet. Theils auß Aberglauben/ wie die Eltern gethan/ so ihre Kinder dem Moloch auffgeopffert und verbrandt haben/ und wie Mesa seinen Sohn auff der Mauren geschlachtet/ vor den Augen der Kinder Jsrael/ daß sie von der Belaͤgerung abliessen/ 2 Reg. 3, 4, 27. III. Impossibile Divinum, ein Goͤttlicher weise unmuͤgliches Ding. Wann/ spricht Gott der Herr/ es gleich geschehen solte/ daß eine Mutter ihres leiblichen Kindleins vergesse/ so wolle Er doch seines Zions/ Bund- und Gnaden-Kindes nicht vergessen/ Er wolle seine Va- ter-Liebe nicht wenden/ Er habe nicht Straussen-Art an sich; davon Hiob 39, 16. der seine Eyer auff die Erde fallen/ und sie die heisse Erde auß- bruͤten laßt/ er vergisset aber/ daß sie moͤchten zutretten werden/ und ein wil- des Thier sie zubrechen; nicht Katzen-Art/ die ihre eygene Jungen fres- sen. Er seye nicht gesinnet wie Jonas/ der nichts darnach gefraget/ wann schon Gott die Statt Ninive mit Jung und Alt haͤtte untergehen lassen/ und selbst lieber todt seyn wolte/ als leben/ Jon. 4, 1. \& 8. Er habe Sion in seine Hand gezeichnet/ daß Er seiner nimmer vergessen koͤnne. Jst ein Gleichnuß hergenommen von den Juden/ welche dessen Bildnuß/ so sie lieb gehabt/ an ihren Finger-Ringen getragen/ daher sprechen die gefangene Juden Psalm. 137, 5. Vergesse ich dein Jerusalem/ so werde mei- ner Rechten vergessen. Eben so wenig/ spricht GOtt/ will Er auch Sions vergessen/ dann seine Barmhertzigkeit gehet uͤber alle Welt/ Syr. 18. Und eben diesen Affect hat der Allerhoͤchste GOtt gegen einem ar- men bußfertigen Suͤnder und Sions-Burger/ abgerissen und entworffen in dem Vater des verlohrnen Sohns. Eine grosse Emphasin und Nach- truck haben die erste Wort unserer Parabel: Es war ein Mensch/ der hatte zween Soͤhne/ ꝛc. So nun ein Menschein solch Hertz hat gegen seinem Vom verlohrnen Sohn. seinem verlohrnen Sohn/ wieviel mehr traͤgt GOtt gegen bußfertigen Suͤndern unendlich groͤssern Affect/ der ein Vater ist aller Barmhertzig- keit/ grund-gut/ dessen eygentliches Werck die Barmhertzigkeit/ ja der die wesentliche Barmhertzigkeit selber ist/ der sich so hoch obligiret und verbin- det/ wann ein Weib ihres Kindes nicht vergessen kan/ so wolle er unser viel weniger vergessen. Darum spricht Christus Luc. 11. So ihr/ die ihr doch arg seyd/ koͤnnet dennoch euern Kindern gute Gaben geben/ wievielmehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen/ die ihn darum bitten. Diesen so grossen Trost recht zu behalten/ und wohl einzubilden/ nehmen wir dißmahl fuͤr uns/ miseri- cordem Patris affectum \& gestum, den barmhertzigen Affect und Geberde des Vaters/ wie sich derselbige gegen seinem verloffenen/ ver- lohrnen und verirꝛten/ aber nunmehr wiederum ankommenden/ demuͤ- thigen Sohn erzeiget. Der Gott alles Trostes und Vater aller Barm- hertzigkeit wolle uns hierzu mit dem Liecht und Krafft seines Heil. Geistes mildiglich erscheinen. Amen. B Elangend nun das schoͤne Contrafet der Goͤttlichen Barmhertzig- keit/ die uns der Sohn GOttes durch das Vater-Hertz des Vat- ters des verlohrnen Sohns abbildet/ durch ein Perspectiv durch- schauen laßt/ so befinden sich bey demselben 5. unterschiedliche gradus, Ra- rit aͤten und Kunst-Stuͤcke/ unter welchen das I. Visio, der Blick: Da er aber noch fern von dannen war/ spricht der Text/ sahe ihn sein Vater. Welcher massen der verlohrne Sohn zuruck gekommen/ seine Aufferstehung/ Standfest/ Reiß und Ankunfft/ hat E. L. neulich vernom- men. Seinen Auffzug/ wie er zu Pferd weg gezogen/ zu Fuß aber wieder gekommen/ und zwar barfuß/ dann der Vater laßt ihm Schuh geben; nackend und blutt/ dann der Vater laßt ihm ein Kleid bringen; hungerig und durstig/ dann er laßt ihn speisen; Jaͤmmerlich/ aber ein Hertz voll Reu und Leyd/ gekraͤnckt/ und durch gutes Vertrauen wider auffgericht. Die- ses alles siehet nun der Vater mit Augen/ πόῤῥωθεν, von ferne/ da er noch ein gutes stuck wegs von ihme war/ dauchte ihn/ confusè, er solle diesen Menschen kennen/ und sagt: das ist einmahl gewiß mein juͤngster/ ver- lohrner Sohn/ biß er ihm naͤher gekommen/ und er ihn distinctè, eygentlich hat erkennen moͤgen. Jst ein holdseliges Kunst-Stuͤck/ darinnen der Sohne GOttes die πρόγνωσιν, die Vorschau seines himmlischen Vat- ters uns fuͤr die Augen stellet. Dann es hat auch der allsehende GOtt das gantze menschliche Geschlecht gesehen von ferne/ in der Ewigkeit/ ehe P iij es Die Vierzehende Predigt es erschaffen worden; Er hat nachmals gesehen die gantze massam, unsere verderbte und grund-boͤse Natur/ unsern elenden Stand/ unsere Bloͤße und grossen Mangel/ da wir ruffen mußten: Dem Teuffel ich gefangen lag/ Jm Tod war ich verlohren/ Mein Suͤnd mich quaͤlet Nacht und Tag/ Darinn ich bin gebohren/ Jch fall auch immer tieffer drein/ Es ist kein Guts am Leben mein/ Die Suͤnd hat mich besessen. Da hat es geheissen: Ecce Adam, siehe Adam ist worden als unser Einer! Ja hindersich nauß! Ach wie ist doch der Mensch/ die edle Creatur/ das schoͤne Bild/ so schaͤndlich verderbet/ wie ist es so haͤßlich zugericht! Aber es sahe uns Gott an nicht oculo nequam \& maligno, mit einem Schalcks-Aug/ als ein Schaden-Froh/ wie die Feinde Christi/ Psalm. 40. \& 41. und Matth. 27. Nicht otioso, mit einem muͤssigen Schau-Aug/ wie dorten Luc. 10. der Priester und Levit den armen Menschen in seinem Blut ligend gesehen/ die aber voruͤber gegangen/ und ihn liegen lassen; sondern oculo ἐγγυτέρῳ, mit einem nahen Gnaden-Aug/ Er hat uns gleichsam in die Wunden hinein geschauet/ und sie ihm recht vaͤtterlich zu Hertzen gehen lassen/ Er hat auff Mittel sich bedacht/ wie uns wiederum moͤchte geholffen werden. Jst II. Motio affectus, die hertzliche Bewegung und Erbarmen gegen ihm; es jammerte ihn. Es siehet der Vater seinen Sohn von ferne kommen/ cordis commotione mit sonderbarer Bewegung des Hertz- ens/ mit Samariters Augen/ Luc. 10. Zweiffels frey hat er ihn eben also- bald nicht gekennet/ er siehet einen armen elenden Menschen daher kom̃en/ das gieng ihm zu Hertzen/ je naͤher er aber zu ihm gekommen/ je mehr dun- cket ihn/ er soll den Menschen kennen/ er siehet ihn auch je laͤnger je frischer darauff tretten/ biß er ihn endlich eygentlich in das Gesicht gefaßt und er- kant/ daß er es seye. Da wird er bey sich gesagt haben: Ey/ behuͤte Gott/ ist das mein Sohn? O des elenden Anblicks! das heißt hinauß reißen/ mit so schoͤnem Gut wegziehen/ und so elend wieder heimkommen? Nun was soll ich thun? soll ich ihn wiederum heissen fortziehen/ wo er hergekommen? soll ich ihn auch lassen fuͤr meine Augen kommen? da gieng die lucta, der Streit des vaͤtterlichen Hertzens und Gerichts an/ endlich aber behielte Vom verlohrnen Sohn. behielte die ςοργὴ die vaͤtterliche Liebe die Oberhand/ nein/ er ist mein Kind/ mein Fleisch und Bein/ ich will ihn wieder auff- und annehmen; da ruͤh- mete sich die Barmhertzigkeit wider das Gericht. Also hat auch GOtt/ nach dem Er von Ewigkeit seine Creatur/ den verderbten Menschen/ ange- sehen/ sich seiner erbarmet/ 1. misericordiâ generali, ins gemein/ wenn wir singen: Da jammerts GOtt in Ewigkeit/ Unser Elend uͤber die massen/ Er dacht an sein Barmhertzigkeit/ Er wolt uns helffen lassen/ Er wand zu uns sein Vater-Hertz/ Es war bey ihm fuͤrwar kein Schertz/ Er ließ sein Bestes kosten. Und davon ist auch eygentlich zu verstehen das Gulden Kleinod Johannis cap. 3. Also hat GOtt die Welt geliebet/ daß Er sei- nen Eingebohrnen Sohn gab/ auff daß alle/ die an Jhn glau- ben/ nicht sollen verlohren werden/ sondern das ewige Leben haben. Also hat GOtt/ nicht ein sterblicher/ wandelbarer Mensch/ dessen Gunst leichter als ein Pflaum-Federlein: Er hat geliebet die Welt/ das ist/ ein Spittal voller Krancken/ Außsaͤtzigen und Tollen/ den Kercker voll boͤser Buben/ das lupanar, das garstige Hauß voll Un- flaͤter/ die Gottlose Sodomam/ Glaubige und Unglaubige/ nicht nur die Außerwehlten/ sondern omnes illos, qui periére primò, die alle/ so zu an- fang durch die Suͤnde verdorben. Dann waͤren sie alle bloß-Außerwehlte/ so haͤtte es die Gefahr nicht/ daß jemand verlohren wuͤrde. Was hat er ihnen gegeben ? Nicht einen Engel/ angelum si dedisset, non res parva fuisset, eò quod Angelus minister Dei fidelis \& servus, nos autem inimici \& Apostatæ: Wann Er ihnen einen Engel gegeben haͤtte/ waͤre es keine geringe Sache gewesen; darum/ dieweil die Engel GOttes getreue Diener seynd/ wir aber Feinde und Mamme- lucken. Theophyl. Sondern Filium, seinen Sohn/ non unum ex muliere, sed unigenitum, deditum in pretium \& mortem. Es hat sich aber 2. Gott auch unser erbarmet misericodia speciali, insonderheit/ nach einer sonderlichen Barmhertzigkeit/ davon Eph. 1. v. 6. Durch seine Gnade hat uns GOtt ihme angenehm gemacht in dem Geliebten. Dann nach dem der Mensch naͤher herzu gekom- men/ durch Buß und Glauben dem himmlischen Vater entgegen gegan- gen/ Die Vierzehende Predigt gen/ so brennet dem Allerhoͤchsten sein Hertz. Und ob zwar wol auch lu- cta justitiæ \& misericordiæ, ein Streit zwischen der Gerechtigkeit und Barmhertzigkeit GOttes sich erzeiget/ welcher Ose. 11. gar schoͤn beschrie- ben stehet: Was soll ich auß dir machen Ephraim ? soll ich dich schuͤtzen Jsrael ? soll ich nicht billich ein Adama auß dir ma- chen/ und dich wie Zeboim zurichten ? Aber mein Hertz ist anders Sinnes/ meine Barmhertzigkeit ist zu bruͤnstig/ daß ich nicht thun will nach meinem grimmigen Zorn/ noch mich kehren Ephraim gar zu verderben/ dann ich bin GOtt/ und nicht ein Mensch. Und Jerem. 31. Jst nicht Ephraim mein theurer Sohn/ und mein trautes Kind ? dann ich dencke noch wohl daran/ was ich ihm geredt habe/ darum bricht mir mein Hertz gegen ihm/ daß ich mich seiner erbarmen muß. III. Schlaͤgt dem Vater das Feur in seine Geberde/ daß er das dritte Kunst-Stuͤck beweiset/ nemlich præcursionem, den Vorlauff. Der Vater lieff/ und zwar also/ daß er dem Sohn vor und staͤrcker geloffen. Vermuthlich ist zwar/ der Sohn seye dem Vater alsdann auch entgegen geloffen/ gleichwol aber deutet die Parabel auff den Præcursum und Vor- lauff des Vaters/ er seye auß feuriger Liebe dem Sohn fuͤrgekommen. Das that David nicht/ sondern per gradus nach und nach ließ er seinen Sohn fuͤr sich kommen/ 2. Sam. 14, 24. Zwey Jahr mußte Absolon zu Jerusalem sich halten/ ehe er des Koͤnigs/ seines Vaters Angesicht sehen durffte. Aber hier vergißt gleichsam der Vater seiner vaͤtterlichen Au- toritaͤt und seines Rechten/ nach welchem er den verlohrnen Sohn gar wol haͤtte verstossen koͤnnen/ und nicht fuͤr sich doͤrffen kommen lassen. Ach wie troͤstlich ist das/ M. L. wann wir bedencken/ wie auch der himmlische Va- ter seines strengen Rechten uͤber uns sich begeben/ uns mit seiner fuͤrgehen- den Gnade zuvor kommt. Wie die Sonne am morgens eher scheinet/ als mancher Mensch erwachet/ also ist auch Go ttes Barmhertzigkeit alle mor- gen neu/ Thren. 3, 23. Der Vater ziehet uns zu sich/ und wir nicht Jhn zu uns. Wann Gott warten solte/ biß wir zu Jhme kaͤmen/ muͤßte Er lang warten/ darum hat Er seine Apostel/ d r omeda r ios und Laͤuffer auß- gesandt zu holen die/ so noch in der Ferne seind. Das IV. Kunst-Stuͤck ist Amplexio, Umfahung/ er fiel ihm um den Halß. Was fuͤr Wort da gefallen/ koͤnnen wir leichtlich ermessen: Ach/ biß willkom̃/ mein lieber Sohn/ welche Freude ist es mir/ daß ich dich noch lebendig wiederum fuͤr meinen Augen sehe/ du solt mir hinfuͤhro lieber seyn als zuvor jemals. Augustinus leget diesen Arm von dem Sohn Vom verlohrnen Sohn. Sohn GOttes auß l. 2. qq. Evang. c. 33. Quid est super collum ejus ca- dere? nisi inclinare \& humiliare in amplexum ejus brach i um suum, \& brachium Domini, cui revelatum est? Quod est utique Dominus nolter Jesus Christus. Was ist um den Hals fallen ? als neigen und buͤck- en seinen Arme ihn zu umfahen ? und wem ist der Arm des HErꝛn so offenbahret ? das ist unser Heyland JEsus Chri- stus. Wir haben aber droben angezeiget/ warum man nicht viel scrupo- lieren soll; Wir lassens dabey verbleiben/ daß es eine Anzeigung grosser brennender Liebe und Barmhertzigkeit seye/ und damit gesehen werde auff die Goͤttliche συγκατά ασιν, wie GOtt so nahe sich zu uns gethan/ wie noth es Jhm nach uns gewesen/ als wolte ihm sein Goͤttlichs Wesen daruͤber zerrinnen. Also lassen wirs auch dahin gestellet seyn/ was V. Andere von dem osculo und Kuß fuͤr Gedancken haben/ wann es heisset: und kuͤssete ihn. So nun durch den Arm der Sohne Gottes verstanden wird/ mag auch durch den Kuß des Vaters der Heil. Geist ver- standen werden; Qui enim se osculantur, non sunt libatione labiorum contenti, sed spiritum suum sibi invicem videntur infundere, Ambros. l. de Isaac. c. 3. Welche sich kuͤssen/ seind mit Beruͤhrung der Lip- pen nicht zu frieden/ sondern es scheinet/ als wolten sie einander die Seelen mittheilen. Jns gemein aber verstehen wirs de osculo pacis, von dem Friedens-Kuß/ mit welchem er seinem Sohn Frieden zu- sagte/ und bezeugete/ daß alles/ so vorgegangen/ todt und ab seyn/ und des- selben nimmer gedacht werden solte. Gleich wie Esau/ da ihm sein Bruder Jacob begegnet/ ihm entgegen geloffen/ und ihn gehertzet/ um den Hals gefallen/ und ihn gekuͤsset/ Genes. 33, 4. Gleich wie Joseph seinem Bru- der Benjamin und den uͤbrigen um den Hals gefallen/ und sie gekuͤsset. Gen. 45, 14. Oder wie David seinen Absolon/ da er wieder fuͤr ihn gekom- men/ gekuͤsset hat/ 2. Sam. 14, 33. Alles zu Bezeugung hertzlicher Liebe und Ablegung aller Feindschafft. Wie nun ein Kuß ein Zeug/ ja Grund/ der Liebe/ also haben wir uns auch alle zu unserm lieben GOtt nicht anders zu versehen/ als zu unserm besten Freund/ das hat Er bezeuget mit dem Kuß seines lieblichen und honig-suͤssen Evangelii/ mit dem Wort der Ver- soͤhnung/ und des Friedens mit GOtt/ davon der weise Salomo sein Lied anstim̃et/ und sagt: Er kuͤsse mich mit dem Kuß seines Mundes/ mit dem heiligen Kuß seiner Evangelischen Zusage/ da Er uns den Frie- den versprochen/ und auch wuͤrcklich verkuͤndigen lassen. Also haben wir nun hier den besten Kern dieser Parabel/ die eygentli- che Abbildung und Contrafeit der Barmhertzigkeit GOttes. An diesem Zehender Theil. Q Gemaͤhld Die Vierzehende Predigt Gemaͤhld lasset uns unsere Gemuͤther belustigen/ es ist uͤber alle Raritaͤten und Kunst-Stuͤcke Apelles mahlete vorzeiten eine Stutte oder Mutter- Pferd so artig/ daß die Hengste/ so man darbey gefuͤhret/ dasselbe angewie- hert. Zeuxis mahlte eine Traube so eygentlich/ das die Voͤgel herzu geflo- gen/ und davon fressen wollen. Parrhafius mahlte einen Fuͤrhang an die Taffel so schoͤn/ zierlich und kuͤnstlich/ gleich als ob es ein Gemaͤhld bedeckte. Darum Zeuxis hinzu gieng/ und wolte den Vorhang wegnehmen. Da er sich aber betrogen fand/ gab er Parrhasio den Vorzug/ weil er selbst nur die Voͤgel/ dieser aber die Menschen betrogen. Aber es ist und bleibet dieses Gemaͤhlde der Barmhertzigkeit GOttes uͤber alles; wie nun niemand den Vater gesehen/ als allein der Eingebohrne Sohn GOttes/ der in des Vat- ters Schooß ist/ so mahlet er ihn auch am besten. Herr zeige uns den Vater/ spricht Philippus dorten Joh. 14. hier zeiget ihn Christus/ als ei- nen solchen GOtt/ der da ist der Vater aller Barmhertzigkeit/ kein Blut- hund/ kein harter Mann/ der uns anschnauet/ sondern ein versoͤhnlicher GOtt/ Nehem. 9. Solte einem manchen Menschen der Spott und Trutz begegnen/ den GOtt manchmal leiden muß/ er schluͤge mit Donner und Blitz darein. Jst der typus und das Bild so troͤstlich/ moͤgen wir recht und wohl schliessen/ ey wie schoͤner/ anmuthiger/ und bruͤnstiger wird dann der prototypus und Gegenbild seyn. Ja/ so unendlich groͤsser GOtt ist als ein Mensch/ so unendlich groͤsser ist auch seine Barmhertzigkeit. Gleich wie ein Sand-Koͤrnlein gegen der gantzen Welt/ wie ein Staͤublein gegen der grossen Erden/ wie ein Troͤpfflein gegen dem breiten und tieffen Meer/ so ist auch unsere Barmhertzigkeit zu rechnen gegen GOttes Barmhertzigkeit/ der die rechte wesentliche Barmhertzigkeit selber ist. Sprichstu auch in dei- nem Hertzen mit Zion: der HErꝛ hat mein vergessen/ Gott kennet mich nit mehr/ Er hat seine Barmhertzigkeit fuͤr mir verschlossen/ er haltet sich hart gegen mir/ ich kan nicht mehr zu Jhm kommen/ meine Suͤnde scheiden mich und Jhn von einander; so hoͤre/ mein leiber Christ/ siehe nur zu/ daß du dich in die Positur des verlohrnen Sohns stellest/ nicht nur miser und elend/ sondern auch miserabel, Erbarmens wuͤrdig seyest/ so wird sich Gott auch deiner wieder annehmen/ und gewiß erbarmen/ du must nicht zweif- feln an GOttes gnaͤdigem Willen/ und mit festem Vertrauen dich auff Jhn verlassen/ so wirds nicht fehlen. Jm gegentheil haben sichere Leute dieses in acht zu nehmen/ daß sie GOtt nicht versuchen/ mit Heuchlers-Pos- sen/ sondern in der jenigen Positur erscheinen/ in welcher der verlohrne Sohn erschienen ist und in GOttes Ordnung sich schicken. Einmahl/ waͤre der verlohrne Sohn hochmuͤtig herein gegangen/ haͤtte den Vater anfangen Vom verlohrnen Sohn. anfangen zu trutzen/ oder ihm irgends eine Schand-Pehck und Hure mit- gebracht/ ich meyne/ er wuͤrde schlecht willkom̃ geweßt/ und wie eine Sau ins Juden Hauß kommen seyn. Nein/ das thut er nicht/ sondern er er- scheinet in wahrer hertzlicher Buße und glaubigem Vertrauen. Ach so wage es ja niemand auff GOttes Barmhertzigkeit zu suͤndigen. Dann so barmhertzig Er ist gegen den Frommen und Bußfertigen/ so zornig ist Er auch uͤber die Gott- und ruchlosen Suͤnder/ Syr. 16. 12. Er ist zwar die Liebe selbst/ aber wie der Jmmen Koͤnig Stachel-Jmmen um sich her hat/ so hat seine Majestaͤt Feuer/ Schwerdt/ Hunger/ Theurung/ Pestilentz und den Teuffel selbs/ damit Er straffet. Derohalben wann man zu ihm sich nahen will/ muß es geschehen 1. contritione, mit wahrer Reue/ Warum̃ wilt du/ O Mensch/ den Reichthum der Guͤte/ Gedult und Langmuth GOttes verachten ? weistu nicht/ daß dich GOt- tes Guͤte zur Buße leitet. Rom. 2, 4. Dann eben darum scheinet die hertzliche Barmhertzigkeit Gottes gegen uns in Teutschland hart zu halten/ und will die unersaͤttliche/ unbarmhertzige Kriegs-Furi nicht nachlassen/ daß wir dadurch sollen zur Buße kommen. Wer da nicht will/ uͤber den wird dies Justitiæ, der Tag der strengen Gerechtigkeit Go ttes ploͤtzlich kom- men/ damit dann auch die Barmhertzigkeit ein Ende nim̃t. Jetzt zwar hat sie noch kein Ende/ aber alsdann werden ihrer viel an jenem Tag bey Jhme anklopffen/ und nicht hinein gelassen werden/ weil die Thuͤr bereits verschlossen. 2. Jm Glauben; Aristoteles soll auch geruffen haben: ô Ens entium miserere mei, O du Ding aller Dinge erbarme dich mein; deßgleichen Servetus, als er Anno 1553. zu Genff wegen seiner Gottslaͤste- rung verbrandt worden/ ô misericordia, misericordia, O Barmher- tzigkeit/ Barmhertzigkeit! Chemnit. LL. de DEO edit. in fol. p. 34. aber es hat sie wenig geholffen/ weil jener als ein blinder Heyd/ dieser aber als ein Ertz-Ketzer im Unglauben gestorben. Kommen wir aber im Glau- ben/ so sollen wir willkom̃ seyn/ mit den Armen der Goͤttlichen Barmher- tzigkeit umfasset/ von der gantzen Hoch-Heiligen Drey-Einigkeit und allen heiligen Engeln umarmet und gekuͤsset werden/ da wird uns Gutes und Barmhertzigkeit in jenem Leben nachlauffen/ wie sie uns in diesem Leben vorgeloffen/ was wir hie Troͤpffleins weiß/ das werden wir dorten Stroms-weiß geniessen; was wir hie nur erblicket/ das werden wir dort von Angesicht zu Angesicht zu sehen bekommen; hier ist die ποόγευσις und der Vorschmack/ dort aber der voͤllige Genuß und Guß. GOtt erhalte uns alle mit seiner Gnade zum Ewigen Leben/ daß wir hie schmecken die Suͤssigkeit seiner Gnade/ dort aber davon trincken/ und mit Wollust als mit einem Strom getraͤncket werden/ Amen. Q ij Die Die Fuͤnffzehende Predigt Die Fuͤnffzehende Predigt. Von der Absolution des verlohrnen Sohns. G Eliebte in Christo. Menschliche reconciliationes und Versoͤhnungen sind offtmahlen 1. ta r dæ \& morosæ, es ge- het langsam damit her/ werden auff die lange Banck gescho- ben. David laͤßt sich zwar 2. Samuel. 14. auff Unterhand- lung Joab/ und die kluge Fuͤrbitt/ so das Weib von Thekoa eingelegt/ mit seinem Sohn Absalon beguͤtigen/ er erlanget zwar Gnad/ aber mit langer Hand/ also/ daß er ihm nicht durffte alsbald fuͤr Augen tretten; dann zwey Jahr blieb er zu Jerusalem/ ehe er seines Vaters Angesicht anschauen durffte. So will oder muß noch ein mancher lange Zeit haben/ biß der alte grollen verschwindet/ und man sich wieder zu frieden begibt. 2. Fallaces \& molestæ, was die zeitliche Reputation betrifft/ betrieglich und beschwerlich/ da eine Parthey auff ihren Nutzen/ Ehr/ Vor- theil und Reputation siehet/ daß demselben kein Abbruch geschehe. Als im Jahr 1276. Kayser Rudolph der Erste wider den Koͤnig Ottocar in Boͤh- men zu Felde gezogen/ dieser aber befunden/ er waͤre jenem zu schwach/ und deßwegen sich zur guͤtlichen Handlung anerbotten/ da ward die Sache durch Pfaltz-Graffen Ludwig/ Churfuͤrsten/ und etliche Geistliche also ge- mittelt/ daß Ottocar die Oesterreichische Lande dem Reich abtretten/ Maͤhrẽ und Boͤhmen von Kayser Rudolphen zu Lehen empfahen solte. Als aber die Zeit der Huldigung und Investitu r vorhanden/ der Kayser in seinem Ge- zelt in seiner Majestaͤt gesessen/ die Curfuͤrsten und Fuͤrsten um ihn her ge- standen/ der Koͤnig Ottocar aber vor dem Kayser auff den Knien lag/ fiel das Gezelt/ welches mit fleiß also gemacht war/ vrploͤtzlich rings umher auff den Boden/ daß jederman sehen kunte/ wie Ottocar der stoltze Koͤnig mit blosem Haupt vor dem Kayser auff den Knien gelegen; welche Schmach hernach einen blut-trieffenden Krieg verursacht. Jch geschweige der jenigen fallaciarum, Luͤste/ Betruͤg und Raͤncke/ die taͤglich vorgehen. 3. Emptæ \& mercenariæ, erkaufft oder auch nur gelehnet/ da man zwar Friede ma- chet/ aber mit hoͤchster Beschwehrung der andern Parthey. Wolte Me- nahem der Koͤnig in Jsrael Frieden haben vor Phul dem Koͤnig von As- syrien/ so mußte er ihn mit 1000. Centn Silbers erkauffen/ dadurch eine schwere Contribution verursacht worden/ dann 50. Seckel Silbers setzt er auff einen jeden Mann unter den Reichesten in Jsrael/ 2. Reg. 15, 19. Anderer Vom verlohrnen Sohn. Anderer Dienstbarkeiten zu geschweigen. 4. Imperfectæ, unvollkom̃en/ da man sich zwar versoͤhnet/ aber mit gewissen Reservat en und Beding- ungen/ Tribut und Dienstbarkeit/ dergleichen die Tuͤrcken auffzulegen pflegen, eine und die andere Servitut zu tragen/ oder andere Beschwerde auff sich zu nehmen/ Unvernunfft zu buͤssen/ dergleichen in Historien und Exempeln zu lesen/ und ist in der taͤglichen Erfahrung nichts gemeiner/ daß zwar das Feur etlicher massen geloͤschet/ aber die Funcken gluntzen noch/ da heisset es/ ich will wohl vergeben/ aber nicht vergessen. Viel anders ist die Goͤttliche καταλλαγὴ und Versoͤhnung geartet/ wem deñ der himmlische Vater perdoni rt und vergibt/ dem vergibt er citò, gar bald/ ja prævenienter, Er laufft mit seiner Vergebung vor/ wie Er sol- ches an dem Vater des verlohrnen Sohns abgebildet. Er vergibt sincerè, hertzlich/ ohne Falschheit/ will nit nur also bereden/ voluntate signi, als seye es ihm also ums Hertz/ und ist doch nit/ sondern es ist voluntas bene- placiti, sein ernstlicher Will/ und Goͤttliches Wohlgefallen uns zu ver- geben. Gratuitò \& perfectè, auß Gnaden/ umsonst/ ohne einige Entgel- tung oder Buß/ vollkommen/ Er versencket alle Suͤnde in die Tieffe des Meers/ und gedencket unserer Ubertrettung nicht mehr. Gestalt dann sol- che Goͤttliche Absolution, und also justificatio Evangelica, die Evange- lische Rechtfertigung in unserer Parabel fuͤrgestellet ist. Dann nach dem der verlohrne Sohn appellirt/ in gutem Vertrauen zu seinem Vater gegangen/ seine Confession und Beichte abgelegt/ so verweißt ihm der Va- ter sein uͤbel verhalten nicht/ wie sein Bruder/ er hat keinen Grollen und Widerwillen wider ihn/ sondern der Vater umfasset ihn nicht allein/ ziehet ihn zu sich/ umhalset und kuͤsset ihn/ sondern er kleidet ihn auch/ gibt ihm einen Ring an den Finger/ Schuh an die Fuͤsse/ schlachtet ein Kalb/ hal- tet eine Mahlzeit/ und machet sich froͤlich mit ihm. Seind lauter offen- bahre symbola plenissimæ reconciliationis, Zeichen der vollkommensten Versoͤhnung; Jst die Geistliche Investitur eines armen Suͤnders/ darauß die vollkommene Absolution abzunehmen/ davon wir fuͤr dißmahl zu hand- len uns vorgenommen. GOTT gebe Gnad und Segen/ daß es frucht- barlich geschehe/ Amen. B Elangend nun I. die geistliche Jnvestitur des verlohrnen Sohns/ die auß unterschiedlichen Zeichen abzunehmen: à poste- riori, so seind derselben zweyerley/ etliche antecedentes confes- sionẽ, die vor der gethanen Beicht hergegangen/ als die Umfassung und der Kuß/ davon in voriger Predigt Meldung geschehen; etliche con- Q iij sequentes, Die Fuͤnffzehende Predigt sequentes, die darauff gefolget/ und zwar I. vestis indumentum, ἡ ςόλη ἡ πρώτη, das beste vornehmste Kleid: Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: bringet das beste Kleid herfuͤr/ und thut ihn an. τὴν ςόλην τ ν πρ ην, ist eine gar bedenckliche Rede/ mit zween articul i s gleichsam verbremt; er nennet es τὴν πρώτην, das beste Kleid/ 1. ratione coloris, wegen der Farb/ weil es vielleicht weiß geweßt/ solte es das beste Kleid seyn/ hatte es gewißlich auch die beste sc. weiße/ Farb/ welche die gnaͤdige Absolution bedeuten soll. Ein schwartz und Traur-Kleid war vor zei- ten bey den Roͤmern vestis reatus, ein Zeichen der Schuld und des Ver- brechens/ daher bey Josepho l. 14. cap. 17. der alten Geschichten/ Sameas der Juͤdische Redner/ da Herodes/ als der Beklagte/ vor Gericht erschienen/ sich zum hoͤchsten beschweret/ daß er sich erkuͤhnen doͤrffte/ mit bewehrter Hand/ und einem Purpur-Kleid zu erscheinen/ er sagt/ solchen Frevel habe er niemahls gesehen/ daß eine Malefitz-Person solte fuͤr Gericht ge- tretten seyn/ wie Herodes/ in einem Purpur-Kleid/ um den Kopff mit zusammen gelegtem Haar geschmuͤcket/ es gebuͤhre ihm anders zu erschei- nen/ in einem schwartzen Kleid und laugem Haar. Wie nun schwartze Kleider ein Zeichen der Betruͤbnuß und Traurigkeit/ also i st ein weisses Kleid eine Anzeigung der troͤstlichen Absolution/ und gegebenen oder be- zeugten Unschuld/ Luc. 23. 2. Jst es das beste Kleid ratione excell e ntiæ, pretiositatis, \& dignitatis, was die Wuͤrde/ Zierde und Kostbar- keit antrift/ ein uͤberaußkoͤstliches Kleid/ das beste edelste Feyer-Kleid/ das Hohepriesterliche adeliche Kleid des erstgebohrnen im Hause/ derglei- chen Esau auch gehabt/ die aber Jacob auß Angebung seiner Mutter zum Betrug seines Vaters angezogen/ Gen. 27, 5. Joseph/ als der juͤngste und liebste Sohn/ trug auch derglechen/ die ihm sein Vater auß sonder- bahrer Liebe machen lassen/ c. 37. 3. Wird es genennet ἡ πρώτη, das beste oder erste Kleid/ ratione temporis, der Zeit nach/ weil ers/ wie vermuht- lich/ zuvor auch getragen/ welches ihm aber der Vater bey seiner eygen- willigen Abreiß außgezogen/ und unterdessen im Kleider-Kasten auffge- hoben. Was mag nun wohl der Sohn GOttes hiedurch verstanden haben? anders nichts/ als sich selbs/ den wir in der H. Tauff angezogen/ zur Ersetzung dessen/ was wir durch die Suͤnde wider das Gewissen ver- lohren. Es wird damit gemeynet vestis innocentiæ, das weiße Kleid seiner Unschuld/ das Er in der Passion angezogen/ fuͤr uns zu buͤssen/ und uns zu absolvir en. Vestis justitiæ imputatæ, das Kleid der zu- gerechneten Gerechtigkeit JEsu Christi/ davon Es. 61, 10. Jch freue mich im HErrn/ und meine Scele ist froͤlich in meinem GOtt. Vom verlohrnen Sohn. GOtt. Dann er hat mich angezogen mit den Kleidern des Heyls/ und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet. Wie einen Braͤutigam mit Priesterlichem Schmuck gezieret/ und wie eine Braut in ihrem Geschmeide berdet. Vestis imaginis divinæ amissæ, das Kleid des verlohrnen Goͤttlichen Ebenbilds/ das muͤssen uns die Knechte/ das ministerium, vermittelst glaubiger Auffnahm der anerbottenen Gnaden-Mittel/ anziehen/ und uns damit zieren/ daß wir fuͤr GOtt wieder ein Ansehen bekommen. 2. Annuli ornamentum, ὁ δακτύλιος, und gebt ihm einen Finger-Reiff an seine Hand. Der Finger-Ring hat sonst viel und mancherley Be- deutung/ so wohl in H. Schrifft/ als auch Profan-Buͤchern. Die vornemste und hieher sonderlich gehoͤrige Bedeutung ist significatio pi- gnoratoria, Pfands-Bedeutung. Als Gen. 38. Judas der Thamar einen Zigenbock von der Heerde versprochen/ daß sie ihn bey ihr liegen lassen/ so wil sie sich damit nicht begnuͤgen lassen/ und sprach: gib mir ein Pfand/ biß daß du mir ihn sendest/ unter andern aber begehrte sie auch seinen Ring zum Pfand. Also wurde Esth. 8. der Koͤnigliche Wi- derruff/ daß die Juden nicht solten getoͤdet werden/ mit des Koͤnigs Ring versiegelt und guͤltig gemacht. Auff solche weise war damahls dem verlohrnen Sohn der Finger-Reiff auch an statt arrhæ filiationis \& hæreditatis, eines Pfands/ daß sein Kind- und Erb-Recht/ die Kind- und Erbschafft bey seinem Vater wieder richtig seye/ und er sich keiner Enterb- ung oder Außstossung zu befahren haͤtte/ er solte wiederum sein Kind und Erbe seyn. Geistlicher weise wird dadurch anders nichts verstanden/ als GOtt der H. Geist/ der da ist die arrha, das Pfand unsers Erbs/ mit welchem uns GOtt in unsern Hertzen versiegelt/ 2. Cor. 1, 22. c. 5, 5. Eph. 1, 14. c. 4. 30. Dieses heilige Pfand-Siegel/ GOtt den H. Geist wil uns GOtt abermahls und immerdar offeri ren und darbieten/ durch seine Knechte und Diener mittheilen lassen/ ligt nur an der Glaubigen Auffnahm und Verwahrung. 3. Pedum calceamentum, ὑποδήματα, und gebet ihm Schuh an seine Fuͤsse. Gleich wie baarfuß-gehen bey den Morgen-Laͤndern ein Zeichen geweßt der Dienstbarkeit und elenden Servitut/ wie zusehen Es. 20. 2. seqq. da GOtt der Herr dem Propheten befohlen/ er solle den Sack von seinen Lenden ab- und die Schuch von seinen Fuͤssen auß ziehen/ und er thaͤt also/ gieng nacket und baarfuß. Da sprach der HERR: Gleich wie mein Knecht Jesaia nacket und baarfuß gehet zum Zeichen und Wunder dreyer Jahr/ uͤber Egypten und Morgenland/ also wird der Koͤ- nig Die Fuͤnffzehende Predigt nig zu Assyrien hintreiben das gefangene Egypten/ und ver- triebene Morgenland/ beyde jung und alt/ nacket und darfuß/ mit blosser Scham/ zur Schande Egypten. Also bedeuten im gegentheil die Schuh eine erfreuliche catastrophen und Wechsel des be- truͤbten Standes mit einem seligen/ gluͤcklichen und froͤlichen/ ja mit der edlen Freyheit. Hat demnach der Vater damit wollen andeuten/ nun seye der verlohrne Sohn wiederum auß einem Bettler ein Herꝛ/ auß ei- nem Knecht frey/ auß einem Sau-Hirten ein Juncker worden/ er soll nicht als ein Tagloͤhner/ sondern als ein Sohn gehalten werden. Geist- licher weise wird auch durch die Diener und Knechte GOttes/ durch die Botten/ derer Fuͤsse lieblich seind auff den Bergen/ die da Friede verkuͤn- digen/ Gutes predigen/ und Heyl verkuͤndigen/ Es. 52, 7. das Evangelische Jubilæum und Erlaß-Jahr außgeblasen/ daß wir von der Knechtschafft des Gesetzes/ der Suͤnden/ und des Teuffels erloͤset/ allerseits in die Evan- gelische Freyheit der Kinder GOttes gesetzet worden seind. 4. Vituli sacramentum, das geschlachtete Kalb/ bringet τὸν μόσχοντὸν σιτευτὸν, ein gemaͤstet Kalb her/ und schlachtets/ ein sonderlich koͤstlich guts Kalb/ den Sohn zu erquicken/ und ein Fest anzustellen. Dadurch ver- stehen die Lehrer meistentheils anders nichts/ als das Opffer Christi: Vitulus saginatus ipse est Salvator, cuius quotidie carne pascimur, ctuore potamur, schreibet Hieronymus, das geschlachtete Kalb ist der Heyland selber/ dessen Fleisch wir taͤglich essen/ und sein Blut trincken. Occiditur \& vitulus saginatus, ut Domini spirituali opi- mum vircute per gratiam Sacramenti mysteriorum consortio restitu- tus, epuletur, spricht Ambrosius: Es wird auch ein gemaͤstet Kalb geschlachtet/ daß das Fleisch unsers HERRN (Christi)/ welches voller geistlicher Tugenden ist/ durch das Sacra- ment der/ so wieder zur Gemeinschafft der Geheimnuͤß ge- kommen/ esse und geniesse. Hier ligt also Christus ut λύτρον \& δῶρον, als ein Loͤß-Geld und Opffer/ als ein Geschenck und Gabe/ ut Sacrificium \& Sacramentum, als ein blutiges Schlacht-Opffer und Geheimnuß-reiches Liebes- und Gnaden-Band/ von seinem himm- lischen Vater fuͤr uns dargegeben. 5. Epularum oblectamentum, die koͤstliche Mahlzeit: Lasset uns essen und froͤlich seyn/ dann dieser mein Sohn war todt/ und ist wieder lebendig worden/ er war verlohren/ und ist funden worden/ und fieng an froͤ- lich zu seyn. Das war ein froͤliches Mahl ob intensionem gau- dii, wegen der grossen Freuden/ so Vater und Sohn bey sich befunden. Dann Vom verlohrnen Sohn. Dann gemeiniglich freuet man sich daruͤber/ wann man etwas verlohren/ und dasselbe wieder bekom̃t/ mehr als uͤber alles/ das man noch hat/ wann es auch schon viel besser oder koͤstlicher ist. Wer kranck gewesen/ und wie- der gesund worden/ der freuet sich uͤber die wieder erlangte Gesundheit viel- mehr/ als zuvor jemahlen. Ein Wittwer oder Wittwe freuet sich oͤffters mehr uͤber die andere Ehe als uͤber die erste/ sonderlich wann jene besser schei- net zu gerahten als diese. Dannenhero sagt auch Christus/ Luc. 15, 7. Es wird Freude seyn im Him̃el uͤber einen Suͤnder/ der Buße thut/ mehr dann uͤber neun und neuntzig Gerechten/ die der Buße nicht bedoͤrffen. Gregorius M. stimmet mit zu/ wann er sagt: Fit plerumque gratior Deo amore ardens post culpam vita, quàm secu- ritate torpens innocentia, in pastoral. c. 29. Gemeiniglich wird das Leben eines Menschen GOtt dem HErꝛn/ wann es nach dem Fall vor Liebe gegen Jhm gleichsam brennet/ viel angeneh- mer/ als ein unstraͤfflicher Wandel bey grosser Sicherheit. Summa: Es freuet sich Go tt der Vater uͤber einen neuen Sohn/ gleich wie sich Jacob uͤber seinen gefundenen Sohn Joseph gefreuet/ und gesagt: Jch wil nun gerne sterben/ nach dem ich dein Angesicht gese- hen habe/ daß du noch lebest/ Gen. 46, 30. Gott der Sohn freuet sich uͤber einen neuen Bruder/ an dem sein Leyden und Serben nicht ver- lohren ist. GOtt der H. Geist freuet sich uͤber einen neuen Tempel/ in dem er zu wohnen Lust hat. Es gieng auch froͤlich her ob congratulationem amicorum \& vicinorum, wegen des Gluͤck-Wunsches/ den die Be- kandte/ Freunde und Nachbaren gegen ihm abgelegt. Dann eben darum hat er ein gemaͤstet Kalb schlachten lassen/ dieweil er ihm fuͤr- genommen/ Nachbaren und Freunde zu Gast zu laden. Daß ist die Christ- liche Mit-Freude/ die ein Christ gegen dem andern tragen und bezeugen soll; Ein recht Englisches Werck/ weil es grosse Freude ist auch bey den Englen GOttes uͤber einen Suͤnder/ der Buße thut. Endlich gieng es froͤlich her ob Musicam, Symphoniam \& Chorum, wegen des Gesangs und Reyens/ das angestellet worden/ da je einer dem an- dern durch freundlichen Zuspruch ein gut Hertz gemacht/ und zur Mit- Freude auffgemuntert. Jst das jenige/ welches wir auch in unsern Christ- lichen Gemeinden zu thun pflegen/ wann die gantze Kirch/ als auß einem Munde/ zusamen stimmet: Nun freut euch lieben Christen g’mein/ Und laßt uns froͤlich springen/ Zehender Theil. R Daß Die Fuͤnffzehende Predigt Daß wir getrost und all in ein Mit Lust und Liebe singen/ Was GOtt an uns gewendet hat/ Und seine grosse Wunderthat/ Gar theur hat Ers erworben/ Und eine jede glaubige Seele spricht ihr selbs im Geist einen Muth zu/ daß sie singt: Nun lob mein Seel den HErꝛn/ Was in mir ist den Nahmen sein/ Sein Wolthat thut Er mehren/ Vergiß es nicht O Hertze mein/ Hat dir dein Suͤnd vergeben/ Und heylt dein Schwachheit groß/ Errett dein armes Leben/ Nim̃t dich in seinen Schoß/ Mit reichem Trost beschuͤttet/ ꝛc. Wie sich ein Vater erbarmet/ Uber sein junge Kindlein klein/ So thut der HErꝛ uns armen/ So wir Jhn kindlich foͤrchten rein/ ꝛc. Das seynd/ M. L. die Zeichen/ darauß die vollkommene Absolution kraͤfftiglich mag geschlossen werden; Folget nun II. Absolutio ipsa, die Loßsprechung oder Loßzehlung an sich selbs. Welcher massen der verlohrne Sohn todt und verlohren geweßt/ haben wir schon in vorigen Predigten vernommen. Todt war er in corde Patris, in dem Hertzen seines Vaters/ der zwar wohl oͤffters wird an ihn gedacht haben/ aber ihme nicht einbilden koͤnnen/ daß er seinen Sohn wieder lebendig sehen solte/ er schlug ihn zweiffels ohn so viel auß dem Sinn und Gedancken/ so viel er kunte/ damit er sich nicht selbs nur quaͤlete/ und betruͤbete. Er war todt morte gratiæ, geistlicher weiß/ ausser der Gnaden GOttes/ deren sich kein muthwilliger/ in Suͤnden ersoffener Suͤnder in seinem Suͤnden-Stand zu getroͤsten hat/ er war außgethan zur selbigen Zeit auß dem Buch des Lebens. Todt war er reatu, in den Suͤnden und Suͤnden-Straffen/ das ewige Todes-Urtheil des uͤber- gangenen Gesetzes hat ihm gegolten/ und waͤre unfehlbar vollzogen wor- den wo er nicht umgekehret/ und sich eines bessern bedacht haͤtte. Er war todt in seculo, politicè, weltlicher weiß/ niemand hielt mehr etwas auff Vom verlohrnen Sohn. auff ihn/ jedermann scheuete sich mit ihm umzugehen/ sein guter Nahme/ der sonst eben so gut gehalten wird als das Leben/ war dahin/ er hatte sich selbs vor der Welt stinckend und zu einem Scheu-Saal gemacht. Nun aber ist er wieder lebendig/ frisch und gesund/ er lebet im Hertzen seines Vaters/ durch einen froͤlichen Anblick/ er lebet in Unschuld/ loß von Suͤnden und Sraffen/ seine Suͤnde sind todt/ er durffte ehrlichen Leu- ten auch wiederum unter die Augen sehen/ mit ihnen reden und umge- hen. Da dann in effectu der Vater anders nichts sagen wollen/ als: Sey getrost mein Sohn/ dir seynd deine Suͤnde vergeben/ du bist mein Sohn/ mein angenehmes Kind/ und Erb/ so sey nun froͤlich und guter dinge. Eben also leben wir/ die wir todt waren/ durch Ubertrettung und Suͤnde/ Eph. 2. in Christo/ in dem Leben der Gnade GOttes/ und der Unschuld JEsu Christi/ fuͤr allen heiligen Englen/ die sich uͤber und mit uns freuen/ und gleich- sam Gluͤck wuͤnschen. Jch gienge fuͤr dir fuͤruͤber/ spricht Go tt der HErr Ezech. c. 16, 6. und sahe dich in deinem Blut liegen/ und sprach zu dir/ da du so in deinem Blut lagest/ du solt leben/ ja zu dir sprach ich/ da du so in deinem Blut lagest/ du solt leben/ ꝛc. Und c. 18, 21. Wo sich aber der Gottlose bekehret von allen seinen Suͤnden/ die er gethan hat/ und haͤlt alle meine Rechte/ und thut recht und wohl/ so soll er le- ben/ und nicht sterben. Es soll aller seiner Ubertrettung/ die er begangen hat/ nicht gedacht werden/ sondern soll leben um der Gerechtigkeit willen/ die er thut. Meynestu/ daß ich Ge- fallen habe am Tode des Gottlosen/ (spricht der HErꝛ HErꝛ) und nicht vielmehr/ daß er sich bekehre von seinem Wesen/ und lebe ? Er war aber 2. auch ein verlohrner Sohn/ geistlicher weise/ er steckte/ dem Verdienst nach/ obwohl noch nicht wuͤrcklich/ der Hoͤllen schon im Rachen/ und dem hoͤllischen Wolff in den Zaͤhnen. Er war verlohren auß dem Hause seines Vaters/ auß seinem Testament außgethan/ excommunici ret und verbannet/ wo er nicht gebuͤhrender maß sich wieder einstellen wuͤrde. Aber er ist worden ein wieder gefundener Sohn/ der sich auß dem Verderben erholet/ und wieder zuruck gewendet. Also waren wir weyland todt und verlohren geweßt/ ohne CHri- sto/ Fremdlinge/ und ausser der Burgerschafft Jsraelis/ und fremde von den Testamenten der Verheissung/ daher wir keine Hoffnung hatten/ und ohne GOtt in der Welt waren. R ij Aber Die Fuͤnffzehende Predigt Aber GOtt sey Danck/ der auß uns als Gaͤsten und Fremd- lingen/ Buͤrger mit den Heiligen/ und GOttes Haußgenos- sen gemacht/ Eph. 2. Daß wir wieder angenehme Gnaden-Kinder und Erben GOttes worden seynd. Wann derowegen ein Prediger sagt: so verkuͤndige ich euch Vergebung aller euerer Suͤnden/ ꝛc. ist es eben so viel/ als wann ein Hirt sein verlohrenes und verirꝛtes Schaͤfflein durch die Evangelische Lock-Pfeiffe wieder zur Heerde lockete; oder als spreche er: stehet auff ihr todte und verlohrne/ wachet auff/ die ihr schlaffet/ auff daß euch JEsus Christus erleuchte/ Eph. 5. v. 14. Sehet/ M. L. das ist Justificatio Evangelica, die Evangelische Rechtfertigung/ ist nicht actus physicus per infusionem, eine natuͤr- liche Handlung/ die durch eine Eingiessung verrichtet wird/ sondern eine solche Handlung der Goͤttlichen Barmhertzigkeit/ da ein reuender und glaubiger Suͤnder/ der bloß und arm/ von dem Thron der Goͤttlichen Gerechtigkeit appelliert an den Gnaden-Thron Christum/ sich im Glau- ben auffmacht/ und auff GOttes Eydfeste Verheissung fusset/ gehet hin zu der H. Absolution/ thut seine Confession und Beicht/ und em- pfaͤhet alsdann durch den Mund und Hand des Dieners stolam justitiæ, den Rock der Gerechtigkeit Christi/ das Kleid des Heyls/ den Ring und Pfand des H. Geistes/ die Schuh der Freyheit/ und geneußt des Leibes und Blutes des geschlachteten Laͤmleins JEsu Christi; Alles GOtt im Himmel und den H. Englen zur Freude. Da wird der Mensch auß dem Stand des Todes ins Leben/ auß dem Fluch in den Segen/ auß dem Rachen der Hoͤllen in den Gnaden- Schoß GOttes/ auß der Jrꝛ und Exilio ins Paradiß versetzet/ ein Kind und Erbe des ewigen Lebens/ und mit GOtt unverzuͤglich auß Gnaden/ gantz vollkommen außgesoͤhnet. Das ist die bessere/ Geheim- nuß-reiche Gerechtigkeit/ die allein im Glauben muß ergriffen werden/ das froͤliche Sions-Evangelium/ und die gute Bottschafft von dem Alle- mans-Heyden-Trost. Welches/ wie wir es nicht mißbrauchen sollen wider die weltliche Rechts-Ordnung/ dann da folget gar nicht/ es ist vor GOtt verziehen/ darum darffs die Obrigkeit nicht straffen/ andern zum Exempel und Ab- scheu; der Schaͤcher am Creutz hat die Absolution von Christo selbs em- pfangen/ die politische Straff aber wurde darum nicht auffgehoben/ Ev- angelium non abolet politias, das Evangelium hebt das weltliche Recht nicht auff. Also haben wirs entgegen zu setzen I. Cacangelio Papistico, der Paͤpstischen Gerechtigkeit/ die ihre eigene Genugthuung/ Bus- sen Vom verlohrnen Sohn. sen und Wercke mit einmischen/ nach der proportion der begangenen Suͤnden/ mit Rosen-Kraͤntzen/ Wallfahrten/ Kertzen/ Stifftern/ Moͤnchs- kutten/ Saͤcken und Aschen das gemaͤstete Kalb gleichsam spicken/ vorge- bend/ ob wohl durch Christum die Suͤnde und ewige Straff weggenom- men worden/ so bleibe doch noch reatus pœnæ temporalis, die zeitliche Straff auff dem Menschen liegen/ fuͤr die er selbst buͤssen muͤsse. Jch ge- schweige nun/ daß solches dem Verdienst Christi uͤberauß schmaͤhlerlich und wider GOttes Wort/ wie zu andern Zeiten außgefuͤhret worden/ so sage nur kuͤrtzlich dieses: Es seynd solche Wercke entweder gut/ und seynd also keine Stuͤck/ sondern Fruͤchten der Buß/ die man als neue gute Wer- cke zu leisten schuldig/ damit aber fuͤr die begangene Suͤnden nichts abge- tragen werden mag; oder es sind Menschen-Wercke und Menschen-Tand/ als einen oder mehr Rosen-Kraͤntz betten/ da und dorthin wallfahrten/ in Moͤnchs-Kutten schlieffen/ sich aͤschern lassen/ haͤrinne Hemder anziehen/ fasten/ Kertzen stifften/ und also seynd es Greuel fuͤr Gott. Und was Ambrosius von Petro sagt: Lacrymas Petri lego, satisfactionem non lego, ich lese wohl/ daß Petrus geweinet/ aber nicht/ daß er damit fuͤr seine Suͤnde gnug gethan; Das moͤgen wir hier auch sagen: Re- ditum in se \& ad Patrem lego, satisfactionem non lego, ich lese wohl/ daß der verlohrne in sich selbs und zu seinem Vater gegangen/ aber daß er damit etwas verdienet/ oder genug gethan/ das finde ich nicht. Das Gegentheil ist auß der Histori selbs clar genug/ und darff nicht viel beweisens. 2. Setzen wir es entgegen Cacangelio cor- dis nostri, dem boͤsen Fuͤrgeben unsers Hertzens/ das uns immer verdammt/ und die alte getoͤdtete Suͤnden wiederum herfuͤr grabt; will GOtt nicht recht vertrauen/ zaget und zappelt/ sonderlich wann die Straf- fen nicht auffhoͤren wollen. Zwar ein frecher und vermessener Mensch waͤre der/ der seiner Suͤnden allerdings nicht wolte gedencken/ ob sie schon vergeben, der verlohrne Sohn hats gewiß auch nicht allerdings vergessen. David gedenckt der Suͤnden seiner Jugend/ Ps. 25. GOtt der Herr sagt selbs Deut. 9, 7. Gedencke und vergiß nicht/ wie du den HErꝛn deinen GOtt erzuͤrnetest in der Wuͤsten/ so sollen wir auch der unserigen Suͤnden nimmer vergessen/ es dienet zur Demuth fuͤr GOtt/ wie Paulo ein Stachel ins Fleisch gegeben worden/ nem- lich des Satans Engel/ der ihn mit Faͤusten geschlagen/ auff daß er sich nicht der hohen Offenbahrung uͤber hebe/ 2. Cor. 12, 7. Darum spricht er 1. Cor. 15, 9. Jch bin nicht werth/ daß ich ein Apostel heisse/ darum daß ich die Gemeine GOttes verfolget R iij habe. Die Fuͤnffzehende Predigt habe. Es dienet zum Mitleiden gegen dem Naͤchsten/ dann wir wa- ren auch weyland unweise/ ungehorsame/ irꝛige/ dienende den Luͤsten und mancherley Wolluͤsten/ und wandelten in Boßheit und Neid/ und hasseten uns unter einander. Tit. 3, 3. so machets der Schenck Pharaonis/ und spricht Gen 41 9. 10. Jch gedencke heute an meine Suͤnde/ da Pharao zornig ward uͤber seine Knechte/ ꝛc. Es ist nutzlich zur Gedult/ wann GOtt auch noch nach der Bekehrung zuͤchtiget/ dann die cicatrix, das Wundmahl bleibet/ und die Mackeln kan man nicht allerdings außloͤschen; dem verlohrnen Sohn ist der gleichen begegnet/ er mußte es von seinem Bruder hoͤren/ und ihm auffs Brod streichen lassen: dieser Juncker/ das schoͤne Fruͤchtlein/ welches sich so ehrbar sc. gehalten/ daß es nicht so herꝛlich bewillkommet wird/ ey ja wohl/ daß man ihm nicht so grosse Ehr anthut/ quo merito, womit hat ers ver- dienet? hinauß mit ihm/ wir haben doch nur Schande von ihm/ ꝛc. Die liebe Gedult aber vertraͤgt alles dergleichen/ und machet behutsame Chri- sten/ daß sie sich ins kuͤnfftige vor Suͤnden huͤten. Es soll aber solche re c or- dation und Erinnerung nicht geschehen ad dubicationem vel desperatio- nem, zum Zweiffel und zur Verzweifflung; Man soll auß solchem kein pabulum infidelitatis, Nahrung des Unglaubens machen/ seinen Unglauben damit zu haͤgen. Dann das hieß GOtt zu einem Lugner ma- chen/ der sagt/ dieser mein Sohn war todt/ jetzt lebet er/ darum seind seine Suͤnden getoͤdtet/ und in die Tieffe des Meers versencket. Ja/ wie jener hertz- haffte Theologus, der mit einem Besessenen zuthun hatte/ aber von dem- selben hoͤren mußte/ daß er ihm ein Stuͤckel seiner Jugend/ um welches willen er den 25. Psalm beten muͤssen/ fuͤrgeworffen/ geantwortet: O Teuffel/ du kom̃st jetzt viel zu spaht/ es ist mir schon vergeben worden/ dabey wirs auch verbleiben lassen. Ach daß wir diese Wort/ schreibet Lyserus Harm. p. 81. sonderlich in den letzten Noͤthen (da die tentationes und Versuchungen am haͤrtesten anhalten/ da die Hertz- Stoͤße und Puͤffe am staͤrcksten gehen/ wann wir uns auffmachen/ und zum Vater gehen muͤssen) uns eriñerten/ und an diese Parabel gedaͤchten/ auff daß/ wann wir heimfahren auß diesem Elende/ wir alsdann froͤlich seyen/ in den Englischen Chor und den Reyen der Außerwehlten auffge- nommen/ in him̃lischer Herꝛlichkeit GOtt ewig preisen und loben moͤgen. Nun der GOTT alles Trostes versiegle diesen Trost in unsern Hertzen hier in der Zeit/ biß wir zu Jhm kom̃en in die selige Ewigkeit. AMEN. Die Vom verlohrnen Sohn. Die Sechzehende Predigt. Von den Fruͤchten der Buße. G Eliebte in Christo. Wann Johannes der Taͤuffer/ nach dem er gesehen die Pharisaͤer und Sadducaͤer zu seiner Tauffe kommen/ unter andern mit diesen Worten sie an- redet/ und sagt: Sehet zu/ thut rechtschaffene Fruͤchte der Buße; So fuͤhret er zwar dieselbe ἐν ὑποϑέσει, gleichsam in die Schul/ stellet sie ins Examen/ fuͤhret sie auff den Augenschein/ begehret von ihnen/ so es anderst ihnen mit der Buß ein Ernst/ sie wolten derselben specimina und Proben thun/ und rechtschaffene Fruͤchte der Busse bringen. Er wil so viel sagen: Jhr seyd Otter-Gezuͤchte und Schlangen-Art/ Schlangen-Gifft ist unter eu- eren Zungen/ Ps. 140, 4. Dencket nur nicht/ daß ihr bey euch wolt sagen/ wir haben Abraham zum Vater; Jhr seyd Otter-Gezuͤchte in der War- heit. Jch zweiffle sehr/ obs euch Ernst sey/ dem zukuͤnfftigen Zorn zu ent- rinnen? Dann Art laͤßt von Art nicht/ kan auch ein Mohr seine Haut wandlen/ oder ein Parder seine Flecken ? Jer. 13 23. Eben so wenig koͤnnet auch ihr enere boͤse Unart lassen. Aber nun wolan/ ich bin kein Hertzen-Kuͤndiger/ ists euch ein Ernst/ so beweisets im Werck/ zeiget eu- ern Glauben in den Wercken. Wie auch Jacobus eben ein solch Ge- spraͤch mit den scheinglaubigen Heuchlern angestellet/ c. 2. Es moͤchte jemand sagen: du hast den Glauben/ und ich habe die Wercke: zeige mir deinen Glauben mit deinen Wercken/ so will ich auch meinen Glauben dir zeigen mit meinen Wercken. Εν ϑέσει aber und ins gemein zeiget Johannes an/ welches die cha- racteres und Merckzeichen der rechten/ wahren/ und unverfaͤlschten Kern- Buße seyen/ nemlich 1. fructus, Fruͤchten/ nicht als wie der Dorn-Busch oder Dorn-Strauch/ davon Feuer außgehet/ und die Cedern in Libanon verbrennet/ das ist/ schaͤdliche Fruͤchten/ von denen man unverletzt und un- bestochen nicht wohl kommen kan/ dadurch alles verderbet wird/ wie dor- ten Jud. 9. Jotham den Abimelech vergleichet. 2. καρποὺς ἀξίους τῆς μετα- νοίας, rechtschaffene Fruͤchte der Buße/ die der Buße werth seynd/ ra- tione efficientis, ihrem Ursprung nach/ verstehet dadurch fructus ci- cures. zahme/ und nicht wilde Fruͤchten/ die von einem Wildfang her- kommen/ sondern als von einem neu-gepfantzten Garten-Baum zeugen/ nicht Die Sechzehende Predigt nicht harte/ saure/ unmuhtige Fruͤchten/ wilde Birn/ Holtzaͤpffel/ Ey- cheln/ die den Mund verderben dem/ der darein beisset/ gestalt dann solche Fruͤchten seind die Wercke der Heyden; sondern gute/ suͤsse/ liebliche/ gesun- de und nutzliche Fruͤchten/ die in den Garten GOttes transplanti rt und versetzet worden seynd; Καρποὺς ἀξίους, rechtschaffene Fruͤchte/ ratione materiæ \& formæ, ihrem Wesen und Eigenschafft nach/ nicht be- triegliche/ vergifftete Schein-Fruͤchten/ wie die Aepffel zu Sodom am rothen Meer/ die außwendig schoͤn/ inwendig aber Aschen seyn sollen/ Sap. 10, 7. oder wie die Blaͤtter des Feigenbaums/ Matth. 21, 19. welchen der He rꝛ ver- flucht/ daß er als bald verdorret ist/ und damit erwiesen/ daß er alle Heucheley verfluchen und verdammen wolle/ wann es heisset/ die Stimme ist Jacobs Stimme/ aber die Haͤnde seind Esaus Haͤnde. Καρποὐς ἀξίους, recht- schaffene Fruͤchten/ ratione sinis, der End-Ursach und ihrem Zweck nach/ Fruͤchten der Gerechtigkeit/ die nicht zu eigenem Lob und eiteler selbst-pralerey/ sondern Gott zu Ehren und allem Gefallen gesche- hen durch JEsum Christum/ Philip. 1, 11. wie die Trauben von Natur Gott zum Lob/ und dem Menschen zu Nutze wachsen. Ein Exemplar einer solchen fruchtbaren Buß stellet uns abermal unser Herr und Seligmacher Christus fuͤr die Augen/ an dem verlohrnen Sohn/ in dem er denselben durch den Vater als einen biß dato erstorbenen und verdorꝛten/ nunmehr aber wieder lebendigen und gesunden Baum sei- nen Nachbauren und Freunden fuͤrstellet/ und sagt mit Frolocken/ und hertzlicher Freude zum zweyten mahl/ dieser mein Sohn war todt/ und ist wieder lebendig worden/ er war verlohren/ und ist funden worden. Gleich wie der Juͤngling zu Nain todt gewesen/ und das Leben verlohren hatte/ daß er schon gestuncken/ da man ihn hinauß getragen; also hatte der ver- lohrne Sohn das Leben auß Gott nicht mehr in sich/ er war vor Gott und der ehrbaren/ tugend-liebenden Welt stinckend gemacht. Wie jener seine Seele und damit das Leben wieder erlangt auß der extraordinari Gnade und Macht GOttes; also hatte es auch dieser der widerruffenden und ziehenden Gnade GOttes seine Bekehrung einig und allein zu dan- cken. So froh die betruͤbte Mutter des verstorbenen Juͤnglings gewesen/ daß ihr lieber Sohn wieder geleibt und gelebet/ so froh war auch der Va- ter des verlohrnen Sohns/ daß er wieder umgewandt/ und die Ruck-kehr auß dem Verderben vorgenommen. Wir wollen/ M. L. damit wir ja keine gute Lehre uͤberhupffen/ in der Gleichnuß fortfahren/ und die renovationem vitæ \& statum novæ obedientiæ, das neue Leben/ welches auff die Buße folgen soll/ zu diesem mahl fuͤrtragen/ und also noch anjetzo den Vom verlohrnen Sohn. den verlohrnen Sohn zu einem Lehrmeister fuͤr uns nehmen/ und so es Go tt beliebet/ uͤber acht Tage den Pharisaismum an seinem Bruder angreif- fen. Daß es aber Gott zu Lob und Ehre/ uns zu Nutz und Lehr geschehe/ gebe der Vater aller Gnaden seines H. Geistes Beystand um Je su Christi/ willen/ Amen. E S zeiget/ Geliebte im Herrn/ anfangs der Vater des verlohr- nen Sohns den Zustand seines Sohns in und nach der Buß/ fuͤr- nemlich in dreyen Worten an; ἀνέζησε, ὑγιαίνει, ἑυρέϑη, er ist le- bendig/ er ist gesund/ er ist funden worden. Jst alles nicht nur dem Buchstaben nach leiblich/ sondern auch geistlicher weise zu verstehen/ und wird mit einem Wort so viel gesagt/ als justificatus est, er ist gerecht ge- macht/ er ligt nicht mehr unter den Todten/ sondern ist geistlicher weise auff- gestanden; er ist nicht mehr kranck und schwach an seiner Seelen/ sondern heyl und gesund; er gehet nicht mehr in der irre/ sondern ist gefunden. Ha- ben also hiebey ideam justificati, ein Muster oder Bild eines gerecht- fertigten oder gerecht gemachten Menschen/ an dem wir ex signis \& speciminibus, auß den Zeichen und Proben abnehmen koͤnnen/ daß er gelebet; und damit auch wir von uns und andern sagen moͤgen/ wir leben in Gott/ seind gesund an der Seel/ und gefunden worden/ so sollen wir von diesem Baum Fruͤchten abbrechen/ und die Kernen davon in unsern Garten versetzen. Es deutet aber Christus auff dreyerley Fruͤchten/ die sich bey einem rechten Buͤsser erzeigen muͤssen/ und seynd I. fructus vitæ novæ spiritualis, des geistlichen und neuen Lebens Fruͤchten: Wann ein todter Mensch wieder lebendig worden/ so erzeigen sich folgende characteres und Merckzeichen: I. Calor vitalis, die Lebens-Waͤrme. Gleich wie dorten der Sunamitin Kind zu erst wiederum warm worden/ die natuͤrliche Hitze wiederum in sein Hertz zum Leben gekommen/ und das Gebluͤt sich wieder gereget/ 2. Reg. 4. Also wurde auch der verlohrne Sohn wiederum zu allerforderst warmhertzig/ das Liebes-Feur gienge in ihm auff/ daß/ so sehr er zuvor seinen Vater gehasset/ so hertzlich liebte er ihn hernach. Jst nun die Buß eines Menschen recht/ so folget die Liebe gewiß darauff/ ἄνω καὶ κάτω, uͤber sich gegen Gott/ und unter oden neben sich ge- gen dem Naͤchsten; Dann je mehr Suͤnde verziehen worden/ je bruͤnstiger die Liebe sich erzeigen soll. Daher sagt Joh. 1. Ep. 3, r 4. Wir wissen/ daß wir auß dem Tod in das Leben kommen seynd/ dann wir lieben die Bruͤder/ wer den Bruder nicht liebet/ der bleibet im Tode. Darum sagt Christus Luc. 7, 47. von der armen reuenden Suͤn- Zehender Theil. S derin: Die Sechzehende Predigt derin: Jhr sind viel Suͤnde vergeben/ dann sie hat viel geliebet: als wolte Christus sagen: daß ihr viel Suͤnde vergeben seind/ das beweiß ich darauß; wem viel geschencket wird/ der hat auch Ursach mehr zu lie- ben/ welchem aber wenig vergeben wird/ der liebet auch wenig/ wie das an- gezogene Exempel des Schuldners außweiset. v. 41. Es hatte ein Wu- cherer zween Schuldner/ einer war schuldig 500. Groschen/ der ander 50. da sie aber nicht hatten zu bezahlen/ schencket ers bey- den. Sage an/ welcher unter diesen beyden wird ihn am mei- sten lieben ? Simon antwortet und sprach: Jch achte/ dem er am meisten geschencket hat. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht gerichtet. Jch bin kommen in dein Hauß/ du hast mir nicht Wasser gegeben zu meinen Fuͤssen. Diese aber hat meine Fuͤsse mit Thraͤnen genetzet/ und mit den Haaren ihres Haupts getruͤcknet. Du hast mir keinen Kuß gegeben/ diese aber hat nicht abgelassen meine Fuͤsse zu kuͤssen. Du hast mein Haupt nicht mit Oel gesalbet/ sie aber hat meine Fuͤsse mit Salben ge- salbet. Derohalben sag ich dir: Jhr sind viel Suͤnde verge- ben/ dann sie hat viel geliebet/ welchem aber wenig vergeben wird/ der liebet wenig. Man erfahrets noch heutiges Tages/ wie eyf- ferig die jenige werden/ die zuvor in Jrꝛthum gestecket/ den Teuffel kennen gelernet/ und seinen Verfuͤhrungs-Netzen entgangen. Das achten aber unsere Leute nicht/ dann sie gehen wie die Kuͤhe im Graß biß an die Wei- che/ niemand wills glauben/ biß ihm die leidige Erfahrung nicht ohne grosse Seelen-Gefahr den allzuspaͤthen Glauben in die Hand gibt. 2. Vigor cor- dis \& lætitia, die Ermunterung und Freude des Hertzens. Der Geist Jacob ward wieder lebendig/ stehet Gen. 45/ 27. das ist/ er ward froͤlich und gutes Muths/ als er vernommen/ daß sein Sohn Joseph noch lebet. Also bekam der verlohrne Sohn/ nach dem er wieder zu Gnaden angenommen ward/ und mit ihm ein jeder rechtschaffener Buͤsser und bußfertiger Suͤnder/ ein neues Hertz und Muth/ er sihet wieder um sich/ und dencket/ nun weil Gott mir verziehen/ so darff ich mich wieder- um sehen lassen/ so hab ich alle Creaturen zu Freunden; hat mir Go tt ver- ziehen/ und ist Er fuͤr mich/ ey was wollen mir dann Menschen thun. Jst die Apostolische Lehre Pauli/ Rom. 5, 1. Nun wir dann gerecht seynd worden durch den Glauben/ so haben wir Friede mit GOtt/ durch unsern HErꝛn JEsum Christum/ Eph. 3, 12. Hebr. 4, 16. 3. Respiratio, die Erholung/ wann man wieder zu Athem kom̃t. Das Vom verlohrnen Sohn. Das Kind der Sunamitin schnaubete siebenmahl/ ehe es recht wieder zu leben anfieng. Das seynd bey Gottseligen Buͤssern die sancti gemitus \& desideria, die heilige Seufftzer und Wuͤnsche nach der vollkom- menen Erloͤsung/ nach dem Leben/ das auß Gott ist; der bestaͤndige Fuͤr- satz/ die hinderstellige Zeit im Fleisch/ heilig/ gerecht und unstraͤfflich zu leben/ das bußfertige Gedaͤchtnuß/ daß es boͤß genug/ daß man die vori- gen Zeiten zubracht nach heydnischem Willen/ in Unzucht/ Luͤsten/ Trun- ckenheit/ Fresserey/ Saͤufferey/ ꝛc. 1. Pet. 4/ 2. \& 3. 4. Apertio oculo- rum die Augen-Oeffnung; gleich wie der Koͤnigliche Printz Jona- than/ der von der Philister Schlacht ermuͤdete Held/ nach dem er ein we- nig Honig gekostet/ wiederum wacker worden/ 1. Sam. 14, 27. Also trieb die bußfertige Widerkehr in sich selbs dem verlohrnen Sohn die Schlaff- sucht auß den Augen/ er gab den Traͤumen gute Nacht/ daß er uͤber sich gesehen/ nach dem Zweck deß Goͤttlichen Zugs; vor sich/ nach dem Liecht des Goͤttlichen Willens; Zuruck hinder sich/ auff das vergan- gene Leben; weit hinauß/ auff die quatuor novissima, die vier zukuͤnffti- ge schroͤckliche Dinge; in sich/ durch wahre Buß; um sich/ auff den Naͤchsten/ den er beleidiget/ und geaͤrgert; auff den Teuffel/ der ihn verfuͤhret/ und dessen Trieb er gefolget. 5. Remotio funeralium \& foetoris, die Ablegung seiner lumpichten Kleidung/ und garsti- gen Gestancks. Lazarus stancke/ da er schon vier Tag im Grab gele- gen mit Grab-Tuͤchern an Haͤnden und Fuͤssen gebunden/ und das Ange- sicht mit einem Schweiß-Tuch verhuͤllet war; Joh. 11. aber er ließ sich auff- loͤsen/ und gieng zweiffels frey/ als er den Todten-Gestanck verlohren/ unter die Leute: Also stanck der verlohrne Sohn auch nicht mehr/ er gieng mit und unter den Leuten als ein anderer ehrlicher Mensch wieder herum. Darmit die taͤgliche mortificatio carnis, Toͤdtung unsers suͤndli- chen Fleisches abgebildet worden; dann wir haben noch viel todtes/ faules und stinckendes Fleisch im Busen/ welches wir immer ablegen muͤs- sen. Das ist das Absterben der Suͤnden/ davon St. Paulus Rom. 6, 11. redet: Haltet euch dafuͤr/ daß ihr der Suͤnden gestorben/ seyd und lebet GOTT in Christo JEsu unserm HErꝛn. Und geschicht solch sterben per desuetudinem vitiorum consuetudina- riorum, quæ tanquam vinculum mortis nos ligant, durch Ablegung oder Abgewoͤhnung der in die Gewonheit gebrachter Suͤnden/ die uns wie ein Todten-Band verknuͤpffen. Das ist ein harter Knotten/ wer den auffhauet und erzwinget/ der hat gewonnen. Dazu 6. S ij noch Die Sechzehende Predigt noch kommen muß erectio corporis, locutio \& ambulatio, die Auff- richtung des Leibes/ Rede und Fortgang. Gleich wie der vom Tod erweckte Juͤngling zu Nain sich auffgerichtet/ zu reden angefangen/ und seiner Mutter entgegen gegangen/ Luc. 7/ 15. wie Lazarus frisch wieder davon gegangen/ Joh. 11/ 44. Also sollen wir auffstehen vom Schlaff der Suͤnden/ und unsere Glieder GOtt zu Waffen der Ge- rechtigkeit begeben/ als die wir auß den Todten lebendig worden/ Rom. 6/ 13. und gleich wie Christus ist aufferwecket von den Todten/ also sollen wir auch in einem neuen Leben wandlen/ Rom. 6/ 4. Die II. Fruͤchten seind characteres sanitatis, Gesundheits-Fruͤch- ten/ als da seynd 1. vires, gute Kraͤfften/ zuvorderst der Sinnen und Affecten/ und des gantzen geistlichen Leibes/ gern sehen was recht ist/ Go t- tes Wort gern hoͤren/ vom Baum des Lebens essen/ vom frischen Wasser trincken/ die Speissen wohl verdauen/ nicht wie die Hunde wieder von sich geben/ oder wie ein undaͤuender Magen darab ecklen/ und von sich schuͤt- ten; arbeitsame Haͤnde haben/ etwas redliches zu arbeiten/ auff daß man habe zu geben dem Duͤrfftigen; schnelle Fuͤsse/ nicht Schaden zu thun/ son- dern dem Duͤrfftigen zuhelffen; froͤliche Zunge zum Lob und Preiß Go t- tes. 2. Colores, gute/ schoͤne/ rohte und lebhaffte Farb/ eine froͤliche Stirn/ color conscientiæ, bestaͤndige Gewissens-Farb/ der Christlichen Schamhafftigkeit/ weiß und roht ist der Tugend Leib-Farb; Wann man an seinen und anderer Fall gedencket/ so schaͤmet man sich/ es erwecket Demuht und Gedult/ und macht geschlachte Hertzen. Manet cicatrix, etsi vulnus sanatum, wann schon etwa die Wunde gehey- tet/ so bleibet doch das Wundmal/ die Narb/ welche mit ihrem An- blick immer zur Buß-Ubung antreibet. 3. Diœta, gesunde Diet. Jst der Mensch ungesund/ so ist die Diet bey ihme nichts nutz/ zuviel oder zuwe- nig/ wann man morgens fruͤh trincket/ unordentlich isset/ oder bey verderb- tem Magen nicht essen mag/ wie Timotheus 1. Ep. 5/ 23. Die Geistliche Diet wird erhalten durchs Gebett/ und rechten Gebrauch der H. Sacra- menten/ durch ordentliche Verrichtung seiner Ampts- und Beruffs-Ge- schaͤfften/ dadurch dem Muͤssiggang gesteuret/ und das Kleinod der Gna- de GOttes bewahret wird. Ein mancher Mensch halt gute Diet sein zeit- lich Leben zu erhalten/ und hoch zu bringen; aber um die geistliche Diet ist man wenig oder gar nit bekuͤmmert/ fuͤr welche man doch am meisten sorgen solte/ und sagen: Ach HErr/ zeige mirden rechten Weg/ zu wandlen gute Strassen/ leite mich auff deinem Tugend-Steg/ wollest mich nicht irren lassen/ ꝛc. III. Jst Vom verlohrnen Sohn. III. Jst noch uͤbrig Character inventionis factæ, Fund-Fruͤch- ten/ ist vigilans prudentia, die wachsame Klugheit/ oder kluge Wachsamkeit; vulpes non iterum capitur laqueo, quo semel se exuit, man fangt nicht leichtlich einen Fuchsen wiederum/ wann er dem Strick einmahl entgangen. — — quæ bellua ruptis, Quum semel effugit, reddit se prava catenis? sagt Horatius l. 2. serm. Sat. 7. Wo ist ein Thier/ das sich wieder- um anlegen laͤßt/ wann es ein mahl loß worden ? Gebrandte Kin- der foͤrchten das Feur: wer dem Teuffel einmahl in den Klauen geweßt/ und ihn recht kennen lernen/ der kom̃t ihm nicht mehr. Darum soll man sich fuͤr ihme huͤten/ und auff alle seine Schritt und Tritt/ auff alle Gaͤnge und Raͤncke/ so viel muͤglich/ gute Achtung geben. Die boͤse Gelegen- heiten und den Muͤssiggang fliehen: Otia si perdas, periêre cupidinis arcus: Boͤser Gesellschafften muͤssig gehen/ den uͤberfluͤssigen Trunck meiden/ wie der verlohrne Sohn/ der mit seinen Augen/ Zunge und uͤbrigen Glied- massen einen Bund gemacht/ auff alle seine Gaͤnge und Wege gesehen/ da- mit er nicht wiederum̃ in die Jrre gerahten. Componamus nos ipsos undique; quemadmodum super funem extensum ambulantibus non licet vel parum negligentibus esse; ita neque nobis pigrescere licet; viam enim incedimus angustam, \& utrinque præcipitiis obnoxiam, pedumque duorum simul non capacem; spricht Chrysostomus hom. 9. ad Thessal. Das ist: Laßt uns allenthalben unser selbst wohl wahr- nehmen/ gleich wie die Seyl-Taͤntzer nit unachtsam seyn/ und das geringste versehen doͤrffen: also lasset sichs auff unserer Seiten auch nicht faullentzen/ dann wir gehen auff einem en- gen/ beyderseits gaͤhen und schmalen Weg/ der nicht zwey Schuch breit. Siehe deßwegen/ lieber Mensch/ welchen Fleiß wir anzulegen haben. Summa/ wir sollen uns huͤten à recidivatu, daß wir nicht wieder umschlagen/ und in das alte Suͤnden-Wesen gerahten. Siehe zu/ spricht Christus Joh. 5 zu dem gesund-gemachten 38. jaͤhrigen Bett-Rießen/ du bist gesund worden/ suͤndige forthin nicht mehr/ daß dir nicht etwas aͤrgers wiederfahre. Damit nicht das letztere aͤrger werde als das erste gewesen ist/ Matth. 12/ 45. Der Hund riechet daran/ und frisset wieder/ was er gespeyet/ und die Sau waͤltzet sich nach der Schwaͤmme wieder im Koth. 2. Pet. S iij 2/ 22. Die Sechzehende Predigt 2/ 22. Aber du/ O lieber Christ/ nicht also/ lerne an fremdem Schaden witzig werden; Absalon ist dessen ein lebendiges Exempel/ der ward von seinem Vater/ dem Koͤnige David/ wieder begnadet/ daß er sein Angesicht wieder sehen/ und vor ihn kommen dorffte/ aber er schlaͤgt um/ geraͤht in vorige Suͤnde/ und kom̃t endlich mit Leib und Seel um/ O Zetter/ Feu- rio/ Mordio! Jst also in einer Sum̃a die Frucht des neuen Gehorsams der Buß/ inbruͤnstige Liebe/ hertzliche Freude/ sehnliche Begierde/ geistliche Klugheit und Wackerheit/ taͤgliche Buße und Toͤdtung des Fleisches/ demuͤhtiger Dienst aller Kraͤfften Leibes und der Seelen. So dann auch neue Kraͤff- ten/ rechter Gebrauch der Augen/ Ohren/ Haͤnde und Fuͤsse/ gesunde Ver- dauung und rechte application der geistlichen Speise/ angelegener Fleiß in seinem Ampt und Beruff/ ungefaͤrbter Glaube/ rein und weisses Gewis- sen/ rohte Tugend- Tinctur, gute Di œ t/ und kluge Wachsamkeit. Wie nun diese Lehre uns dienet zur Wiederlegung der Paͤpstischen ca- lumni en/ die von uns außschreyen/ als verbieteten wir die gute Wercke/ und wollen den atheismum ein fuͤhren/ wie solches Bellarminus l. 4. de justif. 1. einiger Noth wider der Augspurgischen Confession protestation unter- stehet zu erweisen; Wider alle unsere Predigten/ und auch diese gegenwaͤr- tige/ da wir sagen/ opera non esse merita, sed fructus, fructuum absen- tiam damnare; die Wercke seyen keine Verdienst/ sondern Fruͤch- ten der Buße/ ihre Abwesenheit oder Mangel seye verdamm- lich; dann so wenig Leben ohne respiration, oder Athem/ Gesundheit oh- ne Farb/ ein guter Baum ohne Fruͤchten seyn kan/ so wenig kan auch eine rechtschaffene Buße seyn ohne gute Wercke: Wir seynd ja nit nur Ostern- sondern auch Pfingsten-Prediger/ so wohl Sinaische Gesetz- und Laͤrmen- als Sionische Friedens-Blaͤser; wir treiben nicht nur auff die Rechtfertig- ung/ sondern auch auff die Heiligung/ so auff jene folgen soll; nicht nur auff den Glauben/ sondern auch auff die Glaubens-Fruͤchten/ die guten Wercke/ so auß dem Glauben herkommen sollen. Wir sagen und lehren/ wie der Mensch vor der Rechtfertigung nichts Gutes thun koͤnne/ es seyen lauter saure Holtz- oder Sodomische Aschen-Aepffel; also habe er nach der Rechtfertigung durch das Gesetz des lebendig-machenden Geistes die Krafft und Fruchtbarkeit von GOtt mit zu wuͤrcken/ und Frucht zu brin- gen/ wiewol nicht ad perfectionem gradus, doch sinceritatis, ob schon nicht in hoͤchster Vollkommenheit/ doch mit auffrichtigem redlichem Hertzen. Die Fruchtbarkeit selbs ist und bleibet ein Geschoͤpff GOttes; dann so we- nig ein wilder Baum Pomerantzen tragen kan/ so wenig koͤnnen wir ohne Christo Vom verlohrnen Sohn. Christo etwas Gutes thun/ Joh. 15/ 5. Ohne Jhn moͤgen wir nichts Gutes gedencken/ 2. Cor. 3/ 5. aber in Christo und durch Christum koͤnnen wir alles/ und bringen unsere eygene Fruͤchten/ Ps. 1. Ein Todter/ wann er lebendig, ein Krancker/ wann er gesund; ein Jrꝛender/ wann er gefunden wird/ hat es niemand als Christo dem Herrn zu dancken/ die anklebende Unvollkom̃enheit will er uns zu gut halten/ gleich wie ein Vater mit seinem krancken Kind/ ein Herꝛ mit seinem Knecht/ der erst auß dem Siech-Bett auffgestanden/ Gedult traͤgt; oder gleich wie man mit Trauben fuͤr lieb nimmt/ wann sie gleich nicht gar reiff seynd. Wie wir nun lernen/ was unsere gute Wercke seynd/ nemlich kein Verdienst/ wie wir mit naͤchstem zu vernehmen/ sondern Fruͤchten der Buße/ also fuͤhret uns Christus in dieser Erklaͤrung in die Schul und auff den Augenschein/ die wir uns pruͤffen und erkennen sollen/ ob wir auch sol- che Fruͤchte der Buße an uns haben. Sonderlich aber siehet er auff die/ so zum Tisch des Herrn gehen/ und den Nahmen haben wollen/ daß sie from̃ worden. Ey wolan nun/ so zeiget euere Fromkeit mit euern gu- ten Wercken/ thut rechtschaffene Fruͤchten der Buße. Christus gehet un- ter uns herum/ und suchet sie/ wie man jetzt die Trauben und die Fruͤchten des Feldes suchet/ wie er Matth. 21/ 19. Feigen am Feigenbaum gesucht/ aber er findet Haͤrlinge/ Es. 5. Dornstraͤuche/ Holtzaͤpffel/ die andern neben sich das Leben saur machen; er findet todte Leute/ die gantze Welt ist ein Tod- ten-Gerner/ ein lauterer Spital/ und Wildnuß/ die Suͤnde lebt in den Menschen/ niemand begehret der Suͤnden abzusterben/ es heiset mit ihnen/ wie mit einem leiblichen Todten: Es ist alles Eyß-kalt/ die warme Lieb ist erfroren/ es ist nirgend keine Freude im H. Geist; wo ist Begierde/ Klug- heit/ Toͤdtung des Fleisches/ rechte Bereitschafft/ neue Kraͤfften/ Tugend- Farb/ gesunde Di œ t und Wachsamkeit? es ist alles verblichen und verlo- schen. Wo solte man einen finden/ der so begierig und eyfferig uͤber sein Christenthum waͤre/ wie Archimedes uͤber seiner Matheinatischen Kunst? Johannes der Taͤuffer ruffet noch: thut rechtschaffene Fruͤchten der Buße ihr Sadducaͤer/ die ihr keine Aufferstehung der Todten glaubet; dann wann ihrs glaubetet/ so wuͤrdet ihr auch nach dem neuen Leben der renova- tion trachten/ und euch begehren zu erneuren im Geist euers Gemuͤths. Niemand wird dort aufferstehen auß dem Grab der Erden zum Leben/ er seye dann hie aufferstanden durch wahre Buße. Wollen wir aber mit Christo aufferstehen/ so muͤssen wir auch mit ihm der Suͤnden absterben/ Rom. 6. Thut Buß ihr sichere Epicuraͤer und Welt-Kinder/ die Axt ist schon dem Baum an die Wurtzel gelegt/ wird er nicht gute Fruͤchte bringen/ Die Sechzehende Predigt bringen/ so soll er abgehauen und ins Feur geworffen werden/ Luc. 3. Der Weingaͤrtner hat euch schon lang verbetten/ endlich wird es seyn muͤssen/ Luc. 13. Jhr werdet verflucht werden/ wie der unfruchtbare Feigenbaum/ Matth. 21. in euern Suͤnden sterben/ wie Saul/ 1. Chron. 11. und ob ihr schon hier eine schoͤne Leich-Predigt bekom̃t/ dañoch werdet ihr dort einen er- schroͤcklichen Gerichts-Sententz anhoͤren muͤssen. Thut Fruͤchten der Buße ihr Pharisaͤer. Mit euern Schein-Fruͤchten ist es nit außgericht/ die Heyden seynd zehenmahl froͤmmer geweßt als ihr. Dencket nicht/ wir seynd Abrahams Kinder/ Gott kan dem Abraham auch auß den Stei- nen Kinder erwecken/ Luc. 3. und den wilden Oelzweig in den zahmen Oelbaum einpfropffen/ Rom. 11. Qui stat, videat, ne cadat, wer sich laͤßt duncken/ er stehe/ der sehe ja wohl zu/ daß er nicht falle/ 2. Cor. 10. Darum haben wir niemand seinen Fall vor zurucken; Bist du nie gefallen zur Rechten auff solche weise/ so kanstu zur Lincken sincken auff eine andere weise/ durch rothe Fuͤchse/ geharnischte Maͤnner/ Pocal/ durch Weiber-Lieb/ wie Salomo/ ꝛc. DEUS quos scit in bono perman- suros, frequenter prius sunt mali, \& quos scit malos permansuros, fre- quenter sunt boni, schreibet Ambros. in cap. 9. Rom. Das ist/ welche GOtt ersiehet/ daß sie im Guten werden verharren/ die seynd gemeiniglich zuvor boͤß/ und von welchen er weiß/ daß sie wer- den Gottloß verbleiben/ die seynd zuvor oͤffters fromm. Wir sprechen mit Johan. auß 1. Ep. 2/ 29. Wer recht thut/ der ist von GOtt gebohren. Darum wer Buße thut/ der fahre immer darinn fort/ qui justus, justificetur adhuc, wer gerecht ist/ der bleibe gerecht/ und versichere sich/ daß er nach der Buß GOtt dem Herrn viel lieber seye/ wann er Jhn hertzlich liebet/ als wann er zuvor niemahl nichts Boͤses be- gangen/ und aber dabey sicher lebet. Fit plerumque DEO gratior amore ardens post culpam vita, quàm securitate torpens innocentia, Greg. M. das ist: Ein Leben/ welches nach begangener Suͤnde/ GOtt in- bruͤnstig liebet/ ist Jhme gemeiniglich angenehmer/ als die Un- schuld/ welche in Sicherheit todt und erstorben; Er wird es auch vor der ehrbaren Welt zu geniessen haben/ und am Juͤngsten Tag den himmlischen Gnaden-Lohn/ das Ende seines Glaubens/ der Seelen Se- ligkeit zur Außbeut auß Gnaden davon tragen. Und das ist also/ M. L. auch der andere Theil unserer vorhabenden Parabel/ in welchem wir durch die Gnade GOttes ἐν ϑέσει die Aufferste- hung/ das hertzliche Vertrauen/ die Fort-Reiß und den Eingang des ver- lohrnen Vom verlohrnen Sohn. lohrnen Sohns in seines Vaters Hauß; den inbruͤnstigen affect und Vaters Liebe gegen seinem Sohn/ und die vorlauffende Gnade GOttes; die Beicht und Absolution/ neben den Gnaden-Zeichen und Buß-Fruͤch- ten gluͤcklich absolvi rt; ins kuͤnfftige wird folgen ἀντίϑεσις, die Jrꝛ- thumme/ so der rechten Buß-Lehre zu wider lauffen/ und wie wir sie an dem aͤltern Bruder befinden. Nun Gott gebe/ daß wir durch solche Arbeit und den Segen Go ttes zur wahren ungeheuchelten Buße moͤgen erbauet/ und endlich ewig selig werden: O GOtt du Hoͤchster Gnaden-Hort/ Verleyh/ daß uns dein Goͤttlich Wort/ Von Ohren so zu Hertzen dring Daß es sein Krafft und Schein verbring. AMEN. Die Siebenzehende Predigt. Von der Pharisaͤischen Blind- und Unwissen- heit des aͤltern Bruders. G Eliebte in Christo dem HErꝛn. Es gibt so wohl Johannes der Taͤuffer/ als auch Christus unser Heyland/ Matth. 3, 7. \& 23, 33. den Pharisaͤern einen sehr bedencklichen Nahmen: Jhr Schlangen- und Ottergezuͤcht; und sihet damit 1. auff originem Sectæ, der Pharisaͤer Ursprung und Herkommen. Sie prangeten zwar mit der Antiqui- taͤt/ wolten Abrahams Kinder seyn und heissen/ Johan. 8. Mosis Juͤn- ger/ c. 9. Propheten-Kinder/ als die deroselben Graͤber schmuͤckten/ Matth. 23. branten sich weiß/ und machten sich glaß-rein; Aber Christus und Johannes sagen Nein dazu/ sie thun den Deckel vom Hafen/ und sprechen: Jhr seyd von dem Vater dem Teuffel/ Joh. 8. der al- ten Schlangen Saamen/ Otter-Gezuͤchte. Jhr seyd nicht weit her/ es seind noch nicht viel hundert Jahr/ daß euer Orden auß geheckt und auß- gebruͤtet worden/ von Antigono Sochæo, wie etliche wollen/ oder wie Jose- phus Scaliger meynet/ von den alten Hasidæis zur Zeit der Maccabeer entstanden/ wie bey Josepho l. 13. c. 9. der alten Geschichten zusehen. Zehender Theil. T Haben Die Siebenzehende Predigt Haben einen ἑκουσιασμὸν, und freywilligen Gottesdienst erdacht/ außge- heckt und außgebruͤtelt/ κακοῦ κόρακος κακὸν ὦον ein boͤses Ey von einem boͤsen Vogel. II. Indolem anguino- vipetinam, auff die Schlan- gen- und Ottern-Art/ welche ist 1. homiridialis, moͤrderisch zu wuͤr- gen und zu toͤdten durch scharffe und brennende Zungen/ Psalm 140, 3. Num. 21, 6. durch Drachen-Gifft und wuͤtender Ottern-Gall/ Deut. 32, 33. also/ wie der blut-rohte/ blut-durstige Hoͤllen-Drach ein Moͤrder von An- begin gewesen/ waren sie Seelen-Moͤrder/ die sich zwar sehr bemuͤhet/ Wasser und Land umzogen/ daß sie einen Juden-genossen machten/ und wann ers worden/ machten sie auß ihm ein Kind der Hoͤllen/ zwiefaltig mehr dann sie waren/ Matth. 23, 15. 2. Malitiosè contumax, halßstarrig und widerspenstig zu widerstreben/ unbaͤndig sich erzeigen/ wie die taube Otter/ die ihre Ohren zustopfft/ daß sie nicht hoͤren die Stimme des Zauberers/ des Beschwerers/ der wol beschweren kan/ Ps. 58 5. Die Pha- risaͤer liessen Johannem den Taͤuffer und Christum ruffen und schreyen/ aber sie waren blind und taub/ und wolten nicht hoͤren. 3. Hypocritica, heuchlerisch/ sich anders zu stellen als mans meinet; serpentis facies blandiens, cauda mordens, die Schlangen schmeichlen/ und stellen sich freundlich mit dem Gesicht/ aber in dessen stechen sie mit dem Schwantz; Die Paradiß-Schlang war ein schoͤnes liebliches Thier/ aber auch stachelicht/ sie hat einen stimulum und Stich hinter sich gelassen/ den wir noch fuͤhlen. Der Satan verstellet sich auch in einen Engel des Liechts/ daß man ihn nicht so leichtlich erkennen kan. Also machtens die Pharisaͤer auch/ sie waren Ertz-Schaͤlcke in der Haut/ Ehr- und Geld-geitzige Leute/ stoltze/ auffgeblasene/ neidische/ rachgierige Men- schen/ die den Schalck meisterlich verbergen kunten/ das außwendige ihres Leibes war rein und sauber/ aber inwendig steckte ein grosser Unflath; Becher und Schuͤsseln hielten sie außwendig reinlich/ aber das inwendige war voll Raubes und Fraßes/ Matth. 23/ 25. Wie nun Christus der Herr ersterzehlter massen den Pharisaͤern das Wappen visiret/ und mit einem Wort angezeiget/ was sie im Schilde fuͤhren; also hat er auch indolem Pharisaicam, die Pharisaͤische Art/ oder vielmehr Unart/ in vorhabender Gleichnuͤß/ (weil eben damahls die Zoͤllner und Suͤnder sich zum Herrn genahet/ daß sie Jhn hoͤreten/ die Pharisaͤer und Schrifftgelehrten aber daruͤber gemurret und gespro- chen: dieser nimmet die Suͤnder an/ und isset mit ihnen) abgemah- let/ und stellet uns dieselbe vor an dem Bruder des verlohrnen Sohns/ welcher eine rechte idea und Spiegel eines werckheiligen Pharisaͤers/ ja des Vom verlohrnen Sohn. des gantzen Pharisaismi ist/ den wir/ als die ἀντίϑεσιν doctrinæ de Justifica- tione, den Gegensatz der Lehre von der Rechtfertigung E. L. an- jetzo und ins kuͤnfftige auß dem dritten Theil oder actu unserer parabo- lischen Com œ di fuͤrtragen wollen. Wir haben bißhero gehabt novissi- mum \& Epicureum, sed pœnitentem, einen letsten und sicheren Epicu- rer/ aber bußfertigen Suͤnder/ jetzt folget primus \& Pharisæus, der der erste seyn wolte/ ein Pharisaͤer/ auff daß wir an ihme lernen/ was weiß oder schwartz/ Liecht oder Finsternuß/ grad oder schlimm seye. Dann gleich wie die gantze Welt sich in drey Hauffen abtheilet: der groͤste ist der Epicuraͤer/ der mindere aber doch grosse der Pharisaͤer/ der kleineste der glaubigen Buͤsser und rechten Kern-Christen; also hat der verlohrne Sohn bißhero zwo Personen vertretten/ jetzt kommt im letsten actu sein Bruder auffs Theatrum, an welchem uns sonderlich vier grosse Untu- genden fuͤr Augen gestellet werden: nemlich cœcitas \& ignorantia, Blind- und Unwissenheit; ex cœcitate justitiæ persuasio, selbst eingebildete Gerechtigkeit; ex persuasione justitiæ superbia, ange- maßter Hochmuth; exsuperbia hypocrisis, angenommene Heu- cheley. Dißmal bleiben wir allein bey dem ersten/ dieweil es je besser/ ein wenig Speiß wohl verdauen/ als den Magen und Kopff uͤberfuͤllen/ und ob wir uns zwar schon lang auffgehalten/ so hat man doch allezeit etwas gelernet/ das man zuvor nicht gewußt/ oder nicht geachtet. Gott gebe zu fernerer Betrachtung seines Heiligen Geistes Gnad und Segen/ daß es alles aufferbaulich geschehen moͤge/ Amen. B Elangend nun Pharisaicam cœcitatem, die Pharisaͤische Blindheit des aͤltesten Sohns/ so ist es zwar an dem/ der Bruder des verlohrnen Sohns war in weltlichen und haͤußlichen Sachen klug/ fuͤrsichtig und geschickt genug/ er hatte scientiam œconomi- cam, eine Wissenschafft vom guten Hauß-wesen. Dann er be- findet sich draussen auff dem Acker/ arbeitet fleissig/ wartet seinem Ampt ab/ halt seinem Vater wohl hauß/ er gedencket/ je mehr er werde zu Rath halten und gewinnen/ je besser und fetter werde hernach das Erbe seyn. Aber in andern und hoͤhern Sachen war er ignorans, ein unwissender Thor; es meldet die Parabel/ er seye auff dem Felde gewesen/ und habe nicht gewußt/ was sich daheim zugetragen. Darum als er nach Hauß gekommen/ das Gesang und Reyen gehoͤrt/ so ruffet er zu sich der Knechte einen/ und fraget/ was das waͤre? Die Umstaͤnde gebens/ daß bey ihme geweßt 1. ignorantia remissibilitatis, er hat nichts gewußt von Ver- T ij gebung Die Siebenzehende Predigt gebung der Suͤnden. Er gedachte/ nun ist mein Bruder davon/ ich bin jetzt allein/ er hat sich so schwartz beym Vater gemacht/ daß er ihm wol nimmer wird verzeihen/ er ist auß dem Testament außgeloͤscht die Suͤnde ist zu groß/ als daß sie ihm mag vergeben werden. 2. Pœnitentiæ factæ, er wußte nicht/ daß/ und wie/ sein Bruder gebuͤßt/ wie ihn die Schweine haben mores gelehrt/ wie hefftig er seine Suͤnde bereuet/ wie er seinem Vater einen Fußfall gethan/ und zum Creutz gekrochen ist. 3. War bey ihm ignorantia cordis paterni, er wußte nicht/ was Vaters- Hertz und Vaters-Liebe vermag/ er gedachte bey sich/ ich bin der aͤlteste/ der erstgebohrne/ und consequenter der Liebste. 4. Ignorantia medii consequendi hæreditatem, er wußte das Erb nicht recht zu bekommen/ und meynte/ der Vater seye ihm das Erb triplici nomine, auff dreyfache weise schuldig. Erstlich jure primogenituræ, weil er der Erstgeborne/ der Oberste im Opffer und Recht/ seines Vaters erste Krafft/ deme von Rechts wegen zween Theil in der Erbschafft gebuͤhren/ Deut. 21, 16. 17. Darnach jure obedientiæ, dieweil er dem Vater jederzeit gehorsam geweßt/ und seine Gebott noch nie uͤbertretten. Endlich auch jure operum \& servitutis, dieweil er dem Vater gedie- net/ Knechts-Arbeit gethan/ den Meister-Knecht verweßt/ und dasselbe viel Jahr lang. 5. Ignorantia sui, er kante sich selbst nicht mehr/ er vergaß wer er waͤre/ der selbst-Betrug verblendete ihn; er gedachte nit/ daß ihm sein Vater nichts schuldig/ daß es ein lauter Gnaden-Werck mit ihm seye; er erinnerte sich nicht seiner anderer heimlichen Fehler und Maͤngel/ und dann sonderlich seiner Unvermoͤglichkeit; Was Vater und Mutter an ihm gethan/ da gedacht er nicht an. Darzu endlich gekom- men 6. Ignorantia composita, eine gedoppelte muthwillige Un- sinnigkeit. Dann unangesehen der Vater ihn berichtet/ wie es herge- gangen/ ihn vermahnet/ er solle froͤlich und gutes Muhts seyn/ dann dieser sein Bruder war todt/ und ist wieder lebendig worden/ er war verlohren/ und ist wieder funden; so bleibet er doch auff seinem Kopff/ es will ihm nicht ein/ er kan es nicht verstehen. Also/ will Christus sagen/ seyd ihr Pharisaͤer und Schrifft gelehrten geartet und beschaffen. Zwar Welt-verstaͤndige Leute seyd ihr/ in grossem Ansehen bey allem Volck; Also daß Alexander der Juͤdische Koͤnig/ auß der Maccabeer Gebluͤt/ seinem Weibe befohlen/ sie solle nach seinem Tod sich nur zu der Secte der Pharisaͤer halten/ so werde sie alles koͤnnen durch- bringen/ und in ihrem Regiment sicher seyn; dann er habs auß der Erfah- rung/ was es schadet/ wann sie einem nicht guͤnstig seynd/ wie zu lesen bey Jose- Vom verlohrnen Sohn. Josepho l. 13. der alten Geschichten c. 23. darum sie auch auff dem Ca- theder Mosis gesessen/ und in grossen Ehren geschwebt; sie liessen sich dun- cken/ sie haͤtten den Schluͤssel der Weißheit/ und aller Erkantnuß/ Luc. 11. die Schluͤssel des Himmelreichs; ohne sie komme niemand in den Him- mel und wen sie nicht hinein liessen/ der muͤsse wohl draussen bleiben. Aber unterdessen waren sie starꝛ- und stock-blind in Goͤttlichen Sachen/ Jo- han. 9. deßwegen sie nicht allein cœci \& stulti, blinde Thoren/ sondern auch gar duces cœcorum, blinde Leiter/ genennet werden/ Matth. 23. Blind waren sie/ wie in andern Jrꝛthummen/ die sie defendi rt/ also sonderlich in defensione fati \& μετεμψυχώσεως, daß sie das nothzwingen- de blinde Geschick/ und die Außziehung der Seelen von einem Leib in den andern behauptet/ sie verkehrten das Gesetz Mosis/ daß dannenhero Chri- stus mit einer scharffen Feyel darhinder her gemuͤßt/ Matth. 5, 10. seqq. sonderlich aber irreten sie im Fundament und Grund der Seligkeit. Sie wußten viel vom Gesatz/ aber nichts vom Evangelio/ sie sprachen den Heyden/ Zoͤllnern und Suͤndern den Himmel glatt ab/ die waren novissi- mi, die letsten bey ihnen. Sie wußten nichts von der Buß/ noch von der Barmhertzigkeit GOttes/ und auß derselben fliessenden Schenckung des Messi æ; nichts von seinen Kenn-Zeichen und Ampts-Wercken/ wel- ches ihnen Christus vorgeworffen: Jhr Heuchler/ des Himmels Gestalt koͤnnet ihr urtheilen/ koͤnnet ihr dann nicht auch die Zeichen dieser Zeit urtheilen ? Matth. 16, 3. Sie hielten dafuͤr/ der Messias werde ein Welt-Reich anrichten/ und weil sie dergleichen an Christo nicht gefunden/ wolten sie ihn nicht annehmen. Sie bochten auch auff ihre Primogenitur und Erste Geburt/ daß sie GOttes Erb-Volck/ sein Eigenthum/ sein Außerwehltes Volck seyen/ denen das Goͤttliche Ge- setz zu verwahren anvertrauet worden/ darum koͤnne es ihnen nicht fehlen. Sie trotzen auff ihre strenge obedienz und hartes Orden-Leben; auff ihre gute Wercke und Bußen/ die sie ihnen selbs gauffleten/ wie wir uͤber acht tag vernehmen werden. Sie wußten nichts/ welches erschroͤcklich/ von der Widergeburt/ daß der Mensch Fleisch vom Fleisch/ und wann er gleich alles thue/ so gefalle es doch Gott nicht ohne die Widergēburt. Also daß Nicodemus der Meister in Jsrael in diesem Stuck ein pur lauteres Kind geweßt/ Joh. 3. und davon nicht das geringste verstanden. Dazu dann auch gekommen die Verblendung und die Verstockung; unangesehen der himmlische Vater ihnen seinen Sohn geschicket/ seine Vocation, Beruff mit himmlischer Stimme und kraͤfftigen Wundern versiegelt und be- kraͤfftiget/ sie auch selbs ἀυτοκατάκριτοι in ihrem Gewissen uͤberzeuͤgt ge- T iij weßt/ Die Siebenzehende Predigt weßt/ Matth. 22, 16. und Joh. 8. so verfolgten sie dennoch Christum/ und durchaͤchten ihn in seinen Gliedern. Waren also wohl rechte Otter-Ge- zuͤchte und Schlangen-Art/ denen Christus der Herr das Wappen bil- licher massen visieret. Nun/ M. L. diese warens nicht allein/ sondern sie haben von Anbegin biß hieher viel Bruͤder hinderlassen/ die den Pharisaͤer meisterlich gespielt. Das gantze werckheilige Papstthum/ und sonderlich die Secten und Or- dens-Leute/ Moͤnche/ Nonnen/ Benedictiner/ Carthaͤuser und dergleichen thuns den Pharisaͤern redlich nach. Allermassen/ wie zween beruͤhmte Pa- * Genebr. und Corn. à Lapide. pisten * es selbst gestehen/ id fuisse inter Judæos Pharisæos, quod sunt re- ligiosi inter Christianos, das seyen vorzeiten die Pharisaͤer unter den Juden geweßt/ was heutiges tages die Geistlichen unter den Christen seind. Und wann sie es gleich nicht gestehen wollen/ so ist es doch am Tag/ der Augenschein gibt es. Zwar an weltlicher Klugheit/ Verschlagenheit/ und dannenhero an grossem Ansehen und Autoritaͤt ist bey ihnen auch kein Mangel. Wo bey uns ein gelehrter Mann ist/ haben sie zehen dagegen; sie schreiben grosse Volumina, und erfuͤllen die Welt mit Buͤchern/ ursach: Man spendiert allezeit mehr auff den falschen Go t- tesdienst/ als auff die rechte Religion/ nach dem Exempel Achabs/ der uͤber vierhundert Baals-Pfaffen auff der Streue hielt/ und besoldete sie/ aber die zween einige Propheten des Herrn waren ihm zuwider/ und be- schwerlich zu erhalten. Es ist auch bey ihnen scientia, die Wissenschafft/ wie beym Teuffel der Glaube; sie sitzen in cathedra Petri, auff Petri Stuhl ihrer Meinung nach: massen ihnen selbst den Schluͤssel der Wis- senschafft und des Himmelreichs zu/ aber in der Warheit seind sie blind/ und der Blinden Leiter. Sie seind gute morali sten und oratores, aber Trotz sey ihnen gebotten/ daß sie das Evangelium recht verstehen solten! Sie wissen nichts von der allgemeinen unbedingten Vergebung bey Go tt/ halbieren dieselbe/ und verdammen uns Lutheraner daruͤber. Lassen in Beschreibung der rechten Buße das vornehmste und beste Stuck/ den Glauben/ auß/ und den Kohlers-Glauben halten sie fuͤr den besten. Sie verstehen sich nichts auff das vaͤtterliche Hertz Go ttes/ und auff den Herrn Messiam. Dann was sie von demselben halten/ das erhellet auß ihrem Vicatio, den sie zu einem Welt-Koͤnig machen/ und schroͤckliche Fundamental-Jrꝛthum von ihme fovi ren. Sie verfehlen des Wegs der Seligkeit/ setzen ihn auff eigene Gerechtigkeit/ wie oben gehoͤret/ auff ih- re Antiqui taͤt/ Obedienz und gute Wercke: Sie kennen sich selbs nicht/ und bilden ihnen ein/ die Lust-Seuche seye keine Suͤnde/ die Liebe GOttes muͤsse Vom verlohrnen Sohn. muͤsse eben nicht in so hohem Grad bestehen/ und die Seyten so hoch gespan- net werden; vermeinen auß eigenen Kraͤfften das Gesetz voll kom̃lich zu er- fuͤllen. Dazu dann schlaͤgt summa excœcatio, die hoͤchste Verblen- dung; Unangesehen das Heyl uns ist kommen her/ von Gnad und lauter Gute/ und ihnen das Liecht des Evangelij/ eben so wohl als uns/ hell ge- nug geschienen/ so bleiben sie als Liecht-scheuende doch in ihrer Finsternuß stecken. Dienet alles zur Warnung/ daß man sich vor solchen blinden Lei- tern huͤte/ und weder an ihren aͤusserlichen Gaben/ noch Predigten/ sich ver- gaffe. Es seind es aber auch diese nicht allein/ die Phariseer haben auch un- ter uns geleichet/ und seind solche alle unsere Welt-weise und Hauß-kluge Leute/ alle Bethlehemiten/ und geschaͤfftige Marthanen/ die zwar in weltli- chen Sachenuͤberauß klug/ abgefuͤhrt und verschlagen/ wissen auch wohl von der aͤusserlichen From̃keit und guten Wercken viel zu ruͤhmen/ unter- dessen aber wissen sie von dem besten Theil/ von der Frucht und Nutzen des Evangelij nichts/ wie die Schaͤfer zu Bethlehem. Sie wissen nichts von der Buß und dero Ubung/ von der Person Christi/ von dem Weg der Se- ligkeit/ und fremder Gerechtigkeit. Haben Lux-Augen/ wann sie anderer Leute Fehler sehen sehen aber sich selbs nicht/ und wissen jenen gnug Kletten anzuhencken. Da moͤgen wir auch wohl auß Joh. 3. mit Christo sprechen: Jhr soltet schon laͤngst Meister in Jsrael seyn/ und wisset das noch nicht; Jtem: O waͤret ihr blind/ so haͤttet ihr keine Suͤnde. Daß aber dem also seye/ bezeugt die Erfahrenheit/ ein Hauß-Vater probiere es/ er frage seine Kinder und Gesinde/ was es auß der Predigt behalten? da wird er hoͤren/ daß moralia und Historien leicht bleiben/ aber das Evangelium/ das doch allein selig machet/ das allein Krafft gibt gute Wercke zu thun/ will nicht in das Gedaͤchtnuß. Jst I. peccaminosa igrorantia, eine unverant- wortliche Unwissenheit; Die Blindheit der Leute ausser der Kirchen ist erbaͤrmlich/ aber diese muhtwillige/ davon es heisset/ muhtwillens wollen sie es nicht wissen/ ist unverantwortlich; gleich wie Democri- tus Abderites, der ihme selbs die Augen außgestochen/ nicht zu entschuldi- gen war/ weil er nicht sehen kunte. Am juͤngsten Tag wird diese Folge nicht gelten; ich hab es nicht gewußt/ darum bin ich entschuldiget; Sprichstu/ ich bin ein armer Lay/ ich hab mit meinem Brod und Pflug gnug zu thun/ daß ich mich eben außbringe; wer wolte mir thun/ wann ich so viel lernen solte/ ich mũßte alles andere ligen lassen/ und daruͤber verderben? So sprich ich/ sagt Lutherus Tom. 3, Jen. fol. 147. Was kan ich dazu/ Unwis- senheit wird nicht entschuldigen. Soll ein Christ nicht wissen/ was Die Siebenzehende Predigt was ihm zu wissen noͤthig ist ? warum lernet mans nicht ? war- um haltet man nicht gute Prediger ? man will unwissend seyn. Das Evangelium ist in Teutschland kommen/ viel verfolgens/ wenig begehrens/ viel weniger nehmens an/ und die es anneh- men/ stellen sich so laß und faul dazu/ lassen die Schulen ver- gehen/ Pfarꝛen und Predigt-Stuͤhl fallẽ/ niemand dencket dar- an/ daß mans erhalte/ und Leute aufferziehe/ und lassen uns al- len thalben stehen/ als waͤre es uns leyd/ daß wir etwas lerneten/ und gern nichts wissen wolten/ ꝛc. Man schuͤtzet keine Einfalt noch die natuͤrliche Unvermoͤglichkeit vor; man beklagt sich nicht/ daß es zu schwer zu lernen; man unterscheidet nit die Ampts- und Nebens-Wercke/ welche wohl beysammen stehen. Wie machte es David/ und der Kaͤm- merer der Koͤnigin in Morenland/ Act. 8. die warteten ihres Beruffs/ und lerneten doch auch dabey ihren Gott und Heyland erkennẽ. Was thun die Widertaͤuffer? sie handlen und wandlen in weltlichen dingen/ und die Religion oder Gottesdienst leidet bey ihnen doch keinen Abbruch. Diese sol- ten uns schamroth machen/ und eines bessern erinnern. 2. Jst diese Blindheit damnosa \& causa superbiæ, eine verdammliche Mutter des Pharisaͤischen Hochmuths. Dann/ lieber Mensch/ wiltu selig werden/ so mustu auch wissen/ wie? meynestu/ GOtt werde dich unmittel- bar in Himmel nehmen/ du glaubest was du wollest? O wehe nein! Er hat dirs nirgend versprochen/ sonst koͤnten auch Tuͤrcken/ Tartaren und Barbaren selig werden. Wissen soltu/ daß Gott eine gantz vollkommene und Engel-reine Gerechtigkeit von dir fordert; quod malâ voluntate perditum, justâ voluntate repetit, was der Mensch muthwillig ver- lohren/ das begehret GOtt rechtmaͤßiger weise wieder von ihm. Eine solche Gerechtigkeit aber hastu nicht/ dein Hertz verdammet dich/ dein Leben uͤberzeuget dich/ eine einige auch die geringste Suͤnde verdammet dich. Wo dann nun hinauß? da zeigt dir das Evangelium die Gerech- tigkeit JEsu Christi/ die er durch Thun und Leyden erworben/ und mit sei- ner Erhoͤhung bestaͤtiget. Wer ist aber Christus? wie wird man seiner faͤhig? ist seine Gerechtigkeit auch allgemein? welches seind die Mittel/ daß ich dazu gelange? was ist Wort und Sacramentẽ? womit ergreiffe ichs? was ist der Glaub? was ist d er seligmachende/ oder historische/ oder Tugend-Glaub? wo wird mir solches alles geoffenbahret? nit im Gesetz/ dann das ist nur ein Feur-Spiegel/ ein toͤdender Buchstab/ sondern im Evangelio/ einer gantz neuen und der Vernunfft unbekandten Lehre. Da lehret man glauben/ da empfaͤngt man den kindlichen Geist/ nicht gezwun- gen Vom verlohrnen Sohn. gen/ sondern auß lauter Liebe. Wer das nicht weiß/ der ist ein unglaubi- ger Mensch; es ist aber nicht genug/ daß mans weiß/ es muß auch Schrifft da/ und auffs wenigste ein Zeugnuß derselben in bereitschafft seyn/ dessen man sich wider alle Anfechtungen bedienen kan. Wer das nicht hat und weiß/ der muß entweder verzweifflen/ oder ohne Wort GOttes freveln/ und es auff GOttes Barmhertzigkeit wagen/ da es ihm aber gehen wird/ wie einem Traͤumenden/ der ihme im Schlaff wunder-grosse Dinge einbil- det/ wann er aber erwachet/ war es alles nichts. 3. Jst diese Blindheit propudiosa, schandlich; es ist ja freylich einem Christen eine Schande/ seine Beruffs-Kunst nicht wissen/ die Stuͤmpler seind bey allen Hand- werckern veracht/ und halt man nichts auff sie. Nun aber bistu/ mein lieber Christ/ nicht in die Welt gekommen/ allein der Nahrung/ dem Reich- thum/ und anderem vergaͤnglichem Wesen nachzudencken/ sondern auch sonderlich deiner Seelen Seligkeit warzunehmen. Schand ist es desto- mehr einem Evangelischen Christen/ wann ers unterlaͤßt. Wir wollen ja Kinder des Liechts seyn/ und dancken GOtt fuͤr das Liecht des Evange- lij/ und nehmens doch nicht an. Das Hertz ist und bleibt stock-blind/ und handgreifflich finster. Aber viel groͤssere Schande ist es/ wann wir die Jrꝛ- glaubigen/ Calvinisten/ Wiedertaͤuffer ansehen/ wie begierig seind sie in ihrem falschen Christenthum? wie eyfferig disputieren und behaupten sie doch ihre Jrꝛthum/ daß man nicht meynen solle/ wir Lutherische und die Calvinisten seyen im Fundament des Glaubens mit einander uneins? Sprichstu nun: quid faciendum? wie komm ich dann dazu/ daß ichs ler- ne ? Antw. abi ad Ananiam, gehe hin zu Anania/ Act. 9. das ist/ zu deinem Prediger/ der wird dirs sagen/ und stopffe die Ohren nicht fuͤr seiner Lehre zu/ dencke nicht/ es seye dir zu hoch/ es gehe dich nicht an/ mache das velum, den Umhang fleischlicher Welt-Gedancken hinweg/ und laß alle uͤbrige uͤppige Phantasien fahren; betrachte fleissig GOttes Wort/ so werden dir die Augen auff gehen/ frage nach/ man hu, was ist das ? sprich: HErꝛ rede/ dein Knecht hoͤret/ so wirstu deiner Augen Lust sehen/ daß dir kei- ne groͤssere Freude in der Welt uͤber diese seyn wird/ da wirstu stehen/ wie ein gepflantzter Baum an den Wasserbaͤchen/ Ps. 1. Du wirst dich nicht satt sehen/ und wird heissen/ quò plus sunt potæ, plus sitiuntur aquæ, je mehr man siehet/ je mehr man sehen moͤchte; wer von dieser geist- lichen Speise essen wird/ den wird nimmer darnach hungern/ Syr. 24/ 29. Wer Gott nicht hier im Glauben siehet/ der wird ihn auch dort nicht se- hen in der Herꝛligkeit. Dann wie die leibliche Finsternuß ein Bild ist der ewigen Finsternuß; also ist dieses Licht ein Bild des ewigen Liechts und Zehender Theil. V Wohl- Die Achtzehende Predigt Wohl-lebens. Da wir als Durchleuchtige Printzen und Himmels- Fuͤrsten fuͤr dem himmlischen Salomone stehen und seine Weißheit hoͤren werden. Nun so sehet ihn an hie im Glauben/ so wird er euch durchleuchten dort im schauen/ in der himmlischen Herꝛlichkeit/ darzu helff uns die Hei- lige Dreyfaltigkeit. Amen. Die Achtzehende Predigt. Von der Pharisaͤischen Gerechtigkeit. G Eliebte in CHristo. Es ist in alle wege der vaͤtterliche Erbfall/ die hæredi taͤt und patrimonium, res gratuita ein gantz frey geschencktes/ unverdientes ja unverdienliches Werck/ und zwar 1. donum ἄπρακτον proprio labore, ein Geschenck/ das nicht kan und soll mit rennen/ lauffen und arbeiten erlanget werden. Dann auff solche weise wuͤrde manches Kind/ dem sein Vater als dann stirbt/ wann es noch in der Witt- wen Mutterleib ligt/ zuruck stehen muͤssen/ als welches nichts schaffen noch arbeiten kan. So thun ja freylich auch die Alten nichts auß eygener Krafft/ wie Tagloͤhner/ sondern daß sie etwas thun koͤnnen/ das haben sie naͤchst GOtt von ihren Eltern/ die ihnen das Leben und also alle Kraͤfften zu thun gegeben. Das waͤre ein seltzamer Handel/ wann einer auß eines andern Seckel wolte freygebig seyn/ und/ wie man pflegt zu sagen/ auß anderer Leute Haͤuten Leder schneiden/ wann er wolte damit pralen/ als haͤtte er ein groß Werck gethan. Eben also seltzam ist es/ wann ein Kind ihme auß fremden Kraͤfften das Erbe zu verdienen/ wolte traͤumen lassen/ dann daß es tuͤchtig ist etwas zu thun/ das hat es bloß von Gott und sei- nen Eltern/ auch ohne einiges Verdienst. 2. Jst es donum indebitum, eine freywillige Gab. Es ist zwar ein Vater seinem Kind schuldig zu ge- ben/ oder doch zu Raht zu halten/ was demselben von seinem muͤtterlichen Gut gebuͤhret cæteris paribus, wann es sich im uͤbrigen haltet/ wie Kin- dern gebuͤhret zu thun. Ja wil er ein Christlicher Vater seyn und heissen/ so ist er schuldig/ die Seinen zu versorgen/ ihnen auß vaͤtterlicher Liebe/ und nicht auß Gerechtigkeit/ Schaͤtze zu samlen/ verwahrsam beyzulegen/ und nicht zu verthun; Daß auch die Kinder nach seinem Tod ihn ruͤhmen und Vom verlohrnen Sohn. und sagen moͤgen: das hab ich von meinem Vater. Aber wann mans mit Gewalt und Recht an ihn suchen wolte/ so wuͤrde er sagen: ey hoͤrt/ ich bin euch nichts schuldig; seyd ihr mir gehorsam geweßt/ so habt ihr erst ge- than/ was recht ist/ und wann ihr gleich alles/ was euch zu thun befohlen ist/ gethan habt/ so solt ihr sprechen: wir seynd unnuͤtze Knecht/ wir haben allererst gethan/ was wir zu thun schuldig waren/ Luc. 17. Jhr seyd es schuldig geweßt/ ich weiß von keinem grossen Danck nichts/ euch zu geben. 3. Jst es donum improportionatum, dieweil kein Vergleich und Propor- tion unter dem/ was Vater und Mutter an den Kindern thun/ und dem/ was die Kinder hinwiederum̃ ihnen thun/ davon Ambrosius sehr schoͤn schreibet ad c. 18. Luc. Pasce patrem tuum, pasce matrem tuam, etiamsi paveris matrem, adhuc non reddidisti dolores, non cruciatus, quos pro te passa est, non alimenta, quæ tribuit tenero pietatis affectu, immul- gens labiis tuis ubera; non famem, quam pro te toleravit, ne quid, quod tibi noxium esset, ederet, ne quid, quod lacti noceret, hauriret; illa tibi jejunavit, tibi manducavit, vigila vit, flevit, \&c. illi des, quod habes, cui debes, quod es: das ist: Nehre deinen Vater und Mutter/ und wann du schon deine Mutter ernehretest/ so bezahletest du ihr doch die Schmertzen und Wehe nicht/ die sie fuͤr dich außge- standen; nicht die Speisen/ die sie dir auß zarter Mutter-Lieb beygebracht/ da sie dir ihre Bruͤste an den Mund gethan/ und mit ihrer Milch getraͤncket; nicht den Hunger/ den sie um dei- net willen erlitten/ damit sie ja nichts esse/ was ihr schaͤdlich waͤ- re/ oder trincke/ was die Milch verderbete. Dir zu gut hat sie ge- fastet und gegessen/ gewacht/ den Schlaff gebrochen/ und ge- weinet/ ꝛc. Summa: Jhr hast du es zu dancken/ was du hast/ von welcher du hast/ was du bist. Wie nun ein leibliches Erb gantz ein geschencktes/ unverdientes Gut ist/ so stellet uns auch der H. Geist in seinen Worten das ewige Leben fuͤr in der Gleichnuß eines Erbes/ Matth. 25. wann er anzeiget/ daß des Men- schen Sohn am Juͤngsten Tag zwar nach den Wercken/ aber nicht um der Wercke willen richten werde. Und 1. Pet. 1/ 4. nennet er es ein unver- gaͤngliches/ unbeflecktes und unverwelckliches Erbe/ anzudeu- ten/ daß es niemand erwerben noch ererben koͤnne/ als ἄπρακτον, indebitum \& improportionatum, ein unverdienliches/ auß Gnaden geschencktes und unvergleichliches Erb. Welches er auch mit leiblichen Exempeln er- klaͤret/ sonderlich an Jacob und Esau; Dieser lauffet und rennet/ vermei- nend/ er wolle des Vaters leiblichen Seegen errennen/ aber es fehlet ihm/ V ij jenem Die Achtzehende Predigt jenem aber wirds gleichsam im Schlaff/ da er nicht daran gedacht/ Rom. 9. Ursach/ es ligt nicht an jemands wollen und lauffen/ sondern an GOttes Erbarmen; Grosse Potentaten theilen ihre Lehen-Guͤter auß nach dem Churman und Paßporten. An den Kindern Jsrael/ de- nen er das Land Canaan eingegeben/ nicht auß eygenem Verdienst/ sie kunten nicht sagen in ihrem Hertzen/ meine Krafft und meiner Haͤnde Staͤrcke haben mir dieses Vermoͤgen außgerichtet/ Deut. 8/ 17. sie seind nicht in das Land kommen um ihrer Ge- rechtigkeit und um ihres auffrichtigen Hertzens willen/ Deut. 9/ 5. Und dann sonderlich auch in dieser unserer vorhabenden schoͤnen Parabel/ da tritt auff ein armer Suͤnder/ bringt nichts mit sich als Bloͤße/ Elend/ und etliche Regimenter Ungeziffer/ dabey ein reuendes bußferti- ges Hertz; auff der andern scena tritt herein ein stoltzer auffgeblassener Werckheiliger/ er schmincket seine Federn wie ein Pfau/ und stehet da als idea Pharisaismi antiqui, als ein lebendiges Muster des alten Pharisaͤi- schen Unwesens. Heut acht Tag haben wir an demselben wargenom- men pharisaicam cœcitatem, die Pharisaͤische Blindheit/ folget an- jetzo pharisaica justitia, die Pharisaͤische Gerechtigkeit. Hievon nun nutzlich und aufferbaulich zu reden und zu handlen/ wolle uns der Va- ter des Liechts mit dem Liecht seines Heiligen Geistes von oben herab mildiglich erscheinen. Amen. S O wird uns nun/ Geliebte im Herrn/ die Pharisaͤische Gerechtigkeit gar schoͤn an dem aͤltern Bruder des verlohrnen Sohns pr æ sentiret/ und zwar I. Justitia ex majoratu, was den Vorzug des Alters betrifft/ er wird clar ὁ πρεσ ύτερος, der aͤltere genennet. Nun hatte der aͤlteste und erstgebohrne Sohn so wohl in der Natur und Voͤlcker-Recht/ als auch in dem Goͤttlichen Recht einen grossen Vortheil vor andern/ als der Oberste im Opffer und im Reich/ Gen. 49/ 3. er hatte uͤber seinen Bruder zu herꝛschen/ Gen. 47. hatte zween Vortheil oder Vorauß fuͤr demselbigen/ Deut. 21/ 7. Daher noch heutiges Tages bey hohen Geschlechtern und Stamm-Haͤu- sern geschicht/ was dorten Josaphat gethan/ der seinen andern Soͤhnen Gaben gab von Silber/ Gold und Kleinodien/ sammt festen Staͤtten in Juda/ und sie damit außwiese; aber das Koͤnigreich gab er seinem erst- gebohrnen Sohn Joram/ 2. Chron. 21/ 3. Nun war dieser Bruder der erstgebohrne/ dazu hatte er allbereit seinen Bruder auß dem Sattel gehebt/ als der verlohren/ todt und außgethan war bey dem Vater; dar- auff Vom verlohrnen Sohn. auff trotzte er/ und gedachte/ ich bin der erste und der einige Sohn. II. Justitia ex obedientia legali, weil er seinem Vater nach dem Gesetz je- derzeit gehorsam gewesen/ ich habe/ spricht er/ dein Gebott nie uͤber- tretten/ weder committendo, noch omittendo weder mit Veruͤbung des Boͤsen/ noch mit Unterlassung des Guten. Jst viel geredt/ wers glauben kan. Jst man nun einem gehorsamen Knecht/ will er sagen/ seinen Lohn zu geben schuldig/ den man so werth haͤlt/ daß er kaum seinem Herrn um so viel Gold feyl/ als schwer er ist? wieviel mehr mir mein Vater; was thut nicht ein Herꝛ seinem getreuen Knecht oder Magd/ will geschweigen/ seinem gehorsamen Kind? Jm gegentheil mein Bruder/ dieser mein Sohn/ hat sein Gut mit den Huren verschlungen/ dich gepocht und getrutzt/ biß du ihm sein Theil herauß gegeben. III. ex Servitute du- ra, auß der schweren Dienstbarkeit; siehe/ so viel Jahr diene ich dir/ versiehe dir eine Knechts-Stell/ ich arbeite Tag und Nacht/ wie ein Tagloͤh- ner/ ja wie ein Roß/ und habe bitter uͤbel Zeit. Er trotzet auff die superero- gativ; ich thue mehr als ich schuldig bin. ἰδοὺ, sagt er/ siehe Vater/ wo thut das mein Bruder? andere Kinder thun dergleichen Arbeit nicht/ wie ich/ ich renne und lauffe fruͤh und spaht/ und soll doch keinen Danck haben/ redde mihi, quod debes, gib mir/ was du mir schuldig bist. Du bist zumahl ein ungerechter Vater/ dem boͤsen Buben/ der sein Gut ver- schlungen/ haltest du eine Mahlzeit/ aber mir hastu nie einen Bock gege- ben/ daß ich mit meinen Freunden froͤlich waͤre. Hieher nun/ will der Herr Christus sagen/ ihr Pharisaͤer und Schrifftgelehrte/ beschauet euch in diesem Spiegel/ kein Ey kan abermahl dem andern so gleich seyn/ als ihr und dieser Sohn/ ihr seyd die Bruͤder des verlohrnen Sohns/ ihr pocht auch mit allen Juden ins gemein auff eueren Adel und majori taͤt/ daß ihr Abrahams Kinder seyd; das blaßt euch auff/ und macht solche inflatos Unflaͤhter auß euch. Jhr pocht auff euere Primogenitur und Erste Geburt/ daß ich weyland Jsrael meinen erstgebohrnen Sohn und außerkohrnen vor allen Voͤlckern genant habe/ Exod 4/ 22. Jhr duͤncket euch deßwegen viel besser zu seyn als die Zoͤllner und Suͤnder. Jhr pochet auff euere Gerechtigkeit/ gestalt dann Luc. 18. der Herr ein Exempel eines solchen Werckheiligen fuͤrstellet/ der mit seinem vollkommenen Gehorsam pranget/ und auch sagen will/ er habe GOttes Gebott niemahlen uͤbertretten. Jch bin kein Raͤub er/ kein ungerechter/ kein Ehebrecher/ oder auch nicht wie dieser Zoͤllner/ ich faste zwier in der Wochen/ und gebe den Zehenden von al- lem/ das ich habe. Ja ihr seyds/ die ihr mit den operibus superero- V iij gationis Die Achtzehende Predigt gationis pralet/ und euere uͤbrige Wercke ruͤhmet/ die ihr euch spiegelt in ἀκρι είᾳ religionis, in der Strenge euers Ordens/ als der streng- sten Sect euers GOttesdiensts/ Act. 26/ 5. und in der abundantia Ju- stitiæ, in euerer uͤberfluͤssigen Gerechtigkeit/ Matth. 5/ 20. Jhr lasset euch beduncken/ ihr haltet das Gesetz schaͤrffer/ strenger/ besser/ mehr als euch befohlen. Jch habe befohlen meine Gebott zuhalten/ und ihrer nicht zu vergessen/ deßwegen ich euch gebotten/ ihr solt Laͤplein machen an die Fit- tich euerer Kleider/ und gelbe Schnuͤrlein auff die Laͤplein/ auff daß ihr/ wann ihr sie ansehet/ gedencket aller Gebott des He rꝛn/ Num. 15/ 38. So machet ihr die Denck-Zedel breit/ und die Laͤplein groͤsser als andere/ Matth. 23/ 5. Jch habe befohlen/ ihr solt betten und wachen/ und euch nicht mit blos- sen Lippen zu mir nahen/ so bettet ihr in den Ecken auff den Gassen/ πρὸς τὸ ϑεαϑῆναι, auff daß ihr von den Leuthen gesehen werdet/ Matth. 6/ 5. Jsts wahr/ was Epiphanius schreibet hæres. 16. so lagen sie des Nachts an statt des Beths/ auff einer Latten einer Spannen breit/ auff daß/ wann sie im Gebett der Schlaff uͤbereylet/ sie herunder fielen und erwachten/ ja sie legten sich wohl gar auff Kiß- und stachelichte Dorn-Buͤsche oder Dorn- Wellen. Jch habe befohlen den Sabbath zu halten/ so haltet ihr ihn so streng/ daß ihr euch auch Gewissen machet/ nur Aehren abzubrechen/ uñ außzurauf- fen/ auch die Krancken zu heylen/ Matth. 12. Jch habe befohlen dem Pre- dig-Ampt zu reichen von allem/ ihr verzehendet die Muͤntz/ Till und Kuͤm- mel; Jst zwar recht gethan/ aber unterdessen lasset ihr das schwerste im Gesetz dahinden/ dieses solte man thun/ und jenes nicht lassen. Jch habe befohlen/ die Alten in Ehren zu halten/ das laßt ihr euch so genau angelegen seyn/ daß ihr auch der Maͤrtyrer Graͤber schmuͤcket/ Matth. 23. Jch habe be- fohlen Allmosen zu geben/ das thut ihr offentlich fuͤr den Leuten. Jch ha- be befohlen/ ihr solt fasten/ so sehet ihr saur/ und verstellet euere Angesichter/ auff daß ihr fuͤr den Leuten scheinet/ Matth. 6. Jhr fastet zwier in der Wo- chen/ Luc. 18. ja offt/ Luc. 5. Bannus Josephi Pr æ ceptor aß keine Speiß/ als die (ἀυτομάτως) auß der Erden waͤchset. Jch habe befohlen/ ihr solt hei- lig seyn/ so reiniget ihr euch auch aͤusserlich/ und macht euch ein Gewissen/ mit ungewaschenen Haͤnden zu Tisch zu kommen/ Matth. 15. Marc. 7. Luc. 11. Jst alles recht/ wann man nur kein Heiligthum darauß machet/ wie ihr thut. Solche Leuthe seyd ihr/ das seind euere servitia und opera supere- rogationis, euere Gerechtigkeits Werck; ist eine bessere Gerechtigkeit als der gemeinen Juden. Seyd ihr nun der Vernunfft nicht beraubet/ so werdet ihr mercken/ wie uͤbel es dem Bruder des verlohrnen Sohns ange- standen/ daß er mit seinem Vater expostuli rt, und wie schlechte Funda- menta Vom verlohrnen Sohn. menta er dazu gehabt. Wie ihr nun deßwegen einen Greuel an ihme habt/ also hat auch GOtt der himmlische Vater ein Abscheuen an euch/ die ihr ihm in allen Stucken gleich seyd. Das ist die Pharisaͤische Gerechtigkeit. Wie tieff nun/ M. L. stecket dieser Pharisaismus auch uns allen in dem Busen! dann dieweil der Mensch das Geheimnuß des Evangelij mit der Vernunfft nicht begreiffen kan/ und es ihm eine Thorheit ist/ so verlaßt er sich auff seine Fromkeit/ und eygene Gerechtigkeit. Das war Cains Ge- rechtigkeit/ Eliphas/ der Heyden/ des Mahomets/ und der Pelagianer. Man gehe auff die Doͤrffer/ examinire die Leute/ die von Christo nichts wissen/ so wird mans finden/ und Antworten bekommen/ wie jener Baur eine gegeben/ welcher/ als er vom Passion gehoͤret/ und gefraget worden/ warum Christus gelitten habe? geantwortet: er dencke wohl/ Christus habe es auch verdienet. Dahero rohe Dienst-Botten ihnen einbilden/ GOtt werde und muͤsse ihre saure Arbeit belohnen/ wie die Wehmuͤtter in Egypten. Lutherus ad c. 2. Gal. nennets justitiam servilem, merce- nariam, externam, mundanam, humanam, quæ in hac vita mercedem expectat \& recipit, ad futuram gloriam nihil prodest, similem actibus simiæ, eine knechtische/ gedingte/ aͤusserliche/ menschliche Ge- rechtigkeit/ welche in dieser Zeit die Belohnung hoffet und em- pfanget/ aber zu dem Himmel nichts nutzet/ und den Af- fen-Handlungen gleich ist. Ein jedes bedencke es nur selber/ wann es vom Evangelio niemahlen nichts gehoͤret/ ob es nicht gleich auff diese Pharisaͤische Gerechtigkeit plumpet/ und hinein fallet. Und um so viel mehr hat man sich zu erbarmen uͤber das Papst- thumm/ als in welchem diese Gerechtigkeit biß dato das Scepter-Regi- ment erhalten. Es pochet auch I. auff majoritatem \& antiquitatem, auff seine Aelte und Vorzug; dann da wird gelehret/ die Gerechtigkeit seye geartet/ wie die Gesundheit. Soll nun der Mensch gerecht werden/ so muͤsse durch die Gnade des himmlischen Artztes dieselbe zuvor dispo- ni rt werden mit Glauben/ Liebe/ Forcht und Fuͤrsatz. Durch den di- spositivè, nicht organicè, Vorbereitungs-nicht mittels-weise/ radicaliter nicht principaliter. Darauff werde alsdann die Gerechtigkeit/ als eine Quelle aller Tugenden eingegossen; die vertilge alle Suͤnden/ und ma- che den Menschen gerecht. Und dieselbe seye nun auch die Wurtzel und Quell/ krafft welcher der gerechte Mensch nicht nur dem Gesetz ein Genuͤ- gen thue/ die Suͤnde buͤsse/ sondern auch verdiene so wohl augmentum gratiæ, die Vermehrung der Gnade/ als die Seligkeit selbs/ und der ge- rechte/ nicht allein barmhertzige Richter werde den Lohn nach den Wercken abmessen. Die Achtzehende Predigt abmessen. Und seyen die adultiores die aͤltere viel gluͤckseliger als die jungen Kinder. Sonderlich aber seind die Ordens-Leut die Al- lerheiligsten/ die haben eine viel bessere Gerechtigkeit als der arme Lay/ sie thun opera supererogationis in Fasten/ Geluͤbden/ Keusch- heit/ Armuth/ Gehorsam/ in strengen Ordens-Regulen/ damit sie als uͤbereintzigen guten Wercken/ auch andern etwas verdienen. Und je strenger ein Orden lebet als der ander/ je heiliger er ist/ als die Capuciner seind heiliger dann die Benedictiner/ die Cartheuser wel- che kein Fleisch essen/ und nicht mit einander reden/ heiliger als die Ca- puciner. Die Jesuiten verdienten mehr agendo quàm patiendo durch Thun und gute Ubungen/ als durch Leyden und Gedult. Summa: wer an die Ort des Papstthum̃s kommet/ der verwundert sich uͤber ihr strenges Leben. Aber hoͤre/ was sagt unser Heyland Christus dazu? Es seye dann euere Gerechtigkeit besser/ dann der Pharisaͤer und Schrifft- gelehrten/ so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen/ Matth. 5/ 20. Besser soll sie seyn/ und also 1. perfectior, vollkommener; Gott wil sich nicht mit Hafen-Scherben/ Rechen-Pfenningen/ leichtem ungewigtem Geld/ mit allzuwenigem abbezahlen lassen. Was er Adam eingethan/ das wil er wieder haben/ nemlich perfectionem summam, die hoͤchste Vollkommenheit. Will man sie verdienen/ so muß sie noch hoͤher und unendlich seyn/ da wir doch/ wann wir alles gethan/ was uns befohlen ist/ bekennen und sagen muͤssen/ wir seynd unnuͤtze/ ja noch nicht so gut als unnuͤtze Knecht/ Luc. 17. Es muͤssen ja alle Heilige das Vater unser betten/ und doͤrffen sich mit ihrer Gerechtigkeit nicht sehen lassen. Jhre Losung ist: Ach HERR/ gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht/ Ps. 143. Wann du wilt Suͤnde zurechnen/ ach HErꝛ/ wer wird bestehen ? Psal. 130. All unsere Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Tuch. Væ etiam laudabili vitæ, si remota misericordia discutiatur, spricht August. Wehe auch dem/ der ruhmwuͤrdig und heilig lebet/ wann er ohne Barmhertzigkeit solte gepruͤfet und gerichtet werden. Es muͤssen ja die Paͤpstler selbst gestehen/ daß der habi- tus justitiæ, ihre Gerechtigkeit nit vollkommen sey/ daß er zu- und abnehme/ gemehret und gemindert werden koͤnne. 2. Solidior, fester/ auff einem bessern Grund bestehen/ daß man sich darauff verlassen koͤnne. Stulta \& pe- riculosa habitatio in meritis, quid enim stultius quàm habitare in domo vix inchoata? ruinosa est nostra habitatio, quæ sustentari magis opus habeat quàm habitari, schreibet Bernhardus, das ist: Es ist thoͤricht und Vom verlohrnen Sohn. und gefaͤhrlich auff Verdienste trauen/ dann was ist thoͤrich- ter als in einem kaum angefangenen Hause wohnen ? Un- sere Behausung ist gar baufaͤllig/ die mehr unterbauens als bewohnens bedarff. Cornel. à Lapid. p. 218. ad Corinth. vergleichet diese Gerechtigkeit einem Seidenwurms-Hauß. Allein wann das Feur der Anfechtung darzu kommt/ so verbrennet sie/ wie es die Exempel der je- nigen/ die daruͤber zu grund gegangen/ beweisen. Jesabel/ ob sie schon ihr Angesicht schoͤn geschmincket/ und ihr Haupt zierlich geschmuͤcket/ wurde gleichwohl von dem Fenster herab gestuͤrtzet; also gehets und wird ergehen allen Ruhm- und Ehr-suͤchtigen Werck-Heiligen fuͤr Gott. 3. Certior, gewisser/ in GOttes Wort/ nicht auff einer inwohnenden Gnade ge- gruͤndet/ ausser dem Menschen/ Act. 4. 1. Cor. 1. dann es ist nicht die Frag/ wie schoͤn man die Braut butze/ sondern ob sie auch GOtt wohl ge- falle/ und annehmlich seye? da sagt nun die Schrifft clar Nein dazu/ Rom. 3/ 24. Wir werden ohne Verdienst gerecht/ auß der Gnade Got- tes/ ꝛc. Gal. 11, 16. Der Mensch wird nicht gerecht durch des Ge- setzes Werck/ sondern durch den Glauben an Jesum Christ/ ꝛc. Bestehet also unsere Gerechtigkeit fuͤr Gott mehr im nehmen/ als im ge- ben/ und wird auch der Glaube außgeschlossen/ so fern er eine Tugend ist. Dann/ sagt der Apostel/ ists auß Gnaden/ so ists nicht auß Ver- dienst/ Rom. 11. mit angehaͤngter Ursach/ Eph. 2. Auß Gnaden seyd ihr selig worden/ durch den Glauben/ und dasselbe nicht auß euch. GOttes Gabe ist es/ nicht auß den Wercken/ auff daß sich nicht jemand ruͤhme; daß niemand aufftrette und sage: Siehe Vater/ so viel Jahr diene ich dir/ und habe deine Gebott noch nie uͤbertret- ten/ gib mir/ was du mir schuldig bist. Ey sprechen die Papisten/ der Apostel schliesse allein die Wercke vor der Gnade von der Rechtfertigung auß/ diese helffen nichts zur Rechtferti- gung? Antwort: der Apostel schliesset auch ἔργα ἐν δικαιοσύνη, die Wer- cke in der Gerechtigkeit auß/ Tit. 3/ 5. Er schliesset auß die Wercke die gut seynd/ vor der Gnade aber seynd keine Wercke gut/ wie auß dem Exem- pel Abrahams Rom. 4. und der falschen Apostel Act. 15. zu ersehen/ wel- che den Juden etwas zu gefallen lehren wollen; aber eben damit haben sie Christum verlohren/ weil sie durch das Gesetz gerecht werden wolten/ Gal. 5/ 4. Jst doch/ sprechen sie weiter/ Abraham durch die Wercke gerecht wor- den/ Jac. 2. Der Glaube ist ja ohne Wercke todt? Antwort: Abraham wur- de durch die Wercke gerecht/ tanquam signis, non causis, als durch Zei- chen/ und nit wuͤrckende Ursachen. Vor GOtt gilt allein der Glaube/ und Zehender Theil. X nich Die Achtzehende Predigt nicht die Wercke. Der lieblose Glaub ist ohne die Wercke todt/ aber doch machet der Glaub ohne Wercke/ auch/ ohne die Liebe/ gerecht. Ein wohl- geschmackter Apffel ist niemahl ohne Farb/ und doch fuͤhlet der die Farbe nicht/ sondern den Geschmack/ wer ihn isset. Ferner wenden sie ein: Es werde ja das Ewige Leben ein Lohn genennet/ Matth 5/ 12. eine Beloh- nung/ Col. 3/ 24. eine Crone/ 2. Tim. 4/ 8. Antwort: Es ist das ewige Leben kein Pflicht-sondern ein Gnaden-Lohn; dem der mit Wercken um- gehet/ wird der Lohn nicht auß Gnaden zugerechnet/ sondern auß Pflicht. Dem aber/ der nicht mit Wercken umgehet/ glau- bet aber an den/ der die Gottlosen gerecht machet/ dem wird sein Glaube zugerechnet zur Gerechtigkeit/ Rom. 4/ 4. Ein anders ist ein verdienter Lohn/ ein anders eine Gnadenreiche Ergoͤtzung der gehabten Muͤhe und Arbeit/ und außgestandenen Truͤb- sahl/ eine ἀνταπόδοσις τῆς κληρον μίας, eine Vergeltung des Erbes/ die geschicht nach den Wercken/ nicht um der Wercke/ sondern um Christi willen/ auß Gnaden; gleich wie etwa einem Kind ein Vorauß vor dem andern vermacht wird/ auß lauter Liebe und affection. Sie werffen uns auch vor die Wort in unserer Parabel; Alles was mein ist/ das ist dein. Antwort: Es seind solche Wort conditionatè, bedingungs- weiß zu verstehen/ wann er nemlich auch wird hinein gehen/ und sich mit freuen/ so soll auch alles sein seyn/ aber nicht auß Verdienst/ sondern auß Gnaden/ vermoͤg der Kindschafft. Ob nun wohl unsere Leute keinen Articul fester glauben/ und darauff halten/ als diesen/ und sich so erzeigen/ daß man wohl siehet/ sie begehren nit auß den Wercken selig zu werden/ so muß doch die Warheit gesagt werden ad evitationem I. Pharisaismi, zu Meidung des Pharisaͤischen Jrꝛ- thums/ daß man sich an der Paͤpstler Ordens-Leuthen/ und an ihrem strengen Leben nit vergaffe/ sondern sage/ wir achten es alles fuͤr Scha- den/ und Dreck/ nur daß wir Christum gewinnen/ Philip. 3/ 8. Es ist einmahl eine kuͤhne und frevele Lehre/ welche sie fuͤhren/ dann sie moͤ- gen die Gebotte nicht halten/ will geschweigen/ daß sie noch mehr daruͤber thun solten. 2. Epicureismi, des Epicurischen wuͤsten Sau-Le- bens/ dann ob man schon mit den guten Wercken das himmlische Erbe nicht verdienet/ so verdienet man doch mit den Suͤnden die Enterbung und Verdamnuß; die guten Wercke seind zwar nicht verdienstliche/ aber doch der Weg zum Himmel; nicht Himmel-Schluͤssel/ sondern Kennzei- chen der himmlischen Pilgrim. Christus hat nicht nur gelitten fuͤr uns/ sondern uns auch ein Fuͤrbilde gelassen/ daß wir sollen nachfol- Vom verlohrnen Sohn. nachfolgen seinen Fußstapffen. 1. Pet. 2. Sie seynd nicht die Wur- tzel/ sondern die Frucht/ nicht Mittel/ sondern der Schmuck eines Christen/ Tit. 2. 3. ad Consolationem, zu unserm Trost/ wider die anklebende Unvollkommenheit/ ein jedes unter uns kan sagen; ich bin ein Kind und Erbe GOttes/ ob ich gleich den vollkommenen Gehorsam nicht leisten kan/ aber an Christum halte ich mich/ der fuͤr mich bezahlet. Wer in diesem al- so fortgehet/ der wird auch endlich das Erbe erlangen/ welches weder durch die Menge der Besitzer/ noch durch die Viele der himmlischen Einwohner wird gemindert werden. Das gebe GOtt mir und dir/ so kommen wir beyde dahin/ da Freude die Fuͤlle/ und liebliches Wesen zur Rechten GOt- tes immer und ewiglich/ Amen. Die Neunzehende Predigt. Von dem Pharisaͤischen Hochmuht. G Eliebte in Christo. Armer Leuthe Hoffarth stin- cket/ pfleget man im Sprichwort zu sagen/ hat nicht die Meinung/ als waͤre reicher Leute Pracht lauter Bisem. Es war freylich eine wuͤste Stinckerey/ wann David mit seiner grossen Mannschafft/ in Jsrael 800000. und in Ju- da 500000. 2. Sam. 24. Hiskias mit seinen Schaͤtzen/ 2. Reg. 20. Nebucadnezar mit seiner Koͤniglichen Burg zu Babel/ Dan. 4. Herodes in seiner Pomp/ Act. c. 12. Berenice in ihrer Phan- tasi pranget. c. 25. Aber vor der Welt scheinet es sich etwas mehr zu verantworten/ sie koͤnnen den Narren besser verbergen/ sie koͤnnens mehr verbiesamen/ und entschuldigen/ mit ihren Ehren-Stellen/ Stand und dergleichen/ damit sie ihnen selbs/ und andern die Augen verblenden/ daß mancher meynet/ es muß also seyn. Aber armer Leute Hoffart stin- cket/ jederman hat ein Greuel daran/ es stincket nach einer grossen Thor- heit; wie dann in H. Sprach Holelim, die Narren/ und ruͤhmerische/ Stoltz/ und Stultus synonyma, einerley seynd/ Ps. 5. Laͤcherlich ist es/ wann einer pranget/ 1. in re vili, mit einer schlechten Sache: Manche Dienst- magd pranget in ihrer Kappe/ Kroͤß/ Schuh/ Ubermuͤder/ Beltz/ mehr als ein Tuͤrckischer Kayser mit seinem Keyserthum/ solte ein solcher Mensch X ij 300. fl. Die Neunzehende Predigt 300. fl. vermoͤgen/ wer wolte mit ihr zurecht kommen? das ist armer Leute Hoffart. Ein manches Baͤurlein ist stoͤltzer in seinem Huͤttlein/ als der Roͤmische Kayser in seinem Pallast. Mancher hat etwas vom Schul- sack gefressen/ da wirfft er mit Latein/ wie mit gantzen Quater-Stuͤcken/ um sich/ wie Lutherus redet. Manche Tochter hat ein paar Zinß-Briefflein/ wie thut sie sich herfuͤr/ da ist kein schlechter Werber gut genug. Manche Bettler schlagen sich um den Vorsitz Mancher hoͤret sich selbs gern reden/ erhebt seine Stimme wie ein Marckt-Schreyer, ist alles armer Leute Hof- fart. Es stincket auch nach Thorheit/ wann andere prangen. 2. in re inva- lida, in solchen Sachen/ die nicht vielmehr gelten/ als wie falsche Kipper/ die wunder meynen/ wie reich sie seyen/ aber wie sie es außgeben/ muͤssen sie es auch wieder einnehmen; wuchern im Sinn/ wie ein armer Jud. Mancher pocht auff seinen Adel/ ist aber darbey blut-arm/ oder voll Laster. Gleich wie nun jener ohne Gelt bey der Welt nichts gilt/ also auch dieser nichts bey ehrlichen Leuten. 3. In re mendicata \& aliena, in frem- den Federn/ wie jener Raab beym Æsopo. Wie manchmal hat ein ar- mer Betler Hochzeit/ isset/ trincket/ tantzet/ und macht sich lustig und guter ding? ein mancher pranget in einem gelehnten Kleid/ hat etwa ein paar Lackeyen nach gehen/ daß er nur in der Leute Augen groß scheine. 4. In re planè nihili, der groͤste und hoͤchste Grad der Narꝛheit ist/ wann einer stoltz ist ohne einiges Fundament/ nur auß bloßer Einbildung/ wie jener/ dessen Euphormio lcon. anim. c. 7. gedencket/ der/ als er sterben wolte/ und von seinem Sohn gefraget worden/ was sein letzter Will/ und Befehl/ die Antwort gegeben; memineris, ut in majestatem assurgas familiâ tuâ dignam, sey eingedenck/ daß du nach Hoheit trachtest/ die deinem Geschlecht wohl anstehet. So nun die weltliche Hoffart fuͤr unsern Augen ein solcher Greuel ist/ ein Gestaͤnck/ und Gelaͤchter verursacht/ was fuͤr ein unaußsprechlicher Greuel muß dann vor Gott/ und allen H. Englen die geistliche Hoffart seyn/ wann der Mensch/ quo nihil miserius, nullum simul superbius, uͤber welchen nichs elenders und auch nichts hoffaͤrtigers ist/ in seiner Fromkeit/ Heiligkeit und Gerechtigkeit fuͤr Gott pranget. Das ist ja freylich armer Leute Hoffart/ es stincket. Dann es ist dieselbe vilis, wie ein beflecktes Tuch/ Cento ein Bettlers-Mantel und Flickwerck/ Esa. 64, 6. Invalida, sie gilt vor GOttes Gericht nicht/ sie zerschmeltzet/ wie Butter an der Sonnen; mendicata, eytel Betteley/ dann was hast du/ Mensch/ das du nicht empfangen/ so du es aber empfangen/ was ruͤhmest du dich dann/ als der es nicht empfangen haͤtte ? 1. Cor. Vom verlohrnen Sohn. 1. Cor. 47. ja wann mans offtmahls beym Liecht besiehet/ so ists nichts als ein Einbildung; darff mancher meynen/ es seye Bisam oder Chrisam/ so ists ein Saur-Teig der Pharisaͤer/ ein σκύβαλον, ζημία, Unflaht/ Dreck und Schaden/ Phil. 3. aller massen wie heut acht Tag gehoͤret worden. Nun denselben Greuel recht zu verstehen/ stehet uns abermahl fuͤr Augen der Groß-Sprecher und Schwappenhauer/ der aͤltere Bruder des verlohrnen Sohns/ der schneidet auff mit dem grossen Messer/ und dasselbe ex ignorantia sui, \& justitiæ persuasione, auß eygener Unerkantnuß und Einbildung. Wir wollen ihm zu unserer Besserung/ zur Verleitung der Hoffart/ und Anfrischung der Demuht/ ein kleines auffhorchen. Chri- stus JEsus/ der die Demuht selbsten ist/ gebe seine Gnade und Segen dazu/ Amen. D Rey sonderbahre Stuͤcke der unertraͤglichen schnoͤden Hoffart fin- den sich bey dem Bruder des verlohrnen Sohns/ I. φιλαυτία, die Eigen-Lieb/ und selbs-Bulerey/ die Himmel-breite ima- gination und Einbildung von sich selbs/ die Affen-Liebe seiner Wercke und Fruͤchten. Er setzet die unrechte Brill auffs Aug/ und ein Perspectiv/ das zehenmahl groͤsser præsenti rt, als es in der Warheit war/ siehet ein Schaͤrfflein fuͤr einen Schatz an/ ein Spriesen fuͤr einen Balcken/ ein Gold- Kuͤgelein fuͤr einen Gold-Verg/ machet auß der Mucken einen Elephan- ten. Er hat irgends seinem Vater gefolget/ und treulich haußgehalten; aber das war zuviel geredet: Vater/ ich habe dein Gebott NOCH NJE uͤbertretten. Holla/ moͤchte jemand sagen/ die Fenster auff/ daß die Lugen hinauß kan. Dann wo lebt das Kind/ das von anbe- gin seine Eltern niemahls erzuͤrnet hat. Stellet darauff eine collation in seinem Hertzen an zwischen sich und seinem Bruder/ da heisset es/ mein Bruder ist impius in DEUM, Gottloß/ ich aber bin gantz fromm und heilig/ jener iniquus in Parentem, ἄσωτος, trotzig wider den Vater/ und hat sein Gut mit Huren verschlungen; ich aber habe nie kein Wasser betruͤbt; ach welch ein schoͤner Engel bin ich! II. Gloriatio \& ostentatio coram Patre, die Ruhm-Sucht/ er war gern gesehen/ darum sagt er auch herauß/ was er gedencket/ wessen das Hertz bey ihm voll/ dessen gehet der Mund uͤber/ er schnellt gleichsam dem Vater fuͤr die Augen/ ίδ , sie- he/ Vater/ wer ich bin/ du soltest dich billich uͤber mich verwundern und erfreuen; mit angehaͤngter hochmuͤhtiger exprobration, und Vorwerff- ung; Jch habe dir so viel Jahr gedienet/ habe deine Gebott nie uͤbertretten/ und du hast mir nie einen Bock gegeben/ daß ich mit X iij meinen Die Neunzehende Predigt meinen Freunden froͤlich waͤre. Da schwingt er seine Federn wie ein Pfau/ und legt sich gewaltig an den Laden. III. Contemptus fratris, die schnoͤde Verachtung seines armen und bußfertigen Bru- ders/ der doch bey Gott und Menschen lieber und froͤmmer worden/ als er jemahls geweßt. Der Veraͤchter sagt: ὁυἱός σου οὗτος, dieser dein Sohn/ das schoͤne Fruͤchtlein/ der ehrbare Gesell/ der grosse Hanß und Juncker/ mag ihn nicht mit Nahmen nennen/ und laßt sich beduncken/ sein Bruder seye kaum eines Bocks werth/ ihm aber/ als dem Froͤmmern/ gebuͤhrt das gemaͤstete Kalb. Gibt endlich IV. seine Hoffart auch zu erkennen sepa- ratione, er wil nicht hinein gehen/ duncket sich zu gut seyn/ als wolt er sagen/ was/ ich wolte den Vaganten/ den Landfahrer/ den Lumpen nicht so gut achten/ daß ich ihm einen Tritt unter das Gesicht gehen wolte. Jhr mey- net gewiß/ similis simili gaudet, ich seye auch ein solcher Gast/ nein/ wer sich unter die Kleyen maͤngt/ den fressen die Saͤu/ er muß eine weile war- ten/ biß ich hinein gehe. Unangesehen der Vater ihn geladen/ und freund- lich zugesprochen/ wolte er doch nicht. Trettet nun abermahl hieher fuͤr diesen Spiegel ihr Pharisaͤer und Schrifftgelehrten/ sehet euer Controfet/ solche Gesellen seyd ihr/ um kein Haar besser. Dann wer seynd die grosse ϕίλαυτοι, die so hoch und viel von sich halten/ so wohl absolutè, die ihr euch schlechter dings fuͤr lebendige Heilige und Engel preiset/ und selbs rechtfertiget/ als auch comparatè, die sich besser duncken zu seyn als andere Leute/ als eben ihr. Christus zeiget ihnen solche ihre Unart an dem Pharisaͤer im Tempel/ Luc. 18. der tritt da- selbst auff und spricht: Jch dancke dir GOTT/ daß ich nicht bin wie andere Leute/ Raͤuber/ Ungerechte/ Ehebrecher/ oder auch wie dieser Zoͤllner/ ꝛc. Seyd ihr nicht die jactatores, und grosse Bril- lenmeister/ die ihr auch fuͤr Gott tretten doͤrfft mit unverschaͤmter Stirn/ und auffgehabenen Augen/ und dieses DEO gratias intoni ren/ ihr lasset eure Heiligkeit auff der Trommel herum schlagen/ mit den Posaunen auß- blasen/ wann ihr Allmosen gebt/ ihr bettet offentlich an den Ecken der Gas- sen/ nur daß ihr von den Leuten gesehen werdet. Ja ihr doͤrfft auch wohl Gott dem Herrn fuͤr die Nasen schnellen/ wie dorten die Juden/ Rom. 9/ 19. was beschuldiget er uns/ wer kan seinem Willen wider- stehen ? Jhr seyd die Contemptores und Veraͤchter/ nicht nur der armen Suͤnder/ sondern auch meiner/ des Messi æ/ den Raht GOttes verachtet ihr wider euch selbs. Jhr wolt das gemaͤstete Kalb/ den Messiam/ allein haben/ und goͤnnet den armen Heyden nicht einen Bock; ob ich euch schon gepfiffen/ so wolt ihr nicht tantzen. Jhr seyd die rechte ἀσύμβολοι, singula- res, Vom verlohrnen Sohn. res, Sonderling/ daher habt ihr auch den Nahmen Pharisæi, oder in seiner Sprach/ Perischim, darum verweißt ihr meinen Juͤngern/ Matth. 9/ 11. Warum isset euer Meister mit den Zoͤllnern und Suͤn- dern ? und Luc. 7/ 39. Wann dieser ein Prophet waͤre/ so wuͤßte er/ wer und welch ein Weib das ist/ die ihn anruͤhret/ dann sie ist eine Suͤnderin. Ja am allernaͤchsten zielet der Herr auff diesen Zweck; dann dieweil eben dazumahl ihme es die Pharisaͤer fuͤr ungut hiel- ten/ daß er die Suͤnder annim̃t/ und mit ihnen isset/ Luc. 15/ 2. so wil Er ihren Unverstand damit ruͤhmen/ und sagen: Solche Bruͤder seyd ihr auch/ die ihr nicht leiden koͤnnet/ daß man mit armen Suͤndern umgehet/ und sich ihrer annimmt. Nun bedencket ihr selbs/ stunde es diesem Bru- der wohl an? lehret euch nicht die Vernunfft anders? haͤtte er nicht besser gethan/ er waͤre mit ihnen gegangen/ und haͤtte sich mit gefreuet? Ey wol- an/ so lernet daran/ ihr Herren Pharisaͤer/ gleichen Hochmuhts muͤssig zu gehen/ und euch dafuͤr zu huͤten. Zu wuͤnschen waͤre nun abermahl/ daß auch die Werckheiligen Or- dens-Leute im Papstthum̃ fuͤr diesen Spiegel stuͤnden/ und sich darinnen befchaueten. Dann bey ihnen herꝛschet die ϕιλαυτία im hoͤchsten Grad/ und kan sich deren keiner erwehren/ wie fast er wil. Da stincket allen das Maul nach der Apotheosi, Canonisation und Vergoͤtterung/ da glori ret man mit den Catalogis Sanctorum, und Heiligen-Registern/ und gloriâ miraculorum, mit dem Wunder-Ruhm. Ostendant, schreibet Thom. Bzov. der dem Zeug Jsraelis Hohn spricht: l. 7. c. 1. Protestantes, an in- ter eos, ex quo nobiscum societatem diviserunt, talis sit seties Sancto- rum? quod attinet ad populum, sunt quidem in Ecclesia Catholica plu- rimi mali, sed ex hæreticis nullus est bonus. Das ist; Es weisen uns die Protestirende/ ob unter ihnen/ seit sie sich von uns getren- net/ auch eine solche Reyh der Heiligen seye ? was das gemeine Volck anbelanget/ seynd zwar in der Catholischen Kirchen viel Boͤse/ aber unter den Ketzern ist keiner gut. So ist ihre separatio und Entfernung von der Welt offenbahr/ daß sie den Weib- ern nachfegen/ lassen sie nicht in ihre Kloͤster/ seind gute Soldaten hinter dem Ofen. Wir seynd in die Welt/ als in einen Kampff-Platz getret- ten/ so lauffen sie auß der Welt/ und verkriechen sich in die Kloͤster; heisset das gekaͤmpffet/ Glauben gehalten/ daß man die Crone der Gerechtigkeit erlange? Paulus gibt es nicht zu/ und nennet es eine selbst-erwehlte Geist- lichkeit und Gottesdienst. Wann Die Neunzehende Predigt Wann sich dann diese Pharisaͤer gnug in diesem Spiegel besehen/ so moͤgen auch wohl unsere stoltze Pharisaͤer herzu tretten/ die wir leyder alle im Bußen tragen. Daruͤber Luthertis hefftig klaget Tom 6. Jch habe es selbs schier 20. Jahr geprediget/ und getrieben/ ꝛc. Waͤre die geistliche Hof- fart nicht so groß/ es wuͤrde bessere Buͤsser geben. Es ist ein Kraut/ ja Un- kraut/ das heisset ϕιλαυτία, Selbst-Lieb/ das waͤchset in unsern Hertzen/ die alte Schlang hats darein gesaͤet. Jst die quinta essentia des Schlan- gen-Giffts/ des Satans Tinctur/ die schaͤdliche hectica, da der Mensch/ wann er etwas gutes thut/ alsobald sich verliebt in sich selbs/ buhlet mit sich selber/ verwundert sich uͤber sich selbs/ klebet am Gebett/ an der Anhoͤrung Goͤttlichen Worts/ ja an der Demuht selbs; Also hoͤret sich mancher gern reden/ wie ihm sein Hertz in die Wort außbricht; von denen es heisset: ein witziger Mann gibt nicht Klugheit fuͤr/ aber das Hertz der Nar- ren ruffet seine Narꝛheit auß/ Prov. 12/ 23. Noch ein mancher ruͤh- met sich seiner Heiligkeit/ seiner Thraͤnen/ seines Kniebiegens ohne Noth. Ja es ruͤhmet wohl der Mensch seine Demuht selbs/ und die/ welche von Verachtung eytler Welt-Ehre Buͤcher schreiben/ setzen ihre Nahmen for- nen an/ daß sie deßwegen moͤgen Ruhm erlangen. Darauff folget nun Contemptus, die Verachtung/ andere muͤssen bey ihnen Suͤnder seyn/ werffen ihnen ihre Fehler und Maͤngel fuͤr/ auch nach der Buß/ und kuͤtz- len sich damit/ gedencken nicht/ was einem widerfahren/ das koͤnne allen be- gegnen. Dann ob zwar wohl fuͤr der Buß solche Leute zu scheuen/ und man der raͤudigen Schaafe muͤssig zu gehen/ jedoch soll man sich nach der Buß (wann sie rechtschaffen geweßt) ihrer wiederum erbarmen/ cœteris pari- bus, den weltlichen Rechten und Ordnungen nichts benommen/ Evange- lium enim non abolet politias. Nach solchem allem ist die Beschreibung der geistlichen Hoffart diese: Gleich wie die weltliche Hoffart in der Selbst-Lieb/ Ruhmsucht und Ver- achtung des andern bestehet. Dann wer da einen Batzen mehr vermag/ der verachtet den andern/ spiegelt sich an sich selbs/ beduncket sich ein Liecht der Welt zu seyn/ und achtet andere nur fuͤr einen Wand-Schatten: Also ist die geistliche Hoffart ein solcher Stand/ da ein Mensch seine gute Wer- cke/ Tugenden/ Gebett/ Almosen/ Buße/ Creutz und Leyden/ seine Thraͤnen/ Demuht/ Armuht/ ꝛc. als einen Kram fuͤr Gott außleget/ damit pran- get und pralet/ und ein idolum, einen Goͤtzen darauß machet/ und es gleich- sam anbettet/ vermeinend/ Gott muͤsse ihm darum gnaͤdig seyn/ und seye seines gleichen nirgend mehr zu finden. Dabeneben verachtet man andere/ die muͤssen alle Suͤnder seyn/ und laͤßt sich beduncken/ es stehe alles auff eygenem Vom verlohrnen Sohn. eigenem Vermoͤgen/ man muͤsse fuͤr sich Achtung geben/ daß man seinen Credit erhalte/ und sich nicht mit anderer verachteter Leute Gemeinschafft besudele. Welches alles aber endlich auff die Ehr- und Gunst-Sucht hinauß laufft/ und die ἀποϑἑωσιν oder selbst-Vergoͤtterung zum Zweck vor sich hat. Was sagt aber Christus von diesem Pharisaismo und Heiligen-Stoltz? Antwort: Luc. 16, 15. GOtt kennet ihre Hertzen/ dann was hoch ist unter den Menschen/ das ist ein Greuel fuͤr GOtt. 1. Pet. 5. GOtt widerstrebet den Hoffaͤrtigen. Er hat ja ein gantzes Heer wider die hoffaͤrtige Stadt Jerusalem geschickt/ und ihr den Garauß ge- macht. Hochmuht ist die rechte Lueifers Art/ welche die H. Engel vom Himmel gestuͤrtzet/ und zu leidigen Teuffeln gemacht. Wie so; moͤchte je- mand sagen/ ists dann allerdings unrecht sich freuen uͤber seine wohl ver- richtete Arbeit? darff ein Mensch nicht seine Tugenden/ sonderlich seine Patienten ruͤhmen? Man soll ja das Liecht guter Wercke leuchten lassen fuͤr den Menschen/ Allmosen geben offentlich/ und mit gutem Exempel vor- gehen. Sagt doch Samuel 1. Sam. 12. antwortet wider mich fuͤr dem HErꝛn und seinem Gesalbten/ ob ich jemands Ochsen oder Esel genommen habe ? ob ich jemand habe Gewalt und Un- recht gethan ? ob ich von jemands Hand hab ein Geschenck ge- nommen/ und mir die Augen blenden lassen ? und Hiskias 2. Reg. 3, 3. Ach HErꝛ/ gedencke doch/ daß ich fuͤr dir treulich gewandelt habe/ und mit rechtschaffenem Hertzen/ und habe gethan/ das dir wohlgefaͤllet. Paulus sagt 2. Cor. 1/ 12. Unser Ruhm ist der/ nemlich das Zeugnuß unsers Gewissens/ daß wir in Einfaͤltigkeit und Goͤttlicher Lauterkeit auff der Welt ge- wandelt haben. Antwort: Man muß einen Unterscheid machen in- ter fora \& corda, unter den weltlichen Gerichten/ und unter dem Gericht des Hertzens fuͤr GOtt. Fuͤr Gott ruͤhme sich ja nie- mand in circo justificationis, in dem Handel der Rechtfertigung/ dann da heißt es: Jch armer Mensch gar nichts bin/ Go ttes Sohn ist worden mein Gewinn; aber fuͤr den Menschen ist es erlaubet/ nicht Ruhm suchen/ und damit pralen/ sondern wanns noth ist/ sich damit vertheidigen. Fuͤr Gott mag man sich auch wohl ruͤhmen/ aber nicht bey Gott und wider Gott/ zwischen ihm und mir allein. Da sehe ein jeder wohl zu/ daß er sich nicht darauff verlasse/ als muͤßte ihm Gott deßwegen den Himmel geben. Dann da gehoͤret ein anderer Ruhm zu/ welchen ich bey mir nicht finde/ sondern allein bey Christo. Darnach muß man auch die Hertzen un Zehender Theil. Y ter- Die Neunzehende Predigt terscheiden/ dann wann schon offt zwey ein Ding thun/ ist es darum nicht gleich einerley. Judas und die arme Suͤnderin kuͤsseten Christum aber ein jedes mit einem andern/ jener mit verraͤtherischem/ diese mit buß- fertigem Hertzen. Salomo und Herodes baueten dem Herrn einen Tempel; Moses und David liessen die Kinder Jsrael zaͤhlen; Salomo und Hiskias zeigeten ihre Schaͤtze; aber je einer mit hochmuͤhtigem/ der andere aber mit demuͤhtigem Hertzen/ Gott zu Ehren. Da sihet nun Gott/ was menschliche Augen nicht sehen: derowegen Er sich nicht be- triegen laͤsset. Christliche Hertzen sprechen mit Paulo/ 1. Cor. 4. Jch bin mir nichts bewußt/ aber darum bin ich nicht gerechtfertiget. O wie gut ist es/ wann einer seine Gaben nicht weiß/ wie Moses/ der als eine irꝛdi- sche Sonne vom Berg herab gieng/ aber er wußte nicht/ daß die Haut seines Angesichts glaͤntzete/ Exod. 34. Laßt uns nachfolgen dem Exem- pel Christi/ der sich unter Engel und Menschen gedemuͤhtiget/ und seiner Vermahnung gehorchet/ Matth. 6. Wann du betten wilt/ so gehe in dein Kaͤmmerlein/ und schleuß die Thuͤr zu/ und bette zu dei- nem Vater im verborgenen/ und dein Vater/ der in das verbor- gene sihet/ wird dirs vergelten offentlich. Man muß aber auch fuͤr den Menschen betten/ nach der Regul Au- gustini tract. 8. in Ep. Johan. Si times spectatores, non habebis imitato- res, debes videri, sed non facere, ut videaris, opus sit publicum, intentio secreta. Das ist: Wann du dich scheuest sehen zu lassen/ so kan dirs niemand nachthun/ du solt gesehen werden/ aber dich nicht selbs gern sehen lassen/ verrichte dein Werck offentlich/ aber dein Zweck und Absehen halte heimlich. Gedencke lieber Mensch/ daß es nichts mit dir seye/ daß du nur eine Hand voll Erd/ ein Sack voll Unraht und elende Mißgeburt/ ja ein zerbrechliches Gefaͤß seyest/ daß du nur uͤber alles/ was du bist und hast/ ein Schaffner seyest/ der die Allmosen- Guͤter außtheilen soll. Das groͤsseste Werck das wir thun koͤnnen/ ist das geringste davon/ das wir thun sollen. Nun Christus wolle die Wellen unserer Hertzen stillen/ und die geschwulstige Wassersucht des geistlichen Hochmuhts in uns heylen/ daß wir sagen; Nicht uns HErꝛ/ nicht uns/ sondern deinem Nahmen sey die Ehre; und mit den 24. Elte- sten Apoc. 4. die Cronen fuͤr den Stuhl werffen/ und sprechen: HErꝛ du bist wuͤrdig zu nehmen Ehre/ Preiß und Krafft/ dann du hast alle Dinge geschaffen/ und durch deinen Willen haben sie das Wesen/ und seind geschaffen. Darum Allein Vom verlohrnen Sohn. Allein GOtt in der Hoͤh sey Ehr/ Und Danck fuͤr seine Gnade/ Darum daß nun und nimmermehr Uns ruͤhren kan kein Schade/ Ein Wohlgefallen GOtt an uns hat/ Nun ist groß Fried ohn unterlaß/ All Fehde hat nun ein Ende/ AMEN. Die Zwantzigste Predigt. Von der Pharisaͤischen Heucheley. G Eliebte in CHristo dem HEꝛrn. Billich stehet der Heiligen-Teuffel/ der Englische Satan/ der schoͤne Riese und glaͤntzende Lugen-Geist in theatro diabolorum, auff dem Schau-Platz der Teuffel fornen an/ der jenige Geist/ der sich in einen Engel des Liechts verstellen kan/ und Englischen Schein von sich leuchten laßt/ der Meister aller Heucheley/ der jentge/ der sich im Paradiß in eine damals holdselige Schlange verkleidet/ und En- glische Worte von sich gegeben; darum auch Eva geglaubet/ es waͤre ein Engel/ der mit ihr redete/ dann das wußte sie wohl/ daß keine Schlange re- den koͤnne. Der sich Matth. 4. herfuͤr gethan/ und es mit Christo gewagt/ grosses Mitleiden fuͤrgegeben/ Go ttes Wort angezogen/ und grosse pro- mess en gethan. Zweiffels frey wird er eben nicht in so schroͤcklicher Gestalt auffgezogen seyn/ wie man ihn mahlet/ mit Hoͤrnern und Klauen/ son- dern als ein Engel des Liechts. Jst der jenige schoͤne Geist/ vor dem sich der Apostel Paulus mehr befahret/ als vor keinem/ 2. Cor. 11/ 4. Jch foͤrch- te aber/ daß nicht wie die Schlang Hevam verfuͤhrete mit ihrer Schalckheit/ also auch euere Sinne verrucket werden von der Einfaͤltigkeit in Christo. Jst der jenige Geist/ der in foro lauter prætextus boni publici \& affectionis fuͤhret/ sagt wunder/ wie ers so gut meynet; wie Ahitophel und Jerobeam; jenes Raͤthe fielen alle vom Him- mel herab/ er war allein lux mundi das Liecht der Welt; dieser gab fuͤr/ er Y ij meyne Die Zwantzigste Predigt meyne es recht gut mit dem Volck/ gibt Gottesdienst fuͤr/ wie Absolon 2. Sam. 15. saget/ man koͤnne Gott allenthalben dienen/ wann sie jaͤhrlich gen Jerusalem gehen/ wuͤrden sie muͤde Beine machen/ darum wolle ers naͤher begreiffen/ und einen Gottesdienst zu Dan und Bethel anrichten/ da sie ihrem Go tt eben so wohl dienen koͤnten/ als zu Jerusalem/ 1. Reg. 12. Herodes der Kinder-Moͤrder wolte auch nicht der lerste seyn/ und dahin- den bleiben/ den neu-gebohrnen Koͤnig der Juden anzubetten/ Matth. 2. Jn Choro ist er ein Prediger/ wie er dort kein falscher Geist seyn wolte in der falschen Propheten Munde/ daruͤber der vom Teuffel gerittene Zede- kia dem Propheten einen Backen-streich gegeben/ und gesagt: Wie/ ist der Geist des HErꝛn von mir gewichen/ daß er mit dir redet ? ja er gibt sich fuͤr einen Buß-Prediger und Fuͤrbitter auß/ wie dann die Poltergeister im Papstthum gebetten fuͤr die armen Seelen/ man solle Seel-Messen halten/ Buße thun/ kleine Kraͤgen tragen/ mit Fressen und Sauffen einhalten/ ꝛc. aber er bleibet nur in der andern Taffel. Er ist ein ϑαυματ ργος, ein Wunderthaͤter/ 2. Thess. 2. Wuͤrcket aller- ley lugenhafftige Kraͤfften/ Zeichen und Wunder. Ein hoch- gelehrter Doctor, der auff Mosis Stuhl sich setzet/ er hat seine Maͤrtyrer/ pranget mit schoͤnen Ceremonien/ Kirchen-Ornat und Zierath/ sonder- lich aber fuͤhret er einen Schein der Gottseligkeit/ des heiligen Lebens und Wandels/ das Hertz feiner Diener ist in heisser Andacht wie ein Back- Offen/ Ose. 7. Wie dañ die meisten Ketzer durch solchen Schein auffkom- men/ sonderlich kan sich Chrysost. ep. 4. ad Olympiades, uͤber Pelagium nicht genugsam verwundern/ er zaͤhlet ihn unter die Maͤnner ν ὡσάυτῃ ἀσκήσει. Wer ist heiliger/ wer ist froͤmmer/ als die Wiedertaͤuffer und Photinianer/ die neuen Weigelianer/ die niemahl schweren/ fluchen/ kein unnuͤtzes Wort von sich hoͤren lassen/ ꝛc. wie der Pharisaͤer/ Luc. 18. Jm gemeinen Leben ist dieses Teuffels Mund glaͤtter dann Butter/ und hat doch Krieg im Sinn/ seine Wort seind gelinder dann Oel/ und seind doch blosse Schwerter/ Psal. 55. Viel Menschen wer- den fromm geruͤhmet/ aber wer will einen finden/ der recht- schaffen fromm sey ? Proverb. 20, 6. Dann/ wie Lutherus glossiret/ die Heucheley ist groß auch unter guten Wercken/ manchen haͤlt man fuͤr boͤß/ und manchen fuͤr gut/ da man beyden unrecht thut. Es spricht der Unweisen Mund wohl/ Den rechten GOtt wir meynen. Doch ist ihr Hertz Unglaubens voll/ Mit That sie ihn verneinen. Jhr Vom verlohrnen Sohn. Jhr Wesen ist verderbet zwar/ Fuͤr GOtt ist es ein Greuel gar/ Es thut ihr keiner doch kein Gut. Billich/ fag ich noch einmal/ stehet dieser Teuffel oben an/ und fuͤh- ret gleichsam das Regiment/ 1. ob summam subtilitatem, wegen sonder- licher Verschlagenheit/ er gehet so facht/ so leiße/ daß man ihn nicht leichtlich mercket/ die andern plumben Abc -Teuffel hoͤret man bald gehen/ der Sauff-Pracht- und Geitz- Teuffel ist gar plumb. 2. ob versutiam, wegen der Arglistigkeit/ er ist verschlagen/ und so geschwind als keine Garnwind; er ist ein solcher Gauckler/ der/ wann man ihn zur vorderen Thuͤrhinauß treibet/ zur Hinderthuͤr in einem andern Habit wieder hinein schleichet. Bauet man an der andern Taffel/ fuͤhret ein aͤusserlich/ fein/ und ehrbar Leben/ so macht er sich an die erste Taffel/ wie er vor Luthero ge- than; Bauet man aber an der ersten Taffel/ so gehet er auff die andere/ und suchet/ wie er den Leuthen zukommen moͤchte. Heutiges tages suchet ers durch den vermummten Religion-Frieden/ durch seine Syncretisten. 3. ob imitandi artem, wegen kuͤnstlicher Nachartung/ er ist ein treff- licher imitator und Aff der Goͤttlichen Wercke/ da mans fuͤr einander schwerlich erkennen kan. Der Koͤnig Hiskias bettet/ und sagt: HErꝛ gedencke/ wie ich fuͤr dir treulich gewandelt habe/ und mit rechtschaffenem Hertzen/ und habe gethan/ das dir wolgefaͤl- let. 2. Reg. 20, 3. der Pharisaͤer brauchet fast gleichfoͤrmige Wort: Jch dancke dir GOtt/ ꝛc. Luc. 18. die Suͤnderin/ Luc. 7. kuͤsset den Herrn Christum/ Judas auch; Zacheus begehret Je sum zu sehen/ Herodes auch/ aber mit viel anderem Sinn. Ob er nun wohl den Schalck meister- lich weiß zu verbergen/ und hinder dem Berg zuhalten/ so laßt er doch im- mer die Klauen sehen. Damit wir nun diesen heiligen Satan recht er- kennen/ als stellet uns Christus abermal ein lebendiges Exempel fuͤr/ an dem aͤltern Bruder des verlohrnen Sohns/ und zwar pharisaicam hypo- crisin, Pharisaͤische Heucheley/ und weiset uns auff die rechte ana- tomiam und denudation oder Entdeckung des Schaafs-Beltz/ des ge- tuͤnchten Grabes/ der Jacobs-Stimm/ und der Esaus Haͤnde. Davon auch dißmal fruchtbarlich zu handlen/ wolle der Vater des Liechts mit sei- nes H. Geistes Gnade uns mildiglich erscheinen/ Amen. G Eliebte im HErꝛn: So erzeiget sich nun bey dem Bruder des verlohrnen Sohns als der Schaaf-Beltz I. bonæ intentio- nis spes, seine gute Meinung/ er fuͤhret einen trefflichen und Y iij lob- Die Zwantzigste Predigt lobwuͤrdigen Schein/ darauff deutet Christus mit einem Woͤrtlein/ DJR/ so viel Jahr diene ich DJR. Nicht MJR/ O lieber Vater/ sondern DJR zu Ehren/ Nutz/ Dienst/ Genieß/ Vortheil/ Auff- kommen/ Lust und Gefallen/ wie koͤntest du einen bessern Sohn haben als mich? Mein Bruder hat nicht DJR/ sondern seinem Bauch gedie- net/ der schaͤndlichen Wollust gepflogen/ seinen Vortheil gesucht/ dich bey lebendigem Leib erben wollen/ aber ich armer Narꝛ lauffe/ renne/ und lasse mirs blut-saur werden. Das war ein schoͤner Schaaf-Beltz/ dieser Præ- text lautete wohl/ und hatte schoͤne Wort in sich; aber solte man ihm ins Hertz haben sehen koͤnnen/ da war es viel anders gemeinet/ er steckte voll Eigennutz/ er war ein Narꝛ in seinen Sack; er gedachte/ nun mein Bru- der außgethan ist/ weß wird das Gut alsdann seyn als mein/ tibi seritur, mihi metitur, ich will meinem Vater saͤen/ aber mir schneiden; finis , warum/ und wem zu gefallen/ ers gethan/ war der Vater; aber finis ᾧ, wem zu gut/ war er selbs. II. Conscientia in minimis, er machet ihm ein enges Gewissen uͤber die geringste Sachen/ ja solte er dem Vater ei- nen Bock angegriffen/ und sich mit seinen Leuten froͤlich gemacht haben? er will sagen: du hast mir nie keinen Bock gegeben/ so hab ich auch nie kei- nen begehrt/ ich haͤtte mich ehe zehenmal in die Finger gebissen. Da wolte er an einer Mucke ersticken/ und unterdessen verschlucket er ein gantzes Ca- meel/ er hatte einen stinckenden Bock/ ja schaͤndlichen Wolff/ in seinem Bußen/ er wolte keinen Bock verzehren/ und verschlang dieweil den Wolff. III. Operis operati sanctimonia; es erzeigte sich bey ihm ein ehrbarer Wandel/ und schoͤne Tugenden der andern Taffel/ Gehorsam/ De- muht in seinem Dienst/ Freundlich- und Leutseligkeit/ dann er hatte gute Freunde/ und sagt/ daß ich mit meinen Freunden froͤlich waͤre. Castitas, die Keuschheit/ dann sonst wuͤrde er die Unkeusch- heit/ das Huren-Leben seinem Bruder nicht fuͤrgeworffen haben/ daß er sein Gut mit den Huren verschlungen; Abstinentia voluptatum, er enthielte sich der Wolluͤsten/ das Gesang und Reyen kam ihm fremd fuͤr/ er wars nicht gewohnt; ἀυτάρκεια, die Vergnuͤgsamkeit/ er ließe sich mit wenigem begnuͤgen; Laboriositas, die Arbeitsamkeit/ dann er war auff dem Felde kein Muͤssiggaͤnger. Seind lauter schoͤne politi- sche Tugenden/ wann Glaub und Hertz dabey/ so seinds Christliche Wercke: Aber o des schroͤcklichen Wolffs/ der sich unter diesem Schaafs-Beltz verborgen/ da war Superbiaspiritualis, der stinckende geistliche Hoch- muth/ die Verachtung seines Bruders/ πιχαιρεκακία, Scha- den-Freud/ der Eyffer mit Unverstand/ Rom. 11. Immisericordia, Un- Vom verlohrnen Sohn. Unbarmhertzigkeit/ er freuete sich/ daß sein Bruder fort war/ bat nicht fuͤr ihn/ wuͤnschet/ daß er aussen blieb; dann sonst haͤtte er sich gefreuet uͤber seiner Wiederkunfft; Odium \& ira Cainica, Haß und Zorn/ Cains Art/ er nennet seinen Bruder keinen Bruder/ dieser dein Sohn/ spricht er/ agieret damit den Vater/ und gibt ihm einen Stich/ der nicht blutet/ grad als haͤtte der Vater Schuld daran/ daß er ihn verzaͤrtelt; In- vidia, Neid und Mißgunst/ er mißgoͤnnet seinem Bruder das Leben/ Gluͤck und Freude/ er gebe gern ein Glied von seinem Leib dafuͤr/ daß sein Bruder todt waͤre; Injuria \& ingratitudo, Undanckbarkeit/ du hast mir nie einen Bock gegeben/ da ich viel ein mehrers und groͤsseres verdienet/ wann wir mit einander abrechnen solten. Darauff deutet der Vater/ wann er spricht: Mein Sohn/ du bist allezeit bey mir/ und alles/ was mein ist/ das ist dein. Endlich kommt dazu avaritia, ho- rum omnium mater, der Geitz/ die Wurtzel und Mutter alles Ubels/ ja daß er seinen guten Freunden/ will geschweigen andern/ einmal eine Freu- de gemachet haͤtte; so ein zaͤher/ harter und geitziger Filtz war er/ er hat gefoͤrchtet/ was da bey dieser Mahlzeit angewendet wird/ das gehe ihm von dem Seinigen ab/ und seye er es nicht schuldig zu leiden. Noch einen Haar-Rupff gibt hiemit der Herr Christus den Pha- risaͤern/ er fuͤhret sie noch einmal zu diesem Probier-Feur/ und will sagen: Wohlan ihr Pharisaͤer und Schrifftgelehrten/ laßts sehen/ ob ihr Farb hal- tet/ ob ihr die Probe außstehet. Seyd ihr nicht die außwendig schoͤne Schaͤfflein/ inwendig aber reisende Woͤlffe? seyd ihr nicht die getuͤnchte Graͤber? seyd ihr nicht die rechten Heuchler? Bey euch erzeiget sich frey- lich bona intentio, eine gute Meinung und Absehen; Jch dancke dir Gott/ daß ich nicht bin wie andere Leute/ Ungerechte/ Raͤuber/ Ehe- brecher/ ꝛc. so bettet ihr/ Luc. 8. Jhr treibet auff die erste Taffel/ wendet lange Gebett fuͤr/ Matth. 6. Jhr haltet uͤber dem Sabbath/ ihr haltet mehr auff Opffer/ als auff Barmhertzigkeit/ Matth. 9. nach der Regul/ secun- da tabula cedit primæ, die Gebott der andern Taffel sollen der ersten Taf- fel nicht vorgezogen werden. Jhr beredet die Leute/ Wer da schweret bey dem Tempel/ das seye nichts/ wer aber schweret bey dem Gold am Tempel/ der seyeschuldig/ Matth. 23. Und ihr lehret: Wer zum Vater und Mutter spricht/ Corban/ wann ichs opffere/ so ists dir viel nuͤtzer/ der thut wohl/ Matth. 15/ 5. Summa: O GOTT der theure Nahme dein/ muß ihrer Schalckheit Deckel seyn! Aber ihr seyd Woͤlffe/ Bauch-Diener/ euer inwendiges ist voll Fraß und Raub/ Die Zwantzigste Predigt Raub/ Rips Raps in meinen Sack/ GOTT geb/ was mein Naͤch- ster hat/ Luc. 16/ 14. cum potui, rapui, \&c. Jhr seyd voll Eigensucht/ niemand kan euch gnug Ehre anthun; Jhr suchet die ἀποϑέωσιν πρωτο- κλησίαν, die selbst-Vergoͤtterung/ und den obern Sitz/ Luc. 14/ 7. Jhr vid. Gerh. Harm. p. 141. 148. 150. 156. Chemnit. Harm. p. 721. 2022. seyd reisende Woͤlffe und Ketzer/ ja rechte Gottes-Laͤsterer/ gebt von mir auß/ ich treibe die Teuffel auß durch Beelzebub/ den Obersten der Teuffel/ da ichs doch durch den Finger GOttes thue/ Matth. 9/ 34. c. 12/ 24. Jhr seyds/ die ihr Mucken seuget/ und Cameel verschlinget; Jhr machet euch Gewissen/ wann ihr nicht von allem den Zehenden gebet/ die Haͤnde nicht waͤschet/ am Sabbath Aehren außrauffet; Blut-Geld in GOttes Kasten legen/ ist bey euch Suͤnde/ aber das unschuldige Blut auff dem Gewissen ligen lassen/ das achtet ihr gering; auff den Ruͤst-Tag ins Ge- richt-Hauß gehen ist bey euch nicht recht/ aber unschuldig Blut verdam- men/ laßt sich bey euch wohl thun/ Johan. 18. Jhr seyd/ die ihr in der andern Taffel einen trefflichen Schein fuͤhret/ ihr stellet euch demuͤhtig/ gebt Allmosen/ casteyet euern Leib/ seyd gastfrey/ wie ihr mich dann offt geladen/ Luc. 7/ 36. c. 11/ 38. c. 14/ 1. Jhr stellet euch/ als meynet ihrs trefflich gut mit mir/ warnet mich fuͤr Herode/ Luc. 13/ 31. aber unter des- sen seyd ihr voll Hoffart/ Neides und Hasses gegen mir/ koͤntet ihr mich mit einem Loͤffel voll Wassers ersaͤuffen/ ihr gebrauchtet keine Buͤtte voll darzu; Jhr gebtet zwey Augen darum/ daß ich keines haͤtte; Meine Wunder und Anhang sticht euch in die Augen; Jhr versuchet mich auff allerhand Weise und Wege/ wer mir anhanget/ den thut ihr in den Bann/ Matth. 23. Jhr seyd Seelen-Moͤrder/ und reissende Woͤlffe. Jst es nun dem Bruder des verlohrnen Sohns uͤbel angestanden/ daß er auff vorbesagte Weise gegen seinen Vater und Bruder sich erzeiget/ wie uͤbel/ meynet jhr dann/ stehet es euch an? Jhr Heuchler/ ist es recht/ daß er einen Splitter in seines Bruders Auge gesehen/ und des Balcken in seinem Auge nicht gewahr worden ist? also feget ihr auch zuvor vor euerer Thuͤr/ ehe jhr andere tadlen/ richten und urtheilen wollet/ ihr wer- det genug zu fegen und zu saͤubern finden. Wir wuͤnschen abermal/ daß die Ordens-Leuthe im Papstthum sich allhier spiegelten/ die alles ad majorem gloriam, zu ihrem eigenem Ruhm/ thun/ haben Hoͤrner wie das Lamm/ aber reden wie der Drach/ Apoc. 13, 11. seynd Heuschrecken mit Menschen-Haͤuptern/ Woͤlffe in Schaafs-Kleidern/ die meynen/ wann sie uns verfolgen/ thun sie Gott einen Vom verlohrnen Sohn. einen Dienst daran. Fuͤhren einen trefflichen Schein in externa sancti- monia primæ tabulæ, in dem aͤusserlichen Gottesdienst; Sie prangen mit Geluͤbden der Armut/ und seind die reichsten; des Gehorsams/ und seind der Goͤtzen Knecht; der Keuschheit/ und brennen fuͤr boͤsen Begierden; leiden/ haͤgen/ und wollen behaupten offentliche lupanaria und Huren-Haͤuser. Bernhardus wuͤnschet/ man moͤchte die Waͤnde der Clausen auffbrechen/ so wuͤrde man aͤrgere Greuel finden/ als dorten Ezech. 9. was und wieviel stumme Suͤnden gehen da vor/ Concubinen halten ist bey ihnen ehrlicher/ dann ein Eheweib haben. Wie vor zeiten die Pharisaͤer die Eltern spo- lirt/ so haben diese die Kinder spolirt. Jhr machet euch Gewissen uͤber Fleisch essen/ saufft euch unterdessen bodenvoll Weins/ grad als wann der Wein und andere gemeine Speisen nicht so wohl die Lust reitzten als das Fleisch. Jn der andern Taffel fuͤhret ihr abermahl einen Schein cæcæ obedientiæ, humilitatis, castitatis, des blinden Gehorsams/ Demuth und Keuschheit/ ihr laßt keine Weiber zu euch; diligentiæ \& œconomiæ, des sonderbaren Fleißes und guter Haußhaltung: unter dessen regieret Hochmuht/ Geitz und Triegerey mit hellem Hauffen bey euch. Von der Moͤnchen Leben bedoͤrffen wir nicht die alte Klagen in onere \& planctu Ecclesiæ, Gersonis, Cassandri, und anderer redlicher Papisten. Wir ha- ben neue Klagen von den Jesuiten selbs: Man lese Alphonsum de Vargas c. 24. Joh. Marianam de Regimine Societatis Jesu, \&c. Wie sie vor der Leute Augen Allmosen geben/ ist bekant. Und das seind nicht so wohl per- sonal Untugenden/ daß man sagen moͤchte/ es gebe allenthalben boͤse Leu- te/ sondern es seind peccata genialia, die der gantzen Gesellschafft gemein/ wer sich zu ihnen begibt/ muß von dergleichen eine Profession machen. Wir uͤberlassen aber diese dem Gericht GOttes/ und bitten fuͤr die verfuͤhr- ten/ daß GOtt sich ihrer in Gnaden erbarmen wolle. Es seind aber auch unter uns nicht alle Schaͤfflein/ nach dem sie Wolle tragen. Ach Go tt der theure Nahme dein/ wie muß er manches Schalcks Deckel seyn! Wer sagt nicht de gloria DEI, von der Ehre GOttes ? Nicht uns Herr/ nicht uns/ sondern deinem Nahmen sey die Ehre; Allein Gott in der Hoͤhe sey Ehr/ ꝛc. Man prediget/ aber ein mancher ihm selbs/ es gibt offt mehr Meel-Sorger als Seel-Sorger/ der sacer denarius und Beicht-Pfenning machet manchem blinde Augen. Man gehet in die Kirche/ gebrauchet die Sacramenta/ verehret das Pre- dig-Ampt mit neuem Jahr und Martinalien/ gibt Allmosen/ vermachet/ etwas ad pias causas; aber ein mancher machet es auch/ wie Herodes/ welcher/ nach dem er aͤrger dann kein Teuffel gelebet/ hernach den Tempel Zehender Theil. Z gebauet/ Die Zwantzigste Predigt gebauet/ in Meynung alle Suͤnden damit zu buͤssen/ vid. Cluver. pag. 248. Oder wie Constantius, der dem Bischoff Liberio 500. Goldgulden vereh- ret/ aber Liberius schenckts ihm wieder/ und fagt: Tu Ecclesias orbis ex- pilasti, du hast dich an geistlichen Guͤtern vergriffen/ und schi- ckest mir jetzt ein Hoͤllen-Kuͤchlein davon/ gehe zuvor hin/ und gib den Christen wieder/ was du ihnen entzogen: Man- cher machet ihm ein grosses Gewissen uͤber ein Kleidung/ und verschlucket indessen ein hoffaͤrtiges Camelthier. Der Wucher muß anjetzo bey den meisten eine Gerechtigkeit seyn/ vid. Luth. Tom. 7. fol. 410. Die avaritia der Geitz laufft in der gantzen Welt herum/ und muß der Welt Lauff viel gut machen; die Practicken und Raͤncke/ so man brauchet/ seind unauß- dencklich; ein mancher ziehet die Ochsen ruͤcklings ins Loch/ so hats her- nach den Schein/ und gibt Fußstapffen/ als weren sie herauß gegangen. Man fuͤhret irgend einen schoͤnen aͤusserlichen Wandel/ daß die Welt nichts zu tadlen weiß/ aber das Hertz ist voll Hoffart/ und Schaden-Freud/ da spricht man uͤber den armen Naͤchsten/ O es ist ihm recht geschehen/ er hats an mir verdienet/ ist Schad/ daß es ihm nicht uͤbler gehet/ da/ da/ so haͤtte ichs laͤngst gern gesehen. Da weiß man mit hoͤnischen Worten einander auffzuziehen; dieser dein Sohn/ deine Schwester/ dein Bruder/ ꝛc. was ist er fuͤr ein Gesell/ ja du hast dich seiner zu ruͤhmen? Frau Invidia, Mißgunst und Neidhard bleibet auch nicht dahinden. Mancher mißgoͤn- nets dem andern/ wann ihn die Sonne anscheinet/ er moͤcht ihn gerne todt sehen/ so irgend einem sein Stat zuwider/ da eyffert man/ mißgoͤnnet einan- der die Gaben; hat ein anderer ein gemaͤstetes Kalb/ so stichts jenem in die Augen/ wann er gleich einen Bock hat. Ungerechtigkeit und Undanck laßt sich auch schen/ und wil man nichts anders als von Schuldigkeit und Verdienst hoͤren. Summa/ Hoffart und Geitz ist unersaͤttlich/ Geld- Sucht/ Ehr-Sucht/ Lust-Sucht/ Gunst-Sucht ist nicht außzusprechen. Unbarmhertzigkeit gegen dem duͤrfftigen Naͤchsten nistet auch ein/ da doch Gott uns so viel Suͤnden schencket/ sonderlich siehet man es in Schuld- Forderungen/ da muß es bezahlet seyn/ solt mans auch auß Steinen hauen. Wie wehe aber das thut/ das erfahret mancher armer Baurs- mann zu diesen Zeiten. Also verstehet nun Eu. L. was Heucheley sey/ nemlich ein Wolff unter dem Schaff-Beltz/ ein greulicher Unflath unter einem schoͤnen Kleid/ Jacobs-Stimme/ aber Esaus Haͤnde; und ist sie von der Fromkeit un- terschieden/ wie die Natur von der Kunst; die Natur faͤngt vom Hertzen an/ aber die Mahlerey-Kunst mahlet nicht mehr als das Gesicht. Und dieses Vom verlohrnen Sohn. dieses soll uns dienen I. ad γνῶθι σεαυτὸν, zu der selbst-Erkandtnuß/ daß wir unsern Balcken zuvor auß dem Auge ziehen/ ehe wir andere tadlen wollen. Wann wir die Heucheley verwerffen/ steiffen darum die siche- ren Hertzen nicht/ dann diese haben schon droben ihre lectiones gehoͤret. Es schicket uns Gott viel Proben zu/ Er fuͤhret uns in die Schul/ daß wir gepruͤfet werden/ wie das Gold durchs Feur/ wie Constantinus M. sei- ne Hoͤfflinge gepruͤfet hat/ davon in der Kirchen-Histori zu lesen. Eshat Gott der Herr ignem veritatis, das Liecht der Warheit; auff- richtige Hertzen/ wann ihre Laster gestrafft werden/ scheuen das Liecht nicht/ sie gedencken vielmehr/ ja ich bins/ ich bin getroffen. Aber die Heuchler wollen nicht ans Liecht/ daß ihre Wercke nicht offenbar werden/ sie hassen den/ der sie straffet im Thor; Es ist Feur im Dach/ wann man ihnen ih- re Untugenden fuͤrhaͤlt/ sie wollen lieber ewige Pein leiden/ als den Eyssen ruͤhren und auffthun lassen. Es hat GOTT ignem crucis, flagella, Creutz-Flagellen/ er verhaͤnget Feinde/ die einem auff den Fuß tretten/ da regt sich als dann der Wurm. Diese Probe haben außgestanden Abra- ham/ Job/ David und ihres gleichen. Zu Gluͤcks-Zeiten seind sie Engel/ zu Ungluͤcks-Zeiten Teuffel. 2. ad rectum judicium de aliis, daß wir von andern recht lernen zu urtheilen/ und uns in dem Urtheil zu maͤssigen. Da wirs nicht alles allein der Famæ oder gemeinem Geschrey zumessen/ wie Eli 1. Sam. 2. oder Joseph wegen der Mari æ/ Matth. 1/ 18. 19. nicht schwartz fuͤr weiß ansehen/ nach den Worten Christi/ Joh. 7/ 24. Richtet nicht nach dem Anschen/ sondern richtet ein recht Ge- richt. Wir sollen den Naͤchsten nicht gleich verschreyen/ wann er einmal einen krummen Tritt gethan/ der Unschuldige muß manchmal ein Suͤn- der seyn/ da ein anderer/ der besser mit dem Fuchsschwantz umgehen kan/ und weiß dem Stat zur Hand zu gehen/ durchkomt// und ihm alles recht ist. Wer also dem Ansehen nach richtet/ der ist ein Splitter-Richter. Theo- phyl. brauchet denckwuͤrdige Wort uͤber diese Parabel/ ad Luc. 15. p. 119. und schliesset damit: Nullus ergò judicia DEI gravatim ferat, sed gra- tum sit ei, si ij, qui peccatores videntur, feliciter agant, \& salventur. Quî enim scis, si is, quem tu peccatorem censes, pœnitentiam egerit, \& gratus factus sit? Quî item, si occultas habet virtutes, \& propterea à DEO benignè respicitur? das ist: Niemand beschwere sich uͤber die Gerichte GOttes/ sondern lasse sichs vielmehr lieb seyn/ wann es denen vermeinten Suͤndern wohl gehet/ daß sie selig werden. Dann wie kanstu wissen/ ob nicht der/ welchen du fuͤr einen Suͤnder haltest/ Buß gethan habe/ und von GOtt Z ij wieder Die Zwantzigste Predigt wieder zu Gnaden seye angenommen worden ? Ob er nicht/ nach dem er heimlich fromm ist/ von GOTT mit gnaͤdigen Augen angesehen werde ? Darum richtet nicht vor der zeit/ biß der HERR komme/ welcher auch wird ans Liecht bringen/ was im finstern verborgen ist/ und den Rath der Hertzen offen- bahren/ alsdann wird einem jeglichen von GOTT Lob wi- derfahren. Da wird der stoltze Pharisaͤer zur Lincken stehen/ und mit ihm heissen: Du bist lau/ und weder kalt noch warm gewesen/ darum hab ich dich aaßgespyen auß meinem Munde/ Apoc. 3/ 16. Aber Nathanael zur Rechten/ zu dem der HErr sagen wird: Siehe ein rechter Jsraeliter/ in welchem kein falsch ist/ Joh. 1/ 47. Und solch Gericht wird in der Ewigkeit erschallen. Das geb uns JEsus Christus allen in Gnaden zu hoͤren; Amen. Die Ein und zwantzigste Predigt. Von der Summa und Haupt-Lehre dieser Parabel. G Eliebte in Christo dem HERRN: Meine Lehre trieffe wie der Regen/ und meine Rede fliesse wie der Thau. Wie der Regen auff das Graß/ und wie die Tropffen auff das Kraut. Seind Worte Mosts Deut. 32/ 2. in seinem geistreichen Valet- Lied/ damit er feinem Volck valedicieret und gute Nacht gegeben. Das fangt er nun unter andern mit diesen Worten an: Meine Lehre trieffe wie der Regen/ ꝛc. Seind verba exemplaria, Muster-Wort/ darinnen er die ideam concionatoris, ein Bild eines guten Predigers/ und methodum docendi, die Art zu lehren anzeiget/ wie man recht nutzlich lehren soll/ nemlich nicht nur graviter, hart und scharff/ fondern auch I. suaviter, lieblich und anmuthig. Sturm-Winde Donner-Wetter/ Hagel/ Stralen die schrecken zwar/ sie erschuͤttern den Erdboden/ sie erregen die Hindin/ und entbloͤsen die Waͤlde/ sie zubrechen die Cedern/ Psalm. 29. aber davon kommt noch nicht die heylsame Vom verlohrnen Sohn. heylsame Frucht/ es seye dann/ daß ein lieblicher/ suͤsser und erquickender Regen darauff falle/ der da sacht/ langsam/ tropffenweiß herab fliesse von den Wolcken/ und laub und Graß erquicke. Also soll man freylich auch vom Gesetz anfangen/ und donnern/ aber damit ists noch nicht außgericht; dem menschlichen Hertzen wird zwar ein Schrecken eingejagt/ aber soll auch erwuͤnschte Frucht hervor wachsen/ so muß es regnen/ es muß treufflen/ Amos 7/ 16. Mich. 2/ 6. 2. Constanter, bestaͤndig/ unauffhoͤrlich/ gutta cavat lapidem non vi, sed sæpè cadendo, soll ein harter Stein er- weichen/ so muß der Regen tropffenweiß schleichen. Es ist das mensch- liche Hertz von Natur ein steinern Hertz/ man solte wohl ehe auß einem Stein Oel pressen/ und Blut trotten/ als auß dem menschlichen Hertzen rechte Buß-Thraͤnen/ bevorab wanns wohl gehet/ da ist es ein trotziges Ding/ soll es erweichet werden/ so thu t s der Platzregen nicht/ es muß all- gemaͤhlich troͤpfflen und anhalten. 3. Concisè \& divisè, langsam/ gemaͤhlich/ unvermerckt/ ein Tropffen nach dem andern/ wie die koͤstliche Wasser im Distillier-Geschirꝛ herab tropffen. Wolcken-Bruͤche/ Platz- Regen thun es nicht/ der Thau macht fruchtbar. Gleich wie Anno 1540. im heissen Sommer von Ostern an biß Michaelis alle Tag so viel Thau gefallen/ daß die Furchen alle morgen voll Wasser gestanden/ daß der edle Saame hat wachsen koͤnnen. Auff solche Weise empfaͤngt die Meer- Schneck die Perlen in sich/ und wird gleichsam geschwaͤngert. Diese Art nun zu lehren/ haben/ Oceano Prophetarum, dem lieben Most die uͤbrigen Propheten allesampt abgelernet/ daher sie κατ᾽ ἐξοχὴν, Treuff- ler genennet worden/ Ezech. 21/ 2. Treuffe gegen dem Mittag/ treuffe wi- der die Heiligthumme/ Amos 7/ 16. und Mich. 2/ 6. klagen uͤber die Ju den/ die gesagt: Weissage nicht wider Jsrael/ und treuffel nicht wider das Hauß Jsaac; Jtem: Sie sagen/ man solle nicht treuffen/ dann solche Treuffe trifft uns nicht. Und eben diesem Exemplar haben wir uns biß dato auch accom- mo dirt und beflissen/ die Lehre von der Buß und Rechtfertigung als einen Prodromum und Vortrab des Sechsten Haupt-Stucks unsers Catechismi auch roranter und Tropffen-Weiß fuͤrzutragen. Mir zweiffelt nicht/ vielen unter uns seye die Zeit zu lang worden/ haben bey sich gedacht und auch wohl gesagt: Wann hat der verlohrne Sohn einmahl ein Ende ? ich hoͤre nichts als nur immer von dem verlohrnen Sohn/ ich bin des verlohrnen Sohns muͤd. Dann/ der Predigten/ die biß dato davon gehalten worden/ seind zwantzig/ diese gegenwaͤrtige und letzte ist die Ein und zwantzigste. Nun gestehe ich Z iij gern Die Ein und Zwantzigste Predigt gern/ es haͤtte kuͤrtzer koͤnnen begriffen/ in zwo/ dreyen/ oder wohl gar nur in einer fuͤrgetragen werden/ aber die waͤre gefallen als ein Platz-Regen und Wolcken-Bruch/ und haͤtte den Nutzen nimmermehr gehabt/ die sie verhoffentlich also haben wird. Man pflegt ja einem Patienten das Perlin-Wasser nicht Schoppen-Weiß einzuschuͤtten wie einer Kuhe/ son- dern Tropffen-Weiß; Den Augstein-Balsam und andere koͤstliche Oele giesset man nicht hauffen-Weiß uͤber/ sondern roranter, Troͤpffleins- Weiß; Ein Bissen nach dem andern/ den man wohl verbeisset und ver- kaͤuet/ der schmecket und wird verdauet viel besser/ als wann man den Ma- gen mit Speiß und Tranck einmahl uͤberschuͤttet. Es seind aber die Wort Wosis auch Wunsch-Wort/ und damit dieser Wunsch wahr werde/ wollen wir mit einem Memorial schliessen/ dahin dann diese Schluß-Pre- digt angesehen ist/ und daß Eu. L. gleichwol die Summa aller Lehren/ die wir bißhero gefaßt/ auff einmahl wisse und behalte. Nun GOtt der HERR/ der den Regen und Schnee vom Himmel fallen/ und nicht wieder dahin kommen laßt/ sondern feuchtet damit die Er- de/ und machet sie fruchtbar und wachsend/ daß sie gibt Saamen zu saͤen/ und Brod zu essen/ der wolle sein Wort/ so bißhero auß meinem Munde gegangen ist/ auch also seyn/ und nicht wieder leer zu Jhme kommen lassen/ sondern thun/ das ihme ge- faͤllet/ und ihm gelingen lassen/ dazu ers gesendet/ Amen. S O ist nun/ Geliebte in Christo/ diese gantze Parabel/ das schoͤne Spiel und drama, welches Christus/ das Spiel-Kind Go ttes/ angestellet/ und gleichsam auff einem theatro pr æ sentirt/ biß da- to anders nichts geweßt/ als I. Apocalypsis arcani curiæ cœlestis \& παραδόξου, eine Entdeckung/ Offenbahrung und Erklaͤrung eines himmli- schen/ widersinnigen Geheimnusses/ welches heisset: die ersten werden die letzten/ und die letzten die ersten seyn/ Matth. 20. Es waren die Juden ins gemein ein stoltzes hochangestim̃tes Volck/ um und von wegen der herꝛlichen Verheissungen/ die ihnen von dem Messia geschehen seind; um und von wegen des Fuͤrzugs fuͤr allen Nationen/ Exod. 19. Deut. 4/ 7. c. 26. \& 33. Ps. 147. Sie waren in der festen persuasion und Einbildung/ sie gehoͤrten allein zum Reich Christi und Go ttes; der Himmel seye ihnen allein gebauet. Die Heyden hielten sie als Hunde und Suͤnder/ die ge- hoͤrten nicht in das Reich GOttes. Solten die Juden wissen/ daß die Gojim und Heyden Theil und Gemeinschafft am Messia haben sollen/ sie wuͤrden eher noch zehen Messias toͤdten und erwuͤrgen/ ehe sie dieses zuliessen. Vom verlohrnen Sohn. zuliessen. In specie und insonderheit die Pharisaͤer und Schrifftgelehr- ten/ als der Außschuß des heiligen Volcks/ rechte prodromi und Vor- laͤuffer der Novatianer/ die bildeten ihnen nicht nur fuͤr den Heyden/ fuͤr Zoͤllnern und Suͤndern ein grosses præ ein/ liessen sich beduncken/ sie/ als die Last-Traͤger/ die des Tages Last und Hitze getragen/ seyen die primi, die Ersten fornen dran/ sie seyen die recht gerechte und heilige Leute. Was sollen die Heyden/ die Gottlosen Zoͤllner und Suͤnder ins Himmelreich kommen? das sey ferne/ GOtt muͤßte nicht gerecht seyen. Derowegen hielten sie nichts auff Christum/ argumentir ten und schlossen also: Wer sich der Zoͤllner und Suͤnder annimmt/ der ist nicht der rechte Messias; Christus thut solches/ darum ist er nicht der rechte Messias. Euer Lieb fasse es in Gleichnuͤssen: Num. 12. lesen wir/ daß Aaron und Miriam wider Mosen geredet um seines Weibes willen/ darum daß er eine Moͤrin zum Weib genommen hatte/ nemlich eine frem- de und schwartze/ das solte ihrer Meinung nach nicht seyn: So mur- reten auch die Juden und Pharisaͤer wider Christum/ daß er sich der Hey- den und der schwartzen Suͤnder angenommen. Wann im alten Testam. ein polygamus zwey Weiber genommen/ so hat gemeiniglich die erste die andere gehasset und angefeindet; also feindeten die Juden die Heyden an/ da sich Christus ihrer annahm. Die Zoͤllner und Suͤnder naheten sich zu ihm/ ἦσαν ἐγγίζοντες, sie trangen auff ihn zu/ ein jeder wolte der naͤchste und liebste seyn/ aber die Schrifftgelehrten und Pharisaͤer kunten es nicht leyden/ murreten deßwegen daruͤber. Das war eben dazumal die Ur- sach und Gelegenheit auff die Parabel. Aber was lehret Christus ex arcano Patris sinu, auß dem Schoß seines himmlischen Vaters? παραδοξώτατα, seltzame/ wiedersinnige Dinge; Die letzten werden die ersten seyn/ und die ersten die letzten. Er sagets mit klaren Worten die letzten werden die liebsten werden/ Matth. 8/ 11. Jch sage euch: viel werden kommen vom Morgen und vom Abend/ und mit Abraham/ Jsaac und Jacob im Him- melreich sitzen. Aber die Kinder des Reichs werden außge- stossen in das Finsternuß hinauß. Zoͤllner und Hurer moͤgen wohl eher ins Himmelreich kommen dann ihr/ Matth. 21/ 31. Die gantze Epistel an die Roͤmer/ sonderlich das neundte Capitel/ ist ein clarer Commentarius uͤber diese Worte/ da Paulus unter den typis und Bilden Jsmaels/ Jsaacs/ Jacobs/ und Esaus dieses Geheimnuß tractiret. Und was der Herr clar gelehret/ das hat er auch in Parabeln vorgetra- gen Die Ein und zwantzigste Predigt gen/ Matth. 20. an den murrenden Last-Traͤgern und willigen Gnaden- Dienern/ und hier am verlohrnen Sohn und seinem Bruder. Deren der eine ein typus und Bild der Bußfertigen Suͤnder/ die nach menschlicher Meynung die letzten/ aber nach dem Rath GOttes die ersten seind; Der andere aber ein Bild der verworffenen unbußfertigen Suͤnder. Sprich- stu: sagt doch der Vater zu dem murrenden und zornigen Bruder; alles/ was ich habe/ ist dein. Antwort: er redet von dem vorhergehenden Willen/ und mit Beding/ wann er auch wird hinein gehen/ und sich mit freuen/ wann er dem Beruff und der Einladung folgen wird; wo nicht/ so soll er das Erb-Recht verlohren haben/ und als ein Kind des Reichs außgestossen werden. Das ist der Blick/ den uns Christus in GOttes Rath-Stub thun laßt/ und uns lehret/ welches die Außerwehlten/ und wel- ches die Verworffenen seind: nemlich/ jene die letzten/ diese die ersten. Die verlohrne Soͤhne/ die Buße thun/ und im Glauben verharren/ seind primi, die ersten und Außerwehlten. Die grosse Heiligen aber/ die der Buße nicht bedoͤrffen/ ihre unsaͤgliche Fehler nicht erkennen/ seind blind/ gerecht in ihrem Sinn/ stoltz und hochmuͤthig/ die seind reprobi, die verworffene und letzte. Wie ein mancher wird noch heutiges tages koͤstlich zur Erde bestat- tet/ bekommt/ ex judicio charitatis, nach dem Urtheil und Regul der Liebe/ eine stattliche Leich-Predigt und parentation, aber er ist novissimus, der letzten einer. Ein anderer wird mit Spott nnd Schande zum Galgen hin- auß gefuͤhret/ thut aber Buße/ und erkennet seine Suͤnde/ der gehoͤret unter die primos und Ersten. Die alten Kirchen-Lehrer fuͤhren von diesem Geheimnuß sehrschoͤne Gedancken/ die wohl werth zu proponi ren. Quàm multæ oves foris, quàm multi lupi intus? spricht August. tract. 45. in Joh, Wievielseynd von aussen Schaaffe/ und wieviel seynd inwen- dig Woͤlffe ? Quos scit DEUS in bono mansuros, frequenter sunt mali; \& quos scit malos permansuros, aliquando sunt boni, Ambros. in c. 9. Rom. das ist. Die GOtt weiß/ daß sie im guten verharren werden/ seind offt Gottloß; und die im Boͤsen verharren wer- den/ seind bißweilen fromm. Gregor. M. l. 34, moral. 8. Quicun- que boni in æternum futuri sunt, etsi ad tempus mali sint, non zizania sed triticum sunt in præscientia DEI; \& qui ante humanos oculos quasi aurum singularitate Justitiæ splendere videbantur, sed sic cadunt, ut non pœniteat, ante DEI oculos nunquam aurum sed lutum fuerunt. das ist/ Welche immer werden fromm bleiben/ ob sie schon zuweilen Gottloß seyn/ die seynd vor GOttes Augen kein Unkraut/ sondern Vom verlohrnen Sohn. sondern guter Weitzen; Und hingegen/ welche vor mensch- lichen Augen/ wegen ihrer sonderbaren Gerechtigkeit scheinen wie Gold zu glaͤntzen/ fallen aber also in Suͤnden/ daß sie nicht Buße thun/ die seynd fuͤr GOtt niemalen Gold/ sondern eitel Koth und Unflath. Augustinus kom̃t noch weiter in diesen Ge- dancken/ die aber cum grano salis, in gutem Verstand anzunemmen/ l. 1. de C. D. c. 13. Audeo dicere, superbis esse utile, \&c. Das ist: Jch doͤrffte schier sagen/ es seye stoltzen Heiligen gut/ in eine offentliche und bekandte Suͤnde zu fallen/ daruͤber sich selbst mis fielen die/ welche/ indem sie sich gefallen/ suͤndigen. Dann es ist das Mißfallen Petro viel besser bekommen/ da er gewei- net/ als das Gefallen/ da er sich zu viel vermessen. Das saget auch der heilige Psalm: Mache ihr Angesicht voller Schande/ daß sie deinen Namen/ HErꝛ/ suchen/ das ist/ damit du ihnen gefallest/ wann sie deinen Namen suchen/ die zuvor sich gefal- len/ indem sie ihre Ehre gesucht. Damit aber niemand gedencke/ es seye dieses Geheimnuß ex abso- luto decreto, mit dem unbedingten Goͤttlichen Rathschluß vermacht/ so kom̃t Christus der Herr/ und weiset uns II. primatum consequendi methodum, wie wir die Ersten werden koͤnnen. Jn der Welt reißt man sich um die Narren-Kapp/ wer den Vorzug habe/ das præ schmirtzt einen manchen/ wann ers nicht haben kan/ da es doch ein Greuel fuͤr Go tt ist/ in der Welt also hoch zu seyn. Luc. 16. Hier bedarff es keines reissens und eyfferens/ der Weg stehet allen offen dazu zu gelangen: Nemlich/ wann wir mit dem verlohrnen Sohn den Jrꝛ-Weg gegangen/ daß wir hernach auch den Buß-Weg ergreiffen/ und bestehet derselbe in folgenden Regulen: I. Pulsum Divinum admitte, laß GOtt an deinem Hertz- en nicht vergebens klopffen/ laß die Buß-Glock in dir erschallen. Eu. L. hat in der fuͤnfften Predigt gehoͤret/ daß/ zu gleicher weiß/ wie ein Richter/ eine Obrigkeit/ wann ein Frevel begangen/ der Thaͤter ruͤchtig worden/ so schicket er alsbald seine Diener auß/ seine Preß-Reuter/ hat seine Zwangs-Mittel/ lasset ihn arrestiren/ oder gefaͤnglich im Keffig an- halten: also gebrauchet Gott zwar seine citationem legalem durchs Wort/ seinen Gewissens-Wecker/ Buß-Glocke. Will man da nicht drauff geben/ so folgen die lictores, fasces und flagella, die Haͤscher/ Schwerd und Geisseln. So giengs dem verlohrnen Sohn/ den bracht zur Buße der laͤre Saͤckel/ der Hunger/ der harte und fast tyrannische Dienst/ die Traͤbern und unhoͤffliche Tisch-Gesellen/ damit suchet Gott Zehender Theil. A a nichts Die Ein und Zwantzigste Predigt nichts anders/ als den Ruth-Kuß/ O du gute Ruth/ wie machstu mich boͤ- sen Buben so gut! Also alles widrige/ was dem Menschen begegnet/ Kranckheit/ Verfolgung/ Unrecht/ Ungluͤck ꝛc. und sonderlich die Ar- muth sollen wir ansehen als GOttes Cantzley-Botten/ die einen perem- ptoriè citi ren zur Rechnung von dem Haußhalten/ nicht daß man das Hertz soll verhaͤrten wie Pharao. 2. Γνῶϑι σεαυτὸν, erkenne dich selbs/ gehe in dich. Wer in Verhafftung kom̃t/ der fanget an/ und machet Calender/ ist ein redlicher Bluts-Tropffen in ihm/ so dencket er nicht/ wie er davon komme/ seine Ubelthat laͤugne/ oder auff andere die Schuld lege/ sondern er gehet in sich/ und wie Carolus V. seine res gestas, seine Thaten in seinem Kloster auff einer mappa oder Tafel gesehen/ erinnert sich seiner Suͤnden und Verbrechen mit Reue. Wirstu dir/ lieber Mensch/ ohne selbs-Buhlerey recht in den Busen greiffen/ so wirstu finden/ daß du von Natur ein ver- lohren Kind bist/ und das Erb-Gifft in dir hast/ in welchem die radices und Wurtzeln aller Suͤnden liegen/ die boͤse Fruͤchten tragen; die Un- danckbarkeit gegen Gott/ die Suͤnde in Himmel/ hast demselben fuͤr sei- ne Gaben nicht gedancket/ sondern sie mißbrauchet; die alten Suͤnden auß der alten Sodoma wieder hervor gesucht/ dapffer mitgemacht. Da heißt es/ thut mans noch? Ja die Jungen thuns noch/ spielen den ver- lohrnen Sohn meisterlich/ die Handwercker lassen ihnen das Junckern- Handwerck belieben; die Edele lassen sich beduncken/ der Schul-Rauch moͤchte ihnen ihre Helin verduncklen; die Studenten/ so von Mitteln/ alamodisiren/ distilliren das Gold/ daß es ihnen nicht rostig wird; Knechte und Maͤgde seind stoltz/ wenden alles an den Pracht/ und solte es manche haben/ wie es nicht ist/ man muͤßte ihnen flehen/ und fuͤr ihnen niderfallen. Es seynd auch unter uns geweßt impii in parentes, ruch- lose gegen den Eltern/ sie getrutzet/ mit ihnen gepochet/ und gesagt: ός μοι, gib mir das meine/ so wil ich dir auß den Augen gehen/ wollen die Eltern bey lebendigem Leibe erben/ und gedencken/ wann nur zwey Augen zu waͤren/ sie wolten ihnen den Himmel gern goͤnnen/ wann sie nur gieng- en. Fuͤllerey/ Sicherheit/ Verschwendung/ Uberfluß in Speiß und Tranck/ Kleidung und Pracht/ das Bacchus. und Venus- Spiel treibet man ja noch ungescheuet. Der verlohrne Sohn ist in diesem Stuck vor Zeiten auch dapffer gespielet worden/ da man 10. Thaler auff Reiten/ Fechten/ Tantzen/ aber kaum einen auff die Collegia spendiret/ hat Hauß- gehalten wie Ciceronis Sohn zu Athen. Dazu dann Kost-Wirthe/ Schneider/ und andere Handwercker dapffer geholffen. Go tt verzeihe ihnen Vom verlohrnen Sohn. ihnen das grosse Aergernuß und Verfuͤhrung der Jugend. Wann man die Suͤnde erkant/ so kommet die αὐτοκατάκρισις, das Selbst-Gericht/ die Selbs-Verdamnuß/ das Gewissens-Gericht/ da wird Stand-Recht ge- halten/ und ist der Regiments-Schultz das Gewissen/ der Anwald die Gedaͤchtnuß/ die Klaͤger/ der beleydigte Gott und die mißbrauchte Crea- turen/ der Zeug ist die Handschrifft unsers Gewissens und Hertzens/ der reus der arme Suͤnder/ der ihm selbst die Rechnung und Conclusion machet/ ich bin verlohren/ es ist auß mit mir/ ich bin todt/ und forthin nicht mehr werth/ daß ich GOttes Kind heisse. Also gehets mit uns allen in dem Gerichte GOttes/ und wo es recht angehet/ so erfolget darauff eine Goͤttliche Traurigkeit/ nicht uͤber den laͤhren Saͤckel/ sondern uͤber die Suͤnde/ da bekomt man ein Abscheu und Greuel davor/ man foͤrchtet und schaͤmet sich kindlich/ man demuͤthiget und ergibt sich willig unter die Straff. Und dieses beweißt ein verlohrner Sohn und Kind mit Fasten/ im Sack und in der Aschen/ und auch mit Thraͤnen. Nam quid illis oculis formosius, perpetuo lacrymarum imbre \& quasi margaritarum imbre ornatis? schreibt Chrysost. hom. 30. in Gen. das ist: Was ist schoͤners als die Augen/ die mit einem staͤtigen Thraͤnen-Guß als wie mit schoͤnen Perlen gezieret sind. 3. Πόρ σον πρ ς πατέρα, du solt zum Vater gehen. Diesen Rath hat der verlohrne Sohn ergriffen: Jch wil mich auffmachen/ und zu meinem Vater gehen. Drey Consulenten funden sich bey ihm ein/ der Satan mit seinen Zumuthungen: du must verderben im Hunger/ verzweifflen/ oder sehen wo du Brod bekommest/ greiff um dich/ man kan dirs wol verzeihen; Die Vernunfft mit ihren Gedancken/ haͤnge dich an einen reichen Burger/ such einen Herꝛn/ oder wil er dich nicht an- derst tractiren/ so zeuch in den Krieg/ wirstu erschossen/ so komst du des Jammers ab; bleibstu lebendig/ so bekommest du etwa reiche Beuthen; Und der H. Geist mit diesem kraͤfftigen Argument: Kehre um/ siehe dein Vater hat so viel Diener/ die Brods die Fuͤlle haben/ und du verdirbest im Hunger. Die ersten Consulenten spanneten das Pferd hinter den Wagen/ darum folget er dem dritten/ und appelliret zu dem Gnaden- Thron Christo JEsu/ legt sich da nieder/ und begehret Gnade fuͤr Recht/ Segen fuͤr Fluch/ Leben fuͤr Tod. Nach erlangter Gnade/ deren sein Hertz versichert war/ gehet er getrost zu seinem Vater/ haltet sich mit star- ckem Glauben an die Vater-Liebe und an sein Kindes-Recht/ legt seine Beicht ab/ und unterwirfft sich seinem Urtheil. Das ist der gantze Weg/ dadurch er dem Vater das Hertz erweichet/ daß er ihn von fernen freund- A a ij lich Die Ein und Zwantzigste Predigt lich angesehen/ sein Hertz gegen ihm geneigt/ ihm entgegen geloffen/ um- fasset und gekuͤsset/ da er doch voller Unflath gehangen. Erlanget darauff die Investitur und Einweihung/ wird mit dem koͤstlichen Kleid der Un- schuld JEsu Christi angezogen/ bekomt den Ring/ den H. Geist/ und die Schuh der Freyheit. Wird auch mit einem gemaͤsten Kalb bewillkom- met/ herꝛlich tractiret/ und gaͤntzlich loß gesprochen. Bleibt darauff ein gehorsamer Sohn/ mit Fruͤchten der Gerechtigkeit gezieret/ in Gesund- heit und Wachsamkeit. Das ist der Weg ad primatum, wann man der Ersten einer werden wil. Hingegen ist dieses der verdamliche Weg der Letsten und Verworffe- nen/ den wir an dem Bruder des verlohrnen Sohns warnehmen. Der Weg der Sicherheit/ Epicureischen Unwesens/ da befindet sich Pharisaͤi- sche Blindheit/ Unerkanntnuß seiner selbs/ GOttes und Christi. Pha- risaͤische Gerechtig- und Heiligkeit; Pharisaͤischer Hochmuth/ Selbs- Lieb/ Ehrgeitz und Verachtung des Naͤchsten/ Pharisaͤische Heucheley/ mit Geitz und Wucher/ Schaden-Freud und Mißgunst. Hier ist nun Litera Pythagoræ, das Griechische Y, ein zwiefacher Tugend- und Laster-Schmertz- und Wollust-Warheit- und Lugen-rech- ter und lincker-Liechts- und Finsternuß- Himmels- und Hoͤllen-Weg. Da laßt uns die Kinder der Finsternuß und dieser Welt imiti ren/ die sich um die Narren-Kappe reissen/ einen Præcedenz- Streit anfangen/ und wie die Bettler draussen zu Gutleuten um die erste Stelle zancken; wie die Kriegs-Leute/ ringen im Gebet/ in der Buß/ und im Kirchen-gehen nach dem Himmel-Kleinod; wie die Zoͤllner und Suͤnder/ Luc. 15. auff einan- der tringen/ werder naͤchste bey Christo seyn kan/ und in gutem Verstand dem Himmelreich Gewalt anlegen/ daß wir es zu uns reissen/ und unter den ersten moͤgen erfunden werden. Schließlich so lehret auch Christus allhie/ welches die objecta seyen des Loͤß-Schluͤssels/ nemlich die bußfertige verlohrne Soͤhne/ die novissimi, welche in der Welt und ihren Augen die Letsten seynd; des Bind-Schluͤssels aber die Epicurer und stoltze Heilige/ die cauteriati, so die Warheit gefangen halten in der Ungerechtigkeit/ seyn fuͤhl-loß. Und das ist die Lehre vom verlohrnen Sohn. Wann Comoͤdien und Dramata vor diesem außgeweßt/ ist ein Epi- logus daran gehaͤngt worden/ und hat man geruffen/ plaudite, darauff ein kunstreiches Feurwerck gefolget ist/ zu bezeugen damit/ wann das Spiel dieses Lebens werde auß seyn/ so wird ein schroͤckliches Feurwerck folgen/ da die grosse Welt-Puppe vergehen/ und der prodromus des hoͤllischen vom verlohrnen Sohn. hoͤllischen Feurs angehen wird. Wir sprechen auch uͤber dem verlohrnen Sohn/ und alle die in seine Fußstapffen tretten/ plaudite. Dann so die heiligen Engel sich freuen uͤber einen armen Suͤnder der Busse thut/ war- um nicht auch glaubige Hertzen? Frolocket mit Haͤnden alle Voͤl- cker/ und jauchtzet GOtt mit froͤlichem Schall. Psalm. 47. Frolocket uͤber die Barmhertzigkeit GOttes des Vaters/ der Liebe des Sohns/ und der Gnade des Heiligen Geistes. Den Unbußfertigen aber stellen wir vor Augen das Feurwerck/ darinnen Teutschland noch brennet/ darin ein Ort nach dem andern in die Hoͤhe faͤhret. Wer sich daran nicht kehren wil/ der erwarte ein anders Feur/ vom Athem des Herrn angezuͤndet/ nicht eine Glut/ dabey man sich waͤrmet/ oder ein Feur/ da man herum sitzen mag/ sondern ein unaußloͤschliches ewiges Feur/ darinnen alle Unbußfertige ohne Gnade liegen/ brennen/ und doch nicht verbrennen werden; O du suͤsser JEsu Christ/ Der du Mensch gebohren bist/ Behuͤt uns vor der Hoͤllen. AMEN. A a iij Catechismus Die Erste Predigt Catechismus-Milch/ Oder Der Erklaͤrung des Christlichen Catechismi Zehender Theil/ Begreiffend das Sechste Hauptstuͤck Christlicher Lehre/ die Wort vom Gewalt der Schluͤssel/ und der Christlichen Bußzucht. TEXTUS. Johann. im XX. Capitel. Gleichwie mich (spricht Christus zu seinen Juͤngern) mein Vater gesandt hat/ also sende ich euch auch. Und da Er das gesagt/ bließ er sie an/ und sprach zu ihnen: Nehmet hin den Heiligen Geist/ welchen ihr die Suͤnde verzeihet/ denen sind sie verziehen/ und welchen ihr sie behaltet/ denen seynd sie behalten. Und Matthaͤi im XVIII. Capitel. Suͤndiget aber dein Bruder an dir/ so gehe hin/ und straffe ihn zwischen dir und ihm alleine. Hoͤret er dich/ so hastu deinen Bruder gewon- nen/ Vom Gewalt der Schluͤssel. nen/ hoͤret er dich nicht/ so nim̃ noch einen oder zween zu dir/ auff daß alle Sach bestehe auff zweyer oder dreyer Zeugen Munde: Hoͤret er die nicht/ so sage es der Gemeine/ hoͤret er die Gemeine nicht/ so halte ihn als einen Heyden und Unchristen. Warlich ich sage euch/ was ihr auff Erden binden werdet/ soll auch im Himmel gebunden seyn/ und was ihr auff Erd- en loͤsen werdet/ soll auch im Himmel loß seyn. Jch sage euch/ wo zween unter euch eins wer- den/ auff Erden/ warum es ist das sie bitten wollen/ das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Dann wo zween oder drey versamlet seynd in meinem Namen da bin ich mitten unter ihnen. Die Erste Predigt. Von Der Quell des Schluͤssel-Gewalts. G Eliebte in Christo. Wann der treue Zeug und Erst- gebohrne von den Todten/ der Fuͤrst und Koͤnig auff Erden/ JEsus Christus/ Apoc. I, v. 8. von sich ruͤhmet: Jch bin das A und das O/ der Anfang und das Ende/ so redet er zwar fuͤrnemlich von sich/ und von seiner unwandelbaren ewigen Gottheit; gestalt dann Er der Herr selbs solches v. 17. und c. 22/ 13. also glossiret: Jch bin der Erste und der Letste. Und diesen Glauben zu bekennen/ haben die Christen zur Zeit der Arianischen Ketzerey/ in ihre Grab-Steine diese zween Buch- staben Α. Ω. lassen schneiden/ zu bezeugen/ sie seyen auff den Glauben ge- storben/ der da glaubet/ Christus seye das A und O. Es wird aber da- mit die erste und dritte Person keines wegs außgeschlossen/ sondern was von Die Erste Predigt von der Gottheit ins gemein wahr/ das eignet ihme der Sohn GOttes in seiner Person zu. Darum dann auch durch diese zwey Kennzeichen gar kurtz/ rund und eigentlich der Geist GOttes die gantze Θεογιωσίαν, was und wer der unbekandte Gott seye/ zu erkennen gibt. Nemlich 1. Ens æternum \& independens, ein ewiger Circul/ daß/ gleichwie das Α und Ω der erste und letste Buchstab: so seye Er auch der Erste/ und ehe dann die Welt war/ vor mir ist kein Gott gemacht/ so wird auch nach mir keiner seyn. Esa. 43/ 10. und abermal v. 13. Auch bin ich/ ehe dann nie kein Tag war/ der Letste/ wann Himmel und Erden/ und alles wird ein- brechen: Ehe dann die Berge worden/ und die Erde und die Welt geschaffen worden/ bist du GOtt von Ewigkeit in Ewigkeit. Ps. 90/ 3. Die Himmel werden vergehen/ aber du bleibest. Sie werden alle veralten wie ein Gewand/ sie werden verwandelt wie ein Kleid/ wann du sie verwandeln wirst; Aber du bleibest wie du bist/ und deine Jahre nemmen kein Ende. Ps. 102/ 27. 28. Er ist ein Circul ohne Anfang und Ende/ der Anfang und Ende selbs. 2. Ens nobilissimum, das edelste Ding/ daher Alluph bey den Hebraͤ- ern ist Dux, ein Fuͤrst/ Jerein. 13/ 21. Also ist Gott das alleredelste Wesen/ gegen dem alle Creaturen geacht/ als ein Tropff so im Eymer blei- bet/ und wie ein Schaͤrfflein in der Waag/ siehe die Jnsulen seind wie ein Staͤublein/ Esa. 40/ 15. 3. Ens clarissimum \& p r inci- pium cognitionis, das allerklareste Wesen und Quelle aller Wis- senschafft. Alpha komt vom Hebraͤischen Aleph, das hetsset so viel als disce, lerne. A ist der erste Buchstab den man lernet; So ist Gott der Ursprung aller Goͤttlichen und himmlischen Wissenschafft/ ohne Gott weiß man nicht/ wer und was Gott seye. Desine cur videat nemo sine Numine Numen. 4. Ens simplicissimum, von dem alles komt/ und wo- hin alles zielet. Gleichwie im Griechischen Alphabet die Buchstaben vom α anfangen/ und bey dem ω sich enden: Also von ihm/ und durch jhn/ und in jhm seind alle Ding. Rom. 11/ 36. Er ist der αρχηγ ς καὶ τελειωτὴς, der Anfaͤnger und Vollender/ wie in dem Werck der Schoͤpf- fung/ Erloͤsung und Heiligung/ also auch in sacro clavium officio, in dem heiligen Schluͤssel-Ampt. Gott hat den Loͤß- und Bind-Schluͤs- sel in der Ewigkeit geschmiedet/ formiret/ bereitet/ außpoliret/ haͤtte Er es nicht gethan/ so waͤren wir mit allen Teuffeln in Ewigkeit verlohren. Den- en hat Er zwar auch einen Schluͤssel bereitet/ aber einen Bind-Schluͤs- sel/ mit Ketten der Finsternuß/ Apoc. 20, 1. Jch sahe einen Engel vom Himmel fahren/ der hatte den Schluͤssel zum Abgrund/ und Vom Gewalt der Schluͤssel. und eine grosse Kette in seiner Hand/ und er greiff den Dra- chen/ die alte Schlange/ welche ist der Teuffel und der Sa- than/ und band ihn tausend Jahr/ und warff ihn in den Ab- grund/ und verschloß ihn. Uns aber einen Loͤß- und Bind-Schluͤs- sel/ denselben hat Er in der Zeit geoffenbahret/ durch seinen Sohn fuͤrtra- gen/ und der Christlichen Kirchen/ als seiner Braut/ uͤberantworten las- sen. Jst also Go tt selbs das α, Clavium Dominus \& Fons, der Schluͤs- sel-HErꝛ/ die Quelle des Gewalts der Schluͤssel/ und ω, dem es gereicht zu Ehren seiner Gerechtigkeit und Barmhertzigkeit. Beede haben wir nun zu expoli ren und fuͤrzutragen/ auß der Schatz-Kammer Goͤttlichen Worts herfuͤr genommen. Zu welchem unserm Fuͤrhaben uns kraͤfftig und gnaͤdig wolle beystehen JEsus Christus/ der da ist das Α und Ω, daß wir von Jhm und auß Jhm lernen/ und zu seiner Ehre lehren/ von Jhm anfangen/ durch Jhn mittlen/ und in ihm schliessen. Amen. G Eliebte in Christo. Belangend nun Principium \& Aucto- rem clavium, den Urheber und Ursprung des Gewalts der Schluͤssel/ so stellet uns Christus denselben fuͤr/ I. ut divi- num \& cœleste, als einen Goͤttlichen und him̃lischen Ursprung/ Er setzet den sendenden Vater/ sich selbs/ als den gesendeten Sohn/ und den H. Geist vorher/ und sagt darauff/ tanquam effectum, welchen ihr die Suͤnde vergebet/ denen seynd sie vergeben/ was ihr auff Er- den loͤsen werdet/ soll auch im Himmel loß seyn/ das ist/ es soll fuͤr GOttes Angesicht loß seyn und heissen/ als der solche Gewalt den Men- schen gegeben. Jch/ ich der HErꝛ tilge deine Ubertrettung um meinent willen/ und gedencke deiner Suͤnde nit. Esa. 43/ 25. Dar- um dann auch Matth. 9. die Schrifftgelehrten/ als der HErr zu dem Gichtbruͤchtigen gesagt: Sey getrost mein Sohn/ dir sind deine Suͤnde vergeben/ bey sich selbs gedacht/ dieser laͤstert Gott/ è com- muni sensu, wer kan Suͤnde vergeben/ denn allein GOTT ? Marc. 2/ 7. Das anwesende Volck verwundert sich daruͤber/ und preisete Gott/ der solche Macht dem Menschen gegeben hat. Dann wie das wahr/ daß der Mensch an GOtt allein suͤndige/ Ps. 51. verstehe immedia- tè, unmittelbahr und Ziels-weiß/ Jtem/ daß ein jede Suͤnde eine Rebel- lion und Auffruhr wider Gott/ dadurch der unendliche GOtt unermeß- lich beleidiget wird/ und also die unendliche Suͤnde durch die unendliche Barmhertzigkeit GOttes muß auffgehaben werden: so kan auch niemand Suͤnde vergeben/ dann allein GOtt im Himmel/ der ist origo veniæ, der Zehender Theil. B b Ursprung Die Erste Predigt Ursprung aller Vergebung. Jst gar schoͤn entworffen in der Parabel Matth. 18. vom Koͤnig/ der mit seinen Knechten eine Rechnung besitzet. Die alten Hebraͤer pflegten vor zeiten zu sagen/ GOtt habe vier Schluͤssel/ die Er keinem Engel noch Seraphim gegeben/ clavem pluviæ, den Regen- Schluͤssel/ davon Deut. 28/ 12. steht: Der HErꝛ wird dir seinen gu- ten Schatz auffthun/ den Him̃el/ daß Er deinem Lande Regen gebe zu seiner Zeit. 2. Clavem alimoniæ, den Brod-Schluͤssel/ den David ruͤhmet in dem 145. Psalm. v. 15. Aller Augen warten auf dich HErꝛ/ und du gibest ihnen ihre Speise zu seiner Zeit/ du thust deine milde Hand auff/ und erfuͤllest alles was lebet mit Wolgefallen. 3. Clavem sepulchri, den Grab-Schluͤssel/ Ezech. 37/ 12. Jch will euere Graͤber auffthun/ und will euch mein Volck auß denselbigen herauß holen/ und solt erfahren/ daß ich der HErꝛ bin/ wenn ich eure Graͤber geoͤffnet/ und euch mein Volck auß denselbigen bracht habe. 4. Clavem matricis, den Geburts-Schluͤssel/ der HErꝛ machet die Rachel fruchtbar/ Gen. 30, 22. vayphtach eth rachma, Er that die Mutter auff/ das wußte Jacob wol/ darum als ihm Rachel hart anlag: Schaffe mir Kinder/ wo nicht so sterbe ich/ war er sehr zornig/ und sprach: Bin ich doch nicht Gott/ der dir deines Leibes Frucht nicht geben will. Thoͤ- richt hat im gegentheil jener Roͤmische Kayser gethan/ der auß seiner Ge- mahl Zoe mit Gewalt Kinder erzwingen wollen/ und mit ihr allerhand ge- kuͤnstelt uud gezaubert. Diesen vier Schluͤsseln setzen wir nun ferner zu clavem Regni cœlorum, den Schluͤssel des Himmelreichs. Jst alles sano sensu zuverstehen/ nicht exclusivè, als wann GOtt keinem Menschen diesen Schluͤssel com̃uniciren wolte/ dann dawider streitet unser Sechstes Hauptstuͤck: sondern originaliter, dieweil dieser Gewalt ur- spruͤnglich von GOtt entstehet/ gleichwie auch GOtt dem Elia den sonst ihm reservir ten Regen-Schluͤssel gegeben; Durch das Wort des HErꝛn schloß er den Himmel zu/ sagt Syrach c. 48, 3. II. Principium Trinum, eine dreyfache Quell und Ur- sprung/ dann es wird der dreyen Personen in der Gottheit elar gedacht/ wie mich mein Vater gesand hat/ so sende Jch euch auch/ und da er das gesagt/ bließ Er sie an/ (mit sonderbarer Solennitaͤt) und sprach: Nehmet hin den H. Geist: Jst holdseelig fuͤrgebildet in der dreyfachen Parabel/ Luc. 15. Jn der ersten wird dargestellet der Sohn GOttes/ als ein Hirt/ in der andern der H. Geist/ der durch sein getreues Haußmuͤtterlein den Groschen suchet/ und dann der Vater/ im Vaters-Bild des verlohrnen Sohns. Vom Gewalt der Schluͤssel. Sohns. Das gantze Geheimnuß der Drey-Einigkeit wird zugleich ange- deutet/ und zwar personarum realis differentia, der warhaffte und wuͤrck- liche Unterscheid der dreyen Personen/ dann ein anderer ist der Vater/ der sendet/ ein anderer der Sohn/ der gesendet wird/ ein anderer der H. Geist/ der von dem Mund des Sohns unter und mit dem leiblichen Anhauchen außgeblasen und den Juͤngern angeblasen worden. Originatio, der Ur- sprung und Außgang der beeden Personen des Sohns und H. Gei- stes; der Vater sendet den Sohn/ der Sohn blaßt den H. Geist auß/ wie nun der Sohn GOttes in der Zeit blaßt/ der Vater in der Zeit sendet/ so wird der H. Geist vom Vater und Sohn/ in und von Ewigkeit her außge- blasen. Der Sohn vom Vater in und von Ewigkeit her gebohren. Ab illo mittitur, à quo emanat. Er wird von dem gesand/ von dem er Augustin. lib. 4. de Trin. c. 20. \& lib. 2. de Trin. c. 5. außgehet. Pater solus nuspiam legitur missus, vom Vater allein wird nirgend gelesen/ daß er gesendet worden. Essentiæ unitas, die Einigkeit der Personen im Wesen. Dieweil es unum, Ein opus ad extra, und ligt nichts daran/ daß der Sohn vom Vater gesandt worden/ dann das benim̃t der Gleichheit nichts. Gleichwie wann Trium- viri, etliche auß ihrem Mittel senden/ ein Fuͤrst den andern um ein Edel- Manns Tochter zu werben verschicket/ keinem an seiner Reputation das ge- ringste abgehet/ dann es gehet nicht ex Imperio und Befehl/ sondern ex li- bertima condescensione und freyer Willkuhr/ wie Christus eben daher sei- ne gleiche Ehre mit dem Vater erweiset/ daß er von Jhme gesand sey/ wañ er gesagt: Joh. 5/ 23. Wer den Sohn nicht ehret/ der ehret den Vater auch nicht/ der ihn gesandt hat. Augustinus Tract. 36. in Joh. verwundert sich uͤber das Geheimnuß: Si tecum est Pater, quomodo te misit? \& te misit, \& tecum est? Jtane \& missus \& non recessisti? Jtane ad nos venisti, \& ibi mansisti? Quomodo istud creditur, quomodo capi- tur? das ist: Wann der Vater bey dir/ wie hat er dich gesand ? hat er dich dann gesand/ und ist zugleich bey dir ? So bist du (vom Vater) gesendet worden/ und bist (von ihm) nicht wegge- wichen ? Bistu dann zu uns kommen/ und dort (beym Vater) geblieben ? wie kan man das glauben/ wie kan man es begreif- fen ? Antworet darauff: Quomodo capitur? rectè dicis: quomodo cre- ditur? non rectè dicis. Imò ideò benè creditur, quia citò non capitur. ideò credis, quia non capis, sed credendo fis idoneus, ut capias. das ist: Wie kan man es fassen ? du sagest recht davon: Wie kan man es glauben ? du fragest nicht wohl: Dann eben darum kan man es wohl glauben/ dieweil man es so bald nicht begreiffet. B b ij Darum Die Erste Predigt Darum glaubestu/ weil du es nicht begreiffest/ sondern durch den Glauben wirstu tuͤchtig solches zu fassen. Und eben die Be- wandnuß hat es auch mit der dritten Person/ doch daß alle Unvollkom- menheit abgeschieden/ und die Majestaͤt der Person erlaͤutert werden muß. III. Principium primum ordinis, so niemand anders als der Va- ter/ die Quell der Gottheit/ oder wie Athanasius saget/ Orat. contra greg. Sabell. ἡ ῥίζα καὶ πηγὴ του῀, καὶ του῀ πνεύματος, die Wurtzel und Quell des Sohns und des H. Geistes. Wie demnach der Sohn vom Vater das Wesen empfangen/ also auch die Gewalt der Schluͤssel. Darum sagt er: Wie mich mein Vater gesendet/ so sende ich euch auch: Das Wie aber ist ferner zu erklaͤren vonnoͤthen. Wie hat er ihn gesand? Ad Redemtionis officium, seinem Ampt nach zum Werck der Erloͤsung. Des Menschen Sohn ist nicht kommen/ daß Er ihm dienen lasse/ sondern daß Er diene/ und gebe sein Leben zu einer Erloͤ- sung fuͤr viel. Matth. 20/ 28. Und auff diese Weise ist das Wie den Juͤngern und Apostlen Christi incommunicabel, es gehet sie dieses Wie nicht an. Christo bleibet dieses allein. Aber ferner hat er seinen Sohn auch gesand/ ratione vocationis, zu einem heiligen Beruff/ nach wel- chem er kein ἀυτόκλητος, und selbs angemeldeter Schleicher/ als welcher of- fentlich aufftretten und sagen koͤnnen: Jch bin kommen in meines Vaters Nahmen. Joh. 5/ 43. Also auch ihr/ keiner unter euch soll sich eintringen/ sondern seinen Beruff von GOtt erwarten. Ratione sco- pi, was den Zweck und Ziel anlangt/ hat er ihn gesendet/ nicht als einen Welt-Herꝛn/ sondern als einen Propheten/ zu predigen den Armen. Esa. 61/ 11. Also auch ihr/ Jhr wisset/ daß die weltliche Fuͤrsten herꝛschen/ und die Ober-Herren haben Gewalt/ so soll es nicht unter euch seyn. Matth. 20/ 25. Ratione doctrinæ, die Lehre seines himmlischen Vaters fortzupflantzen: Die Wort/ die ich zu euch rede/ die rede ich nicht von mir selbst. Joh. 14/ 10. und aber- mal v. 24. Das Wort/ das ihr hoͤret/ ist nicht mein/ sondern des Vaters/ der mich gesand hat. Wie mich mein Vater gelehret hat/ so rede ich. Joh. 8/ 28. Was ich von meinem Vater gehoͤret habe/ habe ich euch kund gethan. Also sende ich euch auch: So je- mand redet/ so rede ers als GOttes Wort. 1. Petr. 4/ 11. Wie weit von diesem Zweck abgesprungen der Roͤmische Papst/ in dem er durch selbs eigenen Beruff in die Kirch eingeschlichen/ seinen Gewalt in eine Tyranney verwandelt/ und nicht die Lehre des Vaters/ sondern was er in seinem eygenen Hirn geschmiedet/ vortraͤgt/ und deßwegen offenbarlich sich Vom Gewalt der Schluͤssel. sich nicht als einen Gesandten GOttes/ sondern als einen Gesandten auß dem Abgrund abgibt/ wird zu andern zeiten Meldung geschehen. Dienei uns zur Lehre/ daß wir das Werck der Absolution und Bañs ansehen/ nit mit groben Kalbs-Augen/ auch nicht mit bloß leiblichen Ver- nunffts-Augen; dann da hats keinen Glantz noch Schein fuͤr der Welt/ darum auch der Pabst allerhand Unrath angehencket/ und vermeinet mit Ceremonien eine Gestalt zu geben; Jst aber unvonnoͤthen. Sondern mit eroͤffneten Augen/ tanquam actum majestaticum, eine Majestaͤtische Handlung/ die Christus anfangs mit einer sonderbaren Solennitaͤt des Anhauchens und anblasens inauguri rt. Zu gleicher weiß wie bey der Tauff Christi am Jordan alle drey Ptrsonen sich pr æ sentirt und eingestellet/ der Vater in einer holdseligen/ vernehmlichen Stimme/ der Sohn GOttes in seinem angenommenen Feisch/ und der H. Geist in Taubens-Gestalt/ voce Pater, Natus corpore, Flamen ave. Alles zu dem Zweck und Ende/ der heiligen Tauff/ als einer himmlischen/ Goͤttlichen Handlung/ ein Anse- hen zu machen/ selbige damit zu consecri ren und zu weyhen/ als das aller- heiligste Weyh-Wasser/ den Suͤnden-Unflath dadurch weg zu aͤtzen und zu floͤtzen: Also wird auch allhie aller dreyen Meldung gethan/ des Vaters/ der seinen Sohn gesand/ Christi/ der seine Juͤnger angehaucht/ des H. Gei- stes/ der ihnen durch das anblasen mitgetheilet worden. Tanquam actum ordinatissimum \& dependentem à DEO, eine Gewalt/ die nicht auß irꝛdi- schen Consili en und Angeben entstanden/ sondern die sich von Uranien von Himmels-Burg herschreibet/ den kein Prediger nach seinem Willen brauchen mag. Dann es gehet die Absolution des Predig-Ampts/ ordine naturæ, nach der Absolution/ die im Himmlel geschehen. Wer Buße thut und glaubet/ dem seind die Suͤnde schon vergeben/ der Herr hat seine Suͤnden von ihme genommen/ 2. Sam. 12/ 13. Und wer nicht glaubet/ ist schon gerichtet/ Joh. 3/ 8. Es wird zwar die Solution und Loͤsung/ die im Himmel geschicht/ allhie der andern/ die auff Erden geschicht/ nachgesetzt/ und hat das Ansehen/ als wann GOttes Gewalt von der Menschen Ge- walt dependi ret: ist aber nur declarativè zu verstehen/ und per demon- strationem à posteriori, gleichwie 1. Reg. 18, 24. Welcher GOtt durch das Feur antworten wird/ der seye GOtt. Nicht als ob das Goͤttliche Wesen vom Feuer herruͤhrete/ sondern daß Go tt durch das Feuer sich geoffenbahret/ und kraͤfftig erwiesen: Also auch hie. Jst wider den Hoffart des Papsts zu mercken/ dem der Spruch Hieronymi gilt/ in cap. 16. Matth. Istum locum quidam Episcopi \& Presbyteri non intel- ligentes aliquid sibi de Pharisæorum sumunt supercilio, ut vel damnent B b iij inno- Die Erste Predigt innocentes, vel solvere se noxios arbitrentur, cum apud DEUM non sententia sacerdotum, sed reorum vita quæratur. das ist: Diesen Spruch verstehen etliche Bischoͤffe und Pfarrer nicht recht/ und massen ihnen etwas von der Pharisaͤer Hoffart an/ daß sie sich vermessen/ und ihnen einbilden/ sie koͤnnen entweder die Un- schuldigen verdammen/ oder die schuldigen absolviren/ da doch GOtt nicht gehet nach dem Urtheil der Priester/ sondern nach dem Leben und Wandel der Menschen/ so fern sie schuldig oder unschuldig seynd. Tanquam actum dulcissimum, als ein hoch- troͤstliche Handlung/ die entgegen zu setzen des Teuffels Zweiffel-Strick. Es geschicht zwar offt durch allerhand Anfechtungen/ daß ein armer Suͤn- der die Absolution hoͤrt/ aber gedencket/ ist auch GOtt mit zu frieden? was sagt der dazu? vielleicht hat man die Zech ohne den Wirth gemacht? der soll alsdann zuruck sehen auff Christi Verheissung/ mit einem Eyd betheu- ret/ warlich/ ich sage euch/ was ihr auff Erden loͤsen werdet soll auch im Himmel loß seyn. Weiter sage ich euch: wo zween unter euch eins werden auff Erden/ warum es ist/ daß sie bitten wollen/ das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Him- mel. Matth. 18/ 18. 19. Geschicht also schon die Absolution nicht imme- diatè auß GOttes Mund/ wie bey dem Gichtbruͤchtigen: Sey getrost mein Sohn/ dir seynd deine Suͤnde vergeben/ so geschicht sie doch warhafftig/ und mit dieser tessera mag man kecklich erscheinen am Juͤng- sten Tag. Maßen nach diesem seinem Wort wird der Sohn Go ttes rich- ten. Dann so der Vater seinen Sohn darum in die Welt gesand/ der Sohn selbs/ der κλειδοφόρος und Schluͤssel-Traͤger selbs den Schluͤssel her- ab vom Himmel mit gebracht: und der H. Geist zu solchem End den Juͤngern angehaucht und angeblasen worden. Was wil dann ein ar- mer Suͤnder zweiffeln/ daß er nicht mit Freudigkeit außruffe: Strick ist entzwey/ und ich bin frey: Demselben Dreyeinigen GOtt/ von wel- chem/ und durch welchen/ und in welchem alle dinge/ sey Ehre in Ewigkeit. AMEN. Die Vom Gewalt der Schluͤssel. Die Andere Predigt. Vom Schluͤssel-HErꝛn/ JEsu Christo. G Eliebte in Christo. Zu gleicher weiß wie Christus JE- sus/ der ewige Sohn GOttes/ im ersten Hauptstuck des Ca- techismi erscheinet/ als ein Cancellarius in einer wolbestellten Hoffhaltung/ der das Gesetz selbs promulgi rt, tanquam os \& λόγος Patris, des himmlischen Vaters Mund und Red- ner. Jn dem andern Hauptstuck/ als ein Secretarius, Consiliarius und geheimer Rath/ der auß dem Hertzen des Vaters/ als der himmlischen und Goͤttlichen Archiv, alles herfuͤr gebracht/ was zu des Menschen Heyl und Seligkeit vonnoͤthen. Jm dritten als ein Advocatus und Fuͤrsprech/ als Libellorum magister, und Hoff-Prediger/ der uns vor- bettet und verbettet. Jm vierdten/ als ein Dux und oberste Feld-Haupt- mann/ der seine Apostel außgesandt/ ein streitende Kirch zu samlen/ und die- selbe durch das Sacrament der H. Tauff ihme zu verbinden. Jm fuͤnfften/ als ein Archidapifer und Ertztruchseß/ der die edelste Speiß seines aller- heiligsten Leibs und Bluts/ vermittelst des gesegneten Brods und Weins/ fuͤrstellet und aufftraͤgt. Also in unserm Sechsten Hauptstuck/ tanquam Camerarius regni cœlestis \& præfectus Palatii, als der Hoffmeister/ dem nicht nur alle Schaͤtze des Himmelreichs vertrauet/ tanquam λειτουργῷ ἁγίων, als einem Pfleger der Heiligen Guͤter/ wie dem Kaͤmmerer der Koͤ- nigin Candaces im Moren-Land/ Act. 8. Sondern auch den Thurn- Schluͤssel. Potiphar wird genennet Sar hatabachim, der Regiments- Schultz/ oberster Thurn-Herꝛ und Richter/ der uͤber die Gefangene gesetzt/ Gen. 40, 3. Also ist Christus claviger thesauri cœlestis, der Herr des Himmel-Schatzes/ der Macht hat die Gefangene zu loͤsen und zu binden/ der auch solch sein Schluͤssel-Ampt in unsern verlesenen Worten auff man- cherley weiß erwiesen/ mit Geberden/ Worten und Wercken/ und zwar ipsâ apparitione, in seiner holdseligen Erscheinung/ da Er als ein Geist ohne Material-Schluͤssel/ bey verschlossenem Gemach/ sich bey seinen Juͤngern eingestellet/ da sie auß Forcht fuͤr den Juden ihre Thuͤren ver- schlossen/ zu bezeugen/ daß ihm kein Schloß den Weg und Paß koͤnne ver- sperren/ und daß Er seye der Liberator, der sie auß der Gefaͤngnuß erloͤsen wolle/ Die Andere Predigt wolle/ wie der jenige Engel/ der Petro im Gefaͤngnuß erschienen/ ihn auff freyen Fuß gestellet/ Act. 12. Theils aber auch situ medio, da Er mitten unter sie getretten/ als der rechte Mediator und Mittler zwischen der verletz- ten und beleidigten Goͤttlichen Majestaͤt und den straff-wuͤrdigen Suͤndern. Sonderlich aber mit seinen suͤssen und troͤstlichen Wor t en/ und doppelten Friedens-Gruß und Wunsch: Friede sey mit euch: Friede sey mit euch. Friede von der Suͤnde/ von der Hoͤll/ und von der Welt/ Suͤnd/ Tod/ Teuffel/ Leben und Gnad/ alles in Haͤnden Er hat. Endlich durch Einsetzung des Ampts der Versoͤhnung/ des heiligen Predig-Ampts/ da Er sie mit dem H. Geist symbolicè in einem Athem bedeutet/ und organicè uͤbergeben/ inauguri rt, und gesagt: Nehmet hin den H. Geist/ wel- chen ihr die Suͤnde erlasset/ denen seind sie erlassen/ ꝛc. Darum wir fuͤr dißmal diesen himmlischen Camerarium und Clavigerum wollen besehen/ und Eu. Lieb zur Unterricht und Vermahnung wohl einbilden/ wie er uns in fuͤrgelesenem Text fuͤrgemahlet worden. Dazu Jesus Christus wolle oͤffnen das Band unserer Zungen/ und auffthun die Riegel unserer Hertzen und Ohren/ fruchtbarlich hievon zu lehren und zu hoͤren. Amen. G Eliebte in Christo. So ist nun der triumphirende Oster- Fuͤrst und Hertzog des Lebens Christus Jesus Claviger Regni cœlorum, der rechte Schluͤssel-HErꝛ des Himmelreichs/ der den Loͤß- und Bind-Schluͤssel in seiner Hand warhafftig hat zu loͤsen die Buß- fertigen und Glaubigen/ zu binden die unbußfertigen/ halsstarrigen und bannigen Suͤnder. Welches Er allhie bezeuget verbis claris, wie mich mein Vater gesandt hat/ so sende ich euch auch. Wie hat Er sie aber gesandt? Antwort/ mit dieser Instruction: Welchen ihr die Suͤnde/ und dero Reat/ Straff und Pflicht/ verzeihet/ denen seind sie verziehen/ und welchen ihr die Suͤnde behaltet/ denen seind sie behalten. Ergò hat mich mein Vater auch gesandt/ Suͤnde zu ver- zeihen und zu behalten. Jch habe die ἐξουσίαν, Macht und Gewalt/ nie- mand wird mir sie nehmen/ und auß meinen Haͤnden rauben. Verbis figuratis, was ihr auff Erden binden werdet/ soll auch im Him- mel gebunden seyn/ und was ihr auff Erden loͤsen werdet/ soll auch im Himmel loß seyn. Da der Herr freylich zuruck siehet auff das Sechzehende Capitul Matth æ i/ und darinn enthaltene Verheissung an Petrum abgegangen: Dir will ich des Himmelreichs Schluͤs- sel geben. Alles was du auff Erden binden wirst/ soll auch im Himmel gebunden seyn/ und alles was du auff Erden loͤsen wirst/ Vom Gewalt der Schluͤssel wirst/ soll auch im Himmel loß seyn. Matth. 16/ 19. Was nun der Herr Petro dazumal uͤbergeben/ das hat Er hie allen ins gesampt uͤberreicht. Er ist der Dominus, der herꝛschende Schluͤssel Herꝛ/ Apoc. 3, 7. Das sagt der heilige/ der warhafftige/ der da hat den Schluͤs- sel David/ der auffthut und niemand zuschliesset/ der zuschlies- set/ und niemand auffthut. Die Apostel seind nur die D i aconi und Oeconomi, die Kirch ist nur die Beschliesserin/ und nicht die Meisterin/ sie theilet den Raub auß/ die Apostel seind Diener/ und gleichsam nur die Thurnhuͤter/ so die gefangene behalten/ und auff Befehl des Principals wiederum herauß lassen/ und sie in Regiam divinam einlassen/ daß sie alle Schaͤtze geniessen. Und was hie figuratè angedeutet wird/ das zeiget der Herr gestu triumphatorio \& trophæi ostensione. Jch habe die Schluͤssel der Hoͤllen und des Todes. Apoc. 1, 18. Jst ein hold- seliges Gleichnuß genommen von einem Raub-Schloß. e. g. Maximilia- nus that einsmahls einen Zug in Hispanien/ seinen Vater Carolum zu be- suchen/ und verirret auff der Hirsch-Hatz in einer Wildnuß/ bey eytler Nacht kommt er in ein Hirten-Hauß/ ladet sich da zu Gast/ wußte nicht/ daß der Wuͤrth ein Moͤrder/ der zu solchem End etliche starcke Hirten- Knecht auff der streue gehalten. Was geschicht? die Sohns-Frau legt Erbarmnuß an diß junge Blut/ entdecket ihm wo er sey/ Maximilianus unerschrocken/ laßt sich zu Bett in die Kammer fuͤhren/ verwahret sich auff das best er mocht/ versperret die Thuͤr/ spannet den Hanen auff/ leget sein Rapier bloß neben sich/ und ruffet GOtt um Huͤlff an. Zu Mitternacht machet sich der Wuͤrth auff mit seinen Knechten/ pochet an/ und arbeitet die Thuͤr auffzusprengen. Da machet sich der Held auff/ schießt auff den Moͤrder zu/ daß er alsobald todt da gelegen; mit dem Rapier ersticht er den Sohn/ verfolgt die uͤbrigen/ und schlaͤgt sie zum Hauß hinauß/ spielet den Meister/ und bekom̃t den Schluͤssel zum Raub-Schloß: Also ist Christus dem Ertz-Moͤrder und Freybeuter dem Sathan in sein Raub-Schloß kom- men/ und in seine Klauen gerathen/ ihme ist angst worden im Garten am Oelberg. Wer war froͤher uͤber diß Wildpret/ als das hoͤllische Heer; Aber ich habe/ will Christus sagen/ ihn in seinem eygenen Nest gefangen/ die Pforten geoͤffnet/ und dermassen rumorirt/ daß ers nicht zu gelachen/ das gantze hoͤllische Heer habe ich disarmi rt, seine Gerechtigkeit genommen/ der Tod hat seinen Stachel verlohren. Ecce hîc clavis, hie ist der Schluͤs- sel/ den ich erworben mit meinem Blut/ damit schliesse ich den Teuffel selbs in den Abgrund. Apoc. 20. Es ist aber Christus JEsus der rechte Schluͤssel-HErꝛ uͤber die Schluͤssel des Himmelreichs. Zehender Theil. C c I. Clavi Die Andere Predigt I. Claviger missus, Ein gesendeter Schluͤssel-Herꝛ. Wie mich mein Vater gesandt hat/ spricht der Herr: Jch habe keinen geraub- ten und verkuͤnstelten Diebs-Schluͤssel/ sondern ich habe ihn justo titulo: durch den Goͤttlichen Beruff. Welche Sendung unterschiedliche denck- wuͤrdige actus in sich begreiffet. 1. Designationem in æternitate, die Be- namsung in der Ewigkeit. Da ist gleichsam dieser Schluͤssel geschmie- det/ bereitet und expolir et worden/ davon wir singen: Es jammert GOtt in Ewigkeit/ Mein Elend uͤber die massen/ Er gedacht an sein Barmhertzigkeit/ Und wolt mir helffen lassen. Er wand zu mir sein Vater-Hertz/ Es war bey Jhm fuͤrwar kein Schertz/ Er ließ sein Bestes kosten. Er sprach zu seinem lieben Sohn/ Die Zeit ist hie zuerbarmen/ Fahr hin meins Hertzens werthe Kron/ Und sey das Heyl der Armen/ Und hilff ihn’n auß der Suͤnden Noth/ Erwuͤrg fuͤr sie den bittern Tod/ Und laß sie mit dir leben. 2. Promissionem in Paradiso, die Verheissung und Zusage des- sen/ im Paradiß albereit geschehen/ Gen. 3. da der Sohn GOttes den Loͤß-Schluͤssel gebrauchet/ und der gantzen Posteritaͤt zugesagt: Er wolle die Wercke des Teuffels zerstoͤren/ seine vincula und Band auff- loͤsen. 3. Prædictionem, die Weissagung und Verkuͤndigung/ Esa. 42/ 6. Jch habe dir geruffen mit Gerechtigkeit/ und habe dich zum Bund unter das Volck gegeben/ zum Liecht der Hey- den/ daß du solt oͤffnen die Augen der Blinden/ und die Gefan- genen auß dem Gefaͤngnuß fuͤhren/ und die da sitzen im Finster- nuß auß dem Kercker. Christus selbs sagt Esa. 61/ 1. Der Geist des HErꝛn HErꝛn ist uͤber mir/ darum hat mich der HErꝛ ge- salbet/ Er hat mich gesand den Elenden zu predigen/ die zu- brochene Hertzen zu verbinden/ zu predigen den Gefangenen eine Erledigung/ den Gebundenen eine Oeffnung. 4. Præfi- gurationem, Vom Gewalt der Schluͤssel. gurationem, die Vorbildung. Wie Joseph im Gefaͤngnuß mitten un- ter zween Gefangenen in Außlegung ihrer Traͤume/ einem den Tod/ dem andern das Leben/ Absolution und Freyheit angekuͤndet; Also haͤnget Christus am Creutz unter zween Ubelthaͤtern/ einem verspricht Er das Paradiß/ dem andern verkuͤndiget er durch den Schaͤcher die Hoͤll. 5. Manifestationem in tempore die wuͤrckliche Darstellung und Erweisung in der Zeit. Luc. 4/ 21. Heute ist diese Schrifft er- fuͤllet fuͤr eueren Ohren. Matth. 9/ 2. Sey getrost mein Sohn/ deine Suͤnde seind dir vergeben. II. Claviger unicus, der einige Schluͤssel-Herꝛ. Von Eliakim wird gesagt: Er habe auffgethan/ und niemand habe zugeschlos- sen/ er habe zugeschlossen/ und niemand habe auffgethan. Esa. 22/ 22. Haͤtte er aber den Schluͤssel nicht allein gehabt/ haͤtte nicht von ihm koͤnnen gesagt werden: Er schliesset auff/ und niemand schliesset zu/ denn es haͤtte ein anderer neben ihm koͤnnen das Gemach auffschliessen/ das er aller- erst zugemacht: Also ist Christus auch allein/ niemand soll ihme diese Ehre nehmen. Jst vor ihm keiner geweßt/ so wird auch nach ihm keiner seyn. Er schliesset auff mit grossem Pracht/ vorhin wars alles verschlossen/ ante non temporis, sed virtutis, nicht der Zeit/ sonderen der Krafft und Macht nach. Gleich wie wann ein Buͤrg caution zugesagt/ auff eine Person/ so glaubet der creditor, und gehet auff seine Parolen/ wann schon die Rantzion nicht erlegt: Also seind alle und jede Glaubige und bußfertige im Alten Testament Krafft des Bluts und Verdienstes Chri- sti/ von Suͤnden loß und ledig gesprochen worden/ ob schon Christus wuͤrcklich noch nicht gestorben/ und sein Blut vergossen. GOTT hats angenommen/ als wann es allbereit geschehen und vollbracht/ als wann die Rantzion wuͤrcklich erlegt waͤre. Er hat im Himmel ein Strich im Goͤttlichen Schuld-Buch durch ihre Suͤnden gemacht. Haͤtten das die blinden Leute im Papstthum verstanden/ wuͤrden sie den Alt-Vaͤttern keinen sonderbaren limbum haben doͤrffen bauen. III. Claviger omnipræsens, \& adhuc hodie efficax, ein allge- genwaͤrtiger/ und noch heut zu tag geschaͤfftiger und thaͤtiger Schluͤssel-Herꝛ. Dann damit niemand gedaͤchte/ es haͤtte sich Chri- stus durch die Himmel-Fahrt dieses Schluͤssel-Ampts begeben/ denselben an einen fremden Nagel gehencket/ und seinem vermeinten Stuhl-Erben Petro die ἐξουσίαν und Vollmacht eingeraumet; So bezeuget er mit gar nachdencklichen Worten: Wo zween oder drey versamlet seind in C c ij meinem Die Andere Predigt meinem Namen/ da bin ich mitten unter ihnen. Seind lauter maͤchtige Worte. Wo zween oder drey (verstehe collegialiter ) versamlet sind; schließt aber dadurch mehr oder weniger nicht auß. Er borgt den Hebraͤern ihr Sprichwort ab/ cum duo sedent, \& colloquia de lege ha- Heins. ex- erc. ad Matth. 18. p. 57. bent, quiescit super cos schechina, divinitas, damit anzudeuten/ wieviel er auff die bruͤderliche Einigkeit halte/ und so Er seine gnaͤdige Gegenwart verspricht/ wo zween oder drey versamlet seind/ wieviel mehr/ wo mehr zu- sammen kommen. ἐὰν συμφωνήσωσι, verstehe im Beten/ wo es eine schoͤne Harmoni und consonanz gibt/ wie in der Music/ wo ein συμφωνία, und Zusammenstimmung in choro, foro, \& thoro, im Lehr-Wehr-und Nehr- stand. Wann ein reicher Mann fuͤr den Schuld-Thurn kommt/ und die Gefangene alle zusammen heulen/ laßt er sich ehe bewegen/ als wann einer allein eine Steuer begehret. Und also nicht wo in collegiis blutdurstige consilia geschmiedet/ und rebellische Gedancken gefuͤhret werden/ wo man in der Haußhaltung sich zweyt/ wo Ehegatten im Streit leben/ wo Knechte und Maͤgde Hader und Zanck erregen/ wo man fluchet und schwoͤret. Jn meinem Nahmen/ auff mein Geheiß/ Befehl/ nach meiner verordneten Regul/ und Richtschnur/ zum rechten Zweck/ zur Ehre meines Nahmens. Wer anders die Sach angreifft/ der verdraͤht den Schluͤssel/ er brauchet ihn in des Teuffels Nahmen. Da bin ich/ (ver- stehe nach meiner Substantz und Wesen) nicht allein nach der Gnaden- Wuͤrckung/ auch nicht allein nach der Gottheit/ wie es Piscator glossi rt, (nicht mit dem Leib/ der jetzt allein im Himmel ist/ sondern mit der Gnade des H. Geistes) sondern auch nach meiner angenommenen Menschheit; massen das Wort Jch nomen officiale \& mediatorium, ein Ampts-Nahme/ der sich beziehet in sein Mittler-Ampt/ dann er sagt v. 19. wo zween unter euch eins werden/ warum es ist das sie bit- ten wollen/ das soll ihnen wiederfahren. Woher das? dann wo zween oder drey versamlet sind in meinem Nahmen/ da bin ich mitten unter ihnen. Jst also Christi Gegenwart die Ursach der Er- hoͤrung des Gebetts/ die aber ruͤhret her von dem Mittler-Ampt Christi. Nun gestehet das Gegentheil selbs/ daß Christus nach beeden Naturen das Mittler-Ampt verrichte. In medio, mitten unter ihnen. Gleich wie ich jetzt æqualiter mitten unter euch stehe/ und keinem naͤher bin als dem andern/ ob sich schon Petrus schwerlich versuͤndiget/ so absenti re ich mich doch nicht von ihm/ stehe nicht ferner von ihme als von Johanne/ mediatoriè, als ein Schieds-Mann/ und den Frieden-Mitbringer/ hospi- taliter \& quietoriè, als ein Gast-Herꝛ in einem Hauß unter guten Freun- den/ Vom Gewalt der Schluͤssel. den/ efficaciter, nicht unkraͤfftig und unmaͤchtig/ sondern mit reichem Seegen/ dann wo Christus hinkommen/ hat er Wunder gethan. So bald er in Zachari æ Hauß kommen/ wurden Zacharias und Elisabeth voll des H. Geistes; da er bey Zach æ o eingekehret/ ist seinem Hauß Heyl wie- derfahren. Das heisset ja reichlich getroͤstet/ und uͤber die massen hoch geehret/ sagt Lutherus Tom. 7. Jen. p. 114. Denn was kan fuͤr groͤssere Herꝛligkeit genennet werden/ denn daß wir arme elende Leute auff Erden sollen der Goͤttlichen Majestaͤt Wohnung/ Lust-Garten/ Paradiß/ ja Him- melreich seyn. Jst nun Gott in und mit uns/ wer kan wider uns seyn? Niemand wird dich fressen/ er habe dann zuvor ihn verschlungen/ Trutz der dir ein Haar kruͤmme/ er habe es dann zuvor ihm gethan. Cooperativè, Er will mit wuͤrcken/ mit Hand anlegen als ein Person hinder der Lar- ven/ als ein Richter hinder den Trabanten/ als die Sonn hinder den Wolcken/ als ein Brunn hinder dem Geroͤhr. Summa/ es soll Ein Thun seyn/ Ein Ordnung/ aber alles invisibiliter, unsichtbarer weise/ ἐν ἑτέρᾳ μορφῇ, in einer andern Gestalt/ wie dort Luc. 24. So und auff diese weiß will Er allezeit bey seiner Kirchen seyn/ ja wo zween oder drey in seinem Namen versamlet sind. VI. Claviger ἔυτακτος, \& ordinatissimus, der solchen Schluͤssel-Ge- walt braucht in einer holdseligen und schoͤnen Ordnung. Er will ihn nicht gebrauchen immediatè, und unmittelbar/ sondern durch das Predig- Ampt/ Er wil seine Juͤnger außsenden als Trabanten/ die sollen binden/ die sollen loͤsen. Stellet derowegen eine sonderbare Solennitaͤt an/ blaset sie an/ und sagt: Nehmet hin den H. Geist. Welchen actum wir wohl nennen moͤgen der Juͤnger ordination. Sie hatten allbereit den H. Geist empfangen im Tauff-Wasser als Christen/ sie solten ihn empfan- gen in und mit dem Feuer am H. Pfingst-Tag/ als Apostel und gemeine Welt-Lehrer/ jetzt empfangen sie Jhn in dem Athem und durch das Anhau- chen/ als Diener des H. Geistes. Weil aber seine Juͤnger sterbliche Men- schen/ und der HErꝛ wohl gewußt/ daß ein jeder zu seiner Zeit/ die ihme be- stim̃t/ durch den Tod wuͤrde dahin gehen/ und aber dieser Schluͤssel-Gewalt solte waͤhren biß an das Ende der Welt/ wil Christus solche Gewalt uͤben/ durch dero treue Nachfolger/ ordentliche Lehrer und Prediger. Wollen wir nun diesen Oster-Segen auch geniessen/ und dessen theil- hafftig werden/ so wird von uns erfordert I. Pœnitens miseriæ agnitio, ein bußfertige Erkantnuß unsers Elends. Clavis \& captivitas, Schluͤssel und Thurn seind correlata, und gehoͤren zusammen/ wo eines ist/ muß noth- wendiger weiß das andere auch seyn. Nun aber muß es ja eine harte und C c iij schwere Die Andere Predigt schwere Gefaͤngnuß geweßt seyn/ zu dero Erledigung solche hohe und hei- lige Person vonnoͤthen geweßt/ Ach Gott! wir muͤssen alle auß dem Schuld-Thurn schreyen/ ruffen und klagen: Dem Teuffel ich gefangen lag/ Jm Tod war ich verlohren/ ꝛc. Da klaget der arme Suͤnder uͤber ein Malefitz-Gefaͤngnuß/ uͤber eine Ge- fangenschafft im Stock-Hauß/ nicht nur auff Leib und Leben/ sondern auff den ewigen Tod/ uͤber eine tyrannische Gefangenschafft/ da der Kercker- Meister ist der Teuffel/ der grausame Ertz-Tyrann/ fuͤr welchem der Mensch keine Gnade findet/ wie Joseph Gnade funden hat fuͤr dem Ampt-Mann uͤber das Gefaͤngnuß. Gen. 39/ 21. der lacht noch des Menschen/ und fuͤh- ret ihn in seinen Stricken zur Schau herum/ wie der Tamerlanes dem Tuͤrckischen Sultan Bajazeth gethan. Es ist captivitas laboriosa, eine beschwerliche Gefangenschafft. Mein Suͤnd mich quaͤlet Nacht und Tag/ ꝛc. So beschwerlich war Simson seine Hafft nicht/ da er mit zwo ehrnen Ketten gebunden mußte mahlen im Gefaͤngnuß/ wie ein Roß an der Roß-Muͤhlen. Viel tausendmal beschwerlicher ist die geistliche Gefaͤngnuß des armen suͤndlichen Menschen/ da er alle Gliedmassen dem Teuffel zu seinem Dienst muß darleihen. Es ist captivitas infinita \& im- pedita, ein unendliches Gefaͤngnuß/ ich fiel auch im̃er tieffer drein/ wie Jeremias in den Schlam̃/ Jer. 38. Und wehe dem/ der nicht hie so heulet/ der wird dort so heulen/ Zetter und Mordio schreyen muͤssen. Aber man- che machen es eben/ wie die jenige/ die im Gefaͤngnuß lustig und guter ding seynd/ spielen/ karten/ dencken nit/ daß der Tod so nahe sey; wie die phrene- tici und unsinnige Leute/ die ihnen bey ihren Fesseln und Banden noch grosse Freyheit einbilden/ also belustigen sich diese mit des Sathans Stricken/ den guͤldenen Geitz-Ketten/ den Wollust-Ketten/ ja schlagen noch wohl nach denen/ die sie wollen auffloͤsen. Kein Thier ist doch so thumm/ eine Katz/ wann sie eingesperret/ wie wuͤtet sie? Ein Vogel/ wann er gefangen/ wie schnappet er nach der Freyheit? wie seuffzeten die Kinder Jsrael in E- gypten? da sie doch den Trost hatten mortem esse finem laborum, durch den Tod komme ihr Jammer/ Truͤbsal und Elend zu einem erwuͤnschten und seeligen End? aber in dieser Gefaͤngnuß ist der Tod initium æternarum pœnarum, ein Anfang der ewigen Straffen. Wann wir das gedaͤchten/ wie solten uns die Predigten von der Freyheit so lieblich fuͤrkommen/ wie sol- ten wir sie so gern hoͤren? Wie solten wir Christo so hertzlich dafuͤr dancken? II. Clavis Vom Gewalt der Schluͤssel. II. Clavis aureæ indago. Der Vogel im Kaͤffig schnappet nach der Freyheit/ warum nicht auch der Mensch? Die Vernunfft hat zwar viel Schluͤssel erdacht/ die Superstitio und Aberglaub noch mehr/ als Sa- tisfactiones, Bußen/ Geluͤbde/ horas canonicas, gewisse Bett-Stunden/ Messen/ Ablaß/ sonderlich im Jubel-Jahr/ da die Leute nacher Rom lauf- fen/ als wann sie unsinnig waͤren. Anno 1450. unter Nicolao V. auff der Brucke Adriani seind 200. Menschen gequetschet worden. Es gehet ihnen aber wie denen/ die auß dem Gefaͤngnuß außbrechen wollen/ und Hals und Bein entzwey fallen. Ein einiger Schluͤssel aber ists/ der in die Freyheit fuͤhret/ der Loͤß Schluͤssel/ hie alle Suͤnde vergeben werden. Auff unserer Seiten wird nichts anders erfordert/ als der Glaub/ daß wir diesen Schatz/ wie die Knaben in der Schul den pacem, ergreiffen/ das bußfertige Nimmer-thun/ sonst bringt das Widerthun den recidivatum, und Umschlag/ und der ist nachmahlen gar gefaͤhrlich/ und gehet/ wie Chri- stus sagt: Matth. 12/ 43. Wann der unsaubere Geist vom Men- schen außgefahren ist/ so durchwandert er duͤrre Staͤtte/ suchet Ruhe/ und findet sie nicht. Da spricht er denn/ ich wil wieder umkehren in mein Hauß/ darauß ich gegangen bin/ und wenn er kommt/ so findet ers muͤssig/ gekehret und geschmuͤcket. So gehet er hin/ und nimmet zu sich sieben andere Geister/ die aͤrger sind/ dann er selbst. Und wann sie hinein kommen/ wohnen sie allda/ und wird mit demselben Menschen hernach aͤrger/ dann es vorhin war. Der gute Vorsatz/ dann sonst wann der Geitzige wie- der geitzt/ der Hurer wieder huret/ die Magd wieder rebellirt/ so ist keine Buße/ sondern eine Verhaͤrtung/ Versuchung/ Gottslaͤsterung. Dieses ist die Goͤttliche Ordnung/ wer dieser folget/ der hat III. Solatium, einen kraͤfftigen Trost. Dann wie dorten Pilatus gesagt: quod scriptum, scriptum, was ich geschrieben hab/ das hab ich ge- schrieben/ so heissets auch hie/ quod solutum, solutum, was einmal geloͤßt/ das ist geloͤßt/ und wird geloͤßt bleiben. Zwar Frau Ratio, die Vernunfft/ aͤrgert sich am Predig-Ampt/ dencket/ ja wann Christus selbs unmittelbar mit mir redete/ so wolt ichs glauben! Frau experientia die Erfahrung/ stimmet mit zu/ zu gleicher weiß/ wie/ wann Pharao das Volck trucket mit doppelter Arbeit/ wann das Volck geschlagen wird/ und muß Suͤnder seyn/ die Kinder Jsrael endlich Mosen nicht mehr wollen hoͤren/ fuͤr Seuff- tzen und Angst und harter Arbeit. Also/ wann der aculeus, der Suͤnden- Stachel wieder kommet/ das Gewissen die vorigen Suͤnden-Greuel fuͤr Augen stellet/ da gehets schwach her/ das Gesetz-Wort/ du solt des Todes sterben/ Die Dritte Predigt sterben/ dringet besser durch/ als das Wort des Evangelij/ dir sind dei- ne Suͤnde vergeben; der Glaube wird schwach/ und sincket in eine Ohn- macht. Aber eben darum versigelt Christus sein Wort und Absolution/ mit Blut/ mit Sacramenten/ mit Worten/ mit Verheissungen/ und nach diesem wil er sein Juͤngstes Gericht halten. Wer nun nach diesem Wort nicht verdammet wird/ den wird Christus auch nicht verdammen/ wer durch das Wort hie absolvirt worden/ an dem wird nichts verdam̃liches seyn. Laßt uns demnach allesampt Gott loben und dancken/ der solche Macht (nicht den Seraphim und Englen/ sondern) den Menschen gegeben hat/ zuvor- derst Christo/ nachmahlen dem Predig-Ampt/ und den Glaubigen/ und bit- ten/ Er wolle solch Ampt noch mehr unter uns erhalten/ biß wir è προϑυρί und auß dem Vorhoff in Regiam und in den Koͤnigl. Pallast eingelassen werden/ alle himmlische Schaͤtze und Guͤter reichlich und ewig geniessen moͤ- gen. Das helff uns Christus unser He rꝛ/ und laß uns in Schanden nim- mermehr. Amen. Die Dritte Predigt. Vom Schluͤssel-Gewalt ins gemein G Eliebte in Christo. Unter andern sonderbahren Vi- sionibus, Goͤttlichen und Prophetischen Gesichten/ in wel- chen der Sohn Go ttes/ seinem lieben Schooß-Juͤnger Jo- hanni die fata und Zustaͤnde der Christlichen streitenden Kirchen N. Testaments fuͤrgebildet/ beschreibet er auch cap. 9. v. 1. seq. welcher massen Er auff den fuͤnfften Po- saunen-Schall gesehen einen Stern/ der vom Himmel gefallen auff die Erden/ und ihm ward der Schluͤssel zum Brunnen des Abgrunds gegeben/ und er that den Brunnen des Abgrunds auff/ da gieng auff ein Rauch auß dem Brunnen/ wie ein Rauch eines grossen Ofens/ und es war verfinstert die Sonne und die Lufft von dem Rauch des Brunnens/ und auß dem Rauch kamen die Heuschrecken auff die Erden. Jn welcher vision Johanni gezei- get worden sonderlich drey denckwuͤrdige Phænomena: I. Stella Vom Gewalt der Schluͤssel. I. Stella cadens, ein fallender Stern/ ein Stern bedeutet nichts anders/ als einen Engel der Gemeine/ einen fuͤrnehmen Bischoff. Sie ben Sternen sind Engel der sieben Gemeinen. Apoc. 1, 20. Fallen bedeutet nichts anders/ als eine grosse Apostasi und Abfall vom Kirchen- Himmel/ (dann vom Glori-Himmel gibts keinen Abfall/) auff die Erde/ auff iredische/ weltliche Ehre/ Reichthum/ Macht/ splendor. Wann wir die Historien auffschlagen/ so koͤnnen wir niemand anders finden/ auff welchen dieses Phœnomenon eigentlicher und besser zu ziehen/ als auff den Roͤmischen Bischoff/ und namentlich Bonifacium III. bey welchem sonder- lich die grosse Apostasia angefangen Anno 606. als welcher der erste ge- weßt/ der offentlich ohne Stirn und Scheu die jenige Welt-Reich ange- nommen/ die Christus abgeschlagen/ Matth. 4. der rechte Apollyon, μ᾽ὸς τῆς ἀπωλείας, der Engel des Abgrunds/ der Heuschrecken Koͤnig/ der An- ti-Christ/ wie Gregorius kurtz zuvor von ihme geweissaget: dann so schreibet Gregorius M. lib. 6. ep. 30. Quicunque se universalem Sacerdotem vocat, vel vocari desiderat, in elatione suâ AntiChristo præcurrit. Wer sich einen allgemeinen Bischoff nennet/ oder begehret ge- nennet zu werden/ der ist wegen seines Stoltzes und Hochmuths des Antichrists Vorlaͤuffer. II. Das ander Phœnomenon ist effectus Apostasiæ, was darauff erfolget ? ein erschroͤcklicher Rauch und grausame Finsternuß/ der die Sonne geblendet/ und eine grosse Anzahl gifftiger/ moͤrderischer Heuschre- cken außgebruͤtet. Was ist das anders/ als die gantze Bruth der eingeris- senen Tradition en/ und greulicher Abgoͤtterey? Solcher Lehren/ dadurch die Augen geblendet/ und die Sonne der Gerechtigkeit verfinstert/ anders scheinet/ als sie in der Warheit ist. Summa/ solcher Lehren/ davon we- der in der Schrifft/ noch in der Antiquit aͤt einiges Fundament/ so auß der Finstere und Barbarey/ und darauff erfolgenden Schul-Lehren entstan- den; dann eben um dieselbe Zeit Anno 529. hat sich Benedictus mit seiner Regul herfuͤr gethan. Das III. ist Potestas fontis abyssi, die Gewalt des Brunnens des Abgrunds/ figuri rt und vorgebildet in einem Schluͤssel/ der ihme nicht von Go tt/ sondern vom Sathan/ der des Papstthums Stiffter ist/ durch Goͤtt- liche Verhaͤngnus/ vermittelst des Kayser-Moͤrders Phoc æ/ uͤberreichet worden/ damit er den Abgrund der Hoͤllen und aller hoͤllischen Greuel auff- geschlossen. Jst der jenige guldene Schluͤssel/ damit heutiges Tages un- ter dem Schein/ als waͤre er der Petrinische Himmel-Schluͤssel/ das Papstthum pranget. Ein rechter Hoͤllen-Schluͤssel/ ein Diebs-Schluͤssel/ Zehender Theil. D d ein Die Dritte Predigt ein letzer Schluͤssel/ der auff thut/ was Christus beschlossen/ und beschliesset/ was Christus auffgethan. Summa/ ein Greuel-Schluͤssel. Von wel- chem falschen/ und im gegentheil rechten Schluͤssel wir fuͤr dißmahl etwas weiters zu reden haben. Dann nachdem wir bißher c lavis originem, und Clavigerum erwogen/ so folget der Schluͤssel selbst/ ist zwar in un- serm Text nicht benamset/ sondern wir muͤssen ihn entlehnen und herholen auß dem 16. Cap. Matth æ i/ da der Herr zu Petro sagt: Dir will ich des Himmelreichs Schluͤssel geben. Jst aber gnugsam in unsern Worten ex effectibus beschrieben/ nemlich dem Binden und Loͤsen. Hie- von zu reden zu GOttes Ehre/ und unserer Erbauung/ wolle Jesus Chri- stus selbs kraͤfftiglich mitwuͤrcken/ sampt dem Vater und H. Geist. Amen! G Eliebte in Christo. Quid clavis? Was ist nun dieser Schluͤssel-Gewalt? was wird dadurch verstanden und angedeu- tet? Jn richtiger Beantwortung nun dieser Frag/ wollen wir per ἄρσιν \& ϑέσιν gehen. Und zwar per ἀρσιν; So ist nun 1. dieser Schluͤssel-Gewalt nicht clavis potestatis terrenæ, ein Welt-Geld-Reich- Macht- und Gewalt-Schluͤssel/ wie er zwar im Papstthum dahin getraͤhet wird. Pontificem habere potestatem in temporalibus, licet non tem- poralem, schreibet Bellarm. contra Barclai. c. 12. Der Roͤmische Papst habe Gewalt in zeitlichen Sachen/ wiewol keinen zeitli- chen Gewalt. Zwar/ wie Bellarminus gewolt; aber deßwegen am Roͤmischen Hoff uͤbel angesehen worden/ potestatem indirectam, einen ungraden Gewalt. Gleichwie der Kayser keinem sein Haab und Nah- rung nemmen/ oder davon disponi ren kan/ directè, aber im fall salus Rei- publicæ es erfordert/ kan er wohl/ verstehe indirectè. Kein Obrigkeit kan keinem/ zum Exempel seinen Garten oder Hauß nehmen/ aber indirectè, wann es der Stadt Werck/ Pasteyen und Bollwerck erfordern. Also verhaͤlt es sich auch mit dem Papst. Gedachter Bellarminus erklaͤret es also: Si nolit Imperator (contrà Barclai. cap. 19.) ad nutum Sacerdotis gladium stringere, vel si contra nutum ejus strinxerit, \& si res sit ad bo- num spirituale, necessariò coget illum Pontifex gladio spirituali, h. e, censuris. Wann der Kayser nicht nach des Papsts willen das Schwerdt fuͤhren will/ oder wider seinen Willen gefuͤhret hat/ kan ihn der Papst/ so fern es zu der Kirchen Bestem gereichet/ mit dem Schwerdt des Geistes/ dem Bann zwingen. Jst aber so breit als lang/ das ist eben Gewalts gnug/ und nur zuviel. Nicht Vom Gewalt der Schluͤssel. Nicht 2. Potestas Catholica, der allgemeine Gewalt/ Voll- und All- macht uͤber die Christliche Kirche/ wie abermal dieser Schluͤssel-Gewalt vom Gegentheil außgeleget wird/ daß er seye potestas Ecclesiastica directa, creatoria, depositoria, eine Gewalt uͤber die gantze Clerisey/ solche ein- und abzusetzen/ zu senden/ ꝛc. Wehr- und Nehrstand habe mit solcher Wahl allerdings nichts zu thun. Conciliorum vocatoria \& præsidiaria, ohne seine Gegenwart seye in offentlichen Kirchen-Versamlungen alles todt. Potestas super omnem Ecclesiam triumphantem: Des Papsts Gewalt gehe uͤber die gantze triumphirende Kirche/ geschicht/ in dem er die Heiligen canon isirt und vergoͤttert. Was weyland Alexandar Magnus praleri- scher weiße von sich außgegeben/ er seye nicht nur von Goͤttern gebohren/ sondern er koͤnne auch andere zu Goͤttern machen/ das ruͤhmet in seiner Maaß der Roͤmische Papst auch. Deßgleichen koͤnne er den Englen ge- bieten/ wie die Bulla Clementis VI. vermag/ die Anno 1250. außgangen. His autem verbis eam descripsit Joh. Balæus cent. 4. Script. Britann. pag. 375. Quicunque peregrinandi causa ad sanctam civitatem accedere proposuerit, illâ die, quâ de hospitio suo viam arripere voluerit, eligere possit confesso- rem, seu confessores, \& in via, \& in locis aliis quibuscunque. Quibus qui- dem confessoribus auctoritate nostrâ concedimus plenam potestatem absol- vendi omnes casus papales, ac si persona nostra ibi esset. Item concedi- mus, quod si verè confessus in via moriatur, quod ab omnibus peccatis suis penitus immunis sit \& absolutus. Et nihilominus prorsus mandamus An- gelis Paradisi, quatenus animam à purgatorio penitus absolutam in Paradisi gloriam introducant. Summa/ Potestas summa, die hoͤchste Gewalt/ so hoch man sie spannen mag. Er habe clavem scientiæ, den Schrifft-Schluͤssel/ wie Gretserus fol- gert defens. Bellarm. p. 126. Er ist der Weisen Kind/ Esa. 19. Clavem ligandi \& solvendi leges. Und heisset in des Papsts Grammatic ligare so viel als obligare, binden so viel als verbinden/ und Gesetze machen/ und loͤ- sen so viel als in verbottenen Graden und Eyd-Geluͤbden dispensi ren: Also hat Papst Paschalis, Anno 1110. Henrico IV. mit Eydfestem und mit dem Sacrament confirmir tem Bund die priesterliche Investitur uͤberlassen/ hernach solchen in Concilio Lateranensi gebrochen/ mit fuͤrgeben/ es seye ein gezwungener Eyd geweßt/ der auß Forcht außgepreßt worden. Com- positio pacis vertroͤstet uns zwar/ es werde der Papst sich dieses Rechten nicht gebrauchen si gravius inde detrimentum met tur, quàm speretur utilitas Ecclesiæ: So fern durch dessen Gebrauch die Kirche groͤssern Schaden zu befoͤrchten/ als Nutzen zu hoffen. Wie wann sich aber das D d ij Blat Die Dritte Predigt Blat wendete? wer will trauen? Bellarm. contra Barclai. c. 3. fchreibet/ der Papst koͤnne auß dem/ was keine Suͤnde/ Suͤnden machen/ und auß Suͤnden/ keine Suͤnden. Zum Exempel/ im verbottenen Grad zu heura- then/ seye Suͤnde/ wann aber des Papsts dispensation darzu kom̃t/ seye es keine Suͤnde mehr. Und wiederum/ so habe der Papst Gewalt/ ein neuen verbottenen Grad auffzurichten/ wider welchen man sich koͤnne versuͤndi- gen. Also seye es unrecht/ wann Unterthanen ihrem Koͤnig nicht gehor- chen/ wann er aber zum Ketzer wird/ seye es keine Suͤnde. Nicht 3. Potestas parricidialis, da man auff Paͤpstifcher Seiten den Schluͤssel in ein blutiges Raach-Schwerdt verwandelt hat. Pontificum mos est, (ita Bellarm. contra Barclai. c. 7.) primùm paternè corripere Principes, deinde per censuram Ecclesiasticam Sacramentorum commu- nione privare, denique subditos eorum à juramento fidelitatis absol- vere, atque authoritate Regiâ, si r s ita postulat, privare, executio ad alios pertinet. Das ist: Der Paͤpste Gewonheit ist/ erstlich grosse Fuͤrsten und Herren vaͤtterlich zu zuͤchtigen/ nachmahlen durch die Bußzucht vom Abendmahl außzuschliessen. Endlich die Unterthanen Eyd-und Bund-Loß zu machen/ und des Koͤnigli- chen Gewalts und Ansehens zu entsetzen/ so es die Sach erfor- dert/ die Vollziehung dessen stehet andern zu. Die Exempel sol- cher Bann-Strahlen haben wir an Henrico Koͤnig in Engelland/ an Henrico Koͤnig in Franckreich/ und andern mehr. Das laß mir ein Schluͤssel seyn/ ein rechter Greuel-Schluͤssel/ dadurch an statt der War- heit kraͤfftige Lugen und Fabeln zu Kraͤfften kommen/ ein rechter Teuffels- Schluͤssel/ den Christus abgeschlagen/ Matth. 4. nach dem abersein Vi- carius mit aller Macht gegriffen/ wie dorten Giezi nach zween Centnern Silbers/ und zweyen Feyer-Kleidern. Ein rechter Dietrich und Diebs- Schluͤssel/ gleich einem Keller oder Beschliesser/ dem der He rꝛ die Schluͤssel zum Keller vertrauet/ der aber greiffet nach dem Schatz-Schluͤssel/ lasset den in Wachs abdrucken/ und einen dem gleich machen/ den der Herꝛ nicht befohlen: Also hat ja der Herr seinen Juͤngern und Aposteln nicht uͤber- geben und anbefohlen einen herꝛschenden Schluͤssel/ sondern einen gemes- senen Knecht-Schluͤssel; nicht einen irꝛdischen Reichs-Schluͤssel/ sondern des Gnaden-Reichs; nicht einen Gesetz- oder Schrifft-Schluͤssel/ sondern ein Suͤnden-Schluͤssel. Petrus hats selbs nicht anders verstanden: Seyd unterthan aller Menschen Ordnung um des HErꝛn wil- len/ es seye dem Koͤnig als dem Obersten. 1. Petr. 2/ 13. Weydet die Heerde Christi/ so euch befohlen ist/ nicht als die uͤber das Volck Vom Gewalt der Schluͤssel. Volck herꝛschen/ sonderen werdet Fuͤrbilde der Heerde. cap. 5/ 3. Er zehlet unter die Ungerechten/ die zur Peinigung zum Tage des Gerichts behalten werden/ die nicht erzittern die Mayestaͤten zu laͤstern. 2. ep. 2, 10. Dieweil aber die Herren Cardinaͤle und Pr æ laten/ als des Papsts Janitscharen/ ingleichem die Herren der Socie taͤt/ nicht bloß und wehrloß da stehen wollen/ sondern zu ihrem Behuͤlff ein und andere ration einfuͤh- ren/ so muͤssen wir dieselbe beantworten. Erstlich ziehen sie mit Haaren herzu die Histori des Kaͤmmerlings Eliakim/ Esa. 22. geben fuͤr/ es seye dieser Eliakun Hoherpriester gewesen/ dem seye der Schluͤssel Davids ge- geben worden/ auffzuthun/ daß niemand zuschluͤsse/ und zu zuschliessen/ das niemand auffthue/ und dieses bedeute eine solche Plenipotenz und durch- gehende Vollmacht. Antwort: Es ist nicht wahr/ daß Eliakim Hoher- priester geweßt/ wie zwar die Geheimnuß-reiche Latinische Version sie betreugt/ sondern er war Thesaurarius, Oeconomus, dazumahl war Ho- herpriester Asarias/ 2. Chron. 31/ 10. So heisset auff- und zuschliessen nicht Gewalt uͤben/ sondern Prudentz und Klugheit spielen/ und wird soviel ge- sagt/ daß Eliakim mit Bescheidenheit wußte den Schluͤssel zu fuͤhren/ daß wie er ihn angewendet/ alles fuͤr just und gut gehalten wurde; und wann schon! so gehet es doch den Papst nicht an/ den Antitypum finden wir Apoc. 3. v. 7. Maldonatus kommt auffgezogen mit den Worten: Wie mich mein Vater gesandt hat/ so sende ich euch auch/ das ist/ wel- che Macht und Gewalt mir der Vater gegeben/ eben die uͤbergebe ich euch auch; Da doch die Worte zu verstehen 1. de Identitate scopi, von einerley Zweck der Sendung/ Christus ist gesendet worden/ nicht daß Er ihm die- nen lasse/ nicht Koͤnigreich einzusetzen/ nicht Cronen außzutheilen/ oder Koͤnigen ihre Seepter und Cron zu nehmen/ sondern zu predigen/ Esa. 61. 2. De identitate vocationis, gleich wie Christus nicht von sich selbs kommen/ sondern gesandt worden vom Vater/ so sollen sie in die Welt nicht außlauffen/ als ἀυτόκλητοι, und hergeloffene falsche Apostel; sondern den Beruff von GOtt erwarten und annehmen. 3. Identitate ordinis, daß gleichwie der mich ehret/ meinen Vater ehret/ also wer euch hoͤret/ der hoͤ- ret mich/ wer euch verachtet/ der verachtet mich. Luc. 10/ 16. Noch eines bringen sie auff die Bahn/ hergenommen von der gemeinen Sitt. Gleich wie wann man einem Konig oder Fuͤrsten eine Stadt uͤbergibt/ so pr æ fentirt man ihm die Schluͤssel/ zum Zeichen der Unterthaͤnigkeit. So habe Christus seinen Juͤngern die Schluͤssel uͤberreichet/ zum anzei- gen/ daß ihnen die Vollmacht auch zu gleich eingehaͤndiget sey. Antwort: D d iij Christus Die Dritte Predigt Christus hat seinen Juͤngern die Schluͤssel uͤbergeben/ nicht als ein Uber- wundener/ sondern als ein Siegs- He rꝛ und Uberwinder/ nicht als ein Unterthan seinem Herꝛn/ sondern als ein Herꝛ seinem Knecht. Die Hauß-Mutter/ wann sie der Beschliesserin die Schluͤssel gibt/ so behaͤlt sie das Hefft in der Hand/ sie gibts nicht weg. Nun wollen wir auch im andern Umstand per ϑέσιν anzeigen/ was Schrifftmaͤssig durch diesen Schluͤssel und Schluͤssel-Gewalt verstanden werde? Nemlich 1. Clavis carceraria, ein Kercker-und Thurn-Schluͤs- sel/ oder Loͤß-und Bind-Schluͤssel. Jst eine Gleichnuß genom- men von einem Kercker-Meister/ der den Gefangenen bindet mit Ketten/ Springern und starcken Mahlschlossen/ und hernach auff den Befehl des Richters wiederum loß laßt/ auff gleiche weiße wie die Hauptleute zu Philippis dem Kercker-Meister befohlen/ er solle Paulum und Silam wol bewahren/ Act. 16, 23. \& seq. der sie auch genommen/ ins innerste Gefaͤngnuß geworffen/ und ihre Fuͤsse in den Stock gelegt; den andern Tag aber bekam er Befehl/ er solle die Menschen gehen lassen: der auch diese Rede Paulo verkuͤndiget/ die Hauptleute haben hergesandt/ daß ihr loß seyn solt/ und gehet hin mit Frieden. Daher bey Josepho lib. 1. bell. Jud. c. 4. von dem Stock-Meister gesagt wird/ sein Ampt seye διώκειν καὶ κατάγειν, λύειν τε καὶ δέειν. Also sollen die Apostel binden und loß las- sen/ consequenter den Himmel auffschliessen. 2. Clavis debitoria, ein Schuld-Thurn-Schluͤssel/ es wird hie nichts anders gedacht/ als der Schulden und Suͤnden/ suͤndiget dein Bruder an dir/ ꝛc. und in folgenden Worten: Wie offt muß ich dann meinem Bru- der vergeben ? Jst es gnug siebenmal ? Nicht siebenmal/ ꝛc. Matth. 18/ 21. und auff keine andere weiße haben auch die Apostel diesen Schluͤssel gebraucht/ wie erhellet auß dem Exempel des Blutschaͤnders/ 1. Cor. 5/ 3. 3. Clavis thesauraria, ein Schatz-Schluͤssel/ wann nun das Mahl-Schloß weg/ die Ketten loß/ so schliesset consequenter dieser Schluͤssel auff thesaurum in dulgentiæ, den Ablaß-Schatz im Gnaden-Himmel/ und den Erb-Schatz im Reich der Ehren und Herꝛlichkeit. Gleich wie der jenige Kercker-Meister/ der Joseph auß dem Stock genommen/ nicht nur ihme die Fessel und Ketten auff- geschlossen/ sondern auch das Thor zu des Koͤniges Pallast geoͤffnet. Aber welches am allermeisten zu mercken/ Clavis Diaconica \& œcono- mica, kein herꝛschender Herren-Schluͤssel/ den behalt Christus allein fuͤr sich incommunicabiliter, Apoc. 3, 7. den gibt er keinem Menschen/ wie Er auch seine Ehre keinem andern geben will; sondern ein knechtischer Keller- Vom Gewalt der Schluͤssel. Keller-und Dienst-Schluͤssel/ die Kirche ist nicht Meisterin/ sondern nur Beschliesserin/ dann so weit und nicht weit er erstrecket sich das Predig- Ampt. Die Apostel und dero Successores seind nicht mehr als Oeconomi, Haußhalter/ Dafuͤr halte uns jederman/ fuͤr Christus Diener und Haußhalter uͤber GOttes Geheimnuͤße. 1. Cor. 4/ 1. Legati, Bottschaffter/ So seind wir nun Bottschafften an Christus statt/ denn GOtt vermahnet durch uns. So bitten wir nun an Chri- stus statt/ lasset euch versoͤhnen mit GOtt. 2. Cor. 5/ 20. Solte dadurch eine solche Monarchi gemeynet worden seyn/ so muͤßte Christus so viel Monarchen eingesetzet haben/ als Apostel/ dann welchen Gewalt Er einem gegeben/ den hat Er allen gegeben. Summa/ Clavis spiritualis prædicta, davon David zuvor geweissaget/ Psal. 149/ 8. Sie (die Apostel) sollen Raach uͤben unter den Heyden/ Straffe unter den Voͤl- ckern/ ihre Koͤnige zu binden mit Ketten/ und ihre Edelen mit eyssern Fesseln. Davon es heisset/ Evangelium non abolet, diß Evan- gelium hebt wletlich Regiment nicht auff/ man hat sichkeines Abgangs der Nahrung/ Ehr/ ꝛc. zu befahren/ es wird durch den Bind-Schluͤssel kein Laster-Stein auffgerichtet/ wie auch durch den Loͤß-Schluͤssel der Laster- Stein und Hoch-Gericht nicht uͤbr einen Hauffen geworffen. Wozu/ sprichstu abermal/ dienet uns das? Was hat der gemeine Mann davon? das ist allein den Gelehrten geprediget/ es ist zu hoch fuͤr Knechte und Maͤgde/ denen solte man predigen/ wie sie leben sollen. Ant- wort: Alles hat seine Zeit/ Hauß-Taffel hat seine Zeit/ Catechismus hat seine Zeit. So ist auch nicht Welsch was fuͤrgebracht worden/ sondern Teutsch. Dienet uns/ meine Liebsten/ 1. den Catechismum recht gruͤnd- lich zu verstehen/ und das Fundament wohl zu legen/ das A b c. recht zu fassen/ ohne dessen gruͤndlichen Verstand sonst alles/ was in Schrifft- maͤssigen Predigten vorgetragen wird/ lauter Boͤhmische Doͤrffer seynd. 2. Zur Demuth zu erkennen/ wer wir feind fuͤr GOttes und aller Engeln Augen. Zwar fuͤr unsern Augen grosse Herren/ freye Junckern/ und Monsieurs, aber fuͤr GOtt rechte Gefangene/ die/ wie der Teuffel die Hoͤll/ den Thurn allezeit mit uns tragen. E. L. erinnere sich der armen Gefangenen/ mit Ketten und starcken Mahlschlossen beschwerten stigma- ticorum, die auß der Tuͤrckey zu uns kommen/ und Rantzion einsamlen/ durch Goͤttliche Providentz werden uns solche leibliche Selaven fuͤr Au- gen gestellet/ daß wir unsere geistliche Dienstbarkeit und Elend erkennen. Waͤre dem nicht also/ wuͤrde der Herr nicht so einen starcken Schluͤssel- Gewalt verordnet haben. Zu wuͤnschen waͤre es/ daß sich allhie spiegelten alle Die Dritte Predigt alle die praven Cavallier, die sich von keinem Menschen wollen commen- di ren lassen/ zerreissen alle Bande der Gerechtigkeit/ fragen nichts nach GOtt und seinem Wort/ sie wuͤrden sehen/ wer sie in der Warheit seyen/ ihrer Einbildung nach zwar Edel/ aber fuͤr GOttes Augen wilde un- bendige Wald-Esel: Jhrer Meinung nach zwar semper- frey/ aber fuͤr GOttes Augen Sclaven und Gefangene des boͤsen Geistes/ servi tot Dominorum, quot vitiorum, Sclaven so vieler Herren/ als Suͤnden und Untugenden sie an sich haben/ wie vor zeiten die Jndianische Weisen/ die Brachmaner genennt/ Alexandrum M. beschlagen und abgefertiget. Dann als dieselbe grosse Teuffels- bestia Alexander der grosse/ einer von den maͤchtigsten Potentaten/ den jemahlen die Sonne beschienen/ der den gantzen Erdboden erschreckt/ dem alle Laͤnder und Staͤtte die Schluͤs- sel entgegen getragen/ einsmahls einen Zug fuͤrgenommen in Jndien/ gedacht/ es werden vorermeldte Jndianische Weißen fuͤr seiner Macht erzittern/ und ihn als einen Gott/ fuͤr den er wolte gehalten seyn/ auff- nehmen und verehren/ so schreiben sie unter andern morali en auch dieses zu/ malus etsi regnet, servus tamen est tot dominorum, quot vitiorum. d. i. Ein boͤser und der Untugend ergebener Mensch/ wann er gleich ein Seepter in der Hand und ein Cron auff dem Haupt traͤgt/ so ist er doch ein Sclav so vieler Herren/ als Laster er an ihm hat. Sie wollen sagen/ du bildest dir ein/ du seyest der maͤch- tigste Herꝛ in der gantzen Welt/ aber unterdes bistu ein rechter Sauff- und Zorn-Sclav/ ein rechter Pracht-Sclav/ der sich seines Vaters/ des Koͤnigs Philippi geschaͤmet/ gedacht Herculis Saͤulen zu uͤberschrieten/ dem die Welt zu eng wolt werden: Außwendig bistu ein grosser Mann/ inwendig ein elender Zwerch: Außwendig verbrennestu Staͤtte und Laͤn- der/ inwendig verbrennet und verzehret dich dein eigen Ehrgeitz. Mit welcher sinnreichen Antwort wir auch hiemit alle Welt-Praler wollen abgewiesen haben. Dienet 3. zur Danckbarkeit/ die Kinder Jsrael mußten sich oft oft oft ihres unsaͤglichen Elends/ Trangsalen und Dienstbarkeit erinnern/ und dardurch zur Danckbarkeit angefrischet und auffgemundert werden. Be- kandt seynd die Worte Davids: Dancket dem HErꝛn/ dann Er ist freundlich/ und seine Guͤte waͤret ewiglich: Saget die ihr erloͤset seyd durch den HErꝛn/ die Er auß der Noth erloͤset hat. Die da sitzen mußten im Fisternuß und dunckeln/ gefangen im Zwang und Eisen. Und sie zum HErꝛn rieffen in ihrer Noth/ Vom Gewalt der Schluͤssel. Noth/ und er ihnen halff auß ihren Aengsten/ und sie auß dem Finsternuß und dunckeln fuͤhrete/ und ihre Bande zureiß/ die sollen dem HErꝛn dancken um seine Guͤte/ und um seine Wun- der/ die Er an den Menschen-Kindern thut/ daß Er zubricht ehrene Thuͤren/ und zuschlaͤgt eiserne Riegel. Psalm. 107/ 1. 10/ 13. 14. 15. 16. Solche Leuthe waren weyland unsere Voreltern und wir in ihnen/ aber erloͤßt durch den Helden-Geist des Teutschen Simsons Lutheri/ der die Bande zerrissen. Danck seind wir derowegen auch schuldig/ 1. Agnoscendo, daß wir erkennen/ was und wer wir gewesen und was Lutherus/ oder Gott durch ihn/ gethan: stuͤnde unsern Burgers-Leuten gar wol an/ daß sie neben der Bibel auch die Kirchen-Historien leseten/ und vernehmen wie das Papstthum gespielet was unter dem Schein dieses Schluͤssels fuͤr Muthwill veruͤbet worden/ sonderlich an hohen Haͤuptern/ Stegreif halten/ Fuͤsse kuͤssen/ Stuhl tragen/ und andere Dienste leisten/ war das geringste. Dann wie das Roͤmische Ceremonien-Buch auß- weiset/ muß der Kayser dem Papst Stegreif halten/ wann er Mahlzeit hal- tet/ die erste Tracht aufftragen/ ihne auff der Achsel tragen. Wer kan oh- ne Wunder-Thraͤnen lesen die Buß-Histori Henrici? Anno 1077. citi ret Gregorius VII. Kayser Henricum IV. gen Rom/ er schicket Legaten/ die weiset man mit Schimpff ab/ der Papst thut ihn in Bann; wolte er dessen sich loß wuͤrcken/ mußte er gen Rom/ machet sich derowegen mit seiner Ge- mahlin und wenig Dienern im kalten Winter uͤber die Alpen-Gebuͤrg in Jtalien biß gen Rom/ als er nun drey Tag baarfuß im schlechten haͤrinen Kleid auffgewartet/ ward er endlich den 28. Januarij absolvirt/ mit dem Beding/ daß er sich dem Papst in allem unterwerffen/ und sich des Kayser- thums nicht gebrauchen solt/ machet Rudolphum zum Roͤmischen Koͤnig/ deme der Papst eine Crone geschicket/ daran dieser Vers stund: Petra dedit Petro, Petrus diadema Rudolpho. Wir zu Straßburg haben uns sonderlich wohl zubedancken/ wo man hin- gehet/ so gibt es Stiffter und Kloͤster/ da gedencket/ wie unsere Vorfahren gepreßt gewesen? wie sie der Schluͤssel getrucket? wie sie manchem unge- schickten Bachanten haben die groͤste Ehre muͤssen anthun? wie sie die Schluͤssel-Forcht zur Ohren-Beicht gebracht und getrieben? wie sie in re- medium animarum haben opffern und spendiren muͤssen? Erkennen wer wir jetzt seyen/ nemlich freye Leute/ nach dem durch das Liecht des Goͤttli- chen Worts der Schluͤssel-Betrug offenbar worden/ und wieviel leichter es nun seye zum Beicht-Stuhl zu gehen/ als in casibus reservatis uͤber die Zehender Theil. E e Alpen Die Dritte Predigt Alpen stampen/ und sich durch Wallfahrten des Ablaß erholen. 2. Cele- brando \& annunciando, daß wir unsern Mund auffthun/ und die alten Geschichten Kindern und Kinds-Kindern erzehlen/ die wir gehoͤret haben/ und unsere Vaͤtter uns erzehlet haben/ daß wirs nicht verhalten sollen un- sern Kindern/ die hernach kommen/ und verkuͤndigen den Ruhm des Herrn und seine Macht und Wunder. Ps. 78. 3 Læcando, daß wir uns inniglich daruͤber erfreuen/ so wohl als die Kinder Jsrael/ da sie auß Egy- ptenland gezogen/ und auß der Babylonischen Dienstbarkeit erloͤset worden/ davon stehet Psalm. 126/ 1. Wann der HErꝛ die Gefangenen Zion erloͤsen wird/ so werden wir seyn wie die Traͤumende. Denn wird unser Zung voll Lachens und unser Mund voll ruͤhmens seyn/ da wird man sagen unter den Heyden; der HErꝛ hat gros- ses an ihnen gethan/ der HErꝛ hat grosses an uns gethan/ des sind wir froͤlich. Laßt uns aber dabey vorsehen/ daß wir nicht des Teuffels Strick an- legen/ nach dem wir des Papsts Seyle und Bande zerrissen/ und uns da- von loß gewuͤrcket/ damit uns nicht begegne/ was Simson dem Edeln Na- zarener/ Judic. 16. der kundte wohl von den Philistern nicht gebunden wer- den/ aber da er sich selbs loß gerissen/ und sein Nazarener Geluͤbd gebrochen/ da hat es geheissen/ Philister uͤber dir Simson/ die haben ihm nachmahlen die Augen außgestochen/ und mit ehrinen Ketten gebunden/ er mußte mah- len im Gefaͤngnuß. Wir seynd alle Nazarener worden in der H. Tauff/ und als verlobte des Herrn/ da unser Bund-Geluͤbd abgelegt/ wann sich nun der Mensch die Welt die hurische und verfuͤhrische Delilam laßt verblenden und bereden/ sein Tauff-Geluͤbd bricht/ so weichet der gute Geist von ihm/ er wird vom Satan verblendet/ es heisset/ Philister uͤber dir Simson/ und gehet ein solcher Mensch in den Stricken des boͤsen Geistes/ 2. Timoth. 2/ 26. Ein jegliche boͤse Gewonheit ist eine eyserne Kette; wird ein solcher Mensch gleich nicht von Petro gebunden/ so haͤngt doch der Strick am Hertzen/ an dem er endlich muß erwurgen. So schroͤcklich aber der Bind-Schluͤssel ist allen Gottlosen/ so troͤstlich ist der Loͤß-Schluͤssel allen armen Suͤndern. Es ist eine herꝛliche und stattliche Berheissung/ die GOtt seinem Volck gethan/ Deut. 28/ 12. Der HErꝛ wird dir sei- nen guten Schatz auffthun/ den Himmel/ daß er deinem Land Regen gebe zu seiner Zeit/ und daß Er segne alle Wercke deiner Haͤnde. Jst geschehen zur Zeit Eli æ. Hie ein groͤsserer Schatz/ die Ver- gebung der Suͤnden/ Go ttes Gnad/ ein offener Himmel/ den Go tt in sei- ner Kirchen eroͤffnet. Hie alle Sunden vergeben werden. Wer ist nun der/ Vom Gewalt der Schluͤssel. der/ dem ein grosser Schatz versprochen/ und der Schluͤssel gegeben/ der nicht folte zulauffen uͤber Stauden und Stoͤcke/ und ringen/ daß er den Schatz moͤchte davon bringen. Ey so laßt uns auch ringen einzugehen durch die enge Pfort/ Daß uns wohl sey hie und dort. Hie in ruhigem Gewissen/ Dort in vollkommenem satten geniessen! AMEN. Die Vierdte Predigt. Von Denen Personen/ welchen Christus die Schluͤssel uͤberreichet/ und anvertrauet. G Eliebte in Christo. Unter andern fatis, Geschichten und Begebenheiten/ Gluͤck und Geschick/ so sich mit Jo- seph im Stand seiner Erniedrigung/ sonderlich in seinem Gefaͤngnuß/ begeben und zugetragen/ ist auch denckwuͤrdig das jenige/ so zwischen ihm und seinen ween Mitgefange- nen und Creutz-Bruͤdern vorgeloffen/ Gen. 40. Dann da wird erzehlet I. Status \& conditio, der Zustand/ in welchem sie begriffen/ sie waren alle drey in Hafft kommen/ und Potiphar/ dem obersten Profoßen uͤbergeben/ und in die Eysen geschlagen worden/ wie im 105. Psalm zu lesen. Die zween Diener zwar empfingen/ was ihre Thaten werth/ was die Ur- sach ihrer Hafft geweßt/ kan man nicht eygentlich wissen: die Rabbinen ge- ben fuͤr/ es habe der Schenck dem Koͤnig ex incuria eine Muck im Trincken gereicht; der Beck ein Steinlein im Brod. Lutherus muhtmasset/ sie ha- ben dem Koͤnig mit Gifft vergeben wollen/ und seyen deßwegen auff Leib und Leben gelegen/ der Kopff hab ihnen beeden gewackelt. Der dritte war gantz unschuldig/ gestalt er sich selbs apologisi ret und verthaͤdiget/ ich bin/ sagt er/ auß dem Land der Ebraͤer heimlich gestohlen/ dazu hab E e ij ich Die Vierdte Predigt ich auch allhie nichts gethan/ daß sie mich eingesetzet haben. Gen. 40, 15. II. Somnia diversa utriusque fontis, die zween unterschiedliche Traͤume eines jeden Maleficanten; Jenem hat getraͤumet im Ge- faͤngnuß/ es waͤre ein Weinstock fuͤr ihm/ der haͤtte drey Reben/ und er gru- nete/ wuchs und bluͤhete/ und seine Trauben wurden reiff/ und er hatte den Becher Pharao in feiner Hand/ und nahm die Beer und zutrucket sie in den Becher/ und gab den Becher Pharao in die Hand. Dem andern traͤumet von drey weissen Koͤrben auff seinem Haupt/ und im obersten Korb allerhand gebackene Speise dem Pharao/ und die Voͤgel assen auß dem Korb auff seinem Haupt. Dieses waren somnia divina, Goͤttliche Traͤume/ als welche sie gantz hefftig affici rt, und schwermuͤhtig gemacht/ die/ wie von Gott dem H. Geist durch Josephs Mund/ gedeutet/ (betref- fend solche Raͤth und Gedancken/ die noch in Pharaonis Hertzen verschlos- sen gewesen.) Also auch von ihme eingegeben. III. Somniorum interpretatio, die Deutung solcher Traͤume. Dann da Joseph sie besuchet/ und in Schwermuht angetroffen/ so unter- fangt er sich ihnen beeden auß dem Traum zu helffen/ und solche durch Goͤtt- liche Erleuchtung zu offenbahren; Jenem weissaget er Gutes: Drey Reben sind drey Tage/ und uͤber drey Tage wird Pharao dein Haupt erheben/ und dich wieder in dein Ampt stellen/ daß du ihme den Becher in die Hand gebest/ nach der vorigen weise/ da du sein Schenck warest. Gen. 40, 12. 13. Diesem aber Boͤses: Drey Koͤrbe seynd drey Tage/ und nach dreyen Tagen wird dir Pha- rao dein Haupt erheben/ und dich an den Galgen hencken/ und die Voͤgel werden dein Fleisch von dir essen. v. 18. 19. Jst alles in eventu geschehen und wahr worden. Christi Leben und Wandel ist der rechte Antitypus und Gegen-Bild. Joseph war ein lebendiger Spiegel Christi/ beydes im Stand seiner Ernie- drigung und Erhoͤhung/ wie davon E. L. zu andern zeiten hoͤret/ sonderlich was diese Geschicht anlanget/ am Stamm des Creutzes/ da wir auch drey gefangene und gebundene Personen beysamen sehen/ zween schuldige und ein unschuldiger/ Christus mitten unter zween Moͤrdern. Es traͤumet beeden vom Teuffel/ wiewol bey einem obscurius dunckler als bey dem an- dern/ ihr Gewissen hat ihnen nichts Gutes predigen koͤnnen: Christus deutet ihnen den Traum/ dem einen zwar mit diesen Worten: Heut wirst du mit mir im Paradiß seyn. Und gibt ex opposito und im gegentheil zu verstehen/ was dem andern begegnen werde. Wir koͤnnen aber Vom Gewalt der Schluͤssel. aber auch nicht ungereimt diese gantze Histori deuten auff das Werck der Absolution und Schluͤssel-Gewalt. Dann da finden sich auch 1. dreyer- ley gefangene Suͤnder/ Bußfertige/ Unbußfertige/ und dann das Predig- Ampt gleichsam in der mitten/ wiewol mit dem Unterscheid/ daß der Pre- diger nicht unschuldig/ wie Christus. 2. Es finden sich auch somnia con- scientiæ, wird das Gewissen reg/ schlaͤgt der Zorn GOttes unter Augen/ so traͤumets dem Menschen vom Teuffel/ er schmaͤcket Feur/ es wird ihme wimpel/ angst und bang. 3. Aber dem Predig-Ampt ist der Loͤß- und Bind- Schluͤssel uͤbergeben/ damit sollen sie den Leuten auß dem Traum helffen/ und sie versichern/ wo sie rechte Buße thun/ soll ihnen an der Seelen die Suͤnde nicht schaden/ wo nicht/ so werden sie des ewigen Todes sterben. Wie wir dann auch hievon fuͤr dißmahl zu reden und zu handlen. Gott gebe seines H. Geistes Beystand um JEsu Christi willen. Amen! G Eliebte in Christo. Cui data clavis? Wem ist dann der Loͤß- und Bind-Schluͤssel uͤbergeben und eingehaͤndi- get ? Hie sindet sich ein doppelte; aber widerwertige Antwort/ und zwar erstlich auff Seiten der Papisten/ deren Meinung kuͤrtzlich dahin gehet/ es seye der Schluͤssel-Gewalt offeri rt und uͤbergeben worden I. Petro, als einem Herꝛn/ Monarchen und allgemeinen Obrigkeitli- chen Richter/ und zwar Petro allein/ den andern Aposteln aber nicht. Fo- rer. part. 3. Antiq. Papatus l. 7. c. 2. p. 666. schreibet davon also: Petro/ als dem Oberhaupt der Kirchen/ der uͤber andere Apostel gewe- sen/ seynd die Schluͤssel allein und absonderlich versprochen worden; den andern Aposteln aber hat Christus nicht gesagt/ Joh. 20/ 23. Euch gebe ich die Schluͤssel/ sondern/ welchen ihr die Suͤnde vergebet/ ꝛc. Maldonatus in cap. 16. Matth. gestehet gern/ daß die andern Apostel auch den Schluͤssel gehabt/ aber nicht diesen Schluͤssel/ der Petro gegeben worden/ gleich wie in einem Hauß viel Schluͤs- sel haben/ der Herꝛ aber allein hat alle/ auch zu den allergeheimsten Sachen/ mit welchen er/ wann er wil/ also zuschliesset/ daß niemand auffthun kan. Tanner. Tom. 4. disp. 6. q. 10. dub. 1. schreibet: Es seye den andern Aposteln allein der Gebrauch der Schluͤssel unter dem hoͤchsten Schluͤssel-Herꝛn Petro zugelassen. Seind lauter Martyria, Tor- tu ren und Noth-Zwaͤnge damit sie dieses Geheimnus vertraͤhen und verkruͤmmen. Dann/ cui definitio competit, eidem \& definitum. Wer einen Ordens-Mann beschreibet von seiner Kutten und Kappen/ ob er ihn gleich keinen Ordens-Mañ oder Jesuiten nennet/ so bringets doch auff E e iij dem Die Vierdte Predigt dem Rucken mit sich/ daß er einer seye: Also/ wann Christus seinen Juͤn- gern die Macht gibt zu loͤsen und zu binden/ Suͤnde zu vergeben und zu be- halten/ eben damit gibt Er ihnen den Schluͤssel-Gewalt/ das kan ein Kind an den Fingern zaͤhlen; Daß sie aber Petro eine Eminen tz uͤber die andere Apostel zuschrelben/ und auß diesen lauter dependent en machen/ dazu hat schon laͤngsten Paulus der ἐλάχιςος, der kleineste/ und gleichsam der Ben- jamin unter den Aposteln/ Nein gesagt: Jch solte von euch gelobet werden/ sintemal ich nichts weniger bin denn die hohen Apo- stel. 2. Cor. 12/ 11. und 1. Cor. 12/ 28. GOtt hat gesetzt in der Ge- meine auffs erste die Apostel/ auffs ander die Propheten/ auffs dritte die Lehrer/ darnach die Wunderthaͤter/ darnach die Ga- ben gesund zu machen/ Helffer/ Regierer/ mancherley Spra- chen. Da er alle gradus in einer schoͤnen Ordnung erzehlet/ aber von kei- ner hoͤheren Gewalt weiß/ als der Apostolischen Gewalt/ die bey allen gleich geweßt: waͤre ein hoͤhere Petro anvertrauet worden/ haͤtte er es nicht ver- schwiegen/ auffs wenigste nicht verschweigen sollen. II. Ferner Petro und seinen Successoribus auff dem Roͤmischen Stuhl/ alle andere cathedras außgeschlossen/ davon Bellarm. l. 2. de Rom. Pontif. c. 12. Quod Petri Successor sit Romanus Pontifex, facilè pro- bari potest. Nullus enim est, nec fuit unquam, qui se Petri successorem ullo modo asseruerit, vel pro tali sit habitus, præter Romanum \& An- tiochenum Episcopum: Atqui Antiochenus non successit Petro in Pon- tificatu Ecclesiæ totius, nam non succeditur, nisi cedenti locum, vel per mortem naturalem, vel per mortem legitimam, id est, depositionem vel renunciationem; Petrus autem adhuc vivens, \& Pontificatum ad huc gerens, Antiochenam Ecclesiam reliquit, \& Romæ sedem suam fixit. Restat igitur, ut Romanus Episcopus, qui Petro in Urbe Roma mori- enti successit, eidem in tota ipsius dignitate \& potestate successerit. Das ist: Daß der Roͤmische Papst seye des Petri Nachfolger/ kan daher leichtlich erwiesen werden. Dann es ist keiner/ ist auch niemal keiner geweßt/ der sich auff einige weise fuͤr Petri Nach- folger außgegeben/ oder fuͤr einen solchen gehalten worden/ ohne der Roͤmische und Antiochenische Bischoff. Nun aber hat der Antiochenische Bischoff Petro im Paͤpstlichen Gewalt uͤber die gantze Kirch nicht succedirt/ dann keiner kan in des andern Stelle tretten/ es seye dann daß sie der andere quittirt/ entweder durch natuͤrlichen Tod/ oder durch rechtmaͤssigen Tod das ist/ Absetzung/ oder freywillige Auffgab und Absagung. Nun aber Vom Gewalt der Schluͤssel aber hat Petrus/ da er noch gelebet/ und sein Papsts-Ampt getragen/ die Antiochenische Kirch verlassen/ und zu Rom sei- nen Stuhl auffgerichtet. Jst also klar/ daß der Roͤmische Bischoff/ der nach dem Tod Petri an seine Stelle gekommen/ auch zugleich seine Ehre und Gewalt geerbet. Tannerus part. 3. Theolog. ditpu 1. q. 4. dub. 3. n. 147. fasset die Sach in diesen Syl- logismum. Infallibilis Petri potestas \& auctoritas regendi universam Ecclesiam fuit ordinaria, ac in Ecclesia permanens, adeoque non in solo Petro, sed \& in ejus post mortem legitimis successoribus perpetuò ad finem usque mundi perdurans. Sed nulli alii præter Rom. Pontifi- ces fuerunt Petri post mortem ejus legitimi successores. Ergò potestas illa infallibilis Petri, regendi universam Ecclesiam, perdurat usque ad finem mundi in Pontificibus Romanis. das ist: Petri unfehlbare Gewalt und Ansehen die gantze Kirch zu regieren ist ordent- lich und bestaͤndig in der Kirch anzutreffen/ und dauret also nicht nur in Petro/ sondern auch in seinen rechtmaͤssigen Nach- folgern/ nach seinem Tod/ biß an das Ende der Welt. Nun aber seind ohne die Roͤmische Paͤpste keine andere Nachfolger St. Petri. Derowegen dauret diese unfehlbare Gewalt/ die gantze Kirche zu regieren/ biß ans Ende der Welt/ in der Roͤ- mischen Paͤpsten. Aber wo Siegel und Brieff? wo Testament und Vermaͤchnuß? Was haben die Bischoͤffe zu Antiochia Petro Leyds ge- than/ daß er sie nicht zu Successor en geordnet ? da doch bekantlich Petrus zu Antiochia geweßt/ daselbs Cathedram Episcopalem fundi rt, Evo- dium und Ignatium ordini rt, wie Eusebius und Theodoretus bezeugen. Ob er zu Rom einen Bischoffs-Stuhl auff gerichtet/ ist nicht offenbar/ noch ausser allem Streit/ oder doch so wohl dort als hie. Warum soll der Ort/ da Petrus gestorben/ mehr Krafft haben/ als da er in seinem Leben ge- weßt? Wie kommts/ daß/ so die Paͤpste zu Rom Petri Stuhl-Erben sich schreiben/ keiner unter ihnen niemahl Petri Nahmen gebrauchet? da doch Christus beydes gesagt: Du bist Petrus/ und dir will ich des Himmelreichs Schluͤssel geben. Geschichts ex modestia, solten sie vielmehr sich des Nahmens Mari æ entaͤussern/ als die eine groͤssere Heilige/ und in dero Nahmen sie mehr mysteria suchen. Vielleicht ge- schichts nicht ohne sonderbare Goͤttliche Vorsehung/ daß/ weil keiner un- ter ihnen Petri rechtmaͤssiger Successor und Schluͤssel-Erb/ also auch kei- ner seinen Nahmen trage. III. Cha- Die Vierdte Predigt III. Characterisatis clericis, der geoͤlten und getraͤnckten Cle- risey. Die habe auch den Schluͤssel/ aber dependenter vom Papst/ wie auch mit Vorbehalt etlicher Faͤlle/ die allein von dem Papst koͤnnen dijudi- cirt und entschieden werden. Jene aber seyen in ihrem Schluͤssel-Ampt nicht nur Botten und Gesandten GOttes/ die die Versoͤhnung anbieten und verkuͤndigen/ præcones pacis \& veniæ, Ehrenholden des Goͤttlichen Friedens/ und Vergebung der Suͤnden; sondern gar Gewalthabende Obrigkeitliche Richter/ denen in der Ohren-Beicht alles haar-klein muß angezeiget werden/ daß sie hernach ihren Richterlichen Außspruch daruͤber ergehen lassen/ und die Straffen und Bußen aufflegen koͤnnen. Die Schrifftmaͤßige Antwort auff die vorgelegte Frag/ Cui data clavis? Wem der Schluͤssel-Gewalt eingehaͤndiget und uͤberant- wortet seye ? ist diese: Quoad Jus ipsum, was die Gerechtigkeit anlan- get/ der gantzen Gemeine und Kirche: Jst zu erweisen 1. auß den Worten Christi Matth. 18/ 18. da Er redet mit dem gantzen Umstand seiner Juͤnger/ und sagt: Warlich/ ich sage euch: was ihr auff Erden binden werdet/ ꝛc. Und abermal: So sage es der Ge- meine. Und ferner: Wo zween oder drey versamlet seynd in meinem Nahmen/ da bin ich mitten unter ihnen. Ey warum dann nicht/ wann eine gantze Kirche bey einander versamlet? 2. Ex offi- cio Ecclesiæ, die Kirche ist GOttes Braut und Hauß-Ehre/ die muß auch den Raub außtheilen. Jhr seynd alle Schaͤtze der Kirchen/ unter welchen der Indulgen tz- und Ablaß-Schatz der fuͤrnemste ist/ vertrauet 3. Ex Ec- clesiæ duratione, die Apostel wuͤrden nicht allezeit leben. Nun solte der Schluͤssel-Gewalt biß ans Ende der Welt waͤhren/ derowegen so muß das Jus, die Gerechtigkeit biß ans Ende der Welt bleiben. 4. Ex analogia Ec- clesiæ Vet. Testamenti, auß der Gleichheit der Kirchen des A. Testaments/ mit der Kirchen des N. Testaments/ als welche an jener Stelle kommen: So nun jener vertrauet ist/ was GOtt geredet hat/ Rom. 3/ 2. Deßgleichen so ihro gehoͤret die Kindschafft und die Herꝛlichkeit/ und der Bund/ und das Gesetz/ und der Gottesdienst/ und die Verheissung. Rom. 9/ 4. Warum solte dann diese davon außge- schlossen seyn? Ja bey allen Societ aͤten und Zusammenkunfften ist das Jus der Gemeine/ die Verordnung aber bey gewissen Deputirten. Dahero auch in privat- Jnjurien je ein Christ dem andern verzeihen kan und soll/ und was als dann auff Erden vergeben/ soll auch Krafft im Himmel haben. Jch sage/ in privat- Aergernussen. Ja auch in casu extraordinario, wann einer keinen Beicht-Vater haben koͤnte/ moͤchte auch wol ein privat- Christ dem Vom Gewalt der Schluͤssel. dem andern die Absolution sprechen. Denn wir alle/ die getauffet/ und in Christum einverleibet worden/ seind von Christo zu Priestern gemacht/ Apoc. 1, 6. Dieweil aber GOtt ein GOtt der Ordnung ist/ und Ordnung will gehalten haben/ so ist solcher Gewalt ratione exercitii ordinarii, was die ordentliche Verwaltung und Gebrauch anlanget/ von Christo gegeben/ wie Petro insonderheit/ Matth. 16. also seinen Juͤngern und Aposteln all- hie allen ins gemein/ und einem jeden insonderheit/ die Er auch dazu durch die insufflation, Anhauchung und Mittheilung des H. Geistes ordiniret und bestellet. Ob auch Thomas allhie sey ordiniret/ und mit dem Geist be- gnadiget worden/ als der dazumal nicht anwesend gewesen/ ist auß Ver- gleichung der Histori Eldad und Medad leicht zu beantworren/ von denen stehet Num. 11, 26. Es waren aber noch zween Maͤnner im Lager blieben/ der eine hieß Eldad/ der andere Medad/ und der Geist ruhete auff ihnen/ denn sie waren auch angeschrieben/ und doch nicht hinauß gegangen zu den Huͤtten/ und sie weissa- geten im Lager. Nicht allein aber den Juͤngern/ sondern auch allen deroselben Suc- cessor en; dann weil die Juͤnger nicht wuͤrden unsterblich seyn/ und in der Kirche bleiben biß ans Ende der Welt/ so hat Gott Hirten und Lehrer ver- ordnet/ Ephes. 4/ 11. Denen hat Er eben so wol als jenen die Schluͤssel an- vertrauet/ als œconomis und Haußhaltern uͤber Gottes Geheim- nuͤsse/ 1. Cor. 4/ 1. als Legaten und Bottschafften an GOttes Statt/ 2. Cor. 5. und zwar als œconomis vocatis \& ordinatis, die per χειροτονίαν καὶ χειροϑεσίαν, durch Hand-Aufflegung beruffen/ und also ordentlich und rechtmaͤssig gesand werden/ wie Christus. Oeconomis or- ganicis, die nichts auß eigener richterlicher Gewalt/ wie im Papstthum ge- lernet wird/ sondern als Diener verrichten/ gleichwol aber auch nicht als bloße præcones und signa præsentiæ ex pacto, wie zwar die Zwinglianer lehren/ sondern vasa electa, außerwehlte Ruͤst-Zeug/ Act. 9/ 15. Diener und Zeugen/ auffzuthun die Augen der Heyden/ zu bekehren von der Finsternuß zu dem Liecht/ und von der Gewalt des Satans zu GOtt/ zu empfahen Vergebung der Suͤnden/ Act. 26, 18. Weil ich der Heyden Apostel bin/ will ich mein Ampt preisen/ ob ich mochte die/ so mein Fleisch sind/ zu eyferen reitzen/ und ihrer etliche selig machen. Rom. 11 14. Apollo und Paulus seind Diener/ durch welche ihr glaubig worden seyd/ 1. Cor. 3/ 5. Ge- baͤhrende Muͤtter/ biß daß Christus eine Gestalt gewinne/ Gal. 4, 19. Zehender Theil. F f Du Die Vierdte Predigt Du wirst dich selbs selig machen/ und die dich hoͤren. 1. Tim. 4/ 16. Oeconomis discretis, die da wissen ein jedes einem jeden zu geben/ zu rech- ter Zeit/ im Nahmen Christi/ das ist/ nach seinem Befehl/ ἄνευ προπετείας καὶ προκρίματ ς, ohne eigen Gutduͤnckel/ und nicht nach Gunst/ 1. Tim. 5/ 21. Sonst gibts claves etrantes, Fehl-Schluͤssel/ sol untur ex- communicandi, excommunicantur solvendi. Die unbußfertige wer- den absolvirt/ und von Suͤnden entbunden/ die Bußfertige werden in Bann gethan. Luth. Tom. 5. p. 222. Oeconomis æquali potestate præditis, da der geringste Caplan soviel thun kan/ als der hoͤchste Pr æ lat; Sintemal Christus allhie den geringsten Unterscheid nicht ge- macht; So hat die Absolution so wenig ihre Krafft von dem Diener/ als ein Koͤnigliches Mandat von der Feder des Schreibers. Hoc erant \& cæteri Apostoli, quod fuit \& Petrus, pari consortio præditi, \& hono- ris \& potestatis. Cyprian. de simplic. prælat. p. m. 248. das ist: Die andere Apostel seynd eben geweßt was Petrus auch/ wie in glei- cher Gesellschafft/ also auch mit gleicher Ehre und Gewalt begabt. Wir/ meine Liebsten/ unsers orts/ 1. Miramur φιλανϑρωπίαν, ver- wundern uns uͤber die sonderbare Freundlichkeit und Leutseligkeit unsers Gottes/ auch hierinn erwiesen/ daß Er den Menschen Gewalt gegeben/ Men- schen zu loͤsen/ und zum Himmelreich einzulassen/ daß Er Himmels-Port- ner auß ihnen gemacht/ gleich wie dorten auch geschehen/ Matth. 9/ 8. Da das Volck das sahe/ verwunderte es sich/ und preisete GOtt/ der solche Macht den Menschen gegeben hat. Engel und Cheru- bim haben sich fuͤr das Paradiß gelaͤgert/ wir seynd exclusissimi, Bandi- ten/ unsere Suͤnden seynd die Himmels-Riegel und das Mahlschloß: Aber hie potestas angelica major contra gladium cherubicum, groͤssere als Engels-Gewalt/ die das Cherubs-Schwerdt zuruͤck treibet/ Menschen thun das Paradiß auff/ und fuͤhren zum Baum des Lebens. Hoc stu- pendum. Wer ist/ der sich daruͤber nicht entsetzen muß? II. Laudamus grati, wir preisen den lieben Gott/ der uns auß dem Roͤmischen Dienst-Hauß und der Seelen Tortur außgefuͤhret hat/ da er uns/ die wir zuvor fremde Sprach hoͤren muͤßten/ nicht nur die Latinische/ sondern auch die nicht biblische/ Psalm. 81. wiederum sein eigen Goͤttliches Vater-Wort hat hoͤren lassen; Unsere Schultern der Last entlediget/ und unsere Haͤnde der Toͤpffen/ der Weyh-Kessel und anderer Fron-Dienste loß worden. Darum singet froͤlich Gott/ der unsere Staͤrcke ist/ jauch- tzet dem Gott Jacob. III. Opta- Vom Gewalt der Schluͤssel. III. Optamus idem Evangelium adhuc inconversis, wir wuͤnschen/ daß dieses Evangelium geprediget werde/ auch denen/ die noch in der Jrre gehen/ und in der Finstere tappen; Bey den Clavigeris im Papstthum ist zwar wenig zu hoffen/ wie Hercules seine Keule/ so behalten sie ihre Schluͤs- sel/ sie stopffen ihre Ohren zu/ wie die Schlangen: Aber unsern Dienst- botten/ Knechten und Maͤgden wuͤnschen wir solche Freyheit/ wann sie nur wolten unsere Predigten hoͤren. Jhre eigene Beicht-Vaͤtter koͤnnen es ihnen nicht verbieten. IV. Desideramus conjunctionem, wir tragen Verlangen/ daß diese zween Schluͤssel moͤchten vereiniget werden! wuͤrde das geschehen/ wieviel Laster und Untugenden/ wieviel Seelen-moͤrderische Aergernuͤssen wuͤr- den vermitten bleiben und unterlassen werden/ zum besten der armen See- len. Wieviel sitzen und schwitzen in der Hoͤllen/ die hie nicht schamroth worden/ und nun mit unaußdencklichen Schmertzen feur-roth seynd/ und bleiben muͤssen in Ewigkeit. V. Hortamur, wir ermahnen Junge/ geschwulstige und Schluͤssel- suͤchtige Prediger/ und Studiosos Theologiæ, die um des Hauß-Schluͤs- sels willen den Kirchen-Schluͤssel suchen/ ehe sie den Schluͤssel rechter Wissenschafft erlanget/ die durch allerhand Practiken/ um der Pfrund wil- len sich einbettlen/ einkauffen/ eintringen/ einheucheln/ und die Promotion suchen/ wie jener Abt/ der den Schluͤssel zum Kloster gesucht. Daß sie nicht Bauch-sondern Beicht-Vaͤtter/ nicht Meel-sondern Seelsorger seyen/ daß sie darmit nicht schertzen/ den Schluͤssel auff die leichte Achsel nehmen. Es ist candens ferrum, ein gluͤendes Eysen/ daran man nicht nur die Finger/ sondern Leib und Seel verbrennen kan. Mancher koͤnte seiner Suͤnden halben/ d. i. ungehindert seiner Suͤnden/ selig werden/ der um fremder Suͤnden willen neben den Himmel hin spatzieren muß. Non temerè di- co (saget Chrysost. homil. 3. in Acta.) sed ut affectus sum assentio, non arbitror inter Sacerdotes multos esse, qui salvi fiant, sed muitò plures, qui pereant. Das ist: Jch sage es rund herauß/ ich halte darfuͤr/ es werden mehr Prediger verdampt/ als selig. VI. Dehortamur, wir warnen die Zuhoͤrer/ daß sie solche Goͤttliche Ordnung nicht verachten/ dann ob schon wahr/ daß/ wer seine Suͤnde be- reuet/ und glaubet/ schon fuͤr GOtt absolviert/ so hilfft doch die aͤusserliche confirmation, Firmung und Bestaͤttigung/ Versiegelung und offentliche Verkuͤndigung uͤber alle massen viel/ gleich wie in einem Doctoratu die of- fentliche Solenni taͤt und renunciation, wie in einer Kayserlichen oder Koͤ- niglichen Kroͤnung/ die offentliche Investitur. Daß sich auch niemend F f ij aͤrgere Die Vierdte Predigt aͤrgere und gedencke/ unsere Prediger seyen nicht recht ordiniret/ denn sie ha- ben ihren Orden von Luthero/ Lutherus vom Papstthum/ massen Johan- nes der Taͤuffer die Substan tz des priesterlichen Ampts gehabt von seinen Vorfahren/ denen Gott der Herr das Urtheil gesprochen/ Ose. 2/ 2. Sprecht das Urtheil uͤber euere Mutter/ sie seye nicht mein Weib/ und ich will sie nicht haben. Doch war sein Ampt just und gut. Es wollen ja die Benedictiner der alten Benedictiner Nachkommen seyn/ wann schon Ketzer unter dessen eingenistet: Also dependi ren wir auch von Paulo und Augustino, obschon unter dessen Woͤlffe grassiret ha- ben. Daß sie sich nicht aͤrgern an ihren Schwachheiten. Es haben auch die Aussaͤtzige das Evangelium zu Samaria geprediget/ 2. Reg. 7, 9. 10. Wann der Gartenmann pflantzet/ ligt nichts daran/ ob er es mit sauberen oder unflaͤthigen Haͤnden thut. VII. Solamur, wir troͤsten uns wider das boͤse Gewissen/ und dessen hartes Zeugnuß/ das von Tod/ Hoͤll und Verdamnuß prediget/ ja wider die paralogismos dessen: Die Suͤnde ist groͤsser/ als daß sie kan vergeben werden/ Ergò und darum verzweiffle/ du bist zum ewigen Tod verdamt. Dem entgegen haben wir es zu weisen auff den Loͤß-Schluͤssel/ hîc clavis! Hie/ Teuffel/ ist ein Schluͤssel/ der ist dir ein Dorn in den Augen. Wie mit frohem und freudigem Hertzen dort jener Gichtbruͤchtige/ Matth. 9. auß dem Munde Christi die Wort gehoͤret: Sey getrost mein Sohn/ deine Suͤnde sind dir vergeben. Eben eine solche Freude soll bey uns entstehen/ wann wir auß dem Munde des Predigers diß Evangelium hoͤren: So verkuͤndige ich euch allen Vergebung euerer Suͤn- den hie auff Erden/ daß ihr deren auch im Himmel solt loß seyn in Ewigkeit. So freudig der Schenck gewesen/ Gen. 40. da ihme der Traum nach Wunsch gedeutet war/ in bona spe, und guter Hofnung. So freudig auch wir/ wann uns wil vom Feur des Zorns GOttes traͤu- men/ wann die deliquia fidei kommen/ wann das Hertz verdammet. Hie darwider ein unbetriegliches Zeugnuß auff Erden/ wir doͤrffen nicht in den Himmel gaffen. Hie alle Suͤnde vergeben werden. Nach dem Wort wil Christus unser Haupt erhoͤhen/ daß wir fuͤr ihm dem Himmels- Koͤnig sollen stehen immer und ewiglich. Das helff uns allen der Vater Christi JEsu im H. Geist. AMEN. Die Vom Gewalt der Schluͤssel. Die Fuͤnffte Predigt. Vom Loͤß-Schluͤssel. G Eliebte in Christo. Wir lesen Act. 12. von einer wun- derbaten und denckwuͤrdigen Erloͤsung/ so St. Petro wi- derfahren/ als er von Herode Agrippa in Verhafft gezogen und gefaͤnglich angehalten worden. Der Evangelist Lu- cas beschreibet I. Captivitatis tyrannidem, die schroͤckliche und grausame Hafft. Er legt ihn ins Gefaͤngnuß/ und zwar/ wie ver- muhtlich/ nicht in das gemeine burgerliche/ sondern/ dieweil er ihn gedacht nach Ostern dem Volck zu ihrem Muthwillen fuͤrzustellen und zu toͤdten/ in das rechte barathrum, in den Diebs-Thurn/ oder Hexen-Keffig/ und und wie etliche wollen/ warens eben die tenebræ exteriores, und aͤusserste Finsternuß/ darauff Christus deutet in der Parabel. War ein Kercker vor der Stadt und der Ringmaur/ nicht weit von der Schaͤdelstatt gelegen; dieweil er tieff und finster/ hinc tenebræ exteriores daher entstunde das aͤusserste Finsternuß; dieweil da nichts anders als Todes-Furcht und Schande zu befahren/ so war da heulen/ und weil es feucht und kalt unter der Erden/ so war da Zaͤnklappern. Das war nun noch nicht gnug/ son- dern es kam noch darzu die starcke Hafft/ daß er ihn verwahren und uͤberant- worten lassen vier viertheilen Kriegs-Knechten/ das ist/ ihrer sechzehen/ de- ren je ein Theil um das andere Schildwacht gehalten/ damit er nicht entrin- nete: Ja/ wie Chrysost. vermuthet/ hom 9. in cap. 2. Matth. waren die zween Kriegs-Knechte/ unter denen er mit zwo Ketten gebunden gelegen/ zugleich mit angebunden/ alles zu dem Ende/ damit er nicht außreisse/ wie zuvor mehrmahlen geschehen. Act. 5. II. Ecclesiæ solicitudinem, was die glaubige Gemeinde unter dessen bey der Sache gethan ? Petrus war zwar im Gefaͤngnuß ge- halten/ aber die Gemeinde/ sonderlich die in dem Hauß Marci/ da ihrer viel beysammen waren/ bettet ohn auffhoͤren fuͤr ihn zu Gttt/ προσευχὴ ἐκτενὴς, es war ein gemeines und bruͤnst-eyfferiges Gebet/ daß ihnen Go tt Petrum wieder schencken wolte. Was erlangen sie damit? Wunder- Hilff/ dann da hats geheissen: Wo zween unter euch eins werden auff Erden/ warum es ist/ daß sie bitten wollen/ das soll ihnen F f iij wider- Die Fuͤnffte Predigt widerfahren von meinem Vater im Himmel. Matth. 18/ 19. Es erfolgte darauff III. Solutio miraculosa, eine wundersame Erloͤsung. Als Petrus/ der ein gutes Gewissen hatte/ geschlaffen/ kam der Engel des Herrn/ ein himmlischer Legat und Raths-Bott/ und ein Liecht schien in dem Gemach/ der wecket ihn auff/ schlug ihn an die Seiten/ und sprach: Stehe behends auff/ guͤrte dich/ thue deine Schuh an/ wirff deinen Mantel um dich/ und folge mir nach/ worauff die Ketten von seinen Haͤnden fielen/ die aͤussere Thuͤr/ die zur Stadt fuͤhret/ thaͤt sich von ihr selber auff. IV. Solutionis effectus, was auff diese Entbindung erfolget ? Freyer Paß/ er gehet durch die erste und andere Hut/ kommt sicher fuͤr das Hauß Mari æ/ der Mutter Johannis/ der mit dem Zunahmen Marcus hieß und klopffet an: da erzeiget sich grosse Freude/ ihm war eben/ als traͤu- mete ihm von grosser Freude und Freyheit/ es dauchte ihn/ er sehe ein Ge- sicht/ biß er endlich seine Freyheit gespuͤhret/ da er zu sich selbs kam/ sprach er: Nun weiß ich warhafftig/ daß der HErꝛ seinen Engel ge- sand hat/ und mich errettet auß der Hand Herodis/ und von al- lem Warten des Juͤdischen Volcks. Freude entstund im gantzen Hauße/ fuͤr grosser Freude kunte die Magd Rode die Thuͤr nicht auffthun/ die Leute im Hauß meyneten/ die Magd waͤre unsinig/ oder es seye Petri sein Engel. Was nun dazumal geschehen/ geschicht noch heutiges Tages geistli- cher und unsichbarer weise bey allen armen/ bußfertigen und glaubigen Suͤndern/ die ligen in Hafften des reat s und Straff-Pflicht/ zum finstern Schuld-Thurn verdamt/ da ist Forcht des Todes/ heulen und Zaͤhnklap- pern/ sie seynd gleichsam an die Hoͤllische Waͤchter angeschmidet/ und ge- hen in den Stricken des Satans/ der gute achtung auff sie gibt. So fest hat Herodes Petrum nicht gefesselt/ noch fester jene der starck-gewapnete Satan/ verstuͤnde ein Suͤnden-Knecht seinen Jammer/ er wuͤrde win- seln und heulen/ dem Teuffel ich gefangen lag/ ꝛc. Aber Christo dem Herrn sey ewiges Lob und Danck/ der auch unsere Litany erhoͤret/ Er wolle alle Jrrige und Verfuͤhrte wiederbringen/ daß die symphonia durch die Wolcken dringet/ und den Loͤß-Schluͤssel erzwinget. Er laßt sei- nen Engel erscheinen/ das Predig-Ampt/ Apoc. 1. der muß blitzen/ strahlen/ und Liecht machen durchs Gesetz/ und den Schlaffenden auffwecken. Er laßt das Evangelium der Freyheit verkuͤndigen/ nicht nur verkuͤndigen/ son- dern auch Krafft des Loͤß-Schluͤssels applici ren und zueignen/ daß alle com- Vom Gewalt der Schluͤssel. compedes und ligamina, Fessel und Banden von der Seiten des bußfer- tigen Suͤnders fallen/ wie von Petri Haͤnden und Fuͤssen. Darauff dann entstehet Freude uͤber alle Freude/ Freude im Hertzen des armen Suͤnders/ Freude im Himmel fuͤr den Englen GOttes/ und der gantzen triumphierenden Kirchen. Scheinet zwar fuͤr unsern Augen gering/ ist aber an sich selbs ein groß und herꝛliches Werck/ dann was ist die Absolu- tion anders/ als eine geistliche Aufferweckung und Erleuchtung? Wir haben heut acht tag durch GOttes Gnad erwogen/ wem die Schluͤssel an- vertrauet und gleichsam an die Seiten gehaͤnget. Nun folget in richtiger Ordnung/ daß wir die Schluͤssel selbs/ einen nach dem andern beschauen und erwegen/ und zwar zu allervorderst den Loͤß-Schluͤssel/ verfaßt in denen Worten: Was ihr auff Erden loͤsen werdet/ soll auch im Him- mel loß seyn. Hievon zu reden zu GOttes Ehre/ und Trost aller blo ss en Gewissen/ wolle Christus JEsus uns mildiglich erscheinen mit der Krafft auß der Hoͤhe. Amen! G Eliebte in Christo. Der gantze actus oder das Werck der Absolution/ so in dem Wort λύσις καὶ ἄφεσις stehet/ begreifft in sich unterschiedliche actus und Handlungen. Der erste actus heisset I. Λύτρου annunciatio, die Verkuͤndigung der Rantzion und Loͤß-Gelds. Wie mich mein Vater gesandt hat/ spricht Chri- stus/ so sende ich euch auch. Nun aber hat ihn der Geist des Herrn/ laut seiner eigenen Wort/ gesandt/ zu verkuͤndigen das Evangelium den Armen/ zu heylen die zerstossene Hertzen/ zu predigen den Gefangenen/ daß sie loß seyn sollen. Luc. 4/ 18. Also hat auch Chri- stus mit dieser Instruction seine Juͤnger außgesandt. Soll einem armen Suͤnder das Leben geschencket werden/ so muß ihm dasselbe auch verkuͤn- diget/ und das λύτρον oder Loͤß-Geld angezeiget werden/ dadurch ihm das Leben geschencket wird. Soll ein armer Sclav in der Tuͤrckey auß seiner Gefangenschafft/ Fessel und Banden erloͤset/ und auff freyen Fuß gestellet werden/ so muß man ihm auch sagen/ dieser oder jener Herꝛ wolle die Ran- tzion fuͤr ihn erlegen/ er soll sie annehmen/ und sein Leben damit erkauffen. Dasselbe nun ist nichts anders/ als das Wort des Evangelij/ darinnen uns vermeldet wird/ welcher massen unser Goel und Bluts-Freund Chri- stus Jesus/ alle Menschen mit seinem Blut rantzioniret und erloͤset von der Dienstbarkeit der Suͤnde/ und zur Kindschafft GOttes gezogen. Dahin dann gehoͤren alle die Evangelische Spruͤche/ wann der Prediger sagt: So hoͤret nun an den Trost des H. Evangelij: Also spricht Christus Matth. 20/ 28. Die Fuͤnffte Predigt 20/ 28. Des Menschen Sohn ist nicht kommen/ daß Er ihm dienen lasse/ sondern daß er diene/ und gebe sein Leben zu einer Erloͤsung fuͤr viele. Also schreibet St. Paulus Rom. 3/ 24. Wir werden ohne Verdienst gerecht/ auß der Gnade GOttes/ durch die Erloͤsung/ so durch Jesum Christum geschehen ist/ welchen Gott hat fuͤrgestellet zu einem Gnaden-Stuhl/ durch den Glau- ben in seinem Blut. 1. Johan. 1/ 8. Das Blut Jesu Christi des Sohns GOttes macht uns rein von allen Suͤnden. 1. Petr. 1, 18. Jhr seyd nicht mit vergaͤnglichem Silber oder Gold erloͤset/ sondern mit dem theuren Blut Christi/ als eines unschuldigen und unbefleckten Lamms. Das ist die Verkuͤndigung/ aber dabey bleibt es nicht/ es kommt dazu II. Λύτρου individualis applicatio, die absonderliche Zueig- nung des Loͤß-Gelds. Welchen ihr die Suͤnde verziehet/ saget Christus. Derowegen muß die Zueignung auff einen jeden in seiner ey- genen person gehen. Wann der Raths-Bott einem Maleficanten die Er- loͤsung intim irt, und anzeiget/ so folget darauff die admotio clavis, daß der Thurn-Huͤter den Schluͤssel in das Mahlschloß hineinthut/ und auffschlies- set/ gleichsam Hand anleget/ und den Gefangenen herauß fuͤhret. Also auch/ wann der Prediger spricht: So verkuͤndige ich euch/ als ein ordentlicher Kirchendiener/ Vergebung aller euerer Suͤnden hie auff Erden/ so ist es nicht nur zuverstehen declarativè, und auff sol- che weise/ wie der Priester im Alten Testament die jenige/ die vom Außsatz rein geweßt/ rein gesprochen/ sondern de reali \& diaconicâ solutione, von einer wuͤrcklichen/ thaͤtlichen/ dienstlichen Auffloͤsung. Zu gleicher weise/ wie die Apostel mit ihrer Hand/ Stimme und Worten wuͤrcklich Wunder gethan/ Marc. 16/ 17. Jn meinem Namen werden sie Teuffel außtreiben/ Schlangen vertreiben. Auff die Krancken wer- den sie die Haͤnde legen/ so wirds besser mit ihnen werden. Act. 3, 6. Petrus sprach (zum Lahmen fuͤr des Tempels Thuͤr) im Nah- men JEsu Christi von Nazareth stehe auff und wandele/ und griff ihn bey der Hand/ und richtet ihn auff. Act. 9, 40. Da Petrus sie alle hinauß getrieben hatte/ kniet er nider/ bettet/ und wandte sich zu dem Leichnam/ und sprach: Tabea stehe auff. Act. 14, 9. 10 Paulus sahe ihn an/ und sprach mit lauter Stimme/ stehe auffrichtig auff deine Fuͤsse/ und er sprang auff und wandelte. Und wie das Predig-Ampt warhafftig wuͤrcket per eleva- Vom Gewalt der Schluͤssel. elevationem instrumenti à causa principali, durch Erhebung des Werck- zeugs von der Haupt-Ursach/ daher Paulus ein Ruͤstzeug genennet wird Act. 9, 15. confer. c. 26, 18. Rom. 11, 14. 1. Cor. 3, 5. Gal. 4, 19. 1. Tim. 4, 16. so verhalt es sich auch hie in der Absolution. III. Λύσις καὶ ἄφεσις, die Loͤsung und Vergebung. Wird ver- glichen mit der Loͤsung des Bandes einer Kranckheit. Luc. 13, 10. kommet fuͤr den Herrn ein Weib/ das hatte einen Geist der Kranckheit/ wol 18. Jahr/ war krumm/ kunte nicht wol auffstehen/ und wie Christus redet/ hatte sie der Satan gebunden mit dem Band der Kranckheit/ aber so bald der Herr sagt: Sey loß von deiner Kranckheit/ und die Hand auff sie leget/ alsobald richtet sie sich auff/ und preisete Gott. Mit der Erloͤsung Petri auß seinem Kercker/ Banden/ Hafft und Ketten; Wann unsere Augen erleuchtet wuͤrden/ wuͤrden wir alsobald sehen und gewahr werden/ wie die Suͤnden-Ketten abfallen und der Satan sich trollen muß. Ja wir sehen es augenscheinlich an den Unholden und Hexenmeistern/ so starck ist die Obrigkeitliche Hand und Hafftung nicht/ der Satan kom̃t in den Thurn/ und unterstehet sich sie herauß zu fuͤhren/ wie vor etlichen Jahren auch ein Exempel sich allhie begeben/ aber so bald auff rechtschaffene Buß der Loͤß-Schluͤssel adhibi rt und gebrauchet wird/ so trollet er sich. IV. Effecta, die herꝛliche Wuͤrckung/ Krafft und Nutzbar- keit/ so herauß fliesset/ und daher entspringet/ ist die Erloͤsung auß der Dienstbarkeit des Teuffels/ und Versetzung in einen geistlichen Frey- und Herꝛn-Stand/ bestehend in der Freyheit von der Straff-Pflicht. Rom. 8, 1. So ist nun nichts verdammliches an allen denen/ die da seind in JEsu Christo. Von der Herꝛschafft der Suͤnden/ Rom. 6, 11. Haltet euch dafuͤr/ daß ihr der Suͤnden abgestorben seyd/ und lebet GOtt in Christo JEsu unserm HErꝛn. Und v. 14. Die Suͤnde wird nicht herꝛschen koͤnnen uͤber euch/ sintemal ihr nicht unter dem Gesaͤtze seyd/ sondern unter der Gnade. v. 18. Denn nun ihr frey worden seyd von der Suͤnde/ seyd ihr Knechte worden der Gerechtigkeit. Von der Forcht des boͤsen Ge- wissens. Davon Zacharias in seinem Lob-Gesang ruͤhmet/ Luc. 1, 74. Er hat uns erloͤset auß der Hand unserer Feinde/ daß wir ihm die- neten ohne Forcht unser Lebenlang. Summa/ die Versetzung auß dem Stand der Suͤnden in den Stand der Gerechtigkeit; auß dem Dienst des Teuffels in den Dienst Christi; auß dem Gefaͤngnuß in das Zehender Theil. G g Reich Die Fuͤnffte Predigt Reich GOttes; auß den Fesseln in die Freyheit; auß der Hoͤlle in den Himmel. Jst wol der allergluͤckseligste Stand/ ein rechter Herꝛn-Stand/ und Triumph uͤber alle/ die uns gefangen hielten/ denn wen der Sohn GOttes frey machet/ der ist recht frey. Joh. 8, 36. Ja er wird allererst recht frey seyn im ewigen Leben/ hie tragen wir noch den Fron- Vogt im Bußen/ den Diebs-Strick am Hals. Ex parte libertas est, ex parte servitus, nondum tota, nondum pura, nondum plena libertas, quia nondum plena æternitas. Augustin. tract. 41. in Johann. Das ist: Es ist hie halb Freyheit/ halb Dienstbarkeit. Wir haben keine gantze/ keine reine/ keine vollkommene Freyheit/ weil hie noch nicht die voͤllige Ewigkeit. Wir haben Jus ad rem, den An- spruch/ den Zutritt/ nondum Jus in re, aber noch nicht den vollkommenen Genuß/ daher wir noch muͤssen seufftzen/ klagen und sagen: Von allem Ubel uns erloͤß/ Es seind die Zeit und Tage boͤß/ Erloͤß uns von dem ewigen Tod. Auß diesem Effect der Befreyung folget ein anderer/ der da heisset Ornatus, ein schoͤner Schmuck und Zierde. Als Pharao den ge- fangenen Joseph auß dem Thurn und Kercker herauß gelassen/ und auff freyen Fuß gestellet/ so that er seinen Ring von seiner Hand/ und gab ihn Joseph an seine Hand/ und kleidet ihn mit weisser Seiden/ und hieng ihm eine guldene Kette an seinen Hals. Gen. 41, 42. Also schmuͤcket Gott seine libertos und frey gelassene auch: Das weisse seidene Kleid ist die zugerechnete Gerechtigkeit JEsu Christi/ die ist das Kleid des Heyls/ und der Rock der Gerechtig- keit. Esa. 61, 11. Das beste Kleid/ das der Vater in der Parabel sei- nem verlohrnen Sohn anlegen lassen/ Luc. 15, 22. Der Ring ist der H. Geist/ die arrha und Pfand unsers Erbs/ die guldene Kette ist der gul- dene Spruch Pauli: Nun wir seynd gerecht worden durch den Glauben/ so haben wir Frieden mit GOtt/ durch unsern HErꝛn JEsum Christ/ durch welchen wir auch einen Zutritt haben im Glauben zu dieser Gnade/ darinnen wir stehen/ und ruͤhmen uns der Hoffnung der zukuͤnfftigen Herꝛligkeit/ die GOtt geben soll. Nicht allein aber das/ sondern wir ruͤhmen uns auch der Truͤbsalen/ dieweil wir wissen/ daß Truͤbsal Ge- dult bringet/ Gedult aber bringet Erfahrung/ Erfahrung bringet Vom Gewalt der Schluͤssel. bringet Hoffnung/ Hoffnung aber laßt nicht zu Schanden werden. Denn die Liebe Gottes ist außgegossen in unser Hertz/ durch den H. Geist/ welcher uns gegeben ist. Rom. 5, 1, 2, 3. 4. 5. Die Gleych an dieser guldenen Kette seynd/ Friede mit GOtt/ der Zugang zur Gnade/ die Hoffnung der kuͤnfftigen Herꝛlichkeit/ der Ruhm der Truͤb- salen/ das Kleynod ist das liebe Creutz/ haͤnget auch an einem kleinen Kettlein. Kom̃t alles von der auß gegossenen Liebe GOttes. Jst also der Loͤß-Schluͤssel ein solcher von dem dreyeinigen Gott ein- gesetzter Dienst und Kirchen-Gewalt/ krafft welches ein beruffener Die- ner/ dem armen in Suͤnden gefangenen/ aber seine Suͤnde erkennenden Suͤnder/ das λύτρον und Loͤß-Geld verkuͤndiget/ in individuo applicir et/ und also wuͤrcklich entbindet/ ihne in den Stand der vorigen Freyheit setzet/ croͤnet ihn mit geistlicher Freyheit/ Freud und Gaben der Erneurung. Jst 1. Clavis miraculosa, ein Wunder-Schluͤssel. Majus est mi- raculum, (schreibet Gregor, M. l. 3. dial. c. 17.) prædicationis verbo \& orationis solatio peccatorem convertere, quàm carne mortuum resusci- tare, Das ist: Es ist ein groͤsseres Wunder/ durch das gepre- digte Wort/ Gebett und Trost einen Suͤnder bekehren/ als ei- nen leiblich gestorbenen von den Todten aufferwecken. Die Papisten begehren Wunder von uns/ wir weisen sie aber fuͤr den Beicht- Stuhl/ gehet hin/ und saget andern/ was ihr sehet und hoͤret/ die (geistlich) Blinden sehen/ die Lahmen gehen/ die Aussaͤtzigen werden rein/ und die Todten stehen auff/ und den Armen wird das Evangelium geprediget. 2. Clavis exorcistica, der rechte Teuffels-Banner/ das rechte geist- liche Antimonium, ja vielmehr Antidæmonium, leibliche Wehr und Waffen seynd viel zu schwach/ Job. 40, 13. Seine Knochen seynd wie fest Ertz/ seine Geheine seynd wie eiserne Staͤbe. c. 41, 18. Er achtet Eisen wie Stroh/ und Ertz wie faul Holtz. Kein Pfeil wird ihn verjagen/ die Schleuder-Stein seind ihm wie Stop- peln. Den Hammer achtet er wie Stoppeln/ er spottet der bebenden Lantzen. Der vermummete Engel Raphael zwar gibt dem Jungen Tobias einen guten Rath/ wie man den Asmodeum vertreiben koͤnne/ Tob. 6, v. 9. Wenn du ein Stuͤcklein vom Hertzen (des Fisches) legest auff gluͤhende Kohlen/ so vertreibet solcher Rauch allerley boͤse Gespenst von Mann und von Frauen/ also daß sie nicht mehr schaden koͤnnen, und v. 20. Dieselbige Nacht/ wann du wirst die Leber vom Fisch auff die gluͤende Kohlen legen/ so G g ij wird Die Fuͤnffte Predigt wird der Teuffel vertrieben werden. Aber wie soll der den Rauch foͤrchten/ der das Eisen nicht foͤrchtet? die Wurtzel Baaras, deren Jose- phus gedencket/ lib. 7. bell. Jud. c. 23. thuts auch nicht. An dem Ort (ita Joseph. l. cit.) da die Kling um die Stadt gieng/ war ein Platz/ mit Nahmen Baaras/ daran eine Wurtzel/ auch also genant/ zu wachsen pflegt. Dieselbig ist feur-farb/ und wenn man des Abends darzu gehet/ schimmert sie gleichsam wie der Blitz/ laßt sich aber nicht bald außgraben/ sondern weichet hinder sich/ und bleibet nicht an voriger staͤtte/ so lang und viel/ biß man Weiber-Harn/ oder ihre Kranckheit/ darauff giesset/ und wann sie jemand gleich darnach anreget/ so ist er des Todes eygen/ er trage dann dieselbe Wur- tzel an der Hand also hangend hinweg. Sie ist aber auch auff ein andern/ und nemlich auff diesen weg zu bekommen. Erstlich muß man sie gantz und gar um- graben/ und nur ein wenig davon unten in dem Erdreich stecken lassen/ dar- nach einen Hund daran binden/ und wenn der Hund dem/ der ihn angebun- den hat/ nach lauffen will/ so zeucht er die Wurtzel leichtlich herauß/ stirbt auch alsobald darvon/ und wird an dessen statt/ der die Wurtzel gegraben hat/ dem Tod auffgeopffert. Ferner haben sich die/ so sie anregen/ oder zu sich nehmen/ keines fernern Schadens zu besorgen. Und ist gleichwol diese Gefahr einer eintzigen Krafft oder Tugeud/ so diese Wurtzel hat/ wol zu bestehen. Dann der boͤsen Menschen Geister ( dæmonia oder Teuffel genant) welche in die lebendige fahren/ und die/ so keine Huͤlffe darwider haben oder wissen/ um- bringen/ werden durch mehrgedachte Wurtzel/ wann man sie den Krancken al- lein darreicht/ verjagt und außgetrieben. His sæpè pellitur Satan, sed ut alat superstitionem, sagt Augustinus l. 2. de Civ. Dei. c. 6. Das ist: Durch diese Mittel laßt sich der Satan offt außtreiben/ aber zu dem Ende/ daß er den Aberglau- ben haͤge. Das Meß-Opffer/ Allmosen/ Weyh wasser/ Wachs-Ker- tzen/ characteres, das Crucifix, davon Thyræus part. 3. de loc. infest. zu lesen/ thut eben so wenig/ wie auß folgender Histori erhellet. Als im Jahr Christi 853. ein unrichtiger Geist zu Mayntz sich herfuͤr gethan/ die Leute mit Steinen geworffen/ und wunderliche Abentheur veruͤbet/ endlich uͤber einen einigen Mann all sein Gifft außgegossen/ und gemacht/ daß wo derselbe hinkommen/ und in welch Hauß er eingekehret/ dasselbe alsobald verbrunnen/ der aber seine Unschuld durch ein gluͤendes Eisen bezeuget: So hat sich darauff die Mayntzische Clerisey auffgemacht/ mit den Reli- quien/ sonderlich dem H. Creutz/ auff den boͤsen Feind zugegangen/ den- selben zu vertreiben. Aber was geschicht? der Satan laßt Creutz Creutz seyn/ wirfft auff die Pfaffen mit Steinen zu/ treibet seinen Muthwillen einen weg als den andern drey Jahr lang/ laßt nicht ab/ biß alle Haͤuser mit Vom Gewalt der Schluͤssel. mit feurigen Fluͤgeln empor geflogen. So fleucht der Teuffel das Creutz. Das beste ist der Loͤß-Schluͤssel/ wann der fuͤrhanden/ so ruͤstet man sich auß nach der Lehre Pauli/ Eph. 6, 13. mit dem Harnisch GOttes/ mit dem Krebs der Gerechtigkeit/ mit dem Evangelio des Friedens/ mit dem Schild des Glaubens/ damit kan man dem Teuffel unter Augen gehen; dann dieser Schluͤssel ist auch der Schluͤssel zum Zeughauß GOttes. Wir habens in der Erfahrenheit/ daß da vor diesem und noch im Papst- thum alles voll Gespenster geweßt/ und der rechte Teuffels-Bann durch Lutherum wieder in die Kirche gekommen/ haben sie sich von uns weg getrollt. 3. Clavis bona, ein Schluͤssel von unerschoͤpfflicher Guͤ- te/ Preiß und Wuͤrde/ nicht nur dieweil er die herꝛlichste Gnaden- Guͤter mit sich bringet/ die wir nicht einmahl recht verstehen. Aber O wie wuͤrden die boͤsen Geister so froh seyn/ wann sie sich dessen zu getroͤsten haͤt- ten/ daß er sie auch angieng! O wie wuͤrden die verdamten Seelen/ Cain/ Judas/ der reiche Schlemmer/ die Finger darnach schlecken/ solte es ihnen so gut werden; Sondern auch dieweil er ἀπροσωπὀληπτος, \& in omnes æqualis, allen und jeden gemein/ allen gegoͤnnet/ alle angehet/ niemand auß- geschlossen/ ein unparteyischer Allemans-Schluͤssel: Dann hie stehet verbum mandati \& promissionis, das Wort des Befehls und der Ver- heissung/ welchen ihr die Suͤnde erlasset/ denen seynd sie erlassen. Warlich ich sage euch/ was ihr auff Erden loͤsen werdet/ soll auch im Himmel loß seyn. Welches seynd nun die welche? Alle die/ zu welchen ich euch/ als universales Legatos, und allgemeine Welt-Bot- ten/ außsende/ zu predigen Vergebung der Suͤnden/ allen Creaturen/ Marc. 16, 15. allen Voͤlckern/ Luc. 24, 47. Ursach/ ihr seyd ja keine Hertzen- kuͤndiger/ ihr wisset nicht/ wer erwehlet/ oder nicht erwehlet. Darum soll er bey allen guͤltig und kraͤfftig seyn/ ob er schon etliche reprobos und zeit- glaubige wuͤrde antreffen. 4. Clavis unica ac indivisa, ein einiger und untheilbarer Schluͤssel. Es seynd nicht zween absonderliche Schluͤssel/ deren einen Christus allein in der Faust und droben im Himmel behalten/ und einen andern blossen ohnmaͤchtigen Krafft- und Trost-losen Wort-Schluͤssel/ so er dem Predig-Ampt angehencket; sondern ich wil/ sagt Christus/ dir/ dir Petro den Schluͤssel des Himmelreichs geben/ eben den Schluͤssel/ den ich habe. Apoc. 1, 18. meinen Schluͤssel. Gleich wie deine Tauff meine Tauff/ dein Wort mein Wort/ dein Mund mein Mund/ Matth. 10, 20. also auch dein Schluͤssel mein Schluͤssel. Wie- wol der Unterscheid wol zu beobachten/ daß derselbige einige Schluͤssel auff Seiten Christi ein HErren-Schluͤssel/ auff Seiten des Kirchen- G g iij dieners Die Fuͤnffte Predigt dieners ein Dienst-Schluͤssel. Gleich wie der Schluͤssel eines Richters und Kercker-Meisters ein Schluͤssel/ aber auff seiten jenes ein Herren- Schluͤssel/ auff seiten dieses ein Dienst-Schluͤssel. 5. Clavis vera, ein warhaffter Schluͤssel/ fuͤr GOtt und Menschen: ein papirner Schluͤssel/ der die Form eines Schluͤssels hat/ ist kein warhaffter Schluͤs- sel/ wie auch ein gemahlter Schluͤssel kein rechter Schluͤssel kan genen- net werden: Also clavis purè significativa, ein bloß bedeutender Schluͤs- sel ist kein rechter Schluͤssel/ sondern clavis effectiva, ein thaͤtiger/ wuͤr- ckender Schluͤssel ist ein rechter Schluͤssel. Christus sagt/ was ihr loͤsen und binden werdet/ soll im Himmel loß und gebunden seyn. Qualis effectus, talis causa. Loͤsen und binden aber heißt nicht nur anzeigen/ was geschehen/ sondern wuͤrcklich und thaͤtlich verrichten. Prediger seind nicht bloße Botten/ sondern auch organa und Werck- zeuge/ was binden Apoc. 20, 2. heisset/ das heißt es auch am andern Ort/ Joh. 20. Und gleichwie der Blut-Schaͤnder zu Corintho in der Krafft JEsu Christi wuͤrcklich dem Satan uͤbergeben worden/ 1. Cor. 5, 4. zu einer gewissen leiblichen Straff/ wie Usias nicht nur als auß- saͤtzig erklaͤrt/ sondern auch vom Hause des Herrn hinauß gestossen worden. 2. Chron. 26, 20. so ist der Loͤß-Schluͤssel auch ein wuͤrckender und thaͤtiger Schluͤssel/ so wol als Christi Schluͤssel/ Ursach/ es ist ein einiger Schluͤssel. Dieser Fuͤrtrag dienet uns nun 1. zur Lehre/ daß wir der Sachen weder zuviel noch zu wenig thun/ dort liegen lassen des Papsts Diebs- Schluͤssel/ dadurch alle Tyranney/ Gewissens-Tortur/ Beicht-Weh/ Suͤnden-Tax und Bußen veruͤbet und eingefuͤhret worden. Hie des Schluͤssels Schatten/ das ist/ des uͤbel-reformirten Geistes falschen/ ver- traͤhten/ abentheurlichen/ trostlosen Fehl-Schluͤssel/ welcher clavis non bona, inæqualis, der gut auffseiten der Außerwehlten/ die bloß verdammte und verbannte Esauiten aber im geringsten nichts angehet. Qui repro- bus est, \& in æterno DEI judicio ligatus, non potest solvi ab homine. das ist: Wer verworffen und in GOttes unwandelbarem/ ewigem Gericht verbannet und gebunden/ kan von keinem Menschen seiner Suͤnden loß gesprochen werden. Clavis non vera, der Schluͤssel seye nichts anders als GOttes Wort/ dadurch die Bindung und Loͤsung nicht thaͤtlich geschehe/ sondern als geschehen nur angezeigt und angedeutet werde. Der Pfaͤltzische Heydelbergische Cate- chismus antwortet auff die 84. Frag (Wie wird das Himmelreich durch die Vom Gewalt der Schluͤssel. die Predigt des H. Evangelij auff und zugeschlossen?) Also/ daß nach dem Befehl Christi allen und jeden Glaubigen verkuͤndiget und offentlich bezeuget wird/ daß ihnen/ so offt sie die Ver- heissung des Evangelij mit wahrem Glauben annehmen/ war- hafftig alle ihre Suͤnde von GOtt um des Verdiensts Christi willen vergeben sind/ und hinwiederum allen Unglaubigen und Heuchleren/ daß der Zorn GOttes und die ewige Ve r - damnuß auff ihnen ligt/ so lang sie sich nicht bekehren. Clavis non unita, sed separata es seye nicht ein vereinigter/ sondern von Christi Schluͤssel abgesonderter Schluͤssel. Zvvingl. Tom. 2. resp. ad confess. Luth. p. 430. schreibet also: Christi verba, quibus Joh. 20. inquit: Quorumcunq; remiseritis peccata, remittuntur eis, \&c. nequaquam eum sensum obtinent, quasi Christus hæc dicendo discipulis Peccata remittendi potestatem concedere voluerit: nec enim aliqua creatura tàm præstans \& excellens est, quæ peccata remittere possit, das ist: Die Wort Christi/ wann Er sagt Joh. 20. Welchen ihr die Suͤnde verziehet/ denen sind sie verziehen/ haben nicht den Verstand/ als wann Christus den Juͤngeren die Gewalt/ Suͤnde zu vergeben/ haͤtte wollen uͤberreichen und mittheilen: dann keine Creatur ist so maͤchtig und fuͤrtrefflich/ daß sie Suͤnde vergeben koͤnne. Daß Christus ( ita Piscator ad Matth. 9. p. 46.) den Aposteln/ und unter ihrem Nahmen allen Leh- rern des Worts GOttes Macht gegeben hat/ den Menschen ihre Suͤnde zuvergeben/ Joh. 20, 23. dasselbe hat nicht diese Meinung/ daß sie eigendlich zu reden/ die Suͤnde vergeben/ sondern daß sie auß Christi Beselch die Vergebung der Suͤn- den allen bußfertigen und Glaubigen verkuͤndigen und bezeu- gen: Durch welches Zeugnuß und Dienst der HErꝛ Christus kraͤfftiglich wuͤrcket/ und also die Suͤnde vergibt. Dadurch sie dann nichts anders thun/ als daß sie den Schluͤssel-Gewalt der Kir- chen und allen Trost/ so auß der Absolution fliesset/ auffheben/ umstossen/ und zu boden werffen/ den Loͤß-Schluͤssel zu einem trostlosen/ keinnuͤtzen und nichts sollenden Schluͤssel machen. Es gibt aber auch noch andere extrema, dafuͤr wir uns huͤten/ und regiâ viâ, im mittlern Weg einher gehen sollen. Es seynd deren auch wol unter uns/ die dem Schluͤssel eine Krafft ex opere operato zumessen/ also daß ein Beicht-Kind/ wann es die Absolution gehoͤret/ die Vergebung der Suͤnden empfahe/ GOtt Die Fuͤnffte Predigt GOtt geb es mag glauben oder nicht. Nein nicht also: Buß und Glaube ist von noͤthen/ ohne welche niemand der Frucht der Absolution geniessen kan. Thut Buße/ und lasse sich ein jeglicher tauffen auff den Nahmen JEsu Christi/ zur Vergebung der Suͤn- den. Act. 2, 38. Andere die meynen/ sie bedoͤrffen keiner Absolution/ wann sie GOtt gebeichtet/ seye es genug/ halten gar schlecht vom Pre- dig-Ampt/ daher entspringen die errores practici, daß die Beicht-Vaͤt- ter entweder gar hindan gesetzt/ oder vergoͤttert werden. II. Zum Trost allen armen aber bußfertigen Suͤndern/ daß sie sich versichern/ es seye keine Suͤnde so schwer und groß/ da nicht/ der Loͤß- Schluͤssel solte auffthun. Jst eine schwere und unserer Vernunfft nach unvergebliche Suͤnde/ so ists die Magia und Schwartzkunst/ und Ver- buͤndnuß mit dem Satan/ aber Trutz auch dieser Suͤnde/ daß sie dem Loͤß- Schluͤssel zu groß und schwer. Amphilochius in vita Basilii erzehlet eine Histori/ ob sie wahr oder falsch/ wollen wir dahin gestellet seyn lassen/ allzeit ist die Thesis wahr: Es verhaͤlt sich aber die Histori also: Heliadus ein wunderbarlicher Mann/ aller Tugend voll/ der Bastlium selbst mit Augen gesehen/ und seinen Wunder-Wercken/ als ein Diener beygewohnet/ und nach ihm Bischoff zu Caͤsarea worden/ hat bey mir erzehlet/ wie ein glaubiger Rathherꝛ/ Protherius genannt/ in das heylige Land zu dem heyligen Ort/ und Staͤdten gezogen/ sein Tochter daselbsten in ein Kloster/ GOtt dem HErꝛn zu opffern. Es ist aber seiner Diener einer/ vom Teuffel/ der von Anfang ein Moͤrder ist/ auß Neid und Mißfallen des heiligen Fuͤrhabens/ zu unordentli- cher Liebe gegen dieser Tochter entzuͤndet worden. Weil er aber wußte/ daß er seinem Stand nach derselben ungleich und unwerth/ daß er ihr solches anmu- then solt/ kom̃t er zu einem verfluchten Zauberer/ verheisset ihm viel Geld und Gut/ so er mit seiner Huͤlff der Tochter Willen gewinnen moͤchte. Aber der Zauberer laͤßt sich vernehmen/ er koͤnne nicht helffen/ wiltu aber/ so wil ich dich zu meinem Herꝛn Teuffel schicken/ der kan helffen/ daß deinem Willen ein Ge- nuͤgen geschehen kan. Der Knecht sagt: Alles was du mir befehlen wirst/ das wil ich thun. Der Zauberer spricht abermahl. Widersagest du Christo ? Und er autwortet: Ja/ ich widersage. Weil du dich/ spricht der Zauberer/ hierinnen nicht gewidert/ so will ich dir helffen. Ja spricht der Knecht/ ich bins zu thun bereit und willig/ nur daß ich meines Willens geleben moͤge. Darauff schreibet ihm der Zauberer einen Brieff an Teuffel/ dieses Jnhalts: Weil ich/ mein Herꝛ/ ohn unterlaß gesinnet/ wie ich viel Wenschen vom Christen Glauben abwenden/ und deinem Willen zueignen moͤge/ dadurch dein Hauffen desto groͤsser werde/ sihe/ so uͤberschicke ich dir diesen/ der dir diesen Brieff zustel- let/ der ist mit Lieb gegen einem Maͤgdlein fast entzuͤndet/ und ich bitte dich/ lasse ihn nach seinem Begehren erlangen/ damit seinem Willen ein Genuͤgen geschehe/ ich ein Ruhm an ihm erlange/ und kuͤnfftiger Zeit mit groͤsserer Freudigkeit/ an- dere mehr zu deinem Gefallen samlen moͤge. Solchen Brieff gibt er ihm/ und spricht/ Vom Gewalt der Schluͤssel. spricht: Gehe/ und um diese Stunde in der Nacht/ stehe auff eines Heydnischen Menschen Grab/ halt den Brieff hoch in die Lufft auff/ so werden bald bey dir seyn/ die dich zum Teuffel fuͤhren: Er thut mit grossen Freuden/ wie ihm befoh- len/ erhebt seine Stimme/ bittet und flehet jaͤmmerlich um des Teuffels Huͤlff: Und da seynd alsbald die Fuͤrsten des Gewalts/ der Finsternuß/ und der Geistli- chen Schalckheit fuͤrhanden/ greiffen den elenden Knecht mit grossem Frolocken an/ fuͤhren ihn fuͤr des Teuffels Angesicht/ der auff einem hohen Stuhl gesessen/ und um ihn im Kreiß herum/ eine grosse Maͤnge der boͤsen Geister. Der Teuffel empfahet den Brieff vom Knecht/ den der Zauberer ihme zuge- schickt/ undspricht zum Armen: Glaubstu an mich? Und er spricht: Jch glaube: Der Teuffel wiederum: Verlaͤuguest du auch deinen Christum? Er antwor- tet: Jch verlaͤugne. Und der Teuffel abermal? Jhr Christen seyd treulose Leut/ Wann ihr meiner Huͤlffe beduͤrfftig/ so kom̃t ihr zu mir/ wann ihr aber nach eu- rem Begehren erlanget/ was ihr wollet/ da verlaͤugnet ihr mich wiederum/ und bekehret euch zu euerem Christo/ der euch/ weil Er guͤtig und barmhertzig ist/ zu Gnaden wiederum an und auffnimmet? Darum must du mir deine eygene Handschrifft geben/ in welcher du deinem Christo/ und der empfangenen Tauff williglich absagest/ und mich dargegen in Ewigkeit bekennest/ und daß du am Juͤngsten Tage die vorbereite ewige Verdamnuß gern mit mir leyden wollest/ und darnach will ich dir helffen/ daß deinem Willen ein Genuͤgen geschehen soll. Er schreibet die begehrte Handschrifft mit seiner eygenen Hand/ und uͤbergibt sie. Und der Seelen-Moͤrder der gifftige Drach/ schicket alsbald die Geister der Unzucht auß/ die das Jungfcaͤuliche Hertz des Maͤgdleins zu unziemlicher Lie- be des Kuechts entzuͤnden. Das Maͤgdlein faͤllt gaͤhling nieder/ fahet an des Vaters Huͤlff anzuruffen: Ach Vater/ Vater/ laß dichs erbarmen/ wie wer- de ich so uͤbel mit des Knechts Liebe angefochten/ bin ich dein Tochter/ dein eygen Fleisch und Blut/ so erzeige doch deine vaͤtterliche Treue gegen mir/ gib mir den Kuecht/ der mich so hefftig liebet: Wilt du nicht/ so must du mich bald des bit- tern Todes sterben sehen/ must Red und Antwort am Juͤngsten Tag darum ge- ben. Der Vater hoͤret diß/ und spricht der Tochter zu mit Weinen: Ach mei- nes Elends/ wie ist meiner armen Tochter geschehen/ wer hat mir diesen werthen Schatz entfremdet? Wer hat mein Tochter bethoͤret? Du mein Augen-Trost/ meines Hertzens Freude/ wer hat dich verzuckt? Jch wolt dich dem himmli- schen Braͤutigam Christo vermaͤhlen/ ein Mitburgerin der Engel machen/ da du Psalmen/ Lob-Gesaͤng und geistliche Lieder GOTT dem Allmaͤchtigen singen moͤchtest/ von deinet wegen verhoffet ich selig zu seyn/ und du sehnest dich nach fleischlicher Wollust? nicht also mein Tochter/ sondern laß mich dich Christo dem HErꝛn verloben/ wie ich vorhabens bin: Nicht sey du ein Ursach/ daß du mich Alten mit Schmertzen unter die Erden bringest/ verschone deiner Eltern adelichen Gebluͤts/ thue deinem Geschlecht kein solche Schand an. Aber die Tochter schlaͤgt alles in Win d / lasset ihr nichts zu Hertzen gehen/ und schreyet ohn unterlaß: Ach Vater mein/ gib meinem Willen statt/ oder ich muß des To- des sterben. Der Vater seufftzet tieff vor grossem Trauren und Hertzenleyd/ jedoch folget er der Freunde Rath/ die ihn ermahneten/ er sollt der Tochter Wil- len statt geben/ lassets geschehen/ was sie begehret/ allein/ daß sie ihr selber kei- nen Schaden thun solt. Beruffet den Knecht zu der Tochter/ lasset es ein Ehe seyn/ und uͤberlieffert ihm all sein Haab und Guͤter: So gehe nun/ spricht er/ Zehender Theil. H h du Die Fuͤnffte Predigt du mein elende Tochter/ es wird die Zeit kommen/ daß dich gerenen soll/ was du jetzt mir zu wider thust/ und da werdest du dir dennoch selbs nicht helffen koͤnnen. Da nun solcher ungleicher unbillicher Heurath/ durch des Teuffels Huͤlff/ be- schlossen/ nicht lang darnach/ hat man gemerckt/ daß der Kuecht nicht zur Kir- chen gehe/ auch das hochheilig Sacrament des Altars nicht empfahe. Solches war dem jungen unseligen Eheweib gefagt: Weist du/ daß dein Mann/ den du dir selbs wider deines Vaters Willen genommen/ kein Christ ist/ sondern viel einer andern Religion/ dann du selbs? Sie fahet an hefftig zu trauren ob die- sen Worten/ faͤllet nieder zu boden/ zerreisset ihr Angesicht mit ihren Naͤgeln/ schlaͤgt die Bruͤst: Jst es doch niemand je wol gegangen/ spricht sie/ der seinen Eltern ungehorsam geweßt. Wer darff meinem Vater diese meine Schand offenbahren? Ach mir Armen/ in was tieff Elend hab ich mich selber gestuͤrtzet? Ach daß ich nie gebohren/ oder da ich geboren/ nicht alsbald gestorben bin. Jhr junger Mann hoͤret dieses Wehklagen und Jammern/ wolt sie gern getroͤstet und beredt haben/ daß ihm in der Warheit nicht also waͤre: Aber da sie ein wenig Trost schoͤpffet auß seinen erdichten Worten/ sprach sie: Wilt du/ daß mir und meiner armen Seelen ein Genuͤgen geschehe/ so gehe morgen mit mir zur Kir- chen/ und empfahe das hochheilig Sacrament/ daß ichs sehe/ so kan ich zu fcie- den seyn. Mit solchen Worten war er getrieben/ ihr die gantze Warheit zu be- kennen. Da lasset sie sich an der weiblichen Bloͤdigkeit nichts verhindern/ gebrauchet sich heylsamen Raths/ eylet zum Bischoff und Christi Nachfolger Basilio/ schrye und beklagt sich des Gottlosen Handels: Erbarme dich mein/ spricht sie/ Erbarme dich/ du Nachfolger des HErꝛn/ ich hab mit den boͤsen Geistern Ge- meinschafft/ erbarme dich meiner/ die ich meinen Eltern ungehorsam gewesen bin/ und sie erzehlet ihm/ wie alles ergangen. Der heilige Bischoff fordert ih- ren Mann zu sich/ und fraget/ ob ihm also waͤre? Ja/ sprach er/ mit weynen/ du Heiliger GOttes/ wenn ichs laͤugnen wolt/ so werden es meine Werck wider mich offenbahren. Und er fleng an/ ihm des boͤsen Feindes Arglist von anfang biß zum ende zu erzehlen. Und der Bischoff fraget ihn: Wiltu dich aber nicht zu unserm HERRN kehren? Ja/ spricht er/ ich wolt gern/ aber ich kau nicht. Warum kanst du nicht/ spricht Basilius? Er antwortet: Mit meiner Hand- schrifft habe ich Christum verlaͤugnet/ und den Tenffel bekennet. Basilius spricht: Lasse dich das nicht kuͤmmeren/ unser GOTT ist gnaͤdig und barmher- tzig/ und Er wird dich/ wann du Buß thust/ wiederum zu Gnaden auffnemmen/ dann Er traget ein Mitleiden mit unsern Missethaten. Und aber sein Hauß- frau faͤllt dem heiligen Mann zu Fuß/ und bittet ihn mit Worten auß dem Ev- angelio/ und spricht: O du Nachfolger unsers GOttes/ hilff uns so du kanst. Und der Bischoff sprach zum Mann: Glaubstu daß du selig koͤnnest werden? Er antwortet: Ja Herꝛ/ ich glaube/ hilff meinem Unglauben. Und der Bischoff greiffet ihn an alsbald bey der Hand/ zeichnet ihn mit dem Creutz-Zeichen Christi/ und versperret ihn inwendig im Umgang an ein beson- ders Ort/ ruffet GOtt an/ macht ihm ein Ordnung/ und schreibet ihm fuͤr/ was er thun soll/ und er selbs nimt auch ein Theil der Muͤhe auff sich/ drey Tag lang. Nach denselben Tagen sucht er ihn heim/ und fraget wie er sich gehabe: Mein Sohn/ spricht er/ wie befindest du dich? Er antwortet- O mein Herꝛ/ grosse Angst Vom Gewalt der Schluͤssel. Angst und Ohnmacht bedrenget mich/ ich kan ihrer der boͤsen Geister Schrecken/ Schreyen und Schlagen laͤnger nicht dulden/ dann sie halten mir in ihren Haͤn- den fuͤr mein eygene Haudschrifft/ schlagen mich mit Steinen/ und klagen mich an mit diesen Worten: Du bist selbs zu uns kommen/ und wir sind dir nicht nachgegangen. Foͤrchte dich nicht mein Sohn/ spricht Basilius/ glaube nur. Und er gab ihm ein wenig Speise/ zeichnet ihn abermals mit dem Zeichen Chri- sti/ bettet und sperret ihn wiederum ein/ und nach wenig Tagen besuchet er ihn abermahls/ und spricht zu ihm: Wie befindest du dich mein Sohn? Und er sprach: Heiliger Vater/ ich hoͤre ihr Geschrey und Bedraͤuungen von fern/ aber sie selbs siehe ich nicht. Und er gab ihm abermals Speise/ bettet/ und ver- sperret die Thuͤr/ und gieng von ihme. Darnach am viertzigsten Tage/ suchet er jhn zum dritten mal heim/ und fraget: wie gehet es dir/ mein Bruder? Er antwortet: Jch gehabe mich wol/ du Heiliger GOttes/ dann heut hab ich ein Gesicht gesehen/ wie du fuͤr mich gekaͤmpffst/ und den Teuffel uͤberwunden hast. Alsbald bettet der heilige Mann/ wie er pfleget/ fuͤhret ihn herauß mit sich in sein Kammer/ und des andern Tages fruͤh/ beruffet er die heilige Priesterschafft/ und die das Kloster-Leben fuͤhreten/ sampt der gantzen glaubigen Gemein/ und sprach zu ihnen: Meine liebe Kinder/ lasset uns allesampt GOtt loben/ und dancksagen/ dann sehet/ da wird der gute Hirt das verlohrne Schaͤfflein auff sei- ner Achseln tragen/ und der heiligen Kirchen wiederum zustellen. Derhalben ist es billich/ daß auch wir diese Nacht wachend bleiben/ und GOttes Barm- hrrtzigkeit bitten/ daß uns der Seelen-Moͤrder in diesem Werck nicht oblige/ und den Sieg behalte. Da nun das Volck gantz froͤlich bey einander versamlet/ haben sie die gantze Nacht/ mit dem guten Hirten/ GOtt fuͤr den Armen angeruffen/ und geschryen mit weynenden Augen: HErꝛ erbarme dich unser. Und der Mann GOttes fasset ihn bey der rechten Hand/ und fuͤhret ihn mit der gantzen Versamlung fruͤh zu der Kirchen mit Psalmen und Lob-Gesang. Siche aber/ da saumet sich der Menschen-Feind auch nicht lang/ sondern ist bald sampt seiner hoͤllischen Macht fuͤrhanden/ ergreiffet den armen Menschen unsichtiglich/ wolt ihn gern auß des heiligen Bischoffs Haͤnden gerissen haben/ aber der Arme schreye dem Bischoff zu; Hilff mir du Heiliger GOttes: dann der Feind haͤtt ihn so starck angriffen/ daß er ihn auff der Erden schleiffet/ und gleich den Bischoff auch beweget, Dar- um setzet der Bischoff dem Feind sich entgegen/ und spricht: Du schaͤndlicher Seelen-Moͤrder/ du Vater alles Verderbens und der Finsternuß/ hast du kein Genuͤgen an deiner selbs eygenen Verdamnuß/ in welche du dich und die dei- nigen gestuͤrtzet/ du woltest dich auch an dem Geschoͤpff meines GOttes versu- chen? Und der Feind sprach: Bastli/ du greiffest mir vor. Welche Stimme der Teuffel unser viel gehoͤret haben: Und das Volck schreye ohn unterlaß: HErꝛ erbarme dich unser/ aber der Heilige Bischoff antwortet dem Feind: Der HErꝛ schelte dich Satan. Und der Satan schreye da wieder; Basili du greiffest mir vor: Jch bin ihm nicht nachgegangen/ sondern er mir/ er hat Chri- stum verlaͤugnet/ und mich bekennet/ siehe/ da hab ich seine Haudschrifft/ am Juͤngsten Gericht will ich ihn unserm aller Richter fuͤrstellen. Basilius sagt: Gebenedeyet sey mein GOtt und HErꝛ/ es wird diß glaubige Volck seine gen Himmel außstreckende Haͤnde nicht niedersincken lassen/ so lang/ biß du die Hand- schrifft wider von dir geben werdest. Und er kehret sich zum Volck/ und sprach: H h ij Hebt Die Fuͤoffte Predigt Hebt auff euere Haͤnde gen Himmel/ ruffet mit Thraͤnen: HERR erbarme dich/ Christe erbarme dich/ HERR erbarme dich. Da nun das Volck also mit außgestreckten Haͤnden eine gute Zeit gestanden/ siehe/ da faͤllt des Armen Handschrifft von oben herab/ in Angesicht aller Gegenwaͤrtigen/ in die Haͤnd un- sers heiligen Vaters und Hirten Basilij/ dieser name dieselbe zu sich/ lobete GOtt/ und war sehr froh/ und sprach vor maͤnniglich zu dem Mensehen: Bru- der/ kennest du diese deine Handschrifft? Ja/ Heiliger GOttes/ sprach er/ ich habe sie mit meiner Hand geschrieben: Derhalben Basilius dieselbe zu stuͤcken zerrissen/ und den Menschen ferner zur Kirchen fuͤhret/ und machet ihn des heili- gen Ampts wuͤrdig/ und der Geheimnussen und Gaben GOttes theilhafftig/ und er empfing das gantze Volck/ und erquicket sie. Folgend da er den Menschen unterwiesen/ und ihm ein nothwendige Ordnung seines Lebens fuͤrgeschrieben/ hat er ihn seiner ehelichen Haußfrauen wiederum geben. Und er hat fuͤr und fuͤr GOTT gelobet und gepriesen. Bißher diese Histori. III. Zur Warnung/ à recidivatu, daß man ihn nicht wieder ver- lege und verliere. Herodes Agrippa, Caji Caligulæ Freund that einmal einen unbedachtsamen Wunsch/ da er bey Cajo allein auff der Kutschen gesessen/ wolte Go tt/ daß der alte (Tiberius) einmahl hinunder waͤre/ und ich dich sehen moͤchte auff dem Kaͤyserlichen Thron sitzen/ so wirds besser in der Welt stehen/ und wird mir Armen auch geholffen werden. Der Kut- scher war ein Schalck und Retscher/ der ruͤget es/ Tiberius laßt Herodem holen/ und an eißerne Ketten anschmieden. Ein Teutscher unter seinen Mitgefangenen wird einer Nacht-Euͤlen gewahr/ die ihm auff den Kopff gesessen/ und ex augurio propheceyet er ihm/ er solle gutes muths seyn/ es wird bald besser werden/ er werde nicht lang nach diesem ein grosser Herꝛ werden. Was geschicht? Tiberius stirbt/ Cajus gedencket an ihn/ laßt ihn herauß/ wechselt und tauschet die eißerne Kette mit einer guldenen glei- ches Gewichts/ auß/ setzet ihm eine Cron auff/ machet ihn zum Koͤnig uͤber zwey Fuͤrstenthum in Judea/ der erhebet sich der Ehre/ wird stoltz/ fanget an zu domini ren/ verklagt Herodem Antipam faͤlschlich/ ermordet Jaco- bum/ legt Petrum ins Gefaͤngnuß/ spiegelt seine Majestaͤt und Schmuck auff dem Theatro zu Caͤsarien. Die Eul erscheinet abermal auff einem außgespannenen Seil uͤber seinem Haupt/ GOttes Raach schlaͤgt ihn/ daß er fuͤnff Tag hernach mit Ach und Weh gestorben. Lauter extrema, das groͤste Ungluͤck/ das groͤste Gluͤck/ und Recidivat in das groͤste Un- gluͤck. So gehets auch einem Menschen/ der sich der Gutthat des Loͤß- Schluͤssels verlustiget/ kom̃t die hoͤllische Nacht-Eul wieder/ so nimt sie noch andere sieben Geister mit sich/ und wird das letzte aͤrger/ als das erste ge- wesen. GOTT gebe/ daß wir den theuren Kirchen-Schatz/ den gulde- nen Schluͤssel zur Himmels-Pfort/ recht erkennen/ und brauchen/ und dessen Vom Gewalt der Schluͤssel. dessen in allen Anfechtungen uns troͤsten/ und wol bewahren/ behalten was wir haben/ und uns huͤten vor der Menschen Gesatz/ davon verdirbt der edle Schatz/ das laß ich euch zur Letze. Amen. Die Sechste Predigt. Von denen Welche des Loͤß-Schluͤssels faͤhig/ und dessen sich zu erfreuen. G Eliebte in Christo. Kein menschlicher Verstand kan erschoͤpffen/ kein menschliche Zunge außsprechen/ kein menschlicher Affect kan genugsam beklagen den abyssum und Abgrund des Jammers/ der in den sehnlichen Klag- Worten der Christlichen Kirchen begriffen/ wann wir singen: Dem Teuffel ich gefangen lag/ Jm Tod war ich verlohren/ Mein Suͤnd mich quaͤlet Nacht und Tag/ Darinn ich war gebohren. Jch fiel auch immer tieffer drein/ Es war kein guts am Leben mein/ Die Suͤnd hat mich besessen. Denselben nur ein wenig/ als weit sich unser Verstand erstreckt/ nach- zusinnen/ so klagt die Christliche Kirche 1. uͤber ein Malefi tz -Captivi taͤt/ uͤber ein Gefaͤngnuß/ Stock-Hauß und Thurn/ ich lag gefangen/ und zwar auff Leib und Leben/ ja auff Seel und Tod/ im Tod war ich verlohren/ das Leben war mir abgekuͤndet. Wie es einer Malefitz-Person zu muth/ die um ihrer Ubelthat willen ergriffen/ in Obrigkeitliche Verhafftung ge- zogen/ koͤnnen wir uns wol etlicher massen einbilden. GOtt behuͤte maͤn- niglich/ daß es niemand unter uns erfahren muͤsse. Schwer muß einen sol- chen Menschen ankommen der Ort/ die Fuß-Eissen/ das Loch und Keffig/ noch bekuͤmmerlicher die Forcht/ Schrecken/ Traͤume/ da laßt sichs wenig H h iij schlaffen: Die Sechste Predigt schlaffen: Noch schwerer kom̃t es ihn an/ wann er auff den Daͤumel-Thurn Schwaͤtz-Schul gefuͤhret/ mit schweren Steinen behaͤngt/ gemartert uñ ge- plaget wird/ daß die Beine krachen/ und alle Gliedmassen auß einander ge- hen/ und grosse Schmertzen leyden: Am allerschwersten ist zu vernehmen/ wann man ihm das Leben abkuͤndet/ da gehet der Schauder/ Zittern und Zaͤhnklappen/ die Forcht erst recht an/ sonderlich/ wann er mit Spott und Schand herfuͤr gehet/ jederman zum Exempel/ und den Raben-Stein fuͤr Augen siehet: Ach so sagt die Kirch/ unser stoltze Adam glaubs oder glaub es nicht/ sey es ihr auch ergangen/ dem Teuffel ich gefangen lag/ und zwar noch tausendmal aͤrger/ dann sie klagt II. uͤber Captivitatem tyrannicam \& crudelem, nicht eine geringe/ sondern tyrannische und unbarmhertzige Gefangenschafft/ dem Teuffel ich gefangen lag/ der Obrigkeit der Finster- nuß. Ein gefangener Mensch/ wann er von der Obrigkeit in Verhafft ge- zogen wird/ versiehet sich noch irgend was guts/ ist der Thurnhuͤtter mild und guͤtig gegen ihm/ hat Mitleyden mit ihm/ verfahret nicht eben mit der Schaͤrffe/ das ist noch ein Trost und Labsal. Also lesen wir von Joseph/ daß er durch Goͤttliche Fuͤgung Gnade funden fuͤr dem Amptmann uͤber das Gefaͤngnuß/ Gen. 39. Aber hie ist der Stock-Meister der Teuffel/ der Executor der Goͤttlichen Gerechtigkeit/ ein subtiler und kunstreicher Stock-Meister/ der allenthalben Stricke legt/ reitzet zur Suͤnd/ darnach ziehet er das Garn zu: die da wollen reich werden/ denen legt er gefaͤhrliche Stricke/ fuͤhret sie in viel thoͤrichte und schaͤdliche Luͤste/ welche versencken die Menschen in das Verderben und Verdamnuß. 1. Tim. 6, 9. Andern/ die nach Ehre und Wollust streben/ legt er andere/ und zwar lauter unmerck- same Stricke. Lictor tyrannicus, ergreifft er den Menschen/ so halt er ihn fest/ laßt ihn nicht leichtlich lauffen/ fuͤhret ihn in seinen Stricken nach seinem Willen/ 2. Tim. 2. v. ult. Peiniget und quaͤlet ihn auff allerhand Weiß und Weg. Luc. 13. sagt der He rꝛ von dem krancken und krummen Weib/ daß sie/ ohnangesehen sie Abrahams Tochter/ vom Satan gebunden geweßt wol achtzehen Jahr. Lictor illusorius, der mit den Gefangenen noch sein Gespoͤtt treibet/ wie Tamerlan den Tuͤrckischen Sultan Baja- zeth in einem eissern Keffig eingeschlossen/ und zum Schauspiel und Spott lassen herum fuͤhren und tragen. III. Captivitatem laboriosam \& dolorosam, uͤber eine beschwerliche und schmertzliche Gefaͤngnuß. Mein Suͤnd mich quaͤlet Nacht und Tag/ ja sie hat mich besessen. Suͤnde ist des Satans Fron-Vogt/ das Gesaͤtz der Suͤnden laßt dem Menschen Tag und Nacht keine Ruh/ er muß dem Satan sein latriam und Dienst leisten/ eine Suͤnde uͤber die andere begehen: So Vom Gewalt der Schluͤssel. So beschwerlich war es Simson nicht/ da er muste mahlen im Gefaͤngnuß und Roß-Arbeit thun; den Kindern Jsrael ihr harter Stand/ da sie zu un- erschwinglichen Frondiensten angehalten wurden/ und noch hentiges Ta- ges denen/ die auff Galeen geschmiedet und unbarmhertzig geschlagen wer- den/ es ist dieser geistliche Jammer noch druͤber. Marco der Arethusier Bischoff/ wurde zur Zeit Juliani diese Marter angethan: Man schloß ihn in ein eyssern gegittert Keffig/ zog ihn nacket auß/ band ihm Haͤnde und Fuͤße/ bestreichet ihn mit Honig/ haͤngt ihn also im Keffig auff an die Sonne/ daß Jmmen/ Hummeln/ Schnacken/ Kaͤffer in grosser Maͤnge zu geflogen/ und ihn jaͤmmerlich gemartert/ biß er daran gestorben: Also ist unser suͤndliches Leben ein solch Gefaͤngnuß/ da immer eines dem an- dern die Hand bietet. IV. Infinitam \& impeditam. Jch fiel auch immer tieffer drein/ ein uͤbels Gefaͤngnuß war das Gefaͤngnuß Jeremi æ/ Jer. 38, 6. das war eine Grube ohne Wasser/ ein Schlamm/ und er sanck in den Schlamm. Also klaget die Kirch Zach. 9, 11. Du laͤssest durchs Blut deines Bun- des auß deine Gefangene/ auß der Gruben/ da kein Wasser in- nen ist. Keine Hoffnung/ kein Trost-Wasser/ sondern ein immerwaͤh- render Labyrinth und Jrꝛgarten. Das ist der Stand eines Menschen ausser der Gande GOttes/ so sind wir von Natur allesampt arme Gefan- gene Leute/ und laßt sich damit nicht schertzen. Auß diesem Labyrinth uns zu erloͤsen/ ist nicht nur Christus vom Himmel herab kommen/ und hat die Rantzion bezahlt/ sondern hat auch den Schluͤssel-Gewalt eingesetzet/ und den Loͤß-Schluͤssel verordnet/ von dem wir heut acht Tag mit einander ge- handelt. Nun wollen wir erwegen Objecta clavis solventis, und dem- nach die Frag: Qui solvendi? Wer des Loͤß-Schluͤssels faͤhig ? eroͤrtern. Gott gebe darzu Gnad und Segen! Amen. G Eliebte in Christo. Anfangs nun/ wann der Herr sagt: Welchen ihr die Suͤnde vergebet/ denen sind sie verge- ben: So ist das ein außgemachter Handel/ daß in des Predi- gers Macht nicht stehet/ nach seinem Belieben Suͤnde zu vergeben/ sondern er ist gewiesen auff gewisse condition und Bedingung/ die aber dem/ so absolviret wird/ am besten bekom̃t. Es pfleget zwar der Prediger die Ab- solution zu sprechen allen die sich anmelden/ auß Liebe/ die alles hoffet und glaubet: Er ist kein Hertzen-Kuͤndiger. Jst nun die Buß rechtschaffen/ stimmet Hertz und Mund uͤberein/ so ist die Vergebung fuͤr GOtt kraͤfftig: Jst die Buß falsch/ so ist die Absolution nichts/ sie gilt nicht/ Prediger sind nicht Herren/ sondern Oeconomi, Haußhalter/ 1. Cor. 4, 1. Jst derowegen der Die Sechste Predigt der jenige/ dem die Suͤnden vergeben werden/ nicht 1. homo manifestè sce- leratus, ein offentlicher/ beschreyter/ hartnaͤckiger Suͤnder/ Atheist/ Gottes- laͤsterer/ Geitzhals/ Trunckenbold/ ꝛc. wann der Prediger einen solchen Menschen absolvi rt, so bindet er seine Suͤnde. Es ist ein falsches/ Zeug- nuß und Suͤnde wider das achte Gebott/ wann man einen hartnaͤckigen und unbußfertigen Suͤnder absolvirt/ man wirfft das Heiligthum fuͤr die Hunde. Unser Catechismus macht einem solchen Gesellen ein anderes Facit: Aber die hartnaͤckigen und unbußfertigen/ die die Kirch zur Besserung nicht hoͤren wollen/ und die glaubige Gemein mit den offentlichen schweren Suͤnden und bannigen Lastern veraͤrgert haben/ soll man offentlich straffen/ auff daß sie scham- roth werden/ von Suͤnden abstehen sich bekehren und besseren. Wie dann wol zu wuͤnschen waͤre/ daß der verrostete Bann-Schluͤssel wieder herfuͤr gesuchet/ und nicht geschieden wuͤrde/ was GOtt zusammen gefuͤget. Nicht 2. contritor cordis, wie die Exempel Cains und Jud æ außweisen/ bey welchen ihre Reue in eine Verzweiffelung verwandelt wird. Nicht 3. Satisfactor operis, wie zwar im Papstthum gelehret wird/ da sie fuͤrgeben/ durch Christi Verdienst werde zwar auffgehaben die ewige Straffe/ aber nicht die zeitliche/ es bleibe unter dessen die Schuld/ die zeitli- che Straffe zu buͤssen entweder in diesem/ oder in jenem Leben. Daher das Purgatorium und Fegfeur/ Closter-Leben und andere Mißgeburten und Greuel entstanden. Es ist aber dieses dogma Antichristianum lauffet wider Christi vollkommenes Verdienst/ ist eben/ als wann man Wasser wolt ins Meer tragen. Iniquum, ist eben/ als wann einer Frucht schuldig waͤre/ und wolts mit Stroh bezahlen. σιδηρόξυλ , wo keine Schuld nicht mehr ist/ da ist auch kein reatus und Straff-Pflicht. Eine verzweiffelte Lehre/ massen ein Wunder/ daß ein Papist jemal kan froͤlich seyn. Strei- tet wider die Exempel des Zoͤllners/ Luc. 18. der Suͤnderin/ Luc. 7, 50. Pe- tri/ Matth. 26, 75. des Schaͤchers/ Luc. 23, 43. Wie kom̃t es dann/ moͤch- te jemand sagen/ daß nach der Vergebung gleichwol Adam auß dem Pa- radiß gemuͤßt/ David schroͤckliche Straffen außstehen/ der Schaͤcher am Creutz sterben? Antwort/ es sind keine Straffen/ dann sie kommen vom versoͤhneten GOtt/ sondern Vaͤtterliche Zuͤchtigungen/ μνημόσυνα lapsus, wann Adam an den Paradiß-Garten gedacht/ ist ihm sein Fall wieder im Gedaͤchtnuß neu worden/ Geistliche purgationes, damit der Mensch die Gnade GOttes nicht wieder verliere. Nicht 4. Confessor oris, Dann ob zwar die aͤusserliche Mund-Beicht ihren Nutzen hat/ daß einem in indi- viduo die Gnade zugeeignet/ und mehr deren versichert werde; Jedoch so ist Vom Gewalt der Schluͤssel. ist sie nicht absolutè noͤthig/ dann David hats GOtt immediatè gebeicht/ Psal. 32/ 5. deßgleichen der Zoͤllner/ Luc. 18. Waͤre die aͤusserliche Ohren- und Mund-Beicht absolut und schlechter dings noͤthig/ so muͤßte es den Christen/ so unter den Heyden und Tuͤrcken wohnen/ und das offentliche ministerium und Kirchen-Dienst nicht haben koͤnnen/ uͤbel gesagt seyn. Sondern die/ welchen der Loͤß-Schluͤssel gedeyet/ seynd nach der Glau- bens-Regul 1. Captivi, arme/ gefangene/ nicht Teuffel und boͤse Gei- ster/ die seynd mit Ketten der Finsternuß zur Hoͤllen verstossen/ und uͤberge- ben/ daß sie zum Gericht behalten werden. 2. Petri. 2. Sondern Menschen und Adams-Kinder/ die Gott in der Ewigkeit ὀφϑαλμῷ ἐλεήμονι, mit Gna- den-Augen angesehen/ und zwar captivi naturaliter, die die Gefangenschaft mit auff die Welt gebracht/ fœtus sequitur ventrem, weil unsere erste Mut- ter die Freyheit um einen Apffel verkaufft/ werden nun alle ihre Kinder und Kinds-Kinder in dieser Sclaverey gebohren/ mit welchem Band auch die Widergebohrne behafftet/ und dieweil sie taͤglich suͤndigen/ so haben sie auch des Loͤß-Schluͤssels noth; haben zwar dem Sathan in der Tauff abgesagt/ tragen aber den Diebs-Strick noch am Hals/ muͤssen sich damit schleppen biß in den Tod/ und mit St. Paulo klagen/ sie seyen verkaufft unter die Suͤnde Rom. 7/ 14. feylen zwar die Suͤnden-Fessel je laͤnger je mehr ab/ seynd in statu coacto, gehet ihnen wie einem edlen Gemuͤth/ das von den Tuͤrckischen See-Raͤubern an die Galeen gespannen/ das Gemuͤth waͤre gern frey/ aber der Leib ist gefangen/ mit dem Gemuͤth dienen sie dem Gesaͤtz GOttes/ aber mit dem Fleisch dem Gesaͤtz der Suͤnden. Captivi volun- tarii, die Mamelucken/ die sich selbs muthwilliger weiß in des Sathans Strick begeben durch Suͤnde wider das Gewissen/ von GOtt abfallen/ in des Teuffels Schellen-Werck gehen/ verknuͤpfft mit Ungerechtigkeit/ wie Simon/ Act. 8, 24. Ja auch gar Zauberer und Unholden/ GOttes ab- gesagte Feinde/ die sich dem Sathan leibhafftig ergeben/ und in grosser obligation stehen/ demselben mit sonderbaren Ceremonien/ Geluͤbden/ Verschwoͤrungen/ mit Leib und Seel zu eygen versprechen/ der hochgebe- deyten Drey-Einigkeit absagen/ greuliche/ uͤber-Sodomitische Unzucht pfle- gen/ und mit ihrem eygenen Blut solche Verbuͤndnuß bestaͤttigen. Dann so weit sich Christi λύτρον und Loͤß-Geld erstrecket/ so weit auch dieser Schluͤs- sel. Nun reiniget das Blut Jesu Christi von aller Suͤnde/ keine außge- schlossen. Das ist je gewißlich waar und ein theures werthes Wort/ daß Jesus Christus kom̃en ist in die Welt/ die Suͤnder selig zumachen/ unter welchen ich der fuͤrnemste bin/ aber darum ist mir Barmhertzigkeit widerfahren/ auff daß an mir fuͤrnem- Zehender Theil. J i lich Die Sechste Predigt lich Jesus Christus erzeigete alle Gedult/ zum Exempel denen/ die an ihn glauben sollen zum ewigen Leben. 1. Tim. 1/ 15. 16. Aber damit ists noch nicht außgericht/ sondern es folget ferner nach Erfrischung Goͤttlicher Ordnung und Glaubens- Analogi; die schmertzliche/ hertzliche/ und innigliche Erkantnuß/ und seind also des Loͤß-Schluͤssels faͤhig. II. Agnoscentes captivitatem, die ihr Elend und Gefangen- schafft erkennen/ der Teuffel/ als ein starcker gewapneter/ der ihme das Wildprett nicht gern laßt auß den Klauen ziehen/ verblendet die Hertzen/ daß sie ihre Stricke nicht sehen. Gleich wie die Phrenetici, die arme Tol- len/ die im Kaͤffig sitzen/ sich noch grosse Freyheit und Herꝛlichkeit einbilden: Also sind wir von Natur/ wie die Vernæ und heimgebohrne leibeygene Knechte/ und verstehen unsern Jammer nicht. Zum Exempel/ die Rei- chen in der Welt/ die ihres eygenen Guts Sclaven und Gefangene seynd/ die wohnen in palatiis, haben Kisten und Kaͤsten alles voll/ des Prachts und Haußraths uͤberfluͤssig/ tragen guldene Ketten am Hals/ das hat kein Ansehen einer Gefaͤngnuß/ und seynd doch dieses die rechte Stricke und Kaͤffig/ auro alligati possidentur magis quàm possident, schreibt Cyprian. lib. 2. epist. 2. das ist: Sie seynd vom Gold verstricket/ und werden von ihm mehr besessen/ dann daß sie es besitzen. Gehet ihnen eben wie gefangenen Koͤnigen/ davon Tertullian. schreibet/ l. 2. de habit. mulier. c. 7. Apud barbaros quosdam quia vernaculum est aurum \& copiosum auro vinctos in ergastulis habent, \& divitiis ma- los onerant, tantò locupletiores, quantò nocentiores. Accommodi rt dasselbe auff das praͤchtige Weibs-Volck/ das gedencket nicht/ daß praͤch- tige Kleider anders nichts seyen/ als praͤchtige Stricke ihrer Gefaͤngnuß. Ein mancher Edelmann/ Freyherꝛ/ Graff/ Fuͤrst/ bildet ihm grosse Frey- heit ein/ und ist doch ein Sclav und Gefangener des boͤsen Geistes/ servus tot dominorum quot vitiorum, ein Knecht so vieler Herren/ so vielen Lastern er unterworffen/ wie vor zeiten die Brachmaner Alexandrum Ma- gnum beschlagen. Und so gehets mit andern Suͤnden mehr/ je tieffer man- cher drinnen stecket/ je weniger er will gefangen seyn/ lacht noch wol druͤber. Ja welches das alleraͤrgste/ so ist der Mensch nicht nur blind/ sondern wann man ihm von seinem Elend sagt/ so treibt er noch ein Gespoͤtt dar- auß/ ziehets noch wol in ein Gelaͤchter/ als wann man den Loͤß-Schluͤssel ei- nem Thurn-Schluͤssel vergleicht/ das Predig-Ampt einem Stock-Meister/ analog ῶ , der Glaubens-Regul gemaͤß/ σαφὠς, evidenter, und gehofft/ es solte maͤnniglich erzittern/ erschrecken/ es zu Hertzen nehmen/ einen Schauder lassen Vom Gewalt der Schluͤssel. lassen durch Marck und Bein dringen/ finden sich wol Leut/ sonderlich un- ter Maͤgden und Jungfrauen/ die es in ein aͤrgerlich Gelaͤchter ziehen/ wie man deñ wol weiß/ daß es unlaͤngst geschehen/ doͤrffens noch wohl unrecht verstehen und heim bringen/ und es laͤcherlich fuͤrtragen. Redet man ohne Gleichnuß so ists den Leuten zu hoch/ bemuͤhet man sich und medi- tirt/ wie man auch hohe/ wichtige Geheimnuß (denn die gehoͤren auff die Cantzel) leicht fuͤrtragen moͤge/ und zwar nicht auff ein neue Manier/ dann die Gleichnuß fuͤhret auch Chemnit. c. 85. harm. so hat man Spott zum Danck; es heisset fast wie Christus sagt: Wir haben euch ge- pfiffen/ und ihr wolt nicht tantzen/ wir haben euch geklaget/ und ihr wolt nicht weynen. Man mache es wie man woll/ so ists nicht recht. Aber unterdessen sollen solche Leute wissen/ sie seyen GOt- tes-Veraͤchter. Wer euch verachtet/ der verachtet mich. Luc. 10/ 16. und in gewisser maaß Suͤnder wider den H. Geist/ gehoͤren unter die Gesellschafft der χλευαζόντων, und Spoͤtter/ Act. 2, 13. Sie schla- gen ins Teuffels Art/ der spottet der Geheimnuß/ seynd die rechte Gebun- dene des Sathans/ werden sie ihr Elend nicht erkennen/ so werden sie einmahl Zetter und Mordio schreyen und weinen muͤssen. Nun sie moͤgen lachen/ wir weinen uͤber ihre/ als der Phreneticorum und Tollen Thorheit. Einmahl diese Gefaͤngnuß muß erkant seyn/ wie hefftig sich auch der stoltze und alte Adam ruͤmpfft/ der will kein Malefitz-Person ge- scholten seyn; aber ohne diese Erkantnuß kan der Mensch nicht auff freyen Fuß gestellet werden. Wolten die Juͤden auß der Babylonischen Ge- faͤngnuß seyn/ so mußten sie Koͤnig David nach singen/ Ps. 137. An Wasserfluͤssen Babylon/ Da sassen wir mit Schmertzen/ Als wir gedachten an Zion/ Da weynten wir von Hertzen/ Wir hiengen auff mit schwerem Muth/ Die Harpffen und die Orgeln gut/ An ihre Baͤum der Weyden/ Die drinnen sind im ihrem Land/ Da mußten wir viel Schmach und Schand/ Taͤglich von ihnen leyden. J i ij III. Despe- Die Sechste Predigt III. Desperantes omnia humana auxilia, die an aller menschli- chen Huͤlffe verzweifflen und verzagen. Vernunfft gibt manch- mahl den Gefangenen solche abentheurliche Anschlaͤg an die Hand/ dar- durch sie sich loß wuͤrcken/ daß man sich nicht gnug verwundern kan. Jn der Apostel Geschicht c. 9. hielten die Juden auff Paulum ihn zu toͤd- ten/ huͤteten Tag und Nacht in der Stadt Damasco an den Thoren/ sie gedachten/ sie haͤtten ihn im Sack/ aber die Juͤnger nehmen ihn bey der Nacht/ und liessen ihn in einem Korb von den Mauren herab. Jene Graͤfin in Castilien begibt sich in Pilgrims Gestalt gen Compostell auff Erlaubnuß zu ihrem Ehegemahl ins Gefaͤngnuß/ sie unterdeß legt ihres Manns Kleider an/ und erlanget Perdon und Gnade. Es ist nicht viel uͤber zwantzig Jahr/ daß ein beruͤhmter Mann in Niderland/ der auff Leib und Leben gefangen gelegen/ durch folgende List sich loß gewuͤrcket. Dieweil ihm/ als einem gelehrten Mann/ erlaubt geweßt Buͤcher zu sich zu nehmen/ hat sein Ehe-Weib lassen einen Trog machen/ so lang als der Mann geweßt/ und Buͤcher hinein getragen/ und andere gebracht/ und es etlich Monat getrieben/ daß es die Schildwacht nit mehr geacht/ endlich legt sie ihren Mann in den Trog/ sie und ihre Magd tragen und bringen ihn/ als waͤrens Buͤcher/ herauß an die See/ da ein Schiffer bestellt ge- wesen/ der ihn biß gen Gorcum sicher gebracht/ und er also davon kommen: Also hat auch die Vernunfft viel Weg und Mittel erfonnen/ satisfactio- nes, Indulgen tzen/ ꝛc. Jst aber vergebene Arbeit/ der Poß will nicht ab- gehen/ gehet solchen Leuten eben/ wie denen/ die sich in die Freyheit begeben wollen/ auß dem Gefaͤngnuß außbrechen/ und aber Hals und Bein ab- fallen. Was nun dem Gesaͤtz unmuͤglich war/ das mußte der Sohn GOttes thun. IV. Liberationem captantes, die nach der Erloͤsung schnap- pen/ seufftzen und sich sehnen/ mit Haͤnden und Fuͤssen ergreiffen und im Glauben annehmen. Glaub und Loͤß-Schluͤssel seynd correlata, dein Glaub hat dir geholffen/ gehe hin im Frieden/ Luc. 7. vers. ult. Joseph feufftzet/ und spricht den Schencken an/ Gedencke meiner/ wann dirs wohl gehet/ und thue Barmhertzigkeit an mir/ daß du Pharao erinnerst/ daß er mich auß diesem Hauße fuͤhre. Gen. 40, 14. Also muͤssen wir Christum/ der auch in den Banden geweßt/ ansprechen/ Er wolle das beste bey der Sachen thun/ Barmhertzigkeit ein- wenden/ und uns seiner Fuͤrbitt bey seinem himmlischen Vater geniessen lassen. Als Benhadad in der Stadt Apheck im Sack geweßt/ von einer Kammer in die andere geflohen/ und nicht gewußt/ wo auß noch ein/ sprach sein Vom Gewalt der Schluͤssel. sein Knecht zu ihm: Siehe/ wir haben gehoͤret/ daß die Koͤnige des Haußes Jsrael barmhertzige Koͤnige sind. So lasset uns Saͤcke um unsere Lenden thun/ und Stricke um unsere Haͤu- pter/ und zum Koͤnige Jsrael hinauß gehen/ vielleicht laͤsset er deine Seele leben. Und sie guͤrteten Saͤcke um ihre Lenden/ und Stricke um ihre Haͤupter/ und kamen zum Koͤnige Jsrael/ und sprachen: Benhadad dein Knecht laͤsset dir sagen: Lieber laß meine Seele leben. Er aber sprach: Lebet er noch/ so ist er mein Bruder. 1. Reg. 20, 31. Also muß ein jeder/ der fuͤr dem geist- lichen Malefltz-Gericht stehet/ und Absolution/ Vergebung seiner Suͤnden erlangen will/ in wahrer Reu/ sein Suͤnd bekennen ohne Scheu/ und Hoff- nung haben zur Gnade/ und das ist die Meinung in der Beicht: All- maͤchtiger/ barmhertziger GOtt und Vater/ wir bekennen und verjaͤhen dir/ daß wir leyder in Suͤnden und Ungerechtigkeit empfangen und gebohren/ voller Ubertrettung sind in allem un- serm Leben/ als die deinem heiligen Wort nicht vollkommen glauben/ noch deinen Gebotten nach geleben. Das ist uns aber allen von Hertzen leyd/ und begehren deiner Gnade. So erbarme dich nun uͤber uns/ du allerguͤtigster GOtt und Va- ter/ und um deines lieben Sohnes unsers Heylands JEsu Christi willen seye gnaͤdig/ ꝛc. V. Militiam \& odium captivitatis promittentes, die den Fuͤr- satz fassen/ daß sie/ wann sie loß worden/ und den Teuffel ler- nen kennen/ dergleichen nicht mehr thun wollen. Die Roͤmer vor zeiten pflegten die Gefangenen und ihre Huͤter mit einer Ketten anzu- binden/ also daß des Gefangenen Rechte an ein Theil der Ketten/ und des Huͤters lincke Hand an das ander Theil angebunden geweßt; Also ist Satan und der Mensch an einer Ketten gebunden/ aber so bald die Abso- lution folget/ muß er dem Satan absagen/ sich zur Wehr stellen/ und seine Kindlein klein ( hoc est motus primos ) erfassen/ und schlagen an ein Stein/ damit ihr werd vergessen. Alles nun/ was bißher mit wenigem außgefuͤhret worden/ ist gar schoͤn verfasset im gemeinen und bereits beruͤhrten Beicht-Gebet: Allmaͤch- tiger/ barmhertziger GOtt/ wir bekennen und verjaͤhen dir/ ist die Agnitio und Erkanmuß der Suͤnde. Das ist uns aber allen von Hertzen leyd/ und begehren deiner Gnade/ ist desperatio sui, die Verzweiffelung an eigener Krafft/ sich von Suͤnden loß zu wuͤrcken/ so erbarme dich nun uͤber uns/ ist liberationis desiderium, das sehn- J i iij liche Die Sechste Predigt liche Verlangen nach dem Ablaß/ und verleyhe uns deine Goͤttliche Gnade/ daß wir uns warhafftig bessern/ ist propositum, der Vor- satz sein Leben zu bessern. Wie nun schließlich Lehrer und Prediger achtung auff sich zu geben/ daß sie mit ihrem Schluͤssel nicht irren/ und irgends monomachis, concu- binariis, irreconciliatis, und also Hunden und Saͤuen das Heiligthum nicht fuͤrwerffen/ sondern sich versichern/ daß/ wo sie unbefugt den Loͤß- Schluͤssel brauchen/ ihre Suͤnden im Himmel sollen gebunden werden. Also haben wir alle/ in einer Idea, mit was Hertzen wir erscheinen sollen bey der Asolution/ nicht als stoltze Cavallier/ sondern als arme Gefangene/ nicht als ein Blinder/ der die Warheit gefangen haͤlt. Zum Exempel/ ein Geitzhals fasset ihm eine falsche Meinung/ 8. procento seye nicht un- recht: ein Welt-Kind bildet sich ein/ Sabbath-Entheiligung seye nicht unrecht/ weil es kein Obrigkeit straffet/ ein Vollhuͤgel Rausch sauffen/ ein Laͤsterer dencket/ schelten und laͤstern seye nicht unrecht/ nicht als Heuchler und wie jener Schalcks-Knecht/ der/ da ihm 10000. Pfund erlassen worden/ seinem Mitknecht nicht 100. Groschen erlassen wollen. Also suche niemand bey GOtt Ablaß seiner Suͤnden/ und brenne gegen seinem Naͤchsten in bitterm Haß. Sondern mit erleuchteten Hertzen/ in rechter Erkantnuß der grossen Seelen-Gefahr/ darinn wir alle stecken/ und innig- licher Sehn-Sucht/ darnach zutrachten/ wie wir wieder moͤchten liberi rt und befreyet werden/ bevorab weil es nichts kostet. Ach was fuͤr saure Arbeit war es vor zeiten im Papstthum/ wie manche schwere Reiße mußten sie nach dem Ablaß uͤber sich nehmen/ und haben doch den rechten Ablaß nicht gefunden. Wohl nun allen Geist-Armen und Geist-Hungerigen Hertzen/ denen gilt das Wort Christi: Welchen ihr die Suͤnde vergebet/ denen sind sie vergeben. Er sagt nicht: was im Himmel geloͤßt wird/ das soll auch auff Erden geloͤßt seyn/ dann koͤnte man nicht gewiß seyn/ sondern was ihr auff Erden loͤsen werdet/ soll auch im Himmel loß seyn. O ein gewaltiger Trost/ davon Luther. Tom. 6. Jen. fol. 148. Hat mich der Priester absolvirt/ so verlasse ich mich daruff/ als auff Gottes Wort selber/ sind es denn GOttes Wort/ so wird es wahr seyn/ da bleib ich bey/ da sterb ich auff. Denn du solt so fest trauen auff des Priesters Absolution/ als wann dir GOTT einen besonderen Engel oder Apostel sendet/ ja ob dich Christus selbs absolvirt. Dessen hat sich getroͤstet Adam und Eva/ David/ die Suͤnderin Luc. 7. der Gichtbruͤchtige Matt. 9. Sey getrost/ dir Vom Gewalt der Schluͤssel. dir seind deine Suͤnden vergeben. Und mit diesen Worten troͤstet ihr euch auch alle unter einander. Amen. Die Siebende Predigt. Vom Bind-Schluͤssel. G Eliebte in Christo. Was Judas Maccabeus/ der Großmuͤthige kuͤhne Loͤw/ unuͤberwindliche Siegs-Held und getreue Juͤdische Patriot/ nach erlangtem Sieg und erhaltenem Land-Frieden/ aͤusserlich und leiblicher weiß ge- than/ wessen er sich erklaͤret/ worzu er seine Voͤlcker ange- frischet/ auffgemuntert/ und gesagt: Laßt uns hinauff ziehen nach Jerusalem/ und das Heiligthum wieder reinigen. 1. Maccab. 4/ 36. Es hatte Antiochus, der grosse Juden-Feind/ der sonst genante πιφαιὴς, aber in der Warheit πιμαιὴς, der unedle/ und un- sinnige edle/ dem allerhoͤchsten zu Trutz/ dem Juͤdischen Volck zum Ver- drieß/ in den Tempel zu Jerusalem gebracht den Greuel der Verwuͤstung/ und das Idolum Jovis Olympii auff den Altar setzen lassen/ wie auch zu Garizim den Tempel mit dem Goͤtzen Jovis Xenii besudelt/ 2. Maccab. 6/ 2. denen mußte man Saͤu-Fleisch und andere unreine Thiere opffern/ wozu man die Leute gezwungẽ/ alle Monat auf des Koͤnigs Geburts-Tag derglei- chen zu thun: auff des Bacchi Fest mußten sie in Kraͤntzen von Ephaͤu dem Baccho zu Ehren/ einher gehen. Summa/ er hat den Tempel GOttes erbaͤrmlich entheiliget/ mißhandelt/ und schaͤndlich zugerichtet/ daß das Heiligthum verwuͤstet/ der Altar entheiliget/ die Pforten verbrant/ der Platz umher mit Graß bewachsen/ wie ein Wald oder Gebuͤrg/ und der Priester Zellen verfallen geweßt/ anderer unmenschlichen/ tyrannischen veruͤbten Thaten zu geschweigen. Nach dem aber der Herr maͤchtig im Streit/ der Herr Zebaoth/ Judæ Maccabæo einen Sieg uͤber den andern bescheh- ret/ und da er die Gorgias, die Lysias, die Apollonios, und andere auffs Haupt geschlagen/ auch dem Juͤdischen Volck wiederum Ruhe und Friede geschafft/ so stellet er darauff die Encænia an/ er und seine Bruͤder rufften dem gantzen hellen Hauffen und Voͤlckern zusammen/ und sagten: Die- weil Die Siebende Predigt weil unsere Feinde verjagt sind/ und wir wieder frischen Lufft schoͤpffen koͤnnen/ so laßt diß unser erste angelegene Sorge seyn/ laßt uns hinauff ziehen/ und das Heiligthum wieder reinigen. Wie dann auch geschehen. Was/ sag ich/ Judas und seine Bruͤder gethan/ das solte nunmehr auch/ nach/ durch GOttes unverdiente Gnade erhaltenem lieben/ edelen Land-Frieden/ unsere erste und fuͤrnemste Gedancken/ Sorgfalt/ Bey- tragung/ Muͤhe/ Resolution und Anfrischung seyn. Laßt uns hinauff ziehen/ und das Heiligthum wieder reinigen. Nun der Herr alle un- sere Feinde verjagt/ nun er Huͤlffe geschafft/ daß man wieder getrost leh- ren kan/ nun der liebe Frieden seine Strahlen blicken und leuchten lassen/ so laßt uns fuͤr allen dingen den geistlichen Tempel GOttes/ welcher ist die Christliche Kirch/ von denen im verwichenen Kriegswesen eingerisse- nen Aergernuͤssen reinigen/ die Idola, βδελύγματα und Greuel außmu- stern/ die Wildnußen und Wuͤsteneyen außfegen und saͤubern/ die aras haras reformi ren/ und also auch unsere Encænia celebri ren/ und conse- quenter auff eine rechte/ ernst-eyffrige/ Christliche Diseiplin bedacht seyn/ dardurch das eingerissene Aergernuß außgeraͤumet/ das gefallene auff- gerichtet/ und das schwache wieder geheylet werde. Christus JEsus unser HErr ist derselbige geistliche Judas/ der zweystaͤmmige Held/ der hat uns solche Encænia hoch befohlen mit Worten. Er ist uns fuͤrge- gangen mit einem zwar leiblichen/ aber wunderthaͤtigen Exempel. Dann da er einsmahls in Tempel kommen/ und gesehen/ wie man ihm auß sei- nem GOttes-Hauß und Bet-Hauß/ ein Kauff-Hauß/ ein Raub-Nest und Moͤrder-Grub/ durch Marckententherey/ Kraͤmerey und Wechsel- Banck gemacht/ ohne Zweiffel auch Platz- und Stuhl-Kraͤmerey/ aller- hand Simoni und Fuggerey geuͤbet/ so siehet Er sich genau um/ halt eine scharffe Visitation, (περιβλεψάμενος πάντα, Marc, 11, 11.) ergreiffet eine Geissel/ und kein Fuchs-Schwantz und treibet sie herauß ohne Wieder- stand/ summo miraculo. Welche von Christo so hoch recommen dir te/ gelobte/ und exemplificir te Kirchen-Buß/ so vermittelst des Bind- Schluͤssels geschiehet/ fuͤr dißmahl unsere Lection seyn soll. Dann nach dem wir allbereit dem Loͤß-Schluͤssel sein Recht angethan/ folget nun/ daß wir in richtiger Ordnung den Bind-Schluͤssel herfuͤr nehmen/ und bese- hen/ in denen Umstaͤnden darinnen ihn uns Christus beschrieben/ in den abgelesenen Worten. Christus Jesus der großmaͤchtige Tempel-Herꝛ und Sanctus Sanctorum, gebe Krafft und Gedeyen zu unserm Vorhaben/ daß es nicht ohne Frucht und Nutzen abgehe. Amen. Die Vom Gewalt der Schluͤssel. G Eliebte in Christo. Wann wir demnach den Bind-Schluͤs- sel in seinen Qualitaͤten und Eigenschafften beschauen/ so kommt er uns vor/ und wird beschrieben/ als I. Clavis Cœlestis ein Himmel-Schluͤssel. Dieweil ihn vom Himmel herab der Vater geordnet/ der Sohn mit seinem Blut theur er- kaufft/ der H. Geist geschmiedet/ und der Braut Christi angehaͤnget. Weil er entweder zum Himmel fuͤhret/ oder vom Himmel außschliesset/ weil er nach einer himmlischen Richtschnur abgemessen/ ein Schluͤssel/ nicht wie ihr die Vernunfft einbildet/ sondern wie ihn die Schrifft beschreibet/ clavis diaconica \& œconomica, ein Schaffner-Keller- und Knecht- Schluͤssel. Hinweg mit dem herꝛschenden Regenten- und Siegs- Schluͤssel/ so nichts anders/ als die Hoͤchste Gewalt uͤber die gantze Kirche/ so wol die streitende/ als die leidende im Fegfeur/ und dann die triumphi- rende im Himmel. Summa/ ein ungemessener Gewalt-Schluͤssel/ ein Schrifft-Schluͤssel/ ein Gesetz-Schluͤssel/ ein Reichs-Schluͤssel/ der der Koͤnige Cronen und Scepter eingeschlossen. Jst aber ein unziemlicher Schluͤssel/ ein Diebs-Schluͤssel und Dieterich/ den der Teuffel Gott ge- stohlen/ Christo angebotten/ dem Anti Christ gegeben/ damit er dem Herꝛn uͤber den Schatz und Cantzley einbricht/ gleich einem untreuen Knecht/ dem der Keller vertrauet/ aber auch den Schatz-Schluͤssel ins Wachs trucket. Jst der Hoͤllen-Schluͤssel/ davon Apoc 9. II. Clavis ligans \& retinens, ein Behalt- und Bind-Schluͤs- sel/ dann so wird er genennet Matth. 16, 19. cap. 18, 18. Johan. 20, 23. Eigentlich ein rechter Kercker-Schluͤssel/ da eine Malefitz-Person ins Loch oder in den Stock verschlossen/ mit Ketten angefesselt/ und mit einem Mahl- schloß beleget wird/ daß er nicht herauß kan/ wie Paulo und Sila begegnet/ Act. 16. die der Kercker-Meister zu Philippis ins innerste Gefaͤngnuß ge- worffen/ und ihre Fuͤsse in den Stock gelegt/ und demnach clavis inclusiva, wie eines solchen Schluͤssels gedacht wird Apoc, 20, 1. da der Engel vom Himmel/ der den Schluͤssel zum Abgrund hatte/ ein grosse Kette in seiner Hand gehabt/ und damit den Satan gebunden tausend Jahr/ in den Ab- grund geworffen/ und darin verschlossen: Also wird durch diesen Schluͤs- sel der suͤndige Mensch dem Satan uͤbergeben/ und in seine Gewalt gege- ben/ wie eine Malefitz-Person dem Hencker und Peinigern uͤbergeben wird/ daß sie mit ihm umgehen/ wie es ihnen von der Obrigkeit befohlen/ wie dorten Matth. 8, 32. die Schwein dem Satan von Christo erlaubet wor- den/ in sie zu fahren. Clavis exclusiva à regno cœlorum, ein Schluͤssel/ der dem Menschen den Weg zum Reich GOttes versperret/ und zwar zum Zehender Theil. K k Reich Die Siebende Predigt Reich der Gnaden und Ehren/ daß er nicht anders gehalten wird/ als wie im Alten Testament ein verbannter/ Lev. 27, 28. oder wie ein Zoͤllner/ dem der Zutritt und Eingang in das Heilige verwehret/ Luc. 18, 13. Wie ein Heyd/ mit dem ein Jud nichts zuschicken noch zu schaffen haben wolte. Jhr wisset/ sagt Petrus zu Cornelio dem Roͤmischen Hauptmann/ wie es ein ungewohnt ding ist einem Juͤdischen Mann/ sich zu thun/ oder kommen zu einem Fremdlinge. Act. 10, 28. Und diß ist die ex- communicatio minor, der kleine Bann/ da ein solcher verbannter außge- schlossen wird von der Gevatterschafft bey der H. Tauff/ und vom Gebrauch des H. Abendmahls/ der groͤssere/ Cherem genannt/ ist/ wann er von sei- nem ordinari Sitz in offentlicher Kirch/ deßgleichen von aller conversation und Gesellschafft außgeschlossen wird. Jch habe euch geschrieben/ ihr solt nichts mit ihnen zu schaffen haben/ 2. Cor. 5, 11. Und so je- mand nicht gehorsam ist unserm Wort/ den zeiget an durch ei- nen Brieff/ und habt nichts mit ihm zu schaffen. 2. Thess. 3, 14. als mit einem raͤudigen Schaaff. Das groͤste ist Maranatha, schamatta, da man ihn ohne Gesang und Klang hinauß getragen/ und als ein Esel nicht auff den Gottes-Acker begraben. Clavis terribilis, kein brutum fulmen, und Fehl-Streich/ sondern er ist fuͤr GOtt guͤltig und kraͤfftig gnug/ und trifft alle/ die in aͤrgerlichen und beharꝛlichen Lastern stecken/ und erschroͤck- liche Aergernussen geben. In specie, die Atheisten/ die GOTT und sein Wort nicht achten/ von der Christlichen Lehre hoͤnisch und spoͤttisch reden/ etliche Monat sich der Kirchen und dero Communion enthalten: Die Apo- statas und Mamelucken/ 1. Tim. 1, 20. Ketzer/ Tit. 3, 10. 1. Tim. 4, 1. Got- tes-Laͤsterer/ Meineydige/ Segen-Sprecher/ Sabbath-Schaͤnder/ die Ra- ben-Eltern/ die ihren Kindern boͤse Exempel geben/ und boͤse Kinder/ die ihre Eltern schlagen/ die unversoͤhnliche Neid-Haͤmmel/ sonderlich Eheleut/ die wie Hund und Katzen leben/ die Hurer/ Ehebrecher/ Blut-Schaͤnder/ Hoffarts-Anfaͤnger/ die Vollhuͤgel/ die unordentlich wandeln/ nicht arbei- ten/ spielen und rasseln/ die Wucherer und Ubersetzer/ die Laͤster-Maͤuler. Summa/ alle und jede Suͤnder/ die entweder die Obrigkeit nicht strafft: Dann das ist die Ursach/ daß Paulus solche scharffe Disciplin mit dem Blut-Schaͤnder fuͤrgenommen/ 1. Cor. 5. oder nicht genug strafft/ in dem es zwar der Saͤckel empfindet/ aber das Gewissen fuͤhl-loß bleibet. III. Clavis per accidens salutaris, ein zufaͤlliger weiß heylsamer Schluͤssel/ wie die gantze Censur und Disciplin dahin angesehen/ nicht zum Verderben der Seelen/ oder dadurch ihn aller Ehren zu entsetzen/ dar- um auch der excommunicir te nicht allerdings zu verlassen/ ( quoad actus naturæ Vom Gewalt der Schluͤssel. naturæ necessarios \& religiosæ admonitionis ) doch haltet ihn nicht als einen Feind/ sondern vermahnet ihn/ als einen Bruder/ 2. Thess. 3, 15. sondern πρὸς ὀικοδομὴν, zur Besserung/ 2. Cor. 13, 10. daß der Geist selig werde/ am Tage des HErꝛn JEsu. 1. Cor. 5, 5. auff daß sich die anderen foͤrchten. 1. Tim. 5, 20. IV. Clavis necessaria, ein nothwendiger Schluͤssel/ noͤthig wegen des Goͤttlichen Gebotts/ was GOtt zusammen gefuͤget hat/ soll der Mensch nicht scheiden: Roͤthig wegen Abschaffung des Aergernuß. Die Papistenaͤrgern sich ab unserm Gottlosen Wesen/ die Kinder werden geaͤr- gert/ Matth. 18, 7. Sprichstu: auff diese weiß wird die Person mit zwo Ruthen geschlagen/ sie wird von der Obrigkeit und dero Policey-Ordnung abgestrafft/ und nachmahlen von der Kirche. Antwort: Es laufft nicht wider ein ander/ dann gleichwie ein solcher Mensch nicht nur ein Mensch/ sondern auch ein Christ/ und nicht nur einen Leib/ sondern auch eine Seele hat/ nicht nur pacem publicam violi rt, sondern auch Aergernuß der Kirch gegeben; bevorab weil gemeiniglich die von der Obrigkeit abgestraffte Per- son aͤrger wird/ und noch Recht haben will/ darum treibet Kirchen-Disci- plin zur Buß. Sprichstu abermal: das waͤre gleichsam den Menschen auff den Pranger stellen/ oder einen Lasterstein in der Kirchen auffrichten. Antwort: Kirchen-Buß ist nicht zur Straff/ sondern zur Buß abgesehen/ daß man solcher Leute nicht spotten/ sondern uͤber derselben Buße sich freu- en soll/ wann die Obrigkeit strafft/ so ists fuͤr der Welt eine Unehr/ wann aber ein Mensch Buße thut/ so ists ihm fuͤr GOtt und allen Christen eine Ehre. V. Clavis exercita, ein Schluͤssel/ der auff solche weiß geuͤbet worden in Ecclesia Apostolica, und ersten Apostolischen Kirchen. Es hat zwar durch extraordinari, unnachthunliche Wunder-Gewalt Paulus den Elimam geblendet. Act. 13, 11. Petrus Ananiam und Saphiram mit dem Geist getoͤdtet. Act. 5, 5. 10. Aber ein ander ordinari Exempel stellet er uns fuͤr/ 1. Cor. 5. dem kommt fuͤr ein grobe lasterhaffte Person/ ein Blut- Schaͤnder/ da einer mit seines Vaters hinterlassenem Weib Unzucht und Hurerey getrieben/ war ein uͤber-heydnisches Laster/ davon die Heyden nichts zu sagen wußten/ scelus publicum, da durffte es keinen gradum nit/ er straffet ihn ohne Eingriff der Obrigkeit/ die hat ihr Ampt nicht gethan/ als welche ihre schwere Hand haͤtte darauff legen sollen/ und wann sie es auch gleich gethan/ waͤre darum die Execution nicht vermitten blieben. Er straffet ihn fuͤr der gantzen Kirche und Gemein. Jch zwar/ als der ich mit dem Leibe nicht da bin/ doch mit dem Geist gegenwaͤrtig/ K k ij habe Die Siebende Predigt habe schon/ als gegenwaͤrtig beschlossen/ uͤber den/ der solches also gethan hat. Jn dem Namen unsers HErꝛn JEsu Chri- sti/ in euer Versamlung mit meinem Geist/ und mit der Krafft unsers HErꝛn JEsu Christi/ ihn zu uͤbergeben dem Satan/ zum Verderben des Fleisches/ auff daß der Geist selig werde/ am Tage des HErꝛn JEsu. 1. Cor. 5, 3. 4. 5. Und nach dem er also gestraffet worden/ und die Buß außgestanden/ die Stieffmutter von sich gelassen/ hat er befohlen demselben zu vergeben/ ihne zu troͤsten/ und die Liebe zu uͤben/ daß er nicht in der Traurigkeit versincke. Und wo es die erste Apostolische Kirch gelassen/ da hats die erste Mut- ter-Kirch/ Ecclesia derivativa, und nachgepflantzte Kirch angefangen/ in dem sie die Apostatas excommunic irt. Eusebius schreibet lib. 5. c. 14. Etenim fideles per Asiam sæpe numero \& multis Asiæ locis, ob hanc causam conveniebant, ac nuper natas doctrinas examinabant, \& pro- phanas pronunciabant, hæresim que istam reprobantes, Ecclesiâ ejicie- bant \& excommunicabant. Das ist: Die Glaubige in Asien ka- men offt und in vielen Asiatischen Orten um dieser Ursach wil- len zusammen/ und pruͤfften die neulich allererst entstandene neue Lehren/ und erkenneten sie fuͤr ungoͤttlich/ und nach dem sie dieselbe Ketzereyen verworffen/ haben sie sie auß der Kirch hin- auß geschafft und verbannet. Gleiche Bann-Strahlen hat sie auß- geschossen und außgegossen uͤber die Sincretisten/ die sich mit den unglau- bigen Heyden in Eheliche Verloͤbniß eingelassen. Tertull. ad uxorem. Hos arcendos esse constat ab omni communicatione fraternitatis, ex literis Apostoli, dicentis, cum ejusmodi nec cibum esse sumendum. Das ist: Daß diese von aller bruͤderlichen Gemeinschafft abzu- halten/ erhellet auß der Epistel des Apostels/ welcher sagt/ daß man mit solchen auch nicht essen solle. Jtem uͤber die Astionomos und Gestirn-Narren/ dergleichen Aquila Ponticus gewesen/ der zuvor ein Juden-genoß/ nachmalen aber sich zum Christenthum bekehret hatte. καϑ᾽ ἑκάςην ἡμέραν τὸ ϑέμα τῆς ἁυτο γενέσεως σκεπτόμενος, Ecclesia ejectus. Sonderlich gehoͤret hieher das bekante und offt wiederholte Exempel The- odosii, welches Erasmus Præfat. in Ambros. weitlaͤuffig beschrieben. Epiphan. I. 1. de mensur. Euseb. lib. 5. 8. Ambrosius summa constantia suam tuens autoritatem, ipsum etiam Cæsarem Christo lucrifecit, ac pulcher- rimum exemplum omnibus Monarchis edidit, quanta sit Episcoporum dignitas, si modò verè sint, quod au diunt. Nec dubito, quin tales simus habituri prin- cipes aliquot, qualis fuit Theodosius, si tales haberemus Episcopos, qualis fuit Ambrosius: \& haberemus, opinor, nisi populi mores alienarent benigni Nu- minis Vom Gewalt der Schluͤssel. minis favorem. Quoque magis liqueat, quod dicimus, primùm rem, deinde personas expendamus. Thessalonicæ quidam è Comitatu Cæsaris per populi tumultum fuit interfectus. Cæsar, ira dissimulata, plebem ad ludos Circenses evocat. Ibi repentè circumfusa militibus inermi multitudine, promiscuè sævi- rum est in noxios juxta \& innoxios, pœnaque non meritis est data, sed furori. Id factum hodiè justum videri posset. Quoties enim in bello trucidantur, qui- bus ex pacto deditionis prom is sa incolumitas? Quoties oppido capto sævitur propemodum atrocius in immerentes quàm in nocentes? \& sævitiam excusat odium criminis. Hæc de re. Jam mihi cogita Ambrosium unius civitatis Epi- scopum, quæ tum, ut opinor, minus erat ampla minusq; frequens, quàm nunc est, nullis aliis armarum præsidiis, quàm quæ decent Episcopum, linguâ, preci- bus \& vitæ sanctimonia. Ex adverlo considera Cæsarum illius temporis po- tentiam : Cui si conferas horum temporum ditionem, eam duntaxat, quam Cæsaris titulus addit electis. (Nam Carolus \& sine Cæsaris titulo Principum miximus est. Rem vix seriam esse dicas: Et tamen talis Episcopus talem Cæ- sarem ob præcipiratum vindictæ jus ab Ecclesiæ foribus summovit, exprobrans crudelitatis immanitatem, docensque illum à consortio Christiani gregis alie- num esse: Reversus est in Regiam Cæsar, agnoscens, æquissimum esse, ut Chri- sti legibus cedat humanæ potentiæ fastigium. Ibi post sex menses mœrore la- crimisque transactos. per Ruffinum aulæ Præfectum agit, ut anathematis vincu- lo folveretur, quo saltem feriis natalitiis, nam instabant, liceret interesse. Nihil agit Ruffinus. Ipse Cæsar impatiens non viæ, sed mœroris, adit Ambrosium, non in templum, ne iterum repelleretur, sed in locum, quem Græci domum sa- lutatoriam appellant. Nam ibi fortè tùm sedebat Episcopus, expositus, si quis quid vellet consulere Patienter fert objurgantem; nec prius absolvitur, quàm præter solennem pœnitentibus satisfactionem etiam legum adversus edictorum Imperialium sævitiam pollicetur. Illicò prodita lex, ut si qui per edictum Cæ- saris juberentur occidi, in tricesimum usque diem proferretur executio, quo spa- cium esset cognofcendi, locusq; daretur, vel Christianæ clementiæ vel necessa- riæ severitari. Mox posito Regis diademate, Cæsaris personam exuit, pœniten- tis suscepit, humi prostratus, ac lacry mis ubertim effusis, rigans solum, supplici voce precarus est Domini misericordiam. Cui hæc non viderentur in Cæsare plus quàm satis? Sed manè dum auditurus (quod \& invictam Episcopi con- stantiam, \& Cæfaris non fucatam pietatem magis illustrat) quum ex more mu- nus detulisset ad altare, rediens constitit intra cancellos. Id videns Ambrosius, per Diaconum percontatur, cur ibi moraretur. Respondenti, ut videam pera- gi mysteria: rursum misso Diacono renunciavit, ut agnosceret suum locum, nam euni, in quo consisteret, esse sacerdotibus designatum. Purpura, inquit, Imperatorem facit, sacerdotem nequaquam. Quid expectas, ut Cæsaris leni- ras tandem excandescat? Nequaquam, verùm excusat sc, quod non in contem- ptum loci restiterit illic, sed quòd quoniam Constantinopoli reperisset hunc mo- rem, at Cæsar intra cancellos videret peragi mysteria, credidifset, idem receptum esse Mediolani. His placidè dictis abiit in locum prædictum. Nec eo contentus, ubi reversus est Constantinopolim, etiam cùm invitaretur, ut intrà cancellos ex mo- re consisteret, dum peraguntur mysteria, negavit se facturum, addens, se nemi- nem nosse, qui verè sciret Episcopum gerere, præter unum Ambrosium. K k iij Nach Die Siebende Predigt Nach dem aber der Roͤmische Papst cuhnin irt, und sich fuͤr ein Haupt auffgeworffen/ uͤber alles das/ was GOtt und GOttes ist/ nach dem er den Schluͤssel des Abgrunds von Phoca erlangt/ so ist der Schluͤssel ver- draͤhet/ auß der Disciplin eine Carnificin worden/ da hat man anfangen zu reiten auff den hohen Haͤuptern/ und wann sie wider den Roͤmischen Genium und Gott sich nur mucken lassen/ excommunici rt, und ist gan- gen/ wie jener Apologus außweißt/ der Koͤnig aller Baͤume/ der Eich- baum irrete einmal eine Axt/ die klagt/ der Baum breite sich zu weit auß/ er nehme mit seinem Schatten andern Baͤumen Safft und Krafft/ er werde endlich gantz wild wachsen/ und dem Wald schaͤdlich seyn/ an etli- chen beisse der Wurm schon an/ werde man nicht dazu thun/ so werden die Baͤume verfaulen/ die Axt seye zwar bereit/ und moͤchte gern behauen/ es mangele ihr aber an der Handhab/ bittet derowegen den Baum um die Handhab. So bald der Eichbaum die Handhab gegeben/ alsbald darauff fanget die Axt an zu hauen/ zu hoblen/ bald da bald dort/ und das kunte der Eichbaum wol geschehen lassen/ endlich kam sie an den Eichbaum selbs/ der bedurffte auch hoblens/ weil er krumm und hofferig/ macht sich an den Baum/ haut so lang/ biß kaum der Strumpff mehr uͤbrig blieben. Was diese Axt vermocht/ das haben erfahren viel grosse Herren/ Kaͤyser und Koͤnige. Exempel seind in der Kirchen-Histori in grosser Menge. Henricus IV. auff daß er sich auß des Papsts Bann loß wickelte/ hat er sich mit seiner Gemahlin und Sohn auffgemacht/ mit wenig Dienern im kalten Winter uͤber das Alpen-Gebuͤrg in Italien gezogen/ im Anfang des 1077. Jahr gen Canusi kommen/ und nach dem er biß an den drit- ten Tag baarfuß in einem schlechten haͤrinen Kleid/ ohne Speiß und Tranck in grosser Kaͤlte/ vor des Papsts Pallast auffgewartet/ wurde er endlich den 28. Januarij absolvi rt, doch mit dem Beding/ daß er sich dem Papst in allen dingen unterwerffen/ und sich des Kaͤyserlichen Gewalts im Reich nicht gebrauchen solte. Gretserus in seiner Alethea spirituali, und geistlichen Fecht-Schul l. 1. c. 7. p. 56. siehet satt Lust daran. Otto IV. der Anno 1218. gestorben/ hat seinen Leib alle tag den Priestern zu geisseln dargereicht. Henricus II. Imp. dem es der Ertz- Bischoff zu Coͤllen Anno 1056. nicht besser gekocht/ hat auch ein Lied wis- sen davon zu fingen. Dabey ists nicht geblieben/ sondern man hat sich auch an die Venam regiam gemacht/ und grossen Potentaten nach der Gurgel gegriffen. Suarez Buch ist zwar verbrennet/ aber das Feur ist noch nicht verloschen. Sic Vom Gewalt der Schluͤssel. Sic enim Achilles Harlæus Senatus Princeps apud August. Thuan. l. 130. ad ann. 1604. Iesuit as docere retulit, Pontificem jus habere Reges extra com- munionem Ecclesiæ ponendi, excommunicatum Regem Tyrannum esse, \& sub- ditos contra cum impunè insurgere, ipsorum unumquemꝙ, qui vel minoribus Ecclesiæ ordinibus sit initiatus, quodcunꝙ crimen admiserit, in læsæ Majestatis crimen non posse incidere, quippe qui minimè sint amplius Regis subditi, nec jurisdictioni ejus subiecti: Ita Ecclesiasticos per eorum doctrinam à seculari potestate eximi, \& MANUS CRUENTAS LICERE IMPUNE SACROSAN- CTIS REGIBUS AFFERRE. ) O theurer Luther/ wie groß hat mans naͤchst GOtt dir zu dancken/ daß du den krummen Hacken-Schluͤssel geoffenbahret/ durch das Schwerdt des Geistes denselben beschnitten/ und solcher uͤber-Egyptischen Buͤrden die Christenheit befreyet. Davon sich Lutherus selbst/ aber mit Warheit/ ruͤhmet in Apolog. contrà Duc. Georg. Sax. T. 6. Jen. conf. eund. ad Jen. 21. fol. 183. Wann ich D. Luther sonst nichts guts gethan noch gelehret haͤtte/ denn daß ich das weltliche Regiment oder die Obrigkeit so erleuchtet und gezieret habe/ so solten sie doch dieses einigen Stucks halben mir dancken und guͤnstig seyn/ weil sie allesammt/ auch meine aͤrgste Feinde/ wol wissen/ daß solcher Verstand von weltlicher Obrigkeit unter dem Papstthum nicht allein unter der Banck gelegen/ sondern auch unter allen stincken- den laußigen Pfaffen/ und Muͤnch- und Bettler-Fuͤssen sich hat muͤssen trucken und tretten lassen/ denn solchen Ruhm und Ehr hab ich von GOttes Gnad davon/ es sey dem Teuffel und allen seinen Schuppen lieb oder leid/ daß seit der Apostel Zeit kein Doctor noch Seribent/ kein Theologus noch Jurist so herꝛlich und klaͤrlich die Gewissen der weltlichen Suͤnde be- staͤttiget und unterrichtet und getroͤstet hat/ als ich gethan hab/ durch sonderliche Gnade GOttes/ das weiß ich fuͤrwahr/ dann auch Augustinus und Ambrosius/ die doch die besten sind/ in diesem Stuck mir nicht gleich hier innen sind/ das ruͤhme ich mich GOtt Lob und Danck/ dem Teuffel und allen meinen Tyran- nen zu leyd und Verdrieß/ und weiß/ daß solcher Ruhm beyde GOtt und der Welt muß bekant seyn und bleiben/ solten sie auch toll und thoͤricht daruͤber werden. VI. Clavis idealis \& infelix, er ist laͤngst ver loren/ verschwun- den/ und unter das alte Eysen gerathen. Dann wann wir gleich wie eine Hauß-Mutter ein Liecht anzuͤnden und suchen solten/ wo wuͤrden wir ihn finden? Die Siebende Predigt finden? zwar bey uns/ der Augspurgischen Confession zugethanen ist noch ein kleiner Schatten uͤbrig in der Vorstellung/ aber es ist nicht genug. Wo sind die Philippi, die sich lassen von der Communion in Paschate ab- schaffen/ und unter die pœnitentiatios und arme Suͤnder stellen? wo seind die Theodosii? Solte dergleichen/ ich will nicht sagen einem Fuͤrsten/ sondern Edelmann/ ja Bauren zugemuthet werden/ O was Jammer und Noth wuͤrde darauß entstehen? wo bleibt die Executio der alten be- liebten/ geuͤbten und gebillichten Canonum? Wo bleibt die Exomologe- sis und Buß-Beicht? welche Tertull. de pœnit. p. 442. definir t und beschreibet per prosternendi \& humilificandi hominis disciplinam. Au- gust. epist. 64. klaget: Impudicitiam \& cubilia acerrimè puniti in Ec- clesia, sed commessationes tolerabilia videntur. das ist: Die Un- keuschheit werde in der Kirche auffs hefftigste und schaͤrffeste gestrafft/ aber das Fressen und Sauffen werden angesehen als Sachen/ die wol zu dulden. Ibid. de Ecclesia Africana: Quod per dies so ennes ebrietates licitæ putentur, \& sic paulatim fiet, ut nec vitia putentur. Das ist: Jn den Fest- und Feyr-Taͤgen wird Trunckenheit fuͤr erlaubt gehalten/ aber so werde es in kurtzer Zeit dahin kommen/ daß sie nicht mehr fuͤr Suͤnde werde ge- halten werden. O frommer August i ne, wann du heut leben soltest/ wie ein warhafftiger Prophet waͤrestu! Ja man steifft sich noch wohl wider GOttes Gebott/ und loͤßt auff/ was GOtt zusammen gefuͤget/ und wil ihn nicht mehr auffkommen lassen. Daher es ein Ansehen/ als wann die tausend Jahr fuͤruͤber/ in welchen der Satan gebunden/ Apoc. 20 3. Und ist kommen/ daß so greuliche Aergernussen/ als eine Suͤnd-Fluth/ eingerissen/ allenthalben so schroͤckliche Unordnungen gras- siren/ und der Cyclopismus und Atheismus, allerhand Gottlosi keit und viehisches Wesen uͤberhand genommen/ daß nicht mehr zu wehren/ noch zu haͤmmen. Jch widerhole billich die Wort Jud æ des edlen Maccabeers/ dieweil der Herr den Frieden scheinen lassen/ so laßt uns hinauff gehen/ und das Heiligthum reinigen/ durch Bann und Kirchen-Disciplin. Materia adest, der Wust und Greuel ligt fuͤr Augen/ daran mangelts nicht/ ich wil nicht sagen von den verjaͤhrten scandalis und Untugenden/ dem atheismo Syn- cretismo, und Verehligung ungleicher Religions-Personen/ der Entheili- gung des Sabbaths/ dem Sonntaͤglichen tantzen/ das man wieder herfuͤr- bringt von der Boßheit des Gesinds/ Muͤssiggang/ rasseln/ spielen/ wuͤh- tenden Saͤuffereyen/ Pracht/ Ungerechtigkeit/ da der Richter spricht/ was Vom Gewalt der Schluͤssel. was der Fuͤrst will/ damit er ihm wieder einen Dienst thue. Mich. 7, 3. Calumnten/ Verleumdungen/ allein zu gedencken der Laster/ die durch die Kriegs-Furi eingeschlichen/ und in Stadt und Land eingerissen/ da alles in confusion und Unordnung gerathen/ drunter und druͤber gan- gen/ als der barbarische Atheismus und Cyclopismus, das ungeheure Flu- chen und Schwoͤren/ wer das nicht kan/ wird fuͤr keinen Soldaten gehal- ten. Auch sonst Oberste/ die gern fromm waͤren geweßt/ haben geklagt/ wann sie nicht fluchen/ so wolle niemand pariren. Der unertraͤgliche Last des gottlosen/ frechen und boßhafftigen Gesinds/ wann man dasselbe saur angesehen/ ist es in Krieg gezogen/ hat sich an Soldaten gehaͤngt/ die un- menschliche Teuffelische Duelia, Theodosianische Jaͤh-Hitz/ da mancher Oberster/ Capit t an/ ꝛc. einen armen Soldaten um einer Butten willen/ in dem er dem Hunger mehr/ als dem Regiment entloffen/ auffhencken lassen/ und gemeint/ es werde kein Hahn darnach kraͤhen. Der Mißbrauch des Allmosens/ den muthwillige Bettler getrieben/ in dem sie sich fuͤr Exulan- ten/ Brand-schaͤdige/ verjagte/ gepluͤnderte Leut außgegeben. Die Illece- bræ libidinum, jungen Leuten von den undisciplinirten Soldaten gegeben/ die unmenschlichen Pressuren und Schindereyen/ die man den Kriegs- Leuten nicht solte ablernen/ sondern verlernen und abschaffen/ und andere unerhoͤrte Justitien/ die durch den Frieden nicht solten laxirt/ sondern taxirt und gestrafft werden. Wie dann auch Truͤb-Fischereyen/ libri famosi, Paßquillen/ lasterhafftige/ aͤrgerliche Gedicht/ und was dergleichen mon- stra mehr sind/ davon man bißher hat geschwiegen/ durch die Finger gese- hen/ und gesprochen: Es ist Krieg: wie David dem Joab zugesehen: Jch bin noch zart/ und ein gesalbter Koͤnig. Aber die Kinder Zeruja seind mir verdrießlich/ der HErꝛ vergelte dem der Boͤses thut nach seiner Boßheit. 2. Sam. 3, 39. Hæc materia, das ist der Wust/ Greuel und Bann-wuͤrdige Suͤnden/ da laßt sichs nun nicht zusehen/ still- schweigen/ und diesen Ungeheuren freyen Paß geben und goͤnnen/ Christus hat darwider den Bind-Schluͤssel geordnet/ den soll man wieder herfuͤr su- chen/ und damit diese Greuel auß der Kirch hinauß schaffen/ ist in War- heit kein Schertz und Kinder-Spiel/ es stehet nit in unserm freyen Willen/ zu thun oder zu lassen/ sondern noͤthig/ exparte Dei reconciliandi. Alles Ungluͤck das bißher uͤber uns verhaͤnget worden/ ist kommen von Unter- lassung der Disciplin/ Suͤnden fuͤr sich selbst/ wann sie recht gestrafft waͤ- ren worden/ haben uns das Unheyl nicht gemacht/ sondern weil man sie nicht gestrafft/ und durch Gewonheit approbi rt, das hat GOTT in Har- nisch gejagt: Daher er realiter gesagt/ wie zu Josua: Jch werde fort Zehender Theil. L l nicht Die Siebende Predigt nicht mit euch seyn/ wo ihr nicht den Bann auß euch vertilget. Jos. 16/ 12. Ja daher es auch kommen/ daß wir mit unsern Bet-Stun- den in so langer Zeit so gar nichts erhalten koͤnnen/ es ist uns gangen/ wie den Kindern Jsrael in ihrem Krieg wider die Benjamiten/ den Verfech- tern der Sodomitischen Belials-Kinder/ denen hat es an der gerechten Sache nicht gemangelt/ und doch mußten sie doppelte schwere Niderlag außstehen. Judic. 20. Was war dann die Ursach? Sie ersuchten Go tt nicht nur nicht im Gebett um Hilff/ sondern schafften auch die Aergernuß und bannige Laster/ die von den Danitern begangene Abgoͤtterey und ande- re Untugenden nicht ab/ so bey ihrer anarchiæ und Mangel der Obrigkeit veruͤbt und unterlassen worden: weineten zwar fuͤr dem Herrn/ aber nicht wegen hinterbliebenen Suͤnden/ sondern wegen erlittenen Schadens/ darum wolte es ihnen auch nicht gelingen. Noͤthig ex parte posterita- tis, wegen der armen Jugend/ die erbaͤrmlich geaͤrgert/ und dem Moloch uͤbergeben wird. Ex parte Ecclesiæ, die der Disciplin nicht entbehren kan/ soll sie schroͤcklich seyn wie die Heer-Spitzen/ und ihren Feinden den Spitzen bieten koͤnnen. Ex parte adversariorum, wegen unserer Widersacher/ daß ihre Calumnien auffhoͤren/ ob wir schon nicht verbieten gute Werck zu thun/ so verbieten wir doch dieselbe zu straffen/ und foͤrchtet mancher/ wann er dem andern einen Splitter außziehen wolte/ man doͤrffte seines Bal- cken gewahr werden/ es doͤrffte grosse Herren treffen. Ex parte reorum, wegen der jenigen/ die sich schuldig wissen/ dann wann sie schon hie durch- schlupffen/ so werden sie doch dort nicht entgehen/ hoͤren sie hie nicht das discedite, so werden sie es dort hoͤren muͤssen/ werden sie hie nicht schamroth/ so werden sie doch dort muͤssen feur-roth werden/ bleiben ihre Suͤnden hie schon durch Gunst/ Geschenck und Ansehen vertuscht/ so seind sie doch war- hafftig im Bann/ und haben eine andere Vorstellung zu befahren. Fehlet nur an der Vigilanz und παῤῥησ ᾳ, Muth/ Mund und Eyffer der Ehr- wuͤrdigen/ die die Goͤttliche Ehre und Wuͤrde offt nicht bedencken/ auß Bergen kleine Wartzen machen/ sonderlich in Leichen-Predigten/ sie sehen mit Ezechiel nit recht durch die Wand hinein/ wie mancher Herꝛ hat un- schuldig Blut wie eine bestia gesoffen/ wie ein Dorff-Hag gebrumt/ aber da sagt man Mum Mum/ und hat Brey im Maul/ Pfrund/ gantz und Geitz ist viel zu lieb. Es mangelt an der Hochgebornen und Durchleuchtigen Aug und Liecht/ an der Ehrenvesten und Weisen Gestrengheit/ die ihr Ober- und superepiscopen vergessen/ David hat zwar Joab muͤssen durch die Finger sehen zur Zeit des Kriegs/ aber ein dapfferer Salomon hats ihm darum nicht geschenckt. Es fehlet an der Ehrenhafften Ehr/ und der Vom Gewalt der Schluͤssel. der Tugendreichen Tugend-Lieb/ sie gehet gar zu saͤuberlich um mit dem Knaben Absolon/ biß sie erfahren muͤssen den ploͤtzlichen Untergang im Zorn GOttes/ das o Absalon/ Absalon/ mein Sohn/ zu spath ejuli ren und anstimmen/ und die Haͤnde uͤber dem Kopff zusammen schlagen. Nun zwey extrema seind fuͤr Augen/ da hat man die Wahl/ Κέρδος ἀπώλεια, Gewinn oder Verlust/ ἀπώλεια auff den Fall der Unterlassung/ wer seinen Bruder verliert/ den er erhalten koͤnte/ der verlieret sich selbs/ es wird ihm schwer werden am Juͤngsten Tag/ wie mancher wird frem- der Schuld muͤssen entgelten/ der eigener Suͤnden halben wol haͤtte loß koͤnnen durchgehen. Jm gegentheil κέρδος, Gewinn der armen verlohr- nen Seelen/ hoͤret er dich/ so hast du deinen Bruder gewonnen/ der Gewinn des Land-Segens/ es wird GOtt neben dem Frieden-Schluͤs- sel herfuͤr suchen seine vier Schluͤssel/ den Regen-Fruchtbarkeit-Brod- und Grab-Schluͤssel: Es wird in unserm Lande Ehre wohnen/ Guͤte und Treue einander begegnen/ Gerechtigkeit und Friede sich kuͤssen/ Treu auff Erden wachsen/ und Gerechtigkekt vom Himmel schauen. Der Gewinn Goͤttlicher Gnaden und eigener Se- ligkeit/ wann die letzte Sodoma zum Feur reiff seyn wird/ wird das keusche und zuͤchtige Hauß Loths von den Englen bewahret bleiben. Κέρδος glo- riæ cœlestis, der Gewinn der unzerstoͤrlichen Ruhe/ des unveraͤnderlichen Friedens/ der allerseligsten asyliæ und Sicherheit/ da die Kirche gantz rein und ohne Flecken seyn/ und die Encænia Encæniorum celebri ren wird. Dazu helff uns der grosse Friedens-Fuͤrst JEsus Christus/ Jhm sey Lob und Preiß in Ewigkeit/ Amen. Die Achte Predigt. Von Der Bann-wuͤrdigen Suͤnde/ dem Aergernuß. G Eliebte in Christo. Es seynd die jenige vincula und Bande/ damit unser hoͤchstverdiente/ hertz-allerliebste Herr und Heyland JEsus Christus/ in der blutigen Passions-Trag œ di gebunden worden/ Band und Hafftung von grossem Nachdencken. Und zwar L l ij I. Seind Die Achte Predigt I. Seind es Vincula παϑητικὰ, ignominiosa \& dolorosa, schmertz- liche/ weh-thuende und schmaͤhliche Bande/ schmertzliche Bande/ dieweil sie fest an seine Hand gelegt/ und so tieff eingeschnitten/ daß/ wie Anshelmus davon redet/ seine wunderthaͤtige Haͤnde/ mit denen er aller- erst Malchi Ohr geheylet/ dermassen angestrengt geweßt/ daß das Blut auß den Naͤgeln herauß gedruckt worden. Schmaͤlich/ dieweil sie als einen Moͤrder zu fahen außgegangen/ und demnach/ wie vermuthlich/ hin- derwerts hinder dem Rucken gebunden geweßt/ sampt einer eysern schwe- ren Ketten/ die er am Hals getragen/ dann sie besorgten sich/ Er moͤchte ihnen entwischen/ bevorab/ da Er sie mit einem Wort zu Boden geschlagen. II. Vincula ϑαυμαςὰ, Wunder-Band/ dann da stehet der unge- bundene freye GOtt gebunden: die zu Tyro hatten vor zeiten ihren Schatz- Goͤtzen Apollinem angebunden/ daß er nicht entlieffe. Hie stehet nicht Apollo, sondern der Sohn GOttes/ der den Satan gebunden mit Ket- ten der Finsternuß/ der ungefangene/ ja der Faͤnger selbs gefangen/ viel- mehr durch die Liebes Seile/ damit Er vom Himmel herab gezogen wor- den/ als durch die haͤnffine Seyl/ und eiserne Ketten/ massen es ihm eine geringe Kunst geweßt/ solche Seyle zu zerreissen/ wie sein typus und Fuͤr- bild Simson gethan/ von dem stehet/ die Stricke an seinen Armen wurden wie Faden/ die das Feur versenget hat/ daß die Bande an seinen Haͤnden zuschmoltzen. Jud. 15, 14. III. Vincula ἱλαςικὰ καὶ λυτρωτηκὰ, Rantzion-Band/ nicht macht es dieser Herr/ wie Mauritius der Gottlose Filtz/ der mit 12000. Gulden 12000. Christen haͤtte loͤsen und außkauffen koͤnnen von Cagano, sondern wie man lißt von Paulino Nulano, laßt Er sich selbs fuͤr uns fangen/ auff das er die Gefangene erloͤßt auß der Gruben/ da kein Wasser innen war/ er laßt sich binden/ auff daß Er Himmel und Erd/ Gott und Mensch wie- der zusammen knuͤpffen und binden moͤchte. IV. Vincula ἁγιαςικὰ, heiligmachende Bande/ dadurch Er der H. Maͤrtyrer ihre Bande consecr irt und geweyhet/ die daher jenen Heili- gen Maͤrtyrer Babylam erwecket/ daß er begehret/ man wolte seine Bande (nicht herum tragen/ wie mit Petri Ketten soll geschehen seyn/ daß deß- wegen ein sonderbar Ketten-Feyer angesteller worden) mit ihm ins Grab legen/ die sollen am juͤngsten Tag sein Ruhm und Ehre seyn. Jgnatius nennet seine Ketten πνευματικὰς μαργαρήτας, geistliche Perlein/ nicht nur aber das/ sondern er hat auch damit geheiliget unsere Creutz-Band/ Ar- muth/ Kranckheit/ Exilia, Schmach/ welche alle auch den Namen haben/ daß sie Bande genennet werden. V. Vincula Vom Gewalt der Schluͤssel. V. Vincula κριτικὰ, minacia \& judiciaria, Gerichts- und Draͤu- Bande/ dann hie stehet Er nicht nur als Salvator mundi, sondern auch Judex, so wohl als der Welt-Heyland/ als auch der Welt-Richter/ der nach seinem gerechten Urtheil alle unglaubige Suͤnden-Knecht/ die sich von GOttes Hand nicht wollen binden lassen/ unter dessen aber in den Stri- cken des Teuffels gefangen ligen nach seinem Willen/ wie jener Koͤnig Matth. 18. binden laßt/ hie zeitlich mit der Bann-Bind/ dort ewig mit den Ketten der Finsternuß. Wann wir dann biß dato Christi Salvatoris Loͤß-Schluͤssel/ betrachtet/ so folget nun auch fein/ als Judicis, Bann- Schluͤssel/ davon wir allbereit in der naͤchsten Predigt den Anfang ge- macht/ und weilen wir da den Bind-Schluͤssel in genere erwogen und besehen/ wollen wir nun das objectum, wie censuræ ins gemein/ also auch in specie, censuræ excommunicatoriæ betrachten/ das ist/ vom hoch- nothwendigen Stuck/ vom Scandalo und Aergernuß/ das wir offt hoͤ- ren/ aber wenig verstehen/ was es seye/ reden und handeln. Dazu wolle GOtt seine Gnade und H. Geist von oben herab mildiglich verleyhen und mittheilen/ Amen. G Eliebte in Christo. Dreyerley Umstaͤnde fallen hie zu be- dencken fuͤr: I. Designatio Scandali. 2. Quidditas. 3. Atrocitas. Das erste/ die Designation stehet in denen Worten: Welchen ihr die Suͤnde behaltet/ denen sind sie behalten. Item, suͤndi- get dein Bruder an dir/ wird dadurch nicht verstanden alle Suͤnde oh- ne Unterscheid/ nicht stumme Suͤnden/ die GOTT weiß/ davon es heißt: De ignotis non judicat Ecclesia, nicht Gedancken-Suͤnden/ dann die seind so fern in foro externo zollfrey/ nicht errores mentis, so fern sie niemand anstecken und verfuͤhren/ nicht menschliche/ natuͤrliche Schwachheiten/ Unarten/ Unsitten/ Melancholien/ wie man offtmal eines Menschen Un- weiß siehet/ es verdrießt den Naͤchsten/ was will man aber drauß machen/ man kan es nicht aͤndern/ muß also vertragen/ und vielmehr nach dem Ex- empel Christi die Fuͤsse waschen/ als abhauen/ die Augen reinigen und curi- ren/ als außreissen/ da gehoͤret die Regul Pauli her/ Gal. 6/ 1. So ein Mensch etwa von einem Fehl uͤbereylet wuͤrde/ so helffet ihm wieder zu recht mit sanfftmuͤthigem Geist/ die ihr geistlich seyd/ und siehe auff dich selbst/ daß du nicht auch versuchet werdest. Einer trage des andern Last/ so werdet ihr das Gesaͤtz Christ er- fuͤllen. Unser Catechismus sagt davon also: Die Schwachglaubi- gen/ so etwa von einem Fehl uͤbereylet werden/ denen ihr Fehl L l iij leyd Die Achte Predigt leyd ist/ und in Traurigkeit kommen/ soll man auffnehmen/ und sie mit sanfftmuͤthigem Geist unter weisen und mit der Ver- heissung dapffer troͤsten. Am allerwenigsten wird hie verstanden scan- dal u m acceptum, wann ein Mensch durch eine unsuͤndliche action oder That sich selbs aͤrgert/ machts wie ein Spinn/ da er das beste solte herauß saugen/ sauget er das Gifft/ wie also die Lehre vom gecreutzigten Christo/ die gantze Creutz-Lehr ist unserer Vernunfft ein Aergernuß/ sie laßt sich bedun- cken/ Liebes Kind und schweres Creutz seyen diffentanea. Sondern es werden hie verstanden scandala causalia, schaͤdliche/ verdrießliche/ unbillige Injurien/ und wie unser Catechismus redet/ bannige Laster/ dann daß durch diese Suͤnde/ an dir/ eigentlich solche Scandala und Aergernussen/ so wol publica, als privata zu verstehen/ erhellet 1. ex phrasi, ἔις σε, con- trà \& coràm te, die entweders wider dich/ dir zum Leibs-Gluͤck- und See- len-Schaden/ oder auch sonst zum offentlichen Aergernuß außbrechen/ die vor deinen Augen unverholen/ geschehen. 2. Ex scopo \& exemplo am- bitionis. Es hatten die Juͤnger Christi einen aͤrgerlichen Zanck ange- richtet/ und diese Frage ventili rt, Wer doch der Groͤste sey im Him- melreich ? und dasselbe/ wie vermuthlich/ in Gegenwart vieler Schwach- glaubigen/ dannenhero der Herr Gelegenheit genommen/ von dem Aer- gernuß ex professo zu handlen/ als von der Quell dieses Zancks und Staͤn- ckerey/ stellet ihnen zum Exempel der Nachfolge dar ein Kind/ Matth. 18/ 3. 4. Warlich ich sage euch/ es seye dann daß ihr euch umkehret/ und werdet wie die Kinder/ so werdet ihr nicht in das Himmel- reich kommen/ wer sich selbs erniedriget wie diß Kind/ der ist der Groͤsseste im Himmelreich. Zum Schroͤck-Exempel/ daß sie wol zu- sehen/ damit sie einfaͤltige/ unschuldige Hertzen nicht aͤrgern. Wer aͤr- gert dieser geringsten einen/ die an mich glauben/ dem waͤre bes- ser/ daß ein Muͤhlstein an seinen Hals gehaͤnget wuͤrde/ und er- saͤuffet wuͤrde im Meer/ da es am tieffsten ist. v. 6. Sie haben starcke Schutz-Engel/ die werdens klagen und raͤchen. Jhre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Him- mel. v. 10. Der himmlische Vater hat ein genaue Vorsorg auff sie/ der wil nicht/ daß jemand von diesen kleinen verlohren werde/ v. 14. Hierauff folget immediatè: Suͤndiget aber dein Bruder an dir/ ꝛc. II. Quidditas Scandali, was ist nun das Aergenuß eigentlich/ oder ein aͤrgerliche Suͤnde ? Antwort: Nichts anders/ als eine solche Suͤnde/ so mit Worten/ Wercken/ Geberden/ Kleidung/ unzeiti- gem Gebrauch der Mittelding begangen/ dardurch der Naͤchste zur Suͤnde wuͤrcklich Vom Gewalt der Schluͤssel. wuͤrcklich und ursaͤchlich gereitzet/ angefrischet/ verfuͤhret/ und also aͤrger gemacht wird/ als es sonst von Natur ist. Euer Lieb verstehe es am besten in Gleichnussen und Exempeln. Σκάνδαλον ist anders nichts/ als ten- dicula und Fall auff dem Kaͤffig/ ein Aaß auff dem Garn/ das ist tendi- cula pellex, es reitzet ein Voͤgelein/ daß es herzu fleugt: Kommt es und beißt an/ und schnapt darnach/ so zeucht man das Garn oben zu: Also hats eine Gelegenheit mit der Verfuͤhrung; zum Exempel/ der gantzen Welt Augen-Lust/ Fleisches-Lust/ und hoffaͤrtiges Leben ist ein Fall; die grosse Ertz-Hur/ die Welt legt unschuldigen Hertzen ein Specklein auff die Fall/ schnappet der albere Juͤngluͤng darnach/ so ist er verlohren. Scan- dalum heißt so viel als πρόσκομμα, ein Sein des Anstosses. Σκάνδαλον Grammatici quidam dicunt esse lignum incurvum, quo tendi- cula seu decipula sustinetur, \& in quod impingens animal ipsam ten- diculam seu decipulam in se subita ruina evertit, aliàs dictum σκαν- δάλητρον, ut monent Hesychius \& Pollux. Quidam simpliciter acci- piunt pro obstaculo seu impedimento pedum, quod in via insidiosè ponitur, ut qui illud transeunt, in id impingant pedem \& offendant, eò quo offendiculum sive πρόσκομμα vocatur, Judith. 5. v. 1. ἒϑηκαν ἐν τοῖς πεδίοις σκάνδαλα. LXX. utuntur pro , quod significat la- queum, cui aliquis illaqueatur, ac proinde respondet priori significa- tioni, Jos. 23. v. 13. Jud. 8. v. 27. 1. Reg. 18. v. 21. \&c. Item pro offendiculum, ad quod quis in via impingit. Levit 19. v. 14. 1. Reg. 25. v. 31. Psal. 119. v. 164. ac proinde respondet posteriori significationi. In Nov. Test. σκάνδαλον \& πρόσκομμα ἐν παραλλήλου ἐ ξηγητικῶς conjunguntur, Rom. 14. v. 33. 1. Petr. 2. v. 8. Hieron. l. 2. advers. Pelag. nisi fallor σκῶλον \& σκάνδαλον apud Græcos ex offen- sione \& ruina nomen accepit, in quem locum Erasmus sic annotat. Utrumꝙ videtur ductum à σκάζω, hoc ect, claudico, quod objectum offendicu- lum cogat claudicare \& ad ruinam tendere. Ect autem σκανδαλον viæ offendi- culum, in quod incidentes impingunt \& cadunt, qui autem de eo admoniti sunt, cautè ambulant, nec facilè impingunt. Lyranus in h. l. Scandalizari dici- tur à σκάνδαλον, quod significat impactionem pedis, per quam homo ruit \& ad similitudinem hujus in spiritualibus dicitur quis scandalizari in tribula- tione, quando ei occasio ect cadendi per impatientiam. Legt man einem Blinden oder uͤbel-sehenden/ der ohne das leichtlich fehlet/ einen Stein unter den Weg/ so faͤllet er ein Bein entzwey. Nun sind wir Die Achte Predigt wir alle blind/ und zu den Mißtritten gar geneigt; erzeigt sich aber ein boͤ- ses Exempel/ so stossen wir uns gar bald daran/ daß wir einen gefaͤhrlichen Sturtz thun. Scandalum ist ein Geistlicher Brand/ der um sich greifft/ eine Kohl/ die andere anzuͤndet. Scandalum ist anders nichts/ als eine geistliche Seelen-Pest/ eine schaͤdliche Kranckheit/ ein ansteckender Kraͤtz/ ein weit um sich fressender Krebs/ gleich wie ein einiges raͤudiges Schaaff die gantze Heerde raͤudig machet. Exempel der Aergernuß wider das erste Gebott/ ist die Verfuͤhrung Ev æ durch die listige Schlang/ so sie von Go tt abgezogen/ dergleichen Verfuͤhrungen heutiges tages noch viel vorgehen. Es gibt scandala consuetudinaria \& gentilitia, ungeachte/ lang geuͤbte/ verzweif- felt boͤse Aergernuß/ als das Reisen an vergiffte Ort und angesteckte Lazareth/ da das Reisen und Sprachen fernen zwar recht ist/ aber in indifferentibus, in Mitteldingen in casu scandali, im Fall der Aergernuß/ und so Gefahr vor- handen/ solte man sich enthalten. Fleisch essen ist an sich selbst keine Suͤnde/ so sich aber mein Bruder daran aͤrgert/ will ich es lieber bleiben lassen/ spricht Paulus 1. Cor. 8/ 13 Ursach ist/ weil es nicht laͤr abgehet/ die Babylonische Hur stellet sich gar devot/ es gibt Atheismos, und Wunden bey zarten Gewis- sen. Es seind scandala hæreditaria, in Pracht/ Fluchen/ Sabbath-Schaͤn- den/ ꝛc. Scandala domestica, Scholastica, Personalia, Affection zur fremden Religion/ ꝛc. Da muß das Hertz mit antidotis zuvor wol verwahret seyn/ soll es unangesteckt durchkommen. Wider das ander Gebott versuͤndiget sich Jerobeam/ der mit seinem Kaͤl- ber-Dienst und Abgoͤtterey Jsrael suͤndigen gemacht. Wider das dritte Gebott Arius mit seinem Schwarm/ alle Kaͤtzereyen und Jrꝛthum/ so die Goͤttliche Warheit verfaͤlschen/ die Gewissen aͤngstigen/ daß sie auff Zweif- fel oder Sicherheit sich hinauß schlagen. Wider das vierte Gebott/ alle Reitzungen/ Gebott/ Gewonheiten/ Gastereyen/ weltliche Ubungen/ Schieß- Rein/ Armbrust-Rein/ so vom Sabbath abhalten/ seind bannige Laster. Wi- der das fuͤnffte Gebott/ wann Eltern ihren Kindern/ Præceptores ihren Schulern/ Obrigkeit ihren Unterthanen boͤse Exempel geben. Wann der Vater am Sontag im Brett spielt/ an statt der Bibel das Kaͤrtel gebrau- chet/ und das Kind es siehet/ so laßt sichs nimmer berehen/ daß es unrecht sey. Was die Alten sungen/ das lernen hernach die Jungen. Wider das sechste Gebott/ wañ Hutsch-Weckerlein/ oder einer den andern mit Gewalt zum Zorn reitzet/ wann Dienstbotten ihrer Herꝛschafft mit boͤsen und schnoͤ- den Worten begegnen/ und damit ihre Hertzen verwunden. Wider das siebende Gebott/ wann die Moabitische Weiber das Volck zum Opffer la- den/ zur Unzucht reitzen. Geschicht noch heutiges tages sonderlich durch aͤrgerliche Vom Gewalt der Schluͤssel. aͤrgerliche Entbloͤsung der Bruͤste/ durch leichtfertige Kleidung/ gefaͤhrliche Gelegenheit und Zumuthungen/ durch Verfuͤhrung zur muͤssigen boͤsen Gesellschafft/ zum sauffen und fressen/ ꝛc. Wider das Achte Gebott/ durch allerhand Diebs-Griff/ verbottene Kuͤnste/ ungerechte Vortheil/ so der Lehrjung von seinem Meister erlernet. Wider das neunte Gebott/ durch allerhand boͤse Geschwaͤtz/ Calumnien/ tadlen und laͤstern. Laßt euch nicht verfuͤhren/ boͤse Geschwaͤtz verderben gutte Sitten/ 1. Cor. 15/ 33. Es gehoͤret auch hieher der Mißbrauch Christlicher Freyheit/ wann einer/ der sonderlich dem andern gut Exempel geben solte/ sich in Mitteldingen ent- haͤlt/ oder thut et was/ dadurch der ander geaͤrgert wird/ wie Petrus/ Gal. 2. III. Atrocitas scandali, die Abscheulichkeit. Es ist Aergernuß 1. peccatum diabolicum, des Teuffels eygene Suͤnd/ der war der erste scandalizator; also schlagen sich gemeiniglich zu unschuldigen Hertzen boͤ- se Buben. Das solten bedencken bey hohen Haͤusern/ an Koͤniglichen/ Fuͤrstlichen Hoͤffen die Ahitopheles/ die Hoffmeister bey junger Herꝛschafft von Adel/ sie seynd des Teuffels Botten. Alle Kupler und Penaͤl-Butzer/ alle Kost-Herren und Kost-Frauen/ die boͤse Gelegenheit geben/ schoͤne Damen laden/ zum Extra dapffer helffen/ ꝛc. Summa/ alle boͤse Buben/ die andere zu uͤppigem Wesen bereden: Zum Exempel/ wan man sagt/ du bist wohl ein Narꝛ/ daß du calmeisest/ dich eingezogen haltest/ daß du dich nicht auch herfuͤr thust/ und sehen laͤssest/ wie andere deines gleichen; diese alle/ sag ich/ seynd rechte Teuffels-Kinder. 2. Peccatum damnosissi- mum, eine schaͤdliche Suͤnde/ ein rechter Seelen-Tod/ ein Schwerdt/ das die Seele verwundet/ 1. Corinth. 8/ 12. Um so viel wuͤrdiger/ edler und koͤstlicher die Seele als der Leib/ um so viel schaͤdlicher und gefaͤhrlicher seynd auch die Wunden der Seelen als des Leibes. Stadt und Land wird davon angestecket und verderbet/ laͤßt man solche Pest einmahl einreissen/ so reißt sie um sich wie der Krebs. 3. Jst es peccatum deploratissimum, gravissimis pœnis obnoxium, ein verderbliches Straff-Laster/ der He rꝛ hat ein schroͤckliches Wehe daruͤber geschryen/ Matth. 18. Wehe der Welt/ der Aergernuß halben/ es muß ja Aergernuß kom- men. Doch wehe dem Menschen/ durch welchen Aergernuß kommet/ es waͤre ihm besser/ daß ein Muͤhlstein an seinen Hals gehaͤnget/ und ersaͤufft wuͤrde im Meer/ da es am tieffsten ist/ daß seiner in Ewigkeit nimmer gedacht wuͤrde. GOttes Raach-Aug siehet son- derlich darauff/ wann man unschuldige Hertzen aͤrgert. Hie stehet ocu- lus Patris, das Aug des Himmlischen Vaters/ der will nicht haben/ daß man eines seiner Kinder verderbe. Oculus Christi, das Aug Christi/ Zehender Theil. M m der Die Achte Predigt der kommen ist zu suchen und selig zu machen/ das verlohren ist/ und will nicht haben/ daß man mit boͤsem Exempel verfuͤhre/ was Er so theur erloͤset. Oculus angelorum, das Aug der Heiligen Engel/ Huͤter und Waͤchter der jungen Kinder/ die allezeit GOttes Angesicht schauen/ seine Hoff-Die- ner/ die klagens ihm/ wann gleich unschuldige Hertzen schweigen/ und seynd bereit zur Raach/ wann GOtt will: darauff endlich folget das ewige Feur. Dieses koͤnte alles mit vielen Exempeln erwiesen werden; Wir haben aber genug an dem Exempel des ersten Verfuͤhrers/ des leidigen Satans und der Ev æ/ die wurden aͤrger und hefftiger gestrafft/ als die ver- fuͤhrte. Das heißt und ist: Suͤndiget dein Bruder an dir. Nun/ M. L. wann wir uns umsehen/ so bedoͤrffen wir keines Liechts/ Stadt und Land/ Haͤußer und Gassen seynd voll Exempel. Die gantze Welt ist nichts anders als ein lauteres scandalum, da aͤrgert und verfuͤhret je eines das andere/ und gehet das scandalum an ohngefehr vom siebenden Jahr in den Schulen/ Classen/ Gassen/ ꝛc. Es waͤchset je laͤnger je mehr/ biß endlich ein groß Ungeheur darauß wird/ und ist je ein Ort aͤrger als der andere. Letztlich heißt es: Jung gewohnt Alt gethan; Art laßt von Art nicht. Wie dem Vogel der Schnabel gewachsen/ so singt er. Einer hat mehr Gelegenheit als der andere. Gluͤckselig seynd die Kinder/ die von frommen Eltern unter der Ruthen sorgfaͤltig in der Gottseligkeit aufferzo- gen werden/ die man nichts Boͤses sehen laͤßt/ denen man nicht allen Muth- willen und Pracht zulaͤßt. Wann man keinen Narren an den Kindern frißt/ wie Eli/ dieselbe nicht verzaͤrtelt/ reitzet sie nicht mit essen/ trincken Kleidern/ ꝛc. daran sie als unschuldige Hertzen/ vorhin nie gedacht. Gluͤck- selig seynd die Studiosi und Kostgaͤnger/ die an solche Ort gerathen/ da man durch leichtfertig Geschwaͤtz/ durch uͤberfluͤssiges/ unzeitiges Extra, und allerhand Anlaß junge Leute nicht verfuͤhret. Die Gluͤckseligsten seind Wilhelmiten/ und die/ so in den Cloͤstern unter der scharffen Disciplin und guten Auffsicht gehalten werden. Gluͤckselig seind die Dienst-Bot- ten/ die gern seynd wo es lustig hergehet/ und aber an solche Ort kommen/ daß sie offt mahl meynen/ es koͤnne ihnen nicht aͤrger gehen/ da es ihnen doch am besten ist. Am aller seligsten seynd die Kinder/ die zeitig in ihres himm- lischen Vaters Hauß durch den Tod hingerafft werden. Diese Gluͤckse- ligkeit aber ist gar rar. Die scandala schlagen fuͤr/ und seind ungluͤckse- lige Leute/ die in einem andern Stand begriffen. Jst nun die Welt an- ders nichts/ als ein scandalum, was ist dann hie zuthun/ und wie hat man sich zu verhalten? Wann/ M. L. eine offentliche Brunst außgehet/ laufft jederman herzu zu loͤschen/ andere salvieren sich und ihr Geraͤth/ andere Vom Gewalt der Schluͤssel. andere tragen Feur-Eymer und Spritzen herzu. Bey einreissender Pest huͤtet und siehet sich jederman vor. Also will Go tt der Herr auch haben/ daß man dem Aergernuß wehre/ demselben fuͤrkomme/ und sich darfuͤr huͤte/ welches geschehen soll 1. per amputationem \& evitationem scandali, daß man sich wohl fuͤrsehe/ und alle Gelegenheit meide. Jst eben der Rath/ den der Herr Christus gibt/ Matth. 5/ 30. So aber dei- ne rechte Hand oder dein Fuß dich aͤrgert/ so haue ihn ab/ es ist dir besser/ daß eines deiner Glieder verderbe/ und nicht der gantzt Leib in die Hoͤlle geworffen werde. Aergert dich dein Aug/ so reiß es auß/ und wirff es von dir/ ꝛc. Jst eine Gleichnuß/ genom- men von einem Chiruigo oder Wund-Artzt/ bey welchem es heisset. Ense recidendum est, ne pars sincera trahatur. Man muß ein Glied abhauen/ daß nicht ein anders gesundes damit ange- stecket werde. Welches aber nicht schlechter dings dem Buchstaben nach zu verstehen/ sondern eigentlich und sonderlich von dem innerlichen Aerger- nuß/ de mortificatione carnis, von der Toͤdtung des Fleisches/ von wel- cher der Anfang gemacht werden muß; aber auch von dem aͤusserlichen Aergernuß: Aergert dich/ sagt der Herr/ deine Hand/ das ist/ dein guter nutzlicher Freund/ amicus utilis, der oder die jenige/ so dir sonst zur Hand gehen/ dir beytragen/ seynd aber mit Jrꝛthum und falscher Lehr be- hafft/ so haue sie ab/ gehe ihrer muͤssig. Wann einer von fremden Orten kommt/ da die Pest regiert/ so sagt man unter dem Thor/ wo er herkomme? Also sollen wir auch falsche Religion nicht einladen/ weil es gemeiniglich Gefahr damit hat. Ein Fuͤncklein ist zwar klein/ aber es wird endlich eine grosse Brunst darauß/ daß man nicht mehr wehren kan. Aergert dich dein Aug/ das ist/ dein Rath/ dein Freund/ den du so hoch liebest als dein Aug/ dein Præceptor/ dein guter Gesell/ dein Neben-Magd/ so laß Freund Freund/ Weib Weib seyn/ und liebe GOtt mehr. Ein beruͤhmter fuͤr- nehmer Theologus, als er auff eine Zeit einem adelichen Studenten einen Verweiß gethan/ wegen seines depouchi rens/ und derselbe sich entschuldi- get/ er koͤnne nicht anderst/ er muͤsse zur Burst/ sie agirten ihn sonst/ er seye wie ein sprenglicht Voͤgelein/ singular, ein Leut-Scheu/ der mit niemand umgehen mag; sagte zu ihm: ey/ er laß sie nur agiren/ es wird die Zeit kommen/ daß ihr bey Fuͤrsten und Herren in grossem Ansehen seyd/ jene aber als Trabanten euch auffwarten muͤssen. Ach wann das junge Leute glaubten/ und irgend ein Spott-Wort uͤber sich ergehen liessen/ wann sie gedaͤchten/ es seye besser/ hie Feind und ab/ als in Ewigkeit in der Hoͤllen ein Gesell zu seyn/ es solte wohl manchmahl besser stehen und gehen/ als M m ij leyder Die Neunte Predigt leyder geschicht. Dahin gehoͤret auch/ daß man sich von fuͤrnehmen Leu- ten nicht verfuͤhren lasse/ dann es ist nicht alles Bisam/ was wohl riechet/ David/ Salomon/ Petrus habens erfahren. Aergert dich dein Fuß/ amicus jucundus, in gefaͤhrliche Ort zu wandern/ durch boͤse Gesellschafft/ in Franckreich/ Jtalien/ ꝛc. zuziehen/ in patriam scandalorum, da alle Aergernuß daheim ist/ und an der Babylonischen Damen Brust saugen/ so haue ihn ab/ bleibe davon und zu hauß. Es ist wohl mehrmahlen manch unschuldiges Hertz verfuͤhret/ auch noch nicht lang eine Fuͤrstliche Person zur Abgoͤtterey gezogen worden. 2. Per censuram medicinalem \& gra- dualem, durch ordentliche Zucht-Straff/ davon aber ins kuͤnfftige mit mehrerm wird zu reden seyn. Wir lassens anjetzo bey gesagtem ver- bleiben/ und schliessen mit Weh und Wohl. Wehe der Welt um der Aer- gernuß willen/ am Juͤngsten Tag/ da die verfuͤhrte uͤber ihre Verfuͤhrer schreyen werden/ O unseliger Vater/ Bruder/ Freund/ ꝛc. O daß ich einen Muͤhl-Stein am Hals gehabt haͤtte/ und ersaͤuft worden waͤre im Meer/ da es am tieffsten ist/ so doͤrffte ich anjetzo nicht in die Hoͤlle geworf- fen werden. Wohl aber hie zeitlich im Gewissen/ wohl dort in Ewigkeit im Geniessen/ allen denen/ die das Lob haben von denen/ welchen sie gutes Exempel gegeben/ sie werden sich dessen erfreuen in unauffhoͤrliche Ewig- keit mit ewiger Seligkeit/ Amen. Die Neunte Predigt. Von Dem Ersten Grad der Christlichen Bußzucht/ der Bruͤderlichen Bestraffung. G Eliebte in dem HEꝛrn: Es gedencken die Frantzoͤsischen Geschichten einer sehr denckwuͤrdigen und erschroͤcklichen Hi- stori/ die sich begeben zur Zeit Caroli des VI. im Jahr 1394. in einer Mummerey und Faßnacht-Spiel/ so etliche Frantzoͤsi- sche Herren auff den Tag Caroli auff die Bahn gebracht/ darin sich ihrer sechs vermummet und verkleidet wie wilde Maͤnner oder Satyri, die Kleider so sie anhatten/ waren eng/ und lagen glatt am Leib an/ waren mit Pech und Hartz uͤberzogen/ daran Hanff oder Werck hieng an statt des Haars/ damit sie rauh und wild auffgezogen kaͤmen. Dem Vom Gewalt der Schluͤssel. Dem Koͤnig gefiel dieser Auffzug so wohl/ daß er sich selbs dazu schlug/ und der siebende seyn wolte. Was geschicht? man haͤtte den siebenden gern gekennet/ derowegen als der Tantz angegangen/ nim̃t Hertzog von Orleans einem Diener eine Fackel oder Wind-Liecht auß der Hand/ leuchtet damit dem Koͤnig unter das Gesicht/ davon gieng der Hanff und Pech am Nar- ren-Kleid an/ daß der Koͤnig davon anfieng zu brennen. Die andere Faßnacht-Butzen lieffen herzu/ vergassen ihrer eygenen Narren-Kleider/ und wolten dem Koͤnig helffen. Aber in dem sie loͤschen wolten/ gerathen sie gleicher gestalt in die Flamme/ und weil jederman dem Koͤnig zulieff/ verbranten vier Herren so jaͤmmerlich/ daß sie daran sterben mußten. Der Koͤnig wurde zwar errettet/ gerieth aber in eine Tobsucht oder Tollheit/ deren er biß an sein End nicht kunte ledig werden und abkommen. Diese Histori/ M. L. ist wohl ein augenscheinlich Exempel Goͤttlichen Straff-Gerichts uͤber solche Faßnacht-Narrey/ daran sich die jenige/ so zu Hoff und anders wo mit solchen Mum̃schantzen umgehen/ wohl spieglen solten. Sie ist aber auch ein Bildnuß des menschlichen Lebens-Lauffs/ wie derselbe ins gemein durch und durch schaͤndlich gefuͤhret und vollbracht wird. Dann was ist derselbe anders/ als 1. ein rechtes Faßnacht-Spiel/ da die vermumte und mit des Teuffels Larv nach dem Fall bekleidete suͤnd- liche Welt anders nichts thut/ als Aergernus geben/ tanquam re præ- clarè gestâ, als haͤtte sie es gar wol getroffen/ und wills doch niemand ge- than haben. Es gehet alles vermum̃t her: die Heucheley schmincket sich mit sonderbahrem Eyffer und Heiligkeit/ der Geitz vermummet sich unter die Sparsamkeit/ die Trunckenheit unter die Froͤligkeit/ die Ungerechtig- keit unter den Schein des Rechten/ Lugen unter die Warheit. Die poli- tische Entschuldigungen seind das Narren-Kleid/ darunter sich mancher Schalck verbirgt. Kommt nun 2. das Liecht der Warheit darzu/ wel- ches die Welt nicht leidet/ da heißt es/ Veritas odium parit, Warheit brin- get Feindschafft/ wer die Warheit geiget/ dem schlaͤgt man den Fidel-Bo- gen auff den Kopff/ da greift man dem Kaͤlblein ins Aug/ und es brennet alsbald. Unser alte Adam/ der hitzige Esel-Reuter kans nicht leiden/ er wird zu einem feurigen Mann ja gar zu einem feurigen Drachen. Dazu schlagen sich 3. unselige Loͤscher/ zum Exempel/ unzeitige und unvernuͤnff- tige Correctores und Consores, Silber- und Zanck-Suͤchtige Juristen/ welche/ damit sie auch eine Feder von der Ganß kriegen/ ehe sie davon fleugt/ allerhand weit außsehende/ Beutel-laͤrende Rechts-Haͤndel anfangen. Die Calumnia und Laͤster-Zung thut auch ihr bestes dabey/ sonderlich wo der Zaun am niedrigsten ist/ und jederman daruͤber springen wil. Sum̃a: M m iil Man Die Neunte Predigt Man schuͤttet Oel ins Feur/ da brennets als dann in allen Gassen loh-hell/ und ist allenthalben Jammer und Noth/ folget auch wol gar das hoͤllische Feur darauff. Gantz Teutsch-Land ist dessen ein augenscheinliches Exem- pel/ da freylich auch die Loͤscher/ so die Flamme ohne Gott haben außloͤ- schen wollen/ selber in die Flamme gerathen und verbronnen. Das wußte nun unser liebste Heiland und Seligmacher/ der beste Physiognomus und Naturkuͤndiger/ der uns von innen und aussen ken- net/ gar wohl/ darum schreibet Er uns eine Cur/ Centur und Bußzucht/ eine edele/ bewehrte Feur-Spruͤtz fuͤr/ wie wir nemlich solchen scandalis und Jnjurien wehren sollen/ nicht in den Funcken blasen/ oder Feur mit Feur loͤschen/ sondern 4. unterschiedliche gradus, Staffeln und Arten. Dann entweder ist es Injuria privata \& secreta, ein geheimes absonder- liches Aergernuß/ da soll man den Bruder allein straffen. Gibt er drauff/ wol gut; wo nicht/ so soll man einen Richter suchen/ erstlich arbitrarium \& ordinarium, als den ordentlichen Schieds-Mann/ so man ihn haben kan. Gibt er abermahl nichts darauff/ oder ist irgend das scandalum publicum, \& manifestum, ein bekantes offenbahres Aergernuß/ so soll mans fuͤr das Consistorium und Kirchen-Convent bringen. Will es noch nicht helffen/ so folget die Excommunication und der Bann. So/ wil der HErr sagen/ kan man den scandalis wehren/ das ist das rechte Kuͤhl-Wasser/ damit man loͤschen kan. Wir haben heut acht tag de scan- dalo in genere, von dem Aergernuß ins gemein geredet/ folget anjetzo scandalum privatum, das geheime sonderbahre Aergernuß/ privatireme- dium, wie man demselben abhelffen koͤnne/ und dann remedii finis, der Zweck und Absehen/ in den Worten/ wann unser liebste Heyland spricht: Suͤndiget dein Bruder an dir/ so straffe ihn zwischen dir und ihm allein. Hievon nun etwas nutzliches und aufferbauliches zu der Ehre GOttes und unserm Unterricht zu handlen/ wolle GOtt seine Gnad und Segen mildiglich von oben herab verleyhen Amen. S O ist nun I. Morbus ipse, der Fehler und Gebrechen/ so zu straffen/ nicht scandalum publicum, eine gemeine Aergernuß/ Ketzerey oder dergleichen/ dann fuͤr diesen Grind gehoͤret eine an- dere Lauge. Nicht peccatum infirmitatis \& naturale, Schwachheiten oder natuͤrliche Unhoͤfflichkeit/ Temperaments Gewonheit, wie irgends der sanguineus, ein blut-reicher lustiger Mensch dem Melancholico, trau- rigen Grillen-macher zu wider; Viel weniger aber/ wanns geschicht auß blossem ungegruͤndetem/ erdichtetem Argwohn. Sondern es ist scandalum \& Vom Gewalt der Schluͤssel. \& injuria privata ac occulia, eine geheime/ verborgene/ unbekan- te Beleidigung/ die Suͤnde an dir oder fuͤr dir begangen. Zum Exempel/ mit Fluchen/ Schwoͤren/ Sabbath-schaͤnden/ oder auch mit Jnjurien. Wann man in choro, foro \& thoro, in allen Staͤnden ein- ander in die Haar kommt. Wann dich der Naͤchste durch ungerechte Wort und Werck beleidiget/ dir zu nahe gehet/ und auff den Fuß tritt/ dich zum Zorn reitzet und anhetzet. Wann zum Exempel dein Mit- Collega in dem Rath/ in der Kirchen/ Schulen und anderswo dir einen Schimpff erwiesen/ oder Abbruch der Authorttaͤt gethan. Wann dein Nachhar sein Mauel zuviel wider dich gebrauchet/ oder etwa auch ein convitium und uͤbels nachreden fuͤrgangen/ daß er gesagt/ du leugst. Wann dein Dienst-Bott etwas verwahrloset/ und boͤse Wort gibt. Wann dein Bluts-Freund dir nicht widerfahren laͤßt/ was dir gebuͤhret. Wann Ehegatten sich nicht wohl mit einander stellen koͤnnen/ oder wann dich ein anderer Christ zum Unwillen bewegte/ und dir Ubertrang thaͤte mit Worten oder Wercken/ wie dergleichen unter uns taͤglich fuͤrgehet. Das alles wird mit und durch die Suͤnde an dir gemeinet. Daß aber dieselbe allhier verstanden werde/ ist zu vernehmen auß der phrasi, εις σὲ, an dir/ hernach ex remedii solitate, weil sie allein zwischen Beleidigern und Be- leidigten soll geandet werden. Zwischen dir und ihm allein; und letzt- lich auß der Frag Petri/ die er auff Christi Wort eingewendet: HErꝛ/ wie offt muß ich dann meinem Bruder/ der an mir suͤndiget/ vergeben ? Jsts gnug siebenmahl ? II. Remedium das Zucht-Mittel ist nun nicht retorsio verba- lis, Wort-Streit/ zancken/ balgen/ auß dem Wald herauß schreyen/ wie man hinein geschryen. Jm Rechten mag es wol erlaubet seyn/ ist aber dem Christenthum nicht gemaͤß/ wann man Haar auff Haar richtet/ wie- der schilt/ du bist der und die/ du bist auch der und der so lang biß du etwas auff mich bringest oder erweisest. Gebuͤhrliche Entschuldigung ist wohl erlaubet/ wie der Herr Christus auch gethan/ Joh. 18 23. Hab ich uͤbel geredt/ so beweise es/ hab ich aber recht geredet/ was schlaͤgst du mich. Es gehoͤret nicht dahin vindicta realis, thaͤtliche Raach/ rauffen/ schlagen/ darauff schmeissen/ das Faust-Recht brauchen/ (ich rede nicht von der vaͤtterlichen Kinder-Zucht/ oder wie Præceptores ihre Disci- pulos corrigi ren/ oder von erlaubter Noth-Wehr) mit Benglen drein werffen. Jn der Welt mag es zwar erlaubet seyn/ auff die Lugen eine Maulschell zugeben/ aber nicht in foro conscientiæ, im Gewissen. Da heisset es: So dir jemand einen Streich gibt auff den rechten Backen/ Die Neunte Predigt Backen/ dem biete den andern auch dar Matth. 5/ 39. Viel weni- ger ist es barbara Monomachia, das Fordern und Kugel wechseln/ als welches ein ungerechtes Mittel/ weil keiner in seiner eygenen Sach Richter seyn kan. Ein schimpfflicher Handel/ dum fugiunt infamiam falsam, incidunt in veram, saget recht und wohl Augustinus von solchen Leuten/ das ist/ in dem sie dem vermeinten falschen Schimpff entgehen wollen/ fallen sie allererst in den rechten. Es ist ein barbarisches Mittel/ welches von den alten wilden Heyden herkommet/ und unter Christen nicht soll gehoͤret werden. Ein unmenschliches/ un- Christliches/ ja teufflisches Mittel/ dadurch der Mensch um Leib und Seel gebracht wird. Sondern es ist Elenchus, ein Straff- und Zucht- Mittel/ ἔλεγξον, straffe ihn/ elencho 1. præventaneo, komme ihm zu- vor/ vade, sagt Christus der Herr/ gehe hin/ warte nicht/ biß er kommt und sich anmeldet/ arte dem himmlischen Vatet nach; solte Er uns Men- schen nicht verzeihen biß wir ihm entgegen giengen/ es wuͤrde sehr langsam damit hergehen. 2. Elencho convictivo, uͤberweise ihn auß GOttes Wort/ daß er einmahl unrecht gethan/ wider GOtt und die Liebe des Naͤchsten gehandelt. Dann das heißt ἐλέγχειν: nicht suggillativo, gib ihm unblutige Stich/ daß er es doch empfindet. Dann vielleicht hat er seine redliche Entschuldigung. 3. Elencho secreto, Straffe ihn zwi- schen dir und ihm allein. Blesinirs nicht alsobald auß/ schlags nicht auff der Trommel herum/ lauffe nicht alsobald an die Grosse Glock/ dif- fami re ihn nicht/ ne sis proditor potiùs quàm corrector. wie Augustin. serm. 16. de veribs Domini redet/ damit du nicht mehr ein Verraͤther als Besserer seyest/ dadurch nur greuliche Verbitterung entstehet. 4. Elencho mansueto \& reconciliationis cupido, mit Sanfftmuth und versoͤhnli- chem Geist/ daß des Naͤchsten Leumden verschonet werde/ und niemand unbilliches geschehe/ und an uns anders nichts gespuͤhret werde/ dann daß wir des Naͤchsten Besserung und Heyl suchen. Wie offt soll ich meinem Bruder vergeben ? sollen wir auch fragen mit Petro/ dazu soll es angesehen seyn. Habenda ratio \& diligentia est primùm, ut monitio acerbitate, deinde objurgatio contumelia careat. Man muß zusehen und Fleiß anwenden zu allerforderst/ daß die Vermah- nung ohne Bitterkeit und Zorn/ die Straff ohne Schmach und uͤbele Nachrede gefasset seye/ spricht Cicero der weiße Heyd. Plus proficit amica correctio, quàm turbulenta accusatio, saget Ambro- sius l. 8. in Luc. Eine freundliche Correction hat mehr Nutzen/ als eine hefftige Beschuldigung/ als eine rauhe und wuͤste An- klag. Vom Gewalt der Schluͤssel. Klag. Ein gut Wort findet eine gute statt. 5. Elencho fraterno, bruͤ- derlich/ suͤndiget dein Bruder an dir. Gedenck/ daß er dein Bru- der ist/ durch die natuͤrliche Geburt und geistliche Wiedergeburt/ durch Ge- meinschafft des Glaubens. Wegen des natuͤrlichen Gebluͤts/ in mas- sen von einem Blut aller Menschen Geschlecht auff dem gan- tzen Erdboden wohnen/ Act. 17. Durch das Blut JEsu Christi/ als der alle Menschen damit erloͤset. Nun aber begehret nicht leichtlich ein Bruder den andern zu verschreyen/ eben darum/ weil er sein Bruder ist. Ein schoͤnes Exempel lesen wir Gen. 13. da sich allerhand Mißverstand we- gen der Weid unter den Hirten Abrahams und Loths erhoben/ so sagt Abra- ham: Lieber/ laß nicht Zanck zwischen mir und dir/ zwischen meinen und deinen Hirten seyn/ dann wir seynd Gebruͤdere. Stehet dir nicht alles Land offen ? Lieber scheide dich von mir. Wilt du zur Lincken/ so will ich zur Rechten/ oder/ wilt du zur Rechten/ so will ich zur Lincken ? Also scheidete sich ein Bruder von dem andern. Hier komt 1. Abraham zuvor/ 2. uͤberweißt er den Loth mit Argumenten. 3. Thut ers in geheim. 4. Suchet er Frieden. 5. Han- delt er bruͤderlich. Si juvenem aliquem injustum vel superstitiosum The- ologum adhibuisset in consiliis, is eum exhortatus esset, ne cederet, sed potius urgeret jus suum, sibi enim promissionem terræ esse factam, spricht ein Außleger. Das ist: Wann er einen ungerechten Juͤng- ling oder aberglaubischen Theologum zu rath gefraget haͤtte/ haͤtte vielleicht derselbe ihm zugesprochen/ er solle nicht weichen/ auff sein Recht trutzen/ dann ihm waͤre das Land versprochen worden. Er solle ihn nicht ansehen/ weder ihme selbs noch der Posteritaͤt kein beschwerlich præjudicium auffbuͤrden. Aber Abraham gedencket/ summum jus summa injuria, das hoͤchste Recht seye die hoͤchste Unbillich- keit/ gar zu haͤrtig machet schaͤrtig. Um des lieben Friedens willen cedit avunculus nepoti, senior juniori, Propheta discipulo, weichet der Mut- ter Bruder seinem Enckel/ der aͤltere dem juͤngern/ der Prophet und Lehr- Meister seinem Discipul. Prediger haben sonderlich ihnen zum Exempel fuͤrzustellen Christum den Herrn/ wie Er mit Juda gehandelt. Es straffet Christus der Herr nicht also bald die Personalia, seine eygene Fehler an ihm/ sondern Er verfahret sanfft und saͤuberlich mit ihm/ Er deutet nicht mit Fingern darauff/ sondern sagt allein in genere, ins gemein: Jhr seyd nicht alle rein/ einer unter euch ist ein Teuffel. Jtem: Einer der mit uns in die Schuͤssel eintaucht. Endlich/ da es gar desperat zu seyn angefangen/ sagt er zu Juda: was du thust/ das thue Zehender Theil. Nn bald. Die Neunte Predigt bald. Maluit omnes terrere, quàm uni pœnitentiæ incitamenta dene- gare, schreibet Chrysostom. Er hat lieber sie alle erschrecken/ als ei- nem den Trieb zur Buße verwegern wollen. Non designat specialia, ne manifestè coargutus impudentior fiat. Mittit crimen in numerum, ut agat conscius pœnitentiam, spricht Hieronymus. Das ist: Er zeiget nicht alles sonderlich an/ damit er/ wann Er ihn of- fentlich straffete/ nicht unverschaͤmter wuͤrde. Er redet in den gantzen Hauffen hinein/ daß der/ so ihm etwas Boͤses bewußt/ Buße thun solte. Apostoli eum discerpsissent, Petrus interemisset. Die Apostel haͤtten ihn zerrissen/ Petrus haͤtte ihn erwuͤrget. III. Remedii finis, der Zweck/ Ziel und Absehen. Jst nicht die Muth-Kuͤhlung/ sondern lucrum animæ, Seelen-Gewinn/ du hast deinen Bruder gewonnen/ sagt unser liebste Heyland. Du hast eine herꝛliche und loͤbliche Victori erhalten/ victoriam pretiosam, du hast ei- ner Seelen vom Tode geholffen/ einen Bruder vom Tod erloͤset/ Jac. 5, 20. Gleich wie Abraham den Loth gewonnen/ und auß der Gefangen- schafft erloͤset/ Gen. 14. Du hast ein Schaͤfflein/ das Christus so theur erkaufft/ dem Teuffel auß dem Rachen gezogen. Victoriam justam, ei- nen gerechten Sieg; Ein mancher dencket/ was gehets mich an/ soll ich der Katzen die Schell anhencken. Aber/ weil alle Glaubige in Chri- sto JEsu unserm HErꝛn/ als Glieder zu einem Leib im H. Tauff eingeleibet/ Kinder und Erben GOttes und Burger im Himmel worden seynd/ und auch am ewigen Gut eine Ge- meinschafft haben/ sollen sie auß wahrer Liebe unter einander sich vor der Hoͤllen und ewiger Verdamnuß durch Christliche Zucht behuͤten/ zum Himmel bringen/ und zum ewigen Leben fuͤrdern. Victoriam DEO gratam, einen GOtt annehmlichen und wohlgefaͤlligen Sieg/ als der dich zum Bischoff deines Naͤchsten ge- macht. Gleich dem Knecht/ der mit den Gaben/ die ihm Go tt vertrauet/ andere gewonnen/ Matth. 25, 20. Victoriam jucundam einen anmuthi- gen Sieg/ dann du machest auß einem Wolff ein zahmes Schaͤfflein/ auß dem Feind dir einen Freund. Wie dann offenbahr/ daß die die besten Freunde werden/ die zuvor auß allerley Mißverstand einander er- kennen lernen. Victoriam utilem \& honestam, einen nutzlichen und ehrlichen Sieg. Dann was hilffts dich/ wann du gleich die gantze Welt gewinnest/ Matth. 16, 26. und braͤchtest unterdeß deinen Naͤchsten um seine Seligkeit? Gedencke an Christum/ der sich selbs verlaͤugnet und alles begeben; an Paulum/ der sich selbst jederman zum Knecht gemacht/ Vom Gewalt der Schluͤssel. gemacht/ auff daß er viel gewinne/ und jedermann allerley wor- dden/ auff daß er allenthalben ja etliche selich mache. 1. Cor. 9. Die Application und Zueignung dieses Mittels bestehet sonderlich in dem Hoͤren/ daß man mit sich handlen und reden laßt/ die Motiven annimmt/ und sich eines bessern bedencket. Es gibt manchen stoͤrrischen Kopff/ mit dem nicht umzugehen ist; Schnarcher/ die sich nicht wollen berichten lassen. Mit welchen man es offt versuchet/ die aber auff ihren Eylffen blei- ben/ werffen mit ungezogenen/ groben und unleidlichen Worten um sich/ seynd nicht zum Verstand zu bringen. Da folget alsdann der andere Grad/ nemlich der Richter/ davon mit naͤchstem ein mehreres wird zu reden seyn. Wann nun dieses Mittel allezeit versucht und getrieben wuͤrde/ so wuͤrden wir nicht manchmahl wie Cyclopes, wie Woͤlff und Baͤren unter einander leben; das/ was auff blossem Argwohn bestehet/ auß dem Sinn schlagen; was geringe/ und vom Temperament herruͤhrende Fehler seynd/ (wie dann der sanguineus den melancholicum, und dieser jenen nicht wol vertragen kan) doch nicht so hoch empfinden/ auß der Mucke einen Elephanten machen/ und um eines jeden Dings willen/ das der Rede nicht werth/ ein Feur anzuͤnden; sondern solche injuriolas unter die Pillu- len referi ren/ welche man nicht lang im Mund herum werffen/ sondern bald verschlucken muß. Waͤre es aber etwa der Rede werth/ so wuͤrde man es doch in geheim collegial isch und bruͤderlich mit einander auß- machen/ und also allen Mißverstand beylegen. Man wuͤrde mehr sehen auff den Seelen-Gewinn/ als auff Reputation und zeitliche Ehre. Ach wie ein schoͤn Englisches Leben wuͤrde das seyn/ wie der liebliche Balsam des Haupts Aarons/ und wie der koͤstliche Thau des Gebuͤrges Hermon/ Ps. 133. Aber dieweil/ wie die Erfahrung bezeugt/ man sich manchmahl Feinde dichtet/ den Maͤhren-Tragern glaubet/ oder Oel ins Feur giesset/ mit unbilligen Stich-Worten um sich wirfft/ daß man nicht weiß/ obs gehauen oder gestochen. Oder weil man die rechte Ordnung nicht wahr nimmt/ keines mag dem andern das Maul goͤnnen/ ist allenthalben schon außblaͤ- sinirt/ ehe und dann der Naͤchste davon gehoͤret. Weil nicht seiner Seelen Gewinn und Zuruckholung/ sondern seine Verschreyung/ Verkleinerung und Verschimpffung gesucht wird/ und die Calumnia, das Geschwaͤtz- Werck/ das Maͤhrlein-Tragen dazu kommt/ so brennets in allen Gassen/ und gehets wie in der Faßnacht. Sonderlich wann der corrigendus und Zucht-wuͤrdige keine Privat-Zucht und Vermahnung annehmen wil/ wann niemand will gefehlet haben/ und nicht gedencket/ ut sol quandoque N n ij tenebris, Die Neunte Predigt tenebris, ita sapientis animum caligine obduci, gleich wie die Sonn bißweilen mit Wolcken uͤberzogen wird/ also koͤnne auch des allerweisesten Menschen Gemuͤth mit einem Fehler verfinstert werden. Wann man/ so der Eyßen geruͤhret wird/ mit schnarchen und pochen den Spitzen bietet: was darffs des dings viel/ ich habe gute Obrigkeit/ hastu Fehl und Man- gels an mir/ so verklage mich/ ich will dir erscheinen/ Red und Antwort geben. Welches auch wol Dienst-Botten zu thun sich geluͤsten lassen doͤrffen/ die doch einßen Brod essen/ und an das Policey-Gericht appelliren. Oder wann man mit ungezogenen groben Worten um sich wirfft/ setzet den Kopff auff/ und will ihm nicht helffen lassen/ da gehet alsdann der Laͤrmen an. Da wird eine Christliche Obrigkeit bemuͤhet/ und unnoͤthige Rechts-Haͤndel verursacht. Da wird das gluntzende Fuͤncklein auffge- blasen/ und die es loͤschen wollen oder sollen/ zuͤnden es noch mehr an. Da wird alle Vertrauligkeit geschlagen/ alle Freundschafft auffgehaben/ daß keiner dem andern mehr trauet. Da lebt man wie das Vieh/ wie Hund und Katzen/ wie Daniel unter den Loͤwen/ und macht das Vorspiel auff kuͤnfftige ewige Straffen. Nun/ wer ungestrafft seyn will/ der bleibet ein Narꝛ. Das ist/ nach dem stylo der H. Schrifft/ ein unseli- ger Mensch/ er wird den Judas-Lohn davon kriegen. Quem non cor- rigunt verba, corrigant verbera \& experimenta. Wer sich mit Wor- ten nicht will straffen lassen/ der nehme mit dem Schaden vor- lieb. sagt August. in Ps. 6. Narren muß man endlich mit Kolben lau- sen/ verlieren der Rechts-Haͤndel ist ihr verdienter Lohn. Da werden sie mit spather Reu ihre Thorheit und Narꝛheit bekennen muͤssen: Ach haͤtte ich dem und dem/ meinen Eltern/ Vorgesetzten/ Lehrmeistern/ Herꝛ- schafft/ ꝛc. gefolget/ so waͤre ich nicht in solches Ungluͤck kommen. Wer sich aber gern straffen laͤßt/ der wird klug werden/ er wird auff seine Wort und Wercke fleissiger achtung geben. Ja Es wird alsdann der milde GOtt Sein Segen lassen walten/ Mit Trost und Huͤlff in aller Noth Ob solchen tapffer halten. Verheissen ferner auch dazu Nach diesem Elend gute Ruh/ Und dort das ewig Leben/ Durch Christum ihn zugeben. Wir Vom Gewalt der Schluͤssel. Wir wuͤnschen mit Paulo auß 2. Thess. 3, 5. Der HErꝛ richte unsere Hertzen zu der Liebe Gottes/ und zu der Gedult Christi/ AMEN. Die Zehende Predigt. Von Dem andern Grad der Christlichen Buß-Zucht/ der Collegialischen Censur. G Eliebte in dem HErꝛn Christo. Unter andern sinn- reichen Parabeln/ Gleichnuͤssen und Sprichwoͤrtern/ die vor zeiten Pythagoras gefuͤhret/ war/ wie Cyrill. l. 9. contra Julianum c. 2. bezeuget/ auch dieses/ daß er sagte/ ne ignem gladio fodias, huͤte dich/ daß du das verborgene Feur nicht mit einem Schwerdt auffweckest. Jst eben das/ was wir auch Sprichworts-weiß zu sagen pflegen: Blase den gluntzenden Funcken nicht auff/ wecke nicht einen schlaffenden Hund/ ruͤhre den Unflath nicht/ stich nicht in ein Wespen-Nest/ mache dir selber keinen Feind/ brings nicht an deinen Naͤch- sten/ mache ihn nicht auffruͤhrisch durch unblutige Stiche/ heimliche Verachtung/ ungegruͤndeten Argwohn. Gibt damit zu verstehen: 1. iræ humanæ indolem, die Natur menschlichen Zorns/ derselbe seye gleich einem/ aber verborgenen/ Feur. Jederman trage in seinem Busen einen Mord-Brenner/ der sich aber artlich verbir- get/ bey einem eher als bey dem anderen sich herfuͤr thut/ biß endlich die Flamme zu allen Thuͤren außschlaͤgt/ und Laͤrmen uͤber Laͤrmen machet. Jn welchem Fall manchem zornigen Menschen zu wuͤnschen waͤre/ was Plutarchus in dial. de coërcendâi râ gewuͤnschet/ es moͤchte ihm ein fa- mulus mit einem Spiegel nachgehen/ und denselben fuͤrhalten/ auff daß er seiner eigenen monstrosi taͤt darauß gewar wuͤrde. 2. Remedium inutile \& noxium, das keinnuͤtze und schaͤd- liche Mittel/ das Feur zu daͤmpffen. Man soll den gluntzenden Fun- cken nicht auffblasen/ ihme nicht Lufft lassen/ das ist/ nicht reitzen einen N n iij zornigen Die Zehende Predigt zornigen Mann/ oder einen Menschen/ der ohne das zum Zorn geneiget ist/ sonderlich die jungen Kinder; wie ein mancher Mensch seine Lust an Fecht-Schulen oder einem Hoff-Narren hat. Dann gleich wie/ wer ei- nen Funcken antrifft/ nicht darein blaͤßt/ und also das Hauß anstecket/ sondern er vertritt denselben; also soll man einem erzoͤrnten nachgeben/ das beste zu allem reden/ und sehen/ wie man die Sache schlichte und richte. Paulus saget Eph. 6. Jhr Vaͤtter reitzet eure Kinder nicht zum Zorn. Also ist es zwar nicht recht/ wann Herren und Frauen allzuun- wuͤrsch reitzen/ in Harnisch jagen/ und es an sie bringen/ daß sie ungebuͤhrli- che Worte brauchen; aber viel aͤrger und unverantwortlicher ist es/ wann das Gesind mit boͤsem schnoͤdem Maul an die Herꝛschafft setzet/ sie zu er- zuͤrnen. Zuͤrnen ist der Herꝛschafft erlaubt/ wiewol der excess nicht auß- bleibet/ aber den Dienst-Botten ist es nicht erlaubt. 3. Remedium utile \& salutare, das nutzliche heilsame Mit- tel/ loͤsche und daͤmpffe den Funcken 1. per bona verba, mit guten Worten/ gleich wie Gideon gethan/ Jud. 8. Welcher/ da die Maͤnner Ephraim hefftiglich mit ihm zancketen/ daß er ihnen nicht geruffen mit in den Streit zu ziehen wider die Midianiter/ und ihn wolten todt haben/ ih- nen die beste Wort gegeben/ und gesagt: Was hab ich jetzt gethan/ das euerer That gleich sey ? Jst nicht eine Rebe Ephraim besser/ dann die gantze Wein-Erde Abi Eser ? da er solches redet/ ließ ihr Zorn von ihm ab. 2. Per beneficia, mit Gutthaten. So dei- nen Feind hungert/ so speise ihn/ duͤrstet ihn/ so traͤncke ihn/ wañ du das thust/ so wirstu feurige Kohlen auff sein Haupt sam- len. Rom. 12. Wann man dem Wolff ein stuck Fleisch darwirfft/ so ist er zu frieden/ gleich wie Androclus mit dem Loͤwen gethan. 3. per sanctam conversatioem, durch frommes Leben/ wann man also lebet/ daß man einem nicht zukommen kan/ wie Adam unter den wilden Thieren/ und Daniel unter den Loͤwen. Will es aber gleichwol nit helffen/ und ist doch eine Flam̃e außgebrochen/ so brauche 4. ordinariam extinctionem, loͤsche es auß/ nicht aber mit Oel/ sondern mit Wasser. Nicht soll man alsbald an die grosse Glock lauffen/ und Feurio schreyen/ sondern fuͤr die Kirchen- Censur. Jst eben das Thema, davon wir zu diesem mal mit mehrerm zu reden haben. Dann weil wir verwichen er zeit miteinander besehen cen- suram fraternam, die bruͤderliche geheime Zucht-Straff/ als den ersten Grad der Christlichen Bußzucht/ so folget anjetzo der andere/ nemlich Cen- sura Collegialis, wann der Herr sagt: Hoͤret er dich nicht/ so nimm noch einen oder zween zu dir/ auff daß alle Sache bestehe auff Vom Gewalt der Schluͤssel. auff zweyer oder dreyer Zeugen Munde. Hievon nun zu Gottes Ehre/ und unserer Lehre etwas weniges zu handlen/ wolle uns Christus JEsus der sanfftmuͤthige mit der Gnade seines H. Geistes mildiglich erscheinen! Amen. J N vorhabender Betrachtung haben wir/ M. L. drey Stuck zu mercken: 1. Morbum, die Suͤnde und Fehler. Solche ist abermahl/ wie offt erwehnet worden/ nicht scandalum publicum, eine gemeine offentliche Aergernuß. Dann auff denselben Grind gehoͤ- ret eine andere Lauge; nicht menschliche Schwachheit/ sondern mutua por- tatio, gutwillige Vertragung. Der melancholicus ist dem sanguineo verdrießlich/ der unsittige und unartige dem sittigen/ der stille dem red- spraͤchigen/ der froͤliche dem traurigen/ der sparsame dem Verthuner/ der phlegmati sche und faule dem muntern und arbei t samen. Da meinet mancher/ es muͤsse jederman seyn wie er ist/ da es doch weder in ihm ist/ noch auß ihm kommt. Da heißt es/ ein jeder trage des andern Last/ der schnelle und zornwege den langsamen und traͤgen/ hingegen dieser jenen/ schreibet Theophyl. in c. 6. Dahin gehoͤret das Exempel der Hirsche bey Augustino in Ps. 129. Qui non patiuntur naufragium, quia quasi navis est illis charitas, die keinen Schiffbruch leiden/ weil ihnen die Liebe an statt eines Schiffs ist. Welches sonderlich denen zuthun/ so beysam- men wohnen muͤssen/ miteinander heben und legen/ absonderlich in der Ehe. Socrates hatte ein boͤses Weib/ Xantippe genant/ welche/ wann er studierte/ einen Hader anfieng/ und den Tisch umwarff. Als ihn der edle Alcibiades fragte/ wie ers doch so lang vertragen koͤnte? gab er zur Antwort: Wer Eyer essen will/ muß sich der Huͤner Gaxen nicht irꝛen lassen. Zu Hauß muß man Gedult lernen/ und sich darauß uͤben. Jm gegentheil war Monica/ Augustini Mutter/ eine edele Tugend-Cron/ wie ihr Sohn von ihr zenget l. 9. confess. c. 9. die ihren erzuͤrnten Mann auch nicht mit einem Wort beleidiget/ sondern denselben gelobet/ und an- dere Weiber dergleichen zu thun angehalten. Sondern es wird verstanden scandalum privatum privatæ injuriæ, non audientiæ \& ptimæ instantiæ ein geheimes sonderliches Aer- gernuß/ auff dessen Gegenwehr man nichts geben wil/ und sich halsstarrig widersetzt. Dahin dann sonderlich gehoͤren 1. Scandala religionis, Lehr-Aergernuß und Jrꝛthum derer/ die mit irriger falscher Religion angestecket seynd/ und von welchen Gefahr vorhanden/ daß auch noch andere dadurch moͤchten verfuͤhret werden/ wie dann der Krebs bald um Die Zehende Predigt umsich frißt. Welches zwar auch privatim geschehen/ und je ein Christ den andern warnen soll. Dann so man einen Esel siehet in der Jrre gehen/ so bemuͤhet man sich denselben wieder auff den rechten Weg zu bringen/ nach dem Gebott Go ttes/ Exod. 23 4. 2. Scandala ἀταξίας \& ἀθεότητος, GOttes vergessene Aergernuß/ wider alle Zucht und Erbarkeit/ der jeni- gen Leute/ die keiner Religion achten/ gehen selten in die Kirche/ zu den H. Sacramenten/ seind so fuͤr sich selbs wie kleine Reichs-Staͤdtlein/ achten keine Ordnung/ wie die Epieurische Schwein/ glauben weder Him- mel noch Hoͤll/ leben sonst Cyclopisch/ bekuͤmmern sich wenig um die Reli- gion und Schul-Gezaͤncke. Wie jener Nuntius Apostolicus, Carolus Caraffa in Germ. restaur. von den Lutheranern geschrieben/ doctrinam uti non valde profundè scrutantur, ita non multum curare videntur, gleich wie sie der Lehre und Religion nicht tieff nachforschen/ also scheinen sie auch sich nicht viel um dieselbe zu bekuͤmmern. 3. Scandala profana- tionis Sabbathi, Schaͤnd-Aergernuß der lieben Feyr-und Fest- Taͤge/ dann dieweil deßwegen in foro externo niemand saur angesehen wird/ so gehoͤret solches zur Kirchen-Buß/ sonderlich das Zechen/ Spie- len/ ꝛc. davon zu lesen in unserer Kirchen-Ordnung pag. 328. 4. Scan- dala Conjugialia, Ehe-Aergernuß/ wann es in der Ehe nicht recht her- gehet/ wann der Mann als ein Loͤw/ das Weib als ein Drach sich erzei- get/ wann sie leben wie Hund und Katz/ aͤrgern Kinder und Gesind/ ja offt die gantze Nachbaurschafft. 5. Scandala educationis, Zucht-Aer- gernuß/ wann man die Kinder nicht recht ziehet/ sonderen als die unge- seilte Kuͤhe gehen/ und auff den Gassen wie die wilden Thier herum lauffen laßt. Das ist das Aergernuß/ folget II. Remedium collegiale, das Mittel/ Cur und Artzney: So nimm noch einen oder zween zu dir. Jst nicht remedium litigiosum ein Zanck- und Hader-Mittel/ daß man alsbald wolte zu dem Richter/ zu einem oder anderm Advocaten lauffen/ und einen Rechts-Handel anfan- gen/ dann so wuͤrde die Sach langsam geschlichtet/ der Grollen bleibet im Bußen sitzen/ oder nur also außgemacht/ daß man die Ganß wann man sie genug geropfft/ wiederum fliegen laͤßt. Es ist schon ein Fehl un- ter euch/ die ihr mit einander rechtet/ spricht St. Paulus zu sei- nen Corinthern/ die dergleichen thaten/ 1. Cor. 6 7. da zwar der Apostel von ungerechtem und heydnischem Gericht redet/ weil es aber nur τὰ βιοτικὰ, zeitliche Lebens-Mittel und Guͤter antrifft/ wil er alles Rechten uñ richten bey Christo untersagthaben. Es ist nicht lene ac madidum, ein ge- lindes/ nasses Vergleich-Mittel/ wann man irgend ein paar Sauff-Gesellẽ und Vom Gewalt der Schluͤssel. und nasse Bruͤder dazu nimmt/ die den Unflath wieder redlich machen/ und abwaschen helffen. Nein/ solches Mittel ist gar zu schluͤpfferig/ es bestehet nicht/ offt wann sie sich vergleichen/ fangen sie wieder neue und frische Rauff-Haͤndel an/ wann sie der Wein erhitzt/ steiget ihnen der Narꝛ wieder in den Kopff/ daß sie es auffs neu rittlen/ und keiner nachgeben wil. Sondern es ist remedium collegiale autoritativum, zween oder drey von einem Collegio, Zunfft/ Handwerck/ von der Christlichen Kir- chen/ daß es auch eine Krafft und ein Ansehen hab/ daß man nicht mit der Sache spiele. Und demnach 1. arbitrarium, ein freyes Wahl-Mit- tel. Vor zeiten bey den Juden nahmen sie zu Richtern an/ die sie erwehl- ten ad arbitrium, nach ihrem belieben/ wie abzunehmen auß dem Buͤchlein Ruth/ c. 4. und 1 Cor. 6. da der Apostel klaget/ daß die Christen heydnische arbitros gesucht/ da sie doch wol haͤtten koͤñen heilige und Christliche Richter haben. 2. Oeconomicum, ex lege naturæ ordinarium, die naͤchste Freunde und Verwandten/ die einem boͤsen Menschen/ Kind/ Dienst- Botten/ Frau/ Mann sollen zusprechen. 3. Tribunale, ex lege civili, auff Zuͤnfften/ bey Gericht oder Handwercken. 4. Academicum, der Rector und die Decani, die Ephori und Visitatores in der Schul/ derer Gewalt so groß/ als der Eltern. 5. Ecclesiasticum, erstlich der Pfarrer und Helffer allein/ und dann mit Zuziehung der verordneten Kirchen- Pfleger einer ieden Gemeine. III. Finis \& officium, der Zweck und End-Ursach ist nicht sauf- fen und zechen/ auch nicht principaliter vornemlich und hauptsaͤchlich Geld-Buß oder Geld-Straff aufflegen/ wie ein mancher Edelmann mit den peccatis rusticorum Bauren-Suͤnden die Hosen verbraͤmt; sondern es ist censura \& correctio disciplinaris, ein freundliches/ aber doch kraͤff- tiges zusprechen/ ad lacrymas usque, biß die Augen schwitzen; eine Wort- Straff/ wann man einem seine Untugend/ Groͤsse und Gefahr fuͤrmah- let/ daß er dadurch schamroth gemacht wird. Plus proficit amica cor- rectio, quàm turbulenta accusatio, eine freundliche Zuͤchtigung nutzet mehr/ als eine harte Anklag/ spricht Ambrosius. Ein gut Wort findet eine gute statt. Der Mensch ist von Natur gewehnt durchs Wort sich ziehen zu lassen/ schnarchen oder Streiche verbessern denselben nicht/ son- dern machen ihn nur aͤrger. Darum auch GOtt der Herr sein Wort zu einem Mittel unserer Bekehrung geordnet. 2. Testatio auctorita- tiva, auff daß es bestehe/ daß der Thaͤter nicht leichtlich zuruck gehe/ und gestehe was er einmal gestanden/ daß der unschuldige sagen koͤnne/ nun ich habe das rechte Mittel gebraucht. Gleich wie nun/ was mit zweyer Zehender Theil. O o oder Die Zehende Predigt oder dreyer Zeugen Munde bestaͤtiget ist/ Krafft hat/ Deut. 19, 2. also soll auch solches Zusprechen Krafft haben/ es soll gelten/ und nicht ohne Frucht auff die Erden fallen. So wenig in Gerichten dem widerspro- chen wird/ was durch zween oder drey Zeugen bejahet wird/ und der Richter spricht darauff; also soll auch dieses Krafft haben. 3. Lucrum fratris, der Seelen Gewinnn/ daß du deinen Bruder gewinnest. Welches das allgemeine Bistum und Seelen-Sorg ist; Ne dicas, (in- quit Theophyl. ad. 1. Thess. 5.) non sum Doctor, non sum Præceptor, alios docere \& ædificare non teneor; falleris. Doctores non suffici- unt ad singulorum \& omnium admonitionem, sed vult DEUS quem- que alium instruere \& ædificare saltem exemplo suo \& bonâ vitâ. das ist: Sprich nicht/ ich bin kein Doctor oder Lehrmeister/ ich darff eben andere nicht lehren und erbauen/ du betriegest dich selber. Dann die Lehrer und Doctores seynd nicht genug alle und jede Menschen zuermahnen/ sondern GOtt will/ daß ein jeder den andern unterrichte/ und erbaue auffs wenigste mit gu- tem Exempel und frommem Leben. Chrysostomus in homil. de habenda cura proximi erklaͤrets mit einem Schiffmann; Wann ein Schiff/ das guten Wind hat/ ein anders stranden siehet/ so halt es still/ wirfft Dielen und Bretter hinauß/ ob villeicht etli- che moͤchten davon kommen. Wann dir deines Feindes Och- sen oder Esel begegnet/ daß er irret/ so soltu ihm denselben wie- der zufuͤhren/ lautet das Goͤttliche Gesaͤtz/ Exod. 23, 4. Wieviel mehr dann deines Freundes von Christo theur erworbene Seele/ wann du gleich kein bene zuverdienen hast. Cadit asina, \& est, qui sublevet eam, perit anima, \& nemo reputat, sagt Bernhardus consid. 4. ad Eugen. Ein Esel faͤllet/ und man hilfft ihm auff/ aber eine Seele verdirbt/ und niemand nim̃ts zu Hertzen. Ex parte corrigendi \& censendi, auff seiten dessen/ dem da solle gepredigt und der Leviten gelesen werden/ wird erfordert auditio, das Hoͤren/ auditu externo, daß er gutwillig er- scheine auff beschehene Beschickung vom Pfarrer/ nicht die Ohren verstopf- fe/ wie eine Otter fuͤr der Stimme des Beschwoͤrers/ daß er nicht lasse in sich reden wie in einen holen Hafen oder Ofen. Auditu interno, daß er es zu Hertzen nehme/ in sich selbs gehe/ nicht wie ein staͤttiger Ochs wider den Stachel lecke/ und gedencke/ sihe/ man meynts gut mit mir. Auditu obediente \& efficaci, daß er auch folge/ nicht trotze oder boͤß werde/ nicht uͤbel auffnehme/ als zoͤrnte man mit ihm; oder sichs verdriessen lasse und gedencke/ man habe ja nichts darvon. Dann man suchet ja nichts anders/ als Vom Gewalt der Schluͤssel. als seine Besserung/ auff daß er nicht einen andern (den Hencker) der- mahlen eins hoͤren muͤsse. Wo/ sprichstu/ bleibt auff solche weise das Siebner-Gericht/ ist dann die Policey-Stub fuͤr die Gaͤnße gebauet? diese Lehre scheinet dem Anaba- ptiimo und Widertaͤufferey gleich? Antwort: Besser waͤre es/ man be- doͤrffte so vieler Gerichter nicht. Auß boͤsen Sitten seynd gute Gesaͤtze gewachsen; dieweil die Kirchen-Buß schon laͤngst gefallen/ und doch der gemeine Fried will turbiret werden. Je aͤrger die Welt wird/ je mehr ju- dicia und Gerichte muß man erdencken/ das grimmige Thier im Zaum zu halten. Man kan dem guten nicht zuviel thun. Wann gleich Obrig- keit und Kirch die Hand anlegt/ so bedarffs doch Gluͤck und schoͤn Wetter/ daß man es zurecht bringe. Darnach ist zu wissen/ quod Evangelium non aboleat politias, GOttes Wort und Kirchen-Zucht ist den politischen Ordnungen nicht zuwider. Jn der ersten Kirchen kunte man nicht weiter/ man haͤtte dann wollen fuͤr die heydnische Obrigkeit kommen/ und den Christlichen Namen prostitui ren. Aber wir koͤnnen weiter steigen/ wann das nicht helffen will. Dieser Unterricht geschicht nun abermahl πρὸς ὀικοδομὴν Ecclesiæ \& revocationem antiquitatis, daß wir doch/ wie in der Lehr/ also auch im Le- ben und Wandel in die Consanguini taͤt/ Verwandschafft und Fußstapf- fen der ersten Kirchen tretten moͤchten/ und also recht Christ- und Bruͤder- lich unter einander leben. Anfangs zur Zeit Lutheri und seiner Parasta ten/ da man nach der Babylonischen Gefaͤngnuß wiederum angesangen zu bauen/ hat man Schwerdt und Bau-Zeug zugleich haben muͤssen/ wie Nehem. 4, 17. Mit der einen Hand thaten sie die Arbeit/ und mit der andern hielten sie die Waffen. Anfangs kunte es nicht so seyn/ die Reformations Helden hatten so viel zuthun mit der Refutation, daß sie die ædification und Kirchen-Bau nicht so wol fortfuͤhren kunten. Nun aber der Bau außgefuͤhret ist/ so ist von noͤthen der καταρτισμὸς, das Flicken. Es waͤre ja ein liederlicher Haußhalter/ welchem ein schoͤnes Hauß geschencket worden/ der es nicht wolte im Bau erhalten/ ließ ihm al- lenthalben ins Dach regnen/ besserts nicht/ und ließ es endlich gar einfallen. Also ist es schlim gehauset/ wann man den eingerissenen Aergernussen nicht wehren/ und die Kirche nicht durch gute Zucht erhalten wolte. Ae- cker/ die lang wuͤst gelegen/ bauet man/ warum solte man nicht auch die gefallene Kirchen-Disciplin wieder auffrichten? 2. Soll es dienen πρὸς τάξιν καὶ ἐυσχημοσύνην, zu guter Ordnung und Ehrbarkeit/ daß doch solcher schoͤnen Ordnung GOttes jederman O o ij nach- Die Zehende Predigt nachkommen wolle. Jch weiß wol/ daß es der wenigste Theil achtet/ und fuͤrgibt/ man koͤnne es doch nicht haben/ was es soviel dicentes bedarff. Je- derman setzt den Kopff auff/ und will sich mit keiner correction saͤttigen las- sen. Das ist eben des Teuffels Boßheit/ der uns solche Zucht-Ruthe nit goͤnnet. Doch gleichwol sollen sie wissen/ daß es Christi Befehl sey/ und kein Consilium Evangelicum, Evangelischer Rath. Er wird am juͤngsten Tag nach diesem Wort richten/ und solche ἀτάκτους zu finden wissen. Einmal Go tt ist ein Go tt der Ordnung/ er wil Ordnung gehalten haben. Wers nicht thut/ der wird als ein ἄτακτος hier zu schanden werden/ und den Kopff verstossen/ dort aber in die ewige Unordnung und Confusion gerathen. Das Wehe uͤber die Hirten Jsrael/ das seynd alle Seelen-Bischoͤffe/ ist geschryen Ezech. 34, 2. Wehe den Hirten Jsrael/ die sich selbs wey- den! aber der Schwachen nicht warten/ das krancke nicht hey- len/ das verwundte nicht verbinden/ das verirrete nicht holen/ und das verlohrne nicht suchen. Weh wird seyn uͤber allen ἀτάκτοις, die sich keiner Ordnung unterwerffen/ und nur ihrem Kopff solgen. 3. ad consolationem, den Jrrenden zu ihrem grossen Trost; die Corre- ction selber geschicht freundlich/ auß gutem Gemuͤth. Der Gerechte schlage mich freundlich/ und straffe mich/ das wird mir so wol thun/ als Balsam auff meinem Haupt/ spricht David Ps. 141. Junge Leute meynen/ sie seyen gar uͤbel dran/ denen in den Classen und Schulen ist es als ein Egyptischer Ziegel-Ofen. Denen im Wilhelmer Clo- ster kom̃ts fuͤr als ein Servitut im Zucht-Hauß zu wohnen. Studenten nennen es Schulfuͤchserey; Knechte und Maͤgde meynen/ wann sie herbe und strenge Herꝛschafft bekommen/ es seye ihnen nicht zu leyden/ und spre- chen: das ist ein wunderlicher Herꝛ/ eine boͤse Frau. Meisterschafften las- sens auch oft gehen wie es gehet/ moͤgen die Muͤh nicht haben/ daß sie sich daruͤber erzoͤrnen/ und heissen gut was boͤß ist. Wol aber denen/ die sich weisen lassen/ sie werden als irrende Schaͤflein vom Herrn Christo zur Heerde getragen/ und dem Wolff genommen werden. Ja sie werdens sel- ber am juͤngsten Tag ruͤhmen und sagen: Haͤtte dieser mein Vater/ mein Pr æ ceptor/ mein Lehrmeister/ mein Herꝛ und Frau nicht gethan/ was sie gethan/ so waͤre ich ewig verlohren gegangen/ aber dem und dem hab ichs zu dancken. O das wird herꝛlichen Ruhm und eine schoͤne Crone gebaͤh- ren/ so grossen Ruhm/ als wann man mit Alexandro gantz Asien einge- nommen/ oder mit Salomon alle Welt mit Weißheit erfuͤllet haͤtte. Da werden nicht nur die Lehrer/ sondern auch die lernenden leuchten/ wie des Himmels Glantz/ und wie die Sternen immer und ewiglich. Amen. Die Vom Gewalt der Schluͤssel. Die Eilffte Predigt. Von Der Kirchen-Buß/ als dem dritten Grad der Buß-Zucht. G Eliebte im HErꝛn. Ein grosses Gluͤck und Vortheil hat das Koͤnigreich Engelland vor allen Nationen in Eu- ropa, daß in demselben kein Wolff soll anzutreffen seyn/ son- dern die Schaaffe ihrer Weyde ungehindert pflegen koͤnnen/ wie hievon bey Camerario l. 1. op. subcisiv. c. 28. zu lesen. Die Ursach komt nicht her von der Natur/ wie irgend etliche Laͤnder auß natuͤrlicher Eygenschafft keine Maͤuße/ Schlangen/ und an- dere vergifftete Thiere nicht leyden koͤnnen/ sondern zum theil von der Ge- legenheit des Orts/ zum theil von der Koͤniglichen Fuͤrsichtigkeit. Von der Gelegenheit des Orts zwar/ dieweil dasselbe Koͤnigreich eine beschlos- sene Jnsul ist/ daß dannenhero auß andern Foͤrsten/ Waͤldern und Laͤn- dern keine Woͤlffe ankommen koͤnnen/ sie muͤßten dann uͤber See und Wasser schwimmen gegen Schott-Land/ da das feste Land in einem Win- ckel ligt. Es ist aber leicht zu verstehen/ daß kein Wolff durch kommen kan/ und ein solches Land mit Festungen und Hunden wol verwahret ist. Von der Klugheit aber der vorigen Koͤnige/ die zum theil durch die Engli- sche Hunde und Docken das Ungezieffer eroͤßen lassen/ theils den Vortheil gebraucht/ daß/ wann Ubelthaͤter vorhanden geweßt/ man ihnen mit der condition das Leben geschencket/ daß sie 10. 20. oder mehr Wolffs-Koͤpff oder Zungen bringen muͤssen. Daher es gekommen/ daß sie in den Waͤl- den ihr Leben gewagt/ und also das Ungeziffer eroͤßt. Dieses ist/ M. L. wol ein sonderbares Kleinod/ Gluͤck und Vortheil eines Koͤnigreichs/ sonderlich da man Schaaff und Weyde in grosser Menge hat. Wuͤn- schen moͤchten wir/ daß dergleichen Gluͤckseligkeit auch die Christliche Kirch habe/ und fuͤr geistlichen Woͤlffen sicher seyn moͤchte/ so wolten wir in einem rechten Engelland/ ja Englischen Land wohnen. Aber es bleibt beym Wuͤnschen/ und ist nicht zu hoffen/ der Satan/ der erste Wolff goͤn- net uns dieses Gluͤck nicht. Der streitenden Kirchen ist propheceyet worden/ sie werde mit Woͤlffen zu thun haben/ in dem Evangelio/ Johan. 10. Jch bin ein guter Hirt/ ein guter Hirt laͤsset sein Leben fuͤr O o iij die Die Eylffte Predigt die Schaaffe; ein Miedling aber/ der nicht Hirte ist/ siehet den Wolff kommen/ und verlaͤßt die Schaaffe/ und fleucht/ und der Wolff erhaschet und zerstreuet die Schaffe/ Act. 20. So habt nun acht auff euch selbs/ und auff die gantze Heerde/ unter welche euch der Heilige Geist gesetzet hat zu Bischoffen/ zu weyden die Gemeine GOttes/ welche er durch sein eigen Blut erworben hat. Dann das weiß ich/ daß nach meinem Abschied werden unter euch kommen greuliche Woͤlffe/ die der Heerde nicht verschonen werden. Das seynd nun fuͤrnemlich die Ketzer und Jrꝛgeister/ die βαρει῀ς, greuliche Woͤlffe/ die das arme Schaͤff- lein verfolgen/ und sonderlich nach der Seelen grasen. Ἀυτόκλητοι, kom- men unberuffen und ungepfiffen/ von denen Christus sagt/ Joh. 10. Alle die vor mir kommen seynd/ (nicht ratione temporis, der Zeit nach/ dann sonst waͤren auch Moses und die Propheten vor Christo solche Gesellen geweßt/ sondern) ordine causæ, dem Beruff nach/ die ohn meinen Be- ruff/ nicht durch die Thuͤre des Schaaff-Stalls/ sonderen als selbs beruf- fene durch die Thuͤre der Unwissen- und Freyheit eingeschlichen/ und sich eingetrungen. Die subtile und listige Woͤlffe/ so im Finsternuß maußen/ wie sie dann in der Nacht scharffe Augen haben/ Psal. 104, 19. Du machest Finsternuß/ daß Nacht wird/ da regen sich die wilden Thier. Also wann Barbarey einreisset/ die Schulen fallen/ gelehrte Leute nicht mehr seynd/ so gibt es Ketzerey; da kommen die Woͤlffe in des Hirten Stimm/ wie die Hyena/ und sonderlich im Schaffs-Beltz/ Matth. 7. Es seynd aber auch Woͤlff actu primo, in ihrer Natur alle Menschen nach dem Fall/ ob man sie schon mit Schaaffs-Milch auffzieht/ werden sie doch nicht zahm/ dann Art laßt von Art nicht. Actu secundo, in wuͤrckli- cher That aber alle Jnjurianten/ alle scandalosi und aͤrgerliche Personen/ die Christo seine Schaͤflein stehlen/ sein peculium, das ihm ans Hertz ge- wachsen/ rauben/ einen Diebstal und Kirchen-Raub begehen. Das seind rechte Seelen-Moͤrder/ von welchen allen es heisset: Es muͤssen Rotten oder Secten unter euch seyn. Anders als die Cathari, die Donati- sten und Widertaͤuffer ihnen einbilden. Dahin auch gehoͤret das Gleich- nuß von dem Unkraut/ so unter den guten Saamen gestreuet worden/ und geduldet werden muß biß zur Zeit der Ernde. Man darff nicht Feur vom Himmel uͤber sie erbetten. Damit aber ist eine ordentliche Cur/ die geist- liche Wolffs-Jagd nicht verbotten/ und seind sonderlich als Jaͤger dazu verordnet die Bischoffe der Kirchen/ Lehrer und Prediger/ Act. 20. Habt acht Vom Gewalt der Schluͤssel. acht auff euch selbs/ und ꝛc. So wenig/ als wenig man sich zur Zeit gras- sirender pestilentzialischen Kranckheiten/ oder waͤhrender Verfolgung nicht vorsiehet. Solcher Remedien/ unterschiedlicher Wolffs-Gruben oder Wolffs-Gaͤrn haben wir bereits droben zwey erklaͤrt/ nemlich die gehei- me bruͤderliche Bestraffung/ und Collegialische Zuͤchtigung: Folget nun in der Ordnung das dritte/ die offentliche Kirchen-Buß. Wann unser liebste Heyland spricht: Hoͤret er die nicht/ so sage es der Gemein. Hievon nun in der Forcht des Herrn aufferbaulich zu re- den/ gebe Go tt seines H. Geistes Gnad und Segen/ Amen. D Rey Stuͤcke/ M. L. fallen bey fuͤrhabender Betrachtung der of- fentlichen Kirchen-Buß zubedencken fuͤr/ Objectum, Remedi- um \& Remedii finis, die Sach/ Mittel und Zweck. Be- langend nun I. Objectum, die Sach/ womit Kirchen-Buß umgehet/ ist abermahl contumax injuria, eine Beleidigung mit halsstarriger Uner- kandtnuß verknuͤpffet. Da seynd nun zu entscheiden drey unterschiedliche Arten der Suͤnden und Aergernuͤssen; etliche seynd 1. zwar originaliter privata, sed per contumaciam publica facta, anfaͤnglich und urspruͤng- lich geheime und sonderliche/ aber durch Hartnaͤckigkeit offentlich und ge- mein gemachte Aergernuͤß. Dieselbe gehoͤren hieher nicht unmittelbar/ sondern mediantibus prioribus gradibus, vermittelst der ersten Graden. Und wann die andere Censuren nichts verfangen wollen/ so ist noch diese uͤbrig/ und werden diese Aergernuͤß wegen der Halsstarrig- und Hart- naͤckigkeit den gemeinen offentlichen Aergernussen gleich gehalten. 2. Seind etliche Malefitz-Laster/ als Ehebruch/ Mord/ Diebstal/ Zau- berey/ Blut-Schand und dergleichen peinliche Hals-Laster/ bey wel- chen die Obrigkeit ihres Ampts wahr nim̃t/ und dieselbe abstrafft. Da hat nun die Gradual-Censur kein platz/ dann es zumahl absurd waͤre/ mann man mit einem Moͤrder die gradus fuͤrnehmen wolte. Da ge- hoͤret eine andere und schaͤrffere Lauge zu/ und hat die Excommunica- tion keinen Platz/ sondern das Hencker-Schwerdt; es waͤre dann/ wel- ches selten geschicht/ daß sich der Ubelthaͤter nicht wolte accommodi ren/ seine Suͤnde nicht gestehen noch bereuen. Darum auch der incestus und die Blut-Schande/ derer Paulus 1. Cor. 5. gedencket/ vielmehr mit dem Schwerdt/ als mit dem Bann haͤtte sollen abgestrafft werden/ wann dama lseine Christliche Obrigkeit waͤre fuͤrhanden geweßt. Jn mangel aber derer/ hat die Kirch nicht mehr thun koͤnnen/ als sie ge- than hat. Wann auch noch heutiges tages die Obrigkeit ihr Ampt/ zum Die Eylffte Predigt zum Epempel/ in Unterlassung der Straff des Ehebruchs nicht in acht nehme/ so haͤtte als dann das Predig-Ampt zu bedencken was ihm obligt. 3. Etliche aber seynd zwar offentliche scandala und Laster/ werden aber von der Obrigkeit theils allerdings nicht/ oder doch nur mit Geld-Buß und Seckel-Weh abgestrafft ohne Bekehrung der Gewissen/ es wird nicht geruͤhrt/ noch die Seele errettet. Es gibt wol deren Leute/ wel- che die Straff legen/ zum Exempel/ wegen des Prachts/ und fahren doch immer fort ohne Besserung/ sie werden oft nur mehr verhaͤrtet; als da seynd der Atheismus, Unterlassung der Versamlung/ Fluchen/ Schwoͤren/ beharꝛliche Feindschafft in und ausser der Ehe/ entscheidete Leute zu Tisch und Bett/ in Unversoͤhnlichkeit verharrende/ Schwel- gerey/ Verschwendung/ Muͤssiggang/ rasseln/ spielen/ unchristlichen Ubersatz und Wucher treiben/ Meineyd/ aberglaubisches Segen-spre- chen/ Sabbath schaͤnden/ Verschimpffung des Predig-Ampts/ Unge- horsam der Kinder/ Stoͤrrigkeit gegen den Eltern/ Hoffart und Pracht/ offentliche/ langwierige Saumseligkeit/ und sonderlich auch die Fuͤllerey und Trunckenheit. Diese Laster seynd unmittelbar/ ohne grad und of- fentlich zu straffen/ nach Pauli Lehre/ 1. Tim. 5, 20. die da suͤndigen/ die straffe fuͤr allen/ auff daß sich auch die anderen foͤrchten; und seinem Exempel/ Gal. 2, 14. Jch sprach zu Petro fuͤr allen offentlich: So du der du ein Jud bist/ heydnisch lebest/ und nicht Juͤdisch/ warum zwingest du dann die Heyden Juͤdisch zu leben; wie auch des Apostels Petri/ Act. 5, 3. Petrus aber sprach: Anania/ warum hat der Satan dein Hertz erfuͤllet/ daß du dem Heil. Geist luͤgest/ und entwendest etwas vom Geld des Ackers/ ꝛc. II. Remedium, dic Ecclesiæ, sage es der Gemeine. (ist die Kirch sam̃t ihren verordneten Aeltesten und Kirchen-Dienern/ wie es unser Christ- liche Catechismus erklaͤret) das ist/ πλείοσι, den vielen/ wie Paulus spricht 2. Cor. 6 verstehet aber dadurch erstlich das Presbyterium, das Consisto- rium, Kirchen-Convent/ und die Kirchen-Pfleger in particulari Ecclesia, in einer jeden absonderlichen Gemein/ nach Beschaffenheit des Verbre- chens/ entweder aller 21. oder nur der drey in jedem Kirchspiel/ nach unserm Brauch. Dann es bleibet der HErr bey der Juden Gewonheit/ und aͤndert darinnen nichts/ wie er dann daher auch das Wort Publicanus entlehnet. Nun pflegen die Juden ihre Presbyteria und Versamlung der Aeltesten ἐκκλησίας zu nennen/ gaben fuͤr/ zehen Menschen machen ein , Versamlung. Will es nichts helffen/ und ist die Sach wichtig/ verstehet sich Vom Gewalt der Schluͤssel. sich dadurch das Vorstellen in der gantzen Gemein/ ἐνώπιον πάντων, vor al- len/ 1. Tim. 5, 20. συναχθέντων ὑμῶν, in der Versamlung/ 1. Cor. 5, 4. Al- ler massen wie solches Vorstellen in der ersten Kirchen auch uͤblich gewesen, Daher sagt Tertullianus: Coimus in cœtum \& congregationem, \& ad DEUM quasi manu facta precationibus oramus, ibidem etiam ex horta- tiones, castigationes \& censura Divina, das ist: Wir kommen zu- sammen in die Gemeine/ und betten zu GOtt gleichsam mit gesamter Hand/ daselbst geschehen alle Erinnerungen/ Zuͤch- tigungen und Straffen. Wills noch nicht helffen/ oder trifft die Sache gantze Gemeinden an/ und ist das malum Epidemicum, ein anste- ckendes/ um sich fressendes aͤrgerliches Verbrechen/ so wird als dann durch die Kirche verstanden Legitimum Concilium, vel Synedrium Novi Testa- menti, ein gantzes guͤltiges Concilium oder Kirchen-Versamlung. Dann zu gleicher weiß wie die schwersten Sachen/ sonderlich was die Veraͤnde- rung der Religion betrifft/ die falschen Propheten/ fuͤr das Synedrium ge- bracht werden/ Johan. 12. in welchem auch Christus verurtheilt worden. Also seynd an desselben statt die Concilia, Kirchen-Raͤth auffkommen/ welche hier ins gemein quoad genus, ihren Grund der Einsatzung haben/ und in praxi auch von den Aposteln geuͤbet worden/ Act. 15. Sollen aber solche Concilia just seyn/ so muͤssen sie im Nahmen Christi angestellet wer- den/ als dann haben sie allererst die Verheissung/ Matth. 18. Wo zween oder drey versamlet seind in meinem Nahmen/ da bin ich mit- ten unter ihnen. Das Concilium zu Jerusalem war auch præsente Christo, in Gegenwart Christi/ aber nicht in seinem Nahmen/ sondern wider Jhn angestellet. Es heißt aber im Nahmen Christi nach allen Ursachen/ daß es Christus fuͤr sein Concilium und Rath erkenne/ nach der Form und Norm/ Gestalt und Anstalt des ersten Apostolischen Concilii. Welches 1. ratione causæ efficientis, der Haupt Ursach nach/ convoci rt und zusammen beruffen worden von der gantzen Gemeine/ die sich unterredeten/ wer πᾶν πλῆϑος, die gantze Gemeine seye. Die deci- den ten und Außsprecher waren alle Apostel und fratres ins gemein/ da hat sich keiner keines Vorsitzes angemaßt/ es heißt: Wir/ die Apostel und Aeltesten und Bruͤder/ Act. 15, 23. Solte jemand die Præsiden- tia, der Vorsitz gestattet worden seyn/ so gebuͤhrete sie vielmehr Jacobo/ als einem anderen. Die Materia, davon gehandelt ward/ wie das Aerger- nuß in der Gemein zu Antiochia eingerissen/ der Streit zwischen Paulo und Barnaba eins theils/ und den Pharisaͤischen Bruͤdern andern theils. Die Norm war GOttes Wort/ davon Paulus sagt Gal. 1. Wann Zehender Theil. P p ein Die Eylffte Predigt ein Engel vom Himmel euch ein anders Evangelium predigen wuͤrde/ dann das wir euch geprediget haben/ der sey verflucht. Sumamus hostili positâ discordia ex divinitùs inspiratis sermonibus so- lutionem quæstionum, sagte vor zeiten Kayser Constantinus M. auff dem Nic æ nischen Concilio bey Theodoreto l. 7. Laßt uns alles feind- liche Gezaͤnck beyseit setzen/ und auß dem von GOtt eingegebe- nen Wort die Streit-Fragen eroͤrtern. Der Finis und Zweck war nicht domini ren/ præscribi ren/ herꝛschen und vorschreiben/ Spannische Inquisition, wuͤrgen und toͤdten/ sondern die Gewissen uͤberzeugen/ Jrꝛ- thum und rechte Lehre zu unterscheiden. Aller massen wie es in den nach- folgenden Conciliis orthodoxis, rechtglaubigen Versamlungen gehalten worden/ als welche von den Christlichen Kaysern beruffen/ besessen/ die Controversien und Streittigkeiten nach Gottes Wort entschieden/ und die Schluͤsse also formirt worden: Visum est nobis, wir haben fuͤr gut angese- hen/ es gefaͤllet uns/ ꝛc. wie Athanasius davon schreibet und zeuget. Alles so fern es GOttes Wort gemaͤß. Hier finden sich nun zwey gefaͤhrliche extrema, so auß unrechtem Ver- stand der Wort Christi entspringen. 1. αποκαισαρία, das paͤpstische Kayserthum: daß man im Papstthum das Wort Ecclesia, Gemein/ anfangs zwar vor mehr als hundert Jahren allein auff die Concilia und versamleten Pr æ laten gedeutet/ hernach aber allein auff den Papst/ dahin die ultima λύσις, die letzte Erklaͤrung gegangen/ und dadurch die ungemes- sene Hoheit des Roͤmischen Papsts gesucht worden/ mit vorgeben/ Eccle- sia heisset soviel/ als infallibile Papæ judicium, summum ac improvoca- bile, das unfehlbare/ hoͤchste/ und unumstoßliche Urtheil und Außspruch des Papsts; oder soviel als die Concilia, deren Außspruch in Glaubens- Sachen man gehorchen muͤsse: Darum dann/ dieweil wir Lutheraner auff dem Concilio zu Trident verdammet worden/ so seye nichts mehr uͤbrig/ als die Execution. Es woll uns aber ja der Papst guͤnstig verzeihen/ wann wir auff solche Gloß nicht viel geben. Dann Christus redet I. de Ecclesia Oecumenica, von der gantzen gemeinen Kirchen/ so auß allen Staͤnden bestehet/ nicht nur auß Pr æ laten/ Bischoffen/ ꝛc. Eine andere Beschaffenheit hat es mit Reichs-Taͤgen/ eine andere mit Concilien/ in welchen von der Menschen Heyl und Seligkeit gehandelt wird. 2. Redet Christus de Ecclesia sancta Christiana, von einer heiligen Christlichen Kirchen/ die im Nahmen Christi versamlet ist. 3. De dicto rationali, von einem vernuͤnfftigen Außspruch/ und also auch einem vernuͤnfftigen Gehorsam/ der mit dem Wort GOttes bedinget ist. Gleich wie man einem Vom Gewalt der Schluͤssel. einem Herolden nicht darum glauben soll/ weil er ein Herold/ sondern weil er seines Herꝛn Befehl vorlegt. Nun aber geschicht nichts derglei- chen bey den Paͤbstlern/ da ist der Vorsteher der Roͤmische Anti-Christ/ ipse reus, welcher selbst Schuld- und Straff-Wuͤrdig/ wie kan er dann Richter in einer Sache seyn? Mit seinen verstumten und vermumten/ gebundenen und gefangenen Pr æ laten/ also daß es eine rechte Conjuratio, eine Buben- Schul zu nennen/ vide Lutherum Tom. 7. fol. 220. Sie richten sich nicht nach der Schrifft/ sondern nach des Papsts Geist im Sack. Es ist bey ih- nen nicht angesehen zu der armen irrenden Schaͤflein Rath und ewigem Heyl/ sondern zu ihrem Verderben und Blutvergiessen. Endlich wird von ihnen in allem ein blinder Gehorsam erfordert/ daß man dem/ was der Papstund Concilium sagt/ ohn alles Widersprechen Glauben zustelle. II. Das andere extremum ist Καισαροπαπία, das Kayserliche Papstthum/ derer Politicorum, die durch die Ecclesiam oder Gemeine/ Magistratum, die Obrigkeit verstehen/ und dieweil es nunmehr eine andere Bewandnuß hat als in der ersten Kirchen/ so seye solch Straff-Ampt der Obrigkeit heimgefallen/ die mag hierinnen absolutè dem Predig-Ampt ge- bieten und vorschreiben. Dann wozu/ sprechen sie/ ist die Obrigkeit sonst da? wafuͤr ist die Policey-Ordnung anffgericht? sie ist ja nicht fuͤr die Gaͤnße dahin gesetzet? Antwort: Obrigkeit hat ihren Bezirck/ sie straffet um Geld/ dardurch die Leute nicht froͤmmer/ sonderen offt aͤrger gemacht werden. Die Obrigkeit haͤngt den Dieb an den Galgen/ er muß aber gleichwol auch zuvor Buße thun; Gleichwie die Obrigkeit nicht vergnuͤgt oder zu frieden waͤre mit der Kirchen-Buß. Zu dem ist sie in Consisto- riis nicht außgeschlossen/ sie sollen aber auch die Sach nicht allein fuͤhren und außmachen. Sprichstu: so bekomt ein Verbrecher zwo Ruthen auff den Rucken? Antwort/ ja/ wie Levit. 6, 2. der das depositum, das zu treuer Hand gethane Jnhalt/ mußte es wieder geben/ was er mit Gewalt genommen/ oder mit Unrecht an sich gebracht hat/ und noch darzu das fuͤnffte Theil daruͤber/ aber fuͤr seine Schuld solte er dem Herrn zu dem Priester einen Widder von der Heerde ohne Wandel bringen/ der eines Schuld-Opffers werth ist/ so wurde ihm vergeben/ was er gethan hat. Jst noch uͤbrig III. Finis, der Zweck und End-Ursach/ welche nicht ist diffamatio, das Vorrucken oder Vorwerffen/ nicht einen Laster- Stein in der Kirchen auffzurichten/ nicht ein Auffzug/ oder Gelaͤchter zu erwecken/ wie vor etlich Jahren mit den Stroh-Kraͤntzen geschehen/ son- dern 1. ἔλεγχος Conscientiæ, die Uberweisung des Gewissens/ daß der Thaͤter schamroth werde/ uͤber seinem Lehr-Jrꝛthum/ oder Lebens-Fehler. P p ij 2. Exo- Die Eylffte Predigt 2. Exomologesis, die Kirchen-Buß/ offentliche Abbitt und Bekantnuß. Irenæus l. 1. gedencket etlicher von dem Ketzer Marco verfuͤhrter Weiber/ welche mit heulen und klagen ihre Bekantnuß abgeleget. Dessen soll sich niemand schaͤmen/ dieweil dadurch GOttes Gnade gewonnen/ die Engel erfreuet/ und das Gewissen beruhiget wird. Maͤnniglich soll da Mitlei- den haben/ und gedencken/ was diesem begegnet/ kan einem andern auch begegnen/ und habe ein jeder/ der da meynt er stehe/ wol zu zusehen/ daß er nicht falle. 3. Παράδειγμα, das Beyspiel/ das sich andere daran stossen/ und fuͤr Suͤnden huͤten. 4. Lucrum ovis, der Seelen Gewinn daß man dem Ertz-Hirten sein Schaͤfflein wieder zufuͤhre/ welches ihm ans Hertz gewachsen ist. Der Schaaff-Diebstal war vor zeiten ein grosses Verbrechen/ weil es dem Hirten gleichsam ans Hertz gebacken/ wer ihm sein Schaaff angreifft/ der greifft ihm ans Hertz. Daher schreibet Jo- sephus l. 4. antiq. c. 8. Wer Gold oder Silber gestohlen/ mußte es zwey- fach/ wer aber ein Schaaff gestohlen/ vierfach wieder erstatten. Men- schen- und Seelen-Diebstahl ist der groͤste Diebstahl. Um so viel groͤsser aber der Diebstahl/ um so viel koͤstlicher ist die Errettung der Seelen vom ewigen Tod. Dieses dienet uns allen 1. tanquam motiva oculorum ad sympa- thian, daß wann wir von dergleichen Vorstellung hoͤren/ wir dieselbe mit verstaͤndigen mitleidenden Augen ansehen/ woher es kommet/ und wohin es gemeinet seye/ und uns nicht damit kuͤtzlen. 2. Tanquam conscientiæ campana, als ein Gewissens-Wecker. Dann dieweil solche Vorstellungen nicht genugsam/ nur allein auff die Unzucht/ Ehe-Haͤndel/ Fluchen und Schwoͤren gehen/ soll ein jeder in sich selbs zuruck schlagen und gedencken/ so solte es mir auch ergehen/ ich hab eben das verdienet. Ey ich habe/ moͤchte einer sagen/ gemeynet/ es seye genug/ wann ich meine Beicht thue? Antwort: Jn geheimen/ aber nicht offentlichen Aergernussen mag es wol dabey bleiben. 3. Ad revocationem antiquitatis Christianæ, zur Wiedergedaͤchtnuß der alten Christlichen Kirchen: Zeitlich hats in die- sem Stuck anfangen zu hincken. August. epist. 64. klaget von seiner Zeit: Impudicitia \& cubilia acerrimè in Ecclesia vindicantur, sed com- messationes \& contentiones tolerabilia videntur hominibus, \& sic pau- latim fiet, ut nec vitia putentur. Das ist: Unkeuschheit und Hure- rey werden in der Kirch hefftig geandet/ aber zechen und balgen komt den Leuten ertraͤglich vor/ und wird noch darzu kommen/ daß man es fuͤr kein Laster mehr achten wird. Und eben daselbst schreibet er von der Africanischen Kirchen: quod per dies solennes ebrietates Vom Gewalt der Schluͤssel. ebrietates licitæ putantur, quod ipsum quis non lugendum censeat; quanquam si tantum flagitiosa, \& non etiam sacrilega essent, quibus- cumque tolerantiæ viribus sustentanda putaremus; Das ist: Man meynet/ Fressen und Sauffen seye an Feyertaͤgen erlaubt/ wen solte dieses nicht betruͤben ? Welches/ wann es nur schlecht unrecht/ und nicht auch wider GOtt/ so wuͤrde mans mit allen Kraͤfften suchen zu erhalten und zu entschuldigen. O lieber Augustine, soltestu heut unter uns leben/ und diesen Sommer durch das Sabbath-Schaͤnden/ des Satans Unflath und Aergernuß sehen/ du wuͤr- dest sagen: ich bin ein gewisser Prophet gewesen; aber gleichwol wenig damit außrichten/ man wuͤrde dich als einen einfaͤltigen Pfaffenverlachen. Es ist aber solche Licentz und Unterlassung der Buß-Zucht nach Luthero erst recht angegangen/ da man von des Papsts Joch auffs andere extre- mum gefallen. Niemand wil recht dazu helffen; mancher foͤrchtet sich/ wann er einem anderen einen Splitter wolte außziehen/ man moͤchte ihm seinen eygenen Balcken vorweisen; andere Schein bergen/ wann Aerger- nuß einreissen/ und wollen den Wolff nicht anschreyen. Es ist aber da- durch alle das Unheyl in Teutschland verursacht worden. Criminalia maleficia, peinliche/ halsstraͤffliche Laster haben eben GOtt nicht in Har- nisch gebracht/ sondern die ungeante/ von hohen und nidern Stands Per- sonen impunè, ohne scheu und Forcht begangene Suͤnden. Wieviel/ meynen wir/ seind in solchen Suͤnden gestorben und verdammt worden? Sprichstu: die Gewonheit ist allzustarck eingewurtzelt; Antwort: eben darum wuͤnschen wir ein allgemeines Concilium und Reformation in allen Staͤnden/ wegen der einmahl kuͤnfftigen Vorstellung fuͤr dem Juͤng- sten Gericht. Wer ihm hier nicht rathen laͤßt/ der hat eine andere Vor- stellung zu gewarten/ deren er nicht gelachen noch entgehen wird. Wann wir uns selber richteten/ und fuͤrstelleten durch ernstliche Bekantnuß und Bereuung der Suͤnden/ so doͤrfften wir nicht von dem Herrn gerichtet werden. 1. Cor. 11, 31. Dieweil aber Christliche Hertzen zweifflen und ge- dencken moͤchten; Wir seind nicht vorgestellet worden/ darum seind uns unsere Suͤnden nicht vergeben/ so troͤstet euch ihr betruͤbte Hertzen und reu- ende Suͤnder/ der Vorstellung JEsu Christi/ euers Heylands/ so werdet ihr vor der Ecclesia und Gemeine aller H. Engel und Außerwehlten dro- ben im Himmel nicht so schamroth werden oder erbleichen doͤrffen. Unde timor judicii? quis enim veniet judicare te, nisi qui venit judicati pro te? spricht Augustin. in Psalm. 147. Warum foͤrchtestu dich vor dem Gericht ? dann wer ist kommen dich zu richten/ ohne der da P p iij gekom- Die Zwoͤlffte Predigt gekommen ist fuͤr dich gerichtet zu werden ? daß Er ihm selbs darstellete eine Gemeine/ die herꝛlich seye/ die nicht habe einen Flecken oder Runtzel/ oder des etwas/ sondern daß sie heilig sey und unstraͤfflich. Mit diesen Worten troͤstet euch unter einan- der/ Amen. Die Zwoͤlffte Predigt. Von Der Excommunication oder Bann. G Eliebte im HErꝛn. Was Kirchen-Buß und Disci- plin seye/ in welcher Materi wir noch mit einander stehen/ kan nicht besser verstanden und deutlicher erklaͤret werden/ als mit dem in die Augen leuchtenden Exempel der Kir- chen-Zucht/ die Theodosius, der maͤchtigste Orientalische Christliche Kayser Anno 390. außstehen muͤssen/ davon Eu. L. offt und viel hoͤret/ aber nicht allezeit mit allen Umstaͤnden/ so dabey unterlauffen. Zu mercken ist dabey I. peccatum, das Verbrechen/ das war nun die unbarmhertzige laniena, das greuliche Blut-Bad zu Thessa- lonich. Es hielten die Buͤrger daselbst jaͤhrlich ein Fest/ da sie unter an- deren heydnischen Spielen und Ubungen auch das kuͤnstliche Fahren mit vier Pferden geuͤbet. Darzu sie dann bedurfften einen vor andern beruͤhmten kuͤnstlichen Fuhrmann/ den die Kayserliche Beamten wegen Ehebruchs in Hafft gezogen/ den wolte der unbaͤndige Poͤbel mit Gewalt herauß haben/ und weil die Ampt-Leute solchen verwaͤgerten/ schlugen sie- etliche von ihnen zu todt/ und liessen den Ehebrecher herauß. Dieses wird dem Kayser verkundschafftet/ der uͤber sie ergrimmet/ ob schon Ambrosius fuͤr sie gebetten. Die Raͤthe stimmeten mit zu/ es waͤre wider Kayser- liche Reputation, er koͤnne es nicht ungeandet und ungestrafft lassen. Demnach befihlet er die Auffruͤhrer zu straffen/ und brachten die Com- missarii Soldaten in die Stadt. Da nun die Buͤrger ihr Spiel gehal- ten/ fallen sie ein/ und erwuͤrgen ohne Inquisition und Unterscheid inner- halb 3. Stunden auff die 7000. Personen. Das ahndete der Kayser nicht/ und ließ es also geschehen. 2. Remedium, das Oster-Fest ruckte herbey/ und wolte sich der Kayser beym Tisch des Herrn einstellen, Aber Ambrosius Vom Gewalt der Schluͤssel. Ambrosius ließ ihn nicht zur Communion/ und weiset ihn mit diesen Wor- ten ab: An nescis Imperator, quæ sit atrocitas à te commissi facinoris? annon meministi, alium esse nobis Imperatorem, te superiorem, Deum? quæ est ista tua feritas \& confidens impietas, ut nihil verearis, manus tu- as adhuc cruore stillantes ad percipiendum sacratissimum Domini cor- pus extendere? atque os tuum, quo damnasti innocentes, pretioso Do- mini sangaini admovere ? das ist: Weistu nicht Kayser/ wie greu- lich und abscheulich deine begangene Mißhandlung seye ? weistu nicht/ daß wir noch einen hoͤhern Kayser/ dann du bist/ uͤber uns haben/ GOtt ? wie darffst du so frech und kuͤhn seyn/ daß du deine mit Blut noch besudelte Haͤnde wilt außstrecken/ den allerheiligsten Leib deines HErꝛn Christi zu empfahen ? und deinen Mund/ mit welchem du die Unschuldigen verdam- met hast/ darreichen/ seines allertheuresten und koͤstlichsten Bluts zu geniessen ? Darauff machet sich der Kayser heim in sein Schloß/ erkennet mit Schmertzen sein Unrecht/ und enthaͤlt sich des of- fentlichen Gottes-Diensts und der Kirchen 8. Monat lang/ biß auff Weyh- nachten. Als ihn aber Ruffinus gefragt: warum er so hefftig weyne? und er geantwortet: es seye ihm der Spruch Christi in den Sinn gefal- lkn: Welchen ihr die Suͤnde behaltet/ denen seind sie behalten/ und was ihr auff Erden binden werdet/ das soll auch im Him- mel gebunden seyn; Da laßt er durch seinen Hoffmeister bitten/ man soll ihm doch erlauben/ zum Tisch des Herrn zu gehen. O nein/ sagte Ambrosius, er muß zuvor die Kirchen-Disciplin außstehen/ und verspre- chen/ daß hinfort kein Kayserlich Edict, Leib und Leben betreffend/ vor dem dreyssigsten Tag solle exequi rt werden/ damit der Kayser sich nicht uͤber- eyle. Das geschicht nun/ er legt seine Crone beyseit/ faͤllet zur Erden/ thut offentliche Kirchen-Buß/ bekennet mit Thraͤnen seine Suͤnd/ rufft GOt- tes Barmhertzigkeit an/ stehet nicht in seinem Kayserlichen Stuhl/ son- dern in loco peccatorum, an dem Ort der Unehren. Dieses ist Historia admiranda, eine wunder-wuͤrdige Histori/ daß ein solch grosser Potentat des Orient- und Occidentalischen Reichs/ gegen welcher Majestaͤt das heutige Kayserthum kaum wie ein Schatten zu rechnen/ von einem armen wehrlosen Pfarrer zu Mayland sich also tracti- ren lassen; daß er nicht den Ambrosium beym Kopff genommen/ und Johannem den Taͤuffer mit ihm gespielt. Man hat wol Exempel/ daß mit manchem Edelmann noch nicht so streng waͤre verfahren worden/ der aber eher seinen Pfarrer abgestrafft/ als sich der Disciplin unterwerffen wollen. Die Zwoͤlffte Predigt wollen. Was wil ich von Edel-Leuthen sagen? Man hat Exempel/ daß Bauren ehe in Krieg gezogen/ oder seind wol gar Atheisten worden/ wie Porphyrius bey dem Baronio ad an. 302. n. 53. Aber hier haben gestritten P i etas Regis \& fidelitas Episcpi, die Fromkeit des Koͤnigs und die Treu des Predigers. Es ist Historia exempli rarissimi, eine gar rare Histori und Geschicht. O ihr Ambrosii, wie seyd ihr so duͤnn gesaͤet bey grossen Herren! Da heißt es/ Mum Mum/ und hat man Brey im Maul. Haͤtte man solchen Ernst bey manchem grossen Herꝛn/ der unschuldig Blut vergossen/ der wie ein Dorff-Stier im gantzen Land gewiehert/ der sein Leben mit sauffen zugebracht; ja auch gegen ihre Raͤthe gebraucht/ so wuͤrde es besser gestanden seyn/ Kinder/ Land und Leuthe haͤttens nicht entgelten muͤssen. Aber Kopff und Pfrund war viel zu lieb/ Nathanes, Johannes und Ambrosii seind theure Leuthe. Tales habituri essemus aliquot Principes, qualis fuit Theodosius, si tales haberemus Episcopos, qualis fuit Ambrosius, schreibet Erasmus in præfat. Ambrosii, das ist: Wir wuͤrden wol solche Fuͤrsten haben/ wie Theodosius gewe- sen/ wann wir auch solche Bischoffe haͤtten/ wie Ambrosius ei- ner war. Es ist aber Historia exemplaris, ein Lehr-Geschicht. Unser Beyspiel/ darauß wir sehen/ wie es vor diesem in der ersten Jungfrauen- Kirchen her gegangen/ und wieweit wir davon abgewichen. Consangui- nitatem doctrinæ, die Verwandschafft in der Lehrehaben wir zwar behal- ten/ aber nicht disciplinæ in der Zucht. Darum wir uns mit aller Macht bemuͤhen sollen/ in allen Staͤnden Christo sein Mandat zu be- halten. Was GOTT zusammen gefuͤget hat/ das soll der Mensch nicht scheiden. Nun man hoͤre oder lasse es/ so muß es doch gesagt seyn/ auff daß am Juͤngsten Tag niemand mit einiger Entschuldi- gung auffkommen koͤnne. Nun/ M. L. Wir haben noch fuͤr uns den letzten Grad der Kirchen-Disciplin/ nemlich den Bann/ davon wir zu diesem mahl Eu. L. ein mehrers unterrichten wollen. GOTT gebe Segen und Gedeyen/ daß es fruchtbarlich und aufferbaulich geschehe/ Amen. D Rey Stuͤck seind abermahl zu beobachten/ 1. peccati reatus, das Verbrechen/ Suͤnd und Fehler/ welches zwar wiederum ist peccatum contumaciæ in scandalo privato, ein hartnaͤckiger Suͤnder/ der eine Aergernußbegangen/ wann die Kirchen-Buß nichts hat verfangen/ oder die schuldige Parthey derselben sich nicht gehorsamlich un- tergeben wollen. Es gehoͤren aber auch hieher alle scandala publica, enor- mia, Vom Gewalt der Schluͤssel. mia, barbara, offentliche/ grobe/ schandliche/ Aergernuß und Laster/ als da ist Apostasia, schnoͤder Abfall von der einmahl erkanten Warheit/ 1. Tim. 1, 20. Ketzerey/ Tit. 3, 10. 1. Tim. 4, 1. Ungehorsam/ ἀταξία, unordent- licher Wandel/ 2. Thess. 3, 10. Laster/ davon auch die Heyden nichts zu sagen wissen/ so fern dieselbe ἀνίατα \& pertinacia, daß man keine Besserung zu hoffen; Wann man den vorigen Weg versucht/ und doch nichts erhal- ten koͤnnen. Notoria \& convicta, bekannte und uͤberwiesene Aerger- nuß; dann da laßt sichs nicht thun/ wann irgend ein hitziger Kopff wolte einen excommunici ren und in den Bann thun/ um einer Suͤnde willen/ die noch nicht lautbar worden. Christi exemplum nostra institutio, Christi Beyspiel ist unser Unterricht. Der hat Judam nicht alsobald ex- communici rt, sondern auff die Notorie taͤt und Offenbarung gewartet/ biß er sich selbs verrathen/ und ihm das roth außgegangen ist. Er fuͤhret Judam durch alle 4. gradus, strafft ihn erstlich ins gemein/ daß ers wol mercken kunt/ wer damit gemeynet waͤre. Jhr seyd/ spricht der Herr/ nicht alle rein/ der mein Brod isset/ tritt mich mit Fuͤssen/ einer unter euch ist ein Teuffel. 2. Thut Ers Johanni kund/ der ists/ dem ich den Bissen eintauche und gebe. 3. Dem gantzen Apostoli- schen Collegio, da Er den Bissen eintauchte/ und ihn dem Jud æ gab. 4. Da Er zu ihm sagte: Was du thust/ das thue bald. Quod fa- cis, fac citius, quid illud? ut, quia in illum introierat Satan, ipse abiret à Christo; ejicitur \& excluditur eo, quod jam cum Domino Jesu esse non possit, qui cœperat esse cum diabolo, schreibet Ambrosius l. 2. de Cain \& Abel. cap. 4. Was du thust/ das thue bald; was ist das ? nemlich/ weil der Satan in ihn gefahren/ solte er von Christo weg gehen. Er wird verworffen und außgeschlossen/ darum/ weil der nimmer bey dem HErꝛn Christo seyn kan/ der ange- fangen es mit dem Teuffel zu halten. Dabey gleich abzunehmen der Unterscheid zwischen Petro und Juda/ deren jener alsbald durch den ersten Grad sich gewinnen lassen/ und darauff gegeben/ daß er der an- dern nicht bedoͤrfft. II. Remedium; das Mittel/ ist nicht politicum, aͤuserlich und irꝛdisch: der Herr Christus sagt nicht: Nehmet ihm Land und Leute/ fetzet ihn ab von Scepter und Cron/ wie der Papst thut/ dessen fulmen und Bañ-Strahl Henricus Koͤnig in Engelland gespuͤhret/ wie bey Petro Sua- vi zu lesen; und wie Achilles Harlæus bey Thuano l. 130. sagt/ dahin ge- het/ licere cruentas manus impunè Regibus afferre, es seye wol erlau- bet/ seine Haͤnde an die Koͤnige zu legen sie umzubringen. Also Zehender Theil. Q q hat Die Zwoͤlffte Predigt hat Sixtus V. wider den Koͤnig Navarræ und den Fuͤrsten Condæum ver- fahren/ und ihre Unterthanen und Vasallen ihrer Eyde befreyet. Das ist aber der rechte Weg nicht/ es heißt auch allhier: Evangelium non sol- vit vincula naturæ \& vincula politiæ, nec œconomiæ necessaria, sed vincula liberæ societatis. Sondern es ist 1. Remedium exclusivum conversationis publicæ \& privatæ, ein Außschluß-Mittel in den Wor- ten: Halte ihn als einen Heyden und Unchristen/ ἔςω σοι ὡσπερ ὁ ἐϑνικὸς καὶ τελώνης. Heyden waren bey den Juden so veracht/ daß sie aller- dings sich ihrer Gemeinschafft enthalten/ wie Petrus Act. 10, 28. sagt: Jhr wisset/ wie es ein ungewohnt Ding ist einem Juͤdischen Mann sich zuthun/ oder zukommen zu einem Fremdling. Was Zoͤllner fuͤr Leute geweßt/ hoͤret Eu. L. offtmahl auß den Sonntaͤglichen Evangelien/ unersaͤttliche Geitz-Haͤlse. Zwar ihrer Religion nach Ju- den/ aber die den Roͤmern die Zoͤll uͤberhaupt abgekaufft/ hernach capita- tim, kopffs-weiß das Geld eingefordert/ die Leuthe getrieben/ geschunden und gepreßt/ wie zu unseren zeiten von manchen Commissarien geschehen. Denen waren nun die Juden so feind/ daß sie sich ihrer allerdings ent- schlugen/ mußte auch deßwegen Christus der He rꝛ uͤbel hoͤren/ daß er sich solcher Bursche angenommen. Sie hatten ihr eygen attium und Stand im Tempel/ dahin sonst niemand sich begab/ wie abzunehmen auß Luc. 18. an dem Zoͤllner/ der von ferne gestanden, So/ sagt nun Christus/ soll man auch einen solchen Menschen/ einen hartnaͤckigen und unbußfertigen Suͤnder halten/ und demnach/ welches darauff folget/ ihm das geistliche Burger-Recht auffkuͤnden/ der Stadt GOttes verweisen/ als eine un- fruchtbare Rebe hinauß werffen/ als einen Banditen halten/ verbannen/ in den Bann thun/ Levit. 27, 28. Num. 21, 3. nichts mit ihm zu schaffen haben/ 1. Cor. 5, 11. 2. Thess. 3, 13. verstehe quoad liberam \& non legalem aut necessariam conversationem, was den freyen Handel/ und nicht das burgerliche Wesen oder Noth-Werck anbetrifft. 2. Remedium inclusi- vum, ein Einschluß-Mittel/ in dem Woͤrtlein κρατῶν, man soll ihn binden/ die Fessel und Bande des reatus anlegen/ gleichwie Joseph seinen Bruder binden lassen/ und der Engel den Satan/ Apoc. 20, 1. 3. Remedium traditivum, ein Ubergabs-Mittel/ man soll ihn dem Satan uͤbergeben in sein Reich/ da er vor der Tauff hergekommen. Ubergeben aber nicht ad corporalem obsessionem, zur leiblichen Besitzung/ sondern denuncia- tivè ac permissivè, daß man einen solchen Menschen offentlich fuͤr ein Teuffels-Kind erklaͤre/ der in solchem Stand kein Hoffnung des himmli- schen Erbes haben soll. 4. Remedium graduale, ein ordentliches/ unter- schiedliches Vom Gewalt der Schluͤssel. schiedliches Mittel. Die Juden hatten vorzeiten in ihren Synagog en oder Schulen drey unterschiedliche gradus, der erste hieß Excommunicatio minor, der kleinere Bann/ durch welchen ein Mensch von aller so wol hei- liger und geistlicher/ als weltlicher Zusammenkunfft auff 4. Schritt weit und 30. Tag lang außgeschlossen wurde. Der Andere Grad hieß Ex- communicatio major, der groͤssere Bann/ und geschah solenniter, mit harten Verfluchungen/ und war außgeschlossen von der gantzen Gemein/ sonsten ἀποσυναγωγία genant. Der Dritte Grad hieß Dominus venit, Maranatha, 1. Corinth. 16. Eben diese drey gradus hat auch die Christ- liche Kirch vor alters observirt/ als 1. den kleinern Bann/ in Abhaltung von dem Heiligen Abendmahl/ und dem ordentlichen Sitz. 2. Den groͤs- sern Bann mit der Außschliessung von allen Hochzeiten und freyem Leben. Man ließ ihn zwar in die Kirch gehen/ aber er mußte an einen besondern Ort stehen/ und hernach fuͤhret ihn der Sigrist wieder hinauß. Sonst gieng jederman seiner muͤssig/ als eines raͤudigen Schaaffs/ als eines ge- faͤhrlichen Saurteigs/ nach Apostolischer Vermahnung/ 1. Cor. 5, 11. Jch habe euch geschrieben/ ihr solt nichts mit ihnen zu schaffen haben/ nemlich/ so jemand ist/ der sich laͤßt einen Bruder nen- nen/ und ist ein Hurer/ oder ein Geitziger/ oder ein Abgoͤtter/ oder ein Laͤsterer/ oder ein Trunckenbold/ oder ein Raͤuber/ mit demselben solt ihr auch nicht essen. 2. Thess. 3, 14. So aber jemand nicht gehorsam ist unserm Wort/ den zeiget an durch einen Brieff/ und habt nichts mit ihm zu schaffen/ auff daß er scham-roth werde. 3. Das Maranatha, da man ihn ohne Gesang und Klang hinauß getragen/ und als ein Esel nicht auff den Gotts-Acker begraben. Dieses ist der Bann/ ein schroͤckliches Werck. August. l. 2. contra Adversar. legis \& Prophet. c. 9. schreibet/ Gravius esse supplicium, quàm gladiis dilaniari, aut à bestiis devorati, aut flammis exuri. das ist: Es seye eine groͤssere Straff/ als mit Degen zumetzelt/ oder von den Thieren zurissen/ oder mit Feur verbrant werden. Dann man gedencke/ dem Teuffel uͤbergeben werden/ alles Guten/ der Vergebung der Suͤnden/ GOttes Gnade entrathen/ was das seye. Absolon wolte lieber todt seyn/ als des Koͤnigs seines Vaters Davids Angesicht nicht sehen/ 1. Sam. 14. Um so viel schwerer aber ist der See- len als des Leibes Tod/ als viel und weit jene diesem uͤberlegen ist. Die Krafft des Banns haben erfahren Cain/ da er erstlich fuͤr das Angesicht GOttes/ und fuͤr seinem Vater fuͤrgestellet worden/ der ihm die Kirchen- Disciplin gehalten. Als er aber auff seinem Kopff geblieben/ und gesagt: Q q ij Soll Die Zwoͤlffte Predigt Soll ich meines Bruders Huͤter seyn ? so folget die Excommuni- cation und der Bann darauff: also gieng Cain von dem Angesicht des HErꝛn/ ꝛc. Gen. 4. Jud æ Exempel haben wir oben angezogen/ welcher/ weil er es biß auff die Excommunication kommen lassen/ so war er des Teuffels. Die heutigen Juden gehen uns noch/ als lebendige Ex- empel des Goͤttlichen Banns/ vor den Augen herum. III. Finis, der Zweck und Absehen ist nicht perditio animæ, der Seelen Verderben/ dahin der Paͤpstische Bann gehet/ daß/ wie sie lehren/ und sonderlich Toletus p. 17. der verbannte des gemeinen Gebetts und der Christlichen Conversation allerdings beraubet seyn solle. Der H. Apostel Paulus lehret uns viel ein anders/ 2. Thess. 3. Doch haltet ihn nicht als einen Feind/ sondern vermahnet ihn als einen Bruder. Habt nichts mit ihm zu schaffen quoad actus liberos \& in- termissibiles sed quoad actus necessarios \& Christianos non item, wann mans in freyen Stucken unterlassen kan/ nicht aber in nothwendi- gen und Christlichen Liebes-Wercken. Sondern es ist alles angesehen zur Besserung/ und nicht zum Verderben/ 2. Cor. 13, 10. Zum Verder- ben zwar des Fleisches/ und bußfertiger Ertoͤdung des alten Adams/ Gal. 5, 24. daß der neue Mensch erhalten und der Geist selig werde auff den Tag JEsu Christi. Und endlich πρὸς κέρδος, zum Gewinn des Naͤch- sten/ daß der Bruder gewunnen werde/ und davon die Kirch Freude und Wonne hab. Summa/ confusio \& conversio, auff daß er schamroth werde; Jst finis intentionis, das Absehen/ aber nicht immer executionis, die richtige Folg. Nun/ M. L. das ist die vierdte Vergebens-Predigt; Wie sprichstu/ Vergebens-Predigt/ ists vergebens/ warum predigt mans dann? Ant- wort auß Ezech. 2, v. 4. 5. Du solt zu den harten Koͤpffen und ver- stockten Hertzen sagen: So spricht der HErꝛ: Sie hoͤrens oder lassens/ es ist wol ein ungehorsam Hauß/ dennoch sollen sie wissen/ daß ein Prophet unter ihnen ist. Jst nicht absolutè \& ratione insensilis efficaciæ, der unempfindlichen Wuͤrckung nach schlechter dings dahin anzunehmen/ dann das waͤre wider GOttes Wort geredet/ Es. 55. Gleich wie der Regen und Schnee vom Himmel faͤllet/ und nicht wieder dahin kommet/ sondern feuchtet die Erde/ und machet sie fruchtbar und wachsend/ daß sie gibt Saamen zu saͤen und Brod zu essen: Also soll das Wort/ so auß meinem Munde gehet/ auch seyn/ es soll nicht wieder zu mir leer kommen/ sondern thun/ das mir gefaͤllet/ und soll ihm gelingen/ Vom Gewalt der Schluͤssel. gelingen/ dazu ichs sende. Sondern κατά τι, ratione eventus sen- silis, dem Außgang nach; dieweil man diese 4. gradus in der Christenheit nicht wil lassen auffkommen/ nach dem sie einmal verschwunden/ und der Sprung von einem extremo auff das andere geschehen/ von dem paͤpsti- schen Joch zu aller Licentz. Welcher Sprung unserm sel. Luthero in dem Reformation s Werck hefftig mißfallen/ er wuͤnschet die Auffrichtung des Banns Tom. 8. fol. 190. Jhr thaͤtet wol daran/ und ich liesse mirs gefallen/ so ihr den Bann wieder auffrichten koͤntet/ nach Weiß und Exempel der ersten Kirchen. Aber es wird den Hoff-Jun- ckern euer Vornehmen sehr faul thun/ und sie hart verdriessen/ als die nun des Zwangs entwehnet seind. Hoch waͤre solche Disciplin von noͤthen/ dann der Muthwill/ daß jederman thut/ was er wil/ nim̃t zusehens uͤberhand/ ꝛc. Aber narratur fabula surdo, es werden die Laster/ deren sich auch die Heyden geschaͤmet/ impunè ohne scheu und Straff begangen; auß der Kirchen Christi macht man eine Moͤrder-Grube/ GOttes Nahme wird stinckend gemacht/ falschglau- bige von unserer Religion abgeschroͤckt/ der Bann wird nicht weg gethan. Sondern als die wilde Pferde wil man sich nicht lassen zaͤumen/ als die unsinnige zureißt man alle Bande/ als die Cyclopen stuͤrmet man GOtt seinen Himmel: Je mehr Gott geisselt/ je verhaͤrter seind die Menschen/ je groͤsser Feur/ je mehr Oel. Zum Exempel/ Gott hat seinen Zorn se- hen lassen in dem verderblichen Reiffen/ der alle Hoffnung zu guter Ernd und Herbst geschlagen. Was solte man nun thun/ als mit Thraͤnen loͤschen; so freuet sich mancher Wein-Verkaͤuffer/ und gedencket/ wann ers gleich nicht sagt: Mein Wein ist mir nicht erfroren. Der andere den- cket: O daß ich meine Frucht/ meinen Wein noch haͤtte/ jetzt koͤnte ich ei- nen Pfenning daran loͤsen. Der dritte schlaͤgt auff/ und erwecket muth- willige Theurung/ das Land-Volck wird ungedultig/ gruntzet und murret. Seind das nicht bannige Laster? Darum muß es auch das gantze Land entgelten. Und wie mancher/ meynen wir/ ist bann loß dahin gestorben? O was geb er darum/ daß er in der Welt waͤre verbannt geweßt/ daß er anjetzo nicht ewig verbannt seyn muͤßte. Noch gleichwol ists nicht alles vergebens/ dann diese Betrachtung erleuchtet uns/ 1. daß uns die Augen auffgehen und wir zuruck geden- cken/ woher solch Ungluͤck komme. Wie solte der gerechte Gott solches Cyclopisches Wesen nicht straffen/ dadurch sein allerheiligster Nahme ge- schaͤndet und stinckend gemacht wird? Sie lehret uns 2. wie es vor die- sem zugegangen/ da die Kirche noch Jungfrau geweßt/ und von dem Q q iij Anti- Die Zwoͤlffte Predigt Anti-Christ noch nicht geschwaͤchet worden: und wie es anjetzo zugehet/ nach dem dem Roͤmischen Reich die Fluͤgel außgeraufft/ und der Kirchen ihre Schluͤssel genommen worden. 3. Erschroͤcket sie die Gottlosen/ die aͤrgerliche Suͤnden begehen/ und nicht darum gestrafft werden. Dann sie sollen wissen/ daß sie realiter, warhafftig im Bann seind/ ob schon nicht pronunciativè daß mans sagen darff. 4. Unter weiset sie Lehrer und Prediger/ daß sie thun und so weit gehen/ als und was sie koͤnnen. Vermoͤgen sie nicht mehr/ sollen sie doch aͤrgerliche Suͤnder von der Communion abhalten. Dann wer einen hartnaͤckigen/ von dessen Boßheit gnug Zeugnuß fuͤrhanden/ zulaͤßt/ und ihm das Pfand der Vergebung der Suͤnden gibt/ der versuͤndiget sich dreyfach/ mendaci testimonio, mit einem lugenhafften Zeugnuß/ das er mittheilet/ augmen- to damnationis, mit Vermehrung der Verdamnuß/ und proditione cor- poris \& sanguinis Christi, mit Verraͤtherey des Leibs und Bluts Christi. 5. Erwecket und ermuntert sie den Wunsch Christlicher Her- tzen/ daß man doch an diesem Stuck mehr als an einigem arbeite/ nicht Oel ins Feur giesse/ je mehr GOTT straffet/ je mehr suͤndige. Jn Er- wegung und weil doch die Welt dem Teuffel zufahren will/ und sich den Geist GOttes nicht wil straffen lassen/ daß mans dem gerechten Juͤng- sten Tag uͤbergebe/ da eine schroͤckliche Excommunication vorgehen/ und es heissen wird: Anathema, Mahoram Motha, wer den HErꝛn JE- sum nicht lieb hat/ das ist/ seine Gebott nicht haͤlt/ 1 . Cor. 16. Aber Friede seye uͤber den Jsrael GOttes/ und wieviel nach dieser Regul einher gehen. Muͤssen sie auch gleich excommunici rt werden vom Papst/ so troͤsten sie sich mit der Propheceyung Christi/ Joh. 16. mit dem Exempel der unschuldigen Bekenner Christi/ cap. 9, 22. mit dem Segen Abrah æ/ Gen. 12. da GOtt der HErr spricht: Jch wil seg- nen/ die dich segnen/ und verfluchen/ die dich verfluchen. Nun der Herr segne und behuͤte uns/ und laß sein Angesicht uͤber uns leuchten. AMEN. Die Vom Gewalt der Schluͤssel. Die Dreyzehende Predigt. Von Der Zusammen-Stimmung des Gebetts. G Eliebte in Christo. O wie herꝛlich bistu geweßt/ Elias/ mit deinen Wunder-Zeichen/ wer ist so herꝛ- lich als du ? Mit dieser προσφω ήσει redet Syrach an den grossen Wunder-Mann Eliam/ c. 48, 4. Siehet densel- ben an/ und stellet ihn uns fuͤr als Heroëm incomparabi- lem \& inimitabilem, ein Wunder-Mann und Wunder- Helden/ der mit Helden-Muth und Thaten von GOtt außstaffiret gewe- sen/ seines gleichen nie gehabt/ dem es auch niemand nachthun koͤnnen noch moͤgen. Betrachtet 1. Heroicum spiritum, seinen Heroischen Geist/ den er bezeuget nicht nur in frischem unverzagtem Anspruch seines Verfolgers Achabs/ der ihn auff den Todt suchen lassen/ dem tritt er unter die Augen/ und sagt: Jch verwirre Jsrael nicht/ sondern du und deines Vaters Hauß/ damit daß ihr des Herꝛn Gebott verlassen habt/ und wandelt Baalim nach/ sondern auch an der strengen Execution, die er an den Baals-Pfaffen veruͤbet/ und sie am Bach Kison geschlachtet. Jnsonderheit aber da er den beeden Haupt- Leuthen Ahasi æ mit Feur vom Himmel abgelohnet/ die zwey Hauptleute/ sampt zweymal 50. Mann gefressen: war heroicus spiritus \& inimita- bilis, darum als die Juͤnger Christi Luc. 9. sich erkuͤhnten solches nach- zuthun/ sagt der Herr/ wisset ihr nicht/ welches Geistes Kinder ihr seyd ? 2. Heroica Facta, Heroische Thaten/ so da seind seine Wun- der-Wercke/ als daß durch seinen Segen und Gebett der Wittwen Meel im Cad nicht verzehret worden/ und dem Oelkrug nichts gemangelt; daß er ihren todten Sohn wieder lebendig gemacht/ und den Himmel beschlos- sen. 1. Reg. 17, 14. \& vers. 21. 22. Es soll diese Jahr weder Thau noch Regen kommen/ ich sage es denn. 1. Reg. 17, 1. 3. Heroica vita, Heroisches Leben/ er behilfft sich an dem Bach Crith/ mit einem schlechten Losament/ und nim̃t bey einer Wittfrauen fuͤr lieb/ war arm/ veracht/ verfolgt/ sein Kleid war ein rauhe Haut/ und ein lederner Guͤrtel um seine Lenden. Jm Papstthum wil man es ihm nachthun/ und solle von Die Dreyzehende Predigt von dem Berg Carmel der Carmeliter-Orden sich herschreiben. Die Bettel-Moͤnche beschoͤnen sich auch mit diesem Exempel/ deren taͤglich viel tausendmal tausend vom Bettel sich erhalten. Aber wir sprechen mit Syrach: Elia/ wer ist so herꝛlich als du ? Wann sie Eli æ sein 40. taͤgig Fasten nachthun koͤnnen/ so wollen wir sie als dann fuͤr rechte Elianer passiren lassen. 4. Heroica fata, Heroisches Gluͤck und Geschick/ daß er wunderbar von den Raub-Voͤglen den Raben gespeiset/ vom Engel mit geroͤstetem Brod und Wasser erquickt worden. 5. He- roicus vitæ exitus, sein heroisches Lebens-Ende/ da er mit feurigen Ros- sen und Wagen von der Erden in den Himmel abgeholet worden. Es stellet aber der Apostel Jacobus im 5. Cap. v. 16. 17. Eliam uns fuͤr als exemplar imitabile, ein Exempel der Nachfolg/ wann er sagt: Des gerechten Gebett vermag viel/ wann es ernstlich ist/ Elias war ein Mensch gleich wie wir/ und er bettet ein Gebett/ daß es nicht regnen solt/ und es regnet nicht auff Erden drey Jahr und sechs Monden. Und er bettet abermahl/ und der Himmel gab den Regen/ und die Erde bracht ihre Frucht. Gibt damit zuverstehen imitationis possibilitatem, daß auch unser Gebet erhoͤrlich seye/ und gleichsam allmaͤchtig/ wann die Erde lechzet/ und der rauhe Nord-Wind alles außtruͤcknet/ so koͤnnen wir auch den Regen/ wie andere Gutthaten/ von GOtt erbetten. Zeigt aber auch an medium, cla- vem cœli, daß das Gebett das Mittel und der Schluͤssel seye/ damit wir den Himmel auffschliessen/ bezeugt damit wahr seyn/ was August. schrei- bet serm. 226. de temp. Oratio justi est clavis cœli, ascendit precatio \& descendit DEI miseratio. das ist: Das Gebett des Gerechten ist ein Schluͤssel des Himmels/ das Gebett steigt hinauff/ und GOttes Barmhertzigkeit herunder. Und ist eben auch der rechte Schluͤssel zu Go ttes Schatz-Kammer/ zu seinem Jndulgentz-Kasten/ den- selben zu schliessen und auff zu thun/ allermassen wie Christus darauff deu- tet in den Worten: Wo zween unter euch eins seynd auff Erden/ warum es ist/ das sie bitten werden/ das soll ihnen wiederfah- ren von meinem Vater im Himmel. Wir haben dis Sechste Hauptstuck nun in unterschiedlichen Predigten tractirt. Dißmal wollen wir die Symphoniam precum, das maͤchtige/ hertz-bewegende und Gott- gewinnende Mittel erwegen/ und auff alle andere πράγματα (περὶ παντὸς πράγματος) extendi ren. Sonderlich weil wir noch im Anfang des Neuen Jahrs begriffen/ da wir diese Symphoniam wol vonnoͤthen haben. Der Vom Gewalt der Schluͤssel. Der Herr sende uns hiezu seine Huͤlffe vom Heiligthum/ und staͤrcke uns auß Zion/ er gebe was unser Hertz begehret/ und erfuͤlle alle unsere An- schlaͤge. Amen. G Eliebte in Christo. So ist nun das Mittel/ πᾶν πράγμα, in specie aber und sonderlich ratione subjectæ materiæ, alles das jenige/ was im Sechsten Haupt-Stuck zur Erbauung und Besse- rung der Christlichen Kirchen vonnoͤthen/ zu gewinnen. Symphonia pre- cum, die einhellige/ einmuͤthige/ einmuͤndige/ einhertzige Zusammen-stim- mung des Gebets. Jst ein Gleichnuß genommen von einem allgemei- nen zusammen gesetzten Noth-Geschrey/ da man um Huͤlffe rufft/ wie dort das gantze Volck in Egypten um Brod. Gen. 41, 55. Das Volck Jsrael um Abwendung des grimmigen Zorns GOttes/ Num. 11, 2. Derglei- chen symphonische Gebet sind von Alters her je und allezeit in der Christli- chen Kirchen die geuͤbte/ offentliche Litaniæ geweßt; ubi quasi agmine facto, \& manu factâ expostulamus, \& vim facimus DEO, quæ DEO grata est: da wir gleichsam hauffenweiß Hand anlegen/ expostuli ren/ und Gott Gewalt anthun/ welches ihm angenehm ist. wie Tertull. in Apolog. redet. Da man Gott den Herrn rings herum als mit einer Wagen- burg umgibt/ in die mitte fasset/ und gleichsam im Arrest gefangen halt/ denselben nicht lasset/ er segne dann. Bey Josepho liset man von dem Juͤ- dischen Volck folgende Histori: Als Pilatus bey seinem Auffzug das Kriegs-Volck von C æ sarea gen Jerusalem ins Winterlaͤger fuͤhrete/ brachte er zugleich die Zeichen/ darauff des Kaͤysers Tiberij Bild/ Jtem der Roͤmische Adler/ und andere geschnitzte Bilder/ (deren sich die Roͤmische Soldaten/ wie wir der Fahnen oder Flecken/ bey den Compagnien gebrau- chen) in die Stadt/ das der vorigen Land-Pfleger keiner sich unterstanden hatte/ wiewol er doch/ Auffruhr zu vermeiden/ solches bey Nacht gethan hat. Da die Burger zu Jerusalem das erfahren/ lieffen sie mit Hauffen zu Pi- lato/ und baten ihn/ daß er diese Zeichen/ weil sie wider ihre Gesaͤtze waren/ auß der Stadt an einen andern Ort schaffen wolte. Da er ihnen aber sol- ches abschluge/ mit vermelden/ wie es dem Kaͤyser zur Schmach ge- reichte/ sie aber sich nicht abweisen liessen/ draͤuet er ihnen den Tod/ wo sie nicht abliessen. Aber es halff nichts/ die Juden boten ihre Haͤlse dar/ begehr- ten lieber zu sterben/ dann solchen Greuel in der heiligen Stadt zu leiden. Da Pilatus ihre Bestaͤndigkeit sahe/ ließ er die Zeichen oder Fahnen/ auff welchen Geschnitzte Bilder waren/ von Jerusalem wieder gen C æ saream bringen. Soviel vermochte das gesellete und hauffenweiß anlauffende Zehender Theil. R r Gebet Die Dreyzehende Predigt Gebet bey Pilato. Also und vielmehr kan der guͤtige und barmhertzige Gott auff solche weise bewogen werden. Sonderlich aber ist das Gleich- nuß entlehnet von einer Music/ dann gleichwie eine zusammen-stimmende/ zusammen wol gerichte/ proportionirte/ figuͤrliche und zierliche Music/ viel anmuthiger/ lieblicher und angenehmer zu hoͤren/ als eine bloße einige/ oder einzele Stimm: Also auch die symphonia precum, tinnit in aure DEI, sie klinget gar schoͤn und lieblich in GOttes allerheiligsten Ohren. II. Symphonia terrestris, wo zween unter euch eins werden/ \&πὶ τῆς γῆς, auff Erden/ warum es ist/ das sie bitten wollen/ ꝛc. Zeiget damit an den Unterscheid inter symphoniam cœlestem \& terre- strem, zwischen der himmlischen und irꝛdischen Zusammen-stimmung. Jn der triumphirenden Kirchen stimmet man zusammen im hoͤhern Chor/ da werden lauter ἀῤῥητα gesungen/ der Heiligen zwoͤlff Botten Zahl/ und die lieben Propheten all/ die theuren Maͤrtyrer allzumal/ loben dich Herr mit grossem Schall. Hie aber ist die streittende Kirch/ die weiß noch von solcher Symphoni nichts/ sie ist ihr verborgen. Und diese zwo Sympho- nien lassen sich nicht confundi ren und mischen/ wie zwar Gregorius M. ein solch Mischmasch in seiner Litania gemacht/ und die cœlites einge- mengt. Forerus in Antiq. Pap. p. 53. unterstehet es zu defendi ren/ wann fuͤr einem Koͤnig neben dem Supplicanten der gantze Hoff und alle Of- ficianten erscheineten/ und zugleich mit ihm intercedir ten/ wuͤrde es nicht kraͤfftiger seyn/ als wann er allein stuͤnde/ wer das laͤugnet/ muß aller sei- ner fuͤnff Sinnen beraubet seyn. Wie aber/ wann die aulici und Hoff- Diener weyland Rebellen waͤren gewesen/ und hernach mit ihren meritis und Diensten wolten pralen und prangen/ wuͤrde es bey dem Koͤnig et- was vermoͤgen und durchdringen? Wie wann ein Absalon drunter/ der dem Volck das Hertz abgestohlen/ wie wuͤrde das dem Koͤnig gefallen? Wir haben gnug an Gott dem Vater/ der ἐυπρόσιτος, an Gott dem Sohn/ der unser Advocat/ an Gott dem H. Geist/ der uns vertritt mit unaußsprechlichen Seufftzen/ Rom. 8. Quare alterius nomine aliquid ab eo peteremus, si suo nomine omnia pollicetur? August. Warum sollen wir in eines andern Namen etwas von ihme begehren/ wann er uns in seinem Namen alles verheißt ? III. Symphonia Quanta. Es gedencket zwar der Herr nur zween/ und redet de symphonia separata, da zween gute Freunde zusammen tret- ten/ einander ihr Anligen klagen/ wie dann einer dem andern sein Anli- gen klagen/ und nicht in sich fressen soll/ und bittet/ er wolle ihm helffen bet- ten/ dein Gebet ist vielleicht staͤrcker/ als das meine/ wir wollen zugleich mit ein- Vom Gewalt der Schluͤssel. einander betten/ ein ander mal bitt ich auch fuͤr dich. Ein trefflich Ex- empel dessen lesen wir Gen. 25, 21. wie Jsaac sampt seiner Rebecca zugleich mit einander um den Ehe-Segen betteten/ und Jsaac bettet fuͤr sie. Jn der H. Sprach lautet es etwas anders/ lenachach ischto, è regione uxoris suæ. Er redet aber exemplariter, ja wann es auch nur zween waͤ- ren/ vielmehr wann mehr zusammen kommen/ und schliesset demnach nicht auß/ sondern ein/ symphoniam domesticam, eine gantze Haußhal- tung und Hauß-Kirch/ auß Kindern und Gesind versamlet/ wie derglei- chen einer Meldung geschicht Act. 12. da auch der Magd Rhode gedacht wird. Vornemlich symphoniam totius Ecclesiæ, wann die gantze Gemei- ne zusammen kom̃t und ihre Bett-Stunden und Bett-Taͤgehaltet. 2. Chron. 20, 13. Das gantze Juda stund fuͤr dem HErꝛn/ mit ihren Kin- dern/ Weibern und Soͤhnen. Joel. 2, 16. Versamlet das Volck/ heiliget die Gemeine/ samlet die Eltesten/ bringet zu hauff die jungen Kinder und die Saͤuglinge. Die Juͤnger des Herrn ha- ben die Wort wol in die Ohren gefaßt/ und tapffer practicirt in allen fuͤr- fallenden Noͤthen. Sie waren alle staͤts bey einander einmuͤthig/ mit betten und flehen/ Act. 1, 14. Als der Tag der Pfingsten erfuͤllet war/ waren sie alle einmuͤthig bey einander/ Act. 2, 1. In specie zur Zeit der Verfolgung/ da sie das hoͤreten/ huben sie ihre Stimme auff einmuͤthiglich zu GOtt. Act. 4, 24. Petrus war zwar im Gefaͤngnuß gehalten/ aber die Gemeine bettet ohne auffhoͤren fuͤr ihn zu GOtt. Act. 12, 5. Bey der Ordination Pauli und Barnab æ/ da sie aber dem HErꝛn dieneten und fasteten/ sprach der H. Geist; sondert mir auß Barnabam und Sau- lum zu dem Werck/ dazu ich sie beruffen habe. Da fasteten sie und betteten/ und legten die Haͤnde auff sie/ und liessen sie gehen. Act. 13, 2. 3. Jn schweren und toͤdlichen Kranckheiten. Jst jemand kranck/ der ruffe zu sich die Eltesten von der Gemeine/ und lasse sie uͤber sich betten. Jac. 5, 14. Dergleichen hernach bey der ersten Kirchen/ nach der Apostel zeiten/ in Litanien propagirt und fortge- setzet worden/ und haben wir die vestigia bey Justino Martyre, Tertullia- no, Cypriano, der sonderlich vermeldet/ wann sie in die Bett-Stunde kommen/ so habe der Prediger geruffen/ sursum corda, erhebet euere Her- tzen/ darauff das gantze Volck geantwortet: Habemus ad Dominum. Gregorius M. bezeuget/ wann der Prediger die Litaney vorgesprochen/ so habe das Volck nachgeruffen/ Κύριε ἐλέησον. Sozom. l. 2. 27. erzehlet/ welcher massen das Volck zu Antiochia/ weil es des Kaysers Theodosij R r ij Zorn/ Die Dreyzehende Predigt Zorn/ wegen der angesponnenen Auffruhr gefoͤrchtet/ einen offentlichen Bet-Tag angestellet/ und mit traurigen Melodien angehalten/ daß GOtt des Kaͤysers Zorn wolte lindern/ und ist also fort und fort getrieben wor- den/ biß der Teuffel in der Kirchen Meister worden/ und der Anti-Christ solchen schoͤnen GOttes-Dienst und divina officia in die Cloͤster gezogen/ und die grosse Thum-Pr æ benden auffgebracht/ da die Canonici/ die in den Schulen ihre horas Canonicas haͤtten halten sollen/ die Psalmen Davids anfangen zu heulen/ dabey der arme Lay gestanden wie eine Ganß/ und verstumt wie eine Kuh. Durch GOttes Gnad haben wir es wieder er- langet/ daß die Symphonia precum, die allgemeine Zusammenstimmung in unsern Bett-Stunden auffkommen. IV. Qualis Symphonia? Welche Art/ wie muß sie beschaffen seyn? Es muß seyn eine heilige Symphoni/ es muͤssen die Cantores in dem Na- men Christi versamlet seyn/ Matth. 18, 20. sie muß nach der Tabulatur Christi/ als des Symphoniarchæ, angestimmet werden/ an Christum ab- gehen/ und Christum selbs besingen. Symphonia palinodica, ein Wider- ruff. Symphonia pœnitentialis, ein Buß-Lied. Dan. 9. Sie muß ge- hen auß hertzlicher Sympathi, auß brennender hertzlicher Liebe/ sonst ists eine klingende Schelle/ 1. Cor. 13. auß einmuͤthigem Hertzen und Sinn/ sonst ists GOtt nicht angenehm/ sondern ein Wolffs-Geheul/ ein Sau- Gruntzen/ ein Katzen-Geschrey/ ein Hunds-Bellen. Thue nur weg von mir das Geplerꝛ deiner Lieder/ denn ich mag deines Psal- ter-Spiels nicht hoͤren. Amos. 5. 23. V. Efficax Symphonia, ein kraͤfftiges und maͤchtiges Gebett/ es soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel/ sagt der Mund und Grund aller Warheit/ um und von wegen Christi/ in dessen Namen alle Verheissungen Ja und Amen seynd. Wie? hat dann das eintzele Gebett keine Krafft? Sagt doch der Herr selbs Matth. 6. v. 6. Wann du aber bettest/ so gehe in dein Kaͤmmerlein/ und schleuß die Thuͤr zu/ und bette zu deinem Vater im verborgenen/ und dein Vater/ der in das verborgene siehet/ wird dirs vergelten offentlich. Jch lise ja/ daß Abraham allein fuͤr Sodom gebetten/ Gen. 18. und erhoͤrlich gebetten. Jsaac allein auff dem Feld/ Jonas im Wallfisch/ Christus am Oel-Berg/ ꝛc. Ja freylich hat alles Gebett seine Krafft/ aber groͤsser ist dieselbe Krafft/ die cum agmine facto hauffenweiß geschicht/ groͤsser und staͤrcker ob vim unitam, da was einem in der Schwachheit abgehet/ durch den andern ersetzet wird/ die Gedancken wer- den distrahi rt, eine Bitt bettet dieser mit devotion, der ander ein andere/ und Vom Gewalt der Schluͤssel. und geniesset je einer des andern. Ob suavitatem harmonicam tonorum \& graduum, wann Cymbeln ( h. e. ora infantium ) und Posaunen unter ein- ander gehen. Ps. 150. ob concordiam fraternam \& sympathiam, es gehet einem zu Hertzen/ wann er einen presthafften Menschen auff der Gassen sihet/ deßgleichen einen armen Waisen/ der niemand hat/ der sich seiner an- nim̃t; kom̃t er aber in Spittal oder Waisen-Hauß/ und hoͤret sie alle zu- sammen schreyen und heulen/ da moͤchte einem das Hertz im Leib fuͤr erbar- men brechen/ daher hat auch Christus im Garten am Oelberg/ in seinen groͤsten aͤngsten und Noͤthen/ drey seiner Juͤnger in societatem precum, zur Vermehrung des Gebetts zu sich genommen. Man soll/ schreibet Luth. Tom. 8 Jen. f. 216. wol uͤberal/ an allen Orten und Stunden/ betten. Aber das Gebett ist nirgend so kraͤfftig und starck/ als wann der gantze Hauff eintraͤchtiglich mit einander bettet/ also haben sich die lieben Ertz-Vaͤtter mit ihrem Gesindlein/ und was sich sonst zu ihnen geschlagen/ entweder zu einem Bruͤnn- lein gefunden/ ein Huͤttlein auffgeschlagen/ ein Altaͤrlein auff- gerichtet/ da sie von des Weibes Samen geprediget/ GOtt angeruffen/ geopffert/ und gedancket. Die Exempel/ wie Chri- stus seinem Wort Krafft gegeben/ seind in der Kirchen-Histori beruͤhmt: Von den ersten Christen stehet Act. 4, 31. Und da sie gebettet hatten/ beweget sich die Staͤtte/ da sie versamlet waren/ und wurden alle des Heiligen Heistes voll / und redeten das Wort GOttes mit Freudigkeit. Solche Erhoͤrung und Gewaͤhrung haͤtten wir noch zu hoffen wann noch dergleichen Glaube waͤre. GOttes Arm ist nicht verkuͤrtzt/ der erhoͤret/ in dem Er entweder gibt/ was wir begehren/ oder ein gleichguͤltige Gab/ oder ein besseres Gut/ oder Er lindert die Angst mit sol- chem kraͤfftigen Trost/ daß man sie leichtlich uͤberwinden kan. Nun/ M. L. wir haben fuͤr uns im angehenden Jahr πράγματα, die schwer genug sind/ pragmata cœli prænunciata, in den Practicken/ da von der angedraͤuten Finsternuß/ ungeheuͤren Constellation und Gewitter greuliche Ding prædicirt und vorgesagt werden/ daß einer dafuͤr erschroͤ- cken soll/ wann er daran gedencket. Was ist hier fuͤr eine kraͤfftige Pr æ- servativ zu gebrauchen? die Symphonia precum, Wann wir in hoͤchsten Noͤthen seyn/ Und wissen nicht wo auß noch ein/ Und finden weder Huͤlff noch Rath/ Ob wir gleich sorgen fruͤh und spath. R r iij So Die Dreyzehende Predigt So ist das unser Trost allein/ Daß wir zusammen ins gemein/ Dich anruffen O treuer GOtt/ Um Rettung auß der Angst und Noth. Πράγματα inferni, hoͤllische Fuͤndlein/ List und Tuͤck/ consilia syncretica, Herodiana, da ist die Bett-Glock die beste Glock/ die solche Ungewitter vertreiben und wegleiten kan. Pragmata in terris comitialia, da von den Feinden der Warheit Practicken vorgehen/ und heimlich ein Bad zuge- richtet wird/ das Uhrwerck gehet noch in den Raͤdern/ biß jederman hoͤren wird/ was die Glock geschlagen. Scheinet als ob es uͤber die arme Kirch wuͤrde gehen/ die muͤsse das Bad außtrincken: Zwar man verdienet es nicht besser/ Gluͤck/ wolfeile Zeiten gebaͤhren Sicherheit/ allerhand Untu- genden und Laster. Die Papisten halten ihre aͤusserliche Battologiam mit grosser devotion und aͤusserlicher Andacht/ dadurch sie viel Leute ver- fuͤhren/ wir schlaffen auff beeden Ohren/ wie die Juͤnger/ die Christus am Oelberg zur Gebetts- Symphoni inviti rt und auffmuntert. Aber jene werden unsere Oelberger verdammen. Jm gegentheil und vielmehr hoͤ- ret man unchristliches/ teuffelisches Fluchen und Schwoͤren/ da oft eine gantze Haußhaltung zu sammen fluchet/ und wie die Alten sungen/ zwitzern hernach die Jungen. Wozu kom̃t der schnoͤde Mißbrauch der Weyhe- nacht/ Schwoͤrtags/ und Ammeister Unifahrt/ da man sich toll und voll saufft/ uñ hernach die symphoniam diabolicam anstim̃t/ anfangt zusam̃en jaͤhlen und schreyen. O Teuffels Music! darauff nichts anders folgen kan/ als Zetter/ Mordio/ Feurio in der Hoͤllen! Pragmata œconomica, da fallen taͤglich Sachen vor/ die entweder als suͤndlich abzubetten/ oder als gut zu erbetten/ oder/ als fuͤr andere zur Fuͤrbitt. Da gehoͤret Gebett zu/ soll es von statten gehen. Wie dann ein Christ ohne Gebett nicht das ge- Scheid- und Absag- Brieff. ringste soll anfangen/ und anderer Leute mit-Gebett pflegen. Aber wo bleibt das? wo zum Exempel die Krancken? das liebe Adeliche Toͤchter- lein kom̃t alle Tag fuͤr die Cantzel/ klopffet an/ und bittet um die Sympho- niam. GOtt hat es uns vorgelegt zur Prob unsers Christenthums/ aber wer achtets? man hoͤrets auß Gewonheit. Wo bleiben die innerliche Hertzens-Seufftzer und Stoß-Gebettlein? wo spricht einer den andern um seine Fuͤrbitt an? Aber eben das verrahtet unsere ἀσέβειαν, und ist ein clar Argument/ daß alles erfroren/ Glaube/ Liebe/ Andacht/ Gebett. Nun es mangelt an sagen/ an lehren/ an erinnern nichts/ auch nicht an Anstalt und Ordnung der offentlichen Bett-Stunden. Der Mund der Lehrer wird Vom Gewalt der Schluͤssel. wird einmal schweigen/ und stum̃ werden/ aber eine schroͤckliche symphonia categorica wird im Gewissen und am Juͤngsten Gericht erfolgen. Go tt gebe zum seligen Neuen Jahr solche einmuͤthige Hertzen/ daß wir sympho- nicè betten/ damit GOtt unsers Hertzens Wunsch erhoͤren/ und wir auch in die him̃lische s ymphoniam im hoͤhern Chor kommen/ unter die him̃lische Symphonisten eingemengt/ ja eines mit ihnen werden moͤgen. Amen. Die Vierzehende Predigt. Von Der Gegenwart Christi auff Erden. G Eliebte in Christo. Es war zwar eine grosse/ uner- hoͤrte Wunder-Gnad/ περιοσὸν, fuͤrtreffliches ornament und hoher Adel/ damit das außerwehlte Volck GOttes/ die Kinder Jsrael begabet und gezieret gewesen/ die Wol- cken- und Feur-Seule/ deren in unterschiedlichen Orten H. Schrifft gedacht wird. Dann es war diese gedachte Wolcken- und Feur-Seule wol ein grosses Wunder-Zeichen/ darinn der unerschaffene Engel/ der ewige Sohn GOttes/ als der Motor sich ver- huͤllet und verborgen/ und durch dieselbe sein Gnaden- und Huͤlff-reiche Gegenwart bezeuget/ daß Er mitten/ unter/ uͤber und fuͤr ihnen geweßt und hergegangen. Er der Sohn GOttes/ sag ich/ war derselbe Engel/ der die Kinder Jsrael gefuͤhret/ des Herrn Name war in ihm/ Exod. 23, 21. Er der HErꝛ selbs zog fuͤr ihnen her/ des Tages in einer Wolcken-Seulen/ daß Er sie den rechten Weg fuͤhret/ und des Nachts in einer Feur-Seule/ daß Er ihnen leuchtet zu reisen Tag und Nacht. Nicht allein aber hat er seine bloße Gegen- wart bezeuget/ sondern auch seine Gnaden-Huͤlff-Schutz-Leit- und Trost- reiche Gegenwart/ und beweisete/ daß Er seye Sonn und Schild/ Ps. 84, 12. Sonn und Liecht/ dadurch sie geleitet worden/ durch die rauhe/ sandichte/ ungebahnte/ finstere und wilde Wuͤsten/ ins gelobte Land/ die Seule war ihr Cynosur und Wegweiser/ nach deren sie sich richten mu- sten/ sie leuchtet als die Sonne/ zu Nacht scheinet sie feurig/ und erleuchtet die Laͤger. Sie leitet/ und zeiget den Weg Tag und Nacht. Wann sie auff- Die Vierzehende Predigt auffbrechen solten und wolten/ so erschien sie/ und hub sich auff fuͤr dem Fahnen Juda/ so lang aber die Wolcken auff der Wohnung blieb/ so lang lagen sie still/ Num. 19, 15. Es war ein Schild- und Schutz-Seul; Schutz/ nicht nur wider die stechende/ brennende Sonnen-Flammen/ sondern auch wider ihre Feinde. Sintemal als dorten Exod. 4, 20. der Heer geschauet auff das Heer der Egypter/ so war es ein schroͤckliche Schau/ es war ein finstere Wolcken/ und erleuchtet die Nacht/ das ist/ (wie Lutherus am Rand glossiret) es war ein Wetter-Leuchten/ in der dicken Wolcken. So schroͤcklich anzusehen nun auff Seiten der Egypter/ so holdselig und lieblich auff seiten der Jsrae- liten/ sie schiene gantz liecht hell/ daß sie geschwind durchziehen kunten. Diese Seul war nun eine grosse unerhoͤrte Wunder-Gnad/ ein herꝛ- liches περιοσὸν, durchleuchten der Adel und ornament des Juͤdischen Volcks: Aber viel troͤstlicher/ viel groͤsser/ viel koͤstlicher ist das περιοσὸν der theuren/ werthen Christenheit/ damit dieselbe berathen und beseliget worden/ nem- lich die Gegenwart des ewigen Sohns GOttes/ mitten und unter uns/ nicht mehr in einer fremden Gestalt einer Wolcken/ auch nicht in bloßer/ fremder/ menschlicher oder Englischer Gestalt/ wie Er erschienen im Chal- deischen Feur-Offen: sondern in seinem eygenen Fleisch/ seiner zarten/ uns mit Blut-Freundschafft zugethanen menschlichen Natur/ in welcher Er sich erzeiget als Sonn und Schild/ Liecht und Schutz/ Psalm. 121, 6. Dort pflegten die Hebraͤer zu sagen in Pirke abhoth: ubi sunt duo, qui legem tractant, cum illis est schechina; hie das edelste schechina, Chri- stus selbs/ der sagt: Wo zween oder drey versamlet seind in mei- nem Namen/ da bin ich mitten unter ihnen. Jst der Beschluß des sechsten Haupt-Stucks unsers Catechismi/ bey welchem wir jetzo bleiben wollen/ weil die uͤbrigen Lehr-Puncten allbereit außgefuͤhret worden. Wir seind anjetzo Herr JEsu auch in grosser Menge in deinem Namen versamlet/ so seye du auch mit uns/ sey Sonn und Schild/ erleuchte/ lehre/ leite/ erquicke zum ewigen Leben/ Amen. G Eliebte in dem HErꝛn. Jch/ sagt der Herr/ bin bey euch/ ꝛc. Jch/ der Inspirator, Anhaucher und Anblasser des H. Geistes/ der ich euch mit einem Geheimnuß-reichen/ lebendig- machendem/ bewegendem/ heilig-machendem Einweyhungs-Athem ange- blasen. Jch/ der Schluͤssel- He rꝛ/ der HErꝛ mit dem guͤldenen Himmel- Schluͤssel/ der auffschliesset/ das niemand zuschliesset/ und zuschliesset/ das niemand ausfthut. Jch der Richter/ der bindet und loͤset/ der Himmels- Koͤnig/ Vom Gewalt der Schluͤssel. Koͤnig/ der Mittler und Fuͤrsprech/ Jch sage euch/ wo zween unter euch eins werden/ ꝛc. Dieweil aber Christus nicht unterschieden ist von seinen beeden Naturen/ als welcher ἐξ ὧν καὶ ἅπερ, so fragt sichs nun weiter/ nach welcher Natur es Christus geredet und verstanden/ wann er gesagt: Jch; von der Goͤttlichen Natur ist kein Zweiffel/ ob aber auch nach der Menschlichen? da will es sich stossen. Aber Antwort: Ja freylich/ und in alle wege/ und gruͤnden wir diese unsere Antwort nicht auff das bloße Wort/ Jch/ gar wol wissende/ daß dasselbe nicht allezeit Christum nach beeden Naturen bedeutet/ als wann zum Exempel der HErꝛ gesagt: Ehe dann Abraham war/ bin ich/ Joh. 8, 58. als damit er allein siehet auff seine ewige Gottheit. Jtem wann er Joh. 6, 38. zu den Juden sagt: Jch bin vom Himmel kommen/ da redet Er ja nicht von seiner Mensch- heit/ als welche Er nicht vom Himmel herab gebracht; sondern wir gruͤn- den dasselbe auff den Context, und die darin begriffene prædicata officia- lia, sonderlich auff die vorhergehende Wort: Jch sage euch/ wo zween unter euch eins werden auff Erden/ warum es ist/ das sie bitten wollen/ das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Jch als Advocat, will es ohnfehlbarlich bey meinem Vater außbringen und erbetten. Ergò, wo zween oder drey versamlet seind in meinem Namen/ und reciprocè tanquam per regressum demonstrati- vum, weil ich mitten unter ihnen/ wil ich es dahin vermittlen/ daß sie ihrer Bitt sollen gewaͤhret werden. Nach welcher Natur nun Christus der Mittler ist zwischen GOtt und den Menschen/ unser Advocat und Fuͤr- sprech/ nach derselben ist er auch mitten unter uns. Nun gestehet Gegen- theil selbs/ daß Christus der Mittler seye nach beeden Naturen. Ergò ist der Schluß richtig. St. Paulus brauchet gar kraͤfftige Wort von die- sem Geheimnuß/ Hebr. 10, 19. So wir dann nun haben die Freu- digkeit zum Eingang in das Heilige (das ist/ in den Himmel/ da unser himmlischer Vater wohnet) durch das Blut JEsu/ welchen (Weg) Er (Christus) uns zubereitet hat zum neuen und lebendi- gen Weg/ durch den Fuͤrhang/ das ist/ durch sein Fleisch. So laßt uns hinzu gehen mit warhafftigem Hertzen und voͤlligem Glauben. als wolt er sagen: Gleich wie im Alten Testament ins Al- lerheiligste der Hohepriester allein eingehen durffte/ der durch den Fuͤrhang eingegangen; Also ist nun derselbe Weg allen geistlichen Priestern berei- tet/ hinzugehen fuͤr GOtt/ unsere Noth zu klagen/ und das Hertz außzu- schuͤtten. Wie aber? immediatè? Nein/ sondern durch einen Fuͤrhang/ Zehender Theil. S s das Die Vierzehende Predigt das ist/ das Fleisch Christi/ ohne welches wir nicht erscheinen doͤrffen fuͤr dem grossen heiligen GOTT/ als einem verzehrenden Feur. Jch bin mitten unter ihnen/ mit meiner warhafften/ wesentli- chen/ allernaͤchsten Gegenwart/ und was eigentlich gegenwaͤrtig seyn ist und heißt: Es sagt zwar auch St. Paulus von sich/ er sey bey seinen Co- lossern im Geist/ im Sinn/ nach den Affect en, im Gedaͤchtnuß: Ob ich wol nach dem Fleisch nicht da bin/ so bin ich aber im Geist bey euch. Col. 2, 5. Gleicher weiße sagt er auch 1. Cor. 5, 3. Jch zwar/ als der ich mit dem Leibe nicht da bin/ doch mit dem Geist gegenwaͤr- tig. Das ist aber noch lang keine warhafftige/ sondern nur figuͤrliche/ met- ony mische Gegenwart; hie aber ist keine determinatio in spiritu, oder solche Gegenwart/ die allein im Geist geschicht/ sondern es sagt der Herr schlecht dahin/ εἰμὶ, Jch bin mitten unter ihnen. In medio, nicht von wei- tem wie David/ 2. Sam. 18, 3. c. 21, 17. Nicht muͤssig und ohnkraͤfftig/ son- dern kraͤfftig/ thaͤtig und wuͤrckend/ massen dazumal auß solcher Gegenwart geflossen das holdselige und gnadenreiche Anhauchen des H. Geistes/ die Gewalt Suͤnde zu vergeben und zu behalten/ zu binden und zu loͤsen/ zu troͤ- sten und zu straffen/ den Himmel auff- und zu zuschliessen. Bey wem aber? bey zween oder dreyen. Welche Wort keines wegs exclusivè zu ver- stehen/ als wann Christus bey einer mehrern oder mindern Zahl nicht wol- te beywohnen/ sondern nur allein/ wo ihrer zween oder d r ey seynd. Nein! son- dern es ist eine proverbialis locutio, und Sprichworts weiß zu verstehen von ihrer wenigen/ auff solche Art und Weiß/ wie zween oder drey Zeugen genugsam in einer streittigen Sache die Warheit zu bestaͤttigen; Nicht in dem Verstand/ daß/ wañ viel zusammen stimmen/ und zeugen/ solche Zeug- nuß unkraͤfftig/ sondern vielmehr desto kraͤfftiger: also auch hie. Auch wird nicht außgeschlossen einer allein/ dann ja der Herr so wol bey Daniel in der Loͤwen-Gruben/ als bey Sadrach/ Mesach und Abednego im Ba- bylonischen Feur-Ofen. Er war bey Jsaac auff dem Feld/ bey Joseph im Kercker/ bey Jona im Wallfisch/ bey Gideon/ bey Paulo/ und andern mehr/ sondern ἐξοχικῶς, quoad suavius \& fortius, wo viel beysammen/ da ist seine Gegenwart desto staͤrcker und troͤstlicher. Und gibt der Herr damit seine affection zu den Collegiis zu verstehen/ wo gantze Collegia und Zusammenkunfften beysammen seynd/ wo man etwas in Kirchen/ Schulen/ und auff der Pfaltz collegialiter tracti rt und handelt. Eine liebliche Stimm ist zwar angenehm/ aber viel angenehmer/ wann viel Stim- men zusammen stimmen/ klingen/ singen/ und eine Music bringen; Doch sagt er auch/ ἐὰν συμφωνήσωσι, wann ein armes Kind auff der Gassen bettelt/ Vom Gewalt der Schluͤssel. bettelt/ und um ein Allmosen anhaͤlt/ so ists nicht so beweglich und erbaͤrm- lich/ als wann man im Waͤysen-Hauß die armen Waͤysen-Kinder hoͤret zusammen betten und schreyen. In quà qualitate? Wie muͤssen die Convent beschaffen seyn? Es gibt viel Zusammenkunfften und Zunfften in der Welt/ viel Societ aͤten und Gesellschafften/ aber Christus ist nicht bey allen/ sondern bey etlichen viel- mehr der boͤse Geist/ darum sagt Er: Wo zween oder drey versamlet sind in meinem Namen/ das ist/ auff mein Geheiß und Verheiß/ nach der Regul und Norm meines Worts/ zu meines Namens Ehre/ daß es sey ein Con- vent von Christo/ zu Christo/ und nach der Art Christi. Sonst pochen auch die Pr æ laten in Conciliis auff diesen Spruch. Bellarminus alle- gi ret ihn pro Conciliorum autoritate l. 2. de Concil. c. 2. Aber GOttes theurer Name muß ihrer Schalckheit Deckel seyn. Dudithius hat auß der Schul geschwaͤtzt/ daß die Pfeiffen nit nach dem Wort Gottes/ sondern nach dem Blaßbalg zu Rom gestimmet seyen/ und pfeiffen muͤssen. Die Exempla erlaͤutern diesen Text gar fein/ Luc. 2, 46. sitzet Christus mitten unter den Lehreren/ daß Er ihnen zuhoͤrete/ und sie fragte/ zu Trost der Schul-Convent/ wann das Veni Sancte Spiritus vorher gehet. Luc. 24, 15. da die zween Juͤnger ihr Gespraͤch hatten von der Passions-Trag œ di/ und von seinem Leyden/ nahet Jesus zu ihnen/ und wandelte mit ihnen/ Johan. 20, 19. \& 26. Am Abend desselben Abends/ da die Thuͤren verschlossen wa- ren/ auß Forcht fuͤr den Juden/ kam Jesus/ und tratt mitten ein/ und spricht zu ihnen/ Friede sey mit euch. Also/ wo noch heut zu Tag wahre Buß/ da kehret Christus ein/ und ladet sich zu Gast Luc. 19, 5. Deßgleichen wo der Leuchter des Worts GOttes scheinet/ da ist er gegenwaͤrtig/ wie Er dort mitten unter den sieben Leuchtern gewesen/ Apoc. 1, 13. Und diese kraͤff- tige Gegenwart spuͤhret man wuͤrcklich in herꝛlichen Gaben/ 2. Cor. 13, 35. in geschwinden Consiliis, in heiligen Bewegungen und Hertzens-Brunst/ Luc. 24. In ϑείοις, da man anders nicht sagen kan/ als/ das hat GOtt gethan/ das kom̃t vom Herrn/ das ist GOttes Finger: GOtt hat mirs in Sinn gegeben/ GOtt hat Gluͤck dazu bescheret. Dieser Fuͤrtrag lehret/ wehret/ und nehret reichlich/ und hochtroͤst- lich. Er lehret/ was wir von unserm Haupt/ Koͤnig/ Advocaten und Jm- manuel Christo glauben sollen/ nemlich/ daß Er den Namen mit der That traͤgt/ und ein rechter Jmmanuel seye/ und daß wir nicht geringer ver- sehen/ sondern κρείττονα und viel herꝛlichere Guͤter haben/ als die Kirch im Alten Testament. Jn dem Er nicht nur nach der GOttheit/ sondern auch nach seiner Menschheit mitten/ unter/ und bey uns ist: Sonderlich S s ij in Die Vierzehende Predigt in Collegiis, als darinn Er allezeit den Mittelmann geben will/ das sollen wir fest glauben/ ob wir es gleich nicht sehen; Gleichwie ein redlicher Sol- dat im Streit/ wann er schon seinen Feld-Obersten fuͤr Rauch und Staub nicht sehen kan/ hoͤret ihn aber und seinen freudigen Zuspruch/ so ist er ge- trost/ und fechtet ritterlich. Es wehret aber auch dieses Wort nicht nur dem Calvinischen Jrꝛ- Geist/ der andere phantasmata, ihm traͤumen laͤßt von diesem Geheimnuß/ diese Wort schaͤndlich verkehret/ und der so hoch regalir ten Menschheit Christi Abbruch thut. Piscator ad h. l. da bin ich ꝛc. zwar nicht mit dem Leib/ sondern mit der Gnade des H. Geistes. Masson. part. 1. anat. p. 471. mit seiner Gottheit/ Geist und Gnade; Mißdeutet dazu den Gesang: Er ist bey uns wol auff dem Plan/ mit seinem Geist und Gaben. Das widrige ist aber allbereit droben erwiesen worden; Sondern er weh- ret auch/ und verstoͤret alle boͤse/ verfuͤhrische/ aͤrgerliche Gesellschafften/ die nicht im Namen Christi zusammen geschlossen/ als da seind der Welt ihre congregationes, die Laster- und Fluch Collegia, die profanantia collegia, die jetzt drauß auff dem Schieß- und Armbrust-Rein/ in Wuͤrts-Haͤusern und Gaͤrten beysammen seynd/ die unzuͤchtige/ garstige Huren-Winckel/ da junge Hertzen angesteckt und verfuͤhret werden; die Sauff und- Spiel- Collegia, darauß nichts anders folget/ als ein unordentliches Leben/ die Schwaͤtz- Collegia, Zotten und Narrenthaͤdigung auff offentlichen Plaͤ- tzen/ denen die Leute mit mehrerer Lust und Anmuth abwarten/ als GOttes Wort zu hoͤren/ und ihre Samstaͤgige Vorbereitung an solchen Orten halten; Die Lugen- und Verleumdungs- Collegia, bey denen allen kein anderer Pr æ sident/ als der Feind aller Goͤttlichen und Menschlichen Ord- nungen/ der leidige Satan; Zwar Christus ist da auch mitten drinnen/ aber nicht anders/ als ein strenger Richter/ wie unter den Egyptern am rothen Meer/ wie bey der Schaarwacht im Garten am Oelberg/ wie an dem Juͤngsten Tag miten unter den Schafen und Boͤcken. GOtt straf- fet zwar nicht alsobald/ aber lang geborgt ist nicht geschenckt/ Exod. 23. v. 21. Huͤte dich fuͤr seinem Angesicht/ und erbittere ihn nicht/ denn Er wird euere fuͤrsaͤtzliche Ubertrettungen nicht vergeben/ sondern in seinem Zorn ploͤtzlich lassen untergehen/ und die Buß-Gnade abschneiden. Es nehret aber auch dieses Wort den Glauben/ unser Geistlich Le- ben in Christo/ unsere Hoffnung. St. Pauli Wort unser Paß-Wort/ Jst Christus fuͤr uns/ wer mag wider uns seyn ? Denn daher fliesset Trost der Goͤttlichen Huͤlffe/ wann wir manchmal mitten im Chal- daͤischen Feur-Ofen der Anfechtungen sitzen/ und seind wie Schaafe mitten unter Vom Gewalt der Schluͤssel. unter den Woͤlffen/ in greulichen Verfolgungen/ da soll es heissen: ςῆτε, Χριςὸς μεθ᾽ ἡμῶν, Stehet fest/ Christus ist bey und mit uns. Jst zu ge- brauchen in grosser Noth/ in ungeheuͤren Ungewittern/ dergleichen anders- wo fuͤrgegangen/ die wir nicht anders anzusehen haben/ als unsere Buß- Wecker. Des Goͤttlichen Segens/ gleichwie/ da der Herr mit Joseph war/ war er ein gluͤckseliger Mann/ in allem was er gethan/ Gen. 39, 2. 3. Also wo Christus/ der gebenedeyte Weibes-Saamen ist/ kan es an Gluͤck und Segen nicht fehlen/ noch mangeln an irgend einem Gut. Nun wir schliessen auß 2. Cor. 13. 13. Die Gnade unsers HErꝛn JEsu Chri- sti/ und die Liebe GOttes/ und die Gemeinschafft des H. Gei- stes sey mit euch allen. Amen. Die Fuͤnffzehende und letste Predigt. uͤber die Wort Pauli 1. Cor. 3, 2. Milch hab ich euch zu trincken gegeben. G Eliebte in Christo. Jm Buch der Richter im 4. Cap. lesen wir von einem seltzamen und denckwuͤrdigen Schlaff- und Milch-Tranck/ welchen die großmuͤthige Heldin und Hebraͤische Amazon, dem Tyrannen Sissera zugebracht. Dann als derselbe von Barak dem Hebraͤischen Fulmine auffs Haupt geschlagen/ sich in die Huͤtte Jael salvirt/ so hat sie ihn nicht nur freundlich zu sich gelocket/ und eingeladen/ und sagte: weiche mein Herꝛ/ weiche zu mir/ und foͤrchte dich nicht/ mit ei- nem Mantel zugedecket/ sondern auch ihm in seiner Mattigkeit/ den Durst zu loͤschen/ einen Milch-Topff auffgethan/ und zu trincken gegeben/ wor- auff als er sich unmaͤssig uͤbersoffen/ und dannenhero in einen tieffen Schlaff gesuncken/ so hat sie ihm einen Nagel mit einem Hammer in den Schlaff geschlagen/ daß er ohnmaͤchtig zur Erden gesuncken/ entschlum- mert und gestorben. Sein Milch-Trunck war sein letzter Schlaff-Trunck gewesen/ davon er nicht mehr auffgestanden. War Calix iræ justus, ein gerechter Zorn- und Raach-Milch-Tranck. Er der Canaanitische Tuͤrck und Bluthund/ hat es nicht besser verdienet/ er war im Goͤttlichen Bann/ ein Bandit/ Debora hat auß GOttes Mund das Urtheil uͤber ihn gespro- S s iij chen. Die Fuͤnffzehende und letsie Predigt chen. Darum Jael von Rechts wegen wol koͤnnen den Bund brechen im Krieg des Herrn/ da GOttes Ehre uͤber allen Frieden und Freyheit gehet/ sie hats gethan in Heroischem Helden-Glauben/ der H. Geist hat diese That selbst gelobet durch Deboram/ Ju 5, 24. Gesegnet sey unter den Weibern Jael das Weib Hebers des Keniters/ gesegnet sey sie in der Huͤtten unter den Weibern. Calix hieroglyphicus, dadurch angedeutet worden die Fata der Sisseriten und Welt-Kinder/ die streiten wider GOtt/ sein Wort und seine Kirche/ lassen sich von der Welt und dero Wolluͤsten laden/ trincken ihre Milch der Wollust/ gerathen da- durch in Sicherheit/ und wann sie meynen/ sie seyen am sichersten/ gerathen sie in spiritum soporis, gehen endlich mit Leib und Seel unter und zur Hoͤlle/ alles auß gerechtem Gericht und Urtheil GOttes. Gar einen andern Milch-Tranck hat der Vater aller Barmhertzig- keit den Corinthern vom Himmel herab bescheret/ nicht einen Schlaff- son- dern Wach-Tranck/ davon sie sich ermuntert/ vom Schlaff der Suͤnden auffwachen/ im neuen Leben erstarcken/ und wachsen/ nicht sterben/ sondern leben solten/ nemlich calicem gratiæ Evangelicum, den Kelch des Gna- denreichen Evangelij/ welches lauter Milch und Honig/ das phil- trum und Liebes-Tranck des himmlischen Vaters/ das Soterium und Heyl-Tranck auß den Wunden und flammenden Hertzen des Sohns GOttes/ den ollam lacteam, und Milch-Tranck des H. Geistes/ davon Esa. 55, v. 1. zu lesen: Wolan alle die ihr durstig seyd/ kommet her zum Wasser/ die ihr nicht Geld habt/ kommet her/ und kauffet ohne Geld und umsonst/ beydes Wein und Milch. Cali c em hieroglyphicum, den Kelch des himmlischen Milch-fliessenden Landes Canaans/ hie Vorschmacks-dort Stroms-weiß. Jst mit einem Wort die suͤsse/ hoch und einig nothwendige Catechismus-Milch/ mit deren wir vor mehr als 19. Jahren/ nemlich den 6. Julij Anno 1634. in den ordent- lich von mir gehaltenen Mittags-Predigten den Anfang gemacht/ mit Abhandlung der Wort St. Pauli Hebr. 5, 1. und bißher dieselbe Milch proponi rt. Wann dann nach eingeholtem Consens/ Gehell/ und De- cret meiner gnaͤdigen Herꝛn und Obern/ mit einmuͤthigem Zustimmen des Kirchen-Convents/ auff mein Begehren/ auß gewissen und erheblichen Ursachen eine mutation mit der wochentlichen Montags-Predigt der An- fang uͤber acht Tag im Namen GOttes zu machen ist/ als ist dieser Text beliebt und erkohren worden/ mit der Figur und anmuthigen Wort-Blum der Milch wieder zu beschliessen. Christus Jesus/ der da ist das A. und O. der Vom Gewalt der Schluͤssel. der Anfang und das Ende/ wolle auch noch zum Ende/ wie zum Anfang/ seines Heil. Geistes Gnad/ Liecht und Segen mildiglich verleyhen. Amen. G Eliebte in Christo. Milch hab ich euch zu trinckẽ gege- ben: Seind wenig/ aber lauter wichtige Centner-schwere Wort/ von grossem und reichem Nachdencken und Nachsinnen. Milch ohne allen Zweiffel zierlich/ figuͤrlich/ in einer anmuthigen/ verstaͤndigen Wort-Blum/ und soll niemand so alber seyn/ der es nach dem Buchstaben verstehen wolte. St. Petrus erklaͤret Paulum 1. Petr. 2. und nennet es γάλα λογικὸν, vernuͤnfftige/ lautere Milch/ γάλαλογικὸν, h. e. γάλα λόγου, gleichwie ἀνϑρωπίνη κτίσις, h. e. ἀνϑρώπου, sicut σκεῦος γυναικει῀ον, h. e. γυναικός. Jst nichts anders/ als die Lehre des Catechismi in sechs Haupt- Stuͤcken verfaßt/ davon Paulus Hebr. 6, 1. 2. Darum wollen wir die Lehre vom Anfang des Christlichen Lebens jetzt lassen/ und zur Vollkommenheit fahren/ nicht abermal Grund legen von Buße der todten Wercke/ vom Glauben an GOtt/ von der Tauff/ von der Lehre/ von Haͤnde aufflegen/ von der Todten Aufferstehung/ und vom ewigen Gerichte. 2. Lac divinum, Goͤttliche/ nicht menschliche Milch/ weniger Wolffs-Milch/ sondern solche Milch/ die auß den Wunden Jesu Christi geflossen/ davon August. in Ps. 30. Christus ut sapientiam suam nobis lac faceret, ideò carne indu- tus ad nos venit. Jhme werden Bruͤste zugeeignet/ Cant. 1, 2. Deine Bruͤste seind lieblicher dann Wein! Geschicht wegen der hoͤchsten und geheimesten sympathi, so auß der consanguini taͤt oder Blut-Freund- schafft herfliesset/ in dem der Braͤutigam seiner Braut Gliedmassen ihme approprii rt und zueignet; seind die ienige Bruͤste/ die auß dem Mutter- Hertzen Jesu Christi Milch geben/ die Milch des Worts und der Heiligen Sacramenten. 3. Lac infantile, zarte Kinder-Milch/ und nicht har- te Speise. Milch ist die erste natuͤrliche Speiß/ damit der so wol unge- bohrne Mensch in Mutter-Leib/ als auch der allbereit geborne eine Zeitlang/ biß er zu mehrern Kraͤfften gelanget/ pflegt ernehret und erhalten zu werden. So ist auch der Catechismus der Quasimodogenitorum, der Neulinge/ oder neugebohrnen Kinder GOttes ihr erste/ gesundeste/ und gleichsam an- gebohrne Speise/ die auch St. Petrus dahin deutet: Seyd gierig nach der vernuͤnfftigen lautern Milch/ als die jetzt gebohrne Kindlein/ daß ihr durch dieselbe zunchmet. Milch ist die uraͤlteste/ und consequenter einfaͤltigste/ und biß dato uͤbliche Kinder-Speiße gewe- sen/ deren die erstgebohrne Menschen/ Cain und Abel/ sich alsobald bedienet/ davon sich auch die H. Patriarchen vor und nach der Suͤndfluth sonderlich erquicket/ Die Fuͤnffzehende und letste Predigt erquicket/ ehe und dann man von braten/ sieden/ von allerhand niedlichen Schleck-Bißlein etwas gewußt: So ist auch die Catechismus-Lehre die aͤl- teste Lehre/ aͤlter als alle neu-auffkommene Schwaͤrmereyen und Ketze- reyen/ wie wolgeschmackt und lieblich dieselbige manchem fuͤrkommen moͤ- gen. Der erste Catechista war der Sohn GOttes selbs/ der in dem Pa- radiß das gantze Evangelium in den kurtzen Paradiß-Catechismum zu- sammen gefaßt/ in denen Worten: Jch will Feindschafft setzen/ ꝛc. Milch die allergesundeste/ wolgeschmackteste/ anmuthigste und lieblichste Speise/ davon der Mensch schoͤn und starck und roͤselicht wird/ und taͤglich zunim̃t. Die Erfahrenheit bezeugts/ daß die jenige Nationen/ die viel Milch-Tranck und viel Milch-Speiß brauchen/ gemeiniglich groͤsser/ staͤr- cker und gesuͤnder seyen: Eben solch edel nutriment, solch ersprießliche und gedeyliche Speise ist auch der Catechismus/ davon wir erstarcken/ biß wir ein vollkommener Mann werden/ der da sey in der Maaß des vollkom- menen Alters Christi. Da gleichwol auch recht zu verstehen/ was Milch und harte Speise sey. Die Papisten ziehen die Milch auff den impli- citam fidem, und eingeflochtenen Glauben/ welchen die Roͤmische So- phisten in folgender Figur und Farben offentlich an Laden gestellet/ und feil gebotten. Der Haupt-Articul des Glaubens seyen sieben/ welche ein jedweder Christ wissen soll und muß; die Geistlichen deutlich/ clar und außfuͤhrlich/ die Layen aber einfaͤltig/ und glauben/ wie die Kirch davon haͤlt/ und seind dieselbe: die Menschwerdung oder Geburt Christi/ die Tauffe/ Christi Leyden und Tod/ die Hoͤllenfahrt/ die Aufferstehung/ die Himmelfahrt/ und Zu- kunfft zum Gerichte. Was aber sey/ einfaͤltig glauben/ erklaͤret Panormitanus uͤber diese Wort: Einfaͤltig wissen und verstehen heisset glauben das jenige/ was die Kirche glaubet/ also daß einer seinen Glau- ben der Kirche ihrem Glauben untergebe. Jn geistlichen Rechten ( Decretal. Gregor. l. 5. tit. 7. c. 12.) stehet diese ehrbare Gloß uͤber das 19. Cap des andern Buchs Mose: Bestia, quæ tetigerit montem, lapidetur, h. e. simplex \& indoctus aliquis non præsumat ad subtilita- tem Sacræ Scripturæ pertingere. wann GOtt spricht: So ein Thier den Berg Sinai anruͤhren wird/ soll es gesteiniget werden. das leget Innocentius also auß: Ein einfaͤltiger und ungelehrter Mensch soll sich nicht unterfangen/ die Geheimnuͤsse der H. Schrifft zu forschen. Jst aber ein verdeckter Milch-Topff/ ein ver- decktes Fressen/ da Gifft unter ligt/ wie solches mit mehrerm droben part. V. in Decal. außgefuͤhret worden. Die Lehrer auff dem Synodo zu Dordrecht Vom Gewalt der Schluͤssel. Dordrecht verstehen durch die Milch die einfaͤltigen Articul/ außgenom- men den von der ewigen Gnaden-Wahl. Pareus in Iren. c. 7. p. 66. macht einen Unterscheid unter den Catholischen und Theologischen Articulen/ un- ter den Glaubens-Puncten/ so auff die Cantzel/ und denen/ so auff die Schul-Catheder gehoͤren; jene seyen Milch/ diese aber harte Speiß/ und zehlet unter solche unnoͤthige Schul-Lehren/ und Schul-Gezaͤnck auch die Lehre von der wesentlichen Gegenwart und muͤndlichen Niessung des Leibs Christi/ von der mitgetheilten Majestaͤt der Allgegenwaͤrtigkeit der Mensch- heit Christi/ die Lehre von der allgemeinen Krafft der H. Tauff/ die Lehre von der Gnaden-Wahl und dergleichen. Aber St. Paulus weiß davon nichts/ der hat allen Rath GOttes geoffenbahret; Christus sagt das Ge- gentheil/ Matth. 11. und dancket seinem himmlischen Vater/ daß er die Ev- angelische Geheimnuß den Unmuͤndigen geoffenbahret. August. tract. 97. in Joh. ist der Meynung: Es sey ein jeder Articul des Glaubens zugleich Milch und starcke Speiß; eine Milch den Juͤngern/ die es bloß glauben/ eine starcke Speiß den aͤltern und mehr faͤhigen. Er weiß von dem neuen Unterscheid/ als waͤren etliche Glaubens-Articul Milch/ etliche starcke Speisen/ gar nichts. Nulla necessitas, inquit, videtur esse, ut aliqua secreta Domini taceantur \& abscondantur fidelibus parvulis, seorsim dicenda majoribus. 4. Lac ἄδολον, lautere/ unverkuͤnstelte/ unver- waͤsserte Milch. Keine Religion ist so schlim/ sie hat ihren Catechis- mum. Jm Papstthum ist beruͤhmt Catechismus Rom. und opus cate- chisticum Canisii: bey den Zwinglianern der Heydelbergische Catechis- mus: die Photinianer haben Ostorodi Unterrichtung. Jst aber keine lautere Milch/ sonderen Milch mit Gifft vermischt/ wie Irenæus. l. 3, 19. die falsche Lehre vergleichet/ ist mit ungesundem Wasser/ Menschen-Tand und Menschen-Lehr vermaͤnget/ es ist/ wie man pflegt zu sagen/ Marck-Milch/ es seynd die καπηλέυοντες τὸν λόγον τοῦ Θεου῀, 2. Cor. 2, 17. die boͤsen Marcke- thaͤnder darhinder gewesen/ die das Wort GOttes verfaͤlschet. Summa: der Tod ist in den Haͤfen. Diese Milch/ sagt der Apostel/ hab Jch euch gegeben; Nicht aber Jch/ sondern die Gnade GOttes/ die in mir ist/ jch bin nicht der Principal/ nicht der Milch-Herꝛ/ der oberste Speiß-Meister ist Christus/ sondern ich bin sein Pocillator, sein Mund-Schenck/ und Melcker. Wer ist Pau- lus/ wer ist Apollo ? Diener seynd sie: 1. Cor. 3, 5. Euch/ euch Corinthern/ und Einwohnern/ der stoltzen/ praͤchtigen/ hochmuͤthigen und wolluͤstigen Huren-Stadt/ massen auff dem Berg/ Acro-Corinthus ge- nannt/ ein Venus-Tempel erbauet gestanden/ da 1000. Schand-Weiber Zehender Theil. T t auff Die Fuͤnffzehende und letste Predigt auff der Streu gehalten worden. Euch weyland Goͤtzen-Knechten/ Hurern/ Ehebrechern/ Weichlingen/ Knaben Schaͤndern/ Dieben/ Geitzigen/ Trun- ckenbolden/ Raͤubern/ Welt-vollen/ aber Geist-Glaub- und Gottlosen Hertzen/ denen GOtt an statt dieser Milch Schwefel und Bech im Hoͤllen- Pful einzuschencken und zu trincken zugeben befugt geweßt. Jch habs ge- geben/ verstehe/ einfaͤltig/ nach meiner eigenen Instruction, Rom. 12. v. 8. Gibt jemand/ so gebe er einfaͤltiglich/ nach dem Exempel Gottes/ der jederman einfaͤltiglich gibt/ und ruͤckets niemand auff/ Jac. 1, 5. Ja nach euerm eygenen Exempel/ die ihr die Steur einfaͤltig gege- ben/ 2. Cor. 9, 11. 13. Einfaͤltigkeit ist der Freygebigkeit Schwester und Merckmahl. Einfaͤltig im Gebett/ im Zweck der Goͤttlichen Ehre und euerer Seligkeit/ ohne eygene Ehr- und Gewinn-Sucht. Jch habe nicht das euere/ sondern euch gesucht. Ein faͤltig in der meditation, invention, nachdencken/ nachsinnen/ da ichs auffs hoͤchste getrieben/ als mir muͤglich gewesen/ nach meiner eygenen Regul/ 1. Cor. 14, 1. Einfaͤltig in Wor- ten/ nicht in Asiatischem Pralen und Wort-Ruhm/ sondern in Jung- fraͤulicher Einfalt/ 2. Cor. 11. Davon zeugen seine Wort-Blumen im Pa- radiß seiner Schrifften/ seine artificia rhetorica, und anders dergleichen. Jch habs gegeben zu trincken/ Jch habs also bereitet/ daß mans trincken koͤnnen/ und auch die sonst starcke Speiße zu Milch gemacht/ und nach- mahlen eingetraͤuffelt/ meine Lehre hat getrieffet wie der Regen/ und mei- ne Rede ist geflossen wie die Thau-Tropffen auff das Kraut/ und also in das Hertz hinein gegossen/ und dadurch einen Appetit erweckt/ dann weil der Welt nichts mundet was Goͤttlich ist/ sondern alle ihre Begierde nur nach Gold und Geld/ Ehre und Wollust/ nach Wein und nicht nach Milch gehet/ wie dann sonderlich wir Teutschen einen boͤsen Nahmen deß- wegen in der gantzen Welt/ auch bey den Tuͤrcken haben/ so muß man den Hirsch-Durst erwecken/ und das hat St. Paulus auch gethan/ und da- mit einen Vorschmack angezuͤndet des himmlischen Canaans/ da folgen soll der voͤllige Strom/ daß man truncken wird von den reichen Guͤtern des Hauses GOttes. Nun M. L. Jch bin zwar kein Paulus nicht/ kein Θεόπνευςος, bin nicht werth/ ihm die Schuh-Riemen auffzuloͤsen/ sondern an das geschrie- bene Wort GOttes gebunden; Aber doch Pauli Juͤnger/ und sitze zu sei- nen Fuͤssen/ wie er zu den Fuͤssen Gamalielis gesessen/ ich bin St. Pauli Nachfolger im Ampt eines Doctoris, in den Fußstapffen seines Lebens/ in Vortragung des Catechismi/ als welches Ampt ich nunmehr in das zwantzigste Jahr getragen/ nach dem es mir von einem Ehrwuͤrdigen Kirchen- Vom Gewalt der Schluͤssel. Kirchen- Convent, auff confirmation eines Ehrsamen Raths anver- trauet worden. Derowegen mag ich auch St. Paulo nachsprechen und sagen: Milch habe ich euch zu trincken gegeben/ Goͤttliche/ lau- tere/ heylsame Milch/ auß den Bruͤsten des Alten und Neuen Testaments/ und dagegen die Wolffs-Milch verrathen. Euch Elsaͤssischen Corin- thern/ Fremdlingen/ Einheimischen/ Studiosis, Knechten und Maͤgden/ wie der Engel den Hirten/ und andere die GOtt hergefuͤhret hat/ deren albereit eine grosse Maͤnge schlaffen/ und im himmlischen Canaan ankom- men/ und nunmehr geniessen/ was sie hie vorschmacksweiß geschmecket/ wie dann deren wenig werden uͤbrig seyn/ die den Anfang gehoͤret. Euch begierigen nach der lautern Milch/ denen weltliche Wollust und der Schlaff nicht zu lieb geweßt/ sondern in die Kirch geeylet/ denen Bekehrten/ welchen die Wolffs-Milch verleytet/ und die Mutter-Milch gemundet/ wie Lydi æ der Purpur-Kraͤmerin. Jch/ doch nicht ich/ sondern die vorherge- hende/ begleitende und folgende Gnade GOttes/ Jch bin nur Pocillator und Melcker geweßt/ ich unwuͤrdiger Diener GOttes/ der ich der letzte aufferwacht/ wie einer/ der im Herbst nachliset/ und GOtt hat mir den Seegen darzu gegeben/ daß ich meine Kelter auch voll gemacht habe/ wie im vollen Herbst/ und habe nicht fuͤr mich gearbeitet/ sondern fuͤr alle die gern lernen wollen. Syr. 33, 16. Jch habs gegeben/ und zwar auch einfaͤl- tiglich/ einfaͤltiglich hab ichs gelernet/ mildiglich theile ich es mit. Sap. 7, 13. Einfaͤltiglich in Sinnen/ inventionibus, meditationibus, einfaͤltiglich zur Ehre GOttes und Vollkommenheit geziehlet/ nicht implicitè, nicht syncreticè, nicht idioticè und Widertaͤufferisch. Jst solche Einfalt/ die machen wird/ daß wir bald die Haͤnde uͤber dem Kopff zusammen schlagen wuͤrden/ und jederman sich verwundern/ wie die Welt so bald Paͤpstisch/ Syneretistisch oder gar Atheistisch worden. Jch habs gegeben zu trincken/ also vorgetragen/ daß man es fassen koͤnnen/ habs liecht und leicht ge- macht/ eingetraͤuffelt/ und gegeben mit dem Mund/ mit der Feder/ und mit der Buchtrucker-Preß. Nun versigle ich diese Predigt/ und schliesse mit den Worten S. Pauli 1. Cor. 4, 3. Mir ist ein geringes/ daß ich von euch gerichtet wer- de/ oder von einem menschlichen Tage/ menschlicher Tage ist mit Affect en obnubili rt und vermaͤntelt/ lobt offt wo es lobens wol mehr als zuviel bedarff/ im gegentheil/ wer in eines Aug ein Eruca ist/ dessen muͤssen auch die schoͤne Farben entgelten/ wer in eines Aug ein æmulus ist/ dessen schoͤne Gestalt hasset der Zelot. Darum richtet nicht vor der Zeit/ biß der HERR kom̃t/ der unpassionirte Richter/ der wird ans T t ij Liecht Die Fuͤnffzehende und letste Predigt Liecht bringen/ was im finstern verborgen ist/ und den Rath der Hertzen offenbahren. Hie muß man leyden/ was man nicht kan mei- den/ und der penetrir- Sucht Raum geben. Alsdann wird einem jeg- lichen von GOtt Lob wiederfahren. Mund- und real- Lob. Hie muß man sich mit dem Mund-Lob contenti ren und begnuͤgen lassen. Aber wo bleibt das real- Lob? St. Pauli Regul ist veraltet und vergessen: τῷκατηχου῀ντι κοινωνία. Galat. 6, 6. Der da unterrichtet wird mit dem Wort/ der theile mit allerley Gutes/ dem der ihn unterrichtet. Der Botten-Lohn wird gereicht/ aber wo bleibt der Propheten-Lohn? Aber ich wil gern unter denen bleiben/ die ihren Lohn nicht hie haben/ und kan dennoch wol mit Samuel sagen 1. Sam. 12, 3. Siehe/ hie bin ich/ ant- wortet wider mich fuͤr dem HErꝛn und seinem Gesalbten: ob ich jemands Ochsen oder Esel genommen habe ? ob ich jemand habe Gewalt oder Unrecht gethan ? ob ich von jemands Hand ein Geschenck genommen habe/ und mir die Augen binden las- sen ? so wil ichs euch wieder geben. Jetzt lege ich die Cron zu den Fuͤssen JEsu Christi/ des gerechten Richters/ und sage mit den 24. Elte- sten/ Apoc. 4, 11. HERR/ du bist wuͤrdig zu nehmen Preiß und Ehre/ und Krafft/ dann du hast alle Dinge geschaffen/ und durch deinen Willen haben sie das Wesen/ und sind geschaffen. Jch beuge die Knie meines Hertzens zu dem Vater unsers Herrn JEsu Christi/ und dancke fuͤr die Milch/ den Milch-Segen/ fuͤr alle Kraͤfften und Gaben einfaͤltiglich zu traͤncken/ und bitte/ Er wolle die Milch nimmer lassen verseigen/ den Milch-Topff nicht lassen zerrinnen/ wie der Wittwen Oel-Krug/ und traͤncken und saͤugen/ so lang der Mond scheinet/ und die Tage des Himmels waͤhren/ daß wir hie moͤgen schmecken dein Suͤssig- keit im Hertzen/ und duͤrsten staͤts nach dir/ biß wir den froͤhlichen Sprung thun auß dieser Welt-Wuͤsten in das Honig- und Milch-fliessende him̃lische Canaan/ da Freude die Fuͤlle/ und liebliches Wesen zur Rechten GOttes immer und ewiglich. AMEN. Erstes Erstes Register/ Jn sich begreiffend den Jnhalt aller Predigten dieses Zehenden Theils. Eingangs-Predigten. uͤber Luc. XV. I. Von der Parabel des verlohrnen Sohns Natur/ Zweck und Art. II. Von des verlohrnen Sohns Undanckbarkeit. III. Von des verlohrnen Sohns Gottlosigkeit. IV. Von der Ασωτίᾳ und Ruchlosigkeit des verlohrnen Sohns. V. Von dem Verderben des verlohrnen Sohns. VI. Von den Straff-Flagellen zur Buß. VII. Von dem Rath des verlohrnen Sohns/ und drey un- terschiedlichen Raͤthen/ so an ihn gesetzt. VIII. Von dem selbs-Gericht oder selbs-Verdammung des verlohrnen Sohns/ wie er in sich geschlagen. IX. Von der Widerkunfft und Zuruck-kehr des verl. Sohns. X. Von der Reu und Buß des verlohrnen Sohns. XI. Von der Beicht des verlohrnen Sohns. XII. Von dem Gnaden-Thron/ JEsu Christo. XIII. Von dem Hingang des verlohrnen Sohns zu seinem Vater. XIV. Von des Vaters und GOttes Barmhertzigkeit. XV. Von der Absolution des verlohrnen Sohns. XVI. Von den Fruͤchten seiner Buß. XVII. Von der Pharisaͤischen Blind- und Unwissenheit des aͤltern Bruders. XVIII. Von der Pharisaͤischen Gerechtigkeit. XIX. Von dem Pharisaͤischen Hochmuth. XX. Von der Pharisaͤischen Heucheley. XXI. Von der Summa und Haupt-Lehre der Parabel. T t iij Uber Erstes Register. Uber das Sechste Haupt-Stuͤck Christlicher Lehre. Joh. xx. und m atth. xviii. I. Von der Quell des Schluͤssel-Gewalts. II. Vom Schluͤssel-HErꝛn/ Christo JEsu. III. Vom Schluͤssel-Gewalt ins gemein. IV. Von den Schluͤssel-Verwaltern/ oder denen Personen/ welchen Christus die Schluͤssel uͤberreicht und anbefohlen. V. Vom Loͤß-Schluͤssel. VI. Von denen/ welche des Loͤß-Schluͤssels faͤhig/ und sich dessen zu erfreuen. VII. Vom Bind-Schluͤssel. VIII. Von der Bann-wuͤrdigen Suͤnde/ dem Aergernuß. IX. Vom ersten Grad der Christlichen Buß-Zucht/ der bruͤ- derlichen Bestraffung. X. Von dem anderen Grad der Christlichen Buß-Zucht/ der Collegialischen Censur. XI. Von der Kirchen-Buß/ als dem dritten Grad der Buß- Zucht. XII. Von der Excommunication oder Bann. XIII. Von der Zusammen-Stimmung des Gebetts. XIV. Von der Gegenwart Christi auff Erden. XV. Uber die Wort Pauli 1. Cor. 3, 2. Das Andere Register Der Biblischen Spruͤche/ so erklaͤret oder erlaͤutert worden. _ _ Cap. _ _ v. _ _ pag . Gen. _ _ 13. _ _ 5. _ _ 281 _ _ 37. _ _ 31, 32. _ _ 87 _ _ 40. _ _ 2. seqq . _ _ 219 _ _ _ _ 14. _ _ 252 _ _ 41 _ _ 9, 10. _ _ 134 _ _ _ _ 42. _ _ 234 _ _ Cap. _ _ v. _ _ pag . Exod. _ _ 23. _ _ 21. _ _ 319 _ _ 32. _ _ 6. _ _ 42 Deut _ _ 8. _ _ 7. _ _ 156 _ _ 9. _ _ 5. _ _ 156 _ _ _ _ 7. _ _ 133 _ _ 32. _ _ 2. _ _ 181 Judic. Register Biblischer Spruͤche. _ _ Cap. _ _ vers. _ _ pag . Judic. _ _ 4. _ _ 18, 19. _ _ 325 _ _ 8. _ _ 2. _ _ 286 1. Sam. _ _ 2. _ _ 25. _ _ 77 2. Sam. _ _ 2. _ _ 14. _ _ 42 _ _ 3. _ _ 39. _ _ 265 1. Reg. _ _ 8. _ _ 47. _ _ 63 _ _ 18. _ _ 24. _ _ 197 _ _ 20. _ _ 25. _ _ 38 2. Reg. _ _ 7. _ _ 2. _ _ 51 Nehem. _ _ 4. _ _ 17. _ _ 291 Job. _ _ 20. _ _ 6. _ _ 34 Psalm. _ _ 25. _ _ 7. _ _ 133 _ _ 51. _ _ 6. _ _ 193 _ _ 73. _ _ 20. _ _ 34 _ _ 78. _ _ 2. _ _ 3 _ _ _ _ 20. _ _ 51 _ _ 103. _ _ 13. _ _ 75 _ _ 122. _ _ 1. _ _ 111 _ _ 130. _ _ 3. _ _ 160 _ _ 141. _ _ 5. _ _ 292 _ _ 143. _ _ 3. _ _ 160 Prov. _ _ 12. _ _ 1. _ _ 284 _ _ 20. _ _ 6. _ _ 172 Eccles. _ _ 11. _ _ 9. _ _ 29 Esai. _ _ 1. _ _ 18. _ _ 65 , 79 _ _ 22. _ _ 20. seqq. _ _ 213 _ _ 42. _ _ 6. _ _ 202 _ _ 43. _ _ 25. _ _ 193 _ _ 46. _ _ 8. _ _ 63 _ _ 49. _ _ 25. _ _ 75 , 114 _ _ 54. _ _ 10. _ _ 75 _ _ 61. _ _ 1. _ _ 202 _ _ _ _ 10. _ _ 127 Jer. _ _ 2. _ _ 5. _ _ 65 Thren. _ _ 3. _ _ 40. _ _ 68 _ _ 4. _ _ 8. _ _ 44 _ _ Cap. _ _ vers. _ _ pag . Ezech. _ _ 16. _ _ 6. _ _ 131 _ _ 18. _ _ 21. _ _ 131 _ _ 34. _ _ 2. _ _ 292 Joel. _ _ 2. _ _ 12. _ _ 80 _ _ _ _ 13. _ _ 76 Mich. _ _ 6. _ _ 3. _ _ 65 Zachar. _ _ 9. _ _ 11. _ _ 247 Syr. _ _ 18. _ _ 20. _ _ 68 _ _ 48. _ _ 4. _ _ 311 1. Maccab. _ _ 4. _ _ 36. _ _ 255 Matth. _ _ 3. _ _ 7. _ _ 145 _ _ 5. _ _ 12. _ _ 162 _ _ _ _ 20. _ _ 158 , 160 _ _ _ _ 30. _ _ 275 _ _ _ _ 39. _ _ 280 _ _ 6. _ _ 6. _ _ 316 _ _ 8. _ _ 11. _ _ 183 _ _ 9. _ _ 8. _ _ 193 , 226 _ _ _ _ 11. _ _ 167 _ _ 12. _ _ 45. _ _ 141 _ _ 15. _ _ 33. _ _ 51 _ _ 16. _ _ 3. _ _ 149 _ _ _ _ 19. _ _ 200 _ _ 18. _ _ 22. _ _ 76 _ _ _ _ 6. _ _ 270 _ _ _ _ 7. _ _ 273 _ _ _ _ 20. _ _ 204 _ _ _ _ 22. _ _ 76 _ _ 19. _ _ 5. _ _ 45 _ _ 21. _ _ 31. _ _ 183 _ _ 23. _ _ 25. _ _ 146 _ _ _ _ 33. _ _ 145 Marc. _ _ 2. _ _ 7. _ _ 193 _ _ 8. _ _ 4. _ _ 51 Luc. _ _ 3. _ _ 8. _ _ 135 _ _ 7. _ _ 39. _ _ 167 Luc. Register Biblischer Spruͤche. _ _ Cap. _ _ vers. _ _ pag . Luc. _ _ 7. _ _ 47. _ _ 137 _ _ 15. _ _ 2. _ _ 167 _ _ _ _ 7. _ _ 129 _ _ 16. _ _ 15. _ _ 169 _ _ 19. _ _ 10. _ _ 37 Joh. _ _ 3. _ _ 16. _ _ 119 _ _ 5. _ _ 14. _ _ 141 _ _ 8. _ _ 36. _ _ 234 _ _ 8. _ _ 58. _ _ 321 _ _ 10. _ _ 8. _ _ 294 _ _ _ _ 12. _ _ 293 _ _ 14. _ _ 6. _ _ 105 _ _ 15. _ _ 5. _ _ 143 _ _ 17. _ _ 12. _ _ 37 _ _ 18. _ _ 23. _ _ 279 _ _ 20, _ _ 21. _ _ 196 , 213 Act. _ _ 2. _ _ 37. _ _ 70 _ _ 5. _ _ 3. _ _ 296 _ _ 9. _ _ 6. _ _ 70 _ _ 12. _ _ 4. seqq. _ _ 229 _ _ _ _ 11. _ _ 63 _ _ 16. _ _ 30. _ _ 70 _ _ 20. _ _ 29. _ _ 294 Rom. _ _ 2. _ _ 4. _ _ 40 _ _ _ _ 15. _ _ 64 _ _ 3. _ _ 24. _ _ 161 _ _ _ _ 25. _ _ 97 _ _ 4. _ _ 2. _ _ 161 _ _ _ _ 4. _ _ 162 _ _ 5. _ _ 1. _ _ 138 _ _ _ _ 10. _ _ 75 _ _ 6. _ _ 4. _ _ 140 _ _ _ _ 11. seqq. _ _ 139 , 233 _ _ 8. _ _ 33. _ _ 109 _ _ 9. _ _ 19. _ _ 166 _ _ 11. _ _ 36. _ _ 192 _ _ Cap. _ _ vers. _ _ pag . Rom. _ _ 12. _ _ 8. _ _ 330 1. Cor. _ _ 3. _ _ 2. _ _ 328 _ _ 4. _ _ 3. _ _ 331 _ _ _ _ 4. _ _ 120 _ _ 5. _ _ 3. seqq. _ _ 259 _ _ 6. _ _ 7. _ _ 288 _ _ 10. _ _ 7. _ _ 42 _ _ 11. _ _ 31. _ _ 68 _ _ 12. _ _ 28. _ _ 222 _ _ 15. _ _ 9. _ _ 133 _ _ 16. _ _ 13. _ _ 112 2. Cor. _ _ 1. _ _ 22 _ _ 117 _ _ _ _ 24. _ _ 112 _ _ 3. _ _ 5. _ _ 143 _ _ 5. _ _ 5. _ _ 127 _ _ _ _ 20. _ _ 72 _ _ 7. _ _ 10. _ _ 82 _ _ 9. _ _ 11, 13. _ _ 330 _ _ 11. _ _ 4. _ _ 171 _ _ 12. _ _ 11. _ _ 222 _ _ _ _ 7. _ _ 133 Gal. _ _ 2. _ _ 14. _ _ 296 _ _ 6. _ _ 6. _ _ 332 Eph. _ _ 1. _ _ 14. _ _ 127 _ _ 4. _ _ 30. _ _ 127 _ _ 5. _ _ 14. _ _ 132 _ _ _ _ 18. _ _ 28 Phil. _ _ 3. _ _ 13. _ _ 110 _ _ 3. _ _ 24. _ _ 162 1. Tim. _ _ 1. _ _ 15, 16. _ _ 108 _ _ 5. _ _ 20. _ _ 296 2. Tim. _ _ 2. _ _ 19. _ _ 110 _ _ _ _ ult. _ _ 246 _ _ 4. _ _ 8. _ _ 162 Tit. _ _ 1. _ _ 6. _ _ 28 _ _ 3. _ _ 3. _ _ 134 Tit. 3. Register der Sachen und Materien. _ _ Cap. _ _ vers. _ _ pag . Tit. _ _ 3. _ _ 5. _ _ 161 Heb. _ _ 4. _ _ 16. _ _ 96 , 97 _ _ 6. _ _ 4. \& 5. _ _ 77 _ _ 10. _ _ 19. _ _ 321 _ _ _ _ 26. _ _ 77 _ _ 11. _ _ 1. _ _ 109 1. Pet. _ _ 1. _ _ 4. _ _ 155 _ _ 4. _ _ 4. _ _ 28 _ _ 5. _ _ 5. _ _ 169 2. Pet. _ _ 2. _ _ 22. _ _ 142 _ _ Cap. _ _ vers. _ _ pag . Jac. _ _ 1. _ _ 5. _ _ 330 _ _ 2. _ _ 21. _ _ 161 _ _ 5. _ _ 16, 17, 18. _ _ 312 1. Joh. _ _ 3. _ _ 14. _ _ 137 Apoc. _ _ 1. _ _ 8. _ _ 191 _ _ _ _ 18. _ _ 201 _ _ 3. _ _ 7. _ _ 201 , 213 _ _ 9. _ _ 2. seqq . _ _ 208 _ _ 20. _ _ 11. _ _ 65 Drittes Register/ der Sachen und Materien. A. A Berglaub hat die Gnaden-Throͤn im Papstthum erfunden/ _ _ 96 Vielerley Schluͤssel erdacht _ _ 207 Ablaß-Thron der Papisten _ _ 96 Abraham wie er durch Werck gerecht worden _ _ 161 Absolution der Prediger ist gewiß und warhafftig 198 . ist bedingt 247 . eine Majestaͤtische/ Goͤttliche/ troͤstliche Handlung _ _ 197 . seqq . Ambrosius von rechtschaffenen wahren Buͤssern 58 , 79 . von natuͤrlicher Liebe der Eltern 74 . statui rt ein Bann-Ex- empel an Theodosio _ _ 260 . seqq . Antiochus der grosse Juden-Feind _ _ 255 M. Antonini Kinder-Ungluͤck _ _ 20 Antonius Caracalla _ _ 22 ᾽Απολωλὼς, was es heisse _ _ 37 Aergernuß/ was? 269 . seqq wie vieler- ley 272 . ein abscheuliches Laster _ _ 273 . Wie ihm abzuhelffen 275 , 276 . Ge- heimes Aergernuß welches 279 . Zucht- mittel darwider l. c. seqq . Jn der Lehr/ Ehrbarkeit/ Feyrtaͤgen/ Ehe und Kin- der-Zucht 287 . seqq . Mittel darwider 288 . Zweck und End-Ursach 289 . Aer- gernuß freye gluͤckselige Leute _ _ 274 Aristoteles von einem Hunds-Tags- Narren 64 . sein End-Geschrey _ _ 123 ᾽Ασωτία, was es heisset 28 . ihre Straff _ _ 38 ᾽Ασώτες opffern dem Baccho _ _ 31 ᾽Ατεκνία kuͤmmerlich/ doch auch troͤstlich/ und warum _ _ 20 Atheismus die groͤste Religion _ _ 31 Athenæus von einem aberwitzigen Men- schen _ _ 64 Augustinus von der reichen Kranckheit 15 . von den Traͤumen 35 . von Pauli Be- kehrung 71 . von den Glaubens-Arti- Zehender Theil. U u culn Register der Sachen und Materien. culn 329 . Augustini Beicht _ _ 91 ᾽Αυτοκατάκρισις _ _ 68 B B Ann 304 . Womit er umgehet l. c. seqq. Banns Schwere 307 . Ab- sehen 308 . der kleine/ grosse/ und groͤs- seste Bann bey den Juden 258 . 307 Bann-wuͤrdige Suͤnden welche 265 267 . seq. Baarfuß gehen ein Zeichen der Dienst- barkeit _ _ 127 Bacchus der groͤste Heilige _ _ 31 Battologia der Papisten _ _ 318 Bauch-Sorg machet mißtrauische Fra- gen _ _ 51 Behutsamkeit reisender Zehrpfenning _ _ 28 Beicht-Kunst welche 89 . seqq. Beicht muß redlich/ voͤllig/ freymuͤndig/ demuͤ- tig/ und offentlich geschehen 90 . ihr Nutzen 94 . unserer Kirchen-Beicht Meinung und Verstand 253 . seqq. Beicht-Sachen soll man nicht offen- bahren welche und wie 93 . Beicht Nothwendigkeit 91 . Offentliche gemei- ne Beicht l. c. Was von der privat- Beicht zu halten 92 . wird von den Calvinisten angefeindet. loc. cit. Bernhardus vom Gewissen _ _ 61 Bezæ Lehre von Verlierung Goͤttlicher Gnade _ _ 40 Bilder-Thron im Papstthum _ _ 97 Roͤmischer Bischoff ein Himmel-fa ll en- der Stern _ _ 209 Bind-Schluͤssel was 257 . seqq. ist zufaͤl- liger weiß heylsam 258 . noͤthig 259 , 265 seqq. ist verlohren _ _ 264 Bonisacius III. hat die grosse Apostasiam angefangen _ _ 209 Brodt was es heisse _ _ 52 Bruͤderliche Bestraffung wohin sie zielen soll _ _ 282 Boͤse Buben geniessen des Goͤttlichen Segens/ und warum _ _ 24 Buben-Stuck/ das abgehet/ ist darum nicht recht _ _ 24 Buß/ rechte Art/ 81 . was sie erfordert 81 seqq. ist nothwendig 77 . taͤglich/ war- um? _ _ l. c. Bußfertiger Suͤnder Ancker 74 . Freude bey GOtt _ _ 129 Buß-Fruͤchten rechtschaffene 135 . seqq. 142 . Buß-Zeichen eigentliche _ _ 83 , 135 Buß-Zucht ist weltlichen Gerichten nicht zu wider 291 , 299 . ihre Grad seind ver- schwunden _ _ 309 Buß-Gloͤcklein _ _ 49 C L Ains Bann _ _ 307 Caji Caligulæ Krigs-Zug _ _ 73 Caroli V. Koͤnigs in Franckreich er- schroͤckliche Mummerey _ _ 276 Censura Collegialis _ _ 287 Christus was und wie er gelehret 3 . \& 4 . ein guter Parabolist l. c unser Weg 105 aller bußfertiger Suͤnder 106 . Unser Gnaden-Stuhl wie und wasserley 101 seqq. 101 . seqq. λύτρον \& δῶρον 128 . der Schluͤssel-Herꝛ 199 . seqq. wie er in den sechs Haupt-Stuͤcken erscheinet 199 seine Leidens-Band was sie seyen 267 seqq. Handel mit Juda _ _ 281 , 305 Christlicher Kirchen Klag uͤber ihre Ge- fangenschafft _ _ 245 . seqq. Erster Christen Gebetts Symphoni _ _ 315 Chrysostomus von der wunderlichen Weise Register der Sachen und Materien. Weise GOttes zu straffen _ _ 49 Com œ dien und Trag œ dien haben bey den Alten einen schlechten Namen/ 42 nach Christlicher Prudentz angestellet/ seind sie nicht zu verdammen/ gut und nutzlich _ _ l. c . Concilia wie sie muͤssen beschaffen seyn 297 . seqq. Creaturen seind unsere Diener/ Lehrmei- ster 11 , 12 . was sie von uns forderen l. c. D D Amascenus vom Schrifft lesen _ _ 9 Davids Hertzenleyd uͤber Absolons Untergang 21 . Gewissens Vergleiste- rung _ _ 88 Demuth ist besser als Reichthum 19 . der demuͤthigen Symbolum _ _ l. c. Geistliche Di æ t welche _ _ 140 Dionysius der Koͤnig scheuet die Arbeit nicht 59 . ist ein Bild grosser Herren l. c. Duellen und Kugel wechseln ein Gottlo- ses composition s Mittel _ _ 280 Duo cum faciunt idem, sæpè non est idem _ _ 170 E E Dle sollen am verlohrnen Sohn ler- nen sich nicht auffs Gluͤck ver- lassen 18 . die sich der Studien schaͤmen/ seind schaͤdliche Leute _ _ 32 Edelleut seind oft unbaͤndige Wald-Esel 216 . Einbildung verfuͤhret und schadet viel 39 , 40 . Eli æ Lob/ und Gebett _ _ 311 , 312 . ᾽Ελϑει῀ν εἰς ἑαυτὸν was es heisse _ _ 63 Engelland hat keine Woͤlffe/ woher _ _ 293 Epicureer Mittel wider das boͤse Gewissen 79 . Erkantnuß der Suͤnden allein machet kei- ne vollkommene Buß _ _ 80 Erb ist unverdienlich/ ein Geschenck 154 sq . Evangelischer Schluͤssel-Gewalt ist recht/ just und guͤltig _ _ 228 Ewiges Leben ein Lohn/ wie? 162 . ein Erb/ wie? _ _ 155 F F Aßnacht-Spiel schroͤcklicher Auß- gang/ _ _ 276 Friedens-Kuß _ _ 121 Fruͤchten des geistlichen Lebens/ der Ge- sundheit und Findung _ _ 137 . seqq. Fuͤhllosigkeit bey einem Menschen ein elender Zustand _ _ 38 G G Ebetts Zusammenstimmung _ _ 313 Was es vermag _ _ 316 Gedaͤchtnuß der Suͤnden gut/ wozu _ _ 134 Gefangenschafft ein Bild unsers geistli- chen Elends 215 . Geistliche Gefan- genschafft allgemein _ _ 249 Gefangener List sich loß zu wuͤrcken _ _ 252 Geheimnuß von den ersten und letzten _ _ 182 seqq. Geitzige seind gefangene Sclaven _ _ 250 Geist GOttes wie er rathet _ _ 55 , 56 Gerechtigkeit Evangelische welche _ _ 132 wem sie entgegen zu setzen 133 . des Glaubens muß vollkommen/ fest und gewiß seyn 160 . seqq. Gottes ist frey 77 der Papisten ist dem Verdienst Christi schmaͤhlerlich _ _ 133 Gerechtfertigter Bild und Kennzeichen _ _ 137 . seqq. Gesind soll sich an dem verlohrnen Sohn spieglen _ _ 18 U u ij Gesundheit Register der Sachen und Materien. Gesundheit Fruͤchten und Zeichen _ _ 140 Gewalt der Schluͤssel was und was er nit sey 210 . seqq. sein Ursprung 193 . wie er anzusehen und zugebrauchen 197 . ist von Ewigkeit 202 . seqq. im Paradiß verheissen/ l. c. gebuͤhret Christo allein 203 . gebraucht ihn noch mittelbar 205 . wie man seiner zu geniessen 205 . seqq. Jst danckens werth/ wie 217 . seqq. Seine Lehre hat ihren Nutzen _ _ 215 seqq. Gewissen ist ein inneres Hauß/ warum 61 seine Schlaͤg 49 . Nahmen 60 . Prob/ wie es damit zugehet 64 . seqq. Trost/ auß der Absolution _ _ 228 boͤssen Gewissens falsche und wahre Mit- tel 79 . seqq. Art 87 . seqq. Vermaͤnte- lung und Brandmahl _ _ 88 wahrer Glaub reisender Zehrpfenning 27 Glaubens Weg/ Lob und Grad _ _ 107 seq. Seligmachenden Glaubens Art 111 . Lehre von Gerechtigkeit des Glau- bens ist noͤthig/ warum 162 . Glaub er- greifft den Schluͤssel-Schatz 207 . Glaubens-Articul _ _ 329 Gnaden-Thron in der Schrifft/ welcher 97 . seqq. 11 . seqq. Gnaden-Throͤne im Papstthum der Schrifft zu wider _ _ 96 Gnaden-Stuls im A. T. Wesen/ Gestalt/ Ampt _ _ 100 . seqq. Gottes Langmuth uͤberfluͤssig 23 . Uner- forschlich 24 . bricht endlich in Straffe auß 32 . Gnade wol zu verwahren/ weil sie verlierlich 40 , 41 . Gaben ἀμετα μέλητα 41 . Vater-Hertz 75 . Gerechtig- beit ist frey 77 . uͤbermuͤtterliche Lieb 116 seqq. Liebreiche Vorschau 117 . seqq. Erbarmung 118 . Streit zwischen sei- ner Barmhertzig- und Gerechtigkeit 118 120 . Vorlauffende Gnade 120 . Welche seiner Barmhertzigkeit faͤhig 122 . wie man zu ihm kommen soll 123 . was und wer er ist 192 seine Leutseligkeit _ _ 226 Gregorius M. von der Krafft des Loͤß- Schluͤssels _ _ 235 H H Ebraͤer legen GOtt 4 . Schluͤssel zu 194 . Heiligen Teuffel der aͤrgste _ _ 106 , 171 . sqq. Heiligthums Thron im Papstthum _ _ 97 Heiligthum/ was es sey/ und wie es zu reinigen _ _ 256 Henricus IV. muß zu Rom Absolution holen Herodes Agrippa excedi rt in allem _ _ 244 Heucheley/ was sie seye/ und wie sie heuti- ges Tages getrieben wird _ _ 127 . seqq. Hieronymus von den Gleichnussen 7 . von dem Beruff Sauls und Jud æ 23 , 24 . Von den Vollsaͤuffern 30 . Von Be- obachtung der Zeit 68 . von den Juden- Thraͤnen uͤber das zerstoͤrte Jerusa- lem _ _ 86 Himmel/ was es heisse _ _ 89 Hoffart geistliche/ 165 . seqq. Gott ist ihr feind _ _ 169 Hoffart armer Leut stinckt/ wie es zu ver- stehen _ _ 163 Hoffmeister wie sie mit ihren untergebe- nen zu verfahren _ _ 33 Hugo de S. Victore von den Creaturen _ _ 11 Hunger ein schwartzer Preß-Reuter/ warum? _ _ 44 J J Acobus de Voragine vom Marien- Thron _ _ 96 Josephs Register der Sachen und Materien. Josephs Bruͤder boͤsen Gewissens Ver- gleisterung _ _ 88 Joseph im Gefaͤngnuß Christi Fuͤrbild _ _ 203 , 220 Judas falsche Buß ist paͤpstisch vollkom- men _ _ 80 Juden ein hochmuͤthiges Volck _ _ 182 . koͤnnen der Roͤmer Kriegs-Fahnen in der Stadt Jerusalem nicht leiden _ _ 313 Junge Leute/ Studiosi, sollen es machen wie Ulysses und Joseph _ _ 33 Jsraeliten mußten sich ihres Elends offt erinnern _ _ 216 K Κ Εράτια was es heisse _ _ 45 Ketzer Woͤlff _ _ 294 Kinder/ so ungehorsam/ Straff 26 . der Frommen Gnaden-Lohn _ _ l. c. Kinder Gefahr ist dreyerley 20 . die groͤste 21 . Kinderlosigkeit beschwerlich/ doch troͤst- lich/ warum? _ _ 20 Kinds-Recht und Vater-Lieb halten fest 74 , 75 . gantze Kirch hat den Schluͤssel-Gewalt 224 . Kirchen-Buß womit sie umgehet _ _ 295 wie sie anzustellen 296 . seqq. ist weltli- chen Gerichten nicht zuwider/ 299 . ihr End-Ursach und wozu sie dienet _ _ 300 Klugheit der Reisenden noͤthig 27 . wach- same _ _ 141 Κολλει῀ν was es heisse _ _ 45 Kost-Herren unverantwortliches proce- di ren im extra _ _ 33 Kuß des Friedens _ _ 121 L L Angmuth Gottes unterschiedlich 40 uͤberfluͤssig 23 . unerforschlich 24 bricht endlich in Straffe auß _ _ 32 Lebens-Lauff des Menschen ein Faßnacht- Spiel _ _ 277 Lebendigen Menschens Merckzeichen _ _ 137 seqq. Leiblichen und geistlichen Lebens Fruͤchte 137 . seqq. Liebe/ muͤtterliche Bluts-Liebe unvergeß- lich 115 . ihre Verleugnung woher _ _ l. c. Loͤß-Schluͤssel/ was dabey vorgehe _ _ 231 seqq. Nutz und Wuͤrckung 233 . Be- schreibung 235 . seqq. ist allegmein 237 nur einer l. c. kein opus operatum 240 , 241 . wer seiner faͤhig 247 . seqq. Man muß kluͤglich damit umgehen 248 , 254 Lutheri Meinung vom Buch Judith und Tobi æ 43 . Er hat den paͤpstischen Bann-Schluͤssel beschnitten _ _ 263 Lutherische Pharisaͤer/ welche 151 . Heuch- ler 177 . seqq. stoltze Pharisaͤer _ _ 168 M M Aschal was es heisse _ _ 4 Marien-Thron _ _ 96 Maximilianus verirret auff einer Hirsch- Jagt/ und kom̃t in Lebens-Gefahr _ _ 201 Menschen von Natur Woͤlffe _ _ 294 Mittel-Mangel ist auch Hunger _ _ 47 Muͤtterliche Blut-Liebe unvergeßlich 115 ihre Verleugnung woher _ _ 115 . seqq. N N Ovatus ein Gnaden-Feind und Buß-Moͤrder _ _ 76 O O ffenbahrung Johannis ist eine Co- mœdia _ _ 43 U u iij Ohren- Register der Sachen und Materien. Ohren-Beicht ist ungereumt _ _ 93 Schrifftloß/ unmuͤglich/ verworffen 94 . Origenes in cap. 20 . Exodi. _ _ 49 Ottonis IV. Bußzucht _ _ 262 P P Apst wil den Engeln gebieten _ _ 211 wird Eyd-bruͤchig l. c. hat unter dem Schluͤssel-Schein mit grossen Haͤup- tern gespielet 217 . warum keiner Petri Namen traͤgt _ _ 223 Papisten machen Petrum allein zu einem Schluͤssel-Verwalter 221 . ist es aber nicht 222 . laͤstern auff uns wegen der guten Werck 142 . erklaͤren den Schluͤs- sel-Gewalt nicht recht/ und wie 210 seqq. ihrer Wallfahrten Nichtigkeit 73 . Ohren-Beicht ist nichts nutz 94 Gnaden-Throͤn _ _ 96 Paͤpstische Ordens-Leut den alten Pha- risaͤern gleich 150 . seqq. Gerechtigkeits- Ruhm/ Lehre uñ Strenge 159 . seqq. ihr Hochmuth 167 . φιλαυτία l. c. Heuche- ley und eygen Ruhm 176 . seqq. ihre Straff-Buß widerlegt 248 . Buß- carnificin 262 . Paͤpstisches Kaͤyser- thum gilt nicht 298 . Battologia _ _ 318 Parabeln was bey ihnen zu mercken und zu unterscheiden 6 . seqq. vom verlohr- nen Sohn ihre Summa und Gelegen- heit _ _ 182 , 183 Pareus von Glaubens-Artieuln _ _ 329 , 330 Personen Unterscheid in der Gottheit _ _ 195 Petrus ist nicht allein Schluͤssel-Ver- walter 221 , Petri Ketten-Feyer woher 268 . Pharisaͤer Mittel wider das boͤse Gewissen 79 . Pharisaitmus steckt uns allen im Bu- sen 85 . 159 , Pharisaͤer Ursprung 145 Unart 146 . seqq. heutige wer sie seind 150 . der alten Pharisaͤer Jrꝛthum 149 Gerechtigkeit 156 . seqq. Ordens- Strenge 158 . Hochmuth 166 . Vor- laͤuffer der Novatianer l. c. ihre Heu- cheley _ _ 175 . seqq. Φιλαυτία 165 . ein allgemeines Unkraut _ _ 168 Philippus laßt einem Soldaten ein Zei- chen auffbrennen/ warum? _ _ 16 Pilgrim rechte/ welche 113 . welche nicht 112 Pilgrims Kunst geistliche _ _ l. c. Postillen nicht zu hart zu trucken _ _ 10 Pracht-Hansen was sie in Theurung zu gedencken _ _ 48 Πράγματα vorfallende vielerley _ _ 317 Predigten wem sie zu halten 9 . wie sie sol- len beschaffen seyn _ _ 180 Pythagoræ Y. _ _ 181 R R aͤthe unterschiedliche 56 . des verlohr- nen Sohns 53 . seqq. der beste 57 , 58 ihre Ordnung _ _ l. c. Rechtfertigung erster Handel 63 . seqq. was sie sey _ _ 68 Recidiv geistliche hoͤchstschaͤdlich _ _ 244 Reformirten haben den rechten Loͤß- Schluͤssel nicht 238 . vertraͤhen ihn _ _ 239 Reichthum fuͤhret Hochmuth mit sich _ _ 15 Reisen im rechten Gebrauch ist nutzlich 26 . rasende Reiß-Sucht schaͤdlich 27 Reisen muß mit Gottesforcht ange- stellet werden l. c. Reiß-haͤssige seind monstra naturæ _ _ l. cit. Reu der Suͤnden rechte _ _ 84 Ring am Finger was sie bedeuten _ _ 127 Rizpa eine liebtragende Mutter _ _ 115 S. Register der Sachen und Materien. S S Aufftmuth in der Bußzucht und bruͤderlichen Bestraffung _ _ 283 Sauls Buß mangelhafftig _ _ 80 Scandalum, quid, _ _ 271 . seqq. Schamajim, Cœli, was es heisse _ _ 89 Schlangen-Art _ _ 146 Schluͤssel-Gewalt nicht zu verachten 227 wird verspottet _ _ 250 , 251 Schluͤssel-Verwalter _ _ 219 . seqq 224 . seqq. Schuh/ Zeichen der Freyheit _ _ 127 Schwartze Kunst die schwerste Suͤnde/ doch vergeblich _ _ 240 Selbs-Lieb steckt in allen _ _ 17 Selbs-Gericht und Verdammnuß _ _ 187 nothwendig 68 . Ordnung und Pro- ceß _ _ 69 Selbs-Erkantnuß 179 . nutzlich _ _ 186 Seelen-Gewinn der Bußzucht Zweck 290 . Weg zur Seligkeit bitter saur _ _ 110 Sendung des Sohns GOttes benimt seiner Goͤttlichen Gleichheit nichts 195 wie sie geschehen _ _ 196 Serveti Geschrey an seinem End _ _ 123 Sicherheit aller Schandlaster Mutter _ _ 29 Soͤhne und Toͤchter was sie am verlohr- nen Sohn zumercken _ _ 18 verlohrnen Sohns Histori ob sie warhaff- tig 6 , 13 . Ursach 5 . Jnhalt/ Theil 7 . seqq. wer sein Vater und Bruder 8 , 23 . seine Undanckbarkeit 11 , 15 . sechsfaches Gluͤck 13 , 14 . Hochmuth und selbs-Lieb 15 . Ungehorsam und andere Laster 21 . seqq. ist ein unsinniger Reiser 28 Fresser und Hurer 30 . seine Reiß-Ge- sellen 31 , 32 . stehet am Pranger/ rufft uns zu l. c. Verderben und elender Zu- stand 36 . seqq. unser Schroͤck- und Anmahnungs-Bild 39 , 40 . seine Buß-Glockẽ 44 . seqq. Rathgeber uñ Raͤthe 53 . Wald-Liedlein l. c. Gewis- sens-Pruͤfung 62 . selbs-Verdamnuß 67 . Ruck-Reise 71 , 72 . seqq. Beicht und Buß 81 , 89 . Glaubens-Weg 107 geistliche Jnvestitur 125 . todt und ver- lohren/ wie 130 , 131 . Bild eines gerecht- fertigten 137 . sein Bruder ein Phari- saͤer 147 . dessen Blindheit l. cit. ver- meinte Gerechtigkeit 156 . seqq. Hoch- muth 165 . Heucheley _ _ 174 . seqq. Socrates vertraͤgt Xantippe Boßheit mit Gedult _ _ 287 Spiel/ Com œ dien und Trag œ dien haben bey den Alten einen schlechten Namen 42 . nach Christlicher Klugheit ange- stellet seynd sie nicht zu verdammen 43 warum l. c. Suͤnden zweyerley 89 . Suͤnden-Sta- chel unertraͤglich 81 . Suͤnden-Reu/ Haß/ Furcht/ Scham 82 . seqq. Suͤn- den-Fall niemand vorzurucken _ _ 144 womit einer suͤndiget/ damit wird er auch gestrafft 46 . Offentliche/ hart- naͤckige Suͤnder seynd nicht zu absol- vi ren _ _ 248 ςόλη ἡ πρώτη, welche _ _ 126 ςοργὴ unvergeßlich _ _ 115 Straffen GOttes seynd Buß-Glocken 46 . ihr Zweck _ _ l. c. Straff-Ruthen _ _ 49 Studiosorum fleissiger Lob und Lohn 34 die sich der Studi en schaͤmen/ seind schaͤdliche Leute 32 . beguͤterte sollen ihre Mittel wol anwenden _ _ 18 Studiosi Register der Sachen und Materien. Studiosi Theologiæ haben an Christo zu lernen/ wie und was sie lehren sollen 8 . sollen die Postillen nicht so wol trucken 10 . nicht Schluͤssel-suͤchtig seyn oder Practicken brauchen zur Promotion 227 . Stutzer/ so verthunisch/ sollen sich am ver- lohrnen Sohn spieglen _ _ 47 Συγκατάβασις Divina _ _ 121 T T Erentii Epitaphium _ _ 11 der Teutschen Teuffel heißt Sauff _ _ 31 Teuffel ist verschlagen/ arglistig/ Gottes Aff 172 , 173 . sein Rath/ dilemma, Ver- suchung 54 , 56 . Tranck-Gelt fuͤr seine Diener _ _ 39 Teuffels-Banner ist der Loͤß-Schluͤssel 235 . Teutschland ein Handvoll boͤser Buben _ _ 31 Theodosii Kirchen-Buß _ _ 302 Theophylactus von GOttes Gerichten 179 . Toͤchter und Soͤhne sollen am verlohrnen Sohn witzig werden _ _ 18 Todt politisch 131 . Todes-Stund schnell und ungewiß _ _ 78 Tugend-Ruhm ist nicht verbotten/ wie und wo _ _ 169 goͤttliche Traurigkeit _ _ 82 V V Aters Lieb und Kinds-Recht stehen fest _ _ 74 , 75 Vergebung der Suͤnden ein pur Goͤttli- ches Werck _ _ 193 . seqq. Venus die liebste Goͤttin _ _ 31 Vernunffts-Rath 54 . ist nichts nutz _ _ 57 Versoͤhnung mit Gott ist muͤglich 76 . ihre Lehre honig-suͤß 77 . wie sie beschaffen 125 . menschliche Versoͤhnung wie sie zuweilen beschaffen _ _ 124 , 125 Unbarmhertzige was sie zu gedencken _ _ 48 Undanckbarbeit ein gemeines Laster _ _ 17 ihre Straff _ _ 16 Unwissenheit in Glaubens-Articuln un- verantwortlich 151 . verdamlich _ _ 152 schaͤndlich _ _ 153 Vorschau GOttes zur Liebe _ _ 117 . seqq. Vorstellungen wie sie anzusehen _ _ 300 seqq. W W Eiber Pracht unverantwortlich _ _ 32 Welt-Gluͤck ein Traum 34 , 35 . ein Vorbott des Zorns GOttes _ _ 36 Welt-Urtheil von jungen Leuten _ _ 39 gute Werck werden von Lutherischen nit verbotten 142 . machen nicht gerecht 161 162 . seynd nothwendig _ _ 142 Widervergeltungs Recht bey GOtt _ _ 50 Wissenschafft des Glaubens wie dazu zu- kommen _ _ 153 Wolcken-Seul der Kinder Jsrael 163 was _ _ 319 Wolffs-Jagt geistliche _ _ 294 , 295 Wolluͤstler was sie in Theurung zu geden- cken/ wie auch die Wucherer _ _ 48 Z Z Orns Natur 285 . Mittel darwider 286 . Zuchtpredigen vergebens wie 308 . seqq. nicht vergebens _ _ 309 Zuhoͤrer sollen lernen Christi Parabeln verstehen _ _ 8 ENDE.