Der Academi sche ROMAN, Worinnen Das S tudenten- L eben fuͤrgebildet wird; Zusamt allem/ Was auf den Universit aͤten passi- ret/ wie diese bestellet werden/ wie die Professiones und Facult aͤten eingetheilet sind/ was deß Rectoris Magnifici, Decani, Professor en/ Stu- denten/ Pedell en/ \&c. Amt und Privilegia, wie und welcherley Gradus man conferi ret/ wie viel Universit aͤ- ten/ hohe und andere beruͤhmte Schulen und Collegia jetzo in gantz Europa ; Wann der Pennalismus abge- schaffet; Was fuͤr Excess en die Studenten offt begehen/ was die Bachant en fuͤr Leute/ und was man von dem Academi schen Leben zu wissen verlangen mag. Das Gute zur Lehre/ das Boͤse aber zur Warnung der Ehr-liebenden Jugend/ in einer schoͤnen L iebes- G eschichte fuͤrgestellet von Everhardo Gvernero Happelio. ULM / druckts und verlegts E s kommet und frommet die Weißheit vor Jahren/ W ann Tugend und Jugend einander sich paaren. H ergegen dann regen sich widrige Sa- chen/ K an Tugend und Jugend kein’ Einigkeit machen. Vorsprach. N Icht unweißlich hat der verstaͤndige Plato, den die Heyden zu seiner Zeit Goͤttlich prey- seten/ geredet/ wann er spricht/ daß auß einem wol-erzogenen Juͤngling ein Goͤttliches/ und auß einem uͤbel-erzogenen ein wildes Thier werde/ und dessen Zuhoͤrer/ der Peripateti sche Printz Aristoteles bekraͤfftiget solches/ wann er darfuͤr haͤlt/ daß gar viel daran gelegen sey/ von was fuͤr Maͤnnern/ auf was fuͤr Weise/ durch welche Wissenschafften/ in welcher Zeit und Ort die Jugend unterrichtet werde. Dann auß so- thanen wol-erzogenen Juͤnglingen werden dermahl- eins solche Leute/ die ihrem Vatterland mit grossem Nutzen vorstehen koͤñen/ und wir sehen es an dem Lande der Griechen/ welches/ so lange die hohe Schulen und Wissenschafften darinn im Flor gewesen/ an sich selber bey der gantzen Welt ein Schrecken und Wunder ge- achtet worden/ so bald aber durch die eingerissene Bar- barey die hohe Schulen darauß vertrieben/ uñ alle Loͤbl. Wissenschafften von dannen verbannet worden/ ist es in solchen miserabl en Stand gerathen/ daß es eine rech- te Sclavin unwuͤrdiger Nation en ist geworden. Sol- chem nach/ und in Betrachtung dessen/ siehet man un- ter den wol-bestelleten Christl. Policeyen (ausserhalb Moscau/) kein einziges Reich noch Land/ oder Respu- bliq, welche nicht ihre feine hohe Schulen fuͤr die Ju- gend unterhalten; Wie es auf denselben herzugehen pflege/ das ist in gegenwaͤrtigem Roman zur Gnuͤge beschrieben/ dann unter so viel Studenten findet man allerhand Gemuͤther/ welche guten Theils/ wann sie in die erste Freyheit gleichsam außgeflogen sind/ der Buͤ- cher wenig achten/ sondern/ zumahlen wann sie von be- ** mittel Vorsprach. mittelten Eltern herkommen/ dem Frauenzim̃er nach- gehen/ theils im Fressen und Sauffen sich wuͤhlen/ theils auf den Kleider-Pracht und Stutzen sich legen/ andere balgen und schlagen sich/ in Meynung/ eine sonderbare Ehre dardurch zu erwerben/ und was dergleichen Ex- cess en auf Academi en mehr sind/ daß also schier nur die/ welche armer Herkunfft/ und sich anders keines Aufent- halts zu getroͤsten haben/ auß Noth gezwungen auf gu- te Wissenschafften legen/ welche demnach endlich fuͤr den auß der Art geschlagenen Kindern der reichen und fuͤrnehmen Maͤnner herfuͤr gesuchet/ und zu hohen Eh- ren befoͤrdert werden. Guͤnstiger Leser/ du wirst aller- hand Exempla in diesem Academi schen Roman finden/ und glaube ich/ es sey nichts außgelassen/ was einiger Massen darzu mag erfordert werden. Cavina zeiget an seiner Person ein fleissiges Mus en-Kind/ Cerebacchius einen Debouchant en im Fressen und Sauffen/ Vene- reus einen Courtisan, und Klingenfeld einen Balger/ Troll aber einen halb-Gelehrten/ der immerdar ein Huͤmpler und Stuͤmpler bleibet/ diese Personen/ damit sie ihre Rolle wol spielen/ raͤysen in Gesellschafft eines fuͤrnehmen und reichen Jtaliaͤnischen Printzen/ der sie allenthalben defray rt/ biß sie verschiedene Academi en besuchet/ und das Studenten-Leben rechtschaffen præ- senti ret haben. Man soll aber nicht gedencken/ daß ich mich gekitzelt/ mit den Haͤndeln derer/ die das Academi- sche Leben und Zeit mißbrauchet; Nein/ ich habe solche Voͤgel nur abgemahlet/ damit man sie an ihren Federn kenne/ und sich ihrer zu entschlagen hingegen dem Je- nigen zu folgen wisse/ was als ruͤhmlich und zur Lehre ist vorgestellet worden. Lebe wol/ Vielgeneigter Leser/ und nimm das/ was dir anstehet/ und nutzlich ist/ auß diesem Buch/ das uͤbrige aber laß dir zur Warnung dienen/ damit Du und die Deinen dich darnach zu richten haben moͤgest. Deß Deß Academi schen Romans Erstes Buch. Das I. Capitul/ Klingenfeld/ ein Adelicher Student/ ist ungluͤcklich/ uͤberkom̃t auf der Flucht ein Pferd/ hat seltzame Ebentheuren/ und leydet Mangel an Geld/ kommt nach Bologne/ und siehet/ daß ein Student daselbst er- stochen worden. Er gehet fort/ und wird von einem hoffaͤrtigen Eysen- fresser angefochten/ den er aber gar bald zu demuͤthigen weiß. A Ch/ ich Ungluͤckseeliger! was fange ich doch nunmehr an? Jch huͤte mich so viel fuͤr Uneinigkeit und Streit- Sachen/ als ein Mensch von der gan- tzen Welt/ und gleichwol fuͤhret mich das Geschick so gar unversehens und tieff hinein/ daß ich mir nicht wieder herauß zu helffen vermag. Was soll ich nun anfangen? Nach dieser ungluͤcklichen That ist mir die Thuͤre nach Jtalien hinfuͤhro ver- sperret/ und/ wo soll ich Geld hernehmen/ weiter fort- zukommen? Ach! ich elender Mensch/ der so offtmahl bey den Haaren in das Ungluͤck gezogen wird! Also redete und klagete Klingenfeld bey sich selber/ da er gantz allein ohnweit Florentz auf dem Feld fortwan- derte/ und nicht wuste/ wohin er sich hinfuͤhro zu wen- den hatte. Er gieng staͤts vor sich hin/ und galt ihm gleich viel/ wohin er kaͤme/ wann man ihn nur nicht in dem Gebiet von Toscanen ertappen moͤchte/ das Gluͤck fuͤgete es gleichwol also/ daß er sich nach der lincken Seiten lenckete/ allwo er bald einen angeneh- men Wald erreichete/ woselbst er sich unter einem Schatten-reichen Baum bey der warmen Som̃ers- A Zeit Deß Academi schen Zeit niederlegete/ und deß suͤssen Schlaffes genosse. Er hatte weder zu beissen/ noch zu brechen/ darzu nur etliche wenige Pfenninge in seiner Taschen. Der Schlaff hielte ihn so lang in Ruhe/ daß die Sonne daruͤber nicht allein schlaffen gieng/ sondern er schlieff darzu noch einen guten Theil in die Nacht hinein/ und ich glaube/ er waͤre von sich selber noch nicht erwachet/ wo er nicht durch was sonderliches waͤre aufgemuntert worden/ nemlich: Es galoppi re- te Jemand auf einem schweren Pferd daher/ wor- durch die Erde erschuͤtterte/ daß sie unter ihm bebete/ wannenhero sich seine eingeschlummerte Sinnen wie- der ermunterten/ und seine Augen erschlossen. Da- mahl hielte der unvermuthliche Reuter still/ stieg vom Pferd ab/ band es an einen Zweigen/ loͤsete die Hosen/ und verrichtete das Werck der Natur. Klingenfeld sahe dem Handel ein wenig zu/ gedachte aber bald bey sich selber also: Dieser Mensch ist so unverschaͤmt/ daß er sich mir bey nahe vor die Nase setzet/ dannen- hero thue ich ja nicht unrecht/ wann ich mich nach ei- nem tauglichen Mittel umsehe/ um diesem unleyd- lichen Gestanck mich fordersamst zu entziehen. Als er dieses bey sich resolvi ret/ stund er auf/ und schlich in sanfften Tritten nach dem Roß/ loͤsete es behende/ und nachdem er sich darauf geschwungen/ rieff er Jenem/ dem es gehoͤrete/ zu/ und sprach: Mein Freund/ es ist billich/ daß ich mich behende auß diesem Gestanck/ wo- mit du diese Gegend anjetzo erfuͤllet hast/ erhebe/ folge mir nur bald nach/ und so du mich antriffst/ wil ich dir als dann dein Roß unwegerlich wieder zustellen. Ob nun gleich der andere mit Fluchen und Schwoͤren darwider protesti rete/ wolte doch Klingenfeld gar nicht darnach hoͤren/ sondern eylete mit seinem Pferd fort/ biß er nach etlichen wenigen Stunden in einen tieffen Romans I. Buch. tieffen Morast verfiel/ darauß er sich zwar letztlich mit grosser Muͤhe wieder loß machte/ aber das Pferd hat- te sich dergestalt verarbeitet/ daß es der Ruhe hoͤch- stens benoͤthiget/ und also Klingenfeld absteigen muste/ um seinem Traͤger die Ruhe/ und etwas Waͤyde/ zu goͤnnen. Er behielte den Zuͤgel staͤts in seiner Hand/ und sahe mit Freuden/ wie begierig das ermattete Thier bey hellem Mond-Schein in dem fetten Graß waͤydete; Endlich legete sich das matte Thier nieder/ und genosse der Ruhe/ um seine ermuͤ- dete Glieder wieder ein wenig zu erquicken. Klingen- feld sasse neben demselben/ und bewachete es/ wie sei- nen Aug-Apffel/ allermassen kein Schlaff mehr in seinen Augen Platz finden kunte. Als endlich die liebliche Morgen-Roͤthe anbrach/ stund das Roß von sich selber auf/ und gab seinem neuen Herꝛn Gelegenheit/ sich wieder in den Sattel einzuschwin- gen. Nachdem er etwa eine halbe Stunde fortgerit- ten/ kam er auß dem Wald auf ein ebenes Feld/ allwo er einen Mann erblickete/ der zur Seiten her zu ihm kam/ und ihm einen freundlichen Morgen wuͤn- schete. Klingenfeld danckete ihm gar freundlich/ und warte seiner ein/ so bald aber Jener nahe gnug kom- men/ griff er dem Pferd in den Zuͤgel/ und bemuͤhete sich/ unsern Wandersmann auß dem Sattel zu werf- fen; dieser aber zuckete seinen Degen/ und gab ihm ei- nen solchen Streich uͤber die Hand/ daß er den Zuͤgel muste fahren lassen/ und damahl erkannte Klingen- feld allererst/ mit wem er es zu thun hatte/ nemlich mit dem/ der ihm vorige Nacht das Pferd zugefuͤhret hatte. Weil nun dieser ein grosses Geschrey anfieng/ und der andere besorgete/ es moͤchte Jemand darzu kommen/ daß er Ungelegenheit darvon haͤtte/ zuckete er den Hut Spottweise vor Jenem/ und sprach: A 2 Mein Deß Academi schen Mein Freund/ leyhet mir nur noch diesen Tag euer Pferd/ Morgen sollet ihr es gewißlich wieder haben. Hiermit wartete er nicht auf seine Antwort/ sondern stieß das Roß mit beyden Fuͤssen/ in Ermanglung der Spohren/ in die Seiten/ und jagete wie ein Vogel darvon. Gegen den Mittag erreichete er ein Dorff/ so ziemlich weit von der Land-Strassen abgelegen war/ daselbst nahm er etwas Speise zu sich/ setzete sich aber bald wieder auf/ und ritte seines Weges. Die einbrechende Nacht zwang ihn/ in einem Wirthshauß/ so gantz allein an dem Weg stund/ ein- zukehren/ er zohe demnach das Roß in den Stall/ ließ ihm etwas Futter langen/ nahm die geladene Pisto- len zu sich/ und gieng in die Stube/ hieselbst ward ihm aufgetischet/ und weil er wol gekleidet war/ gedachte der Wirth/ so ein leichtfertiger Vogel war/ ein Stuͤck Geldes bey ihm zu erhaschen/ berieff demnach seine Mord-Bruͤder/ und berathschlagete sich mit densel- ben/ uͤber den/ ihrer Meynung nach/ fetten Braten. Nach eingenom̃ener Mahlzeit zeigete man dem Gast ein kleines Kaͤmmerlein/ darinn seine Nacht-Ruhe zu nehmen/ derselbe aber merckete auß allen Umstaͤnden den Possen/ und gedachte dieser Gefahr mit List zu entrinnen. Er wandte vor/ zuzusehen/ ob dem Pferd auch wol gewartet sey/ gieng also mit den Pistolen in dem Guͤrtel nach dem Stall/ zohe das Pferd/ dem der Sattel schon abgenom̃en war/ mit der blossen Halff- ter herauß/ und wolte es selber traͤncken/ wie er aber sahe/ daß ihm 3. Baum-starcke Kerls staͤts auf dem Fuß nachfolgeten/ gedachte er wol/ daß ihm eine uͤbele Kappe zugeschnitten sey/ schwung sich demnach in aller Behendigkeit auf das Roß/ und jagete mit ihm darvon/ obgleich der Wirth/ und seine Gaͤste/ die Zeche von ihm mit Fluchen und bedrohlichen Wor- ten foderten. Er Romans I. Buch. Er kam 3. Stunden hernach zu einem Dorff/ und traff eine bequeme Herberge an/ er war erfreuet/ als man ihm berichtete/ daß er schon in dem Kirchen- Gebiet sey/ und das Florentinische Land hinter sich geleget haͤtte. Man wolte ihm etwas Speise vor- setzen/ aber er wuste/ wie mager sein Beutel war/ und in dieser Gegend hatte er sich keines Wechsels zu ge- troͤsten/ dahero wolte er nichts geniessen/ fuͤrwendend/ daß er vor wenigen Stunden an jenem Ort seine Abend-Mahlzeit zu sich genommen haͤtte. Diese Nacht gestattete ihm eine sanffte Ruhe/ und als er fruͤhe Morgens erwachete/ fragete der Wirth/ wo er den Sattel gelassen haͤtte? Klingenfeld beredete ihn/ daß in voriger Herberge/ da er kaum abgestiegen/ das Roß sich in dem gepflasterten Stall uͤberworffen/ und den Sattel/ samt den Pistol-Holfftern/ gantz zerbro- chen/ woruͤber er so entruͤstet worden/ daß er es hart geschlagen/ und daruͤber habe das Pferd den Zaum/ mit welchem er es gehalten/ auch zerbrochen. Der Wirth zeigete ihm einen guten Sattel und Zaum/ und botte ihm solche Stuͤck fuͤr einen guten Preiß an/ dieser war darmit zufrieden/ probi rete den Sattel und Zaum an seinem Pferd/ setzete sich hernach auf/ und warff dem Wirth einen halben Thaler zu/ mit der Bedeutung/ daß er nicht einen Pfenning mehr Geld bey sich haͤtte/ muͤsse er also darmit fuͤr jetzo zufrieden seyn/ biß er in wenigen Tagen wieder komme/ so wolle er ihm den Rest bezahlen/ damit wandte er das Pferd um/ und ritte behende zum Hof hinauß/ stieß auch das Roß auf dem Feld starck an/ und weil dasselbe auf den Fuͤssen uͤberauß schnell/ verließ er sich darauf/ und kam also den Bauren/ die ihm nachsetzeten/ gar bald auß dem Gesichte. Zwo Stunden hernach erblickete er die Thuͤrne A 3 der Deß Academi schen der grossen Stadt Bologne, und wie er naͤher hinzu kam/ sahe er einen grossen Hauffen Menschen auf dem Feld vor dem Thor/ und darunter einen todten wol- gekleideten Menschen/ von welchem man ihm erzeh- lete/ daß er vor einer halben Stunde von einem fuͤr- nehmen Cavallier in einer Schlaͤgerey sey erstochen worden. Er wuste wol/ daß es in den Staͤdten ziem- lich theuer/ und daß die Gastgeber dariñ allwege rich- tig muͤsten bezahlet seyn/ dannenhero setzete er seinen Weg fort/ und gelangete um die Mittags-Stunde zu einem schoͤnen Vorwerck/ recht an der Land-Stras- sen/ woselbst eine alte Frau saß mit gargekochten Speisen/ und den allerschoͤnsten Fruͤchten/ die man haͤtte wuͤnschen koͤnnen. Klingenfeld ließ ihm ein gut Stuͤck Gebratenes reichen/ samt einem frischen Waͤi- tzen-Brodt/ und etwas Fruͤchten/ noͤthigte hernach sein Pferd fortzugehen/ und wiese die alte Frau dar- mit ab/ daß er auf dem Weg sey/ ein Bettel-Muͤnch zu werden/ worzu ihm die from̃e Alte Gluͤck wuͤnschete/ und nichts fuͤr ihr Tractament begehrete. Am Abend kam er zu einem kleinen Staͤdtlein/ und weil solches ein Paß/ war es ihm unmoͤglich/ sel- biges vorbey zu passi ren/ ritte demnach hinein/ und kehrete in einer ansehnlichen Herberge ein/ ob er gleich nicht wuste/ mit welchem Contento er von dannen wieder herauß kommen moͤchte/ dann er hatte nicht mehr/ als nur noch einen halben Orths-Thaler bey sich. Er zohe sein Pferd in den Stall/ und ließ ihm ein gutes Futter geben/ sorgete auch mehr fuͤr selbiges/ als fuͤr seine eigene Person/ und sich glaube/ er haͤtte es gerne um ein Stuͤck Geldes verhandelt/ damit er desto fuͤglicher haͤtte fortkommen moͤgen/ wann er nur ei- nen rechtschaffenen Kauffmann vor sich gefunden haͤtte. Uber der Mahlzeit ward er wol tracti ret/ und fand Romans I. Buch. fand sich darbey ein ansehnlicher Mensch ein/ welcher sehr hoffaͤrtige Minen hatte. Dieser blickete unsern Klingenfeld sehr unfreundlich an/ und gab gnugsam zuverstehen/ daß er seiner wenig achtete. Sie redeten uͤber der Mahlzeit kein Wort mit einander/ als aber die Speisen abgenommen worden/ ließ der Fremd- ling eine Frantzoͤs. Karte langen/ und noͤthigte unsern Wandersmann zu einem Spiel. Dieser betrachtete zwar seines Beutels Kranckheit/ jedoch hoffete er/ durch einen ehrlichen Gewinn/ demselben etwas wie- der einzubringen/ ließ sich demnach nicht lange zum Spielen noͤthigen/ sondern band mit ihm an/ aber/ weil Jener die 3. erste Spiele nach einander verlohr/ ward er zornig/ und warff die Karte untern Tisch/ be- schuldigte auch den Klingenfeld/ daß er falsch spielete. Dieser excusi rte sich Anfangs mit hoͤflichen Worten; Aber/ als der Wirth herzu kam/ und Jenem hart zu- redete/ indem er ihm vorwarff/ daß er mit allen Leuten Haͤndel anfieng/ auch schon etliche mahl mit ihm sel- ber angebunden/ und ihn deß falschen Spielens be- schuldiget haͤtte/ da sprach Klingenfeld auß einem hoͤ- hern Thon/ und sagte: Hoͤre Kerl/ du must wissen/ daß du es nicht mit einem Bernheuter/ sondern mit ei- nem rechtschaffenen Teutschen aufgenommen hast/ du beschuldigest mich deß falschen Spielens/ das ist eben so viel/ als wann du mich fuͤr einen Betrieger haͤttest außgescholten/ darum must du das Spiel fer- ner continui ren/ oder mir andere Revenge geben. Jener sprang alsobald hinter dem Tisch herfuͤr/ langete seinen langen Degen/ und sprach: Kerl/ weist du wol/ wie ich heisse? Du magst Alexander oder Hannibal heissen/ bekam er zur Antwort/ so solt du wissen/ daß fuͤr deinem Namen ich mich im allerge- ringsten nicht fuͤrchte. Wolan/ fuhr Jener fort/ so A 4 wisse/ Deß Academi schen wisse/ daß ich heisse der Cremoni sche Eysenfresser/ und daß ich zu Padua gantzer 2. Jahre den Namen deß be- ruͤhmtesten Balgers gehabt; Das sage ich dir zur Nachricht/ darum mache dich fertig/ du must heute noch Blut lassen. Der andere lachete deß Narren/ und sagte: Es ist mir lieb/ daß ich mich mit einem be- ruͤhmten Balger/ wann anders deine Worte mit der That uͤbereinkom̃en/ herum schmeissen soll/ und heis- sest du Eysenfresser/ so bin ich Klingenfeld genannt/ weil ich nichts lieber sehe/ als eine blancke Degen- Klinge auf einem Schlag-Feld/ darum saͤume nicht lange/ sondern halte dich/ wie einem beruffenen Ertz- Balger gebuͤhret. Der Eysenfresser zeigete durch seine Fertigkeit in Entbloͤssung deß Degens/ daß es ihm an guter Courage nicht ermangele. Klingenfeld war auch nicht saumseelig/ sondern zuckete seine Klinge/ und darauf giengen sie in der Stuben bey Liecht auf einander loß. Der Erste wolte diesem einlauffen/ aber er kam uͤbel an/ dann Klingenfeld erhaschete seinen Degen beym Gefaͤß/ risse ihm denselben auß der Faust/ warff ihn mit grosser Behendigkeit zu Boden/ und setzete ihm ein Knie auf die Brust. Damahl tratten etliche feine Leute auß der Nachbarschafft herein/ welche den Tu- mult angehoͤret hatten/ und wolten steuren helffen/ aber der Wirth hielte sie ab/ und sprach: Es hat keine Noth/ ihr lieben Leute/ deß Eysenfressers Hochmuth ist jetzo gedemuͤthiget/ er wird uns hinfuͤhro nicht mehr solche Haͤndel machen/ hiermit gab er unserm Klingenfeld den Rath/ er solle jetzo eine freye Zeche fuͤr diese gantze Gesellschafft auf zukuͤnfftigen Tag von dem Eysenfresser bedingen/ derselbe aber wartete nicht so lange/ sondern offeri rte sich selber darzu/ und bathe den Klingenfeld/ daß er wolle sein Freund seyn. Also Romans I. Buch. Also war der Streit gehoben/ und da der Niederge- worffene wieder aufgestanden/ kuͤssete er seinen Ge- genpart/ und schwur/ daß er hinfuͤhro sein getreuer Diener seyn wolte/ inmassen noch keiner gewesen/ der ihm im Degen uͤberlegen/ als er. Sie blieben aber die- sen Abend nicht lang mehr beysammen/ sondern/ weil es schon ziemlich spaͤth in die Nacht/ verfuͤgete sich ein Jeder an seinen Ort/ um der verlangten Nacht-Ruhe zu geniessen. Als aber der folgende Tag anbrach/ be- fahl der so genannte Eysenfresser/ der sonst Ferrarius hieß/ daß der Wirth eine gute Collation anstellen moͤchte. Klingenfeld machte sich auch bey Zeiten in die Kleider/ sahe nach seinem Pferd/ und ließ ihm ein gutes Futter reichen. Er hatte zwar keine Lust/ sich laͤnger an diesem Ort aufzuhalten/ aber Ferrarius, der nunmehr sein bester Freund worden/ noͤthigte ihn/ die Collation mit verzehren zu helffen. Er ersuchte ihn aber darneben auch/ ihm den jenigen Vortheil zu zei- gen/ Krafft dessen er ihn vorigen Abends so behende unter die Fuͤsse gebracht haͤtte/ welches der andere verrichtete/ und war dem Jtaliaͤner diese Lection so angenehm/ als wann ihm ein anderer hundert Tha- ler verehret haͤtte. Das II . Capitul/ Man discurriret allhier von den Academien/ insonderheit von denen/ die bey den Alten zu Ninive/ Babylon/ und unter den Kin- dern Jsrael in sonderbarem Ruff gewesen. U M den Mittag stelleten sich die erbettene Freunde nach einander ein/ und der Gastge- ber hatte auch wacker zugerichtet/ dahero sich die Gesellschafft recht froͤlich bezeigete/ und ließ ihm ein Jeder den Florentiner-Wein wol schmecken/ dan- nenhero sie in allerhand Discurse verfielen/ und be- hauptete der Wirth/ er glaube/ es stuͤnde besser in der Welt/ wañ man keine Academi en haͤtte/ als worauf/ A 5 wie Deß Academi schen wie an Ferrario zu sehen/ die Jugend zu allerhand Ex- cess en verleitet/ und so Duͤnckel-witzig wuͤrde/ daß sie ihnen grosse Streiche einbildeten/ dahero sie ihre vor- gesetzte ordentliche Obrigkeit manchmahl wenig ach- teten/ sondern vielmehr taͤglich im Saussen und Schmaussen/ im Spielen und Dobbeln/ im Schla- gen und Balgen/ oder gar in allerhand Wercken der Unzucht staͤts lebeten. Es war ein alter Geistlicher zu- gegen/ der klopffete dem Wirth jetzo auf die Schul- tern/ und sprach: Holla! mein Freund/ ihr machet kei- nen Unterscheid zwischen dem Mißbrauch und rech- ten Gebrauch der Universit aͤten/ die jenige Student en/ welche sich nach ihren vorgeschriebenen Regeln ver- halten/ sind hoch zu halten/ und aller Befoͤrderung werth/ inmassen die Welt ohne gelehrte Leute nicht wol mag regieret werden. Hieruͤber schuͤttelte der Wirth den Kopff/ und sagte: Mein lieber Vatter/ auf solche Weise soltet ihr mir wol einbilden/ weiß waͤre schwartz. Fuͤrs Erste habe ich noch mein Lebtage keinen frommen Student en gesehen/ und zum andern finde ich weder in der Bibel/ noch sonsten/ daß man im Alten Testament/ und hernach zu Zeiten Christi/ von Academi en gewußt habe. Der Geistliche bedeutete ihm aber das Gegen- theil/ daß er nemlich hierdurch manchem rechtschaffe- nen Student en zunahe redete; Er solle nur nach Bo- logne gehen/ oder seine Obrigkeit und Beicht-Vatter betrachten/ so wuͤrde er sich an denselben eines andern zu bescheiden wissen; Daß auch die Alten von keinen Academi en gewußt/ dessen wolte er ihm wol das Ge- gentheil beybringen/ wann er der Gesellschafft darmit wolte beschwerlich fallen. Als aber die andern diesen Pater also discurri ren hoͤreten/ noͤthigten sie ihn/ in sei- nem guten Vorhaben sich nicht aufzuhalten/ aller- massen Romans I. Buch. massen ihnen dieser ein sehr angenehmer Discurs seyn solte/ wannenhero er sich in folgende Worte mit ei- ner anstaͤndigen Manier herauß ließ: Wir muͤssen bekennen/ daß das Menschliche Geschlecht bald nach der Suͤndfluth unglaublicher Weise angewachsen/ und den wiederholten Seegen GOttes im 1. Buch Mosis reichlich erfuͤllet. Es schreiben etliche/ es waͤren immerdar Zwillinge/ ein Maͤnnlein und Fraͤulein ge- bohren worden. Ein gelehrter Mann/ Augustinus Torniellus, hat außgerechnet/ daß ein Paar Eheleute innerhalb 250. Jahren/ durch sich und ihre Kinder/ haben sechszehen mahl hundert tausend/ und sieben und viertzig tausend Kinder zeugen koͤnnen. Wir wol- len schweigen von den Ritterlichen Thaten deß Ni- nus, welche Ctesias beschreibet/ und auß ihm Diodo- rus Siculus, welche bekennen/ daß er sey außgezogen mit 700000. Fußgaͤngern/ und 200000. Reutern/ 10600. Wagen/ die mit krummen und neben sich schneidenden Eysen bewahret/ und darauf umstrei- chende Schwerdter gewesen/ die/ je fester die Waͤgen gelauffen/ je schneller die Schwerdter loß geschlagen. Eben darum musten die ersten Monarchen nothwen- dig hohe und niedrige Schulen anrichten/ damit das maͤchtige Volck koͤnte regieret/ und die taͤglich-auf- wachsende Jugend in den Kuͤnsten und Sitten erzo- gen werden/ welche man durchauß nicht wuste zu ent- baͤhren Dazumahl seyn die gewaltige hohe Schulen in der Heydenschafft aufgangen/ Babylon und Ni- nive/ inmassen der fuͤrtreffliche Henricus bezeuget; sin- temahl/ was nur an gelehrten/ erfahrnen und versuch- ten Leuten zu spuͤren/ muste dahin/ als in die beruͤhmte Residen tzen und Haupt-Staͤdte/ gesammlet werden. Auch/ wo unter den Handwerckern geschickte Meister und subtile Arbeiter in Metall en/ Holtz und Steinen/ außzu- Deß Academi schen außzuforschen/ wurden von ihren Eltern und Vatter- land beruffen/ und in vorgedachte Orte gefuͤhret. Wolte GOtt/ daß wir die gruͤndliche Beschrei- bung der Universit aͤt zu Babylon und Ninive sehen moͤchten! Fuͤrwahr/ die rechtschaffene Studenten duͤrfften sich mit Bestuͤrtzung und Lust verlieben/ an dem Pracht und Majestaͤt so vieler Collegi en/ an der wunderbaren Menge der Academi schen Burger- schafft/ an Fuͤrstlichen/ herꝛlichen/ auch von Natur und Mutterleibe/ Adelichen Kindern/ an der Weiß- heit so heilsamer Gesetzen/ an der Zierlichkeit so rich- tiger Ordnung in Facult aͤten/ Disciplin en und Ubun- gen/ und an der Strengigkeit der Ritterlichen Spie- len/ an dem Unterscheid so vieler Voͤlcker und Zun- gen. Etliches Weniges ist bewußt/ von der Koͤnigl. Stifftung/ in welcher die Soͤhne deß Großmaͤchti- gen Potentaten absonderlich erzogen/ und neben den Adelichen Sitten/ in fremden Sprachen/ in nuͤtzlichen Lehren/ die zu Regimenten und Kriegen dieneten/ Heroischen Historien/ schoͤner Wolredenheit/ auch in der reinen Magia und Chymia, mit ihren Blut-Ange- hoͤrigen/ unterrichtet worden. Nicht allein aber unter der Heydenschafft seyn zur selbigen Zeit hohe Schulen aufgangen/ sondern auch bey denen/ die GOtt recht erkannt/ und geehret haben. Wir lesen im 1. Buch Mosis am 25. Cap. Esau ward ein Jaͤger und Ackermann/ Jacob aber ein Fromm-Mann/ und bleib in der Huͤtten. Allhier sagen die Juden bey dem Lyranus, Jacob sey bald ein Student worden/ Esau aber ein Walo- und Welt- ling; Melden zugleich/ es waͤren schon allbereit Schu- len gewesen/ eine deß Sems/ mit dem Zunahmen Melchisedech/ die andere deß Heber/ die dritte deß Abraham. Daher stehet in der Chaldæi schen Dolmet- schung: Romans I. Buch. schung: Jacob war ein aufrichtiger Mann/ und Die- ner im Hauß der Lehre. Wann dem also/ (wiewol es im Hebræischen anders scheinet/) hat der Knabe Jacob in diesen Dreyen studi ren koͤnnen. Und soll Niemand gedencken/ die Professores haͤtten dazumahl schlechte Dinge von der Religion, von den Tugen- den/ und noch mehrern irꝛdischen und Himmlischen Stuͤcken gelehret; Dann je naͤher die Laͤuffte an die Suͤndfluth reichen/ je herꝛlicher/ weiser/ geschwin- der und keuscher haben die Wissenschafften gebluͤ- het/ seyn aber nachmahls von mancherley Winden der Phantaseyen und Deuteleyen angehauchet wor- den. Wem beliebet/ kan aufschlagen von den alten Egyptern/ und finden das theure Lob/ welches sie ih- nen und ihren Nachfolgern in vortrefflichen Wissen- schafften erworben. Wer Lust zu lernen von dem Lauff der Sternen/ von der Verwandelung der Elementen/ von der Krafft der Gewaͤchsen/ von dem Unterscheid der Thiere/ von der Groͤsse der Felder/ von der Hoͤhe der Berge/ der Tieffe der Abgruͤnde/ der Ferne der Laͤnder/ den Heimlichkeiten der Schrifft/ dem Abstei- gen der Zeiten/ und noch andern/ zog in Egypten. Un- terdessen bleibet wahr/ die erleuchteten Patriarchen haͤtten die Schulen daselbst gepflantzet/ begossen/ und GOtt das Gedeyen darzu gegeben. Zu dem liget vor Augen das Kiriath Sepher, die Stadt der Kuͤnsten/ darum genennet/ weil an dem Ort eine fuͤrnehme Gymnasti sche und Academi sche Schul gestanden. So bald die Kinder Jsrael in das gelobte Land eingezogen/ haben/ entweder der Loͤbl. Fuͤrst Josua/ oder die tapffern Richter/ die Studi en verleget in die Stadt Abel/ welche zu dem Stam̃ Benjamin gehoͤ- rete. Solches ist offenbahr/ auß der Rede der Helden- Frauen/ die zu Jacob sagte: Vorzeiten sprach man/ wer Deß Academi schen wer fragen wil/ der frage zu Abel/ und so gienge es wol auß. Jch bin eine von den friedsamen und treuen Staͤdten in Jsrael/ und du wilt die Stadt toͤdten/ und die Mutter in Jsrael? 2. B. Sam. c. 20. Was die Meynung dieser Rede sey/ koͤnnen auch die Laͤyen lesen in ihren Bibeln/ und sehen/ daß kluge und verstaͤndige Maͤnner darinnen gewohnet/ welche dem gantzen Volck in zweiffelhafftigen Sachen mit gesundem Rath helffen koͤnnen. Woher aber dieses? Daher/ weil eine hohe Schul daselbst gewesen/ gele- gen an einem stillen Ort/ gefasset mit heilsamen Ge- setzen/ versorget mit gnugsamen Guͤthern/ daß auch deßwegen alle Staͤmme ihre liebste Kinder gen Abel/ als zu der holdseeligen Mutter/ schicken duͤrffen. Eine solche Stadt war Abel/ und ließ sich an den freyen Kuͤnsten ersaͤttigen. Jerusalem/ Bethlehem/ Ra- math/ Siloa/ Gibea/ moͤchten prangen wegen der Koͤnigl. Residen tz/ Burg und der H. Stiffts-Huͤtte; Abel war die getreueste Mutter/ die gelehrteste Mei- sterin/ die fleissigste Pflegerin aller der Edelsten Soͤh- ne in Jsrael. Zu Abel wurde Urtheil gesprochen in Weltlichen/ zu Abel wurde Bescheid gegeben in Geistlichen/ zu Abel wurden scharffsinnige Dinge getrieben in zeitlichen Sachen. Abel blaͤhete sich nicht wegen der grossen Gewalt/ Reichthums/ Schmucks und Vortrefflichkeit/ sondern danckete GOtt/ daß die Himmlische und irꝛdische Weißheit eine koͤstliche Wohnung zwischen ihren Mauren auf- geschlagen hatte. Zuletzt/ als Salomon den praͤchtigen Tempel gebauet/ und neben demselbigen eine gewaltige Uni- versit aͤt angerichtet/ und stattlich eingeweyhet/ auch mit nachdencklichen Ehren-Tituln oͤffentlich gezie- ret/ inmassen viel Theolog en auß den vernuͤnfftigen Spruͤch- Romans I. Buch. Spruͤchwoͤrtern/ und dem Hause der Weißheit/ so etlich mahl gelobet wird/ abmercken/ seyn die Studia alle gen Jerusalem geruͤcket/ und haben sich in unter- schiedliche Facult aͤten/ nemlich die Mosaische/ Pro- phetische/ Levitische/ Juristi sche/ Medicini sche/ Philoso- phi sche zertheilet/ auch die Juͤnglinge/ welche der- mahleins die Priesterschafft antretten solten/ lebeten gleichfalls in einer sonderbaren Facult aͤt der Musica- li schen/ und musten sich 6. Jahre darinnen uͤben. Jn Summa/ dazumahl liessen sich zu Jerusalem hoͤren versuchte Leute in der Wolredenheit/ Poeterey/ Astro- nomey/ Arithmeterey/ Metaphysica, Physiologia, und dergleichen. Hiervon handelt weitlaͤufftiger der Je- suit/ Johannes de Pineda, in dem 3. Buch von den Geschichten deß Salomons/ am 12. und folgenden Capitel. Dazumahl war zu Jerusalem die Lehrerin deß gantzen Landes/ in ihr lerneten die Knaben die verborgene Schrifft/ die Juͤnglinge freye Kuͤnste/ die Maͤnner legten auß die fast Englische Geheimnuͤsse. Dazumahl wurden zu Jerusalem vielmehr von Levi- ten/ Gaditen/ Ephraimiten/ Manassiten/ Simeoni- ten/ Rubeniten/ Sebuloniten/ Jsaschariten/ Dani- ten/ Asseriten/ Naphthaliten/ als Benjamiten und Juden gezehlet/ welche alle sich daselbst aufhielten/ fasseten die Disciplin en/ solche in ihre Heimath zu bringen. Dazumahl fiengen die Studenten an/ ehe Professores zu seyn/ als Auditores, und begriffen die schweresten Wissenschafften nicht nach den Jahren/ sondern nach den Monaten. Was wollen wir sagen? dazumahl giengen die Thore der Gymnasi en zu Jerusalem zeitlicher auf/ als die Pforten der Himmel/ und die Studenten erwar- teten nicht das Licht der Sonnen/ sondern gebrauch- ten sich deß Scheins der Sternen/ auch die Morgen- roͤthe Deß Academi schen roͤthe muste sich schaͤmen und erbleichen/ daß so wacke- re Gesellen fruͤher herauß kommen/ auß ihren Ge- maͤchern/ als sie von den Enden und Winckeln der Erden. Das praͤchtige Collegium stunde in der Koͤnigl. Stadt/ die sonst die Burg David heisset/ auf der Hoͤhe/ in gesunder Lufft/ umher wohneten die Pro- pheten/ die Weisen/ und alle/ die zu dem Hause der Lehre verordnet/ in der aͤltesten und staͤrckesten Ve- stung/ wie es Villalpandus beweiset. Sieben Saͤu- len werden zwar nahmhafftig gemacht/ aber es seynd sieben Stuͤhle/ von welchen die Jugend Lectiones hoͤrete. Solche Stuͤhle waren auß schoͤnen Marmel- steinen zubereitet/ auch in andern Gymnasi en mit stattlicher Arbeit verfertiget/ nach unterschiedlichen Facult aͤten und Doctor en/ die darein bestellet. Und ist mit Verwunderung zu mercken/ daß die neue Stu- denten bey einem Tisch und guten Trunck Wein in die Pflicht genommen/ und eingeschrieben worden/ daher diese Gewonheit auf die Griechen kommen. Optatus Afer Milevitanus Episcopus schreibet hiervon: Non autem in Sion, sed in una ejus valle: Non in illo monte Sion, quem in Syria Palæstinæ à muris Jerusalem parvus disterminat rivus; In cujus vertice est magna planities, in qua fuerant septem Synagogæ, ubi Judæorum populus conveniens, legem per Moysen datam discere potuisset: Ubi nulla lex audita est, nec ab aliquo celebratum judicium, nec aliqua est illic ab ullo judice lata sententia: Quia lo- cus erat doctrinæ, non controversiæ. Post doctrinam, si quid agendum erat, intra muros Jerusalem ageba- tur, inde scriptum est in Esaia Propheta 2. De Sion exibit lex \& verbum Domini de Jerusalem. Auf der Hoͤhe deß Bergs Sion/ ist gar eine grosse Ebene ge- wesen/ Romans I. Buch. wesen/ und daselbst seyn gestanden sieben Schulen/ in welchen das Juͤdische Volck/ wann es zusam̃en kam/ koͤnte das Mosaische Gesetz lernen. Daselbst ist kein Buͤrgerlich Gesetz jemahls gehoͤret/ auch niemahls kein Gericht gehaͤget/ viel weniger ein Urtheil von ei- nem Richter gesprochen worden/ dann es war ein Ort der Lehre/ und nicht deß Rechtens. Bißher Optatus. Und ist leichtlich zu erachten/ daß ein grosser Zulauff auß Arabien/ Syrien Assyrien/ und andern Graͤntzen gewesen/ wegen der durch die gantze Welt beschreyten Majestaͤt deß Salomonis. Hiervon zeuget die Schrifft/ die Weißheit/ (der weise Salomon/) er bauete (ihm) ein Hauß/ und sandte ihre Dirne/ (seine Bottschafften in die benach- barten Provinci en/) auß/ zu laden oben auf den Pal- last der Stadt/ (zu der neuen Universit aͤt/ die mit Professor en und Præceptor en zum Uberfluß erfuͤllet war/) wer alber ist/ (wer nichts hat studi rt/ ist aber der Kuͤnsten und Sprachen begierig/) der mache sich hie- her. Und zum Narren/ (einfaͤltigen und armen Ge- sellen/) sprach sie: Kom̃et/ zehret von meinem Brodt/ (geniesset meiner Stipendi en und Stifftungen/) und trincket deß Weins/ den ich schencke. Was ist erfolget? Es kamen auß allen Voͤlckern/ zu hoͤren die Weißheit Salomonis/ von allen Koͤni- gen auf Erden/ die von seiner Weißheit gehoͤret hat- ten. Da muß ja eine grosse Menge der Studenten gewesen seyn/ von Edlen Herren/ Fuͤrsten und Koͤ- nigs Kindern. Hieronymus belustiget sich daruͤber/ und spricht: Et quos ad contemplationem sui Jerusalem non traxe- rat, unius hominis sapientiæ fama perduxit. Habuit illa ætas inauditum omnibus seculis celebrandumq́ue miraculum, ut tantam Urbem ingressi aliud extra ur- B bem Deß Academi schen bem quærerent, \& Salomon Hierareham potius, quà Hyarcham in throno sedentem aureo: Et de Tantali fonte potantem inter innumeros discipulos de natura, de motibus syderum deque rebus divinis audirent do- centem. Welche das koͤstliche Gebaͤu der Stadt Jerusalem nicht konte zu sich ziehen/ hat das beruͤhm- te Geruͤcht von eines Menschen Weißheit dahin ge- fuͤhret. Dieselbige Zeit hat ein von Anfang unerhoͤr- tes Wunder-Werck gehabt/ nemlich/ daß die Men- schen in der grossen Stadt einzogen/ und doch ein an- ders suchten ausser der Stadt/ viel lieben mehr den Salomonem einen Hierarcham, als den Hyarchen, welcher auf einem guͤldenen Stuhl sasse/ und auß deß Tantalus Brunnen truncke/ und darneben seine Juͤn- ger von der Natur/ den Bewegungen der Sternen/ und Goͤttlichen Dingen lehrete. Bey waͤhrender anderer Monarchey haben glei- cher Gestalt herfuͤr geleuchtet die hohen Schulen/ und lieset man/ was Crœsus zu Sardis in Lydien gestiff- tet. Und wann nichts vorhanden waͤre/ als die einige Nachrichtung/ daß die Persier die Soͤhne deß Koͤnigs unter vier Zuchtmeister gethan/ nemlich/ unter den Froͤmmesten/ Weisesten/ Nuͤchtersten/ und Tapffer- sten/ scheinet Sonnen-klar/ daß Schulen gewesen. Zu dem/ wo nur heroische Voͤlcker gewesen und ge- herꝛschet/ daselbst seyn nutzliche Schulen angeordnet worden/ dargegen haben die Weibischen Nation en solch Werck verlassen. Bey den Uhr-alten Teutschen seyn hohe Schu- len gewesen/ und darinnen die angehende junge Hel- den/ Fuͤrsten und Hertzogen/ von Unsterblichkeit der Seelen/ von dem Lohn der Tugenden/ von den freu- digen Thaten ihrer Vorfahren/ biß an den Groß- Vatter Japhet/ durch die Treuen/ (sonst Truiden/ waren Romans I. Buch. waren Lehrer/) in lieblichen Gesaͤngen und klugen Sprachen/ zu einem unerschrockenen und glorwuͤrdi- gen Tode unterrichtet und gewoͤhnet worden; Und ist zu beklagen/ daß von diesen theuren Maͤnnern das verteuffelte Hexen-Volck den Namen bekommen/ und nunmehr Treutener und Truten heissen. Ebe- nermassen seyn bey den Uhr-alten Schweden/ die auch Teutsche/ herꝛliche Schulen/ und in den Schulen sehr theure Kuͤnste und Schrifften gewesen/ welche Schrifften ein Nasen-kluger Bischoff verbrennet/ und die Nachkommen auß tollem Eyfer solcher Stuͤcke beraubet/ welche heutiges Tages auf der gantzen Welt nicht zu finden. Bey der dritten Monarchey haben die hohen Schulen durch den weiten Erden-Craͤyß zugenom- men in den Volck-reichesten Staͤdten/ Jnsuln und Laͤndern/ zu Alexandrien/ Rhodien/ Corinthen/ Athen/ Rom/ wiewol bey vielen die hohen Schulen fruͤher gestanden/ und darff derohalben es keinen Beweiß/ wie auch von den hohen Schulen bey der vierdten Monarchey. Ehe wir diese Rede schliessen/ seyn etliche Dinge zu erinnern. Auß der Salomonischen Universi taͤt zu Jerusalem seyn viel andere hohe Schulen fortge- pflantzet worden. Pythagoras ist bekandt/ der eine hohe Schule in Jtalien angefangen/ und meynet Ambrosius, er sey ein gebohrner Jud gewesen/ in der Epistel/ da Ambrosius die Pythagori sche Satzungen mit den heiligen Geboten vergleichet. So lauten die Wort deß Ambrosius: Cum ex populo Judæorum (ut pleriq́ arbitrantur,) genus auxerit, ex ejus disci- plina derivarunt etiam magisterii præcepta, meritoq́;. Magnus apud eos Philosophus habitus, æqualem (ut ajunt,) vix reperit. Weil Pythagoras auß dem Juͤ- B 2 dischen Deß Academi schen dis. Volck buͤrtig gewesen/ wie sie fast alle dafuͤr hal- ten/ haben (die Gelehrte/) auß seiner vorgeschriebenen Lehre entlehnet die Gesetze ihrer Meisterschafft/ und wird nicht unbillich groß unter den Philosophen ge- achtet/ und der ihm gleich/ nicht gefunden. Alexander in Libro de Symbolis Pythagoricis refert, Pythago- ram fuisse discipulum Nazareti Assyrii, quidam eum existimant Ezechielem, sed non est, ut ostendetur posteà. Der gelehrte Mann Alexander in dem Buch von den Pythagori schen Geheimnuͤssen erzehlet/ Py- thagoras sey ein Schuͤler gewesen deß Nazareten auß Assyrien. Laërtius gestehet/ aber etwas dunckel/ Py- thagoras sey beschnitten gewesen/ gewiß ist es/ Pytha- goras hat zur Zeit der Babylonischen Gefaͤngnuͤß gelebet. Socrates ist auch ein Nachfolger der He- breischen Weißheit/ und hat eine absonderliche hohe Schul angefangen. Plato, wie Numenius Pythagori- cus betheuret/ ist in der Mosai schen Disciplin hefftig geuͤbet gewesen/ daher ihn Justinus nennet einen Mo- ses, der mit Atti scher Zungen rede. Ambrosius saget/ Plato habe seine Buͤcher/ und die Gaͤrten deß Jupi- ter s (darvon Plato erzehlet/) auß den Liedern Salo- monis genommen. Letztlich/ Aristoteles selbsten hat seine groͤste Kunst/ wie es Clearchus, ein Juͤnger deß Aristotelis, darthut/ von einem Juden erlernet. Euse- bius beruffet sich auf die Wort deß Clearchus, bey dem Aristoteles also schreibend: Judæus erat ex Cœle- Syria, qui sunt Calcani ex India; Judæi autem à loco, quem habitant, appellati sunt, urbs eorum asperrimo quodam nomine Jerusalem nuncupatur. Hic ab altio- ribus Asiæ Locis versaremur, Philosophiæ amore ad nos spontè venit, qui multò plura nobis attulit, quàm accepit. Das ist: Es war ein Jude auß Cœle-Syria, welche seyn Calcanier auß Jndia; Die Juden aber seyn Romans I. Buch. seyn von dem Ort/ welchen sie bewohnen/ genennet worden. Jhre Stadt wurde mit einem haͤrtesten Namen Jerusalem genennet. Diese kam hernieder von den hohen Orten in Asien zu den Meer-Staͤdten/ und wurde so wol mit der Sprach/ als mit dem Ge- muͤth/ ein Griech; Und nachdem es sich zugetragen hatte/ daß wir zur selbigen Zeit eben in denen am Meer gelegenen Orten waren/ ist er auß Liebe der Philosophey zu uns freywillig kommen/ und hat uns weit mehr bracht/ als er von uns empfangen. Das bekennet Aristoteles; Salomon aber bekennet etwas besser: Er sey ein Meister vieler Philosoph en/ die ihm folgen werden/ wann er spricht in dem Prediger: Derselbige Prediger war nicht allein weise/ sondern lehret auch das Volck gute Lehre/ und mercket/ und forschet/ und stellet viel Spruͤche. Er suchet/ daß er fuͤnde angenehme Worte/ und schreibe recht die Wor- te der Warheit: Diese Worte der Weisen sind Spiesse und Naͤgel/ geschrieben durch die Meister der Versam̃lungen/ und von einem Hirten gegeben. Das III . Capitul/ Allhier wird noch mehr von den Juͤdischen hohen Schulen/ und von der Zucht der Studenten geredet. Cavina kommt unter die Gesellschafft der Gaudieben/ da es wunderlich hergehet/ und werden sie beschrieben. A N diesem Discurs hatten alle Anwesende ein sonderbares Vergnuͤgen/ der Muͤnch aber hiel- te jetzo ein wenig auf/ und nachdem er von Fer- rario ein grosses Glaß Wein bekom̃en/ und selbiges/ um die ermattete Zunge zu erquicken/ in den Schlund lauffen lassen/ da reusperte er/ und sprach: Jhr/ meine lieben Freunde/ wir haben noch etwas Weniges zu erinnern/ welches ich nicht gern wolte ungesaget las- sen. Es bescheust der Prophet Zacharias das 12. Cap. seiner Weissagung mit folgenden Worten: Zu der B 3 Zeit Deß Academi schen Zeit wird grosse Klage seyn zu Jerusalem/ wie die war bey Hadadrimon/ im Feld Megiddo. Und das Land wird klagen/ ein jeglich Geschlecht besonders/ das Geschlecht deß Hauses Davids besonders/ und ihre Weiber besonders. Das Geschlecht deß Hauses Nathans besonders/ und ihre Weiber besonders. Das Geschlecht deß Hauses Levi besonders/ und ihre Weiber besonders. Also alle uͤbrigen Geschlechte/ ein Jegliches besonders/ auch ihre Weiber besonders. Allhier ist eine Frage entstanden/ wer doch der Simei sey? Dann ja ein anderer ist Simeon/ der Sohn deß Patriarchen Jacobs/ ein anderer Simei. Lyranus berichtet/ es sey ein vortrefflicher Mann/ vor- trefflich an dem Leben/ und an der Weißheit gewesen/ und habe eine Schul angerichtet/ und besondere Sect en gefuͤhret. Hieronymus erzehlet/ daß der Naza- reer Zunfft die 2. Haͤuser von 2. Geschlechten außle- gen/ nemlich das Sammai und Hilles, von denen die Schrifftgelehrten und Phariseer entsprungen waͤ- ren/ nicht weit zuvor/ ehe Christus gebohren/ und in diese Welt gelanget/ und solche Schul habe Akibas hernach regieret/ aber die beyden Geschlechte haͤtten den rechten Messias gantz nicht annehmen wollen. Dieses lassen wir billich beruhen/ und sagen allein/ daß nach Wiederkehrung auß der Babylonischen Ge- faͤngnuͤß die Juden ihre hohe Schulen bey dem Thor deß Tempels gegen Aufgang gebauet/ und daselbst die fuͤrnehmste Meister und Außleger deß Gesetzes gelehret/ auch der Gamaliel selbsten/ welchen Paulus anzeucht/ und lobet. Von dieser hohen Schul/ wie sie in dem Umkraͤyß deß Tempels gestanden/ seyn außzu- legen die Worte auß der Apostel-Geschichte/ cap. 24. Sie haben mich/ spricht Paulus/ nicht funden im Tempel mit Jemand reden/ oder/ nach dem Griechi- schen Romans I. Buch. schen Grund-Text/ mit Jemand disputi ren. Ambro- sius uͤber die 1. Ep. an die Corinther bejahet/ die El- testen an der Wuͤrde haͤtten auf erhabenen Cantzeln gesessen/ nach ihnen die andere auf niedrigen Baͤn- cken/ und die studi rende Jugend auf gelegten von Bintzen/ oder dergleichen geflochtenen Materi en und Decken an der Erden/ daher sassen die Studenten zu den Fuͤssen ihrer Doctor en und Meistern/ dessen sich Paulus nicht schaͤmet/ und spricht: Jch bin ein Juͤ- discher Mann/ geboren zu Tarsen in Cilicia, und er- zogen in dieser Stadt/ (Jerusalem/) zu den Fuͤssen Gamalielis, gelehret mit Fleiß in dem Vaͤtterlichen Gesetz. Philo berichtet/ die Esseer/ so offt sie in den Schulen zusammen kom̃en/ haͤtten sie eine feine Ord- nung gehalten/ und die jungen Gesellen sich zu den Fuͤssen der Alten gesetzet/ und zu fleissiger Aufmer- ckung ihre Sinne bereitet. Das ist eine ehrbare und liebliche Zucht gewesen/ und scheinet auß dem Evan- gelio deß H. Knabens JEsu/ weil er nicht auß der Doctor en und Professor en der Schulen Mittel gewe- sen/ habe sich/ nach seiner gewoͤhnlichen Demuth/ auch neben andere auf die Matten gesetzet/ mit Ehrerbie- tung die Eltesten gefraget/ die Antwort sittiglich an- gehoͤret/ und darauf seine Gegen-Rede abgeleget/ daß sie sich selbst verwundern muͤssen/ uͤber den hohen Verstand/ und scharffen Antwort. Ferner schreibet Athenæus von den Gast-Mahlen der Philosoph en zu Athen/ welchen Theophrastes zu dem Ende eine merckliche Summa Goldes im Testa- ment verschaffet/ nicht/ daß sie in solcher Zusammen- kunfft geiler und leichtfertiger Weise Muthwillen treiben solten/ sondern/ so sie in den sparsamen Wol- leben Gespraͤche unter sich haͤtten/ dieselbige beschei- dener/ nuͤchterer und gelehrter Massen vollfuͤhreten. B 4 Er Deß Academi schen Er schreibet weiter/ den Philosoph en haͤtte obgelegen/ mit denen vor sich beruffenen Juͤnglingen zu essen und zu trincken nach geordnetem Gesetze/ welche Xe- nocrates in seiner Academia, auch Aristoteles in seiner Schul/ von Regierung der Nuͤchterkeit/ eingefuͤhret. Wann dann dem also/ ist klar/ wie hefftig die Al- ten auf die ehrbare Zucht unter den Studenten gese- hen/ beydes in oͤffentlichen Collegi en/ und haͤußlichen Wohnungen. Wem beliebet/ mag aufsuchen alle Stifftungen der hohen Schulen in der gantzen Chri- stenheit/ er wird in Warheit keine finden/ die nicht auf ehrbare Zucht und Adeliche Sitten dringe; Ja/ alle Facult aͤten seyn dermassen gefasset/ daß immerdar ein Capitel zum wenigsten von der erbarn Zucht handelt. Die frommen Alten wusten wol/ wie sehr noͤthig die Nuͤchterkeit/ und angenehm die Unmaͤssigkeit den Studenten waͤre. Dann sie ist der Adamitischen Natur fast angebohren/ und nahe befreundet/ erwuͤr- get doch geschwinde die Seelen/ und machet auß den Menschen Bestien Darum befohlen die Alten/ Stu- denten solten die Unmaͤssigkeit fliehen/ und weil sie ein suͤsses/ aber heimliches und gefaͤhrliches Gifft/ bald im Anfang meyden/ und den Feind nicht so redlich achten/ daß sie mit ihm streiten wolten. Die frommen Alten wusten wol/ wie die boͤse Gelegenheit muste ge- meydet/ und das Auge von der Uppigkeit abgewendet/ verdaͤchtige Oerter verlafsen/ und Schand-Buͤcher niemahls angeschauet/ ruchlose Gesellschafft gantz verachtet/ betriegliche Freuden außgeschlagen/ leicht- fertige Schau-Spiele nimmermehr besuchet/ und der faule Muͤssiggang mit Fuͤssen getretten werden. Hinwieder wusten die frommen Alten wol/ die Keuschheit waͤre eine schoͤne Tugend/ eine theure Tu- gend/ und schmuͤckete die studi rende Jugend vor allen andern Romans I. Buch. andern Dingen mit Weißheit an dem Gemuͤthe/ mit frischen Kraͤfften an dem Leibe/ mit lebendigen Gei- stern an dem Gedaͤchtnuͤß. Die from̃en Alten wusten wol/ was die Gottesfurcht/ die Andacht im Gebette/ bey der Predigt/ an den Fasten/ auch der Gehorsam gegen die Obrigkeit/ Niedertraͤchtigkeit/ Sittsam- keit/ Lindigkeit/ Friede/ und dergleichen/ bey den Stu- denten schaffete. Daß aber die Alten streng uͤber der ehrbarn Zucht gehalten/ erscheinet daher/ weil sie den Liebhabern derselbigen grosse Belohnungen/ und den Verbrechern harte Straffe bewiedmen/ wie mit vie- ler hohen Schulen Exempel koͤnte bewiesen werden/ zu Pariß/ Bononien/ und sonsten. Wer wolte auch so thoͤricht und toll seyn/ den unsaubern Voͤgeln/ stin- ckenden Hunden/ rasenden Panther-Thieren/ und bruͤnstigen Wald-Ochsen/ eine Universit aͤt aufzu- richten? Jener Soldan in Egypten stifftete eine ho- he Schul/ und befahle/ daß die Religion s-Gelehrten den Alcoran deß Mahummeds auf derselbigen lesen solten. Sie unterwunden sich der Sachen/ aber/ weil der Alcoran ein Luͤgen- und Laster-Geschmeiß/ und dem Christenthum zuwider ist/ was geschahe? Die neue Professores, weil sie in dem Alcoran so seltzame/ falsche und unerfindliche Greuel funden/ geriethen ohne Verzug in verbittere Zaͤnckereyen/ und waͤre der gantze Saraceni sche Glaube verworffen worden/ wofern der Soldan nicht die gantze hohe Schul zer- trennet/ und verjaget haͤtte. Unterdessen ist zu loben/ daß dieser Heyde in seinen Schul-Gesetzen nach der ehrbarn Zucht bey den Studenten getrachtet/ und ernstlich anbefohlen. Warum solten dergleichen nicht gethan haben unsere Vorfahren/ die Christen? Kuͤrtzlich/ bey den alten Universit aͤten kunte kei- ner/ der ein aͤrgerliches Leben fuͤhrete/ und nicht/ wie B 5 einen Deß Academi schen einen redlichen Studenten ziemete/ zu den Ehren- Grad en gelangen/ und Baccalaureus, Magister, Licen- tiatus und Doctor werden/ auch wann man einen Studenten zu Kirchen-Diensten gebrauchen wolte/ ließ man seinen Namen zuvor an die Tafel hefften/ damit/ wann irgend Leute die Person deß aͤrgerlichen Lebens/ welches sie auf Universit aͤten gefuͤhret/ be- schuldigen Vorhabens/ und zu beweisen haͤtten/ der- selbe mit leeren Faͤusten abziehen muste. Als der Geistliche seinen Discurs hiermit geen- diget/ muste der Haußwirth bekennen/ daß er uͤbel ge- than/ indem er von allen und jeden Studenten eine gleich uͤbele Opinion gefasset/ und werde er hinfuͤhro dieselben/ aber nicht ohne Unterschied/ sondern die sich bey ihm wol/ und nicht/ wie dieser Ferrarius bißhero gethan/ anstelleten/ gebuͤhrend zu ehren wissen. Un- terdessen lieff die Mahlzeit zum Ende/ und Klin- genfeld hatte keine Lust/ sich laͤnger an diesem Ort aufzuhalten/ aber der Wirth lag ihm sehr an/ nur noch diesen Tag bey ihm zu verziehen/ weil Ferrarius resolvi ret waͤre/ am folgenden Tage gleicher Gestalt fortzugehen/ und sich nach Boulogne zu verfuͤgen/ er versprach ihm auch/ ihm keine Rechnung zu machen/ sondern alles auf deß Cremoners Brett zu schreiben/ weßfalls der Teutsche sich bald bereden ließ/ und/ nachdem die andern Gaͤste mit einander wieder weg- gegangen waren/ stunden Klingenfeld/ Ferrarius und der Haußwirth am Fenster/ da dann alsobald ein an- sehnlicher junger Mensch/ wol gekleidet/ auf einem muntern Hengst vorbey trabete. Jene fragten/ was dieser fuͤr ein Mann/ aber der Wirth ließ sich verneh- men/ daß er gezwungen wuͤrde/ sich niederzulassen/ wann er das alles erzehlen solte/ was er bey diesem Mann zu erinnern haͤtte. Solchem nach ward ihm kein Romans I. Buch. kein Friede gelassen/ sondern die andern setzten sich ne- ben ihn/ und noͤthigten ihn zu folgender Erzehlung: Cavina, war ein Juͤngling von einem guten Geschlecht/ und die Klugheit/ welche er in seiner Ju- gend blicken ließ/ gab Jedermann eine gute Hoffnung von ihm. Er hatte aber das 16. Jahr seines Alters kaum hinter sich geleget/ als er schon anders Sinnes ward/ indem er sich an etliche leichtfertige Bursch hieng/ unter denen einer war/ Namens Levion, ein durchtriebener Mensch/ welcher sich anstellete/ als ha- be er ihn in dem Frantzoͤsischen Lager gesehen/ und ihn gruͤssete mit dem Namen la Breche, darfuͤr dieser ger- ne passi ren wolte/ als ein Mann/ der sich bey schoͤnen Occasion en zu Felde schon habe legitimi rt/ unterdes- sen bemuͤheten sich diese Leute/ ihn in ihre Gesellschafft zu bekommen/ noͤthigten ihn deßwegen etliche mahl zu Gast/ und thaten ihr aͤusserstes/ ihn zu ihrem unge- bundenen Leben zu bringen. Ein grosser Kerl/ ein leichtfertiger Mann/ Cajo genannt/ der lange Zeit unter den Teutschen Truppen gedienet hatte/ war Vorsteher dieser Schelmen/ so bald dieser den Cavina gesehen/ rieff er Levion an die Seite/ und forschete/ ob sich dieser Juncker unter ihre Compagnie wolte ein- schreiben lassen? Und als dieser Anzeige gethan/ daß Cavina sich leicht solte bequemen/ auf ihre Seite zu tretten/ da sprach Jener: So traget dann Sorge/ daß er wol unterwiesen werde/ dann ich hoffe/ er werde noch ein wackers Mitglied unserer loͤblichen Zunfft werden. Hierauf wandte er sich gegen unserm Neuling/ und gruͤssete ihn auf eine sehr hoͤfliche Weise/ er noͤ- thigte ihn gegen den andern Morgen/ da sie Ver- sammlung halten wolten/ zum Fruͤhstuͤck/ welches Cavina, dem wir den Namen la Breche eine Zeitlang goͤnnen Deß Academi schen goͤnnen wollen/ williglich zusagte/ auch mit Levion zu bestim̃ter Zeit dahin verfuͤgete. Er fand diesen Vor- steher der Gaudieben mitten unter verschiedenen wolgemachten und ansehnlichen Personen/ die mit dem Hut in der Hand zu ihm sprachen/ und ihm Re- chenschafft thaten uͤber das/ so er von ihnen forschete. Es waren etliche darunter/ die ihm vielerhand Juwe- len/ wie auch eine gute Sum̃e von gemuͤntztem Gold und Silber zur Hand stelleten; Aber Cajo wolte die Zeit nicht nehmen/ solche Sorten richtig abzuwiegen/ wolwissend/ daß seine Cameraden dieselbe ohne Be- sichtigung angenommen/ und also nicht gehalten waͤren/ ihm dieselbe nach dem vollen Gewicht einzu- lieffern. Hernach ward von dem Fruͤhstuͤck geredet/ da dann keiner deß Magens und Kehl verschonete/ sondern ein Jeder langte hurtig zu/ und der Wein- Becher gieng ohne Unterlaß herum. Als sie aber am embsigsten sich hierbey bezeigeten/ wurden sie gestoͤret durch einen Burger/ welcher sich zu Cajo lenckete/ und ihm einen Brieff einhaͤndigte/ darinn folgende Worte zu lesen: Z Eiger dieses Brieffs ist ein feiner Mann/ der wol verdie- net/ daß man ihm eine Freundschafft erweise; Jch ver- sichere euch/ daß er sich gebuͤhrlich wird zu bedancken wissen/ nach dem er einen Dienst wird haben genossen/ weßfalls ich vor ihn bitte/ nemlich/ daß ihr durch eure Sorgfalt ihn wie- der wollet stellen in den Besitz eines Mantels/ von schwartzem Spanischem Tuch/ besetzet mit seidenen Spitzen von dersel- ben Farbe. Deßgleichen eines Smaragden/ der in einem guͤldenen Ring stehet/ und noch etwa 5. Gulden an Geld. Welche Dinge man ihm gestern Abend bey der Herberge zum weissen Falcken abgenommen. Jch bitte/ ihr wollet hierinn nichts ermangeln lassen/ und versichert glauben/ ob ich gleich mich anjetzo nicht zu erkennen gebe/ daß ich euch kan Nutzen und Schaden thun. Nachdem Cajo diesen Brieff gelesen/ sasse er ein wenig Romans I. Buch. wenig in Gedancken/ und bildete ihm ein/ dieser Bur- ger haͤtte den Brieff etwa selber geschrieben/ um die Beute/ die ein anderer verlohren/ und darvon er etwa moͤchte haben sprechen hoͤren/ solcher Gestalt listiglich an sich zu ziehen. Anderseits dachte er wieder/ daß es all zu verwegen vor einen Burger/ sich so liederlich unter so viel Feinde zu wagen/ im Fall er nicht von ei- ner hoͤhern Macht unterstuͤtzet waͤre. Weiter bedach- te er/ daß es ein gefaͤhrliches Werck seyn koͤnte/ sich in sothanen Faͤllen zu entdecken/ und daß die Leute/ wel- che verordnet/ ihre Gesellschafft in das Gefaͤngnuͤß/ und alsdann auf das Schavot zu bringen/ ihnen ge- meiniglich Honig an den Mund streichen/ um sie sol- cher Gestalt desto ehe in das Netz oder Fallstrick zu bringen. Diese verschiedene Betrachtungen machten den Cajo gantz bestuͤrtzt/ nichts destoweniger hielte er sich lieber an den Jnnhalt deß Brieffs/ als an seine zweiffelhaffte Einbildungen/ und resolvi rte/ einem unbekannten/ der ihn wol mehr/ als zu viel kennen moͤchte/ einen Gefallen zu erweisen. Dannenhero kehrete er sich nach dem Burger/ und sprach mit sanff- ter Stimme zu ihm: Was die zween ersten Puncten eurer Forderung belanget/ darzu koͤnnen wir euch vielleicht verhelffen/ aber das dritte ist Trinckgeld vor die Messieurs, dann gemuͤntzt Gold wird man im Fall der Wiedergebung niemahlen bey uns finden. Jch schencke euch/ sprach der Burger/ dieses von Hertzen gerne/ und wann ich das andere nur wieder bekom̃e/ gebe ich noch ein mehrers darzu. So gehet dann jetzo/ verfolgete Cajo, nach euren Geschaͤfften/ und wann es euch uͤber 2. Stunden wieder zu kommen beliebet/ solt ihr haben/ was ihr verlanget/ ich wil eurenthal- ben sorgen. Jnmittelst/ so fern man einmahl trin- cken koͤnte auf die Gesundheit eines Unbekandten/ wolte Deß Academi schen wolte ich es jetzo gerne thun/ in Entstehung dessen aber/ wil ich auf eure Gesundheit trincken/ und ihr werdet mir Bescheid thun. Darauf ließ er 2. grosse Glaͤser voll schencken/ welche an beyden Seiten auß- geleeret wurden. Der Burger gieng darauf nach ab- gestatteter gebuͤhrlichen Dancksagung seines Wegs/ um sich zu bestimmter Zeit wieder einzufinden. So bald dieser Mann seinen Abtritt genom- men/ redete Cajo seine Leute gantz authorit aͤtisch an/ und sagte: Wer gibt mir Nachricht von dem/ das gestern bey der bezeichneten Herberge erbeutet wor- den/ darvon man mir noch keine Rechenschafft ge- than hat? Bißhero hatte ein Jeder seinen Discurs gefuͤhret/ aber jetzo schwiegen sie mit einander auf ein- mahl Baumstill. Die Schuldigen wolten sich nicht offenbaren/ und die Unschuldigen hatten/ um Ver- dacht zu meyden/ das Hertz nicht/ sich mit sonderba- rem Ernst weiß zu brennen. Cajo begunte hierauf graͤßliche Gebaͤrden zu machen/ er stieß den Rand deß Huts in die Hoͤhe/ und sagte: Was soll das bedeuten/ sind einige Schurcken in dieser Gesellschafft/ die sich unterstehen/ mich zu affronti ren? Wo ist der Briga- dier? Sa! Wie waren die Winckel gestern einge- theilet? Welche sind es/ die jenen Post gehabt haben? Aber was ist diß! Niemand antwortet/ gleichwol/ waͤret ihr auch allzusammen stumm und taub gewor- den/ muß ein gewisser Mantel und Ring hier zum Vorschein kommen/ haͤtte man auch von dem einen schon Struͤmpffsohlen/ und von dem andern Platt- Gold gemacht. Zum Zeichen/ daß ich/ sprach er wei- ter/ nicht ohne Grund rede/ sehet da! Hiermit warff er den eingehaͤndigten Brieff auf die Tafel/ dieses Schreiben kommet ungezweiffelt von einem Mann/ den wir ehren oder fuͤrchten muͤssen. Lasset uns dem- nach Romans I. Buch. nach auf unsere Erhaltung gedencken/ und dieses un- bekannten Manns Begehren ein Genuͤgen thun. Hierauf tratten Levion, und ein anderer/ Onnoma ge- nannt/ zur Kammer hinauß/ um deß Cajo Befehl zu gehorsamen. Welches la Breche hoͤchst verwunderte/ sehend/ daß ein Mann/ der kaum gehen kunte/ als mit Huͤlffe eines Stabs/ so starcke Leute fort zu lauffen zwang. Der Jenige/ der dort mit Levion hinauß gehet/ sagte Cajo zu la Breche, ist einer der Behaͤndesten von unserer Compagnie, der uns grossen Profit zubringet. Auf den Marckt gehet er in Bauren-Kleidung/ im Pallast/ wie ein Advocat, bey Grossen/ wie ein Edel- mann/ und so bald er etwas findet/ so ihm anstehet/ wirfft er so bald die Hand/ als das Auge darauf/ ja er wirfft nimmer seinen Angel vergebens auß. Er ver- sorget seine Cameraden mit Degen/ dann er gehet mit einer ledigen Scheiden an der Seiten zu einem Schwerdtfeger/ wann inzwischen dieser geschaͤfftig ist/ ihm allerhand Gewoͤhr zu zeigen. Er tritt in die Haͤuser/ und so ihm Niemand begegnet/ nimmt er zu sich/ was ihm anstehet/ und kehret mit einem sachten Schritt wieder zuruͤck/ und gehet alsdann gar das vorige Hauß wieder vorbey/ wordurch die Leute ver- leitet werden/ daß sie den nicht finden/ der mit einem unverzagten Gelaß ihnen schon begegnet ist. Manch- mahl kleidet er sich in Frauens-Kleidung/ zancket sich alsdann mit seinen Cameraden auf der Strassen/ und fordert Geld von den Leuten/ welche meynen/ sie seyen Eheleute/ und die Frau fodere Geld zu ihrer Haußhaltung. Deß Abends setzet er zwo grosse Scheuseln oder Poppen/ als Menschen gekleidet/ auf die Ecken der Strassen/ alsdann fodert er den vorbey- gehenden den Beutel ab/ welche solchen leicht her- reichen/ Deß Academi schen reichen/ dann sie achten sich zu schwach wider drey starcke Maͤnner zu streiten/ inmassen sie die Scheu- seln fuͤr dergleichen halten muͤssen. Einer von der Gesellschafft/ Barillon genannt/ der lange Zeit vor einen Capitain auf einer Toscani- schen Galleere gedienet/ fragte den Cajo, wo etliche ihrer Bruͤder waͤren/ die er nicht sehe? Worauf ihm Jener antwortete: Euer guter Freund/ la Boulina, der in der Stadt allzuviel bekandt ist/ hat sich hinauß auf das Land begeben/ mit einem grossen besiegelten Brieff/ und Allmosen zu sammlen vor eine Kirch/ die gleichsam verbrandt ist/ worbey er sich wunderwol zu verhalten weiß. Gleichwol/ weil es nicht allemahl gluͤcket/ hat man unlaͤngst einen Wapentraͤger deß Koͤnigs auß ihm gemacht. La Forest und du Buisson, nachdem sie eine Zeitlang im Milanesischen gestreifft/ wurden an einem Jnstrument von 3. Hoͤltzern gezuͤch- tiget/ und sind an der Wunden gestorben. Langevyn, la Jeunesse und la Fleur, sind zur See gesandt/ um mit hoͤltzernen Degen gegen die Wellen zu fechten. S. Yon, S. Charles und S. Andre la Balaffre, sind als Martyrer auf einem Creutz gestorben/ und la Rameè hat sich nicht weit von den Florentinischen Graͤntzen zwischen Himmel und Erden befestigen lassen. Jm uͤbrigen fuhr Cajo fort/ meine Leute moͤgen gehen/ wohin sie wollen/ gebe ich ihnen allemahl die Lehre/ daß sie mit den Buͤtteln und Scharffrichtern gute Freundschafft halten. Es ist wahr/ antwortete Beaulieu mit einem lachenden Mund/ daß sothane Leut einem/ der verwiesen ist/ gehangen zu werden/ das Leben koͤnnen erhalten/ indem sie die Roͤhre von einem Blase-Balg in den Halß stecken/ daß ihm die Kehle nicht zugehe. Das ist es nicht/ was ich meyne/ sagte Cajo, sie koͤnnen einem ein Stuͤck Speck auf den Ruͤcken Romans I. Buch. Ruͤcken legen/ und alsdann das Brandmarck oder Koͤnigs Wappen darauf drucken/ und sie koͤnnen ei- nem sonsten auf allerhand Weise favorisi ren. Als Cajo dieses sagte/ ward der bezeichnete Man- tel hergebracht/ und dem rechten Herꝛn/ der auch bald anlangete/ wieder gegeben. Man uͤberreichte ihm auch seinen Ring/ aber er verehrete ihn dem Cajo, der nicht wuste/ ob er ihn annehmen koͤnte/ inmassen er nicht gewohnet war/ sich solcher Sachen zu bedienen/ die man ihm so gutwillig uͤberließ. Gleichwol nahm er ihn an/ ehe der Burger ihn wieder zuruͤck moͤchte ziehen. Das IV. Capitul/ Jn der Gaudieben-Zunfft wird eine Hochzeit gehalten/ da die Gaͤste beschrieben/ und uneins unter sich werden. Haben sonsten seltzame Possen und Discursen unter einander. K Urtz darnach kam herein getretten ein altes Weib/ Angilbeida genannt/ vergesellschafft von einem alten grossen Kerl/ der so mager und duͤrꝛ/ wie ein Stockfisch/ diesen hatte sie beredet/ ihme eine reiche Jungfrau zu zufreyen. Allhier sprach sie zu ihm offentlich/ daß seine ihm zugedachte Liebste schon eine Zeitlang gedienet haͤtte/ das Menschliche Geschlecht fortzupflantzen/ und als sich Lucas, (der magere Kerl/) hieruͤber unwillig bezeigete/ sprach Rogier, eine von der Gesellschafft zu ihm/ daß eine solche Dame, die der Kinder gewohnet/ bequemer sey zur Haußhaltung/ als eine unerfahrne Jungfrau. Cajo, als Vetter der Jakelyne, (so hieß diese ehrliche Dame, ) nachdem er den Willen deß Lucas verstanden/ und ihn ein wenig besser/ als gemein/ gekleidet sehend/ sprach zu ihm: Mein alter Freund/ es ist warlich die Gewonheit der verliebten Hertzen/ sich schoͤn aufzu- putzen/ um ansehnlich vor ihren Matress en zu erschei- C nen. Deß Academi schen nen. Aber gewißlich/ ob gleich ein langer breiter Barth/ der vor kurtzer Zeit nur Wangen und Brust bedeckete/ euch abgenommen/ mag er doch nicht eine Viertel-Uhr eures Alters wegnehmen/ als welches so beschaffen/ daß nach dem Lauff der Natur ihr wol bald zum Abzug eures Lebens blasen werdet/ ohne/ daß ihr vonnoͤthen habt/ euch zu beladen mit einiger Equipage, die euch nicht dienen kan/ als eure Sachen etwas fruͤher in die andere Welt zu bringen. Die Dirne/ die ihr zum Weib verlanget/ dienet besser vor einen Mann/ dessen Jahr sich so hoch nicht belauffen/ als die Eurigen. Eine junge Frau ist gleich einer al- ten Uhr/ die allezeit unrichtig gehet/ wann man sie nicht zum oͤfftern aufwindet/ und eine alte Frau ist ein Faß Wein/ welches sauer wird. Eure Locken sind so duͤnne/ daß man wol Nuͤsse dardurch moͤchte lauf- fen lassen/ und eure kahle Scheitel gleichet sehr wol einem Calotschen/ oder ledernen Muͤtzlein von Fleisch- farbe. Eure Nase destilli ret so viel Troͤpfflein/ daß man sie mit Fug dem Helm eines Destilli r-Kolbens vergleichen kan/ und man siehet so viel Feuchtigkeit auf eurer Brust/ als haͤtte es darauf geregnet. Jhr stehet an dem Ufer deß Flusses der Vergessenheit/ und habt ein grosses Stuͤck Weges zuruͤck zu wan- deln/ um zugelangen zu dem Brunnen der Jugend/ und uͤber dem wuͤrdet ihr euch trefflich koͤnnen betrie- gen/ wofern ihr eine Frau/ die gewohnet ist/ andern zu dienen/ vor euch allein prætendi ret zu haben. Was duͤncket euch? fuhr er fort/ indem er sich zu der Rogier kehrete; Mich beduͤncket/ antwortete dieser lustige Kump/ daß es Lucas machen wil/ wie die verzagten Soldaten/ die sich nicht erkuͤhnen/ einen Sturm zu lauffen/ wann vorhin die Breche nicht groß gnug ge- macht ist/ und daß hingegen Jakelyne den Woͤlffinnen nach- Romans I. Buch. nachartet/ welche allemahl das garstigste Maͤnnlein erkiesen. Aber ohngeachtet aller dieser Discurs en/ verlob- ten sich doch beyde Personen mit einander/ und man bedung vor die Braut eine Morgengabe von 1000. Reichsthalern. Was die Guͤther der Jakelyne belan- get/ die bestunden in guter Bekandtschafft/ von wel- cher sie betheurete/ daß sie grossen Gewinnst darvon haͤtte. Sie trug die Bruͤste ziemlich bloß/ welches Lu- cas nicht gerne zu sehen schiene/ aber Rogier bildete ihm ein/ das solches gemaͤchlich waͤre/ weil sie nun nicht so viel Muͤhe haben wuͤrde/ sich zu entkleiden. Man machte endlich Anstalt zur Copulation, und darauf verfuͤgte sich die Gesellschafft nach dem Hauß einer alten Kuplerin/ Ragonda genannt/ dieses Weib war ein Außbund/ als die sich mit Wahrsagen zu be- helffen wuste/ die thaͤte Geld auf Wucher/ kuppelte Eheleute/ und verkauffte Jungfrauschafft von jungen Dirnen/ worvon sie grossen Gewinn hatte. Als Ragonda dieses Paar Verehelichte herein tretten sahe/ gieng sie ihnen entgegen/ und wuͤnschete ihnen Gluͤck. Die jenige leichtfertige Personen/ so bey ihr im Hauß waren/ hatten sich noch nicht ange- kleidet; Eine hatte das gantze Hauß mit Eyerdottern beschmieret/ um die Fettigkeit auß den Haaren zu bringen. Eine andere machte sich blanck/ und riebe Schmincke auf die Wangen. Zwo andere/ die ihre Haͤnde uͤberall mit Mandelbrodt bestrichen hatten/ reichten den Neu-getraueten die Spitze vom Finger/ um sie nicht zu besudeln. Und eine Jede dieser garsti- gen Haͤmmel zeigete ein Paar platte Fleisch-Lappen an der Brust/ welche/ wann sie angekleidet waren/ in die Hoͤhe geruͤcket wurden/ jetzo aber auf den Bauch hinunter hiengen. Aber uͤber eine kurtze Zeit præsenti r- C 2 ten Deß Academi schen ten sich diese Dames in einer gantz andern Gestalt/ nemlich/ als schoͤne Jungfrauen/ die wol werth wa- ren/ mit ehrlichen Leuten umzugehen. Die zu dieser Hochzeit Geladene/ waren lauter solche Leute/ die durchs Gluͤck dahin gefuͤhret wor- den/ dann allhier ward ein Jeder so wol empfangen/ als in seinem eigenen Hauß/ und Ragonda noͤthigte sie mit einander an eine lange Tafel. Man fieng an zu essen/ sonder vorher ein Gebet zu verrichten. Cajo erinnerte sie dessen zwar/ aber es fand sich nur ein ei- niger/ der ein Creutz machte/ und solches mit dem Wort Benedicite begleitete/ darbey fuͤgend/ daß er sein Lebtage von keinem andern Gebet gewust haͤtte. Und ich glaube/ sprach Rogier, ihr haͤttet auch dieses nicht behalten/ im Fall es nicht jedes mahl mit der Speise begleitet waͤre. Uber der Mahlzeit kam ein artig Huͤrlein neben la Breche zu sitzen/ zu welcher er sich staͤts hielte/ und darauf nahm sie Gelegenheit/ diese Worte zu ihm zu sagen: Mich duͤncket/ mein Engel/ daß das Eheband zwischen uns Beyden sich weit besser schicken solte/ als zwischen jenen zween al- ten Boͤcken. La Breche gab zur Antwort: Daß er darbey keine sonderbare Beschwerlichkeit sehe/ dann ich habe euch/ sagte er/ allbereit so lieb/ als ich selber wil. Rogier hatte sich zu den zwo Schoͤnsten von der Gesellschafft verfuͤget/ zu denen er sagte/ daß sie wol thaͤten/ indem sie sich ihrer Jugend bedieneten/ in- massen bey den alten Rumpelflaschen selten eine na- tuͤrliche Schoͤnheit zu finden. Ragonda befand sich durch diese Worte am meisten beschimpffet/ griff demnach Rogiern nach den Schultern/ und bemuͤhe- te sich/ ihn auß dem Hauß zu stossen/ sagend/ daß sie in ihrem Hauß wolte gerespectiret werden. Aber eine andere alte Trom̃el mit einem Barth/ wie ein Juͤng- ling Romans I. Buch. ling von 18. Jahren/ Quintina genannt/ stellete sie wieder zufrieden/ indem sie ihr vorhielt/ daß sie Beyde annoch jung genug/ die dritte Generation von Lucas Hochzeit zu sehen. Hierauf nahm Rogier einen Be- cher/ und wolte auf der Ragonda Gesundheit trin- cken/ aber/ als er denselben an den Mund setzete/ hoͤre- te man ein grosses Gerassel auf der Strassen. Ra- gonda meynete/ es waͤre der Schultz mit seinen Apo- steln/ welche kaͤmen/ ihr Hauß zu besichtigen/ ersuchte demnach die Manns-Leute/ um sich was trutzig an- zustellen/ aber sie hoͤreten nicht lange nach ihren Wor- ten/ sondern ein ploͤtzlicher Schrecken uͤberfiel sie mit einander/ daß sie sich alle in einem Augenblick von der Tafel/ etliche auf den Boden/ andere in den Keller versteckten/ etliche lieffen nach dem Secret. Jnzwi- schen klopffete man mit grosser Gewalt an die Thuͤr/ worauf Ragonda zum Fenster herauß guckete/ aber sie kam in einem Augenblick wieder in den Saal gelof- fen/ und rieff: Hochzeit/ Hochzeit. Sie sandte ihre Magd herunter/ und ließ die Thuͤr aufmachen/ dann es waren Onnoma, Levion, Beaulieu, und andere all- zumahl ihre Freunde/ welche einen Brat-Spieß con- voy rten/ der voll Schafs-Keulen stack/ die sie einem Koch entwendet hatten. Also kamen die zerstreuete Gaͤste bald wieder herzu/ und gleich wie die Tafel mehr Speise bekam/ also verfuͤgten sich auch mehr Gaͤste daran. Man legte zu/ und ließ mehr Wein holen/ und also wurden die Becher weydlich gebraucht. Jn dieser Versamm- lung waren weisse und braune Jungfrauen/ ( vel quasi, ) Buͤrgers-Kinder/ Gaudiebe/ leichtfertige Ge- sellen/ kahle Schufften und Huren-Haͤngste derge- stalt unter einander vermenget/ daß es schiene/ als wann/ nach Soeratis Zeugnuͤß/ alle Maͤñer die Frauen/ C 3 und Deß Academi schen und alle Frauen die Maͤnner gemein haͤtten. Eine dicke Bum̃el/ eine der Lustigsten von allen/ sahe rund umher/ und sprach endlich mit lachendem Mund: Dafern eine Platthose unter dem Hauffen/ muͤsse man ihn hinauß stossen/ als ein verdorbenes Glied/ dardurch die andern leicht koͤnten angesteckt werden. Rogier antwortete: Ein solcher Mensch dienet wol zu einem Deckel/ es regnet nicht/ da sie arbeiten. Je- ner aber sprach: Gleichwol seynd sie auch schlechte Rechenmeister/ dann sie koͤnnen nicht multiplici ren/ und sind verdrießlich in ihren Conferen tzen/ inmassen sie langsam zu einem Schluß gelangen. Dieser dreckichte Knecht/ der allezeit trachtete/ die Leber zu kuͤhlen/ lenckete sich zu einem Maͤgdlein/ die erst neu- lich in ihre Gesellschafft sich begeben/ und conversi rte mit ihr/ sie aber sprach: Jst es moͤglich/ daß mein ver- aͤnderter Sinn schon ruchbar worden/ dann ich habe mich mit dergleichen Arbeit noch nicht lange bemuͤ- het? Er fragte sie: Wo soll ich euch folgende Woche besuchen? Jhr sollet sagen/ innerhalb 2. oder 3. Ta- gen/ excipi rte sie/ und sagen/ welchen Namen ich zu- kuͤnfftige Woche fuͤhren soll. Dann die Jungfraͤu- lein von meiner Sorte veraͤndern den Namen und Wohnung sehr offt. Rogier machte sich alsobald an eine andere/ weil ihm die Vorige zu listig/ zu dieser aber/ die Diana hieß/ sprach er/ daß eine von ihren Schwestern ihm erzehlet/ wie sie noch vor kurtzer Zeit mit Bohnen pfluͤcken bemuͤhet gewesen/ und mit Kraut auf der Strassen herum zu gehen/ daß sie mit Schuhen/ so hohe Absaͤtze hatten/ nicht gehen koͤnte/ weil sie niemahl anders/ als Pantoffeln getragen. Aber eine andere/ Dibberiga genannt/ die sich Silvia nennete/ nahm das Wort vor Jene auf/ und schwur/ daß die/ so solcher Gestalt von ihr redeten/ sie nicht recht Romans I. Buch. recht kenneten. Daß sie von Kind an eine Jungfrau gewesen/ welches sie mit Brieffen und Zeugen gnug- sam erweisen koͤnte. Es ist wahr/ sprach Rogier, daß etliche Personen gesaget/ daß sie sich fuͤr eine Adeliche Dame außgegeben/ und dafern solche Zeugen nicht suffisant sind/ kan sie leicht ein grosses Paquet Liebes- Brieffe aufweisen/ die von trefflichen Herren an sie geschrieben sind/ mit der Aufschrifft: An meine Jungfrau/ Jungfrau Dibberiga, wohnend auf dem Kraut-Marckt/ da der junge Gaͤrt- ner außhaͤnget. Aber Dibberiga gab dem Rogier keine Antwort/ sondern machte ihm nur eine ver- drießliche Mine. Diana wolte inzwischen wissen/ woher solche Re- den entsprungen/ fieng derowegen mit Simonetta ein Gezaͤncke an/ hierzu fuͤgete sich alsobald die argwoͤh- nische Silvia, die sich in dieser Sache interessi rt befand/ und weil sie alle drey den Magen ziemlich uͤberladen hatten/ entstunde ein wuͤrcklicher Streit darauß. Sie ergriffen einander bey den Koͤpffen/ und rissen alles an Stuͤcken/ was sie erhaschen kunten/ also daß man/ da die Partheyen wieder geschieden waren/ eine sel- tzame Vermengung von Haarlocken/ Stuͤcken von Kappen/ Leinen-Tuͤchern/ und anderm Zeug/ ligen sa- he die vorhin gedienet hatten/ diese saubere Personen zu zieren. Sie musten Pflaster auf die Gesichte legen/ um die Naͤgelmahl zu bedecken. Cajo stund auf/ diesen Streit zu schlichten/ aber Ragonda nahm das Werck auf sich/ und bewog sie allerseits/ einander die Haͤnde zu geben/ mit dem Beding/ daß sie alle drey fuͤr Jung- fern von einerley Qualit aͤt passi ren sollen. Rogier sprang ins Mittel/ und begunte hertzlich zu lachen als ein Urheber dieses Zwistes/ und ein Zeuge der Ver- C 4 soͤhnung. Deß Academi schen soͤhnung. Flora, die eine angenehme Stimme/ und gnugsamen Rausch hatte/ sang hierauf/ nachdem sich die Gaͤste wieder an die Tafel verfuͤget/ ein Liedlein auf ihre Weise/ und als solches zu Ende/ sprach sie zu Rogier: Mein Herꝛ Bruder/ wie gefaͤllet euch dieses? Jungfrau von Qualit aͤt/ antwortete dieser/ dieses Lied- lein kom̃t mir vor/ wie eure Person/ dann es ist schon laͤngst uͤber die Strassen gelauffen/ und wird wieder neu von hohem Alter. Jch kan es außwendig/ und wolte wol mit euch eingestim̃et haben/ wofern meine Stimme mit der Eurigen nur haͤtte uͤberein kommen koͤnnen/ aber jetzo bin ich unbequem/ ein Concert zu machen/ oder den Tact zu halten. Ey lieber/ sprach sie hierauf zu ihm/ besehet mir doch diß Juͤnckerchen ein- mahl/ (auf la Breche zeigend/) der sie mit einem ver- buhleten Angesicht anblickete/ ich wolte lieber ein Liedlein mit ihm anstimmen. Aber wie/ stummer Mensch/ sprach sie zu la Breche selber/ ihr sprechet ja nicht ein einziges Woͤrtlein/ oder lauret ihr/ um einige Streiche von unserm Handwerck zu lernen? Man hat/ gab la Breche zur Antwort/ nicht viel Zeit noͤthig/ ein Handwerck zu lernen/ darinn der Lehrling den Meister uͤbertrifft. Wann gefaͤllet es euch/ daß ich euch die verkehrete Metamorphosin lehre? Jch wil Andromeda, und ihr sollet Perseus seyn. Das ist ein loser Schelm/ war ihre Antwort/ und lachete/ daß sie den Bauch muste halten. Jm Anfang saß er/ als koͤn- te er nicht drey zehlen/ und ich wil mich geisseln lassen/ wann er nicht der Allerdurchtriebenste von uns allen/ der einen Jeden unter uns vexi ren kan. Jnzwischen saß Lucas, als ein Block/ an der Ta- fel/ ohne ein einziges Woͤrtlein zu sprechen/ oder einen Lach auß seinem Mund gehen zu lassen/ welches Ra- gonda merckend/ ihn etliche mahl beym Ermel zog/ mit Romans I. Buch. mit den Worten: Mich duͤncket/ ihr seyd allein be- quem/ uns mit einander in den Schlaff zu bringen. Jhr Kinder/ was ist dieser fuͤr ein froͤlicher Braͤuti- gam? Sa/ lasset einmahl einen Becher uͤber die Lip- pen lauffen/ und caressi ret eure Braut ein wenig/ oder wollet ihr/ daß sie euch um den Halß fliege? Nein/ nein/ Bruͤderchen/ das ist die Mode in unserm Land nicht/ sie ist viel zu bescheiden darzu/ und nun sie ge- trauet ist/ darff sie keine Manns-Person/ sonder roth zu werden/ ansehen. Jch zweiffele daran gar nicht/ sprach Lucas, indem er mehr/ als anderthalb Dutzet Runtzeln in die Stirn zog/ dann er hatte sie allwege mit dem einen oder mit dem andern discurri ren se- hen/ woruͤber er eyffersuͤchtig worden. Jch sehe wol/ fuhr er fort/ daß sie sehr eingezogen ist/ dann sie wil mit Niemand zu thun haben/ als dem sie nicht obligi- ret ist. Es sind/ meine Freundin/ mehr Tage/ als Wo- chen/ darum muß man es fein sacht lassen ankommen/ um sich nicht zu sehr zu verarbeiten. Es ist wahr/ repli- ci rte Ragonda, aber euch gebuͤhret/ dahin zu trachten/ daß ein Platz/ der nicht wol versorget ist/ und da man nicht staͤts Hand anschlaͤget/ vom Feind nicht erobert werde. Aber sie bekam keine andere Antwort darauf/ als daß er nimmer ein Liebhaber vom Wein gewesen/ und daß er sich in den Ehestand begeben/ sey mehr ge- schehen/ um Gesellschafft von einer Frau zu haben/ als fleischliche Lust mit ihr zu treiben/ und daß er seine Frau viel zu weiß achte/ daß sie ihm eine Reinigkeit/ die er alle Wege behalten/ mit Gewalt nehmen wol- te; Woruͤber Ragonda, und die gantze Gesellschafft/ von Lachen schier geborsten waͤren. Jene aber sang darauf ein besonder Liedlein/ welches noch ein groͤsse- res Gelaͤchter verursachte. Kleine/ Kleine/ sagte Rogier hierauf zu einer an- C 5 dern Deß Academi schen dern Jungfrauen von ihrer Sorte, ihr habt mir mein Hertz gestohlen/ ich muß einmahl nach eurem Leibe greiffen/ um dasselbe wieder zu bekommen. Aber Ra- gonda zuͤrnete/ daß er sothane Reden in Gegenwart junger Jungfrauen zu fuͤhren sich nicht entbloͤdete. Dargegen fragete Rogier, ob auch etliche darunter/ denen die Ohren keuscher/ als der uͤbrige Leichnam? Und Ragonda antwortete lachend hierauf/ daß sie lauter ehrliche Toͤchter unterhielte/ obgleich die Lehr- meisterin nicht allzusauber fiele. Hierauf erlustigte sich ein Jeder/ entweder mit Tantzen/ oder mit Singen/ außgenommen Levion, welcher den Mund staͤts voll hatte/ worauf eine an- dere Acht hielte/ und ihm deßwegen vorhielte/ daß er vergeblich so lange Medicinam studi ret/ indem er den Leib so gewaltig voll propffete/ statt/ daß er die Gesell- schafft solte erlustigen helffen/ man hat euch/ sprach sie/ ja wol auf eine andere Zeit singen und tantzen se- hen/ da Meister Hanß auf eurer Hochzeit spielete. Levion, der wol wuste/ daß er anfaͤnglich ein Student zu Siena gewesen/ hernach aber/ als seine Eltern ver- storben/ auß Mangel der Mittel/ sich zu einem Quack- salber in Diensten begeben/ und dessen Policinello agi ret/ von welchem er sich wieder ab- und zu einem solchen Handwerck begeben/ dessen er sich zu schaͤmen/ inmassen man ihn einsmahls daruͤber ertappet/ und die Fliegen deßwegen tapffer vom Ruͤcken abgefeget hat. Dieser Levion, sage ich/ befand sich zum hoͤchsten affronti ret/ flog derowegen von der Tafel auf/ ihr die Ohren zu zaussen/ sie gieng zwar durch/ aber er erha- schete sie beym Rock/ griffe ihr nach den Ohren/ aber/ ach Jammer! er kunte keine finden/ darauf kehrete er wieder zur Gesellschafft/ und erzehlete/ was ihm be- gegnet/ daher Rogier Anlaß nahm/ zu sagen: Das kommt Romans I. Buch. kommt wol zu Paß/ fuͤrnemlich im Kaͤmmen/ da man leicht sonsten mit dem Kamm auf die Ohren faͤllet. Ein anderer rieth ihr/ sie solte ein Paar gemahlete papierene Ohren machen lassen/ sich aber darbey vor- sehen/ daß sie nicht abfielen/ sonst duͤrfften die Jungen auf der Strassen ihr nach lauffen/ und ruffen: Jung- frau/ nehmet eure Ohren mit. Ragonda tratt zu die- sem unbeohreten Geschoͤpff/ und rieth ihr/ daß sie sich nicht auf die neue Mode bekappen/ sondern nur eine Cornet- Haube aufsetzen solte. Dieses hoͤrete ein an- derer/ der Cornet zu Feld gewesen war/ sprach dem- nach: Holla! halt ein/ was habt ihr uͤber die Cornet- t en zu disponi ren/ solche Autorit aͤt gestehe ich euch keines Weges/ dann ich habe mein Wort schon an- derweit gegeben. Bekuͤmmert euch nicht zu sehr uͤber eure Jungferschafft/ sprach Jungfer ohne Ohren/ dann ich meyne in wenigen Tagen nach Parma zu fah- ren. Haha! ließ sich Rogier vernehmen/ ausser Zweif- fel meynet ihr daselbst wunderliche Dinge außzurich- ten/ dann ihr werdet wol wissen/ daß der Außschuß allhier zu Parma fuͤr etwas sonderliches geachtet wird. Aber bey dem Bahrt meines Ober-Elter-Vatters/ bekommen die Parmenser nur zu wissen/ daß eure Ohren ihren Wohn-Platz verlohren/ werdet ihr sie ehe verjagen/ als zu euch locken. Das V. Capitul/ Die Zunfft der Gaudieben wird noch eigentlicher abgemah- let. Sie kommen alle in Vngelegenheit. Ein Amtmann wird hart gestraffet/ wegen seiner mißbrauchten Gewalt. J Ndem diese Dame also vexi ret ward/ machte einer/ Tiboud genannt/ der sich vollgesoffen hatte/ mit der Quintina ein Gezaͤncke/ und nañ- te sie eine alte Pulver-Flasche. Daran leugst du die Helfft nicht an/ du alter Horn-Traͤger/ gab sie ihm zur Deß Academi schen zur Antwort. Welche Worte ihn zu solchem Eyfer reitzeten/ daß er zu ihr tratt/ um sie mit Ohrfeigen ab- zuzahlen; Aber Ragonda stieß ihn zum Hauß hin- auß/ um dergleichen Inconvenienti en vorzubeugen. Tiboud stund vor der Thuͤr/ und taumelte von einer Seiten zur andern/ wannenhero einer von der Gesell- schafft auß Mitleyden zu ihm tratt/ und ihn wieder ins Hauß leiten wolte/ zu welchem Rogier sprach: Sehet euch fuͤr/ mein Freund/ daß der volle Zapff nicht auf euch falle/ und euch mit seinen Hoͤrnern ei- nen gefaͤhrlichen Stoß anbringe. Jnzwischen tratt Ragonda zu unserm la Breche, und wolte sich bey ihm einflechten; Aber dieser woͤhrete mit beyden Haͤnden von sich/ und sagte/ daß ihr stinckender Athem capabel waͤre/ ihm das Leben zu nehmen/ wofern der Seinige/ als verstaͤrcket durch die Menge deß eingezogenen Weins/ diesen Gifft nicht zuruck triebe. Man kunte sonst an ihr/ uͤber den stinckenden Athem/ auch thraͤ- nende Augen/ und eine rinnende Nase sehen/ daß es das Ansehen/ hatte/ als wann alles Essen und Trin- cken keinen andern/ als diesen Außgang haͤtten. Die Artigste von allen Frauens-Personen dieser Gesell- schafft war eine/ Namens Clytia, aber diese verließ die Compagnie bald/ und folgete einer Frauen/ die im Vorbeygehen ihr einen Winck gegeben hatte. Man verstund in ihrem Abwesen/ daß sie vor wenigen Mo- naten eine arme Dirne gewesen/ welche in der Wein- lese-Zeit auf die Doͤrffer war außgangen/ um einen Pfenning zu verdienen/ bey welcher Gelegenheit sich ein gewisser Herꝛ in sie verliebet/ dem sie die beste Fe- dern außgerupffet habe. Darauf habe sie sich praͤch- tig gehalten/ und sey in dem Liebes-Spiel so hoch ge- stiegen/ daß ihr keine von der Gesellschafft zu verglei- chen/ als gnugsam versehen mit Anreitzungen/ welche kraͤfftig Romans I. Buch. kraͤfftig sind/ die unempfindlichste Maͤnner aufzu- muntern/ sonder Jndianische Nuͤsse/ eingemachten Jngber/ oder Diasatyrion zu gebrauchen. Daß dem- nach Hofleute/ Kauffleute/ Advocat en/ Burger/ \&c. ihr allemahl willkommen/ daß auch ihr Hauß nicht weniger mit gallant en Leuten/ als eine Brandtweins- Bude mit alten Maͤhrlein/ angefuͤllet waͤre/ ja/ daß man nicht in der Stadt muste wohnen/ wann man sie nicht wolte kennen. Unterdessen hatte Jakelyne vor ihrem Lucas ei- nen Abscheu bekommen/ stellete sich/ als wolte sie et- was anders thun/ blieb aber weg/ und gieng ihres Weges/ und er kunte nicht wissen/ wohin sie gestoben/ oder geflogen waͤre. Er bekuͤmmerte sich auch so viel nicht darum/ uñ als er sahe/ daß man ihn darzu vexi r- te/ gieng er stillschweigend fort/ und sprach nicht ein einziges Woͤrtlein darzu. Nachdem nun endlich der Abend eingefallen/ giengen ihrer etliche zu Bett/ an- dere aber begaben sich auf die Strassen/ um ihr Heil zu versuchen. Die Jenigen/ so in der Ragonda Hauß blieben waren/ oͤffneten bey aufgehender Sonne mit den Augen zugleich den Magen/ sam̃leten dahero die uͤbrigen Brocken/ und brieten solche auf dem Rost. Levion, der mit 3. oder 4. Maͤnteln umhangen/ damit er nicht erfriere/ ins Hauß tratt/ stoͤrete die Gesell- schafft/ dann sein Geist war sehr unruhig/ weil seine 3. Cammeraden/ mit welchen er am vorigen Abend außgegangen war/ noch nicht wieder kommen waren. Aber endlich kamen sie gleichwol zum Vorschein/ der eine zwar beladen mit einem Sack voll Kleider/ und dergleichen Dingen/ welche er im Abgehen einer Kutschen ertappet hatte/ indem er sich zu den Passagi- rern gesellet/ als wann er einer von ihrer Gesellschafft waͤre. Der andere hatte das Hinterstuͤck eines Man- tels/ Deß Academi schen tels/ welches er in einem Spiel-Hauß laͤngst dem Rucken abgeschnitten hatte. Aber der Letzte bezeugete sich am froͤlichsten/ dann er war auß dem Lufft-Loch ei- nes Kellers/ darinn man ihn geschlossen hatte/ außge- brochen/ man hatte ihn ertappet/ da er ein Hauß visiti- ren wolte/ und am folgenden Morgen nach dem Rich- ter begleiten wollen. Levion war nun wieder gutes Muths/ discurri rte demnach von den Rittern von der Linie, und von ihren verschiedenen subtil en Griffen. Unsere Versammlung/ sprach er/ bestehet meisten- theils in aufgerafften Leuten/ darvon etliche Solda- ten/ andere Studenten/ etliche auch gar nichts vorher gewesen/ diese erlernen ihr Amt/ indem sie hin und wieder streiffen/ die Beutel abschneiden/ und derglei- chen Dinge verrichten. Sie gehen auf die Spiel- Bahnen/ und wann sie etliche Spiele gethan/ neh- men sie einen guten Mantel/ und lassen einen alten Lumpen ligen/ werden sie daruͤber ertappet/ ist es gleichsam ein Jrꝛthum/ und entschuldiget man sich mit einem Bauch voll Compliment en. Jm Sommer enthalten sie sich an den Stroͤhmen/ und nehmen den Schwimmenden ihre Kleider weg/ und darauf ma- chen sie sich zu wichtigern Dingen bequem/ alsdann nennen wir sie Feldschwaͤrmer/ oder Finstermaͤnner. Einer darvon gewan im verwichenen Winter mehr/ als 6. andere in 2. Jahren haͤtten thun moͤgen. Er gienge bey Abend-Zeit mit einer brennenden Fackel in der Hand/ und wann ihm Jemand folgete/ sich sei- nes Liechts zu bedienen/ langete er/ wann sie auf einen einsamen Platz kom̃en/ eine Buͤchse auß der Taschen/ und loͤschete die Fackel auß/ fiel hernach dem Men- schen ploͤtzlich auf den Leib/ und ließ sich die Muͤhe/ zu leuchten/ rechtschaffen bezahlen. Aber/ wir haben die- sen guten Kerl verlohren/ man hat ihm die Seele auß dem Romans I. Buch. dem Leibe/ gleich dem Wasser auß einem Brunnen/ geholet/ und der Wind waͤhet jetzo unter seinen Fuͤs- sen hin. Ein anderer/ der jetzo im Feld ist/ und den man den hurtigen Springer nennet/ wird ein anderer Hector in unserm Amt werden. Wir haben auch Frauen/ die man die Marckgaͤnger nennet. Jhr mei- stes Werck ist/ den Marck/ und andere Versam̃lungs- Plaͤtze/ zu besuchen/ allwo ihnen das Gedraͤnge gemei- niglich Gelegenheit ertheilet/ etwas zu erschnappen. Sie gehen bißweilen hin/ eine Kohl Feuers zu holen/ in ein Hauß/ bey welchen sie sich zu wohnen stellen/ oder geben fuͤr/ diß oder das zu verkauffen zu haben/ oder sie besehen eine Feuer-Kammer/ und wann sie ihre Gelegenheit ersehen/ nehmen sie mit/ was sie er- schnappen koͤnnen. Diese sind nicht allein die getreueste Bewahre- rinnen/ sondern auch die hurtigste Veraͤnderinnen unserer Beute/ und so behende/ das Jenige/ so man ihnen zugestellet/ zu verwechseln/ oder veraͤndern/ daß die Eigener solcher Sachen dieselbe hernach nicht mehr kennen/ und solten sie solche auch von Stuͤck zu Stuͤck aufs Genaueste besichtigen/ das habe ich sel- ber gesehen/ dann kurtz zuvor/ ehe ich in diese Gesell- schafft angenom̃en worden/ und eben mit einem mei- ner Cam̃eraden neben einer solchen hurtigen Frauen sasse/ und discurri rte/ bathe ich sie/ weil ich mit ihr be- kandt/ meinem Mantel/ den ich taͤglich trug/ ein we- nig zurecht zu helffen. Jch meynete/ sie solte ihn schoͤn machen/ und etliche Loͤchlein daran zustopffen. Aber/ am folgenden Tag fand ich ihn gefuͤttert/ mit einem andern Stoff/ und das vorige Futter war weg/ der Kragen war unterst zu oberst gekehret/ und sie hatte seidene Knoͤpffe an statt der silbernen Posament en ge- setzet. Jch haͤtte ihn nimmermehr gekannt/ wann sie mir Deß Academi schen mir nicht auß dem Traum geholffen haͤtte. Aber/ die Principal este unter allen von unsern Schwestern ist die/ welche man die durstige Schwester nennet. Sie gehet durch die Stadt mit einem Sack voll Heu/ und wann sie ihre Gelegenheit erblicket/ tritt sie in ein Hauß/ und vertauschet ihren Buͤndel mit einem bes- sern. Neulicher Tagen ließ sie bey einem Seiden- Kramer ein Kind ligen/ und nahm darfuͤr ein Stuͤck Satyr hinweg. Mit einem Wort/ wir leben auf die Weise der Heyden/ welche/ sonder etwas zu kauffen/ alles haben/ was ihnen noͤthig ist. Und obgleich die Gesellschafft an verschiedenen Orten vertheilet wird/ haben wir doch richtige Corresponden tz. Noch haben wir etliche unter uns/ Degenmaͤnner genannt/ etliche derselben machten juͤngstens sich bekandt/ mit etlichen jungen Leuten/ von gutem Herkommen/ die bequem waren/ sie uͤberal frey zu halten/ und die sich auf ihren Beu- tel verlassend/ mit Jedermann Krakeel anfiengen/ in Hoffnung/ solchen zu schlichten durch den Arm dieser Degenmaͤnner/ weiche von nichts sprachen/ als von Niederstossen/ Kopff-abhauen/ Arm-zerstuͤcken/ \&c. waͤre auch der Gegenpart so groß und maͤchtig gewe- sen/ als der grosse Mogol/ oder zum wenigsten wolten sie ihn zu einem ehrlichen Vertrag zwingen. Aber diese Advocat en funden die Practic so gut/ daß sie sich nicht zu sehr uͤbereyleten/ die Partheyen zu einem Accord zu bringen/ im Gegentheil hiengen und verhetzeten sie dieselbe unter der Hand heimlich mehr und mehr wi- der einander/ um desto mehr mit ihnen zu zechen. Die- se Leute haben das Hertz nicht/ einen blancken Degen zu sehen/ aber ihre Courage bestehet in Worten/ und wann sie ja fechten sollen/ geschiehet es mit Trinck- Glaͤsern. Jnzwischen meyneten diese reiche Cayalliers, ihre Romans I. Buch. ihre Feinde bald aufgeopffert zu sehen/ durch Leute/ die ihrer nur spotteten/ und die unterdessen auf ihre Unkosten den Beutel und Magen fuͤlleten/ und man- che schoͤne Gelegenheit verkundschafften/ darvon sie unsern Bruͤdern getreue Nachricht ertheileten/ um unsern Vortheil nicht zu versaͤumen. Nachdem Levion so weit gekommen mit seiner Erzehlung/ begunte er auch von seinen Kriegs-Tha- ten zu reden/ und erzehlete unter andern/ daß ein be- ruffener Negromanticus ihm prophezeyet haͤtte/ wie er in einem grossen Gedraͤng von Menschen endlich sterben/ und das Feld zum Grab uͤberkom̃en wuͤrde. Er betrog sich darinn nicht/ dann er ist nicht lange hernach zu Milan gefangen/ und auf dem grossen Marckt aufgehangen/ unter einer grossen Menge Zuschauer/ hernach ist er neben die Land-Strasse be- graben worden. Endlich begunten die Nachbarn zu mercken/ was vor liederliche Quanten bey der Ragonda auß- und eingiengen/ wannenhero sie gezwungen ward/ ihr Hauß vor den Feldschwermern/ Degenmaͤnnern/ und andern/ zu zuschliessen/ und also sahe man hernach in demselben/ darinn ehemahl mehr Boͤses/ als in der Schachtel der Pandora, beschlossen gewesen/ nichts anders/ als Aminten/ Marien/ Clorinden/ und der- gleichen Dam en/ die allein besucht wuͤrden von einigen jungen Rabschnaͤbeln/ die niemahl mit einem Maͤgd- lein courtisi rt hatten. Diese hatten auß den Roma- nen einige Lehre empfangen/ und wolten lieber cour- tisi ren/ als heyrathen/ und solcher Gestalt redete man hiervon nichts/ als von thoͤrichten Wercken der Liebe. Und Ragonda mit allen diesen Miracul en der Natur aufgeschlossen in ihrem kleinen Serrail/ war staͤts geschaͤfftig/ dieselbe zu unterrichten/ damit sie der- D mahleins Deß Academi schen mahleins bequem seyn moͤchten/ indem/ daß sie zu er- lernen verlangeten/ nemlich das Haar auf verschie- dene Weise zu scheiteln/ die Pflaͤsterlein wol aufzule- gen/ sich in die Lippen zu beissen/ und in die Wangen zu reiben/ damit eine angenehme Roͤthe hernach fol- gete/ man vergasse auch nicht der wolriechenden Po- maden/ Waͤsserlein/ falschen Perlen/ seidenen Baͤn- dern. Die Jungfrauen nenneten einander allzumahl Schwestern/ und die fromme Ragonda ward von ih- nen allen ihre getreue Mama genannt. Cavina, der mit Jungfer Flora Freundschafft gemacht hatte/ besuchte sie taͤglich in der Ragonda Hauß/ und lebete mit ihr/ und andern ihres gleichen/ in einer taͤglichen Ubermaaß von Exorbitanti en/ wel- ches eine gute Zeit waͤhrete/ ohngeachtet aller guten Vermahnungen seiner Freunden. Aber/ es fielen viel Sachen vor/ welche ihm erwiesen/ daß die Jenigen/ die gegen Wind und Sturm-Wellen anseegeln/ ge- faͤhrlichen Klippen zu begegnen pflegen/ daß die De- bouche ein verguͤldeter Pfeil ist/ und daß der/ so sich darzu verleiten laͤsset/ nothwendig am Ende die Bit- terkeit derselben kosten muß. Endlich kamen die Gerichts-Diener hinter diese ehrbare Gesellschafft/ welche so groß war/ daß etliche Gefaͤngnuͤsse damit angefuͤllet worden/ und darvon Ragonda selber mit den Meisten ihrer Brodt-Essern nicht befreyet wa- ren. Man hat nicht lange hernach diese unzuͤchtige Weibs-Bilder/ fuͤrnemlich die Jungen/ mit einander nach Livorno, und von dannen nach Marsilien ge- sandt/ woselbst sie solten eingeschiffet/ und nach den West-Jndischen Jnseln/ die der Frantzoͤsische Herꝛ de la Sale vor einiger Zeit entdecket/ und im Namen seines Koͤnigs Possession darvon genommen/ geschickt werden/ um zu einer neu-angelegten Frantzoͤsischen Colonie Romans I. Buch. Colonie gebraucht zu werden. Die Gaudiebe aber hat man groͤsten Theils geradbrechet/ gekoͤpffet/ oder gehangen/ und weil man dem Cavina noch nichts son- derliches erweisen kunte/ derselbe auch gute Baar- schafften hatte/ und der Hertzog von Mantua ihm gar gnaͤdig war/ wegen seines unschuldigen Vatters/ der so unschuldig hingerichtet worden/ als ist er perdon- ni rt worden/ unter dem Beding/ daß er nimmermehr seine Gedancken zu dergleichen Leichtfertigkeiten rich- ten/ sondern allstaͤts sich aller Tugend und eines ehr- baren Wandels befleissen solte. Dieses hat er zuge- saget/ und redlich gehalten/ inmassen er sich kurtz her- nach nach Bononi en erhoben/ und den Studi en mit sothanen Ernst obgelegen/ daß man ihn jetzo unter die gelehrtesten und ehrbaresten Leute dieses Landes zehlet. Hiermit endigte der Wirth seine Erzehlung/ und Klingenfeld begehrte zu wissen/ warum dann dieses Cavina Vatter so unschuldig hingerichtet sey? Der Wirth gab ihm hierauf folgenden Bescheid: Dieses Cavina Vatter war ein feiner Burger zu Casal, und seine Mutter war in ihrer angehenden Ehe so schoͤn/ daß man sie auch noch lange Zeit hernach unter die Schoͤnften deß Landes gezeblet hat. Es begab sich aber/ daß der Mantuanische Amtmann/ oder Podestà zu Casal, in diese Frau sich verliebete/ und weil er mit Liebkosung und guten Worten nichts gewinnen konte/ so dachte er der Sache auf andere Weise zu ratben/ aber zu seinem grossen Verderben. Dann er gab vor/ dieser schoͤnen Frauen Ebemann haͤtte Verraͤtherey vorgehabt/ und ließ ihn also in das Gefaͤngnuͤß setzen. Das Weib bemuͤhete sich/ solchen wieder loß- und in Sicherheit zu bringen/ welches ihr auch der Amtmann endlich verwilligte/ doch mit dieser Condition, wann sie ihn zuvor in seinen verliebten Begierden zufrieden stellen wuͤrde. Was wolte das gute Weib machen/ ihre Ehre war ihr zwar lieb/ aber ihres Manns elender Zustand gieng ihr noch mehr zu Hertzen. Der Amtmann/ der diesen Zweiffel an ihr wol mercren kunte/ bedienete sich dessen zu seinem vermeynten D 2 Vortheil/ Deß Academi schen Vortheil/ und brachte sie also mit einer kleinen Liebes-Gewalt auf das Bette/ allwo er die bitter-suͤssen Venus -Fruͤchte in sol- chem Uberfluß kostete/ daß sie ihm hernach nothwendig uͤbel be- kommen musten. Dann/ als er sich von den verwirꝛten Banden dieser anmuthigen Schoͤnheit nunmehr bestrickt sahe/ war ihm unmoͤglich/ sich deren wieder zu entschlagen/ und da er sich in sei- nen Gedancken dahin verleiten liesse/ den armen gefangenen Actæon, als seine einzige Hindernuͤß in dieser Sache/ anzu- schauen/ so nahm er ihm vor/ denselben gar auß dem Wege zu raumen/ massen dann alsobald das Urtheil uͤber ihn gesprochen/ und er in dem Gefaͤngnuͤß enthauptet wurde. Die Frau/ als sie solches mit hoͤchster Wehemuth erfabren/ lieff vor ven Amtmann/ und hielt ihm vor/ wie untreulich er an ihr gehandelt/ und da er versprochen/ ihr ihren lieben Ehe-Ge- mahl wieder außzuantworten/ solchen nun gar Moͤrderischer Weise um das Leben gebracht haͤtte. Der Amtmann entschul- digte sich schlimm genug/ indem er vorgab/ daß zwar die Auß- antwortung deß Gefangenen bewilliget/ von seinem Leben aber nichts gedacht worden/ und also waͤre er erboͤtig/ seiner Zusage nach zukommen/ und ihr dessen entleibten Coͤrper verabfolgen zu lassen/ zu dem wolte er sie von nun an uͤber diesen Verluft derge- stalt troͤsten/ daß sie sich deß Wechsels halber nicht zu besch weren haben solte/ kurtz/ er wolle sich ihrer gantz und gar ergeben/ und sie kuͤnfftig als seine Liebfte tracti ren. Das gute Weib wolte sich darmit nicht zufrieden geben/ sondern gieng gerades Fusses zu ihren naben Freunden/ und erzehlete ihnen mit hoͤchfter Wehe- muth/ wie der Amtmann mit ihr und ihrem Ehe-Gemahl so grausam verfahren/ die dañ unanimiter schlossen/ die Sach muͤste man bey dem Hertzog klagbar machen/ der/ als ein Gerechrigkeit- liebender Fuͤrst/ dieser armen unschuldigen Wittwen schon Recht verschaffen wuͤrde. Und das geschahe auch/ dann/ so bald der Her- tzog diesen erschroͤcklichen Handel vernom̃en/ ließ er den Amtmañ vor sich kommen/ stellete ihm die Klaͤgerin vor Augen/ und fra- gete: Ob er dieses Weib kenne/ und was er vermeyne/ daß ihr Vorbringen sey/ welches zumahl so wichtig/ daß er gern sehe/ wann es nicht wahr waͤre? Man kan leicht erachten/ wie dem guten Kerl allhler zu Muth gewesen/ inmassen auch der Hertzog auß seiner Bestuͤrtzung bald merckete/ daß deß Weibs Anklage nicht vergeblich/ und also drang er destomehr in den Beklagten/ mit der Warheit herauß zu geben/ und durch boßhafftiges Laͤug- nen sich nicht gar um die jenige Gnade zu bringen/ so ihm auf dem Romans I. Buch. dem Fall freywilliger Bekaͤnntnuͤß widerfahren koͤnte. Da fiel nun dieser boͤser Haußhalter seinem Herꝛn zu Fuͤssen/ bekennete die That umstaͤndig/ und bate um Gnad und Barmhertzigkeit/ solche auch desto eher zu erhalten/ erbote er sich/ den zwischen ihm und dem Weib vorgegangenen aͤrgerlichen Handel mit der oͤf- fentlichen Vermaͤhlung zu purgi ren/ und gut zu machen. Der Hertzog schien hierauf in etwas besaͤnfftiget zu seyn/ und das Weib/ ob sie wol Anfangs sich hier zu nicht verstehen wolte/ stelle- te sie doch endlich alles zu deß Hertzogs Willen und Außschlag. Darauf wurden nun diese Beyde oͤffentlich mit einander ge- trauet/ und muste hierbey der ungluͤckseelige Braͤutigam seine Braut/ auf den Fall/ da er vor ihr ohne Kinder sterben solte/ zu einem Erben aller seiner Guͤter/ deren in Warheit sehr viel waren/ ordentlich einsetzen. Als solches geschehen/ fragte der Hertzog die Klaͤgerin: Ob sie nunmehro ihrer Klage und An- spruchs halber voͤllige Befriedigung erlanget? Sie bejahete solches/ und sagete noch darzu dem Hertzog vor so gnaͤdigste Huͤlffe unterthaͤnigsten Danck. Jch aber/ sagte er/ kan mich deß von GOtt mir anbefohtenen Obrigkeitlichen Amts wegen/ mit allem diesem noch nicht vergnuͤgen lassen. Hieß auch hierauf das Weib einen Abtritt nehmen/ den Amtmann aber in eben das Ge- saͤngnuͤß bringen/ allwo er vorhin den unschuldigen Mann hin- richtenlassen/ und ihm auf gleiche Art den Kopff vor die Fuͤsse/ beyde Coͤrper aber neben einander in einen Sarck legen. Die Frau/ so hierum keine Wissenschafft hatte/ wurde darauf in das Gefaͤngnuͤß gelassen/ welche uͤber diesem unverhofften Spectacul, und daß sie sich zweyer Ehe-Gatten so kurtz nach einander auf einerley schmaͤhliche Todes-Art beraubet sahe/ dergestalt er- schrocken/ daß sie bald hernach in eine schwere Kranckheit gefal- len/ und damit dieses Zeitliche gesegnet. Wiewol sie endlich auß der letzten Verebcligung noch diesen Vortheil hatte/ daß sie ihren auß erster Ehe erzeugten Kindern eine reiche Erbschafft/ die ihr durch deß andern Manns Tod an- und zugefallen/ hinter sich verliesse. Das VI . Capitul/ Ferrarius macht Gesellschafft mit einer verschlagenen Dame, die ihn aber haͤßlich bezeucht. Cavina erzehlet die beruͤhmtesten Kunst- und Raritaͤten-Kam̃ern in gantz Europa/ so viel derselben bekandt sind. C Avina ist eines von den Kindern der ersten Ehe/ und weil seine zwo Schwestern vor 3. Jahren gestorben/ hat er alle Guͤther allein geerbet/ D 3 daß Deß Academi schen daß er sich jetzo in den Adelichen Stand kauffen wil. Klingenfeld bekam hierauf Lust mit diesem Mann bekannt zu werden/ aber Ferrarius bezeugete/ daß er keine Lust haͤtte/ mit ihm umzugehen/ inmassen er verschiedene mahl Haͤndel mit ihm gehabt/ welche nimmer auß dem Grunde geschlichtet worden. Diese Worte gefielen dem Gastgeber sehr wol/ dann/ weil er deß Ferrarii gern loß gewesen/ war er bemuͤhet/ den Cavina an sich zu ziehen. Nachdem er also Abschied mit Klingenfeld genommen/ sandte er Jemand zu ihm/ und ließ ihn zu sich noͤthigen. Er kam nicht lange hernach/ aber Ferrarius verschlosse sich in seine Kam- mer/ und kam nicht wieder zum Vorschein. Klingen- feld fand an dem Cavina einen uͤberauß hoͤf- und ma- nierlichen Mann/ dannenhero lebeten sie vertraͤulich diesen uͤbrigen Tag mit einander/ und als sie von Fer- rario zu reden kamen/ sprach Cavina, daß er ein Prah- ler sey/ und gar keine Courage habe/ dahero er auch zu Padua nimmer in einige Consideration gekommen. Er bekenne zwar/ daß er etliche mahl in Action mit ihm gewesen/ die er aber so liederlich ligen lassen/ daß er sich selber schaͤmen muͤste/ mit einem solchen lieder- lichen Tropffen es aufgenommen zu haben. Sie fuͤh- reten noch ein und andern Discurs mit einander/ und funden sothane innerliche Einigkeit ihrer Hertzen und Gemuͤther/ daß es ihnen schwer ward/ diesen Abend wieder von einander zu gehen. Cavina nahm endlich Abschied/ und kehrete nach seinem Verwanthen/ und als am folgenden Tag Klingenfeld aufbrechen wol- te/ sich nach den Schweitzerischen Alpen zu wenden/ da kam Cavina zu ihm/ und noͤthigte ihn/ nur diesen Tag zu verziehen/ so wolte er am folgenden Tag mit ihm auf Mantua raͤysen. Aber Klingenfeld schwur/ daß er keine Zeit habe/ laͤnger zu verziehen/ sondern/ daß Romans I. Buch. daß er noch diesen Tag zu Mantua seyn muͤsse. (Er gedachte aber/ wegen Mangel deß Geldes/ welches er an gemeltem Ort zu uͤberkommen hoffete/) solchem nach wolle er sich auf den Weg dahin voran machen/ und seiner allda in einer gewissen Herberge erwarten. Hiermit war Cavina endlich zufrieden/ und nach- dem sie mit einander gefruͤhstuͤcket/ zog Klingenfeld seines Weges/ welchen wir bald wieder finden wer- den/ nachdem wir vorhero angehoͤret/ was fuͤr eine possierliche Sache sich gleich hierauf mit dem Ferra- rio begeben. Dieser Mensch stahl sich heimlich auß der Herberge/ ließ den Gastgeber zu sich in ein ander Hauß holen/ und nachdem er ihn daselbst bezahlet/ auch eingewandt/ wie es ihm so gar unmoͤglich sey/ den Cavina vor seinen Augen zu leyden/ nahm er Ab- schied/ und setzete sich auf eine Jtalianische Chaise mit 2. Raͤdern/ die von einem starcken Hengst gezogen ward/ und nach Ferrara lauffen wolte. Der Gastgeber war froh/ daß er dieses Prahlers loß worden/ und al- so fuhr Jener fort/ da er vor einem andern Hauß eine schoͤne junge Dame mit einem zarten Kindlein zu sich in die Chaise bekam/ welche gleicher Gestalt dieses Weges/ wie sie vorgab/ ziehen wolte. Am folgenden Mittag kam der Fuhrmann wieder zuruck/ kehrete bey dem Gastgeber ein/ bey welchem sich eben Cavina befand/ um dem Klingenfeld zu folgen/ und als er in die Stuben kommen/ setzete er sich nieder/ und fienge so hertzlich an zu lachen/ daß er bey nahe im Athem waͤre stecken blieben. Endlich sprach er zu ihnen: Ach! ihr lieben Herren/ spendi ret mir nur eine Kanne von dem besten Verdè -Wein ich wil euch eine solche Kurtz- weil darfuͤr erzehlen/ daß ihr bekennen sollet/ ihr habt euer Lebtage deßgleichen nicht gehoͤret. Cavina ließ ihm eine Kanne fuͤr sein Geld holen/ D 4 welche Deß Academi schen welche er an den Mund setzete/ und nachdem er einen hertzlichen Zug gethan/ nahm er sich selber in die Ar- me/ und fieng noch einmahl an dergestalt zu lachen/ als wann man ihn kitzelte. Endlich hielte er auf/ und sagte: Jhr Herren habt gestern gesehen/ was fuͤr ei- nen ansehnlichen Ferrariens er und eine junge schoͤne Dame ich weggefuͤhret habe/ von denselben muͤsset ihr wissen/ daß Ferrarius sich unter Weges gar fleissig zu der jungen Frauen hielte/ und er befand sie so ver- schlagen in allen Reden/ daß er sich daruͤber verwun- derte und zugleich ihre Schoͤnheit hoch æstimi rte. Als sie uͤber die erste Bruͤcke fuhren/ kuͤssete er sie/ nach der Weise hoͤflicher und lieblicher Cavallier, und befand sie recht fuͤr sich/ auch leicht dahin zu bringen/ was er von ihr verlangete. Er kitzelte sie bißweilen/ und sie/ damit sie ihn zu mehrer Kuͤhnheit veranlassete/ druͤ- ckete ihm seine Haͤnde gantz freundlich/ wordurch sie ihm den Mund so waͤssericht machte/ daß er sich nicht zu behalten wuste. So viel Bruͤcken/ so viel Kuͤsse/ und so viel Funcken/ das Feuer anzuzuͤnden/ welches sich solte bey der ersten Gelegenheit loͤschen. Er bath sie heimlich um die Schlaff-Gesellschafft/ darzu sie sich dann gar gern verstunde; Und damit sie ihrer Be- gierde/ unter einem Schein der Ehrbarkeit/ moͤchten eine Genuͤge thun/ beschlossen sie bey sich/ sie wolten sagen/ sie waͤren Mann und Weib zusammen. Jn der ersten Nacht-Herberg gab Herꝛ Urian sein Fell- Eyß dem Wirth aufzuheben/ und befahl/ man solte ein Bett und Zimmer fuͤr sich und sein Weib zurich- ten lassen. Nach der Mahlzeit giengen sie mit einan- der schlaffen/ und legten das kleine Kind zu ihren Fuͤs- sen. Was nun nach diesem zwischen ihnen vorgan- gen/ weiß ich nicht. Das aber wol/ daß die Frau dem Kind in der Wiegen endlich einen Stoß gegeben/ daruͤber Romans I. Buch. daruͤber solches aufgewachet/ und jaͤmmerlich zu schreyen angefangen. Ob sie nun wol solches mit Fleiß gethan/ stund sie doch von ihrem entlehnten Mann auf/ und versprach/ so baiden wieder zu kom̃en/ als sie nur ihr Kind gestillet haben wuͤrde. Er war muͤde/ und besande diesen Stillstand zu seiner Ruhe sehr noͤthig/ schlieff auch ein/ und bedurffte keines Wiegens darzu/ fragete auch nichts mehr nach ihr/ nachdem er seine Lust gnug gebuͤsset. Sie schuͤret ein Feuer/ und begehret vom Wirth/ der sich vom Ge- schrey deß Kindes aufmachte/ er solte ihr ihres Man- nes Felleyß geben/ vorwendend/ es sey ein stiberner Loͤffel darinnen/ den sie haben muͤste. Er brachte ihr solches/ und legete sich wieder nieder/ auf ihr Wort/ daß sie das Feuer wieder wol verwahren wolte/ so bald sie ihrem Kind den Brey wuͤrde gegeben haben. Da nun das Kind wieder eingeschlaffen war/ legete sie es fein sanffte wieder nieder bey dem Feuer/ machet die Thuͤr auf/ und bekommt mit dem Felleyß den Schluͤssel zum freyen Feld. Monsieur stunde fruͤhe auf/ bezahlete seine Zeche/ und forderte sein Felleyß wieder. Der Wirth antwortet/ er habe es schon seiner Liebsten zugestellet. Man suchte sie uͤberal/ aber verge- bens/ sie hatte in der Nacht ein Loch gefunden/ wor- durch dieser uͤber die Massen ungedultig worden/ und die Hur verfluchte; Machte also durch seinen Zorn offenbahr/ daß dieses sein Weib nicht gewesen. Der Wirth faͤnget auch Haͤndel mit ihm an/ und schilt ihn/ daß er sein Hauß so verunehret/ mit Bedrohung/ ihn bey der hohen Obrigkeit deßhalben zu verklagen. Der Domine gab es genauer/ bath den Wirth/ er solte stillschweigen/ und ließ das Kind auf seine Kosten zu einer Pfleg-Mutter thun. Also ward der Eysen- fresser betrogen/ die Dirne um ihre Dienste reichlich D 5 beloh- Deß Academi schen belohnet/ und von der schweren Kindes-Last zugleich entlediget. Wiewol nicht unmoͤglich ist/ daß sie wie- der ein anders darfuͤr bekommen/ welches ihr eben so beschwerlich mag gewesen seyn/ als das Erste/ dessen sie sich durch ihre Verschlagenheit entlediget hat. Als der Fuhrmann seine Erzehlung vollendet/ da begunten sie nun alle 3. von neuem rechtschaffen zu lachen/ welches mit solcher Vehemen tz geschahe/ daß sie schier Schaden daruͤber genommen haͤtten. Endlich setzete sich Cavina zu Pferde/ und ritte/ nach genommenem Abschied/ seines Weges. Er war aber kaum auf das Flache gekommen/ als er einen Mann zu Pferd hinter ihm herkom̃en sahe/ weil er nun gantz allein/ hoffete er einen Gefaͤhrten an diesem zu erlan- gen/ dannenhero hielte er sein Pferd/ und ritte sacht- muͤthig/ biß Jener zu ihm kam/ sie gruͤsseten einander hoͤflich/ und weil dieser Mann/ als ein Teutscher Kauff- mann/ der in seinen Geschaͤfften an verschiedenen Or- ten in Jtalien gewesen/ auch nach Mantua gedachte/ hielten sie sich zusammen/ und weil es schon spaͤth in den Tag hinein/ hatten sie gnug zu thun/ daß sie den Po -Fluß passi rten/ da sie an der andern Seiten sich in eine Herberge legeten/ und ihnen etwas zu essen lan- gen liessen. Uber der Mahlzeit discurri rten sie von den Academi en/ oder hohen Schulen/ und als der Kauff- mann bemuͤhet war/ zu erweisen/ daß die Teutschen weit mehr auf die Wissenschafften spendi rten/ als die Jtaliaͤner/ indem sie so viel Academi en aufgerichtet haͤtten/ da bezeugete ihm hingegen Cavina, ob es gleich auch Jtalien an wol-bestelleten Academi en nicht er- mangele/ so glaube er doch/ daß seine Lands-Leute ein weit mehrers auf schoͤne Wissenschafften/ Bibliothe - ken/ und Kunst- oder außlaͤndische Rarit aͤten-Kam- mern/ spendi rten/ als die Teutschen. Was die Kunst- Kammern Romans I. Buch. Kammern curieus er und wolhabender Leute anlan- get/ sprach der Kauffmann/ habe ich allemahl ein son- derbares Belieben getragen/ solche genau zu besichti- gen/ moͤchte aber wol wissen/ wo man die Schoͤnsten anzutreffen haͤtte. Anjetzo ertheilete ihm Cavina diese Antwort: Mein Freund/ darvon wil ich euch ein gan- tzes Register geben/ inmassen ich mich sonderlich be- muͤhet/ die principal esten Kunst-Kammern von Eu- ropa aufzuzeichnen/ um dieselbe/ wofern es mir die Gelegenheit etwa dermahleins goͤnnen moͤchte/ in Person zu besichtigen. Die Oerter/ darinn man solche schoͤne Sachen finden wil/ seynd nachfolgende: Jn der Jnful Maltha ist die Kunst- und Rarit aͤten-Kam̃er deß Herꝛn Fran- cisci Habelæ, Ritters und Vice -Cantzlers/ eines sehr fleissigen Antiquarii, auch wol-beguͤterten und curieu- s en Mannes/ so ums Jahr 1630. daselbst residi ret. Jm Koͤnigreich Sicilien zu Messina deß weit-be- ruͤhmten Medici, Petri Castelli. Zu Neapolis in Campani en/ deß Fuͤrsten Tiberii Caraffæ, Vincentii Cioffi Marii Scipiani, und sonderlich Ferrantis Imperati. Zu Rom deß Guilandini, Francisci Angeloni und Thomæ Aldini, vorauß aber deß hoͤchst-begabten/ und denen Gelehrten sehr affectioni rten/ Edlen Herꝛn Cassiani à Puteo, Francisci Gualdii, wie nicht minder deß Welt-bekandten Athanasii Kircheri, und am aller- meisten in dem allerpraͤchtigsten Pallast und Lust- Garten deß Cardinals Barberini Cæsii, der Burg Hesiorum, Farnesiorum, welche der Farnesiorum koͤst- liche Gaͤrten/ vor diesem Palatini genennet worden sind. Item, der Mathæjorum, Maffæorum, Ludovi- siorum, und vieler anderer. Zu Pisa, das Rarit aͤten-Gewoͤlbe/ oder Porticum der Deß Academi schen der Medicini schen Facult aͤt/ dero zu Gefallen im uͤbri- gen auch/ und zu desto besserer Aufnahm deß Studii daselbst/ sonderlich ein bequemer Garten/ mit darzu gehoͤrigen jaͤhrlichen Unterhaltungs-Kosten/ vom Groß-Hertzogen Ferdinando Medices, darbey ver- ordnet ist. Und zu Florentz selbst das Gazophylacium deß Fuͤrsten/ von grosser Kostbarkeit/ Menge und Kunst darinn enthaltener Dinge. Wie sonderlich dann in dem ausser der Stadt nicht weit abgelegenen Lust- Hof der Groß-Hertzogen/ genannt Pratolino, die gar admirabl en Ergoͤtzlichkeiten und Pracht/ an allen erdencklichen Fuͤrstlichen Curiosit aͤten/ fast nirgend auf Erden ihres gleichen haben/ und etlicher massen von Johann Sommern/ groͤssern Theils aber von Johann Heinrich Pflaumern/ und am allerumstaͤnd- lichsten in einem absonderlichen Jtaliaͤnischen kleinen Tractat, von Francisco Vieri, nach der Ordnung be- schrieben werden. Zu Bononi en das Cabinet eines dem Augustiner- Orden zugethanen Antiquit aͤten Liebhabers/ Angeli Aprosii Ventimiglia, und sonderlich deß in offentli- chem vielfaͤltigem Druck hochberuͤhmten/ und in Er- forsch- und Colligi rung natuͤrlicher Dinge biß auf sein Alter/ ja fast biß in sein aͤusserstes Armuth und Tod unersaͤttlichen Medici, Ulyssis Aldrovandi. Zu Mantua das Museum deß Fuͤrsten Ferdinan- di Gonzagæ. Zu Veron der Edlen von Musellis, Francisci Cal- ceolarii, weyland eines fuͤrnehmen Apotheckers da- selbst/ und Ludovici Mascardi, gleichfalls eines An- sehnlichen und Gelehrten von Adel/ und Academici Philarmonici, der sein Museum, reich an trefflichen Antiquit aͤten/ Kunst-Stuͤcken/ und vielerley Gaben der Romans I. Buch. der Natur/ in seiner Mutter-Sprache selbst beschrie- ben/ und Hertzog Frantzen von Modena dedici rt. Wie nicht minder zu Venedig so mancher Fuͤr- tresflicher von Adel und Senator en/ benahmentlich Andr. Vendrameni, Joh. Grimani Rosini, Joh. Franc. Lorendani, \&c. und den Schatz der gantzen Serenissi- m en Republicq, der in der Basilica zu S. Marco befind- lich/ vor Alters grossen Theils von Stamato, einem Griechen auß Candia buͤrtig/ durch offt-widerholten/ arglistigen/ naͤchtlichen Einbruch entfuͤhret/ doch wie- der bekommen/ und biß anhero um so viel vester ver- wahret/ zum oͤfftersten den Fremden gezeiget/ und nicht ohne hoͤchstes Verwundern gesehen wird. Zu Padua, deß Aloysii Coradini, JCti, und Pan- dectarum Lectoris daselbst/ Speroni Speronii, Marci Mantuæ Bena Vidii, Ursati ab Ursatis, Sertorii Ursati. deß beruͤhmten Medici, Johann Dominici Salæ, Ed- mundi Bruzi, \&c. Und zu Milan, oder Maͤyland/ deß Edlen Herꝛn Manfredi Septalæ, Canonici daselbst/ von dessen gar koͤstlicher Gallerie vor weniger Zeit in Jtaliaͤnischer Sprache eine umstaͤndliche Beschrei- bung in Druck gegangen. Ferner zu Jnspruck/ der uͤberauß lustig-gelege- nen schoͤnen Haupt-Stadt in Tyrol/ der Durch- leuchtigsten Ertz-Hertzogen von Oesterreich/ woselbst dann ausser den trefflichen Lust-Garten/ Kunst- und Silber-Kam̃er/ Schatz-Gewoͤlbe/ Bibliothek, Ruͤst- Kammer/ \&c. auf oͤffentlicher Strassen in der Stadt/ unten an der aͤusserlichen Wand eines Hauses/ zu se- hen ist ein abhaͤngend/ von gediegenem feinem Gold gemachtes Daͤchlein/ und ausser dem Thor/ unweit darvon/ bey einem Dorff/ oben an den hohen spitzigen Bergen/ der gefaͤhrliche Ort und Klippe/ da weyland der Loͤbl. Ertz-Hertzog Maximilian sich auf der Gem- sen- Deß Academi schen sen-Jagd verstiegen/ welcher Ort hernachmahls mit Hinsetzung eines Crucifixes von 40. Fuß zu ewigem Angedencken bemercket/ und auf dem Titul-Blatt eines curieus en Tract aͤtleins D. Georgii Hieronymi Velschii, Augspurgischen Medici, in Kupffer-Stuͤck gar klein/ doch sehr wol und accurat præsenti ret ist. Zu Wien in Oesterreich/ der Allergroßmaͤchtig- sten Roͤmischen Kaͤyser/ derer Schaͤtze und kostbarste Rarit aͤten taͤglich mehr und mehr vermehret werden. Zu Breßlau/ oder der Haupt-Stadt Schlesiens/ ein und andere Rarit aͤten-Gemaͤcher und Scrinia cu- rieus er Medicorum und Apotheker/ benamentlich deß seel. D. Laureæ, dessen Rariora Exotica und schoͤne Bi- bliothek noch heutiges Tages bey den Herꝛn Voll- gnaden gar sauber und in gutem Esse erhalten wer- den. D. Laurentii Scholtzii, der sonderlich in Schriff- ten/ und wegen seines Gartens beruͤhmt. Herꝛn Ca- lenbergers/ oder seel. Herꝛn Jacob Krusens/ deme der Sinn-reiche Andr. Gryphius die Materie zum Buch/ de Mumiis Vratislaviensibus, hat zu dancken/ wiewol nicht alles unwidersprechlich ist/ was er darinn setzet. Zu Prag/ der vorigen Kaͤyser und Koͤnige in Boͤhmen. Woselbst die vor Alters befindliche herꝛ- liche Bibliothec, nebst der Heydelbergischen/ sind gleichsam die Massa gewesen/ auß welcher die Jetzige im Vatican zu Rom gebildet. Zu Nuͤrnberg/ in der viel-belobten Reichs-Stadt/ deß D. Michael Rupert Beßlers/ weyland Physici da- selbst/ welcher auch einen Theil seiner Rarit aͤten auf eigene Unkosten/ in 35. Kupffer-Platten in Median, der Welt vor Augen geleget/ die biß dato einen ge- schickten Interpretem beduͤrffen/ und inzwischen gnug- sam erweisen/ welcher Gestalt gemelten Autoris Cu- riosit aͤt sonder Zweiffel ein weit Mehres mag haben im Romans I. Buch. im Hinterhalt gehabt. Und ist von Nuͤrnberg bey- laͤufftig auch diß nicht unannehmlich in Erinnerung zu ziehen/ das Wahrzeichen der Stadt/ ein in Stein gehauener Ochs/ uͤber der Pforte deß Fleisch-Hauses. Jn welches Ansehung der Glorwuͤrdige Koͤnig in Schweden/ der Grosse Gustav, einmahl im vorbey- Reiten ein wenig still gehalten/ und nicht ohne merck- same Ergoͤtzung/ darbey gefuͤgetes Hypogramma gantz außgelesen: Omnia habent Ortus, suaque Incrementa; sed ecce! Quem cernis, nunquam, Bos, fuit, hic Vitulus. Zu Muͤnchen in Baͤyern/ in dem daselbst befind- lichen allerpraͤchtigsten Schloß/ als in Teutschland zu finden ist/ die Rarit aͤten der Durchleuchtigsten Chur-Fuͤrsten von Baͤyern. Zu Zuͤrch ( Tiguri, ) in der Schweitz/ deß be- ruͤhmt und uͤberfleissigen Gesneri. Zu Basel/ deß Plateri, welchen deßwegen Marti- nus Schookius, Professor zu Groͤningen/ Medicum Summum, \& Naturæ Ruspatorem Diligentissimum, das ist/ einen allerfuͤrtrefflichsten Artzt/ und fleissigsten Durchwuͤhler oder Durchsucher der Natur/ nennet. Zu Straßburg/ in Elsaß/ im Barfuͤsser-Kloster. Zu Stuttgardt/ im Wuͤrtemberger-Land/ der Herren Hertzogen daselbst. Zu Ulm/ Herꝛn Christoph Weickmanns/ deß Geheimen Raths/ ꝛc. rare Kunst- und Natural -Kam- mer/ dero Beschreibung er selbst A. 1659. in Druck herauß gegeben/ so aber anjetzo/ nach seinem seel. Hin- tritt/ auß gewissen Ursachen/ von wenigen gesehen wird. Zu Hanau/ (nahe bey Franckfurt/) Herꝛn Fri- derich Casimirs/ Grafen zu Hanau. Zu Leipzig/ weyland Herꝛn D. Eliæ Sigismundi Rein- Deß Academi schen Reinhards/ hoch- meriti rten/ Treu-eyferigen Superin- tendent en daselbst. Herꝛn Burgermeisters und zu- gleich Chur-Saͤchsischen Raths/ Herꝛn Christian Lo- rentzen/ und Herꝛn D. Bosens/ gleichfalls fuͤrnehmen Theologi deß Orts. Zu Dreßden auf dem Stall/ der Chur-Fuͤrsten von Sachsen. Zu Berlin/ oder Coͤlln/ deß Chur-Fuͤrsten zu Brandenburg/ dessen Rarit aͤten aber vor etlichen Jahren in klaͤglicher Fcuers-Brunst grossen Scha- den gelitten. Zu Magdeburg/ Herꝛn Burgermeister Otto Guerikens/ so neulich in Hamburg gestorben/ wiewol dessen Recipient en/ Lufftzieher/ und Tubuli, ledige Heb-Kugeln/ Electri sche Kugel/ Vorspiel eines Per- petui Mobilis, Aëroscopia, und andere curieus e Dinge mehr/ (deren groͤsten Theil er dem arbeitsamen Wuͤrtzburgischen Jesuiten/ P. Casparo Schotten/ in Schrifften bekandt zu machen vergoͤnnet/) mehr ad Experimenta sumptuosa, als spontè obvenientia; Mehr ad Cornu Copiæ, aliquod Rerum Artificialium, als Sylvam aliquam Sylvarum Verulamii, oder dessen fuͤrnehmsten Einhalts; Jch sage mehr ad Mechani- cam, Magneticam, Pnevmaticam und Hydraulicam, als solam Physicam gehoͤren/ und deßwegen bey an- derer Gelegenheit etwan um so viel umstaͤndlicher in Consideration zu ziehen sind. Zu Hildesheim/ das Cabinet, Dactylothecam, und andere Scrinia, Herꝛn D. Friderich Lachmunds/ Medici Ordinarii daselbst/ als welcher mit eigenen Kosten und grossem Fleiß vor ohngefaͤhr 15. oder 18. Jahren in den fuͤrnehmsten Orten Jtaliens/ sonder- lich und zuforderst aber zu Venedig/ Florentz/ Neapo- lis und Rom/ mancherley feine Antiquit aͤten und Na - turalia Romans I. Buch. turalia Selectoria ihm colligi ret/ dann nachgehends auch/ als ein getreuer Plinius, den Bezirck erwehnten seines Vatterlandes fast unablaͤssig und gar genau durchsuchet/ und der Posterit aͤt hierdurch zu dienen/ gleich wie vor wenigen Jahren nunmehr die um sein Hildesheim und an dem Hartz befindliche Fossilia in ein gewisses Verzeichnuͤß gebracht/ also kuͤnfftig auch einen Catalogum Subterraneorum ad Lap. Judaicum Spectantium, ruͤhmlich gesonnen ist zu edi ren. Zu Sachsen-Lauenburg an der Elbe/ den in dem Schloß stehenden Rarit aͤten-Schranck deß Hertzo- gen/ woselbst auch unterschiedliche von Helffenbein schoͤn-und subtil -gedrehete Kunst-Stuͤcke zu sehen/ von einem blinden oder tauben Meister/ welches um so viel mehr zu verwundern ist/ gemacht. Und zu Gottorff vorauß die treffliche viel-belobte Kunst Kammer deß Durchl. Regierenden Hertzogen von Hollstein/ \&c. Hertzogen Christian Albrechts/ welche vor vielen Jahren schon/ durch hoch-ruͤhmliche Spes en seines Durchl. Herꝛn Vatters/ Hertzog Fri- derichs/ Christ-milder Gedaͤchtnuͤß/ ansehnlich gnug/ und mit darzu erkaufften Antiquit aͤten/ und schoͤnen Naturali en-Kammern Bernh. Paludani, weyland fuͤr- nehmen Medici zu Enckhusen/ und dann fuͤrter von Zeiten zu Zeiten vermehret/ nunmehro zum dritten oder mehren mahl eine neue Disposition erfordert/ und A. 1666. zwar etlicher Massen in einer absonder- lichen gelehrten Teutschen Schrifft von dem Welt- beruͤhmt-ja fast ein groͤssers Theil der Welt in eige- ner Person umgefahrnen Herꝛn/ Adamo Oleario, er- oͤffnet worden/ als welcher derselben Kunst-Kam̃er/ zusamt der koͤstlichen Bibliothec, grosser Metallenen Sphæræ Armillari Copernicanæ, und deme nicht weit darvon befindlichen admirabl en/ kuͤnstlichen/ grossen/ E von Deß Academi schen von Wasser getriebenen Erd- und Himmels- Globo, biß auf sein graues Alter nun eine geraume Zeit mit grossein Nutzen und Ruhm vorgestanden; Aber vollends und um so viel mehr gantz umstaͤndlich von Stuͤck zu Stuͤck gelehrter Welt vorgestellet worden waͤre/ so fern ihm/ wie zu hoffen und zu wuͤnschen/ der Hoͤchste sein Leben noch laͤnger fristen wollen. Ferner/ zu Coppenhagen in Daͤnnemarck/ deß Glorwuͤrdigst-Loͤblichst- und grosser Geheimnuͤsse der Natur hoch-erfahrnesten Koͤnigs Friderici III. dessen fast-unvergleichliche Kunst-und Schatz-Kam- mer/ wo nicht ihren Anfang/ doch mercklichen Wachs- thum genommen/ durch geschehene Hinzufuͤgung der schoͤnen Rarit aͤten D. Olai Wormii, gewesenen Koͤnigl. Professoris daselbst/ die er mit grosser Sorgfalt colli- gi ret/ hernachmahls gar accurat, A. 1655. beschrie- ben/ und von seinem Sohn Wilhelm an Jhro Koͤ- nigl. Maj. dedici ret. Jngleichem von Privat -Perso- nen/ das Museum Petri Charisii, mit dem Licetus zu Padua in Antiquit aͤt-Sachen correspondi ret/ und deß hoch-begabten/ Welt-beruffenen Herꝛn Thomæ Bar- tholini, der zwar nicht alle seine/ jedoch meistentheils zur Anatomie gehoͤrige gar nachdenckliche Curiosit aͤ- ten an einem Ort selbst erzehlet. Sonderlich aber deß weyland nunmehr auch sehr schaͤtzbaren Medici, D. Henrici Fuirenii, welcher als ein Valetudinarius meistentheils und fuͤr sich wol beguͤtert/ nicht noͤthig gehabt/ die beste Zeit seines Lebens in oͤffentlichem Amt/ oder beschwerlicher Praxi Medica hinzubringen/ und vielmehr vor tausend andern Medicis in der Welt von GOtt das hoch- desiderable Gluͤck gehabt/ in taͤglicher Conversation mit den fuͤrtrefflichsten ge- lehrten Maͤnnern und Kuͤnstlern/ auch erheischender Gelegenheit nach/ unter so manchen schoͤnen Experi - ment en/ Romans I. Buch. ment en/ seinen gelehrten Speculationibus nach freyem Belieben nachhaͤngend/ gleichsam ein im̃er-gruͤnen- des Paradieß der Kunst und Natur vor Augen und Gemuͤth zu sehen; Und ligende also in der allerhold- seeligsten Musen-Schoß/ ein koͤstlich Museum, dessen Verzeichnuͤß A. 1663. gedruckt/ gestifftet/ welches er hernach bey Erb-losem seel. Hintritt/ dem Anatomie - Hauß in der Koͤnigl. Universit aͤt deß Orts/ wie auch seine uͤbrige Barschafft ad pias Causas legi rt/ und sol- cher Gestalt als ein rechtschaffener/ gelehrter/ wei- ser Mann/ und guter Christ/ sein ruͤhmlich-gefuͤhrtes Leben zu treuem Angedencken der Nach-Welt/ auch nach sich immortalisi ret. Auf der Uranienburg/ (gleichfalls in Daͤnne- marck/) das Museum und die Observatoria deß Welt- beruͤhmten Tichonis de Brahe, wiewol solches mehr wegen kuͤnstlicher Mathemati schen Instrument en und schoͤner Structur, als blosser Natural -Sachen/ be- ruͤhmt. Zu Amsterdam hingegen/ und um so viel mehr/ so manche koͤstliche Cabinette und Rarit aͤten-Gemaͤ- cher unterschiedener theils hoch-gelehrten Maͤnner/ Apotheker und Materialist en/ theils sonst beguͤterter fuͤrnehmer Leute. Zu Leyden/ das mit curieus - und außlaͤndischen Dingen gezierete Ambulacrum deß Medicini schen Gartens bey der Universit aͤt. Und zu Enckhusen das Museum vorhin gedach- ten fuͤrtrefflichen Medici Paludani, als welcher durch Antrieb angebohrner hitzigen Liebe/ zu gruͤndlicher Erforschung der Wunder-Thaten der Natur/ nicht allein viel schoͤne Plaͤtze Europæ durchsuchet/ sondern biß in Eaypten/ und andere Australi sche/ auch Orien- tali sche Orte der Welt/ durchwandert. E 2 Nicht Deß Academi schen Nicht minder zu Pariß/ oder viel besser zu reden/ in der kleinen Welt der Kron Franckreichs/ das koͤst- liche Conclave deß Cardinal Richelieu, und eines rei- chen Kauffmanns daselbst/ genennet Prete Segle. Zu Arle, Aix, oder Aquis Sextiis, (in der Pro- vence, ) deß Hoch-Edlen/ hoch-begabt- und Koͤnigl. Senatoris daselbst/ Herꝛn Nicolai Claudii Fabricii Peireskii. Zu Mompellier, (in Languedock, ) weyland ei- nes fuͤrnehmen Medici, Jauberti, wie auch nach ihm eines Apothekers daselbst/ Laurentii Catellani, auß dessen Museo aber nach seinem Tod die Sachen meist distrahi ret worden. Und dann zu Poictiers, oder Pictaviâ, in der Graf- schafft dieses Namens/ das schoͤne Gazophylacium, gleichfalls eines Apothekers/ Pauli Contanti; Wie dann diese Standes-Leute/ nebst den Materialist en/ so sonst Aromatarii, Simplicist en/ (zum Theil auch Se- plasiarii genennet werden/) hierzu die beste Gelegen- heit/ wegen ihrer Handlung/ und gemeiniglich beste Unkosten haben. Item, es gedencket der Edle Herꝛ/ D. Sachsius, ei- nes Engellaͤnders/ genannt Herꝛ von Forges, Amphi- Theatri Naturæ, so A. 1651. mit hoͤchster Gemuͤths- Lust zu Leipzig soll zu sehen gewesen/ dann nach Ham- burg/ unwissend aber/ wo weiter hin/ und ob wieder nach Engelland/ verfuͤhret worden seyn. Es ist aber unmoͤglich/ alle andere (noch mehrere/) Rarit aͤten/ Kunst-Kam̃ern/ Musea, \&c. nach der Ord- nung nahmhafftig zu machen/ die im uͤbrigen noch hin und wieder in Landschafft-und Staͤdten der alten fuͤnff-theiligen Welt/ bey so wol Koͤnigen/ Chur- Fuͤrften/ Cardinaͤlen/ Ertz-und Bischoͤffen/ Fuͤrsten/ Grafen/ Freyherren/ Rittern/ Staͤdt- und andern Staͤnden/ Romans I. Buch. Staͤnden/ als absonderlich auch unterschiedenen Ed- len und Unedlen/ Geist- und Weltlichen/ Gelehrt- und halb-Gelehrten/ Kaussleuten/ Burgern/ und an- dern Privat -Personen/ befindlich sind/ angefuͤllet mit so mancherley Berg-Art-und Ertzen/ Corallen/ und was darvon gemacht/ seltzam gebildet oder formi rten Steinen und Edelgesteinen/ so theils roh/ theils schoͤn geschliffen/ poli rt/ außgegraben/ und eingefasset; Rar - und curieus en Stuͤcken Agtstein/ in haͤrtesten Stein unter der Erden verwandelten/ wol hunderterley Art/ Coͤrpern; Außlaͤndischen Baͤum- und Fruͤchten/ Samen/ Zweigen/ Hoͤltzern/ Wurtzeln; Fremden/ theils durchgetrocknet-theils außgestopfften Thieren/ auch dero Sceletis, oder etlichen von dero Gliedern; Ungeheuren und seltzamen Meer-Wundern/ See- Fischen und Muschel-Werck; Schwaͤmmen/ Voͤ- geln/ dero Klauen/ Koͤpffen und Federn; Sonderba- ren Gebuhrt- und Mißgebuhrten; Jn Bergen und Sand gefundenen Riesen-Schaͤdeln/ Zaͤhn- und Ribben; Egyptischen Mumi en/ und bedencklichen Si- gillis darauß; Oder auf neue Art balsami rten Coͤr- pern; Uhr-alten Urnis, auß Heydnischen Graͤbern/ Thraͤnen-Glaͤsern/ und ruckstaͤndigen Lampen/ die viel hundert Jahr/ ohne Zuthuung einigen Oehls/ unter der Erden in Gruͤfften gebrennet; Statu en/ und außgehauenen/ gegossen- oder kuͤnstlich-geschnitzten kleinen Bildern; Alten Griechischen/ und sonst fuͤr- trefflichen Europæi schen Gemaͤhlden/ Tafeln von schoͤnstem poli rten Marmor, oder auch wundersam zusam̃en gesetzter Mosai scher Arbeit; Inscription en/ Medagli en/ und andern dergleichen Antiquit aͤten; Papier und Buͤchern/ auß heutiges Tages gantz un- gewoͤhnlicher Materie; Geschirren/ Messern/ Waf- fen/ Geschmeiden und Kleinodien; Kuͤnstlich-ge- E 3 wuͤrckten Deß Academi schen wuͤrckten Tapeten/ fremden Trachten; Uhrwercken/ Musicali schen Instrument en/ Machinulis und Model - len; Brenn und Reflexion -Glaͤsern/ gegossenen schoͤ- nen Spiegeln/ und anderer zur Optica gehoͤrigen Cu- riosit aͤt/ auch Chymi schen Geheimnuͤssen/ und vielen andern Experimental - und Kunst-Stuͤcken mehr. Derg eichen Rarit aͤten-Gemaͤcher denen Liebhabern/ die etwa nicht wol bemittelt/ und deßwegen nicht fuͤg- lich in fremden Landen/ die Gebuhrts- und Ruh- Stadt dero durch die Welt ungleich-außgetheileten Schaͤtze der Natur/ persoͤnlich oder selbst in Augen- schein nehmen koͤnnen/ zu besehen/ sehr nutzlich und bequem; Ja/ es sind solche zu Philosophi scher Be- lustigung gemeynete Musea etlicher Massen schon vor Alters im Gebrauch gewesen/ oder die und jene Rariora zum wenigsten in Bibliotheken aufgehaben worden/ dessen Exempel gewesen ein Wunder-seltza- mer Drachen-Darm/ 120. Schuhe lang/ in der weit- und breit-beruͤhmten/ hoch schaͤtzbaren/ aber in klaͤg- lichem Rauch hernach aufgegangenen Bibliothek zu Alt-Byzanz/ auf welchem gar kuͤnstlich das Poëma Homeri mit guͤldenen Buchstaben soll geschrieben gewesen seyn/ und ist sonderlich vom Kaͤyser Augusto auß dem Suetonio bekandt/ daß er seinen Pallast aus- ser der Stadt/ oder sein Prætorium, nicht so wol mit kostbaren Statu en und Gemaͤhlden/ als aͤusserlich mit Buschwerck und Schatten-Gaͤngen/ inwendig aber mit Koͤpffen und andern Gliedmassen ungeheurer grosser Thiere/ Riesen-Gebeinen/ Waffen der Uhr- alten Helden/ und andern nachdencklichen Dingen von Alter und Rarit aͤt/ außgezieret gehabt habe/ da hingegen von andern zu Rom/ zu deß erwehnten Au- gusti Zeit/ oder nachgeherds/ gewisse ansehnliche Pi- nacothecæ, Gallereyen und Repositoria gestifftet/ und darinn Romans I. Buch. darinn allerhand koͤstliche Gemaͤhlde/ Tafeln/ Sta- tu en/ kuͤnstliches Silberwerck/ schoͤne Decken/ Klei- der/ Signa, und andere Galantereyen/ zur Pracht/ zu Denck-wuͤrdigem Beybehalten der Antiquit aͤt/ und zu Belustigung curieus er Gemuͤther/ mit Fleiß sind asservi ret worden. Hiermit beschlosse Cavina seinen Discurs, der Teutsche Kauffmann aber sagte: Jhr habt mir zwar/ mein Herꝛ/ dessen ich euch hertzlichen Danck weiß/ ei- ne gute Verzeichnung sothaner Kunst-Kammern ge- geben/ unter welche ich aber meines Erachtens mit hoͤchstem Fug zehlen koͤnte/ die Rarit aͤten-Kam̃er deß Edlen Herꝛn Michaelis Bertoldi de Gileno, eines be- ruͤhmten Medici und fuͤrtrefflichen Chymici zu Haar- burg/ und dann gerade gegen diesem Ort uͤber/ nem- lich zu Hamburg/ das uͤberauß koͤstliche und Preiß- wuͤrdige Nummophylacium Lüderianum, oder die wol-versehene Medaill en-Kammer derer vom Ge- schlechte Luͤders/ die wol/ was rare Schau-Pfenninge belanget/ ihres Gleichen wenige hat/ als darinn 568. guͤldene/ 5328. silberne/ und 2599. kupfferne rare Me- daill en zu finden sind/ welche eine Sum̃a von 8492. Pfenningen außmachen. Cavina merckete wol/ daß der Kauffmann in sei- ner Jugend sich muͤsse auf die Studia geleget haben/ inmassen es derselbe mercklich blicken ließ/ dañenhero vertieffeten sie sich weiter in ihrem Discurs, und kamen auf sonderbare Collegia fleissiger und kluger gelehr- ter Leute/ welche hin und wieder in Europa aufgerich- tet worden/ oder von sich selber zusammen geschlagen haͤtten. Das VII Capitul/ Allhier werden die beruͤhmteste sonderbare Collegia gelehr- ter Leute in Europa/ fuͤrnemlich aber in Jtalien/ eingefuͤhret. E 4 Damit Deß Academi schen D Amit aber der Kauffmann mercken ließ/ was er in dieser curieus en Materie sein Lebtage ange- mercket hatte/ ließ er sich in folgenden Discurs anjetzo herauß: Es ist unmoͤglich/ daß ein Jeder alle Bibliotheken/ Academi en und Kunst-Kammern be- sehen oder besuchen koͤnne/ dannenhero haben uͤber dem/ um die Schaͤtze der Natur zu erforschen/ und guten Theils darvon frey und ungehindert zu Philo- sophi ren/ oder auch sonst die gewoͤhnliche Mutter- Sprachen zur Perfection zu bringen/ in Musicali scher Lust/ Virtueus en Discurs en und Action en/ Historien/ guter Beredtsamkeit/ \&c. sich zu uͤben/ gleichwie in Franckreich das gelehrte Collegium, genennet la Con- ference, und in Teutschland die Hoch-Edle A. 1617. gestisstete Frucht-bringende Gesellschafft/ als sonder- lich/ ja uhrspruͤnglich/ oder kurtz vor diesen/ zu unserer Zeit bey Hoch-Edlen/ Edlen/ hoch-gelehrt-ja theils Fuͤrstl. Personen/ Senator en und Estats-Leuten in Jtalien/ gewisse Societ aͤten sich entsponnen/ in wel- chen/ was etwa einem Mitglied/ Zeit waͤhrender Collation, von vorgenommener Materie nicht bey- fallen moͤchte/ von dem Andern/ Dritten/ \&c. eroͤrtert wird/ und ein Jeder sein Befinden und Experience darbey in vergnuͤglichster Freund-Willigkeit beyfuͤ- get; Welches heutiges Tages in kochender Grund- Suppe der Welt von mißguͤnstigen Ignorant en nur geneydet und verfolget/ von Hochtrabenden andern aber/ und welche den allerwenigsten Theil der Himm- lischen Suͤssigkeit deß warhafftigen Philosophi rens nie geschmecket/ hoͤhnisch gehalten/ und wol fuͤr Schulfuͤchserey gelaͤstert wird. Jmmittelst haben die ihnen gelassene/ Lehr- suchende Gesellschaffter/ in Jtalien um und an/ zu Bestaͤrckung ihrer Lob-wuͤrdigen Verbuͤndnuͤssen unter Romans I. Buch. unter sich/ und zum Unterscheid vom gemeinen Poͤbel/ oder Mercenariis Philosophis ac Medicis, die nur um blossen Gewinn/ unter der aͤusserlichen Larve ver- meynter Wissenschafft ihr Wesen treiben/ im uͤbri- gen ihnen belieben lassen/ solche ihre Societ aͤten/ so sie Academi en nennen/ gleichwie mit gewissen weit bes- sern Tituln zu belegen/ also ein Sinn-reiches Emble- ma und na ch dencklichen Wahl-Spruch darbey zu erkiesen. Solche Academi en benamentlich waren eine Zeitlang/ oder sind noch/ De gli Accensi zu Sena; De gli Affidati zu Pavie, oder Ticino; Anhelantium oder Aspirantium zu Padua; Apathistarum zu Flo- rentz/ derer Mitglied der beruͤhmte Medicus, Joh. Nardius, gewesen/ dessen gar curieuse Tract aͤtlein/ de duplici Calore, Noctes Geniales, de Igne Subterraneo, de Lacte, de Rore, in oͤffentlichen Druck gelanget. De gli Ardenti zu Neapolis, deren Mitglied einer/ Namens Academicus Ardens Æthereus, sonst der Pro- fession ein Casines er-Moͤnch/ in seiner Sprache gar fleissig und fein von Edelgesteinen geschrieben. De gli Auvalorati zu Sena, also tituli ret von dem Wort Valore, das ist/ Krafft/ Staͤrcke und Bestaͤn- digkeit/ (in Tugend und Wissenschafften/) dero zum Zeichen sie einen Eich-Baum fuͤhren/ mit dieser Uber- schrifft: Adversantibus Invalescit! und sol- ches darum/ alldieweil solche Societ aͤt daselbst/ nahe an Sena, auf einem lustigen Vorwerck Matthæi Ami- dei, la Quercia Grossa, oder zur grossen Eyche genen- net/ ihren Ursprung genommen/ wie jetzt-gedachter Amideus, ein Apotheker oder Speciarius selbigen Orts/ doch von fuͤrnehmerer Extraction, mit Umstaͤn- den selbst berichtet. Clavigerorum, an einem Ort in der Lombardie. Constantium zu Verona und Padua, woselbst diese Gesellschafft schon A. 1556. aufgerichtet worden ist. E 5 Degli Deß Academi schen De gli Cortesii zu Sena, della Crusca zu Florentz/ De gli Desidiosi zu Sena, De gli Eccitati in der gar alten Stadt Ravenna; Elevatorum zu Padua; Errantium zu Neapolis De gli Eterei, und Furfuriariorum zu Florentz. Humoristarum, (oder der Befeuchtenden/) zu Rom/ fuͤhrenden zum Sinn-Bild/ einen herab fallen- den Regen/ auß den Wolcken/ so von der See entstan- den/ mit dieser Uberschrifft: Redit Agmine Dulci. Illustrium in Casale, in der Lombardie; Imma- turorum zu Padua; Incognitorum zu Venedig/ wor- innen der Welt-bekandt- und hoch-begabte Herꝛ Jo- hann Franciscus Loredan, fuͤrnehmer Senator der Respublic, gewesen. Indomitorum zu Bononien; De gli Ineguali zu Florentz; Inflammatorum zu Padua; Informium zu Ravenna; Inquietorum an einem andern Ort Jta- liens De gli Instancabili zu Venedig; Intentorum zu Meyland. Intrepidorum zu Ferrara, derer Sinn-Bild eine Buchdrucker-Bresse/ mit diesem Denck-Spruch: Premat Dum Imprimat! De gli Intronati zu Sena, von deren Collegio und Gebraͤuchen Herꝛ D. Sachsius umstaͤndlich handelt/ und derer Sinn-Bild ein außgehoͤhleter Kuͤrbs/ wor- innen die Bauren Saltz enthalten/ mit dieser Bey- schrifft: Meliora Latent! De gli Invaghiti zu Mantua; Sonderlich aber der Lynceorum zu Rom/ welche Academie daselbst von dem hoch-begabten Fuͤrsten Friderico Cæsio ge- stifftet/ und von den erleuchtesten Ingeniis und besten Professoribus in allen Wissenschafften und Facult aͤ- ten/ außgenommen Theologis, jederzeit frequenti ret/ zum Sinn-Bild traͤget einen in Porphyr gegrabenen Luchs/ Romans I. Buch. Luchs/ anzuzeigen/ die Scharffsinnigkeit der Gemuͤ- ther/ viel verborgene Dinge in dem Abgrund der Na- tur zu erblicken/ und getreulich der Welt darzuthun; Als auch benamentlich gedachter Fuͤrst Cæsius in Phi- losophicis, Galilæus à Galilæis in Astronomicis, und der hoch-gebohrne sehr curieuse Fabius Columna gleichfalls in Physiognomicis viel gethan; Item, in Zoologicis, durch Beschreibung etlicher Merck-wuͤr- digsten Thiere/ zu Land und Wasser; Worunter er auch noch absonderlich ein klein Tract aͤtlein von der Purpur- und andern darzu gehoͤrigen Schnecken- Arten/ Glossopetris, oder (dem Ansehen nach/) in Stein verwandelten Malthesichen Schlangen-Zun- gen/ samt ihrer Minerâ, oder Terra di San Paolo, und andern dergleichen Curiosit aͤten mehr/ zu Rom ver- fertiget. Ferner/ die Academie der Nobilium zu Bo- nonien; Dero in Venedig hell-leuchtenden della Notte, und dero/ dem Namen nach/ Occultorum zu Brescia; Olympicorum zu Vicentz und Verona; Ociosorum zu Neapolis; Obtusorum zu Spoleto; Academicorum della Penna zu Bergamo; Peregrino- rum zu Florentz und Venedig; Philarmonicorum zu Vicentz/ oder vielmehr zu Verona, woselbst der Edle Herꝛ Ludovicus Mascardi ein Mitglied gewesen/ als oben bereit/ bey Benennung etlicher Kunst-Kam- mern deß Orts/ Meldung geschehen. Die Gesellschafft della Pittura zu Florentz; De gli Refloridi zu Verona; De gli Ricoverati zu Padua; De gli Rifioriti zu Vicentz; Serenorum zu Neapolis. Sitientium zu Padua, oder Bononien/ woselbst diese Academie mehr sich auf Juristi sche Sachen/ als etwa Philosophiam Naturalem, beziehend/ fuͤhret den Helicon, mit dessen Castali schem Brunn zum Wap- pen/ und folgende Uberschrifft: Non Diu Sitient Sitientes. Solli- Deß Academi schen Sollicitorum zu Trevisi; Sperantium zu Padua, und Este, in der Lombardie; De gli Suegliati, an ei- nem andern Jtaliaͤnischen Revier; Temperatorum zu Veron; De gli Travagliati zu Sena, gleichsam als die durchs Sieb getrieben/ wie sie dann zu ihrem Kennzeichen fuͤhren ein Sieb/ mit diesem Wahl- Spruch: Donec Impurum! Und endlich De gli Velati, an einem Ort; Venatorum zu Venedig; Unitorum, an einem Ort der Lombardie, \&c. Es ist auch an Seiten besagter hoch-ruͤhmlicher Societ aͤten/ bey dero blossen Speculationibus und muͤndlichen Conferenc en allezeit nicht geblieben/ son- dern/ gleichwie in der Medicin Galenus zu seiner Zeit in Rom einen allgemeinen Frieden zu stifften genoͤ- thiget ward/ zwischen den damahls hefftig-streiten- den Sect en/ der Empiricorum und Rationalist en/ und Beyde darum mit einander vereiniget/ weil er befun- den/ daß Raison ohne Experience, und Experience oh- ne Raison nicht bestehen kan/ (oder/ man bringet die Patient en meistentheils um den Halß/) und ein pur- lauterer/ so genannter/ raisoni render Medicus, von sich stossende alle Experience, anders nichts sey/ als ein ungluͤcklicher Reuter im Truͤbsand/ ohne Sattel/ Zaum und Sporen; Hingegen ein blosser Experien- c en-Schreyer auch/ der alles blind hinein/ ohne Ver- stand/ am Menschlichen Coͤrper waget/ weil es ihm etwa dritthalb mahl vorher bey andern durch plum- pen Fall gelungen/ mit gutem glimpfflichen Recht ei- nem Leb-losen Coͤrper ohne Seele/ einer grossen La- ternen ohne Liecht/ und einem Gicht-bruͤchtigen Weg- weiser/ dem die Augen verbunden/ verglichen werden koͤnne. Also haben mehr-erwehnte Academici, oder Gesellschaffter/ wie auch sonst inn- und ausserhalb Jtalien/ unzehlich viel andere Medici, Mathematici, und Romans I. Buch. und Physici mehr/ von Jahren zu Jahren/ nach Gele- genheit der Zeit/ erheischender Occasion, und Befin- dung eigener Baarschafft/ oder Liberalit aͤt von hoher Obrigkeit/ und Mildreich-gesinnten tapffern Maͤn- nern/ mit allem Ernst dahin gestrebet/ mancherley Sinnreich- und herꝛliche Speculationes mit wuͤrck- lichen Demonstrationibus zu beleuchten/ die hochwich- tige/ und zwar vor Alters schon gut gemeynete/ aber von etlichen Nachkoͤmmlingen hernach fast uͤbel-auf- genommene/ oder zum wenigsten etwas schlaͤfferig- getriebene Philosophiam Corpuscularem, durch Be- huͤlff gnugsamer Observationum in Chymicis, in Mi- croscopiâ, in Pnevmaticis, Hydraulicis, Mechanicis, Pyrotechnicis und Technicis aliis, wiederum hervor zu suchen/ den hellen Tag der warhafftigen Beschaf- fenheit der Dinge in der Natur/ durch die von GOtt uns hierzu gemachte 5. Fenster der aͤusserlichen Sin- nen/ vor den unpartheylichen Richter-Stuhl gesun- der Vernunfft/ ohne Sclavisches Ansehen der Per- sonen derer/ die mit blossen Opinion en/ Præjudiciis und Menschlicher Authorit aͤt fechten/ zu stellen/ in Mathematicis, und aller anderer Polymathiâ, weder Kosten noch Muͤhe zu schonen/ und in Summâ, alle Menschliche Welt-Weißheit um und an/ wie solche den Namen haben mag/ gleichsam als auf 2. Cry- stalline/ mit Gold umfassete Wagschalen (reiffen Nachdenckens/ und gnugsamer Observation, ) abge- wogen/ in ein solch Modell zu giessen/ so mit dem holdseeligen Namen deß Studii, oder Philosophiæ Experimentalis, bemercket/ dem kraͤncklichen Ansehen voriger Zeiten kraͤfftigen Trotz bieten/ oder auch in gewissen Faͤllen eine gelind- und ertraͤgliche Conci- liation abstatten koͤnne. Und benamentlich verdie- nen deßfalls einen sehr grossen Ruhm die Herren Ex- peri- Deß Academi schen perimentales zu Florentz/ als auß dero gelehrten Offi- cin en (und auß dem Welt-beruffenen kostbarsten Laboratorio deß hoch-erleuchteten Groß Hertzogen von Toscana, ) theils allbereit am Tag sind/ theils mehr und mehr mit vielem Verlangen erwartet wer- den/ die jenigen trefflichen Experimenta, die fast in omni scibili (vorauß Materiato, ) ohne alle Spa- rung benoͤthigter Spes en/ zu grossem Nutz der Edlen Studi en/ unter Haͤnden versi ret/ und kuͤnfftig hinfort versi ren werden. Jngleichem hat sich rechtschaffen immortalisi- ret/ und verbindet ihr ferner zum hoͤchsten die Posteros durch gleichen Fleiß und Gluͤck die Englis. Nation; Zu dero Koͤnigl. Experimental-Societ aͤt der Welt- beruͤhmte Verulamius zuerst/ bey Koͤnig Jacobo, sein hoch-vernuͤnfftiges Project, als einen Alleredelsten Grund-Stein deß so hoch-nutzlichen Wercks/ gele- get; Herꝛ Robert Boyle aber hernach/ und zwar neu- lichst nur/ den principal esten Preiß unsterblicher Glo- rie unter Koͤnig Carlen darbey gcfuͤget/ und fast allein so viel/ (sonderlich in Chymicis und Pnevma- ticis, Hydraulicis, ) als die uͤbrigen seiner Herren Ge- sellschaffter ( salvâ tamen hic meritò unius cujusque Autoritate, \& Actorum Famâ, ) durch unersaͤttlichen hitzigen Fleiß/ scharffsinniges Nachdencken/ conti- nui rliche Correspondence in fremde Orte/ und ange- wandtes vieles Geld/ præfti ret. Es waͤre nur zu wuͤnschen/ daß einige seiner Her- ren Lands-Leute im uͤbrigen auch/ als er gethan/ ab- sonderlich von unserer Teutschen Nation, und dero Conatibus in re literariâ, eine glimpfflichere Opinion schoͤpffen moͤchten/ als der Augenschein in unterschie- denen neuen Englischen Buͤchern bezeuget/ indem et- liche/ wil nicht sagen/ ihr Clima vielleicht dem Unseri- gen Romans I. Buch. gen vorziehen/ welches der Geographie und etlicher hundert-jaͤhrigen Erfahrenheit Sinn-reichster In- vention en bey uns/ zuwider lieffe; Uns doch/ oder die Unserigen/ die etwas in Schrifften suchen zu thun/ ohne Unterscheid Compilatores nennen; Dargegen ich das bekandte Spruͤchwort: Iliacos Muros intus peccatur \& extra! nicht eben hier sonderlich anziehen wil/ sondern zu ertraͤglicher Defension der Unserigen/ (wann diese etwa was liberal sind/ andere Authores in Schrifften zu allegi ren/) einem jedweden unpar- theyischen gelehrten Mann/ zu dessen Vernunfft- maͤssigem Erachten/ diese 5. Puncta wil gestellet ha- ben: Was huͤlffe uns/ oder andere/ sonst das Studi ren und Buͤcherlesen/ so man sich derer nicht gebrauchen soll? Ja/ worzu halten die Herren Engellaͤnder selbst zu Oxfurth/ die heutiges Tages in der gantzen Welt allerberuͤhmteste kostbarste Bibliothec? Oder/ so fern guten Scriben ten præjudici rlich seyn solte/ wann ihre Schrifften von andern Authoribus etwan allegi ret werden? Welcher ehrlicher Mann wurde ins kuͤnffti- ge Lust haben/ die jenige wenige Wissenschafft/ darzu er (oͤffters mit grossen Unkosten und Muͤhe/) gelan- get/ zu Papier zu bringen/ und sich um die Nachfolger meriti rt zu machen/ da er zuvorher wuͤste/ daß zwar der beste Safft und Krafft seiner Gemuͤths-Fruͤchte von Unterschiedenen wurde zu Nutz gemacht/ sein Name aber gleichwol fast Tyrannischer Weise solte unter die Fuͤsse getretten/ zu ewigen Zeiten vertilget/ und etwan im ersten Wachsthum so fort annihili ret werden. Da hingegen der Loͤbl. Teutschen Nation bil- lich vielmehr zum Ruhm/ als Verkleinerung/ bey æquis Censoribus, (derer gleichwol noch etliche in Engelland sind/) muß gereichen/ daß/ von welchen Authoribus sie etwas Gutes genossen/ durch auß- druͤck- Deß Academi schen druͤckliche Meldung derer zu seiner Zeit/ gleichsam als danckbare Gaͤste/ sich auch der Herberge bedancken. Und waͤre diß ein seltzamer Handel/ daß/ wann/ zum Exempel/ heutiges Tages etwas Curieus es von ei- nem erfahrnen Chymico, Medico, oder Mathematico, erfunden/ Morgens darauf pro Memoriâ zu Papier gebracht/ und uͤbermorgen irgend von einem andern getreuen Admiratore und Schuͤler der Natur/ auß Liebe/ seinem Naͤchsten ferner darmit zu dienen/ in oͤffentlichen Schrifften citi ret worden/ die Guͤte der Sache deßwegen von ihrem natuͤrlichem Werth was verlieren solte/ weil sie endlich ad Literas deduci ret/ welches Urtheil mir eben so raisonabel vorkommet/ als wann etliche Musican ten/ (welches Laster uͤber alle Massen gemein/) vor sich kriegende ein altes (bißweilen mit 2. 4. und 8. Tacti gen Not en unter- mengetes/) Stuͤck/ so zwar nach allen Regeln der Composition in gute Harmonie gesetzet/ ja/ wegen beywohnender Majestaͤt und vermischeter Lieblichkeit einmahl von den besten Meistern beliebet worden/ auch biß dato keiner Imperfection auß rechtschaffe- nem Grund der Music und Judicio Aurium, uͤberfuͤh- ret werden kan/ selbiges dannoch unter die Banck und an die Seite schmeissen/ weil es nicht mehr neu/ sagende: O/ das ist was Altes! Und solchen vielmehr die heutiges Tages gleichsam auf kupffernen Roll- Wagen von rauhen Stein-Hauffen/ durch Antrieb eines Pritschmeisters herab klappernde/ mit doppelt- und dreyfach-geschwaͤntzten Not en/ als mit so viel schwartzen Larven vermummerte/ nach dem Frantzoͤsi- schen geschwinden Tact lauffende/ ja hefftig-abstuͤr- tzende Satyri sche Ballette, contrapuncti rte Courant en/ kurtz-abschnappende Saraband en/ hochlautend- und dem Ohr bißweilen weh-thuende Ritornell en/ schnell- fluͤssige Romans I. Buch. fluͤssige (und auch deßwegen eitele/) Chiqu en/ geil-muͤ- thige Mascharad en/ oder andere/ mehr liederlich-als Gravit aͤtische Comœdiant en- und Bier-Fiedler- Stuͤcke/ weit vorzuziehen pflegen. Und endlich zwi- schen Allegi ren und Allegi ren ist auch gar ein grosser Unterscheid. Welche bißher angefuͤhrete 5. Puncte beybene- benst die Jenigen auch in reiffe Consideration ziehen wollen/ welche selbst Teutsche von Gebuhrt/ sich nicht entuͤbrigen/ von ihren Lands-Leuten/ die etwa in Schrifften andere Authores nothwendig allegi ren/ zu grossem Aergernuͤß und Verkleinerung unserer gantzen Nation bey Außwaͤrtigen/ hoͤhnisch zu judici- ren/ und deß falls benamentlich von einigen Membris deß Edlen/ aufrichtig-gesinnten Collegii Naturæ Curiosorum im H. Roͤmis. Reich/ (welche Loͤbl. Societ aͤt Anno 1652. zuerst in Franckenland entspros- sen/ durch viel andere Provinzien deß Teutschen Bo- dens hernach sich mercklich außgebreitet hat/) fast ei- ne Superficial-Opinion zu schoͤpffen/ indem sie doch sonderlich eines jedweden Mitgliedes nutzliche Ga- ben/ Qualit aͤten/ Particulier -Umstaͤnde/ Erudition, und andere Privat -Beschaffenheiten/ unmoͤglich auß bloß ein oder anderm Scripto biß auf ein Haar auß- rechnen/ oder alle andere dero Experience, so sich viel- leicht wol etwas weiter hinauß/ als auf etliche Bo- gen Papier erstrecket/ ohne besorglichen darbey sich findenden Jrꝛthum abmessen/ und gleichsam deter- mini ren koͤnnen. Es wollen vielmehr solche in Censurâ anderer ehrlichen Leute sich uͤbereylende Richter/ die/ ob sie auch schon was Gering- und Straͤffliches finden moͤchten/ am allermeisten doch mit dem Mantel der Christl. Liebe bedecken solten/ zum Uberfluß noch die- F ses Deß Academi schen ses mercken: Daß/ nachdem wir Teutschen nicht so sehr ob horridum aliquod Clima von Natur untuͤch- tig gemacht/ als vielmehr per fatalem Seculi cor- ruptelam meistentheils/ dero ad Studium Experimen- tale benoͤthigten offt grossen Spes en/ die hohe Haͤupter oder sonst reiche Leute wol herschiessen koͤnten/ berau- bet/ diß vollends taͤglich erfahren muͤssen/ daß/ so bald wir gleichwol fuͤr uns auß freyem Geist etwas Nuͤtz- liches erfunden/ ein Jedwedes/ Jtalien/ Franckreich oder Engelland/ uns alsofort auf den Halß springen wil/ und Gloriam Inventionis disputi rlich machen/ man deßwegen vonnoͤthen hat/ um so viel behutsamer zu gehen/ und ehe man von neuen Erfindungen je was zu Tage bringen wil/ zuvorher sich fleissig und wol bey andern Scribent en umzusehen habe/ ob nicht allbereit von einem schon laͤngst an eben demselben Amboß ge- arbeitet worden; Jm Fall dessen ja billich ist/ dessen Namen nicht freventlich zu verschweigen/ sondern dessen/ was er zur Aufnahm guter Wissenschafften præsti ret/ gebuͤhrende Meldung zu thun/ deßwegen dann auch vorhin gedachtes Ccllegium Naturæ Curiosorum zu ihrem Symbolo in einen mit Schlangen umflochtenen guͤldenen Ring fuͤhret/ ein aufgeschlagen Buch/ auf dessen einem Blatt ein schoͤn gruͤnend Kraut/ anzuzeigen/ die niemahls muͤs- sige Natur; Auf der andern ein Auge/ anzuzeigen dasselbige/ was biß anher vertheydiget. Wann aber je gleichwol von angeregten Rai- son en noch keine nicht/ contra iniqua ista Mundi Judi- cia, zureichen solte/ so moͤgen sie wissen/ zum Beschluß/ daß/ gleich wie in Civili Conversatione es heisset/ quod vitæ tuæ Dominus sit, qui propriam contemnit; Also in Literario rerum ambitu endlich einmahl die That erweisen koͤnne/ quod propriam Nominis sui Famam Romans I. Buch. Famam conjiciat in periculum, qui temerè alienam radit; Jnmassen Niemand ohne Gebrechen lebet/ und unter denen Censoribus ja hoffentlich keiner bey so gar hohen Gedancken sich finden lassen wird/ daß er dem Recht entfliehen moͤge/ dessen er sich gegen an- dere gebrauchet/ oder unwidersprechlich den Gipffel aller Vollkommenheit fuͤr sich erlanget habe. Das VIII . Capitul/ Troll kommet auf eine seltzame Weise zu Klingenfeld/ discur- riret laͤcherlich. Sie erschlagen zween Moͤrder/ werden der Beute hal- ben besprochen/ aber zu Mantua absolviret. A Ls der Kauffmann hiermit seinen Discurs be- schlossen/ begunte Cavina zu lachen/ und sprach: Es hat das Ansehen/ mein Freund/ als ob ihr mit mir expostuli ren woltet/ doch hoffe ich/ es sey so boͤß nicht gemeynet. Jch lasse eure Teutsche Nation bey ihren Wuͤrden/ und weiß wol/ daß manches recht- schaffenes Subjectum in eurem Land zu finden/ aber die Situation Jtaliens ist an ihr selber zu allen Wis- senschafften bequemer/ darum muͤsset ihr auch den Jtaliaͤnern ihren Ruhm lassen/ aber gnug hiervon. Es gilt euch hiermit auf guten Vertrag! Hiermit ergriffe er ein Glaß Wein/ brachte es dem Kauffmann zu/ und dieser thaͤte auch willig Bescheid/ darauf schie- den sie endlich von einander/ und ein Jeder legete sich an seinem Ort zur Ruhe. Wir wollen diesen 2. Raͤyß-Gefaͤhrten ihre Zeit zum Schlaff und Nacht-Ruhe goͤnnen/ inzwischen aber uns zu dem Klingenfeld wenden/ und besehen/ wie es demselben Zeithero ergangen. Dieser eylete auß allen Kraͤfften/ nach Mantua fordersamst zu ge- langen/ als er aber uͤber den Po -Fluß gesetzet/ und jetzt-gedachte Stadt nunmehro bald zu erreichen ver- hoffete/ da uͤberfiel ihn die Nacht/ daß er sich in einem F 2 gruͤnen Deß Academi schen gruͤnen Wald bald hernach verirrete/ der Schlaff funde zwar keine Statt in seinen Augen/ aber das arme Pferd empfand seine Mattigkeit dermassen/ daß es ihm unter dem Leibe schier umgefallen waͤre. Er ritte demnach unter einen Schatten-reichen Baum/ und hielte daselbst still/ um sich zu besinnen/ was er thun solte/ ob er absteigen oder fortreiten wol- te. Jnzwischen ließ sich Jemand vom Baum hernie- der/ und schwengete sich hinter ihn auf das Pferd. Dieser Mensch klemmete sich mit beyden Armen um Klingenfelds Leib/ und schlengete die Beine ziemlich veste um deß Pferdes Bauch/ welches uͤber dieser un- versehenen Buͤrden dermassen erschrack/ daß es mit den Hinter-Fuͤssen außschlug/ und mit den Forder- Fuͤssen in die Erde scharrete/ auch so erschroͤcklich schnaubete und tobete mit Springen und Handthie- ren/ daß Klingenfeld nicht wuste/ wie er es anfangen solte. Er fassete aber einen Muth/ und sprach: Packe dich von mir/ du magst ein Mensch/ oder ein boͤser Geist seyn/ und lasse mich ungehindert meines We- ges ziehen. Laß dich und mich/ gab der Andere zur Ant- wort/ die Pedes deines muthigen Caballi nur fort tra- gen/ damit wir mit einander auß diesem Bosco auf den flachen Campum kommen moͤgen/ dann ich ver- lasse euch nicht/ bevor ich zu Animalibus Rationali- bus kommen bin. Trolle dich/ sage ich noch einmahl/ verfolgete Klingenfeld seine Rede/ oder ich werffe dich mit Ge- walt vom Pferd hernieder. Jener gab zur Antwort: Jhr muͤsset mir wol ein seltzamer Filius Hominis seyn/ daß ihr wissen koͤnnet/ daß ich auß der alten Familia der Trollen progeneri ret bin. Traget demnach kein weiter Mediti ren/ unsern Viam zu prosequi ren/ ich werde euch doch dieses mahl nicht derelinqui ren. Hierauf Romans I. Buch. Hierauf besaͤnfftigte Klingenfeld sein Pferd/ und in- dem er fort ritte/ sprach er: Sage mir dann/ du seltza- mes Ebentheuer/ wer du bist/ und was fuͤr eine Bege- benheit dich auf den Baum gefuͤhret hat? Jch bin/ antwortete der Andere/ ein Corpus humanum, dem seine Anima Rationalîs annoch inhærî ret/ den Artibus Liberalibus bin ich schon vorlaͤngst consecrî ret gewe- sen/ und Inopiâ Mediorum auf Academi en zu einem Famulo bey einem fuͤrnehmen Domino angenommen worden/ welcher Occasione alicujus Rixæ mit einem seiner besten Freunde zu Bologne duelli ret/ und dem- selben das Corpus im Zorn perfori ret hat/ daß er co- ram Conspectu omnium Præsentium niedergesuncken/ und ipsimæ Morti ist zu Theil worden. Mein Domi- nus hat sich darauf alsobald einem besattelten Equo uͤbergeben/ um nach der Schweitz zu gehen/ und ich bin ihm per Apostolorum Pedes nachgefolget/ biß mich diese Nox obscura uͤberfallen/ und Metu Latro- num gezwungen hat/ mich auf den Frondibus Arbo- ris zu verbergen. Reitet nur fort/ die gantze benè in- structa Crumena meines fugitivi Domini ist in mei- nen Caligis, und in dem ersten Diversorio wil ich euch eure Laborem mediante hâc rechtschaffen ergoͤtzen. Unserm Klingenfeld waren diese Worte sehr lieb/ dann/ weil er kein Geld mehr hatte/ hoffete er/ dieser lustige Troll solte ihm zu statten kommen/ und gleich- wie dieser Kautz von einem Baum herab zu ihm ge- kommen/ bildete er ihm ein/ er sey ihm zu diesem mahl vom Himmel herab zugesandt worden. Jndem sie aber mit einander redeten/ und sachtmuͤthig fortrit- ten/ kamen zur Seiten her zween zu Pferde angesto- chen/ welche dem Klingenfeld alsobald zurieffen/ er solle vom Pferd hernieder steigen/ und ihnen alles uͤberlassen/ was er und sein Cammerad in seiner Ge- F 3 walt Deß Academi schen walt haͤtte. Gleich wie nun Troll nicht gerne mit dergleichen Haͤndel zu thun hatte/ als rieff er diesen Schelmen zu: Jhr Herren Latrones, eine kleine Ex- pectatio ist hochnoͤthig/ biß ich hingehe/ und meine ver- grabene guͤldene Medaill en euch einhaͤndige. Hiermit glitschete er vom Pferde hinten herab/ nachdem er vorher dem Klingenfeld ins Ohr geraunet: Haltet euch wol/ ich wil inzwischen hingehen/ und etliche La- pides herholen/ damit wil ich dergestalt auf diese Ne- bulones loß- fulmini ren/ daß ihnen ihre impudentia grandis hoͤchstens gereuen soll. Hiermit lieff er behende nach dem Gehoͤltze/ und ob ihm gleich einer von den Raͤubern Sporn-streichs nachsetzete/ auch seine 2. Pistolen auf ihn loͤsete/ kunte er ihm doch nichts thun/ dann er lieff von einem Baum zum andern/ und wuste sich um dieselbe so hurtig herum zu drehen/ daß ihm kein Schade gescha- he; Er entkam also in ein dickes Gepuͤsch/ durch wel- ches kein Pferd passi ren kunte/ in demselben blieb er stehen/ und sahe dem Handel bey hellem Mondschein mit grosser Ergoͤtzlichkeit von weitem zu/ rieff auch staͤts: Schlaget zu auf diese Lumpen- Canes, sie sind nicht werth/ daß man ihnen einen eintzigen obolum uͤberlasse/ vielmehr haben sie furcam verdienet/ und ich wil es noch also dirigi ren/ daß sie diese Nacht car- ceri, quo dignissimi sunt, fordersamt mancipi ret werden. Unter diesen hatte Klingenfeld sich mit dem an- dern Rauber wacker herum getummelt/ und nach- dem er ihm mit seinen beyden Pistolen keinen Scha- den im Dunckeln thun koͤnnen/ zuckete er seinen De- gen/ und gab ihm damit einen solchen Fang/ daß er von dem Pferde sanck/ und schrie: O mein Camerad ich sterbe! raͤche meinen Tod. Derselbe wandte sich Augen- Romans I. Buch. Augenblicklich nach Klingenfeld/ aber sein Pferd stuͤr- tzete uͤber eine Wurtzel/ daß es ein Bein zerbrach/ und also muste der Rauber zu Fuß fechten/ welcher nun Ursach hatte/ sich/ wie Troll/ zu verstecken/ aber die Rachgier sporete ihn an/ daß er mit dem Degen in der Faust/ auf Klingenfeld loßgieng/ und denselben in die Lenden dessen Pferdes so tieff hinein stieß/ daß es seinem Herꝛn den Dienst aufzukuͤndigen gezwun- gen ward. Klingenfeld machte die Beine geschwind loß/ und als er nach dem Rauber stieß/ traff er fehl/ daß sie mit einander zu ringen kamen. Sie arbeiteten eine gute Weil mit einander/ weil aber der Teutsche in der Ringkunst uͤberauß fertig/ warff er seinen Ge- genpart endlich zu Boden/ und stieß ihm den Degen durch den Leib. Darauf besuchte er so wol diesen/ als den andern Rauber/ und fand zween wolgespickte Beutel mit Geld/ an deren Gewicht er genugsam er- kannte/ daß er nicht hohe Ursach hatte/ sich uͤber den Verlust seines Pferdes/ durch welches er noch einen Noth-Pfenning zu erwerben hoffete/ zu beklagen. Er nahm seine beyde Pistolen/ lud dieselbe/ steckete sie in den Guͤrtel/ wie auch die zween Beutel/ welche sehr lang und groß waren/ daß er sie weder in dem Rock noch in die Hosen haͤtte verbergen moͤgen. Er haͤtte gerne das Gewoͤhr der Erschlagenen auch mit ge- nommen/ weil er aber besorgete/ sich dardurch zu sehr zu beschweren/ ließ er es ligen/ und gieng darvon. Wie er kaum 10. oder 12. Schritte fortkommen war/ stieß er auf Troll/ der sich nach der Erden buͤcke- te/ was machet ihr allhier/ O mein getreuer Raͤyßge- faͤhrte/ sprach er/ wollet ihr mir nicht besser beystehen? Ecce, sprach dieser/ bey diesem inconsueto Saxo habe ich schon alle meine Vires eine geraume Zeit employ- ret/ diesen wolte den leichtfertigen Nebulonibus auf F 4 den Deß Academi schen den Tergum oder Caput mit sothaner Vehemen tz con- jici ret haben/ daß ihnen visus \& auditus zugleich solte vergangen seyn/ aber seine Gravitas \& Quantitas ha- ben die Potentiam meiner Arme uͤbertroffen/ daß ich ihn biß dato habe muͤssen acquiesci ren lassen. Kom̃et nur mit mir/ verfolgete Klingenfeld/ die Rauber sind schon gezuͤchtiget/ und ligen alldort neben meinem Pferde schon gestrecket. Wie? forschete Troll an- jetzo/ hat euer Caballus dieses Zeitliche gesegnet? Sind die Schelme dem Plutoni cum anima \& corpore zu Theil worden? Wo sind dann ihre Reit-Thiere/ ihre vestimenta, arma, crumena, und andere Lappalia? Das habe ich/ war die Antwort/ alles ligen lassen. Jhre Pferde sind lahm oder todt/ ihr Gewoͤhr und Kleider waren mir zu schwer/ fort zu bringen/ und ihre zween Geld-Beutel habe ich mitgenommen. Rectè, benè, sagte Troll/ ipsissimus Ego haͤtte auch am ersten nach den Loculis gegriffen/ jam verò, weil ich zu spaͤth bin kommen/ muß ich ein Mulus wer- den/ und mich mit der uͤbrigen Sarcina belegen lassen. Hiermit nahm er den Klingenfeld bey der Hand/ und fuͤhrete ihn wieder nach dem Tummel-Platz/ daselbst zog er die Buben Mutternacket auß/ und wie er noch Leben in dem einen fuͤhlete/ nahm er ein Stuͤck faul Holtz/ und steckete es ihm mit aller Gewalt in den Halß/ sprechend: Hic esto tibi mortis bolus, friß dich zu todt an diesem Broͤcklein/ du unmenschliche Bestia, wer hat dir commiti ret/ innocent en Peregrinant en nach Leib und Leben zu greiffen? Ecce, das ist dir nun/ ut ipse vides \& sentis, samt deinem ungenannten Commilitoni selber widerfahren/ auf ein ander mahl disce cautius mercari, und wann du uns begegnest/ aperi caput, mache eine Reveren tz/ und dancke mir vor diese hoͤchst-nuͤtzliche Doctrina. Faͤhrest du aber schier kuͤnfftig Romans I. Buch. kuͤnfftig nach den Inferis, so melde ihnen meinen un- bekannten Gruß/ und sage: Jch habe ihnen diesen fetten Braten gesandt/ darbey moͤgen sie sich lætifici- ren/ wie alle Plutonis filii bey dergleichen Casibus zu thun pflegen. Soltest du aber perseram \& veram pœ- nitentiam zu den Superis gelangen/ so freue dich mit denselben in ewiger Gloria, und be- gratiarum actio- ni re mich/ daß ich dir per lethalem hunc bolum zum ewigen bene esse verholffen habe. Jnzwischen da Troll also redete/ hatte der arme Rauber gnugsam zu worgen an dem faulen Holtz/ welches ihm die Koͤhle dergestalt verstopffete/ daß er nicht lange hernach vollends ersticken muste. Troll aber nahm ihnen alle Kleider ab/ hieng die 2. Degen zu dem Seinigen an die Seite/ und steckete alle 4. Pi- stolen in die zween angelegte Guͤrtel/ damit wanderte er/ wie ein beladener Maul-Esel/ mit seinem Gefaͤhr- ten fort/ weil es aber bald hernach sehr dunckel/ und dieser sich uͤberauß schwer beladen hatte/ gleichwol nicht das Allergeringste von seiner Beute zuruͤck las- sen wolte/ Klingenfeld auch zimlich abgemattet war/ so resolvi rten sie sich/ in dem Wald nieder zu ligen/ und deß folgenden Tages zu erwarten. Klingenfeld wuste nicht/ wessen er sich zu Trollen zu versehen haͤt- te/ er kannte ihn noch nicht recht/ und gedachte/ um der zwey Beutel mit Geld willen/ moͤchte er ihm bey schlaffender Zeit den Rest geben/ und seines Weges lauffen/ dannenhero sprach er zu ihm: Troll/ es ist meine Gewohnheit/ daß ich deß Nachts auf hundert Schritte Niemand um mich leyde/ das werdet ihr euch gefallen lassen/ dann wir kennen uns noch nicht recht/ und wann ihr wustet/ was fuͤr seltzame Phanta- si en ich deß Nachts bekomme/ wuͤrdet ihr euch selber nicht getrauen/ nahe zu mir zu tretten. Sit ita, sprach F 5 Troll/ Deß Academi schen Troll/ wann ihr ja ein solches mirabile Phantasma seyd/ so werde ich mir euer per tempus concubium zu enthalten wissen/ bleibet demnach allhier in bona pa- ce, ich wil mich schon in einen gewissen Angulum zu recondi ren wissen/ daß weder tu à me, noch ego à te ullo modo koͤnnen molesti rt werden. Hiermit nahm er seinen Abtritt/ und versteckete sich so gut er immer kunte. Klingenfeld fand nicht weit von dannen eine be- queme Lager-Stelle/ auf welcher er sich nieder liesse/ und wie er etwa ein paar Stunden gelegen/ zwang ihn der Leib aufzustehen/ und etwas zu verrichten/ wel- ches durch einen Abgeordneten nicht zu bestellen war. Er tratt aber ein wenig abseits von seiner Lagerstelle/ um sich deß vermuthlichen Gestancks zu entschuͤtten. Aber Troll hoͤrete das Rauschen gar bald/ dahero sprang er behende auf/ und rieff: Wer da? Komme mir nicht zu nahe/ ich bin ein homo desperatus, armi- ret mit 4. Bombardis, 3. Ensibus, und 2. Brachiis, dar- neben wolversehen mit einer fuͤrtrefflichen Fortitudi- ne corporis \& animi, und wer mir zu nahe tritt/ muß auch in mediis tenebris empfinden/ daß ich ein alter Hannibal bin. Klingenfeld fieng hieruͤber an zu lachen/ und sprach: Fuͤrchtet euch nicht/ mein Came- rad/ ich bin es/ ich komme ungefaͤhr an diesen Ort/ meinen Leib zu erleichtern/ das haͤttet ihr wol/ repli- ci rte dieser/ bey jenen Latronibus mit besserm Fug/ als hier bey eurem Comiti, verrichten moͤgen/ doch wann ihr es also macht/ daß der Fœtor nach Occident zeucht/ und mir die Nares nicht affici ret/ so mag es dißmahl hingehen/ gehet alsdann hin/ und ruhet das residuum temporis nocturni auf eurer Lager-Stelle/ ich wil die Fores meiner Augen auch so bald wieder obseri ren/ damit ich deß Somni desto besser theilhafftig werde/ damit Romans I. Buch. damit Adieu, verrichtet eure laborem, und ziehet als- dann wieder ab. Klingenfeld haͤtte vor Lachen schier nicht laͤnger stehen koͤnnen/ er wandte sich demnach ein wenig von dem possierlichen Menschen/ und nachdem er das Seinige verrichtet/ legte er sich wieder an seine auß- gesuchte Stelle/ und schlieff fein sanfft/ biß an den hellen Morgen. Da erwachte er/ und wie er sich um- sahe/ da erblickete er den Troll an seinem Ort/ zu wel- chem er hintratt/ und sahe/ wie derselbe seine alte Klei- der ab- und dargegen ein koͤstliches rothes Kleid mit gegossenen silbernen Knoͤpffen/ das er dem einen Rauber abgezogen/ anlegete. Er preisete seine Fuͤr- sichtigkeit/ und schalt ihn gluͤckseelig wegen seiner ge- machten Beute/ die ihm aber hernach bald das Leben gekostet haͤtte. Nachdem also Troll seine Buͤrde etwas geringer gemacht/ auch alle 4. Pistolen gela- den/ und seine Beute auf sich geladen hatte/ da gien- gen sie mit einander ihres Weges. Sie hatten das Gluͤck/ daß sie nach einer Stunde gehens auß dem Gehoͤltze kamen/ da sie dann die veste Stadt Mantua nicht gar weit von ihnen erblicketen/ aber als sie den Wald kaum 100. Schritte hinter sich geleget/ kamen 5. wolberittene Kerl hinter ihnen drein/ und nachdem diese den Klingenfeld und seinen Cameraden etwas betrachtet/ loͤsete einer die Pistol auf Trolln/ schosse aber neben hin/ und sprach: Du Moͤrder/ gib dich gefangen/ oder du must auf dieser Stelle dein Leben lassen. Quid dicis, fragte Troll/ wer hat dir gesaget/ daß ich an einem Moͤrder bin ein Moͤrder worden? Du hast meinen Herꝛn erschlagen/ verfolgete Jener/ und traͤgest noch darzu seinen Rock an deinem Leibe. Als Klingenfeld die Leute also reden hoͤrete/ forschete er/ wer dann sein Herꝛ gewesen/ und wie er geheissen? Jener Deß Academi schen Jener gab zur Antwort/ daß er der Obrist Rosalde gewesen/ der samt einem Diener gestern Abend auß seinem Land-Gut geritten/ und etwa 60. Schritte darvon diesen Morgen samt dem Diener todt gefun- den worden/ die Pferde aber haͤtten annoch neben ih- nen gestanden. Hierauß merckete Klingenfeld den Jrꝛthum/ erzehlete ihnen demnach/ wie eben diese zween Moͤrder/ die ihren Herꝛn erschlagen/ auch ih- nen diese Nacht in jenem Wald zugesetzet/ man haͤtte sie aber selber deß Lebens beraubet/ und ihnen das Jenige abgenommen/ was man bey ihnen gefunden. Hiermit wolten Jene nicht zufrieden seyn/ sondern sie nahmen diese Zween zwischen sich/ und convoyi r- ten sie nach der Stadt Mantua. Unter Weges sprach Troll zu dem einen Cameraden/ ich bin von der Lassi- taͤt dermassen uͤbernommen/ daß mir es fast unmoͤg- lich ist/ einen Pedem vor den andern zu setzen/ lasset mich ein wenig auf das Pferd sitzen/ so wil ich euch dargegen einem aureum nummum verehren. Jener schalt ihn vor einen unverschaͤmten Bu- ben/ der das Hertz haͤtte/ ein solches an ihn zu begeh- ren/ und sich so freygebig mit dem geraubten Geld zu erweisen. Aber Troll schwur/ daß er dieses Geld nicht geraubet/ sondern/ daß es ihm sein Herꝛ/ der ein Cala- brischer Cavallier, mit grosser Sorgfalt anvertrauet haͤtte. Hiermit langete er einen Ducaten herfuͤr/ und ließ dessen Glantz dem Reuter in die Augen leuchten/ welcher dardurch dergestalt geblendet wurde/ daß er ihn willig vergoͤnnete/ hinter ihn zu sitzen. Also kamen sie endlich in die Stadt/ da man gerades Weges mit ihnen nach dem Richter eylete/ bey welchem sich Klin- genfeld dergestalt zu rechtfertigen wuste/ daß man ihm und seinen Cameraden ihre vorige Freyheit wie- der ertheilete/ weil aber die andern erwiesen/ und eyd- lich Romans I. Buch. lich darthaͤten/ daß das rothe Kleid und die zween le- derne Beutel mit Geld ihrem Herꝛn zugehoͤret haͤt- ten/ ward solches ihnen wieder zugestellet/ und man sandte alsobald in den Wald/ um/ die erschlagene Moͤrder nach der gewoͤhnlichen Gericht-Stelle zu fuͤhren/ allwo sie auf ein Rad geleget sind. Es legte sich darauf Klingenfeld mit Troll in eine ansehnliche Herberge/ woselbst dieser das eine Kleid deß Moͤrders/ und die Pistolen und Degen/ der andere aber die blosse Pistolen/ so ihm selber zu- gehoͤreten/ verkauffen wolten/ um Geld zu machen/ darvon sie zehren moͤchten. Aber Klingenfeld erinner- te sich bald deß Trolls Rede/ darum sprach er: Mein Freund/ ihr habt mir zugesaget/ wann wir in eine Herberge kaͤmen/ euren Beutel zu ziehen/ und mich deß Dienstes geniessen zu lassen/ den ich euch gestern/ als ich auf meinem Pferd euch hinter mir eine Stelle vergoͤnnete/ darum bleibe ich darbey/ ihr muͤsset mich in dieser Herberge frey halten. Per meamfidem, ant- wortete dieser/ es ist warlich also/ wie ist meine Me- moria doch so labilis, was ich promitti rt habe/ wil ich mit beyden Haͤnden halten/ und ihr sollet dessen Secu- rus seyn/ daß ihr mit mir auß einer Patina essen sollet/ der Potus, der uns erlaben soll/ muß communis unter uns seyn/ und neque ego, neque tu sollen bezahlen/ sondern absens Dominus muß es in Nomine nostri verrichten/ nemlich sein Beutel soll Geld hergeben/ und so lange derselbe klinget/ wollen wir fame nicht peri ren. Hiermit war Klingenfeld zufrieden/ welcher nach der Mittags-Mahlzeit zu einem gewissen Kauff- mann gieng/ und sich demselben zu erkennen gab/ der ihm auf sein Begehren auch augenblicklich 100. Du- caten auf eine Obligation fuͤrstreckete/ dann eben die- ser Mann Deß Academi schen ser Mann hatte ihm bißhero/ so lange er sich in Jta- lien aufgehalten/ seine Wechsel uͤbermacht/ weil ihm die Seinigen in Teutschland gar wol bekandt waren. Mit diesem Geld kehrete er wieder in die Herberge/ und war guter Dinge/ sprach auch den lustigen Troll von seinem Versprechen frey/ weil er nunmehro selber wieder einen Noth-Pfenning bekommen haͤtte. Die- sen Nachmittag kamen etliche ansehnliche Maͤnner zu ihnen in die Herberge/ und nachdem sie auß vielen Discurs en verstanden/ daß Klingenfeld den Studiis und freyen Kuͤnsten nachzoͤge/ sprach einer zu ihm/ der fuͤr einen fuͤrnehmen Officier anzusehen/ wie er doch/ als ein ansehnlicher Mann/ sich zu den grossen Ver- drießlichkeiten der Studirenden begeben koͤnte/ da er doch ausser Zweiffel wissen wuͤrde/ wie wenig jetzo sothane Leute befoͤrdert wuͤrden/ und wie viel Unge- mach sie hergegen außzustehen haͤtten. Klingenfeld dargegen sprach: So viel ich vernehme/ werden die Studenten an meinem Herꝛn einen schlechten Pro- motorem erhalten/ aber derselbe soll wissen/ daß die Liebe zu den Studiis mich laͤngst willig gemacht hat/ alle die jenige Verdrießlichkeiten/ die sich bey unserer Profession herfuͤr thun/ mit Gedult außzustehen/ in Betrachtung/ daß die freye Kuͤnsten jederzeit bey hohen Monarchen/ Koͤnigen und Fuͤrsten hoch ange- sehen/ und mit sonderbaren Freyheiten begabet ge- wesen. Als der Edle Jtaliaͤner gerne ein mehrers hiervon gewust haͤtte/ stellete ihn Klingenfeld mit nachfolgendem Discurs zufrieden: Das IX . Capitul/ Auf die studirende Jugend haben hobe Haͤupter allezeit viel gehalten/ auch den Orten/ da man hohe Schulen angerichtet/ und den Studenten selber sonderbare und grosse Privilegia ertheilet. O Bwol/ sprach er/ was die drey ersten Monarch ien anlanget/ keine sonderliche Gewißheit vorhan- den/ Romans I. Buch. den/ jedoch ist etwas auß dem Exempel deß gros- sen Koͤnigs Nebucad Nezar zu ersehen/ weil er liesse auß den Kindern Jsrael von Koͤnigl. Stamm und Herren Kinder waͤhlen die Knaben/ die nicht gebrech- lich waren/ sondern schoͤne/ vernuͤnfftige/ weise/ die da geschickt waͤren zu Diensten deß Koͤnigs/ und zu ler- nen Chaldœische Schrifften und Sprachen. Solchen verschaffte der Koͤnig/ daß man ihnen geben solte von seiner Speise/ und von dem Wein/ den er selbst trun- cke/ daß sie also 3. Jahr auferzogen wurden/ und dar- nach fuͤr dem Koͤnig dienen solten/ schreibet Daniel in seiner Weissagung am 1. Capitel. Hierinnen erscheinet/ Nebucad Nezar habe seine Studenten maͤchtiglich wider den Frevel deß Poͤbels und anderer befreyet/ und nicht nur mit gebuͤhrlicher Nothduͤrfftigkeit an Kost und Kleidung versehen/ sondern in allem gute Ordnung gethan. Was die Roͤmische Kaͤyser/ Christliche Koͤnige/ erleuchtete Fuͤrsten und Herꝛschafften gestifftet/ liget am hellen Tage. Der Kaͤyser Justinianus hat ihm ein schlechtes Lob erworben/ indem er auß Eingeben sei- nes vielmehr Hofschrantzes/ als Hofmeisters/ die Jaͤhrlichen Unterhaltungen/ welche die Vorfahren in jeden Staͤdten und Flecken den Lehrern der freyen Kuͤnste zugeeignet/ aufgehoben/ und zu sich gen Con- stantinopel gezogen/ daher die Schulen leer stunden/ und eine grausame Barbarey und haͤßliche Bauerey erwuchse. Ferner ist zu wissen/ daß loͤbliche Regenten Frey- heit gegeben/ erstlich den Orten/ da Menschen seyn/ die studi ren/ darnach denen Personen/ die studi ren. Solches bezeuget die Stadt Athen/ welche/ da sie auch die hohe Gewalt uͤber das Griechenland verloh- ren/ und unter die Bottmaͤssigkeit der Roͤmer gefal- len/ Deß Academi schen len/ sich viel stiller und seeliger bey den Studi en/ als ihren vaͤtterlichen Gesetzen befunden/ und deßwegen zu herꝛlichen Wuͤrden gelanget. Hadrianus der Kaͤy- ser/ hat den Atheniensern Geld und Getraͤyde Jaͤhr- lich gewiedmet/ und noch darzu ein stattliches Erb- Stuͤck zum Eigenthum geschencket. Sonsten seyn die Staͤdte/ in welchen hohe Schulen gebluͤhet/ zu Haͤuptern uͤber die andere erhaben/ und ihnen der Zoll/ der von den Zufuͤhren an Fruͤchten/ und sonsten gehoͤrigen Waaren/ zu zahlen ist/ erlassen worden. Jst billich/ dann/ gleich wie die Edle Stadt Aach darum/ daß sie der Stuhl oder Sitz der Roͤmis. Kaͤyser ist/ fuͤr sich und ihre Buͤrger die Freyheit hat/ ungehin- dert in dem gantzen Reich zu handeln und wandeln/ und darff an keiner Stelle zu Wasser und Land eini- gen Tribut erlegen; Also ist es ehrbarlich/ wann Staͤdte/ in welchen die theuren Studi en ihren Sitz und Stuhl gesetzet/ eben mit solcher Gnaden geehret werden. Es reichet auch dieses zu der Freyheit deß Orts/ daß man einen tauglichen Platz in der Stadt erwaͤh- let/ daselbst oͤffentliche Collegi en/ oder Lehr-Haͤuser/ bauet/ und in denselben vor den Augen aller/ die es begehren/ disputi ren/ profiti ren/ und exerci ren laͤsset. Sintemahlen in heimlichen Winckel-Schulen ab- scheuliche Jrꝛthuͤmer einschleichen/ und mercklichen Schaden bringen. Daher haben die Kaͤyser Theo- dosius und Valentinianus verbotten/ an einer andern Stelle/ und geboten/ allein in dem oͤffentlichem Ca- pittel zu lehren. Julianus, weil die Alexandriner und Cœsarienser der studirenden Jugend falsche und schaͤndliche Meynungen beybrachten/ hat ihnen die Profession der Buͤrgerlichen Rechten genommen. Sonsten haben die Monarchen/ Koͤnige/ Fuͤr- sten Romans I. Buch. sten und Herren/ den Personen/ die studi ren/ 180. Freyheiten gegeben/ wie solche Petrus Rebuffus in folgender Ordnung erzehlet: 1 E S ist erlaubet/ auf allen und jeden Fest-Tagen zu studi ren/ oͤffentlich zu lesen und disputi ren/ nemlich/ wann der Chrift- liche Gottesdienst verrichtet ist. 2. Es ist erlaubet/ in den Tempeln zu studi ren. 3. Die Scholar en koͤnnen die Handwercker/ welche ihnen mit Pochen und Schlagen an den Studi en hinderlich seyn/ auß ihren eigenen Haͤusern vertreiben. Diese Freyheit/ spricht der scharff- sinnige und weise Jesuit/ Adamus Contzen/ ist fast verhaffet/ und meldet Petrus Rebuffus selbsten/ er habe einen Weber/ der mit seinem hellen Singen/ den Student en waͤre hinderlich gewesen/ außgetrieben. Dann/ als der Magistrat die Freyheiten und Rech- ten der Student en gehoͤret/ und reifflich erwogen/ auch dem un- gestuͤmmen Musicant en auferleget/ entweder leiser zu singen/ oder auß dem Hauß zu weichen/ hat der Weber lieber das Hauß verlassen/ als seine Stimme maͤssigen wollen. 4. Ein Scholar hat Macht in dieser/ die dritte Freyheit an- treffender Sachen/ auch an einem Feyer-Tag zu klagen/ wann gungsame Ursachen seyn. 5. Jn dieser/ die dritte Freyheit antreffender Sache/ soll kuͤrtz- lich und Summari scher Weise verfahren werden/ sonsten muͤsten die Student en durch lange Jahr verhindert/ darnider ligen. 6. Wann ein Urtheil wider einen Hammer- oder Pocher- Schmidt/ wegen der dritten Freyheit/ gefaͤllet/ darff er nicht darvon appelli ren. 7. Ein Scholar kan Jemand zwingen/ daß er ihm sein Hauß/ Kammer und Pferde vermiethe. Diese Freyheit ist gar hart/ jedoch gegeben. 8. Kein Hauß Herꝛ kan einen Student en auß dem vermiethe- ten Hauß treiben/ wann er gleich selbsten eines Hauses bedarff. 9. Wann die Miethzeit auß/ und der Student ferner so viel zahlen wil/ als ein anderer sich erbeut/ muß der Student den Vorzug haben. 10. Wann ein Doctor, oder Scholar, ein Hauß gemiethet hat/ das einem andern Scholar en vermiethet ist/ und die Mieth- Zeit noch nicht verflossen/ hat er den Kirchen-Bann verwuͤrcket. 11. Wann ein Scholar, auß erheblichen Ursachen/ vor dem Außgang der Miethzeit seinen Abzug nimmet/ ist er nicht schul- G dig Deß Academi schen dig fuͤr das gantze Jahr/ sondern nur so viel es außtraͤget/ weil er im Hauß gesessen/ zu zahlen. 12. Wann ein Student ein Hauß/ oder Stuben/ gemiethet/ und darauß zeucht/ hat er Macht/ einen andern an seine Stelle zu weisen. 13. Wann in einer Stadt ein Gesetz waͤre/ es solte Niemand mehr Getraͤyde/ als ihm vonnoͤthen/ einkauffen/ der Scholar aber kauffete zur Vorsorge auf ein gantz Jahr/ und zoͤge nach einem halben Jahr darvon/ faͤllet er mit nichten in die Straffe/ wofern er willens waͤre/ ein gantz Jahr an dem Ort zu bleiben. 14. Wann ein Scholar von einem Ort abzeucht/ kan er von gemeinen Dingen einen Theil fordern. 15. Wann ein Scholar die Flucht nimmet/ macht solches ihn nicht verdaͤchtig an der Missethat/ so geschehen/ sondern es ist vermuthlich/ daß er seine Eltern besuchet/ und nach Geld trachtet. 16. Wann ein Scholar etwas verliehen hat/ obwol die Zeit/ solches zu nutzen/ nicht verlauffen/ hat er doch Macht/ solches wieder zu fordern/ wann er anders wohin sich begeben wil. 17. Wider einen Student en/ der seine Studi en zu enden geden- cket/ (entweder gantz/ oder an dem Ort/) wann Jemand etwas mit Rechten zu suchen hat/ kan er solches zu thun gezwungen werden; Oder/ wofern er es innerhalb gewisser Zeit/ die ihm der Richter benahmet/ unterlaͤsset/ wird ihm ein ewiges Still- schweigen auferleget. 18. Die Student en tragen keine Beschwerungen wegen der Wohnungen/ in welchen sie sich befinden. 19. Die Buͤcher der Student en koͤnnen nicht fuͤr eine still- sch weigende Verpflichtung geachtet werden/ wegen deß hinter- stelligen Haußzinß. 20. Vor diesem war eine Freyheit/ daß/ wann ein Student unerbarlich lebete/ und ein anderer Hauß-Genoß auch uner- barlich/ der Hauß-Genoß/ aber nicht der Student, koͤnte fort- getrieben werden. Es war eine Freyheit/ aber eine aͤrgerliche. 21. Jst eine Freyheit gewesen/ aber nicht werth/ mehr zu er- zehlen. 22. Jn Franckreich war eine sonderbare Freyheit/ daß die Student en mit Namen zu guten Pfruͤnden und Wuͤrden koͤnten erkieset werden. 23. Wann ein Student Geldes halben nach Hauß verraͤyset/ und bald wiederkommet/ behaͤlt er die Freyheiten der Universi- taͤten/ Romans I. Buch. taͤten/ und in die fuͤnffjaͤhrige Zeit wird solches Abwesen (auf hohen Stifften/) eingerechnet. 24. Die Student en/ so zu guten Pfruͤnden seyn benennet wor- den/ wann sie den Prælat en ihre Benennungen vorlegen/ und die Einkommen begehren/ koͤnnen nicht wiederum examini ret wer- den/ weil die Universit aͤt/ die solche examini ret/ und zu den Gra- dibus promovi ret/ sie hiermit hat gebilliget. 25. Jn Franckreich muß ein Pfarrer in dem Flecken den Gra- dum, oder zum wenigsten 3. Jahre studi ret haben. 26. Wann ein Student einem andern verlaͤsset die Einkom̃en seiner Pfruͤnde auf 3. Jahr/ oder darunter/ und unterdessen stir- bet/ muß der Jenige/ welcher in der Pfruͤnde folget/ solche Hin- terlassung gut heissen/ dieweil sie den Studi en zum Besten/ und daher der Kirchen zum Nutzen gemacht worden. 27. Die hohen Pfruͤnden gehoͤren den Gelehrten/ wofern das Leben mit der Geschicklichkeit uͤbereinstimmet. 28. Ein Student, welcher in Stifft-Kirchen einen Chor- Schuͤler haͤlt/ ist befreyet von den Sing-Stunden/ wofern er taͤglich das Amt der Jungfrauen/ und die fieben Buß-Psalmen spricht. 29. Die Scholar en duͤrffen nicht Persoͤnlich seyn/ wo sie ihre Pfruͤnde haben. 30. Die Scholar en duͤrffen dem Bischoff nichts geben/ darum/ weil sie nicht wesentlich bey ihren Pfruͤnden seyn. 31. Die Student en geniessen der Einkommen ihrer Pfruͤnden/ als wann sie zugegen waͤren. 32. Das Recht zu d’Wahl behalten sie auch in ihrem Abwesen. 33. Es ist nicht vermuthlich/ daß sie auf einen Betrug sich ab- wesend machen. 34. Wann einer seine vorige Studi en zu wiederholen sich befin- det an einem Ort/ der nicht befreyet ist/ behaͤlt er doch die Frey- heit der Student en. 35. Wann einer einmahl auf der Universit aͤt eingeschrieben ist/ er komme so offt wieder/ als er wolle/ darff er doch nichts mehr zahlen. 36. Wann ein Scholar wegen seiner Studi en verbunden ist/ daß er innerhalb eines Jahres nicht soll zum Priester geweyhet wer- den/ kan er von dem Bischoff Dispensation oder Erlaubnuͤß be- kommen. 37. Solche Erlaubnuͤß kan der Bischoff ohne scheinbare Ur- sachen nicht widerruffen. G 2 38. Wegen Deß Academi schen 38. Wegen dieser Dispensation, oder Erlaubnuͤß/ soll kein Geld genommen werden. 39. Mit Student en und Gelehrten ist leichtlich zu dispensi ren. 40. Wer einen Gradum hat/ (entweder Magister oder Licen- tiatus ist/) kan mit Dispensation 4. Pfruͤnden besitzen. 41. Die Zinse/ die ein Bischoff Jemand wegen der Studi en ge- geben hat hoͤren nicht auf/ wofern die Pfruͤnden/ die er bekom̃er/ darnach seyn; Unterdessen/ ehe der Scholar sein Studi ren voll- bringet/ darff er nicht an dem Ort/ da die Pfruͤnde wesentlich ist/ seyn. 42. Ein Bischoff kan mit seinem Capitel ordnen/ daß ein jeder Thumherꝛ etwas von seinen Einkommen darschieffe/ einem ar- men/ Siun-relchen und fleissigen Student en fortzuhelffen. 43. Die Wissenschafft an einem armen Gesellen kan ihn reich machen. 44. Daher muͤssen ihrer viel den Gelehrten dienen. 45. Student en/ wann sie gelehrt worden seyn/ werden fuͤr Edle gehalten. 46. Ein Doctor, der auch ohne Muͤhe das Seinige verrichtet/ verdienet seine Besoldung. 47. Arme/ aber gesunde und starcke Student en/ die betteln/ koͤnnen nicht zu der Arbeit gezwungen werden/ wie auch nicht die Edlen. 48. Wann Zweene mit gleichen Gaben und Tugenden er- waͤhlet werden/ auf einer Seiten von ungelehrten Leuten/ auf der andern von einer Universit aͤt/ wird die Wahl der Universi- t aͤt vorgezogen. 49. Den Gelehrten soll das Regiment befohlen werden. 50. Ein gelehrter Student wird einem ungelehrten Doctor n vorgezogen. 51. Ein Student, der andere|lehret/ wird gelehrter. 52. Einem gelehrten Student en gebuͤhret eine bessere Morgen- Gabe mit der Braut. 53. Ein Vatter kan gezwungen werden/ daß er seinem Sohn den Verlag zu dem Studi ren schaffen muß. 54. Jm Anfang deß Mondes ist der Vatter schuldig dem Sohn das Pension- Geld herauß zu geben. 55. Jn der Erbtheilung behaͤlt ihm ein Scholar seine Buͤcher bevor/ und darff sie nicht zu dem andern Guth legen. 56. Die Buͤcher deß Student en werden unter das ihm gebuͤh- rende Erbguth nicht eingerechnet/ und wird in einem zweiffel- hafftigen Romans I. Buch. hafftigen Fall darfuͤr geachtet/ der Vatter habe solche dem Sohn geschencket. 57. Wann Student en gezwungen werden/ die Buͤcher unter das gemeine Guth zu werffen/ koͤnnen sie solche behalten/ und was die Buͤcher moͤchten werth seyn/ darfuͤr binlegen. 58. Was dem Sohn von dem Vatter gelieben worden/ kan wieder gefordert werden. Mutuum filii à patre datum repeti potest. 59. Die Schulden/ welche ein Student zu seinen Studi en ge- macht/ muͤssen auß gemeinem Erbguth bezahlet werden. 60. Was dem Sohn geschencket worden/ (vom Vatter/) gilt/ wofern er studi ret. 61. Und kan solche Schenckung nicht widerruffen werden. 62. Der Vatter kan von denen Guͤthern/ die er solcher Mas- sen geschencket/ den Nutzen nicht einnehmen. 63. Ein Student, wann er einem andern was (verstehe von Buͤchern und Stuͤcken/ die einem Student en noͤthig/) schencket/ und den Vorsatz hat/ von dem Studi ren zu lassen/ aber nach- mahls sich besinnet/ und bey dem Studi ren bleibet/ hat Macht/ sein Geschenck zu widerruffen. 64. Wann einem Studioso etwas geschencket worden/ ob es gleich uͤber 500. Guͤlden lieffe/ darff doch keiner Rechtlichen In- sinuation. 65. Ein Student, welcher eines Professor en Sohn/ behaͤlt das Burger-Recht seines Vatters. 66. Ein Doctor ist schuldig einen armen Student en zu er- naͤhren. 67. Die Doctor en koͤnnen Zeugen seyn fuͤr ihre Student en und Schuͤler. 68. Der ist fuͤr gelehrt zu halten/ welchen seine Zuhoͤrer fuͤr gelehrt schaͤtzen. 69. Ein Doctor kan zu einem Richter nicht verworffen wer- den/ in Sachen seiner Student en/ Student en aber koͤnnen den or- dentlichen Richter verschlagen. 70. Student en koͤnnen ihre Doctor en nicht verklagen/ ohne erlangete Erlaubnuͤß. 71. Doctor en sollen ihre Zuhoͤrer nicht schlagen. 72. Eines gelehrten Doctor n/ der sittsam/ und eines guten Gewissens ist/ Senten tz/ wann sie auch wider die gemeine Mey- nung streitet/ kan der Zuhoͤrer folgen. 73. Der Student, wann er von seinem Vatter heim beruffen G 3 wor- Deß Academi schen worden/ kan wiederum darvon ziehen/ ob er gleich mit einem Eyde zugesaget/ nicht darvon zu ziehen. 74. Welcher schwoͤret/ er wolle seinen Rector en begleiten/ ist nicht schuldig/ ihn allezeit zu begleiten/ wofern er zu Hauß stu- di ret. 75. Student en/ welche den Rector n ungehorsam seyn/ wie- wol sie den Eyd brechen/ werden nicht Ehrenruͤhrige. 76. Ob sie schwoͤren/ sie wollen diesen oder jenen Ehren- Grad auf andern Universit aͤten nicht annehmen/ wann sie aber eine neue Ursach haben/ auch ein neues Examen, koͤnnen sie solches thun. 77. Wann ein Vatter auf der Universit aͤt/ oder Schul/ seinen Sohn besuchet/ kan er daselbst/ wegen anderer Handlungen/ Kauff- Pact en und Vertraͤgen/ mit Recht nicht belanget wer- den/ es sey dann/ daß er auß einer andern Ursach dem Ort ver- pflichtet sey. 78. Viel weniger kan der Vatter daselbst gefaͤnglich auf ge- balten werden in Repressali en/ das ist/ in Sachen/ wann eine Obrigkeit der andern Obrigkeit die Unterthanen/ oder derselbi- gen Guͤther/ gegen einander verkuͤmmert. 79. Wer Bluts-Verwanthen/ Dienern und Botten der Stu- dent en Schaden zufuͤget/ muß solchen vierfach vergelten. 80. Ein Befehl/ der zu lieb und zu gut den Student en gege- ben worden/ verleuret seine Krafft nicht/ durch den Tod dessen/ der ihn gegeben hat. 81. Die Doctor en und Student en seyn nicht schuldig/ die schrifftliche Befehle/ Abschiede und Erkaͤnntnuͤssen deß Papfies zu vollziehen. 82. Wo 2. schrifftliche Befehle/ Abschiede und Erkaͤnntnuͤssen seyn/ gantz in gleicher Form/ wird doch darfuͤr gehalten/ daß/ was fuͤr die Student en dienet/ vorgehe. 83. Die Guͤrher der Studenr en sollen nicht gefangen werden. 84. Ein Sinn reicher und Gelebrter/ wann er auch nicht 5. Jahre in den Studi en zubracht/ kan gleichwol Doctor werden. 85. Die Begierde einen andern in der Wissenschafft zu uͤber- treffen/ ist keine Suͤnde. 86. Ein Student, dessen Wuͤrdigkeit und Geschicklichkeit oͤf- fentlich bekandt/ soll nicht examini ret werden. 87. Ein Student kan auß dem Examine verwerffen/ einen un- gelehrten Doctor n. 88. Jm vorigen Fall gruͤndet man sich auf den Eyd deß Stu- dent en. 89. Jn Romans I. Buch. 89. Jn dem Anfang einer Lection, welche die Student en an- fangen/ soll der Doctor keine Mahlzeit heischen. 90. Ein Doctor soll von den Armen nichts nehmen. 91. Ein schrifftlicher Befehl und Abschied gilt nichts wider ei- nen Studenten/ wann nicht darinn gedacht wird/ daß er ein Student sey. 92. Ein schrifftlicher Befehl/ oder Urkund/ einem Student en gegeben/ wird darum nicht unkraͤfftig/ wann er darinnen nicht von seinem Vatterland/ sondern dem Ort/ da er studi ret/ genen- net wird. 93. Die Veraͤnderung deß Namens ist einem Student en nicht verbotten. 94. Den Student en seyn erlaubet/ Kleider von allerley Far- ben und Trachten/ dann sie seyn Fremde. 95. Welcher versprochen/ einem Student en ein Buch zu schrei- ben/ wird nicht erloͤset/ wann er den Lohn gut machet/ sondern es ist vonnoͤthen/ daß er das Werck zu Ende bringe. 96. Er ist auch schuldig/ solches mit seiner rothen oder schwar- tzen Dinten zu schreiben. 97. Ein Student darff einen Schreiber/ der zusaget/ an einem gewiffen Werck zu schreiben/ auß eigener Macht fahen/ wann ihn derselbige betreuget. 98. Jn den Laͤndern/ die der Roͤmischen Kirchen eigenthuͤm- lich zustehen/ hat der Kaͤyser Gewalt/ einen unehrlich-gebohr- nen Student en ehrlich gebohren zu machen. 99. Der Schaden eines gekaufften Dinges gehet nicht an den Student en. 100. Es kan einer gezwungen werden/ daß er seinen Platz verkauffe/ eine Schul zu erweitern/ oder ein Collegium aufzu- bauen. 101. Die Oerter/ welche Student en innhaben/ darff keiner ein- nehmen. 102. Jn keiner Schul kan ein Studiosus gefangen werden/ er sey dann Rebellisch seinen Doctor en. 103. Die Unbilligkeit/ welche einem Student en wiederfaͤhret/ wird geachtet/ ob sie allen geschehen. 104. Die allervertraulichste Freundschafft wird gestifftet/ durch Gleichheit der Studi en. 105. Der Richter hat Macht/ auch wann keine Anklaͤger vor- handen/ nach zuforschen/ auf die Jenigen/ welche Student en be- truͤbet; Dann es ist ein Kirchen-Raub/ das Hauß eines Stu- dent en beleydigen. G 4 106. Wann Deß Academi schen 106. Wann ein Student beleydiget wird/ neben einem andern/ der kein Student ist/ theilet er mit seinem Gesellen seine Freyheit/ damit sie zugleich bey den Beschirmern der Gemeinde klagen koͤnnen. 107. Eine Gesellschafft weniger Student en kan einen Syndi- cum machen/ das ist/ einen ordnen/ mit Befehl/ ihre Sachen vor Gericht zu handeln. 108. Wann ein Student getoͤdtet wird/ aber der Thaͤter nicht gefangen wird/ seyn die 10. naͤchfte Haͤuser 5. Jahr lang unter dem Verbott der Kirchen. Wann auch einem Student en etwas gestohlen wird/ muß die Nachbarschafft darfuͤr hafften. 109. Ein Doctor, oder Student, der trefflich gelehrt/ und we- gen einer Mißhandlung zum Tod verurtheilet ist/ kan um seiner Geschicklichkeit willen mit dem Leben beschencket werden. 110. Kein Student, auch nicht ihre Diener/ sollen Waffen un- ter das Volck tragen. 111. Ein Student, wann er falsche Muͤntze unwissend auß- gibt/ wird nicht gestrafft/ dann es ist vermuthlich/ daß er mehr die Rechte/ als das Geld/ kenne. 112. Wann Student en/ nach Ubergab ihrer Guͤther/ seyn reich worden/ ob sie wol muͤssen den Glaͤubigern wieder einantwor- ten/ koͤñen doch die Buͤcher ihnen keines Weges genom̃en werden. 113. Buͤcher koͤnnen den Student en auß keiner Ursach genom- men werden/ auch nicht unter dem Schein/ ein gefaͤlletes Urtheil zu vollziehen/ er sey dann seltzam/ und lasse sich nicht weisen. 114. Die Buͤcher sollen keinem andern/ ohne außdrucklichen Befehl/ gegeben werden. 115. Juden/ und andere/ welche die Buͤcher der Student en kauffen/ koͤnnen solche nicht so lang behalten/ biß sie von dem Herꝛn abbegehret werden. 116. Ein Kramer ist schuldig/ den Student en die Buͤcher vor- zulegen/ daß sie sehen/ ob solche ihre gewesen. Derenthalben seyn sie gezwungen/ wo einer klagen wil/ dem Klaͤger die Buͤcher vor- zulegen/ damit er seinen Vorsatz darauf gruͤnde. 117. Wiewol die Juden bey den Christen nicht wohnen sollen/ jedoch werden der Juden Kinder von den Schulen der Christen nicht außgeschlossen. 118. Die Student en werden andern Glaͤubigern vorgezogen/ und haben hierinn einen solchen Vortheil/ daß die Guͤther der Stadt den Professor en fuͤr ihre Besoldung verpfaͤndet geachtet werden. 119. Ein Romans I. Buch. 119. Ein Student, der verletzet worden/ wann sein Studi ren noch waͤhret/ kan suchen/ daß man ihn wiederum in sein voriges Wesen setze. 120. Ein Student, der von dem Buchfuͤhrer betrogen worden/ hat alsbald den Rechts-Handel wider ihn/ von wegen eines un- redlichen Kauffes/ und wird der Buchfuͤhrer gezwungen/ das Seine wieder zu nehmen/ und dem Student en das Seinige zu geben. 121. Ein Student auf einem Academi schen Ort kan wegen Handlungen/ die er anders wo getroffen/ nicht belanget werden. 122. Auch nicht wegen Verpflichtungen/ die vor dem Studi- ren geschehen. 123. Auch nicht wegen einer Missethat auf einer andern Uni- versit aͤt veruͤbet. 124. Es wird auch den Student en Buß-Zeit gelassen/ auf daß/ wann er das Angenommene wieder gibt/ er nicht fuͤr Ehr-loß geachtet werde. 125. Student en geniessen aller Freyheiten der Burger/ bey welchen sie wohnen. 126. Und seyn doch Student en dergestalt Buͤrger der Stadt/ in welcher sie wohnen/ daß sie derselben Nutzen/ aber nicht ihren Schaden empfinden. 127. Derhalben seyn sie nicht schuldig/ die Beschwerungen der Stadt mit zu tragen/ wann gleich in dem Fall ein Gesetz vor- handen waͤre/ wider ihre Freyheit. 128. Ein Student kan von den Guͤthern/ so ihm vom Vatter/ und andern/ geschencket worden/ im Testament schaffen/ wie er wil. 129. Student en werden gehalten/ als Fremdlinge/ und die von dem Gebrauch der Stadt nicht wissen/ sollen von allen ge- schuͤtzet werden/ und gehoͤren zu der Bottmaͤssigkeit der Kirchen. 130. Wann ein Vermaͤchtnuͤß im Testament verschaffet ist/ kan ein Doctor dieselbige alle haben/ die zu seiner Facult aͤt gehoͤ- ren/ wofern er in vielen promovi ret/ auch in der Artzney. 131. Legatum Studioso debetur in Loco Academiæ, nec mi- nuitur ob sumptus deferendi, nisi aliud testator caverit. 132. Wann einem Student en Dinge/ so zur Nahrung gehoͤ- ren/ im Testament verschaffet werden/ soll man es ihme mit Geld abstatten. 133. Ein ungewisses Vermaͤchtnuͤß gilt wegen der Studi en/ und wird darfuͤr gehalten/ als ob es zu milden Sachen verschaf- fet. G 5 134. Wann Deß Academi schen 134. Wann einem Studenten im Testament etwas vermacht worden/ benimmet ihm nichts das Gesetze/ Falcidia genennet/ welches sonsten die Vermaͤchtnuͤß beschneidet/ wann zum we- nigsten den Erben der vierdte Theil der Guͤther nicht hinterstel- lig bleibet. 135. Wann etwas dem Bettel-Orden vermachet ist/ gilt es in Sachen der Studi en. 136. Ein jaͤhrliches Vermaͤchtnuͤß soll im Anfang deß Jahrs erleget werden. 137. Wann ein Vermaͤchtnuͤß nicht mit gewoͤhnlichen und gebraͤuchlichen Umstaͤnden geschehen/ ist aber 3. Jahr lang erle- get worden/ muß es ins kuͤnfftige auch geschehen. 138. Wann Buͤcher im Testament deß Student en vermacht werden/ wird darfuͤr gehalten/ es sey ihnen Geld/ solche zu kauf- fen/ vermachet worden. 139. Studenten koͤnnen dem Pfarrer/ in dessen Pfarre sie wohnen/ oder einem and’n/ der rechtmaͤssige Gewalt hat/ beichten. 140. Ein Student kan der Freyheit nicht entsetzet/ oder auß dem Buch/ in welches er ist eingeschrieben worden/ geloͤschet werden/ es sey dann die dritte Warnung vorgangen. 141. Wann er ist geheiffeu worden/ sich einschreiben zu lassen/ wird er fuͤr eingeschrieben geachtet/ so viel die verwuͤrckte und erkannte Straffe anlanget/ wann er einen Studenten beleydi- get hat. 142. Wann er auch auß dem Buch der Universit aͤt geloͤschet worden/ geniesset er der Freyheit/ biß er bey einer andern Uni- versit aͤt eingeschrieben wird. 143. Studenten koͤnnen in der Stadt/ welche in dem Geist- lichen Verbott ist/ Lectiones hoͤren/ wann gleich ihre Doctores unter dem Verbott mit begriffen seyn. 144. Wann ein Student einen Clericum mit etwas wenigem schlaͤget/ kan er von dem Apostolischen Conservator en absolvi ret werden. 145. Was die Studenten aufwenden/ wird darfuͤr gehalten/ daß sie es zum Nutz der Kirchen aufwenden. 146. Sie duͤrffen von denen Sachen/ welche sie mit sich tra- gen/ oder fuͤhren/ keinen Zoll entrichten. 147. Wann sie sprechen/ sie tragen Buͤcher/ muß man ihnen/ und ihrer Botten Eyd/ glauben. 148. Welche die Studenten zwingen/ daß sie Zoll geben muͤs- sen/ werden aller ihrer Freyheiten beranbet. 149. Stu- Romans I. Buch. 149. Studenten sind von Schatzungen/ Steuren und Bur- gerlichen Aemtern befreyet. 150. Studenten koͤñen als Repressali en nicht gefangen werden. 151. Ein Student/ der sonst in keiner Acht ist/ wo er gehet/ blei- bet/ wiederkehret/ ist allezeit sicher. 152. Ein Student hat zum Richter den Bischoff/ den Po- testat, den Rector, den Doctor. 153. Auch wann er das Recht bevestiget/ kan er einen andern Richter erwaͤhlen. 154. Wann er von einem Richter/ der uͤber ihn nicht zu gebie- ten/ vorgeheischet worden/ ist er nicht schuldig/ auf seine Freyheit sich zu beruffen/ dann er ist offenbahrlicher Weile besreyet. 155. Jn Burgerlichen und Peinlichen Sachen kan er auch/ ohne Vorbewuft seines Vatters/ Klaͤger seyn. 156. Ja/ er hat die Freyheit/ so viel die Buͤrgerlichen Sachen anlanget/ welche etliche auf die Muͤnchen ziehen wollen. 157. Wer einen Studenten zu einem fremden Richter zu zie- hen vermeynet/ hat seine Sache verlohren. 158. Doctores haben Bottmaͤssigkeit uͤber die Studenten/ nach dem Recht aller Universit aͤten/ und die seyn in vielen We- gen meineydig/ die anders wohin sich beruffen. 159. Auch die Magistri in den Kuͤnsten seyn Richter in den Strittigkeiten ihrer Schuͤler. 160. Ein Student/ der vor seinem Richter mit Recht vorge- nommen worden/ kan den Klaͤger wieder mit Recht vornehmen. 161. Studenten/ welche schuldig seyn/ koͤnnen zu vier Tag- Fristen sich aufhalten. 162. Studenten/ die Klaͤger seyn wollen/ duͤrffen nicht klagen vor dem ordentlichen Richter dessen/ den sie beklagen wollen. 163. Studenten koͤnnen von einem Urtheil/ das zuvor nicht in der Hauptsachen gesprochen worden/ appelli ren. 164. Studenten koͤnnen an den Ober-Richter schlecht zu ap- pelli ren/ und seyn nicht verbunden/ solches zu thun an den Mit- tel- oder Unter-Richter/ dieweil der Kaͤyser auß sonderbarer Gnade zu ihrem Schutz sich erbeut. 165. Ein Student/ der die Studi en gantz fahren laͤsset/ verleu- ret die Freyheiten; Wann er aber bißweilen die Schulen be- suchet/ oder zu Hauß studi ret/ behaͤlt er solche/ fuͤrnemlich/ wann er eines ziemlichen hohen Alters ist. 166. Die Diener/ Aufwarter/ Schreiber/ und andere beyge- hoͤrige Personen der Studenten/ auch daher gantze Collegi en gentessen der Freyheit derselbigen. 167. Der Deß Academi schen 167. Der Diener eines Studenten darff den Lohn/ es sey dann/ da er solchen/ und daß die Dingung geschehen/ melde/ nicht for- dern. 168. Wider die Studenten kan eine Vergeltung nicht gefor- dert werden/ dann auf die Weise koͤnte einer in grosse Ungele- genheit fallen. 169. Es wird niemahls darfuͤr gehalten/ daß ein Student auß Hoffarth den Academi schen Gradum suche. 170. Ein Student kan fuͤr seinen Geselien und Freunde/ fuͤr- nemlich in Sachen/ so die Studi en betreffen/ zeugen. 171. Ein Student kan einen andern Studenten zum Buͤrgen und Vorsprecher fuͤr sich stellen/ aber derselbige soll seine Frey- heit aufgeben. 172. Ein Student/ welcher fuͤr einen gut gesaget/ wann er ge- dencket ferner auf Univetsit aͤten sich zu begeben/ kan von dem Glaubiger begehren/ daß selbiger an seine/ deß Versprechers/ Stelle einen andern annehme. 173. Wann eine Obrigkeit einen Student en in Verhafft brin- get/ der sich erbeut/ Buͤrgen zu stellen/ und laͤsset ihn nicht loß/ kan der Student solche mit der Action Injuriatum vernehmen; Aber das gilt in Buͤrgerlichen/ und nicht Peinlichen Sachen. 174. Fuͤr die Unterhaltung/ welche Jemand auß keiner Schuldigkeit einem Armen reichet/ kan nichts gefordert werden. 175. Die Ubergab/ welche ein reich Weib ihrem Ehemann/ der ein Student/ thut/ ist kraͤfftig. 176. Einem Doctori wird zugerechnet die Zeit/ da er profiti- ret hat vor seinem Doctorat, zu Erhaltung der Pfaltzgraf- schafft/ welche einer verdienet/ der 25. Jahr profiti ret hat. 177. Ein Vatter kan seinem Sohn/ der ein Student ist/ eine Rechts Sache vertrauen/ und ihm uͤbergeben. 178. Alle diese Freyheiten seyn den Studenten auß eigener Bewegnuͤß/ von Kaͤysern/ Koͤnigen/ Fuͤrsten und Herren gege- ben/ und ist kein Betrug darunter verborgen/ insonderheit die/ welche in dem Buch/ Corpus Juris genannt/ begriffen. 179. Weil durch Geheiß oder Verbott eines Fuͤrsten allen Freyheiten ein Abbruch geschehen kan/ wird doch nicht darfuͤr gehalten/ daß es die Freyheiten seyn/ welche in dem Buch/ Cor- pus Juris genannt/ stehen; Zu dem kan eine sonderliche Freyheit durch ein gemein Gebott nicht entzogen werden. 180. Dieser Freyheiten geniessen auch die Hiftorienschreiber/ Redner und Grammatic- Meister/ nicht aber die Jenigen/ welche Alphabet- Romans I. Buch. Alphabet- Knaben lehren/ und unter den Schuͤtzen noch lernen/ auch im Geringsten nicht die Jenigen/ welche verbotteye Stuͤcke treiben. Bißhero die Freyheiten der Studenten/ welche Petrus Rebuffus zusammen gezogen/ und dergestalt geordnet hat. Nun ist unlaugbar/ erstlich/ daß die Kriegs- Leute weit nicht so viel Freyheiten erlanget/ als die Studenten/ und zwar auß gewissen Ursachen; Dann der Kriegs-Leuten Stand wird allezeit gefuͤhret mit gantzer Reichen/ Laͤnder/ Voͤlcker/ Staͤdten und Ge- meinen Schaden/ auch/ wann es gar gering abgehet/ verdrießlichen Unkosten; Dargegen ist solches bey den Studenten gar nicht zu befahren. Zum Andern ist unlaugbar/ daß etliche Freyhei- ten un-Christlich seyn/ daruͤber ich auch etwas uͤber- gangen/ und nicht setzen moͤgen. Zum Dritten ist unlaugbar/ daß etliche Frey- heiten nur bey gewissen Voͤlckern/ in Franckreich/ Jtalien/ Spanien/ und nicht uͤberal gelten; Etliche auch durchauß abgeschaffet seyn. Hierzu hat nicht wenig geholffen/ daß die Regnat en und Professor en bey den Universit aͤten die groben Verbrechungen mit schlechtem Eyffer gestraffet, und maͤchtigen Buben-Stuͤcken nachgesehen. Manche Acade- mi en haben ihre Freyheiten liederlich gehalten/ in langen Jahren kaum einmahl gebrauchet/ und end- lich dahin sterben lassen. Zum Vierdten ist unlaugbar/ daß/ so viel Frey- heiten an der Zahl seyn/ so viel seyn auch Zeugnuͤsse von der Hoheit und Wuͤrden der Studenten. Zum Fuͤnfften ist unlaugbar/ daß alle und jede Freyheiten sich auf ein gelehrtes Gemuͤth und ehr- barliches Leben gruͤnden. Das Deß Academi schen Das X. Capitul/ Der Printz von Tursis wird als ein Gefangener in Mantua gebracht/ woselbst ihn Troll vor dem Hertzogen auf eine sehr laͤcherliche Weise vertheidiget. H Jermit beschloß Klingenfeld seinen Discurs, an welchem alle Anwesende ein genugsam Ver- gnuͤgen schoͤpffeten/ ob gleich sie meist Solda- ten waren/ sie unterredeten sich aber hernach noch eine Zeitlang mit einander/ und liebeten den Teutschen wegen seiner sonderbaren Aufrichtigkeit/ erwiesen ihm auch alle Hoͤflichkeit. Als sie aber eben am Tisch neben einander sassen/ erhub sich ein Getuͤmmel auf der Straffen/ welches sie allerseits nach dem Fenster zog. Man sahe/ daß ein ansehnlicher junger Mensch in einem rothen Kleid zu Pferd von 6. andern zu Pferd gefangen eingebracht wurde/ so bald Troll denselben erblickete/ rieff er ihm zu/ und sprach: Herꝛ/ hieher/ hier wohne ich jetzt/ wo wollet ihr mit diesen Leuten hin/ seyd ihr Officierer oder Gefangener? Der ansehnliche Mann ersahe den Diener gar bald/ win- ckete ihm demnach/ er solle ihm folgen/ dannenhero Troll sich stehendes Fusses hinauß verfuͤgete/ und sei- nem Herꝛn folgete. Man fuͤhrete denselben gerades Weges nach dem Stadt-Richter/ weil aber derselbe eben abwesend/ und am Fuͤrstl. Hof war/ woselbst er die Ebentheuer erzehlete/ die er diesen Morgen mit Klingenfeld gehabt/ als musten sie mit einander im Unter-Hause etwas verziehen. Sie waren allerseits von ihren Pferden abgestiegen/ und hatten dieselbe einem ihres Mittels zu verwahren gegeben. Als aber Troll hinein zu ihnen tratt/ und sahe/ daß sie um sei- nen Herꝛn herstunden/ und ihn nicht auß den Augen lassen wolten/ da trung er durch sie hinzu/ und als man ihm den Zutritt verwoͤhren wolte/ schlug er dem einen/ der Romans I. Buch. der ihn zuruͤck stossen wolte/ so ungestuͤmm an den Halß/ daß er taumelte/ was hast du/ du Confutius, sprach er darbey/ mir den Zugang zu meinem Herꝛn zu sperren? Du solt wissen/ daß dieser Dominus, der ihr Lorrons bewahret/ wie einen Crumenisecam von eures gleichen gantz und gar nicht meriti ret/ solcher Gestalt capti ret/ custodi ret/ und als ein Maleficant tracti ret zu werden. Troll hatte dieses kaum außgere- det/ als der andere sich wieder aufgerafft hatte/ und ihm mit der verkehrten Hand dergestalt ins Angesicht schlug/ daß ihm Hoͤren und Sehen vergieng. Er sammlete aber seine Empfindlichkeit bald wieder zu- sammen/ und sprach zu seinem Beleydiger/ du Bestia rationalis, waͤrest du wol nicht dignissimus, daß ich dich deiner Narium und Aurium beraubete? Aber ich wil dieses Handwerck dem Carnifici uͤberlassen. Jnzwischen war er gleichwol zu seinem Herꝛn hinzu getrungen/ und nachdem er demselben angedeu- tet/ daß er sein Geld wolbehalten hieher gebracht/ hin- gegen gefraget/ was diese Leute an ihn prætendi rten? Da bekam er zur Antwort: Daß ihn diese Maͤnner hieher gebracht/ um ihn als einen Rauber und Moͤr- der in der Justi tz Haͤnde zu lieffern. Auf diese Worte lauschete er seinem Herꝛn diese heimliche Worte ins Ohr: Non sunt hæc mendacia, warlich diese Leute luͤgen nicht/ occidisti, spoliasti, das Rauben und Morden ist euch nichts neues/ aber ich dubiti re/ ob ihr eben diese Leute deßfalls beleydiget habt. Nun/ nun/ ich besinne mich/ ich kan meine Cogitationes wol be- greiffen/ und gedencken/ woher dieser Jrꝛthum ruͤh- ret/ Rubra tunica sanguinolentiam olet. Diese Kerl meynen/ euer rother Rock muͤsse euch Blut-schuldig machen/ aber harre paulisper, wir wollen bald aliud Responsum erwarten und anhoͤren/ daß euch Pursch Auditus Deß Academi schen Auditus und Visus, Gustus \& Tactus, ja Olfactus sel- ber und alle innerliche Sinne darvon vergehen/ ver- schwinden/ verfliegen/ verlauffen und wegkommen werden/ wartet nur ein wenig/ wo ist Major domus? Wo ist Judex hier? Wie heisset er? quale ipsi nomen? Jst er noch nicht in baptismate gewesen? Lasset mich zu ihm/ ich wil ihm die Sache so eleganter \& metho- dicèremonstri ren und demonstri ren/ daß mein Te- stimonium omni exceptione majus seyn soll. Hiermit wandte er sich von seinem Herꝛn/ und winckete/ er moͤchte sich zufrieden geben/ er wolle es schon richtig machen/ und sein getreuer Vorsprecher seyn. Er lieff aber hinauß in den Hof/ und schrie uͤberlaut: Holla! Holla! wo ist der Herꝛ im Hauß? Es kam darauf ein Diener auß dem Hauß/ und sprach: Freund/ gebt euch zufrieden/ der Herꝛ Richter wird zeitlich genug wieder hier seyn/ er ist ein wenig zu unserm Durch- leuchtigsten Herꝛn auf das Schloß hingegangen/ verziehet nur ein wenig/ er wird nicht lange aussen bleiben. Du liederliche Bulla, gab Troll diesem Mann zur Antwort/ du nennest mich Amicum, da ich doch sehen muß/ daß mein Herꝛ unschuldiger Weise in diesem Hauß als ein Missethaͤter/ oder ad mi- nimum, wie ein captivus homo dehonesti ret/ tra- cti ret/ und molesti ret wird. Nachdem er dieses gesaget/ sprang er wie ein Reh wieder in das Hauß hinein/ und redete den Hauffen/ der seinen Herꝛn be- wahrete/ folgender Gestalt an: Agedum, sodes, wer ist nun euer aller Orator, und meines innocentissimi Domini Beschuldiger und Accusator, veni mecum, komme fein bald/ wir wollen Fabium in ipsa ustrina suchen/ der Meister auf der Werckstaͤtte kan uns am besten helffen. Alsobald præsenti rete sich der Ansehn- lichste Romans I. Buch. lichste unter den andern/ welcher auf seine Brust klopffete und sagte: Was wilt du Kerl? Hier ist der Mann/ der diesem deinem Herꝛn das Leben kan er- halten/ oder absprechen/ ich kan ihn scharff oder ge- lind anklagen/ ob gleich sein Verbrechen offenbar ist. Troll hielte zween Finger auf die Nase/ und sahe ihn an/ als durch einen Bruͤll/ du bist mir wol/ sprach er darbey/ ein recht possierlicher Quant, du bist Actor und Judex, ja auch Testis zugleich. Du must voll grosser Einbildung seyn/ sicut omnia stultorum sunt plena. Jndem er weiter zu reden fortfahren wolte/ schlug ihn der andere gantz ungewaschen ins Ange- sicht/ und sagte: Halts Maul/ du Lumpenhund/ oder hast du was gegen mich und fuͤr deinen Herꝛn anzu- bringen/ so thu es mit Bescheidenheit/ und ohne Ver- hoͤhnung. Troll sahe wol/ daß er die groͤste Schuld zu der Ohrfeige gegeben hatte/ und daß ihm sein Herꝛ eine verdrießliche Mine deßwegen machte/ dannenhe- ro redete er den/ der ihn geschlagen hatte/ also an: Bist du ein rechtschaffener Vir, und confidi rest deiner Sachen/ so komme stante pede mit mir/ der kleine Richter ist bey dem Grossen/ ibi virtus unita est, da wird uns das Recht am ersten entscheiden/ quid mihi cum alapis? Ohrfeigen wollen es nicht außmachen/ sie exacerbi ren nur die Gemuͤther/ daß man seiner Sinnen berauber wird/ und nicht wissen kan/ quid dicere, quid narrare, quid agere debeamus. Es ist aber ein elender Mann/ der nicht weiß/ was er reden und thun oder lassen soll/ darum Pax vobiscum, jaget dem Frieden nach/ und folget mir nach der hohen Ju- sti tz/ ich wil den Weg zeigen. Es schiene/ daß der andere eben so grosse Lust hatte/ bald abgefertiget zu werden/ derowegen machte er nicht viel Worte/ sondern wandte sich nach der H Thuͤr/ Deß Academi schen Thuͤr/ Troll stellete sich neben ihn/ zohe den Hut ab/ und sprach: I præ, Domine, ego sequar, dem Herꝛn gebuͤhret der Ober- Rang, er hat einen silbernen De- gen an der Seiten. Jener sperrete sich nicht lange/ sondern weil er merckete/ daß keine Boßheit in dem Diener stack/ kehrete er sich weiter nicht an seine Re- den/ sondern gieng seines Weges/ und Troll blieb ihm bestaͤndig an der lincken Seiten/ er forschete wol dreissig mahl auf der Strassen/ wo der Hertzog lo- gi rte/ aber man wiese ihn allwege an einen gewissen Ort. Endlich kamen sie mit einander vor das Schloß/ woselbst der Gegenparth stehen blieb/ um sich von der Schildwache examini ren zu lassen/ aber Troll wolte gerade hindurch lauffen/ wannenhero ihm die Schild- wacht die Musqueten vorhielte/ und ihn zuruͤck stieß. Der possierliche Knecht nahm solches sehr uͤbel auf/ und sagte: Hem! Papæ, huy! Und als der Soldat/ der ein Schweitzer war/ diese Worte hoͤrete/ reichete er ihm die Hand/ und sagte: Du hast recht/ Lands- Knecht/ ich heisse Hein Papegey/ weil du mich dann so eigentlich kennest/ so magst du passi ren. Jn dem- selben Augenblick aber tratt ein Officier herauß/ und fragte den Diener/ wo er hin wolte? Jhr sehet ja wol/ war seine Antwort/ daß mein Nasus nach jenem Thor gerichtet ist/ und wann ich nicht wuͤste/ daß Se- renissimus Dux vester, mein gnaͤdigster Herꝛ/ allhier sein Logiment haͤtte/ so haͤtte ich die Bruͤhe von euch und eures gleichen/ ihr seyd doch rechte Executores plebis, vollkommene Baurenschinder/ und kein ehr- licher homo civicus kan vor die Virginit aͤt seiner Tochter mit gutem Gewissen Buͤrge werden/ weil er weiß/ daß ihr alle auß dem Geschlechte der Diete- richen seyd/ und es euch keine Difficult aͤt gibt/ jedes Schloß/ das euch fuͤrgeleget wird/ oder das ihr euch selber Romans I. Buch. selber proponi ret/ zu reseri ren und zu eroͤffnen/ es ge- schehe gleich cum oder sine voluntate Domini, dem es gehoͤret/ mag es gerne sehen oder nicht. Jhr seyd und bleibet Hanß Unverschaͤmt. Aber Amice, saget mir/ seyd ihr dieses Papegeyen Officier/ so werdet ihr auch auß Ost- oder West-Jndien kommen/ wie stehet es daselbst? Wie stunde es/ als ihr von dannen gienget/ und wie wird es daselbst hinkuͤnfftig stehen/ wann wir mit einander dermahleins loco panis unsere Zaͤhne mit Erde fuͤllen muͤssen/ hoc est, wann wir nemlich todt sind/ und nunmehr nicht mehr noͤthig haben/ uns fuͤr euren Bombardis zu fuͤrchten? Der Officier merckete wol/ daß an diesem Men- schen keine sonderliche Ehre zu erlangen/ wolte sich demnach nicht weiter in Discurs mit ihm einlassen/ sondern wandte sich zu dem andern/ und als er den- selben befraget/ ließ er sie beyde im Schloß anmel- den/ wolte sie aber nicht passi ren lassen. Jnzwischen machte sich Troll gewaltig unnuͤtze/ und beschwerete sich/ daß man wider das Jus Gentium handle/ indem man einem freyen Menschen die freye Strasse zu wandern/ und sein Recht zu suchen/ zu waͤgern sich er- kuͤhnete. Er prahlete dergestalt/ und machte solche Hand-Gebaͤrden/ daß die Leute in dem innersten Schloß-Hof zusammen kamen/ und diesen possier- lichen Prahler betrachteten. Durch dieses Geraͤusch ward der Hertzog selber zum Fenster gezogen/ welcher deß Trolls bald gewahr ward/ dannenhero winckete er auß dem Fenster/ man solle ihn nur herein kommen lassen/ dann hohe Herren haben ins gemein ein gros- ses Belieben an sothanen Leuten und ihren Aufzuͤ- gen. Solchem nach wurden sie Beyde mit einander hinein gelassen/ und weil Troll merckete/ daß solches auf das Zuwincken dessen/ der im Fenster gelegen/ H 2 gesche- Deß Academi schen geschehen war/ bildete er ihm ein/ dieser waͤre der Commendant, oder Obriste im Schloß/ so uͤber die Soldateska zu commandi ren haͤtte/ fassete demnach den andern/ seinen Gegenparth/ bey dem Rock/ und gieng neben ihm her/ zum Schloß hinein. Man ließ ihn alsobald vor den Hertzog tretten/ der in einem praͤchtigen Zimmer mit seinen Leuten war/ und als derselbe den Troll anredete/ wer er waͤre/ und was er mitbraͤchte/ gab dieser zur Antwort: Strenuissime Domine, gnaͤdiger Herꝛ Obrister/ ich habe mich ent- bloͤdet/ jenem Papegeyen/ der auf der Schildwache vigili rte/ mein wichtiges Negocium anzumelden/ \& parum refert, was ists daran gelegen/ ob ein solcher Maul-Aff darum weiß oder nicht. Jhr aber/ Illu- strissimo Signoro, wollet zwey Dinge von mir wissen: Quis sim, wer ich bin/ \& quid afferam, und was ich mit mir bringe? wir wollen secundum ordinem gehen/ und diese Quæstiones auß dem Grunde beantworten. Scias ergo, viator, quisquis es, ich sage/ ihr sollet wissen/ daß ein jeder Homo ist pulvis \& cinis, wann demnach alle Menschen Staub und Asche sind/ wie kan ich mich dann entbrechen/ auch einer solchen Etymologia zu unterwerffen? Jch bin ein Mensch/ Erde und Asche/ aber cœteris paribus, nemlich nur in potentia, aber nicht in actu, nemlich/ wann meine anima ratio- nalis von dieser Wohnung gaͤntzlich excedi rt/ so wer- de ich alsdann allererst wieder zur Erden werden/ da- von wir allerseits genommen sind/ nisi, es sey dann/ daß der Juͤngste Tag uns wie ein Fallstrick uͤberfaͤllet/ da wir mit diesen fleischlichen Leibern in die Hoͤhe steigen werden/ wann aber solches geschehen wird/ das weiß der Himmel/ horam enim nescit, quicunq́ue est homo. Zum Andern/ zielet eure Quæstio dahin/ was ich mit Romans I. Buch. mit mir bringe? Jch sage: Homo hominem ducit, terra terram, cinis cinerem, bin ich ein Mensch/ Erde/ und Asche/ so ist es dieser Kerl auch/ diesen bringe ich mit mir/ wuͤrdet ihr mich aber fragen/ was mein De- siderium sey/ so wuͤrde longè aliud, warlich etwas Wichtigers herauß kom̃en. Der Hertzog hatte grosses Behagen an der lustigen Humeur dieses Manns/ fragte demnach/ was er verlange? Darauf dann Troll sich recht gegen seinen Widerparth uͤberstellete/ und zu demselben also sprach: Jam de tuo luditur co- rio, mein Freund/ du bist Klaͤger/ so must du auch am ersten litem contesti ren/ die Klage anstellen/ und ge- waͤrtig seyn/ was fuͤr eine redliche Exceptio mei- ner Seits darauf folgen wird. Wolan/ aperi Os, er- hebe deine Stim̃e/ wie dorten in deß Richters Hauß/ da warest du ja lauter Maul/ profer quæ scis, sage/ was du zu sagen hast/ oder ich absolvi re mich und mei- nen Herum stante pede coram judice competente. Jch glaube der Hertzog wird schon zufrieden seyn/ mit dem/ was dieser ansehnliche Mann zwischen uns determini rt. Jetzo sahe der Hertzog den andern Mann an/ welcher seine Reveren tz fuͤr ihm biß auf die Erde machte/ darauf sprach er: Durchleuchtigster Gnaͤ- diger/ als ich gestern Abend spaͤth auß dem Felde nach meinem Adelichen Hof ritte/ erblickete ich einen Mañ zu Pferde mit einem rothen Rock/ der einen Hasen verfolgete/ und Feuer auf ihn gab/ ich setzte mit mei- nen Dienern auf ihn loß/ und stellete ihn zu Rede/ wer ihm vergoͤnnet haͤtte/ auf meinem Guth zu jagen; Er verantwortete sich/ daß er es zur Lust gethan/ und mir den Hasen gerne bezahlen wolte/ aber wir nah- men ihn mit uns/ und als wir nur ein wenig fortge- ritten waren/ funden wir den Coͤrper deß Obristen H 3 Rosaldo, Deß Academi schen Rosaldo, welcher erschlagen und ihm der Rock auß- gezogen war/ weil nun solcher Rock an diesem Fremd- ling zu sehen/ habe ich ihn heute anhero gefuͤhret/ dann er/ und kein anderer/ hat diesen redlichen Obristen/ meinen lieben Herꝛn Vettern/ moͤrderischer Weise erschlagen/ und ihn nach dem Tode gepluͤndert. Er ist in deß Herꝛn Schultzen Hauß/ darinn er von mei- nen Leuten bewahret wird. Jch glaube aber/ es wer- de gut seyn/ wann man ihn selber vor Recht stelle/ dann dieser Mensch/ der sich vor seinen Diener auß- gibt/ hat nur ein Hauffen Plauderns/ und es ist kein Grund in seiner Rede/ dann er weiß selber nicht/ was er saget oder thut/ alle seine Wercke schlagen auf eine Narrendeutung auß. Troll waͤre auf diese Worte schier auß der Haut gefahren/ ich protesti re in optima forma, sprach er/ gegen diese hohe Injuri en/ und reservi re mir alle bene- ficia juris ordinaria \& extraordinaria, hecterna, ho- dierna \& crastina, replici re aber in der Haupt-Sache brevibus, daß dieser Kerl meinem Herꝛn grosses Un- recht thut/ indem er ihn vor einen Moͤrder deß erschla- genen Obristen außgibt/ er ist persona illustris, in quam non cadit ejusmodi præsumptio, solte man ihn nun um dieses begangenen Mords willen vom Leben zum Tode hinrichten/ so wil ich ihm biß in alteram vitam folgen/ dann ich weiß seine Innocen tz gar wol/ ich wil alles mit ihm leyden/ und gar mit ihm sterben/ wann er schuldig ist/ und das soll weder Astaroth, noch Asmotheus, weder Hebelfurk, noch Sodi, weder Beelzebub, noch Belial, weder Lucifer, noch Satanas, weder Damon, noch Seladon, weder Grammatica, noch Rhetorica, weder Schalom, noch Schemhamforas, we- der Thorax, noch Arctophylax, weder Tu, noch Ille, weder Dextrorsum, noch Sinistrorsum, weder duntaxat, noch Romans I. Buch. noch coaxat, weder Alexander, noch Hannibal, weder fustis, noch rapa, weder furca, noch decipula, weder gith, noch Frith, weder salsum, noch insulsum, weder compositum, noch simplex, weder declinabile, noch in- declinabile, weder \& cetera, noch Semicolon, weder Synthesis, noch Prolepsis, weder Hircus, noch Capra, weder Londen/ noch Amsterdam/ weder hic, hæc, hoc, noch ille, illa, illud, weder Hohes noch Niedriges/ we- der Austerum, noch Amarum, weder humidum, noch siccum, weder gladius, noch flamma, weder Alter/ noch Jugend/ weder der Papst/ noch der Kaͤyser/ weder Mahomet/ noch Ali/ weder unus, noch multus, weder sustulit, noch abstulit, noch alle Welt verhindern koͤn- nen. Aber ich weiß/ daß mein Herꝛ unschuldig ist/ hoc reverâ ita se habet. Bey dieser Rede machte er so Wunder-seltzame Grimmassen mit dem Mund/ Augen/ Haͤnden und gantzem Leibe/ daß der Hertzog und alle seine Leute/ gnug daran zu lachen hatten. Als aber der andere hier- auf stillschwieg/ zu vernehmen/ was Sr. Durchl. be- lieben wuͤrde/ hierauf zu sprechen/ und aber fuͤr hertz- lichem Lachen so bald kein Wort geredet ward/ da hub Troll abermahl an/ und sagte: Jch sehe wol/ man lachet hier meiner Worte/ und die Justitia ist bey die- sen Leuten taub geworden/ darum bitte ich/ zeiget mir nur an/ wo Illustrissimus Dux selber ist/ dixerunt mihi, er hat allhier sein Logiment. Hierauf bedeutete ihm der Richter/ den er noch kennete/ daß dieser eben diese hohe Person selber waͤ- re/ und daß er nicht Ursach haͤtte/ seines Herꝛn wegen weiter in Sorgen zu stehen/ allermassen sie die Thaͤ- ter/ so den Obristen Rosaldo ums Leben gebracht/ schon gefunden haͤtten. Hieruͤber bestuͤrtzete der an- dere gar sehr/ und bathe um Vergebung/ welche er H 4 leicht- Deß Academi schen leichtlich erhielte/ inmassen er durch den rothen Rock zu diesem Jrꝛthum war verleitet worden/ gleichwol begehrete er/ man moͤge die Person deßwegen mit ei- niger Straffe ansehen/ weil sie sich erkuͤhnet haͤtte/ auf seinem Gebiet die Jagd-Freyheit/ welche ihm allein daselbst gebuͤhrete/ zu turbi ren. Troll ließ das Uhrwerck seiner verplauderten Zungen abermahl lauffen/ und nachdem er dem Hertzogen eine 3. fache Reveren tz gemacht/ sprach er also: Illustrissimo, Sere- nissimo, Excellentissimo, Doctissimo Signoro: Sufficit, daß mein Herꝛ von dem Mord frey und franc erkandt worden/ was die Hasen-Jagd concerni ret/ wird es darmit wenig Difficult aͤten haben/ es sey dann/ daß dieser gute Mann/ indem er sich gar zu sehr interessi- ret bezeiget/ bey der Vertheydigung der fluͤchtigen Herren Lang-Ohren/ dardurch er Jedermann zu er- kennen geben wil/ daß er ihr Consanguineus und na- her Bluts-Verwanther sey. Was meinen Herꝛn an- langet/ achtet er einen Hasen nicht ein Haar besser/ als diesen seinen Anklaͤger/ nemlich/ er wuͤrde fuͤr kei- nen von beyden mehr/ als 18. Roͤmische Pfenninge bezahlen/ wil er aber ja den Hasen bezahlet haben/ so mag er ihn æstimi ren/ hier ist Geld fuͤr die Fische/ ich wil euch/ mein Freund/ einen halben Zekin pro redi- menda vexa erlegen/ und mich deßfalls schon fuͤr mei- nem Domino zu purgi ren wissen. Jm uͤbrigen be- halte ich mir vor/ und habe mir auch schon vorbehal- ten/ reservi re mir auch noch ferner/ wegen der außge- stossenen Ehren-ruͤhrigen Worten/ alle und jede Juris Beneficia, wie solche immer Namen haben moͤgen/ und dafern es nicht anders seyn kan/ kiese ich das Jus Pugni, oder das Faust-Recht/ zum Schied-Richter unter uns/ nemo sanæ mentis hoc male interpretabi- tur, ich bin ein rechtschaffener Kerl/ also kraͤncket mich auch Romans I. Buch. auch eine solche Calumnie, oder Injurie, wie ich es nennen moͤchte/ weit mehr/ als wañ mich ein Bienen- Koͤnig ins Hertz gestochen haͤtte. Es befahl der Hertzog anjetzo dem Anklaͤger/ so lange nach seiner Herberge zu kehren/ biß er sich we- gen deß Standes dessen/ den er angeklaget/ gnugsam erkundiget haͤtte/ also nahm derselbe seinen Abtritt/ und weil Troll nicht recht beichten wolte/ wer sein Herꝛ waͤre/ muste ein Edelmann mit ihm nach deß Richters Hauß gehen/ und nach seinem Stand/ Na- men und Herkommen fragen. Troll war dessen hertz- lich wol zufrieden/ er gieng mit dem zugegebenen Edelmann wieder nach deß Richters Hauß/ und wie sie daselbst angelanget/ fand er einen von den Offici- rern/ die mit Klingenfeld in der Herberge einen langen Discurs gefuͤhret hatten/ dieser respecti rete deß Trolls Herꝛn sehr hoch/ und als er deß Hertzogen Edelmann erblickete/ den er gleicher Gestalt gar wol kennete/ sprach er: Mich wundert/ daß man diesen fuͤrnehmen Printzen allhier/ wie einen Missethaͤter behaͤlt/ ich glaube/ solte unser Gnaͤdigster Hertzog seines Stan- des gnugsame Wissenschafft haben/ er wuͤrde ihn bald zu sich bitten lassen. Als demnach der Edelmann fragete/ was er dann fuͤr ein Printz waͤre? Da bekam er zur Antwort/ daß er der junge Printz von Tursis sey. Worauf ihn der Edelmann complimenti rte/ und Befehl von ihm verlangete/ wohin er ihn beglei- ten moͤchte/ biß er seinem Gnaͤdigsten Herꝛn deßfalls Relation abgestattet. Troll fuͤhrete anjetzo das Wort/ und sagte: Mein Herꝛ/ ihr seyd nun erkandt/ wir sind hier bey ehrlichen Leuten/ der Hertzog von Mantua ist ein raisonabl er Printz/ lasset uns nur in meine Her- berge ziehen/ damit ich euch den jenigen Teutschen Cavallier zeige/ der sich und mich auß der Moͤrder H 5 Haͤnde Deß Academi schen Haͤnde gestern Abend errettet hat. Dieser ist warlich ein rechtschaffener Mann/ er hat die Rauber in kurtzer Zeit also gedemuͤthiget/ daß sie nimmermehr wieder aufstehen werden. Kommet nur her/ ich war auch be- schuldiget/ daß ich die That an dem erschlagenen Obri- sten begangen haͤtte/ weil man seinen Rock/ den ich ei- nem Rauber abgezogen/ an meinem Leib gefunden/ aber die Warheit ist an den niedergelegten Raubern gar bald kund und offenbahr worden/ darum kom̃et/ und lasset uns diese Justi tz-Kammer verlassen. Das XI . Capitul/ Troll hat seine Possen. Der Printz reitet mit dem Hertzogen von Mantua auf die Jagd/ Klingenfeld errettet den Hagemann auß den Moͤrdern/ kommt selber in Gefahr/ und zu grosser Beute. D Er Printz ließ sich desto williger nach dieser Herberge fuͤhren/ weil sie die Fuͤrnehmste in der Stadt/ und der ihm bekandte Officirer dieselbe auch hoͤchlich ruͤhmete/ also wanderten sie mit einander fort/ und deß Klaͤgers Leute suchten ihren Herꝛn/ den sie in einer andern Herberge antraffen all- da sie ihm erzehleten/ was der Gefangene fuͤr eine ho- he Person sey/ woruͤber Jener den Kopff kratzete. Er besann sich aber nicht lange/ sondern gieng alsobald zu dem Printzen in die Herberge/ und bath ihn gantz demuͤthig um Vergebung/ seinen Fehler darmit be- schoͤnend/ daß ihm seine hohe Person allerdings un- bekandt gewesen/ solte er aber gewußt haben/ wer er waͤre/ so wolt er ihm allen gebuͤhrenden Respect zuge- tragen haben. Der Printz reichete ihm die Hand/ und vergab ihm alles gar willig/ aber Troll mischete sich zwischen sie beyde ein/ und sagte: Mein Herꝛ/ ihr habt zwar diesen euren Actorem wegen der wider euch an- gestelleten Action perdonni ret/ aber ich habe mir selbst coram Serenissimo Duce alle Rechtliche Mittel und Romans I. Buch. und Beneficia vorbehalten/ dahero begehre ich Satis- faction von diesem Edelmann/ der aller Hasen Patron seyn wil. Der Edelmann muste deß lustigen Trollen lachen/ fragete ihn demnach/ was fuͤr eine Satisfaction er von ihm begehre? Jhr habt meine Worte und Re- den/ replici rte Troll/ fuͤr eine Narrendeutung geschol- ten/ solches sollet ihr widerruffen/ und mir eine Abbit- te thun. Jener gab zur Antwort: Wolan dann/ so habe ich zwar jetzt-gedachte Reden von euch gefuͤhret/ aber ich revoci re selbige/ nachdem ich auß dem Erfolg euren hohen Verstand erblicket/ und sage/ daß ihr kein Narꝛ/ sondern der kluͤgeste Mensch von gantz Jtalien seyd. Das ist abermahl erlogen/ fiel ihm der Einfaͤl- tige ins Wort. Worauf Jener: So moͤcht ihr dann immerhin ein Narꝛ bleiben. Welche Worte dem Trollen so hart ins Hertz drungen/ daß er schier mit der Fuchtel herfuͤr gewischet waͤre/ wofern er nicht be- sorget haͤtte/ es moͤchte ein Blutvergiessen erfolgen/ in welchem Fall er sich lieber in Apulia Daunia, als in Lombardia Cispadana wolte gewuͤnschet haben/ dann die Blut-Farbe und blancke Degen machten ihn al- sobald Stock-blind. Jndessen diese mit einander redeten/ kamen et- liche Fremde zu Pferde in diese Herberge/ und nach- dem selbige abgestiegen waren/ und ins Logiment her- ein tratten/ erkandte Klingenfeld alsobald den wa- ckern Cavina, der seinen Teutschen Kauffmann mit sich brachte/ nachdem sie also dem Printzen Reveren tz gemacht/ wurden sie von demselben hoͤflich empfan- gen/ da sie sich dann mit einander niederliessen/ und weil der Printz von deß Cavina Ebentheuren schon vorhin etwas vernommen hatte/ noͤthigte er ihn/ die- selbe von Anfang biß zu Ende zu erzehlen/ damit er sie Persoͤnlich auß seinem Munde hoͤren moͤchte. Wel- ches Deß Academi schen ches dann dieser mit einer schoͤnen Artigkeit zu verrich- ten wuste/ als er aber beschlossen/ erzehlete er die seltza- me Geschichte deß Ferrario, die er juͤngst mit einer listigen Dirne gehabt/ woruͤber die gantze Gesellschafft sich dergestalt zerlacheten/ daß ihnen beynahe der Athem waͤre stecken blieben. Sie liessen denselben Abend eine gute Mahlzeit anrichten/ und der Printz noͤthigte den Mantuanischen Edelmann/ der ihn ge- fangen genommen hatte/ Troll aber schuͤttelte hier- uͤber den Kopff/ und sprach zu diesem: Mein Freund/ haͤttet ihr nicht Palinonidam gesungen/ ich wuͤrde euch nicht ein einzig Glaͤßlein Weins eingeschencket haben/ aber nun mag es so hingehen/ jedoch/ daß ihr meinen Herꝛn deß verfolgeten Hasen wegen weiter nicht besprechen sollet. Sie hielten inzwischen noch einige Unterredungen mit einander/ darinn Cavina erzehlete/ welcher Gestalt sie dem Klingenfeld am andern Tage alsobald gefol- get waͤren/ Troll aber berichtete seinen Herꝛn/ wie er seine Flucht von Bologne biß hieher angestellet/ und was sich mit ihm und Klingenfeld im Wald begeben haͤtte/ welches abermahl neue Materie zu lachen gab. Endlich aber/ als die Abend-Zeit herein brach/ tischete der froͤliche Gastgeber wacker auf/ und ein Jeder an seinem Ort machte sich lustig/ und erholete sich nach dem Ungemach/ welches er vorhin außgestanden hatte. Nach gehaltener Mahlzeit legete sich ein Je- der zur Ruhe/ und genoß deß erwuͤnschten Schlaffes/ biß sie am lichten Morgen aufgewecket wurden/ dann der Hertzag dieses Orts sandte vorigen Edelmann wieder in diese Herberge/ und ließ den Printzen er- suchen/ mit seinen Gefaͤhrten auf eine Lust-Jagd mit ihm ins Feld spatzieren zu reiten/ zu welchem Ende dann auch etliche gesattelte Pferde mitgesandt wor- den. Romans I. Buch. den. Ob nun gleich der Printz auf seiner Raͤyse/ und also auch allhier/ lieber incognito leben wolte/ war doch sein hoher Stand schon außgebrochen/ daß er sich nicht entbrechen kunte/ dem Hertzogen zu folgen/ solchem nach ersuchte er den Klingenfeld und Cavina, mit ihm zu reiten/ und dem Fuͤrsten dieses Landes zu gehorchen. Diese waren willig hierzu/ liessen auch allerseits ihre Pferde außputzen. Der Teutsche Kauff- mann kunte seine Raͤyse nicht laͤnger aufschieben/ dannenhero nahm er sein Roß zwischen die Beine/ und ritte allein seines Weges. Troll setzete sich auch auf ein gutes Pferd/ und solcher Gestalt ritten sie mit einander vor das Thor/ nachdem sie auch kaum einen Augenblick daselbst still gehalten/ kam der Hertzog mit einer ansehnlichen Suite, und bewillkommete den Printzen de Tursis, samt seinen Gefaͤhrten. Darauf ritten sie nach einem Gehoͤltze/ allwo sich die Leute von einander streueten/ und ein Jeder verfolgete das erste Wildpraͤth/ das er in die Augen bekommen hatte. Klingenfeld setzete einem Hasen nach/ der mehr weiß/ als grau/ und ihm daher um so viel wuͤrdiger vorkam/ selbigen zu verfolgen. Er befand die Schnel- ligkeit seines Pferdes ungemein/ und weil die Gegend ziemlich eben/ das Gehoͤltze auch nicht allzudichte be- wachsen war/ kam er dem Thier so nahe/ daß er eine Pistohl darauf loͤsete/ und ihm einen Fuß entzwey schosse. Daranf fiel zwar der Haß/ als aber der Teut- sche herab stieg/ seine Beute zu sich zu nehmen/ da sprang der Haß unversehens wieder auf/ und lieff auf seinen drey Beinen so hurtig darvon/ als wann ihm nicht das Allergeringste gemangelt haͤtte. Solchem nach schwang sich Klingenfeld behende wieder in den Sattel/ und setzete dem Wildpraͤth von neuem nach. Aber dasselbe hatte schon einen ziemlichen Vor- sprung Deß Academi schen sprung gewonnen/ daß er es ohnmoͤglich einholen kunte/ sondern er gerieth daruͤber vielmehr in den Wald so tieff hinein/ daß er darinn verirrete/ und ihm selber nicht wieder herauß zu helffen wuste. Er ritte aber biß um den Mittag/ da hoͤrete er ein Geschrey in der Ferne/ welchem er nach eylete/ und nachdem er et- wa tausend Schritte fortgeritten/ erblickete er von weitem etliche kaͤmpffende Personen/ unter denen er auch den Teutschen Kauffmann/ Namens Hagemañ/ erkandte/ dannenhero eylete er vollends hinzu/ und so bald dieser seiner ansichtig worden/ rieff er ihm mit starcker Stimme zu: Mein Herꝛ/ kom̃t mir Unschul- digen bald zu Huͤlffe/ ehe ich von diesen Straffen- Raubern hingerichtet werde. Diese Worte waren kraͤfftig gnug/ den Teutschen Edelmann zu einer gnugsamen Assisten tz Augenblicklich anzusporen/ dan- nenhero sprengete er Großmuͤthig hinzu/ und warff einen von den 3. Raubern/ mittelst einer Pistohl-Ku- gel alsobald vom Pferde. Darauf theileten sich die andern Rauber/ und hielte der eine den Hagemann/ der andere unsern Klingenfeld/ warm. Aber mit ei- nem grossen Unterschied/ dann/ gleichwie der Kauff- mann sich/ wegen Mattigkeit/ seiner Haut nicht mehr woͤhren kunte/ also empfienge er etliche Wunden/ und begunte den Degen schon sincken lassen/ da hingegen Klingenfeld/ nachdem er sich verschossen/ seinem Ge- genpart mit dem Degen auf den Leib giengen/ und ihm mit einem wol-gerichteten Streich die rechte Hand laͤhmete/ daß er nichts mehr thun kunte/ darauf wandte er sich von diesem nach dem andern/ rieff dem Kauffmann zu/ er solle sich/ so viel moͤglich/ in der Eyl verbinden/ er wolle diese 2. Buben schon dahin zu hal- ten wissen/ daß er ihrenthalben unangefochten blei- ben solte; Welche Worte dem guten Hagemann ei- nen ziemlichen Trost wieder einsprachen. Aber Romans I. Buch. Aber/ gleich wie sich Klingenfeld deß einen Fein- des entlediget/ also fand er hingegen an diesem nun einen doppelten Gegenstand. Dieser war ein Baum- starcker/ ansehnlicher/ junger Mensch/ wol gekleidet/ und fochte einen Degen/ trutz einem Fechtmeister/ dannenhero Jener gnug mit ihm zu thun hatte/ und waͤhrete ihr Gefecht zu Pferde/ darinn Klingenfeld 3. Wunden/ aber die doch von keiner Importan tz/ empfangen/ uͤber eine Stunde/ nach welcher Zeit der Raͤuber mit grosser Behaͤndigkeit ein Pfeifflein in den Mund warff/ und so laut darauf pfiff/ daß es ei- nem/ der nahe darbey/ in die Ohren gellete. Dieses Thons erschrack Klingenfeld uͤber die Massen/ dann er hatte wol ehe von dergleichen Mord-Zeichen ge- hoͤret/ dannenhero versam̃lete er alle seine noch uͤbri- ge Kraͤfften/ und gieng mit grosser Fuͤrsichtigkeit auf den Kaͤuber loß. Er gab ihm zwar eine Wunde in die lincke Schulter/ aber Jener achtete derselben we- nig; Und nicht uͤber 10. Minuten hernach/ hoͤrete man ein Geraͤusch/ als etlicher Ankommenden zu Pferd/ welche dem Klingenfeld und dem Kauffmann eben so viel Schroͤcken/ als dem Raͤuber Freude brach- ten/ wiewol sie beyderseits in ihrer Hoffnung und Sorge betrogen wurden/ dann gleich hernach kamen 6. von deß Hertzogs Leuten/ so diesen Pfiff gehoͤret/ und sich mit einander in den Wald tieff hinein ver- fuͤget hatten/ hierunter war Cavina, welcher der Erste war/ der den Raͤuber anfiel/ aber Klingenfeld sprach: Jhr guten Freunde/ ich glaube/ es werde rathsamer seyn/ wann wir diesen Menschen leben lassen/ dann er hat einen schmaͤhlichern und veraͤchtlichern Tod verdienet/ als daß er von unserer Hand sterbe. Also ward ihm das Pferd niedergeschossen/ und in dem- selben Tempo erlegte er auch einen von den Mantua- nern/ Deß Academi schen nern/ daher der volle Hauffe auf ihn eintrang/ und ihn den Degen nahmen/ man fesselte ihm die Haͤnde/ mit einem Leit-Strick/ und seinen Cameraden/ der ohne dem toͤdtlich verwundet war/ schenckete man ei- ne Kugel zum Abschied. Einer von der Gesellschafft ritte mit dem verwundeten Kauffmann nach der rechten Land-Strassen/ und brachte ihn wieder auf den rechten Weg/ darauf nahm er Abschied/ und em- pfieng von ihm eine gute Verehrung. Jnmittelst zogen die andern mit dem Gefan- genen fort/ und sahen bald hernach zur Seiten 5. wol- berittene Maͤnner auf sie ansprengen/ welche sich gleicher Gestalt nach deß Raͤubers Pfiff gerichtet hatten/ damahl gieng es an ein hefftiges Schlagen/ die Mantuaner hatten ihr Gewoͤhr richtig gemacht/ weil sie die Unsicherheit dieser Gegend wol wusten. Die Raͤuber bemuͤheten sich zuforderst/ ihren Came- raden zu erledigen/ als es sich aber so leicht nicht wol- te thun lassen/ da schlugen sie als rasende Leute drauf/ und musten 2. von deß Hertzogs Leuten/ samt 3. Raͤu- bern daruͤber das Leben einbuͤssen. Cavina hatte dem Gefangenen die Moͤrder-Pfeiffe abgenommen/ auf welcher er anjetzo einen starcken Laut machte/ dann weil er die zween uͤbrige Raͤuber wenig achtete/ hoffe- te er noch mehr von diesem Geschmeiß heranzulocken. Aber sie erblickten bald hernach 8. oder 10. von ihren Hof-Leuten/ welche der Pfeiffe nachgeritten waren/ und mit diesen ritten sie vollends zu den Zelten/ die mitten im Wald auf einer gruͤnen Wiesen aufge- schlagen waren. Es pflegten diese Hof-Leute/ wann sie mit ihrem Herꝛn in diesem Wald auf die Jagd zogen/ allemahl sich also zu vertheilen/ daß sie durch ein oder ander Zeichen/ am allermeisten aber durch die knallende Pistolen-Schuͤsse kunten benachrichti- get Romans I. Buch. get werden/ wann etwa Jemand unter die Raͤuber gefallen/ als welche schon 2. Jahr hero sich ziemlich starck in dieser Gegend sehen lassen/ die so geheime Schlupffwinckel hatten/ daß man selbige nicht auß- zufinden wuste. Man hatte den zween uͤbrigen Raͤubern die Pferde abgenommen/ und sie/ gleich ihrem Camera- den/ gebunden/ der Hertzog sasse schon mit dem Prin- tzen/ und andern von der Gesellschafft/ bey dem Mit- tag-Mahl in einem Zelt/ als Klingenfeld mit den Gefangenen herangezogen kam. Sie stunden dem- nach alle von der Mahlzeit auf/ und giengen vor das Zelt/ woselbst Klingenfeld sein Wildpraͤth/ wie er es nennete/ dem Hertzog præsenti rete/ der die Leute zor- nig ansahe/ und sie in ein angewiesenes Zelt bringen ließ. Klingenfeld muste uͤber der Tafel/ zu welcher er vom Fuͤrsten selber genoͤthiget ward/ seine Rencontre vom Anfang biß zu Ende erzehlen/ deren sich dann alle Anwesende verwunderten. Jnzwischen ward zu der Heimkehr alles veranstaltet/ und die Waͤgen wur- den herbey gebracht/ die 4. Hirsche/ 3. wilde Schwei- ne/ 9. Rehe/ und 23. Hasen/ samt 11. Fuͤchsen und 3. Martern/ wie auch einem Dachs/ so man gefangen hatte/ darauf zu laden/ darauf setzete sich die gantze Gesellschafft zu Pferde/ und ritte/ (die Gefangenen musten zu Fuß gehen/) ihres Weges. Klingenfeld/ der zu naͤchst hinter dem Printzen von Tursis ritte/ ruͤhmete unter Weges die Hurtigkeit seines gehabten Pferds/ welches dem Hertzogen wol gefiel/ der ihm darauf das Pferd verehrete. Sie langeten 2. Stun- den nach Mittag zu Mantua wieder an/ und als man die Gefangenen in das Schloß brachte/ und den treff- lichen Fechter nunmehr/ nach abgenom̃enen Fesseln/ in ein finsters Loch/ samt seinen Cameraden/ stossen J wolte/ Deß Academi schen wolte/ da sprang er hurtig zuruͤck/ erwischete den De- gen eines Laqueyen/ den er behende auß der Scheiden ruͤckete/ und sich damit mitten auf dem Platz stellete. Jch wil nicht lange gefangen ligen/ sprach er anjetzo mit heller Stimme/ sondern/ weil ich den Tod verdie- net/ wil ich gerne sterben/ aber/ als ein Mann mit dem Degen in der Faust/ ich bin ein Edelmann auß Grau- buͤnden/ habe mich lange Zeit zu Padua aufgehalten/ und bin durch unordentliche Liebe von den Studiis zu einem leichtfertigen Leben verfuͤhret worden/ welches mich gar unter die Zunfft der Raͤuber und Moͤrder hat gebracht. Jst ein Rechtschaffener unter diesem Hauffen/ der Mitleyden mit mir hat/ und mich von der Hand deß Scharffrichters zu befreyen gedencket/ der stelle sich gegen mich mit einem blossen Degen/ uͤberwindet er den beruͤchtigten Carniolani, so wird Jedermann bekennen/ daß er ein tapfferer Mann seyn muͤsse. Der Hertzog wolte schon Feuer auf ihn geben lassen/ als Klingenfeld bathe/ man moͤchte ihm ver- goͤnnen/ sich gegen diesem desperat en und ungluͤcksee- ligen Edelmann zu stellen/ welches ihm endlich durch deß Printzen Fuͤrbitte verwilliget ward. Solchem nach erhub sich Klingenfeld mit seinem entbloͤsseten Degen in der Faust hernieder zu ihm/ und sprach: Carniolani, du hast gesaget/ wer du bist/ und wie du zu diesem ungluͤckseeligen Stande gerathen/ wolan/ du must sterben/ so nimm dann den Tod in einem Kampff lieber von mir/ der ich ein Edelmann auß Teutschland/ und den freyen Kuͤnsten gleicher Gestalt nachziehe/ als von der Hand deß untersten Justi tz- Knechts. Hiermit giengen sie naͤher zu einander/ und der Raͤuber reichete unserm Teutschen die Hand/ be- danckete sich auch der Wolthat/ die er ihm hierinn er- zeigete/ Romans I. Buch. zeigete/ und darauf giengen sie auf einander loß. Der Hertzog/ und alle Anwesende/ verwunderten sich zum hoͤchsten uͤber diesen Kampff/ und uͤber die hurtige Geschicklichkeit der Kaͤmpffenden/ in 8. Gaͤngen/ die sie mit einander hielten/ kunte keiner dem andern eine einzige Wunde anbringen. Aber im folgenden Gang glitsche der Raͤuber zur Seiten auß/ daß er zur Erden sanck/ Klingenfeld tratt damahl zuruͤck/ und ließ ihm Zeit/ sich wieder in Postur zu stellen/ welches dem Raͤu- ber dermassen gefiel/ daß er sprach: O du unbeschreib- liche Teutsche Hoͤflichkeit! warlich/ mein Freund/ die- ser Dienst muß euch belohnet werden. Hierauf thaͤ- ten sie abermahl einen Gang/ in welchem der Raͤuber einen Stoß in die Pulß-Ader bekam/ welche er vor unheilbar achtete/ dannenhero warff er den Degen von sich/ und verlangete mit Klingenfeld allein zu seyn. Solches ward ihnen gegoͤnnet/ und ein Logi- ment angewiesen. Als sie da hinein gekommen/ band Carniolani ein Schnupfftuͤchlein um die Wunde/ und sprach: Mein werthester Freund/ euch bekenne ich in meiner Todes-Noth/ daß ich zu Padua von der unzuͤchtigen Frauen/ eines gewissen gelehrten Mañs/ dergestalt zu allerhand uͤppigen Excess en bin verfuͤh- ret worden/ daß ich capabel bin gewesen/ mich zu den aͤrgsten Greuel-Stuͤcken zugebrauchen/ das Schlim- meste ist/ daß ich all mein Geld darbey zugesetzet/ daß auch auß meinem Vatterland ich nichts mehr zuge- warten gehabt/ und weil meine unzuͤchtige Buhlerin endlich an einer hitzigen und anklebenden Kranckheit gestorben/ hat mich die Desperation, weil ich kein Geld und auch nichts gelernet hatte/ zu dem beruffenen Venetianischen Banditen verleitet/ welche dieser Ends zu rauben und zu morden pflegen/ in dieser Compagnie habe ich schon 2. und 3. Monat zuge- J 2 bracht/ Deß Academi schen bracht/ und in waͤhrender Zeit 283. Menschen pluͤn- dern helffen/ 23. Personen habe ich mit eigener Faust erleget/ und 112. in Gesellschafft meiner Cameraden ermorden helffen. Unser sind in allem jedes mahl nur 12. gewesen/ und ihr muͤsset wissen/ daß darvon 5. heu- te umkommen sind/ und daß mein Tod just die Helffte der Zahl vermindert. Ein Jeder hat eine besondere Hoͤhle vor sich und sein Pferd/ und die sind sehr weit von einander zerstreuet/ auch wird ein Jeder/ der in die Gesellschafft aufgenommen wird/ zuforderst mit einem kraͤfftigen Eyd verbunden/ die Schlupffwin- ckeln seiner Cameraden/ dafern er etwa in der Justi tz Haͤnde gerathen moͤchte/ keines Weges zu verrathen/ es ist mir aber wol erlaubet/ euch meine eigene Hoͤhle zu entdecken/ und weil ich einen ziemlichen Schatz darinn aufgehoben/ setze ich euch zum einzigen Erben dessen ein/ es sey dann/ daß der Hertzog dieses Orts/ Krafft seiner hohen Authorit aͤt/ euch diese Beute di- sputi ren moͤchte. Jch sage euch aber/ daß ich euch mei- nen Schatz vermache/ wegen deß letzten Diensts/ den ihr mir gethan/ und meine Freunde/ die mir dar- durch/ daß sie mir kein Geld mehr senden wolten/ An- laß gegeben/ mich zu dieser verfluchten Lebens-Art zu begeben/ sind nicht werth/ daß sie einen Pfenning dar- von erlangen. Meine Hoͤhle ist 200. Schritte von dem Ort/ da der Kauffmann von uns angegriffen worden/ gerade gegen der Sonnen-Aufgang/ an ei- nem Huͤgel/ neben einem grossen Eych-Baum/ der mit 5. Staͤmmen zugleich auß der Wurtzel herfuͤr bricht/ zimlich tieff in einem Dornbusch/ also/ daß ei- ner/ der davon nichts weiß/ den Eingang zu der Hoͤhle nimmermehr finden wird. Jndem er dieses sagte/ geschwoll ihm der Arm gar sehr/ dannenhero muste er das Tuͤchlein wieder loß- Romans I. Buch. loßmachen/ da dann das Blut haͤuffig herauß trang/ und also bath er/ man moͤchte ihm einen Beichtvatter zusenden/ dann er ward sehr schwach. Kaum war der- selbe auch angelanget/ als der Bube seinen Geist auf- gab/ ehe er noch gebeichtet/ oder die Absolution em- pfangen hatte/ dann das Blut war samt dem Leben auf einmahl herauß geflossen. Man ließ ihn zu dem Ort bringen/ da die arme Suͤnder pflegen begraben zu werden/ und der Hertzog war es zufrieden/ daß Klingenfeld dieses Raͤubers Guͤther erbete. Es ga- ben aber die zwey Mit-Gefangene Nachricht/ daß man sich nicht lange aufhalten doͤrffte/ den Schatz abzuholen/ sonsten wuͤrden die andern Raͤuber bald darhinter her seyn. Also ritte Klingenfeld noch den- selben Abend mit 3. wolbewaffneten Leuten deß Her- tzogs hinauß/ welche die angewiesene Hoͤhle/ nach ge- gebener Anweisung/ gar leichtlich funden. Klingen- feld ließ die Pferde/ zusamt einem Mann/ darvor stehen/ er aber und die Zween andern giengen mit ei- ner brennenden Fackel hinein/ und schlossen die starcke Thuͤr auf/ zu welcher ihm der Schluͤssel vom Raͤuber war gegeben worden. Wie sie hinein kamen/ funden sie die Hoͤhle ziemlich klein/ und hatte sie von oben herab/ durch den Felsen/ ein ziemliches Liecht/ sie war mit grosser Muͤhe in einen klaren Felsen gehauen/ und kunte man wol sehen/ daß sie in den naͤchsten hundert Jahren nicht war angeleget worden. Sie suchten tapffer nach/ und funden zween ziem- lich starcke Kaͤsten/ dariñ die Schluͤssel stacken/ als sie den einen aufschlossen/ funden sie denselben mit aller- hand koͤstlichen so Mann-als Weibs-Kleidern/ auch schoͤnen Stoffen/ mit seidenen und sammeten/ etliche mit guͤldenen Blumen durchwuͤrcket/ durchauß ange- fuͤllet. Diese Sachen packeten sie in 2. grosse Paͤcke/ J 3 und Deß Academi schen und trugen sie herauß/ darnach eroͤffneten sie auch den andern Kasten/ in welchem sie 6. grosse lederne Beu- tel funden/ darvon 4. mit lauter Ducaten und andern guͤldenen Pfenningen/ die andern 2. aber mit silber- ner Muͤntze angefuͤllet waren. Es war die Zeit zu kurtz/ alle diese Baarschafften anjetzo zu zehlen/ dan- nenhero setzten sie die Beutel/ nachdem man sie wie- der zugebunden/ herauß/ und darauf erblickete Klin- genfeld ein kleines Kuͤstlein/ welches er aufthaͤte/ und selbiges mit koͤstlichen Ringen und allerhand Edel- gesteinen angefuͤllet fand/ welches alles ihm uͤber die Massen wol gefiel/ er nahm solches zu sich/ und ließ es nicht auß seinen Haͤnden kommen. Unterdessen hoͤreten sie Jemand zur Seiten schnauben/ welches sie allart machte/ sie wandten sich mit den Fackeln darnach zu/ und funden eine Thuͤr/ dahero sie in Zweiffel stunden/ ob sie selbige eroͤffnen solten/ oder nicht. Endlich fassete Klingenfeld ein Hertz/ und er- oͤffnete die Thuͤr/ darinn er aber nichts anders fand/ als 2. schoͤne Pferde/ an einer steinernen Krippen/ an der Wand hiengen 2. Sattel/ und was sonsten mehr darzu gehoͤrete/ weßwegen man die Pferde alsobald zuruͤstete/ und sie nebst allem gefundenen Guth her- auß fuͤhrete/ weil auch auf genaues Nachsuchen nicht das Allergeringste mehr zu finden war/ giengen sie hinauß/ vertheileten die Beute auf die gefundene und ihre andere Pferde/ und ritten Sporn-streichs ihres Weges wieder nach der Stadt/ welche sie mit dem spaͤthen Abend erreichten. Man zeigete dem Hertzogen diesen Schatz/ der sich dessen hoͤchlich verwunderte/ und einen koͤstlichen Diamant unter den Steinen fand/ welcher wol ein recht Fuͤrstl. Stuͤck war/ dahero stund er ihm sehr wol an/ weil er aber unter lauter Raub-Guth war gefun- den Romans I. Buch. den worden/ begehrete er dessen nicht/ sondern Klin- genfeld ward zum rechtmaͤssigen Herꝛn dieses Scha- tzes erklaͤret/ welcher sich deßfalls gar demuͤthig be- danckete/ und seinen gewesenen Gefaͤhrten/ so ihm die Beute hatten holen helffen/ einen von den ledernen Beuteln mit Silber-Muͤntze angefuͤllet/ unter sich zu theilen/ verehrete/ daß also ein Jeder von den 3. Per- sonen 400. Reichs-Thaler bekam/ welches eine grosse Freude bey ihnen erweckete. Jn dem andern ledernen Beutel/ waren 1600. Reichs-Thaler/ an allerhand silbernen Muͤntz-Sorten/ und ein Jeder von denen Gold-Beuteln fassete 3000. Ducaten in sich/ welches eine Summa von 12000. Ducaten in specie auß- machte. Die Jubelen wurden hoͤher æstimi ret/ und weil dieselbe am leichtesten fortzubringen/ wolte er keine Steine verkauffen/ ohnerachtet sich gar bald verschiedene Jubilierer angaben. Das XII . Capitul/ Bekaͤnntnuͤß und Hinrichtung der zwey uͤbrigen Raͤuber. Huren-Liebe wird umstaͤndlich mit ihren boͤsen Fruͤchten beschrieben. Die Teutschen verachten den Stand und Orden der Hahnreyen mehr/ als die Frantzosen. D Enselben Abend blieb der Printz de Tursis auf dem Schloß/ und ward herꝛlich bewirthet/ aber Cavina und Klingenfeld verfuͤgeten sich wieder nach ihrer Herberge/ woselbst sie sich recht lu- stig von der gefundenen Beute machten. Die zwey koͤstliche Pferde wurden von einem Cavallier fuͤr 300. Reichs-Thaler mit Sattel und Zeug bezahlet. Am folgenden Morgen verfuͤgeten sich diese zween Gefaͤhrten wieder auf das Schloß/ da man die zwey gefangene Raͤuber examini rte/ welche bekenneten/ daß sie verarmte Edelleute auß dem Venetianischen Gebieth waͤren/ die auß grossem Mangel sich unter J 4 diese Deß Academi schen diese Raͤuber-Zunfft vor einem halben Jahr begeben haͤtten. Sie erzehleten/ daß man in ihren Hoͤhlen/ welche sie bezeichneten/ gar wenig finden wuͤrde/ in- massen sie/ so bald sie einige Baarschafften erbeutet/ solche alsobald den Jhrigen zugefuͤhret haͤtten/ um/ darvon zu leben. Jhr Fuͤhrer waͤre ein Obrist-Lieu- tenant auß Friaul, der von dem Estaat zu Venedig vor einigen Jahren disgousti rt worden. Jm uͤbrigen haͤtten sie allemahl an Lebens-Mitteln und Pferd- Futter von einem nahe bey dem Ende deß Walds be- legenen Dorff in der Nacht an einem gewissen Ort ihre Zufuhr vor baares Geld uͤberkommen/ dann sie haͤtten einsmahls einen Bauren in die Klauen be- kommen/ welcher mit diesem Beding sein Leben erhal- ten/ daß er/ nach gethanem leiblichen Eyd/ mit sotha- ner Zufuhr ihnen fuͤr doppelte Bezahlung jedes mahl an die Hand gehen solte/ welchem er auch bißhero/ und schon eine gute Zeit vor ihrer Ankunfft in diese Gesellschafft/ getreulich nachgelebet haͤtte. Was den Obrist Lieutenant belanget/ wolle derselbe nur noch ein halb Jahr auf Beute gehen/ und sich alsdann mit seinem Schatz in ein fremdes Gebieth begeben/ mit welchem sich Carniolani auch schon verabredet haͤtte/ ihm zu folgen/ der aber vor der Zeit sein Ende genommen. Die Ubrigen alle wolten dem Handel gleicher Gestalt nur so lang abwarten/ biß sie ein gut Stuͤck Geldes gemacht daß sie leben koͤnten/ alsdann wolten sie auch ihres Weges gehen/ und das Rauben quitti ren. Sie zween Gefangene wuͤrden alsdann vor sich selber/ und allein/ nichts sonderliches mehr ha- ben außrichten koͤnnen. Auf diese gethane Bekaͤnntnuͤß/ welche sie mit hohen Fluͤchen und Eydschwuͤren bekraͤfftigten/ wur- den sie gekoͤpffet/ geviertheilet/ und ihre Leibes-Theile an Romans I. Buch. an die Land-Strassen um die Stadt aufgehaͤnget. Solches aber geschahe hernach allererst/ als unsere fremde Gesellschafft diesen Ort schon wieder verlas- sen hatte. Jm uͤbrigen musten Klingenfeld und Cavi- na an bemeltem Morgen wieder zum Hertzogen kom- men mit welchem sie am Mittag zur Mahlzeit gien- gen/ da sie dann von dem Carniolani zu reden kamen/ und es bejammerten/ daß ein so geschickter und an- sehnlicher Edelmann durch ein unzuͤchtiges Weib/ und durch blosse Huren-Liebe zu solchem Elend ver- fuͤhret worden. Freylich ist es zu bejammern/ sprach Klingenfeld/ wann ein solch edles Gemuͤth durch das verfuͤhrerische Frauenzim̃er in das Liebes-Netze faͤllet/ dann auß einer ungebuͤhrlichen Liebe kan nimmer nichts Gutes folgen/ und beschreibet solche ein gelehr- ter Breßlauer gar wol/ wann er sie in seinem Ge- schichts-Herold gleichsam also anredet: Du bist/ O Tugend-Moͤrderin das neulich-erfundene Hoͤllen- Feuer/ von welchem ein einziger Tropff/ wann es ei- nen bewaffneten Menschen beruͤhret/ biß auf das Marck hin brennet/ Stein und Stahl auffrisset/ und fast nie zu loͤschen ist. Du bist/ O Zauberin/ das anmu- thig-liebliche Frauen-Bild/ dessen aͤusserliche Wun- der-Gestalt die Schoͤnheit selber beloben muß; Die du doch/ wann du uns deinen hulden Kuß und Gruß anbeutest/ unterdessen erbaͤrmlich umbringest. Dan- nenhero wil ein Jedweder fast dahin sinnen/ wie er dich mit einem neuen Ehren-Titul beschencken moͤge. Die Liebe ist/ welche billig von dem H. Hieronymo ein Aberwitz/ vom klugen Petrarcha eine angenehme Wunden/ ein liebliches Gifft/ eine suͤsse Bitterkeit/ eine froͤliche Marterung/ ein sanffter Tod benennet worden. Die Liebe ist/ so der gelehrte Drexeli ꝰ in seinen schoͤnen Buͤchern/ bald einen Donnerschlag/ von dem J 5 Teufel Deß Academi schen Teufel auß der Hoͤllen gebracht/ bald eine Feindin GOttes und anmuthiges Schauspiel deß Teufels/ bald ein halßstarriges und unheilbares Laster/ bald ein Ubel/ das die gantze Welt zerstoͤret/ benamet. So wird sie von andern eine Meuchel-Moͤrderin deß Hertzens/ ein freywilliger Tod/ ein Verhaͤngnuͤß son- der Nothwendigkeit/ das gifftigste Gifft/ ein Wurm- stich der Tugend/ die Unvernunfft der Weisen/ ein Witz der Thoren/ eine angenehme Noth/ ein eigen- williger Untergang/ ein Hencker der Gewissen/ eine kindische Unbedachtsamkeit/ welche die Fruͤchte der Baͤume besiehet/ und nicht derselben Hoͤhe zuvor ab- misset/ die zu aller Gefahr ihre Augen zuschleusst/ oder vielmehr keine hat/ weil sie nur ihren Willen zu ersaͤt- tigen/ nicht aber zuvor ihren wenigen Nachdruck/ be- dencket/ recht artlich begruͤsset. Die Poeten neñen sie: Ein angenehm Charyld/ und ein gesundes Krancken/ Ein Hunger/ der sich muß mit seiner Sattheit zancken. Ein voll gezechter Durst/ und trunckne Ruͤchterkeit/ Ein suͤsser Vbelstand/ und uͤble Suͤssigkeit. Ein bittrer Honig-Safft/ der von Geruch beliebet/ Vnd der uns im Geschmack/ Gifft/ Pest und Galle giebet. Ein Wetter/ das man wuͤnscht/ und eine lichte Nacht. Ein dick-verfinstert Licht/ ein abgestorbnes Leben/ Vnd ein lebendig Tod/ ein Fehler/ der vergeben/ Doch nicht verziehen wird/ ein Schand-Fleck/ der mit Pracht/ Vnd Schmincke sich bestreicht. Ein Tugendhafftes Laster/ Vnd schnoͤder Missethat/ gelindes Artzney-Pflaster. Ein unbestaͤndig Spiel/ und ein bestaͤndig Trug/ Ein Rath/ der Vrtheil spricht/ gantz ohne Recht/ ohn Fug. Ein Wolstand/ der betruͤbt/ ein Gluͤck/ das nie erscheinet/ Ein schmeichlend Hoͤllen-Schlund/ ein Paradiß/ das weinet. Ein Kercker voller Lust/ ein Winter in dem Maͤy/ Ein Maͤy bey Winters-Zeit. Ein Aufruhr im Gemuͤthe/ Ein Mehl-Thau/ der verzehrt der Jugend beste Bluͤthe/ Ein Wurm/ der Sammt und Seiden/ und Purpur beisst entzwey/ Der auch den Bettel-Rock zu rauben nicht verschonet/ Ein Herꝛ/ der seinem Knecht mit Rad und Galgen lohnet. Ein Baum/ der ohne Frucht von Baͤumen ledig stehet/ Ein Vhrwerck/ so niemahls in seinem Gange gehet/ Ein froͤliches Geluͤck/ das Weh und Ach begleitet/ Ein Zanck/ der Friede liebt/ und doch mit Frieden streitet/ Ein Romans I. Buch. Ein Balsamirtes Aaß/ ein Zimmet/ das nicht reucht/ Ein bruͤnstiger Saphir/ der sonst en Keuschheit liebet/ Ein Dieb/ der diesem stihlt/ und Jenem wiedergibt/ Ein wol-geschmacktes Gifft/ das Zucker uͤberstreicht. Es sasse ein ansehnlicher Frantzoͤsis. Cavallier mit bey der Tafel/ welcher viel von den Lastern eines jeden Landes zu sagen wuste. Dieser behauptete/ daß er nicht begreiffen koͤnte/ wann man sagte/ daß es un- recht waͤre/ daß ein Mann bey deß andern seiner Frauen schlieff/ inmassen der Hahnrey-Orden heut zu Tage in aller Welt/ fuͤrnemlich aber in Jtalien und Franckreich so groß angewachsen/ daß man einen auß| achete/ wann er sich deß Gegentheils ruͤhmete/ daß er nemlich allein bey seiner Frauen schlaffe. Klingenfeld schuͤttelte anjetzo den Kopff/ und sagte: Es ist schlimm gnug/ daß in Jtalien und Franckreich die Ehe- brecherische Haͤndel nicht anders/ als eine Galanterie, angesehen/ und demnach selten gestraffet werden/ wie solches ihre Jurist en/ Johannes Faber, und andere mehr/ zur Gnuͤge bezeugen/ und meldet der Frantzosen fuͤrnehmster Scribent, daß/ als im Jahr 1563. einer/ Namens Landa Molinus, wegen eines begangenen und uͤberzeugten Ehebruchs zum Tod verurtheilet worden/ habe man es gar uͤbel auf genommen/ und sich vernehmen lassen/ man wuͤrde sich allein dieser Ursachen halben mit den Protestant en niemahls vereinigen/ weil sie den bißhero in selbigem Land unge- strafften Ehebruch nunmehro mit Todes-Straffe zu belegen anfiengen. Ja/ die Frantzosen/ wie wir alleweil gehoͤret/ wissen uns Teutschen darmit gar empfindlich auf zu ziehen/ daß/ da sie nur in einer Mahlzeit schwerlich mit einerley Wein oder Bier in ihrem Durst zu ersaͤttigen waͤren/ sie gleichwol ihre gantze Lebens- Zeit mit einer alleinigen Weibes-Person/ die doch in ihrem Ge- sicht und schlimmen Verhalten manchmahls ein greulich Feg- Feuer vorstellete/ so geschmeidig zubringen koͤnten/ wiewol die Teutschen diesen Vorwurff/ als welcher ohne dem trefflich nach der Frantzosen Leichtfertigkeit riechet/ so groß nicht zu achten ha- ben/ und sich gar gern fuͤr unzeitige Eyfer-Boͤcke/ die ihrem Frauenzimmer so wenig Freyheit verflatteten/ halten lassen koͤñen/ in Erwegung es allerdings besser ist/ daß ihnen dieses ohne Schaden vorgeruͤcket werde/ als daß sie etwa die zur Unzeit zu- gelassene Deß Academi schen gelassene Freyheit/ massen bey den Frantzosen taͤglich geschiehet/ bernach zn spaͤte beseuffzen muͤssen/ und scheinet es/ daß von die- ser Nation alle Hahnreyen in der gantzen Welt/ gleich wie von dem Adam alle Menschen/ herftam̃en/ angesehen in Franckreich ein Jeder/ der die Hoͤrner nur zu verguͤlden weiß/ aller Orten sichern Paß finden/ ja wol gar darzu ein Kuͤssen unter die Arme bekommen/ und bierbey der barmhertzige Wirth einen Corne- lium Tacitum agi ren wird; Wie mir dann erzehlet worden/ daß ein fuͤrnehmer Parlaments-Herꝛ zu Pariß/ so der Zeit noch un- verheurathet gewesen/ ohnlaͤngst sich vernehmen lassen/ im Fall er mit seiner zukuͤnfftigen Liebsten nur so und so viel tausend er- beyrathen wuͤrde/ wolte er gern in die grosse Bruͤderschafft der Hahnreyen sich einschreiben lassen; Ja/ er wolte die Hoͤrner selbst verguͤlden/ und fuͤr deren Erhaltung taͤglich etliche Ave Maria betten; Das lasse mir gutwillige Cavallier s seyn/ und Ritter von der grossen barmhertzigen Bruͤderschafft/ welche mit den Federn vom S. Lucas- Vogel so trefflich zu prangen wissen. Daß also jener Teutsche sich wol geloͤset/ wann er in einer fuͤr- nehmen Gesellschafft zu Pariß/ da ihm der Teutschen Unmaͤssig- keit im Trincken empfindlich gnug vorgeruckt worden/ denen an- wesenden Frantz-Maͤnnern/ die ihrer Nation anklebende unkeu- sche Leichtfertigkeit entgegen gesetzet/ er saget unter andern also: Die Poeten fabuli ren/ es haben den Jaͤger Actæon seine eigene Hunde zerrissen/ als er die Goͤttin Diana einsmahls na- ckend gesehen/ welche ihme zur Straffe deßwegen ein paar Hoͤr- ner aufgesetzet. Wann man mich fragen solte/ wo diese Hoͤrner nachgehends hinkommen/ da sonst alles biß auf Haut/ Bein und Knochen/ von den Hunden verzehret worden/ wuͤrde ich vielleicht nicht unrecht antworten/ daß sie nach Pariß verehret worden. Dieses muthmasse ich dahero/ weil ich sehe/ daß es so gefaͤhrlich ist/ sich bey euch zu verheurathen/ und haͤtte ich Sorge/ wann mir der Priester in Franckreich eine an die Hand gaͤbe/ es wur- den mir die Worte auß dem 5. Buch Mose am 28. Cap. ge- waltig in die Ohren schallen: Ein Weib wirst du dir vertrauen lassen/ aber ein anderer wird bey ihr schlaffen. Oder muͤste mich resolvir en/ mit eurem gewoͤhnlichen Trost und Zuspruch/ den ihr euch unter einander gebet/ auch zu vergnuͤgen/ und zu geden- cken/ wer kein Hahnrey seyn wolle/ der muͤsse sich nicht verheu- rathen/ gerade/ als wann kein Verheurather ohne Hoͤrner seyn koͤnne/ welches ihr dann bestaͤndig glaubet/ indem ihr singet? Grede mihi, nam vera cano, quicunque Mariti Nomen habet, summâ cornua fronte gerit; Nam- Romans I. Buch. Namque duo tanquam contradictoria sunt hæc: Ut conjux sis, \& cornua nulla geras. Und dann ferner in diesen Versen bezeuget: Uxorem mœcham qui nescit, vertice gestar Cornu unum, qui scit, cornua bina gerit. Qui scit, \& id patitur, tria gestat, quatuorille, Qui ducit nitidos, ad sua tecta procos. Horum qui nullo se credit in ordine poni, Fallitur \& fatuus, cornua quinque gerit. Doch ist es ein schlechter Glaube/ und kom̃t mir solcher vor/ wie Printz Moritzen Antwort/ als der von dem Herꝛn von Barne- feld nach Ubergab deß fuͤrtrefflichen See-Hafens und Veftung Ostende gefraget ward: Warum bauet man doch so gewaltige Vestungen/ da man sie doch dem Feind uͤbergeben muß? Das gemahnet mich/ sagte der Printz/ als wann man mich fragete: Warum verheurathet man sich/ da man hernach zum Hahnrey wird? Doch koͤnte man die Frantzoͤsische Nation noch etwa ent- schuldigen/ und sagen/ daß sie der Ursachen halben so gute Leute waͤren/ und denen Platz-und Statthaltern bey ihren Weibern zuweilen auch etwas goͤnneten/ darmit es dem gemeinen Wesen zum Besten kaͤme/ welchem dergestalt mit Verschaffung vieler Unterthanen aufgeholffen wuͤrde. Und dieser Meynung wa- ren die sonst klugen Athenienser/ dann/ wann bey ihnen ein Ehe- mann deß andern fruchtbares Weib zu dem Ende begehrete/ daß er sie schwaͤngern wollen/ ist sie ihm unversager gefolget worden. Wer deß Luftes/ Kinder zu erzeugen/ ersaͤttiget gewe- sen/ der hat einen andern/ seine Stelle zu vertretten/ moͤgen an- sprechen/ dann sie darfuͤr gehalten/ daß die Kinder nicht den El- tern/ sondern dem gemeinen Vatterland zum Nutz und Beften gebohren/ und koͤnten ohne Leute die Laͤnder und Staͤdte nicht ge- schuͤtzet/ noch erhalten werden/ wie bey dem Plutarcho in dem Le- ben deß Lycurgi zu lesen. Und hierauf zielete jener kluge Phi- losophus, der da wolte/ daß in einem vollkommenen Reich alle Weiber gemein seyn muͤsten. Auch moͤchte man etwa sagen/ daß ihr Frantzosen es darum geschehen liesset/ damit alle Welt von euch sagen muͤsse/ daß ihr nicht auß Geilbeit/ sondern auß Lust zur Kinder Zucht/ euch verbeurathet/ welches vormahls der Koͤ- nig von Calichut auß eben der Ursache thate/ massen dieser nicht ehe bey seiner Gemahlin schlieff/ es haͤtte dann der fuͤrnehmste Priester ihre Jungferschafft zuvor creden tzet/ wie dann dieser Gebrauch noch heutiges Tages vielen Nation en gemein/ folg- lich Deß Academi schen lich nicht wider das so genannte Voͤlcker-Recht ist. Jn Litthauen hielten ehedessen die Weiber unterschiedene junge Leute/ welche sie Matrimoniorum Adjutores, oder Gehuͤlffen deß Ehestandes/ zu nennen pflegeten. Evenus, Koͤnig in Schottland/ hatte ein Gesetz gegeben/ worinnen einem jeden Amtmann erlaubet war/ denen Braͤuten seines Amts Bezircks die schwere Buͤrde der Jungferschafft abzunehmen. So haben auch die Dom Herren zu Leyden hiebevor das Recht gehabt/ die erste Nacht bey ihrer Unterthanen Vertrauten zu schlaffen/ und dieses Recht haben sie Jus Luxandæ Coxæ oder Cunnagii geheiffen. Weilen dann die Frantzosen in dieser heruͤhmten Voͤlcker Fußstapffen tretten/ so moͤchte darauß erscheinen/ daß sie recht- guthertzige Leute/ welche verstehen/ was Galanterie sey/ die Teut- schen aber Hirn schellige und murrische Ehegatten waͤren/ so ihre Eheliche Liebe mit dem Essig der Eyfersucht allezeit zu ver- sauren pflegeten/ auch ihre Weiber nicht consideri ren/ als Mit- Gehuͤlffinnen und Mit-Herꝛscherinnen im Haußhalten/ sondern als etwa von dem Feind erbeutete Sclavinnen/ so ihren Maͤn- nern von einem jeden Augenblick Rechenschafft geben muͤsten. Ja/ es erforderten die Teutschen von ihren Weibern das Jenige/ so die Allermaͤchtigsten Koͤnige und Tyrannen von ihren Ge- mahlinnen nicht erhalten moͤchten/ nemlich/ daß selbige fuͤr sie allein seyn solten/ welches selten zu geschehen pfleget/ wie auß de- nen Exempeln der Olympias und Philippi, der Cleopatra und Ptolemæi, der Clitemnestra und Agamemnon s/ der Helenen und Menelai, der Pasiphaë und Minos, der Phedte und Theseus, auch vieler andern/ zu sehen. Ja/ es haben die Goͤtter selbst ein- ander Hoͤrner auf gesetzet/ wie der Mars dem Vulcano gethan. Dem sey aber/ wie ihm wolle/ so wird angefuͤhrter Ursachen kei- ne die Teutschen leicht zu einer Nachfolge in der Galanterie be- wegen koͤnnen/ sondern sie werden die Cocu, oder Guckguck/ wie ihr die Hahnreyen zu nennen pfleget/ gerne bey euch in Franck- reich lassen/ massen sie kein Belieben zu diesem Vogel haben/ als welcher in anderer Voͤgel Nester seine Eyer zu legen pfleget; Zu deme erndten die Teutschen nicht gerne/ wo sie nicht gesaͤet ha- ben/ wie jener Poet dem Ligurino vorwirfft: Uxorem, Ligurine, tuam colit Arrius: Alter Sementem fecit, sed tua messis erit. Befuͤrchten auch/ wann sie sich zu euer so genannten Galanterie gewoͤhnen wolten/ eine andere euch nicht ungemeine Galanterie Jener auf dem Fuß folgen duͤrffte/ so man auf Teutsch die Frantzosen Romans I. Buch. Frantzosen nennet/ ist eine biß anher in Teutschland/ GOtt Lob/ noch ziemlich unbekandte Kranckheit/ deren sich doch denen all- taͤglichen Exempeln nach/ auch hohe Fuͤrstliche und andere fuͤr- nehme Standes-Personen bey euch nicht erwoͤhren koͤnnen/ und ist damit A. 1495. vor Neapoli das erste mahl euer Lecker bestraf- fet worden/ so/ daß ein einziger Medicus, Namens Capicaccius, solche zu curi ren/ uͤber 18000. Kronen gewonnen. Damit ich aber noch etwas von denen Hornwercken der Cornigerorum und Hoͤrner-Traͤger gedencke/ so belieben die Anwesende zu ver- nehmen/ daß alles das Jenige/ so ich jemahls von den Horn- Traͤgern gelesen/ auf dreyerley Art Leute koͤnne gezogen werden/ und finde ich in allen Historien/ so ich durch blaͤttert/ daß dreyer- ley Hoͤrner darinnen gedacht werden: Erstlich/ ist das Natuͤr- liche/ dann das Geistliche/ zuletzt das Figuͤrliche und Angedichte- te Horn/ worvon allhier die Frage am meisten ist. Was das erste Horn anbelanget/ so ist bekandt/ daß zuweilen Leute mit Hoͤrnern angebohren worden/ unter andern gedencket Schottus in seiner Physica Curiosa, l. 5. q. 6. pag. 672. daß im Jahr 1233. zu Rath- stadt auf den Alt-Gebuͤrgen ein Knab mit Hoͤrnern sey geboh- ren worden. Der Edle Historienschreiber Thuanus meldet/ daß im Jahr 1599. zu dem Koͤnig sey gefuͤhret worden/ ein gehoͤrne- ter Mensch/ Namens Franciscus Troviluvius, welcher/ weil er befahrete/ man moͤchte ihn seiner ungewoͤhnlichen und sichtba- ren Hoͤrner halber unter die Mißgebuhrten zehlen/ sein Dorff verlassen/ und sich in die Waͤlder retiri ret hatte/ worinnen der arme Tropff doch endlich gefangen/ und aller Orten zur Schau umgefuͤhret worden. Deß Geistlichen Horns wird in der Bibel zum oͤfftern gedacht/ als im 18. und 112. auch andern Psalmen mehr/ im 1. B. Sam. am 2. Cap. und sonst hin und wieder. End- lich sind die Figuͤrliche und angedichtete. Hoͤrner/ welche meh- rentheils in dem Wahn bestehen/ und denen/ so darmit behafftet/ nur Anfangs im Wachsen die meisten Schmertzen zu verur- sachen pflegen/ gleichwie etwa denen Kindern wiederfaͤhret/ wann sie Zaͤhne hecken/ welcher Schmertz sich nach gehends doch verlieret. Dieses solte einen wol Wunder nehmen/ auß was Ur- sachen man nicht vielmehr den Jenigen/ so dem andern im Gar- ten graset/ Cocu zu nennen pfleget/ als den unschuldigen Patien- t en/ massen es auf diese Art mit der Natur deß Vogels/ so/ wie gedacht/ dem andern in das Nest leget/ besser uͤberein kaͤme/ dan- nenhero ich in Gedancken stehe/ daß diß Wort nicht von dem Namen dieses Vogels/ sondern vielmehr von dem Wort Kucku, oder Deß Academi schen oder Coucou, herkomme/ womit man die Einfaͤltigen/ auch die/ denen etwa ein Hasen-Fuchs-oder Laͤmmer-Schwantz/ oder auch wol Schelien und Hoͤrner angehenckt worden/ außzu- lachen pfleget/ wie dann auch der beruͤhmte Scaliger in dieser Meynung stehet. Das Lateinische Wort Cornutus soll/ wie Be- soldus wil/ so viel seyn/ als Corde nudus, daß er diese Schande leyde. Das Teutsche Wort Hahnrey/ oder Hahn-Rehe/ aber leitet Herꝛ Harsdoͤrffer her von dem Wort/ Hahn und Rehe/ welches Letztere so viel gesagt seyn soll/ als alt/ deßwegen von den Pferden/ so unvermoͤglich sind/ und ihre Schuldigkeit nicht mehr verrichten koͤnnen/ gesagt wird/ daß ste zu Reh geritten seyen/ waͤre also/ seiner Meynung nach/ einen zum Hahnreyh machen/ so viel/ als bey eines andern Weib erweisen/ daß deren Mann ein alter und reher Hahn sey/ und daß er die Gebuͤhr/ fuͤr ihn bezahle. Daß aber deß Weibes Schande ihrem Mann/ der zumahl hiervon nichts weiß/ unnachtheilig seyn muͤsse beweisen viele Rechts-Gelehrten/ und scheinet/ daß auß der Ursache sich ein grosser Koͤnig selbsten ohne Scheu einen Koͤnig der Hahn- Reyhen/ (der Name lautet so gut/ und wol besser/ als Rex Asi- norum,) genennet habe/ wie euch dann allen wol wiffend ist/ dero- wegen ihr auch nicht unrecht einen Spruch habt: Quelle satisse de Croire, que l’honneur d’un homme depend du devant de sa Femme. Jst wol und so viel gesagt: Es sey eine grosse Thorheit/ zu glauben/ daß deß Mannes Ehre an dem Vordertheil seines Weibes hange. Solte aber einen Ehemann seines Weibes Ver- halten schmertzen/ so hat er 3. Wege/ welche der Petrarcha zeiget/ entweder er schweige still/ gehe darvon/ oder raͤche. Das Erste scheinet zu gelind/ und schimpfflich/ das Letzte zu rauh und un- Christlich/ das Mittlere aber zielet auf das Kloster Leben/ wel- ches Recept doch denen wenigsten zu schmecken pfleget. Und also hat dieser Teutsche/ dem seinen Lands Leuten zum Vorwurff aufgefuͤhrten Sauff-Gott Bacho, die leichtfertige Goͤttin Ve- nus, ihren/ so zu sagen/ Leib-eigenen Client en/ denen unzuͤchti- gen Frantzosen zu nicht geringerer Empfindlichkeit/ herb/ derb und artlich gnug entgegen gestellet. Jch habe zwar mir noch niemahls gefallen lassen/ daß/ wann ein oder anderer wunderlicher Kautz/ sich in diesem oder jenem Laster hiebevorn etwa beruͤhme gemacht/ man solches flugs gantzen Nation en/ Laͤndern/ Provintzien und Staͤdten/ zu ihrer Beschimpffung auf gebuͤrdet und angeklebet hat/ es ver- dreusst mich auch rechtschaffen/ daß/ wann die Spanier mit ih- rem Romans I. Buch. rem Stehlen/ die Jtaliaͤner mit ihrer Rach gier/ die Frantzosen mit ihrer Unzucht/ und andere mit noch etwas aͤrgers aufgezo- gen werden/ wir Teutschen allemahl mit unserm Sauffen her- halten muͤssen/ gleich/ als schoneten die andern Voͤlcker das lieb- liche Gewaͤchs deß Edlen Weinstocks so sehr/ da sie sich doch eben wol darinnen mehrmahls tapffer/ und noch aͤrger besauffen/ als ein Teutschmann immer thun mag. Jener klug-und Grund- gelehrte Schulmann hat hierauf ein artiges Sonnet gestellet/ welches also lautet: Wo ist dasselbe Land/ das keine Laster kennet? Der Teutsche saͤufft zu viel/ und laͤst sich leicht betriegen/ Der stoltze Spanier muß stehlen/ oder luͤgen/ Der Welsche kennt sich nicht/ wann er fuͤr Eyfer brennet. Der leichte Frantzmann ist durch Eitelkeit verblendt. Der Pohle liebt die Pracht/ und muß wol selber pfluͤgen/ Der rauhe Tuͤrck ist falsch/ und grausam in den Kriegen/ Jn Engelland ist leicht der Got t esdienst zertrennt. Derhalben ziehe sich ein Jeder bey der Nase/ Jn dem er an ein Volck die Laͤster-Zunge setzt. Wer weiß/ wer seinen Zahn hingegen wieder wetzt/ Der ihn bezahlen kan? Jn unserm Teutschen Glase/ Steht nicht nur Wein und Bier/ es quillt der tapffre Muth/ Der andre schamroth macht/ und rechte Thaten thut. Jedoch bin ich der Meynung/ daß/ wann eine Nation in der Welt deß Lasters der Unkeuschheit mit Fug zu beschuldigen ist/ so seyn es in Warheit die hitzigen Frantzosen. Das XIII . Capitul/ Seltzames Exempel einer Dirnen/ die durch unzuͤchtiges Beyschlaffen von der Pest befreyet worden. Register der Academien in Europa/ und von wem sie gestifftet worden. Solennia, so bey Introdu- ction der Schonischen Universit aͤt zu Lunden vorgegangen. D Er Hertzog von Mantua hatte unserm Klin- genfeld bißhero mit sonderbarer Andacht zu- gehoͤret/ und da derselbe anjetzo seinen Discurs vollendet hatte/ sprach der Jesuit/ so auch mit an der Tafel sasse/ daß solche Leute/ die in ungebuͤhrlicher Liebe und all zu grosser Geilheit lebeten/ gemeiniglich die Frantzoͤsische Kranckheit zu Lohn bekaͤmen; Aber Klingenfeld lachete/ und sprach: Mein Herꝛ/ ich kan euch versichern/ daß eine Dienst-Magd in Holland K durch Deß Academi schen durch unordentliche Liebes-Beywohnung von der Pest curi ret worden/ ist also eine sothane Beywoh- nung der Menschen nicht allemahl dem Leibe schaͤd- lich. Als aber ein Jeder sich hieruͤber verwunderte/ und ein mehrers hiervon zu wissen verlangete/ sprach der Teutsche Cavallier also: Anno 1636. hat eine Dirne in den vereinigten Niederlanden sich von der damahlen grassi renden Pest angestecket befunden/ und an 3. Orten deß Leibes die gifftige Druͤsen gese- hen/ dessen ohngeachtet/ hat sie doch mit ihrem Buh- len in dem Garten/ dahin man sie gebracht hatte/ alle Nacht in Unzucht gelebet/ darauf sie endlich wieder genesen/ und dem Gesellen doch keinen Schaden zu- gefuͤget hat. Hieruͤber hat Vincentius Fabricius, ein schoͤnes Carmen verfertiget an den gelehrten Clau- dium Salmasium, welches A. 1636. zu Hamburg auf Kosten Tobiœ Gundermanns in Jacob Rebenleins Druckerey herauß gegeben worden. Diese Verse so wol/ als der Casus, so dardurch bedeutet worden/ sind rar, deßwegen habe ich sie angemercket/ und lauten sie also: M Axime Salmasi, si te tua Gallia tandem Restituit miti cœlo, Batavæq́; ruinæ. Subduxit fortuna caput, dum Leida nefandis Cladibus obruitur, vastamq́; vagata per urbem Dira lues mortem divulgat mille figuris Et centum manes urna confundit in unâ Ingenium crudele necis: si salvus oberras Ante Ararim patrium, seu Telætissimus amnis Sequana præreptum fatô, ripâque salubri Detinet, ut quondam, clamabo munere tantô, Compensare nefas superos, leviusque videri, Quod Batavos pressit dicam Tesospite damnum. Heu mihi, quàm fœdè cœli inclementia pulchris Mœnibus incubuit! Heu quantô turbine fatum Incidit in populos, raptamque à sedibus urbem Eruit! Attonitæ, gratâque à sede revulsæ Excessere Romans I. Buch. Excessere Deæ. Passa est languescere Phæbi Ira Deum lauros veteres, mæstamque Lycei Prætendi foribus taxum. Per funera Pallas Ingreditur, speratque fugam: sed Palladis ales Funestæ bubo feralis præsidet arci, Carmineque invisô miserum post omnia genti Dividit auguriurn. Nec jam bacchatur in unâ Urbe furor tabis, plenâ diffunditur irâ Vis superum: jam mille rogis Hollandia densac Funera: jam totis cumulata cadavera campis Vix recipit tellus: succumbitur undique morti. Nec tamen intereà, dum formidanda reponit Crudeles Libitina vices, scenamque tremendam Instruit, \& rabido præbet spectacula Diti, Dedidicit præcox solitum fortuna jocari, Insanosvè rogis aufert Venus improba ludos, Obluctata Diis; mæstisque illudere fatis Obvia, \& immiti componere tristia risu, Infelix Ægle, cum toto corpore pestem Proderet, in venit, qui vellet amare cadaver, Blanditiasque suas, \& persuadentia verba Inter bustaloqui. Ne tanti nescia facti Posteritas scelus esse putet, tacuisse furorem Eximii juvenis, me tandem tradere famæ Insolitos ignes, sumptosque ex morte calores, Er facinus Cytheræa tuum, \& ludibria gnati Impulit Aonius complecti versibus ardor. Tu faveas perculso, \& non audita canenti Maxime Salmasii, si nondum desiit esse Fabricius quocunque loco, tantique Penates Ut quondam gratô venientem poste receptent. Certabat Batavis Ægle formosa puellis Moribus \& vultu: sed vili in plebe relictam Fortunæ pressabat onus: nec hon oribus ullis Conspicuos referebat avos: sed paupere cultu Excludebat opes, centumque in corpore dotes Servitiô, \& tristi famulandi sorte premebat, Non oculos tamen effugit, laudemque juventæ Ille decor frontis, paupertatique pusillus Intervenit amor. Non ulla fidelius ardet Fœta opibus, fastuque suo: licet undique collo K 2 Illudant Deß Academi schen Illudant gemmæ, rutiletque in vestibus ostrum Et moveat tenerum lasciva superbia corpus Mille modis, fiarque gradu manifesta libido Egregius Coridon \& Thyrsis viderat Æglen Thyrsidis ardori facilis concesserat Ægle Et votis: movet oris honos, \& vividus ævi Sanguis, \& insigni volitans à fronte venusta Cæsaries, florensque novâ lanugine mentum. Ille quidem ambibat magnis ardoribus Æglen Fidus amans, totoque undabat pectore flammâ Nec leviter redamat, rudibusvè caloribus illa Respondet juveni: sed quò conspectius ambos Ureret, immani documentò explorat utrumque, Conjungitque illum feralibus ignibus ignem Immitis Lachesis. Teneris contagia membris Dividit, \& totô extendit se corpore Pestis, Affligitque Æglen: arent fervoribus ora, Quique rubor teneras formosò flore puellæ Tinxerat ante genas, atroces ducere flammas Incipit: acceptum venæ sensere venenum. Irrequieta tenent lethales corda calores, Pertentantque caput. Totam juraveris Ætnam Invasisse artus. Steropen tractare cerebrum, Forcipeque immani præcordia vertere Bronten Jamque ejecta domô secreto secubat horto Non semel infelix: \& moibo tristior omni Illa fuga est: cingit miseram mæstissimus horror: Vastitiesque loci: tabi fatisque relicta, Nequicquam Comites domi namq́; niclamat, \& altâ Poscens voce Deos, aversos sensit utrosque, Et precibus surdos: pavitant ad jussa ministræ, Languentem que procul spectant. Sie forte viator Funestum Triviæ sacrum cum conspicit, horret Divertitque viam: rapidô sic fulmine læsum Horrificat mentes, devitaturque bidental, Thyrsis adest, animumque in mille pericula durat Fortis, \& infestis queritur convitia Parcis Testaturque Deos: si pœnas sumere certum est, Suffi cio in pœnas: dilectis parcite membris Inquevirum transferte iras, fatisque malignis Hoc mactate caput. Summa mercede puellam Com- Romans I. Buch. Compensare juvat, \& vitam morte pacisci Talia jactantem, quantumvis languida virgo Increpat, \& damnat votum juvenile, precesque Opponit precibus. Pallenti brachia collo Induit, attrectatque lubens morientia membra Thyrsis, \& avelli negat imperterritus illis: Nec timet ille luem: sed basia mixta veneno Sumit, lethalesque halitus innoxius haurit, Confunditque suis. Tangit pia dextera virus Et meditatur opem: flagrantiaque ulcera mollit, Effingitque manu. Venus ipsa jacente puellâ Suscitat ardorem, mediisque ex ignibusignes Præcipitat, morbique incendia miscet amori. Sentit amans juvenis gliscentem pectore flammam, Permittitque sibi postrema auferre puellæ Gaudia, præsentisque ardens discrimina lethi Amplexu benè credit emi: moderatius Hero Jactet amatorem: quantumvis æquore vastô Sustinuit tentare viam, jactansque profundis Fluctibus, \& trepidæ protendens brachia amicæ Oscula Leander tantá mercede redemir Thyrsis amans famam cœpti majoris habebit: Donec erit teneris petulantia grata puellis Et sine fronte Venus; juvenes que audere parati Vim placidam, \& lecto confundere vota calenti: Ægle passa virum tepidis amplexibus æstum Digerit, \& morbô nondum defuncta venustum Discit opus; facilis Clothomiserata puellam Sustinuit susum: tristes Venus ipsa sorores, Exorat complere colos, repetitaque pensis Nectere pensa novis, vidit ridere coactam Thyrsis, \& invisas lusu transmittere febres. Ipsa favet morbo, \& mavult ægrota videri Parcarum secura, necemque evincit amando Grataturque sibi, cupidisque incincta lacertis Thyrsidis, infandos sentit cessare calores, Et sic sanari jactat debere puellas: Feralemque luem, quam non lenire Machaon Ipse, nec innumeras miscens Epidauris herbas Possit, in amplexu juvenis mitescere jurat, Sic nos Eurydicem vitam sumsisse priorem K 3 Credi- Deß Academi schen Credimus, \& blandâ victam dulcedine tabem Complexu, cessisse viri: quem pectine sacrô Instructum, facilique lyrâ penetralibus orci Fama est, Elysioque ausum succedere lucô: Nec satis est Æglen mœstô consurgere lectô Munere festivi juvenis, lepidoque refectam Officiô Veneris: geminant miracula Parcæ Thyrsida Dii tutantur. Haber quod Belgica munde Ostentet, seros jubeatque stupere nepotes. Et nunc ille suam tutis amplexibus Æglen Detinet; Illa faces præfert, optataque fronti Flammea prætendi patitur; geniumque calentem: Provocat, \& sublimi Hymenæum voce lacessit Ipsa Venus, comitesque Deæ, formosaque proles Exiguo cum fratre jocus nubentibus adstant, Spectatumque Deos Cœlô descendere cogunt Attonitos monstris audacibus: emicat inter Plaudentes juvenes generosô vertice Thyrsis, Conscius ingentis cœpti, dextrâque rubentem Pulchrius, oblitamque mali deducit amicam Tisiphone procul infaustis evincta colubris Invidiæ manifesta sedet, pectusque dolore Rumpit, \& insanâ vellens defronte cerastas Inquinat horrendô feralia pectora tabô, Sanguineamque vomit saniem: sed pronubo Cyptis Indomitam \& frustra jactantem à vertice virus Corripit, \& rabidam cæco demittit averno Ferte rosas juvenes, \& spargite floribus Æglen: Thyrsida formosæ myrtô decorate puellæ Innexique manus festæ solemnia lucis Instaurate choris, \& blandô ducite cantu Mesifata volent, melioribus ire per altam Auspiciis lyrrham, Musisque faventibus uti Et geniô, forsan famam sperare jubebo Thyrsida, diceturque æternis versibus Ægle Interea quantô disponant ordine fata, Salmasi, superos mecum miranepotentes Sic lætas tibi fata vives, immotaque donent Gaudia, \& æternis æquent cum Laudibus annos. So Romans I. Buch. So viel ich vernehme/ sprach der Hertzog anjetzo zu Klingenfeld/ hat der Herꝛ gute Wissenschafften um die Academi en/ dannenhero werdet ihr Uns einen grossen Gefallen erzeigen/ wann ihr Uns erzehlet/ wie viel Academi en man in Teutschland/ und ausserhalb dessen/ zehlet/ von welchem Herꝛn dieselbe/ und wann sie fundi ret worden/ auch was fuͤr Disciplin en man darauf tracti ret. Klingenfeld neigete sich gar tieff/ und sprach: Gnaͤdigster Herꝛ/ ob mir gleich alle Na- men der Academi schen Oerter bekandt/ so sind mir doch ihre Stiffter nicht allerdings wissend/ was im uͤbrigen die Teutsche Academi en belanget/ sind solche nachfolgende: Academi en in Teutschland. 1. T Rier an der Mosel/ derer Stifftung nicht allerdings be- kandt. 2. Wien in Oesterreich/ vom Kaͤyser Friderico II. gestifftet An- no 1237. und vom Hertzog Alberto III. A. 1356. erneuert. 3. Heydelberg am Necker/ von Ruperto II. Pfaltzgrafen/ A. 1346. 4. Prag in Boͤhmen/ von Kaͤyser Carolo IV. A. 1357. 5. Coͤlln am Rhein/ A. 1388. 6. Erffurt in Thuͤringen/ A. 1392. 7. Wuͤrtzburg in Francken/ A. 1403. 8. Leipzig in Meissen/ A. 1409. (1408.) von Friderico I. Chur- Fuͤrsten zn Sachsen. 9. Rostock/ im Hertzogthum Mecklenburg/ von Johann und Al- brechten/ Hertzogen/ und dem Rath zu Rostock/ A. 1415. 10. Loͤven in Braband/ A. 1426. 11. Freyburg in Brißgow/ von Alberto VII. Ertz-Hertzog in Oesterreich/ A. 1450. 12. Grypswald in Pommern/ A. 1457. von Wratislao IX. Her- tzog in Pommern. 13. Basel am Rhein/ A. 1460. 14. Jngolstadt in Baͤyern/ A. 1459. von Hertzog Georg dem Reichen. 15. Tuͤbingen/ im Hertzogthum Wuͤrtenberg/ A. 1477. von Hertzog Eberbard dem Baͤrthigten. 16. Maͤyntz am Rhein/ A. 1482. K 4 17. Witten- Deß Academi schen 17. Wittenberg in Sachsen/ von Chur-Fuͤrst Friderico III. An- no 1502. 18. Franckfurt an der Oder/ A. 1506. durch Joachim I. Chur- Fuͤrst zu Brandenburg. 19. Marpurg in Hessen/ A. 1526. von Land-Graf Philippo. 20. Straßburg im Elsaß/ A. 1538. 21. Koͤnigsberg in Preussen/ A. 1544. von Marggraf Albrecht zu Brandenburg. 22. Jena in Thuͤringen/ von Joh. Friderico, Chur-Fuͤrsten zu Sachsen/ 1549. 23. Dillingen in Schwaben/ 1549. 24. Leyden in Holland/ 1575. 25. Helmstaͤdt in Braunschweig/ 1576. von Hertzog Julio. 26. Altdorff im Nuͤrnbergischen Gebiet/ 1575. 27. Franecker in Frießland/ 1586. 28. Giessen in Hessen/ 1607. von Land-Graf Ludwigen. 29. Groͤningen in Frießland/ 1614. 30. Rinteln/ in der Grafschafft Schaumburg/ 1621. 31. Utrecht/ 1634. 32. Bamberg in Francken/ 1641. 33. Kiel in Holflein/ von Hertzog Christian Albrecht/ 1665. 34. Illustre Gymnasium Christian-Ernestium, von Herꝛn Marg- grafen Christian Ernflen zu Bayreuth in Francken/ 1664. 35. Gymnasium zu Weissenfelß/ von Hertzog Augusto zu Hall/ A. 1666. Ausser Teutschland sind die beruͤhm- testen Universit aͤten. 1. B Ononien in Jtallen/ A. 424. von Theodosio II. 2. Pariß in Franckreich/ von Carolo M. A. 791. 3. Thoulouse in Franckreich/ 4. Papia in Jtalien/ von eben diesem. 5. Conimoria in Portugall/ A. 712. von Johanne III. Koͤnig in Portugall. 6. Oxfort in Engelland/ A. 872. von Alvredo, Koͤnig in Sachsen. 7. Salmantica in Spanien/ 1239. 8. Cantabrig in Engelland/ 1271. 9. Orleans in Franckreich/ von Koͤnig Philipp dem Schoͤnen/ A. 1312. 10. Angiers in Franckreich/ von Ludwig/ Koͤnig in Sicilien/ und Hertzog zu Angiers, 1348. 11. Cracau/ Romans I. Buch. 11. Cracau/ 1364. von Koͤnig Casimir in Pohlen. 12. Mompellier in Franckreich. 13. S. Andreæ in Schottland/ 1411. 14. Padua in Jtalien/ A. 1222. 15. Taraco in Spanien/ 1572. 16. Pisa, vom Hertzog zu Florentz/ Cosmo. 1543. 17. Upsal in Schweden/ 1540. 18. Coppenhagen ( Hafnia, ) in Daͤnnemarck/ von Koͤnig Chri- stiano I. 1479. 19. Lunden in Schonen/ 1668. von dem jetzigen Koͤnig Carolo in Schweden. Auf denen Universit aͤten findet man die Facult aͤten: 1. Der hohen Facult aͤten sind drey: 1. Theologia, 2. Jurisprudentia, 3. Medicina, Jn diesen werden Doctores crei ret. 2. Die untere Facult aͤt ist die Philosophi sche/ darinnen werden Magistri crei ret. 3. Zur Philosophie gehoͤren: 1. Oratoria, Poësis, samt den Sprachen. 2. Logica, Metaphysica. 3. Physica, so von der Natur und natuͤrlichen Dingen handelt. 4. Mathematica, darzu geboͤren folgende Disciplin en: 1. Arith- metica, die Rechenkunft. 2. Geometria, Meßkunst. 3. Astro- nomia, Sternkunft. 4. Astrologia, Sterndentungskunft. 5. Geographia, Landes Beschreibung 6 Musica, Gesang- Kunft. 7. Optica, Sehkunft 8. Architectonica, Bau- Kunft. 9. Mechanica, Gewerbkunft. Jn diesen Stuͤcken beruhet sonst Philosophia Theoretica. 5. Ethica, die Sitten-Lebre von Tugenden. 6. Politica, von Policey-Wesen. 7. Oeconomica, von Hauß Wesen. Diese 3. machen Philoso- phiam Practicam. Dieses Lunden in Schonen ist also die juͤngste Academie, deren Aufrichtung mir annoch in frischem Andencken/ und damit man sehe/ wie es bey derglei- chen Introduction hergehe/ wil ich die Ceremoni en/ so bey Einfuͤhrung der Londischen oder Lundischen Aca- demie A. 1668. gehalten worden/ erzehlen/ wie folget: K 5 Erst Deß Academi schen Erst wurde um 12. Uhr Mittags die grosse Glocke der Kirchen gelaͤutet/ welches ein Zeichen war/ daß die Versammlung geschehen solle/ wie sie dann auch bald darauf geschahe. Anfangs stellete sich die Sol- datesca zu Roß und Fuß/ welche vorigen Tages den Herꝛn Gouverneur in Schonen/ Herꝛn Gustav Bauers/ Hoch-Graͤfl. Excellen tz/ als Regis loco ge- genwaͤrtig eingeholet hatte/ vor dero Logiment biß an die Kirche/ darauf geschahe die Procession: Erstlich/ wurden alle Raths-Herren und Præsi- dent en auß den Schonis. Staͤdten/ durch ihren eige- nen Marschall gefuͤhret. 2. Diesen folgten die Herren Studiosi, 106. an der Zahl. 3. Die Herren Geist- lichen/ deren 118. 4. Die Herren Professores, deren 12. waren/ alle in ihren sonderlichen Habiten. 5. Der Herꝛ Pro-Cancellarius, Herꝛ D. Bernhard Oelreich/ welcher von 2. Pedell en/ 2. Famulis, und 6. Hatschie- ren in blauer Liberey begleitet wurde. 6. Folgete hoch-gedachten Herꝛn Gouverneur s Excellen tz Herꝛ Magnus Durell, und andere mehr. 7. Sechs Kam̃er- Herren/ deren Jeder absonderlich auf blauen Sam- meten Kuͤssen trugen 1. Togam Doctoralem, Pileum \& Palliolum Rectorale, 2. Sceptra, 3. Claves, 4. Sigilla quinque, als 1. Universitatis, 2. Facultatis Theologi- cæ, 3. Juridicæ, 4. Medicinæ, 5. Philosophiæ, 6. Con- stitutiones im blauen Sammet gebunden/ und die Privilegia. Als nun alles in der Kirchen in Ordnung war/ stellete sich hoch-gedachter Herꝛ Gouverneur und Herꝛ Durell à parte auf einen erhabenen Ort/ und wurden die Regali en auf einen darzu gezierten Tisch geleget. Hierauf fieng der Gouverneur in Schwedis. Sprach an zu erzehlen/ warum diese Versammlung geschehen waͤre; Die Antwort darauf geschahe von dem Herꝛn Grafen Romans I. Buch. Grafen Durell Lateinisch. Nach solchen wurden die Constirutiones und Privilegia verlesen. Hiernaͤchst tratt der Herꝛ Pro-Cancellarius hervor/ und crei rte den Herꝛn Professorem Bagge zum Rectore Acade- miæ. Als solches geschehen war/ tratt der Herꝛ Pro- Cancellarius hinweg/ und perori rte der Herꝛ Rector hierauf/ welchem nach geendigter Oration der Herꝛ Professor Kundhahn alsobald folgete. Nach diesem wurde vom Herꝛn D. Winstrupio, Episcopo, gepredi- get/ der Text: 1. Reg. 8. v. 17. 18. 19. 20. Mein Vat- ter David hatte es zwar im Sinn/ daß er ein Hauß bauete dem Namen deß HErꝛn deß GOttes Jsrael. Aber der HERR sprach zu meinem Vatter David: Daß du im Sinn hast/ meinem Namen ein Hauß zu bauen/ hast du wol gethan/ daß du solches fuͤrnah- mest. Doch solt du nicht das Hauß bauen/ sondern dein Sohn/ der auß deinen Lenden kommen wird/ der soll meinem Namen ein Hauß bauen/ und der HErꝛ hat sein Wort bestaͤttiget/ das er geredet hat: Dañ ich bin aufkommen/ an meines Vatters Davids Statt/ und sitze auf dem Stuhl Jsrael/ wie der HErꝛ gere- det hat/ und habe gebauet ein Hauß dem Namen deß HErꝛn/ deß GOttes Jsrael. Nach gethaner Pre- digt/ sunge man das Te DEUM Laudamus, und loͤsete darbey 16. Canonen zu zweyen mahlen. Alle/ so in dieser Procession waren/ wurden darauf herꝛlich tra- cti ret/ da dann bey Gesundheits-Truͤncken die Stuͤ- cke sich tapffer hoͤren liessen. Nach geendigtem Con- vivio wurde auch ein schoͤnes Feuerwerck angezuͤn- det/ welches biß 4. Uhr gegen den Morgen dauerte. Das XIV . Capitul/ Kaͤyserliches Diploma uͤber die Helmstaͤdtische Universitaͤt. Die Vniversitaͤt Pariß hat viel Tumulten erlitten. Was man vor Disciplinen auf dieser oder jener Vniversitaͤt fuͤr andern lehre. Sonsten Deß Academi schen S Onsten ist zu wissen/ daß in Teutschland der Roͤmische Kaͤyser durch seine hoͤchste Authori- t aͤt/ auf Anhalten der Staͤnde/ die Academi en confirmi ret/ und ihnen daruͤber ein Kaͤyserl. Diploma ertheilet/ wie ich dann das Kaͤyserl. Diploma, wodurch die Academie zu Helmstaͤdt/ auf Ansuchen Hertzogs Julii, confirmi ret worden/ selber zum oͤfftern gesehen/ und lautet solches in Lateinischer Sprache/ wie folget: Kaͤys. Diploma, wodurch Maximilianus II. die Helmstaͤdtische Academiam Juliam bestaͤttiget: M Aximilianus Secundus, divina favente clementiâ Electus Romanorum Imperator, semper Augustus, ac Germaniæ, Hungariæ, Bohemiæ, Dalmatiæ, Croatiæ, Sclavoniæ, \&c. Rex. Archi-Dux Austriæ, Dux Burgundiæ, Brabantiæ, Stiriæ, Carinthiæ, Carniolæ, \&c. Marchio Moraviæ, \&c. Dux Lucen- burgiæ, ac Superioris \& Inferioris Silesiæ, Würtembergæ \& Te- ckæ, Princeps Sueviæ, Comes Habspurgi, Tirolis, Ferretis, Ky- burgi \& Goritiæ, Landgravius Alsatiæ, Marchio Sacri Romani Imperii, Burgoviæ, ac Superioris \& Inferioris Lusatiæ, Domi- nus Marchiæ Slavonicæ, Portus Naonis \& Salinarum, \&c. Notum facimus tenore literarum præsentium universis \& sin- gulis. Cum imprimis ad hanc Romani Imperii sublimitatem divino auspicio provecti, diligenter prospicere debeamus, ur scientiæ \& bonarum liberaliumque artium studia sedulò exco- lantur, feliciaque semper sumant incrementa, ex quibus nimirùm tanquam divinæ sapientiæ hausto fonte, subditi clientesque no- stri, ad gubernandam Rempublicam, \& reliquis mortalium ne- cessitatibus prospiciendum, reddantur aptiores: præsertim cum earundem bonarum literarum tutela \& patrocinium ad Cæsarei culminis fastigium, ejusque moderatores potissimum pertineat. Qui etiam ipsarum Cultores \& Professores dignis præmiis, ho- noribus atque privilegiis afficientes, complura Gymnasia in Sa- cro Romano Imperio instituerunt \& erexernnt. Nos igitur Præ- decessotum nostrorum vestigiis insistentes, petitione Illustris JULII, Ducis Brunsvicensis \& Lüneburgensis, Consanguinei \& Principis nostri charissimi, nec non \& omnium Statuum ejus- dem Ducatus per peculiares eorundem Legatos, nostros \& Sacri Romani Imperii fideles dilectos, Henricum à Luhe, \& Matthiam Böttiger, dicti Principis Consiliarios, nuper exhibita, qua con- tineba- Romans I. Buch. tinebarur, ut ad præfatorum studiorum liberalium \& bonarum artium incrementum, Collegium Scholamque in civitate sua hæreditaria Helmstadt, à se cœptum \& institutum, authoritate nostra Cæsarea confirmare, atque Juribus, Privilegiis \& Immu- nitatibus studii universalis seu Gymnasii communire; adeoque illi scholæ Juliæ nomen facere dignaremur, permoti; atque ad animum revocantes multa præclara \& singularia merita, quæ præfatus Consanguineus \& Princeps noster, nec non \& Paren- tes \& Antecessores ipsius ex Illustri Ducum Brunsvicensium Fa- milia Nobis \& Antecessoribus Nostris Romanorum Imperato- ribus \& Regibus, \& Imperio, nec non inclytæ Domui Nostræ Austriacæ, sæpius fideliter exhibuerunt \& præstiterunt: Consi- derantes etiam, quod præfata civitas non modò propter loci oportunitatem instituendo Gymnasio commoda, tum \& incolis \& finitimorum locorum habitatoribus Studium Universale ad excolendam numerosam juventutem, cumprimis necessarium sit; maturo Procerum Aulæ Nostræ Cæsareæ habito Consilio, animo benè deliberato, ex certa scientia \& motu proprio, Au- thoritate Nostra Cæsarea, \& ex plenitudine potestatis præme- moratum Collegium à dicto Consanguineo \& Principe Nostro in civitate Helmstadt nuper cœptum \& institutum, confirmavi- mus, adeoque de novo in Studium Generale \& Universitatem publicam ereximus, prout tenore præsentium confirmamus, \& de novo instituimus \& erigimus Volentes \& dictâ Cæsareæ Nostræ Porestatis \& Authorita- tis plenitudine decernentes, quod ea ipsa schola in Helmstadt in posterum Gymnasium Universale esse \& ab omnibus sic haberi, dicique schola Julia debeat: Et Doctores quarumcunque Fa- cultarum \& personæ idoneæ, ad id per dictum Ducem, ejusque Successores, vel quibus illi demandaverint, deputandæ, possint \& valeant in præfata Universitate in omnibus Facultatibus, vi- delicet, in sacra Theologia, in utroque Jure, tam Canonico, quàm Civili, in Artibus \& Medicina, nec non in Philosophia, \& quibuscunque scientiis legere, \& Lectiones, Disputationes \& Repetitiones publicas facere, conclusiones palàm proponere, \& præfatas scientias docere, interpretari, glossare \& dilucidare, omnesque actus scholasticos exercere, eo modo, ritu, \& ordine, qui in cæteris Universitatibus \& Gymnasiis Publicis, observari solitus est. Et quoniam ipsa studia eò feliciori gradu sumenr augmentum, si ingeniis \& disciplinisipsis suus honor, suus digni- tatis gradus statuatur; ut emeriti aliquando digna laborum suorum Deß Academi schen suorum præmia reportent: Statuimus \& ordinamus, ut per Col- legia Doctorum à prænominato Illustri Duce in unaquaque Fa- cultate instituenda, doctis \& ad id idoneis, \& præ cæteris excel- lentioribus in ipsis Facultatibus Doctoribus, hi qui ad sumen- dam Palmam certaminis sui idonei judicati fuerint, adhibito per ipsos Doctores Collegii in unaquaque Facultate, prius pro more \& consuetudine atque solennitatibus \& ritu in cæteris Universi- tatibus adhiberi solitis, rigoroso \& diligenti examine, in quo conscientias ipsorum Doctorum, cujuslibet Collegii onerari vo- lumus, quos sub Juramenti vinculo ad hoc astringimus in ea Fa- cultate, quam edidicerint, \& qui examini præfato se submiserint, \& se pro more \& juxta statuta \& ordinationes per prænomina- tum Ducem fiendas, per aliquos dignos \& honestos viros de Gremio ipsius Collegii præsentari fecerint, possint ad ipsum examen admitti, \& invocata Spiritus Sancti gratia examinari: \& si hoc modo habiles idonei \& sufficientes ad id reperti \& ju- dicati fuerint, Baccalaurei, Magistri, Licentiati sive Doctores, pro unius cujusque scientia \& doctrina creari, \& hujusmodi digni- tatibus insigniri, nec non per Bireti impositionem, \& aurei an- nuli ac osculi traditionem, cæteris que consuetis solennitatibus investiri, \& consueta ornamenta atque insignia Dignitatum prædictarum tradi \& conferri, quodque Doctores in eadem Universitate promoti \& promovendi debeant \& possint in omni- bus locis \& terris Sacri Imperii Romani, \& ubique terrarum li- berè omnes actus Doctorum, legendi, docendi, interpretandi \& glossandi, facere \& exercere, omnibusque \& singulis gaudere \& uti privilegiis, prærogativis \& exemtionibus, libertatibus, con- cessionibus, honoribus, præeminentiis, favoribus ac indultis, qui- bus cæteri Doctores in Bononiensi, Senensi, Patavino, Papiensi Perusino, Parisiensi ac Lipsiensi, \& aliis Studiis privilegiatis, pro moti ac insigniti gaudent \& utuntur de consuetudine vel de Ju- re. Cæterum quo præfata Universitas sive Gymnasium sui; gubernatum Magistratibus, solidiori \& firmiori consistat funda mento, damus \& concedimus Doctoribus \& Scholaribus in dicta Universitate existentibus aut futuris, cum consensu præ- fati Ducis aut Successorum ejus, authoritatem ac potestatem concedendi \& faciendi statuta \& ordinationes, juxta consuetu- dinem cæterarum Universitatum, nec non creandi \& eligendi Rectorem scholarum \& Syndicos, sive alios quoscunque Offi- ciales Universitatis, prout ipsis visum fuerit expedire \& esse opor- tunum. Hoc saltem in hac primæva erectione pro majori Il- lustra- Romans I. Buch. lustratione hujus Gymnasii addito, ur quemadmodum ipsum imperiali culmine \& authoritate primordia sumsit, \& à Ducali nomine appellationem accepit, sic etiam Rectoralis dignitas ab Illustri HENRICO JULIO, Duce Brunsvicense, \& postulato Episcopo Halberstadiense, sæpedicti Julii filio, quem primum Rectorem eidem assignamus, celebre \& felix auspicium habear. Dantes \& concedentes dicta Authoritate Nostra Imperiali jam per Nos designato, nec non \& in posterum, ut præmittitur, eli- gendis \& creandis Rectoribus, non modò facultatem \& juris- dictionem in Scholasticos, citandi, audiendi, judicandi, exequen- di, puniendi, \& omnes alios actus judicis ordinarii exercendi, \& Jus Reddendi: Atque eximentes nihilominus Doctores \& Scholares Universitatis prænominatæ à jurisdictione \& supe- rioritate cujuscunque potestatis ordinarii, sive cujuscunque al- terius præterquam à nostra \& præfati Ducis \& Successorum ejus- dem: sed etiam jam dictum HENRICUM JULIUM, per Nos designatum primum Rectorem, ejusque in illo officio \& dignitate in posterum eligendos, ex speciali gratia \& favore, sa- cri Lateranensis Palarii Aulæque nostræ \& Imperialis Consisto- rii Comites facimus, creamus, erigimus, ac Comitatus Palatini titulo atque dignitate clementer insignimus, aliorumque Co- mitum Palatinorum numero cætui \& consortio asscribimus, ad- jungimus \& aggregamus. Decernentes \& statuentes, quod uni- verso illo tempore, quo dictæ dignitati Rectoratus præsunt, vel præfuerint, omnibus \& singulis Privilegiis, Gratiis, Juribus, Im- munitatibus, Honoribus, Exemptionibus \& Libertatibus, uti, frui, potiri \& gaudere possint \& valeant, quibus cæteri Latera- nensis Palatii Comites hactenususi, potiti \& gavisi sunt, seu quo- modo libet utuntur, fruuntur, potiuntur \& gaudent, consvetudi- ne vel de jure. Dantes \& concedentes illis plenam facultatem \& potestatem, quod durante Rectoratus \& administrationis eo- rum tempore, ut præmittitur, nostra authoritate possint \& va- leant, per totum Romanum Imperium, Regna \& Dominia no- stra hæreditaria, ac alias ubilibet terrarum \& locorum, facere \& creare Notarios publicos seu Tabelliones, ac Judices ordinarios: ac omnibus personis, quæ fide dignæ, habiles, idoneæ \& suffi- cientes fuerint, (qua in re conscientias ipsarum oneramus,) No- tariatus seu Tabellionatus \& Judicatus ordinarii officium con- cedere \& dare, eosque ac eorum quemlibet de prædictis officiis per pennam \& calamarium, prout moris est, investire, Recipien- do ab ipsis Notariis publicis seu Tabellionibus \& Judicibus or- dinariis Deß Academi schen dinariis per eos, ut præmittitur, creandis, \& ab eorum quolibet, vice ac nomine Nostro \& Sacri Imperii, \& pro ipso Romano Imperio debitum fidelitatis corporale \& proprium Juramentum, in hunc videlicet modum: Quod nobis ac Sacro Romano Im- perio, \& omnibus Successoribus nostris Romanorum Imperato- ribus \& Regibus legitimè intrantibus fideles erunt, nec unquam interfuturi consilio, ubi nostrum periculum tractetur, sed bo- num \& salutem nostram defendent, \& fideliter promovebunt, damna verò \& incommoda sedulò cavebunt \& avertent; Præ- rerea Instrumenta publica \& privata, ultimas voluntates, Testa- menta, \& quæcunque Judiciorum Acta, literas matrimoniales, ac omnia \& singula alia, quæ illis \& cuilibet illorum, dicti offi- cii ratione facienda vel scribenda occurrent, justè, purè, fideliter, omni simulatione, machinatione, falsirate, dolo ac fraude remo- tis, scribent, legent, facient, \& dictabunt; non observando odium, amicitiam, munera, pecuniam, vel quascunque alias pas- siones aut favores: scripturas verò in formam publicam redi- gendas pro locorum consvetudine \& rerum qualitate, in mem- branis aut chartis mundis, non abrasis seu vitiosis, fideliter con- scribent ac conscribi facient, causasque hospitalium ac misera- bilium personarum, nec non pontium \& viarum publicarum conservationes \& instaurationes pro viribus promovebunt, sen- tentias aut dicta testium, donec publicata fuerint \& approbata sub secreto fideliter retinebunt; omniaque \& singula alia con- venienti \& debito modo facient atque exercebunt, quæ ad di- ctum officium quomodolibet pertinebunt consuetudine vel de Jure. Volentes, quod hujusmodi Notarii Publici, seu Tabellio- nes \& Judices ordinarii per eos creandi, liberè possint per totum Romanum Imperium, omniaque Regna \& Provincias nostras hæreditarias, ac aliàs ubivis terrarum \& Gentium facere, conci- pere, scribere \& publicare Contractus, Instrumenta, Judiciorum Acta, Literas Matrimoniales, Testamenta, \& ultimas Volunta- tes, Decretumque \& Authoritatem interponere, in quibuscunq́; Contractibus tale quippiam requirentibus, omniaque \& singula alia citra impedimentum facere \& exercere, quæ dictum publici Notarii seu Tabellionis \& Judicis ordinarii officium quovis modo exigere videbitur, decernentesque, quòd omnibus \& sin- gulis Instrumentis ac Scripturis, per hujusmodi Tabelliones seu Judices ordinarios \& Notarios publicos, per præfatos Rectores Scholæ Juliæ creatos \& creandos, confectis \& conficiendis, ple- na \& indubia ubique fildes, tam intra quàm extra Judicium, ad- hiberi Romans I. Buch. hiberi debear, eaque nullô modô impugnari vel in dubium trabi possit, Constitutionibus, Ordinationibus, \& aliis in contrarium facientibus, non obstantibus quibuscunque. Prætereà ut ipsa Universitas dignis fulcita prærogativis, nulli alteri, quantumvis vetustæ \& celebratæ Universitati post- ponatur, sæpè dictæ scholæ Juliæ, \& singulis in ea constituendis Facultatibus ex singulari gratia, peculiaria arma \& insignia, qui- bus in publicis Scriptis, Edictis, Mandatis, aliisque Actibus, loco figilli uti possint \& debeant, contulimus, prout alio nostro desu- per confecto datoque speciali Privilegio, latius continetur. Atq́; insuper volumus \& decernimus per præsentes, quod prænomi- nata Universitas, nec non Doctores \& Scholastici, ac ibidem ali- quam dignitatem seu gradum assumentes, gaudeant \& potian- tur, uti, frui, gaudere, \& potiri possint \& valeant, omnibus \& qui- buscunque gratiis, honoribus, dignitatibus, ptæeminentiis, præ- rogativis, privilegiis, concessionibus, \& immunitatibus, favori- bus \& indultis, ac aliis quibuslibet, quibus Universitas Bono- niensis, Senensis, Patavina, Papiensis, Perusina, Parisiensis \& Lipsiensis, ac alia Studia privilegiata, ac Doctores \& Scholastici, sive Promoti, aut alia dignitate, sive gradu, insigniti, gaudent \& potiuntur, quomodolibet consvetudine vel de Jure. Non ob- stantibus aliquibus Privilegiis indultis, prærogativis, gratiis, sta- tutis, ordinationibus, Legibus, Constitutionibus, Reformationi- bus, Exemptionibus, aut aliis quibuscunque in contrarium fa- cientibus. Quibus omnibus \& singulis, ex certa nostra scientia præfata, animo deliberato, \& motu proptio, derogamus \& de- rogatum esse volumus per præsentes. Nulli ergò omninò ho- minum liceat, hanc nostræ creationis, instirutionis, fundationis, erectionis, indulti, gratiæ, derogationis, constitutionis, conces- sionis, \& Privilegii gratiam (quam singulis annis publicè in di- cta Schola Julia prælegi volumus,) refringete, aut quovis ausu temerario contraire, sive quomodolibet violare \& infringere. Si quis autem hoc attentare præsumserit, nostram \& Imperii Sa- cti Indignationem gravissimam \& pœnam centum marcharum auri puri, toties quoties contra factum fuerit, se noverit irremis- sibiliter incursurum, quarum medietatem Impetialis Fisci Nostri sive Ærarii, reliquam verò partem injuriam passorum usibus, decernimus applicari. Harum testimonio Literarum, manu nostra subscriptarum, \& sigilli nostri Cæsarei appensione mu- nitarum. Datum in Arce Nostra Regali Pragæ, die 9. Mensis Maji, Anno Domini Millesimo quingentesimo septuagesimo L quinto. Deß Academi schen quinto. Regnorum nostrorum, Romani decimo tertio, Hun- garioi duodecimo, Bohemici verò vicesimo septimo. MAXIMILIANUS. Vice ac nomine Reverendissimi D. Danielis, Archi-Cancellarii Moguntini. V. Joh. Bap. Weber. Ad Mandatum Sacræ Cæs. Majestatis proprium, A. Erstenberger/ Ssst. Als Klingenfeld seine Rede hiermit beschlossen/ fragte ihn der Jesuit/ ob er dann in seinem Register der Universit aͤten zu Bourges und Caen in Franckreich vergessen? Dieser gab zur Antwort: Daß sein schwa- ches Gedaͤchtnuͤß hieran Schuld haͤtte/ im uͤbrigen koͤnne er noch wol mehr Academi en in Franckreich finden/ weil aber nicht alle hohe Facult aͤten darauf ge- lehret wuͤrden/ stuͤnde er billich an/ dieselbe unter die vollkommene Universit aͤten zu zehlen. Wolan dann/ verfolgete der Jesuit/ so wil ich dieser hohen Gesell- schafft zu willen/ noch ein und anders von etlichen Universit aͤten einruͤcken. Gleich wie demnach Pariß eine grosse Volck- reiche Stadt/ also ist die Academie daselbst auch jeder- zeit die Staͤrckeste gewesen. Man siehet daselbst vier Schulen/ vor so viel Nation en/ welche sind die Franci, Normanni, Picardi und Allemanni. Die Fa- cultas Artium, hat hier die hoͤchste Stelle/ alsdann die Theologi sche Facult aͤt/ welche in Mysticam, Canoni- cam und Scholasticam getheilet wird. Dieser zu Eh- ren/ ist die beruffene Sorbonne, von Roberto Sorbone, aufgerichtet worden. Die dritte Facult aͤt bestehet bey den Jureconsultis, und die vierdte bey den Medicis und Chirurgis. Auß der ersten Facult aͤt wird der Re- ctor Academiæ erwaͤhlet/ welcher in hohen Ehren sitzet. Man hat 7. Tumulten auf dieser Academie erlebet. 1. Anno Romans I. Bnch. 1. Anno 1129. da die Studenten in die Wein- schencken trungen/ weil man ihnen den Wein zu hoch verkauffte/ daruͤber sind zwey fuͤrnehme Geistlichen umkommen/ dahero die Universit aͤt sehr gefallen/ dann/ als die principalest en Englische Magistri von dannen zogen/ weil man den Tod ihrer Lands-Leute nicht sattsam gerochen/ hat sich Henricus III. Koͤnig in Engelland bemuͤhet/ die Studenten nach Oxford zu bringen. 2. A. 1282. war zwischen den Geistlichen auß Picardia und den Englischen Studenten allhier ein solcher Streit/ daß es schiene/ die Studia wurden da- selbst ins gaͤntzliche Stecken gerathen/ dann diese stuͤrmeten die Haͤuser der Picarder/ und wuͤteten der- gestalt unter ihnen/ daß ihrer viel umkamen/ und der Rest sich zu den rasenden Englis. Studenten schlagen muste/ wolten sie anders Frieden haben. 3. A. 1303. haben die Professores ihre Schulen zugeschlossen/ und nicht lehren wollen/ weil der Stadt-Vogt einen Studenten/ wider die Freyhei- ten der Academie, aufgehencket hatte. Er muste aber denselben vom Galgen wieder abnehmen/ und selber zum Grab begleiten/ auch zu Avignon vom Papst Benedicto XI. Absolution deßfalls erbitten. 4. A. 1404. entstund ein Tumult/ wegen eines Schimpffs/ den Carolus Savasinus, Koͤnigl. Groß- Kaͤmmerer/ den Studenten angethan/ als sie in einer solenn en Procession den Rectorem Universitatis nach S. Catharinen begleiteten. Ob nun gleich dieser Kaͤmmerer bey dem Koͤnig in sonderbaren Gnaden; muste er ihn doch deßhalben auf 2. Jahr verweisen/ und sein Hauß von Grund auß wegreissen lassen. 5. A. 1407. unterstund sich der Stadt-Vogt Guilielmus Tignovillanus abermahl 2. Studenten/ L 2 welche Deß Academi schen welche einen Mord begangen/ auf hencken zu lassen/ daruͤber entstund ein Auflauff/ und muste der Vogt die todten Coͤrper vom Galgen nehmen/ ihre Ange- sichter kuͤssen/ und sie ehrlich begraben lassen. Die Frequen tz der Studenten war damahl zu Pariß so groß/ daß/ als bey dieser Procession der Rector durch die Maturiner-Kirche/ (dahin wurden die Coͤrper begraben/) gienge/ die Aeltesten der Studenten und Clerisey allererst in die Vorstatt S. Denys tratten/ dannenhero mag man Pontano wol glauben/ wann er spricht/ daß daselbst auf einmahl 10000. Studen- ten gesehen worden/ die allein in der Philosophie studiret. 6. Als Koͤnig Ludwig XII. A. 1498. nach seiner Kroͤnung die Universit aͤts- Privilegia in etwas ein- schraͤncken wolte/ da haben auf deß Rectoris Befehl die Professores nicht lesen/ die Geistlichen nicht predi- gen/ auch die Medici und Chirurgi keine Krancke be- suchen duͤrffen. 7. Der siebende Tumult entstund Anno 1548. wegen einer Wiese/ welche die Muͤnche zu S. Germain den andern Geistlichen nehmen wolten. Naͤchst Pariß ist Orleans, Bourges und Poictiers, hernach Angiers, Thoulouse, Cahors, Montpelliers, Avignon, Orange, Valenz, Caën, Dole in Burgund und Massili en/ vor andern beruͤhmt mit ihren Aca- demi en. Unter den Jtaliaͤnischen Academi en ist die zu Rom wol die Fuͤrnehmste/ als welche auß den Athe- niensischen Reliquiis von den Paͤpsten aufgerichtet worden. Naͤchst dieser folget die zu Bologne, auf welcher Innocentius, Roͤmischer Papst/ unter dem fuͤrtrefflichen Jurist en Azone studiret hat. Allhier ist Bartolus in seinem 20. Jahr Licentiatus, und im fol- genden Romans I. Buch. genden darauf Doctor Juris crei ret worden. Er war aber besser in Jure als in Latinitate. Accursius hat sich im 40. Jahr seines Alters allhier auf das Jus geleget/ und ist doch noch ein treffliches Lumen darinn ge- worden. Die uͤbrigen Jtaliaͤnischen Universit aͤten sind zu Ferrara, Neapolis, (als der Muͤnch diesen Ort nen- nete/ da begunte der Printz de Tursis einen hertzlichen tieffen Seuffzer hoͤren zu lassen/ welcher aber von Niemand mehr/ als von Klingenfeld observi ret ward/) Salerno, Pavia, Padua, Perugia, welche Anno 1290. gegruͤndet/ und eben solche Privilegia hat/ als weyland die Academie zu Constantinopel/ Pisa, wel- cher der gelehrte Aldus Manutius im Testament seine Bibliothec, darinn 80000. Buͤcher waren/ vermachet hat; Siena, Turin, allwo Erasmus Roterodamus Do- ctor und Professor gewesen/ Macerata und Catana in Sicilien. Jn dieser Jnsul sind auch schoͤne Collegia und Schulen zu Messina, Syracusa und Palermo. Man saget abor von den Gelehrten in Jtalien/ daß man sich zu Maͤyland auf das Recht/ zu Florentz auf die natuͤrliche Philosophie, in Calabri en auf die Griechische/ zu Neapolis auf die Toscanische/ zu Man- tua auf die Hebrœische Sprache/ und zu Luca auf die H. Schrifft/ zu Verona auf die Humaniora, zu Bologne auf Mathesin, zu Padua auf die Medicin, zu Venedig auf die Music, zu Siena auf die Dialectic, zu Perugia auf das Jus Pontificium, zu Vicenza auf Philoso- phiam Moralem, und zu Pavia auf Sophisticam vor andern lege. Jn Spanien ist zu Salamantica die beruͤhmteste Universit aͤt/ welche ein trefflich Pfleg-Hauß hat fuͤr die arme Studenten. Man siehet daselbst 20. Colle- gia, und zehlet man nimmer unter 4000. Studenten/ L 3 bißwei- Deß Academi schen bißweilen steiget die Zahl auf 7000. Auf 27. Cathe- der n wird gelesen/ und deß Rectoris Authorit aͤt ist un- gemein groß. Die uͤbrigen sind zu Valen tz/ zu Ilerda, allwo Papst Calixtus III. Doctor Juris worden/ und offentlich doci rt hat. Zu Ossuna, zu Hispalis, auf welcher Papst Sylvester II. studiret hat. Avicenna, ein Mahometanischer Mohr/ hat die Medicin hier in trefflichen Flor gebracht. Zu Compluto, oder Alcala de Henares, nahe bey Madrit/ da die fuͤrtreffliche Biblia Complutensia herauß kommen/ zu Toledo, zu Palentia und Majorica, allwo deß Raymundi Lullii Lehre in hoher Achtung ist. Jn Portugall ist die Universit aͤt Coimbria, die allemahl/ fuͤrnemlich in Philosophia, fuͤrtreffliche Leute gehabt hat. Zu Oxford ist die beruͤhmteste Academie in En- gelland/ sie hat 16. Collegia, und 8. Aulas, oder Hoͤfe. Wegen deß Præsident en in dem Collegio S. Magdale- næ, hat es juͤngst einige Weitlaͤufftigkeit gesetzet/ weil derselbe dem Koͤnig nicht nach Begehren willfahren wollen. Die Universit aͤt zu Cambridge ist uͤber dritt- halb hundert Jahr aͤlter/ als die Anno 630. fundi ret worden. Sie hat 11. Collegia und 4. Aulas. Die Schottischen Universit aͤten sind zu S. Andrè und Aberdone, dann die zu Glasco ist gantz wieder abge- kommen. Das XV . Capitul/ Allhier werden die beruͤhmtesten Gymnasia eingefuͤhret/ samt einem Register aller Collegien der Jesuiten/ wie man sie im Anfang dieses Seculi gefunden. U Ber jetzt-genannte hat man auch etliche hohe beruͤhmte Schulen/ die aber nicht voͤllig die Ehre einer privilegi rten Universit aͤt erlan- get haben/ deren sind sehr viele in Teutschland/ darun- ter Romans I. Buch. ter mir die Schule oder Gymnasium zu Osnabrugge/ Lipstatt/ Duisberg/ Herford/ Bremen/ Goͤrlitz/ Dan- tzig/ Augspurg allein bekandt sind/ es sind aber ihrer noch mehr in Teutschland. Die Gymnasia zu Losanne und Bern in der Schweitz lassen sich auch sehen. Jn Franckreich sind solcher Gestalt beruͤhmt die Staͤdte Sedan, Rheims, Saumur, Bourdeaux, Montauban und Nismes. Jn den Spanischen Niederlanden Dovay. Jn Jtalien Venedig/ die Stadt Mantua, Modena, Maͤyland/ Verona, \&c. Jn Spanien Valladolit, Osca, Granada und Compostella. Und das sind so wol die Universit aͤten/ als Gymnasia, sonsten muͤsset ihr/ ob ihr gleich ein Teutscher/ und so viel ich euch ansehe/ ein Protestant seyd/ dañoch unserm Orden den Ruhm geben/ daß dessen Collegia, so durch alle Welt zer- streuet sind/ bey Information der lieben Jugend ein Merckliches thun/ und deßfalls die herꝛlichsten Semi- naria und Schulen unterhalten. Das gebe ich ungenoͤthiget zu/ war Klingenfelds Antwort/ die Herren Jesuiten haben freylich den Ruhm/ daß sie sich deß Schulstaubs weniger entzie- hen/ als einige andere Muͤnch-Orden/ sie schicken wackere Koͤpffe wieder zu ihren Eltern/ und darum tragen auch die Protestant en kein Bedencken/ ihnen ihre Kinder zur Information anzuvertrauen. Jch moͤchte aber wol wissen/ wie hoch sich die Anzahl ihrer Collegi en und Kloͤster erstrecket. Der Jesuit lachete ihn hierauf gar freundlich an/ und sagte: Es ist mir lieb/ daß ihr/ wider die Gewohnheit eurer Lands-Leu- ten/ protesti render Religion, unserm Orden noch ei- nigen Ruhm goͤnnet/ darfuͤr wil ich euer Verlangen begnuͤgen. Ob gleich der Jesuiter-Orden einer von den Neuesten/ hat er sich doch durch die gantze Welt viel weiter außgebreitet/ auch reichere Stifftungen L 4 und Deß Academi schen und koͤstlichere Collegia und Haͤuser erlanget/ als ei- niger anderer Orden. Jn den Catholischen Koͤnig- reichen werden ihre Collegia nach den Provintzen ein- getheilet/ und in jeder Provintz ist ein Jesuit Pater Provincialis, der gantze Orden aber unterhaͤlt einen Pater General, welcher zu Rom lebet/ und allemahl ein Mann von grosser Authorit aͤt ist. Aber/ damit ich eurer Frage ein Gnuͤgen thue/ sollet ihr wissen/ daß im Anfang gegenwaͤrtiges Seculi die Jesuiten ihre Collegia, Residenti en und Profess- Haͤuser in der gan- tzen Welt gehabt/ wie es anzeiget folgender Catalogus Provinciarum Societatis JESU , \& Collegiorum ac Domorum, quæ in unaquaq́; Provincia sunt. Jn Jtalien 5. Provintzen. 1. Provincia Romana. Zu Rom/ Domus Professa. Colleg. Romanum. ‒ Pœnitentiariæ. Dom. Probationis. C. Germanicum. ‒ Anglicanum. ‒ Maronitarum. ‒ Græcorum. Seminarium Ro- manum. Residentia Tuscu- lana. Collegium Lauretanum. ‒ Florentinum. ‒ Senense. ‒ Perusinum. ‒ Maceratense. ‒ Tiburtinum. Coll. Recinetense. in- choa- ta. ‒ Selinum. ‒ Anconitanum. ‒ Montis Sancti. 2. Provincia Sicula. Pa- nor- mi Domus Professa. Coll. Panormitanum. Domus Probationis. Messa- næ Coll. Messanense. Dom ꝰ Probationis. Colleg. Syracusanum. ‒ Catanense. ‒ Montis Regalis. ‒ Bivonense. ‒ Calatajeronense. ‒ Rheginum. ‒ Drepanitanum. ‒ Minæense. ‒ Marsalense. ‒ Calatanessetense. Colle- Romans I. Buch. Collegium Melitense. 3. Provincia Neapolitana. Nea- poli Domus Professa. C. Neapolitanum. Dom. Probationis. Colleg. Cotacense. ‒ Nolanum. ‒ Aletinum. ‒ Bariense. ‒ Salerontanum. ‒ Consentinum. ‒ Barolitanum. ‒ Teatinum. ‒ Aquilanum. Domus Professa Beneven- tana. 5. Provincia Mediolanen- sis. Medio- lani Domus Professa. Coll. Breranum. Ge- nuæ Colleg. Genuense. Domus Probationis. Colleg. Taurinense. ‒ Comense. ‒ Vercellense. ‒ Montis Regalis. ‒ Cremonense. Domus Probationis Aro- nensis. 5. Provincia Veneta. Domus Professa Venetus. Colleg. Patavinum. ‒ Ferrariense. ‒ Bononiense. Colleg. Brixiense. ‒ Forojuliense. ‒ Mutinense. ‒ Parmense. ‒ Veronense. ‒ Placentinum. ‒ Mantuanum. Domus Probationis No- vellariæ. Domus Probationis Imo- læ inchoata. Jn Portugall. Eine Provintz. Lissa Domus Professa. Colleg. S. Antonii. Domus Probationis. Collegium Conimbricen- se cum Novit. Collegium Eborense cum Novitiatu. Cellegium Portuense. ‒ Bracarense. ‒ Brigantinum. Domus Professa Pharaoen- sis in Regno Algarbio- rum. Collegium Funchalense. ‒ Angrense. ‒ S. Michaëlis. Resi- dentia S. Felicis. Canahensis. Domus in Regno Angolæ. L 5 Jn Deß Academi schen Jn Ost-Jndien. Eine Provintz. Goæ. Domus Professa. Collegium S. Pauli. Domus Probationis. Seminarium S. Fidei. Collegium Margarense in Salsetta. Domus Chaulensis. Collegium Bazainense. Resi- den- tia Tannensis. Bandoranensis. Sanctiss. Trinitatis. Collegium Damanense. ‒ Cochinense. Domus Vaipicotana. Resi- dentia Calicutiana. S. Jacobi. S. Andreæ. Porcaensis. Domus Choulensis in Ora Trauancoris. Resi- den tia Collechensis. Retoraensis. Manarensis, Semin. Tuturinan. in Ora Piscar. Colleg. Choromandelense ‒ Malachense. Resi- den- tia Molucensis, Amboynens. Insul. Moluc in Regno M. Magor. In Japonia. Colleg. Machaense Re- sid. Xaquinens. Paquinens. in Regno Sinar. Colleg. Nangasachiense. Dom. omnium Sanctorum. Domus Omurensis. Ama- cusæ, Coll. Amacusanum. Domus Probationis. Domus Arimensis. Seminarium Fachiroense. Resi- dentia Bungensis. Meacensis. Jn Brasilia. Eine Provintz. Collegium Bayense, cum Novitiatu. Domus Ilhæorum. ‒ Portus Securi. Resi- den- tia Sancti Spiritus. Sancti Antonii. Sancti Joannis. Boipetæ. Sancti Sebastiani. Colleg. Fluminis Januarii. Residentia S. Barnabæ. Domus Sanctorum. ‒ Piratininquæ. ‒ Spiritus Sancti. Resi- den- tia Conceptionis B. Virg. S. Joannis, Evangel. S. Ignatii. Assumptionis B. Virg. Colleg. Pernambucense. ‒ S. Michaëlis. ‒ Beatæ Virginis. Jn Romans I. Buch. Jn Hispania, vier Provintzen. 1. Provincia Toletana. Tole- ti Domus Professa. Colleg. Toletanum. Colleg. Madritanum. ‒ Complutense. ‒ Oscaniense. ‒ Placentinum. ‒ Conchense. ‒ Belmontense. ‒ Murcianum. ‒ Caravacense. ‒ Seguritanum. ‒ Huescense. ‒ Talabricense, ‒ Oropesanum. Domus Probationis Villa- regiensis. Resi- dentia Navalcanerensis. JEsu è Monte. 2. Provincia Castellana. Vallis- Toleti Domus Professa. Coll. Vallis-Tole- tanum. Colleg. Burgense. ‒ Salmanticense. ‒ Medinense. ‒ Segobiense. ‒ Pallentinum. ‒ Abulense. ‒ Lucroniense. ‒ Montis Regalis. ‒ Legionense. Colleg. Bellimarense. ‒ Numantium. ‒ Compostellanum. ‒ Outense. ‒ Pampilonense. ‒ Areualense. ‒ Monfortense. ‒ Vergarense. ‒ S. Andreæ. Domus Probationis Villa- graciæ. 3. Provincia Aragonensis. Valen- tiæ Domus Professa. Coll: Valentinum. Colleg. Barcinonense. ‒ Cæsar-Augustan. ‒ Maioricense. ‒ Gerundense. ‒ Gandiense. ‒ Bilbilitanum. ‒ Taroconense. ‒ Urgellense. ‒ Oscanum. Domus Probationis Tar- raconensis. Domus Probationis Orio- lana. 4. Provincia Bœtica. Hispa- li Domus Professa. Coll. Hispalense. Colleg. Triguerense. ‒ Gaditanum. ‒ Marcenense. ‒ Cordubense. Colleg. Deß Academi schen Colleg. Granatense. ‒ Vaezanum. ‒ Malacense. ‒ Xerense. ‒ Cazorlanum. ‒ Ubedanum. ‒ Astigitanum. ‒ Guadixense. ‒ Fregenalensa. Domus Probationis Mon- tellana. Jn Sardinia. Eine Provintz. Collegium Sassaritanum. Cal- lari Coll. Callaritanum. Domus Probationis. Colleg. Ecclesiense. ‒ Algueritanum. Jn West-Jndien/ zwo Provintzen. 1. Provincia Pervana. Li- mæ Collegium Limense. Domus Probationis. Colleg. Ouschense. ‒ Civitatis Pacis. ‒ Arequipense. ‒ Potosinum. ‒ Chilense. ‒ Cuquisaquense. ‒ Quitense. Resi- dentia Panamana. Xulensis. 2. Provincia Mexicana. Me- xici Domus Professa. Colleg. Mexicanum. Colleg. Guaxacanum. ‒ Guadalajarense. ‒ Angelopolitanum. ‒ Vallis-Toletanum. ‒ Pascuarense. ‒ Topozotlanum. Resi- den- tia Veræ Crucis. Cinaloensis. Guadianæ. In Insulis Philippinis. Collegium Manillanum. ‒ Zebuense. ‒ Rhabanum. Resi- dentia Taytanensis. Leytensis. Cangartonensis. Palanensis. Ogmuensis. Argolana. Jn Franckreich drey Provintzen. 1. Provincia Franciæ. Pari- siis Domus Professa. Colleg. Parisiense. Colleg. Mussipontanum. ‒ Verdunense. ‒ Nivernense. ‒ Rotomagense. ‒ Bituricense. ‒ Augense. Domus Probationis S. Ni- colai. 2. Provincia Aquitaniæ. To- losæ Colleg. Tolosanum. Domus Probationis. Colleg. Romans I. Buch. Colleg. Burdigalense. ‒ Petrocoricense. ‒ Agennense. ‒ Auscitanum. ‒ Rhutenense. ‒ Biterrense. ‒ Lemovicense. Residentia S. Macary. 3. Provincia Lugdunensis. Collegium Lugdunense. ‒ Turonense. Auenio- ne C. Auenionense. D. Probationis. Colleg. Diuionense. ‒ Billomense. ‒ Aniciense. ‒ Dolanum. ‒ Camberiense. ‒ Bisuntinum. Jn den Niederlanden. Eine Provintz. Colleg. Louaniense. ‒ cum Domo Probat. Tornaci. ‒ Audomarense. ‒ Duacense. ‒ Antwerpiense, ‒ Leodiense. ‒ Trajectense. ‒ Brugense. ‒ Iprense. ‒ Cortracense. ‒ Vallencenense. ‒ Gandauense. Colleg. Insulense. ‒ Montense. ‒ Bergense. ‒ Atrebatense in- choatum. Resi- den- tia Bruxellensis. Cameracensis. Luxembergensis. Jn Teutschland drey Provintzien. 1. Provincia Rheni. Collegium Coloniense. Treui- ris Coll. Treuirense. Dom. Probationis. Colleg. Moguntinum. ‒ Spirense. ‒ Herbipolense. ‒ Fuldense. ‒ Heiligenstadiense. ‒ Molsheimiense. ‒ Confluentinum. ‒ Monasteriense. ‒ Paderbornense. ‒ Embricense. ‒ Hildesiense. Resi- den- tia Erfurdiensis. Altenensis. Aquisgranensis. 2. Provincia Germaniæ Superioris. Colleg. Ingolstadiense. ‒ Dilinganum. ‒ Monachiense. ‒ Augustanum. Colleg. Deß Academi schen Colleg. Oenipontanum. ‒ Halense. ‒ Lucernense. ‒ Friburgense. ‒ Ratisponense. ‒ Bruntrutanum. Domus Oetingensis. ‒ Probationis Land- spergensis. Residentia Constantiensis. 3. In Provincia Austriæ. Colleg. Viennense. ‒ Pragense. ‒ Olmucense. ‒ Græcense. ‒ Crumlouiense. ‒ Commotouiense. ‒ Novodomense. ‒ Labacense. ‒ Glacense. ‒ Selliense. ‒ Lincense inchoa- tum. Domus Probationis Bru- nensis. Residentia Thurociensis. Jn Siebenbuͤrgen. Collegium Claudiopoli- tanum. Collegium Albæ Juliæ. Jn Pohlen. Eine Provintz. Cra- couiæ, Domus S. Barbaræ. Dom ꝰ Probationis. Colleg. Branspergense. ‒ Pultouiense. ‒ Vilnense. ‒ Posnaniense. ‒ Jaroslauiense, ‒ Polocense. ‒ Lublinense. ‒ Rigense. ‒ Calissiense. ‒ Niesuisiense. ‒ Derpatense, ‒ Jedanense, ‒ Torunense, in- choa- ta. Domus Professa Var- sauiensis. Residentia Leopolitana. So viel Collegia, Residenti en und Haͤuser hat- ten die Jesuiten damahlen in der gantzen Welt/ gleich wie aber seithero derselben sehr viel abgangen/ als nemlich alle die in Japon und ziemlich viel in Ost- Jndien/ nachdem nemlich die Christen in Japon An. 1635. gaͤntzlich außgerottet/ die vereinigten Nieder- laͤnder auch in Ost-Jndien sich der meisten Plaͤtze be- maͤchtiget/ wie nicht weniger etliche von Pohlen/ nemlich Romans I. Buch. nemlich die in Lieffland/ seithero dieselbe unter Schwe- den gerathen/ also hat unser Orden hingegen ander- weit so viel neue Collegia und Haͤuser wieder ange- leget/ und hoffe ich/ in Engelland werde die Anzahl derselben in kurtzen Jahren so hoch steigen/ daß die gantze Zahl hoͤher erscheinen wird/ als im Anfang die- ses Seculi. Also waren damahl 26. Provintzen in der gantzen Societ aͤt/ 16. Profeß-Haͤuser/ und 245. Colle- gia, wiewol ihrer verschiedene damahl noch nicht re- stitui rt gewesen/ 25. Domus Probationis, und uͤber, solche noch 68. Haͤuser und Residenti en/ welche alle- samt sehr reich doti ret/ und mit guten Intrad en ver- sehen sind. An diesem Discurs hatte der Hertzog so wol/ als der Printz de Tursis ein sonderbares Vergnuͤgen/ weil aber Jener merckete/ daß Troll bißhero etliche mahl das Maul gerumpffet/ und den Kopf geschuͤttelt hatte/ forschete er anjetzo/ was ihm mangele. Dieser sprach: Illustrissime Domine, veritas non potest celari, wann ich die Warheit reden soll/ so bekenne ich/ daß mir un- ter waͤhrendem Discurs der Mund so trucken worden/ ut lingua adhæreat palato, daß die Zunge am Gau- men beklebet. Der Hertzog ließ ihm einen silbernen Becher voll Weins reichen/ und sagte: Wann er ihm sagen koͤnte/ was dieser vor ein Wein/ und wo er ge- wachsen/ so solle er den gantzen Becher außleeren/ und seine Zunge wieder in Gang bringen. Troll setzte den Becher an den Mund/ und soff ihn halb auß/ ehe er ein einziges Wort antwortete/ darauf hielte er ihn unterm Arm/ und sprach: Ehe ich mich zu einer genugsamen Responsion auf diese Durchleuchtige Frage anschicke/ war es noͤthig/ daß durch einige Labung ich meine Zunge wieder loͤsete/ præterea, war es ja noͤthig/ daß ich meinen Gustum vorher Deß Academi schen vorher zu Rath ziehe/ ehe ich von diesem edlen Reben- safft judici re. Nun aber antworte ich distinguendo: Man begehret zu wissen/ cujus generis dieser Wein sey/ ich sage/ er ist dulce, und nicht amarum, er ist rubi- cundum, und nicht albescens, er ist gewachsen in Vite, und nicht in Salice. Wann ich ihn trincke/ ist er generis Masculini, wann ihn meine kuͤnfftige Braut trincket/ ist er generis Fœminini, und wann ihn dieser Herꝛ Pater (auf den Jesuiten zielend/) einziehet/ so ist und bleibet er generis neutrius, dann ein Muͤnch ist kein Mann und keine Frau. Keine Frau ratione Sexûs, und kein Mann/ dann er lebet allstaͤts in Cœlibatu, und darff nicht zeigen/ daß er ein Mann sey. Diese Distinctio gefiel der gantzen Gesellschafft/ insonder- heit aber dem Hertzogen dermassen/ daß er sich recht- schaffen daruͤber zerlachete/ und dem possierlichen Troll den Rest deß Weins samt dem silbernen Pocal verehrete/ woruͤber dieser so voll Freuden war/ daß er etliche mahl herum sprang/ und sagte: Ago gratias pro poculo, quod trina circum saltatione dignissimum est, damit steckete er ihn zu sich/ und verwahrete ihn sehr wol. Nachdem endlich die Tafel vollendet/ nahm der Printz de Tursis Abschied von dem Hertzogen/ und die andern folgeten ihm wieder nach der Herberge/ allwo sich einige Juden befunden/ die unserm Klin- genfeld alle seine gefundene Waaren abhandelten/ worfuͤr er noch einen ehrlichen Pfenning erhub. Er machte aber das Geld durch einen Mantuanischen Kauffmann an einen gewissen Teutschen Handels- mann nach Venedig uͤber/ und war also versichert/ daß er sich dessen von dannen allemahl/ wo er auch seyn moͤchte/ bedienen koͤnte. Das Romans I. Buch. Das XVI . Capitul/ Der Printz und seine Gesellschafft reiten fort/ und finden ei- nen gewaltigen Fresser/ Cerebacchius genannt/ mit welchem sie selzame Aufzuͤge haben/ wegen seines Fressens und Sauffens. Die Studenten/ so sich ehrbarlich gehalten/ sind allemahl geehret worden. A M folgenden Morgen setzten sich der Printz de Tursis, Klingenfeld/ Cavina und Troll mit ein- ander zu Pferde/ nachdem sie den Gastgeber gebuͤhrlich vergnuͤget/ und nahmen ihren Weg weiter nach Norden/ dann sie waren entschlossen/ den naͤch- sten Weg nach Padua zu nehmen/ und so weiter einige von den vornehmsten Teutschen Academi en zu be- suchen/ weßfalls der Printz unsern Klingenfeld mit sonderlich verbindlichen Worten ersuchte/ ihm auf seiner fuͤrhabenden Tour Gesellschafft zu leisten/ so wolle er ihn vor seinen Hofmeister annehmen/ und ihm eine raisonnable Pension Jaͤhrlich zuschlagen/ damit er seinen juͤngst erworbenen Schatz dermahl- eins in seinem Vatterland gantz und ungetrennet vor sich finden/ und sein Gluͤck dardurch zu einer ehrlichen Heyrath befoͤrdern moͤge/ welche Offert en der Teutsche Cavallier auch willig annahm/ und sich obligi rte/ deß Printzen Wolfahrt auch durch sein eigen Blut zu suchen. Es war ihnen nicht moͤglich/ denselben Tag die Stadt Padua zu erreichen/ ob sie gleich noch so gerne gewolt haͤtten/ doch ritten sie in die spaͤthe Nacht hin- ein/ und war ihnen nicht wol zu Muth/ als sie/ da es dunckel worden/ noch keinen benachbarten Ort ange- troffen hatten. Troll war nicht wol damit zufrieden/ daß sich sein Herꝛ abermahl erkuͤhnete/ in die Nacht hinein zu reiten/ und weil er besorgete/ er moͤchte hin- ten von einigen Raͤubern angegriffen werden/ so gab er seinem Pferd die Spohren/ und ritte die andern M vorbey/ Deß Academi schen vorbey/ daß er vor sie kam. Der Printz forschete/ was solches bedeute? Er aber gab zur Antwort: Omnium rerum vicissitudo, alles hat seine Abwechslung; Deß Tages reitet ihr vor/ und ich hinten nach/ so muß ich deß Nachts ja auch den Vorzug haben/ folget mir nur getreulich nach/ ego fidus ero vester præcursor. Sie liessen ihn seines Weges reiten/ aber es waͤhrete nicht lange/ da burtzelte er mit seinem Pferd uͤber einen Stein hin/ daß er zu Boden fiel/ wie ein Klotz. Der Printz fragte ihn/ wie ihm geschehe? was ihm schade? wo er geblieben waͤre? Er antwortete nichts anders/ als: Ita est illustrissimo Signoro. Wor- auf Jener fortfuhr: Lebst du noch/ oder bist du todt? bist du von dir selber gefallen/ oder hat dich das Pferd herab geworffen? Miror sanè, war seine Antwort/ daß ihr mich in einer Stock-finstern Nacht uͤber zehe- nerley Sachen fraget/ ich wolte/ daß ihr an meiner Stelle laͤget/ so wolte ich sehen/ ob ihr auf alle solche wunderliche Fragen im Finstern eine gnugsame Ant- wort finden moͤchtet. Jch aber wil euch meine Mey- nung kuͤrtzlich sagen: Distinguendo inter voluntatem spontaneam \& coactam, der Wille deß Menschen ist bald freywillig/ bald gezwungen/ in diesem Fall war mein Wille gezwungen/ dann/ wie mein Pferd stuͤrtze- te/ da wolte ich mich nicht waͤgern/ auch herab zu sin- cken/ weil ich besorgete/ das Pferd wuͤrde mich sonsten gar unter die Fuͤsse bekommen haben/ das mir das Hertz im Leib geknacket/ die Ribben geborsten/ der Bauch zerschmettert/ die Leber und Lunge zerdruͤcket/ die Nieren zermalmet/ alle Blut-Adern zerquetschet/ und der gantze Leib von Blut und Blut besudelt waͤ- re/ daruͤber waͤre ich alsdann ipsissimo Menschen- Fressori zu Theil worden/ und ihr haͤttet leicht bey den Umligenden koͤnnen querelli rt/ oder angegeben wer- den/ Romans I. Buch. den/ als wann ihr mich ermordet haͤttet. Nunc re- sponde, nonne bene respondi, \& me optimè explica- vi, distinguendo inter voluntatem spontaneam \& coactam? Nun/ so stehe dann auf/ rieff ihm der Printz zu/ und schaffe dich auß dem Staub/ ehe wir auch uͤber dich hinfallen. Also raffte sich Troll behende auf/ und fuͤhlete mit dem Fuß nach dem Stein/ oder Stock/ daruͤber sein Pferd gefallen war/ so bald er aber mit dem Fuß daran stieß/ bewegete sich der Lapis offensio- nis, und rieff: Apage. Auf diese Worte flohe Troll zuruͤck/ und sprach zu den Ubrigen: Habt ihrs gehoͤ- ret/ meine Herren und Bruͤder/ saxa \& arbores hic loquuntur, ich glaube/ daß in dieser Gegend die Stei- ne und Baͤume wider den Lauff der Natur reden. Es verwunderte sich zwar die Gesellschafft uͤber diesen Zufall/ aber Klingenfeld dachte alsobald/ es muͤsse ein Vollzapff allhier eingeschlaffen/ und mitten auf dem Felde ligen blieben seyn/ ritte demnach naͤher hinzu/ und rieff ihm zu: Du/ wer du auch bist/ schlaͤffest du/ oder wachest du? In utramque aurem dormio, war die Antwort/ welche Rede die andern sehr Wunder nahm. Klingenfeld fragte ihn weiter/ was er fuͤr einer waͤre? Und Jener antwortete: Musarum filius, Ce- rebacchius dictus. Diese Worte fieng Troll alsobald auf/ und antwortete wieder: Quid dormiunt liben- ter, sine lucro \& cum malo quiescunt, die solcher Ge- staltschlaffen/ die kommen zu nichts/ weder im Studi- ren/ noch in der Nahrung. Er ruͤhrete ihntapffer/ und noͤthigte ihn/ den Schlaff fahren zu lassen/ worauf der volle Zapff: Quid mihi amplius cum somno, si dormitio tollitur, was ists dann/ wann ihr einen nicht wollet schlaffen lassen? Quandoque bonus etiam dor- mitat Homerus, hat doch euer Pferd auch geschlaffen/ M 2 als Deß Academi schen als es uͤber meinen Knochen stolperte. Troll sprach zur Gesellschafft: Lustig/ ihr Herren/ wir koͤnnen nicht weit mehr von der gelehrten Stadt Padua seyn/ diese Gegend riechet schon nach lauter Latein/ kommet nur auf/ mein guter Schlucker/ sprach er zum Truncken- bold/ ihr muͤsset uns/ an Statt der Laterne/ zu einem Wegweiser dienen. Cerebacchius, also nannte sich dieser Mensch/ stund endlich auf/ und nachdem er die Gesellschafft betrachtet/ auch vernommen/ daß sie nach Padua gedaͤchten/ und von Mantua kaͤmen/ da sprach er: Tota errâstis viâ, nam hæc, qua inceditis, via, sine exitu intermoritur, ihr seyd von der rechten Land-Strassen auf einen Holtzweg gerathen/ aber ich wil euch wieder zurechte helffen. Also nahm er deß Printzen Pferd bey der Hand/ und fuͤhrete es sanffte fort/ dieser aber gab ihm einen Ducaten/ und darauf wanderten sie fort/ dann Cere- bacchius gab ihnen zu erkennen/ daß an diesem Mo- rastigen Ort man sich wol fuͤrzusehen haͤtte. Endlich erblicketen sie ein Liecht/ nach welchem sie der selzame Geleitsmann durch viele Umwege fuͤhrete/ und hoch- betheurete/ daß sie in die aͤusserste Lebens-Gefahr ge- rathen muͤsten/ im Fall sie sich wuͤrden erkuͤhnen/ deß geraden Weges nach diesem Liecht zu reiten/ wegen der vielen Loͤcher und Brunnen/ die unter Weges an- zutreffen. Wie sie endlich ziemlich nahe zu der Her- berge kommen/ zog der Printz noch einen Ducaten auß der Taschen/ und hielte ihn dem Geleitsmann dar/ der ihn aber durchauß nicht annehmen wolte/ sondern sprach: An potest quicquam esse absurdius, quam quò minus viæ restat, eò plus viatici quærere? Wie solte ich noch mehr Zehrung begehren/ da wir doch den Weg so nahe zu Ende gebracht haben? Dieser Hoͤflichkeit verwunderte sich der Printz/ und ritte Romans I. Buch. ritte ihm willig nach/ biß sie vor der Herberge in einem kleinen Doͤrfflein anlangeten/ woselbst sie mit einan- der abstiegen/ die Pferde in den Stall zogen/ und ihnen eine gute Mahlzeit durch den Cerebacchium, der allhier ziemlich bekandt war/ bestellen liessen. Der Gastgeber stellete sich sehr freundlich/ brachte also- bald eine Schuͤssel mit Fruͤchten/ und eine Flasche koͤstlichen Weins zum Anbiß. Bald hernach kam er wieder/ und forschete/ ob sie allein speisen/ oder war- ten wolten/ biß die jenige Gesellschafft kaͤme/ die schon gestern das Nacht-Lager auf heute bey ihm bestellet haͤtte. Cerebacchius machte jetzo grosse Augen/ und sprach: Auf solche Weise solten wir wol diese Nacht nicht einmahl hier bleiben koͤnnen/ warum habt ihr uns dann herein kommen lassen? Turpius ejicitur, quam non admittitur Hospes. Doch wolan/ ich wil vernehmen/ wasdieser Herꝛ saget. Hiermit tratt er zum Printzen/ und empfieng von demselben Ordre, daß er nur anrichten solte/ wor- bey man ihm bedeuten ließ/ so fern noch eine starcke Gesellschafft ankommen wuͤrde/ wolten sie das beste Nacht-Lager vor sich bedungen haben/ er moͤge auch machen und sagen/ was er immer wolle. Der Gast- geber schaffete darauf reichlich an/ aber man sahe wol/ daß er darbey der Kreiden gar nicht spahrete/ und schiene es/ daß er die Kreide theurer wolte bezah- let haben/ als seine Tractament en/ woruͤber sie die Koͤpffe zusammen stecketen. Aber Cerebacchius fieng an zu lachen/ und sagte: Vivitur ex rapto: non ho- spes ab hospite tutus, wann ein Gastgeber einen fet- ten Braten findet/ so presset er ihm das Fett ab. Die- ser Cerebacchius hatte die Ehre/ daß er mit zu Tische sasse/ weil sich der Printz incognito hielte/ wannenher sich so wol dieser/ als die zween andern zum hefftig- M 3 sten Deß Academi schen sten verwunderten/ uͤber die ungemeine Gaben deß Cerebacchii im Essen und Trincken. Er nahm ein Stuͤck Rind-Fleisch vor sich/ das zum wenigsten fuͤnff Pfund woge/ das schobe er in einer kleinen halben Viertel-Stunde/ samt 3. Pfund Waͤitzen-Brod/ mit solcher Begierde in den Magen/ daß es nicht zu be- schreiben. Darnach griff er nach einem Calicutischen Hahn/ deren zween auf dem Tisch/ und asse vor seine eigene Person denselben biß auf die Knochen auf/ der Mund schaͤumete ihm recht/ so gieng ihm die Mahl-Muͤhle. Die andern sagten ihm nichts/ sondern liessen ihn gewaͤhren/ legten ihm auch von den Fischen vor/ aber er gab selbige wieder von sich/ sagend: Capiun- tur pisces Hamô, mir ist bang/ es moͤchte noch ein An- gel darinn stecken. Er nahm aber eine Flasche mit Wein/ setzte sie vor den Mund/ und soffe sie in einem Zug auß/ wischete das Maul/ und ließ den Wirth wieder einfuͤllen. Nun wolan/ dachte Klingenfeld bey sich selber/ dieser Mensch fuͤhret den Namen Ce- rebacchius wol mit dem besten Recht/ dann ich glau- be/ Ceres habe seine Mutter/ und Bacchus sein Vatter geheissen. Endlich ward eine Schuͤssel voll schoͤnen Sallats/ und 12. Krammets-Voͤgel aufgetragen/ als solches Cerebacchius sahe/ winckete er dem Wirth/ der darauf wieder kam/ und ihm eine besondere weit groͤssere Schuͤssel mit Sallat fuͤrsetzete/ samt einem geraͤucherten Schincken. Den Sallat nahm er zwi- schen die Finger/ und warff ihn zum Halß hinein/ als wie ein Bauersmann/ ( salvo honore, ) den Mist auf den Wagen wirfft. Zwischen jeden Mund-voll Sal- lat/ steckete er eine gantze Scheibe vom Schincken hernach/ und ehe eine halbe Viertel-Stunde ver- lauffen/ hatte er den Schincken samt dem Sallat/ und eine Romans I. Buch. eine Viertel-Maaß starcken Brandtwein zu sich ge- stecket darauf steckete er sein Messer ein/ und als ihn der Printz zum Schein noͤthigte/ noch ein mehrers von Speisen zugeniessen/ da entschuldigte er sich/ daß er nicht recht außgeschlaffen/ auch einige Bauch- Schmertzen den Tag uͤber empfunden/ sonsten wolte er seine Mahlzeit besser gehalten haben. Nun wol- an/ sprach Troll/ heisset das nicht gefressen/ so weiß ich nicht/ was dann Fressen heisset. Jch armer Schlucker stehe hier/ als ein Famulus mei Domini, und erwarte mit grossem Verlangen eine Micam panis, quæ cadat de mensa, aber dieses zarte Huͤndlein mit dem grossen Rachen frisset mirs alles vor der Nasen weg. Der Printz aber winckete ihm/ er solle einhalten/ weil er sich sonderlich an diesem Menschen ergoͤtzete/ und also gieng Troll in die Kuͤche/ und ließ ihm etwas anrich- ten. Nachdem endlich die Mahlzeit vollendet/ nahm Cerebacchius noch eine Flasche mit rothem Wein/ und leerete sie in einem Zug rein auß/ setzte auch also- bald/ ohne aufstehen/ ein Quartier guten Aquavit darauf/ und bathe/ sie moͤchten ihm nicht uͤbel deuten/ daß er ihrer Mahlzeit zu viel geschonet/ allermassen er sich/ wie gesaget/ nicht gar zu wol auf befinde. Hierauf sprach Klingenfeld zu ihm/ worvon er dann eigentlich Profession mache? Worauf Jener: Jch lebe auf Universit aͤten/ finde aber mehr Plaisir im Essen und Trincken/ als im Studi ren/ welches einem den Kopff nur verwirret. O du elender Mensch/ fuhr Jener fort/ es ist noch hohe Zeit/ daß ihr euch zu den loͤblichen freyen Kuͤnsten wendet/ dann ein solcher Debauchant, wie ihr seyd/ ist ja bey aller Welt ver- hasset/ da hingegen die studi rende Jugend/ so lange sie in ehrbarer Zucht und Wandel verharret/ von der gantzen redlichen Welt jederzeit ist geliebet und geeh- M 4 ret Deß Academi schen ret worden. Cerebacchius hingegen schuͤttelte den Kopff/ und sagte: Jch sehe wol/ was die Studenten anjetzo in der Welt gelten/ ein Jeder wil sich an den Schul-Fuͤchsen reiben/ hergegen/ wann einer brav fressen und sauffen kan/ so stecket zum wenigsten noch ein guter Hof-Mann darinn/ und der sich in den Wissenschafften vertieffet/ findet nirgends/ als durch schweres Geld seine Promotion. Jch habe der Exem- pel gnugsam vor mir in meinem Vatterland/ es mag eine Facult aͤt seyn/ wie sie wolle/ ohne Geld/ oder hohe Patron en/ wird keiner befoͤrdert/ wann er auch gnug- same Proben seiner Erudition abgeleget haͤtte/ wisset ihr aber mir das Gegentheil zu beweisen/ so wil ich euch mit Gedult anhoͤren. Hierauf ließ sich der ernsthaffte Klingenfeld in folgenden Discurs herauß: Daß die studi rende Ju- gend eine geraume Zeit in ehrbarer Zucht gestanden/ und verharret/ hoffe ich/ sey ausser allem Zweiffel; Dann/ wo das nicht gewesen/ nimmermehr haͤtten so viel Kaͤyser/ Koͤnige/ Fuͤrsten und Herꝛschafften/ so maͤchtigen Schutz ihnen gehalten/ und sie wider allen Unfall versichert/ zu dem kom̃en die Uhr-alten Stiff- tungen der hohen Schulen/ welche ordnen und wol- len/ daß Doctores, Licentiat en/ Magistri, Baccalaurei, und ins gemein alle/ so den Universit aͤten einverlei- bet seyn/ und derselbigen Freyheit begehren zu genies- sen/ ehrbarlich nach den Geboten der Rechten/ auch den Gesetzen der Academi en leben; Fuͤrnemlich aber dem Rector, darnach aber einer dem andern/ nach der Wuͤrden und Gnaden/ Hoheit/ gebuͤhrliche Ehre be- weisen. Sie ordnen und wollen/ daß insonderheit die Doctores, Magistri und gradui rte Personen/ sich einer Tapfferkeit deß Gemuͤths/ Bestaͤndigkeit und zeitiger Erfah- Romans I. Buch. Erfahrenheit annehmen; Die Scholar en aber deß Gehorsams/ Reinigkeit/ (ist viel gesaget/) und Em- sigkeit in ihrem Beruff sich befleissigen sollen; Von beyden Theilen erfordern sie leutseelige und ehrbare Sitten/ und in Summa/ ein solches Leben/ welches disciplini rten und recht-erzogenen Maͤnnern wol an- stehet; Dargegen seyn den rebellischen/ stuͤrmischen/ Fried-haͤssigen/ eigensinnigen Koͤpffen/ nachdem ihre Verwuͤrckungen beschaffen/ ernstliche Straffen an- gebotten und angedrohet worden. Bey der Universit aͤt am Maͤyn ist befohlen/ daß Jaͤhrlich die Philosophi sche Facult aͤt ihre untergebene Mit-Glieder also anreden soll: Quod felix faustum- que sit, \& quidem universæ Reipublicæ literariæ sa- crosanctas leges nostras, ac Statuta universo cætui no- stro publicare cogitamus. In hoc verò promulgandi negotio, tu studiosa cohors, imprimis admonenda nobis occurris, ne illotis quod fertur manibus pedi- busque, neve parum reverenter ad statutorum nostro- rum publicationem confluxisse videaris, imò purgatis cum auribus, tum animis omnes militiæ nostræ con- sortes auscultare, animumque advertere haud oscitan- ter, præcipimus, optamusque probè ingenuatos, tra- ctabiles, disciplinarumque studiis, intentos, \& eorun- dem flagrantes amore, nobis offerri. Contra verò discolos, in disciplinatos, difficiles, morosos, sinistro genio, iratisque Musis \& Apolline natos, hinc eminus ablegamus, manifestaque contestatione tanquam im- belles ignavos \& literariæ militiæ inutiles aversamur. Das ist: Damit es heilsam und gluͤcklich werde die- ser gantzen Policey/ der loͤblichen Studi en/ gedencken wir unsere hochheilige Gesetze und Ordnungen un- sern Angehoͤrigen zu eroͤffnen und vorzutragen. Weil wir aber solches verrichten/ must du/ O studi rende M 5 Jugend/ Deß Academi schen Jugend/ fuͤr allen Dingen erinnert werden/ auf daß es nicht das Ansehen habe/ ob du mit ungewaschenen Haͤnden und Fuͤssen/ wie man in Lateinischer Sprach zu reden pfleget/ und mit schlechter Bescheidenheit zu solchem Werck zusammen gelauffen waͤrest. Ja/ wir gebieten/ daß Jede und Jegliche/ die unserer Gesell- schafft theilhafftig seyn/ mit saubern Ohren und Ge- muͤthern aufmercken/ und ohne einzige Nachlaͤssig- keit dem Werck beywohnen sollen; Und wuͤnschen/ GOtt goͤnne uns werthe/ geartete/ stille/ den freyen Kuͤnsten ergebene/ begierliche und liebreiche Studen- ten. Jm widrigen verbannen wir/ die ungebaͤrdige/ hartnaͤckigte/ ruchlose/ naͤrrische/ trotzige/ ungeschliffe- ne/ und zu keiner Redlichkeit gebohrne Tropffen/ mit oͤffentlicher Bedingung/ als faule/ schlaͤfferige/ fahr- laͤssige/ toͤlpische/ und zu der Geschicklichkeit uͤbel ge- schickte Esel. Wann dann mit solchen stattlichen Verfassun- gen durch die gantze Christenheit so gar viel hohe Schulen aufgerichtet worden/ wer wil dann nicht erkennen/ die Studenten waͤren sehr theuer geachtet gewesen/ sonsten haͤtte die weise Welt ihnen nicht so viel praͤchtige Pallaͤste gebauet/ nicht so viel kostbarer Renten geschencket/ auch nicht so viel gelehrter Mei- ster unterhalten. Seynd aber die Studenten sehr theuer geachtet gewesen/ fuͤrwahr/ das ist geschehen/ der ehrbaren Tugenden halben/ sonst waͤre es ver- blieben. Und was moͤchte doch die gewaltigen Helden und Gutthaͤter angebracht haben/ fuͤr die Studenten von einem Jahr zu dem andern/ von einem Jubel- Jahr zu dem andern/ so festiglich/ so mildiglich/ und so herꝛlich zu sorgen/ wo nicht die Tugend vorgedrun- gen? Die Tugend hat denen Studenten den Adel zuge- Romans I. Buch. zugeschrieben; Die Tugend hat die Studenten zu Herren/ zu Bischoffen/ zu Fuͤrsten erhoben/ die Tu- gend hat die Studenten in steiffe Domereyen gefuͤh- ret/ die Tugend hat die Studenten offtmahls auß den Staube genommen/ und den Durchleuchtigsten Monarchen an die Seiten gestellet/ die Tugend hat die Studenten in Gunst gebracht bey Hohen und Niedrigen/ bey Jungen und Alten/ bey Grossen und Kleinen/ bey Matron en und Jungfrauen. Wem ge- faͤllet/ kan lesen/ was unterschiedliche von der Univer- sit aͤt zu Salmantica in Spanien/ und Oxford in En- gelland schreiben. Zu Salmantica seyn 20. Collegia, wann die Studenten außgehen/ siehet man sie alle- zeit zu Paaren/ und muͤssen ihren Obern trefflich ge- horchen. Jmmerdar uͤber 4000. studi ren daselbst/ und leben doch alle gantz ehrbarlich in Worten/ Wer- cken/ Kleidungen und Gebaͤrden. Ehe einer zu dem Stipendio gelanget/ hat er uͤber sich ein scharffes Exa- men, ob ihm etwas in Sitten/ Glauben und Gebuͤhre beyzumessen? Da ist keiner/ der garstige Schertz- Possen/ Wuͤrffel- und Kartenspiel brauchet/ er wolle dann erstlich haͤßlich gescholten/ fortfahren/ und dar- nach in das verdrießliche Gefaͤngnuͤß geworffen seyn. Kuͤrtzlich/ die edle Tugend ist gewesen/ und hat zu reichen Pfruͤnden gebracht geschickte und gradui rte Gesellen/ und die ungeschlachte Bloͤcher außgeschlos- sen. Die edle Tugend ist noch/ und hilfft in Spanien den armen/ aber gelehrten Studenten/ zu Bischoͤff- lichen/ Ertz-Bischoͤfflichen und Patriarchalischen Wuͤrden/ da andere von ferne nachgaffen. Die Tu- gend hat Kaͤyser/ Koͤnige/ Fuͤrsten und Herren-Kinder auf hohe Schulen gereitzet/ und Studenten werden lassen. Vieler Kaͤyser/ Koͤnige/ Fuͤrsten und Herren Kinder seyn niemahls als Soldaten im Krieg/ son- dern Deß Academi schen dern als Studenten auf hohe Schulen gezogen/ nur wegen der edlen Tugenden. Die edle Tugend ist Ursach/ daß manche Uni- versit aͤten nicht allein das Doctorat, sondern auch ne- ben demselbigen den geehrten Adel ihren Studenten zugleich verliehen. Weil die Studenten der ehrbaren Zucht sich beflissen/ wurden ihnen die besten Sachen gestifftet/ und bedunckete manchem/ er koͤnte sein Le- ben nirgend seelig beschliessen/ wofern von seinem Reichthum die Studenten nicht eine koͤstliche Por- tion bekommen solten. Allhier ist zu erinnern der Brieff/ welchen Kaͤyser Fridericus der Dritte dieses Namens/ an einen jungen Knaben geschrieben. Fridericus III. Romanorum Imperator \&c. S D. Admirando \& insigni puero Andreæ Canter Grönin- gensi, Joannis Filio. P Ervenit ad nostræ Majestatis auris audientiam ingens de te fama clarissime infans, inauditumque cunctis seculis tuæ lau- dis præconium: quomodo videlicet anre decimum tenerri- mum ætatis tuæ annum, universarnm pene liberalium artium peritiam nactus sis, ac \& nostrarum legum sacrorumque cano- rum cognitionem: \& (quod tantò admirabilius, quantò nobis rarius videtur,) teipsum ajunt, tostam veteris ac novi Testamenti seriem, non sine divinæ Clementiæ suffragio palàm profiteri: nec non in publicis disputationibus intrepido pectore ad quod libet respondere. Nos verò cupientes tanti miraculi veritatem plenius experiri, nostris te familaribus his literis visitare non in- dignum duximus, ut ad Viennensem nostræ Imperatoriæ Ma- jestatis singulariter adamandam Universitatem quam primum venire velis, ingenti namque desiderio te videre desideramus, ruamque tam fæcundi ingenii dignitatem imperalium mune- rum participem facere. Iter igitur Viennam versus, ut primum poteris, accipe, \& ad nostræ celsitudinis Regale solium teipsum recipe: ut posteaque de tam profunda floridissimæ juventutis tuæ scientia vera experimentum habuerimus, aureis te Docto- rum insignibus feliciter coronemus dabimus etenim tibi, (nec immeritò) primum in Regali aulâ locum, erisque quantò ætate minor Romans I. Buch. minor tantò nobis acceptior æstimandus: vale charissime fili, \& cura, ne maturo tandem senio nostra in gravescens Majestas, tam admirando incredibilique solatio diutius careat. Datum in Alma Universitate studii nostri Viennensis sub nostræ Majesta- tis secreto, Anno 1472. die 25. Mensis Januarii. Regno vero nostro 33. Anno. Dieser Brieff lautet in Teutscher Zunge/ wie folget: Friderich der Dritte/ Roͤmischer Kaͤyser/ wuͤnschet Heyl und alle Wolfahrt dem wunder- baren und vortrefflichen Knaben Andreas Can- ter/ von Groͤningen/ deß Johannes Sohn. E S ist fuͤr unsere Kaͤyserl. Ohren gelauget/ das grosse Ge- ruͤchte von dir/ allerliebstes Kind/ und der von allen Zeiten her unerhoͤrte Ruhm deines Lobes/ wie nemlich du vor dem zartesten 10. Jahr deines Alters fast aller und jeder Kuͤn- sien Erfahrenheit uͤberkommen/ auch die Wissenschafft unse- rer Gesetze und der heiligen Canon en/ und (was daher desto hoͤher zu verwundern/ je selzamer uns beduncket) sagen die Leute/ daß du das voͤllige Alte und Neue Testament nicht ohne Huͤlffe der Goͤttlichen Gnaden/ vor Jedermann laͤsest und er- klaͤrest/ und in oͤffentlichen Disputation en mit unerschrocke- nem Hertzen auf jede Frage und Schluß-Rede antwortest. Wann Wir aber die Warheit eines solchen Wunder-Wercks besser in Augenschein zu nehmen begehren/ haben Wir dich nicht unwuͤrdig erachtet/ mit Unserm freundlichen Brieff zu besuchen/ daß du auf Unserer Kaͤyserl. Maj. insonderheit ge- liebte Universitaͤt zu Wien ankommen wollest/ sintemahl mit grossem Verlange n w uͤnschen Wir dich zu sehen/ und die Wuͤrde deines so bere d eten Verstandes der Kaͤyserl. Schen- ckungen theilhafftig zu machen/ derowegen wirst du dich/ so bald du kanst/ nach Wien erheben/ und zu dem Thron Unseren Koͤnigl. Hoheit begeben/ auf daß/ wann Wir von deiner bluͤ- hendesten Jugend tieffer Wissenschafft ein Bewaͤhrnuͤß ha- ben werden/ dich mit den guͤldenen Kleinodien der Doctoren kroͤnen koͤnnen. Wollen derhalben dir/ (auch nicht unbillich/) den ersten Sitz in Unserm Koͤnigl. Hof geben/ und du wirst Uns wie geringer am Alter/ so viel desto angenehmer/ und auch Unserer vorgedachten Universitaͤt Doctoren werther zu schaͤtzen Deß Academi schen schaͤtzen seyn. Gehab dich wol/ liebster Sohn/ und verschaffe/ damit nicht Unsere bey so reiffem Alter bau-faͤllige Majestaͤt eines solchen wunderbaren und unglaublichen Trosts laͤnger entbaͤhren muͤsse. Geben auf der Universitaͤt zu Wien/ unter Unserm Secret/ im Jahr nach Christi Geburt 1472. den 26. Jenner. Unsers Reichs im 33. Jahr. Schauet nur mein Freund/ das thut ein Kaͤyser/ was thaten neben Jhm andere Unzaͤhlbare? Das XVII. Capitul/ Cerebacchius excipi rt hierauf/ und discuriret mit Troll. Klingenfeld haͤlt einen schoͤnen Discurs/ von natuͤr- und kuͤnstlichen Sachen/ die bey den Alten zu sehen gewesen. Der Echo zu Simonetta wird beschrieben. A Ls Klingenfeld hiermit seine Rede beschloß/ ließ sich Cerebacchius folgender Gestalt herauß: Es ist freylich wol gethan/ daß man den armen Studenten mit reichen Vermaͤchtnuͤssen und Stipen- di en unter die Arme gegriffen; Aber/ ô tempora! ô mores! wie gewaltig werden diese Stipendia anjetzo mißbrauchet/ da kan kein Armer mehr zugelangen/ sie sind bey den Reichen nunmehro erblich worden/ und sitzen sie so fest darauf/ als die Katz auf einem tod- ten Fisch. Mit den Testamenten-Geldern/ so zu der studi renden Jugend gewidmet/ gehet es an vielen Orten eben also daher/ die Reichen nehmen den Ar- men das Brodt vor der Nasen/ und da gilt weder Schrifft noch Gewissen/ wer Geld hat/ schwimmet oben/ aber doch nur bey seines Gleichen. Jm uͤbrigen wundert mich/ daß Fridericus, der Roͤmische Kaͤyser/ diesen zehen-jaͤhrigen Knaben/ wegen seiner Wissen- schafften/ so hoch geehret/ als ich ein Back-Fisch von solchem Alter war/ hielte ich mich hoͤher und gelehrter/ als der beste Mann/ haͤtte dieser Andreas Canter in solchem geringen Alter in einer Mahlzeit 8. Pfund Fleisch/ 4. Pfund Fische/ 2. Pfund Butter/ und 6. Pf. Brodts/ Romans I. Buch. Brodts/ samt 5. Maß Bier/ und 3. Maß Weins/ auch eine halbe Maß Brandtweins zu sich nehmen koͤnnen/ so waͤre er groͤsserer Verwunderung/ ja auch groͤsserer Ehren werth gewesen in meinen Gedancken/ aber nun æstimi re ich ihn vor einen Narren/ zumahl alle solche præcocia ingenia mit den zunehmenden Jahren dergestalt wieder abgenom̃en/ daß man sie zu nichts Wichtiges hat gebrauchen koͤnnen. Weil nun Klingenfeld sahe/ daß bey diesem Menschen alle angewandte Muͤhe vergeblich seyn wuͤrde/ wolte er nicht viel Worte mehr gegen ihm verlieren/ sondern wandte sich zum Printzen/ und fragte ihn: Was ihn bey diesen Kumpen daͤuchte? Jch habe meine Lust/ sprach dieser/ an seinem Schmausen/ moͤchte ihn dem- nach wol in unserer Gesellschafft behalten. Nach- dem endlich Troll auch eine gute Mahlzeit zu sich ge- nommen/ kam er mit seinem juͤngst erworbenen silber- nen Becher wieder zur Stuben hinein/ und sprach: Quid ita, meine Herren/ sitzet ihr noch/ und sehet die- sem Haupt-Fresser zu? Jch riethe/ wir raͤyseten nicht weiter mit ihm uͤber Feld/ er doͤrffte sonst/ wann ihn sein unnatuͤrlicher Appetit uͤberfaͤllet/ in der Tupin Imben Orden tretten/ und einen nach dem andern von unserer Gesellschafft bey lebendigem Leibe auffressen. Aber/ quid moror? was halte ich mich lange auf/ die- sen Becher duͤrstet so gewaltig/ daß er kein Wort darfuͤr außsprechen kan. Estote misericordes, gebet ihm etwas zu trincken/ ehe dieser Gulo alles einsaufft. Klingenfeld reichete ihm darauf eine Flasche/ auß welcher er seinen Becher voll schenckete/ und densel- ben gleich in einem Ansatz außleerete. Salus, Herꝛ Bruder/ rieff ihm Cerebacchius darauf zu/ ich sehe/ die Trinck-Gaͤnge sind dir auch noch nicht verstopffet. E heu, war deß Trolls Antwort/ malo fraternitatem Carni- Deß Academi schen Carnificis, quam Helluonis, deß Henckers Bruder- schafft soll mir lieber seyn/ als eines solchen Freß- Schweins und Sauff-Bullen/ wie du elender Kerl bist. Cerebacchius aͤrgert sich hieran gar nicht/ son- dern lachete der Possen/ und sprach: Du magst gleichwol wissen/ daß ich kein geringer Kerl/ und dei- ner Bruderschafft wol noch werth bin/ inmassen der Bischoff von Muͤnster mein Groß-Vatter gewesen ist. Euge plausibile encomium, ein feiner Ruhm/ er- widerte Troll/ eines Bischoffs Enckel seyn/ so must du ja nothwendig eines unehelichen Vatters Kind seyn/ dann ein Bischoff hat keine Ehe-Frau. So meyne ichs auch nicht/ replici rte der andere/ ich sage es deß- halben/ mein Vatter ist ein Obrister unter bemeltem Bischoff gewesen/ der seine Soldaten und Officierer allwege seine liebe Kinder tituli ret hat/ waren sie nun seine Kinder/ so waren alle seine Soldaten ja seine Soͤhne/ und also auch mein Vatter/ und weil ich nun meines Vatters ehelicher Sohn bin/ so muß ja der Bischoff mein Groß-Vatter/ und ich all zu viel zu wuͤrdig seyn/ dein Bruder zu heissen. Anjetzo fieng Troll so hertzlich an zu lachen/ daß er haͤtte borsten moͤgen. Endlich aber/ als er sich wieder erholet hatte/ sprach er: Ergo distinguendum est inter filium pro- priè \& impropriè dictum, du magst wol ein eigent- licher Sohn deines Vatters seyn/ aber dein Vatter war nur ein uneigentlicher Sohn deß Bischoffs/ sonst haͤtte dieser auf einmahl uͤber 15000. Soͤhne im Le- ben muͤssen gehabt haben/ welches eben so laͤcherlich/ als wann ich behaupten wolte/ daß unser Hospes mit der gantzen Welt in certo gradu, und in einer abstei- genden Division und Subdivision verwandt waͤre. Das laͤsset sich aber/ warff Cerebacchius ein/ auf keine Weise Romans I. Buch. Weise behaupten/ und darauf begunte Troll alle Finger von einander zu sperren/ worbey er folgenden Discurs anfuͤhrete: Attende Domine, hoͤre/ was ich dir fuͤrbringen wil; Die gantze Welt wird in vier grosse Haupt-Theile getheilet/ darvon ist Europa ei- ner/ ecce Gradum primum. Jtalien ist einer von den edelsten Theilen Europæ, en Gradum secundum. Die Lombardey gibt uns einen Theil von Jtalien/ habes Gradum tertium. Das Venetianische Gebieth ist ein Theil der Lombardey/ vide Gradum quartum. Ager Patavinus, der Paduanische Land-Strich gehoͤret zur Venetianischen Lombardey/ ist der fuͤnffte Grad. Dieses Dorff ist ein Theil vom Paduanischen Ge- bieth/ und gibt uns den sechsten Grad. Unsers Wirths Hauß ist ein Stuͤck dieses Dorffs/ ecce Gradum septi- mum. Unser Hospes selber ist das fuͤrnehmste Glied seines Hauses/ und zugleich Gradus octavus. Gehe ich weiter/ so machet deß Wirths Ober-Leib/ wann man ihn von dem Unter-Leib per divisionem menta- lem absondert/ den neundten Gradum. Der Arm ist ein Theil deß Ober-Leibs/ machet also den zehenden Grad. Die Hand ist ein Theil deß Arms/ und zugleich in nostro ordine der eilffte Gradus. Der Daume ist ein Glied der Hand/ en Gradum duodecimum. Deß Daumens erstes Gelenck machet den dreyzehenden Grad. Wann wir aber dieses Glied theilen in die Haut/ Fleisch/ Knochen und Blut/ so ist ein jedes Stuͤck der vierzehende Gradus, und in selbigem mit der gantzen Welt/ gleich wie unser Hospes totus selber mit der Welt/ in octavo Gradu, nach absteigender Division s-Linie/ verwandt/ siehest du also/ daß ich wahr geredet habe. Es muste ein Jeder dieser wunderlichen Dedu- ction von Hertzen lachen/ und sprach Cavina: Auf N solche Deß Academi schen solche Weise/ mein ehrlicher Troll/ moͤchtet ihr unter allen Geschoͤpffen in der Welt/ unter Todten und Le- bendigen/ auch unter Vernuͤnfftigen und Unvernuͤnff- tigen gar leicht eine Bluts-Freundschafft außfinden. Saget mir aber/ wann ihr den Cerebacchium tituli- ren wollet/ wie wollet ihr ihn wol nennen. Troll schmutzerte jetzo/ und sprach darzu: Als ich diese selza- me Creatur vor etlichen Stunden auf dem Feld li- gend fand/ und mit meinem Pferd uͤber ihn herstuͤr- tzete/ da war er/ die Warheit blosser Dings zu beken- nen/ ein Truncus vocalis, ein Klotz/ welcher reden kun- te/ aber seit dem/ daß ich ihn jetzo bey der Mahlzeit be- trachtet/ erkenne ich/ daß er ist eine Spelunca insatia- bilis, oder eine unersaͤttliche Hoͤhle. Du Narꝛ/ sprach der Printz de Tursis darzwischen/ weist du wol/ was ein Truncus vocalis ist? Wer hat ehemahlen einen Klotz reden hoͤren? Klingenfeld sprach: Mein Herꝛ/ ich wil eurem Diener das Wort fuͤhren/ und erweisen/ daß man wol ehe redende Kloͤtze/ Baͤume und Steine ge- habt/ und als der Printz zu vernehmen gab/ daß er gerne ein mehrers hiervon wissen moͤchte/ ließ sich Jener folgender Gestalt hoͤren: Unter andern rar en Kunst-Stuͤcken der klugen Egyptier ist nicht das Geringste gewesen/ das Bild- nuͤß Memnonis, welches bey Aufgang der Sonnen jedes mahl einen Musicali schen Laut von sich hoͤren lassen. Ob nun gleich von dem gemeinen Mann die- ses vor ein unerhoͤrtes Wunder-Werck geachtet wor- den/ so war es doch nichts anders/ als eine kuͤnstliche Erfindung kluger Leute/ wordurch sie dem Poͤbel offtmahl eine Einbildung grosser Wunder-Wercke beybrachten. Es kan aber ein solches Memnonis- Bild auf folgende Weise verfertiget werden: Weil bekandt ist/ Romans I. Buch. ist/ daß die Rarefactio, oder Duͤnnmachung der Lufft grosse Gewalt hat/ so lasse dir ein Postement oder Werck machen/ welches mitten mit einem Schurtz/ oder Gatter unterscheiden sey. Nun muß die eine Seite auß einer duͤnnen Metallenen Platten beste- hen/ die da von der aufgehenden Sonnen/ gegen welche sie gerichtet/ sich leichtlich erhitzen lasse. Jm Schurtz muß auch ein Loch gemacht werden/ wor- durch man eine Roͤhre leitet. Jnnerhalb deß obersten Vierecks/ wird ein subtil es Rad gemacht/ so sehr duͤnne/ und sich gantz leicht bewegen lasse. Die Achse wird in beyde Seiten deß Vierecks eingelassen. Am ersten Rand dieses Raͤdleins muͤssen rund herum kleine Hoͤltzlein/ oder Zaͤpfflein/ und in diese kleine Spitzlein von einem zarten Feder-Kiel eingehefftet werden. Nun mangelt noch/ daß man um dieses Rad herum an dem Viereck so viel Saͤiten/ und so ge- stimmet/ als einem beliebet/ dergestalt anziehe/ daß die gefiderte Zaͤpfflein deß umlauffenden Rads die- selbe beruͤhre/ und sie anthoͤnend mache. Wann nun die Metallene Seite von der aufgehenden Sonnen erhitzet worden/ so wird die darinn befindliche Lufft/ so uͤber Nacht erkaltet/ durch die Hitze sich außbreiten und duͤnne werden/ dannenhero sie einen Außgang suchet/ und keinen andern/ als durch die Roͤhre findet. Das Loͤchlein dieser Roͤhre wird die außgehende Lufft gerade nach dem Rand deß Raͤdleins fuͤhren/ welches alsdann durch sein Umlauffen alle Saͤiten beruͤhren/ und den begehrten Musicali schen Klang von sich ge- ben wird. Wer eine Stimme in deß Bildes Mund for- mi ren wil/ kan obgesetzte Roͤhre heimlich biß zu deß Bildes Mund fuͤhren/ wann nun ein Pfeifflein dar- N 2 innen Deß Academi schen innen stecket/ so man Anthropoglossa heisset/ das ist ein Pfeifflein/ das eines Menschen Stimme vorbil- det/ uͤber das dem Bilde bewegliche Augen in den Kopff bringet/ so wird die durch die Roͤhre ankom- mende Lufft Wunder thun. Doch finden sich viel Verstaͤndige/ so das Egypti- sche Bildnuͤß deß Memnonis vor ein Werck deß Teu- fels/ und keines Menschen urtheilen/ weil die Saͤiten eine solche lange Zeit/ als in demselben geschehen/ nicht haͤtten außhalten koͤnnen. Jch haͤtte bald ver- gessen zu melden/ daß man in das obere Gehaͤuß eini- ge Loͤchlein machen muͤsse/ damit der Klang der Saͤi- ten hinauß dringe/ und gehoͤret werde. Wer dieses Stuͤck wol gefasset hat/ kan deß Memnonis Egyptische Voͤgel/ so sich beweget/ und ei- nen Gesang von sich hoͤren lassen/ auch ohne Muͤhe in das Werck richten. Aber/ ich gehe weiter in meinem Discurs von die- ser Materie: Pyrrhus, der den Roͤmern so viel hat zu thun gemacht/ ein Koͤnig in Epirus, hatte einen Achat/ in welchem die 9. Musæ und Apollo mit der Cyther sehr natuͤrlich zu sehen waren/ und ist dieses das Mercklichste/ daß allein die blosse Natur/ und keines Weges die Kunst an dieser Bildung geschaͤfftig ge- wesen/ also/ daß eine Jede von den Mus en das jenige Zeichen/ so man ihr zugeleget/ fuͤhrete. So mangelte es demnach nur daran/ daß sie auf ihren Instrument en spieleten; Aber/ was soll ich sagen/ auch dieses schiene wuͤrcklich zu geschehen/ und wann man die hoͤrende Augen/ und die sehende Ohren haͤtte zu Rath ziehen moͤgen/ wuͤrden sie bekennet haben/ daß sie gleichsam eine stille Harmonie gehoͤret. Die Echo liebte den Narcissum, und als sie von diesem verachtet worden/ ist sie in einen Stein verwandelt/ der hernach allstaͤts seine Romans I. Buch. seine Stimme und Rede behalten hat. Davon Ovidius also schreibet: Sed tamen hæret amor, crescitq́; pudore repulsæ, Et tenuant vigiles corpus miserabile curæ, Adducitq́; cutem macies \& in aëra succus, Corporis omnis abit: vox tantum atq́; ossa supersunt: Vox manet, ossa ferunt lapidis traxisse figuram. Zu Cyzicum, welches weyland eine beruͤhmte Stadt und Jnsel in dem Propontide, waren ehemah- len 7. Thuͤrne/ welche die Stimmen aufsiengen/ und wie ein Echo in grosser Anzahl wieder zuruͤck schicke- ten/ und solches auß deß Orts Natur/ und von unge- faͤhr. Zu Olympia geschahe solches auß der Kunst in einem Gewoͤlbe/ welches man deßwegen Heptapho- non, oder Sieben-Laut/ nennete/ weil es eine Stim̃e so viel mahl nachredete. Zu Megara ist ein Stein/ von welchem man saget/ daß Apollo seine Leyer dar- an gesetzet/ als er dem Alcathoo, der die Mauer zu Me- gara bauete/ helffen wolte/ und dieser Stein ist das Zeugnuͤß/ dann so Jemand mit einem andern Stein daran klopffet/ so gibt er einen Klang/ wie die Saͤiten auf seiner Leyer gethan haben/ welches mir/ saget Pausanius in Atticis arte fin. p. 95. gantz wunderselzam ist fuͤrkommen/ wiewol ich den Colossum, welcher zu Thebæ in Egypten uͤber den Nilum, nicht weit von dem Ort/ den man Syringes, oder Roͤhren/ nennet/ mit groͤsserer Verwunderung betrachtet habe. Da ist ein Bild eines sitzenden Menschen/ welches die Einwohner Pharmenopham nennen/ und sagen/ daß diese Person daselbst wohnhafft gewesen. Andere sagen/ es sey Sesostris Bild. Dieses Bild hat Cam- byses, als ein Feind der Egyptischen Goͤtter/ verstoͤret/ und nun liget annoch der Ober-Leib auf der Erden/ N 3 das Deß Academi schen das uͤbrige scheinet zu sitzen. Dieses Bild gibt alle Morgen einen thoͤnenden Hall von sich wie klin gende Saͤiten. Also schreibet Strabo libr. 17. p. 534. zu seiner Zeit darvon/ aber ich halte darvor/ daß er damit vor- hin beschriebenes Memnonis- Bild habe and euten wollen. Von den Baͤumen kan man auch sagen/ daß sie gleichsam reden/ dannenhero sagen die Poeten einen gar artigen Vers: Cantat ovis recubans Sylvis titubante caballo. Wordurch eine Geige oder Violin bedeutet wird/ die eine Stimme von sich gibt/ wann man mit dem Fiedel-Bogen daruͤber her wischet. Die Poeten haben erdichtet/ daß die Pflantzen in dem Wald zu Dodone nicht allein haben reden/ sondern gar weissa- gen koͤnnen. Man saget/ der Mastbaum auf dem Schiff Argo sey von solchem Holtz gewesen/ und habe die Heiden/ die auf dem Schiff waren/ prophetisch angeredet/ wie solches weiter bey Apollonio Rhodio libr. 4. v. 555. kan gelesen werden. Auß solchem Do- doni schen Holtz muß vielleicht auch jenes possierliche Bild geschnitzet gewesen seyn/ welches weyland die Roͤmer in ihren praͤchtigen Aufzuͤgen fuͤrzutragen pflegten/ da es die Zuschauer anredete. Philostratus libr. 6. c. 5. erzehlet/ Thesposio ein Gymnosophist in Mohrenland/ habe einem Jlmenbaum anbefohlen/ den Apollonium Tyanæum zu gruͤssen/ solches habe der Baum auch gethan/ aber mit einer Frauens- Stimme/ anzudeuten/ daß eine Frau in den Baum verwandelt worden/ wie weyland die Daphne in einen Lorbeer-die Phyllis in einen Mandel-Baum/ und die Syringa in ein Rohr verwandelt sind. Apollonius behauptet/ er habe bey solchen weisen Leuten Baͤume gesehen/ welche auf den Befehl derselben sich zur Erden geneiget/ eine Reveren tz gemacht/ und auf alle Fragen Romans I. Buch. Fragen geantwortet. Ja alle Baͤume in jenem ver- zauberten Wald/ welcher bey Lucano und Torquato beschrieben wird/ kunten sprechen/ und solches zwar nicht allein wie Menschen/ sondern auch wie aller- hand Thiere: Latratus habet illa canum, gemitusq́; luporum, Quod trepidus bubo, quod Strix nocturna queruntur, Quod strident, ululantq́; feræ, quod sibilat anguis: Exprimit, \& planctus illisæ cautibus undæ, Sylvarumq́; sonum, fractæq́; tonitrua nubis. Tot rerum vox una fuit. Also redet Lucanus, libr. 6. v. 685. hiervon. Hier mit schwieg Klingenfeld still/ aber Cavina ließ sich an- jetzo vernehmen/ daß alle diese Erzehlungen nichts behaupteten/ daß ein Stein/ oder ein Baum/ rechtfertig/ und in der Warheit geredet habe/ sondern/ wañ es geschehen/ sey es ein blosses Kunst- stuͤck gewesen/ dergleichen der gelehrte Kircherus vielfaͤltig ins Werck gerichtet; Es bleibet also dieses allein/ sprach er/ daß man von den Felsen und Waͤldern/ von den Bergen und Thaͤlern/ und insonderheit von etlichen Kunst-Gebaͤuen/ sagen koͤnne/ daß sie reden/ wann sie die aufgefangene Stimme durch eine Verviel- faltigung dem Zuhoͤrer durch ein liebliches Echo wieder nach den Ohren zuruck senden. Was die kuͤnstliche Echo belanget/ weiß ich nicht/ ob in der Welt eine sey/ die mehr zu ruͤhmen/ als die Jenige/ so in dem Lust-Hof Simonetta, eine Jtaliaͤnische Meile von der Stadt Maͤyland/ erschallet. Dann/ in selbigem Lust-Hof hat ehedessen der Gubernator von Maͤyland/ Ferdi- nand Gonzaga, ein Gebaͤu lassen aufrichten/ welches viel einen groͤssern Ruhm auß dem verwunderlichen Nachschall/ weder auß der Bau-Ordnung selbften gezogen. Jn dem obersten Ga- den/ oder Stock/ solches Gebaͤues/ gibt es eine Gallerie, und Spatzier-Gang/ woselbst die außgesandte Stimme 20. mahl wiederkehret/ wie P. Dandinus, als ein selbst-Versucher solcher Schall-Luft/ bezeuget. Josephus Blancanus aber gedencket in sei- nem Tractat von der Echoni schen Masse und viel-schallenden Wiederhall/ er habe es so wol/ als viel andere/ gehoͤret/ und werde auch taͤglich von den meisten vernom̃en/ daß selbige Echo bald 2. bald 10. bald 20. bißweilen auch wol 30. mahl/ nachdem man N 4 staͤrcker/ Deß Academi schen staͤrcker/ oder schwaͤcher/ ruffet/ ein zwo-sylbiges Wort beantwor- tete. Wiewol Nic. Forsterus in seinem Florilegio vorgibt/ daß Blancanus an der Gewißheit zweiffele/ und schreibe/ die Echo wiederhole nur das Wort 6. oder 7 mahl deutlich/ das uͤbrige aber verwandele sich alles in einen undeutlichen Laut/ welches doch dem Blancano angedichtet wird. Es hat auch der viel-geruͤhmte Kircherus Lust gewonnen/ von dieser Wunder-wuͤrdigen Echo- Ursache was gruͤndlich zu erfahren/ derhalben er auß Rom nach Maͤyland an P. Matth. Storr, einen glaubhafften/ gelehrten/ und auß Teutschland buͤr- tigen Mann/ der nachmahls Philosophiæ Professor zu Wuͤrtz- burg worden/ eine schrifftliche Bitte gelangen lassen/ ihm die Ge- legenheit deß Orts und Gebaͤues richtig abzureissen/ welches derselbe gethan/ und den Abriß dem Kirchero zugeschickt/ dieser aber selbigen seinem Werck von der Thon Kunst eingepflantzet. Es hat das Gebaͤu 2. Stockwercke/ so mit einer Gallerie unterschieden. Das Untere fusset auf vielen praͤchtig-herum- gereyheten Saͤulen. Der Platz ist mit Steinen gepflastert. An dem oͤberen Gaden befinden sich drey Theile/ so fuͤrnemlich Be- trachtens-werth: Erstlich/ der innere und fuͤrnehmste Theil deß Pallasts; Hernach 2. gegen einander uͤber stehende Seiten- Gebaͤue. Betreffend die Abmessung dieser Theile/ so hat die Breite 26. Schritte/ oder Maͤylaͤndische Elen/ und 4. Zoͤlle. Die Hoͤhe 16. Schritte/ und 4. Zoͤlle. Die Laͤnge 33. Schritte/ und 3. Zoͤlle. Die Breite der Gallerie 8. Schritte/ und 6. Zoͤlle. Mitten an dem oͤbersten Theil der Wand deß einen Seiten- Gebaͤues ist ein Fenster/ darauß man der Echo zurufft/ und allein der einige Ort/ von dannen auß sie wil angeredet seyn. Einer so geschwaͤtzigten Echo zu Liebe/ sprach Klingen- feld/ moͤchte ich kaum die Muͤhe nehmen/ und den Ort hinan stei- gen/ außgenommen/ wann es auf einen Musicali schen Wider- schall/ oder freudigen Trompeten-Klang/ angesehen. Da wuͤn- schete ich dem Lautenift en/ oder Trompeter/ das Fenster zu Si- monetra, und mich naͤchst darbey/ als einen Zuhoͤrer. Jch vermuthe aber/ war Cavinæ Gegenrede/ es gelte auch nicht gleich/ was man fuͤr eine Echo fuͤr die Music erkiese. Man muß freylich/ versetzete der andere/ den Unterscheid der Echo bemercken. Trifft man einen Gegenschall an/ so nur einmahl auf einen Thon antwortet/ so kan ein 2. stim̃iges Stuͤck (oder | Bicinium, ) darvor gesungen/ oder gespielet werden. So fern das Echo 2. mahl antwortet/ ein 3. stimmiges/ viermahl ein Quatuor, Romans I. Buch. Quatuor, oder 4 stimmiges/ u. s. f. wiewol das Stuͤck von dem Singkuͤnftler sonderlich darzu ge componi ret seyn muß. Singet er dann (zum Exempel/) Ut, so antwortet der Ruckschall Ut. Jndessen singet er Sol, und durch solches Mittel hoͤret man zu einer Zeit die 2. unterschiedliche Stimmen/ als eine liebliche Consonan tz/ so von den Musicis eine Quint genennet wird. Wañ aber die Echo fortfaͤhret/ das Sol nach zu schallen/ kan der Sin- gende ein anders Sol, welches hoͤher/ oder niedriger sey/ intoni- ren/ um eine Octav zu machen/ als die vollkommenste Zusam̃en- stimmung in der Music, u. s. f. mit Continui rung einer 2. stim- migen Fugen/ gehet es gar leicht von statten. Das XVIII. Capitul/ Das Syracusische Kunst-Ohr wird beschrieben/ wie auch noch mehr andere kuͤnst- und natuͤrliche Echo/ oder Widerhallen/ sonderlich in Jtalien und Teutschland. E S ist aber/ sprach Klingenfeld/ nicht allein dieses Simo- netta beruͤhmt/ wegen seines Kunst- Echo, sondern die Alten haben schon dergleichen schoͤne Erfindungen ge- habt/ dessen stehet noch auf den heutigen Tag zum Zeug- nuͤß der Echoni sch-gebauete Kercker Dionysii zu Syracusa in Sicilien/ darinn selbiger Tyrann seine Sclaven gehabt/ und mit- telst deß Widerschalls alles erfahren/ was dieselbe mit einander geredet. Dieses Gefaͤngnuͤß soll/ wie von manchen/ doch irꝛsam- lich/ darfuͤr gehalten wird/ eine Erfindung deß Wunder-kuͤnst- lichen Archimedis seyn/ welcher demselben die Form eines Ohrs gegeben. Diese Echo wird in manchen Raͤyß-Buͤchern geruͤh- met/ sonderlich in der Raͤyß-Beschreibung della Valle, welcher schreibet/ es sey dasselbe in Warheit ein so schoͤnes und kuͤnstliches Werck/ als jemahls in der gantzen Welt gesehen/ oder erfunden worden; Jndem die Echo es der Natur allerdings nachthut/ und nicht allein die Woͤrter/ sondern auch gantze Reden nach- spricht/ den Thon und Gesang vollkoͤm̃lich nachmacht/ gestalt- sam in seiner Gegenwart/ mit unterschiedlichen Instrument en/ die Probe gethan worden. Wann man auch mit einem kleinen Stecken auf den außgebreiteten Teppich schlaͤget/ gibt es einen so starcken Laut von sich/ als haͤtte man ein grosses Geschuͤtz loß gebrennet/ und diß alles geschicht in einer nicht von der Natur/ sondern Menschlicher Kunst/ bereiteten Hoͤhle/ daran der Er- finder/ ob er gleich nicht Archimedes geheissen/ (dann dieser hat zur Zeit Dionysii nicht gelebet/) dannoch einen so hohen und N 5 tieff- Deß Academi schen tieff-sinnigen Verstand erwiesen/ dessen sich auch Archimedes selbst nicht haͤtte zu schaͤmen gehabt. Gleichwie die Stimme/ so die Ohren trifft/ einen Laut gibt/ daß man sie hoͤren kan; Also/ (spricht besagter della Valle, ) siehet man auß der Erfahrung/ daß dieses grosse und kuͤnstliche Ohr/ welches mit Menschen- Haͤnden in den Felsen gehauen ist/ eben dergleichen Wuͤrckungen thut/ obschon andere natuͤrliche Echo, die auf solche Weise in die Hoͤhle gemacht worden/ solches nicht zuwegen bringen koͤnnen. Hiervon/ gab Cavina zur Antwort/ ist insonderheit Bonan- nus, in seinen Siciliani schen Antiquit aͤten/ und der Ritter Mira- bella zu lesen/ die dieses Echoni sche Kunst-Gebaͤu gar fleissig be- schreiben. P. Kircherus hat denselben Ort gleichfalls nicht oben- hin besichtiget/ auch den Widerschall gehoͤret/ und haͤtt darfuͤr/ daß/ wer die Kunst deß Wercks wol beobachtet/ derselbe bald mercken werde/ den Tyrannen habe kein anders Absehen zu sol- chem Gebaͤu bewogen/ obn/ daß die Gefangene/ so allda in Ver- wahrung lagen/ nicht einmahl Athem holen moͤchten/ es kaͤme dann dem Kerckermeister zu Ohren. Der Ort befinde sich ausser der Stadt Mauren/ sey/ nach Anweisung der Natur/ wie ein rechtes Ohr gekuͤnstelt/ auß lebendigem Stein gehauen/ kruͤmme und winde sich Schneckenweise allgemach uͤber sich hinauf/ und habe die empfangene Stimme in eine enge Roͤhre verpflantzet/ welche in deß Gefangen-Huͤters Gemach gangen/ und diesem alle Gespraͤche der Versperreten entdecket. Keiner kunte sich re- gen/ diese Echo verkundschafftete es/ und machte auß dem leisen Wispeln ein grosses Getoͤß/ auß einer gelinden Stimme ein lau- tes Geschrey. Schtaͤget man mit flacher Hand nur auf einen Mantel/ wird ein Buͤchsen-Knall darauß/ und auß dem Reu- spern/ ein Donner; Ja/ diese Kunst- Echo verstaͤrcket nicht allein den Schall/ sondern wiederholet auch/ als eine feindselige Brieff- Traͤgerin/ denselben etliche mahl nach einander. Ja/ sie gibt auch eine artliche Musicantin/ verwandelt ein 2. stimmiges Stuͤck- lein/ in ein 4. stimmiges/ indem der Widerschall der ersten Stim̃e gar schoͤn auf die andere Stimme trifft/ welches eine Sache/ die wuͤrdig zu hoͤren. Allein P. Schott/ der dieser Syracusani schen Echo gleichfalls eine Visite gegeben/ und sonst alles also befunden/ wie Kircherus erzehlet/ hat von der unterschiedlichen Repetition nichts ver- nommen/ noch dergleichen mehrmahlige Widerholung verspuͤ- ren koͤnnen/ ob er gleich viel und lange mit seinem Gefaͤhrten da- selbst geredet/ mancherley Getoͤß und Gepolter erwecket/ ge- schryen/ Romans I. Buch. schryen/ und gesungen. Die Ursach ruͤhret vielleicht/ seiner Ver- muthung nach/ daher/ daß deß Orts Gelegenheit seit dem veraͤn- dert worden. Dann Herꝛ P. Kircherus ist im Jahr 1638. P. Schott aber 1646. da gewesen/ und berichtet Jener/ es sey die obere Mauer/ wordurch die Stimme in deß Kercker-Huͤters Schlaff- Gemach gefallen/ vermacht/ und verstopffet; Dieser aber/ er habe daselbst ein kleines Loͤchlein gesehen/ und durch selbiges eini- ges Gestruͤtrich/ oder Puschwerck/ so da herum gewachsen. Das mag wol seyn/ replici rte der Teutsche. Nichts ist in der Welt so kuͤnstlich/ daß es durch die Verwunderung fuͤr sei- nem Untergang ewig gefriffet wurde. Von den alierberuͤhm- testen Kunst-Wercken der alten Welt-Zeiten ist fast weiter nichts/ als die Gedaͤchtnuͤß uͤbrig geblieben/ wiewol mit man- chem auch allerdings diese zugleich im Grabe der Vergessenheit stecket. Und wird insonderheit die einsame Jungfrau- Echo offt durch einen neuen Bau vertrieben/ zumahl von denen/ die sich um einen leeren Schall wenig bekuͤmmern/ und mehr besorget sind/ fuͤr ihre eigene Bequemlichkeit zu wohnen/ weder fuͤr den Aufenthalt deß Widerschalls. Ein Korn-Stadel traͤget mehr ein/ dann ein solcher Lufft-Schertz/ derhalben er auch vorgezogen wird. Zu Charenton, 2. Meilen von Pariß/ hat ehedessen ein seltener Widerschall sich hoͤren lassen/ welcher die ihm vertraute Stimme 13. mahl wieder gegeben/ wie Merula bezeuget. Aber derselbe hat einem neu-erbauten Carmeliter-Kloster muͤssen raͤumen/ und nicht mehr Platzes behalten/ als daß er nunmehr nur einmahl die Stimme deß Ruffers widerholet. Es gedencket sonst dieses Echo zu Charenton auch Jodo- cus Sincerus, in seinem Frantzoͤs. Raͤyß-Buch/ und schreibet/ man sage/ daß sie 13. mahl antworte/ wie andere in Acht genommen; Jhm aber 11. fuͤr 1. wieder gegeben. Und ich besinne mich selbst eines lustigen Spatzier-Gangs/ laͤngst dem Wasser-Teich einer gewissen fuͤrnehmen Reichs-Stadt/ da gegen uͤber eine Kirche mit 2. Spitzen stehet/ woselbst mir/ und meinen Gefaͤhrten/ die geliehene Stimme mit 5. faͤltigem Wucher bezahlet worden/ auf so wol eingetheilete Termin en oder Fristen/ daß wir alle Gegen- Stim̃en nach einander gar deutlich hoͤreten/ wiewol die Vierdte und Fuͤnffte ein wenig schwaͤcher fiel/ dann die drey Ersten. Zu Maͤyntz stehet vor der Stadt die St. Peters Kirche/ welche vor dem Schwedisch-Teutschen Krieg/ so sich 1631. ange- fangen/ noch gantz gewesen/ hernach aber das Obdach/ samt ei- nem Theil der Mauren/ darvon eingangen. Allda hat sich/ wie dieses Deß Academi schen dieses Gebaͤu noch vollkoͤmmlich gestanden/ eine 3. stimmige Echo hoͤren lassen/ welche 2. Sylben/ zwar sehr schnell/ doch gantz ver- nehmlich/ von sich gegeben; Aber nach Einbuͤssung deß Dachs/ und eines Stucks von der Mauren/ sich in eine 2. stimmige ver- wandelt/ darvon man den 2. Gegenhall doch kaum hoͤren kan. Und P. Schottus erzehlet/ es habe P. Jac. Bonvicino, ein fuͤrtreff- licher Mathematicus und Professor in dem Jesuitischen Colle- gio zu Genua, von Neapolis an Kircherum geschrieben/ daß/ nach/ dem damahligen letzten Brandt deß Vesuvii, in dem Thal dieses Berges eine Echo entstanden/ oder vielmehr von den Ein- wohnern selbiger Gegend Zufalls- und Gluͤcks-Weise zuwegen gebracht; Dann/ als sie mancherley Roͤhren und Rinnen/ deren man/ zu Ableitung deß Regen-Wassers/ damit die Weinberge nicht verderben/ sich bedienet/ aufgegraben; Jst darauß eine solche Echo entstanden/ daß/ wann einer oben auf dem Gipffel deß Berges bey dem Mund-Loch der Rinnen/ etwas redet/ die Stim̃e/ so durch die Roͤhren fortgepflantzet/ und durch mancher- ley Widerprellungen vermehret wird/ denen/ die unten am Fluß deß Berges bey den Rinnen wandeln/ sich so vollkoͤm̃lich præsen- ti ret/ als ob Jemand leibhafftig zugegen waͤre/ und redete. Auß diesen Ursachen solches natuͤrlichen Geschwaͤtzes/ hoͤret man offt die Unterredungen mancher Hirten/ und anderer Leute/ Sprach- haltungen aufs Allerdeutlichfte/ da dannoch Niemand in der Naͤhe/ oder in den benachbarten Orten/ zugegen ist/ welches vie- len gantz seltzam und abentheuerlich vorkommt. Die alte Geschichtschreiber hielten einen lustigen Wider- schall ihrer Feder nicht unwerth. Pausanias gedencket/ es sey an der rechten Seiten deß Tempels Chthoniæ eine Gallerie, oder ge- deckter Lustgang gewesen welchen man Echo geheissen/ weil da- selbst die Stimme eines ruffenden Menschen 3. mahl aufs We- nigste nach geschallet. Und anderswo/ nemlich in seinen Eliacis, sagt er von einer andern bundten Gallerie in Aote, welche man gleichfalls den Gegenschall genannt/ auß Ursache/ weil die Stim̃e allda 7. bißweilen auch wol mehrmahl/ zuruck schallete. Beym Plutarcho lieset man/ daß in den Welt-beruͤchtigten Egyptischen Pyramiden/ ein gesprochenes Wort 4. oder 5. mahl widerge- schallet. Und/ beym Plinio, daß in der Stadt Cyzico, am Thor/ welches man Thracia genannt/ bey den Thuͤrnen ein vielfaͤltiger Widerschall/ durch sein wundersames Nachschwaͤtzen/ den Ra- men der Echo bey den Griechen erworben. Und bey der Stadt Olympia, in der Gallerie, welche daher die 7. Stimmige von den Griechen genannt ward/ ein Wort 7. mahl beantwortet worden. Das Romans I. Buch. Das Grab Metelli, welches noch heutiges Tages fast gantz/ ein Paar kleiner Meilen von Rom/ vor dem Thor S. Sebastian, unter dem Namen Capo di Bove, das Ochsen-Haupt/ nemlich von den Ochsen-Koͤpffen/ so man Rings herum daran außge- hauen siehet/ gezeiget wird/ ist ehedessen gleichfalls von einem außbuͤndig schoͤnen/ Echo beschallet worden. Boterus schreibet/ dieser unvergleichlicher Widerschall habe sein Spiel gehabt/ an einem runden Thurn so von dem koͤstlichsten Marmel Wunder- kuͤnstlich gebauet/ und diese zugeschickte Worte offt wieder zu- ruck geschickt: CÆCILIA. Semper honos, NOMENQUE tuum, laudesque manebunt; Cæcilta! dein Preiß/ dein Ehren-Rahm/ dein Ruhm/ Verstummet nicht/ ohn/ biß der Marmel eine Bluhm. Erst-gesetztes Lateinisches Wort/ samt dem nachgesetzten Virgi- liani schen Verse/ soll dieser Kunst-reichfte Nachschall zu 8. un- terschiedenen mahlen vollkoͤm̃lich widerbolet/ und nirgends sei- nes Gleichen gehabt haben/ zu dem Ende/ daß der Nam dieser Edlen Matron auch nach ihrem Tod/ vermittelst solches Kunst- und Pracht-vermaͤhlten Ehren-Gedaͤchtnuͤsses/ offt erschallen/ und niemahls in Vergessenheit fallen moͤchte. Boissardus bezeuget/ es sey noch bey seiner Zeit dieselbe nicht erstummet/ und beschreibet die Gelegenheit deß Orts also: Uber der Appiani schen Straffe/ an einem niedrigen Ort/ schauet man sehr weitlaͤufftige Ruin en oder Steinhauffen deß Staͤdt- leins/ welches etliche fuͤr das alte Sinuessa, andere fuͤr Pometia halten. Andere urtheilen besser/ es sey das Schloß gewesen/ dariñ die Soldaten von der Leib- Garde, und die Kaͤyserl Medici, ge- wohnet. Der gantze Umkraͤyß ist schier mit Mauren umfangen. Am Eingang selbiges Schlosses werden zu beyden Seiten vier- eckte grosse Graͤber/ stumpffe und dichte Pyramides, (oder Grab- Thuͤrne/) geschauet/ theils mit Steinen von Tivoli, theils mit Ziegeln aufgefuͤhret. Und daß dieses der Metellorum Begraͤb- nuͤssen gewesen/ zeugen die Uberschrifften/ so man darvon herauß geklaubet. Die/ welche darunter am beruͤhmtesten/ in rund/ auß viereckten weissen Marmel Stuͤcken/ wie ein weiter/ dicker Thurn/ inwendig hohl/ und am Obertheil offen/ deren Mauren ungefaͤhr 24. Schuhe dick. Dieselbe stoͤsset an das Eck der allgemeinen Mauren. Rings umber seynd von Marmel Ochsen-Koͤpffe auß- gehauen/ in solcher Gestalt/ als waͤre ihnen die Haut/ samt dem Fleisch abgezogen/ wie bey den Opffern der Brauch war/ \&c. Der Deß Academi schen Der Ochsen-Koͤpffe seynd bey nahe 200. darum wird dieses Grab-Gebaͤu Capo di Boi genannt/ und wollen die Antiquit aͤt- Forscher/ es sey eine doppelte Hecatombe, oder 200. faltiges Opffer; ( Hecatombe aber war/ nach Julii Capitolini Beschrei- bung/ ein solches Opffer: Hundert Altaͤre wurden auf einem Platz aufgebauet/ und darauf 100. Schweine/ und 106. Schafe abgewuͤrget. War es aber ein Sacrificium Imperatorium, oder Opffer eines Roͤmischen Generalissimi, so wurden 100. Leuen/ 100. Adler/ und anderer solcher Thiere/ von jedwedem Geschlecht 100. geschlagen/) bey der Leich-Bestattung Cæciliæ Metellæ ge- schehen/ deren Name vorn an der Begraͤdnuͤß zu lesen/ auf einer sehr grossen Marmel-Tafel/ gegen dem Thor der Burg zu/ mit diesen Litter n: CÆCILIA Q CRETICI F. METELLÆ CRASSI. So Jemand unten an dem Huͤgel/ oder Buͤhel/ wor- auf der Thurn gebauet ist/ einen gantzen Heroi schen Vers auß- spricht/ wird ein verwunderlicher Echo denselben gantz/ und von Sylben zu Sylben/ offtmahls widerholen: Jch (spricht dieser Author, ) habe den ersten Vers der Virgiliani schen Buͤcher Æneidos deutlich 8. mahl widerschallen hoͤren und hernach noch etliche mahl undeutlich/ und confus. Nirgends wo wird ein sol- cher Echo gehoͤret. Man sagt/ dieser Widerschall sey darum so kuͤnstlich erweckt/ daß bey der Leich-Begaͤngnuͤß dieser Gæcili en/ das. Heulen/ Geschrey und Weheklagen unermaͤßlich vergroͤs- sert und vermehret wuͤrde/ indem man solche 2. fache Hecatom- be, oder doppeltes Opffer von 100. Altaͤren/ verrichtete/ und die Grabspiele/ zu Ehren der verblichenen Matron, vorstellete. Es hat aber P. Kircherus, nachdem er dieses beym Boissar- do gelesen/ und Lust gewonnen/ eine solche Wunder- Echo zu hoͤ- ren/ zum andern und dritten mahl sich dahin begeben mit hoͤch- stem Fleiß darnach gesuchet/ aber sie gar nicht antreffen koͤnnen. P. Schott, der ein anders mahl mit demselben Kirchero gantz ey- ferig diesen Widerschall gesuchet/ eben so wenig. Und ob sie zwar hierauf in Rom bey andern forsch-gierigen Personen sich deß- wegen befraget/ ist doch keiner gefunden worden/ der von diesem Echo was wissen wollen. Es sey auch/ saget P. Schott, der Ort nicht darnach disponi ret/ daß er einen solchen Echo solte koͤnnen formi ren. Dannoch hezeuget auch Pflaumerus mit seinem Ge- hoͤr/ daß diese Echo gantze Verse/ und zwar vielmahl nach ein- ander/ wieder zuruck werffe. Cavina sagete hierauf: Jch verwerffe darum Pflaumerum so wenig/ als Boissardum, weil ich wol weiß/ daß ein solcher Wi- derschall Romans I. Buch. derschall nicht unmoͤglich/ zumahl/ wann die Kunst zu der na- tuͤrlichen Gelegenheit deß Orts sich bequemet. Wohnet doch noch auf diesen Tag an einem Renn-Platz zu Rom eine Echo, so die Sylben 8. mahl nach einander widerholet. Dergleichen trifft man auch an bey einer Mauren der Stadt Avignon, wie Herꝛ Kircherus auß eigener Erfahrung bezeuget. Aber die Zeit und Veraͤnderung der Gelegenheit deß Orts hat Zweiffels ohne solchen fuͤrtrefflichen Widerhall besagten Grabes nunmehr ver- trieben/ und dieser Schall-Jungfrauen den Athem ersticket. Jn dergleichen Gedancken stehet auch gemelter P. Schottus. Wofern dem also/ was vor diesem von solcher Echo geschrieben worden/ muͤsse in der Gelegenheit deß Orts/ und der umstehenden Ge- baͤue/ eine grosse Veraͤnderung vorgegangen seyn. Er wisse/ daß auch nur eine kleine und geringe Aenderung an den Mauren/ oder Haͤusern/ gar wol so viel koͤnne wuͤrcken/ daß ein Echo ent- weder vergehe/ oder von neuem entstehe. Solches beweiset er mit diesem Exempel: Zu Panormo (oder Palermo, ) in Sicilien/ haben die Jesuiten einen Meyerhof/ vor der Stadt/ bey dessen Fuͤrgang man auf einen langen und breiten Spatzier-Gang kommt/ der zu beyden Seiten mit Baͤu- men und Weinstoͤcken besetzet/ und wo derseibe zu Ende lauffet/ stehet zur Lincken ein gar hohes/ weitlaͤufftiges Hauß; Ein we- nig besser hin aber/ zur Rechten/ ein anders/ das weder hoch/ noch weitlaͤufftig. Hinter solchen 2. Haͤusern stunde vormahls eine alte Capelle allein/ darzu man nachmahls von vornen zu/ ei- ne andere solcher Gestalt gebauet/ daß diese Letzte der Alten un- mittelbahr anhafftete. Bevor nun solche neue Capell dahin ge- leget ward/ hat sich in dem Spatzier-Gang niemahls einiger Widerschall verlauten lassen; Nachdem sie aber dahin gesetzet/ hoͤret man bey Eintritt deß Gartens einen hellen Echo, welcher etliche Sylben aufs Allerdeutlichste nachspricht; Vermuthlich auß dieser Ursach/ weil der Gegenhall um etliche Schritte naͤ- her/ gegen der Garten-Thuͤr hin/ verrucket worden. Er stellet auch das Exempel der Stadt/ oder vielmehr deß Schlosses zu Wuͤrtzburg vor/ welches/ wie bekandt/ nicht allein nach der Zier/ sondern auch/ wider den Ernst/ nach der Bevesti- gungs-Kunst gebauet ist. Wann man von selbigem Schloß einen Schuß thut/ verstaͤrcket und mehret sich der donnerende Knall zwischen den Thaͤlern und Bergen/ schallet 5. 6. und mehr mahl/ nach einander wieder zuruck/ gleich/ als ob nicht nur ein/ sondern viel Schuͤsse geschehen/ und auf den Bergen das Wetter herum lieffe. Soͤlcher Deß Academi schen Solcher Stimm- und Schall-erwiderenden Gegenden/ sprach Klingenfeld/ solte man in unserm Teutschland noch wol mehr antreffen/ wann man mit der Nachforschung sich wolte bemuͤhen. Es liget in Sachsen das Schloß Obin/ welches ehe- dessen unter die Unuͤberwindliche gerechnet worden/ auf einem Felsen/ wiewol es heute wuͤste liget/ und um der Graͤntzscheidung willen nicht bevestiget werden darff. Desselbigen Namens findet sich auch daselbst ein Dorff/ wie auch eine halb auß Felsen ge- hauene Kirche/ samt einer Quelle/ so von der Natur selbsten durch den Felsen geleitet wird. Dieses wuͤste Schloß wird von vielen Bergen umgeben/ welche verursachen/ daß/ wann man allda ein Stuͤck loͤset/ der Knall wunderbarlich herum lauffet/ von einer Gegend zur andern/ und schier in Acht-Theil von der Stunde nachkrachet; Massen so wol diß/ als die Lustbarkeit der Gegend/ manche fuͤrnehme Personen zur Besuchung derselben bewogen hat. Das achte ich aber nicht fuͤr was Seltenes/ weil es nur ein blosser Widerknall ist/ dann zwischen dem Knall/ oder Hall/ und der Gegen-Stimme/ oder Echo, gibt es keinen geringen Unter- scheid. Der Wider-Knall/ oder Nach-Hall/ ist zwar auch ein Gegenschall/ aber verworrener/ undeutlicher/ ungestimmt/ und ohne Außdruckung der Sylben/ und mag leicht eine Gegend sich darzu bequemen. Die Echo aber begehret mehr Umstaͤnde/ daß sie einen ordentlich-abgetheileten oder besylbeten Nachklang ge- be. Derhalben verwundere ich mich/ uͤber solchen vielmahligen Nach-Knall bey Obin in Sachsen so uͤbrig hoch nicht/ sondern vielmehr uͤber die Jenige/ welche/ wie M. Robert Plot, ein En- gellaͤnder/ in Beschreibung natuͤrlicher Beschaffenheit der Eng- lischen Provintz Oxfort/ gedencket/ bey Tag 17. bey Nacht aber 20. Sylben/ gar deut- und unterschiedlich widerholet/ nemlich in einem Lust- und Thier-Waͤldlein bey Woogstock. Das XIX Capitul/ Klingenfeld haͤlt eine possierliche Unterredung mit Cerebac- chio, der ihm mit lauter Lateinischen Versen/ oder Spruͤchwoͤrtern/ antwortet/ welches warlich offt verwunderlich klinget. A Ber/ wir haben gnug geredet von dieser Mate- rie, ich sehe/ daß Cerebacchius schon daruͤber einschlummern wil/ wir muͤssen noch ein wenig Kurtzweil mit ihm haben. Als Klingenfeld dieses ge- saget/ Romans I. Buch. saget/ rittelte er den Fresser beym Leibe/ und sprach: Mein Freund/ saget uns doch/ wo ihr eigentlich zu Hauß gehoͤret? Cerebacchius fuhr in die Hoͤhe/ wi- schete den Schlaff auß den Augen/ und sagte: Patriâ Monasteriensis, natione Westphalus, Religione Roma- nus. Diese Antwort gefiel der Gesellschafft/ solchem nach forschete der Teutsche ferner/ weil er zum Fres- sen so grosse Lust haͤtte/ wuͤrde er in seinem Vatter- land deßfalls besser bewirthet werden/ warum er dañ sich in die Fremde begeben haͤtte? Jener sprach: Est mihi namque domi pater, est injusta noverea. Welcher pertinent en Antwort die andern von Hertzen lache- ten/ und darauß spuͤhreten/ daß er vernuͤnfftiger rede- te/ wann er truncken/ als wann er nuͤchtern waͤre. Dannenhero sprach der Erste wieder: Wann der je- nige Muͤnsterische Obriste/ den ihr mir beschrieben/ euer Vatter ist/ so kenne ich eure Stieff-Mutter wol/ habt ihr also nicht Ursach/ euch uͤber sie zu beschweren/ dann sie ist schoͤn/ und liebet euren Vatter von gan- tzem Hertzen. Cerebacchius sahe ihn hierauf an/ und sprach: Blandus amor nihil est, \& pulchræ gratia for- mæ, hæc mulier bella est, quæ scit amare Deum. Klin- genfeld antwortete: So sehet euch aber doch fuͤr/ daß ihr die Wuͤrckung ihres Zorns/ die ihr durch eure uͤbele Nachrede auf euch gezogen/ nicht empfindet. Cereb. Tela prævisa minus nocent. Klingenfeld: Gleichwol kan sie euch bey eurem Vatter ein uͤbel Bad bereiten. Cereb. Aquila sæpè iis ipsis configitur sagittis, quibus suæ pennæ aptantur. Klingenfeld: Worinn hat sie dann euch/ oder die Eurigen/ am mei- sten beleydiget? Cereb. Optima prima ferè manibus rapiuntur avaris, implentur numeris deteriora suis. Klingenfeld: Dieser Schade ist so groß nicht/ ihr muͤsset alles nicht achten/ wann euer Vatter todt ist/ O muß Deß Academi schen muß sie schon Rechenschafft thun. Cereb. Tanta cu- jusque sunt mala vel bona, quantus est animus, qui illa sustinet. Klingenfeld: Gleichwol wolte ich um der Stieffmutter willen nicht einen Fuß breit außgetret- ten seyn. Cereb. Velle suum cuique est, nec voto vivi- tur uno. Klingenfeld: Jhr erweiset aber durch euer unordentliches Leben gnugsam/ daß eure Stieff- Mutter gnugsame Ursache hat/ sich uͤber euch zu be- schweren. Cereb. Non est compendiosior viâ ad glo- riam, quam ut quisque sit, qualis haberi velit. Klingen- feld: Solche Lebens-Art wird euch dermahlen eine schlechte Reputation geben/ stehet darvon ab/ es ist noch Zeit gnug. Cereb. Quo semel est imbuta recens, servabit odorem, testa diu. Klingenfeld: Ey/ so wolte ich dann auch lieber Profession von einem Soldaten machen/ denen alles dergleichen wol und besser anste- het/ als den Studenten. Cereb. Nulla fides pietasque viris, qui Castra sequuntur. Klingenfeld: Wann ihr aber in solchem Sauff-Leben sterbet/ was wird man euch fuͤr ein Epitaphium aufrichten? Cereb. Bonosus Imperator, cum vitam laqueo finiisset, dictus est am- phora pendens. Klingenfeld: Wann ich in eurer Haut steckete/ wuͤrde ich das Ungluͤck/ das ihr euch selber brauct/ alle Tage beweinen. Cereb. Nullus est dolor, quem non longinquitas temporis minuat atque molliat. Klingenfeld: Was haͤlt aber eure Stieff- Mutter von eurem alten Vatter? Cereb. Turpe se- nex miles, turpe senilis amor. Klingenfeld: Sie schei- net gleichwol eine schoͤne und fromme Frau zu seyn? Cereb. Et genus \& virtus, nisi cum re, vilior algâ est. Klingenfeld: Jnzwischen aber glaube ich/ daß sie auf solche Weise euren Vatter leicht moͤchte hinters Liecht fuͤhren. Cereb. Est profecto Deus, qui, quæ nos gerimus, auditque \& videt. Tu da, nate Dei, vitæ nos nevè, Romans I. Buch. nevè, pudere nevè etiam mortis pœnituisse queat. Klin- genf. Das moͤchtet ihr auch wol bedencken. Cereb. Ni- timur in vetitum semper, cupimusq́; negata. Klingen- feld: Deßwegen gehet es euch auch nicht zum Besten. Cereb. Vivo equidem, vitamque extrema per omnia duco. Klingenfeld: Wañ ihr dann nicht in Krieg ge- hen wollet/ und doch so miserabel lebet/ so sollet ihr euch bey einem fuͤrnehmen Herꝛn in Dienste begeben. Cereb. Emori potius, quàm servire præstat, adde quod ingenuas didicisse fideliter artes, emollit mores, nec sinit esse feros. Klingenfeld: Durch euer Fressen und Sauffen aber verderbet ihr Witz und Verstand. Ce- reb. Crede mihi, sapere est non nimium sapere. Klin- genfeld: Habt ihr dann/ ehe der Vatter zur andern Ehe geschritten/ vorhin gute Mittel gehabt/ dardurch ihr bewogen seyd/ euch auf ein solches debouchant es Leben zu legen? Cereb. Tum denique homines nostra bona intelligimus, cum quæ in potestate habuimus, ea amisimus. Klingenfeld: Was wollet ihr mir geben/ wann ich euch gute Tage verschaffe? Cereb. Semper honor, nomenque tuum, laudesque manebunt. Klin- genfeld: Fuͤrs Erste muͤsset ihr euch von der boͤsen Le- bens-Art wieder abgeben/ und den Studiis fleissig ob- ligen. Cereb. Curemus æquam uterque partem, Tu al- teram, ego item alteram. Klingenfeld: So viel ich se- he/ stehet euch nicht zu helffen/ ihr seyd in der Jugend schon verdorben. Cereb. Blanda matrum segnes facit indulgentia natos. Klingenfeld: Daruͤber aber sind eure beste Jahre verstrichen. Cereb. Optima quæque dies miseris mortalibus ævi prima fugit, subeunt mor- bi tristisque senectus. Klingenfeld: Wo haltet ihr euch dann nun am liebsten auf? Cereb. Patria est, ubicunq́; benè est. Klingenfeld: Mich duͤncket aber/ wann ihr nicht unverschaͤmt waͤret/ duͤrfftet ihr Hunger leyden? O 2 Cereb. Deß Academi schen Cereb. Gnaviter impudentem esse oportet, qui semel verecundiæ fines transierit. Klingenfeld: Habt ihr auch wol ehemahlen Lust gehabt/ euch zu verheura- then? Cereb. Exsors conjugii non benè vivit. Klingen- feld: So habt ihr dann schon eine Liebste/ und was ist sie fuͤr eine? Cereb. Mulier admodum anus. Klin- genfeld: Hat sie dann auch gute Mittel? Cereb. Digna res, ubi nervos intendas. Klingenfeld: So werdet ihr ja dann bald fort machen? Cereb. Sat citò, si sat benè. Klingenfeld: Aber/ bey einer alten runtzelichten Frauen koͤnte ich keine Freude finden. Cereb. Et genus \& formam regina pecunia donat. Klingenfeld: Wann sie nur in der That reich ist. Cereb. Ferè libenter homi- nes id, quod volunt, credunt. Klingenfeld: Hat sie euch auch lange mit dem Jawort aufgehalten? Ce- reb. Veni, vidi, vici. Klingenfeld: Was waren doch eure erste Compliment en? Cereb. Ut salutabis, ita re- salutaberis. Klingenfeld: Warum verziehet ihr dann so lange mit der Hochzeit? Cereb. Concute, num qua tibi vitiorum inseverit tibi natura. Klingenfeld: Gibt sie sich fuͤr reich auß/ so wird sie auch wol in einem schoͤnen Hauß wohnen? Cereb. Tectum augustum, in- gens, centum subnixa columnis. Klingenfeld: Jch glaube/ ihr doͤrfftet eurer Alten/ wann ihr zu jungen Dirnen kommt/ schlechte Parol halten? Cereb. Nox \& amor, vinumque, nihil moderabile svadent. Klin- genfeld: Hat sie auch wol geweinet/ als ihr in die Fremde raͤysetet? Cereb. Ut flerent, oculos erudiêre suos. Klingenfeld: Welcher Religion ist sie zugethan? Cereb. Colit Deum, laudat Zwinglium. Klingenfeld: Jhr muͤsset zusehen/ daß sie eurer Religion beypflichte. Cereb. Religionem imperare non possumus, quia ne- mo cogitur, ut credat invitus. Klingenfeld: Lebet ihr Vatter annoch? Cereb. Abhinc duos \& quinquaginta annos Romans I. Buch. annos mortuus est. Klingenfeld: Dieser mag wol ein fuͤrnehmer Mann gewesen seyn? Cereb. Tolluntur in altum, ut lapsu graviore ruant. Klingenfeld: Jst dann eure alte Braut auch noch fein gesund und starck? Cereb. Senectus ipsa morbus. Klingenfeld: Hat sie noch einen Bruder? Cereb. Cui Conradi nomen. Klingen- feld: Jst dann dieser ein wackerer Mann? Cereb. Odit tum literas, tum virtutes. Klingenfeld: Lebet er aber sonsten wol? Cereb. Dormit securus, bibit Jeju- nus, it cubitum bis pransus, ter cœnatus. Klingenfeld: Gehet es ihm dann bey diesem unordentlichen Leben auch wol? Cereb. Probo viro nihil mali, improbo ni- hil boni contingere potest. Klingenfeld: So ist dieser Conradus ja wol ein Kumpe/ wie ihr seyd? Cereb. Hi æmulamur, qui ea habent, quæ nos cupimus. Klingen- feld: So ihr aber euer Leben nicht anders anstellet/ werdet ihr ein schlechtes Ende nehmen. Cereb. Non refert, quâ quis moriatur imagine lethi; Unum iter ex æquo ducit ad astra pios. Klingenfeld: Wollet ihr aber mit der Zeit nicht anders Sinnes werden? Cereb. Meum solius peccatum corrigi non potest. Klingen- feld: Jst dann euer Sinn so gar bestaͤndig auf ein Ding vernarret? Cereb. De tuo ipsius studio conjectu- ram feceris. Klingenfeld: Habt ihr auch noch Credit in der Fremde? Cereb. Quantum quisque suâ num̃o- rum possidet arcâ, tantum habet \& fidei. Klingenfeld: Was haltet ihr von eurem gewesenen Kriegerischen Bischoff von Galen, welcher bald Frantzoͤsisch/ bald Kaͤyserlich war? Cereb. Omne magnum exemplum habet aliquid iniquitatis, quod publicâ utilitate com- pensatur. Klingenfeld: Aber wie schickte sich die In- fula bey den Harnisch? Cereb. Nemo mortalium omnibus horis sapit. Klingenfeld: Warum gieng er doch vor Groͤningen/ da er solchen Ort nichts anzu- O 3 haben Deß Academi schen haben vermochte? Cereb. Nescia mens hominum fati sortisque futuræ Klingenfeld: Man sagt von ihm/ daß er dem Land viel Dinge zum Nachtheil einge- fuͤhret? Cereb. Conscia mens recti famæ mendacia ri- det. Klingenfeld: War er dann also/ wie man sagt? Cereb. Integer vitæ, scelerisque purus. Klingenfeld: Er ist ein sonderbarer Liebhaber deß Feuers in seinem Leben gewesen/ und hat die Bombardier- Kunst so hoch gebracht/ als noch kein Teutscher vor ihn gethan. Ce- reb. Scilicet est cupidus studiorum quisque suorum, tempus \& assvetâ ponere in arte juvat. Klingenfeld: Umerdessen haben seine Unterthanen kaum Zeit ge- habt/ das Jhrige zu bestellen/ weil sie ihm in allen Feld- Zuͤgen folgen musten. Cereb. Vita hominis similis est ferro, quod si exerceas, atteritur, si non exerceas, rubigo consumit. Klingenfeld: Jch habe den guten Bischoff wol gekannt/ aber ich weiß nicht/ was ich von ihm sa- gen soll? Cereb. Tuo tibi judicio utendum. Klingen- feld: Aber ich komme wieder auf eure Person. Jhr seyd corpulent, was fuͤr Muͤhe mag es euch gekostet haben/ uͤber die Schweitzerische Alpen zu gelangen? Cereb. Invia virtuti nulla est via. Klingenfeld: Habt ihr auch eine Schwester? Cereb. Cui Justinæ nomen. Klingenfeld: Jst dann diese eine geschickte Dame? Cereb. Inutilis ad pudicitiam, \& ad tutandam rem. Klingenfeld: Jhre Stieff-Mutter solte sie fein zur Haußhaltung anhalten? Cereb. Ingenium est omnium hominum à labore proclive ad libidinem. Klingenfeld: Hat sie dann einen Courtisan? Cereb. Commune omnium amantium est. Klingenfeld: So hat sie eurer Stieff-Mutter so wenig vorzuwerffen/ als diese/ Jener. Cereb. Virtutes ipsæ inter se æquales \& pares sunt. Klingenfeld: Jst sie dann lange also ge- artet gewesen? Cereb. Eadem est ac semper fuit. Klin- genfeld: Romans I. Buch. genfeld: Hierauß muß ich dann schliessen/ daß eure rechte Mutter auch nicht anders gewesen. Cereb. For- tes creantur fortibus \& bonis. Klingenfeld: Habt ihr fuͤr eure Person dann gute Vertraulichkeit mit ihr gehabt? Cereb. Cum Patrono Epicureo mihi omnia communia sunt. Klingenfeld: Jch sehe wol/ daß ihr es allein mit Fressern und Sauffern haltet. Cereb. Alius ab hoc, diversus ab illo. Simile simili gaudet. Klingenfeld: Wann ihr aber euer Geldchen verpras- set/ duͤrffte euch das Zucht-Hauß dermahleins zum Aufenthalt dienen. Cereb. Illic mihi nec seritur, nec metitur. Klingenfeld: Zum wenigsten wird eure alte Frau den Meister im Hauß spielen/ und euch den Hut bald vom Kopff reissen? Cereb. Principiis obsta, serò Medicina paratur, cum mala per longas invaluêre moras. Klingenfeld: Jch sehe wol/ ihr trauet mir noch nicht/ und wollet meinen Worten keinen Glauben geben. Cereb. Nemo credit, nisi ei, quem fidum putat. Klingenfeld: Wann ihr fleissig studi ret haͤttet/ so waͤ- ret ihr jetzo ein Doctor, oder ein hoher Staats-Be- dienter. Cereb. Non cuivis licet adire Corinthum. Klingenfeld: Euer Discurs gefaͤllet uns wol/ habt ihr noch was sonderliches/ so theilet es uns mit? Cereb. Gravissimè lædunt amici, qui expiscantur arcana. Klingenfeld: Jch bitte euch/ urtheilet nicht so uͤbel von mir/ stehet aber von eurem unordentlichen Leben ab/ so sollet ihr uns sehr angenehm seyn. Cereb. Ver- bum audimus, monitum sentimus, modum nescimus, præsentia credimus. Klingenfeld: Jhr werdet wol manchmahl bekuͤm̃ert seyn/ wann euch Geld gebricht/ oder/ wann es euch sonsten in dieser Fremde uͤbel ge- het. Cereb. Consequi fortunam adversam, non la- mentari decet. Klingenfeld: Jhr seyd doch gluͤcklich/ daß ihr euch selber troͤsten/ und zufrieden sprechen koͤn- O 4 net. Deß Academi schen net. Cereb. Studia adolescentiam alunt, senectutem oblectant, secundas res ornant, adversis perfugium ac solatium præbent. Klingenfeld: Gehet ihr auch wol mit fuͤrnehmen Leuten um/ oder bleibet ihr lieber bey Niedrigen? Cereb. Metiri se quemque suo modulo ac pede verum est. Klingenfeld: Wann ihr lang in Jta- lien bleibet/ wird man euch fuͤr keinen Teutschen mehr ansehen. Cereb. Civi Romano licet esse Gaditarum. Klingenfeld: Jch hoffe/ das hohe Alter wird euch dermahleins/ dafern ihr es erreichet/ zu andern Ge- dancken/ und zu einem bessern Leben fuͤhren. Cereb. Se- ra nunquam est ad bonos mores via. Klingenfeld: Das war ein gutes Wort/ auf solche Weise verdie- net ihr/ gelobet zu werden. Cereb. Nihil sapientia pul- chrius, nihil virtute amabilius. Klingenfeld: Mein guter Cerebacchi, ich sehe euch jetzo gantz umgekehret/ und das so ploͤtzlich. Cereb. Vilius argentum est auro, virtutibus aurum. Klingenfeld: Jch wuͤnsche euch Gluͤck/ zu diesem guten Sinn/ solcher Gestalt soltet ihr noch wol empor kom̃en. Cereb. Dignum laude vi- rum Musa vetat mori. Klingenfeld: Jst dieses alles euer Ernst/ was ihr jetzo redet? Cereb. Mente rectè uti non possumus, multo cibo \& potu completi. Klingen- feld: O! seyd ihr ein solcher Schalck/ so wollen wir euch allein ligen lassen/ was gilt es/ wann ihr den Rausch außschlaffet/ werden sich schon etliche finden/ die euch die Hosen visiti ren? Cereb. Fabricius respon- det, se à cive spoliari malle, quam ab hoste venire. Klingenfeld: Bekennet mir die rechte Warheit/ ist ein Tugendhafftes Leben nicht besser/ als ein Laster- hafftes/ wie das Eurige? Cereb. Amara est veritas, \& qui eam prædicant, implentur amaritudine. Klingen- feld: Jch muß mehr von eurer Freundschafft wissen/ Habt ihr auch selber einen Bruder? Cereb. Cornelius dictus. Romans I. Buch. dictus. Klingenfeld: Gehet es ihm dann wol? Ce- reb. Dives pecoris, dives agris, dives positis in fœnore nummis. Klingenfeld: So wird ihn seine Frau wol hertzlich lieben? Cereb. Malo virum, qui pecunia, quàm pecuniam, quæ viro egeat. Klingenfeld: Begehen sie sich nicht wol mit einander? Cereb. Nulla dies mœro- re caret. Klingenfeld: Hat die Frau dann kein Mit- leyden mit ihrem Mann? Cereb. Xantippe irarum \& molestiarum scatebat. Klingenfeld: Jch glaube/ ihr redet es der Frauen auß Haß nach. Cereb. Ubi rerum testimonia adsunt, non opus est verbis. Klingenfeld: Wuste dann euer Bruder nicht/ daß sie solch ein Kraͤutlein waͤre? Cereb. Fallit enim vitium specie virtutis. Klingenfeld: So wird der gute Cornelius ein elend Leben haben? Cereb. Deus dilectis suis iter asperum facit, ne dum delectantur in via, obliviscan- tur eorum, quæ sunt in patria. Klingenfeld: Hat sie ihn dann so bald zum Gehorsam gebracht? Cereb. Aliq uantum temporis, \& magni laboris \& impensæ multæ opus fuit. Klingenfeld: Das muß wol ein ein- faͤltiger Narꝛ seyn/ der sich von einem boͤsen Weib so bald solte zu Chor treiben lassen? Cereb. Gloriosa sa- pientia non magno æstimanda est, stultorum omnia sunt plena. Welche Worte den Klingenfeld etwas verdrossen/ deßwegen stutzete er/ und wolte sich mit ihm nicht weiter bemengen/ aber der Printz hatte gar zu grosse Lust an diesem Discurs, derwegen winckete er ihm/ fort zu fahren/ und als eben Cerebachius den Wein-Becher an den Mund setzete/ zu trincken/ rieff ihm dieser zu: Est virtus placitis abstinuisse bonis. Ce- rebacchius aber thaͤte einen guten Trunck/ und nach- dem er den Mund gewischet/ sahe er ihn starꝛ an/ und schwieg still. Klingenfeld aber sprach: Wisset ihr wol/ was ihr vorhin zu mir gesaget/ solche Worte sind O 5 maͤchtig/ Deß Academi schen maͤchtig/ mich anzusporen/ daß ich zu euch trette/ und Haͤndel mit euch anfange. Cerebacchius sprach: Su- persedeas hoc labore itineris, malo unum diem amici- tiæ, quam mille rixarum. Klingenfeld: Euer zerlum- peter Rock haͤlt mich ab/ dann ich sehe/ daß keine Ehre an euch zu erlangen. Cereb. Sæpè sub sordido palliolo latet sapientia. Klingenfeld: At in regno voluptatis virtuti non est locus. Hier mit tratt er naͤher zu ihm; Cerebacchius aber erschrack/ und sagte: Magno exitio Rebuspublicis sunt intestinæ dissensiones. Klingen- feld: An nescis longas mihi esse manus? Cereb. Te- cum habita, \& nôris, quam sit tibi curta suppellex. Klingenfeld: Waͤre ich ein anderer Mann/ ich wuͤrde zuschlagen. Cereb. Quod aliis vitio vertis, id tu tibi laudi ne duxeris. Klingenfeld: Jhr redet zu keck/ wol- tet ihr euch wol gegen feine Leute vergleichen. Cereb. Sic parvis componere magna solebam. Anjetzo griff Klingenfeld nach dem Degen/ wel- chem Cerebacchius behende entgegen schrye: Nulla salus bello, pacem te poscimus omnes. Klingenfeld: Was wolt ihr mir aber geben/ wann ich einhalte? Cereb. Carissimè constat, quod precibus emitur. Klin- genfeld: Nihil faciendum est, cujus nos pœnitere pos- sit. Cereb. Sunt tamen homines, quas libidinis suæ neque pudeat, neque pœniteat. Klingenfeld: War- lich Cerebacchi, ihr machet mir die Galle ruͤhrend. Ce- reb. Duplex est hominum genus, aliud irascentium, aliud nihil curantïum. Gleich wie nun der Printz fuͤr Lachen schier umgefallen waͤre/ also ergriff Klingen- feld hingegen im Zorn den Prasser/ warff ihn zur Er- den/ und risse ihm eine Hand voll Haar auß/ und nach- dem er wieder aufgestanden/ richtete sich Cerebacchius auch wieder auf/ und sagte: Boni pastoris est tondere pecus, non deglubere. Tuum est, si quid præter spem evenit, Romans I. Buch. evenit, mihi ignoscere. Troll fragte den armen Schlucker/ wie ihm diese Ohrfeige geschmecket? Cereb. Tua quod nihil refert, percontari desinas. Troll war fertig in seiner Antwort/ und sagte: Omnes homines summâ ope decet niti, ne vitam silentio tran- sigant, veluti pecora, wie solte ich dañ nicht ein Woͤrt- lein reden? Cereb. Plus oportet scire servos, quam loqui. Troll: Oratorem irasci non decet, simulare non dedecet, hast du aber Lust/ so wil ich dir auf den Degen kommen. Cereb. Candida pax homines, trux decet ira feras. Troll: Gehe nur hin/ und schlaffe dei- nen Rausch auß. Cereb. Septem horas dormisse sat est juvenique senique. Klingenfeld: Gebt euch zu- frieden/ mein Landsmann/ mein Zorn ist wieder uͤber. Cereb. Puncto temporis maximarum rerum momen- ta vertuntur. Klingenfeld: Es scheinet/ daß ihr alle Poeten außwendig gelernet habt? Cereb. Exiguo durat genialis tempore pompa, sola Poëtarum car- mina docta manent. Klingenfeld: Morgen muͤsset ihr mit uns in die Kirche gehen/ dann es ist Sonntag/ alsdann wollen wir mit einander fortziehen. Cereb. Luce sacra requiescat humus, requiescat aratrum. Klingenfeld: Was wollen wir Morgen zum Fruͤh- stuͤck haben? Cereb. Inter aves perdix, (si quis me ju- dice certet,) inter quadrupedes gloria prima lepus. Klingenfeld: Das ist wol geredet/ aber es zielet nur auf Wolleben/ darum bessert euch doch einmahl. Cereb. Naturam expellas furcâ, tamen usque recurret. Klingenfeld: Eure Religion weiset euch aber viel- mehr an zum Fasten/ als zum Schwelgen. Cereb. Non decet rationis decempedâ metiri immensos re- ligionis nostræ agros, hoc ore sumitur, quod fide cre- ditur, \& frustra ab illis Amen respondetur, à quibus contra id, quod accipitur, disputatur. Troll fiel ihnen jetzo Deß Academi schen jetzo ins Wort/ und sagte zu Cerebacchio: Wer hat dich gelehret/ solcher Gestalt mit feinen Leuten zu re- den? Worauf Cerebacchius: Quis te ordinavit mihi judicem? Troll: Nescio. Cereb. Et hæc omnium Asinorum responsio. Troll: Wo gehoͤre ich dann zu Hauß? Cereb. Ignoro. Troll: Hæc est omnium Mulorum responsio. Cereb. Quomodo differunt Asi- nus \& mulus? Troll: Tanquam minus \& majus. Ce- reb. Ergo ego sum major, tu minor; Ego servio Sarci- nis Principum, tu molitorum, Ego sum animal splen- didum, tu sordidum. Als Troll sahe/ daß er von der Schul geschlagen war/ stellete er sich schamhafftig/ setzete den silbernen Becher vor den Mund/ und verbarg sich darhinter/ soff aber indessen/ daß er schwartz darbey ward. Cere- bacchius rieff ihm zu: Prosit fratercule, wir koͤnnen deßwegen wol Bruͤder seyn/ ob du gleich ein Muͤller- Esel/ und ich ein Mulus splendidus bin. Troll: Du sprichst alles/ was dir in den Mund kommt/ du must einen schlechten Zuchtmeister in der Jugend gehabt haben. Cereb. Deteriores omnes sumus licentiâ. Klingenfeld: Jch glaube euer Lehrmeister hat euch viel uͤbersehen/ weil euer Vatter ein Obrister war. Cereb. Dat veniam corvis, vexat censura columbas. Klingenfeld: Jch glaube/ ihr wisset nichts von einem ewigen Leben/ und suchet euren Him̃el in dieser Welt. Cereb. Scriptura per corporalia docet spiritualia, \& invisibilia per visibilia demonstrat. Klingenfeld: Gedencket ihr auch wol dermahleins wieder nach Hauß? Cereb. Patria dulcissima tellus. Klingenfeld: Aber eure Stieff-Mutter thut euch ja allen Tort an. Cereb. Malo esse cum timore domi meæ, quam cum periculo domi alienæ. Unter diesem Discurs gieng Troll/ als ein tuͤcki- scher Romans I. Buch. scher Mensch bey Cerebacchio her/ und stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Seite/ dieser aber stieß ihn gar zur Erden/ und sagte: Improbus est homo, qui bene- ficium scit sumere, \& reddere nescit. Als sich aber Troll mit einer doppelten Faust gegen ihn stellete/ rieff Cerebacchius: Ignosce, peccavi. Klingenfeld fragte ihn/ wie er sich vor diesem Menschen so bald fuͤrchte? Cereb. Omnia prius consilio experiri, quam armis contendere sapientem decet. Klingenfeld: Jch glau- be/ wann ihr moͤchtet Buͤcher schreiben/ und alle eure Spruͤchwoͤrter anbringen/ sie solten wol abgehen. Cereb. Tenet insatiabile multos scribendi Cacoëthes, \& ægro in corde senescit. Klingenfeld: Wann wir euch auf der Raͤyse frey halten/ ihr werdet wol gerne bey uns bleiben. Cereb. Turpe quidem dictu, sed si- nodo vera fatemur, vulgus amicitias utilitate probat. Klingenfeld: Aber/ wann wir euch nichts spendi ren/ gebt ihr uns auch wol kein gut Wort: Cereb. Nec vi- su facilis, nec dictu affabilis ulli. Klingenfeld: Gleich- wol koͤnte ich mich nicht wegwerffen/ zum wenigsten wolte ich diesem Troll nicht ein Haar weichen/ son- dern es auf die Spitze ankommen lassen. Cerebacch. Consilia audacia prima specie læta sunt, tractu dura, eventu tristia. Troll kunte sich nicht laͤnger enthal- ten/ sondern sprach: Du magst gleichwol wissen daß ich meine Studia so wol absolvi ret habe/ als du/ und dannenhero eben solcher Mann bin/ als Cerebacchius. Hierauf sprach dieser: Bona verba quæso, fratercule, qui stultis eruditi videri volunt, eruditis stulti viden- tur. Troll: Meine Logica, Physica, Grammatica, Rhetorica, Metaphysica, und andere Disciplin en/ schweben mir gleichwol annoch in frischem Anden- cken. Cereb. Sit boni oratoris, multa auribus acce- pisse, multa vidisse, multa animo \& cogitatione, mul- ta etiam Deß Academi schen ta etiam lectione percurrisse. Troll: So magst du dir gleichwol auch darbey einbilden/ daß ich ehe ein Studiosus bin gewesen/ als du. Cereb. Coturnices etiam ante veniunt, quam grues. Klingenfeld: Saget mir/ mein Freund/ wie koͤñet ihr alsobald ein Spruͤch- wort oder Rede finden/ die auf unsere Rede oder Fra- ge passet? Cereb. Cum à me quidam familiariter po- stularent, ut aliquid de ratione dicendi componerem, prorsus sum equidem reluctatus. Klingenfeld: Wann wir euch nun in unserer Compagnie allwege frey hal- ten/ so bleibet ihr wol gerne bey uns/ aber wollet ihr Herꝛ oder Diener seyn. Cereb. Oportet eum, qui pa- ret, sperare, se aliquo tempore imperaturum, \& illum, qui imperat, cogitare brevi tempore sibi esse paren- dum. Klingenfeld: Das ist wol geredet/ aber ihr habt gar zu ein altes Kleid an. Cereb. Quæ vetera sunt, fuerunt olim nova. Klingenfeld: Der Schneider hat zwar der neuen Mode daran in etwas vergessen/ aber die ledernen Taschen/ die er an die Seiten gehefftet/ sind sehr bequem. Cereb. Non culpa tantum vacat, sed dignus quoque laude admirationeque est. Klin- genfeld: Guter Freund/ ihr habt ja lange nicht ge- truncken/ setzet doch die Flasche einmahl wieder an den Mund. Cereb. Id re quàm verbis, faciam liben- tius. Klingenfeld: Leute/ die solchen Durst haben/ wie ihr/ muͤssen wol deß Tages offt einziehen. Cereb. Id frequentius, quàm ut exemplo confirmandum sit. Troll mischete sich jetzo abermahl darein/ und sagte: Dieser Mensch wird euch/ mein Herꝛ/ all zu drieste/ er redet/ was ihm in den Mund kommet. Cereb. Quid dulcius, quam habere, quo cum omnia audeas sic loqui, ut tecum. Troll: Jch sage dir aber/ daß du hinfuͤhro mit diesem Cavallier bescheidener redest. Cereb. Ecce. quem penes est omnis potestas. Troll: Halte deinen Schmaͤh- Romans I. Buch. Schmaͤh-Mund/ oder ich werde dir doch diesen Abend noch den rothen Safft herauß jagen. Cereb. Justitiæ primum munus est, ut ne cui quis noceat, nisi lacessi- tus injuriâ. Klingenfeld: Meynet ihr wol/ daß man im Himmel auch Wein trincken werde? Cereb. Ego vitam Deorum propterea sempiternam esse arbitror, quod voluptates eorum propriæ sunt, Klingenfeld: So haltet ihr gewiß die Leute/ die staͤts fressen/ vor hoch gluͤckseelig? Cereb. Miser homo, qui ipse sibi quod quærit, id ægrè invenit. Sed ille miserior, qui \& ægrè quærit, \& nihil invenit. Ille miserrimus, qui cum esse cupit, quod edat non habet. Troll: Darauß mag ja ein Jeder urtheilen/ daß mein Stand loͤblicher sey/ als deß Cerebacchii. Cereb. Quò quisque ingenio minus valet, hoc se magis attollere, \& dilatare cona- tur. Hiermit langete er nach einer vollen Flaschen mit Wein/ und wolte solche an den Mund setzen/ Klin- genfeld aber bestraffete ihn/ daß er so gar keine Maß zu halten wuͤste. Worauf Cereb. Nihil addubito, quin, quâ es humanitate, hanc meam voluntatem sis boni consulturus. Jener hielte ihm fuͤr/ daß er ja am folgenden Morgen diese Flasche wieder finden/ und alsdann außleeren koͤnte/ aber Cerebacchius schuͤttelte den Kopff mit diesen Worten: Quid enim est stul- tius, quam incerta pro certis habere, falsa pro veris? Als ihm Troll hieruͤber die Flasche auß der Hand risse/ und seinen Becher darauß fuͤllete/ muste er diese Worte von Jenem anhoͤren: Qui se victoria licen- tius, liberiusque, quàm rectius usuros credebant. Dar- auf nahm er die Flasche/ und trunck den Rest in einem Ansatz hinein. Klingenfeld aber sprach: Jch halte/ es wird Zeit seyn/ daß wir schlaffen gehen/ und nach- dem Cerebacchius hierauf geantwortet: Diem con- sumi volebant, id quod factum est, da giengen sie mit einan- Deß Academi schen einander auß der Stuben in die angewiesene Kam- mern/ allwo sich der Printz mit Klingenfeld noch uͤber ein und anders befragte/ hernach aber schlieffen sie ein/ und genossen der angenehmen Ruhe/ biß ihnen am folgenden Morgen die Sonne durch ihre Strah- len muntere Augen machete. Am folgenden Tage/ als unsere Compagnie sich den Federn allbereits ent- nommen/ da kamen allererst die Jenige/ welche den vorigen Abend diese Herberge bestellet hatten/ nach- dem also der Printz den Gastgeber befriediget/ ließ er dem Cerebacchio ein Pferd langen/ und also setzten sie sich mit einander auf/ und erreichten die Stadt Padua in anderhalb Stunden ohne einigen Anstoß. Das XX. Capitul/ Ein schlechter Candidatus. Ein Schweitzer discurriret/ daß manchmahl schlechte Leute zu Magistern/ Licentiaten und Doctoren promovi rt werden/ wider die Lehre und Regel der Alten. S O bald sie zum Thor hinein kamen/ erblicketen sie einen starcken Zulauff von Menschen/ und als sie forscheten/ was solcher zu bedeuten haͤt- te/ ward ihnen angezeiget/ daß ein Teutscher auf den Catheder steigen wolte/ um ein Doctor Medicinæ zu werden. Sie blieben demnach nicht lange in der Her- berge/ sondern giengen mit einander nach dem grossen Collegio, und hoͤreten den Teutschen Medicum dispu- ti ren/ der aber so schlecht bestund/ daß man ihn an ei- nem andern Ort unmoͤglich wuͤrde angenommen ha- ben/ dann er wuste kein Latein herfuͤr zu bringen/ son- dern sprach lauter gebrochen Jtaliaͤnisch/ war auch in der Medicin weniger beschlagen/ als ein Roßkam̃. Dannenhero wolten sie sich nicht laͤnger an seiner Disputation aͤrgern/ sondern giengen wieder nach ih- rer Herberge/ und bestelleten eine gute Mahlzeit. Es kamen bald hernach etliche Studenten/ und als sie den Romans I. Buch. den Cerebacchium erblicketen/ verwunderten sie sich/ und freueten sich/ daß er noch im Leben/ inmassen sie ihn vor todt beklaget haͤtten. Diese gestunden/ daß am vorigen Tag zwey Studenten auf anderthalbe Meile von der Stadt sich mit einander geschlagen/ und darauf in einem Dorff sich wieder vertragen haͤtten/ da dann Cerebacchius mit bey dem Schmauß gewesen/ und sich dergestalt uͤberladen/ daß er auf dem Ruckwege im Feld ligen blieben/ und als sie uͤber 2. Stunden hernach/ und zwar in die Nacht hinein/ zu dem Ort gekommen/ um ihn auf einem Esel fortzu- schleppen/ haͤtten sie ihn nicht mehr gefunden/ wor- auß sie geurtheilet/ er muͤsse erschlagen und wegge- schleppet seyn. Als endlich die Mittags-Zeit heran nahete, setze- ten sich unsere Fremdlinge zu Tisch/ bey welchen sich Cerebacchius sehr bescheidentlich zu halten wuste/ weil er nuͤchtern war. Hierbey erschien ein ansehnlicher alter Mann auß der Schweitz/ von dessen Stand sie zwar nichts wusten/ aber auß den Discurs en ließ er mercken/ daß er von Jemand in wichtigen Affaires muͤsse verschicket seyn. Mit diesem Schweitzer ließ sich Klingenfeld in einen Discurs ein/ und erzehlete ihm/ wie schlecht der heutige Candidatus auf dem Catheder bestanden. Der Schweitzer sagte dargegen: Lasset euch dieses nicht verwundern/ die Jtaliaͤner wurden Narren seyn/ wann sie nicht einen jeden Teutschen/ solte er auch sein Lebtag von keiner Gram- matica gehoͤret haben/ zur Promotion admitti reten/ dann sie bekommen Geld darfuͤr/ und schaffen sie her- nach wieder ab. Aber keinen Landsmann werden sie zum Doctor machen/ der nicht wol beschlagen waͤre. Jm uͤbrigen/ wie gehet es auf unsern Teutschen/ so Catholischen/ als Protesti renden Academi en/ was fuͤr P seltzame Deß Academi schen seltzame Magistros, Licentiatos und Doctores machet man daselbst wol/ da moͤchte einem offt die Gall uͤber- gehen. Die Academi schen Wuͤrden seyn gleichfalls Koͤnigliche Stuͤcke/ welche allein den Tuͤchtigsten sollen gegeben werden/ damit sie ihrer schweren Muͤhe und Arbeit hiernaͤchst eine Ergoͤtzung moͤgen genies- sen. Die Roͤmer pflegten ihre Krone und Tugend- Zeichen keinem andern nach erhaltenem Sieg zu er- theilen/ als denen/ die sie wuͤrcklich verdienet hatten. Ehr ist der Tugend Sold/ sagt der alte Ehrenhold. Ebener Massen glauben gelehrte Maͤnner/ die Apostel haben keinem die Haͤnde auf- geleget/ welche sie untuͤchtig erkennet. Aber/ auß den Policeyen seyn auch die Academi en verderbet/ indem die Academi en den Policeyen gefolget. Die Poli- ceyen haben offt zu Sceptern/ zu Purpur/ zu Thro- nen erhaben/ von Furcht/ von Hoffnung/ von Geld bezwungen/ fuͤr welchen Nabal sich schaͤmen durffte/ sie unter die Schafs-Knechte zu nehmen. Die Aca- demi en haben offt zu Doctor en/ zu Licentiat en/ zu Magister n erhaben/ von Diensten/ von Freundschafft/ von Geitz bezwungen/ fuͤr welchen Priscianus sich schaͤ- men durffte/ sie unter seinen Schutz anzunehmen. Das Concilium zu Costnitz entzuͤndete grosses Ungluͤck/ doch loͤschete es dieses Unwesen/ und setzte: Ut de cætero floreat sapientia, \& vigeant literarum studia, nullus ad titulos graduum \& honorum assu- matur, nisi idoneus, \& approbatus moribus, \& scien- tia, atque bene meritus, nec ita levis, \& nimium præ- cipitata promotio fiat. Nam ut notum est, \& multis ridiculosum, multi Magistrorum nomen obtinent, quos magis adhuc discipulos esse deceret, contra fa- cientes aut venientes, privilegiis, regalibus eisdem univer- Romans I. Buch. universitatibus concessis, ipso jure priventur. Da- mit ins kuͤnfftige die Weißheit bluͤhe/ und die freyen Studi en wachsen und gruͤnen moͤgen/ soll keiner zu den Tituln der Wuͤrden und Ehren angenommen werden/ dann der dahin geschickt und bewaͤhret gefunden ist/ an Sitten und Wissenschafften/ und sonsten wol verdienet/ und darum soll die Promo- tion nicht leichtlich und gar zu geschwinde ergehen/ dann/ wie bewust/ und vielen laͤcherlich ist/ viel tragen den Namen der Magister n/ und gebuͤhrete ihnen noch unter den Schuͤlern zu lernen. Die wider diese Ordnung thun/ sollen der Koͤniglichen Freyheit/ welche den Universit aͤten geschencket/ be- raubet werden. Julius der Dritte/ Roͤmische Bischoff/ hat die Bullen- oder Brieff-Doctoren/ die unter seinem Na- men gemacht worden/ selbst verworffen. Jst es dem- nach nicht eine geringe Ursach gewesen/ daß der Adel die Academi schen Wuͤrden verachtet/ und ihrem Ge- schlecht fuͤr eine Schande gedeutet/ so ihre Kinder solche annehmen wolten. Daß nun stoltze/ aber nicht im geringsten erfahrne Leute seyn/ auf Universit aͤten Doctores, Licentiat en uñ Magistri promovi rt worden/ wer wil es laͤugnen? Seyn Leute in Theologia auf Universit aͤten Doctores, Licentiati promovi rt wor- den/ die nicht gar 2. Jahr auf Universit aͤten haben studi ret/ sondern nach einem Magistell en sich gesoͤh- net/ niemahls einige Probe disputando, opponendo, respondendo, declamando gethan/ die nicht ein einzi- ges Specimen deß Fleisses und Geschicklichkeit vor- zeigen koͤnnen. Jn Warheit/ es seyn stoltze/ aber im geringsten nicht erfahrne Leute/ Doctor en und Licen- tiat en promovi rt worden. Stoltze/ weil sie die Ehren kuͤrtzlich gefordert/ die ohne Diebstahl ihnen nicht P 2 koͤnnen Deß Academi schen koͤnnen gereichet werden/ sintemahl sie erleuchteten Seelen/ und nicht den Schmier- Bacchant en zustehet/ Unerfahrne aber/ ja wol Unerfahrne/ die nichts studi- ret/ und nichts studi ren wollen. Das heisset nach den Apostolischen Regeln handeln: Nimm an Weißheit/ nimm an Verstand/ vergisse nicht/ und weiche nicht von der Rede meines Mundes/ verlaß sie nicht/ so wird sie dich behuͤten/ dann der Weißheit Anfang ist/ wann man sie gerne hoͤret/ und die Klugheit lieber hat/ dann alle Guͤter. Achte sie hoch/ so wird sie dich erhoͤhen/ und wird dich zu Ehren machen/ wo du sie hertzest. Sie wird dein Haupt schoͤn schmuͤcken/ und wird dich zieren mit einer schoͤnen Krone. Jch be- sorge/ der Psalm muͤsse geaͤndert werden/ der fraget und antwortet: Wer ist/ wie der Herꝛ unser GOtt/ der sich so hoch gesetzet hat/ und auf das Niedrigste siehet im Himmel und auf Erden. Der den Geringen aufrichtet auß dem Staub/ und erhoͤhet den Armen auß dem Koth/ daß er ihn setze neben die Fuͤrsten/ ne- ben die Fuͤrsten seines Volcks. Es wuͤrde uͤbel klin- gen/ wann man sagte: Wer ist wie die Herren unsere Goͤtter bey Universit aͤten/ die sich so hoch gesetzet ha- ben/ und auf den Niedrigen sehen im Himmel und auf Erden/ welche die Ungelehrten aufrichten auß dem Schuͤtzen-Staub/ und erhoͤhen den naͤrrischen Scholar en auß dem Koth/ daß sie ihn setzen neben die Fuͤrsten ihres Volcks. Es wird mangeln/ dann De- can en und Professor en seyn nicht uͤber alle Heyden/ und ihre Ehre gehet nicht/ so weit der Himmel ist. Endlich bleibet der Spruch Salomonis: Die Wei- sen werden Ehre erben/ aber wann die Narren hoch kommen/ werden sie doch zu schanden. Etliche berichten/ diese oder jene Facultas Medi- cinæ promovi ret zwar ungeschickte Doctor en/ muͤssen aber Romans I. Buch. aber zusagen/ innerhalb 5. Jahren die Artzney nicht zu treiben. Was ist dieses? Nur etwas. Von den Magister n viel zu schwaͤtzen/ achte ich ohne Noth seyn/ weilen vielen mangelt/ das richtige Conjugi ren/ De- clini ren/ Construi ren/ und dergleichen Dinge. Die Facult aͤten seyn zu ruͤhmen/ bey welchen die Candida- t en muͤssen vorlegen die Jahre/ in welchen sie studi ret haben/ die Exerciti en/ welche sie gehalten haben/ und die Zeugnuͤssen/ welche sie von ihren Præceptor en er- langet haben. Die Facult aͤten aber seyn hoch zu straffen/ welche blossen Vorschrifften der hierunter behaltener Fuͤr- sten/ Grafen/ Herren/ ꝛc. trauen/ von einem Glied ih- res Ordens sich betaͤuben/ daͤmpffen und blenden las- sen. Jedoch/ eine heilige Gabe stillet den Zorn/ und ein Geschenck im Schoß deß hefftigen Grim̃s/ spricht Salomon. Auch die oͤffentlichen Gaben stillen den Zorn deß Examinant en/ und das Geschenck im Schoß deß hefftigen Professor en Grimme. Aber/ wer zu schencken hat/ der ist wie ein Edelstein/ wo er sich hin- kehret/ ist er klug geachtet. Unterdessen aber ist es eine Tod-Suͤnde/ wann Jemand den hoͤchsten Grad in Theologia, Jurisprudentia, Medicina suchet/ ihm aber das Gewissen seine Untuͤchtigkeit aufrucket. Es ist eine Tod-Suͤnde an denen/ die es suchen/ und an de- nen/ die es gewaͤhren. Hiervon reden die Canonist en unterschiedlicher Weise. Ferner/ werden fromme Christen fleissig erwe- gen/ die Wichtigkeit der Sachen/ dann welche unge- lehrte Leute promovi ren zu hohen Graden/ betriegen die Kirchen und Polyceyen/ und das in sehr wichti- gen Sachen. Bescheidene Hof-Maͤnner schaͤmen sich einen Stuͤmpler/ der nur auf Trompeten blaͤren kan/ zu dem Turnier der Fuͤrsten zu bestellen; Und P 3 manche Deß Academi schen manche Universit aͤten schaͤmen sich nicht/ die Wol- fahrt gantzer Voͤlcker und grosser Fuͤrsten/ auch das Heyl so vieler tausend Seelen den toͤlpischen Eseln unter die Fuͤsse zu stuͤrtzen. Dort doͤrffen Kuͤh-Hoͤrner und Saͤublaͤser nicht kommen/ und ist doch Schimpff und Spiel; Allhier doͤrffen Bacchant en auftretten/ und ist gefaͤhrlicher Ernst. Dann die hohen Graden werden darum verdienet/ daß die Kirchen haben wa- ckere Prediger/ die Ketzer zu widerlegen/ und die Un- glaͤubigen zu bekehren. Daher trauen die Fuͤrsten und Bischoͤffe den Academi en/ seyn sie betrogen/ sie seyn mit unschaͤtzlichen Suͤnden der Universit aͤten be- trogen. Wann ein ungelehrter Theologus die Christliche Religion durch seine Unwissenheit verschnoͤdet den Heyden/ oder den Gegentheil auß Furcht seiner Un- geschicklichkeit fleucht; Wann ein ungelehrter Doctor Juris bey einem Fuͤrsten und Herren Rathsbestallung annimmt/ und durch seine Ungeschicklichkeit die Herꝛ- schafft und das Land in Gefahr und Noth bringet; Wann ein untuͤchtiger Advocat seinem Client en die gerechteste und klareste Sache verleuret; Wann ein ungelehrter Artzt den Beth-riesigen vor Balsam Gifft anschmieret/ und solchen erwuͤrget/ haben nicht solche zu buͤssen in der Hoͤllen/ welche um Gelds wil- len auß Eseln Doctor en machen/ ihren Naͤchsten der Seeligkeit/ deß Lebens/ der Guͤter berauben/ den Boͤsen warme Brieffe und Siegel geben mit voller Macht zu stehen und zu wuͤrgen? Zu geschweigen/ daß solche Promovent en an den Gesetzen Eyd-bruͤchig worden/ den stinckenden Maulthieren die schoͤnste Kleinodien anhaͤngen/ und eine ruchlose Faulheit an der studi renden Jugend verursachen/ weil Asinius, Porcus das machen/ das lesen/ das dichten/ das schrei- ben/ Romans I. Buch. ben/ das sinnen/ das durchwachen/ durchlesen/ das durchdichten/ das durchschreiben/ das durchsinnen um die rothe Groschen dermahleins verteutschen/ und fuͤr das scharffe Examen mit den Examinant en bey schertzhafftigen Schwencken/ ( loquor de casibus mihi notis, ) den suͤssesten Malvasier zechen. Kuͤrtzlich/ die Wolfahrt der Kirchen und Poli- ceyen hafftet an der Redlichkeit der Universit aͤten/ dargegen das Ungluͤck uͤber Kirchen und Policeyen rinnet auß der Truͤgerey der Universit aͤten. Solches hat auch gemercket das Concilium zu Trident Sess. 7. cap. 13. pag. 64. Editionis Venetæ, dann erstlich hat es erlaubet/ alle die zu examini ren/ welche von Bi- schoͤffen/ Prælat en/ auch den Paͤpstischen Legent en selbst zu stattlichen Præbent en vorgestellet/ erwaͤhlet und genennet worden/ aber verboten/ die Jenigen zu examini ren/ welche von Universit aͤten und Collegi en bey Universit aͤten vorgestellet/ erwaͤhlet und genennet worden. Das ist geschehen den 3. Mertzen/ im Jahr 1547. Am 11. deß Wintermonats/ deß 1563. Jahrs hat sich der Geist/ welcher das Concilium regieret/ diese Exception, die Universit aͤt betreffend/ geendet/ und das vorige ziemlich widerruffen/ Sess. 24. cap. 18. pag. 236. also lauten die Wort an selbigem Ort: Præsentati seu electi vel nominati à quibusvis Eccle- siasticis personis, etiam sedis Apostolicæ nunciis, ad quævis Ecclesiastica beneficia non instituantur, nec confirmentur, neque admittantur, etiam prætextu cu- jusvis privilegii seu consuetudine etiam ab immemo- rabili tempore præscriptæ, nisi fuerint prius à locorum ordinariis examinati \& idonei reperti. Et nullus ap- pellationis remedio se tueri possit, quo minus examen subire teneatur: præsentatis tamen electis seu nomi- natis ab Universitatibus, seu Collegiis generalium stu- P 4 diorum Deß Academi schen diorum exceptis. Die/ so den geistlichen Personen/ in was Wuͤrden auch die seyn moͤgen/ ja deß Aposto- lischen Stuhls Bottschafften selbst vorgestellet/ er- waͤhlet oder ernennet werden/ sollen niemahls zu ei- nigen geistlichen Pfruͤnden eingesetzet/ bestaͤttiget/ oder zugelassen werden/ auch nicht unter dem Schein eines Privilegii, oder einer von undencklicher Zeit hero verwalteten Gewohnheit/ sie seyen dann zuvor von der ordentlichen geistlichen Obrigkeit desselben Orts examini rt und tuͤchtig befunden worden/ und soll keinem nachgelassen seyn/ sich durch das Mittel der Appellation deß Examinis zu entbrechen. Doch werden hiervon außgenommen/ die/ so von den Uni- versit aͤten/ oder den Collegiis der hohen Schulen vor- gestellet/ erwaͤhlet und ernannt werden. Und abermahls: Expedit maximè animarum saluti, à dignis atque idoneis Parochis gubernari: id ut diligentius ac rectius perficiatur \&c. Mit außdruͤck- licher Anzeige/ es gereichet zu Befoͤrderung der See- len Seeligkeit/ wann dieselbige von wuͤrdigen und tuͤchtigen Pfarꝛ-Herren versorget wurden. Derohal- ben dann vorgedachte Examina aufs beste vorzuneh- men/ nachmahls erwidert/ und unter andern auch noch daruͤber dieses verordnet worden/ daß von den Examinatoribus, ob es gleich Doctores oder Licentiati der H. Schrifft/ oder der geistlichen Rechten waͤren/ ein Eyd geleistet werden soll/ daß sie/ hindan gesetzt aller Menschlichen Zuneigung/ das Examen treulichst verrichten/ auch deßwegen weder zuvor noch hernach einige Gaben nehmen/ oder im widrigen Fall sie und die Geber deß schaͤndlichen Lasters der Simoney schuldig seyn wollen/ von dem sie Niemand absolvi- ren koͤnte/ sie haͤtten sich dann zuvor aller der geist- lichen Pfruͤnden/ die sie in der Zeit erlanget/ wuͤrck- lich Romans I. Buch. lich entlediget/ und solten auch hinfuͤhro gantz unfaͤ- hig seyn/ einige andere geistliche Pfruͤnde zu empfa- hen. Jnsonderheit aber befindet sich auch bey diesem Decret dieser Anhang/ daß hinwieder die Privilegia und Freyheiten/ so den Universit aͤten verliehen wor- den/ nicht gelten/ noch angezogen werden koͤnten. Gregorius Tolosanus disputi ret gruͤndlich von dem Handel/ und auß ihm der gelehrte Jesuit Ada- mus Contzen; Jst der Muͤhe werth/ daß wir beyde anziehen von Wort zu Wort: Neque Doctor indo- ctus debet frui privilegio Doctorum. Et certè tales, qui titulo tenus Doctores sunt, \& qui neglectu studio- rum quod jam didicerant, amiserunt, digni essent, qui iterum examinarentur, non quidem ab his, qui vo- lunt videri Rabini: nam cæcus cæcum duceret, sed à Magistris eruditis, probatis Professoribus, bonæ con- scientiæ, \& à timentibus Deum, à Rectoribus \& Refor- matoribus Scholarum, qui certè non minus necessarii sunt in Republica, quàm visitatores Ecclesiarum, sed tales essent deputandi, qui in professionibus seu facul- tatibus reformandis essent peritissimi, \& munere Pro- fessorum perfuncti laudabiliter fuissent, veterani \& emeriti, \& non aliunde, vel alii. Nec inficias imus, quin \& æquum \& salutare Reipublicæ putamus, appro- batum semel in Doctorem, posse iterum reprobari, si postea inveniatur per reformatores prædictos, vel per ipsos Magistros, qui antè approbarunt, insuffiens: imò \& insignibus posse privari saltem privilegiis, nisi casu, vel morbo, vel senectute fuerit scientia amissa. Sic Gordianus Cæsar: Grammaticos seu oratores, de- c reto ordinis probatos, si non se utiles studentibus ræbeant, denuò ab eodem ordine reprobari posse in- c ognitum non est. Nam \& in his versatur publica uti- li tas, cum propter præsumtionem doctrinæ Doctores P 5 ad Deß Academi schen ad multa publica officia, \& beneficia Ecclesiastica ad- mittantur, \& imperitia eorum multos ita deceptos læ- dat. Quare examinatus, \& probatus, in gradu Licen- tiæ, potest in examine Doctorum reprobari cum ex noya causa potuerit se in utilem reddere, veluti si sit magna temporis distantia inter licentiam, aut proly- tatum, \& Doctoratum petitum, vel quia uno tantum examine fuerit approbatus, \& alia supersunt, secun- dum ea, quæ notat Abbas Panormitanus. Sic Sylvester de doct. §. 5. Quintò quæritur, quæ requirantur doctorando, ne reprobetur, sed approbe- tur? Et dico, quod Scholaris reprobari potest, non solum propter defectum scientiæ, quæ scilicet judi- canda est sufficiens arbitrio doctorantium, sed etiam morum: ut probatur in L. magistros. C. de Profess. \& Medi. Lit. X. junctæ de. II. de magi. \& ita servat, con- suetudo; Unde sex requiruntur in promovendo ad dignitatem magisterii. Primò docendi peritia, id est scientia. Secundò dicendi facundia. Tertiò subtilitas interpretandi. Quartò docendi copia. Et hæc haben- tur in l. unica. C. de profess. qui in ur. Const. libr. 12. Quintò Excellentia morum: Ut in d. l. Magistros. Sextò, motus fortitudinis, ut sciat adversus vim forti- tudine resistere, lib. reddatur. C. de Profess. \& me. l. X. Unde pauci attingunt dignitatem doctoratus, ut dicit Bar. potest. Cy. ia l. omnes populi ff. de Just. \& Jur. Et qui tempore approbationis habuit has conditiones, si postea efficiatur inutilis, degradandus est à docto- ratu, ut in l. Grammaticos C. de Profess. \& me li. X. Reprobari enim potest Doctor, vel Magister, ut ir l. 11. C. eo \& no Bar. in l. sed \& reprobari ff. de excu tu. inprinc. ubi tex. dicit, Medicum posse reprobari, \& idem in l. ut gradatim. §. reprobari ff. de mut. c hom. sed non sine causal. Pomponius scribit ff. de n- go. gest. Ein Romans I. Buch. Ein ungelehrter Doctor soll nicht geniessen der Freyheiten der Gelehrten/ und gewiß die nur nach dem Titul Doctores seyn/ und vergessen haben/ was sie zuvor gelernet/ waͤren wuͤrdig/ daß man sie aufs neue examini rte/ nicht zwar durch solche/ welche wollen Ra- binnen gescholten seyn/ dann auf die Weise wuͤrde ein Blinder den andern fuͤhren/ sondern durch geschickte Magister n/ geuͤbte Professor en/ gewissenhafftige und Gottsfuͤrchtige Maͤnnern/ Rector en und Verbesserer/ oder Ober-Aufsehern der Schulen/ die fuͤrwahr in den Policeyen nicht weniger/ als die Kirchen-Vaͤtter/ noͤthig seyn. Zu dem waͤren solche zu erkiesen/ welche die bestaͤndigste Erfahrung/ wie Profession en und Fa- cult aͤten zu reformi ren und zu verbessern/ auch selbsten die Profession mit Lob verrichtet haͤtten/ alte und wol- verdiente/ und keine andere/ wir laͤugnen nicht/ ver- meynen vielmehr/ es sey billich/ und der Policey heil- sam/ daß ein zuvor bewaͤhrter Doctor koͤnne verworf- fen werden/ wofern er hernach durch gedachte Refor- mator en auch die Meister selbsten/ die ihn bewaͤhret/ untuͤchtig ergriffen wurden; Er koͤnne auch der Zier- den und Freyheiten beraubet werden/ doch habe es eine andere Bedeutung/ wann die Kunst/ oder Wis- senschafft/ durch Unfall/ oder Kranckheit/ oder Alter verlohren worden. Kaͤyser Gordianus hat also ge- ordnet/ die Grammatic- Lehrer/ oder Redner/ durch einhellige Schluͤsse ihres Ordens gebilliget/ wann sie sich nicht nuͤtzlich den Studenten erzeigen: Daß sie hinwiederum von eben dem Orden koͤñen verworffen werden/ ist nicht unbewust. Dann auch in dem Fall betrifft es den gemeinen Nutzen/ weil wegen Ver- muthung der Kunst und Geschicklichkeit die Doctor en zu offenen Aemtern und geistlichen Præbend en gelas- sen worden/ und derselbigen Unwissenheit nachmahls viel Deß Academi schen viel betreuget/ und beleydiget. Derenthalben/ wann einer examini ret/ und bewaͤhret ist zu den Wuͤrden der Licentiatur, kan er in dem Examine der Doctur verworffen werden/ weil nicht unmuͤglich/ daß er auß neuen Ursachen sich untauglich mache/ \&c. Sylvester: Man fraget/ was wird an dem/ der be- gehret Doctor zu werden/ erfordert/ daß er nicht ver- worffen sondern bewaͤhret werde? Jch sage/ daß ein Student kan verworffen werden/ nicht nur wegen der Wissenschafft/ dann die muß richtig seyn/ und/ daß sie richtig sey zu solchen Wuͤrden/ erkennet werde/ son- dern auch wegen der Sitten Mangel. Daher werden 6. Stuͤcke erfordert an dem/ der zu den Wuͤrden der Doctur soll befordert werden. Erstlich/ Erfahrenheit oder Wissenschafft zu lehren. Zum Andern/ Beredt- samkeit zu lehren. Zum Dritten/ Scharffsinnigkeit zu erklaͤren. Zum Vierdten/ Richtigkeit oder Uberfluß der Wissenschafft zu lehren. Zum Fuͤnfften/ Vortreff- lichkeit der Sitten. Zum Sechsten/ Staͤrcke der Großmuͤthigkeit/ daß er wisse der Gewalt mit Tapf- ferkeit zu widerstehen. Item: Wer zu der Zeit/ da er ist bewaͤhret worden/ diese Eigenschafften gehabt/ wann er nachmahls untuͤchtig wird/ ist er zu verstossen von den Wuͤrden der Doctur. Bißher D. Adam. Contzen. Solte man nach diesen Stuͤcken etliche Docto- r en der H. Schifft beschauen/ was wuͤrde alsdann ge- schehen? Was soll es seyn? Dann die Wuͤrde der Doctur ist vielen groben Hoͤltzern angebotten worden. Vielen groben Hoͤltzern ist das kuͤnfftige Examen heimlich verrathen worden. Vielen groben Hoͤltzern ist die Materia der Lection en 7. oder 8. Wochen zuvor uͤber Land geschrieben worden. Vielen seyn nur ge- meine/ und ihnen angewohnete leichte und Leib- Quæstiones, wie es wackere Studenten heissen/ vor- gehalten Romans I. Buch. gehalten worden/ und vielen die Zahl der Canoni- schen und Apostolischen Buͤchern in der Bibel nicht gefraget worden? Wie waͤre es/ wann von vielen die Zahl der Symboli schen Buͤchern bey den Evangeli- schen Kirchen nicht gefraget worden? Von vielen der Jnhalt der Augspurgischen Confession nicht begehret worden? Vielen die Stellen auß den Prophetischen und Apostolischen Schrifften/ welche den Candida- t en gebuͤhren/ gnugsam zu erklaͤren/ nicht 24. Stun- den/ sondern 24. Wochen/ zuvor geschickt/ und wie sol- che fuͤglich zu handeln/ aufgezeichnet worden? Wie waͤre es/ wann vielen keine Strittigkeit/ welche die Juden und Heyden den Christen nicht ohne scharffe Witze und grimmige Listigkeit zu erregen pflegen/ vorgeleget worden? Vielen keine Strittigkeit/ wel- che die neuen Arrianer mit unglaublichem Schaden der Jugend treiben/ vorgehalten worden? Vielen kei- ne Frage auß den Kirchen-Historien/ keine auß den Concili en/ keine auß dem Canoni schen Recht/ keine auß der Biblischen Geographia, Chorographia, To- pographia, vorgeleget worden? Vielen die schwere Gewissens-Faͤlle/ auf welche Candidat en in dem ernsthafftigsten und schaͤrffesten Examine antworten muͤssen/ zuvor zierlicher Weise beygebracht worden? Solten auch Doctores der H. Schrifft die Zahl der Canoni schen Buͤcher nicht voͤllig wissen? Solten auch Doctores seyn/ und die Zahl der Symboli schen Buͤcher nicht voͤllig wissen? Nicht voͤllig gesehen/ ge- lesen und verstanden haben? Solten auch Doctores seyn/ und keinem Juden oder Heyden antworten koͤn- nen? Solten auch Doctores seyn/ die die Ordnung der Canoni schen Buͤcher/ samt dem Jnnhalt eines Je- den/ nicht wuͤsten? Solten auch Doctores seyn/ und keinem Arrianer/ Photinianer/ Anabaptist en antwor- ten Deß Academi schen ten koͤnnen? Solten auch Doctores seyn/ und die Kir- chen Historien von der Geburt Christi biß auf das hunderte oder zweyhunderte Jahr nicht wissen? Sol- ten Doctores seyn/ und den Anfang/ den Handel/ den Außgang der Haupt- Concili en nicht wissen? Solten Doctores seyn/ und den Anfang/ den Handel/ den Auß- gang der Ketzer und Ketzereyen/ der Trenner und Trennereyen nicht wissen? Solten auch Doctores seyn/ und den Anfang und Fortgang der Mißbraͤuche in den Kirchen nicht wissen? Solten auch Doctores seyn/ und die Namen der reinen Vaͤtter/ die Zahl der Verfolgungen in der ersten Apostolischen reinen Kir- chen nicht wissen? Solten auch Doctores seyn/ und wie nach der Himmelfahrt Christi die Kirche außge- breitet/ in Asia, Africa, Europa; Zu welcher Zeit in Teutschland/ Jtalien/ Gallien/ Spanien/ Britta- nien fortgepflantzet worden/ nicht wissen? Nemlich/ daß erfuͤllet worden die Regel Petri: Seyd allezeit bereit zur Verantwortung Jedermann/ der Grund fordert der Hoffnung/ die in euch ist/ und das mit Sanfftmuͤthigkeit/ oder Furcht/ und habt ein gut Ge- wissen/ auf daß die/ so von euch affterreden/ als von Ubelthaͤtern/ zu schanden werden/ daß sie geschmaͤhet haben euren guten Wandel in Christo. Jch scheue mich/ die Frage zu bejahen/ und erschrecke/ solche zu verneinen. Si dignos quærimus, pauci promovendi sunt, spricht Adamus Contzen: Suchen wir wuͤrdige Personen zu promovi ren/ so seyn wenige zu promo- vi ren/ und haben die Facult aͤten/ welche im̃erdar neue Doctores erschaffen/ und es GOtt wollen nachthun/ (der sprach: Es werde licht/ und es ward licht. Aber wol sprach er: Es werde eine Feste zwischen den Was- sern/ und es ward eine Feste. Er sprach: Es versam̃le sich das Wasser/ und es geschach also/) dessen aber keinen stattlichen Ruhm zu gewarten. Adamus Romans I. Buch. Adamus Contzen hat gesehen die edlesten Juͤng- linge grosser Herren Soͤhne/ und der Fuͤrsten Bluts- Verwandte/ die fleissig studi ret/ haben das Zeugnuͤß ihrer Præceptor en begehret/ aber die Academi sche Wuͤrden verachtet/ und gesaget: Was in die Rapus beydes den Gelehrten und Ungelehrten gegeben wird/ ist keine Zeugnuͤß der Geschicklichkeit/ sondern ein un- nuͤtz Gepraͤnge muͤssiger und stoltzer Leute. Er hat auch gesehen Magistros in Artibus und Philosophia, die nicht den Unterscheid verstanden/ zwischen den dreyen Figur en der Syllogism en. Es unterlaͤsset auch nicht Jtalien/ (spricht er ferner/) uns taͤglich Bullen- und Brieff- Doctor en herauß zu senden/ die kaum sich be- sinnen koͤnnen/ in welcher Facult aͤt sie promovi ret. Schleusset hierauf/ die Kirche duͤrffte den Jenigen wol examini ren/ der bey der Universit aͤt promovi ret/ von welcher ungelehrte Lappen kommen. Gnug von diesen. Ob aber auch zu Doctor en der H. Schrifft gemacht werden die Jenigen/ welche in Academi scher Jugend/ in Fressen/ Sauffen/ Schlemmen/ Larven/ Allamodi schen Kleidungen/ Federn/ Waffen/ Flu- chen/ und sonsten Unflaͤtereyen/ sich tapffer gebrau- chet? Jst bedencklich zu fragen. Das XXI . Capitul/ Cerebacchius hat seinen Discurs. Man findet offt gelehrte Disputant en. Cerebacchius fuͤhret den Cavina in ein Wein- Hauß. Man beredet sich/ dem Cerebacchio eines anzubringen. A Ls der Schweitzer hiermit seine Rede geendiget/ tratt Troll zu Cerebacchio, und lauschete ihm diese Worte ins Ohr: Hoͤret ihr/ (er muste ihn hinfuͤhro auf seines Printzen Befehl besser/ als im An- fang/ respecti ren/) was dieser Mann saget/ auf solche Weise werdet ihr in Ewigkeit kein Doctor Theologiæ werden. Cerebacchius lachete/ und gab ihm diese Ant- wort: Deß Academi schen wort: Si Fortuna velit, fies de Rhetore Consul, si velit hæc eadem, fies de Consule Rhetor. Klingenfeld/ der wol wuste/ daß er dem Printzen einen Gefallen erzet- gete/ wann er sich mit Cerebacchio wieder in einen Discurs einließ/ sprach zu demselben anjetzo: Jch habe wol gehoͤret/ was eure Worte gewesen/ und bleibet es wol darbey/ daß durch euer vieles Fressen und Sauf- fen ihr euch aller Academi schen Promotion werdet verlustig machen. Cerebacchius sprach: Venter præ- cepta non audit. Klingenfeld: Esse oportet, ut vivas, non vivere, ut edas, nec enim ab homine nunquam so- brio postulanda prudentia. Cereb. Vina parant ani- mos caloribus aptos: Cura fugit: Multo diluiturque mero. Tunc veniunt risus, \& pauper cornua sumit. Tunc dolor \& curæ, rugaque frontis abit. Klingenfeld: Jhr wisset warlich dem Wein das Lob fuͤrtrefflich zu sprechen; Aber/ wisset ihr auch wol/ was Propertius saget/ nemlich: Vino forma perit, vino corrumpitur ætas. Cereb. Mendaci homini ne verum quidem di- centi credere solemus. Klingenfeld: Jhr sprechet sehr frey von den Poeten/ auf ein ander mahl muͤsset ihr bescheidener von ihnen reden. Cereb. Pictoribus atque Poëtis quidlibet audendi \& dicendi semper fuit æqua potestas. Klingenfeld: Jch bitte euch/ schweiget hier- von. Cereb. Alium silere, quod voles, primus sile. Troll: Seyd ihr wieder unverschaͤmt worden? Cereb. In Præ- sentia Domini servum oportet magis esse mutum, quam piscis. Der Schweitzer hatte kein sonderlich Plaisir an diesem Schertz/ dann er schiene gar ein ernst- haffter Mann zu seyn/ dannenhero sprach er: Jch er- innere mich eines bekandten Teutschen Candidati, der zum andern mahl von einer Universit aͤt/ da er Doctor zu werden verlangete/ abgewiesen ward; Als er aber/ auf Intercession guter Freunde/ zum dritten mahl ad- mitti ret Romans I. Buch. mitti ret worden/ ließ er es nicht allein gar schlecht li- gen/ sondern/ da er kurtz hernach in einen Streit we- gen einer Erbschafft verfiel/ und fuͤr der Obrigkeit ein Verzeichnuͤß aller beweg-und unbeweglichen Guͤther herauß geben solte/ da brachte er lauter hoch-trabende Doctor- Worte herfuͤr/ und gab dem Verzeichnuͤß die- sen Titul: Jurata Designatio omnium Mobiliorum \& Immobiliorum. Von diesem haͤtte man wol sagen moͤgen: Si tacuisses, Philosophus mansisses. Weil ihm das Latein zu schwer/ moͤchte er wol bey der Mutter- Sprache geblieben seyn. Ein einziges Wort/ eine Sylbe/ ja ein Buchstabe kan einen im Lateinischen gar bald verrathen/ ob er es verstehe/ oder nicht. Hin- gegen habe ich auf Academi en einen Menschen ge- kañt/ dem man es nicht angesehen haͤtte/ daß er so wol studi ret hatte/ dieser hatte zu Hauß/ und in seiner Schul so wacker profici ret/ daß er auch so gar seinen eigenen Professoribus im Disputi ren ist oben gelegen; Daher/ weil man daselbst die Gradus Academicos, sonderlich deß Doctorat s Utriusque Juris, ihme nicht hat mittheilen/ und geben koͤnnen/ ist er auf Kosten seines Lands-Fuͤrsten auf die Universit aͤt/ allwo ich mich auch selbiger Zeit aufgehalten/ geschicket wor- den/ um ein halb Jahr lang daselbst seine Studia zu perfectioni ren/ und endlich den Ehren- Grad deß Do- ctorat s anzunehmen. Dieser Kerl erzeigete sich so Idioti sch/ plump und ungelehrt/ daß sein Professor an ihm/ wegen der Promotion, anfienge zu desperi ren; Ja/ er bekennete auch offentlich/ und zu verschiedenen mahlen/ bey seinen Herren Collegis, daß er an seinem Kostgaͤnger und Discipul gar nicht finde/ was man an ihm so stattlich gelobet. Was geschiehet? Auß Rath anderer Herren Professor en/ muste ihm dieser Kerl eine Thesin, ad Q dispu- Deß Academi schen disputandum \& defendendum, erwaͤhlen/ worzu man ihm 3. Wochen Zeit vergoͤnnete. Dieser aber nahm anfaͤnglich die allerschwereste Materie zu Hand/ wiese solche seinem Herꝛn Professori, welcher daruͤber den Kopff geschuͤttelt/ und ihn gefraget/ ob er ihm ge- traue/ in so schwerer Materie bestand zu seyn? Dieser gab zur Antwort: Er verhoffete/ was er nicht koͤnne/ das werde sein Herꝛ Professor koͤnnen. An Statt der 3. bestimmten Wochen/ verfertigte er innerhalb zween Tagen etliche Boͤgen/ mit so tieff-sinniger Materie, und accurat em Stylo, daß sich der Professor nicht gnugsamlich daruͤber verwundern kunte. Ferner wurde ihm auch die Wahl/ Opponent en zu ersuchen/ gegeben; Jndem aber der Professor ver- meynete/ er werde etwa nur Kerls aufsuchen/ die Me- diocris Eruditionis und Scientiæ seyn/ da hat er ihme die allerfuͤrtrefflichste Ingenia und Subjecta erkieset/ welche nicht allein in Linguis Orientalibus, sondern auch in Theoria \& in omni Facultate trefflich versi ret/ und wol durchgetrieben waren. Dem Professori war bey dieser Sache fast aͤng- ster und baͤnger/ als dem Defendent en selber. Der Tag und die Stunde zum offentlichen Disputi ren war da/ die allergelehrtesten Auditores stelleten sich ein/ die Herren Opponent en begunten ihr Disputir- Gewoͤhr nach einander aufzuheben; Der Defendent sahe auf der Cathedra halb todt auß/ und wurde Jedermann wegen seiner so albern Postur, an Statt seiner/ fast zu todt Angst; Nachdem er aber die Syllogismos zier- lich nach einander reassumi rte/ dieselbe Meisterlich distingui rte/ seine Distinctiones herꝛlich dilucidi rte/ und erklaͤrete/ hat er sich darinnen so Masculos, so zier- lich und artig/ so Grund-gelehrt und Ingenios auf- gefuͤhret/ daß er nicht allein seine gelehrte und im Disputi- Romans I. Buch. Disputi ren wol- fundi rte und practici rte Herren Op- ponent en mit der langen Nasen abgefertiget/ und sie dann und wann confundi ret/ sondern hielte auch sei- nem eigenen Herꝛn Professori solchen Widerpart/ daß weder Præses, noch Opponens, ihnen mehr getrauen durfften/ mit andern Dubiis und Motivis, ferner hinter ihn zu kommen/ sondern haben ihm saͤmtlich ad Gra- dum Doctoratus gratuli ret/ und ihn fuͤr wuͤrdigst den- selben anzunehmen offentlich erkeñet/ uñ proclami ret. Eben ein solcher war auch Caramuel. Dieser war ein Muͤnch/ Cistertiens er-Ordens/ von Geburt ein Spanier/ und ein so gelehrter Mann/ als jemahls ei- ner auf Erden gewesen. Er gieng in ein Teutsches Kloster/ allwo er sich durch seine Schrifften der ge- lehrten Welt dermassen bekandt gemacht/ daß sich nicht wenig geforchten/ mit ihme auß der Philosophie zu disputi ren. Und weil er etwas scharff schiene/ ist er niemahlen zu einer hohen Charge promovi ret wor- den/ auß Forcht/ er moͤchte zu viel reformi ren. Dieses war das Haupt- Fundament, so ihn auß dem Kloster gebracht/ weil er gesuchet/ eine Condi- tion bey einem Bisthum zu erlangen. Er raͤysete in der Welt hin und wieder/ und kame einsmahls Mor- gens fruͤhe in eine Stadt/ allwo der Bischoff selbiges Orts eine offentliche Disputation fast an allen Ecken der Stadt anschlagen lassen. Caramuel sahe solches mit sonderlichem Belieben/ gabe einem Jungen auf der Gassen ein Trinckgeld/ damit er ihn an den Ort fuͤhren solte/ allwo man disputi ren wuͤrde. Er kom̃t hin/ und der præsidi rende Jesuit war schon begriffen/ die vorgebrachte Argumenta mit Distingui ren zu schlichten/ als sich Caramuel mit unter die Opponen- t en setzte. Weil man ihn nun nicht kandte/ wurde er von Q 2 allen Deß Academi schen allen außgelachet/ und als der Bischoff fragete/ wer gegenwaͤrtiger Pfaff waͤre? Gab man ihm zur Ant- wort/ es sey vielleicht ein Dorff-Pfaff/ welcher sich voll gesoffen/ und ungefaͤhr an den Ort gerathen waͤre. Seine Kleider waren wegen der vielen Raͤysen sehr besudelt/ deßwegen glaubete der Bischoff selbsten/ es muͤsse dieser ein liederlicher Gesell seyn. Caramuel bliebe aber so lange stillschweigend sitzen/ biß die Ord- nung an ihn kame. Der Jesuit wolte den Studenten/ und allen Auditoribus, eine Lust verursachen/ dann er hielte den Caramuel selbsten nur fuͤr einen lausigen Dorff-Pfaffen/ redete ihn derohalben mit diesen La- teinischen Worten an: Quid attulisti, Domine Paro- che, ex tuo hospitio? Was habt ihr/ Herꝛ Pfarrer/ Gutes auß dem Wirthshauß gebracht. Caramuel schuͤttelte den Kopff/ und bathe/ man solle ihme die Theses communici ren. Als er solche in die Haͤnde be- kommen/ siengen alle Anwesende an zu lachen/ dann sie spanneten schon auf dessen laͤcherliche Fauten/ die er da begehen wurde/ angemercket/ daß solche disputabi- lis Materia fuͤr einen Dorff-Pfaffen viel zu hoch-wich- tig war. Aber Caramuel legete ihnen den Hochmuth/ und die Verachtung gegen ihme/ bald darnieder/ dann er fienge an/ und sagte/ er begehre 3. Stuͤcke von dem Præside, alsdann wolle er disputi ren: Erstlich/ daß der Præses allein antworten solte? Fuͤrs Andere/ daß er auf seine Argumenta auch formaliter procedi ren wolle? Und zum Dritten/ daß er so lange mit ihm zu disputi- ren verspraͤche/ als es ihm/ dem Caramuel, beliebete? Diese 3. Stuͤcke verursachten in dem Bischoff/ Præsi- de, Studenten/ und in allen Auditoribus, weit andere Muthmassungen und Gedancken. Hieruͤber befahl der Bischoff dem Jesuiten/ mit ihm zu disputi ren/ so sehr er sich auch darwider geweigert. Hierauf Romans I. Buch. Hierauf suchet Caramuel eine hohe Subtilit aͤt/ so der Jesuit nicht verstanden. Er nahm eine leichtere/ und verfuͤhrete den Præsidem dergestalten/ daß er dem Caramuel anbotte/ den Cathedram zu betretten. Da sagte der Bischoff/ man solle forschen/ wer eigentlich dieser Moͤnch sey? Caramuel wolte es nicht sagen/ deßwegen schickten sie in die Stadt/ aber vor dem Collegio stunde der Fuhr-Knecht/ so ihn dahin ge- bracht/ der fragete die vorbeygehende Studenten/ ob der Herꝛ Krampel/ (dann anders konte ihn dieser grobe Gesell nicht nennen/) nicht bald herauß kom̃en wuͤrde? Auß diesen Worten verstunden die Studen- ten alsbald/ daß es der Muͤnch Caramuel seyn muͤste; Brachten demnach die Post zuruck/ und der Bischoff empfieng ihn selbst/ lud ihn zu sich/ und sagete im Hin- außgehen: Nun glaube er vestiglich/ daß ein ge stu- di rter Kloster-Muͤnch gelehrter seye/ als 10. ge studi r- te Jesuiten. Wurde auch gleich darauf vom Bischoff promovi ret/ und zu hoͤhern Dignit aͤten befoͤrdert. Der hochberuͤhmte Jesuit Ariaga war deß vor- gedachten Caramuels Landsmann/ und haben die Jesuiten noch wenig seines Gleichen gehabt. Diese Beyde lebeten zu einer Zeit/ und haben einsmahls in Prag so eyferig und hitzig mit einander disputi ret/ daß Ariaga, als welcher mit spitzfuͤndigen Quæstion en und Resolution en vom Caramuel hintertrieben wor- den/ auß dem Collegio gelauffen/ und seinen Præsi- dem, den Caramuel, auf der Cathedra stehen lassen/ nachdem er zuvor die Theses in Stuͤcken zerrissen. Dann es ist gar gewiß/ daß Caramuel weit ein besse- rer Philosophus, als der Ariaga, gewesen/ obschon Ariaga in der Theologia unvergleichlich gepriesen wurde. Dergleichen Leute/ sprach der Printz/ findet man Q 3 anjetzo Deß Academi schen anjetzo wenige auf den Academi en/ oder auch in den Kloͤstern. Der Printz bekraͤfftigte diese Worte/ und da- mit lieff die Mahlzeit zum Ende/ dannenhero stunden sie mit einander auf/ und weil Cavina Lust hatte/ die Stadt Padua zu besehen/ erbotte sich Cerebacchius, mit ihm zu gehen/ und ihm die fuͤrnehmste Oerter der- selben zu zeigen/ inmassen ihm dieselbe/ seit dem er all- hier gewesen/ ziemlich bekandt worden. Also wander- ten sie mit einander hin/ und besahen zuforderst die Collegia der Academie, und als Cavina Lust bezeigete/ ein Mehrers zu sehen/ fuͤhrete ihn Cerebacchius in ein ansehnliches Hauß/ und sagete/ daß er ihm daselbst et- was sonderliches zu zeigen haͤtte. Er tratt darauf zum Haußknecht/ und sagete ihm etwas ins Ohr/ gieng hernach mit Cavina ein wenig spatzieren/ biß der Haußknecht wieder kam/ und sie mit einander in ein schoͤnes Logiment noͤthigte. Wie sie da hinein kamen/ funden sie auf dem Tisch 10. Flaschen mit Wein/ Je- der von einer besondern Sorte/ und Cerebacchius sprach: Jn diesem Hauß habe ich offt einen guten Tag gehabt/ hier wird mein Herꝛ mehr Verschieden- heit von herꝛlichen Getraͤncken finden/ als irgend an einem Ort in gantz Jtalien. Cavina sahe wol/ worauf es angesehen. Er gosse ein wenig auß einer Flasche/ und trunck/ stellete aber darneben dem Cerebacchio frey/ zu trincken/ worvon er wolte. Dieser nahm dar- auf eine Flasche nach der andern vor den Mund/ und kostete einen jeden Wein ins besonder/ sagete her- nach/ weil wir von allem Wein gekostet/ muͤssen wir alle Sort en bezahlen/ und weil wir sie alle bezahlen muͤssen/ ist es am rathsamsten/ daß wir sie auch mit einander außtrincken/ dann dieser Hospes sender kei- nen Wein auß dem Hauß/ das ist sein sonderbares Privilegium, welches er fuͤr grosses Geld erkauffet hat. Cavina Romans I. Buch. Cavina sahe wol/ worauf es angesehen war/ er zog aber die Tasche/ und nachdem er den vorgesetzten Wein bezahlet/ gab er dem Haußknecht ein Trinck- Geld/ und ließ die Flaschen nach seiner Herberge brin- gen/ damit man sie daselbst mit guter Musse genies- sen moͤge. Darauf nahm er den Cerebacchium bey der Hand/ und bathe ihn/ daß er weiter mit ihm gehen moͤchte/ er wolle ihm einen guten Abend machen. Die- ser ließ sich bewegen/ und also giengen sie mit einan- der fort/ und besahen/ was Merckwuͤrdiges in Padua zu sehen war. Gegen den Abend kamen sie wieder nach Hauß/ und waren rechtschaffen muͤde. Cerebacchius, der schon eine gute Zeit mit Margara, deß Gastgebers Tochter/ ziemlich bekandt gewesen/ verfuͤgete sich an- jetzo heimlich zu ihr/ und bathe diese Nacht um eine Reuter-Zehrung. Sie aber/ als die eines ehrlichen Gemuͤths/ ließ ihn heßlich ablauffen/ und seines We- ges gehen. Zu allem Gluͤck hatte solches Troll in ei- nem Winckel unvermerckt angehoͤret/ der sich in sei- nem Hertzen darmit kitzelte/ gieng demnach alsobald hin zu Klingenfeld/ und erzehlete ihm/ was er gehoͤret/ ersuchete ihn auch/ daß er ihm beystehen wolle/ so hoffe er mit Cerebacchio, der ihm doch allemahl ein Dorn in den Augen gewesen/ noch diesen Abend eine artige Kurtzweil zu haben. Klingenfeld war dessen zufrie- den/ forschete demnach/ ob auch Cerebacchius Scha- den darbey zu besorgen haͤtte/ wo dem also/ wolle er nichts darmit zu thun haben/ dann er waͤre sein ge- treuer Landsmann. Troll schwur/ daß nicht das Geringste darbey zu besorgen/ und wolle er allen Schaden bessern. Also ließ ihn Klingenfeld gewaͤhren/ und gab ihm 2. Tha- ler darzu. Jnzwischen nun/ da die Fremdlinge mit ein- ander speisen/ und sich bey dem vielfachen Wein/ den Q 4 Cavina Deß Academi schen Cavina hatte bringen lassen/ lustig machen/ gehet Troll zu der Margara, und uͤberleget es mit ihr/ wie man dem Cerebacchio am fuͤglichsten eines anbringen moͤchte/ das doch nicht blutete. Sie berathschlagen sich eine Weile mit einander/ und weil die Jungfrau selber Lust hatte/ den unverschaͤmten Fresser und Sauffer/ der ihr hatte Unehre zumuthen doͤrffen/ ein wenig anlauffen zu lassen/ so gab sie den Rath/ man solle den Cerebacchium in ihrem Namen begruͤssen/ daß er ihr eine Flasche von dem rar en eingesandten Wein uͤberlassen moͤchte/ so wuͤrde dem Handel schon ein guter Anfang gemacht werden. Und es gieng auch also/ wie wir weiter zu ver nehmen haben. Troll gieng hin zu Cerebacchio, und sagete ihm ins Ohr: Sauff- Bartel/ ich weiß nicht/ woher eine Jungfrau noch ei- nige Gunst zu euch tragen kan/ es scheinet/ daß ihr ein Negromanticus seyd/ der durch eine Teufels-Kunst die Hertzen der Menschen an sich locken kan. Die schoͤne Margara hat in der Kuchen von euch allein das Maul so voll/ daß ich etliche mahl gewuͤnschet/ ihr moͤchtet in demselben Augenblick zu einem Stachel- Schwein worden seyn/ so wuͤrde sie euch bald wieder außgespyen haben. Sie traͤget aber Verlangen/ den schoͤnen Wein zu versuchen/ den ihr gekauffet/ und grossen Theils außgesoffen/ Cavina aber bezahlet hat. Sie ist recht hellig darnach/ und die Hitze deß Kuͤchen- Feuers machet ihr schier die Zunge im Mund bekle- ben. Sie uͤbersendet euch allhier ein rar es Stuͤcklein von einer kalten Bologni schen Wurst/ weil sie weiß/ daß euch sehr groß darmit gedienet ist. Das XXII . Capitul/ Cerebacchius wird heßlich betrogen durch die Margara, und Troll verhandelt dessen Kleider/ woruͤber er mit einem Juden in gros- sen Streit kommt/ der aber durch Trollen bald entschieden wird. Cerebac- Romans I. Buch. C Erebacchius hoͤrete hoch auf/ und bildete ihm das Jenige ein/ was ihm die andern gern wolten eingebildet haben. Er nahm ohne son- derliche Ceremoni en eine Flasche vom Tisch/ und gieng darmit selber in die Kuͤche/ uͤberreichete solche der Margara, und weil er dardurch ziemlich kuͤhn wor- den/ wolte er sie kuͤssen; Sie aber stieß ihn mit der Hand sanffte von sich/ und sagete: Lasset es uns/ biß wir allein kommen/ versparen. Diese Worte legete der Muͤnster-Mañ alsobald zu seinem Vortheil auß/ leitete sie demnach an einen Ort allein/ und forschete/ ob es nicht moͤglich/ daß er ihr nur eine einzige Nacht aufwarten moͤchte? Sie wisse ja wol/ wie manchen Gang er ihr zu Willen gethan haͤtte. Margara stellete sich zwar etwas widersinnig/ doch also/ daß er dar- durch mehr und mehr angereitzet ward/ dannenhero gab er ihr solche gute Worte/ daß sie endlich ihm eine Stunde in dieser Nacht bestim̃te/ auch ihre Kammer bedeutete/ da er zu ihr kommen/ und zu ihr einschlei- chen moͤchte/ jedoch mit dem Beding/ daß er sie mit keinem Finger solte beruͤhren. Cerebacchius war mit dieser Resolution besser zufrieden/ als mit 2. Flaschen Weins/ gedachte wol: Goͤnnet sie dir das Bette/ so goͤnnet sie dir auch wol etwas mehr. Also gieng er wieder an die Tafel/ und sahe fuͤr Freuden und unzuͤchtiger Begierde so roth auß/ als ein Calicutischer Hahn. Die Gesellschafft sahe es ihm wol an/ und ob sie ihn gleich deßfalls zur Rede stelle- ten/ wolte er ihnen doch nichts sonderliches darauf antworten. Jnzwischen aber sam̃lete er also ein/ daß ein anderer wol 8. Tage darmit haͤtte zukommen moͤ- gen. Troll lachete in seinem Hertzen/ und hoffete/ der Gesellschafft eine lustige Ergoͤtzlichkeit zu machen. Er kitzelte sich mit der Margara, welche diese Heimlichkeit Q 5 ihrer Deß Academi schen ihrer Hauß-Magd offenbahrete/ die eine alte Frau auß der Nachbarschafft holen muste/ welche in der Jugend ein frisches Leben gefuͤhret/ und hernach sich zu einer Rospian/ oder Kupplerin/ hatte brauchen las- sen/ biß sie endlich so alt und scheußlich worden/ daß sich ihrer kein Mensch mehr bedienen wolte. Diese kam gar willig/ und empfieng von Troll einen Reichs- Thaler/ zu dem Ende/ daß sie sich in der Margara Bette legen solte/ woselbst sie von einem jungen Courtisan, dessen man sich auf alle moͤgliche Weise zu entbrechen suchte/ diese Nacht uͤber solte bedienet werden. Die alte Frau war von Hertzen froh uͤber dieses Geschenck/ noch mehr aber uͤber die froͤliche Nacht/ nahm dem- nach von der Margara ein wolriechendes Wasser/ be- strich ihren runtzlichten gelben Halß und Affen-glei- ches Angesicht damit/ daß sie ein wenig Geruchs be- kaͤme/ ließ ihr hernach etwas zu essen langen/ und nachdem sie einen Trunck Weins gethan auß der Flasche/ die von Cerebacchio war hergekommen/ gieng sie nach Hauß/ und zog rein Leinwad an/ kam auch zu beftimmter Zeit wieder/ und ward von der Margara nach ihrem Zimmer und Bette gefuͤhret/ darinn sie sich verkroche. Troll gieng mit hinein/ und beschauete ihren Kopff-Zierrath/ und gantzen Nacht-Habit/ den er so anmuthig befand/ daß er ihm einbildete/ dadurch auch dem tapffersten Mann eine Furcht einzujagen. Sie nahmen endlich das Liecht mit hinauß/ und die Jungfrau gieng in eine Kam̃er darneben/ samt ihrer Magd/ da inzwischen Troll sich wieder zu der Gesell- schafft verfuͤgete. Nachdem endlich die Tafel gehoben/ bewog Klingenfeld die Compagnie, daß sie gleichsam ein Verlangen truͤge/ schlaffen zu gehen; Und da der Hauß-Knecht einem Jeden sein Lager angezeiget/ fuͤhrete Romans I. Buch. fuͤhrete er den Cerebacchium in ein besonder Gemach/ um darinn gantz allein zu schlaffen. Er preisete hier- auß seiner Margara Fuͤrsichtigkeit/ als die ausser Zweiffel nicht ohne Ursach ihm diesen Ort allein ein- raumen lassen/ damit er diese Nacht uͤber/ wann er die Runde gehen wuͤrde/ von Niemand moͤchte gese- hen werden. Er entkleidete sich demnach/ biß auf die Unter-Hosen/ legte sich in das Bette/ und erwartete der ihm angesetzten Zeit/ da er inzwischen ihm in sei- nem Hertzen die Suͤssigkeit seiner Freude dermassen fuͤrzustellen wuste/ daß er gantz ausser ihm selber war. Endlich kam die Zeit heran/ dannenhero stund er auf/ und schlich fein saͤuberlich hin nach der Margara Kam- mer. Daselbst fuͤr der Thuͤr/ stieß ihm die Hauß-Magd gantz leise mit dem Arm an/ und sagte: Signoro, mei- ne Jungfrau laͤsset euch warnen/ daß ihr bey Verlust ihrer Gunst nicht hart sprechet/ damit sie nicht mit euch verrathen werde. Cerebacchius strich ihr uͤber den Backen/ und sagte: Jch wil im Sprechen diese Nacht uͤber ein Hecht/ und im Liebeln ein Gruͤndlein seyn. Also machte sie ihm die Thuͤr fein sanfft auf/ und nachdem er hinein getretten/ zog sie dieselbe wie- der zu sich/ und hieng sie außwendig zu. Der Prasser war voll Feuers der Unzucht/ daß er weder das eine mercken/ noch das andere hoͤren kunte. Er kunte/ ob es gleich dunckel war/ das Bett bald erblicken/ warff demnach die Unter-Hosen von sich/ schlich sanffte hin- zu/ kuͤssete die alte Frau auf den Backen/ und stieg zu ihr ins Bett hinein. Was er daselbst fuͤr Handgebaͤrde und selzame Grimmassen gemacht/ ist in der Finsternuͤß nicht wol zu sehen/ ich schaͤme mich/ auch viel darvon zu schrei- ben/ und ist mir leyd/ daß ich so viel darvon geredet habe/ jedoch hoffe ich/ in den Schrancken der Ehrbar- keit Deß Academi schen keit zu bleiben/ ob gleich Cerebacchius der Zucht und Ehrbarkeit viel zu viel thaͤte/ darbey aber doch/ wider sein wissen/ gar haͤßlich betrogen ward. Wir muͤssen aber vernehmen/ was fuͤr einen arti- gen Possen ihm inzwischen Troll spielete; Dieser lust-und listige Kumpe legte ein Spanisch Kleid an/ worzu ihm die Margara verholffen/ er guͤrtete einen langen Degen an die eine/ und einen Dolch an die andere Seite/ die lange Haar kreuselte er/ setzte einen Spanischen Hut auf/ und legte ein Pflaster uͤber das eine Aug. Und weil er perfect Spanisch redete/ kunte er vor einen vollkommenen Spanier anjetzo passi ren. Er gieng darauf in deß Cerebacchii Kammer/ nahm seine Kleider und Degen/ und nachdem ihm die Hauß- Magd/ so mit ihm gieng/ eines gewissen Schacher- Juden Hauß angewiesen/ klopffete er daselbst an/ und alsobald kam der Jud herunter/ zu dem sprach er: Jud/ wann es die hohe Noth nicht erforderte/ wolte ich dich bey so spaͤther Nacht nicht beunruhigen/ du solt wissen/ daß alleweil mein Camerad an einer schleunigen Kranckheit gestorben/ und Morgen fruͤh muß zur Erden gebracht werden/ weil er nun keine Mittel hat/ bin ich genoͤthiget worden/ seine Kleider zu verkauffen/ daß er darfuͤr moͤge begraben werden. Hiermit zeigete er ihm die Kleider/ er wolte aber/ weil sie sehr zerschlissen/ nichts sonderliches darauf bieten/ jedoch stachen ihn die silbernen Knoͤpffe am Rock so viel in die Augen/ daß er dem Troll 6. Reichs-Thaler darfuͤr zahlete/ der damit seines Weges gieng/ und sich alsobald in sein angewiesenes Bett niederlegte. Jnzwischen/ da es gegen den Morgen gieng/ stund Klingenfeld mit dem Printzen auf/ Cavina verfuͤgete sich auch zu ihnen/ und weil alles schon verabredet war/ giengen sie mit einer kleinen Leuchten in die Kam- mer/ Romans I. Buch. mer/ darinn Cerebacchius mit der Kupplerin lag/ der dessen zum hefftigsten erschrack. Sie fragten/ wie er hieher kommen waͤre? Er aber winckete/ sie moͤchten die Jungfrau nicht beschaͤmen/ noch einiges Geraͤusch machen/ damit ihre Eltern dardurch nicht munter wuͤrden. Die Kupplerin verkroch sich so tieff unter die Decke/ als sie immer kunte/ und Klingenfeld fragte ihn/ was er allhier machete? Cerebacchius sprach: Nec quisquam est tam duro ingenio, nec tam firmo pectore, quin ubi quicquam occasionis sit, sibi faciat bene. Cavina verwieß ihm diesen Handel/ und sagte/ ob er dann wol meynete/ daß er sich deßfalls rechtfer- tigen koͤnte? Cerebacchius lachete unter diesen Wor- ten: Quin deceat, non videt ullus amans. Klingen- feld: Jhr soltet fein bey eurer alten Braut bleiben/ so wuͤrde unsers Hauß-Wirths Kammer durch diese That nicht also verunreiniget. Cereb. Alienum no- bis, nostrum plus aliis placet. Der Printz hatte nun- mehro außgelachet/ dannenhero fragte er/ was er fuͤr einen Buhlen haͤtte? Cerebacchius sprach: Deß Hospitis castissima filia. Jn demselben Augenblick tratt die Margara mit ihrer Magd und Mutter auch herein/ da sich dann Cerebacchius in seinem Hertzen schaͤmete/ daß er nicht bey der Jungfrau/ wie er ge- meynet/ waͤre/ er hub demnach die Decke auf/ und er- blickete das gelb-schwartze runtzlichte Angesicht der alten halb-vermoderten Kupplerin/ mit welcher er sich etliche Stunden her so lustig gemacht/ er gab ihr etliche Maulschellen/ und sprang im Hembde zum Bette herauß/ woruͤber sich bey der Gesellschafft ein solch hefftiges Gelaͤchter erhub/ daß man es uͤber die gantze lange Strasse vernehmen kunte. Die Alte schalt ihn auß/ und rieff ihm solche Worte nach/ die ihr ihre angebohrne Boßheit in den Mund gab. Jch Deß Academi schen Jch bitte euch um eurer Redlichkeit willen/ sprach Cerebacchius, indem er seine Schlaff-Hosen anzog/ saget mir vielmehr/ wer mir diesen Possen mag gespie- let haben/ und haltet doch einmahl mit eurem Lachen ein/ damit ich nicht vollends verzweiffele. Sie kunten ihm aber fuͤr Lachen nichts antworten/ dannenhero nahm er ein Liecht/ und gieng nach seiner Kammer/ fand aber dieselbe offen/ und seine Kleider waren weg/ woruͤber er sich hefftig beklagete/ daß die Ubrigen zu ihm kamen/ und nicht wusten/ was ihm schaden moͤch- te. Sie funden aber ein Fenster offen/ das auf die Strasse gieng/ welches Troll mit Fleiß aufgemacht hatte/ und darauf bildeten sie ihnen samt Cerebacchio ein/ es muͤsse ihm ein Nacht-Dieb die Kleider gestoh- len haben/ wannenhero sie ein hertzliches Mitleyden mit ihm hatten. Cerebacchius gedachte alsobald an den rechten/ der ihm diesen Possen muͤste gespielet ha- ben/ gieng demnach in Trollen Kammer/ fand aber denselben dergestalt schnarchend/ daß weder er/ noch sonsten einer/ den geringsten Argwohn der Kleider halben auf ihn werffen kunte. Also legte sich der Bacchus- Sohn in sein Bette/ und erwartete nebst der gantzen Gesellschafft deß anbrechenden Tages/ und wie derselbe erschienen/ rieff er der Hauß-Magd/ und schalt sie/ daß sie ein Mit-Glied derer gewesen/ die ihm diesen Handel gemacht/ er sandte sie zu Troll/ welcher zu ihm kam/ und sich stellete/ als wann er grosses Mitleyden mit seinem Ungluͤck haͤtte. Cerebacchius ersuchte ihn freundlich/ dahin be- dacht zu seyn/ daß er wieder zu einem Kleid kommen moͤchte/ inmassen er ja sonsten Tag und Nacht auf dem Bette ligen muͤsse/ welches ihm beschwerlicher seyn wuͤrde/ als die aͤrgste Marter. Troll sprach: Jch weiß nicht/ wo ich so bald ein fertiges Kleid bekom- men Romans I. Buch. men moͤge/ zu dem/ habt ihr auch Geld/ daß ihr eines bezahlen moͤget? Potz Velden/ sprach Cerebacchius, der Dieb hat mit dem Kleid auch alle meine Heller bekom̃en/ wie fange ich es doch im̃ermehr an. Klin- genfeld ist wol so ehrlich/ und spricht so lange gut vor mich/ biß ich wieder außgehen kan. Gehet nur hin/ und thut euer Bestes/ daß ich die Mittags-Mahlzeit nicht versaͤume. Also gieng Troll in seiner gewoͤhn- lichen Jtaliaͤnischen Kleidung/ mit einem kurtzen De- gen an der Seiten/ hin zu dem vorigen Juden/ und weil er kein Pflaster mehr auf dem Aug hatte/ auch Jtaliaͤnisch redete/ und sonst gantz anderst gekleidet war/ kennete er ihn nicht mehr/ dannenhero ersuchte ihn Troll/ ob er einige gemachte Kleider haͤtte/ weil ein Fremdling in dem und dem Wirths-Hauß/ wel- ches er ihm bezeichnete/ deren benoͤthiget/ der Jud fuͤhrete ihn in seine Kammer/ und zeigete ihm statt- liche und schlechte Kleider/ da er dann darunter auch deß Cerebacchii seine fand/ die er ihm vor wenigen Stunden selber verkaufft hatte. Also suchte er etliche auß/ und befahl ihm/ uͤber eine halbe Stunde an den bezeichneten Ort zu kommen. Hiermit nahm er seinen Abschied/ und gieng seines Weges. Das Verlangen deß Cerebacchii nach ihm war sehr groß/ und als er so bald wieder kam/ preisete er seinen Fleiß/ und versprach ihm zu dienen/ wo er nur immer koͤnte. Aber/ wie ist es/ sprach er/ kan ich auf den Mittag wol ein Kleid bekommen? Was wollet ihr mir geben/ gab Jener zur Antwort/ wann ich euch uͤber eine halbe Stunde eines schaffe/ darinn ihr noch bey dem Fruͤhstuͤck erscheinen moͤget? O du edle Tu- gend/ replici rte Cerebacchius anjetzo/ deine Wuͤrdig- keit erkenne ich nun allererst. Aber mein/ saget mir/ wo soll ich das Geld darfuͤr hernehmen? Jch traue/ war Deß Academi schen war die Antwort/ euer Teutscher Landsmann werde euch nicht verlassen/ es mangelt ihm ja keines Weges am Geld/ dessen er ohnweit Mantua juͤngst eine an- sehnliche Summa mit geringer Muͤhe erworben hat. Jch habe einen Juden/ zu dem mich der Hauß-Wirth gewiesen/ hieher beschieden/ der sagte mir/ daß er also- bald kommen/ und etliche Kleider mit sich bringen wolle. Jch hoffe auch/ er werde fordersamst sich ein- stellen/ und euch befriedigen. Es ist nicht zu beschreiben/ wie sehr sich Cerebac- chius uͤber diese Zeitung erfreuete/ er vergaß daruͤber seiner erlittenen Schmach gaͤntzlich/ und warff alle Schuld auf die Margara und ihre Magd. Daruͤber kam der Jud endlich daher getretten mit einer ziem- lichen Last Kleider. Klingenfeld und Cavina, samt dem Printzen/ tratten auch hinein/ und als der Jud die Kleider auß einander geleget hatte/ und selbige eines nach dem andern dem Cerebacchio fuͤrzeigete/ er- blickete dieser sein eigen Kleid darunter/ dannenhero stund er auf/ legte dasselbe fein saͤuberlich an/ da in- zwischen die andern nicht wusten/ wie dieser Hebrceer zu seinem Kleid muͤsse gekommen seyn. Nachdem er sich in seinem vollen Habit befand/ sprach er: Jud/ was wilt du fuͤr dieses Kleid haben? Er antwortete: Zwantzig Ducaten. Cereb. Jch wil dir dreissig geben. Jud: Das ist mir so viel lieber. Hierauf sahe sich Cerebacchius nach einem Pruͤgel um/ und als er einen Stock im Winckel gefunden/ wolte er auf den Juden loßschlagen/ welcher ein hefftiges Geschrey anfieng/ aber der andere sagte: Du hast 20. gefordert/ und ich habe dir 30. zugesaget/ was meynest du wol? Duca- ten? bey Leibe nicht. Jch meyne Schlaͤge/ dann das ist mein Kleid/ welches du mir diese Nacht gestohlen hast. Der Jud fluchte und schwur bey seiner Scham̃a/ daß Romans I. Buch. daß es ihm zwar diese Nacht erst gebracht worden/ aber von einem Spanier mit einem Aug/ dem er 20. Reichs-Thaler darfuͤr erleget haͤtte. Cerebacchius wolte mit dem Kleid darvon gehen/ und behauptete/ daß er nicht noͤthig habe/ sein Kleid zweymahl zu be- zahlen/ es ist mein Kleid/ sprach er/ und bleibet mein Kleid/ und eines andern wirst du mich in Ewigkeit nicht uͤberzeugen/ ich ruffe alle diese Herren zu Zeu- gen/ daß ich es gestern annoch getragen/ und daß es mir diese Nacht gestohlen worden. Es wolte aber der Jud sein Kleid nicht fahren lassen/ sondern berieff sich auf seinen Schutz-Brieff/ fassete also den Cerebacchium an/ und hielte ihn feste. Dieser hingegen bemuͤhete sich/ loßzureissen/ und dar- uͤber kamen sie in Handgemeng/ daß Cerebacchius endlich um Huͤlff rieff/ und sagte: Hat mich S. Vel- ten mit diesem Beschnittenen beschmissen/ helffet mir/ daß ich seiner loß werde/ dann ihr wisset/ daß es mein eigenthuͤmliches Kleid ist. Sie uͤberwerffen sich etliche mahl auf der Erden/ und die andern sahen mit lachen- dem Munde zu. Endlich tratt Troll herbey/ und risse den Juden vom andern hinweg/ laß ihn zufrieden/ sprach er/ was du vor das gestohlene Kleid bezahlet hast/ soll dir wieder werden/ und ein mehrers ist man dir nicht gestaͤndig. Nam est res vitio affecta. Wann ich meine 20. Reichs-Thaler/ sprach der Jud/ die ich dafuͤr außgeleget/ wieder bekomme/ so bin ich zufrie- den/ weil ihr sprechet/ daß ihm dieses Kleid heute sey gestohlen worden. Troll zog jetzo die empfangene 6. Reichs-Thaler auß der Taschen/ legte sie auf den Tisch/ und sprach: Jud/ hier ist dein Geld/ dieses/ und ein mehrers nicht/ gebuͤhret dir/ dann du wirst/ so du die Warheit sagen wilt/ nicht einen Heller mehr dar- fuͤr außgezahlet haben. Der Jud besahe das Geld/ R und Deß Academi schen und kannte es an den Sorten/ daß es eben die jenige Stuͤcke waren/ die er darfuͤr außgegeben hatte/ mach- te demnach grosse Augen/ und wuste nicht/ wie er mit diesen Leuten ins gesamt daran waͤre/ er brummete zwar noch ein wenig im Maul/ aber er nahm endlich das Geld/ samt den uͤbrigen Kleidern/ und gieng sei- nes Weges/ woher er kommen war. Das XXIII. Capitul/ Ein behender Dieb erbeutet eine Kuh/ und noch andere Sa- cken mehr. Eine hoffaͤrtige Seelaͤnderin wird durch einen Schorstein- faͤger betrogen. Eine Adeliche Frau zu Genua erwirbt durch sonder- bare List eine erwuͤnschte Buhlschafft. K Lingenfeld wunderte sich deß Handels/ und alle die andern wolten wissen/ wie der Jud zu den Kleidern kommen waͤre/ Troll lachete von Hertzen/ und sprach: Jch kan selber nichts darvon sagen/ ich glaube/ wir sind mit einander diese Nacht bezaubert gewesen Als er aber zu seinem Herꝛn/ Klin- genfeld und Cavina allein kam/ erzehlete er ihnen alles Haar-klein/ wie er es angefangen haͤtte/ dessen sie sich dann von neuem hertzlich zerlacheten/ und bekannte Cavina, daß es eine grosse Listigkeit von Troll/ wor- durch er dem Teutschen solche Brillen verkaufft haͤt- te. Diese Worte giengen dem Klingenfeld etwas nahe/ als der ihm einbildete/ daß die Jtaliaͤner alle Teutschen fuͤr sich vor einfaͤltig hielten/ gedachte sich demnach zu seiner Zeit gebuͤhrlich zu raͤchen. Jetzo aber sprach er: Dieser Handel ist noch bey weitem nicht so listig angefangen/ als der Jenige/ den wey- land ein Teutscher zu Werck gerichtet hat. Mein Cavina, ihr werdet mir zu hoͤren/ und dann bekennen muͤssen/ daß dieser Teutscher es weit listiger habe an- gefangen/ als Troll mit seinem gantzen Anhang/ ver- nehmet demnach folgende Geschichte: Ein Romans I. Buch. Ein Landstreicher naͤhrete sich mit allerhand leichtfertigen Kuͤnften/ dieser wufte/ daß ein Wirth auf dem Dorff/ nicht weit von einer beruͤhmten Stadt/ eine fette Kuh zu verkauffen hatte/ wie er dann solches von einem Metzger den Tag zuvor bey dem Trunck vernommen. An diesem Ort kommet er zur Herberge/ nimmet sich an/ er muͤste gar fruͤh auf seyn/ und den Marckt in der Stadt besehen. Der Wirth wil ihm einen Gefaͤhrten geben/ und vor Tag sich auf den Weg machen/ aber der Schalck stund auf im ersten Schlaff/ fuͤhrete die fette Kuh auß dem Stall/ ein gut Stuͤck Weges nach der Stadt/ und bindet sie neben dem Weg in den Busch/ damit sie Niemand so leicht sehen koͤnte/ keh- ret darauf wieder zu seinem Bette/ und schlaͤsset hart/ biß ihn der Wirth wecket. Sie wandern nach der Stadt. Der Scha l ck sagte zum Wirth/ er moͤchte nur gemach voran gehen/ er haͤtte auf dem naͤchsten Dorff einen Schuldmann/ der haͤtte ihn be- scheiden/ ihm Geld oder Geldes-werth zu geben/ und hier fand er seine Kuh/ und er eylet den Wirth nach bey der Stadt. Dieser desahe die Kuh/ und sprach: Wann ich nicht gestern Abends meine Kuh selbst haͤtte angebunden/ wolte ich sagen/ diese Kuh waͤre mein/ dann sie ihr in allem gleichet. Der leichtfertige Schalck besorgete sich/ er moͤchte sie nicht an das Geld bringen/ dann er lieber bey Nebel/ als bey Sonnenschein in die Stadt gieng/ bath also den Wirth/ daß er die Kuh zu Marckt fuͤhrete/ und zum wenigsten um 10. Thaler verkauffte/ was daruͤber zu erhalten/ wolte er zum Besten geben/ doch solte er eylen/ damit die Kuh bald moͤchte an Mann gebracht werden/ er wolte in- dessen seine Geschaͤffte verrichten/ damit sie noch vor dem Thor- schlieffen auß der Stadt kommen koͤnten/ im guͤldenen Stern wolte er seiner erwarten. Die Kuh ward um 12. Reichs-Thaler verkaufft. Nun kostete es List/ wie diese Beyde/ unerwartet eini- ger Bottschafft von Hause/ den Abschied von einander nehmen moͤchten; Der arglistige Schalck wolte die 2. Thaler zum Be- sten geben/ weil aber in selbigem Wirths-Hauß wenig zu Essen war/ gab ihm die Wirthin zwo Schuͤsseln/ und der Wirth seinen Mantel/ daß er in die Garkuͤchen gehen koͤnte/ allda ein Paar Braten verdeckt zu kauffen. Jndessen kommet deß Wirths Toch- ter gelauffen/ und klaget/ die fette Kub waͤre gestohlen. Auweh/ sagte der Vatter/ hier bin ich angefuͤhret. Ach/ und ich komme um ein Paar Schuͤffeln/ sprach die Wirthin/ und mein Mann um seinen Mantel. Der Ehr-lose Vogel kommet nicht wieder/ und auf diesen Schrecken musten sie zu ihrem Schaden lachen/ sahten sich zu Tisch/ und schwenckten die Gall vom Hertzen. Et- liche wollen behaupten/ der Handel sey zu Coͤlln am Rhein vorgangen. R 2 Sie Deß Academi schen Sie musten mit einander bekennen/ daß es die- ser Bube ungleich behender angefangen haͤtte/ als Troll. Jm uͤbrigen muste sich Cerebacchius rechtschaf- fen durchhecheln lassen/ daß er also war bezogen wor- den/ dieser kam endlich darzu/ und ward von Troll tapffer außgelachet/ aber er lachete mit/ und sagte: Ey sehet doch/ ein schoͤner Mann! Er hat einen Men- schen betrogen/ das koͤnnen alle Leutbeschmeisser/ und ist das der Juden/ der Possenreisser/ und aller Betrie- ger Profession, ich sehe auch keine grosse Spitzfindig- keit darbey/ weil die Margara mit ihm einig war/ welche wol allein tausend mahl capabl er ist/ einen zu taͤu- schen/ als er. Sonsten hat diese Jungfrau wol ver- dienet/ daß man sie handele/ wie jene Seelaͤndische Damoiselle, welche sich auch unterstunde/ feine Leute gering zu schaͤtzen/ daruͤber aber sie endlich durch eine behende List selber andern Leuten ein Spott ist wor- den. Die Gesellschafft wolte diese Geschichte gerne wissen/ aber Cerebacchius sprach: Jhr Herren/ mich hungert und duͤrstet/ ich habe alleweil 2. Capitel auß der Bibel/ 4. Titulos in Institutis cum notis Vinnii, darneben anch 2. Consilia Vulteji gelesen/ und also vor diesen Tag meine Studia absolyi rt/ derowegen komme ich wieder zu euch/ um allhier zu Fruͤhstuͤcken. Der Wirth schaffete wacker auf/ und Cerebacchius versahe sich so wol/ daß ein Jeder sich verwundern muste; Als er auch das Seine nunmehro gethan/ sprach er: Jch erinnere mic h dessen/ was meine Herren an mich be- gehret haben/ solchem nach wird sich dessen ein Jeder zu bescheiden wissen/ daß der Jenige/ der einen andern vexiret/ gar gewißlich wieder wird vexiret werden/ und daß Hochmuth selten einen guten Außschlag ge- winnen koͤnne/ solches wird durch folgende Geschichte gnugsam bekraͤfftiget: Eine Romans I. Buch. E Jne fuͤrnehme/ reiche/ schoͤne und geschickte Jungfrau/ auß einem wol-bekandten Geschlechte in Seeland entsprossen/ hatte durch ihr anmuthiges und Lieb-reiches Wesen/ alle an- fehnliche junge Gesellen an sich gezogen/ daß sich deren einer mach dem andern bey ihr anmelden/ und um sie werben ließ. Ob sie nun gleich gern mit ihnen umgienge/ wolte sie sich doch keines Weges/ ihrer Meynung nach/ so sehr erniedrigen/ daß sie sich mit ihrer einem Einzigen in ein Ebe-Geluͤbde eingelassen haͤtte/ son- dern da war der Eine zu arm/ der Andere zu klein/ ein anderer nicht hoͤflich gnug/ ein anderer zu jung/ ein anderer zu frech/ zu alt/ zu hofffaͤrtig/ oder hatte sonst etwas an ihm/ welches sie von ihm abschreckete/ mit einem Wort/ sie hoffete dermahleins eine fuͤrnehme Standes-Person zu heurathen/ als deren sie sich allein werth achtete. Dieser ungemeine Hochmuth verdrosse 2. oder 3. der prin- eipal eften Juͤnglingen in Seeland/ daß sie beschlossen/ die Chry- senien/ also wollen wir sie nennen/ auf eine artige Weise zu be- triegen/ und sie ihren Hochmuth bereuen zu machen. Nachdem sie sich lange Zeit mit einander berathschlaget/ befanden sie/ ei- nen Jtaliaͤnischen Schorsteinfeger/ Namens Jacomo, am tuͤch- tigsten zu ihrem Anschlag/ derselbe war von schoͤner Gestalt/ wol- gewachsenem Leib/ und bey gutem Verstand. Sie kamen mit ihm zu reden/ und hielten ihm fuͤr/ daß sein Gluͤck anjetzo bluͤhe- te/ wofern er Hertz gnug haͤtte/ zu einer Heurath/ mit einer qua- lifici rten/ reich-und fuͤrnehmen/ sehr schoͤnen Jungfrauen sich zu bequemen/ an welcher sie sich dieser Gestalt zu raͤchen gesonnen. Nachdem Jacomo dargegen eingewandt/ daß er sich nicht capabel achtete/ ein solch wichtiges Werck gebuͤhrlich außzufuͤh- ren/ sintemahlen es ihm an benoͤthigten Geldern/ und anderm Verlag/ ermangelte/ da versprachen sie ihm/ mit so viel Geld bey- zuspringen/ als er hier zu vonnoͤthen haͤtte/ und wann die Heu- rath ihren Fortgang gewonnen/ sotte es ihm leicht fallen/ auß der Jungfrauen Mitteln/ zumahl sie ein einziges Kind ihrer sehr reichen Eltern/ ihnen das vorgestreckte Geld wieder zu er- statten/ jedoch behielten sie ihnen vor/ nach gehaltener Hochzeit/ noch eines zu verrichten/ welches die Hochzeit/ oder Ehe/ keines Weges stoͤren koͤnte. Jacomo, der nach Gluͤck trachtete/ gienge solches endlich ein/ und/ auf der andern Einrathen/ fienge er die Werbung folgender Massen an: Er legete sich alsobald 2. wol-gekleidete Diener zu/ kleidete sich sehr praͤchtig/ und kam/ als ein fuͤrnehmer Herꝛ/ zur Stadt R 3 herein Deß Academi schen herein geritten/ legete sich in die fuͤrnehmste Herberge/ jedoch nicht weit von der Chrysenia Behausung/ und am folgenden Tage gienge er hinzu/ als er sahe/ daß sie an der Thuͤr stunde/ gruͤssete sie hoͤflich/ und nachdem er ihr einen Wechsel-Brieff auf etliche tausend Dublonen gezeiget/ forschete er/ ob sie ihm/ weil er ein Fremder/ keinen Bericht zu ertheilen wuͤste/ wo die Person wohnete/ welche diesen Wechsel zu bezahlen angewiesen waͤre? Jngleichem/ ob dieselbe auch bey gungsamen Mitteln/ derglei- chen Wechseln in kurtzem mehr zu bezahlen/ sintemahl er sich sei- nem Stand gemaͤß zu halten/ und an diesem Ort/ als welcher ihm vor andern sehr wol gefiele/ noch eine Zeitlang zu verbleiben gesonnen waͤre. Die Jungfrau gab ihm auf alles guten Be- scheid/ und seine Person st und ihr im ersten Anblick dermassen an/ daß sie ihm leichtlich vergoͤnnete/ als er bey ihr anhielte/ sie moͤch- te es ihm nicht uͤbel deuten/ wann er sich bißweilen/ um die Zeit/ als ein Fremder/ zu kuͤrtzen/ bey ihr einftellete/ die zierliche Nie- derlaͤndische Sprache auß ihrem Munde anzuhoͤren. Es war aber der principal este Uhrheber dieses Betrugs/ nemlich einer/ von ihren abgewiesenen reichen Courtisan en in dem Wechsel-Zettel genennet/ dannenhero verfuͤgete er sich zu demselben/ und uͤberlegete ins geheim diese Wichtigkeit noch wei- ter mit ihm und denen uͤbrigen Interessent en. Hierauf gehet er wieder bey Gelegenheit nach der Chrysenia, und gewinnet sie durch sein anstaͤndiges Wesen und liebliche Discurs en/ daß sie ihm ihre Gunst zusaget/ wofern ihr Vatter darein willigen wol- te. Er spricht den Vatter gleicher Gestalt an/ und derselbe be- gehret Bedenckzeit/ gehet aber fuͤrnemlich zu dem principal esten Interessent en dieser gemachten Karten/ und weil er dem Jaco- mo einen grossen Wechsel bezahlete/ hoffete er seinetwegen guten Bericht von ihm zu erlangen/ dieser aber bekennete/ daß Jacomo, aller Muthmassung nach/ ein fuͤrnehmer Herꝛ seyn muͤsse/ weil ihm sein Correspondent auß Jtalien seinethalben viel grosse Dinge geschrieben/ wie er nemlich ein grosser und sehr reicher Herꝛ waͤre. Mit diesem Bescheid gehet der Kauffmann wol vergnuͤget nach Hauß/ beredet sich mit seinen Freunden/ und wird also Verloͤbnuͤß/ und bald hernach die Hochzeit vollzogen. Als dieses geschehen/ fordern die Interessent en den Jacomo, und halten ihm fuͤr/ daß er durch sie ein gluͤcklicher Mann wor- den/ und nun erforderte seine Schuldigkeit/ Krafft seines Ver- sprechens/ ihnen noch in einem einzigen Stuck zu willf ahren/ welches darinnen bestuͤnde/ daß er kuͤnfftigen Tag seine vorige Schorstein- Romans I. Buch. Schorsteinfegers-Kleider anlegen/ und vor seiner Frauen und Schwieger-Vatter offentlich bekennen muͤste/ wie er ein war- hafftiger Schorsteinfeger seines Handwercks. Solches wil ihm zwar schwer in Kopff/ gleichwol betrachtete er/ daß durch ihre Huͤlffe er sein Gluͤck gemacht legete demnach/ begehrter Maffen/ seine schmutzige Kleider an den Leib/ und die lange Stange auf den Halß/ womit er vor seine Wohnung kommet/ und die Chry- senia zu sprechen begehret/ die Magd wil ihn nicht einlassen/ aber er kehret sich nicht daran/ dringet zu seiner Frauen in die Kam- mer/ und gibt zu erkennen/ daß er der Jacomo, ihr Mann/ aber darbey ein Schorsteinfeger seines Handwercks sey/ welches er ihr hiermit habe offenbahren wollen/ im uͤbrigen sey er bereit/ das Jenige/ was ihm an Mitteln mangele/ durch getreue Liebe/ und seinen guten Verstand/ zu ersetzen. Chrysenia erstarret uͤber dieser Zeitung/ aber ihr Vatter kan sich ehe begreiffen/ welcher/ nach gepflogenem Rath mit seinen Freunden/ den Jacomo, als seinen Schwieger-Sohn/ behaͤlt/ und mit seiner Person/ ob die- selbe Blut-arm/ er auch seinetwegen den vorigen Wechsel bezah- len muste/ zufrieden ist. Die Chrysenia gibt sich endlich auch darein/ und hat hernach sehr wo/ mit ihm gelebet. Sonsten ist dieses Exempel eine Warnung/ daß man nicht so hoch fleigen soll/ damit man nicht auf einmahl einen gewaltigen Sprung thun muͤsse. Niemand soll sich uͤber seines Gleichen achten/ sondern einen Jeden nach seinem Stande ehren. Klingenfeld sprach jetzo: Diese Jungfrau ist rechtschaffen bezahlet worden/ und glaube ich/ es wer- den sich viel ihres Gleichen daran kehren. Jch weiß hingegen/ daß manche junge Frau/ oder Jungfer/ sich auf allerhand Wege bemuͤhet/ einen Juͤngling an sich zu ziehen/ und fangen sie es offt so klug an/ daß es eine hohe Verwunderung verursachet/ wie dann deß- falls jene Dame zu Genua insonderheit zu preisen/ wel- che durch ihren witzigen Anschlag gnugsam hat zu er- kennen gegeben/ daß Spitzfuͤndigkeit und Verstand in hoͤchstem Grad bey ihr gewohnet. Jch weiß wol/ mein Printz/ daß ihr gerne ein Mehrers hiervon ver- nehmet/ derowegen wil ich euch diese Historie gar gerne/ wie ich sie gehoͤret habe/ mittheilen: R 4 Zu Deß Academi schen Z U Genua lebete eine Adeliche Dame, Namens Romana, wel- che/ wegen Mangel behoͤriger Mittel/ sich daselbsten an einen Seiden-Weber/ auf Andringen ihrer Eltern/ verheurathet/ weil aber ihr Mann dessen dritte Frau sie war/ schon bey ziemlichem Alter/ und also die jenige Schuldigkeit ihr nicht leisten kunte/ die ihr/ als einer Blut-reichen/ frischen/ Adelichen Dam en gebuͤhret/ bildete sie ihr ein/ es sey ihr erlaubet/ deßfalls bey einem andern fich Raths und Erstattung zu erholen. Gleichwie aber das Frauen zimmer dieser Orten mehr/ als anderswo/ eingesperret ist/ und man genaue Achtung auf sie hat/ also verbarge sie ihr hefftiges Anligen eine Zeitlang/ und ersahe inzwischen einen wa- ckern jungen Edelmann/ der ansehnlich von Person/ und von gutem Geschlecht/ aber gleichfalls nicht sonders von Mitteln war. Zu diesem trug sie eine hertzliche Affection, weil er bißwei- len durch ihre Strasse/ darinn sie wohnet/ vorbey gieng/ weil er aber hiervon den geringften Winck nicht bekom̃en hatte/ sie auch nicht wuste/ wie sie ihm ihre Gunst/ und mehr als erlaubete Ge- wogenheit/ zu verstehen geben moͤchte/ erdachte sie endlich/ nach reifflichem langem Nach sinnen/ folgende List: Sie hatte vernommen/ daß dieser Edelmann/ Namens Leonardo, gar offt zu einem alten Muͤnchen gieng/ und sich in der Gottesfurcht fleissig mit ihm unterredete/ und wie dieser al- ter Muͤnch wegen seines heiligen Wandels in der gantzen Stadt sehr bekandt/ also lobete er deß Leonardo Tugend und Glaubens- Eyfer uͤber alles/ weil er wuste/ daß solches etwas seltzames bey Edelleuten zu seyn pfleget. Romana suchet Gelegenheit/ zu die- sem Muͤnch ins Kloster zu kommen/ zu dem sie sprach: Andaͤch- tiger Vatter/ euer heiliger Wandel/ und guter Glaube/ den ihr bey Jedermann habt/ verdienet nicht/ daß man uͤbel von euch re- de. Jch bin berichtet worden/ daß ein Edelmann/ Namens Leonardo, sich offt bey euch einfindet/ welcher sich sehr andaͤchtig stellet/ da er doch in seinem Hertzen Ehebrecherische Gedancken fuͤhret. Jch aber/ welcher er seine Liebe anzutragen sich unter- standen/ hin nicht von solcher Art boͤser und leicht sinniger Wei- ber/ wie ich ihm etliche mahl durch seine zu mir gesandte Kuple- rinnen gesagt/ und ich hatte mir vorgenommen/ ihm meinen Mann und Bruder auf den Halß zu weisen/ wann er nicht von mir ablassen wuͤrde; Aber ich schone seines ehrlichen Geschlechts/ darum komme ich zu euch/ und bitte/ ihr wollet ihm bey erster Gelegenheit das Gewissen schaͤrffen/ und ihn vermahnen/ daß er meiner gaͤntzlich muͤssig gehe/ wo er nicht in Schand und Scha- den fallen wolle. Der Romans I. Buch. Der Muͤnch verwunderte sich sehr uͤber diese Rede/ weil aber die Romana dieselbe mit etlichen erdichteten Thraͤnen be- kraͤfftigte/ troͤstete er sie nach aͤusserstem Vermoͤgen/ darauf sie endlich wieder von ihm schiede/ nachdem sie ihm eine harte Kro- ne in die Hand gestecket/ weil sie wuste/ daß er von den Almosen lebete. Wie nun hierauf Leonardo wieder zu diesem Geist- lichen Vatter kommt/ haͤlt ihm derselbe seine Gleißnerey/ und ungebuͤhrliche Liebe zu der Romana vor/ und bestraffet ihn heff- tig. Leonardo, der von der Romana gehoͤret/ aber dieselbe im Geringsten nicht kannte/ verfluchete sich mit hohen Eyden/ daß man ihn mit Unrecht beschuldigte/ und wuͤnschete der Romana alles Ungluͤck auf den Halß/ und weil er in seinen Reden sehr be- staͤndig/ bringet er den guten Geistlichen in einen Zweiffel/ ob sie auch an seiner Person einen Jrꝛthum begehen moͤchte/ troͤftete ihn demnach/ und ermahnete ihn/ so es ja also gewesen/ von der Romana abzustehen/ und ihrer gantz und gar muͤssig zu gehen/ worauf sie von einander schieden. R omana ließ sich von der Zeit staͤts an dem Fenster sehen/ welches auf die Strassen gieng. Sie hatte sich praͤchtig ange- kleidet/ und passete auf ihren Leonardo, welcher in seinem Sinn gedachte/ du must doch zum wenigsten bemuͤhet seyn/ ob du diese Adeliche Jungfrau moͤchtest zu sehen bekommen/ welche dich so eigentlich kennet/ da hingegen du ihrer doch die geringste Kund- schafft nicht hast. Nahm also seinen Weg bey ihrem Hauß vor- bey/ und wie er nahe hinzu kommen/ thaͤte sie das Fenster ein we- nig auf/ und gruͤssete ihn uͤberauß freundlich/ welches ihm seitza- me Gedancken machte/ gleichwol danckete er ihr ohne Zorn/ und gienge weiter fort/ wo er zu thun hatte. Hierauf dachte er der Sache nach/ und bildete ihm ein/ der Muͤnch habe sich an der Frauen Person geirret/ und ob er gleich eben insonderheit keiner andern nach gienge/ muthmassete er dan- noch/ es muͤsse ihm eine andere bey dem Ehrwuͤrdigen Vatter al- so angegossen haben. Wie er demnach am folgenden Tag wie- der zu seinem Muͤnchen kam/ erfuhr er die Consirmation, daß es diese Frau/ und keine andere/ die ihn nun zum andern mahl ver- klaget hatte. Dann dieselbe war/ so bald Leonardo bey ihr vor- uͤber gangen/ zum Pater kommen/ hatte gewaltig geweinet/ und ihm geklaget/ daß ihr der Leonardo jetzo noch viel staͤrcker zusetze- te/ als jemahlen vorhin/ bathe deßwegen/ ihn bald von der unge- buͤhrlichen Liebe zu ihr abzureissen/ oder sie wuͤrde nicht erman- geln/ ihn deßwegen vor aller Welt zu beschimpffen. Der Muͤnch R 5 troͤstete Deß Academi schen troͤftete sie/ und hielte ihr fuͤr/ wie Leonardo mit hohen Eyden bekraͤfftiget/ daß er sie gar nicht kenne/ viel weniger jemahlen die Gedancken auf sie gehabt/ und bathe/ sie moͤchte solche ungleiche Gedancken von ihm fahren lassen. O! deß leichtfertigen Bu- ben/ sprach sie darauf/ O! deß vermessenen Luͤgners! Kan er es laͤugnen/ daß er gestern etliche mahl meine Wohnung vorbey gangen/ und als ich mich mit Fleiß vor ihm verbarg/ durch eine alte Kuplerin kurtz hernach diesen Ring und Beutel mit etlichen Goldstuͤcken zu mir gesandt/ in Hoffnung/ mich dardurch zu sei- ner Ehebrecherischen Liebe zu reitzen? Hiermit zog sie einen schoͤ- nen Ring/ und einen guͤldenen Beutel/ mit etlichen schoͤnen Ro- senobten/ auß der Taschen/ und sprach ferner: Sehet da/ lieber Vatter! dieses Unterpfand kan ihn schlagen/ als mir die alte Vettel diese Stuͤcke uͤberreichete/ haͤtte ich sie fuͤr Zorn schier al- sobald ins Wasser geworffen; Aber/ nachdem ich mich ein wenig besann/ dachte ich/ es wuͤrde Leonardo am fuͤglichsten von mei- ner Liebe abgeschrecket werden/ wann er die mir uͤbersandte Buh- len-Geschencke wieder bekaͤme/ und darauß erlernete/ daß er durch Gaben meiner Ehre keinen Schaden thun wuͤrde/ weil ich aber besorgete/ wann sie die alte Frau wieder zuruck bringen sol- te/ doͤrffte sie leichtlich/ wie wol mehr geschehen/ dieselbe fuͤr sich behalten/ und fuͤrwenden/ ich haͤtte sie angenommen/ und dar- durch wuͤrde Leonardo nur in der Liebe hitziger. Solchem nach habe ich euch/ Ehrwuͤrdiger Herꝛ Vatter/ diese Dinge gebracht/ damit ihr sie ihm selber einhaͤndiget/ als einen gruͤndlichen Be- weiß seiner Vermessenheit/ darbey aber/ und warum ich euch abermahl gar hertzlich wil gebetten haben/ vermahnet ihn/ daß er diese/ und alle seine Gifften und Gaben/ bey mir vergeblich anwenden wird/ moͤge sie demnach fuͤr sich selber behalten/ weß- falls ich ihm diese durch eure Hand wieder zustelle/ und daß er sich ja huͤte/ damit ich durch sein fuͤrters beschwerliche Anhalten nicht genoͤthiget werde/ ihn bey den Meinigen anzugeben/ so doͤrffte ihm alsdann gewißlich ein oͤffentlicher Schimpff wieder- fahren/ wornach er sich zu richten haben kan. Hiermit nahm die Romana Abschied vom Pater, und be- schenckete ihn mit einem reichen Almosen-Pfenning/ zumahl er ihr versprach/ alles fleissig außzurichten/ warum sie ihn gebetten haͤtte. Der gute Leonardo, der bald darauf auch ankam/ ward gar rauh von der heiligen Klpfter-Person empfangen/ es fehlete wenig/ der Muͤnch haͤtte ihn alsobald verdammet/ weil er annoch so bestaͤndig laͤugnete. Wie/ du freches Welt-Kind/ sprach er zu ihm/ Romans I. Buch. ihm/ kanst du wol laͤugnen/ ein Ding/ das ich dir Sonnen klar machen kan? Siehe! hier diesen Ring und Beutel mit Geld! Siehe! schaue! wie stehest du nun? Ey/ feiner Heuchler! Aber ich sage dir/ Romana, der Außbund aller ehrbaren Frauen/ ist selber nun zum andern mahl bey mir gewesen/ und hat mich ge- betten/ ich solle dir diese leichtfertige Gaben wiedergeben/ damit du darauß erkennen moͤgest/ wie ebrlich sie sey. Jch bitte dich aber um deiner Ehr und hohen Freundschafft willen/ lasse sie zu- frieden/ wo du nicht selber dich in das aͤusserste Verderben stuͤr- tzen/ und vor der gantzen Stadt zu Spott werden wilt. Leonardo nahm diese schoͤne Sache/ und gedachte/ daß diese eine andere Bedeutung haben muͤsten. Nachdem er sich also ein wenig besonnen/ eben/ als wann er seine Suͤnde inner lich bereue- te/ sprach er: Ach Vatter/ mein Gewissen ist mir geruͤhret/ ach! vergebet mir meine Suͤnde/ ich wil mich bessern/ und nim̃ermehr an die Romana gedencken. Auf diese Worte schaͤrffete ihm der Pater das Gewissen noch viel mehr/ vermahnete ihn zum Guten/ gab ihm endlich/ auf Begehren/ die Absolution, und ließ ihn mit einem Kuß wieder von sich gehen. Leonardo gieng alsobald nach der Romana Hauß/ wo sie sich abermahl unfehlbar am Fenster sehen ließ/ uñ als sie von ihm sreundlich gegruͤsset worden/ sprang ihr das Hertz im Leibe fuͤr Freuden. Nun hast du schon halb ge- wonnen/ sprach sie bey sich selber/ und hoffete auf Gelegenheit/ ihren Buhlen bald bey ihr zu sehen. Gleich wie es aber in Genua uͤbel gedeutet wird/ wann ein Fremder mit einer Hauß Mutter redet/ also sahe sie kein Mittel/ zu ihrem Willen. Endlich aber er- dachte sie durch ihre Behendigkeit folgende List: Sie ließ einen Brieff schreiben/ darinn ihres Mannes Bruders-Frau zu Massa, ihrem Mann/ dem alten Seiden- Weber/ zu wissen thaͤte/ welcher Gestalt sein Bruder/ ihr Ehe- Mann/ vor wenig Tagen ohne Kinder verstorben/ dahero sie verbunden/ ihme solches kund zu thun damit sie sich fordersamst/ und zwar in der Guͤte/ wegen seiner ziemlichen Verlassenschafft/ auß einander setzeten. Diesen Brieff ließ sie durch eine unbe- kandte Person ihrem Mann uͤberlieffern/ welcher alsobald nach diesem Bißlein schnappete/ und sich also gleich am folgenden Tag auf die Raͤyse nach Massa erhub. Er war aber kaum auß dem Thor kommen/ da verfuͤgete sich die listige Romana wieder zu ihrem Pater, fienge bitterlich an zu weinen/ und klagete ihm/ wie Leonardo, da kaum ihr Mann auß dem Hauß gewesen/ nach Massa zu raͤysen/ ihr durch eine alte Vettel dieses zarte Hemd/ Deß Academi schen Hemd/ und ander Leinen-Geraͤthe/ (welches sie hierauf dem Pa- ter reichete/) uͤbersandt/ und vermelden zu lassen/ sich erkuͤhnet haͤtte/ er wolle auf den Abend in ihren Garten am Norder-Ende kommen/ und an dem daselbst befindlichen grossen Maulbeer- Baum zu den Fenstern ihrer Schlaffkammer klettern/ sich hinein werffen/ und wann er dieses Hemde/ und beygehendes Leinen- Geraͤthe/ angeleget/ sich rechtschaffen mit ihr ergoͤtzen. Ach! um deß Himmels willen/ helffet mir von diesem Buben/ haltet ihm seine Stuͤcklein mit solchen Umstaͤnden fuͤr/ wie ich sie euch erzeh- let/ so wird er sie nicht laͤugnen koͤnnen/ uͤberreichet ihm zu seinem Uberweißthum auch dieses Geraͤth/ und versichert ihn/ wofern er sich noch ein einziges mahl erkuͤhnen wird/ meine Ehrbarkeit und Ehre zu bekuͤmmern/ daß ich alsdann keine Gedult mit ihm haben/ sondern anderweit Mittel suchen werde/ die zulaͤnglich gnug seyn moͤgen/ ihn seines Frevels/ wiewol allzuspaͤte/ gereuen zu machen. Ach! ich betruͤbte/ angefochtene Frau! Hierauf flenge sie hertzlich an zu weinen/ daß auch der alte Muͤnch selber mit weinete/ dessen sie doch in ihrem Hertzen lachete. Nach em- pfangenem Trost/ den sie abermahl mit einem reichen Almosen vergolten/ gienge sie ihres Weges/ und lebete der Versicherung/ ihr Courtisan wuͤrde den Possen wol gemercket haben/ und sich auf den Abend bey ihr einfinden. Es ist aber nicht zu beschreiben/ wie der Muͤnch hierauf den guten Leonardo, da derselbe/ seiner Gewonheit nach/ fast alle mahl einen Tag um den andern zu ihm kam/ mit rauhen Scheltworten anfuhr. Etliche Tage her/ sprach er/ hast du dich wol gehalten/ und die Romana hat keine Anfechtung deinetwe- gen erlitten, Aber jetzo beginnest du dein Gottloses Wesen wie- der herfuͤr zu suchen/ welcher Zauber-Geist hat/ dir so bald sagen koͤnnen/ daß der Romana Ehe Mann diesen Morgen nach Mas- sa verraͤyset? Schaͤme dich/ daß du deßfalls die Wahrsager um Rath fragest/ noch viel mehr aber/ daß du dir einbildest/ du wol- lest die allerkeuscheste Romana durch Geschencke/ und reiche Ga- ben/ zu deinem Gottlosen Willen bringen. Sie wird sich und dich zugleich viel eher mit einem Dolch erstechen/ ehe sie ihrer Eh- re und Zucht einen solchen Flecken anhienge. Leonardo wolte sich mit Fleiß etwas unwissend stellen/ um noch mehr von diesen Sa- chen zu hoͤren/ worauf dann der Pater das Leinen Geraͤthe her- fuͤr zog. Dieses warff er ihm ins Gesicht/ und sprach: Daß du mitten auf dem Meer saͤssest/ mit deinem Ehebrecher-Hemd/ nimm es wieder zu dir/ und gib es lieber den Armen/ als daß es zu Un- Romans I. Buch. zu Unehren gebrauchet werde. Dein unverschaͤmtes Hertz muß nicht zu ergruͤnden seyn/ welches sich nicht scheuet/ diesen Mor- gen dieses Leinen Geraͤthe zu der zuͤchtigen Romana zu schicken/ und ihr andeuten zu lassen/ daß du diese kuͤnfftige Nacht zu ihr kommen/ und deine Unzucht mit ihr treiben wollest. Hierauf beschriebe er ihm alle Umstaͤnde/ wie ihm solche die liflige Roma- na vorgestellet hatte. Leonardo nahm das Geraͤthe zu sich/ siel dem Pater zu Fuß/ und sprach: Nun/ so sehe ich/ daß noch ein guter Engel uͤber mich wachet/ weil alle meine boͤse Anschlaͤge zuruck gehen muͤssen/ um meine Seele zu retten. Er stellete sich ferner/ als haͤtte er uͤber- auß grosse Reue wegen deß Vorgangenen/ und versprach dem Pater, sich zu bessern/ und der Romana gaͤntzlich muͤssig zu gehen/ ja/ wofern sie ihn noch einmahl verklagen wuͤrde/ solle er Macht und Recht haben/ ihn in der Justi tz Haͤnde zu lieffern/ und ihm sein Recht thun lassen. Solche Pœniten tz gefiele dem Pater uͤberauß wol/ absolvi rte ihn demnach/ segnete ihn/ und ließ ihn mit dem schoͤnen Leinen-Geraͤthe hinwandern/ welches er also- bald anlegete/ und gegen die Nacht an obbeschriebenem Ort sich einstellete/ den Baum hinauf stieg/ und das Fenster offen fande/ er stieg in die Kammer/ und ward von der Romana mit beyden Armen empfangen/ koͤstlich tracti ret/ und hernach zu Bette ge- fuͤhret/ darinn sie deß Muͤnchen Eyfer und Thorheit von Her- tzen lacheten/ auch so offt zusammen kamen/ als es bie Gelegen- heit zuliesse. Aber bey dem Muͤnch kam deßfalls keine Klage ein/ welcher den Leonardo hernach fuͤr den froͤmmesten Edelmann hielte. Nach etwa einem halben Jahr starb dieser Seiden- Weber/ welcher von seiner Frauen so artlich betrogen/ und nach Massa verschicket worden/ und weil Romana an Statt der Kin- der lauter Gold und grossen Reichthum von ihm geerbet/ nahm sie Leonardo zur Ehe/ um nicht allein zu Mitteln zu gelangen/ sondern auch die begangene Schande durch sothanes heiliges Band einiger Massen wieder abzuwischen. Das XXIV. Capitul/ Die Margara ist bedacht/ dem Troll einen Possen zu spielen Der Printz wird von einem Edelmann herꝛlich tractiret/ worbey sich ge- lehrtes Frauenzimmer einfindet. Man hat allwege gelehrtes Frauen- zimmer unter den Alten gefunden. A Ls Klingenfeld außgeredet hatte/ musten es die andern mit einander bekennen/ daß diese Ro- mana ein Außbund kluger und verschlagener Dam en Deß Academi schen Dam en muͤsse gewesen seyn. Jnzwischen aber/ da diese Gesellschafft bey einander war/ verfuͤgete sich Troll in die Kuͤche/ und nahm daselbst ein Fruͤhstuͤck ein/ mit allem Fleiß erzeigete sich ihm die lustige Mar- gara sehr zugethan/ sie gab ihm das Beste von den uͤberbliebenen Bißlein/ darneben einen guten Trunck koͤstlichen Weins/ worauß der Narꝛ alsobald urthei- lete/ daß sie ihm nicht abhold seyn muͤsse. Er tratt demnach allein zu ihr/ kuͤssete ihr die Hand/ und sprach: Schoͤnste Margara, wie hat euch der Posse mit dem Fresser Cerebacchio gefallen? Sehr wol/ gab sie zur Antwort. Worauf Jener: Soltet ihr aber gegen einem jeden rechtschaffenen jungen Mann euch so un- barmhertzig erzeigen? Bey leibe nicht/ sprach sie. Jch erkenne/ daß ich von Fleisch und Blut zusammen ge- setzt bin/ und trauete ich meinen eigenen Kraͤfften nicht/ wann ich einen feinen Juͤngling/ wie ihr seyd/ in meinem Bette finden solte/ warlich/ die alte Kupp- lerin muͤste mir geschwind meine Stelle raumen. Troll leckete das Maul rund umher mit seiner Zun- ge/ und sagte: Jst es moͤglich/ daß ihr einen solchen Narren an meiner Person gefressen habt? Jch rede zwar/ sprach die Jungfrau/ wider die Jungfraͤuliche Pflicht/ aber ich empfinde/ daß der Stachel der Liebe schon alle Ehrbarkeit auß meinem Hertzen gebannet hat/ und wolte ich schon/ daß er nim̃er in unser Hauß kommen waͤre. Wie so? forschete Jener anjetzo; Worauf diese: Das sage ich darum/ weil ihr etwas an euch habt/ das gleich einer unvermerckten Zauberey aller Jungfrauen Hertzen an sich ziehen kan/ darum gehet von mir/ oder ich kan mich nicht laͤnger enthal- ten. Was wollet ihr dann wol thun? fragte Troll. Darauf Margara: Jch wuͤrde euch noͤthigen/ diese Nacht mein Schlaff-Gesell zu seyn. Troll: Wie aber/ Romans I. Buch. aber/ wann ich von euch eben also/ wie Cerebacchius, hinder das Liecht gefuͤhret wuͤrde? Margara. Jhr habt ja Augen und Ohren bey euch/ wann ihr meine Person und Stimme nicht kennet/ so thut/ was ihr wollet/ aber bildet euch das von mir gar nicht ein/ eure Person ist schon all zu tieff in meinem Hertzen einge- wurtzelt/ und es ist mir gantz und gar unmoͤglich/ euch auf die allergeringste Weise zu beleydigen. Hiermit langete sie eine Flasche mit dem schoͤnsten Veltliner- Wein/ und verehrete ihm dieselbe zu Bekraͤfftigung deß/ das sie zu ihm gesaget hatte. Troll wolte als ein Courtisan angesehen seyn/ trunck demnach die Flasche auf ihre Gesundheit auß/ daß ihm die Augen darbey uͤbergiengen/ er versprach ihr auch/ daß keine lebendi- ge Seele von ihrer Courtesie auß seinem Munde je- mahlen das Allergeringste solte zu wissen bekommen/ und weil er gleicher Gestalt ein unmenschliches Ver- langen zu ihr in seinem Leibe empfuͤnde/ so moͤchte sie doch so gut seyn/ und Mittel und Wege vorschlagen/ wie und welcher Gestalt er diese Nacht gantz allein in gewuͤnschter Suͤssigkeit mit ihr zubringen moͤchte. Jch wil euch/ war ihre Antwort/ einen sichern An- schlag geben/ habt ihr nur/ gleich wie ich/ das Hertz/ denselben anzufuͤhren/ so wollen wir mit einander eine gluͤckseelige Nacht haben. Jhr wisset/ daß das Frauenzimmer in Jtalien gar eingezogen gehalten wird/ und selten außkommet/ solches beklaget meine Mutter selber zum oͤfftern/ darum/ weil sie gleichwol gerne schoͤne Kleider nach der neuesten Modell haͤtte/ laͤsset sie bißweilen in der Nacht einen gewissen Juden zu ihr kommen/ der allerhand schoͤne Galanteri en mit sich bringet/ und weil mein Vatter fruͤhzeitig schlaffen gehet/ handelt sie mit diesem Juden um seine Sachen/ weil aber das Hauß alsdann schon vest zugeschlossen/ der Deß Academi schen der Hauß-Schluͤssel auch staͤts unter dem Haupt- Kuͤssen meines Vatters liget/ bedienet man sich einer behendigen List/ den Juden in das obere Logiment zu bekom̃en; Nemlich/ wir lassen ihm einen Strick mit einem Knebel hinab auf die Strasse/ und wann er sich darauf gesetzet/ ziehen wir ihn herauf/ und solcher Gestalt wird er/ wann wir mit ihm einig geworden/ auch wieder hinab gelassen. Dieser Treppen wuͤrdet ihr euch auch bedienen muͤssen/ wann es anders euch ein Ernst um eure Liebe ist. Troll schwur anjetzo bey den sieben Planeten/ daß er alles gar willig thun wolte/ was sie ihm wuͤrde befehlen/ aber/ sprach er/ eure Mutter wird ja wol nicht darbey seyn? So wuͤrden wir ohne Zweiffel/ war ihre Antwort/ den Bock zum Gaͤrtner setzen. Troll: Jhr habt aber/ schoͤne Margara, fuͤr euch allein nicht Kraͤfften genug/ ein so schwer verliebtes inbruͤn- stiges Hertz hinauf zu ziehen. Margara: Darfuͤr las- set mich nur sorgen/ meiner Magd Treue ist ohne falsch/ sie wird mir getreulich beystehen/ darfuͤr hat sie dann und wann eines Zuwurffs von mir zu geniessen. Nur eines ist noch uͤbrig: Weil meine Mutter nicht gar vest schlaͤffet/ sondern leicht erwachen moͤchte/ in- dem wir euch aufziehen/ so wird es hoch vonnoͤthen seyn/ daß ihr deß gewoͤhnlichen Juden Kleider anzie- het/ und euren Becher bey euch stecket/ solte dann gleich meine Mutter kommen/ wird sie euch doch in der Nacht vor den bekandten Juden halten/ wann ihr fuͤrgebet/ ihr woltet ihr den Becher wolfeil ver- handeln. Dem guten Troll gefiel dieser Anschlag uͤber die Massen wol/ und erkannte er/ nach seiner Ein- bildung/ auß diesem fuͤrsichtigen Anschlag/ die grosse Liebe/ womit ihm die schoͤne Margara verbunden waͤre. Er sagte ihr demnach alles zu/ und war nur allein dar- fuͤr Romans I. Buch. fuͤr besorget/ wie er deß bewusten Juden Kleider gegen den Abend uͤberkommen moͤchte. Sie aber sagete ihm zu/ daß ihre Magd dieselbe schon zeitlich abholen solte/ daß doch kein Verdacht darbey zu spuͤhren waͤ- re/ dann sie wolte den Juden bereden lassen/ daß sie/ wie sie wol zu thun pflegten/ eine Masquerade spielen/ und seiner Kleider sich darbey bedienen wolten/ wor- zu sie dieselbe mehrmahlen gebraucht haͤtten. Hiermit war Troll uͤber die Massen wol zufrie- den/ und schwur/ daß ihm dieser Tag laͤnger werden wuͤrde/ als sonsten ein gantzes Jahr/ ich werde/ sprach er/ nicht allein die Stunden/ sondern auch die Minu- ten zehlen/ biß die Nacht heran gekommen. Damit nahm er seinen Abschied/ damit quasi Niemand von ihrem Liebes- Discurs einigen Argwohn schoͤpffen moͤchte/ und gieng seines Weges. Die Margara aber sandte ihre Magd/ welcher sie alles offenbahret hatte/ zu dem Klingenfeld/ und ließ ihn zu sich bitten. Als dieser kam/ hielte sie ihm fuͤr/ weil sie dem Cerebacchio eines angebunden/ mit Huͤlffe deß Trolls/ so wolle sie auch gerne dem Troll eines anrichten/ damit derselbe nicht so hohe Ursach haͤtte/ den andern außzulachen. Sie erzehlete ihm darauf alles/ was sie mit ihm fuͤr haͤtte/ und wie sie es anfangen wolte. Sie moͤchten demnach um die bestimmte Stunde munter seyn/ so solten sie ihre Lust sehen. Klingenfeld lobete ihre Spitzfindigkeit/ und gleich wie er nichts mehr/ als sothane Rache wuͤnschete/ also erkennete er sich ihr deßfalls zum hoͤchsten verbunden um seines Teutschen Landsmanns willen/ der sonsten durch sein Ungluͤck der gantzen Teutschen Nation eine Nachrede verur- sachen wuͤrde. Es kam inzwischen den Printzen eine Lust an/ ein wenig vor das Thor zu gehen/ und die um- ligende lustige Gegend um die Stadt zu besehen/ S dannen- Deß Academi schen dannenhero machte er sich mit Klingenfeld/ Cavina und Cerebacchio hinauß/ Troll folgete auch/ und gab im Voruͤbergehen der Margara einen holdseeligen Winck/ wordurch er ihr sein hertzliches Verlangen nach der bevorstehenden Nacht zu erkennen geben wolte/ da er doch nicht wuste/ was man ihm fuͤr einen Possen spielen wolte/ sonsten wuͤrde er sich deßfalls nicht so hoch erfreuet haben. Wie sie vor dem Thor spatziereten/ musten sie bekennen/ daß die Lombardey doch ein gesegnetes ed- les Land sey/ allda man ihm ein rechtes irꝛdisches Pa- radiß einbilden moͤchte. Sie kamen vor einen schoͤnen Garten/ welcher offen stund/ dahero giengen sie hin- ein/ und die Hoͤflichkeit deß Gaͤrtners war so groß/ daß er ihnen allerhand schoͤne Fruͤchte vorsetzte. Sol- ches aber war kaum geschehen/ als ein ansehnlicher Edelmann/ dem dieser Garten zustund/ hinein kam/ welcher dem Printzen allerhand Charess en erzeigete/ und um seinetwillen eine schoͤne Cascade springen ließ. Hernach fuͤhrete er sie in eine Grotte/ und bewirthete sie mit einem herꝛlichen Trunck Wein/ und den edel- sten Confitur en. Sie wolten hernach ihren Abschied nehmen/ aber auß dem Respect, den der Printz von den andern empfieng/ merckete er/ daß er mehr/ als ein Edelmann seyn muͤste/ bathe ihn demnach/ nur noch eine Stunde bey ihm zu bleiben/ und ihm Gesellschafft zu leisten. Jnzwischen hatte er gleich Anfangs nach der Stadt geschickt/ und eine gute Mahlzeit zurich- ten lassen. Die Worte/ welche er herfuͤr brachte/ wa- ren so verbindlich/ daß die andern besorgten/ eine Un- hoͤflichkeit zu begehen/ im Fall sie ihm seine Bitte wuͤrden abschlagen. Dannenhero blieben sie bey ihm/ da er sie dann die uͤbrige Zeit ausserhalb deß Gartens auf sein Korn-Feld fuͤhre t e/ neben welchem ein Cry- stall- Romans I. Buch. stall-klarer Bach hinfloß/ dessen Ufer mit niedrigen Waͤyden-Baͤumen bepflantzet war/ an denen die schoͤnsten Wein-Reben hinauf wuchsen/ daß es ohne sonderbare Ergoͤtzlichkeit nicht moͤchte betrachtet werden. Nachdem endlich anderthalbe Stunden verflos- sen/ kam eine stattliche Carosse, darinn deß Edelmañs Eheliebste sasse mit ihrer Tochter/ und noch einer an- dern ansehnlichen Jungfrau/ samt einem holdseeligen Juͤngling/ diese brachten allerhand warme Speisen mit/ und nachdem sie den Printzen und seine Gesell- schafft gebuͤhrlich bewillkommet/ ward aufgedecket/ und ein Jede r setzete sich an seinen angewiesenen Ort. Troll aber/ dem es sein Herꝛ zu gut halten muste/ tratt zu dem Edelmann/ Patina genannt/ und fragte ihn/ vor wie viel Personen er angerichtet haͤtte? Der Edelmann sahe wol/ daß dieser ein lustiger Kump/ sprach demnach: Vor mich/ und alle diese Gaͤste/ mey- net ihr etwa/ daß ihr nicht satt werden moͤget? Jch frage es vergebens nicht/ replici rte Troll/ dann ihr wisset noch nicht/ was ihr an diesem Menschen/ (auf Cerebacchium zielend/) fuͤr ein Mast-Schwein habt/ er frisset allein vor 4. Personen/ und trincket/ so lange er Wein fuͤr sich findet. Jch wil ihn schon/ sprach der Edelmann/ so viel fuͤrsetzen/ daß er seinen Hunger gnugsam daran wird stillen koͤnnen. Cerebacchius aber schaͤmete sich dieser Rede so sehr/ daß er auch zu diesem mahl wenig Speise genosse. Solches sahe Troll/ dannenhero sagte er zu ihm: Er moͤchte sich doch seinethalben nicht schaͤmen/ ob er gleich seine Kurtzweil mit der alten Frauen die verwichene Nacht gehabt/ darfuͤr koͤnne er jetzo doch wol seine Mahlzeit thun. Cerebacchius lachete dieser Worte/ und sagte: Er haͤtte seinen Magen schon gefuͤllet/ inmassen der- S 2 selbe Deß Academi schen selbe sich deß guten Fruͤhstuͤckes noch nicht entlediget haͤtte. Hieruͤber schuͤttelte Klingenfeld den Kopff/ sagend: Difficile est tristi fingere mente jocum, nec bene mendaci risus componitur ore. Cerebacchius gab keine andere Antwort/ als daß er sagte: Riden- tem dicere verum, quid vetat? Als man dieses redete/ merckete Troll/ daß die zwo Jungfrauen gar genau zuhoͤreten/ dannenhero wolte er sie auf seine Weise aufziehen/ und sagte: Meine Jungfrauen/ die Zeit wird euch lange/ redet nur fein huͤbsch Latein mit in der Reige/ so habt ihr eine feine Kurtzweil. Hierauf gab ihm die eine diesen Bescheid: Primum auscultare disce, si nescis loqui. Durch welche Worte der Die- ner in grosse Bestuͤrtzung verfiel/ dann er bildete ihm nicht ein/ daß diese Dame Latein verstuͤnde/ wie dann keiner von den andern solches gedacht haͤtte. Als der Printz aber hoͤrete/ daß er eine Fraͤuliche Muse vor sich haͤtte/ bath er ihren Vatter um Verzeyhung/ daß er sich mit ihr in einen Discurs einlassen moͤchte/ wel- ches dem Patina sehr wol gefiel. Also fiengen sie einen schoͤnen Discurs mit einander an/ und die Jungfrau wuste auf alle Fragen in Lateinischer Sprache ferti- gen Bescheid zu geben. Klingenfeld fragte den Cerebacchium, ob er wol ehe von dieser Jungfrau gehoͤret/ und dieser gab ihm Bescheid/ daß kein Student in gantz Padua, der nicht von ihr zu sagen wuͤste/ allermassen sie nicht al- lein durch ihre loͤbliche Wissenschafften/ sondern fuͤr- nemlich durch eine herꝛliche Lateinische Oration, die sie uͤber den gluͤcklichen Entsatz der Stadt Wien da- mahl gehalten/ ihren Namen/ welcher Carola Catha- rina Patina hiesse/ in aller Welt bekandt gemacht haͤt- te. Es ist mir von Hertzen lieb/ sprach Klingenfeld/ daß ich das Gluͤck habe/ dieses hochgelehrte Mus en- Kind Romans I. Buch. Kind zu sehen. Hiermit wandte er sich zu der andern Jungfrau/ die sich Ilmene nennete/ und forschete/ wie sie so genau zuhoͤrete/ ob sie etwa auch die Lateinische Sprache verstuͤnde? Aures hominum, war ihre Ant- wort/ plerumque novitate lætantur. Diese Antwort bestuͤrtzete den Teutschen noch mehr/ daß er meynete/ er waͤre unter lauter Mus en gerathen. Er bekannte aber dieser Ilmene, daß man in gantz Teutschland von der gelehrten Carola Catharina Patina zu sagen wuͤste/ und daß mancher Printz verlangete/ sie zu sehen. Ilme- ne sprach hierauf anders nichts/ als dieses: Principi- bus placuisse viris non ultima laus est. Und Klingen- feld forschete/ was sie bewogen haͤtte/ die schwere Stu- dia anzutretten? Die Antwort war diese: Invenio apud sapientes, honestisfimum esse, majorum vestigia sequi, si modò rectô itinere præcesserint. Nachdem endlich der Printz seinen Discurs mit der andern Damoiselle geendiget/ bekannte er/ daß er ihres gleichen unter dem Fraͤulichen Geschlecht sein Lebtage nicht gefunden/ glaube auch nicht/ daß jemah- len eine Dame auf die Studia sich insonderheit geleget haͤtte. Klingenfeld fiel ihm jetzo mit grosser Beschei- denheit ins Wort/ und sagte: Mein Printz/ ich muß zwar selber bekennen/ daß ich nimmer das Gluͤck ge- habt/ mit dergleichen gelehrten Jungfrauen/ wie diese sind/ zu reden/ inzwischen aber ist nicht zu laͤugnen/ daß man wol ehe in der Welt dergleichen kluge und hochgelehrte Jungfrauen und Frauen gehabt/ als er nun ersuchet ward/ als ein gelehrter Cavallier, ihnen etliche Exempel fuͤrzustellen/ da ließ er sich in folgen- den Discurs herauß: Ein gemeiner Mann stehet in den Gedancken/ je einfaͤltiger ein Weibs-Bild/ je zuͤchtiger es sey/ dahero tadelt ein solcher an dem Frauenzimmer die freyen Kuͤnste und hohen Wissen- S 3 schaff- Deß Academi schen schafften/ ihm vorstellend/ das Exempel der gelehrten Griechischen Sappho, welche ein uͤberauß leichtferti- ges Weib gewesen; Aber die in solchen Gedancken stehen/ thun dem gantzen Weiber-Geschlecht eine un- verantwortliche Schmach an. Viel bescheidener ha- ben Ludovices Vives, der hochgelehrte Spanier/ und Erasmus Roterodamus hiervon geurtheilet/ indem sie bezeuget/ man habe niemahlen eine gelehrte Frau oder Jungfrau gesehen/ die unehrlich gewesen/ und ob gleich jetzo ein solch Wildpraͤth einer gelehrten Dam en fast seltzamer/ als ein weisser Rab/ so findet man deren gleichwol noch an Ort und Enden/ da man sie offt nicht gesuchet haͤtte/ ja zu allen Zeiten/ und in allen Laͤndern hat man gelehrte Frauen angetroffen. Die Scythen sind wol die Barbarischten Leute gewesen/ allermassen sie auch nicht mehr Philosophos als den eintzigen Anacharsin aufzuweisen haben/ dan- noch hat sich auch unter ihnen die sehr gelehrte Koͤni- gin Istrina gefunden/ welche ihren Sohn in der Grie- chischen Sprach und andern Wissenschafften unter- richtet hat. Nicaula, Koͤnigin von Saba, kam auß dem inner- sten Mohrenland/ und exerci rte den weisen Salo- mon mit klugen Fragen. Helena/ eine Mohrische Kaͤyserin/ hat zwey Buͤcher in Chaldœischer Sprach geschrieben. Die Persianische Koͤnigin Atossa leh- rete/ wie man die Brieffe stellen muste. Zenobia, der Palmyrener Fuͤrstin/ verstunde Egyptisch/ Griechisch und Latein/ hat die Geschichte ihres Landes aufgese- tzet/ und ihre beyden Soͤhne in den Wissenschafften unterrichtet. Cleopatra, eine Koͤnigin in Egypten/ war fertig in der Hebrœischen/ Arabischen/ Griechi- schen/ Egyptischen und Parthischen Sprach. Edesia und Hypathia, beyde von Alexandria, Jene war eine Base Romans I. Buch. Base deß Welt-Weisen Cyriaci, und diese eine Toch- ter Theonis, und eine Frau deß Isidori, alle beyde sind sehr gelehrt gewesen/ und die Letzte hat in der Plato- nischen Schule mit grossem Zulauff unter dem Kaͤy- ser Arcadia gelehret. Catharina/ eine Tochter Costi, Fuͤrsten von Alexandria, wird um ihrer Wissenschaff- ten und Gottesfurcht willen unter die Heiligen ge- zehlet. Und Hestiæa, auch auß dieser Stadt/ hat uͤber den Homerum von der Trojanischen Belagerung commenti ret. Theano, Pythagoræ Hauß-Frau/ war die Erste unter den Weibern/ die sich auf die Philosophie legte. Themistoclea, gemelten Pythagoræ Schwester/ war nicht weniger gelehrt/ wie auch seine Tochter/ Dame genannt/ und Arignote von Samos, seine Schuͤlerin/ Lastinea Matinea, und Axiothea Phliasia, hoͤreten den weisen Plato in Manns-Kleidern/ es waͤre aber besser gewesen/ man haͤtte ihnen eine besondere Stelle an- gewiesen/ wie man zu Utrecht der hochgelehrten Schurmannin gethan hat. Themista, deß Philoso- phi Leontei von Lampsaco Ehe-Weib/ gieng allezeit mit ihrem Mann in deß Epicuri Lectiones, Arete, Anagallis auß Corcyra, Thargelia, Arginete, wie auch die 4. Schwestern Artemesia, Menexene, Theognis und Pantaclea, waren allesamt gelehrte Weiber/ und diese insonderheit gute Disputiererinnen. Aganice verstunde den Himmels-Lauff sehr wol/ und Plutar- chus kan Cleobulinam, deß weisen Cleobuli Tochter/ wegen ihrer sonderbaren Wissenschafften nicht gnug- sam loben. Socrates ward zwar von dem Oraculo selber fuͤr den Allerweisesten außgeruffen/ dannoch hielte er Atossam von Mileto fuͤr seine Meisterin. Von der hochverstaͤndigen Hipparchia, und ihrer Ehe/ mit dem armen/ doch weisen Crates, koͤnte man S 4 viel Deß Academi schen viel erzehlen/ wann uns die Kuͤrtze nicht zu sehr re- commendi rt waͤre. Amphiclea, die beyde Gemine, Mutter und Toch- ter/ Anastasia, Leontium, Barsine, Alex. Magni Ge- mahlin/ Gorgon, Timoclea von Thebæ, Hippias von Lacedæmon, Mycale, Nicarete von Megara, Perictyo- ne und Phintys, beyde Nachfolgerinnen deß Pytha- goræ, Sosipatra auß Lydien/ Hydra, Myro, Pulcheria, Kaͤysers Arcadii, und Anna, Kaͤysers Alexii Comme- ni Tochter/ lagen staͤts uͤber den Buͤchern/ und hatten wegen ihrer Wissenschafften grosses Lob. Bey den Roͤmern hat sich jederzeit eine sonder- bare Begierde zu den Wissenschafften eraͤugnet/ dar- an auch das Frauenzimmer offt seinen Theil haben wolte. Cicero kan nicht gnugsam preisen Corneliam, deß grossen Scipionis Africani Tochter/ und Mutter der wolsprechenden Gracchorum, er ruͤhmet sich/ ihre Brieffe gelesen zu haben/ und urtheilet darauß/ daß ermelte Gracchi ihre meiste Kunst von dieser gelehr- ten Mutter empfangen. Eine andere Cornelia, Me- telli Scipionis Tochter/ und deß grossen Pompeji Ge- mahlin/ hat ebenmaͤssig wol studi ret/ und gleichwie Martialis, deß Atreii Clementis Hauß-Frau/ Sabinam Atestinam, also erhebet Sallustius eine gelehrte Dame, Sempronia genannt/ wegen ihrer sonderbaren Wis- senschafft/ gleichsam biß in den Himmel. Zur selbigen Zeit lebete auch Terentia, erstlich eine Gemahlin Ciceronis, hernach Sallustii, und end- lich Messalæ Corvini, diese war gelehrt/ und eine gute Rednerin/ dann sie gieng Tag und Nacht mit einem von vorbesagten fuͤrtrefflichen Maͤnnern um. Dieser hat Pompeja Paulina, deß hochweisen Senecæ Gemah- lin/ nichts nachgegeben/ Ja/ es schiene/ als wann die gelehrten Roͤmer sich allein mit wolsprechenden Mu- s en zu Romans I. Buch. s en zu vermaͤhlen/ verpflichtet haͤtten. Martia war deß Hortensii, Polla deß Lucani, Pudentilla deß Apuleii, Rusticiana deß Symmachi, Claudia deß Statii Papinii, und Calphurnia deß Plinii allesamt hochgelehrte Ehe- Weiber ihrer Welt-bekandten Maͤnner. Julia Augusta, Kaͤysers Severi Gemahlin/ hat gnugsam erwiesen/ daß die Gelehrtigkeit in Ungluͤck einen Trost schaffe. Eugenia, eine Tochter Philippi, gehoͤret auch unter diese Zahl/ und in dem ff. de Jur. dot. wird deß Plotiani schen Gesetzes gedacht/ worbey man gedencken muß/ daß diese Plotiana in Rechts- Sachen sehr hoch gekommen/ also/ daß der fuͤrtreff- liche Jurist/ Celsus, selber an sie geschrieben hat. S. Hieronymus ruͤhmet Fabiolam und Marcellam, wegen ihres grossen Verstandes in der Theologie, welchem auch die Eustachia, der Paulæ Romanæ Toch- ter/ als ein rechtes Muster gelehrter Weiber bekandt gewesen. Nachdem das Roͤmische Reich durch seine Last zerfallen/ und den Nordischen Voͤlckern grossen Theils Jtalien zu Theil worden/ hat man gesehen/ die hochgelehrte Amalas Venta, welche war eine Tochter Theodorici, und eine Mutter Atalarici, sie sasse auf den Thron ihres Vatters/ neben gemeltemihrem Sohn/ als ein rechtes Muster der Wolredenheit/ und war erfahren in allen Sprachen der Voͤlcker/ so in dem Roͤmischen Reich einige Gemeinschafft hatten. Jn diesem Stuͤck sind auch nicht vorbey zu gehen Lueretia, de Este von Ferrara, Hertzogin von Urbin/ Vittoria Colonna, Gemahlin deß Ferdinandi d’Avi- la, Marggrafen von Pescara, und Feld-Obristen Ca- roli V. in Jtalien. Clara Orsina, und Laura Brescina, welche an den hochgelehrten Florentiner/ Girolamo S 5 Savana- Deß Academi schen Savanarola schoͤne Brieffe geschrieben. Constanza, Alexandri Sforzæ Gemahlin/ samt ihrer Tochter Ballista, Hippolyta, Sforza, Francisci, deß Maͤylaͤndi- schen Hertzogs Tochter/ Battista, Malatesta, eine Toch- ter Galeatii, Printzen von Pesara, und Gemahlin Guidonis Montefeltri, Hertzogs von Urbin/ Maria d’Arragona, Marquisin von Vascowar/ sehr schoͤn und hochgelehrt. Cassandra Fridelis von Venedig/ hat zu Padua mit Verwunderung aller Zuhoͤrer uͤber alles/ was ihr vorgebracht worden/ disputi ret. Ange- lus Politianus, hat einen sehr artigen Brieff an sie ge- schrieben/ weil sie die Feder mit der Nadel verwech- selt. Cecilia, eine Tochter deß Hertzogen von Mantua, Catharina von Siena, Christina von Pisa, und inson- derheit Damiselle Trivultia, waren allesamt sehr ge- lehrte Dames, diese Letzte kunte eine gantze Oration, welche sie nur einmahl gehoͤret/ von Wort zu Wort wieder hersagen. Isabella Andreini, wie auch Angela, Genebria, Laura und Isosta, alle vier auß dem Vero- nensischen hohen Geschlechte Nagarola, ferner Her- cilia Cortesia de Monte, und Olympia Fulvia Morata von Ferrara, wie nicht weniger Lucretia Marinella, sind alle dem Namen nach unsterblich worden/ we- gen ihrer sonderbaren Wissenschafften in den freyen Kuͤnsten. Das XXV. Capitul/ Allhier werden die Namen deren gelehrte Dames angefuͤh- ret/ so jemahlen in Spanien/ Franckreich/ Engelland und Teuischland zu finden gewesen sind. S Panien hat auch seine gelehrte Frauen- Mus en gehabt/ und wollen wir an diesem Ort der Isabella, Ferdinandi von Arragoni en Gemah- lin/ (durch welche Ehe Arragoni en und Castili en un- ter eine Kron kommen/) die Oberstelle goͤnnen/ weil sie Romans I. Buch. sie eine Koͤnigin/ und in der Lateinischen Sprach/ ja auch selber in Krieges-Sachen uͤberauß wol geuͤbet und erfahren war. Jhre Tochter/ Johanna, eine Ge- mahlin Philippi, Ertz-Hertzogs von Oesterreichs/ und Caroli V. Mutter/ hat alle Spanische Orationes, wormit man in allen Staͤdten den neuen Printzen empfieng/ in nett Latein beantwortet. Solches hat auch gethan ihre Schwester/ Catharina, Henrici VIII. Koͤnigs in Engelland Gemahlin/ welche auch etliche schoͤne Tractat en an das Liecht gegeben. Von diesen Schwestern sind zwo unvermaͤhlet in Portugall ge- storben/ welche ebenmaͤssig sehr gelehrt gewesen/ also daß Lud. Vives bekennet/ man habe niemahls gesehen/ daß Dames auß einem Koͤnigl. Hauß so ehrbar gele- bet/ so leutseelig sich gegen das Volck erzeiget/ ihre respectivè Gemahlen so sehr geliebet/ so weiß und verstaͤndig gewesen/ als diese 4. Schwestern/ daß mag wol heissen: ‒ ‒ Didicisse fideliter artes, Emollit mores, nec sinit esse feros. Wer Kuͤnste redlich lernt/ wird schwerlich wilde seyn/ Kunst floͤsst den Sitten selbst leutseeligs Wesen ein. Auß Spanien ist auch entsprossen Aloisia Sigea, eine zarte Jungfrau von Toledo, welche in Latein/ Grie- chisch/ Hebrœisch/ Syrisch und Arabisch/ fast ihres Gleichen damahlen in Spanien nicht hatte. Jhr Vatter war Didacus Sigeus, ein sehr gelehrter Mañ/ der auch seine andere Tochter/ Angela genannt/ in der Lateinischen und Griechischen Sprach sehr weit ge- bracht/ und eben diese war eine von den besten Mei- sterinnen/ ihrer Zeit/ in der Music. Das haͤßliche Liebes-Buch/ so unter dem Namen dieser frommen und gelehrten Jungfrauen herum getragen worden/ ist eine Erfindung eines solchen Menschen/ der sein Summum Deß Academi schen Summum in dergleichen Sachen gesuchet hat. Und gleich wie besagter Vives von Angela Zabata, also macht Metamorus in Beschreibung der Spanischen Academi en und gelehrter Leute/ viel Worte von vier hochgelehrten Jungfrauen/ welche sind Mencia Men- doza, Hertzogin von Calabri en/ Anna de Osorio, von fuͤrnehmen Geschlecht auß Burgos, Isabella Joënsis, eine Edle Jungfrau von Barcelona, von Catharina Pacensis. Unter diese Zahl muͤssen auch gerechnet werden/ Francisca Nebrissensis, Antonii Nebrissensis, Koͤnigl. Historici, und hochgelehrten Professoris Tochter/ welche an statt ihres Vatters bißweilen oͤffentlich profiti ret hat. Catharina von Portugall/ Koͤnigs Johannis III. Bruders Eduardi Tochter/ und Gemahlin deß Her- tzogen von Braganza, (durch welche Heyrath dieses Hauß hernach zur Kron kam/) und ihre Schwester Maria, welche A. 1565. Alexandrum, Printzen von Parma, zu Bruͤssel heyrathete/ waren fertig in Grie- chisch/ Latein und Mathesi. Die Schrifften der Oliva Sabuco werden von dem gelehrten Christoph. à Costa sehr geruͤhmt. Juliana Morella von Barcellona war in Griechisch/ Hebrœisch und Latein perfect. A. 1606. im 13. Jahr ihres Alters/ hat sie etliche Theologi sche Theses offentlich defendi rt/ herauß gegeben/ und der Spanischen Koͤnigin Margaretha dedici ret. Sie hat viel Sachen geschrieben/ und ist sehr wol belesen ge- wesen/ dahero sie Johannes Claudius, Doctor Theolo- giæ und Canonicus zu Lyon an S. Pauli/ in seinen Schrifften vor ein Miracul deß Weiblichen Ge- schlechts außgibt. Sie hat fuͤr wenigen Jahren noch zu Avignon im Kloster-Stande gelebet. Unter den Frantzosen bekommet Marguerite de Valois, Romans I. Buch. Valois, Koͤnigs Francisci I. Schwester/ und Gemah- lin Henrici d’Albret, Koͤnigs in Navarra, den Vor- zug. Diese wird unter die gelehrtesten Dames der Welt gezehlet/ und von vielen hochgelehrten Maͤn- nern gewaltig herauß gestrichen. Valentine d’Alsi- nois, auch eine gelehrte Jungfrau/ hat ihr folgende Grab-Schrifft zu Ehren aufgesetzet: Musarum decima, \& Charitum quarta, inclyta Regum Et soror \& conjux, Margaris illa jacet. Die vierdte Huld-Goͤttin/ die zehnde Muse ligt/ Hier unter diesem Stein! Die Schwester und Gemahl Der grossen Koͤnige! Sie uͤbertraff die Zahl Der Mus en durch Verstand/ doch hat der Tod gesiegt. Jhre Tochter/ Jane d’Albret, wird von dem Welt- bekandten Thuano wegen ihrer Weißheit und hohen Wissenschafften gleichsam in Himmel erhoben/ und hat der allerweiseste Koͤnig Henricus IV. die Ehre ge- habt/ von ihr zur Welt getragen zu werden. Claude Catharine de Clermont, Hertzogin de Rez, war so ge- lehrt/ daß man sie/ als die Pohlnischen Gesandten Carolum IX. Koͤnig in Franckreich/ Catharinen seine Mutter/ und Henricum, den neu-erwaͤhlten Pohlni- schen Koͤnig zu gruͤssen kamen/ und selbige in Lateini- scher Sprach anredeten/ fuͤr einen Dollmetscher brauchte. Jean Morel, ein fuͤrnehmer gelehrter Frantzoß/ hatte in seinem Hauß 4. hochgelehrte Weibs-Bilder/ welche waren Dolcina seine Liebste/ und seine 3. Toͤch- ter/ benanntlich Camilla, Lucretia und Diana. Catha- rina des Roches von Poictiers, eine Tochter ihrer auch so genannten hochgelehrten Mutter/ war so geuͤbt in der Poësi, daß alle Tage viel gelehrte Maͤnner in ihr Hauß/ als eine hohe Schul/ kamen/ und allemahl ge- lehrter wieder herauß giengen. Thuanus ruͤhmet in diesem Deß Academi schen diesem Stuͤck auch Catharinam de Parthenay deSou- bize, Gemahlin deß Renè de Rohan, und N. Harpyn hat die Controversias Theologicas in Frantzoͤsischer Sprach herauß gegeben. Von Heloise, deß beruͤhmten Theologi Abelar- di Ehe-Liebste/ machet Estienne Pasquiren Recherches de la France 5. 19. viel Ruͤhmens/ und Nicole, wie auch ihre Schwester Lovis de Vienne, ingleichem Jenne Lasse, wurden unter die gelehrtesten Dames, ih- rer Zeit/ gerechnet. Jn der Griechischen/ Lateinischen und Hebrœischen Sprach/ waren vor wenig Jahren annoch beruͤhmet Louvyse Sarazin, und Marie de Gournay. Jm uͤbrigen sind in Franckreich annoch folgende Dames wegen ihrer herꝛlichen Wissenschaff- ten in das Register deß ewigen Andenckens aufzu- zeichnen: La Baillive, Magdalene Neveu, mere, Ni- cole Estienne, Ifabeau de Uzumeny, Magdalene de Laubespine, Magdalene Chemerault, Magdalene des Champs, Marie de Pierrevive, Anne de Lautier, Anne du Prat, fille, Anne Seguier, mere, Philippe du Prat, fille, Sibylle Scere, Loyse l’Abbe, Marguerite d’Austri- che, Marguerite de Cambis, Marie de Coste blanche, Marie Dentiere, Marie de la Huye, Marie d’Homier, Marie Estuard, Christine de Castel, Peronelle du Guil- let, Gabriele de Bourbon, Helisenne de Crenne, An- thoinette Peronnet, Susanne Habert, Lezine Gaultier, Christine de Pise, Clemence Isau, Dame Tholosaine. Jeanne Flore. Auß dem vesten Land setzen wir uͤber die See in Engelland/ worinnen Cambra die Schoͤne/ deß Brit- tanischen Koͤnigs Belin Tochter/ etwan 373. Jahr vor Christi Geburt ein Buch von den Sicambrischen Historien geschrieben hat. Martia Proba, Koͤnigin von Brittanien/ war fast in allen Kuͤnsten sehr ge- lehrt/ Romans I. Buch. lehrt/ sie lebete im 348. sten Jahr vor Christi Geburt. Alconora, Koͤnigin von Engelland/ Helena Flavia Augusta, Koͤnigs Cœlii Tochter/ und Claudia Rufina, haben schoͤne Sachen geschrieben. Der Letztern ge- dencket Martialis mit grossem Ruhm. Brigitte ist wegen ihrer Wissenschafften/ Schrifften und Got- tesfurcht von dem Papst A. 518. unter die Heiligen gezehlet worden. Gilberta Anglica ist bekandt/ weil sie in Manns-Kleidern sich auf die freyen Kuͤnste ge- leget/ ob es aber wahr sey/ daß sie unter dem Namen Johannis VIII. (wie Platina und Boccacius wollen/) oder Johannis VII. (wie Sabellicus fuͤrgibt/) an Papst Leonis Stelle kommen/ darvon lasse ich an- dere reden. Unter die gelehrten Englischen Dames werden auch gezehlet Ursula Cynotura, Dionethi, eines Prin- tzen von Cornwall Tochter. Hilda Horesvita, Eduini, Koͤnigs von Northumberland Base/ welche im Jahr 670. von geistlichen Sachen viel geschrieben. Gisla und Richtruda, zwey geistliche Jungfrauen/ Juliana Barnes, eine Adeliche Jungfrau/ welche A. 1470. viel schoͤne Sachen geschrieben. Der hochgelehrte En- glische Cantzler/ Thomas Morus, ließ seine Toͤchter Margaretham, Catharinam und Ceciliam, samt seiner Basen Gigia, in der Lateinischen Sprach dermassen unterweisen/ daß sich Erasmus Roterodamus, an wel- chen sie allerseits geschrieben/ nicht gnug uͤber ihren Stylum hat verwundern koͤnnen. Anna, Margaretha und Jane Semers, 3. Schwestern/ haben obengemelter Margaretha, Koͤnigin von Navarra, herꝛliche Verse zu Ehren geschrieben. Catharina Parr, deß Englischen Koͤnigs Henrici VIII. Gemahlin/ hat in geistlichen Sachen wackere Schrifften nachgelassen/ als sie A. 1549. gestorben. Elisabetha Deß Academi schen Elisabetha Joanna Westonia, eine Edle Dame und treffliche Poetin/ verstund sehr viel Sprachen/ wie sie dann das Buch/ Parthenicon genannt/ ge- schrieben/ und zu Prag hat drucken lassen/ woselbst sie den fuͤrnehmen Rechtsgelehrten/ Johannes Leo genannt/ geheyrathet hat. Bekandt ist die schoͤne und wol-erfundene Ar- cadia, ein trefflicher Roman, welchen Philipp/ Baron von Sidney/ seiner Schwester/ Maria Sidney/ Graͤ- fin von Pembrock/ dedici rt hat/ weilen sie eine von den gelehrtesten Dames ihrer Zeit war. Jane Gray war erfahren in Hebrœisch/ Griechisch und Latein/ und legte sich sehr auf die Theologie, aber letztlich/ als diese Prinzessin von Koͤnigl. Gebluͤt nach dem Tod Eduardi, durch Ehrsucht ihres Schwieger- Vatters zur Englischen Kron gelanget/ hat sie eines andern Missethat mit ihrem Blut buͤssen muͤssen. Jhre Baß/ Koͤnigin Elisabeth von Engelland/ redete Lateinisch/ Teutsch/ Jtaliaͤnisch und Frantzoͤ- sisch/ verstunde auch die Music und Poesi. Nach ih- rem Tode hat ihr diese zween Verse ein guter Lands- mann in Englischer Sprach hinterlassen: Spaines Rod, Romes Ruine, Netherlands Reliefe, Earths Joy, Englands Jem, Werlds Wonder, Nature Chiefe. Der Spanier Ruthe/ der Roͤmer Ruin/ Deß Niederlands Hoffnung/ durch die uns verziehn/ Was kraͤncket die Erde/ gantz Engelland liebet/ Den Edelgestein/ der kraͤfftig ihm giebet/ Das/ was es verlangt/ ein Wunder der Welt. Das selbst die Natur auch fuͤrs Meisterstuck haͤlt. Die auch also genannte Koͤnigin Elisabetha, eine Prinzessin/ und deß Schottischen Koͤnigs Jacobi Tochter/ war erfahren in 6. Sprachen/ in der Philo- sophie, Romans I. Buch. sophie, Theologie und Historien. Auß demselben Koͤnigl. Stamm ist auch wegen ihrer hohen Wissen- schafft beruͤhmt gewesen/ Arbella Stuart. Von den Hoch-Teutschen/ wie sie in uhralten Zeiten gelebet/ duͤrffen wir deßfalls nicht viel Ruͤh- mens machen. Dann Maͤnner und Weiber verstun- den gleiche viel von hohen Wissenschafften/ das ist/ Beyde nichts. Aber mit der Zeit sind die guten Sit- ten und Wissenschafften auch in unsere Graͤntzen ge- schlichen. Roswida, von Sachsen geboren/ eine Kloster- Jungfrau zu Gandersheim/ hat nicht allein die Grie- chische und Lateinische Sprache wol verstanden/ son- dern auch viel herꝛliche Schrifften und Tractat en her- auß gegeben. Elisabeth/ eine Aebtissin zu Schoͤnaugen im Ertz- Stifft Trier/ hat an ihre Kloster-Schwestern in La- tein gar viel geschrieben. Unter andern von dem Weg gen Himmel/ und ein Buch voll gelehrter Brieffe. Zu Zeiten Kaͤysers Henrici I. und Papsts Eugenii, lebete Hildegradis, Aebtissin von St. Robberts Berg am Nahe-Fluß/ von Edlem Geschlecht/ und grossen Wis- senschafften/ dessen ihre Schrifften/ und die Brieffe der gelehrtesten Bischoͤffe in der gantzen Welt Zeug- nuͤß sind. Etwas von ihren Wercken/ und die schwe- resten Fragen in heiligen Sachen/ sind A. 1566. zu Coͤlln gedruckt. Eine andere Hildegradis von Maͤyntz/ auch eine Aebtissin/ hat viel herauß gegeben/ welches annoch im Wesen ist/ wie dann auch der H. Bernhardus an sie/ als eine hochgelehrte Dame, gar offt und viel geschrie- ben hat. Sie hat viel Theologi sche Tractat en außge- geben/ und/ wegen ihrer sonderbaren Wissenschafft/ haben die Paͤpste/ Eugenius III. Anastasius IV. und T Adria- Deß Academi schen Adrianus IV. auch die Roͤmische Kaͤyser/ Conrad’ III. und Fridericus I. an sie geschrieben. Noch eine dritte Hildegradis, zugenannt de Pin- gua, hat von natuͤrlichen Dingen 4. Buͤcher/ von der Natur und Wuͤrckung der Elementen/ etlichen Teut- schen Stroͤhmen/ Kraͤutern/ Baͤumen/ vier-fuͤssigen Thieren/ Fischen und Voͤgeln geschrieben. Angela, Raymondi, deß Boͤhmischen Koͤnigs Tochter/ ist/ nach ihres Herꝛn Vatters Tod/ in das heilige Land gezogen/ und hat sich in den Geistlichen Stand begeben. Brocardus zu Jerusalem hat sie un- terrichtet/ daß sie hernach viel schoͤne Geistliche Sa- chen an den Tag gegeben. Sie lebete ums Jahr Christi 1190. Bey den Hoch-Teutschen gelehrten Frauen habe ich noch ein und anders anzufuͤhren/ als: Cathari- nam, eine Haußfrau Matthiæ Cellii, Predigers zu Straßburg im Muͤnster. Diese hat in reiner Teut- scher Sprache gar zierlich geschrieben wider den Ul- mischen Prediger/ Ludovicum Rabum. Sie hat auch herauß gegeben eine Außlegung uͤber den 50. Psal- men/ und uͤber das Gebett deß HErꝛn. Dorothea Susanna von Baͤyern/ Joh. Wilhel- mi, Hertzogs von Sachsen Gemahlin/ war in grossem Ruhm wegen ihrer Wissenschafft und Erfahrung in der H. Schrifft. Die Schrifften/ so sie außgefertiget/ sind von d’ Academie zu Jena hoch gepriesen worden. Johanna/ eine Tochter Grafen Ulrichs/ und Ge- mahlin Alberti von Oesterreich/ raͤysete nach Rom/ und discurri rte mit dem H. Vatter in Lateinischer Sprache. Es hat sonst das Ansehen/ als wann das Frauen- Volck in denen Niederlanden vor allen andern seines Gleichen zu den Wissenschafften grosse Lust trage/ und tuͤchtig Romans I. Buch. tuͤchtig sey/ allermassen man gar viel solcher gelehrten Dam en darunter gefunden/ darvon ich die Fuͤrnehm- sten herauß suchen wil: Nicolaus Evetnaertsen stieg nicht allein selber wegen seiner sonderbahren Gelehrtigkeit biß in die Præsident en-Stelle deß hohen Raths zu Mecheln/ sondern verließ nach seinem Tod/ ohne die vielfaltige herꝛliche Schrifften/ 4. hoch-gelehrte Soͤhne/ die alle ansehnliche Charg en bedienet/ und eine Tochter/ Isa- bellam, Mutter in St. Agathæ Kloster zu Delfft/ wel- che ihren Bruͤdern/ die Wissenschafft belangend/ nicht viel nachgegeben. Catharina Balduini hat geschrieben den Lust-Hof Geistlicher Ergoͤtzlichkeiten/ und Joanna Ottonia von Gent hat verschiedene Sachen herauß gegeben. Jn den freyen Kuͤnsten/ absonderlich in der Poësie, ist noch juͤngst beruͤhmt gewesen/ Joanna Coomans/ Johannis van der Merschens, Rentmeisters der Staa- ten von Seeland/ eheliche Haußfrau/ wie auch Fran- cisca van Doyem, eine Edle Friesische hoch-gelehrte Dame, diese excelli rte in der Music, in Latein/ Frantzoͤ- sisch/ Jtaliaͤnisch/ und andern Sprachen/ und ward 3. fach Edel tituli ret/ weil ihr Adel durch den Stam̃/ Seel und That sich gnugsam herfuͤr that. Man findet viel herꝛliche Lob-Schrifften und Gedichte/ so ihr zu Ehren von wackern Leuten aufgesetzet sind/ im Druck. Aber/ es gewinnet das Ansehen/ als wann der Name Anna eine sonderbare Neigung zu den freyen Kuͤnsten trage; Sehet darvon den Beweiß durch nachfolgende Exempel: Anna van Borsselen, (eine Gemahlin Philippi, Hertzogs von Burgund/ dessen Vatter war Hertzog Philippus Bonus, ) war sonderlich gelehrt/ und gegen alle andere Musen-Kinder eine andere Mæcenas, wañ T 2 ich Deß Academi schen ich also reden mag. Solches weiß Erasmus Rotero- damus in einem langen Lateinischen Brieff/ den er Anno 1500. auß Pariß an sie schreibet/ nicht gnug zu ruͤhmen. Anna van Sluys, auß einem alten Geschlecht von Dordrecht/ war eine Geistliche Jungfrau/ sehr Gotts- fuͤrchtig/ Tugendsam/ und unglaublich gelehrt. So ruͤhmen auch Melissus Posthius und Smetius, in ihren Lateinischen Versen/ die Anna van Pallant, wegen ih- rer Wissenschafft/ gar sehr. Der Letztere preiset deß- wegen auch Annam Utenhofen/ von Edlem Geschlecht und Geist. Neulich hat noch gelebet Anna, R œ mer Vischers Tochter/ die in verschiedenen Kuͤnsten/ Sprachen und Wissenschafften sehr erfahren war. Der Amsterdamer Poet/ J. U. Vondelen, hat gar ar- tige Verse ihr zu Lob aufgesetzet/ und der hochgelehr- te Staakmans kan wegen ihrer sonderbaren Gelehr- tigkeit und Sprachen nicht gnugsam preisen Annam van Hoorn, die noch vor weniger Zeit zu Amsterdam gelebet hat. Gleich wie die Sternen der Sonnen/ also muͤs- sen auch alle und jede obbeschriebene Frauen-Musen der hoch-gelehrten Jungfrauen/ Anna Maria von Schurman/ einer Edlen Dame in Holland/ weichen. Dieser Außbund von Gelehrtigkeit hat sich in un- serm Seculo meist zu Utrecht aufgehalten/ und es ist noch nicht gar lange/ als man sie annoch unter den gelehrtesten Maͤnnern zu der gantzen gelehrten Welt mit hoͤchster Verwunderung hat disputi ren hoͤren. Wahr ist es/ daß der eine Mensch/ Krafft seines Tem- perament s und Gehirns/ mehr zu der einen als an- dern Wissenschafft inclini ret/ und der von Natur kein Poet ist/ wird immerdar schlechte Verse machen. Etliche legen sich auß einem verborgenen Trieb auf solche Romans I. Buch. solche Wissenschafften/ die allein auf einem guten Verstand beruhen/ wie die Theologia Textualis, Dogmatica, Practica, Elenchtica, \&c. Andere treiben Sachen/ die meist auf dem Gedaͤchtnuͤß beruhen/ wie da sind/ allerhand fremde Sprachen/ die Geographie, Arithmetic, Theologia Positiva, und dergleichen. Noch andere aber erwaͤhlen die Wissenschafften/ dar- bey die Imagination und Einbildungs-Krafft das Beste thut/ als die Schreib-Kunst/ Drucker-Kunst/ Zeichnen oder Schildern auf allerhand Weise/ Bossi- ren in Wachs/ Kupfferstechen/ Music, \&c. Nun aber ist dieses Wunder der Natur um so viel mehr zu verwundern/ weil sich alle dergleichen Wissenschafften bey dieser gelehrten Hollaͤndischen Dam en zusammen in einem Uberfluß/ ja selbst in dem hoͤchsten Grad befunden haben. Damit aber meine Herren etwas benachrichtiget werden/ von ihren Wissenschafften/ so ist zu wissen/ daß sie die Nieder- laͤndische/ Hoch-Teutsche/ Frantzoͤsische und Lateini- sche Sprache perfect gesprochen/ darinn Brieffe ge- schrieben/ und schoͤne Verse gesetzet habe. Die Grie- chische und Bibel-Hebreische Sprache verstunde sie vollkommen/ wuste darvon wol zu urtheilen/ und kun- te auch darinn schreiben. Jn der Jtaliaͤnischen und Englischen Sprache war sie so weit kommen/ daß sie schoͤne Estaats-Buͤcher/ und dergleichen/ von den Jtaliaͤnern beschrieben/ darneben die fuͤrnehmste Theologos von der Englischen Nation und Sprache lesen und gebrauchen kunte. Die Rabinisch-He- breische/ Chaldœische/ Syrische und Arabische Spra- che kunte sie lesen/ verstehen/ und mit der H. Hebrei- schen Sprache conferi ren/ zu besserer Explication der H. Schrifft. Sie hat sich auch geleget auf die Sama- ritanische/ Ethiopische und Persianische Sprachen. T 3 Jn Deß Academi schen Jn den Historicis, Poeten/ Oratoribus, und andern guten Scribent en/ deßgleichen in den freyen Kuͤnsten/ Philosophie, und andern Wissenschafften/ war sie also belesen/ daß sie darvon discurri ren/ und uͤber die schwereste Puncten und Fragen gute Schrifften auf- setzen/ und dicti ren kunte. Sie hatte ferner gute Wis- senschafft/ und ein tieff sinniges Urtheil in Theologia Textuali, Dogmatica, Pragmatica und Elenchtica, biß zu den aller subtil esten und schweresten Scholasti schen Fragen. Sie uͤbete sich auch noch immer weiter in allen Theilen und Method en der Theologie. Jn der Schreibkunst durffte sie keinem Meister weichen/ ja/ sie uͤbertraff darinn den allernettesten Druck/ so wol in Hebreischer/ als Syrischer/ Griechi- scher/ Samaritanischer/ Ethiopischer/ Lateinischer/ Jtaliaͤnischer/ und andern Sprachen/ die meiste Schrifften solcher Sprachen/ so wol in Capital, als stehenden und lauffenden Buchstaben/ schriebe sie vortrefflich schoͤn. Jn der Zeichen- und Schilder- Kunst war sie wol erfahren. Seidene und andere Blumen kunte sie recht nach dem Leben bordiren. Sie mahlete sehr schoͤn in Miniatur, und mit Wasser-Far- ben/ zeichnete gar nett mit dem Bley-Stifft/ Fe- der/ \&c. Mit dem Demant schnitte und schriebe sie sehr schoͤn in Glaß. Sie war auch erfahren im Holtz- schneiden/ und machte darinn schoͤne Bilder. Sie stach in Kupffer/ ja/ selber ihr eigen Conterfait. Jm Wachs- Bossi ren war sie Wunder-wol erfahren/ wie auch in der Music, und fuͤrnemlich auf der Lauten. Sie verstunde die schwereste Estaats- Scribent en/ und Politi sche Buͤcher/ ja/ die Historien allerhand Voͤlcker. Das XXVI . Capitul/ Cavina haͤlt einen Discurs mit der gelehrten Ilmene, Klin- genfeld kommt in Schlaͤgereyelaͤsset sich immatriculi ren. Seltza- mer Zufall zweyer Studenten/ die einander sehr gleich gesehen. Dieser Romans I. Buch. D Ieser deß Klingenfeld Discurs gefiel der gan- tzen anwesenden Gesellschafft uͤberauß wol/ dannenhero wandte ein Jeder seine Augen auf ihn/ ob er etwa noch mehr dergleichen vorbringen moͤchte. Aber er schwieg still/ dahero Cavina Gele- genheit nahm/ mit der Ilmene sich in einen Discurs zu lassen/ und von ihr zu verstehen bekam/ daß sie eine Griechische Dame, fuͤrnehmen Standes sey/ derer El- tern sich in Egypten aufhielten. Sie aber habe auß Liebe zu den freyen Kuͤnsten sich hieher verfuͤget/ und bey dieser Patina, als ihrer liebsten Musen-Schwester/ ins Logiment geleget/ da sie beyde/ in Gesellschafft dieses feinen Griechischen Edelmanns/ Campanelli genannt/ um die Wette mit einander studi reten. So waͤre es ja kein Wunder/ sprach Cavina jetzo/ daß zwi- schen euch/ und zwischen diesem edlen Campanelli, eine Liebe erwuͤchse. Ilmene aber laͤchelte/ unter dieser fer- tigen Antwort: Res est solliciti plena timoris amor. Cavina replici rte: Gleichwol ist es um die Liebe ein artiges Werck. Ilmene: Ut miser est homo, qui amat? Solches muß man/ sprach Cavina, nicht allemahl glauben/ lieben doch wol Stein-alte Leute/ und ver- fallen auf eine junge Thorheit. Ilmene: Amor ju- veni fructus, crimen seni. Cavina: Das ist wol gere- det/ und hat die Schmertzen der Liebe an ihrem Ge- liebten ein fertiges Pflaster. Ilmene: Omnes huma- nos sanat medicina dolores, sol ꝰ amor morbinon amat artificem. Diese Antwort gefiel dem Cavina sehr wol/ welcher anjetzo forschete/ ob ihr die Weise deß Jtaliaͤ- nischen Frauenzim̃ers auch gefiele/ und ob sie sich auch also eingezogen zu halten pflegete? Si fueris Romæ; war ihre Antwort/ Romano vivito more. Aber/ fuhr Jener fort/ die Egyptische Dam en leben freyer/ dan- nenhero koͤnnen sie auch ehe verliebet werden. Ilmene T 4 schuͤt- Deß Academi schen schuͤttelte den Kopff/ und sagte: Cui peccare licet, peccat minùs: ipsa potestas semina nequitiæ langui- diora facit. Klingenfeld bekraͤfftigte diese Worte/ und gab fuͤr/ daß man in Teutschland und Franckreich bey weitem nicht so viel Excess en unter dem Frauen- zimmer erlebete/ als bey dem Jtaliaͤnischen und Tuͤr- ckischen/ welches sehr eingesperret wuͤrde/ und dem- nach weit luͤsterner wuͤrde zu den Liebes-Wercken/ als wann man es nicht also eingesperret haͤtte. Carola Pa- tina wolte ihren Lands-Leuten anjetzo das Wort spre- chen/ und hielte dem Teutschen fuͤr/ ob gleich das ver- schlossene Frauenzimmer suͤndigete/ geschaͤhe es doch in geheim/ daran die andern kein so offenbahres Aer- gernuͤß empfuͤnden/ als an dem starcken Fressen und Sauffen der Teutschen/ welches so haͤuffig und viel- faͤltig/ darzu offentlich geschaͤhe/ daß es kein Wunder/ wann der durchdringende Himmels-Strahl sothane der lieben Jugend hoͤchst-aͤrgerliche Leute vor Jeder- manns Augen offentlich zuͤchtigete. Cerebacchius fand sich durch diese Worte am allermeisten getroffen/ nahm demnach die Antwort auf sich/ welche diese war: Si quoties peccant homi- nes sua fulmina mittat Jupiter, exiguo tempore iner- mis erit. Diese fertige Antwort gefiel der gantzen Ge- sellschafft auß der Massen wol. Jm uͤbrigen/ ob gleich der Printz grosse Lust bezeugete/ mit Campanelli in Vertraulichkeit zu kom̃en/ fand er doch an demselben eine ungemeine Eingezogenheit/ welche zwar seiner zarten Jugend einiger Massen zuzuschreiben/ aber es schiene noch etwas anders darhinter zu stecken/ wel- ches jetzo nicht zu errathen war. Hingegen bezeigete sich Ilmene etwas freymuͤthiger/ und ließ gnugsam se- hen/ daß dem Frauenzim̃er die Conversation mit ehr- lichen und hoͤflichen Juͤnglingen keinen Verdacht bringen Romans I. Buch. bringen koͤnte/ und daß vielmehr die jenigen Jung- frauen zu tadeln/ welche/ um desto ehrbarer und keu- scher angesehen zu seyn/ sich alles Umgangs der Maͤn- ner entzoͤgen/ unterdessen aber heimlich/ und in der Stille/ desto groͤber suͤndigeten. Endlich endigete sich die Mahlzeit/ und damahls bedanckete sich der Printz/ mit sehr hoͤflichen Worten/ gegen den Edelmann/ wie auch alle seine Leute. Die- ser Edelmann war entschlossen/ mit seiner Frauen und Tochter weiter außzufahren/ nach einem andern Meyerhof/ weßwegen/ weil der Wagen zu klein war/ Ilmene und Campanelli sich erklaͤreten/ mit dem Prin- tzen und seiner Gesellschafft nach der Stadt zu gehen/ zu welchem Ende/ und weil in solchem Fall keiner sich seines Pferdes bedienen wolte/ Troll alle Pferde zu- sammen kuppeln/ und der vorgehenden Gesellschafft nachleiten muste/ er selber aber setzete sich auf seines/ dann er hielte es fuͤr eine Thorheit/ zu Fuß zu gehen/ da man ein gut Pferd haben moͤchte. Nachdem sie sich also in 2. Hauffen getheilet/ giengen sie ihres We- ges/ und kamen einander bald auß den Augen. Der Discurs, den diese auf dem Weg zu Fuß unter einan- der fuͤhreten/ war wol anzuhoͤren/ und muste Klingen- feld bekennen/ daß in Teutschland man wenig Dames finden wuͤrde/ so in loͤblichen Wissenschafften es die- ser Ilmene gleich thaͤten/ ob man gleich daselbst einen groͤssern Uberfluß an hohen Schulen haͤtte/ als in Griechenland/ oder Egypten/ allwo die Barbarische Unwissenheit alles verfinsterte. Sie kamen endlich zum Thor/ und funden vor demselben einen ansehnlichen Studenten/ der uhr- ploͤtzlich von mehr als 6. Jtaliaͤnern und Frantzosen uͤberfallen ward/ und stiessen die Degen gewaltig auf ihn loß. Der Printz forschete/ was sie mit diesem T 5 Men- Deß Academi schen Menschen zu thun haͤtten/ und warum ihrer so viel uͤber einem allein her waͤren? Er bekam aber eine her- be Antwort/ indem einer von den andern sagete/ er moͤge sich in keine andere Haͤndel stecken/ und darauf drung eben derselbe mit grosser Gewalt auf den An- gefochtenen/ mit den Worten: Halt/ du Teutscher Hund/ du must sterben/ und solten wir auch alle mit einander daruͤber das Leben lassen. Als Klingenfeld dieses hoͤrete/ rieff er dem angefallenen Studenten auf Teutsch zu/ was fuͤr ein Landsmann er sey? Je- ner antwortete: Jch bin ein Sachs/ und bitte euch von Hertzen/ helffet mir diese Leute bestehen/ ich wil mich vor dem Magistrat schon rechtfertigen/ solten sie auch mit einander umkommen. Damahl zuckete Klin- genfeld den Degen/ und sprach zum Printzen: Mein Herꝛ/ die Teutschen sind jetzo fuͤr Hunde gescholten worden/ solches stehet mir nicht an. Hiermit gieng er auf die Welschen mit solchem Grim̃ loß/ daß dieselbe groͤsten Theils von dem Ersten abliessen/ und sich ge- gen ihn wendeten. Es hatte weder Cavina, noch der Printz/ das Hertz/ wider ihre Landes-Leute zu fechten/ weil es ein Landschaffts Wort war/ daruͤber sie unei- nig worden/ Cerebacchius aber hatte kein Hertz/ son- dern verbarg sich hinter den Pferden. Dannenhero tratt Campanelli mit entzucktem Degen herzu/ und nachdem er sich dem Klingenfeld an die Seite gestel- let/ machten sie den Jtaliaͤnern dermassen zu thun/ daß sie bald eine Reue empfanden/ sich mit den Teut- schen so weit eingelassen zu haben. Klingenfeld hatte ihrer 2. schon die Degen auß der Faust gerissen/ und sie mit solcher Gewalt zu Bo- den geworffen/ daß ihnen geschwand/ als die uͤbrigen sich schon zuruck zu ziehen begunten/ aber der Sachs/ und seine Beystaͤnde/ giengen muthig auf sie loß/ und trieben Romans I. Buch. trieben sie dergestalt/ daß zumahl/ da ihrer noch 2. nie- dergeworffen/ keiner aber von beyden Seiten toͤdt- lich verwundet worden/ der Rest die Flucht ergriffe/ denen jetzo Cerebacchius nachlieff/ und sagte: Stehet still/ ich wil diese Streit-Sache schon vergleichen helffen/ aber ich bedinge einen freyen Schmauß dar- bey. Jene wolten ihn nicht hoͤren/ sondern lieffen ge- schwinder/ als man vermuthet/ nach der Stadt/ und verkrochen sich daselbst/ daß/ als die andern hinein ka- men/ sie nicht wissen kunten/ wohin Jene kom̃en waͤ- ren. Der Sachs aber bedanckete sich sehr hoͤflich ge- gen Klingenfeld/ und den Campanelli, wegen geleiste- ten Beystandes/ er war ein Studiosus Medicinæ, und hatte sich der Streit uͤber eine Dame entsponnen/ mit welcher 2. von den Verwundeten zugehalten/ die aber vor etlichen Tagen diesem Sachsen/ als der ihren Bruder gekannt/ und nur 2. mahl in ihrem Hauß ge- wesen/ etwas freundlich auf der Strassen angesehen/ woruͤber diese 2. noch mehr Studenten an sich gezo- gen hatten/ um diesem Teutschen zu diesem mahl/ da er vor dem Thor spatzieren gieng/ den Rest zu geben/ aber das Gluͤck fuͤgete es anders/ und musten die An- springer mit grosser Schande und Spott wieder darvon ziehen. Es hielte sich aber der Saͤchsische Studiosus Me- dicinæ bey dem Eintritt in die Stadt allstaͤts an deß Klingenfelds Seite/ der auch nicht weit von ihm wei- chen wolte/ demselben aber riethe er/ wofern er nicht dem Geld-Geitz deß Podesta heimfallen wolte/ solte er stehenden Fusses nach dem Rectore Magnifico gehen/ und sich im̃atriculi ren lassen/ damit er in dieser Sache der Academie Schutz geniessen moͤchte; Solches thaͤ- te er/ und ward willig angenommen/ Campanelli aber und Ilmene verfuͤgeten sich zu diesem mahl nach ihrem Logiment in deß Patina Behausung. Klingen- Deß Academi schen Klingenfeld besahe den Lateinischen Eyd/ den er geschworen hatte/ zu Hauß etwas eigentlich/ und be- fand denselben sehr strenge/ welchen er also vorhin nicht betrachtet hatte. Der Printz besahe ihn auch/ und forschete/ ob man auf den Teutschen Academi en sich auch also obligi ren muͤsse? Es varii ret/ sprach Klingenfeld/ auf den Teutschen Academi en/ dann es hat nicht eine/ wie die andere/ ihre Eydes- Formul ein- gerichtet/ uͤber dem muß man auf gewissen Acade- mi en einen leiblichen Eyd schwoͤren/ daß man solchem Eyd punctuell nachkommen wolle; Etliche Acade- mi en hingegen sind mit einem Handschlag/ Statt deß Eydes/ vergnuͤget. Damit aber mein Printz sehen moͤ- ge/ wie sothane Juramenta eingerichtet sind/ wil ich demselben hiermit die Eydes- Formul zeigen/ die ich bey meiner Immatriculation auf der Universit aͤt zu Kiel in Holstein Anno 1682. vor dem Rectore Magni- fico geleistet habe/ selbiger lautet also: Juramentum , quo obstringuntur Studiosi, qui Albo Academiæ Holsatiæ Chilonensis inseruntur. E Go, Bernhard Adolff von Klingenfeld/ \&c. juro, \& sanctè promitto vobis, Domino Pro-Rectori Academiæ hujus, vestrisque in hoc Magistratu \& Officio Successoribus, ac reli- quis Professoribus, debitam Obedientiam, Reverentiam \& Mo- destiam; neque ulla dictorum factorumvè contumeliâ illos me affecturum esse, recipio. Academiæ hujus utilitarem \& com- modum omni tempore \& occasione promovebo, ejusque de- trimentum pro viribus cavebo, \& avertam. Et quod volo servare leges, \& statuta, quæ in hâc Acade- mia vel jam obtinent, vel posthâc sancientur: aut si reus per- agar, \& convincar, pœnæ me submittam. Speciatim \& sanctè promitto, me omni studio enixèque Duella, eorumque occasiones, varii generis injurias vitaturum, \& alios quoque ab iisdem pro virili ac sedulò dehortaturum esse. In judicium jussu Pro-Rectoris, aut Successorum ejus vo- catus, comparere, vel propter delictum aliquod (quod tamen DEUS Romans I. Buch. DEUS clementer avertat,) ex hac civitate intra certum tempus discedere jussus, sententiæ vestræ \& Senatus Acad. parere volo. Nec Arrestum, si quando eô me obligari contingat, igno- tante, aut ron concedente Pro-Rectore deseram. Neq u e hinc discedam, quin Creditoribus meis satis fece- rim, aut e orum expressum consensum obtinuerim. Sic me DEUS adjuvet! Præstitô hoc Juramento d. 19. Aug. 1682. in nume- rum Studiosorum hic loci receptus est Bernhard Adolff von Klingenfeld/ \&c. à N. N. Univ. Kilon. p. t. Pro-Rectore . Worbey dann zu erinnern/ daß man wenige Teutsche Academi en findet/ die durch einen Pro-Recto- rem guberni ret werden/ dann die meisten haben einen Rectorem, der auf etlichen/ gleich wie auch der Pro- Rector, nur ein halbes/ auf andern aber ein gantzes Jahr regieret. Da sie noch mit einander redeten/ ka- men etliche bewaffnete Maͤnner/ und wolten den Klingenfeld zum Podestà oder Gouverneur der Stadt fuͤhren/ aber er entschuldigete sich/ daß er nicht unter seiner Jurisdiction stuͤnde/ weil er sich dem Rectori Magnifico schon untergeben haͤtte. Hiermit musten diese Leute wieder abziehen/ wobey zu wissen/ daß die Jtaliaͤner/ welche sich mit der Flucht darvon ge- macht/ zu dem Podestà sich verfuͤget/ und ihm die Sa- che also angeben hatten/ daß er Ursache haͤtte/ sich die- ses Teutschen/ der unter dem Rectore nicht stuͤnde/ zu bemaͤchtigen/ und ihn deß gethanen Excess es halben gebuͤhrlich abzustraffen. Der Gouverneur sandte zwar darauf/ als seine Leute unverrichteter Sachen wieder kamen/ zum Rectore, und ließ ihn fragen/ ob Klingen- feld in seinem Schutz stuͤnde? Ob nun dieser gleich alsobald behauptete/ daß dieser Studiosus in seine Ma- tricul gehoͤre/ wolte sich doch der Andere nicht daran kehren/ weil die Schlaͤgerey vor der Immatriculation geschehen Deß Academi schen geschehen waͤre; Dannenhero gab er seinen Leuten Ordre, daß sie bey angehender Nacht das Wirths- Hauß/ darinn er mit dem Printzen lag/ von weitem und unvermerckt besetzen solten/ damit er ihm nicht entwischen moͤchte/ inmassen er ein Stuͤck Geldes von ihm zu erschnappen gedachte. Der Teutsche Studio- sus aber/ dem solches bald zu Ohren kam/ verfuͤgete sich zum Vorsteher ihrer Nation, und brachte einen Hauffen Studiosos auf seine Seite/ denen er nicht allein seine Action zuwissen thaͤte/ sondern auch/ was man wider ihren getreuen Landsmann/ den tapffern Klingenfeld/ im Schild fuͤhrete/ wannenhero sie sich auf allen Fall parat hielten/ demselben nach aͤusser- stem Vermoͤgen zu succurri ren/ damit ihm keine Ge- walt angethan wuͤrde. Unterdessen sasse der Printz/ nebst Klingenfeld und Cavina, in einem Gemach diesen Nachmittag bey ihrem Haußwirth/ welcher ihnen allerhand artige Possen/ die er unter den Studenten allhier erlebet/ erzehlete/ und zuletzt beschlosse/ daß sehr viel Studiosi auf den Academi en allzuklug gemacht wuͤrden/ die ih- ren Verstand offt mißbraucheten/ und in Schlaͤge- reyen/ Liebes-Haͤndeln/ ja gar in liederlichen Possen/ solche Haͤndel anfiengen/ daß er keinen von seinen Soͤhnen wuͤrde studi ren lassen/ solte er deren auch 6. haben. Klingenfeld bekraͤfftigte solches/ und sprach/ daß man den guten Gebrauch um deß Mißbrauchs willen nicht alsobald muͤste aufheben/ im uͤbrigen wisse er wol/ was fuͤr seltzame Haͤndel unter den Stu- denten fuͤrgiengen/ und wie mancher von liederlicher Gesellschafft sich dergestalt verfuͤhren ließ daß er un- ter die Gaudiebe geriethe/ und darunter offt ein rechtschaffener Meister worden. Weil aber dem Printzen die Zeit zu lang werden wolte/ ersuchete er den Romans I. Buch. den Klingenfeld/ ihm doch etliche Merck-wuͤrdige Studenten-Possen zu erzehlen/ worinn dieser also- bald gehehlete/ und seine Erzehlung folgender Mas- sen begunte: Es ist ein Streit unter den Naturkuͤn- digern/ warum theils Kinder ihren Eltern/ theils aber denselben nicht gleich sehen? Jns gemein wird solches den Bildungs-Kraͤfften/ und dann der unterschied- lichen Beschaffenheit deß Saamens/ wie auch dem Gestirn/ beygemessen/ und solches alles kan sich finden in 2. zugleich empfangenen und gebohrnen Kindern/ welcher Mutter etwan eine Person zu der Zeit/ in welcher sich die Leibes-Frucht zu gestalten pfleget/ be- trachtet/ wie wir hiervon ein denckwuͤrdiges und wah- res Exempel/ ob es gleich einem Freuden-Spiel nicht gar unaͤhnlich/ beyfuͤgen wollen. Jn der Stadt Aqui- la, im Koͤnigreich Neapoli, haben sich 2. Knaben ge- funden/ welche in dem Angesicht/ an der Stirnen/ Al- ter/ Groͤsse und Gebaͤrden/ einander gantz voͤllig gleich/ daß keiner vor dem andern zu erkennen gewesen/ als an den Kleidern/ welche bey Hermolas viel stattlicher/ der eines Edelmanns Sohn/ als bey Eleonor, eines gemeinen Buͤrgers Kind. Als Hermolas die Knaben- Jahre zuruck geleget/ wird er weggesandt/ seinem Studi ren ferner obzuligen. Er findet aber eine Jung- frau/ Prudentia genannt/ welcher Schoͤnheit ihme sei- ne Freyheit zu einer angenehmen Dienstbarkeit mach- te; Er sahe wol/ daß er zu ihr keinen Zutritt/ als durch die Thuͤr der Kirchen/ ich wil sagen/ durch eheliche Verbuͤndnuͤß/ zu welcher ihre Eltern/ weil sie vermey- net/ die Tochter bey diesem reichen Neapolitaner wol anzubringen/ sich gern verstanden; Seine Eltern aber einwilligen zu machen/ wuste er keinen Rath. Jndem er nun mit diesen Gedancken umgehet/ verlie- bet sich Hortensia, eine Adeliche Jungfrau/ in diesen Hermo- Deß Academi schen Hermolas, und weil sie keine Gelegenheit/ ihn anzu- sprechen/ schreibet sie ihm einen sehr hoͤflichen Brieff/ welchen er/ zu einer Kurtzweil/ mit gleicher Muͤntze bezahlet. Die Verliebten lassen sich fuͤglich mit den Jaͤgern vergleichen/ welche das Gefangene verlassen/ und einem andern nacheylen; Also hatte Hortensia Quintellum, der sie bruͤnstig liebete/ bereits in ihrem Garten/ wolte aber den schoͤnen Neapolitaner erja- gen. Als nun Quintellus sahe/ daß ihm Hermolas seiner Liebsten Gunst weggenommen/ laͤsset er ihm sa- gen/ daß er der Hortensia muͤssig gehen solte/ oder ihne zu einem abgesagten Feind haben wuͤrde; Hermolas sagte/ er solte einen Mann finden/ der sich fuͤr der Wei- ber Waffen (den Worten/) nicht fuͤrchtete. Es gienge ihm aber Quintellus mit seinen Beystaͤnden so lange nach/ daß er Hermolas endlich begegnete/ und ihne Moͤrderischer Weise angriffe. Der Neapolitaner stunde an einem Thor/ und schuͤtzete sich dergestalt/ daß ihm Quintellus in den Degen lauffet/ und in das Bein verwundet/ daruͤber er auch zu Boden gefallen/ und Hermolas, der auch etliche geringe Wunden hat- te/ zu entspringen Gelegenheit bekommen. Quintellus wird zu dem Wund-Artzt getragen/ und befindet sich sein Stich zwar gefaͤhrlich/ aber doch nicht toͤdtlich. Hermolas aber muste dem Gefaͤngnuͤß entfliehen/ und sich zu Viterbo eine Zeit aufhalten/ entfernet von sei- ner schoͤnen Prudentia, welche den Ruff erschallen las- sen/ daß Hermolas nach Aquila verraͤyset/ und nicht mehr wiederkommen wuͤrde. Jndessen wurde Quin- tellus von seinen Wunden geheilet/ und ob er wol Hermolas erstlich beschuldiget/ hat er doch nachmahls sein Unrecht erkannt/ und ihn wieder entschuldiget/ darmit aber seine Freunde keines Weges zufrieden seyn wollen. Hortensia machet sich heimlich in Mañes- Kleidern Romans I. Buch. Kleidern darvon/ und kom̃t nach Aquila, ihren Her- molas zu ehelicher Beyliebe zu bewegen. Nachdem sie aber in der Stadt herum spatzieret/ begegnet ihr Eleo- nor, den sie fuͤr den Hermolas, wegen besagter Gleich- heit/ ansiehet/ und auf das Freundlichste zuspricht. Als dieser den Jrꝛthum/ so ihm mehrmahls be- gegnet/ erkennet/ und hoͤret/ daß es eine Reiche von Adel/ wil er solches Gluͤck nicht auß Handen lassen/ doch ihren Worten auch nicht vollen Glauben zustel- len/ sondern bittet sie/ daß sie bey einem seiner Freunde etliche Wochen verharren wolte/ biß er seine Eltern zu solcher Verehelichung willigen machte. Jnzwi- schen nimmt er seinen Weg auf Siena, und leget seine Werbung bey Hortensia Freunde selbst ab/ die ihn fuͤr Hermolas halten/ welcher den Sienesern noch nicht trauen wil/ ob er gleich gehoͤret/ daß Quintell, sein Feind/ wiederum genesen/ in das Gefaͤngnuͤß le- gen lassen. Bevor nun Eleonor in das Gefaͤngnuͤß gekommen/ und von Hortensia Freunden das Jawort zu dem Ende erhalten/ daß ihre Tochter nur moͤchte wiederkommen/ schreibet er alsobald nach Aquila, und bittet seine verhoffte Hochzeiterin/ sich wieder einzu- stellen/ wie sie auch gethan/ den vermeynten Hermolas hat sie aber in dem Gefaͤngnuͤß/ und als haͤtte er sie entfuͤhret/ beklagt gefunden. Nachdem aber der Hermolas wieder nach Siena gekom̃en/ und von seinen Freunden Urlaub erlanget/ Prudentia zu freyen/ wird er ungefaͤhr von den Scher- gen begegnet/ und weil sie vermeynet/ daß er auß dem Gefaͤngnuͤß gebrochen/ alsobald angefallen/ und wie- der in Verhafft genommen. Sie funden aber allda Eleonor, fuͤr Hermolas, und wurde der Jrꝛthum/ wel- chen die Gleichheit ihrer Angesichter machte/ bald er- kannt. Sie bekennen Beyde die Warheit/ werden ge- U gen Deß Academi schen gen einander gehoͤret/ und weil Hermolas dem Rich- ter die Hand gesalbet/ sind sie der Verhafft erlassen/ und wieder auf freyen Fuß gestellet worden; Da dann Hermolas ohne fernere Verzoͤgerung Pruden- tiam gefreyet/ und mit sich nach Aquila gefuͤhret/ wel- che ihren Namen in der That erwiesen/ und sich bey seinen Eltern und Freunden geliebt und geneigt ge- macht. Weil nun Hortensia in deß Eleonoris Ange- sicht gefunden/ was sie an Hermolas geliebet/ hat sie von ihme nicht absetzen/ sondern den Betrug fuͤr an- genehm halten/ und sich mit ihm trauen lassen/ welche auch nachmahls/ als die Schiffer die Ungewitter er- zehlet/ was sich wegen der grossen Gleichheit Hermo- las und seines Angesichts begeben/ zufrieden gewesen/ hat auch/ durch seine Demuth/ Hortensiam und ihre gantze Freundschafft/ zu guͤnstiger Gewogenheit ver- anlasset. Das XXVII . Capitul/ Ein Student/ der kein Geld bekommt/ schlaͤget sich zu lieder- licher Gefellschafft/ und wird ein falscher Spieler. Troll beziehet ei- nen Goldschmidt/ wird aber desto listiger darauf von der Margara be- zogen. D As war eine Studenten-Geschichte/ die noch wol abgegangen. Aber nachfolgende ist ben weitem nicht so loͤblich außgefallen. Ein jun- ger Edelmann/ welcher nach Leyden/ um seine Studia allda fortzusetzen/ gesandt worden/ war seinen Eltern so bald nicht auß den Augen/ daß er sich nicht/ nach Gewonheit vieler jungen Leuten/ auf allerhand Gott- loses Wesen begabe/ und hieng seinen Eltern bald diese/ bald jene Luͤgen auf den Ermel/ damit er allezeit Geld erhalten moͤchte/ welches er an Statt/ daß er solches aufs Studi ren wenden solte/ geschwinde auf eine andere Manier durchbrachte/ indem er taͤglich die Romans I. Buch. die Herbergen besuchete/ daher es endlich geschahe/ daß der Vatter muͤde ward/ ihm fast alle Tage Geld zu uͤbermachen/ uñ etwas genauer nach seines Sohns Leben zu forschen begunte/ und wie er nun vernom̃en/ daß sein Sohn fleissiger nach der Herberge/ als nach der Academie gieng/ verdrosse es den alten Herꝛn so sehr/ daß er deßwegen den Sohn gewaltig außhechel- te/ welcher aber/ mit Angelobung der Besserung/ sei- nen Vatter zufrieden stellete. Es waren dieses aber nur Worte/ darauf nichts erfolgete/ dann der Vatter war so bald nicht wieder weggeraͤyset/ da fuhr er wie- der auf seine alte Weise fort. Dieses verursachete dem alten Vatter so grosse Bestuͤrtzung und Zorn/ daß er ihn fuͤr einen Sohn nicht laͤnger erkennen wol- te/ und hielte von der Zeit an/ seinen Beutel fuͤr ihm verschlossen/ welches Ursache war/ daß der andere/ wie er sahe/ daß ihm die Wechsel aussenblieben/ seine Buͤ- cher/ und was ihm vormahls zu seinem Studi ren ge- dienet/ zu Geld begunte zu machen/ und behielt nichts uͤbrig/ von allem dem Seinen/ als ein ehrlich Kleid. Jedoch kunte das Geld/ so er auß seinen Guͤthern ge- loͤset/ nicht lange außhalten/ und sahe daher wol/ daß er entweder seine Kosten muͤste mindern/ oder bald in Armuth gerathen. Wie er nun auf eine Zeit in eine Herberge bey einem Glaß Bier saß/ dann der Wein war ihm nun zu theuer worden/ sahe er einen jungen Kerl hinein kommen/ der Seemanns-Kleider anhat- te; So bald war dieser nicht in die Herberge kom̃en/ da foderte er eine Kanne Wein/ und fieng darauf ei- nen grossen Hauffen Geld auß seinen Schiebsaͤcken herauß zu holen/ darunter guͤldene und silberne Muͤn- tze unter einander gemenget war. Wie er dieses ein paar mahl uͤbergezehlet/ und die guͤldene Muͤntze von der silbernen abgesondert hatte/ stecket er Jedweders U 2 in Deß Academi schen in einen besondern Sack. Der junge Edelmann sahe dieses mit betruͤbtem Hertzen an/ und bedachte bey sich selber/ die Abwechslung deß Gluͤcks/ indem er sa- he/ daß ein schlechter Boots-Geselle das Geld in so grosser Menge haͤtte/ da hingegen er/ welcher von ei- nem grossen Geschlecht/ und demselben gemaͤß/ beklei- det war/ kaum so viel haͤtte/ daß er eine Kanne Wein haͤtte bezahlen koͤnnen. Dieses gieng ihm so zu Her- tzen/ weil ihm sein voriger Stand vor Augen kam/ daß ihm die Thraͤnen/ wider seinen Willen/ auß den Augen lieffen. Der Boots-Gesell/ der sich gleich dem Edel- mann uͤber gesetzet hatte/ merckete dieses bald/ und weil er nicht sehen kunte/ daß ein stattlicher Herꝛ so betruͤbt waͤre/ bath er ihn/ daß er ihm die Ehre thun wolte/ ein Glaß Wein mit ihm zu trincken/ welches der Andere/ nach einigen kleinen Entschuldigungen/ verwilligete. Jndem sie nun also von einem Gespraͤch auf das andere kamen/ fragete ihn endlich der Boots- Gesell/ was die Ursache seiner Traurigkeit waͤre/ und ob kein Mittel waͤre/ ihn eines froͤlichen Geistes zu machen? Und both ihm zu dem Ende alles an/ was in seinem Vermoͤgen waͤre. Der Edelmann/ nachdem er ein paar Seuffzer gelassen/ gab ihm zum Bescheid: Die meiste Ursache meiner Traurigkeit entstehet da- her/ weil ich euch so wol bey Gelde sehe/ nicht zwar/ daß ich es euch mißgoͤnne/ sondern/ daß ich an meinen vorigen Zustand gedencke/ da ich von demselben eben so lebete/ als ihr jetzund von eurem lebet/ weil ich aber allzufreygebig gewesen/ und das Geld sehr wenig ge- achtet/ habe ich nun die Gelegenheit verlohren/ je- mahls darzu wieder zu gelangen; Dann/ mein Vat- ter/ welcher durch andere von meinem ungebundenen Leben berichtet worden/ schliesset mit Verschliessung seines Beutels mir fast gantz die Kehle zu/ und es sie- het Romans I. Buch. het anjetzo mit mir sehr wol darnach auß/ daß ich in kurtzem werde Hungers sterben muͤssen/ wo ich mich nicht mit andern Raͤncken behelffe. Hier schwiege der Edelmann still/ und der Boots-Gesell vermerckete gar wol auß seinen Worten/ daß der Andere leichtlich etwas/ was es auch seyn solte/ vor die Hand nehmen wuͤrde/ wann er nur versichert waͤre/ daß er darvon Geld bekommen solte/ welches ihn dann/ weil er einen Rott-Gesellen vonnoͤthen hatte/ verursachete/ den Edelmann also anzureden: Mein Herꝛ/ das Geld/ welches ihr anjetzo bey mir gesehen/ ist vor mir nicht viel/ wiewol es in euren Augen sehr viel zu seyn schei- nen mag/ und ich solte keine grosse Schwerigkeit ma- chen/ solches mit guten Freunden alles mit einander auf einen Tag zu verzehren/ dann ich achte es sehr we- nig/ weil ich gar leichtlich darzu kommen kan/ und so ihr die Kunst koͤntet/ die ich kan/ und darvon ich so Koͤ- niglich lebe/ ihr wuͤrdet euch wenig bekuͤmmern/ ob ihr schon auf einen Tag tausend Guͤlden verzehret; So ihr Lust habt/ diese Kunst von mir zu lernen/ und mein Compagnon zu werden/ mit Versprechen/ mir getreu und verschwiegen zu seyn/ so sollet ihr Gelegenheit ha- ben/ euch euer Lebens-Tage wegen Armuth nicht zu betruͤben/ und besser zu leben/ als der groͤste Herꝛ/ der unter deß Koͤnigs Gebiet ist. Der Edelmann/ den der Geld-Mangel bereits zur Desperation uñ Verzweiff- lung gebracht hatte/ verwunderte sich sehr/ uͤber dieses Mannes Reden/ und war froh/ daß er ihn angetroffen hatte. Sie verbunden sich darauf mit grausamen Eydschwuͤren/ einander in allem getreu zu seyn. Wie dieses geschehen/ redete ihn der Boots-Gesell also an: Das Kleid/ welches ihr mich jetzo sehet anhaben/ solte euch/ und viel andere/ leichtlich Glauben machen/ daß ich ein Mann waͤre/ da nichts hinter sey; Jhr werdet U 3 aber Deß Academi schen aber hierinn groͤblich irren/ dann ich bin nicht gewoh- net/ schlecht gekleidet zu gehen/ sondern allezeit so uͤber fuͤrtrefflich-koͤstlich/ als es moͤglich ist/ damit ich den Leuten/ desto mehr von mir zu halten/ einbilden mag; Jedoch hat ein grosses Ungluͤck/ darinn ich meinen Compagnon verlohren/ mich gezwungen/ also/ wider meine Gewonheit/ gekleidet zu gehen. Morgen aber solt ihr sehen/ was ich fuͤr ein Mann bin/ sintemahl ich ein Kleid mir zu machen bestellet/ dessen sich kein Koͤ- nig zu tragen schaͤmen duͤrffte. Aber/ zu der Sache selber zu kommen/ und euch mit andern Umstaͤnden nicht laͤnger aufzuhalten/ so ist mein bestes Handwerck/ das Falschspielen/ dann ich kan dasselbe auf allerhand Arten/ und in allen Spie- len/ doch gebrauche ich es nirgends behender uñ siche- rer/ als in dem Kartenspiel/ welches ich/ wann ich mei- nen Compagnon bey mir habe/ so meisterlich zu thun weiß/ daß es unmoͤglich zu mercken. Jedoch/ bin ich den Spielern nicht gleich/ die um einen kleinen Ge- winst sich oͤffters in grosse Gefahr stecken/ und uͤberal in kurtzer Zeit so bekandt werden/ daß sie fast keine Ge- legenheit mehr haben/ etwas weiter außzugehen/ und außzurichten. Es ist in der gantzen Welt kein falscher Spieler/ der mich kennet/ weil ich solch Volck allezeit/ als die Pest/ gescheuet habe. Und dieses ist die Ursache/ daß ich niemahls verklafftet werden kan/ und Gele- genheit habe/ zu logi ren/ wo es mir beliebet/ welches gemeiniglich in den fuͤrnehmsten Wirths-Haͤusern ist. Allda weiß ich meinen Nutzen und Gewinn zu schaffen/ und das zwar auf einige artige Manier/ dañ ich lasse mich niemahls mercken/ daß ich zu einigem Spiel geneigt bin/ und lasse mich fast darzu zwingen/ und dieses geschicht darum/ daß ich denen Herren/ mit denen ich alsdann spiele/ keinen Argwohn/ oder Nach- dencken/ Romans I. Buch. dencken/ einiger Falschheit gebe. Dann/ so ich mich zu dem Spielen geneigt erzeigete/ und ihnen viel Geld abgewinne/ solten sie bald rathen/ wie es mit mir be- schaffen/ und so dann koͤnte es leicht geschehen/ daß mein Leben/ und die Spitze eines Degens/ grosse Ge- meinschafft mit einander bekaͤmen. Doch/ diese und andere Erheischungen/ so zu unserm Handwerck noͤ- thig sind/ wil ich euch bey besserer Gelegenheit voll- kommen lehren. Unterdessen ist nun hohe Zeit/ daß wir uns Morgen/ so bald/ als ich meine andere Klei- der habe/ nach Amsterdam begeben/ weil es in dieser Stadt vor mir nicht gar sicher ist/ und allda werden wir Gelegenheit haben/ wegen der vielen fremden Herren/ daß wir unsere Beutel wacker/ nach unserm Sinn/ versehen koͤnnen. Dem jungen Edelmann/ der dieses alles mit Fleiß angehoͤret hatte/ gefiel solches alles sehr wol/ und machte sich fertig/ deß folgenden Tages mit sei- nem Gesellen zu verraͤysen/ wie sie dann auch deß an- dern Tages sehr fruͤhe thaͤten/ nicht ruhende mit Raͤy- sen/ biß sie nach Amsterdam kommen waren/ allda sie in eines der fuͤrnehmsten Wirthshaͤuser in der War- mer-Strassen logi ren giengen. Daselbst fielen ihnen taͤglich Gelegenheiten fuͤr/ ihren Profit zu machen/ sie ergriffen aber allein die besten Brocken/ sonder/ daß sie sich uͤber ihren Gewinn froͤlich erwiesen/ oder mer- cken liessen/ daß sie etwas gewonnen/ und stelleten sich vielmehr/ daß sie nur fuͤr Gesellschafft spieleten. Es kunte jedoch dieses Werck so behende nicht angeleget werden/ daß nicht etliche Herren den Schnupffen darvon in die Nase kriegeten/ indem sie mercketen/ daß diese Zween/ man spiele t e auch fuͤr ein Spiel/ was man wolte/ gar selten etwas verlohren/ sondern fast allezeit grosse Hauffen Geld gewonnen/ U 4 wor- Deß Academi schen wordurch sie ihnen vornahmen/ genau auf die Sa- chen Acht zu geben. Diese 2. falsche Spieler aber/ die auch bald Lunten rochen/ sahen wol/ daß es Zeit begunte zu werden/ zu verraͤysen/ nahmen ihnen vor/ noch eine gute Beute zu holen/ und darmit das weite Feld zu suchen. Nun war hierzu sehr gute Gelegen- heit gekommen/ indem 2. oder 3. Tage zuvor 4. Teut- sche Herren in dasselbe Wirthshauß zu logi ren kom- men/ welche sie bereits deß Abends zuvor/ da sie ihnen bey 600. Guͤlden abgewonnen/ fast toll auf das Spiel gemacht hatten. Wie nun die Mittags-Mahlzeit ge- schehen/ forderten die 4. Teutsche Herren diese 2. auß/ zur Revenge, wegen ihres verlohrnen Geldes/ welches die andern zufrieden waren. Das Spiel fienge sich an/ und waͤhrete biß in die spaͤte Nacht hinein/ da dañ die Teutschen/ nachdem sie 300. biß 500. Guͤlden ver- lohren hatten/ gezwungen worden/ aufzuhoͤren/ mit Versprechung/ daß sie deß folgenden Tages Wechsel ziehen solten/ und daß sie dann so lange mit einander spielen wolten/ so lange es ein Theil wuͤrde außdau- ren koͤnnen. Die 2. falsche Spieler aber hatten weit andere Gedancken/ und begaben sich deß Morgens sehr fruͤhe/ nachdem sie/ was sie verzehret/ bezahlet/ auf die Raͤyse/ und liessen auf der Tafel/ darauf sie gespielet/ einen Brieff ligen/ mit dieser Uberschrifft: An die 4. Geld-lose Hoch-Teutsche Herren. Dieser Brieff ward bald gefunden/ und geoͤffnet/ und stunde dieses Nachfolgende darinnen geschrieben: Edle Herren! N Achdem wir gesehen/ daß ihr nach dem Verlust so vielen Geldes uͤbel disponi ret seyd/ mehr zu spielen/ und das Wechsel-Ziehen der Teutschen den Hollaͤndern gar wol belandt ist/ so haben wir rathsam zu seyn erachtet/ zu verraͤy- sen/ und ihr Herren koͤnnet dieses fuͤr ein grosses Zeichen unse- rer Romans I. Buch. rer Hoͤflichkeit annehmen/ dann es geschiehet nur darum, da- mit ihr uns/ die wir die Ursache eures Verdrusses und Ar- muth seyn/ nicht immerdar vor euren Augen sehen duͤrffet. Es ist uns auch nicht unbekandt/ daß das Teutsche Blut ge- waltig geschwind an das Aufwallen gerathe/ und wann ihr Herren taͤglich ein solches Objectum vor Augen sehet/ ihr leichtlich/ wegen allzuhitzigen Gebluͤts/ in Ungluͤck fallen moͤchtet/ das fuͤr die gantze Teutsche Nation eine Schande waͤre/ das ist/ wann ihr Herren euch mit uns/ die wir gerin- gern Standes sind/ in ein Gefechte einliesset. Urtheilet nun demnach/ wie vorsichtig die Niederlaͤnder sind/ und lernet von uns/ daß es euch eine Schande seyn wuͤrde/ daß ihr euren Zorn uͤber eure Weißheit die Oberhand nehmen liesset/ und dencket nicht mehr an das verlohrne Geld/ als wann ihr dasselbe niemahls gehabt haͤttet/ dann es sind nur Weltliche Guͤ- ther/ die alle dem Gluͤcks-Wechsel unterworffen sind. End- lich/ ihr Herren/ sollet belieben/ dieses zu wissen/ und haltet uns nicht fuͤr uͤbel/ daß wir bißweilen fuͤr euer Geld eure Ge- sundheit tapffer herum trincken werden/ verbleibend inzwi- schen/ nachdem wir uns in eure gute Gunst bester Massen be- fohlen haben/ Wol-Edle Herren/ Ew. Gestr. allergeringste Diener/ N. N. und P. K. Sehet/ mein Printz/ sprach jetzo Klingenfeld/ worzu laͤsset sich die liebe Jugend nicht verleiten/ wañ sie unter liederliche Pursch geraͤth/ aber mich verdries- set/ jetzo ein Mehrers hiervon zu reden. Unter diesem Discurs nahete der Abend herzu/ wornach/ ich weiß nicht/ ob Margara, Troll/ oder Cerebacchius, das groͤs- seste Verlangen getragen haben. Einmahl/ Troll hat- te Lust/ nicht das Allergeringste zu versaͤumen von dem/ was ihm von der Margara war auferleget wor- den/ derohalben wandte er eine Entschuldigung ein bey seinem Herꝛn/ daß er ihm diesen Abend nicht auf- warten koͤnne/ sintemahl er gezwungen wuͤrde/ ins Bad zu gehen/ und seinen Leib einmahl zu reinigen/ U 5 wie Deß Academi schen wie er dessen in seinem Vatterland gewohnet gewe- sen. Der Printz/ der vom Klingenfeld deß Vorneh- mens halben mit der Margara, schon Wind bekom̃en hatte/ gestattete ihm solches/ und sagete: Siehe zu/ daß dir das Bad nicht uͤbel bekomme/ dann es ist hier nicht in Calabria, man zwaget einem den Kopff hier gar auf eine andere Weise. Troll lachete/ und sprach im Weggehen: Wann der Bader mit dem Baden nicht kan zurecht kommen/ wil ich ihn dessen schon ge- buͤhrlich unterweisen. Unterdessen speiseten die andern mit einander/ da im̃ittelst Troll sich in die Kuͤche erhub/ unter dem Vorwandt/ daß er sich nach der Bad-Stuben verfuͤ- gen wolte/ daselbst empfieng er von der Margara, die ihn durch ihre freundliche Min en gantz sicher machte/ ein gutes Stuͤck von einem Hasen/ und einen annehm- lichen Trunck Weins/ womit er sich nach der von der Magd ihm angewiesenen Kam̃er verfuͤgete/ und das eingebrachte Juden-Kleid und Baret, oder Deckel/ an- legete/ er nahm auch seinen silbernen Becher zu sich/ und schlich fein saͤuberlich/ damit er ja nicht von Je- mand gesehen wuͤrde/ zur Hof-Thuͤr hinauß/ auf die offentliche Strassen der Stadt Padua. Hier gieng er eine gute Zeit umher wandeln/ und ergoͤtzete sich in seinem Hertzen mit der Lust/ welche er schier kuͤnfftige Nacht bey der Margara zu geniessen hoffete. Er gieng in solchen Gedancken dermassen vertieffet staͤts auf und ab/ daß er mit sich selber rede- te/ als wann er sich mit Jemand zanckete/ dannenhero viel Nacht-Raben/ die ihm aufstiessen/ stehen blieben/ und vermeynten/ dieser Mensch waͤre nicht recht bey Sinnen/ oder truncken/ oder habe sich verirret/ dan- nenhero wolten sie ihm zurecht helffen; So bald sie aber naͤher kamen/ und seinen Juͤdischen Habit erbli- cketen/ Romans I. Buch. cketen/ stiessen sie ihn mit Ungestuͤmm von sich/ und sagten: Packe dich/ du beschnittener Hebreer/ du ein- gesaltzener Schweins-Schincke/ wie trittest du auf der Gassen/ als wann sie dir allein zukaͤme? Troll haͤtte an sein Juden-Kleid nicht gedacht/ wann er des- sen anjetzo nicht waͤre erinnert worden/ solchem nach antwortete er wie ein Jud/ dann er hatte in seinem Vatterland mit sothanem Geschmeiß von Jugend her umgegangen/ daß er also ihre Gebaͤrden und Sprache perfect verstund/ und nachzumachen wuste. Er sagte aber: Traget keinen Scheu fuͤr mir/ ihr gu- ten Leute/ ich bin von meinen Eltern weggelauffen/ und hieher gekommen/ um den Christl. Glauben an- zun ehmen. Gleichwie nun ein andaͤchtiger Seiden- Weber eben damahl sich ins Wort mit ihm eingelas- sen/ also meynete derselbe einen hohen Ort im Him̃el zu verdienen/ wañ er diesem verirreten Juden-Schaf am ersten auf die rechte Bahn huͤlffe/ er bath demnach den Troll/ daß er mit ihm gieng/ und zu Nacht bey ihm speisete/ welches dieser/ in Ansehung/ daß die be- stim̃te Zeit der Margara noch in 2. Stunden nicht er- scheinen wuͤrde/ gutwillig eingieng/ und also wander- ten sie mit einander nach deß andaͤchtigen Seiden- Webers Hauß/ allwo Troll von dessen Frau bewill- kommet ward. Diese Frau war kluͤger/ als ihr Mann/ dannen- hero setzete sie dem vermeynten Juden einen grossen kalten Schincken/ und ein gut Stuͤck von einer Bo- logni schen Mettwurst vor/ welche Tractament en dem guten Troll so hertzlich wol schmecketen/ daß nicht al- lein er selber/ sondern zuforderst der Seiden-Weber/ und seine Frau/ einen besondern Gefallen daran hat- ten/ dann sie wusten wol/ daß ein Jud/ als ein recht- schaffener Jud/ ehe sterben/ als wider sein Gesetz han- deln Deß Academi schen deln wird. Sie spendi rten ihm darbey schoͤne andere Tractament en/ als er sich bey dem Schweinen-Fleisch legitimi ret hatte/ und einen herꝛlichen Trunck/ wor- bey Troll anjetzo gedachte: Jch habe zwar vorge- wandt/ daß ich ins Bad gehen/ und dardurch meinem Herꝛn betriegen wolte; Aber siehe! nun gehet doch dein Magen rechtschaffen ins Bad/ doch/ daß er nicht mit warmem oder kaltem Wasser/ sondern vielmehr mit einem delicat en Wein abgespuͤhlet werde. Sol- cher Gestalt sassen sie eine gute Zeit bey einander/ und muste Troll seinem Wolthaͤter zusagen/ daß er bey ihm bleiben/ und am folgenden Morgen mit ihm nach einem gewissen Kloster gehen wolte/ damit er ihn da- selbst den Geistlichen præsenti ren moͤchte/ worinn er eine sonderbare Ehre suchete. Aber Troll gedachte in seinem Hertzen: Ein Jud sagt dir dieses zu/ aber ein Christlicher Troll wird deßwegen seine schoͤne Mar- gara diese Nacht nicht unvergnuͤget lassen. Als es nun bald Zeit war/ schlaffen zu gehen/ da ließ der Hospes einen herꝛlichen Trunck Aquavit holen/ wel- cher so lieblich von Geruch/ daß es nicht zu beschrei- ben/ und Troll in seinem Hertzen bekennen muste/ daß er dergleichen sein Lebtage nicht in seinem Mund ge- habt habe. Man tracti rte ihn auch mit schoͤnen Confi- tur en/ worvon er eine grosse Hand voll/ die ihm die Haußfrau reichete/ zu sich steckete/ womit er in kuͤnff- tiger Nacht seine Margara zu ergoͤtzen verhoffete. Aber das Spiel gewan so wol mit deß Seiden-Webers/ als mit Trolls Hoffnung/ gantz einen andern Auß- gang. Endlich wolte man dem guten Troll eine Schlaff-Stelle anzeigen/ worzu er sich auch willig anstellete/ und solches gleichsam mit grossem Danck annahme/ er gieng aber zur Thuͤr/ als wann er seine Nothdurfft vorher thun/ und seinem guͤtigen Hospes dardurch Romans I. Buch. dardurch nicht das Hauß verunreinigen wolte. Man machte ihm die Thuͤr auf/ aber er schlich fein saͤuber- lich um die Ecke herum/ gieng darauf mit starcken Schritten fort/ und ließ den Seiden-Weber so lange warten/ biß ihm die Zeit zu lang ward/ da er dann sei- ne Reue zu spaͤt empfand. Er fluchete auf seine Leicht- glaubigkeit/ und deß leichtfertigen Juden Tuͤcke/ wuͤnschete auch nichts mehr/ als daß er sich an diesem leichtfertigen Betrieger raͤchen moͤchte. Jnzwischen lachete Troll deß Handels in das Faͤustchen/ und als er seine Gasse wieder gefunden hatte/ præsenti rete er sich/ zumahl die bedeutete Stunde schon verstrichen/ unter dem angewieseneu Fenster. Als er aber so bald Niemand erblickete/ begunte er zu husten/ da sich dañ die Margara bald sehen ließ/ und ihm mit sanffter Stim̃e diese Worte zuschickete: Machet euch bereit/ mein liebster Troll/ zu mir herauf zu kommen/ ich habe eurer allhier schon eine halbe Stunde mit hoͤchstem Verlangen erwartet/ und waͤre ich fuͤr hertzlicher Lie- be zu euch schier vergangen. Seyd zufrieden/ schoͤnste Jungfrau/ war seine Antwort/ ich wil euch eures Ver- langens dermassen ergoͤtzen/ daß ihr deß Schmertzens gar bald vergessen sollet. Aber/ wie ist es/ sind die uͤbri- gen Leute mit einander auch alle schon schlaffen ge- gangen? Freylich ja/ sprach Margara, so lange habe ich verzogen/ damit wir in unserm Liebes-Werck nicht moͤchten gestoͤret werden. Als sie dieses gesagt/ ließ sie ein starckes Seil herunter/ und zwar gedoppelt/ und noͤthigte den Troll/ daß er darauf sitzen/ und sich von ihr moͤchte herauf ziehen lassen. Du allerliebstes Hertz/ sprach Troll/ dein gantzer Leib und Leben ist doch jetzo lauter Redlichkeit und Liebe zu mir/ gluͤckseelig bist du dann/ O gluͤcksee- liger Troll/ in deiner allerhoͤchsten Gluͤckseeligkeit/ schaͤme Deß Academi schen schaͤme dich/ du volle Sau/ Cerebacchi, siehe! wie man dir einen andern anjetzo vorziehet/ der dieser hohen Ehren-Stelle weit mehr werth ist/ als du Schwein- Bartel. Nun/ wolan! ich setze mich auf den Strick/ und fahre hinauf zu meiner Wolfahrt. Aber/ schoͤnste Margara, die Last wird euch allein zu schwer seyn/ haͤt- tet ihr doch einen getreuen Menschen/ der euch wacker mit huͤlffe/ meinen verliebten Leib hinauf zu ziehen. Deßfalls/ antwortete Jene/ habe ich mich schon mit meiner getreuen Dienerin versorget/ welcher billich von euch ein gutes Trinckgeld gebuͤhret/ dann sie hat das Meiste zu unserm Liebes-Werck contribui ret. Es ist gut/ replici rte Troll/ sie soll dessen auch reichlich ge- niessen/ ich wil ihr schon etwas verehren/ dessen sie rechtschaffen soll gebessert seyn/ dann ein Arbeiter ist seines Lohnes werth. Nun/ wolan! ziehet zu/ ich sitze schon vest/ und habe mich wol eingerichtet/ ziehet zu/ machetfort/ arbeitet lustig/ mein Verlangen/ zu euch zu kommen/ ist groͤsser/ als ihr es euch immer moͤget einbilden/ ach! machet doch geschwinde fort/ die Zeit wird mir allzulange. Hiermit zohen die Margara und ihre Dirne ge- trost an/ und rolleten ihn uͤber die Helffte hinauf/ daß er etwan 14. Fuß von der Erden hinauf kam/ daselbst schlugen sie das Seil um einen Nagel/ und weil die Magd heimlich hinschlich/ und die Thuͤr der Kammer starck zuschlug/ rieff ihm die Margara zu: Mein liebstes Hertz/ ihr muͤsset euch also zu hangen ein wenig gedul- ten/ weil meine Mutter alleweil herein kom̃et/ und ich besorge/ mein Vatter moͤchte nachfolgen. Ob nun Troll gleich gar unbequem auf dem Strick sasse/ muste er doch Gedult haben/ aber es kam bald etwas anders darzu/ welches ihm grosse Sorgen verursach- te. Die jenige Wacht/ welche von dem Podestà in diese Gegend Romans I. Buch. Gegend verordnet war/ das Hauß in Obacht zu hal- ten/ damit Niemand bey Nachtzeiten darauß entwi- sche/ erblickete den guten Nacht-Kletterer/ und weil sie nicht anders meyneten/ als daß es ein Nacht-Dieb sey/ sprungen sie mit einander herfuͤr/ und machten Lermen. Cerebacchius, der von dem Anschlag mit dem Strick guten Bescheid wuste/ stunde in Sorgen/ die Margara moͤchte ihm einen Possen thun/ und den Troll vollends hinauf ziehen/ so haͤtte er alsdann fuͤr Auß- lachen nicht zu sorgen/ zu dem Ende hatte er sich mit einem langen Hacken gefast gemacht/ mit welchem er zugleich mit den Waͤchtern herzu sprang/ und das Seil ergriffe/ die Soldaten aber stiessen ihn zuruck/ rissen ihm den Hacken auß der Hand/ und zohen an dem Strick/ woruͤber dem Troll so Bange ward/ daß er sich nicht zu behalten wuste. Die Margara hatte zwar Mitleyden mit ihm/ als er sie instaͤndig bathe/ ihn auß dieser Noth zu retten/ aber sie kunte ihn nicht hinauf ziehen/ wie sehr sie auch/ samt ihrer Magd/ arbeitete. Dann die Soldaten hielten den Strick mit dem Hacken gar veste. Jn solcher Noth uͤberwarff sich Troll/ daß er auf den Strick mit dem Bauch zu ligen kam/ und weil er bey dem Seiden- Weber eine gute Mahlzeit zu sich genommen/ auch viel Weins eingesoffen/ begunte das Schweinen- Fleisch im Leibe aufzusteigen/ daß er sich erbrach/ und die Wacht wacker zudeckete/ dieselbe empfand deß Gestancks gar bald/ dahero schalt sie hefftig/ und zo- hen so starck/ daß Klingenfeld und Cavina, welche/ samt dem Printzen/ zu der Margara hinein getretten waren/ riethen/ sie solte ihn mit dem Strick fein sachtmuͤthig nachlassen/ damit er wieder auf die Erde kaͤme. Solches war der Wacht sehr lieb/ welche den Troll/ Deß Academi schen Troll/ als er hernieder kam/ fuͤr einen Juden erkann- ten/ und weil sie nicht anders meyneten/ als daß er ein Nacht-Dieb waͤre/ und allhier haͤtte einbrechen wol- len/ schlugen sie tapffer auf ihn loß. Er schrye zwar/ daß er kein Jud/ sondern ein guter Catholischer Christ waͤre. Aber die Soldaten sprachen: Du Schelm/ wie wir dich funden/ also richten wir dich. Sie be- suchten ihn auch/ und weil sie den silbernen Becher/ der ihm vom Hertzog zu Mantua war verehret wor- den/ bey ihm funden/ nahmen sie denselben hinweg/ als ein gestohlenes Guth/ welches der Justi tz heimge- fallen waͤre. Troll protesti rete zwar/ daß ihm dieser Becher von dem Hertzogen von Mantua sey verehret worden/ aber Jene kehreten sich hieran weniger/ als nichts. Gleich damahl kam der Seiden-Weber/ hier- zu durch den Laͤrmen angefrischet/ herzu gelauffen/ welcher den Juden und den Becher erblickete; Weil er nun sahe/ daß dieser der leichtfertige Bube/ der ihn diesen Abend so heßlich betrogen/ bildete er ihm ein/ er habe ihm den Becher gestohlen/ weil er denselben in der tunckelen Nacht nicht eigentlich besehen kunte/ schlug er wacker auf ihn loß; Und obgleich Klingen- feld/ und die andern/ von oben herab rieffen/ sie moͤch- ten einhalten/ weil sie den unrechten Mann vor sich haͤtten/ lacheten doch die Soldaten deß Handels/ und nachdem sie ihn wacker zugedecket/ giengen sie ihres Weges mit ihm/ und fuͤhreten ihn in ein Wacht- Hauß/ wo er sich diese Nacht uͤber rechtschaffen muste durchhecheln lassen. Das XXVIII. Capitul/ Der Printz wird vom Podestà hoͤflich empfangen/ und erzeh- let dieser eine laͤcherliche Courtesie/ so sich zu Orleans begeben. Ein anderer Student wird zu Marsilien von einer leichtfertigen Dame jaͤmmerlich geteuschet. D Er Printz bereuete es/ daß seinem fuͤrwitzigen Diener dieser Possen begegnet waͤre/ muste doch Romans I. Buch. doch diese Nacht uͤber in Gedult stehen/ biß der fol- gende Morgen anbrach/ da gieng er mit Cavina (weil Klingenfeld sich nicht dahin wagen wolte/) selber zum Podestà, als eben die Soldaten mit dem Troll auch in den Pallast tratten. Es war ein grosser Zu- lauff von Volck daselbst/ welche den verkleideten Ju- den sehen wolten/ und so bald sich der Podestà, oder Gouverneur, so ein fuͤrnehmer Venetianischer Edel- mann war/ præsenti rete/ tratt der Printz zu ihm/ und sagete: Mein Herꝛ/ verfahret nicht zu strenge mit dem Gefangenen/ er ist mein Diener/ und weder ein Jud/ noch ein Dieb/ woruͤber er aber gefangen wor- den/ ist eine sonderliche Sache/ die wir zur Ergoͤtzlich- keit fuͤr uns angestellet hatten. Der Podestà sagete: Jch glaube weder euch/ noch diesen leichtfertigen Bu- ben/ die Folter wird die Warheit schon entdecken. Kaum hatte er dieses gesaget/ als ein junger Edel- mann/ deß Podestà Vetter/ dem Printzen steiff in die Augen sahe/ und endlich zu ihm sagete: Sehe ich recht/ so stehet der junge Printz von Tursis vor uns. Ob nun dieser gleich gerne unerkandt seyn wolte/ muste er doch anjetzo mit der Warheit hervor/ dan- nenhero sagete er: Jch erinnere mich/ mein Freund/ daß ich euch in meines Herꝛn Vattern Diensten ehe- mahlen gesehen habe. Als nun der Podestà hoͤrete/ daß der Printz de Tursis vor ihm stund/ da tratt er zu ihm/ bathe ihn demuͤthig um Verzeyhung/ und ver- langete zu wissen/ was es eigentlich mit dem Troll fuͤr eine Beschaffenheit habe. Zu dem Ende giengen sie mit einander in ein praͤchtiges Gemach/ Troll/ der nunmehro wieder frey/ folgete seinem Herꝛn nach/ und sprach zum Gouver- neur: Herꝛ/ weil meine Unschuld am hellen Tage li- get/ so muͤsset ihr Justitiam administri ren/ und mir X mein Deß Academi schen mein Poculum Argenteum, welchen ich von einer Durchl. Hand verehret bekommen/ wiedergeben. Der Printz stellete Ordre, daß Jemand zu dem Seiden- Weber gehen solte/ welcher den Becher alsobald wie- der folgen ließ/ und darauf muste Jemand deß Trolls Kleider auß der bezeichneten Herberge holen/ welche er in einem besondern Zimmer anlegete/ und dem Ju- den sein Masquerad en-Kleid wieder zuruck sandte. Jn- zwischen erzehlete der Printz dem Podestà die possier- liche Actiones mit Cerebacchio und seinem Troll/ des- sen er sich so hertzlich zerlachete/ daß er bald im Athem waͤre stecken blieben. Er erzehlete ihm darauf die Action, welche Klingenfeld am vorigen Tag gehabt/ und daß derselbe sein Hofmeister sey/ wannenhero so wol derselbe/ als Cerebacchius, auf deß Podestà An- halten/ hergeholet wurden/ die dann auch willig er- schienen/ und von dem Podestà mit aller Civilit aͤt em- pfangen wurden. Dieser wolte den Printzen/ und seine Gesellschafft/ nicht so bald von sich lassen/ son- dern/ damit er ihm zeigete/ wie leyd ihm das Ver- gangene seines Dieners halben waͤre/ noͤthigte er ihn zur Mittags-Mahlzeit/ samt Klingenfeld/ Cavina und Cerebacchio. Biß aber dieselbe zubereitet wurde/ fuͤhrete er diese Gesellschafft in seinen praͤchtigen Lust- Garten/ da sie deß erzehleten Handels von neuem sich rechtschaffen zerlacheten/ der Podestà aber sprach: Diese Historie kommt mir eben also vor/ wie die/ wel- che sich mit jenem Studenten in Franckreich bege- ben/ welche ich meinen Herren erzehlen muß: Z U Orleans, allwo sich jeder Zeit viel Studenten aufhalten/ wohnete ein Schuhflicker/ der sich seines Handwercks kuͤm- merlich naͤhrete. Seine Frau/ die noch ziemlich jung und schoͤn war/ und ihrer Armuth und Duͤrfftigkeit gern abgeholffen haͤtte/ bemuͤhete sich/ ihr gute Freunde zu machen/ darnach dann ihr Mann nicht viel fragete/ wann ihm nur der Bauch gefuͤllet wuͤrde. Romans I. Buch. wuͤrde. Unter ihren Vertrautesten aber waren ihrer drey/ ein Hufschmidt/ so ihr Nachbar/ der Andere war ein fremder Land- Kraͤmer/ der offt in selbiger Stadt seine Sachen feil hatte/ und der Dritte/ so der Allerbeste/ war Bruder Hanß/ ein Student/ und ein guter starcker Venus- Bruder. Diese 3. Compan en wur- den von dieser Schubflickerin so fuͤrsichtig geliebet/ daß keiner von dem andern wuste. Einsmahls raͤysete ihr Mann nach Roan, alle alte Schuhe daselbst einzuhandeln/ und ließ seine Frau allein daheim/ die Ehre seines Hauses zu bewahren/ wel- che dann diesen 3. Gesellen/ Jedem das Maul gemacht/ daß sie mit ihnen einen guten Schmauß/ und sich luftig machen wolte. Der Erste/ der sich einzustellen am meisten angelegen seyn ließ/ war der Kraͤmer/ welcher ihr das Wort gegeben/ mit ihr zu Nacht zu essen/ und weil sie dessen wol zufrieden/ und fuͤr ihn mit allerhand Vorrath versehen gewesen/ unterließ er nicht/ zur be- stimmten Stunde sich in geheim bey ihr einzufinden; Jndessen nun/ daß das Essen zugerichtet wurde/ fieng er an/ die Frau zu caressi ren/ die sich dann nicht viel gesperret. Unter solchen gerin- gen Vorbereitungen kam der Bruder Hanß/ also nennete man den Studenten/ so sich deß Schuhflickers Abwesenheit erinnert/ und seinen Wanst mit gutem Wein angefullet hatte/ geschwind auf dieser jungen Frauen Hauß zugegangen/ die ihn alsobald an dem Klopffen erkennet/ von dem Kraͤmer aber ihm auf zu- machen verhindert wurde; Jedoch/ weil sie seinen tollen Kopff wol gekandt/ und daß er nichts darnach gefraget/ ihr einen boͤsen Namen zu machen/ bathe sie den Kraͤmer/ daß/ wann er ohne Gefahr seyn wolte/ er zum Fenster hinauß steigen/ und sich hin- ter einen hoͤltzernen Trog/ so an das Fenster/ Violen und Majo- ran darein zu pflantzen/ angemacht war/ verbergen solte. Es wolte ihm aber diese Rede nicht gefallen/ als er hoͤrete/ daß ihm moͤchte der Kopff gelauset werden/ und daß er sein Vorhaben nicht werckstellig machen koͤnte. Unterdessen machte der gute Bruder der Frau Schuhflickerin viel Complement en daher/ wie sehr lieb er sie haͤtte/ und versicherte sie/ daß es ihr an nichts mangeln solte. Ach! wie ungluͤckseelig bin ich/ sagte sie/ und wolte ich lieber todt seyn/ weil ich weiß/ daß/ wann ich euch zu Willen bin/ zugleich mein Leben und meine Ehre in die Schantze stehe. Der Student/ so nicht viel nach ihrem Geschwaͤtze fra- gete | und es nicht wie der Kramer machte/ der sich mit blossem Kuͤssen ersaͤttigen ließ/ sondern gieng in vollem Springen/ und fieng an mit der Schuhflickerin was anders vorzunehmen. Die X 2 Frau/ Deß Academi schen Frau/ (welche vermeynete/ er solte nur mit Kuͤssen zufrieden seyn/) als sie sahe/ daß er was anders beginnen wolte/ ward hier- uͤber zornig/ und sagte zu ihm: Jch bitte euch/ gehet doch hin- auß/ ihr werdet mich sonsten zu schanden machen. Der g ute Kraͤmer/ der schier halb ersroren/ und eyferte/ daß ihm ein ande- rer den Bissen vor dem Maul hinweg nehmen wolte/ konte kaum laͤnger Gedult haben/ jedoch/ weil er sich fuͤr dem Studenten/ so einen alten rostigen Degen anhatte/ fuͤrchtete/ und seinen tollen Kopff wol kandte/ getrauete er sich nicht zu ruͤhren/ sondern/ weil er verhoffete/ er wuͤrde diese Beute bald verlassen muͤssen/ brach- te er die Zeit mit Zaͤhnklappern zu. Es gefiel aber diesem Venus- Kind alles so wol/ daß er sich vornahm/ nicht eher auß dem Hauß zu gehen, biß der Tag angebrochen. Der Reitschmidt/ der um selbige Zeit (als der naͤchste Nachbar/) außgieng/ seine Liebste zu besuchen/ kam vor das Hauß/ und klopffete an. Die Schuhflickerin/ wie sie solches gehoͤret/ sagete zu dem Studenten: Es wird gewiß mein Gevatter Schmidt seyn/ der etwas von mir wird entlehnen wollen/ darum bitte ich euch/ ihr wollet euch so lang unter das Bett verstecken/ biß er wieder heim seyn wird. Wie/ sagete der Bruder/ ich weiß wol/ daß sein Begehren kein anders seyn wird/ als das Jenige zu entlehnen/ was ich inglei- chem suche/ weil ich aber der Erste bin/ so wird er sich biß auf ein ander mahl gedulden muͤssen/ unterdessen/ mein Schatz/ lasset mich ein wenig gewaͤhren/ dann ich wil ihn schon mit guten Worten abfertigen. Diesem nach gieng der Student an die Thuͤr/ nahm der Schuhflickerinnen Sprach an sich/ und fragete: Wer klopffet? Machet auf/ antwortete der Schmidt/ dann es ist euer guter Freund/ und bin fuͤr Kaͤlte bald erstarret. Ach! fuhr der Bruder in seiner angenommenen Rebe fort/ ich kan fuͤr diß mahl nicht/ dann es ist einer von meinen Vettern hierinnen/ der neulich zu allem Ungluͤck kommen ist. Der Schmidt ward uͤber dieser Entschuldigung zornig/ und wolte kurtzum hinein; Der Bruder hingegen/ dem es sehr wol gefiel/ als er ihn also zittern sahe/ gab ihm die besten und geschmiertesten Worte/ die einem Verliebten noch Hoffnung machen kunten/ und sagete zu ihm: Mein lieber Freund/ weil ich anjetzo nichts mehrers thun kan/ so nehmet unterdessen/ zum Zeugnuͤß meines guten Willens gegen euch/ einen Kuß oder zween von mir an/ und erwartet einer an- dern Zeit/ daß ich euch aufmachen kan. Der Schmidt/ so uͤber die Massen in sie verliebet war/ hielt seinen Mund/ in Meynung/ der Schuhflickerin Mund anzutreffen/ gerad gegen das loch zu/ an Romans I. Buch. an Statt aber/ daß er der Schuhflickerin Mund anzutreffen vermeynete/ fand er/ daß es deß Studenten Hintertheil gewesen/ wurde aber deß Unterscheides zwischen Beyden stracks gewahr/ und weilen er vermerckete/ daß man ihn nur geaͤffet/ und bey der Raß herum gezogen/ nahm er ihm fuͤr/ wieder sich an ihr zu raͤ- chen/ stellete sich derowegen/ als wann er ein grosses Wolgefallen an solchem Kuͤssen gehabt/ und sagete zu ihr: Meine Liebste/ ich bin der mir erwiesenen Gunst dermassen erfreuet/ daß ich gern der gelegenen Stund/ da ihr mich einlassen koͤnnet/ erwarten wil/ unterdessen wil ich hingehen/ und meinen Mantel holen/ mich fuͤr dem Regen und Kaͤlte/ die mir hart zusetzen/ zu verwahren. Gieng darauf heim/ machte in seiner Schmidten ein Eysen gluͤ- bend-heiß/ und trug es unter seinem Mantel. Der Student/ so seiner noch wartete/ ließ sich in ein kurtz Gespraͤch/ wie zuvor/ mit ihm ein/ also/ daß der Schmidt seine Dame anfienge zu bitten/ ihm doch einen Kuß zu erlauben. Der Student war dessen zu- frieden/ und reckete ihm sein holdseeliges Hinter-Gesicht dar; Der Schmidt aber lauffet nicht/ sondern fließ ihm das heisse Ey- sen darein/ also/ daß der gute Bruder wol empfunden/ daß dieser Kuß viel zu warm gewesen/ und fuͤr grossen Schmertzen so heff- tig anfieng zu schreyen/ daß alle Nachbarn zu den Fenstern hin- auß sahen/ und Laͤrmen zu machen begunten. Den guten Kraͤ- mer/ so unterdessen mit grossem Ungemach und Frost der Violen gehuͤtet/ kam hieruͤber eine solche Furcht an/ daß er von oben her- ab auf die Gasse gesprungen/ zu allem Ungluͤck aber den einen Fuß verrencket/ welches ihn demnach mehr/ als der Bruder/ zu schreyen verursachet. Der Schmidt erschrack daruͤber sehr/ und wuste nicht/ was er mit diesem armen Patient en/ als seinem Mit Buhlern/ anfangen solte/ damit sie nicht ertappet werden moͤchten/ ließ demnach den Kraͤmer und den Studenten durch seine Knechte geschwind einen Jeden heimtragen/ damit es das Volck/ so schon aller Orten zusammen lieff/ nicht innen werden moͤchte/ und gab fuͤr/ es waͤren 2. trunckene Kerls von einem Gesind/ so diesen Laͤrmen angefangen haͤtten. Nachdem er also diesen Tumult gestillet/ gieng er mit grossen Freuden/ wegen sei- ner Victorie, mit seiner Schuhflickerin heim/ und verzehrete mit ihr das Nacht-Essen/ so der Kraͤmer hatte zurichten lassen. Als der Podestà seine Erzehlung hiermit be- schlosse/ sprach Klingenfeld: Wann es meinen hoch- geehrten Herren nicht zuwider/ wil ich noch ein an- X 3 der Deß Academi schen der Exempel von einem Studenten erzehlen/ der sich an seiner betruͤglichen Buhlschafft dergestalt gero- chen hat/ daß ein Jeder erkennen muͤssen/ es waͤre eine Thorheit/ wo man sich an einem spitzfuͤndigen Stu- denten vergreiffe. Der Podestà gab zu verstehen/ daß ihm ein solches lieb seyn solte zu vernehmen/ solchem nach setzeten sie sich in eine Schatten-reiche Laube nieder/ und nachdem der Gouverneur ein gutes Fruͤh- stuͤck/ samt einem guten Trunck Weins/ holen las- sen/ darvon die Gesellschafft zu sich nahm/ da ließ sich Klingenfeld in folgenden Discurs herauß: Es hat sich mit einem Studenten/ und einer unkeuschen Buhlerin/ ein artiger Streich begeben/ aber nicht an einem solchem Ort/ da eine Academie selber ist/ sondern gantz an einem andern/ aber diese Sache ist list- und lustig angefangen/ derowegen kan ich sie ungemeldet nicht lassen. Marsilien ist eine be- kandte und beruͤhmte Kauff- und See-Stadt/ in der Frantzoͤsischen Landschafft/ welche vor allen andern den Namen einer Provintz zu sonderbahrem Vor- theil fuͤhret. Diesen beruͤhmten Ort zu sehen/ begab sich ein gelehrter Student auß der Schweitz dahin/ der sich zu Montpelliers in Langedoc, und anderweit/ schoͤne manche liebe Jahre auf die freye Kuͤnsten gele- get/ und weil er ein sonderbahrer Liebhaher der Astro- nomie, und solcher Wissenschafften/ die damit einige Gemeinschafft haben/ als der Stellung der Nativi- t aͤten/ der Chiromantie, der Geomantie, der Meta- poscopie, der Uranoscopie, \&c. hat er es bey verschie- denen Meistern auf denen Academi en/ die er besuchet hat/ durch seinen Fleiß dahin gebracht/ daß er unge- meine Dinge auß der Natur zu sagen wuste/ und bey dem gemeinen Mann fuͤr einen Negromanticum, bey den verstaͤndigen Leuten aber fuͤr einen hochge- lehrten Romans I. Buch. lehrten Mann passi rte/ inmassen auch kein Professor auf allen Universit aͤten/ der ihm in diesen Stuͤcken zu vergleichen/ dañ die jenige Wissenschafften/ die bey diesem oder jenem Gelehrten Stuͤckweiß/ oder allein/ die waren bey ihme zusammen verbunden zu finden/ dannenhero/ wo er nur hin kam/ da redete man von Brandano, und sein Name war uͤberal bekandter/ als deß Roͤmischen Kaͤysers/ wo er aber nicht bekandt seyn wolte/ wie er dann deß vielfaͤltigen Besuchens endlich muͤde ward/ da nennete er sich anders/ insge- mein aber Hertod, nach einem fuͤrnehmen Mann/ der seiner Mutter leiblicher Vatter gewesen war. Solche Verwechselung deß Namens kunte ihm um so viel weniger uͤbel außgedeutet werden/ weil sie keinen boͤ- sen Zweck hatte. Dieser Brandano, nachdem er/ gehoͤrter Massen/ das Seinige in den freyen Kuͤnsten verrichtet/ und ihm einen grossen Namen erworben hatte/ nahm ihm vor/ die Welt weiter zu besehen/ und sich zu fo- derst nach Jtalien/ als dem fuͤrnehmsten Sitz rar ester Antiquit aͤten/ deren er ein sonderlicher Liebhaber war/ zu verfuͤgen/ und weil dieser Weg zu Wasser we- gen der Barbarischen Rauber/ welche die See ge- waltig unsicher machten/ nicht ohne hoͤchste Lebens- Gefahr zu verrichten/ muste er zu Lande gehen/ da ihm dann von Montpelliers die schoͤne Stadt Marsilien bald zu Gesichte kam/ welche ihm so wol gefiel/ daß er ihm vornahm/ sich eine Zeit daselbst aufzuhalten/ und die Manier der Mittellaͤndischen See-Fahrer und Gallee-Buben zu erlernen. Es fuͤgete sich aber/ daß er einsmahls im Fuͤruͤbergehen eine uͤberauß schoͤne Da- me vor ihrer Thuͤr stehen fand/ welche/ nach abgeleg- tem seinem Gruß/ ihm mit solcher Anmuthigkeit dan- ckete/ daß er alsobald sein gantzes Hertz dahin wand- X 4 te/ und Deß Academi schen te/ und ob ihm gleich zu diesem mahl die Gelegenheit benommen ward/ sich mit ihr in einen Discurs einzu- lassen/ machte er ihm doch die gewisse Hoffnung/ daß sich solches fordersamst schicken werde. Sein Hertz war dergestalt in sie vernarret/ daß es ohne diese Schoͤne nicht zu bleiben wuste/ auf fleis- siges Nachforschen aber erfuhr er/ daß die Dame eine junge Kauffmanns-Wittwe/ Namens Jannetine, welche sich/ ob sie gleich viel Werber gehabt/ durch- auß nicht wieder verheurathen wolle. Er gieng dem- nach alle Tage vor ihrem Hause vorbey/ und fand sie meist allemahl entweder am Fenster/ oder vor der Thuͤr/ da er dann einsmahls/ weil sie darzu nicht ab- hold schiene/ sich in eine freundliche Unterredung mit ihr einließ/ und auf alles eine hoͤfliche Antwort und guten Bescheid erhielt/ auch darbey in der 4. oder 5. Unterredung ihr seine hertzliche Affection mit sol- chen beweglichen Worten zu erkennen gab/ und dar- neben zugleich um Huͤlffe wider deren Hefftigkeit anhielt/ daß sie ihm zum ersten mahl mit einem freundlichen Haͤnde-Druͤcken ihre Gegen-Gewogen- heit gleichsam als ein Pfand der schier kuͤnfftigen Liebe schenckete. Er nahm damahlen mit solchem Vergnuͤgen seinen Abschied/ daß er sich gluͤck seeliger in seinem Hertzen schaͤtzete/ als den grossen Monar- chen von Franckreich. Er uͤberlegete die Sache zu Hauß/ und wo er auch immer seyn moͤchte. Er hatte weder Ruhe/ noch Rast/ in seinem Gemuͤthe/ und waͤ- re villeicht gluͤckseeliger gewesen/ wann ihm die Jan- netine kein Zeichen ihrer Liebe gegeben/ noch aber/ wann er dieselbe nimmer zu Gesichte bekommen haͤtte. Er kunte weder Tag noch Nacht einige Ruhe empfinden/ und wo er war/ da war er ausser ihm sel- ber/ daß er also aller Gesellschafft sich aͤusserte/ damit er ihm Romans I. Buch. er ihm nur die Schoͤnheit der Jannetine in seiner Ein- bildung desto lebhaffter vorstellen moͤchte. Jn der naͤchsten Unterredung/ welche in ihrem Zimmer/ da hinein sie ihn fuͤhrete/ gehalten ward/ gab sie ihm/ auf ein hefftiges Wehklagen/ zu verstehen/ daß sie ihr Hertz gegen ihm erschlossen/ aber resolvi ret sey/ nimmermehr wieder in den Ehestand zu tretten/ welches ihm so viel lieber/ und nachdem er darauf Verguͤnstigung erlanget/ ihren Mund 2. mahl zu kuͤs- sen/ schied er viel vergnuͤgter/ aber darneben auch viel verwirreter/ als zum vorigen mahl/ von ihr. Und gieng seine Plage und hertzliches Leyden allererst recht an. Er wuste ihm ohnmoͤglich selber zu helffen/ dannen- hero setzete er sich nieder/ und schriebe einen Brieff/ ohngefaͤhr dieses Einhalts: Schoͤnste Jannetine. K Ein Wunder waͤre es/ wann die unvernuͤnfftigen Creatu- ren/ und die steinerne Bild-Saͤulen/ durch eure Holdsee- ligkeit beweget wuͤrden. Jetzo kan ich euch wol mit Warheit sagen/ daß ich elender bin/ als ein steinern Bild/ oder eine unvernuͤnfftige Creatur/ als der ich durch eure Holdseeligkeit in solche Unruhe gebracht/ daß es mir ohn- moͤglich ist/ ohne euer freundliches Antlitz zu sehen/ eine Mi- nnte zu leben. Wann aber ich gerne gantz allein bey euch seyn moͤchte/ um euch von meiner Liebe den rechten Kern zu erkennen zu geben; Als bitte ich/ ihr wollet mir vergoͤnnen/ daß ich 2. Stunden nach dieser Mittags-Zeit bey euch erschei- ne/ und der Zeit und Gelegenheit halben mit euch Abrede nehme. Diesen Brieff warff er im Vorbeygehen in der Jannetine Hauß/ weil dieselbe mit der Magd/ die um alle ihre Heimlichkeiten genaue Wissenschafft hatte/ gantz allein darinnen war. Es begab sich aber zu allem Gluͤck/ oder Ungluͤck/ (es gilt hier gleiche viel/) daß Jaques, ein schoͤner Kauffmanns-Gesell/ in wel- chen die Jannetine schon vorher sich gewaltig verlie- X 5 bet Deß Academi schen bet hatte/ gleich darauf ins Hauß tratt/ und den Brieff aufhub/ welchen er zwar der Jannetine uͤber- reichete/ aber mit solchen Min en/ welche gnugsam zu erkennen gaben/ daß er dessen Einhalt/ als welcher ihm verdaͤchtig vorkam/ gerne wissen wolte; Weil nun die Dame auf diesen Galan weit mehr/ als auf den Hertod hielte/ so erbrache sie den Brieff/ und lase ihn uͤberlaut/ merckte aber/ daß Jaques hierauß gantz jaloux zu werden begunte. Gleich wol wuste sie ihn zu bewegen/ daß er sie mit dem Studenten in keinem Verdacht halten kunte/ dann/ sprach sie/ ich sehe es wol/ daß das naͤrrische Mus en-Kind in mich verliebet ist/ aber was kan ich darfuͤr/ daß er ein Narꝛ ist/ mein Leib bleibet euch/ mein Kind/ allein/ und so lange ihr lebet/ soll sich kein Mensch auf Erden ruͤhmen/ daß er dessen einmahl sey theilhafftig worden. Aber noch eins/ mein Kind/ wollet ihr meinen Worten glauben/ wann ihr sehet wie ich diesen Hertod vexiren wil? Ja- ques hoͤrete dieses uͤberauß gerne/ und wie die Kauff- leute sonsten meynen/ einen Hasen gefangen zu haben/ wann sie ein Mus en-Kind bey einer Buhlerin außzu- wippen vermoͤgen/ also wolte er wissen/ wie sie den Courtisan handthieren wolte. Sie gab ihm darauf den Anschlag zu erkennen/ und solcher ward auch zu Werck gestellet/ wie folget: Um die genannte Zeit fand sich Urian ein/ und weil sich Jaques im Hause ver- stecket hatte/ ward er von der Jannetine in ein schoͤnes Gemach genoͤthiget/ da er fuͤr derselben auf die Erde fiel/ und sie demuͤthigst bathe/ ihm etwas mehrers zu vergoͤnnen/ als das Kuͤssen. Sie stellete sich Anfangs/ als waͤre sie erzuͤrnet/ da sie doch von nichts lieber/ als von solcher Materie hoͤren wolte/ wie er aber so gar klaͤglich vor ihr ligen blieb/ da ließ sie sich gleichsam durch seine uͤbermaͤssige Liebe bewegen/ tratt demnach zu Romans I. Buch. zu ihm/ kuͤssete ihn auf den Mund/ und sagte: Mein liebster Hertod, ihr habt mein Hertz in euren Haͤnden/ so es euch beliebet/ koͤnnet ihr auf den Abend zu mir kommen/ und euch die gantze Nacht mit mir in meiner Schlaff-Stelle ergoͤtzen. Dann alles/ was ich habe/ bin und vermag/ stehet zu euren Diensten. Hertod waͤre fuͤr Freuden schier in eine Ohmacht gesuncken/ er ermunterte sich gleich einem Truncke- nen/ der auß dem Schlaff erwachet/ er stund auf/ und kuͤssete sie wol 20. mahl/ das er daruͤber gantz verzuckt ward. Endlich aber zwang ihn der Wolstand/ wieder abzutretten/ da er dann beym Außgehen der Magd/ welche ihm mit den Augen winckete/ einen Ducaten zum Trinckgeld zuwarff/ damit sie kuͤnfftigen Abend desto williger erfunden wuͤrde/ wann er kaͤme/ ihm die Hauß-Thuͤre aufzumachen. Er gieng damahl nach der Apothecken/ und kauffete allerhand wol-riechende Sachen/ womit er seine Kleider bestriche/ um bey sei- ner Jannetine desto angenehmer zu seyn/ er nahm ei- nen guten Trunck und etwas Speise zu sich/ damit er in dem Kampff desto laͤnger außhalten koͤnte. Er pu- derte und schmuͤckete sich aufs Beste/ und unterließ nicht das Allergeringste/ was etwas zu Beforderung seiner Liebe moͤchte zutraͤglich seyn. Als endlich die laͤngst-erwuͤnschete Abend-Stunde deß andern Weynacht-Tages herbey gekom̃en/ mach- te er sich auf den Weg/ in der Zuversicht/ diese Nacht die groͤsseste Freude in den Armen der schoͤnen Janne- rine zu geniessen/ dergleichen er noch sein Lebtage nicht empfunden hatte. Wie er demnach in schleunigen Freuden-Spruͤngen zu der Wohnung der Liebsten gelanget war/ da eroͤffnete ihm zwar die Magd die Hauß-Thuͤr/ sprach aber zu ihm/ daß das Ungluͤck der sannetine Bruder herein gefuͤhret haͤtte/ mit welchem sie Deß Academi schen sie in einer Rechnung begriffen waͤre/ wannenhero sie ihn bitten ließ/ ihr zu verzeyhen/ daß sie ihn so lange in den Hof verwiese/ biß der Bruder/ welches nicht lan- ge waͤhren solte/ abgefertiget worden/ da sie dann kommen/ und ihn selber abholen wolte. Hertod gab der Magd noch einen Ducaten/ und folgete ihr biß zur Hinter-Thuͤre/ da er in den Hof hinein tratt/ der Jannetine zugleich sagen ließ/ daß um ihrent- willen er es sich nicht wolle verdriessen lassen/ diese gantze Nacht/ obgleich die Kaͤlte sehr groß/ im Hof Schildwacht zu halten/ jedoch moͤchte sie es vermit- teln/ daß ihr Bruder bald abgefertiget wuͤrde/ weil er alle Minuten wolte zehlen/ biß die Zeit seiner Gluͤck- seeligkeit erscheinen wuͤrde. Die Magd schlosse hier- mit die Hof-Thuͤr/ auf ihrer Frauen Befehl/ veste zu/ und gieng wieder hinein/ da die Jannetine eben bey ih- rem Jaques uͤber der Mahlzeit sasse/ und beyde deß Thoren im kalten Hof von Hertzen lacheten. Was gilt es/ mein Schatz/ sprach sie/ ich wil euch anjetzo gnugsam erweisen/ daß der naͤrrische Student nicht den allergeringsten Theil an meinem Hertzen hat/ und wann ihr dann dessen gnugsam uͤberzeuget seyd/ wol- let ihr mich alsdann/ wie bißhero/ auch bestaͤndig lie- ben? Jaques kuͤssete sie hierauf/ und sprach/ er wolle deß Außgangs getrost erwarten. Eines Außgangs warlich/ replici rte Jene/ der dem Hertod allzube- schwerlich in dieser Nacht fallen doͤrffte. Es begunte aber inzwischen hefftig zu schneyen/ dannenhero sich Hertod nach einem Dach umsahe/ weil er aber im gantzen Hof dergleichen nichts finden kunte/ worun- ter er ein wenig von dem Schnee haͤtte moͤgen be- freyet bleiben/ so wandelte er staͤts auf und ab/ um durch die staͤte Bewegung seines Leibes sich deß allzu- strengen Frostes zu entschuͤtten/ der ihm leicht haͤtte schaden moͤgen. Janne- Romans I. Buch. Jannetine gieng nunmehro um die Glocke 10. mit ihrem Jaques hinauf/ in das erwaͤrmete Schlaffzim̃er/ da sie sich an ein Fenster im Dunckeln stelleten/ und die Magd mit einem Entschuldigungs-Gewerbe hin- ab zu dem Studenten sandte. Diese eroͤffnete bey der Hof-Thuͤr ein kleines Loͤchlein/ und nachdem sie den Hertod zu sich geruffen/ er auch in vollen Spruͤngen/ als wann die Zeit seiner Erloͤsung herbey kom̃en waͤ- re/ herzu gelauffen/ sprach sie zu ihm: Mein Herꝛ/ ich soll euch im Namen meiner Frauen zum hefftigsten bitten/ daß ihr das lange Aussenbleiben ihrer Person nicht uͤbel mercken wollet/ ihr Bruder ist ein zaͤncki- scher Mensch/ der gar nicht an den Schluß der Rech- nung zu bringen ist/ jedoch hoffet sie/ es werde in einer halben Stunde gethan seyn/ alsdann sollet ihr aufs Freundlichste von ihr empfangen werden/ und sie hat mir befohlen/ das Bette inzwischen wacker durchzu- hitzen/ damit sich dessen eure erfrohrne Glieder wieder ergoͤtzen moͤgen. Es waͤhret zwar etwas lange/ gab Hertod zur Antwort/ jedoch zwinget mich die allzu- grosse Liebe zu eurer Frauen/ in diesen sauren Apffel zu beissen/ darum meldet ihr meinen Gehorsam/ und daß ich sie bitten lasse/ mich auß diesem Schnee zu ret- ten/ und etwa in ein Kaͤmmerlein deß Hauses zu ver- stecken. Die Magd hielte ihm fuͤr/ daß es ohnmoͤglich waͤre/ ihn ins Hauß zu bringen/ weil die Thuͤr sehr knarrete/ und weil ihr Bruder gar ein seltzamer Kopff/ darzu mit Degen und Pistolen versehen/ moͤchte er dardurch leicht in Leib- und Lebens-Gefahr gerathen/ welches der Jannetine ein grosser Jam̃er seyn wuͤrde. Also muste sich Hertod zufrieden stellen/ und im Hof wieder auf und ab spatzieren/ da inzwischen die beyde Verliebten droben vor dem Fenster alles an- gesehen/ und gehoͤret hatten/ dessen sie in ihr Faͤustchen lachen Deß Academi schen lachen musten. Jaques sahe nun wol/ daß es die Janne- tine, woran er sonsten schon zu zweiffeln begunte/ all- zuredlich mit ihm meynete/ dannenhero entkleidete er sich/ und legete sich/ Statt deß Studenten/ zu ihr ins Bette/ und pflegeten sie also ihre Lust/ zu grossem Ver- druß dessen/ der fuͤr Frost und Schnee im Hof schier erstarret war. Nachdem sie endlich 2. Stunden also in Freuden gelebet/ noͤthigte die Jannetine den Jaques auf/ stellete ihn ans Fenster/ damit er hoͤren moͤchte/ was sie mit dem Hertod reden wuͤrde. Darauf tratt sie in ihrem Schlaff-Kleid hinab/ machte das Loͤch- lein bey der Hof-Thuͤr saͤuberlich auf/ und rieff: Mein Kind/ wo bist du? Hier bin ich/ sprach der halb-Er- frorne/ und lieff so geschwind/ als ein Pfeil herzu. Sie sprach: Ach! um deß Himmels willen/ ich thue mir fast selber zu kurtz/ daß ich euch also laͤnger im Frost muß stehen lassen/ alle Gedult wil mir vergehen/ es ist mir nicht moͤglich/ meinen Bruder auß dem Hauß zu bringen/ biß unsere Rechnung/ worauf er allzuhart dringet/ voͤllig geschlossen sey. Jch bin hieher kom̃en/ euch selber zu versichern/ daß auß meiner Schuld ihr dieses Ungemach jetzo nicht leydet/ verziehet aber nur noch eine halbe Stunde/ so soll es gethan seyn/ ich wil meinem Bruder alles nachgeben/ damit wir zur Rich- tigkeit kommen/ und solches um eurentwegen/ damit ich euch auß der Kaͤlte moͤge erloͤsen. Hertod bebete/ wie ein Aspen-Blat/ und seine Haͤnde waren schon dermassen erstarret/ daß er keinen Finger mehr fuͤhlen kunte/ gleichwol/ weil er selber seine Jannetine also re- den hoͤrete/ danckete er ihr fuͤr ihre Hoͤflichkeit/ gab ihr aber darbey sein grosses Ungemach wehklagend zu er- kennen/ und bath/ so bald fortzumachen/ als es ihr nur immer moͤglich waͤre/ ihn zu erloͤsen. Jannetine sagete ihm solches zu/ und schiede also von Romans I. Buch. von ihm/ verfuͤgete sich auch hinauf zu ihrem Jaques, da sie deß vermeynten Narren von neuem sich recht- schaffen zerlacheten/ sie sahen ihm eine Weile zu/ wie er bald gerad auß vor sich/ bald in einem Craͤyß her- um/ bald zur Seiten auß/ im Hof umher lieff/ wie er/ nach der Bauern Weise/ die Arme an den Leib schlaͤn- gerte/ und allerhand Grimmassen machte/ um sich zu erwaͤrmen. Endlich aber/ als sie deß Stehens muͤde/ die Zeit auch schon uͤber 2. Stunden nach Mitter- nacht verstrichen war/ da legeten sie sich mit einander abermahl zu Bette/ und nachdem sie das Jenige ge- than/ was sie gewolt/ und gekoͤnt/ schlieffen sie neben einander ein. Die Magd aber hatte Ordre von ih- rer Frauen/ den verliebten Studenten nicht auß dem Hof zu lassen/ solte er auch Mauß-todt frieren/ sol- ches alles thaͤte sie ihrem Hertz-allerliebsten Jaques zu Gefallen/ damit derselbe sehen und erkennen moͤchte/ wie starck sie an ihm hienge. Hertod wanderte unterdessen staͤts auf und ab/ ward aber vom Schlaff und Frost dergestalt gemar- tert/ daß er/ wie nach der Zeit weder die Magd/ noch die Frau/ wieder zum Vorschein kam/ ihnen Beyden alles Ungluͤck wuͤnschete. Er hielte sich in staͤter Be- wegung/ und haͤtte er sich nur ein wenig zur Ruhe be- geben/ so haͤtte ihn ein sanffter Schlaff/ und bald dar- auf ein gewisser/ aber unempfindlicher Tod/ im Hof uͤberwaͤltiget. Solchem nach wandelte er ohnauf- hoͤrlich in dem verschlossenen Hof auf und nieder/ und suchte allenthalben/ ob er irgend eine Thuͤre fin- den moͤchte/ herauß zu kommen/ aber die Mauer war allenthalben zu hoch/ und darinn weder ein Loch/ noch einige Thuͤre zu finden/ daß er also in diesem Kercker sich enthalten muste/ biß die Morgen-Stunde ihm seine Erloͤsung herbey bringen moͤchte. Endlich brach die Deß Academi schen die laͤngst von ihm erwartete Sonne herfuͤr/ und dar- auf/ weil es schon um die Glocke 8. war/ oͤffnete die Magd zwar die Hof- und Hauß-Thuͤr/ ließ sich aber im Geringsten nicht sehen. Hertod wartete nicht lang/ sondern gieng so geschwind/ als es seine erstarrete Glieder zuliessen/ in das Hauß/ weil er auch keinen Menschen darinn fand/ merckete er wol/ daß man sei- ner gespottet hatte/ derowegen sahe er sich nicht lange um/ sondern danckete GOtt/ daß er sein Logiment er- reichete/ woselbst er einheitzen ließ/ und sich alsobald ins Bette legete. Er ließ etliche Medicos holen/ wel- che ihm einige Mittel verordneten/ den durch den gan- tzen Leib gedrungenen Frost wieder zu vertreiben/ aber das wolte sich so bald ohnmoͤglich thun lassen/ daß er also eine schwere Kranckheit außstehen muste/ welche ihm alle Kraͤffte/ ja Witz und Verstand wegnahm/ daß man ihn todt sagete/ dessen aber die hart-hertzige/ unzuͤchtige Jannetine, samt ihrem Jaques, im Hertzen lacheten. Das XXIX . Capitul/ Brandano gebrauchet sich einer behenden List/ und raͤchet sich dergestalt an der Jannetine/ daß sie schier daruͤber ums Leben gekommen waͤre/ buͤsset darbey ein gut Stuͤck Geldes ein. E Ndlich/ nach einem Viertel-Jahr/ da er inzwi- schen an Statt der Liebe mit einem bittern Haß gegen die Wittwe reichlich versehen war/ begunte sich seine Kranckheit zur Besserung mit ihm anzulassen/ dahero/ wie er wieder bey vollem Ver- stande/ beredete er seinen Hauß-Wirth/ daß er einen Sarg solle außtragen/ und in die Erde/ da man die Kaͤtzer begraͤbet/ verscharren lassen/ wodurch ein Je- der/ insonderheit aber die Jannetine, nunmehro gleich- sam versichert waren/ daß Hertod gestorben sey. Welches dieser zwar einiger Massen das Gewissen ruͤhrete/ doch war ihr Hertz an dem Jaques dergestalt verknuͤpf- Romans I. Buch. verknuͤpffet/ daß sie um dessentwillen wol 10. andere Gesellen aufgeopffert haͤtte. Wie aber Hertod sich solcher Gestalt wieder bey Kraͤfften sahe/ daß er das Raͤysen vertragen kunte/ nahm er von seinem Wirth Abschied/ und band ihm veste ein/ einen Jeden bey der Meynung zu lassen/ daß er dieses Zeitliche in juͤngster Kranckheit verlassen haͤtte. Er nahm seinen Weg nach Genug/ und besahe Jtalien/ weil ihm auch alle Haare abgefallen/ setzete er eine Peruque auf/ und ließ einen breiten Barth wachsen. Endlich kehrete er mit etlichen Kauffleuten/ die unter Weges zu ihm stiessen/ wieder nach Marsi- lien/ in Hoffnung/ sich an der Jannetine Gebuͤhr-maͤs- sig zu raͤchen. Er kehrete/ zusamt seiner Gesellschafft/ in einer andern Herberge ein/ und nennete sich nicht mehr Hertod, sondern Brandano, mit seinem rechten Namen/ weil er auch den Kauffleuten unter Weges viel geweissaget/ was ihnen begegnen wuͤrde/ ihnen auch auf dem Nagel hersagete/ was diesem oder je- nem von der Gesellschafft schon begegnet waͤre/ hiel- ten ihn diese/ als einen rechten Wunder-Mann/ und sein Ruff breitete sich alsobald in der gantzen Stadt Marsilien allenthalben auß/ daß ein Jeder kam/ und ihm Geschencke brachte/ um sich seines Raths zu bedienen. Er hoͤrete aber unter andern mit grossem Ver- gnuͤgen/ daß die Jannetine dem Jaques nicht allzu treu verblieben/ sondern neben demselben auch mit andern zugehalten haͤtte/ welches dieser durch seine Magd/ die er ihm mit grossen Geschencken verbuͤndlich ge- macht/ bald erfahren/ wannenhero er sich ihrer von der Zeit an/ biß dato, gaͤntzlich enthalten hatte/ wiewol sie alles anwendete/ um ihn von neuem wieder in ihr Liebes-Netz zu bringen/ welches ihr aber biß dato Y gantz Deß Academi schen gantz und gar nicht haͤtte gluͤcken wollen/ dahero sie auch im Zorn die Magd abgeschaffet/ die dem Jaques, welches sie erfahren/ ihr leichtfertiges Leben hinter- bracht. Kaum hatte sich also unser Brandano 3. oder 4. Tage zu Marsilien aufgehalten/ da kam/ unter vie- len andern Personen/ auch eine Magd zu ihm/ und sagete/ daß eine reiche Wittwe/ bey welcher sie in Diensten/ gar hoͤchlich verlange/ ihn allein zu spre- chen/ und sich in einer gewissen hoch-wichtigen Sa- chen seines Raths zu bedienen. Brandano forschete alsobald nach dem Namen ihrer Frauen/ und erfuhr/ daß sie die Jannetine sey. Ha ha! sagte er hierauf: Jch weiß schon/ was eure Frau fuͤr ein Anligen hat/ doch lasset sie zu mir kommen/ ich wil selber mit ihr reden/ und sehen/ ob ihr zu helffen stehet. Sie kan auf den Abend spaͤt/ um die Glocke 10. mich allein finden/ und sagen/ was ihr beliebet. Die Magd gieng mit diesem Bescheid nach ihrer Frauen/ welche sich der Antwort zum hoͤchsten verwunderte/ und sprach: Warlich/ dieser muß ein geschickter und hochgelaͤhrter Mann seyn. Als nun die Abend-Stunde/ die man ihr be- stimmet hatte/ heran gekommen/ legete sie schoͤne Klei- der an/ steckete etliche guͤldene Louvys en in die Ta- sche/ und verfuͤgete sich zu dem Brandano, der sich in ei- nem Spanischen Kleid præsenti rte. Er fuͤhrete sie in sein Zimmer/ und setzete sich neben sie/ da sie ihn dann Anfangs starck ansahe/ und erschracke/ weil er dem Hertod, den sie fuͤr todt hielte/ so aͤhnlich war. Sie sprach demnach zu ihm: Mein Herꝛ/ wann ich nicht wuͤste/ daß ein gewisser guter Freund/ den ich wol ge- kannt/ vor etwa einem halben Jahr allhier Todes verfahren waͤre/ so wolte ich glauben/ daß er in eurer Person annoch lebete. Aber Brandano wuste ihr die- sen Zweiffel gar umstaͤndlich zu benehmen/ indem er seine Romans I. Buch. seine Stimme und Gebaͤrden wol zu zwingen wuste/ daß sie endlich glaubete/ dieser sey gar eine andere Person/ als der vorige Hertod. Darauf sprach sie also zu ihm: Das Geruͤcht eures grossen Verstandes/ und ungemeiner Wissen- schafften/ mein Herꝛ/ ist auch fuͤr meine Ohren gekom- men/ weßhalben ich mich aufgemacht habe/ mich eu- res hochweisen Raths zu bedienen/ nemlich: Wie ihr sehet/ so bin ich eine junge Wittwe/ annoch in dem Al- ter/ das der Liebe nicht unfaͤhig ist/ ich habe lange Zeit einen Courtisan gehabt/ der mich auch hertzlich/ gleich wie ich hinwieder ihn/ von Grund meiner Seelen ge- liebet habe. Dieser ist mir neulicher Zeit/ weiß nicht/ warum/ abhold worden/ und entschlaͤget sich nun- mehro meiner Person gantz und gar/ welches mir/ die ich ohne ihn nicht zu leben begehre/ dergestalt zu Her- tzen gehet/ daß ich Tag und Nacht weine/ und in Thraͤ- nen schier ersticken moͤchte. Also ist dieses meine hertz- liche Bitte/ ihr wollet mir einen guten und kraͤfftigen Rath ertheilen/ Krafft dessen ich meines geliebten Ja- ques wieder theilhafftig werden moͤge/ so soll euch eure Muͤhe und Wissenschafft/ die hierzu moͤchte ange- wandt werden/ vortheilich und ersprießlich seyn. Hier- mit schwieg sie Stock-stille/ und fieng so bitterlich an zu weinen/ daß es einen Stein haͤtte erbarmen moͤgen. Brandano hingegen lachete in seinem Hertzen/ und ge- dachte: Nun/ Danck sey dir/ O du guͤtiger Himmel/ daß du mir jetzo eine Gelegenheit hast gegeben/ mich redlich zu raͤchen an der unerhoͤrten Boßheit dieses unzuͤchtigen Weibs-Bildes. Als er aber sahe/ daß sie zu weinen nicht ablassen wolte/ druͤckete er ihre Hand/ und sprach: Seyd zufrieden/ junge Frau/ obgleich euer Anligen verzweiffelt boͤß zu seyn scheinet/ wil ich doch alle meine Witz und Kuͤnste herfuͤr suchen/ ob ich Y 2 euch Deß Academi schen euch helffen/ und das Hertz euers geliebten Juͤng- lings wieder zukehren moͤchte. Darum/ lasset eure Bekuͤmmernuͤß fahren/ gehet nach Hauß/ und kom̃et Morgen um diese Zeit wieder zu mir hieher/ inzwi- schen wil ich mich von keinem Menschen sprechen las- sen/ damit ich desto mehr Zeit habe/ auf eure Sache zu gedencken/ und euch Rath zu schaffen. Hiermit steckete ihm die hoch-bekuͤmmerte Jan- netine einen mit Gold gewuͤrckten Beutel/ darinn uͤber 100. Rthlr. an Gold waren/ in die Hand/ und sprach: Mein hoch-verstaͤndiger Herꝛ/ dieses gebe ich euch zum Anbott/ so fern ihr mich Morgen um diese Zeit/ da ich wieder bey euch seyn werde/ mit einem gu- ten Rath erfreuet/ soll euch noch so viel fuͤr euren Fleiß und Muͤhe werden. Brandano stellete sich/ als wann er seine Kunst nicht fuͤr Geld spendi rte/ wolte dem- nach das Geld nicht annehmen. Aber sie fieng dar- uͤber an zu weinen/ und sagete: So muß ich ja sehen/ daß ihr mich verschmaͤhet/ und mir in meinem Jam̃er- Stande nicht zu Huͤlffe kommen wollet. Hiermit zog sie einen schoͤnen Ring vom Finger/ legete solchen zu dem Beutel mit dem Gold/ und bathe/ solches anzu- nehmen/ zum Zeichen/ daß er Mitleyden mit ihr haͤtte. Er nahm es endlich an/ und geleitete sie vor die Hauß- Thuͤr/ ließ sie darauf ihres Weges mit der Magd al- lein gehen. Er aber gieng in seine Kammer/ besahe das Geschenck/ und erfreuete sich in seinem Hertzen/ daß er diese Frau zuͤchtigen koͤnte. Nach gehaltener Mahl- zeit legete er sich zu Bette/ schlieff aber wenig/ sondern dachte auf ein Mittel/ wie er sich jetzo gebuͤhrlich raͤ- chen moͤchte/ und als ihm gegen die Mitternacht et- was eingefallen/ schlug er seine Augen zu/ uͤbergab sei- nen Leib dem Schlaff/ und ruhete biß an den liechten Morgen. Darauf entnahm er sich den Federn/ ließ ihm Romans I. Buch. ihm den Diener/ den er in Jtalien angenommen hat- te/ die Kleider langen/ legte sich an/ und spatzierete ein wenig vor das Thor/ biß um die Mittags-Stunde/ da er sich wieder nach seiner Herberge verfuͤgete/ und einen Hauffen Leute darinn fand/ welche sich seines Raths bedienen wolten. Er ertheilete ihnen solchen nach seiner Wissenschafft/ und ließ sie mit gutem Ver- gnuͤgen von sich/ bekam daruͤber auch ein gut Stuͤck Geldes. Als endlich die bestimmte Abend-Stunde heran nahete/ stellete sich die unkeusche Jannetine wieder ein/ und Brandano fuͤhrete sie in das vorige Gemach/ da er sich neben sie setzete/ und sprach: Frau/ ich habe ein Mittel gefunden/ wordurch ihr eures Buhlen wieder koͤnnet theilhafftig werden/ es ist zwar etwas hart und herbe außzufuͤhren/ aber weil es die himmlischen Influen tzen also fuͤrgeschlagen/ kan ich es nicht aͤndern; Hoͤret/ was ich sage/ und mercket mit Fleiß darauf: Jhr muͤsset ein bleyern Bild giessen lassen/ im Na- men eures verlohrnen Buhlen/ mit demselben muͤsset ihr eine Stunde nach der Sonnen Untergang eine halbe Stunde in einem fliessenden kuͤhlen Bach ba- den/ und sieben mahl unter Wasser den gantzen Leib tauchen/ alsdann muͤsset ihr also Mutter-nackt mit dem Bild in den Armen auf einen Baum/ oder Thurn/ oder sonsten irgend auf eine hohe Altane stei- gen/ das Bild gegen Mitternacht halten/ ein gewis- ses Gebet/ welches ich euch aufsetzen wil/ 7. mahl nach einander hersagen/ so werden zwey Wunder-schoͤne Knaben kommen/ und euch fragen/ was euer Begeh- ren sey/ denen sollet ihr euer Anligen eroͤffnen/ so wer- den sie von Stund an von euch scheiden/ und uͤber eine Stunde wieder zu euch kommen/ und euch einen Haar-Zopff uͤberreichen. Dieser ist genommen von Y 3 dem Deß Academi schen dem Haupt eures Buhlen/ denselben behaltet/ und steiget alsdann herab/ leget eure Kleider an/ und keh- ret in euer/ oder in ein ander Hauß/ daselbst verbren- net die Haar-Flechte zu Pulver/ so wird euer Buhler uͤber 2. Stunden zu euch kommen/ und euch in allem vergnuͤgen/ auch dem Himmel dancken/ daß er eure Gunst nur Lebens-lang behalten/ und euch gefallen moͤge. Diß und kein ander Mittel ist es/ wordurch ihr moͤget vergnuͤget werden/ bedencket es nun selber bey euch/ ob ihr das Fuͤrgeschlagene zu vollfuͤhren getrauet. Die Jannetine war von Hertzen froh/ als sie die- sen Vorschlag vernahm/ und sagte/ daß sie denselben mit der allerbesten Freude und Lust vollbringen wolte/ sie uͤberreichte dem Brandano noch einen schoͤnen Beutel voll Gold-Muͤntze/ und bathe ihn um den schrifftlichen Aufsatz deß Gebets/ wie auch/ daß er ih- rentwegen das bleyerne Bild nur moͤchte zubereiten/ allermassen sie entschlossen waͤre/ am folgenden A- bend mit ihrer Magd sich nach ihrem Hof/ der eine halbe Meile von der Stadt entlegen/ zu erheben/ und in dem fuͤruͤberfliessenden Bach zu baden/ das uͤbrige aber auf dem alten Thurn/ den sie an der einen Ecke deß Garten haͤtte/ zu verrichten. Brandano sprach: Bey Leibe nicht/ Frau/ ihr doͤrffet keine lebendige Seele mit euch nehmen/ sondern muͤsset gantz alleine bleiben/ gehet aber jetzo hin/ und machet das Ubrige zu eurem Vorhaben bereit/ ich wil inzwischen das Bild selber giessen/ und das Gebet aufsetzen. Also schied sie voller Freuden von ihm/ und bildete ihr ein/ sie haͤt- te den Jaques wieder in ihre Arme bekommen. Sie ruͤstete sich am folgenden Tag/ und legte ein leichtes Kleid an/ gieng auch auf den Mittag wieder zu Bran- dano, der ein bleyern Bild bey einem Kannengiesser gekaufft Romans I. Buch. gekaufft hatte/ dieses gab er ihr/ samt dem Gebet/ und darauf schied sie von ihm/ und erhub sich gantz allein nach ihrem Garten. Brandano dachte: Nun ist die Zeit zu einer er- wuͤnschten. Rache heran gekommen. Er nahm seinen Diener zu sich/ legte andere Kleider an/ daß man ihn nicht kennete/ und schlich nach ihrem Garten hin/ er fand nicht weit darvon ein Bauer-Hauß/ fuͤr welchem einige Frauen-Kleider im Wind hiengen/ er gieng hinein/ und befahl seinem Diener/ selbige weg zu pra- ctisi ren/ und sie an einen gewissen Ort zu legen/ in- massen er sich derselben diese Nacht uͤber bedienen wolle. Der Possen gieng redlich an/ Brandano gieng hinein/ und forderte einen Trunck Milch/ welchen man ihm reichete/ und unterdessen nahm der Knecht die Kleider weg/ woruͤber sich zwar der Bauer und seine Frau seltzam gebaͤrdeten/ aber Brandano sprach sie zufrieden/ und troͤstete sie/ daß er die Kleider bezah- len/ oder andere herbey schaffen wolle/ die besser waͤ- ren/ als die gestohlnen/ dann er sey ein Meister der hohen himmlischen Wissenschafften/ und was er ver- lange/ das muͤsse ihm Augenblicklich werden. Die Leute verwunderten sich sehr daruͤber/ als er solche Worte fuͤhrete/ und gaben ihm einen grossen Respect. Er schenckete der Frauen/ die ihre Kleider verlohren/ 3. guͤldene Louvys en/ welche ihr weit lieber waren/ als ihre Kleider/ und darauf verfuͤgte er sich zu dem Knecht nach dem Bach/ daselbst verstecketen sie sich in eine Hecke/ und sahen in der Mond-hellen Nacht die Jannetine heran marchi ren. Sie zog sich auß/ und legte die Kleider unter einen Waͤyden-Stock/ nahm das Bild in die Hand/ und kuͤssete es/ stieg darauf ins Wasser/ und badete sich und das Bild/ wie ihr Bran- dano befohlen hatte. Y 4 End- Deß Academi schen Endlich gieng sie wieder herauß/ und eylete nach dem Thurn/ auf welchen sie/ mittelst einer sehr langen Leiter/ die sie durch 2. Maͤnner hatte dahin stellen las- sen/ stiege. Darauf kroch Brandano herfuͤr/ und befahl seinem Knecht/ den Thurn zu bewahren/ und keinen Menschen darzu zu lassen/ er zog auch mit seiner Huͤlffe die Leiter sachtmuͤthig hernieder/ und iegte sie hinter die Hecke/ gieng hernach wieder zu dem Bau- ren-Hauß/ und legte sich schlaffen/ inmassen er ver- lassen hatte/ daß er bald wieder kommen wolte. Ehe er aber sich niederlegte/ ließ er ihm etliche abgesottene Eyer langen/ welche er genosse/ und zu dem Bauren- Weib sprach: Sie solte nach dem Waͤyden-Stock gehen/ welchen er ihr bedeutete/ da wuͤrde sie schoͤne Frauen-Kleider finden/ welche sie nur getrost hinneh- men/ und als die Jhrigen behalten koͤnte. Die Frau kam bald hernach mit grossen Freuden wieder/ und zeigete ihre Kleider/ woruͤber sich auch ihr Mann fuͤr- nemlich ergoͤtzete/ dann es waren lauter seidene Klei- der/ und zarter Leinwad. Nachdem endlich Branda- no einen guten Schlaff gethan/ stunde er etwa zwey Stunden nach Mitternacht auf/ und gieng zu dem Thurn/ auf welchem die Jannetine annoch immerfort ihr Gebet herlase/ und der Juͤnglingen erwartete/ aber sie blieben auß/ woruͤber ihr die Zeit gewaltig lang zu werden begunte. Sie zitterte fuͤr Frost/ daß sie bebete/ und kunte man es drunten an ihrer Stim̃e hoͤren/ dann/ ob es gleich in den heissen Hunds-Tagen war/ so waren doch die Naͤchte fuͤr einen Mutter- nackten Leib viel zu kalt. Endlich/ als es Tag zu wer- den begunte/ da præsenti rete sich Brandano, und rieff ihr zu; Sie kannte ihn zwar nicht in diesem Kleide/ er aber gab sich zu erkennen/ und sagte: Du leichtfer- tige Jannetine, weist du dich noch wol zu erinnern/ welcher Romans I. Buch. welcher Gestalt du mich/ als ich noch Hertod hiesse/ die gantze Winter-Nacht uͤber in der grimmigsten Kaͤlte in deinem Hof stehen liessest/ darvon ich her- nach so kranck worden/ daß ich gemeynet/ ich wuͤrde sterben/ habe auch einen Sarg außtragen lassen/ als wann ich damahls gestorben waͤre. Aber nein/ ich lebe unter meinem rechten Namen Brandano annoch zur Rache gegen dir/ die ich jetzo von dir nehmen wil. Damahl aͤffetest du mich/ um deß Jaques willen/ und nun solt du mir von dem Thurn nicht herunter kom- men/ biß du die Nacht-Kaͤlte und Tages-Hitze recht- schaffen außgestanden hast. Das dienet dir zu wissen/ dann Jaques wird sich durch die Narren-Possen/ die ich dich uͤberredet habe/ nicht wieder zu deiner Leicht- fertigkeit verleiten lassen. Jch habe es ihm schon er- zehlet/ was ich mit dir fuͤrnehmen wolte/ daruͤber er hertzlich lachete. Als Jannetine den Brandano solcher Gestalt re- den hoͤrete/ wolte sie vor Eyfer bersten. Sie erkannte wol/ daß sie von Hertod hintergangen worden/ und daß derselbe Ursach haͤtte/ sich gebuͤhrlich an ihr zu raͤchen/ aber der Verdruß/ den sie darauß empfand/ war so groß/ daß sie ihm nicht ein einziges Woͤrtlein antworten wolte. Sie legte sich platt nieder auf das Gewoͤlbe deß baufaͤlligen Thurn/ der kein Dach hat- te/ und ließ sich nicht sehen/ fluchte auch bey sich selber/ und vermaledeyete ihr Ungluͤck/ und insonderheit den Jaques, als welcher Ursach daran/ daß Hertod da- mahl/ und sie anjetzo/ also geplaget wurden. Jnzwi- schen legte sich deß Brandano Knecht schlaffen/ und nachdem er ein paar Stunden geruhet/ stunde er wie- der auf/ und verfuͤgte sich nach dem Thurn/ solchen zu bewahren. Brandano selber gieng in das vorige Bauern-Hauß/ und ließ ihm um den Mittag etwas Y 5 zu essen Deß Academi schen zu essen langen. Damahl empfand die Jannetine eine unleydliche Hitze von der breñenden Sonnen-Strah- len/ wieder welche sie sich nicht zu bergen muste/ sie bath zwar den Knecht um GOttes willen/ er moͤge ihr doch ihre Kleider langen/ aber derselbe bekannte ihr/ daß sie in dieser Nacht von einem Weibe abgeholet worden. Sie war uͤberauß betruͤbt/ und kunte sich vor Scham nicht sehen lassen/ dannoch bathe sie den Knecht/ daß er hingienge/ und ihr einen Hut voll Wassers braͤchte/ damit sie sich dardurch laben moͤch- te/ aber er durffte nicht/ und dahero ward sie gantz un- maͤchtig von Hitze/ daß sie kaum die Zunge mehr ruͤh- ren kunte. Hierzu kam der Hunger/ und unleydliche Durst/ wordurch sie dergestalt angegriffen ward/ daß sie mehr einer Leiche/ als einem Menschen gleichete auf dem Thurn. Drey Stunden nach Mittag/ kam Brandano wieder/ nachdem er die Bauer-Frau mit ihrem ge- fundenen Kleid an einen gewissen Ort beschieden hat- te. Damahl fiel Jannetine auf ihre Knye/ und bathe ihn um deß Himmels willen/ er moͤchte ihr doch ein wenig Wassers zukommen lassen/ aber er lachete ih- rer/ und hielte ihr fuͤr/ wie sie ihm jenes mahls alle Hitze in der unleydlichen Kaͤlte versaget haͤtte/ wie sie ihn gegen den Kauffmann so gering geachtet/ weil er ein Student gewesen/ nun aber muͤsse sie erfahren/ was fuͤr eine Thorheit es sey/ einen klugen Studen- ten zu beschimpffen/ und ihn zum Zorn zu reitzen/ und was er mehr fuͤr Worte fuͤhrete. Sie bathe ihn zwar noch im̃erfort/ aber da war kein Gehoͤr/ biß der Abend bald herein brechen wolte/ da sprach er: Jannetine, nun ist es mir gelegen/ nun habe ich mich genug ge- rochen/ nun beliebt es mir/ daß du wieder hernieder steigest/ hiermit halff er dem Knecht die Leiter ansetzen/ und Romans I. Buch. und ließ sie herunter steigen. Sie stunde allda Mut- ter-nackt/ und weil sie das bleyerne Bild im Zorn weggeworffen/ hielte sie die beyde Haͤnde fuͤr den Bauch/ und bath den Knecht um seinen Rock/ aber Brandano ließ ihr der Baͤuerin Kleider holen/ welche der Knecht am vorigen Abend entwendet hatte/ dessen sie uͤberauß froh ward. Sie war aber von der Son- nen dermassen verbrandt/ daß sich die Haut uͤberall in vielfache Runtzeln zusammen gezogen hatte/ dahero ihr das Gehen etwas saner ward. Sie lieff zuforderst nach dem Bach/ und trunck einen guten Zug Was- sers/ wordurch sie etwas Kraͤffte bekam/ und darauf wanderten sie mit einander nach der Stadt. Wie sie daselbst eintratten/ machte es Brandano Jedermann kund/ daß diese Frau in den Bauer-Klei- dern die schoͤne Jannetine sey/ daher dann eine grosse Menge Volcks sich versammlete/ solche Ebentheuer zu sehen/ dann sie war in der gantzen Stadt sehr be- kandt. Brandano fuͤhrete sie endlich auß dem Ge- draͤng der vielen Menschen in seine Herberge/ wo- selbst die Bauer-Frau in der Jannetine Kleidung stund. Als diese Frauen einander sahen/ und Jede ihre gestohlene Kleider erkannte/ da schalten sie einan- der vor Diebinnen auß/ fielen darauf einander in die Haare/ und rissen beyderseits die Kleider eine der an- dern vom Leib herab/ daß die Stuͤcke auf der Erden ligen blieben/ an welcher Kurtzweil Brandano noch die groͤste Lust hatte. Also ward die Jannetine recht- schaffen wieder bezogen/ und darauß ist zu sehen/ daß die Studenten listige Kumpen sind/ wann sie von Universit aͤten kommen. Das XXX Capitul/ Ein Wirth machet sich mit List bezahlet. Ein Schuster wird haͤßlich betrogen. Zween Spanische Studenten haben eine seltzame Rencontre. Ein Student gewinnet Geld durch List. Andere stehlen ein Schwein/ und brauchen grosse Behendigkeit solches zu bchalten. Der Deß Academi schen D Er Podestà und alle die andern musten heken- nen/ daß sich dieser Student listig und recht- schaffen gerochen haͤtte/ sie ersuchten aber un- sern Klingenfeld/ ihnen noch etliche artige Studen- ten-Streiche mitzutheilen/ weil sie vernommen/ daß er um ihre Haͤndel gute Wissenschafft hatte. Dieser ließ ihm solches gefallen/ und erzehlete darvon ein und anders/ wie folget: Z U Jngolstadt logi rte ein junger Edelmann auf der Univer- sit aͤt bey einem Wirth/ und lebete ziemlich in den Tag hinein/ daß der Wirth eine ansehnliche Summa von ihm zu fordern hatte/ dannenhero begunte ihm Angst zu werden/ und er gedachte auf mancherley Weise/ wie er Rath finden moͤchte/ zu seiner Schuld zu gelangen. Jnzwischen begab es sich/ daß deß jungen Edelmanns Vatter/ (welcher ein Richter war/) nach seinem Sohn schickete/ er solte unverzuͤglich heim kommen. Da fieng dem Wirth erst an/ wie die Katz den Rucken auf zulauffen/ er wuste nicht/ wie er seinen Sachen thun wolte. Zuletzt gedachte er/ wolan/ ich muß ein anders fuͤr die Hand nehmen/ ob ich doch mit List zur Bezahlung kommen moͤchte. Er richtet ein gut Panquet zu/ und saget zu dem Edelmann: Juncker/ ich verste- he/ wie ihr heimreiten wollet/ nun muͤssen wir uns demnach zu- vor mit einander letzen/ und einen guten Muth haben. Dieses gefiel dem Edelmann wol/ und er sagete: Ja/ mein Herꝛ Wirth/ in welcher Mahlzeit muß aber solches geschehen/ damit ich es auch andern guten Gesellen/ so mir lieb sind/ verkuͤndigen mag? Der Wirth sprach: Juncker/ zum Nachtmahl bin ich sehr wol geruͤstet/ darum moͤget ihr wol gute Gesellen mitbringen/ so wollen wir gantz leichtsinnig seyn; Jn Summa/ die Sach war also abgeredet. Der Wirth befahl allem seinem Gesinde/ so bald man zu Tisch kaͤme/ solten sie nur nicht faul seyn/ mit Einschen- cken/ so war der Bescheid auch gegeben/ daß sie den besten Wein einschenckten. Nun/ so bald es um die Zeit war/ daß man zu Tische saß/ trug man auf nach der Schwere/ da hub sich ein grosses Fressen und Sauffen an. Der Wirth aber lieff staͤts von und zu dem Tisch/ damit man auf sein Fuͤrnehmen nicht achten/ und desto weniger Argwohn haben moͤchte. Er schierete auch tapffer zu/ damit dem jungen Edelmann kein Mangel an Trincken gelassen wurde. Nun hatte der junge Edelmann eine schoͤne Romans I. Buch. schoͤne guͤldene Kette am Halse hengen/ die war zum wenigsten in 300. Guiden werth. Als nun der Wirth merckete/ daß der junge Edelmann gantz wol bezecht war/ sagte er zu ihm: Jun- cker/ wie moͤget ihr doch den gantzen Tag so schwer am H alß tra- gen? Der Juncker sagte: Wie so? Da sprach der Wirth: Mich beschweret den gantzen Tag das Hemd/ wann es am Leib/ deßgleichen mein Hut auf dem Kopff/ ich geschweige/ daß ich einen gantzen Tag eine solche Ketten an mir tragen solte; Sie aber/ (sagte der junge Edelmann/) beschweret mich gar nichts/ ich wolte/ es kaͤme einer/ und schenckete mir noch eine zu dieser/ ich truͤge sie darzu/ ja/ wann sie noch so schwer seyn solte. Der Wirth sagete: Jch moͤchte doch wol wissen/ wie einem waͤre/ der eine solche Ketten truͤge? Der Edelmann war nicht unbe- hend/ hienge dem Wirth die Ketten an den Halß/ der Schlamp aber gie ng nichts destoweniger fuͤr sich/ der Wirth lieff ab und zu/ wie er vormahls auch gethan hatte/ auf die Letzte verlohr er sich gar/ und legte sich schlaffen/ achtete nicht/ wer die Zech mach- te. Als nun das Sauffen uͤber die Zeit waͤhrete/ blieben etliche in der Stuben auf den Baͤncken ligen/ die Sorge war schon bey ihnen allen dahin/ der Edelmann gedachte nicht mehr an seine Kette. Als es nun Morgen und Tag ward/ saß mein guter Wirth auf sein Roß/ ritte dahin/ und nahm keinen Abschied von seinen Gaͤsten. Nicht lange darnach stund der Edelmann auf/ und meynete/ hinweg zu reiten/ er fragete offt/ wann der Wirth aufstehen wolte/ daß er ihm seine Kette gebe/ dann er muͤste rei- ten. Zuletzt sagte ihm der Stall-Knecht/ der Wirth waͤre deß Morgens fruͤh darvon/ so wuͤste er nicht anders/ dann er waͤre in Elsaß nach Wein geritten. Der gute junge Edelmann war der Sachen nicht gar wol zufrieden/ wartete/ biß die Wirthin auch kam/ die sagte ihm gleichen Bescheid. Was solte er thun? Er muste hinweg auf seines Vatters Schreiben/ so kunte ihm die Wirthin gar nichts von seiner Ketten sagen. Also zohe er gantz traurig darvon. Uber einige Zeit schrieb er dem Wirth um seine Ketten/ als er aber lang umher gieng/ muste er ihm sein Geld schicken/ da hielte ihm der Wirth seine Ketten auch nicht mehr zuruͤck. Zu Salamanca in Spanien/ hatte sich ein Student in eines Schufters Frau verliebet/ weil nun der Mann staͤts zu Hauß/ und ihm allen Zutritt verwaͤhrete/ erdachte er eine sonderbare Lift/ solcher Gestalt: Er schriebe einen Brieff/ darauf den Titul an den Hertzog von Infanrado, und darunter/ daß fuͤr die Uber- bringung Deß Academi schen bringung 30. Realen/ (ist ungefaͤhr 4. Reichsthlr.) solte bezahlet werden/ benebenst dem Woͤrtlein Eyligst/ Eyligst/ ꝛc. Diesen Brieff bringet er durch die dritte Hand in deß Schusters Laden/ welcher so grossen Botten-Lohn zu verdienen/ sich auf den Weg machet/ und dem Hertzogen/ der damahls etliche Meilen von Salamanca Hof gehalten/ den Brieff folgenden Jnnhalts einge- haͤndiget: Euer Fuͤrstl. Gnaden geruhen gnaͤdig Uberbringern dessen so lang anzuhalten/ biß ich ihm ein Paar Hoͤrner aufge- setzet/ und zu einem hochtrabenden Hahnrey gemacht habe/ er ist dieser Ebren faͤhig und wuͤrdig. Der Hertzog ließ ihm deß Studenten Lift gefallen/ behielte den Schuster viß auf den an- dern Tag bey sich/ und bezahlete das Botten Lohn. Unterdessen hat der Student bey der Frauen sein Versprechen in das Werck gerichtet. Zu Bologne hielten sich weyland zween Studenten auf/ Namens Autonio de Phunen, und Johann von Gambea, vor- nehmer Leute Kinder/ welche beyde kaum das 25. Jahr erreichet/ und keine Belustigung der Jugend unterwegen liessen/ massen sie die Mittel darzu uͤberfluͤssig in den Haͤnden hatten/ ob sie nach Frauenzimmer gefraget/ und selber Gesellschafft gesuchet/ ist bey so hitziger Jugend Muͤssiggang leichtlich zu erachten/ und waren sie/ kurtz zu sagen/ nicht traͤge/ solche schoͤne Buͤcher zu durchsehen/ und fleissig daruͤber zu ligen/ gebrauchten auch mehr/ als einen solchen Calender. Unter vielen/ war wegen ih- rer Schoͤnheit im Ruhm/ Cornelia Bentivogli, deren Vor- Eltern auf eine Zeit uͤber Bononia geherꝛschet/ von welchen Niemand im Leben/ als Lorentz Bentivogli, ihr Bruder/ in dessen Schutz und Aufsicht Cornelia damahls war/ und ob sie wol ohne Vatter und Mutter/ war sie doch kein Waͤysen-Kind zu nennen/ weil der Reichthum ihr an Eltern Statt verblieben/ und ihr sattsamen Unterhalt verschaffte. Diese Cornelia hielte ihr Bruder/ wie ein schoͤnes Gemaͤhl verwahret/ das die Lufft leicht- lich verderben moͤchte/ und ausser der Kirchen nicht koͤnte gesehen werden. Als es sich nun begeben/ daß Johann von Gambea, der Spanische Student/ auf eine Zeit bey Nachts nach Hauß gehen wollen/ hat man ihm geschryen/ und bey einer Hauß-Thuͤr ge- fraget: Ob er Fabio waͤre? Ja/ sagte er/ auf alle Wagnuͤß/ und hat darauf empfangen einen eingewickelten schweren Buͤn- del/ mit te/ solchen fleissig zu verwahren/ und wieder zu kom- men/ also schlosse man das Hauß hinter ihm zu/ und ließ ihn mit einem neu-gebohrnen Kind in der Gassen stehen. Nach kurtzem Bedacht/ Romans I. Buch. Bedacht/ traͤget er diese Gabe nach Hauß/ und befahl sie einer Frauen in der Nachbarschafft/ wol merckend/ daß man ihn fuͤr einen andern angesehen haͤtte. Das Gezeug/ in welches das Kind eingehuͤllet/ beglaubte leichtlich/ daß die Eltern dieses Fuͤndlings reiche Leute/ zu dem/ war auch das Kind so holdseelig daß Johañ sich daruͤber erfreuete/ und zu solches Auferziehung keine Unko- sten spahren wolte. Nachdem nun Johann wieder kom̃en zu dem Hauß/ da er so kindlich begabet worden/ hat er einen schreyen und sich woͤhrend befunden/ den ihrer viel er morden wollen/ deß- wegen er alsobald von Leder gezogen/ und dem Bedrangten einen Beystand geleistet/ biß endlich die Wacht darzu gekommen/ und diese Meuchel-Moͤrder verjaget/ jedoch/ daß diese Beyde dar- uͤber verwundet worden/ und Johann/ dem andern seinen Na- men/ um welchen er gebeten/ damit er wisse/ wem er zu dancken schuldig/ angezeiget. Jn diesem Tumult hatte Johann seinen Hut verlohren/ und den naͤchsten besten auf gesetzet/ ist auch da- mit/ weil andere kommen/ und den/ dem er beygestanden/ hinweg gefuͤhret/ wol nach Hauß kommen. Unterdessen wolte Antonio seinen Spießgesellen suchen/ und begegnet einem Welb/ welches ihn um GOttes Willen bate/ er solte sie in Sicherheit bringen/ und sich ihrer annehmen/ dieses thate er willig/ und brachte sie auf seine Kam̃er/ da er mit Verwunderung sahe/ daß sie ein sehr schoͤn und reich-hekleidetes Weib/ hoͤtete aber von ihr keinen an- dern Bericht/ als das sie bathe/ er solte sie im Verborgen halten/ und eylen/ Friede zu machen/ unter denen/ die in nachster Gassen einander wuͤrgen wolten; Als er nun solches zu thun gewilliget/ begegnet ihm Johann/ und erzehlen diese Beyde was ihnen diese Nacht begegnet. Jndem sie nun in ihrer Behausung angelan- get/ wil Antonio seinen Gesellen nicht lassen in die Kam̃er gehen/ und indem er aufsperret/ schimmert der Hut mit dem Diaman- ten so herꝛlich/ daß die schoͤne Gefangene solches erstehet/ und bit- tet/ der Hertzog wolle doch hinein kom̃en/ und sie in ihrem Elend besuchen. Antonio sagte/ daß kein Hertzog hier/ und fuͤhrete mit ihrer Bewilligung Johaun hinein/ welchen sie befragte: Ob er dann den/ dessen der koͤstliche Hut sey/ kennete? Johann antwor- tete mit Nein/ und erzehlete/ wie er ihm beygestanden/ und bey dem Leben erhalten haͤtte. Hierauf gab sich diese Weibs-Person etlicher Massen zufrieden/ betrocknete die Thraͤnen-Perlen/ welche uͤber ihre Wangen haͤuffig triefften/ und indem sie erzeh- len wil/ was sich mit ihr begeben/ hoͤret sie ein neu-gehohrnes Kind weinen/ und als sie fragte/ wo es waͤre/ verstunde sie/ daß solches Deß Academi schen solches ihr seyn muͤste/ und bate/ man solte ihr doch solches zu saͤugen bringen/ welches geschehen/ und nachdem sie sich wieder erholet/ hat sie erzehlet/ daß sie Cornelia Bentivogli sey/ welche der Hertzog von Ferrara, Alfonso von Este, geliebet/ vermittelst ehelicher Versprechung/ geschwaͤngert/ massen sie auch bey ihrer Befreundin einer genesen/ und diese ihre Frucht zur Welt ge- bracht/ eben in der Nacht/ als der Hertzog sie entfuͤhren/ und von ihrem Bruder feindlich angegriffen worden/ indem sie das Kind einer von ihren Kammer Maͤgden vertrauet/ und auß Furcht deß Todes/ welchen sie von ihrem Bruder zu erwarten gehabt/ entflohen/ u. d. g. Ob nun wol die Magd vermeynet/ sie gebe das Kind dem Fabio, deß Hertzogen Diener/ hat sie doch endlich befunden/ das alle Umstaͤnde eingetroffen/ und das Hertz hat ihr gesaget/ daß dieses ihr Kind. Die zwey Studenten haben ihr das Zimmer eingeraͤumet/ das Weib/ welchem erstlich das Kind gegeben worden/ bey ihr gelassen/ und mit anbrechendem Tag an den Ort/ wo der Streit zu Nachts sich begeben/ verfuͤ- get/ aber gantz keine Zeitung und Nachricht von dem Hertzog vernehmen koͤnnen. Jndem begab es sich/ daß Bentivogli, auß sonderlichem Vertrauen gegen die Spanier/ Johann erzehlete/ wie der Hertzog von Ferrara seine Schwester verunehret/ und bittet ihn/ mit nach Ferrara zu reiten/ und wegen seiner den Her- tzogen fuͤr die Klinge zu fordern/ weil er so maͤchtig nicht/ daß er Volck werben/ und einen Krieg mit diesem Hertzogen anfangen koͤnte. Johann liesse sich hierzu willig gebrauchen/ und verhoffete also zu vermitteln/ daß dem Hertzog anderer Gestalt Vergnuͤ- gung beschehen moͤchte/ bedancket sich deßwegen deß guten Ver- trauens/ und machet sich mit ihm auf den Weg/ nimmt auch mit seiner Einwilligung/ Antonio mit sich/ als einen glaubwuͤrdigen Zeugen alles dessen/ was sich mit dem Fraͤulein Cornelia be- geben. Nachdem diese verraͤyset/ bildet die Waͤrterin der Cor- nelia fuͤr/ daß Bentivogli einen Jtaliaͤner/ der hinterliftig diese Spanier/ wegen ihrer/ um das Leben bringen werde/ raͤth also/ und beredet sie/ daß sie sich samt dem Kind auf machen/ und bey einem Dorff-Pfarrer/ unfern von Ferrara, da sie vor diesem ge- dienet/ ihre Einkehr nehmen solte/ fuͤhrete ihr auch zu Gemuͤth/ daß ihr viel anstaͤndiger und verantwortlicher/ wann sie bey ei- nem alten Geistlichen/ als bey jungen Studenten gefunden wer- den wuͤrde. Cornelia befindet alle die Ursachen fuͤr richtig/ machet sich mit ihrem jungen Sohn auf den Weg/ und kommet zu besagtem Dorff-Pfarrer/ welcher sie willig aufnahme/ und wol Romans I. Buch. wol empfienge. Es fuͤgte sich aber/ daß Alfonso und Bentivogli von ferne einander begegnen/ und Johann/ der ihn alsobald er- kennet rennete vorauß ihm entgegen/ und gab ihm zu verstehen/ welcher Massen Bentivogli sich von ihm beleydiget vermeynet. Alfonso erklaͤret sich hier auf alsobald/ daß er Corneliam fuͤr sei- ne Gemahlin halte/ ihr die Ehe versprochen/ und gewillet sey/ sich foͤrderlichst mit ihr trauen zu lassen. Als nun Johann diese Antwort zuruck brachte/ wurde Bentivogli sehr erfreuet/ und kamen einander zu umarmen. Unter Weges erkannte Alfonso seinen Hut/ und wiederholete seine Dancksagung gegen Johann/ daß er ihm in seinen Noͤthen beygestanden/ erzehlete auch/ wie alles mit Cornelia daher gegangen. Jndem gelangten sie beyde vor besagtem Dorff-Pfarrer an/ und weil sie der Re- gen uͤberfiel/ stiegen sie ab/ und funden/ was sie nicht suchten/ bielten also dieses fuͤr eine sondere Schickung/ und ließ sich Al- fonso mit Cornelia alsobald trauen/ und fuͤhrete sie mit sich nach Ferrata, da sie in grosser Vergnuͤgung lange Zeit gelebet/ und mit den zweyen Spaniern sehr grosse Freundschafft anwesend/ und durch Brieff-Wechsel abwesend gepflogen. Ein armer/ doch subtil er und verschmitzter Student zu allerhand Sachen/ ward deßhalben von den jungen Purschen hin und wieder geliebet/ daß er allenthalben/ wo er nur hin kam/ freye Zehrung hatte/ es daͤuchte ihn aber/ er koͤnne zu nichts kommen/ wann er nicht ein fein Capital haͤtte/ verließ derhalben seine Gesellschafft/ und zog auf Pariß| fand auch allda bald eine Compagnie von Purschen/ die ihn wegen seiner Geschicklichkeit sehr liebeten/ und wolte einer fuͤr dem andern gern bey ihm seyn/ doch dachte er/ hiermit wirst du noch nichts vom Capital kriegen/ bedachte also dieses/ er heuerte eine Kammer/ und borgete von seinen Cameraden ihre koͤstlichste Kleider/ machte darmit in sei- ner Stuben einen maͤchtigen Zierrath/ nebenst einem Schneider- Tisch. Nun war ein Schneider/ der spendi rte trefflich auf Mo- den/ zu dem gieng er gantz verkleidet/ und sagte/ was er ihm ge- ben wolte/ wann er ihm einen Ort weisete/ da ein Boͤnhaß saß/ der viel neuer Moden bey sich haͤtte; Der Schneider gab ihm 2. Dutaten/ und er gieng Abends mit ihm/ und wiese die fuͤr dem Fenster hangende schoͤne Kleider/ damit war der Schneider zu- frieden/ brachte auch deß andern Tages seine andern Meister mit hin/ und wolten den Boͤnhasen jagen/ da hatte sich der Stu- dent umgeputzet/ daß er ihnen unbekandt war/ saß auch bey dem Tisch/ als wann er naͤhete/ den nabmen sie zu erst bey dem Kopff/ Z und Deß Academi schen und wolten ihn mitnehmen/ aber er wolte nicht/ schlugen und stiessen unterdessen tapffer auf den unschuldigen Boͤnhasen loß/ biß zuletzt die Nach barn nebst seinen vorigen Cameraden darzu kamen/ und halffen ihm zu erst loß/ brachten es auch bey der Obrigkeit dahin/ daß ihm die Schneider fuͤr seine Schlaͤge 50. Frantzoͤsis. Kronen geben muͤssen/ diß war sein erstes Capital. Auf einer gewissen Universit aͤt in Franckreich/ da eben eine haͤßliche ansteckende Seuche grassi rte/ sahen etliche verschlagene Studenten/ daß ein Doctor Medicinæ, ihr Nachbar/ ein treff- liches Schwein geschlachtet/ und selbiges im Hof an einen Pfahl/ um auß zutrucknen/ damit es zum Saltzen desto bequemer waͤ- re/ auf geschlagen hatte. Weil sie nun dem Doctor ohne dem nicht gut/ trachteten sie darnach/ wie sie ihm einen Possen ma- chen/ und das Schein entwenden moͤchten. Solches geschahe bey Nacht/ und wie der Doctor fruͤh Morgens dasselbe nicht siehet/ wird er bestuͤrtzet/ wirfft gleichwol Augenblicklich seinen Argwohn auf die rechte Thaͤter/ als welche um dergleichen Stuͤcklein ohne dem in keinem guten Ruff waren/ dannenhero gehet er zum Statthalter deß Orts/ und bittet um Gerechtig- keit. Erzehlet ihm so viel Umflaͤnde/ daß ihm derselbe einen Stadt-Diener zugibt/ der den Studenten 1. 2. 3. und gar zum vierdten mahl befahl/ dem Doctor das Schwein wieder zu zuflel- len/ die Studenten aber wolten nicht daran/ sondern giengen bin/ und laͤugneten wacker. Der Doctor erlanget endlich/ daß Hauß- suchung geschehen moͤchte/ wiewol der Statthalter/ als der ein grosser Studenten-Freund/ lange nicht daran wolte/ darauf wird den Studenten bange/ jedoch erdachte einer darvon also- bald eine List/ und sprach zu seinen Cameraden: Wir wollen in einer unserer Kammer einen Tisch mit einem schoͤnen weissen Tuch lassen bedecken/ auf dasselbige allerley Glaͤßlein/ Becher/ Oele/ Pflaster/ Salben/ und dergleichen stellen und legen/ wie man in denen Kammern/ darinnen Patient en ligen/ zu thun pfle- get/ als da man viel und mancherley Artzneyen vonnoͤthen und im Vorrath hat/ und wann der Statthalter Jemand schicket/ das Schwein zu suchen/ und derselbige in die Kammer kommt/ so steliet euch allesamt sehr traurig/ sehet/ wie ihr Thraͤntn mit untermischten Seuffzen herauß bringet/ und wann Jemand die Ursach solcher eurer Traurigkeit zu wissen begehret/ so antwortet ihm mit traurigen Gebaͤrden/ und saget/ es lige einer eurer Ge- sellen an der jetzt regierenden ansteckenden Seuche in dem Bette toͤdtlich kranck/ und welches das Alleraͤrgeste/ so stehet ihr in Sorgen/ Romans I. Buch. Sorgen/ es sey der meiste Theil der Ubrigen unter euch mit solcher Seuch allbereit auch angestecket/ und damit sie es desto besser glauben/ wollen wir das Schwein an Statt deß Patient en in das Bett legen/ ihm eine Schlaff-Hauben aufsetzen/ und die Decke fein wol hinauf ziehen/ damit man es desto weniger koͤnne sehen und mercken/ fuͤr das Ubrige lasset mich sorgen/ dann/ wie ihr wisset/ so stehet die gantze Stadt/ dieser Schwachheit halben/ in grosser Furcht/ und wird sich keiner leichtlich zu dem Bette hinzu machen/ viel weniger die Decke aufheben/ zu besehen/ was darunter lige. Als die Ubrige ihres verschmitzten Gesellen guten Vor- schlag vernommen/ kunten sie nicht aufhoͤren zu lachen/ richteten alles das Jenige/ was er ihnen gerathen/ alsobald ins Werck/ und schlugen alle Forcht destomehr von sich/ die weil es eine solche Sach/ die nicht um Leib und Leben zu thun/ setzten demnach die Tafel zurecht/ das Tuch und alle obgemeldte Sachen darauf/ legten das Schwein in das Bett/ setzten denselbigen eine Schlaff- Hauben auf/ umwickelten und verdeckten ihm den Halß/ Stirn und Ruͤssel/ mit einem weissen Tuch/ liessen die vordere Fuͤsse mit Lumpen umwickeln/ und mit Ermeln angethan/ ein wenig uͤber der Deck berauß tagen. Sie waren mit diesem allem kaum fertig worden/ da kamen die Hauptleute/ beneben den Scher- ganten von dem Statthalter geschickt/ klopfften/ ihrer Gewohn- heit nach/ mit grosser Ungestuͤmm an der Thuͤr deß Hauses an/ trungen/ als man ihnen die Thuͤr auf gemacht/ mit hellem Hauf- fen ohn allen Gruß/ oder Zusprechen/ hinein/ giengen gerades Weges hinauf in den Saal/ funden die Studenten sehr traurig und weinend bey einander/ dann der eine seuffzet und klaget/ der andere weinet/ der dritte leget seinen Kopff auf die Hand/ schlug die Augen unter sich/ und war sehr traurig/ der vierdte schlug die Haͤnde zusammen/ sahe uͤber sich und seuffzet/ und so fort an/ endlich schryen sie alle zusammen und rufften: Ach deß armen Tropffen/ unsers Gesellen/ ist es moͤglich/ daß wir ihn also sollen verlieren? Ach es kan nicht anders seyn/ sintemahl keine Artzney das Geringste an ihm außrichten und verfangen wil. O Tod/ verschone dieses jungen und freudigen Hertzen/ und was sie der- gleichen klaͤgliche Worte mehr vorzubringen und zu erdencken wusten. Uber diesem Klagen und Heulen wurde die gantze Wacht sehr bestuͤrtzt/ derowegen dann einer auß den Hauptleuten frag- te/ was ihnen begegnet/ daruͤber sie sich so sehr beklagen und aͤng- Z 2 stigen? Deß Academi schen stigen? Dem gab der eine Student zur Antwort/ und saget: Ach in dieser naͤchsten Kammer liget einer unserer Gesellen mein allerliebster Freund und Bruder/ an der jetzt-regierenden anfle- ckenden Seuch toͤdtlich kranck/ und welches noch aͤrger/ so stehen auch wir allesamt in den Sorgen/ daß wir ihme werden nach- folgen/ sintemahl fast keiner unter uns/ der sich nicht uͤbel befin- det/ gehet hinein/ liebe Herren/ gehet hinein/ und helffet uns un- sern Bruder beweinen. Als solches der Capitain vernommen/ machet er die Kammer-Thuͤr ein wenig auf/ sahe hinein/ zu vernehmen/ ob ihm also waͤre/ ward deß Krancken wie oberzeh- let/ in dem Bett/ und eines andern/ welcher bey dem Bett saß/ und den Krancken troͤstet/ und zu einem seeligen Abschied mit vielen Weinen/ Worten und Gebaͤrden staͤrcket/ zusamt den vie- len Glaͤsern und Hafelein auf dem Tisch gewahr/ gerieth dar- uͤber in eine grosse Furcht/ zohe den Kopff alsobald wiederum zuruͤck/ und gieng ohn alles GOtt behuͤte euch/ mit seiner Ge- seuschafft wiederum auß dem Hauß hinauß/ verfuͤget sich in solchem Schrecken zu dem Statthalter/ konte kaum reden/ brach- te endlichen so viel herauß/ und sagte: Ach Herꝛ/ wo habt ihr mich hingeschickt? Was ist es/ fragte der Statthalter? Der Herꝛ hat mich/ antworter er wiederum/ in ein Hauß gesendet/ in wel- chem ich einen an der jetzt-regierenden boͤsen Seuch habe gefun- den todt kranck ligen/ und alle uͤbrige Studenten/ so in demselbi- gen Hauß sind/ sitzen beysammen/ und dasselbige nicht allein von wegen ihres krancken Gesellen/ sondern auch um sich selbsten/ die- weil sie sich gleichfalls dieser Kranckheit zu befahren/ und allbe- reit jetzund nicht wol befinden. So bald solches der Stadthalter vernahm/ schrye er mit lauter Stimme: Weg/ weg mit euch allen/ gehet um GOttes willen auß meinem Hauß/ sintemahl/ wie ich besorge/ ihr eben so wol angestecket seyd/ und kommet/ so lieb euch euer Leib und Leben ist/ so bald nicht wiederum herein/ biß ich eurer selbst begehre/ und nach euch schicke/ gieng damit in seine Schlaff-Kammer/ und suchet seine gewoͤhnliche Artzney/ solchen Schrecken zu vertreiben. Nachdem der liflige Student das schnelle Abweichen deß Hauptmanns und seiner Gesellschafft vernommen/ zog er sich alsobald an/ gieng zu dem Statthalter/ ließ die uͤbrige Studenten in grossem Gelaͤchter zu Hauß/ kam vor den Statthalter/ er zehlet denselbigen die gantze Sache/ wie es nemlich von Anfang biß zum Ende/ er gangen/ welches ihm dann uͤber alle Massen wol gefiel/ und kunte dessen nicht gnug- sam lachen/ sonderlich/ die weil er vernahm/ daß Niemand unter ihnen Romans I. Buch. ihnen kranck/ und saget: O ihr Studenten seyd aͤrger und listi- ger/ als der Teuffel selbst/ glaube demnach gaͤntzlich/ es seye kein List und Bubenstuͤck in der Welt/ das ihr nicht wisset/ und wehe dem/ der in eure Haͤnde kommt. Befahl ihnen gleichwol/ dem Doctor das Schwein wieder zu geben/ welches doch denen Stu- denten gar nicht beliebt/ als welche nichts zu dem Ende nehmen/ daß fie es wollen wieder geben/ und sagete der Student/ es waͤre ihnen solches eine ewige Schande/ und ihrer Klugheit sehr ver- weißlich/ um welches willen man sie fuͤr Narren in beyden Rech- ten balten wuͤrde/ sintemahl Nehmen und Wiedergeben keinem Verstaͤndigen wol anstehet/ und derowegen auch ihnen nicht ge- buͤhren wolte; Aber/ damit sie fuͤr billiche Leute angesehen wuͤr- den/ die die Gerechtigkeit lieb haͤtten/ schickten sie dem Statthal- ter einen Schincken/ und etwas von den Wuͤrsten/ das Ubrige aber verzehreten sie mit grossen Freuden/ und bey guten Wein/ also/ daß der gute Doctor nicht das Geringste darvon genosse. Das XXXI . Capitul/ Grosse Schlaͤgerey unter den Studenten auf den Academi en. Seltzame Rencontre zwischen den Studenten und einem Com- mendant en desselben Orts. Wie auch eines Magnifici und desselben Studiosi . Vngluͤckliches Duell in Leipzig. K Lingenfeld ließ es mit seinen Studenten- Streichen hierbey bewenden/ und der Podestà gestunde/ daß die Studenten allhier zu Padua auch manchmahl seltzame Possen fuͤrnaͤhmen. Aber Printz de Tursis ließ sich jetzo vernehmen/ wie man ihm erzehlet/ daß auf den Teutschen Academi en auß dem vielen Sauffen grosse Uneinigkeiten und Schlaͤge- reyen vorzufallen pflegeten. Das gestehe ich willig/ sprach Klingenfeld/ und koͤnnen wir es an unserm Ce- rebacchio gnugsam sehen/ daß unser Clima die Leiber der Menschen gewaltig außdorret/ welche demnach an Speiß und Tranck sich fleissig halten muͤssen. Ob aber darauß mehr Uneinigkeiten/ Schlaͤgereyen und Duell en auf den Universit aͤten entstehen/ als auß der Miß-Treu und Geilheit der Jtaliaͤner und Frantzo- Z 3 sen/ Deß Academi schen sen/ das laß ich zu eines rechtschaffenen Mannes Ur- theil dahin gestellet. Der Podestà sprach darauf/ daß die Duell en unter den Studenten in Jtalien eben so haͤuffig nicht/ und wo je die Studenten sich balgeten/ waͤre der Handel richtig von Teutschen angefangen. Muͤsse es demnach auf den Teutschen Academi en gar offt harte Duell en abgeben. Das kan ich bezeugen/ war Klingenfelds Antwort/ und darff ich mich eben nicht ruͤhmen/ daß ich auf den vier Teutschen Acade- mi en/ die ich frequenti ret/ mich selber 58. mahl herum geschlagen habe. Jch wil aber meiner Haͤndel nicht gedencken/ sondern/ damit meine Herren sehen/ wie es bey uns hergehet/ wil ich von etlichen Rencontres und Schlaͤgereyen sagen. Bey meiner Zeit studi rete zu Marburg ein ansehnlicher Liefflaͤnder/ welcher die Theologie verlassen/ und sich auf die Jura geleget/ er charessi rete eines fuͤrnehmen Doctor s Tochter/ die er auch hernach zur Ehe bekam/ aber sie starb bald her- nach. Dieser Liefflaͤnder merckete/ daß ein fuͤrnehmer Polack dann und wann sich vor der Thuͤr besagter seiner Amour zu Pferd præsenti rete/ und hochmuͤthige Spruͤnge thaͤte/ dannenhero ward ihm solches eins- mahls angedeutet/ da er eben mit etlichen guten Freunden bey einem Trunck sich lustig machte/ er be- fahl darauf seinem Jungen/ den Gaͤsten so viel Weins zu holen/ als sie foderten/ er selber aber nahm (es war schon in der Nacht/) einen blossen Degen unter den Arm/ ließ den Hut/ um keinen Aufstand zu machen/ in der Stuben ligen/ und setzete eine lederne Calot aufs Haupt. Er gehet gerade nach dem bewusten Ort/ da ihm der Polak entgegen kom̃t/ und ihn mit dem Pferd schier vom hohen Pflaster herab gedraͤnget haͤtte. Der Liefflaͤnder schaͤumete zwar/ wolte doch die Sache mit Glimpff anfangen/ sprach demnach: Monsieur, wo habt Romans I. Buch. habt ihr diß muthige Pferd bekommen? Der Polack war ein sehr reicher und fuͤrnehmer Staroste/ gab ihm demnach die Antwort/ was er darnach zu fragen haͤt- te/ gab darauf dem Pferde die Sporen/ und wolte den Liefflaͤnder vom hohen Groth vollends herunter werffen. Aber dieser sprung besser herein/ ergriffe das Pferd bey der Brust/ hub es vornen in die Hoͤhe/ und warff es/ samt dem Starosten/ aufs Pflaster/ daß es glatschete/ nahm darauf deß Polacken Saͤbel/ schlug ihm darmit um den Kopff/ ließ ihn hernach ligen/ und gienge seines Weges/ nachdem er seiner Liebsten ein hoͤflich Compliment gemacht/ dann diese hatte den gantzen Handel angesehen. Der Polack ward von sei- nen Dienern endlich wieder aufgerafft/ zu Pferd ge- setzet/ und nach dem Balbierer gebracht/ der ihm die Galanterie- Wunden verband. Der Liefflaͤnder hin- gegen stellete sich bey seinen Gaͤsten wieder ein/ die von nichts gewust haͤtten/ wann man ihn nicht mit Pohlnischem Blut haͤtte besprenget gesehen. Eben dieser Liefflaͤnder hatte noch viel andere wackere Studenten zu Feinden/ wie er demnach eins- mahls im Wein-Hauß sich lustig machte/ warnete ihn ein guter Freund/ sich vorzusehen/ weil 6. seiner Widerparten mit grossen Degen auf dem Marckt auf ihn laureten. Kaum hatte er diesen Bericht em- pfangen/ da gehet er mit seinem kleinen Degen allein auf die 6. Pursche loß/ schilt sie/ und fordert sie her- auß. Sie liessen sich nicht lange bitten/ zogen dem- nach ihre Plampen von Leder/ und schlugen demnach auf ihn loß/ daß er hefftig verwundet ward. Der Lieff- laͤnder pari rte mit seinem kleinen Degen/ aber die Klinge ward ihm vor dem Gefaͤß weggehauen/ dar- auf drunge er in den Hauffen/ und ergriffe einen gros- sen Hieb-Degen/ der auf ihn loßgeschlagen ward/ Z 4 bey Deß Academi schen bey der scharffen Klinge/ welche er so vest hielte/ und an sich zog/ daß er sie auß dem Gefaͤß loßwuͤrckete/ und sich noch wacker darmit herum schlug. Sein Landsmann/ ein sehr frommer/ und bey Jedermann beliebter/ gelehrter Studiosus Theologiæ, kam auß seiner Studier-Stuben herzu gelauffen/ ihm zu helf- fen/ aber im ersten Streich wurden ihm die Finger an der rechten Hand/ samt dem Degen auf die Erde ge- worffen/ er muste demnach auß dem Gefecht wegge- hen/ und sich verbinden lassen/ der andere aber bliebe allein gegen seine 6. Widerparthen stehen/ und schlug sich ohne Unterlaß mit ihnen allen herum/ das Blut flosse allenthalben herab/ daß man mit den Schuhen darinnen badete/ die Burger kamen mit Stangen herzu gelauffen/ kunten sie aber nicht von einander bringen. Endlich kam D. Curtius, als damahliger Rector Magnificus, welcher ein sehr kleiner Mann/ aber von grosser Authorit aͤt war. Dann/ so bald ihn die Kaͤmpffenden erblicketen/ stecketen sie die Degen ein/ und giengen von einander. Der Liefflaͤnder aber hatte uͤber 20. Wunden/ uñ darunter einen bona dies Streich uͤber den lincken Arm/ nahe bey der Hand/ bekom̃en/ welcher nicht ein Haar tieffer gedienet haͤt- te. Als er zu dem Balbierer kam/ bathe er ihn/ vor al- len Dingen die Wunde/ welche er in der Ober-Lippen bekommen/ bald-moͤglich zuzuheilen/ damit er seine Liebste fordersamst wieder kuͤssen/ und bedienen moͤch- te. Dieser Liefflaͤnder ward hernach Doctor in Jure, und heurathete seine Liebste/ ward aber von der Stadt/ darinn er zu Hauß gehoͤrete/ heim beruffen/ um Antwort zu geben/ warum er das. Studium Theo- logicum, worzu man ihm Geld verschossen/ verlassen haͤtte? Er defendi rte sich endlich herauß/ und kam 2. Jahr hernach allererst wieder herauß/ so lang muste ihn Romans I. Buch. ihn seine Liebste missen/ welcher er vor der Abraͤyse kaum 4. Wochen beygewohnet hatte. Sie betruͤbete sich aber Zeit seiner Abwesenheit dermassen/ daß sie nicht lange hernach starb/ und nur eine Tochter nach sich verließ. Wo man in Vestungen Academi en hat/ da fin- det sich zwischen den Studenten und Soldaten eine staͤts-waͤhrende Antipathie, worbey bald diese/ bald jene Parthey/ den Kuͤrtzern ziehet. Und thut ein Printz sehr wol/ wann er an solchen Orten Commendant en verordnet/ die Studenten-Freunde; Dann/ die Sol- daten muͤssen ihnen pari ren/ die Studenten aber/ wo er ihr Freund nicht ist/ achten ihn nicht einen Pfiffer- ling/ worvon ich eine denckwuͤrdige Rencontre zu er- zehlen weiß? Ein gewisser Commendant, ein General und Edelmann in einer Vestung/ darinnen eine be- ruͤhmte Academie, thut den Studenten allen erdenck- lichen Verdruß an/ also/ daß er weder Fuͤrnehme/ noch Geringe/ ja nicht einmahl die Professores und Magnificum achten wolte. Wie nun einsmahls 2. Studenten in dem nah-gelegenen Feld spatzieren gehen/ kommen etliche Soldaten hinter ihnen her/ welche hoͤren/ daß die Vorgehenden Lateinisch mit einander reden; Weil sie nun wusten/ daß ihnen ihr Commendant wider die Studenten in allem favori- si rte/ begehrten die unverschaͤmten Gesellen/ sie solten Teutsch reden/ damit sie es verstehen koͤnten. Diese hergegen lacheten deß Anmuthens/ und sagten/ sie moͤchten nur auch Lateinisch reden/ so verstuͤnden sie einander gar wol. Die Soldaten werden sehr unwillig hierauf/ weil sie aber sehen/ daß die 2. Studenten gute Reso- lution hatten/ durfften sie es zu keiner Thaͤtlichkeit kommen lassen/ sondern liessen es bey Schmaͤhen und Z 5 Schel- Deß Academi schen Schelten bewenden. Giengen aber geschwind vor- auß/ und bestelleten in der Wacht der Vestung/ daß man die ankommende 2. Studenten in Arrest nehmen moͤchte/ weil sie auf die Mili tz geschimpffet haͤtten. Wie nun die Studenten durch das Ravelin in die Vestung gehen wollen/ werden sie angehalten/ und in die Wacht gesetzet/ und ob man gleich keinen einzi- gen Studenten mit ihnen wolte reden lassen/ auch alle Speisen/ die ihnen zugesandt worden/ genau durchsuchete/ ob etwa ein Brieff darinnen zu finden/ kam doch das fliegende Geruͤcht dieses Arrest s bald unter die gesamte Studenten/ welche bey dem Recto- re Magnifico anhielten/ es bey dem Commendant en dahin zu vermitteln/ daß er die de facto arresti rte Pur- sche alsobald relaxi ren/ und ihnen ihre Privilegia hin- fuͤhro ungekraͤncket lassen moͤchte/ inmassen sie keinen Soldaten/ sondern die Herren Professores und Magnificum fuͤr ihre competente Obrigkeit erkenne- ten. Der Rector thut sein Bestes/ wird aber abge- wiesen/ daher die Studenten insgesamt eine Schrifft aufsetzen/ und allesamt unterzeichnen/ darinn sie von dem Landes-Fuͤrsten begehren/ man moͤchte die ar- resti rte Personen loßgeben/ und ihnen die vom Com- mendant en bißhero widerrechtlich-gehemmete Frey- heit/ auf dem Wall zu spatzieren/ wieder einraͤumen/ wie es vorhin gewesen/ oder alle unterschriebene wol- ken auf einmahl die Academie quitti ren/ und nim̃er- mehr wieder dahin kommen. Dieses Schreiben/ darinn auch die unguͤltige Ursache deß Arrest s enthalten/ ward mit einem Ex- press en nach Hof gesandt/ und resolvi rte derselbe dar- auf/ durch ein Mandatum an den Commendant en/ dem Gesuch der Studenten zu willfahren. So bald die Studenten diese favorable Antwort erhalten/ sandten Romans I. Buch. sandten sie an alle Tische/ daß ein jeder Pursch mit seinem Degen an der Seiten (die meisten trugen sonsten Maͤntel/) auf einem gewissen Platz erschei- nen solten. Solches geschahe/ und die 2. Principal e- sten/ so fuͤrnehme Edelleute/ heureten eine Carosse mit 6. Pferden/ darinn setzeten sie sich/ sandten dem Com- mendant en den Fuͤrstl. Befehl/ und fuhren/ in Be- gleitung aller nachfolgenden Studenten/ nach dem Ravelin, da sie die arresti rte Studenten mit grosser Reputation in die Kutsche nahmen/ hernach auf den Wall fuhren/ und also Possession ihres freyen Spa- tzier-Gangs wieder darauf nahmen. Nachdem sie rund um die Stadt gefahren/ und marchi ret/ liessen sie ein Panquet anrichten/ und machten sich so lustig darbey/ daß der Commendant 50. Mann vor seine Wohnung commandi rte/ diese Nacht allda Posto zu halten/ damit er vor den erzoͤrneten Studenten ge- sichert bliebe. Nicht lange hernach gieng einer von den 2. besagten Prineipal en auf der Gassen/ und weil er sich berauschet/ tourni rte er gewaltig/ weßwegen ihn der Com̃endant am folgenden Tag in das Consisto- rium fordern ließ. Als der Student kam/ sasse der Commendant uͤber den Professor en schon an seinem Ort/ und begehrete/ man solle dem Studenten den Degen zuforderst abnehmen/ weil es sich nicht gezie- mete/ bewoͤhret vor dem Consistorio zu erscheinen. Ob nun gleich der Student nicht gerne daran wolte/ weil er seinen Degen nim̃er von der Seiten kommen lies- se/ so uͤbergab er doch/ auf freundliches Zureden der Herren Professor en/ endlich dem Pedell en sein Ge- woͤhr/ und als solcher eben damit zum Gemach hinauß tretten wil/ faͤhret der Commendant den Studenten mit rauhen Worten an/ darauf springet der Ange- klagte augenblicklich nach dem Pedell en/ reisset ihm seinen Deß Academi schen seinen Degen auß der Hand/ und drohet dem Com- mendant en/ mit seinen Schmaͤh-Worten einzuhal- ten/ oder er wisse seine Reputation zu mainteni ren/ solte er auch sein Leben daruͤber lassen. Hieruͤber erschrack die gantze Versammlung/ und der Commendant selber wuste nicht/ wie er mit dem Menschen daran/ dann einer solchen Desperation Resolution war er bey keinem Studioso vermuthen. Er fragete ihn demnach mit etwas freundlichern Worten/ was fuͤr ein Landsmann er sey? Jch bin ein ehrlicher Schwede/ antwortete er mit seiner lisplen- den Zungen/ und ihr/ mein Herꝛ Commendant, habt ihr ehemahlen von dem Schwedischen General-Ma- jor N. N. gehoͤret? Ja/ sprach dieser/ der war ein rechtschaffener Cavallier, und ich bin Lieutenant unter ihm gewesen. Wolan/ verfolgete der Student/ so sol- let ihr wissen/ daß hier sein Sohn stehet/ der seinen Feind eben so wenig fuͤrchtet/ als sein Vatter. Als der Commendant dieses hoͤrete/ etinnerte er sich einiger Lineament en deß Vatters/ die er an dem Sohn fand/ weil auch derselbe ein fuͤrnehmer reicher Schwedi- scher Baron, stund er von seiner Stelle auf/ tratt zu dem jungen Baron, reichete ihm die Hand/ und ver- trug sich mit ihm/ da sie dann hernachmahls gar offt mit einander speiseten/ und war der Baron deß Com- mendant en fast taͤglicher Gast/ biß er endlich wegzog. Dieser remarquabl en Action, sprach Klingenfeld/ ha- be ich zwar in Person nicht beygewohnet/ sie ist mir aber also von einem Studenten/ der von Anfang biß zum Ende darbey gewesen/ mit allen jetzt-besagten Umstaͤnden/ erzehlet worden. Von diesem Schwedischen Baron, der sich schon auf mehr Teutschen Academi en aufgehalten haͤtte/ aber nirgends seinen Stand offenbahren wolte/ son- dern Romans I. Buch. dern sich gantz schlecht hielte/ stehet noch ein artiger Streich zu melden. Wie er nach Marburg kam/ cor- respondi rete er mit seinen Bekandten und Landes- Leuten auf der nur 3. Meilen von dannen belegenen Universit aͤt Giessen/ diese kamen hin/ und besuchten ihn/ er tracti ret sie nach Wuͤrden/ weil er aber nichts liebers/ als einen blancken Degen sahe/ verunwilligte er sich mit seinen Landes-Leuten/ und schlug sich wa- cker mit ihnen herum. Der Hospes wolte sich darein mengen/ aber er verließ seine Landes-Leute/ kam uͤber denselben her/ und schlug ihn blau und schwartz. Sol- chem nach ward er verklaget/ und am folgenden Tag vor den Magnificum citi ret; Er lage/ als der Pedell kam/ annoch auf dem Bette/ versprach aber/ sich also- bald anzukleiden/ und ihm zu Jhrer Magnificen tz zu folgen. Er blieb aber ligen/ und schlieff den Rausch vollends auß. Uber 2. Stunden kam der Pedell noch einmahl/ und citi rte ihn alsobald zu erscheinen. Er sprach: Es ist mir leyd/ Monsieur, daß ich nicht gekoͤnt/ dann ich bin aufgehalten worden; Gehet aber hin/ und excusi ret mich bey Jhrer Magnificen tz/ dann ich wil alsobald kommen. Der Pedell gehet abermahl sei- nes Weges/ aber der Baron verzog so lang/ biß der Pedell zum dritten mahl kam/ und ihn sub Pœna Car- ceris citi rte. Darauf machte sich der Baron auf die Beine/ und wie er zum Magnifico kam/ fuhr ihn der- selbe hart an/ warum er seine Authorit aͤt so gering schaͤtzete/ und nicht zum ersten mahl/ sondern allererst nach der dritten Citation kommen waͤre? Jch habe/ sprach er/ Eurer Magnificen tz hohes Ansehen ge- scheuet/ weil ich gar bloͤder Natur/ und leicht zu er- schroͤcken bin. Hierauf hielte ihm der Rector seinen Excess vor/ und verwieß ihn nach dem Carcer. Dieser hingegen bathe/ Deß Academi schen bathe/ man moͤchte ihn das Carcer fuͤr einen Ducaten redimi ren lassen/ weil er sich fuͤrchtete/ allein darein zu sitzen; Aber der Rector bestund darauf/ er muͤsse ins Carcer gehen. Eure Magnificen tz/ replici rte dieser/ hoͤren ja wol/ daß ich ohnmoͤglich ins Carcer gehen kan/ darum wil ich es redimi ren/ oder abkauffen. Der Magnificus meynete/ dieses sey ihm zu nahe gespro- chen/ bliebe demnach darbey/ daß er nothwendig ins Carcer gehen muͤste/ und waͤre von keiner Redemption zu gedencken. Wolan/ sprach der Baron, so gehe ich auch nicht ins Carcer, dañ ich kan nicht in ein Stinck- Loch kriechen. So werden wir euch relegi ren/ fuhr der Rector im Zorn herauß. Gut/ gut! verfolgete der Baron, das gilt mir gleiche viel/ so gehe ich nicht ins Carcer, und ihr bekommt keinen Ducaten. Es gilt mir gleiche viel/ ob ihr mich relegi ret/ oder nicht/ wo mein Beutel aufgehet/ da rauchet meine Kuͤche. Jch bin zu Jena vor 14. Tagen auch relegi ret/ aber ich lache der Possen. Jch gedencke hier keine Promotion, noch Pro- fession, zu suchen/ Adjeu, Herꝛ Rector. Hiermit setzete er den Hut auf/ und gieng seines Weges. Zog auch am folgenden Tag wieder fort. Es gereuete den Rector, daß er dem Menschen also hart begegnet/ viel- mehr aber der Ducaten/ den er haͤtte erhaschen moͤ- gen. Aber der Baron war weg/ und blieb weg/ dan- nenhero ihm der Rector zur Revenge eine Relegation nachsandte/ dessen der Baron lachete/ und deß Rectoris nur spottete. Dann er achtete keiner Relegation im Allergeringsten nicht/ sondern dachte/ gantz Europa stuͤnde vor ihn offen. Eine nachdenckliche Schlaͤgerey hat sich A. 1677. im Fruͤhling zu Leipzig begeben/ deren ich annoch ge- dencken muß. Daselbst studi rte ein Churlaͤndischer Baron, von Meydel genannt/ ein sehr reicher Mensch/ der Romans I. Buch. der bey dem Koͤnig in Pohlen sehr hoͤch daran/ und schon ein Pohlnischer Starost war. Er war ein eini- ges Kind seiner Eltern/ und von denselben hertzlich ge- liebet. Sein Hofmeister hiesse Besser/ ein Mann/ der den Degen/ und alle Exercitia, auß dem Grunde ver- stunde. Damahl war unter der Mili tz zu Leipzig unter andern auch ein Lieutenant, Lochau genannt/ und ein Faͤhnrich/ der ein Edelmann auß dem Geschlecht der Bennigsen/ dessen Hofmeister war Lange. Meydel und Besser bekommen Haͤndel mit Lochau und Ben- nigsen/ gerathen einander in die Haare/ und tummeln sich wacker herum/ daher die Sache/ ohne ein wuͤrck- liches Duell, nicht zu schlichten stunde. Sie fordern einander vor das Thor/ um zu Fuß mit dem Degen sich zu schlagen. Meydel schlug sich mit Lochau/ und hielten sich Beyde wol. Darauf giengen Besser und Bennigsen einen Gang/ aber der Letzte bekam also- bald eine Wunde im Arm. Nun war es verabredet/ wann Bennigsen verwundet/ solte sich Besser auch mit Langen auf den Hieb schlagen. Aber/ so bald sich Bennigsen verwundet sahe/ griffe er zu den Pistolen/ und schosse sie vor den andern in die Erde/ forderte sie darauf auf Pistolen/ Lochau loͤset auch eine Pistol in die Erde/ und darauf kommen etliche bestellete Sol- daten ihren Officirern zu Huͤlffe/ und uͤberfallen den Bessern Moͤrderischer Weise/ dieser schlaͤget sich mit ihnen herum/ und entkommt ihnen uͤber einen hohen Zaum. Jnzwischen springet Meydel auch nach seinem Pferd/ welches etwas ferne stund/ und wil sich seiner Pistolen bemaͤchtigen. Aber Lochau reitet hinzu/ und schiesset ihn darnieder. Meydel ergreiffet einen Ast deß Baums/ neben welchem sein Pferd stund/ hielte sich daran/ und schrye: HErꝛ JEsu/ sey meiner See- len gnaͤdig! Darauf faͤllet er nieder/ und ist Mauß- todt. Deß Academi schen todt. Lochau/ und die Beyden andern/ gehen darauf durch/ und hat sich zwar Bennigsen und Lange wie- der eingefunden/ und auß dem Gericht loßgewuͤrcket. Aber Lochau ist nicht wieder kommen/ weil er den Ba- ron Meydel Moͤrderisch ums Leben gebracht hatte/ weßfalls man ihm hinter den Kopff her wolte. Merckwuͤrdig ist es/ daß wenige Tage vorher Meydel von seiner Mutter Schwester einen Brieff empfangen/ darinn sie ihn Bittlich ersuchet/ er moͤge alsobald nach Hauß kommen/ weil ihr getraͤumet/ er waͤre erschossen worden. Ja/ denselben Tag/ als das Duell solte fuͤr sich gehen/ kommt Meydels Diener in die Stube/ und siehet seinen Herꝛn im Hemde stehen/ und die Haare kaͤmmen. Weil er nun wol weiß/ daß derselbe noch nicht aufgestanden war/ erschrickt er hefftig/ und erzehlet dem Hofmeister sein seltzames Gesichte. Dieser verbietet es ihm/ dem Baron etwas darvon zu sagen/ bemuͤhet sich aber inzwischen/ diesen Tag den Kampff aufzustutzen/ aber Meydel wil durchauß den Termin halten/ und also gehet das Duell zu seinem hoͤchsten Ungluͤck vor sich/ dessen Fall von Jedermann/ die ihn gekennet/ zum hoͤchsten ist be- jam̃ert worden. Was fuͤr Schmertzen die Seinigen hierauf zu Hauß muͤssen empfunden haben/ kan ein Jeder gar leichtlich bey ihm selber abnehmen. Das XXXII . Capitul/ Kurtzweiliger Zufall in Franckreich. Ein Venetianischer Schiffer wird übel hinters Liecht gefuͤhret. Studenten-Courtoisien/ so laͤcherlich. Ein klein saugendes Kind wird/ an Statt einer Paste- ten/ von Studenten geraubet. S Ehet/ meine Herren/ solche Schlaͤgereyen ge- hen bey uns auf Universit aͤten vor/ aber von andern listigen und lustigen Haͤndeln der Studenten waͤre noch viel zu sagen/ ich wil meinen Discurs mit diesem Wenigen beschliessen: Es Romans I. Buch. E S hat sich vor einigen Jahren zugetragen/ daß 2. Studiosi Juris sich auf einer Academie in Franckreich in eines No- tarii sehr schoͤnes und holdseeliges/ nebens aber auch ehr- liches Weib dermassen verliebet/ daß sie ohne dieselben nicht leben kunten. Sie waren Landes-Leute und Kammer-Ge- sellen/ wolten auch Liebes-Gesellen seyn. Verliessen die Insti- tutiones und den Codicem, und blaͤtterten das Buch von der Kunst zu buhlen durch/ giengen ihrer Dame staͤts vor die Thuͤr/ und gaben derselben ihre Meynung zu verstehen. Als nun dieses lange Zeit gewaͤhret/ so hat die Frau endlich sol- ches ihrem Ehewirth angezeiget/ welcher mit lachendem Mund zu ihr saget: Wie/ daß er mit Fleiß sich auß dem Hauß begeben/ sie aber den einen oder den andern Studenten/ wann er voruͤber gehe/ zu ihr beruffen/ und ihme vermelden solle/ wann er sie liebe/ daß er sich auf den Abend/ wann es finster/ vor der Thuͤr finden lassen/ und so lang da warten solle/ biß ihr Mann/ so außzugehen willens/ nach demselben sich verfuͤ- gen werde/ und daß er demselben/ so ihr zuwider sey/ einen gu- ten a bend mit Pruͤgeln gebe/ so wolle sie ihm hergegen ver- sprechen/ ihn (so fern er seinem Cameraden/ oder Kammer- Gesellen/ nichts darvon sagen werde/) zu lieben/ und ihme das wiederfahren zu lassen/ was er an sie begehre; Und eben solches soll sie/ die Frau/ auch mit dem andern Studenten vor- nehmen/ denselben aber an einen Ort/ neben dem Hauß/ eben zur selbigen Stunde aufwarten lassen/ und ihme sagen/ daß sie die Magd/ wann er kommen/ und ihrem Mann Stoͤsse ge- ben solle/ zu ihm dahin schicken wolle. Als nun die Sachen von ihr dergestalt wol bestellet/ und beyde Studenten/ Jeder ab- sonderlich, dem andern unwissend/ ihren Dienst hierinn ver- sprochen hatten/ auch die Nacht und verabschiedete Stunde kommen war/ schickte die Frau ihre Magd an den angedeute- ten Ort/ welcher dann der erste Student/ so vor der Thuͤr war- ten sollen/ begegnet/ dem sie/ daß sie ihren Herꝛn heimholen wolte/ und daß er auf ihn warten solte/ vermeldet/ und sich zu dem andern/ so an dem besagten Ort allbereit aufgewar- tet hatte/ verfuͤget/ den sie geheissen/ ihr etwas wentges nach- zufolgen/ weilen ihr Herꝛ jetzt gleich auß dem Hauß/ etlicher wichtiger Geschaͤffte halber/ gehen wolle. Dieweil es nun Stock-finster/ und keiner nichts redete/ damit sie nicht verra- then wuͤrden/ so gaben die 2. Studenten/ als die Beyde ver- A a meyne- Deß Academi schen meyneten auf den Notarium zu schlagen/ einander mit Pruͤ- geln nachoruͤckliche und wiedergiebige Stosse/ also/ daß der Notarius und sein Weib fuͤr Lachen schier umgefallen seynd/ die Beyde aber nicht aufhoͤreten/ biß sie von ferne einen hellen Schein ersahen/ so sie fuͤr die Schar-Wache hielten/ daher sie endlich von einander abgelassen/ und unterschiedliche Wege genommen/ aber in ihrem Losament wieder zusammen kom- men seynd/ sich doch/ unvermeldet deß Unfalls/ zur Ruhe bege- ben/ und Morgens/ da sie im Bett kranck/ und uͤbel zugerichtet sich befunden/ was Jedem begegnet/ erzehlet verstanden ha- ben/ allererst einander selbsten/ ihnen unwissend/ also tracti- r et/ und sie deß Notarii Haußfrau also betrogen haͤtte. Da- her der Eine diese Verse gemacht hat: Wer mit unzuͤchtiger Liebes-Brunst/ Sein Hertz naͤrrisch angezuͤndet sehr/ Der erwarte von solcher Kunst/ Nichts/ als Unlust/ Schaden und Unehr. Noch gluͤcklicher lieff es ab fuͤr einen Piemon- tesischen von Adel/ der seine Studia allhier zu Padua absolvi ret/ und sich darauf nach Venedig erhoben; Hieselbst verliebete er sich in die Schoͤnheit eines jun- gen Schiffmanns Weibes dergestalt/ daß er alle Mittel versuchet/ sie in sein Garn zu bringen. Diesem nach verfuͤgete er sich einsmahls zu einer alten Kup- plerin/ die er eine außbuͤndige Meisterin in diesem Handwerck zu seyn wuste/ und gab ihr seine hefftige Liebe/ die er zu dieser jungen Frauen/ so sich erst kuͤrtzlich an einen Schiffer/ Namens Cornelius, ver- heurathet hatte/ truͤge/ zu erkennen. Diese feine Liebes-Goͤttin nun/ so sie schon von lan- gem her gekennet/ wolte eine so gute Gelegenheit/ diesen Vogel zu rupffen/ nicht auß Haͤnden gehen las- sen/ sondern versprach ihm/ ihm zu seinem Vorhaben nach ihrem aͤussersten Vermoͤgen behuͤlfflich zu seyn; Damit sie nun ihm eine gnugsame Probe ihres gu- ten Willens/ ihm zu dienen/ geben moͤchte/ gieng sie zu Romans I. Buch. zu gedachter Schiffers-Frauen/ bey welcher sie dann ihre Kunst so wol anlegete/ daß sie dieselbe zu dieses Edelmanns Willen vermochte/ und also an nichts anders/ als einem bequemen Ort/ ihr Verlangen zu erfuͤllen/ ermangelte. Der Edelmann/ so wegen der gluͤcklichen Verrichtung dieser Kuplerin hoͤchlich er- freuet war/ gab ihr einen Diamant von 100. Fran- cken/ und versprach ihr/ wann die Sache fort gieng/ ihr noch ein mehrers zu schencken; Damit er aber sein Vorhaben besser ins Werck richten moͤchte/ ließ er dieser jungen Frauen durch sie wissen/ was er zu Vollziehung ihrer beyder Freundschafft fuͤr ein Mit- tel ersonnen. Nahm deßwegen die Zeit und Gele- genheit in Acht/ und schickete nach ihrem Mann/ daß er ihn auf dem Wasser spatzieren fuͤhren solte. Der gute zukuͤnfftige Hahnrey/ so sich dieses fuͤr eine Ehre hielte/ stellete sich mit seiner Gundel am bestimmten Ort ein. Nachdem sie nun eine Zeitlang auf- und abgefahren/ nahm ihn der Edelmann auf eine Seite/ und sagte zu ihm: Hoͤret/ guter Freund Cornelius, ihr wisset wol/ daß ich mich allezeit/ so lang ich mich allhier aufgehalten habe/ eures Dienstes gebrauchet habe/ darum trage ich keinen Scheu/ euch mein Ge- heimnuͤß zu offenbahren/ welches ist/ daß ich einer vor- nehmen Dame diese Nacht zu ihr zu kommen ver- sprochen/ ist demnach mein Begehren an euch/ daß ihr mich dahin fuͤhren wollet. Der Schiffer/ so seine Freygebigkeit offt erfahren/ versprach in allem/ was er ihm befehlen wuͤrde/ ihm zu gehorsamen; Wie es nun Nacht worden/ und die bestimmte Stunde herbey kommen/ sagte er zu seiner Frauen/ er wuͤrde gar spaͤt heim kommen/ weil er seiner guten Freunde einem/ so ihn zu Gast gebetten/ Gesellschafft leisten muͤste. Die gute junge Frau wuste wol/ daß solches A a 2 Wasser Deß Academi schen Wasser auf ihre Muͤhl war/ stellete sich/ als wolte sie ihn daheim behalten/ weil er aber sein Wort gegeben/ wolte er auch dasselbe halten/ und fuͤhrete seine Gun- del an den bestimmten Ort. Der Edelmann/ so sehr begierig war/ die Jenige zu sehen/ die er so hefftig lie- bete/ gieng geschwind hinein/ und fuhr mit unglaub- licher Geschwindigkeit fast durch alle Canaͤle der Stadt/ biß daß er an den zu seinem Vorhaben ge- wiedmeten Ort kame; So bald er nun außgestie- gen/ bath er den Cornelium, so lang zu warten/ biß er wieder kaͤme/ welches dann/ so bald es moͤglich seyn wuͤrde/ geschehen solte/ und versprach ihm/ er wolte ihm schon darfuͤr seinen Willen machen. Mein Herꝛ/ antwortete Cornelius, habt deßwegen keine Sorge/ sondern machet euch mit eurer Dame lustig/ so lang ihr wollet/ dann ich wil eurer hier steiffes Fusses er- warten. Uber solchem Versprechen/ nahm der Edel- mann seinen Weg nach deß Schiffmanns Frauen Hauß zu/ die seiner mit Andacht wartete/ und sich ins Bett legete/ da man dann nicht fragen darff/ ob diese zwey mit einerley Flammen brennende Hertzen/ die- ses unkeusche Feuer zu loͤschen faul gewesen seyn? Jndem nun diese beyde sich erlustigen/ sahe sich mein guter Hahnrey Cornelius nach dem Wind und dem Mondschein um/ weil er es ihm aber zu lange mach- te/ legte er sich schlaffen/ und schnarchete tapffer daher. Nachdem also der gute Edelmann seine Lust gnug gebuͤsset/ und einen guten Theil der Nacht darmit zugebracht/ nahm er seinen Weg wieder zuruck/ da er dann seinen Kerl gantz Schlaff-truncken ange- troffen/ der/ als er erwachte/ und nicht gedacht/ daß ihm unterdessen ein paar Hoͤrner aufgesetzet worden/ ihn fragete/ ob er auch an der Jenigen/ so er verhoffet/ sey vergnuͤget worden. Ach! mein guter Freund/ sagte der Romans I. Buch. der Edelmann/ ich schwoͤre euch/ daß ich nie groͤssere Lust gehabt/ dann dieses ist die schoͤnste und freund- lichste Dame, als ich Zeit meines Lebens gesehen. Jn der Warheit/ mein Herꝛ/ antwortete der Schiffer/ ihr macht mir das Maul waͤssern/ und wann ich euch nicht versprochen/ daß ich eurer warten wolte/ so wol- te ich ein Stuͤndlein mit meiner Frauen/ die/ zum we- nigsten meiner Einbildung nach/ keine von den Heß- lichsten in dieser Stadt ist/ die Zeit vertrieben haben. Der Edelmann stellete sich/ als verwunderte er sich daruͤber/ und sagte zu ihm: Wie/ Cornelius, ich habe nicht vermeynet/ daß ihr verheurathet seyd/ und seyd mir jetzo desto lieber/ ich halte aber wol darfuͤr/ daß ihr euch nicht weigern wuͤrdet/ einen Tausch zu tref- fen/ wann ihr eine Dame antreffen sollet/ die schoͤner/ als die Eurige ist. Es ist wahr/ mein Herꝛ/ versetzete der Cornelius, daß ich so gesinnet bin/ etwas Geringes zu verlassen/ und was Bessers darfuͤr zu nehmen. Der Edelmann gab ihm zur Antwort: Weil ich eu- ren guten Willen spuͤhre/ verspreche ich bey meiner Treue/ daß ich euch der Jenigen/ so ich liebe/ theilhaff- tig machen wil/ jedoch mit der Bedingung/ daß ihr solches geheim haltet/ dann/ wie sie nicht Jedermann zu Willen ist/ also wird es eine absonderliche Gunst seyn/ die sie euch/ in Betrachtung meiner/ erweisen wird/ daß sie euch bey ihr schlaffen laͤsset. Jch weiß zwar wol/ daß sie sich anfaͤnglich etwas sperren wird/ es hat aber nichts zu bedeuten/ sondern sehet nur/ daß ihr euer Gundel Morgen um eben diese Zeit in Be- reitschafft haltet/ und uͤberziehet sie mit einem Tep- pich/ sie desto ehrlicher zu empfangen. Cornelius, so einen neuen Wechsel zu treffen verhoffete/ sagte zu ihm: Mein Herꝛ/ ich versichere euch/ daß ich alles die- ses so wol verrichten wil/ daß ihr mit mir zufrieden A a 3 seyn Deß Academi schen seyn werdet. Wie nun der bestimmte Tag kommen/ ermangelte der Edelmañ nicht/ sich mit seiner Schif- ferin/ so wie die Venetianische Damen bekleidet war/ und eher einer Prinzessin/ als einer gemeinen Frauen/ gleich sahe/ einzustellen. Cornelius, als er sie in solchem Aufzug sahe/ bildete sich ein/ es waͤre eines fuͤrnehmen Raths-Herꝛn Frau/ die sich von ihrem Mann geschlichen/ um desto freyer ihre Lust zu buͤssen. Weil nun der Edelmann sich seines Versprechens loß machen wolte/ sagt zu ihm: Mein Freund Corne- lius, ihr sehet jetzo/ daß ich euch lieb habe/ weil ich euch mittheile/ was mir in der Welt am liebsten ist/ allein/ sehet zu/ daß ihr diese Sache verschwiegen haltet/ wollet ihr anders nicht in Gefahr eures Lebens kom- men/ dann ich habe sie uͤberredet/ ihr seyd einer auß den fuͤrnehmsten Haͤusern von Padua, und haͤttet euch/ damit ihr nicht erkeñet werden moͤget/ wie ein Schif- fer verkleidet. Ach! mein Herꝛ/ antwortete Cornelius, ich wolte lieber sterben/ als an dergleichen gedencken/ dann ich habe nicht erst heut schweigen gelernet. Es ist gut/ versetzete der Edelmann/ so machet euch dann fer- tig/ sie/ so gut ihr koͤnnet/ zu befriedigen/ und bringet mir auf zukuͤnfftigen Sonnabend 2. oder 3. Essen Fi- sche/ weil ich einen von meinen guten Freunden zu Gast laden wil. Als er dieses gesaget/ nahm er die Schifferin bey der Hand/ und fuͤhrete sie unter den Teppich/ da sie dann ihre unordentliche Lust wol buͤs- seten/ als unterdessen ihr Mann auf der verlohrnen Schildwacht stunde. Nach geendigtem Scharmuͤtzel ließ er den Cornelium an seine Statt kommen/ und verbotte ihm/ daß er kein Wort reden noch sich erkun- digen solte/ wer sie waͤre. Der gute Gesell/ so mehr auf seine Lust/ als auf das Reden gedachte/ war zufrieden/ daß er nur einen braven Verliebten abgeben solte/ und Romans I. Buch. und bekuͤmmerte sich weiter um nichts. Wie er nun das Seinige gethan/ kam er wieder zu dem Edelmañ/ dem er das gute Tractament, so er vermittelst seiner genossen/ nicht gnug ruͤhmen kunte/ und zu ihm sagte: Mein Herꝛ/ ich muß bekennen/ daß ihr eine solche Per- son außerlesen/ ja sagen/ daß sie meiner Frauen gantz aͤhnlich ist/ dann ihre Annehmlichkeit/ ihr Thun und Wesen hat eine solche Foͤrmigkeit mit der Meinigen/ daß/ wann ich nicht wol wuͤste/ daß sie daheim waͤre/ ich sie fuͤr dieselbe halten wolte. Wisset ihr dann nicht antwortete der Edelmann/ daß man viel Kaͤlber gen Marckt treibet/ die ein Haar haben/ und doch unterschiedlicher Art sind? Es ist wahr/ versetzete der Cornelius, darum kan man sich leicht irren. Wie es nun spat in die Nacht hinein gangen/ fuͤhrete der Edel- mann die Schiffers Frau wieder in ihr Hauß/ und konten unter Weges deß Possens/ so sie diesem armen Teufel gerissen/ nicht gnug lachen/ kam hernach wie- der zu dem Cornelio, der seiner mit Schmertzen war- tete/ und schieden als gute Freunde von einander. Als nun der Samstag kommen/ kam Cornelius, seinem Versprechen ein Gnuͤgen zu thun/ in deß Edelmanns Losament, und brachte die besten Fische/ die in der Stadt zu bekom̃en waren/ mit/ und war an dem nicht gnug/ sondern wolte zugleich einen Koch abgeben. Nach dem Essen kamen etliche Junge von Adel zu ihm/ welche/ als sie von deme/ was mit dem Cornelio vorgangen/ gehoͤret/ ihn mit verbluͤmten Worten auf- zogen/ jedoch war er nicht so einfaͤltig/ daß er nicht sol- te gemercket haben/ daß man ihm Steine in seinen Garten geworffen/ und in seinem Weyher gefischet. Der Edelmann aber/ welcher befuͤrchtete/ er moͤchte seinen Zorn uͤber die Frau außgehen lassen/ ließ ihr durch einen Laqueyen sagen/ daß sie sich unsichtbar A a 4 machen Deß Academi schen machen solte. Cornelius aber gieng ohne Abschied von der Gesellschafft hinweg/ Willens/ seiner Frauen ungebrandte Aschen zu versuchen zu geben/ weil er sie aber nicht angetroffen/ gerieth er daruͤber in solche Verzweifflung/ daß er gar auß dem Land gelauffen/ und seine Frau deß Edelmanns Willen uͤberlassen/ der sie dann gar zu sich genommen. Auf einer gewissen Schwaͤbischen Universit aͤt hielte sich ein Studiosus auf/ den ich Bertrand nennen wil dieser caressi rte eine Academi sche Jungfrau/ und genosse allen guten Willen von ihr. Er hatte einen gu- ten Freund/ dem ich den Namen Almino geben wil/ welchen er einsmahls mit zu seiner Liebsten fuͤhrete/ und als sie auf den Abend Abschied von einander nah- men/ thaͤte Almino durch eine behende Hurtigkeit auf der Treppen/ weiß nicht was/ fand aber dardurch/ daß die Jungfrau/ so sich Claͤrl/ oder Clara/ nennen ließ/ nicht mehr in den Jungfern-Stand zu zehlen sey/ dannenhero sprach er sachtmuͤthig zu ihr ins Ohr: Jungfer Claͤrl/ wo habt ihr euer Ehren-Kraͤntzlein gelassen? Sie lachete dessen/ und gab ihm zu verste- hen/ daß sie nicht wisse/ worinn ihr Ehren-Kraͤntzlein bestuͤnde/ inmassen sie ihr Lebenlang nicht anders be- schaffen gewesen. Darauf verabredete sich Almino mit ihr/ daß ihm erlaubet seyn moͤchte/ bey Nachtzei- ten zu ihr zu kommen. Gleichwie nun Bertrand ihrer bey Tage/ also genosse ihrer hingegen dieser hierauf eine gute Zeit deß Nachts/ dann die Jungfrau hatte ihre besondere Schlaffkammer/ und ihre Schwester schlieff bey der Mutter/ wie aber die Mutter eins- mahls hefftig kranck/ und von einigen guten Freun- den uͤber Nacht bewahret ward/ kam diese Schwester zu der andern/ da eben Almino sich zu ihr geleget hat- te/ weßwegen dieser in aller Stille sich auß den Federn herfuͤr/ Romans I. Buch. herfuͤr/ und unter das Bette verfuͤgete/ darunter er wenig Freude/ aber wol manche Unlust empfand/ biß endlich am Morgen die Schwester aufstund/ und ihm wieder Platz machte/ da er dann der Courtisan in ein freundliches Adjeu ertheilet/ sich anlegete/ und also wieder seines Weges gieng. Dieses Handwerck trie- ben sie/ der Eine bey Tag/ und der Andere bey Nacht/ mit der Jungfer so lang/ biß sie endlich einsmahls im Wein-Hauß sich mit einander lustig machten/ und weil sie beyderseits berauschet/ sprach Almino zum an- dern: Bruder/ es gilt dir eins/ auf Naͤschels Gesund- heit. Bertrand wuste wol/ daß dieses das gewoͤhnliche Wort/ dessen sich die unkeusche Jungfrau jedes mahls bey ihrer groͤssesten Lust zu bedienen pflegete/ und erkannte darauß/ daß Almino sein Mit-Buhler sey/ wovon er bißhero nichts gewust/ dahero berede- ten sie sich/ beyderseits von diesem unzuͤchtigen Venus- Bilde abzulassen/ kamen auch von derselben Zeit an nicht wieder zu ihr/ und dannoch hatte sie so viel Witzes/ daß sie einen qualemcunque Doctorem mit Liebes-Netzen lockete/ der ein Medicus, und sich/ wie sie hoͤchstens verlangete/ mit ihr hernach verehe- lichet hat. Sonst hat sich auf einer andern Teutschen Uni- versit aͤt/ allwo das Frauenzimmer offentlich bekennet/ es sey ihnen schimpfflich/ wann sie nach 14. Jahren annoch Jungfern waͤren/ vor nicht vielen Jahren ein artiger Casus begeben: Ein feiner Mann heurathete eines wol-benahmten Mannes Tochter/ welche aber schon etliche Jahre hero sich gut Studentisch erwie- sen hatte. Als dieser einsmahls außgewesen/ und die Frau meynete/ er wuͤrde so bald nicht wieder heim- kommen/ bescheidet sie einen ihrer vorigen Courtisa- n en/ den ersten Theil der Nacht mit ihr zu kuͤrtzen; A a 5 Wie Deß Academi schen Wie sie aber in hoͤchst-verbottenem Spiel sich jetzo am meisten ergoͤtzen/ klopffet der Mann an/ und be- gehret eingelassen zu werden. Man deutet solches der Frauen bald an/ und der Student wirfft Augenblick- lich seine Kleider auf den Leib/ verstecket sich auch so lange/ biß er nach Mitternacht fuͤglich außgelassen wird. Zu allem Ungluͤck aber vergisset er seine blaue Schlaff-Hosen/ welche an einem Bett-Stollen han- gen blieben/ und von dem Mann fruͤhe Morgens ge- funden werden/ der seine Frau daruͤber sauer ansie- het/ jedoch nichts saget/ sondern die Hosen wegsch lies- set um sich deren zu seiner Zeit zum Beweiß zu bedie- nen. Die junge Frau erdencket eine List/ stellet sich sehr kranck/ und bittet daß ihre Mutter/ die eben auch sol- cher Haare/ zu ihr kommen moͤge/ welches geschiehet/ und klaget sie ihr heimlich ihre Noth. Als endlich ihr Schwieger-Sohn auch herein kommen/ spricht sie zur Tochter: Mein Kind/ haltet euch bey dieser kalten Fruͤhlings-Zeit fein warm/ wo habt ihr die blauen Unter-Hosen/ die ich euch gestern gesandt solche muͤs- set ihr deß Tages uͤber tragen/ wie ich dann/ als ihr wol wisset/ mich dergleichen allwege bediene. Als der Mann dieses hoͤret holet er die Hosen/ bittet die Mut- ter und Tochter hefftig um Verzeyhung/ daß er eini- gen Argwohn darauf gefasset/ und wird daruͤber von der Mutter wacker außgefiltzet/ welche es nicht ver- tragen kunte/ daß man ihre ehrbare und wol-erzogene Tochter in solchem Verdacht hielte/ womit Bruder Cornelius zufrieden seyn muste/ welcher hernach in den Gedancken stunde/ er habe die ehrlichste Frau von der Welt. Es sind auch in andern Stuͤcklein die Academi- sche Pursche gar seltzame Kumpen offtmahl gewesen/ wie sie solches in vielen Occasion en zur Gnuͤge erwie- sen Romans I. Buch. sen haben. Zum Exempel: Auf einer bekandten Uni- versit aͤt wolten sich etliche Studenten guͤtlich thun/ darum bestelleten sie bey dem Frantzoͤsischen Koch eine gute Pastete/ selbige zur angesetzten Stunde zu ha- ben. Zween andere Studenten hatten solches gehoͤ- ret/ wolten demnach diesen Leuten einen Possen spie- len/ und der Magd/ wann sie vom Frantzmann zuruck kaͤme das Lecker-Bißlein entwaͤltigen. Sie passen al- so zu bestimmter Zeit auf/ und wie sie eine Dirne mit einer Tracht vorbey gehen sahen/ fallen sie dieselbe gar ungestuͤm̃ an/ und reissen ihr die Pastete auß der Hand/ dieselbe befunden sie noch gantz warm/ darum eyleten sie nach Hauß/ ruffen ihren Hospes, und alle Leute im Hauß zusammen/ ihnen zu zeigen/ wie gluͤck- lich sie auf dem Raub gewesen. Jndem sie die Maͤn- tel ablegen/ hoͤren sie etwas pfeissen/ sie machen die Serviet von einander/ da inzwischen die Umstehende sich uͤber die kleine Stimme verwunderten/ und rief- fen: Hoͤrt! hoͤrt! was ist das? Wie aber die Serviet abgewunden/ fand man ein neu-gebohrnes Soͤhnlein darinn gewickelt/ woruͤber die Studenten wacker außgelachet wurden/ als die das Kindlein behalten/ und erziehen lassen musten. Dieser Handel bekam den Studenten etwas uͤbel/ aber viel listiger fiengen es jene Pennaͤle auf ei- ner bekandten Teutschen Universit aͤt an: Diese pro- movi rten/ (also nennet man auf Academi en das Stehlen/) einen Hammel/ und fuͤhreten ihn durch die Gassen nach ihrem Logiment, so offt aber der Ham̃el schrye/ so offt rufsten sie Holla! Holla! damit man deß Hammels Geschrey nicht hoͤren kunte. Sie brachten auf solche Manier den Hammel ins Hauß/ und auf die Stube/ stachen ihm den Halß ab/ und hielten ihn heimlich/ der Nachforscher kam auch/ bath den Deß Academi schen den Wirth/ ihm zu vergoͤnnen/ in seinem Hauß Nach- suchung zu thun/ dann sein Hammel waͤre gewiß dar- ein kommen; Das ward ihm vergoͤnnet/ er suchte auß einer Stube in die andere/ wie er aber vor die Rechte kam/ da hatte man ein Bette gemacht/ den Hammel hinein geleget/ und saß einer vor dem Bette/ und hat- te ein Buch in der Hand/ wie der Sucher hinein eylen wolte/ winckete und sprach der Leser: Bleibet zuruck/ hier liget ein sterbender Mensch. Jener ließ sich ab- schroͤcken/ gieng darvon/ und bekam seinen Hammel nicht wieder. Das XXXIII . Capitul/ Unzeitige Liebe etlicher Studenten. Gute Schulen sind hoͤchst nutz- und nothwendig/ solches wird außfuͤhrlich erwiesen mit den Zeugnuͤssen gelehrter Maͤnner. J Ch muß es bekennen/ sprach jetzo der Podestà, daß es auf den Teutschen Academi en weit bunter hergehet/ als auf unsern Jtaliaͤnischen/ was hier am meisten geschiehet/ ist/ daß vornehmer Leuten Kinder sich gar vielfaͤltig in die Academi sche Jungfern verlieben/ selbige schwaͤngern/ und alsdann zur Ehe nehmen muͤssen/ wordurch ihr Gluͤck groͤsten Theils Schiffbruch leydet. Das ist/ nahm Klingen- feld auß/ bey uns Teutschen nichts Ungemeines/ wie ich deßfalls schon etliche Exempel angefuͤhret habe. Und erinnere ich mich hierbey annoch eines feinen jungen Menschen von Oldenburg buͤrtig/ welcher/ da er zu Bremen ins Gymnasium gangen/ sich in seine Wascherin verliebet/ selbige beschlaffen/ und ihr die Ehe zugesaget/ indem er ihm eingebildet/ es waͤre nir- gends ein schoͤner Weibs-Bild in der Welt. Er raͤysete zuletzt nach Kiel in Holstein/ und studirete daselbst Medicinam, fand aber/ daß anderweit auch schoͤnes/ ja noch viel schoͤners Frauenzimmer/ alsseine Liebste Romans I. Buch. Liebste waͤre/ (dann das loͤbliche Frauenzimmer in Kiel habe ich/ wann ich etliche darvon außnehme/ meistentheils als junge Prinzessinnen in Kleidern gefunden. Sie sind auch uͤberauß schoͤn/ aber intoni rt gegen einem/ der es nicht mit ihnen haͤlt/ verliebt ge- gen die Courtisan en/ und darbey offtmahls mit dem Klingen-Beutel verschwaͤgert/ dann ich habe etliche uͤberauß galante Damoisell en gekannt/ welche Wo- chentlich eine Portion auß dem Kirchen-Klingenbeu- tel heben/) dannenhero gereuete es ihn/ daß er sich anderweit verquackelt hatte/ ward auch so melancho- li sch/ wann er auf solche Gedancken kam/ daß man ihn etliche mahl in dem Gehoͤltz am Seestrand/ der duͤstere Brouk genannt/ in solcher Consternation und Desperation gefunden/ daß er resolvi rt gewesen/ sich selber umzubringen. Man hat ihm aber allemahl zu bessern Gedancken verholffen. Endlich ist er Licen- tiatus Medicinæ worden/ und ob er gleich seine Schuldener nicht bezahlet/ von seinen Eltern auch wenig zu hoffen hatte/ nach seiner ersten Liebsten ver- raͤyset/ und hat sich mit ihr verehelichet. Offtmahlen werden auch die Academi sche Jung- fraͤulein durch scheinbare Ehe-Verheissungen gefaͤl- let/ und um ihre Ehre gebracht/ daß sie hernach/ weil ihnen ihre Courtisan en nichts halten/ nimmermehr wieder zu Ehren kommen moͤgen/ deßgleichen findet man auch kluge Huͤrlein/ welche ihre Schwanger- schafft verhelen/ damit der Studiosus, von welchem sie in solchen Zustand gesetzet sind/ keinen Wind darvon bekomme/ biß man ihm das neugebohrne Kindlein unversehens ins Hauß sendet/ alsdann haͤnget der arme Teuffel allenthalben herauß. Manche Pursche sind auch von so schlechter Conduite, daß sie/ ob sie gleich ihren Maistress en schon auß den Augen gekom- men/ Deß Academi schen men/ sich dannoch durch Droh-Brieffe schrecken las- sen/ daß sie wiederkehren/ und die Dames ehelichen. Ja ich weiß eine Academi sche Jungfrau/ vel quasi, welche sich mit einem reichen Studioso auß Westpha- len etwas zu tieff ins Corpus hinein wagete/ da sie dann auf den Titulum de Ventre inspiciendo gerie- then/ und vollends auf rusticas Servitutes kamen/ aber es verirrete sich der junge Jurist inter viam \& aquæductum dergestalt/ daß er nicht anderst/ als gantz Schach-matt/ wieder auß dem Jrꝛgarten ent- kommen kunte. Er meydete demnach hinfuͤhro diese Gefaͤhrlichkeiten/ und wolte nicht mehr auf dieser See zu Seegel gehen/ aber die Damoiselle war ihm zu klug/ sie uͤberredete ihn durch Brieffe/ daß etwas von ihm an ihr behangen blieben/ welches ihr der- mahleins viel Haͤndel machen wuͤrde/ dahero er dann sich bereden ließ/ und die Jungfrau heurathete; Als er nun uͤbers Jahr mit ihr nach Hauß kam/ war kein Mensch in der Stadt/ der diese Dame so freundlich empfing/ als ihre Schwieger-Mutter. Diese machte ihr ein Willkomms-Gesicht/ wie eine alte. Topff- Kraͤmerin/ welcher ein wuͤtender Ochs alle Toͤpffe auf dem Marckt zerbricht. Noch ein ander Exempel Academi scher Courtoisie faͤllet mir bey. Ein Studiosus, der dem vorigen ziemlich benachbart/ hielte sich zu Schweinfurt auf dem Graͤfl. Tecklenburgis. Gymnasio auf/ schwaͤngerte daselbst eine Dirne/ unter Zusagung deß ehelichen Bandes/ zoch hernach auf die Academie nach Marburg/ und hielte sich ziemlich galant, verfuͤhrete aber gar bald eines feinen Mannes ehrbare Tochter/ gieng mit ihr allein/ ins Hauß/ und auß dem Hauß/ ins Feld/ und in den Wald/ und in Summa, er gieng so offt mit ihr auß und ein/ biß endlich der anwachsende Bauch- Huͤgel Romans I. Buch. Huͤgel ein Beweißthum war/ daß man sich zu sehr vertiefft/ und den Fischer-Angel zu vielfaͤltig außge- worffen haͤtte. Hier war nun guter Rath theuer. Jhre Eltern waren ehrliche Leute/ und auch eben nicht die Geringsten von Extraction, drungen dem- nach darauf/ weil er jederzeit gesaget/ er meyne ihre Tochter in Ehren/ so muͤsse er jetzo auch ihre Ehre ret- ten/ und zum Ehebande schreiten/ bevor sie ins Kind- Bett kaͤme. Der Student liebte sie hertzlich/ und war willig darzu/ aber seine erste Liebste zu Schweinfurt bekam bald Wind darvon/ welche es dahin brachte/ daß ihm die Obrigkeit verbotte/ die Letzte zu heura- then. Dessen ungeachtet wolten ihre Eltern nicht ger- ne Schimpff von der Tochter haben/ und weil sie deß Studenten Einwilligung hatten/ bemuͤheten sie sich um einen Pastor en/ d’ die Copulation verrichten moͤch- te. Aber es wolte sich keiner in Gefahr setzen/ biß man endlich einen aufrichtigen Mann/ der der Braut et- was verschwaͤgert/ mit den glattesten Worten dahin persuadi rte/ daß er die Copulation verrichten moͤchte/ der Herꝛ Braͤutigam/ als ein reicher Mann/ wolle ihm vor allen Schaden gut seyn/ also ward ein Bauer bestellet/ der mit einem Karren in der Nacht ohnweit vom Thor halten muste/ daselbst kam der Braͤuti- gam/ die Braut/ ihre Eltern und Geschwister/ ja auch deß Herꝛn Pastor en Sohn/ so eben damahls zu Marburg studi rte/ bey angehender Nacht/ wie eytel Huͤhner-Diebe zusammen/ und schlichen uͤber Berg und Thal biß zum Dorff/ da der Pastor wohnete/ des- sen Frau/ die hernach auß Bekuͤmmernuͤß das Leben daruͤber geendet/ hart darwider war/ und die Leute/ so ihren Mann zu dieser verbottenen Copulation ver- fuͤhren wolten/ nicht im Hauß zu wissen begehrte. Aber deß Pastor en Leichtglaubigkeit ware zu groß/ und Deß Academi schen und als am folgenden Tage der Adeliche Gerichts- Schultheiß Amtswegen die Kirche zuschliessen wol- te/ beredete ihn der Pastor selber/ daß er zum Zweck/ und die Braut und Braͤutigam zusammen kame/ durch die Priesterliche Copulation. Man hielte dar- auf eine kurtze Mahlzeit/ und wie man auf verbotte- nen Wegen wandelte/ also geschahe der Auß- und Einzug zu Marburg bey Nacht-Zeiten. Wenige Wochen hernach zerfaͤllet die junge Frau in 2. Stuͤcken/ und gebahr einen jungen Sohn/ aber ihr Mann ward/ weil er dem Obrigkeitlichen Gebott widerstrebet/ gefangen gesetzet/ ja/ er muste endlich nach Cassel/ und drohete man ihm mit einer hohen Straffe/ doch ward die Sache bald vermittelt/ daß er/ auf Erlegung einer Geld-Busse/ die letzte Frau be- hielte. Seit der Zeit hat er seine Religion verlaͤug- net/ und ist zu Calvino uͤbergetretten/ ob er aber dar- bey besser/ als bey der vorigen/ gefahren/ habe ich seit- hero nicht erfahren koͤnnen. Dem guten Pastor en/ der die Copulation verrich- tet/ gieng es am elendesten hernach. Er hatte einen hoffaͤrtigen Edelmann im Dorff/ der ihn alsobald hoch anklagete/ dann er war ihm ohne dem nicht gut/ weil er/ seiner Meynung nach/ nicht gnugsamen Re- spect von dem Pfarꝛherꝛn haben kunte/ dessen er aber zu viel begehrete. Solchem nach/ und weil er weisse Fuͤsse hatte/ bekam er Gehoͤr/ und der arme Priester must vom Dienst springen. Weil er nun keine sonder- liche Mittel/ als seiner Frauen Erbschafft/ die in ligen- den Gruͤnden bestund/ so muste er sich daselbst nieder- lassen/ aber was Raths? Er hatte 6. Soͤhne/ und eine Tochter/ davon der aͤlteste Sohn vor etwa 3. Jahren erst auf Academi en geraͤyset. Dieser raͤysete fort/ um die Seinigen nicht auf Unkosten zu bringen/ begab sich Romans I. Buch. sich mit einem sehr kleinen Viatico in die Fremde/ dul- dete sich gewaltig/ litte Hunger und Durst/ Hitz und Kaͤlte/ informi rte anderer feinen Leuten Kinder/ biß er einen Pfenning vor sich gebracht/ da zohe er wieder auf Universit aͤten/ und bekam bald andere Vocation, seine Bruͤder aber giengen/ gleich wie er/ einer nach dem andern auch in die Fremde/ daß man endlich nicht hat erfahren moͤgen/ wohin sie gekommen/ ohne daß einer an einem gewissen Ort gestorben/ die andern wissen von einander noch diese Stunde nicht/ wo sie sind geblieben. Die Mutter ist im Anfang ihres Jammer-Standes gestorben/ und die Tochter hat sich verheurathet. Was fuͤr eine Ehe aber der Studio- sus, so dieses Ungluͤck angestifftet/ mit seiner Frauen hernach gehabt/ darvon wil ich nichts sagen/ es moͤ- gen deßfalls andere Leute reden/ die besser/ als ich/ dar- um wissen. Einmahl ist gewiß/ daß er bey weitem nicht capabel war/ dem armen Priester seinen Scha- den zu erstatten. Als Klingenfeld hiermit zu reden aufhoͤrete/ und hingegen ein wenig von dem vorgesetzten Fruͤhstuͤck genosse/ da kam Troll unversehens auß der gruͤnen Lauben herfuͤr/ und spielete auf einer Maul-Trum̃el/ welche er allwege bey sich trug. Der Podestà lachete deß possierlichen Knechts/ und forschete/ wer ihn so wacker haͤtte spielen lernen? Apollo, Dauniæ Rex, gab er zur Antwort/ und hiermit reichete er dem Podestà die Maul-Trum̃el/ und bathe ihn/ er moͤchte sich auch ein wenig hoͤren lassen. Dieser aber sprach: Wer da spielet/ da andere Leute essen/ der ist entweder ein Mu- sicant, oder ein Narꝛ. Troll hingegen gab ihm diese fertige Replication: Themistocles cum in epulis recu- sasset lyram, habitus est indoctior; Welcher Rede alle Anwesenden von Hertzen lachen musten. Sie stun- B b den Deß Academi schen den aber endlich mit einander auf/ und nachdem sie noch etliche Stunden umher gewandelt/ fuͤhrete sie der Podestà in seinen Pallast/ ließ am Mittag herꝛlich anrichten/ und tracti rete sie nach seinem besten Ver- moͤgen. Damahl forschete deß Podestà Vetter/ ein wackerer Edelmann/ Namens Contarini, der zunaͤchst an der einen Seiten an dem Printzen saß/ was ihn doch bewogen haͤtte/ sich auf Academi en zu begeben? Die grosse Lust zum Studi ren/ war die Antwort/ und finde ich nichts in der Welt/ das einen Printzen mehr zieren kan/ als die Studia, oder freyen Kuͤnste. Conta- rini hielte im Gegentheil darfuͤr/ es stuͤnde einem fuͤr- nehmen Mann besser an/ wann er sich auf die Exerci- tia und Estats-Sachen/ als auf die Studia, legete/ aber der Podestà behauptete gantz ein anders: Jch habe auch einen Sohn/ sprach er/ der ist schon lange Zeit in die Schul gegangen/ und nun meyne ich/ ihn bald auf die hohe Schul zu senden. Die Kinder sind gluͤcklich/ die Zeit gnug haben/ in die Schul zu geben/ Schulen sind ein gesegnetes Mittel fuͤr Land und Kirche. Die Metilæn er verbotten alle Schulen bey dem Volck/ welches sie uͤberwunden/ und dieses hiel- ten sie fuͤr eine schwere Straffe/ weil die Laͤnder durch die Schulen bluͤhen. Julianus benahm auch den Chri- sten alle Schulen/ damit das Christenthum nicht solte fortgepflantzet werden/ und das Volck von den Heyd- nischen Goͤttern nicht abfiele/ dann er war ein eyferi- ger Goͤtzen-Diener. Der Printz sprach jetzo: Es gibt uͤberal viel Schu- len/ doch behertzigen die Leute nicht gnug/ ihre Kinder Weißheit hoͤren zu lassen. Plutarchus sahe einen wa- ckern Juͤngling/ Namens Xenophon, ihm entgegen kommen/ er hielte ihn mit seinem Stock auf/ und fra- gete: Wo man diese oder jene Waaren verkauffe? Xeno- Romans I. Buch. Xenophon wuste ihm dieses eigentlich zu sagen. Da fragete er ihn ferner: Wo werden aber die Menschen gut und Tugendsam? Xenophon antwortete: Das wuͤste er nicht. Darauf sagte Plutarchus: Kom̃/ folge mir/ ich wil es dir weisen. Er brachte ihn in seine Schul/ und nahm ihn unter seine Schuͤler auf. Also ward Xenophon ein sehr weiser Mann/ wie solches der gantzen Nach-Welt ist kund worden. Der Po- destà wolte hoͤren lassen/ daß er ein Mann/ der sonder- lich viel auf die Tugend hielte/ dannenhero sprach er: U Rfere Leute wissen auch sehr wol/ wo alle Dinge feil sind/ sie kennen auch die Schule Christi/ wo man die Tugend leh- ret; Viele aber haben keine Luft/ Juͤnger Christi zu werden. Jener Laconi sche Schulmeister ward gefraget: Was er die Kinder lehren wolte? Er sagte: Jch wil sie lehren vom Boͤsen einen Abscheu/ und zum Guten und ehrlichen Dingen eine Luft zu haben. Ein Spartaner antwortete auf dergleichen Frage: Jch wil machen/ daß das Jenige/ was ehrlich/ ihnen auch ange- nehm seye. Kunten das Heyden von ihren Schulen sagen/ wie viel mehr sollen dann Christliche Lehrmeister darnach trachten. Doch muß dieses fuͤrnemlich der Fleiß und Absehen der Lehrer in der Christlichen Kirche seyn. Der Printz sprach: Nicht alle Lehrmeister haben dieses Absehen. Als Diogenes sahe/ daß sich ein Lehr-Jung ungebaͤr- dig anftellete/ schlug er den Lehrmeister mit einem Stock/ und sagte: Warum unterweisest du deinen Schuͤler nicht besser? Wann theils Lehrmeister nur Geld gnug gewinnen koͤnnen/ so achten sie das Leben ihrer Schuͤler nicht hoch. Apollonius hatte einen andern Sinn: Er lehrete um Geld/ wann er aber einen Schuͤler sahe/ der zu einem Redner nicht tuͤchtig war/ den schick- te er auß seiner Schule/ und sagte: Lasset euren Sohn was an- ders lehren. Worauf der Gouverneur: Es liget nicht allezeit an den Lehrmeistern/ daß die Schuͤler nichts lernen. Jener Welt- weise hatte 2. Juͤnger/ der Eine war geschickt/ und unfleissig/ der Andere aber dumm/ und fleissig. Der Lehrmeister sagte zu ihnen: Jhr werdet Beyde nichts nutzen/ der Eine/ weil er kan/ und wil nicht lernen/ der Andere aber/ weil er wil/ und kan nicht lernen. Dergleichen gibt es auch sehr viel in der Schul Christi/ doch wer- den die Jenige/ die wollen/ und nicht viel koͤnnen/ nicht verlohren B b 2 wer- Deß Academi schen werden. Der HErꝛ JEsus hat mit seinen schwachen Schafen Mitleyden. GOtt der HErꝛ sagte von dem heiligen Weg/ daß die Thoren selbst darauf nicht irren sollen. Klingenfeld warff dieses Wenige ein: Zu Cairo in Egy- pten ist eine gute Gewonheit/ viel tausend Jungen sind da in den Schulen/ und man lehret darinnen alle Dinge. Die Eltern sen- den ihre Kinder von allen Landen dahin/ sonder Befehl/ was sie lernen sollen. Die Lehrmeister erforschen ihre Natur und Zu- neigung/ und lehren sie das Jenige/ worzu sie am besten bequem seyn. Sie lassen sie nicht eher auß der Schul/ biß daß sie gantz gelehrt sind. Jnnerhalb dieser Zeit darff Niemand zu den Kin- dern/ auch die Eltern selbst nicht kommen. Darauf ließ sich der Printz vernehmen: Das ist eine gute Ordnung. Viel Kinder werden bey uns zu fruͤhe auß den Schu- len genommen. Man vermeynet/ daß sie gesch wind gnug wissen. Quintilianus saget dahero sehr wol: Viel werden nicht weiß/ weil sie vermeynen/ weiß gnug zu seyn. Bion fuͤhrete dieses Wort offtmahls im Mund: Die Weißduͤnckelheit ist die Hinder- nuͤß der Weißheit. Das haben die weise. Heyden so wol verstan- den/ die/ ob sie schon selbst Meister gewesen/ sich doch nicht geschaͤ- met haben/ von andern/ die weiser waren/ zu lernen. Antisthenes danckete seinen Schuͤlern ab/ nachdem er den Socrarem gehoͤret hatte/ und sagte zu ihnen: Suchet einen andern Meister/ dann ich habe fuͤr mich auch einen Meister gefunden. Der Podestà sprach jetzo: Wann auch viel Christen nicht allzugeschwind gedaͤchten/ daß sie weiß gnug waͤren/ sie solten durch die Predigten/ und andere Ubungen/ mehr zunehmen. Es gehet mit manchem her/ wie mit Dominicano, einem Moͤnch zu Nazareth/ welcher weder lesen/ noch schreiben kunte. Der Meister Gerardus wolte es ihn lehren/ Dominicanus aber sagte: Jch kan GOtt wol durch mein Leben gefallen/ wañ ich schon das A. B. C. nicht lerne. Also meynen viel/ daß sie GOtt mit einem dummen Leben sonder Weißheit gefallen moͤgen. Zu wuͤnschen waͤre es/ daß viel Weltweise mit einer solchen Aufmerckung JEsum hoͤ- reten daß sie dardurch alle andere Weißheit fuͤr Thorheit achten koͤnten? Aber es gehet mit der Kirchen/ wie mit der Schulen. Wann man was Boͤses gelernet hat/ ehe man hinein kommen/ so kan und wil man sich dessen nicht gern abgewoͤhnen. Darfuͤr sind/ sprach der Printz/ viel Lehrmeister sehr sorg- faͤltig gewesen. Timotheus fragete einen Schuͤler/ der die Sing- Kunst bey ihm lernen wolte: Ober zuvor bey einem andern Meister Romans I. Buch. Meister gelernet haͤtte? Der Schuͤler sagt/ Ja. Darauf sagte Timotheus: So must du mich dann doppelt bezahlen; Dann ich muß erst arbeiten/ dir das Jenige abzugewoͤhnen/ was du uͤbel gelernet hast. Also thaͤte auch Antisthenes, als ein Vatter ihn fragete: Was sein Sohn zu der Schul vonnoͤthen haͤtte? Sagend: Ein neu Buch eine neue Feder/ und ein neu Schreib- Taͤfelein. Womit er zu erkennen geben wolte/ daß der Juͤng- ling alle alte Sitten und boͤse Lehren ablegen muͤste. Der Podestà sprach: Die boͤse angelernte Welt-Sachen hindern auch die Frucht/ die man sonst in der Schul Christi brin- gen koͤnte. Darum saget der HErꝛ JEsus: Wer mir nachfol- gen wil/ der muß sich selbst verlaͤugnen. Und Paulus: Wer- det Narren/ auf daß ihr weiß moͤget werden. Wer wol lernen und zunehmen wil/ der muß sich nach den Satzungen der Schul richten; Also auch der Jenige/ so in Christi Schul guten Fort- gang haben wil. Jn Pythagoræ Schul musten die Schuͤler 5. Jahr still schweigen/ und 7. Jahr nur zuhoͤren/ sonder Fragen. Sie musten ihm so lang glauben/ sonder Ursachen zu fordern/ biß sie alles gehoͤret hatten. Aber in Christi Schul wil man alsobald reden und urtheilen/ ja/ uͤberal die Ursachen wissen/ oder man wil nicht glauben/ eben/ als ob die natuͤrliche Ursachen eine Richt- schnur deß Glaubens waͤren/ da doch der natuͤrliche Mensch die Geistliche Dinge nicht begreiffen kan. Klingenfeld: Es gehet in Jndien bey den Brachmannen auch so zu; Die Jungen duͤrffen in 5. Jahren in der Schulen nicht ein Wort reden/ sondern/ wann sie einander etwas sagen wollen/ so weisen sie es mit den Haͤnden. Jn allen Persianischen und Arabischen Schulen ist auch ein grosses Stillschweigen. Die Lehrmeister wollen das Geplauder und Geschwaͤtze der Jungen nicht hoͤren. Jn Holland gehet es anders zu/ wann die Schul- meister allda so hart waͤren/ ihre Schulen solten bald ledig stehen. Der Printz: Wie hart und streng auch gleich die Heydnis. Schulmeister gewesen sind/ so haben sie dannoch sehr viel Schuͤ- ler gehabt. Als Antistheues gefraget ward/ warum er so hart ge- gen seine Schuͤler waͤre/ gab er zur Antwort: Eben also thun auch die Aertzte. Zu erkennen gebend/ daß die boͤse Sitten mit Ge- lindigkeit nicht abzugewoͤhnen waͤren. Dieser Mañ war so streng und ernst hafftig/ daß es ihm sehr wol gelegen seyn muste/ wann er Jemand lehren wolte. Er war dem Diogeni gar nicht gen o- gen/ sondern/ wann er ihn an seiner Thuͤr sahe/ so drohete er ihm/ B b 3 mit Deß Academi schen mit einem Stock wegzujagen. Diogenes streckte sein Haupt ge- gen ihm/ und fagte: Schlage nur tapffer zu/ es ist kein Stock so hart/ der mich von deiner Thuͤr treiben soll/ so lang ich von dir et- was lernen kan. Der Gouverneur: Wann viele so Lehr begierig in Glau- bens-Sachen waͤren/ die Christen solten viel weiser seyn. Man wil bey dem HErꝛn JEsu nicht bleiben/ wann er nur ein hartes Wort gibt/ oder einen schwer-wichttgen Lehr-Punct abhandelt/ wie ihn dann deßwegen die Capernalten verliessen. Wer Lehr- begierig ist/ der kan und wil alles Ungemach außflehen/ und soll und wil ein weiser Mann werden. Demosthenes war dumm von Verstand/ und hatte eine stammlende Sprache/ also/ daß er außgelacht wurde/ wie er eine Rede thun wolte; Nichts desto weniger wurde er durch Arbeit und Lehr-Begierigkeit ein fuͤr- trefflicher Redner. Wie man ihn fragete/ wordurch er gelehrt worden waͤren waͤre/ sagte er: Jch habe mehr Oehl in meiner Studier-Lampen verthan/ als ich Wein getruncken habe. Er war sehr betruͤbet/ als er sahe/ daß ein Handwercks-Mann deß Morgens vor ihm aufgestanden war. Lieffen wir uns die heilige Weißheit so hoch angelegen seyn/ Panlus doͤrffte nicht sagen/ daß die Jenige/ so Lehrmeister seyn solten/ nur noch Schuͤler waͤren. Der Printz: Darum hatte Metrocles dieses Wort offt- mahls im Mund: andere Sachen kaufft man um Geld/ aber die Gelehrigkeit kaufft man mit Zeit und Fleiß. Bey den Hey- den sind wunderliche Exempel zu finden: Cleantes war dumm von Verstand/ und gleichwol sehr Lehr-begierig. Er war so arm/ daß er bey Nacht halff Wasser ziehen/ um etwas zu gewinnen/ und deß Tages uͤber darvon zu leben/ und zu studi ren. Er halff auch Brodt knetten/ und was er vom Zenone hoͤrete/ schriebe er auf Scherben und Ochsen-Beine/ dieweil er kein Geld hatte/ Pa- pier zu kauffen. So arm und Lehr-begierig ist Zeno selbst gewe- sen: Wie er kein Geld hatte/ den Lehrmeister Polemon zu bezah- len/ schliche er heimlich in die Schul/ hinter seinem Rucken. Pole- mon sahe ihn einsmahls/ und sagte zu ihm: Jch sehe wol/ daß du meine Lehr stehlen wilsi. Der Podestà: Ein solcher Mann war auch der grosse Epicterus: Er war so arm/ daß er kein Geld hatte/ ein Schloͤß- lein vor sein Hauß zu kauffen. Proæresius und Hephæstio wa- ren so arme Studenten/ daß sie zusammen nur einen Mantel hatten/ und etliche Paͤusche Stroh/ darauf zu schlaffen. Da doch zur Romans I. Buch. zur selbigen Zeit der Mantel bey nahe die gantze Kleidung war/ welche die Studenten uͤber den nackenden Leib trugen. Wann der Eine außgieng/ so bliebe der andere in dem Stroh ligen. Wo- fern bey uns die Studenten also studi ren solten/ so solte man we- nig gelehrte Leute finden. Der Printz: Andere haben auß Lust zur Weißheit noch wunderlichere Dinge gethan. Monimus, eines Lombarders Knecht/ stellete sich naͤrrisch/ sein Herꝛ jagete ihn weg/ darauf lieffe er zum Diogeni, und ward ein sehr gelehrter Mann. Alexander hatte den gelehrten Callisthenem mit einem Hund in einen Kaͤfig sperren lassen; Dannoch kam Lysimachus, deß Koͤnigs Zorn ungeachtet/ offtmahls zu ihm/ und hoͤrete ihn von Tugend und Weißheit reden. Euclides begab/ sich in groͤssere Ge- fahr: Die Stadt Megara und Athen waren so feindseelig gegen einander/ daß sich ihre Buͤrger einander allenthalben todt schlu- gen. Euclides wohnete zu Megara, und Socrates zu Athen/ dero- halben zohe Euclides Weibes-Kleider an/ kam bey Nacht nach Athen/ und hoͤrete also den Socratem. Der Podestà: Das faule Christen-Blut solte durch folche uͤber- zeugende Exempel warm/ ja brennend werden/ um mit groͤsserer Luft uñ Eyfer die Goͤttl. Weißheit zu hoͤren. Also entbrandten die Emaus-Gaͤnger/ als ihnen der HErꝛ JEsus die Schrifft erklaͤ- rete. Viele aber sind deß Lernens in Christi Schul bald muͤde. Wann die Bekanntnuͤß gethan ist/ so leget man die Bibel/ und andere gute Buͤcher/ hinter die Banck. Die Heyden sind eyferiger gewesen/ ihre irꝛdische Weißheit zu lernen/ und darinnen voͤllig gelehrt zu werden. Nachdem Sandes Lampsacenus den Epicu- rum gehoͤret hatte/ bliebe er lange Jahre bey ihm/ außgenom̃en 6. Monat/ da er seine Freunde besuchte. Æschines wiche auch niemahls von seinem Meister Socrate, darum sagte Socrates von ihm: Æschines allein weiß seinen Meister zu ehren. Eine solche Luft muß in uns seyn/ um mit Maria zu Christi Fuͤssen zu sitzen/ und seine Lehre mit Freuden anzuhoͤren. Der Printz dargegen: Obschon die Heyden sehr weiß wa- ren/ so vermeyneten sie doch niemahlen/ gnug zu wissen/ sondern es bliebe die Lehr-Begierigkeit biß an das Ende ihres Lebens bey ihnen. Gorgias Leontinus studi rte noch/ als er 107. Jahre alt war. Als Demosthenes 100. Jahre alt war/ sagte er auf sei- nem Tod-Bette: Jch bin betruͤbet/ daß ich sterben muß/ da ich erst anfange/ weiß zu werden. Solon lag gleichfalls auf seinem Tod-Bette/ und hoͤrete etliche seiner Freunde vor seinem Bett et- B b 4 was Deß Academi schen was erzehlen; Derohalben richtete er sein Haupt auf/ und sag- te: Redet was lauter/ damit ich es verstehen kan/ dann/ wann ich noch etwas lerne/ so werde ich desto suͤsser sterben. Socrates wurde zum Tod verdammet/ weil er gelehret hatte/ daß nur ein GOtt waͤre. Wofern er von dieser Meynung abgestanden waͤ- re/ so haͤtte er Gnade erlanget; Aber/ er sagete dieses zu den Richtern: Wann ihr mir das Leben mit diesem Beding schencken woltet/ daß ich der Weißheit nicht mehr nachforschen solte/ so wurde ich euer Anbott abschlagen/ und viel lieber sterben. Man muß euch zwar gehorsam seyn/ aber viel mehr dem unsterblichen GOTT. Der Podestà: Ein grosses Wort von dem Heyden Socrate! Eben also redeten die Apostel von der Christl. Religion, doch auß einem andern und festern Grund! Es sind lauter Worte/ welche die Christen beschaͤmen. Wo findet man die Christen/ die um der Religion das Jenige thun solten/ was die Heyden der Welt- Weißheit wegen gethan haben? Pompejus sagte/ das Lernen waͤ- re die rechte Richtschnur deß Lebens. Julianus sprach: Jch wil noch etwas lernen/ wann ich auch schon den einen Fuß im Grab haͤtte. Als man den Diogenem vermahnete/ daß er wegen seines grossen Alters vom Studi ren etwas ablassen solte/ sagte er: An- jetzo/ da ich fast zum Ende der Lauff-Bahn kommen bin/ soll ich nun erst traͤg werden? Worte/ fuͤrwahr welche ich den Heyden mißgoͤñe/ und wuͤnschte/ daß die Christen so redeten/ und thaͤten! Worauf der Printz: Cato hatte allezeit/ wann er zu Rath sasse/ Buͤcher bey sich. Epaminondas gieng niemahls von einer offentlichen Redhaltung hinweg/ ehe sie vollendet war. Dion muste fuͤr der Gransamkeit deß Domitiani, welcher die Gelehrte vorfolgete/ fliehen/ und auß Armuth Bauren-Arbeit thun/ gleich- wol hatte er allezeit Buͤcher bey sich. Jacobus zu Bononien/ war ein Sattler/ doch sonderte er ihm deß Tages einige Stun- den ab/ um zu studi ren/ und ward ein gelehrter Mann. Doch ist das Jenige/ was von Superiano erzehlet wird/ sehr merckwuͤrdig: Erkam spat/ und zwar erstlich im 30. Jahr seines Alters/ zum Studi ren/ er studi rte sonder Lehrmeister fuͤr sich selber/ wann er seine Sache nicht wol verrichtete/ dann straffete er sich selber/ und geisselte sich/ wie die Lehrmeister ihren Schuͤlern zu thun pflegen. Klingenfeld: Wir sind Schuͤler Christi/ welche unsere Sachen auch nicht wol außrichten. Paulus sagt: Wir muͤssen uns selbst urtheilen/ und unsern Leib bezwingen. Wir sind fruͤhe gnug in Christi Schul gewesen/ aber viel Leute/ die spaͤt zum Stu- di ren Romans I. Buch. di ren kommen sind/ gehen uns weit bevor. Ortelius fieng erst im 30. Jahr seines Alters an/ Latein zu lernen/ und ward ein solcher grosser Sternseher. Viel Leute wollen nicht lernen/ weil sie nicht fruͤhe gnug angefangen haben. Aber diese muͤssen beschaͤmet werden/ durch das schoͤne Exempel der Frau Euridices: Diese fieng in ihren alten Tagen an/ lesen und schreiben zu lernen/ da- mit sie solches ihre Kinder gleichfalls lehren koͤnte. Thaͤten dieses viel Eltern auch in der Religion, ihre Kinder solten besser leben. Der Printz: Daͤrauf zielet das Wort Socrates. Er lernete in seinen alten Jahren auf der Cyther spielen; Als man sich nun daruͤber verwunderte/ so sagte er: Es ist besser etwas spaͤt/ als nimmer lernen. So lang man lebet/ so ist man bequem/ etwas zu lernen/ wann man nur fleissig ist. Der Podestà: Das schickt sich gleichfalls auf die Religion, aber es ist mit dem Fleiß allein nicht außgerichtet. Wer Weiß- heit vonnoͤthen hat/ sagt Jacobus/ der muß darum bitten/ und alsdann soll sie ihm gegeben werden. Das Beten ist ein gesegne- tes Mittel. Didyinus Alexandrinus war blind/ und zu dem Stu- di ren unbequem/ doch studi rte er eben wol/ und ward durch viel Beten ein gelehrter Mann. Salomon erlangete auch grosse Weißheit durchs Gebet. Avicenna, der Mahometaner/ hatte diese Gewonheit/ wann ihm etwas Dunckels vorkam/ so gieng er in den Tempel/ und bathe GOtt um Verstand. Wie viel mehr solten wir GOtt um die Goͤttliche Weißheit dancken/ und un- sern Lehrmeister JEsum darfuͤr preisen. Der Printz: Gute Meister sind grossen Dancks und Eh- ren wuͤrdig. Quirinus bauete fuͤr seinen Meister ein Marmor- nes Grab/ welches die Studenten offtmahls besahen/ um dar- durch zu dergleichen Danckbarkeit aufgemuntert zu werden. Crito ließ seinen Meister Socratem niemahls Mangel leyden. Dionysius sagte zu dem Platoni: Es soll dir Jemand den Kopff abschlagen. Xenocrates, sein Juͤnger/ der darbey stunde/ ant- wortete: Den Meinigen vorher. Er war bereit/ seinen Meister mit seinem Tod zu beschirmen. Aristoteles richtete seinem Lehr- meister Platoni ein Bild/ und einen Altar auf/ und ließ diese Worte darauf setzen: Diesem Mann muͤssen alle Gute nach- folgen. Was ist es Wunder/ Alexander, als er seinen Lehrmeister Aristotelem sehr verehrete/ gab darvon die Ursach: Von mei- mem Vatter/ sagte er/ habe ich das Leben/ von meinem Lehrmei- ster aber das Wol-Leben. Der Podestà: Alle diese Dinge schicken sich mit besserm B b 5 Recht Deß Academi schen Recht auf unsern Lehrmeister JEsum; Dann/ er ist der Mann/ welchem wir folgen muͤssen/ und durch Jhn allein haben wir das Wol- und Seelig-Leben. Untreue und undanckbare Juͤnger sind rechte Wunder-Thiere auf Erden. Nero ließ seinen Lehrmeister Senecam toͤdten/ dieweil er offtmahls von ihm geschlagen wor- den. Als Sfortia Fuͤrft worden/ ließ er um dieser Ursachen willen seinen Meister Colam geisseln/ und mit einem Strick schleppen. Der sehr gelehrte Johannes Scotus wurde im Jahr 1300. von seinen Schuͤlern mit Federn todt gestochen. Philologus entdeckte seinen verborgenen Lehrmeister Ciceronem, und dardurch ward Cicero getoͤdtet/ nachdem man ihm zuvor die rechte Hand abgehauen. Dieses sind lauter Greuel; Jedoch haben wir zu sehen/ daß wir unsern Lehrer JEsum nicht auch mit schmaͤhlicher Undanckbarkeit belobnen. Ja/ man muß zusehen/ daß man Jhn nicht aufs Neue creutzige/ und offentlich zu schandeu mache. Klingenfeld: Pericles war auch undanckbar gegen seinen Meifter Anaxagoram, dessen er in seiner Armuth vergaß/ weil er mit Staats-Sachen zu viel zu thun hatte. Anaxagoras ward hieruͤber so traurig/ daß er sich vornahm/ Hungers zu sterben/ lag auch nunmehr in den letzten Zuͤgen. Als Pericles solches hoͤ- rete/ lieff er zur Stund zu ihm hin/ bath um Verzeyhung/ und botte ihm alles an. Anaxagoras, denselben sehend/ sagte mit ei- nem sterbenden Mund: O Pericle! wer einer Lampen vonnoͤ- then hat/ der muß Oehl hinein thun. Der Podestà: Die Prediger sind Lampen deß Heiligthums/ fuͤr Groffe und Kleine/ die Land und Leute vonnoͤthen haben. Diesen Spruch deß Anaxagoræ solten die Regenten wol beher- tzigen. Pericles thate wol/ daß er sein Unrecht erkannte/ und sol- ches zu verbessern suchte. Schuͤler muͤssen sich gegen ihren Lehr- meister danckbar erzeigen; Gleichwie vor Zeiten alle Neu- Jahrs-Tage die Schuͤler gewohnet waren/ ihren Lehrmeistern einige Verehrung zu geben. Die beste Verehrung aber ist Liebe und Gehorsam/ und dann/ daß man darbey die Fruͤchte seiner Gelehrtsamkeit weise. Der Printz: Die Schuͤler deß M. Portii wolten nur allezeit hoͤren/ und niemahls gehoͤret werden. Sie wolten niemahls zei- gen/ was sie gelernet hatten/ darum wurden sie Schimpffsweise Auditores, Hoͤrer/ genennet. Jener Juͤngling aber erklaͤrete sol- ches anders/ er war deß Zenonis Juͤnger gewesen/ und kam wie- der nach Hauß. Der Vatter fragte ihn: Was er fuͤr Weißheit daselbst gelernet haͤtte? Der Student antwortete: Er wolte das Romans I. Buch. das noch wol weisen. Daruͤber wurde der Vatter zornig/ und gab ihm einen Schlag. Der Sohn vertrug es mit Gedult/ und sagte: Diese Weißheit habe ich gelerneꝛ/ daß ich meines Vatters Zorn mit Gedult ertragen soll. Der Podestà beschlosse diesen Discurs mit folgenden Wor- ten: So viel Weißheit haben viel Kinder in der Schul Christi noch nicht gelernet. Ja/ viel Christen selbst nicht gegen GOtt/ unsern Himmlischen Vatter. Unsere Kirchen sind wol voll Leute/ aber viel sind nur Hoͤrer/ und keine Thaͤter deß Worts. Cato wurde gepriesen/ daß er noch als ein Juͤngling seinem Meister Sarpedoni in allem gehorsamet. Balduin, Graf von Hennegau/ war seinem Lehrmeister auch in allem gehorsam/ als er auch schon alt war. Einsmahls kam er muͤde und hungerig von der Jagd an die Tafel/ da sein Lehrmeister auch war/ und sienge an von einem Hecht zu essen/ welcher auf diesen Tag/ Vermoͤg der Gesetze selbiger Zeiten/ zu essen verbotten war; Der Lehrmeister hustete nur ein wenig/ und sahe den Grafen an. Balduin wurde Schamroth/ nahm den Bissen auß seinem Mund/ und sagte: Der Fisch ist mir nicht gesund. Er stund darauf von der Tafel auf/ und aß denselben Abend nichts. Der HErꝛ JEsus aber weiset uns andere Zeichen seines Mißfallens/ wann wir die suͤndliche Welt-Bissen aufschlucken/ doch gibt es deren sehr we- nig/ die Jhm hierinneu gehorsam sind/ da doch der HERR so eine Liebe traͤget fuͤr uns seine Juͤnger! Der Lehrmeister Koͤ- nigs Carl deß Ersten in Ungarn/ beschuͤtzete das Kind mit sei- nem Leib gegen das Hauen und Stechen deß Moͤrders Zaachi, der das Reich fuͤr sich selbst suchte. Aber unser Lehrmeister JE- sus beschuͤtzet seine gehorsame Juͤnger mit seinem Leib und Seel/ in welchen er die Wunden empfangen hat/ gegen die hoͤllische Moͤrder. Was Danck koͤnnen wir Jhm dann gnugsam ver- gelten. Das XXXIV . Capitul/ Don Antonio wird von Don A ostino erleget/ dieser kommt daruͤber in Vngnade/ machet sich aber groß/ und sein Printz Condado verliebt sich in Melicerta/ woruͤber Parmenio erstochen wird. A Ls der Podestà dieses gesaget/ noͤthigte er die Ge- sellschafft zum Essen und Trincken/ da dann auch ein Jeder die jenige Lucken seines Magens vollends auß fuͤllete/ welche ihnen das genossene Fruͤh- stuͤck Deß Academi schen stuͤck vorher hatte ungesperret gelassen. Nachdem aber ein Jeder das Seinige zu sich genommen/ noͤ- thigte der Podestà seine Gaͤste zum Trunck/ und weil keiner darvon sonderlichen Lust hierzu bezeugete/ raunete Contarini seinem Vatter etwas heimliches ins Ohr/ darauf dieser Ursach nahm/ den Printzen folgender Massen anzureden: Mein Printz/ ich habe viel gehoͤret/ von dem grossen Streit/ der zwischen eurem Fuͤrstl. Haufe de Tursis und dem Printzen von Trepalda eine geraume Zeit geschwebet/ habe aber so viel unterschiedliche Relationes, ja gar widerwaͤrtige Erzehlungen darvon vernommen/ daß ich zweiffele/ ob ich hinter den rechten Verlauff jemahlen gekom- men bin/ dafern es demnach euch nicht zuwider/ wuͤr- de ich euch gebuͤhrlich ersuchen/ nicht allein mir/ son- dern der gantzen Gesellschafft den hohen Gefallen zu erweisen/ und uns dieser Sache wegen gruͤndlich zu informi ren. Der Printz entschuldigte sich/ daß er von dieser Sache nichts hoͤren/ viel weniger reden moͤch- te/ und als Klingenfeld denselben daran erinnerte/ daß er zu Mantua, da man in einem Discurs ohngefaͤhr auf die Stadt Neapolis kommen/ etliche tieff-geholte Seuffzer fliegen lassen/ welche ausser allen Zweiffel auß dieser Differen tz ihren Ursprung genommen/ als lag er ihm gleichfalls an/ den Podestà und uͤbrige an- wesende gute Freunde mit Erzehl- und Beschreibung dieser denckwuͤrdigen Sache dieses mahl zu diverti- ren. Es zuckete aber der Printz die Schulter/ und gab dardurch gnugsam zu verstehen/ daß man etwas an ihn begehrete/ das ihm von Hertzen zuwider waͤre/ dannenhero wil ich ihn dieser Muͤhe uͤberheben/ und soll meine Feder statt seiner Zungen diese Erzehlung uͤber sich nehmen/ allermassen ohne dem viel darinn enthalten/ dessen Erzehlung ein Adeliches Gemuͤth sich mit allem Fug entschuͤtten moͤchte. So Romans I. Buch. So ist dann zu wissen/ daß zwey fuͤrnehme Fuͤrstl. Geschlechter/ das eine von Tursis, sonsten Nocera in Basilicata, und das andere von Trepalda in Calabria, zu naͤchst mit ihren grossen Laͤndereyen in dem unter- sten Theil Jtaliens an einander graͤntzen/ deren Haͤupter jedes mahl nicht allein wegen gleichen Uhr- alten hohen Geschlecht/ sondern/ weil sie unter die Maͤchtigsten ihres Gleichen gezehlet wurden/ in gros- ser Vertraͤulichkeit mit einander gelebet/ und wann diese zween Hertzogen zusammen spanneten/ waren die andern ihre Nachbarn zusammen nicht maͤchtig gnug/ ihnen mit Gewalt einen Vortheil abzujagen. Es begab sich aber vor einigen Jahren/ daß Agostino, der alte Hertzog von Nocera, so zu Tursis an der See residi ret/ auf die Jagd außzog/ und seine Hunde/ in Verfolgung eines Hasen/ auf das angraͤntzende Ge- bieth deß Hertzogen Antonio von Trepalda, der zu Rossano seine Wohnung hat/ geriethen/ weil nun auch dieser eben im Feld war/ seine Schnitter in der Erndte fleissig aufzumuntern/ ergrimmete er sehr/ als er fremde Jagd-Hunde mit einem Hasen vor ihnen/ naͤchst an seinem Pferd/ daher streichen sahe. Er eyle- te demnach alsobald nach seiner Burg/ ließ alle seine Jagd-Hunde auf die andern/ die endlich den Hasen verliessen/ weil sie sich schon muͤde gelauffen/ loßge- hen/ und sie mit einander zerreissen/ ließ auch derer zween recht an der Graͤntze alsobald an einen Baum aufhencken. Ob nun gleich/ ersagter Massen/ diese zween Printzen in grosser Vertraͤulichkeit bißhero gelebet/ so war doch dieser Streich eine Ursach zu vielen dar- auf erfolgeten Ungelegenheiten. Dann der Hertzog von Nocera zohe ihm den angethanen Schimpff der- massen zu Hertzen/ daß er selbigen nicht anderst/ als mit Deß Academi schen mit dem Blut deß Antonio abzuwischen begehrete. Es legten sich zwar verschiedene vornehme Printzen in diese Differen tz/ um selbige zu vergleichen/ und der Hertzog von Trepalda muste selber bekennen/ daß er sich in diesem Werck auß all zu grossem Eyfer præci- piti ret/ weil er aber die Sache nicht wieder in einen ungeschehenen Stand zu setzen vermoͤchte/ erklaͤrete er sich/ als ein tapsserer Cavallier, dem Agostino auf ein paar Pistolen zu kommen. Beyderseits Gemah- linnen wiegelten alle ihre befreundete Printzen auf/ dieses Duell zu hintertreiben/ welche ihnen auch den Vertrag aͤusserst angelegen seyn liessen/ aber/ als die zween erzoͤrnete Printzen sich gantz und gar zu nichts verstehen wolten/ muste man den Vice-Roy zu Nea- polis um zulaͤngliche Mittel anschreyen/ welcher auch alsobald einen Edelmann seines Hofs an beyde Wi- derparthen sandte/ und ihnen/ Krafft seines hohen Amts/ das Duell untersagete/ sie beyderseits zugleich nach seinem Pallast zu sich bitten ließ/ um/ zu ver- suchen/ ob durch seine hohe Mediation er diese zween Printzen nicht zu bessern Gedancken bringen/ und/ wo moͤglich/ gar vergleichen moͤchte. Es waͤre der Hertzog von Nocera, welcher be- kannte/ daß ihn seine That gereue/ leicht hierzu zu be- wegen gewesen/ weil aber Don Agostino gar zu nichts zu bringen war/ bevor er seinen Beleydiger im Feld vor sich gehabt/ schlug dieser alle Mittel/ auch so gar die Authorit aͤt deß Vice-Roy s auß/ sandte vielmehr dem Antonio durch einen Diener ein abermahliges Cartell, und ließ ihn auf die Graͤntzen fordern/ und solches so heimlich/ daß seine eigene Gemahlin nichts darvon zu wissen bekam. Don Antonio, der auch den Ehrgeitz seiner Vor-Eltern und seines hohen Ge- bluͤts im Hertzen fuͤhlete/ ließ sich nicht lange hierzu noͤthi- Romans I. Buch. noͤthigen/ sondern nahm nur zwey berittene Diener/ gleich wie auch der andere thun wolte/ zu sich/ und er- schien zu bestim̃ter Zeit an dem verordneten Kampff- Platz/ da sie dann fast zu gleicher Zeit ankamen/ und ohne weiters Disputi ren/ einen freundlichen Abschied/ mit untermengtem hertzlichen Kuß/ von einander nahmen/ darauf gantz friedlich die Sonne und den Wind mit einander solcher Gestalt theileten/ daß kei- ner sich eines Vortheils vor dem andern moͤchte zu ruͤhmen gehabt haben. Sie stelleten sich darauf ein Jeder an seinen Ort/ giengen endlich behertzt und wolbedacht auf ein- ander loß/ loͤseten beyderseits ihre Pistolen/ traffen aber nicht/ dannenhero ruͤsteten sie sich zum andern Gang/ und darinn schoß Agostino abermahl fehl/ An- tonio aber gab ihm dargegen einen kleinen Schram- schuß in den rechten Backen/ daß Blut herauß flosse/ welches ihn dermassen erbitterte/ daß er seinen Degen zuckete/ auf Antonio loßrannte/ und ihn durch und durch stach/ ob sich dieser gleich mit seinem Degen woͤhrete/ so viel ihm moͤglich war. Darauf gab Agostino seinem Pferd die Sporen/ und flohe nach seinem Schloß/ allwo man das Ungluͤck gar balder- fuhr/ und zog sich seine Gemahlin dasselbe dergestalt zu Hertzen/ daß sie am andern Tag hernach ihren Geist aufgab. Antonio ward von seinen Dienern nach Rossano todt gebracht/ allwo sich die Seinigen gleicher Gestalt sehr entsetzeten/ und hat ihn insonder- heit seine juͤngste Tochter/ eine Prinzessin von grossem Verstand/ ob sie gleich kaum das 10. Jahr erreichet hatte/ den Verlust ihres liebsten Herꝛn Vatters der- massen zu Gemuͤth gezogen/ daß man sie nicht leben- dig von der Leiche bringen moͤgen/ sondern sie hat solche staͤts gekuͤsset/ und mit ihren Thraͤnen kindlich benetzet/ Deß Academi schen benetzet/ biß sie am andern Tag hernach gleicher Ge- stalt vor Betruͤbnuͤß todt darnieder gefallen ist. Ob aber gleich Agostino uͤber den Sterbfall sei- ner liebsten Gemahlin hertzlich bekuͤmmert/ so hem- mete doch solches keines Weges den wider Antonio und sein Hauß gefasseten hefftigen Grimm/ sondern vermehrete denselbigen vielmehr/ als welcher Ursach an diesem Ungluͤck gewesen. Und weil er leicht ge- dencken kunte/ daß auß dieser Flamme ein hefftiges Feuer erwachsen durffte/ als befestigte er sich in sei- nem Schioß/ und zohe seine Bluts-Freunde an sich/ welche waren der Fuͤrst von Meleto, die Hertzogen von Sessa und von Bajano, die Marggrafen von Laura, von Capurso und von Pulignano, und die Grafen von Policastro, der sein Vasall, und de Trivento, welcher ihm etwas verwandt war. Hingegen warff sich deß erschlagenen Don Antonio Bruder zum Haupt der Gegenparthey auf/ dieser hieß Gasparo, Marggraf de Brienzo, welcher einen grossen Anhang bekam von den Fuͤrsten von Conha, Melfi und Venosa, deßglei- chen von den Hertzogen von Trajetta, von Popoli, von Somma, und von Torre Maggiore; So dann von den Marggrafen von Monte Nigro, von Carigliano, von Toscardo, von Terza und Valle Siciliana, auch von den Grafen und Baron en von Aversa, Mignano, Torella, Morcone, Dragone, Treverolati, Scappolli und Calvo, welche allerseits mit einer gewissen An- zahl Volcks an ihrem bestimmten Rendevous erschie- nen/ und gegen einander feindlich agi ren wolten/ daß es sich ansehen liesse/ als hielten zwo kleine Armeen an einander/ und droheten dem Lande das aͤusserste Verderben. Die Bandit en ersahen hierbey auch ihre Gelegenheit/ und weil sie in diesem truͤben Wasser etwas zu erfischen hoffeten/ warffen sich deren 40. zu deß Romans I. Buch. deß Agostino und 74. zu deß Gasparo Parthey/ weil diese/ allem Ansehen nach/ die Allerstaͤrckeste war. Diese zwo feindliche Partheyen fielen etliche mahl einander an/ aber deß Agostino seine/ als die Schwaͤcheste/ ward allemahl geschlagen/ und sind nebst 40. Personen gemeiner Leuten/ auch ein junger Marggraf von Capurso, und 2. Grafen/ nemlich der von Mignano und der von Trivento auf dem Platz geblieben. Es legte sich aber der Vice-Roy von Neapo- lis bey Zeiten darein/ und kam selber mit 2000. Mañ von der besten Mili tz/ dem sich Gasparo mit seines Bruders Wittib willig ergaben/ dahero sie leichtlich Perdon erlangeten/ aber Don Agostino sahe wol/ daß er einen harten Stand außzustehen haͤtte/ dannen- hero ruͤstete er sich in dem Schloß Tursis zur Gegen- woͤhr. Er hatte 12. leichte Canonen darinn/ und nebst zwey seiner Bluts-Verwandten/ (die andern waren abgefallen/ damit sie ihre Guͤter salvi rten/) etwan 50. woͤhrhaffter Mann. Aber/ was solte diese geringe Mannschafft gegen eine Anzahl von 3000. Solda- ten? Gleichwol defendi rte sich Agostino auß allen Kraͤfften/ und machte dem Vice-Roy viel Volcks zu schanden/ fuͤrnemlich durch die eyserne unter dem Sand verborgene Fuß-Angeln/ welches der Vice- Roy vor keine ehrliche Defension wolte erkennen. Endlich aber begunten die Mauren der Burg sehr loͤchericht zu werden/ dahero Agostino sich und die Seinigen mit allem Schatz in etliche Schiffe/ die zu dem Ende in dem kleinen Hafen neben dem Schloß lagen/ setzete/ und in die See hinein lieff/ da er drey Stunden hernach/ den unuͤberwindlichen See-Fel- sen/ Monte Sardo, erreichete/ welchen Ort er/ weil er ihm zugehoͤrete/ vorher mit allen Nothwendigkeiten zur Gnuͤge versehen hatte. Dieses ist ein hoher Fel- C c sen/ Deß Academi schen sen/ auf welchen man nur mittelst einer einzigen ein- gehauenen Treppen gelangen kan/ die sehr hoch/ und wann der Ort mit 10. Mann besetzet/ auch fuͤr so viel Leute mit Proviant und Wasser versehen ist/ so ist es auch der allergroͤssesten Armee unmoͤglich/ sich dessen mit Gewalt zu bemeistern/ dann vor dem Feuerwerck ist man in den engen Felsen-Ritzen und tieffen Ge- woͤlbern gnugsam gesichert/ und die darinnen ligen/ doͤrffen sich mit keinem Gewoͤhr bemuͤhen/ weil sie sicher gnug sind/ wann sie die kleinen Pforten/ deren 5. hinter oder uͤber einander an der Treppen/ wol ver- riegeln und verwahren/ welche sehr starck mit Eysen versehen sind/ und koͤnnen uͤber 2. Mann zugleich nicht daran kommen. Auf dieser Vestung suchete Agostino in seiner Noth seinen Aufenthalt. Damahl/ als dieser verfolgete Hertzog von Tur- sis fluͤchtig hinweg gieng/ fuͤhrete er seine beyde Kinder auch mit sich/ welche waren Condado, ein Printz von 13. Jahren/ und eine Prinzessin/ welche ihre Mutter Taranta hatte nennen lassen/ nach ihrer Groß-Mut- ter. Diese Kinder musten mit dem Vatter in das Elend/ und weil darauf deß Agostino ligende Laͤn- dereyen und Guͤter in Basilicata durch den Vice-Roy auf deß Catholischen Koͤnigs Ordre eingezogen wur- den/ muste sich der Hertzog auf andere Mittel besin- nen/ seinen zeitlichen Unterhalt zu gewinnen. Er be- kam demnach einen ziemlichen Anhang von Christ- lichen Corsaren/ mit denen er die See durchkreutzete/ und manche Tuͤrckische Saique/ auch viel Barbari- sche Brigontinen eroberte/ wordurch er nicht allein grosse Beute bekam/ und ihm einen formidabl en namen machte/ sondern es lieffen die Bandit en Hanf- fen-Weiß zu ihm/ also/ daß sich ein Jeder in der Ge- gend von Calabri en und Apuli en vor dem Printzen de Tur- Romans I. Buch. de Tursis fuͤrchtete/ dannenhero bezahleten die Schif- fe/ die daselbst passirten/ ohne einige Widerrede/ drey von hundert/ welches dem Hertzog ein grosses Guth einbrachte. Unterdessen ließ er gleichwol nichts an einer gu- ten Auferziehung seiner Kinder ermangeln/ sandte demnach den Printzen Condado mit einem getreuen Edelmann zu dem Grafen von Policastro, und ließ denselben ersuchen/ daß er ihn/ als seinen Sohn/ mit einem gnugsamen Wechsel nach Consenza schickete/ weil selbiger Ort/ als die Haupt-Stadt Calabriens/ wegen der guten Wissenschafften/ die daselbst bluͤhen/ in grosser Consideration war/ dem Grafen hergegen thaͤte er eine gnugsame Versicherung/ und sandte ihm an Baarschafften so viel/ daß er zufrieden seyn kunte. Dieser Graf muste deß Agostino Parthey bey Zeiten verlassen/ wolte er anders seine Landschafft und den Kopff selber nicht in Gefahr setzen/ dannen- hero ward er bey dem Vice-Roy bald wieder außge- soͤhnet. Er sandte aber dem Agostino seinen Edel- mann wieder zuruͤck/ und bestellete seinen eigenen Sohn dem Printzen zum Hofmeister/ welcher ein wackerer Herꝛ/ und muste sich dieser vor einen Edel- mann außgeben/ also raͤyseten sie mit einander nach Consenza, und nennete sich deß Agostino Sohn Par- do, sein Hofmeister aber Tremola. Bald hernach schickete Agostino seine Prinzessin Taranta nach ihrer Mutter Schwester/ die dem Printzen von Meleto vermaͤhlet war/ um sich ihrer in der Auferziehung/ statt ihrer leiblichen/ juͤngst-verstorbenen Mutter/ ge- treulich anzunehmen. Pardo ließ sich zu Consenza in allerhand Ritter- lichen Ubungen/ zugleich aber auch in den freyen Kuͤn- sten taͤglich unterweisen/ worinnen er dergestalt zu- C c 2 nahm/ Deß Academi schen nahm/ daß er bey Jedermann einen grossen Ruhm erlangete. Jnsonderheit hielte ihn der Gouverneur desselben Orts staͤts an sich/ noͤthigte ihn offt samt sei- nem Hofmeister an seine Tafel/ daran sie unter an- dern ein Graͤfliches Fraͤulein von grosser Schoͤnheit und ungemeinem Verstaͤnd antraffen/ welche sich Melicerta nennete/ und in deß Gouverneur s Behau- sung ihren Aufenthalt hatte. Gleich wie nun die zarte Jugend deß Pardo sich bald zu einer Liebes- Neigung gegen diese holdseelige Melicerta verleiten ließ/ also erwiese er ihr vor andern grosse Aufwar- tung/ woruͤber das Fraͤulein hinwieder gegen ihn mit einer keuschen Liebes-Flamme entzuͤndet ward/ daß sie nach ihrer kindlichen Unschuld einander kleine Ringe verehreten/ und sich darbey verbanden/ Lebens- lang einander mit einer keuschen Liebe beygethan zu bleiben/ ohnerachtet das Fraͤulein kaum 11. und Par- do nur 14. Jahr alt war. Endlich begunte es so wol dem Spanischen Vice-Roy zu Neapolis, als auch den Catholischen Koͤnig selber zu gereuen/ daß sie dem Agostino so hart zugesetzet hatten/ weil er die gantze See um Calabrien und Sieilien mit seiner Flotte/ die zuletzt in 8. Schiffen bestunde/ all zu sehr verun- sicherte/ sandte man einen Edelmann mit Koͤnigl. Perdon zu ihm/ und ließ ihn wiederum nach Tursis beruffen. Es wolte aber der Hertzog gar nicht trauen/ de- rowegen ließ er seinen Printzen/ nachdem er sich drey Jahr zu Consenza aufgehalten/ zu sich beruffen/ und nahm ihn mit auf die See/ den Tremola aber sandte er mit einem grossen Geschenck wieder zu seinem Vatter/ dem Grafen von Policastro, damit selbiger durch diesen seinen Sohn nicht in Gefahr gerathen moͤchte. Vier Jahr hernach/ als der Hertzog de Tur- sis sich Romans I. Buch. sis sich so formidabel gemacht/ daß ihn gantze See- Flotten fuͤrchteten/ ließ der Koͤnig in Spanien eine schoͤne Absendung an ihn ergehen/ um der von den Mohren hart beaͤngstigten Vestung Oran/ welche Spanisch/ mit seinen Schiffen zu succuri ren/ welche Muͤhe ihm reichlich solte belohnet werden. Ago- stino nahm diese Gelegenheit/ sich seines Koͤnigs Gnade voͤllig wieder zu versichern/ alsbald an/ gieng mit einer außerlesenen Mannschafft nach besagter Vestung/ setzte 300. wol-bewaffnete Soldaten an Land/ welche mit der Spanischen Garnison einen furieus en Außfall thaͤten/ viel Mohren caputi rten/ den Rest in die Flucht schlugen/ und allerseits mit grossen Beuten und mehr als 200. Gefangenen wie- der in die Vestung kehreten. Auf dieses Gluͤck fol- gete noch ein anders/ nemlich/ als er wieder zuruͤck seegelte/ stieffen ihm 2. Algierische Raub-Schiffe mit 3. genom̃enen Prysen auf/ welche er tapffermuͤthigst attaqui rte/ das eine in Grund schosse/ und deß andern samt den Prysen sich wuͤrcklich bemaͤchtigte. Von welcher Beute er einen guten Antheil dem damahli- gen Vice-Roy zu Neapolis und dem Hof zu Madrit sandte/ welches an beyden Orten dermassen wol auf- genommen ward/ daß man einen Ritter in einem be- sondern Schiff hernach zu ihm sandte/ und ihm nicht allein den beruͤhmten Orden deß guͤldenen Fluͤß/ son- dern darneben ein Koͤnigl. Patent uͤbersandte/ darinn er zu einem Admiral uͤber eine Esquadre Koͤniglicher Kriegs-Schiffe unter einer Jaͤhrlichen Gage von 20000. Ducaten bestellet wurde. Also kehrete Don Agostino mit grosser Reputation wieder nach Tursis, und sein Sohn/ der mit ihm diesen letzten Zug ge- than hatte/ nahm Abschied/ um etliche Jtaliaͤnische Academi en zu besuchen/ da er sich dann zuforderst C c 3 nach Deß Academi schen nach Neapolis erhub/ und daselbst etliche Jahr den freyen Kuͤnsten oblage. Als er nach Verfliessung dieser Zeit nach Rom gehen wolte/ kam daselbst auch an der junge Printz Parmenio, deß Antonio Sohn/ welcher sich sehr praͤchtig hielte/ aber deß Agostino Sohn nennete sich allwege Pardo, und gab sich vor einen Grafen von Policastro auß/ welches ihm sein Herꝛ Vatter gerathen/ welcher noch nicht wuste/ ob er auch wuͤrcklich und gnugsam bey dem Koͤnig sey außgesoͤhnet worden. Pardo und Parmenio kannten einander anderst nicht/ als dem Namen nach/ jedoch war ein grosser Haß bey dem Parmenio auf den Pardo, weil er wu- ste/ daß sein Vatter/ der Graf von Policastro, dem Agostino wider seinen Vatter beygestanden hatte/ dannenhero trachtete er darnach/ wie er ihn in das Netz locken moͤchte. Hielte sich demnach sehr freund- lich zu ihm/ als ein Bruder zu dem andern/ und noͤ- thigte ihn/ bevor er nach Rom raͤysete/ eine Lust-Raͤyse nach Rossano mit ihm zu thun/ so wolle er von seiner Mutter und Schwester daselbst Abschied nehmen/ und ihn nach Rom begleiten/ allermassen er nichts mehr/ wie er vorgab/ wuͤnschete/ als in seiner angeneh- men Gesellschafft staͤts zu verharren. Condado, oder viclmehr Pardo, ließ ihm dieses gefallen/ also giengen sie mit einander nach Rossano, und ob gleich dieser sei- nem Vatter vorhero nichts darvon geschrieben/ hoffe- te er dannoch/ es werde ihm deßfalls keine Gefahr zu- wachsen koͤñen/ weil man in seiner Person wurde irren. Wie sie nun zu Rossano anlangeten/ ward Pardo zum Willkomm freundlich empfangen/ aber/ als deß Par- menio Mutter ihn erblickete/ ward sie Feuer-roth unter den Augen/ und sprach zu ihrem Sohn: Schaffet mir diesen unangenehmen Gast alsobald vor Romans I. Buch. vor meinen Augen weg/ dieses Menschen Vatter ist die groͤsseste Ursach an eures Herꝛn Vatters Tod/ als der den Agostino am allermeisten dahin angefri- schet/ daß er sich mit ihm keines Weges vertragen sol- te. Parmenio sagte: Jch meyne es auch also/ Frau Mutter/ ich wil ihn alsobald in ein finster Gemach sperren lassen/ und sehen/ was ich weiter mit ihm fuͤr- nehmen moͤge. Gleich darauf kamen viel bewaffnete Maͤnner herzu/ und nahmen ihm das Gewoͤhr ab/ und fuͤhreten ihn in ein Zimmer/ das nur mit gar we- nigem Liecht der Sonnen beschienen ward/ er selber aber/ Parmenio, ritte zu seinen fuͤrnehmsten Freun- den/ um sich zu berathschlagen/ was man mit diesem Gefangenen weiter beginnen solte/ da inzwischen sei- ne Mutter fuͤr Zorn Bett-laͤgerig ward. Pardo hatte nunmehro Zeit gnug/ sein Ungluͤck zu beweinen/ und seine Leichtglaubigkeit zu verfluchen/ dann er versicherte sich eines schmaͤhlichen Todes/ wuͤnschete demnach nichts mehr/ als einen Botten an seinen Herꝛn Vatter senden zu koͤnnen/ aber/ es war ihm alle Corresponden tz benommen. Am fol- genden Tag kam eine Dame in einem schwartzen Kleid zu ihm herein getretten/ welche sich zu ihm setzete/ und mit thraͤnenden Augen sagete: Ach mein werthester Graf Pardo, wie kommet ihr zu diesem Ungluͤck! Pardo sprach jetzo: Wer ist/ der mich in meinem Jam- mer troͤstet? Jch bin eure getreue Melicerta, sprach Jene/ und seyd versichert/ dafern euch etwas Ungluͤck- liches von dem Printzen Parmenio, der mein Ver- wandter ist/ begegnet/ wil ich ihm einen Dolch in das Hertz stossen/ und hernach/ um euretwillen/ gar gerne eines schmaͤhlichen Todes sterben. Pardo schaͤtzete sich gluͤckseelig/ daß er in diesem seinem grossen Un- gluͤck annoch einen getreuen Menschen fand/ er nahm C c 4 ihm Deß Academi schen ihm vor/ sich zu erkeñen zu geben/ hielte es doch besser/ wann er es nicht thaͤte/ verband sich demnach ehelich mit dieser jungen Graͤfin/ dafern sie ihm zu seiner Er- ledigung wuͤrde helffen/ und schaͤtzete seine verlohrne Freyheit wol angeleget zu haben/ wann er dardurch das Leben erwuchern koͤnte. Hierauf kuͤsseten sie ein- ander/ und die Melicerta tratt wieder von ihm. Am folgenden Morgen kam Parmenio mit etlichen guten Freunden/ und Pardo wartete mit Verlangen/ was darauf mit ihm werden wuͤrde. Zwo Stunden vor Abend tratt Parmenio selber zu ihm ins Gefaͤngnuͤß/ und saate: Jch habe mich besonnen/ Herꝛ Graf/ eure Qualit aͤten verdienen von der Welt angebettet zu werden/ darum beschwoͤre ich euch/ im Namen der jenigen Person/ die euch am allerliebsten/ daß ihr mir dieses Verfahren zu gut haltet/ und euch nicht an mir raͤchen wollet. Hierauf umfieng er ihn/ und fuͤhrete ihn selber herauß/ jedoch mit dem Beding/ daß er sich alsobald auß den Rossani schen Graͤntzen erheben/ und mit keinem von den Leuten dieses Schlosses ein einzi- ges Wort wechseln solte/ welchem Pardo gar willig nachlebete/ und gerades Weges wieder auf Neapolis zu eylete/ auch seinem Herꝛn Vatter nichts schriebe von allem/ das ihm in diesen Tagen zu Rossano von dem Parmenio widerfahren waͤre. Drey oder vier Tage hernach kam Troll/ den er in Neapolis vorhin zum Diener angenommen hatte/ wieder zu ihm/ dann er hatte ihn bey seinem Abzug zu Rossano gelassen/ um von ferne zu sehen/ was daselbst passiren moͤchte/ dieser erzehlete/ daß ein Fraͤulein auß dem Schloß sich verlohren/ daß man nicht wisse/ wo- hin sie kommen sey/ und deßwegen waͤre Jedermann in Ruhr. Uber diese Zeitung machte ihm Condado seltzame Explicationes, er gedachte wol/ daß man es der Romans I. Buch. der Melicerta uͤbel gedeutet/ daß sie sich in den Pardo verliebet/ weßwegen sie auch hernach in Ungnade den Hof haͤtte quitti ren muͤssen. Er dachte dem Ding lange Zeit nach/ und resolvi rte sich endlich/ in seiner Betruͤbnuͤß eine weitlaͤufftige Raͤyse zu wagen/ um zu sehen/ ob er seine Melancholie dardurch verringern/ oder seine Melicerta unter Weges außfinden koͤnte. Zu dem Ende setzte er sich zu Pferd/ und gieng nach Rom/ und als er sich ein halb Jahr daselbst aufgehal- ten/ raͤysete er weiter auf Florentz/ und von dannen auf Boulogne, woselbst er etliche Wochen hernach den Parmenio antraff/ der sich um der freyen Kuͤnsten wil- len dahin erhoben hatte. Anfangs lebeten sie in guter Vertraͤulichkeit/ aber endlich begunte sich ein inner- licher Haß herfuͤr zu thun/ bey Parmenio zwar/ weil deß Pardo (darfuͤr hielte er ihn allemahl/) Vatter die einzige Ursach an seines Vatters und Schwester Tod war/ der andere aber/ weil er wuste/ daß Parmenio die Heyrath zwischen ihm und der Graͤfin Melicerta auß allen Kraͤfften zu stoͤhren bemuͤhet war. Solchem nach kam es endlich dahin/ daß sie an einander gerie- then/ und sich endlich zum Duell außforderten/ darinn Parmenio das Ungluͤck hatte/ daß er von seinem Wi- derparth eine toͤdtliche Wunde bekam/ die ihn also- bald darnieder warff/ dannenhero setzete sich Condado auf ein Pferd/ gab seinem Diener/ der das Geld fuͤh- rete/ einen Winck/ wohin er ihm folgen solte/ und gieng hoͤher nach dem Po -Fluß hinauf/ wie es ihm aber seithero ergangen/ und was er hernach fuͤr Eben- theuren gehabt/ solches haben wir schon angehoͤret/ wie es auch hinfuͤhro mit ihm ablauffen werde/ dar- von soll dem Leser ein gnugsamer Bericht erstattet werden. Den Einhalt von dieser Historie erzehlete Condado auf Ersuchen der Compagnie. C c 5 Das Deß Academi schen Das XXXV . Capitul/ Exempel unverschaͤmter und Disputi r-suͤchtigen Menschen/ die aber mit Schimpff und Spott von einem Christlichen Lehrer abge- wiesen und widerleget werden. V Or sothane Muͤhwaltung sagete ihm der Po- destà hertzlichen Danck/ und als darauf die Tafel abgenommen ward/ nahmen sie unter freundlicher Dancksagung hoͤflichen Abschied/ und giengen ihres Weges. Auf der Strassen vernahmen sie bald/ daß eine Disputation in einem Collegio fuͤr- gieng/ dahero erhuben sie sich dahin/ und hoͤreten ein wenig zu/ funden aber die Materie, woruͤber man di- sputi rte/ von keiner sonderlichen Importan tz/ deßwe- gen giengen sie vor der Stadt ein wenig spatzieren/ und discurri rten von der verspuͤrten grossen Disputi r- sucht deß Respondent en in der angehoͤrten Disputa- tion, worvon ihnen etliche von den uͤbrigen Zuhoͤrern viel zu erzehlen wusten. Um die Zeit in etwas zu kuͤrtzen/ ließ sich Klin- genfeld durch Gelegenheit dieses unverschaͤmten Di- sputant en in folgenden Discurs herauß: Die Jenigen/ so sich mit andern in eine Disputation einlassen wol- len/ haben neben andern Stuͤcken diese folgende von- noͤthen: Erstlich/ daß sie nicht auß Un-Chriftlichem Ehrgeitz oder Hadersucht/ sondern auß Liebe der Warheit solchen Meynungs-Kampff eintretten. 2. Ein Gemuͤth mit sich bringen/ daß eben so demuͤ- thig sey/ sich unterweisen zu lassen/ als willig zu unter- weisen. 3. Jhren Gegen-Streiter mit Gedult und Sanfftmuth fein anhoͤren/ denselben bescheidentlich/ wo es vonnoͤthen scheinet/ widerlegen/ nicht hoͤhnisch halten/ noch den Grobianum spielen/ als wordurch sie ihn nur von ihrer Meynung desto weiter abziehen/ je verhasseter ihm ihre grobe toͤlpische Un-Art dardurch wird. Dann solches koͤnnen auch die Spitz-Buben/ und Romans I. Buch. und geschiehet bißweilen auch wol in unserm Lande von Leuten/ denen solche Ungehaltenheit am Aller- schaͤndlichsten anstehet/ zumahl/ wañ sie Geistlich sind/ und solche Personen/ von welchen man Christliche Sanfstmuth/ Moderation und Bescheidenheit/ nicht Satyrische Stichel-Reden/ Schmaͤh-Worte und Verleumdungen zu erwarten haͤtte/ wiewol ein Ver- staͤndiger dergleichen stoltze Phantasten und grobe Klugduͤnckler/ nicht anders/ als einen schreyenden Esel betrachtet/ sie keiner Antwort werth achtet/ son- dern in ihrer thoͤrichten Einbildung immerhin stecken laͤsset/ wol versichert/ daß sie bey vernuͤnfftigen und moderat en Leuten wenig Ehre damit einlegen/ und nur ihre eigene Schande durch boßhaffte Laͤsterun- gen an Tag geben. Dann an solchen Federn lernet man den Vogel kennen/ wessen Geschlecht er sey/ ob ein sittsames Gemuͤth oder Toͤlpel in ihm vergraben/ ober eine Taube oder ein Rab/ deß guten oder boͤsen verleumderischen Geistes Kind sey. Offt entbloͤden sich solche bittere Spott-Voͤgel/ ihre grobe Toͤlpeley und Laͤstersucht mit etlichen uͤbelgedeuteten Exem- peln und Spruͤchen H. Schrifft/ die bißweilen um GOttes Ehre/ einen Gottseeligen Eyfer blitzen las- sen/ zu beschoͤnen/ moͤgen aber dem allsehenden GOtt keine Bruͤllen damit verkauffen/ aͤffen und taͤuschen sich nur selbst/ und laden zweyfachen Zorn auf sich/ indem sie zu ihrer schaͤndlichen Verleumdung auch noch den verdammten Mißbrauch Goͤttliches Na- mens/ oder heiliger Exempel setzen/ und gleichsam einen Ring auf den Raben-Stein werffen. Ein solcher grober Disputator war der Tyrann Basilowitz/ der mit den Evangelischen Pfarꝛ-Her- ren sich gern in Glaubens-Sachen unterredete/ oder eigentlicher geredet/ sie nur schmaͤhete und laͤsterte/ und den Schluß zuweilen selbst mit der Knut-Peit- schen Deß Academi schen schen formi rte/ als wie zu Kokenhausen in Lieffland geschehen/ da er sich mit einem Lutherischen Prediger in ein Gespraͤch vom Glauben begeben/ und densel- ben um seine Bekanntnuͤß gefraget; Aber als der Priester geantwortet/ er lehre/ was der Apostel Pau- lus und Lutherus gelehret/ ihn mit der Knut-Peit- schen abgefertiget/ einen Streich uͤber den Kopff ge- geben/ und mit diesen Worten fortgeschicket: Gehe/ Huren-Sohn/ fuͤr den Teuffel/ samt Paul und Lu- ther. Sonst war er nicht stumpff-hirnig/ sondern ver- schmitzt genug/ eine Schluß-Rede zu setzen/ und ziem- lich-scheinbare Folgerungen zu machen/ vermengete und schaͤndete sie aber mit allerhand Schelt- und Schmaͤh Worten. Massen solches auß der beydes muͤnd- und schrifftlichen Disputation, so er A. 1570. gehalten mit einem gelehrten Reformir ten/ Johannes Rohita genannt/ in Gegenwart der Pohlnischen Le- gat en/ Koͤnig Sigismundi, gnugsam erscheinet. Dar- iñ er gewißlich besagtem Reformi rten Prediger ziem- lich aufzuloͤsen gibt/ und sonderlich die Beybehal- tung heiliger Gemaͤhlten kraͤfftig schuͤtzet; Wiewol in etwas zu weit gehet/ und/ nach der Griechen Weise/ die fast aberglaͤubische Verehrung derselben damit befestigen wil. Aber die Schmaͤh-Hitze seiner Zun- gen hat alles besudelt/ als wann er den Rohitam mit diesen rauhen und groben Worten anfaͤhret: Etenim cum sis Canis, \& Crucis Christi hostis, nolo tecum multis agere. Dann/ weil du nur ein Hund/ und Feind deß Creutzes Christi bist/ mag ich nicht viel Weit- laͤufftigkeit mit dir machen. Und bald darauf: Ea vo- bis tradidit Lutherus, cætera mentiris. Das hat euch Luther gelehret/ und das uͤbrige leugst du in deinen Halß. Anderswo/ nemlich im 12. Hauptstuck selbi- ger Conferen tz/ oder Disputation, laͤsset er diese schoͤne Perlen Romans I. Buch. Perlen blincken: Præter hæc autem, plura ibi ex Ar- canis Literarum S. proferre possem, quibus tu Onager non crederes: Ut qui non aliter, quàm surda aspis aures obturans suas, vocem veritatis à monitore ac- cipis. Zu Teutsch: Jch koͤnte uͤber das noch mehr auß den Geheimnuͤssen H. Schrifft herfuͤrbringen/ denen du wilder Wald-Esel doch nicht wuͤrdest Glauben zu stellen; Sintemahl du die Stimme der Warheit von dem Ermahnenden eben so annimmst/ als wie ei- ne taube Otter/ die ihre Ohren verstopffet. Solcher Kleinodien der Hoͤfflichkeit findet man hin und wie- der in benamster Disputation noch mehr/ die Johan- nes Lasicius, in seiner Theologia Moscovitica auß der Russischen in die Lateinische Sprache versetzet/ und desto freymuͤthiger widerleget hat/ je weniger ihn deß Basilii Knut-Peitschen erreichen koͤnnen. Ferner muß derselbe/ welcher im Disputi ren kei- nen Schimpff einlegen/ oder gar zu bald den kuͤrtzern ziehen wil/ den Stand der Frage wol b e obachten/ und die Saͤtze der Schluß-Kunst verstehen; Wie- wol mancher von Natur so scharffsinnig ist/ daß er nicht allein selbst subtil fragen und folgern/ sondern auch antworten/ und aufloͤsen kan. Jedoch bringet gemeiniglich derselbe/ welcher mit der Kunst versehen ist/ den Sieg darvon/ dafern ihn nicht die Augen- scheinlichkeit der Sachen darnieder leget. Dieses letzten Stucks/ nemlich der Kunst ver- nuͤnfftig Zufolgern und Schliessen/ seynd die Japa- ner/ Sineser/ und andere Orientali sche Voͤlcker/ un- erfahren/ obgleich sonst theils andere/ sonderlich die Natur-Stern- und Sitten-Lehren ihnen nicht un- bekandt; Weßwegen ihre Bonzier/ oder geistliche Professores, und heydnische Priester desto leichter ein- buͤssen/ wann sie mit den Patribus Jesuitis zu streiten kom- Deß Academi schen kommen/ und offt von ihren eigenen Gelehrten dar- uͤber verlachet werden. Von den Sinesern erzehlet Trigautius etliche Exempel/ P. Bartolus aber/ von den Conchinesern (oder Cauchinesern/ wie etliche es auß sprechen/) und Tunchinesern. Jn Cocincina unter- wieß um das Jahr der allerheilsamsten Geburt 1621. neben andern/ der Jesuit, P. Buzomius, die Heyden deß Orts im Christlichen Glauben/ und bemuͤhete sich/ als ein treuer Arbeiter in dem Weinberge deß HErꝛn/ eyferig den Namen Christi/ in der Landschafft Pulocambis außzubreiten. Welches dann nicht wenig befoͤrdert worden/ durch den Zutritt etlicher ansehn- licher/ gelehrter/ und ihrer vermeyneten Heiligkeit halben hochberuͤhmter Heyden/ deren etliche auch der Goͤtzen Priester waren/ und also vielen andern ein Exempel der Nachfolge zum Christenthum wurden. Unter dieser gluͤckseeligen Zahl befand sich einer/ wel- chen man Saisuen/ das ist/ den guten Priester/ nannte/ der hatte schon 20. Jahr in lediger Keusch- heit und williger Armuth gelebet/ in allerhand Truͤb- sahl/ in Hunger und Durst/ in Schmach und Beley- digung/ eine freudige Gedult leuchten lassen. Welche Tugenden ihm zwar/ als einem Unglaubigen/ zur Seeligkeit nichts nutzten/ und nur ein Schatten viel- mehr/ weder der rechte Glantz Geistlicher Leibes- und Gemuͤths-Zucht waren; Aber doch gleichwol ein sol- cher Schatten/ welchen man billich an einem Heyden verwunderte. Er faste aber die Predigt deß Evangelii so geschwind/ daß man wol spuͤhrete/ ihn haͤtte nichts anders beweget/ den Goͤtzen zu dienen/ als/ daß er/ von dem wahren GOTT bißhero nichts gewust. Dann/ so bald er Buzomium hoͤrete/ erstaunete er fuͤr Freuden uͤber die Herꝛlichkeit solcher Goͤttlichen/ Gnaden-reichen/ und seelig-machenden Lehre/ neigete nicht Romans I. Buch. nicht nur die Ohren/ sondern zugleich sein gantzes Hertz zu derselben/ und merckete so fleissig/ so begier- lich auf/ als ob es lauter Rubinen und Perlen waͤren/ so dem Buzomio auß dem Munde fielen/ massen dann Christus das Himmelreich einer koͤstlichen Perle auch vergleichet. Nachdem er nun sattsamen Unter- richt eingenommen von der wahren Erkaͤnntnuͤß GOttes/ von der ewigen Seeligkeit/ und der Erloͤ- sung/ so durch JEsum Christum geschehen/ ist er in dem Lebens-Brunnen gereiniget/ und dem HErꝛn Christo neu gebohren worden. Hieruͤber setzte es unter seinen vorigen Unglau- bens-Genossen mancherley Reden und Urtheile. Et- liche/ und zwar die Liederlichsten/ sagten/ er waͤre in Aberwitz gerathen/ wie dann die Predigt deß Creutzes der unerleuchteten Vernunfft gemeinlich eine Thor- heit ist; Kluge und weise Leute aber betrachteten es besser/ und urtheileten/ es muͤste gewißlich die Christ- liche Lehre viel Gutes/ und keinen schlechten Grund haben/ nach dem mahl gleichwol ein solcher Haupt- verstaͤndiger Mann/ der dieselbe gruͤndlich durchge- forschet/ keinen Widerstand mehr bey sich befunden haͤtte/ ihrenthalben die Seinige zu verwerffen; Tru- gen also kein Bedencken/ seine Fußstapffen einzutret- ten/ und der Christlichen Warheit gleichfalls beyzu- pflichten. Hingegen widersetzete sich ein anderer/ mit Na- men Tubin, desto haͤrter und verstockter/ je verkleiner- licher es seiner stoltzen Einbildung dauchte/ daß er ein so spitzfuͤndiger/ Wunder-gelehrter und beredter Mann/ ein Außzug und kurtzer Begriff so vieler Wis- senschafften/ ein Ruhm und allgemeines Oracul der gantzen Provintz Pulocambis, von einem andern sich noch erst solte meistern lassen/ und der Jenige lernen/ der Deß Academi schen der zu lehren gewohnet; Das A. B. C. in dem Ver- staͤndnuͤß der Lehre von GOtt allererst studi ren/ dariñ er schon mehr/ als Doctor, zu seyn vermeynete. Nun war es nicht ohn/ daß er in seinem Geschlechte einer der Allergelehrtesten Ungelehrten/ und Allerweisesten Unweisen/ auch deßwegen uͤberal in hoher Achtbar- keit. Er philosophi rte gar scharffsinnig/ der Athem seines Mundes/ oder suͤssen Geschwaͤtzes/ bewegete die Gemuͤther der Zuhoͤrer/ wie der West das Laub und die Blumen/ daher alle Zuhoͤrer ihn ehreten/ als ein Miracul, seinen Verstand fuͤr eine Tafel achteten/ dar- an die Natur ihren letzten und vollkommesten Strich gethan/ und in seinen Vollkommenheiten ihr selbsten das Ziel gesetzet haͤtte. Weil dann dieser Tubin in sei- nen Augen so groß/ und fast uͤber aller Menschen Ver- stand erhoͤhet war/ meynete er/ sein grosser Name koͤn- te durch anders nichts mehr zunehmen/ ohne allein hierdurch/ daß Maͤnniglichen in der That kund wur- de/ wie unermaͤßlich-weit er dem Buzomo, und allen Europæi schen Gelehrten/ in der Weißheit/ Kunst und Wissenschafft vorgienge. Anfangs zwar schaͤtzete er sich zu hoch/ mit einem fremden Außlaͤnder/ der noch wenig bekandt/ oder beruͤhmt/ einen Discurs zu wech- seln/ und seine Person so gemein zu machen. Als aber Buzomii Name und Lehre von Tage zu Tage beruͤhm- ter ward/ raͤumete er solchen eyteln Verzug/ vermit- telst einer andern Eytelkeit/ hinweg/ foderte Buzo- mium auß/ bestimmete ihm Zeit und Ort zum Streit/ dessen Sieges-Lohn hierinn bestehen solte/ daß deß Uberwinders Wissenschafft und Religion fuͤr die Groͤsseste und Beste geachtet wuͤrde. Buzomius ließ dieses so willig und begierlich zu/ als wie ein Fisch/ daß man ihn auß der Cistern/ oder Kaͤsten/ in einen Strohm setzet; Oder/ wie ein tapffe- rer Romans I. Buch. rer Ritters-Mann dem Jenigen/ der ihn fordert/ mit freudigem und unverzagtem Muth im Feld erschei- net/ und zu erkennen verlanget/ ob die Faust deß For- derers auch mit den frischen Worten uͤbereintreffe. Der Professor Tubin zog auf/ mit einer Begleitung von 200. Discipel n/ und einer mehr aufgeblasenen/ als ernsthafften oder Gravit aͤtischen Einbildung. Bu- zomius stellete sich auch auf den Kampff-Platz/ aber allein/ und ohne einigen Beystand/ als der Warheit/ und Schluß-richtigen Vernunfft/ von welchen Bey- den sein Gegner sehr weit irre gieng. Es waren die Fuͤrnehmste unter den Gelehrten/ und uͤber das eine unzehlige Menge Volcks zugegen/ voller Begierde zu hoͤren/ werden Preiß darvon tragen/ und den Platz behalten wuͤrde. Welche Begierde auch eine fuͤrneh- me Matron, deß verstorbenen Gubernator s selbiger Provintz Schwester/ dieser grossen Versam̃lung ein- mischete/ als die in ihrem aberglaubischen Goͤtzen- Dienst fuͤr Eyfer wie ein Back-Ofen gluͤhete/ und von ihrem Lehrer Tubin, den sie zum hoͤchsten respecti r- te/ ihr anders nichts/ dann lauter Palm-Zweige/ ein- bildete. Herꝛ Tubinus tritt auf/ mit grosser Zuver- sicht und stoltzer Versicherung/ mit seinem Wider- sacher bald fertig zu seyn/ unwissend/ was fuͤr einen Mann er vor sich haͤtte/ und was hinter demselben steckte/ nemlich/ daß derselbe von der Theologi schen Catheder noch aller warm/ und gleichsam gluͤhend/ in Concincina gekom̃en waͤre. Der erste Angriff gescha- he vom Tubino, in dem er weiß nicht was fuͤr falsche Grund-Saͤtze von GOtt vorn an den Streit stellete/ Willens/ seine seltzame abgoͤttische Grillen und aben- theuerliche Meynungen von den Goͤttern darauf vest zu stellen/ und solches ohne foͤrmlichen Beweiß/ oder buͤndige Schliessung/ sintemahlen er/ und andere D d Goͤtzen- Deß Academi schen Goͤtzen-Lehrer der Orientali schen Laͤnder/ die Dialecti- cam gar nicht kennen. Hingegen maß Buzomius alle seine Beweißthuͤ- mer nach der Vernunfft-schluͤssigen Richtschnur/ ließ ihn nicht also ungezaͤumet herum schweiffen/ sondern stellete alles in behoͤrige Form/ daß der Betrug seines Geschwaͤtzes leichtlich entdecket/ und er offt gezwun- gen ward/ in sein eigen Schwerdt zu fallen/ das ist/ sol- che Sachen zu reden/ die wider sich selbst stritten/ bald ein Ding zu bejahen/ bald wiederum zu verneinen. Er fand sich in allem gefangen und bestrickt/ was er auch immermehr waͤhlete/ und wuste dem endlichen Hertz-Stoß/ welchen ihm die Vernunfft-Spitze sei- nes Gegen-Streiters von allen Seiten draͤuete/ an- ders nicht/ ohn durch ein schimpffliches Stillschwei- gen/ zu entgehen. Hieruͤber begunten seine Lehr-Jun- gen mit zusammen gestossenen Koͤpffen erstlich unter einander zu murren/ bald aber darauf mit lauten Stimmen ihm zuzuruffen/ er solte doch antworten. Aber er trug nunmehr die Zunge im Bande der Ver- wirrung und Unwissenheit/ die Schamroͤthe uͤberlieff ihm sein gantzes Antlitz/ mahlete den Anschauern sei- nen Sinn und Wunsch kaͤndtlich gnugsam vor/ daß ihm nemlich die Erde ihren Rachen bieten/ und/ samt dem Leib/ seine Schande verschlingen moͤchte. Weil er dann so gar verstummete/ und kein Woͤrtlein mehr auß ihm zu bringen war/ ward die Disputation endlich aufgehoben/ durch ein spoͤttisches Geschrey/ und Ge- laͤchter der Zuhoͤrer/ welche billig daruͤber lachten/ daß dieser hoch-trabender Aufschneider so kahl darvon kam/ und nachdem er mit 200. Personen auf die Wahlstatt angelanget/ jetzo allein nur wieder heim gieng/ mit staͤts niedergebucktem Haupt/ das fuͤr Schande seine Augen nicht aufheben durffte. Einen solchen Romans I. Buch. solchen Abzug nimmt gemeiniglich die aufgeblasene Einbildung/ und eytele Ruhmraͤthigkeit/ wann ihr ei- ne wol-gegruͤndete Resolution im Feld begegnet. Dem Buzomio wuͤnschete hingegen Jedermann Gluͤck zur Victorie, und gab ihm eine grosse Menge/ zu wuͤrcklicher Bezeugung ihrer Gunst/ das Geleit nach Hauß. Ja/ es begaben sich auch ihrer viele in sei- ne Unterweisung/ und tratten zu der Religion, die er bekannte und lehrete. Unter diesen war einer von deß Tubin s fuͤrnehmsten Diseipel n/ ein trefflicher Kopff/ dessen Geschicklichkeit die andere nicht besser zu ver- gleichen wusten/ als mit der Scharffsinnigkeit seines vorigen Lehrmeisters. Fuͤrwahr/ eine edle Beute! wo- mit Buzomius hoͤher bereichert worden/ als wann er alle Schaͤtze deß Orient s haͤtte erobert. Dann/ eine Seele gewinnen/ ist mehr/ als viel tausend Millionen Goldes erbeuten/ wie viel mehr dann/ wann ihrer so viel Seelen auf einmahl einem guten Streiter JE- su Christi von oben zur Beute gegeben werden? Als Klingenfeld seine Rede hiermit beschlossen hatte/ wolte Cavina zeigen/ daß er gleicher Gestalt von ldiot en und aufgeblasenen Disputant en/ die doch nichts im Rest haͤtten/ nicht das Geringste hielte. Wer der Hoffarth/ sprach er demnach/ ihre Herberge suchet/ der forsche nur nach dem Quartier der Unwissenheit/ da kan er sie bey einander antreffen. Selten wird man einen Narren von stoltzen Einfaͤllen leer finden/ und diese Plage drucket manchen eigen-sinnigen Gelehr- ten/ der von den Blehungen seines Wissens so grosse Noth leydet/ daß er fuͤr lauter Weißheit bersten moͤchte/ andere nur Idiot en/ und Fratres Ignorantiæ. unerfahrne albere Tropffen achtet/ von denen er viel- leicht noch wol eines und anders lernen koͤnte/ wann es sein Duͤnckel-Witz nicht verhinderte. Solche hof- D d 2 faͤrtige Deß Academi schen faͤrtige Gecken wollen kurtzum Recht/ und das letzte Wort haben/ wissen 10. Worte gegen eines zu setzen/ und beweisen/ daß es wahr sey/ was Jener sagte: Ni- hil est invictius indoctâ garrulitate. Nichts ist un- uͤberwindlicher/ als die ungelehrte Plauderey. Stel- let man ihnen ihre Eytelkeit dann ein wenig vor Au- gen/ so bestehet der Lohn in Satyri schen Stacheln/ Schimpff- und Laͤster-Worten/ also/ daß der Jenige/ welcher diß Pech angreiffet/ selten unbesudelt darvon kommt. Das Muster wil ich abermahl von den Heyd- nischen Bonziern/ doch nicht in Cochinchina, sondern Tunchin, nehmen/ und noch eins den geneigten Hoͤrer zur Disputation einladen. Als der Jesuit/ Alexander von Rhodes, in bedeu- tetem Koͤnigreich Tunchin, von Edlen und Gelehr- ten einen ziemlichen Zulauff bekam/ beneydeten ihn die Bonzier deßwegen aufs aͤusserste/ in Sorge/ ih- rem Geitz-Wanst moͤchte hierdurch die gewoͤhnliche Fuͤlle abgehen/ ja/ ihr so ansehnlicher Orden gar dar- uͤber zu Boden sincken. Solchem uͤbel vorzukommen/ und diß lauffende Feuer der Christl. Lehre zu daͤmpf- fen/ ward in ihrer Versammlung dieser Rathschluß gefasset/ man muͤste die Lehre dieser Europæi schen Priester nur weidlich durchhecheln/ und verspotten/ den Jesuiten in einer Volck-reichen Disputation das Maul stopffen/ und sie so schimpfflich halten/ daß sie fuͤr Scham entweder darvon giengen/ oder still- schwiegen. Solche stoltze Vermessenheit nahm ihren Ursprung von einem alten Greisen unter ihnen/ der sich von allerley Heydnischen Wissenschafften und Fabeln so voll hatte gesogen/ daß er uͤberlieff/ und Lufft suchte/ wie ein Faß/ so mit frischem Most gefuͤllet/ und viel Buͤcher von seinem Fabelwerck zusammen trug. Diesen Hoch-Ehrwuͤrdigen Fabel-Hansen ersuchte man/ Romans I. Buch. man/ mit vielfaͤltiger Bitte/ er moͤchte den Jesuiten diese Ehre nicht mißgoͤnnen/ daß sie durch ihn/ einen solchen Stern der Geschickligkeit/ uͤberwunden/ oder vielmehr erleuchtet wuͤrden. Und damit er desto groͤs- sere Ehre darvon haͤtte/ wurden unzaͤhlich viel Leute darzu eingeladen/ die sich auch haͤuffig einstelleten. Man fertigte etliche Personen ab an die Jesuiten/ und laͤsset ihnen andeuten/ daß man sie in ihrem Hauß/ oder Collegio, besuchen/ und ein Gaͤnglein mit ihnen halten wolle/ um zu erfahren/ ob sie rechtmaͤssige Ursach haͤtten/ die Bonzier deß Jrꝛthums halber an- ruͤchtig zu machen/ und dem Gesetze der Christen allein die Warheit zuzuschreiben. Besagter alter hochmuͤ- thiger Bonze ward zum Feld-Herꝛn dieses Streits unter ihnen erkoren/ als ein alter Kriegs-Mann/ oder Fechter/ der schon manchen Discipel im Disputi ren/ (oder vielmehr Plaudern/) hatte abgefuͤhret/ und in dieser Kunst/ ihrer Meynung nach/ ein gewaltiger Meister war/ welcher Zweiffels ohne noch etliche ge- heime Striche fuͤr sich behalten. Er trauete zwar sei- ner fertigen und wol-geloͤseten Zungen annoch nicht weniger/ als seinem spitzfuͤndigen Kopff/ gleichwol wolte er/ in Betrachtung seines Alters/ die Gedaͤcht- nuͤß gnugsam versichern/ und secundi ren/ setzete dero- wegen schrifftlich etwas auf/ und versahe sich/ auf al- len Fall/ mit einer weitlaͤufftigen Verzeichnuͤß/ dariñ viel Laͤster-Worte wider den Drey-Einigen GOtt/ wider das Gesetz Christi/ und wider die Patres, zu- sammen geschmieret waren. Mit dieser saubern Zu- ruͤstung begab er sichan bestim̃tem Tag nach dem Je- suiter-Hauß/ woselbst seiner/ und seiner anhaͤngigen Rotte/ die Patres, nebenst etlich-wenigen Christen/ erwarteten/ mit grossem Verlangen/ was dieser so hoch-aufgeschwollener und greisender Goͤtzen-Huͤgel D d 3 doch Deß Academi schen doch fuͤr ungeheure Elephanten/ oder Spitz-Maͤuse/ wuͤrde außschuͤtten. Nachdem er sich an einem/ und P. Rhod, gegen ihm uͤber/ am andern Tisch gesetzet/ tratt/ auf seinen gegebenen Winck/ einer seines Anhangs herfuͤr ins Mittel mit einem Sack/ loͤsete denselben gar ehrer- bietig auf/ und schuͤttelte einen grossen Buͤndel von alten Brieffen und Schrifften vor seine Ehrenwuͤrde/ dem alten Herꝛn Bonzen/ auf den Tisch/ welche er selbst stillschweigends von einander that/ und Jedes insonderheit durchblaͤtterte/ als lauter Urkunden/ Ge- daͤchtnuͤssen/ Beweißthuͤmer seiner Lehre/ und lang- Jaͤhrigen Profession, womit sich die nebenstehende Heyden trefflich kitzelten/ und gewaltig-groß duͤnck- ten; Als wie manche stoltze Soldaten/ mit alten zer- rissenen Fahnen und Standarten prangen/ der Zu- versicht/ man werde darbey betrachten/ wie vielmahls dieselbe schon geschwungen worden/ wo es scharff zu- gegangen/ und Blut geregnet. P. Rhodes sehend/ daß diese Unverstaͤndige von den alten Schartecken/ und abgoͤttischem Geschmier/ und zusammen geraspeltem Plunder/ so viel Festes machten; Befahl hingegen dem Catechismus- Lehrer/ er solte die Bibel/ und andere Geistliche Kirchen- Buͤcher/ gleichfalls herfuͤr bringen/ welche auß der Massen schoͤn eingebunden waren/ und mit ihren so fein ordentlich-gesetzten kleinen Litter n/ alsobald aller Augen/ auch so gar der Bonzier selbsten/ zur Ver- wunderung und ergoͤtzlichem Anschauen bemuͤssig- ten/ dann die Zier der Buͤcher/ womit die Sineser ge- gen die Europæer nicht aufkommen/ gibt der Orten gleich ein Vor-Urtheil/ oder starckes Vermuthen/ es muͤssen nicht schlechte Sachen darinn enthalten seyn. Jhr Fuͤhrer und Vor-Streiter selbst/ gedachter alter Bonze/ Romans I. Buch. Bonze/ bestuͤrtzete daruͤber etlicher Massen/ und be- harrete in seinem Stillschweigen. Weßwegen P. Rho- des die Person deß Außforderers spielen muste/ und mit seinen Argument en den Goͤtzen-Dienst auf die Hechel zu setzen begunte. Worauf der Alte/ entweder auß Stoltz/ oder listiger Vermeydung deß Kampffs/ hoͤhnisch antwortete: Wer bist du/ daß ich dir die Eh- re einer Antwort geben solte? Und anders kunte man nichts von dem stoltzen Gecken herauß bringen/ als: Jch wuͤrdige dich keiner Antwort/ du bist mir nicht gut gnug/ daß ich mit dir reden solte; Jch mag mir die Unehre nicht anthun/ mich mit dir gemein zu ma- chen/ und dergleichen. Lieber/ (sprach der Pater, ) so fange du an zu re- den/ und trage deine Sache vor/ ich wil schweigen/ und dir aufmercken/ oder schweige du/ und laß mich reden. Dann/ warum seynd wir sonst zusammen kom- men. Achtete also deß Alten seiner schmaͤhlichen Ant- wort nichts/ sondern fuhr fort/ wie er hatte angefan- gen/ die Abgoͤtterey ernstlich zu straffen/ und weitlich herdurch zu ziehen. Der Bonze that ihm hierauf in seine Rede einen Einfall/ langete auch zugleich auß seinem Busen die Laͤster-Schrifft herfuͤr/ welche er/ wie vor gemeldet ist/ zu diesem Ende verfasset hatte/ tratt auf die Zaͤhe/ um sich desto mehr zu erhoͤhen/ und hube an/ mit einer Donner-schallenden Stimme zu reden. Weil aber gleich der erste Anfang laͤsterlich wi- der GOtt war/ schryhe P. Rhodes ihm alsobald starck entgegen/ und verhinderte ihn mit gantzer Gewalt/ sagte/ er haͤtte ihn zu sich in sein Hauß herein gelassen/ als einen Menschen/ der von GOtt etwas zu discurri- ren Willens/ nicht als einen Teuffel/ der mit seiner Laͤster-Zungen die Goͤttliche Majestaͤt angreiffen/ D d 4 und Deß Academi schen und beleydigen solte. Da hutscheten und reitzeten den Alten seine Rott-Gesellen und Lehr-Folger immer an/ er solte sich solche Einrede nicht lassen irre machen/ son- dern fort lesen/ weil sie sahen/ daß dem P. Rhodes hier- durch wehe geschahe. Gegentheils droheten die Chri- sten dem Gottes-Laͤsterer/ wofern er nicht wuͤrde ein- halten/ und duͤrffte der Handel uͤbel seyn abgelauffen/ wann nicht/ zu sonderbarem Gluͤck/ von den geheim- sten und vertrautesten Hof-Dienern deß Koͤnigs ei- ner waͤre ins Hauß gekommen/ fuͤr welchem die Bon- zier sich gescheuet/ und nach einander davon gemacht/ wiewol unter einem gesuchten andern Vorwandt. Diesem nach gaben sie mit einem leisen Gemuͤrmel so viel zu verstehen/ es wuͤrde schon ein anders mahl bes- sere Gelegenheit setzen/ den Christen rechtschaffen die Meynung zu sagen/ und ihnen eines zu versetzen. Solche Gelegenheit haben sie bald darauf selbst her- fuͤr gesuchet/ indem sie zu dem Stadt-Obersten/ oder Koͤnigl. Præsident en deß Orts hingegangen/ bey dem- selben die Christl. Religion und Lehrer mit grausa- men Verleumdungen so verhasset gemacht/ daß der unfuͤrsichtige Mensch hierauf also fort/ und zwar un- eroͤrterter Sachen/ ein Urtheil abgefasset/ darinn er sie verdammete/ solches auch schleunig in allen Gassen offentlich außruffen lassen/ dieses Jnnhalts: Die Pa- tres waͤren boͤse Gottlose Leute/ und ihre Lehre nicht besser/ darum solte hinfuͤhro keiner mehr zu ihnen ins Hauß gehen/ sie auch nicht zu sich in sein Hauß for- dern/ bey hoher Straffe. Allein/ eine von deß Koͤ- nigs Schwestern/ die eine Christin war/ hat solches Edict bald umgestossen/ seinen Diener zu sich vor ih- ren Pallast geruffen/ und ihm eine scharff-gepfefferte Pruͤgel-Suppe gebotten/ dafern er sich geluͤsten lies- se/ die Außruffung noch einst zu wiederholen; Befahl ihm/ Romans I. Buch. ihm/ er solte seinem Herꝛn sagen/ wer ihm die Macht gegeben/ solche Leute von der Gemeinschafft ehrlicher Buͤrger außzuschliessen? Ob er groͤsser waͤre/ als der Koͤnig/ der ihnen solche haͤtte verstattet? Wer ihn ge- lehret/ von einer Lehre zu urtheilen/ darvon er nie- mahls ein Wort gehoͤret/ viel weniger verstuͤnde? Hierauf zoch der Mandarin, oder Stadt- Præsi- dent, die Schnautzen geschwinde ein/ besorgend/ diese hoch-vermoͤgliche Dame duͤrffte ihn in Gefahr brin- gen; Schickte derhalben den Außruffern geschwinde nach/ und ließ sie zuruck entbieten/ auch an denen Or- ten/ da es allbereit außgeschryen war/ unter den Leu- ten außsprengen/ das Verbott sey wiederum abge- than. P. Rhodes stellete sich/ als haͤtte er nichts von dem vernommen/ was fuͤrgelauffen/ verwandelte sei- ne Privat- Unterweisung in eine frey-offentliche/ und predigte taͤglich vor der Kirchen-Thuͤr/ von der ewi- gen Straffe und Belohnung/ so der Mensch nach dem Tod zu gewarten haͤtte/ und wie man einig und allein durch die Gnade deß Heylandes JEsu Christi jener entgehen/ dieser aber theilhafftig werden koͤnte. Das XXXVI . Capitul/ Eine abholde Mißgoͤnner in der armen Schuͤler wird uͤbel ab- gestraffet. Candado und seine Gesellschafft kommen in Action/ darinn sie sich wol halten. E In Jeder von der Gesellschafft muste gestehen/ daß Cavina wol geredet hatte. Jndem sie aber mit einander fortgiengen/ kamen ihnen etliche Knaben in einer sonderlichen seltzamen Kleidung ent- gegen/ und als gefraget ward/ was es fuͤr Kinder waͤ- ren/ bedeutete Cavina, daß es arme Kinder/ denen die Stadt erlaubet haͤtte/ umher zu gehen/ und die Almo- sen zu sammlen/ um darfuͤr zu studi ren. Hiermit zog er einen Groschen auß/ und reichete ihnen denselben hin. D d 5 Der Deß Academi schen Der Printz lobete die Fuͤrsichtigkeit der Stadt Pa- dua, als die auch armer Leute Kindern/ darunter offt herꝛliche Ingenia zu finden/ von den alleredelsten Wissenschafften nicht wolte außgeschlossen haben. Klingenfeld antwortete: Diese Gewonheit gehet in den meisten Orten Teutschlandes im Schwange/ und wolte ich nicht gerne solche Loͤbl. Einsatzung der Alten stoͤren/ muͤste sonst besorgen/ es moͤchte mit ergehen/ als jener Frauen in Daͤnnemarck; Dann/ seit dem Daͤnnemarck den Christl. Glauben angenommen/ ist der Christ-Loͤbl. Brauch daseibst gehalten/ daß man armer Buͤr- ger- oder Land-Leute Kindern/ die sich in die Schulen zum Studi- ren begeben/ erlaubet hat/ ihre Unterhaltungs-Mittel vor den Thuͤren/ durch ein Panem propter DEUM! zu suchen. Wie auch noch heutiges Tages mancher Orten/ so wol in Teutsch- land/ als Daͤnnemarck/ geschicht. Und solchen armen Schuͤlern pflegen Christliche Haͤnde desto lieber einen Pfenning/ oder Stuͤcklein Brodts/ zu reichen/ weil man weiß/ daß auß solchen vielmahls fuͤrtrefflich-gelehrte Leute werden/ die nicht allein Fuͤrsten uñ Herren/ sondern auch/ und zwar zuforderst/ Kirchen und Schulen/ nuͤtzliche Dienste koͤnnen thun. Sie wurden aber nicht ohne Unterscheid in die Schule aufgenommen/ sondern der Schul-Lehrer examini rte sie zuvor/ und probi rte ihr Ingenium, oder natuͤrliche Lehrsamkeit. Fanden sich nur einige mittelmaͤs- sige Zeichen an ihnen/ darauß man eine gute Hoffnung schoͤpf- fen moͤchte/ daß dermahleins wackere Leute duͤrfften auß ihnen werden/ so wurden sie zugelassen/ zum Unterricht in freyen Kuͤn- sten; Widrigen Vermerckens wiese man sie ab/ und reichet ih- nen/ ein gutes Handwerck zu lernen. Damit aber in allen Staͤd- ten deß Koͤnigreichs/ wo es Schulen hatte/ die Buͤrger solche ar- me Schul-Knaben/ vor andern Bettel-Buben/ koͤnten erkennen/ hat man ihnen ein besonders Kleider-Muster machen lassen/ nemlich einen langen Rock/ der die lincke Schulter/ wie auch den gantzen Leib/ vornen und hinten/ bedeckte/ außgesetzt den rechten Arm/ welchen der Knabe muste frey behalten/ um die empfan- gene Almosen darmit in den Sack zu schieben. Jhre Haupt-Decke war ein rundes/ aber Rings umher gedoppeltes Kaͤpplein/ bald von dieser/ bald von jener/ gemein- lich doch schwartzen Farbe; Aber laͤngst dem Racken schleppete ein Schweiff herab/ so viel/ und zwar gar steiffe Falten hatte. Unter solchen Falten stunden auf beyden Seiten ihrer zwo et- was Romans I. Buch. was hoͤher empor/ dann die uͤbrige/ um hierbey diesen Knaben zu bedeuten/ daß bey dem ersten Eintritt deß Christenthums in Daͤnnemarck/ die Daͤhnen 2. mahl wieder umgesattelt/ und vom Glauben zur Abgoͤtterey gewichen; Darum sie ihnen dieses Erinnerungs-Zeichen solten zur Warnung dienen lassen/ die Christliche Lehr-Stuͤcke mit groͤsserm Ernst zu ergreiffen/ und mit gutem Unterricht wider alle Ketzereyen sich eyferig zu ruͤ- ften/ auch den lieben GOtt fleissig anzuruffen/ daß er sie/ und ih- re Nachkommen/ fuͤr dergleichen Seelen-Finsternuͤß gnaͤdiglich wolte behuͤten. Zu diesem Ende war von den Bischoͤffen/ und andern Gottseeligen Kirchen-Lehrern/ solche Kleider-Form erdacht. Aber/ wie leichtlich koͤnnen deß Teufels Werckzeuge/ sichere und Gottlose Menschen/ den Lob-wuͤrdigen Verordnungen der lieben Alten einen Stoß geben/ ja/ dieselbe gar verflossen. Es war zu Koͤnigs Christierni deß Andern Zeiten/ ein Hollaͤndi- sches Weib am Hof/ so mehr bey diesem Tyrannischen Koͤnig galt/ dann der gantze Koͤnigliche Rath/ und seinen Willen der- massen zu ihrem Belieben geneiget fand/ als ob ihre Zunge/ und sein Hertz unaufloͤßlich mit einander verknuͤpffet waͤren. Dann der Koͤnig hatte ihre Tochter/ eine Dirne/ die ein Paar Hertz- zuͤndenter Fackeln an der Stirne trug/ gebuhlet/ wordurch die Mutter seiner Gunst so tieff war eingeniftelt/ daß er auch/ nach Absterbung der Tochter/ sie nicht anders/ als eine Heydnische Sibyll/ oder wackelgebende Wahrsagerin/ hoͤrete. Wie man sie dann auch/ wegen heimlicher Verstaͤndnuͤß mit dem Satan/ verdaͤchtig gehalten. Als diese saubere Mutter bemelte Schuͤler in ihrer be- schriebenen Tracht/ nach der Alten Manier/ also sahe herein ge- hen/ und vor den Thuͤren die Almosen bitten/ schryhe die Vettel/ es waͤren anders nichts/ dann lauter Diebe/ weil sie lange Roͤ- cke truͤgen; Dann das Gestohlene zu bedecken/ und verstecken/ haͤtten sie solche Kleider in Bereitschafft. Hohe Zeit waͤre es/ daß man diese Bettelsuͤchtige junge Lang-Roͤcke auß den Staͤd- ten hinweg jagete/ an die Feld-Arbeit auf den Acker/ und sie zwuͤnge/ ihr Brodt von einem redlichen Angesichts-Schweiß zu suchen/ und wann solches nicht bald geschaͤhe/ wurde die Stadt Coppenhagen/ ehe man es vermeynete/ mit Dieben angefuͤllet werden. Diesen hoͤllischen Verleumdungs-Gifft behielte die Boß- haffte auch nicht lange bey sich allein/ sondern lieff/ als waͤre sie unsin- Deß Academi schen unsiñig worden/ nach dem Schloß zu/ schlug die Haͤnde zusam̃en/ und schuͤttete denselben/ durch ihr heisers rauhes Gepterꝛ/ daselbst gleichfalls auß vor dem Koͤnig/ hoͤrete auch nicht eher auf/ ohne biß sie von demselben erhielte/ daß sich Angesichts alle Schuͤler/ so nicht auf ihren eigenen Kosten studi ren kunten/ solten zur Stadt hinauß machen. Unter diesem armen Haͤufflein waren damahls viel schoͤne Ingenia, die treffliche Gemuͤths-Gaben und treffliche Zeichen leuchten liessen/ die Kirche wuͤrde Heut oder Morgen herꝛliche Liechter an ihnen haben/ oder sonst das gemei- ne Beste merckliche Dienste von ihnen empfangen. Aber der scharffe Befehl deß Tyrannen risse alle solche Hoffnungen/ wie ein gaͤhlinger Sturm-Wind die schwache junge Frucht-Baͤume zerbricht/ zu Grund/ und bließ sie von einander; Sie musten fort/ und etliche auß Noth/ den Bauren dienen/ andere zum Hand- werck greiffen. Aber das alte Rabenvieh bat damit anders nichts/ als die Vergeltungs-Rache ihr bey GOtt außgewuͤrcket. Dann/ nach- dem sie mit diesen und vielen andern verderblichen Anschlaͤgen den Koͤnig bey allen Staͤnden je laͤnger je verhasseter gemacht/ ist derselbe durch sein boͤses Gewissen gedrungen worden/ auß dem Reich zu fliehen. Da er dann/ als ein verblendeter Herꝛ/ der den Grund oder Brunnen seines Verderbens nicht erkennen kunte/ nach Zuruͤstung einer Flotte/ welche ihn und seine Ge- mahlin/ samt den Koͤnigl. Kindern/ in Sicherheit fuͤhren solte/ noch um diese alte Schand-Bestie/ schier mehr/ dann um seine eigene Sicherheit bekuͤmmert war/ wie sie mit gantzer Haut moͤchte darvon gebracht werden. Es war ihr schon einige Zeit zuvor/ ein Vorbott deß gemeinen Hasses begegnet; Dann/ als einsmahls der Koͤnig zum Lager vor die Stadt hinauß geritten/ folgete sie ihm alsofort nach/ und zwar zu Fuß/ in Begleitung einer Magd. Da sie nun eben unter Weges bey dem Armen- Hauß/ oder Spital zu St. Joͤrg/ neben dem See/ der von den Schuͤlern seinen Namen hat/ marschirete/ kamen ein Paar be- zechter Soldaten von der Stadt herauß/ die gleichfalls in das Lager wolten/ und mitten auf dem Weg an sie gelangten. Kaum waren sie ihrer ansichtig worden/ als einer zu dem andern sagte: Schau Camerad/ da haben wir jetzo die alte leichtfertige Vettel vor uns auf dem Feld allein/ die durch ihre boͤse Rathschlaͤge un- fern Koͤnig bißher so schaͤndlich hat verleitet/ sie wird nicht eher aufhoͤren/ die alte Donner-Hex und verfluchte Wettermache- rin/ ohne/ biß sie ihn um Land und Leute gebracht. Wol! ver- setzte Romans I. Buch. setzte sein Spießgenoß/ lasset uns das Diebsvieh erwuͤrgen/ und unsern Koͤnig solcher Gefahr entreissen. Rede und Angriff fol- geten unverweilet auf einander/ sie fielen/ als gantz besoffene Gesellen/ auf sie. Die Magd setzte es auf das Lauffen/ die Frau aber ward erwischt/ zur Erden/ uñ hernach von ihnen in den See geworffen. Hiermit giengen sie fort/ und liessen die alte Wetter- Mutter im Wasser weidlich arbeiten. Zu ihrem Gluͤck erfaͤh- ret der Koͤnig solche ihre Noth bald von den Bauren/ eylet in vollem Galopp nach dem See zu/ und findet seine ehrliche Rath- geberin noch auf dem nassen Element fliessen/ laͤsset sie herauß ziehen/ und auf einem Wagen heim in ihr Hauß fuͤhren. Wie man mit ihr vor das Thor kommt/ loͤset eine daselbst von Roth- schild angelangte Compagnie Soldaten die Musqueten auf sie/ deren doch keine traff/ sondern theils Kugeln durch den Wagen/ theils/ und zwar die Meisten/ uͤberhin giengen. Denen beyden Soldaten hat der Koͤnig die Koͤpffe wegschlagen lassen. Ob sie nun gleich diese Gefahr selbiges mahl uͤberftrebet/ ist sie doch bald hernach von dem Land gantz außgespeyet worden/ als/ obberuͤhrter Massen/ der Koͤnig muste fliehen/ weil dieser in Erfahrung gebracht/ daß ein Theil der Buͤrger in der Stadt sich heimlich auf ihren Tod verschworen/ besorgete er/ sie doͤrfften mit ihr eine Division beginnen/ und sie zu Stuͤcken reissen. Dero- halben ließ er sie in eine Truhen schliessen/ und also heimlich auß dem Schloß ins Schiff bringen/ damit sie von Niemanden ge- sehen wuͤrde. Also hat diese Armen-Verfolgerin auß derselbi- gen Stadt/ darauß sie so viel unschuldiger Knaben hatte ver- trieben/ verftoffener Weise muͤssen entrinnen/ und zwar so schleu- nig/ daß ihr nicht einmahl Zeit gelassen/ ihre gute Freunde/ die durch ihre Gunst befoͤrdert waren/ zugesegnen. Unter diesem Discurri ren gelangeten sie zu dem Thor/ dardurch sie wieder in die Stadt hinein gien- gen/ um ihrem Gastgeber sich wieder zu zeigen/ daß sie annoch mit einander bey Leben/ oder zum wenigsten ihm nicht entlauffen waͤren. Als sie aber kaum in die erste Gassen herein getretten waren/ kamen ihnen 6. oder 8. halb-trunckene Studenten/ meist Jtaliaͤ- ner/ entgegen gesprungen/ mit blossen Degen in den Haͤnden/ welche den Klingenfeld mit aller Gewalt auß Deß Academi schen auß der Zahl der Lebendigen hinwegruͤcken wolten. Der Printz Condado rieff ihnen zwar zu/ sie moͤchten einhalten/ weil er sein Hofmeister/ oder er wuͤrde ge- zwungen/ sich seiner anzunehmen/ aber die Jtaliaͤner waren so verzweiffelt boͤß/ daß sie alles in den Wind schlugen/ und gantz Blindlings hinzu rannten; Klin- genfeld tummelte sich unter dem Hauffen wacker her- um/ und gab bald diesem/ bald jenem/ ein Denckmahl seiner guten Resolution, weil er aber gar umgeben war/ zuͤckete so wol Condado, als Cavina ihre Degen/ und stunden ihm/ als rechtschaffene Leute/ wider ihre eigene Lands-Leute bey/ worbey sie auch selber etliche ergrimmete Feinde auf den Halß zogen/ wie aber Troll seinen Herꝛn in Gefahr sahe/ lieff er immer um- her/ und schalt die Jtaliaͤner aufs Greulichste auß/ und wie solches nichts helffen wolte/ lieff er nach ei- nem kleinen Lust-Gaͤrtlein/ welches an der Strassen lag/ holete verschiedene Blumen und Kraͤuter/ und warff solche auf die Balger. Endlich aber/ als auch hierdurch nichts sonderliches erwuͤrcket ward/ risse er einen Gassen-Stein nach dem andern auf/ und don- nerte so ungestuͤmm damit auf seines Herꝛn Feinde/ daß dieselbe gnug zu thun hatten/ sich darfuͤr zu schuͤ- tzen/ dannenhero einer auß dem Hauffen tratt/ und auf ihn loßgieng/ aber er nahm bald das Reißauß/ lieff nach seiner Herberge/ und holete den jenigen Strick/ daran ihn die Margara in der verwichenen Nacht hatte zappeln lassen/ er risse denselben bald zu sich/ und lieff nach dem Schlag-Platz/ weil auch ein kleiner eyserner Hake an einem Ende dieses Stricks war/ so warff er denselben einem von den Jtaliaͤnern in die Schultern/ lieff hernach mit dem Strick um die gantze Parthey her/ und beschlengete sie derge- stalt/ daß sie sich kaum hatten ruͤhren moͤgen. Nach- Romans I. Buch. Nachdem aber diese Binde zuletzt entzwey ge- schnitten worden/ gienge das Gefecht von neuem an/ und etliche von den Jtaliaͤnern/ die ihren Theil schon empfangen hatten/ begunten sich/ wie die schleichende Huͤner-Diebe/ auß dem Streit wegzustehlen. Sol- ches mercketen ihre Lands-Leute/ welche demnach Hauffen-Weiß herzu sprungen/ und inzwischen wa- ren auch die Teutschen Studenten dieses Orts deß Kampffs und der Ursach desselben innen geworden/ welche gleicher Gestalt haͤuffig herzu sprungen/ und haͤtte darauß leichtlich ein hefftiges Blut-Bad ent- stehen koͤnnen/ wofern die Soldaten-Wacht sich nicht eingefunden/ und die kaͤmpffende Partheyen geschieden haͤtte. Klingenfeld behielte zu diesem mahl den Ruhm/ daß er vor einen unverzagten Edelmann passirte/ der nicht gerne vor seinem Feind lauffe. Er hatte 4. von seinen Gegenparthen also gezeichnet/ daß sie wol Lebens-lang seiner gedencken werden. Er selber aber nur einen kleinen Ceremoni en-Schramm an dem Backen bekommen/ und Condado, gleichwie auch Cavina, waren gar nicht verwundet. Es keh- reten die Unsern ungehindert in ihre Herberge/ und weil die Buͤrger selber bezeugeten/ daß sie von den Jtaliaͤnern gantz unabgesaget und hinterlistig uͤber- fallen worden/ als musten die Jtaliaͤner/ so viel man deren habhafft werden mochte/ vor dem Magnifico sich rechtfertigen/ und weil ihnen solches unmoͤglich/ die Teutschen hingegen auf gnugsame Satisfaction trungen/ musten die muthwillige Balger ins Carcer kriechen/ und ihren begangenen Frevel groͤsten Theils mit Geld buͤssen. Die Urheber aber wurden gleich am folgenden Tage relegi ret/ wordurch diese Leute gewitziget wurden/ daß sie so leicht das Hertz nicht mehr hatten/ sich an den Teutschen zu reiben. Der Rector Deß Academi schen Rector Magnificus hatte den Printzen vorher compli- menti ren lassen/ und ihm versprochen/ daß er seines Teutschen Hofmeisters wegen rechtschaffene Satis- faction erlangen wuͤrde/ dannenhero/ und weil Con- dado entschlossen war/ sich nicht lange an diesem Ort aufzuhalten/ sondern weiter zu gehen/ gab er dem Wirth Ordre, auf den folgenden Tag ein praͤchtiges Mahl anzurichten/ weil er etliche fuͤrnehme Freunde zu Gast bitten/ und von denselben Abschied nehmen wolte/ da er es dann noͤthig befuͤnde/ selbige zu be- wirthen. Jn dieser ihrer Herberge besahen sie ihre Leiber/ funden aber uͤber vorgenannten Schram̃ keine einzi- ge Wunde/ und muste Klingenfeld deß Trollen an- jetzo von Hertzen lachen/ wann sie sich erinnerten/ daß derselbe die Jtaliaͤner erstlich mit Schelt-Worten/ hernach mit Kraͤutern/ und endlich mit Steinen in- commodi rt/ den Degen aber wider dieselbe keines Weges gezucket haͤtte. Wannenhero er ihn jetzo fra- gete: Warum er solches gethan habe? In Verbis, (antwortete er/) Herbis \& Lapidibus magna solet esse virtus, Woͤrter/ Kraͤuter und Steine sind hier wol zu bekommen/ aber/ wann ich meinen Ensem in der Schlacht verlohren haͤtte/ doͤrffte man mir die Vaginam mit was anders wieder angefuͤllet haben; Uber dem ist es loͤblicher gethan/ daß ein Diener vom Herꝛn/ als ein Herꝛ von seinem Knecht geschuͤtzet und vertheidiget werde; Quid dicent homines, wann sie hoͤren/ Troll habe durch den Degen seinem Printzen das Leben erhalten? Bey Leibe nicht/ meines Herꝛn Reputation gehet mir naͤher/ als mein eigen Leben/ bißhero hat Condado den Ruhm eigener Tapfferkeit erhalten/ \& Sacrilegusforem, ich waͤre ein Ertz-Boͤse- wicht/ wann ich durch mein uͤbeles Comportement ihn Romans I. Buch. ihn dieser Ehre beraubete. Er hat einen Hand-vesten Hofmeister/ so lange Klingenfeld seinen Degen fuͤh- ren kan/ begehre ich meinen nicht zu zucken/ und wann derselbe nichts mehr kan/ so rathe ich einem Jeden/ daß er lauffe/ was er lauffen kan/ und daß er alle sein Heyl und Wolfahrt suche auf dem schnellen Uhr- werck seiner Fuͤssen; Das ist mein getreuer Rath/ dem folge nur ein Jeder getreulich nach. Diesen Abend setzte sich unsere Gesellschafft zur Tafel/ und nahm/ nach außgestandener schweren Action, eine gute Mahlzeit zu sich; Die Margara aber/ ließ sich zu diesem mahl nicht sehen/ sondern ihre ge- treue Magd entschuldigte sie/ daß ihr nicht gar wol waͤre. Troll aber lachete/ und sprach: Was gilts/ sie scheuet sich/ in meam faciem zu kommen/ als die mich in verwichener Nacht so haͤßlich betrogen/ und listiger Weise in der Lufft arresti ret hat/ doch/ die Comœdie ist nunmehro vorbey/ ob gleich bey nahe eine Tragœ- die darauß worden waͤre. Cerebacchius war auch noch nicht zum Vorschein kommen/ dahero ein Jeder leichtlich urtheilen kunte/ daß er jetzo bey einer fetten Mahlzeit sitzen muͤsse. Condado aber/ und seine Ge- sellschafft legeten sich schlaffen/ um/ am folgenden Tag desto geschickter zu seyn/ ihre gebettene Gaͤste gebuͤhr- lich zu bewirthen/ diese waren der Podestà samt seinem Vetter/ dem Venetianischen jungen Edelmann/ der Rector Magnificus, der Vorsteher der Teutschen Na- tion, mit seinen 4. Assistent en/ als aͤltesten Teutschen Studenten/ der Edelmann Patina, mit seiner gelehr- ter Tochter Carola Catharina, die gelehrte Griechin Ilmene, und der anmuthige Campanelli. Das XXXVII . Capitul/ Cerebacchius hat eine gluͤckliche Rencontre. Condado haͤlt eine Gasterey/ woruͤber man discurriret/ ob es besser sey von allem etwas/ oder ein Ding auß dem Grunde verstehen/ deßgleichen/ ob man alle Wisseyschassten in eine Verfassung bringen koͤnne? E e Ehe Deß Academi schen E He der folgende Tag anbrach/ begab sich mit Cerebacchio noch eine artige Kurtzweil: Nem- lich/ es lebete zu Padua ein Jtaliaͤnischer Stu- dent/ Namens Venereus, auß der Neapolitani schen Landschafft/ Terra di Ortranto genannt/ der aber/ als ein ungemeiner Liebhaber deß Frauenzimmers/ sich mehr auf das Courtisi ren/ als auf das Studi ren/ lege- te/ inmassen er auch bey mancher-reichen Dam en dar- durch einen stattlichen Pfenning zu erwerben pflege- te. Dieser Venereus war bey der Margara angebracht worden/ daß er mit dem Frauenzim̃er uͤberauß schoͤn umzugehen wisse/ wannenhero sie ihm durch ihre Magd bedeuten lassen/ daß sie auch/ gleich andern/ ei- nen Pfenning an ihn wagen wolte. Sie werden deß Handels einig/ und diese Nacht ward bestimmet/ zur Ergoͤtzung ihrer Beyden/ da dann die Magd von ih- rer Jungfrauen Ordre bekommen/ den Venereum um die bestimmte Stunde heimlich einzulassen/ und zu ihr in ihre Schlaffkammer zu fuͤhren. Die Mutter aber sandte um dieselbe Zeit die Magd auß/ um etwas Wildpraͤth zum bevorstehenden Gast-Gebott von ei- nem gewissen Freund zu holen. Da sich dann die Mar- gara schon bey Tage/ wie gesagt/ zu Bette geleget/ und sich kranck angestellet hatte. Vorher aber hatte sie ei- ne schoͤne kalte Schaale auf ein kleines Tischlein ge- setzet/ samt einer Flaschen mit koͤstlichem Limonad- Wasser/ darneben lag ein Teller/ mit einem guldenen Pfenning/ der 4. Kronen galt. Wie nun Margara mercket/ daß ihre Magd außgesandt worden/ stehet sie selber auf/ leget sich ans Fenster/ und als Venereus kommet/ schleichet sie hinab/ und machet ihm auf/ fuͤh- ret ihn auch in ihrem Schlaffkleid mit sich zu Bette/ und leben in aller Vergnuͤgung. Kurtz darauf kom̃et die Magd heim/ mit dem Wildpraͤth/ die sich deß Be- fehls Romans I. Buch. fehls ihrer Jungfrauen/ von welcher sie auch ein Pro- fit chen zu hoffen hatte/ alsobald erinnerte/ eylet dem- nach/ als ihre Frau schon schlaffen gangen/ nach der Hauß-Thuͤr/ um deß Venereus zu erwarten. Gleich hernach kom̃t Cerebacchius in der dunckeln Nacht/ und klopffet sanffte an. Die Magd meynet/ der be- stellete Courtisan sey da/ riegelt demnach die Thuͤr fein sachte auf/ und weil sie den Cerebacchium im Dunckeln nicht kennete/ sprach sie: Seyd willkom̃en/ Venereus, meine Jungfrau hat euer schon lange Zeit gewartet/ seyd ihr parat, so wollen wir hinauf zu ihr gehen. Cerebacchius wuste nicht/ wie er sich in diese Possen schicken solte/ doch wolte er noch ein blaues Auge wagen. Antwortete demnach mit sanffter Stimme: Ja/ ich bin kommen/ eure Jungfrau zu be- dienen. Also nahm sie ihn bey der Hand/ und fuͤhrete ihn in der Jungfrauen Kammer/ daselbst uͤbergab sie ihm ihre bißhero gehabte verschlossene Hand-Leuchte/ draͤhete selbige um/ und ließ sie zu seinem Dienst/ schie- de auch selber augenblicklich wieder auß der Kam̃er. Cerebacchius schobe die Leuchte um/ daß er sehen kun- te/ und wie er die schoͤne kalte Schaale auf dem Tisch fand/ zog er dieselbe sordersamst in seine Kaͤhle/ tratt hernach zum Bette/ und fand die Margara in voller Angst. Er wolte sie kuͤssen/ sie aber stieß ihn zuruck/ und sprach: Mein Freund/ ich muß bekennen/ daß ein gro- ber Jrꝛthum von meiner Magd an euch begangen ist/ den sie zu mir fuͤhren solte/ der ist schon bey mir unter der Decken/ seyd aber verschwiegen/ und leeret jene Flasche mit Limonade auß/ stecket auch den guͤldenen Pfenning/ der darneben liget/ bey euch/ und gehet wie- der eures Weges/ so wollen wir gute Freunde bleiben. Wo ihr aber viel Worte darvon machet/ so kennet ihr E e 2 die Deß Academi schen die Natur der rachgierigen Jtaliaͤner/ welchen ihr keines Weges zu entgehen vermoͤget. Cerebacchius lachete deß groben Jrꝛthums von Hertzen/ soffe die Flasche rein auß/ steckete den Pfenning zu sich/ und nachdem er ihnen eine lustige Nacht gewuͤnschet/ gieng er mit seiner Laternen wieder hinauß/ da er sich der Magd/ die vor der Thuͤr lag/ zu erkennen gab/ welche fuͤr Schrecken schier gestorben waͤre. Aber er schwur/ verschwiegen zu seyn/ und also gieng er schlaf- fen. Venereus aber stund am folgenden Morgen auf/ und machte sich heimlich darvon/ kehrete aber zwey Stunden nach der Sonnen Aufgang wieder zuruck/ und gieng zu Cerebacchio, wie ihm die Margara befoh- len/ welchem er veste einband/ daß er ja reinen Mund halten moͤchte/ wolle er anders seines Lebens ge- sichert bleiben. Es wuste ihm Cerebacchius seine Parole so glaub- wuͤrdig zu machen/ daß sie beyderseits daruͤber ver- traͤuliche Freundschafft machten/ und wie nicht lange hernach Condado im Hof spatzierete/ tratt Venereus zu ihm/ und machte ihm ein Compliment; Der Printz hatte schon viel von diesem Haupt- Courtisan ver- nom̃en/ dannenhero noͤthigte er ihn mit zu dem Gast- Gebott/ bey welchem nicht allein dieser/ sondern auch alle erbettene Gaͤste/ sich um die Mittags-Stunde/ gebettener Massen/ willig einstelleten. Sie wurden herꝛlich tracti ret/ und fielen unter der Mahlzeit aller- hand Discurse vor. Unter andern kam der Rector Magnificus, der ein Grund-gelehrter Doctor Medici- næ war/ auf die Materie, daß die Teutschen sich auf so gar viel Wissenschafften auf einmahl zu legen pflege- ten/ daher es dann geschaͤhe/ daß sothane Gelehrten in keiner sonderbaren Disciplin es sonders hoch braͤch- ten. Als hierauf Niemand antworten wolte/ da nei- gete Romans I. Buch. gete sich endlich der Vorsteher der Teutschen vor dem Magnifico, und sagte: Es haben zwar die Herren Jtaliaͤner/ und andere Mittaͤgige Gelehrten/ Ursach/ uns Teutsche/ wegen dieser aufgebuͤrdeten Schuld/ in etwas zu tadeln/ doch ist es wol/ und bleibet auch eine wichtige Frage: Ob es besser sey/ von allem etwas/ oder eine Sache allein/ vollstaͤndig wissen/ und verste- hen? Mit Eurer Magnificen tz Verguͤnstigung ant- worte ich darauf also: Wann man nur eine Sache studi ren wil/ so bedarff man nur einerley Buͤcher/ oder wol nur ein einziges Buch/ und ist alles so weit- laͤufftig/ daß deß Menschen Leben viel zu kurtz/ viele Wissenschafften gruͤndlich zu fassen/ und mit Nutzen zu Werck zu bringen. Wie wir nur eine Sache recht und eigentlich ansehen/ und betrachten koͤnnen; Also mag das Aug unsens Verstandes mehr nicht/ als eine Sache/ in gleicher Linie anschauen/ und gleichsam von Punct auf Punct (wie auß der Sehe-Kunst be- wußt ist/) anstrahlen. Das Geringste in der Na- tur bringet die groͤste Betrachtungen mit sich/ wie wir sehen/ daß Lucianus uͤber einer Mucken lange Zeit philosophi ret/ und Jener 43. Jahre mit Betrachtung der Ameiß zugebracht. Messala hat von einem jeden Buchstaben ein Buch geschrieben/ und hat Heinsius von dem Esel/ und von der Lauß/ Pirkamer von dem Zipperlein/ Diocles von der Ruͤben/ andere von an- dern geringen Sachen geschrieben. Darauß zu schliessen/ wann man eine weitschweiffige gantze Wis- senschafft Stuͤckweiß erkundigen/ und untersuchen solle/ daß man in den andern nicht viel werde lernen koͤnnen/ zumahlen Verulamius erheischet/ daß man von jeder Sache/ als von dem Schwefel/ dem Saltz/ von jedem Gewuͤrtze/ \&c. besondere Buͤcher schreiben solle/ damit unser Wissen nicht in allgemeinen/ son- E e 3 dern Deß Academi schen dern in absonderlichen und unterschiedlichen Arten eines jeden Geschlechtes beruhen moͤge/ da es doch wol dahin kom̃et/ daß alles/ was wir wissen/ das We- nigste ist von dem/ das wir nicht wissen. Maxima pars eorum, quæscimus, est minima pars eorum, quæ igno- ramus. Wer sich nun mit einer Wissenschafft nicht wil ersaͤttigen lassen/ der kan zwar in vielen etwas/ in al- len aber nichts Grundstaͤndiges wissen/ sondern der Musen-Berg wird ihme zu einem Jrꝛ-Garten wer- den. Er wird nach 2. Hasen jagen/ und keinen fangen/ und ist der Natur gemaͤß/ daß man sich auf eine Sache/ darzu man sich von ihr gewiedmet befindet/ begebe; Gleichwie auch sie zu jedem Wercke einer- ley Werckzeug oder Organum verordnet/ als: Das Aug zu sehen/ das Ohr zu hoͤren/ die Haͤnde zu greif- fen/ ꝛc. Ein jeder Baum traͤget seine Frucht/ ein jeder Bedienter in einem Regiment hat sein Amt/ und in der Stadt treibet ein jeder Handwercker seine Ar- beit; Da hingegen auf den Doͤrffern ein Stimpler allerley/ und keines recht machet. Wider diese scheinbare Meynung wird fuͤglich eingewendet/ daß solches alles denen Jenigen gelten moͤge/ welche ein schwaches Gehirn/ und nach ihren Kraͤfften auch von andern urtheilen. Deß Menschen Verstand ist kein Gefaͤß/ das sich also anfuͤllet/ wie etwan ein Becher/ darein eine Maaß/ und nicht mehr/ kan gegossen werden! Nein/ er mag so viel nicht be- greiffen/ das er nicht noch viel ein mehrers solte fassen und lernen koͤnnen/ und solche unendliche Faͤhigkeit und Begierde zu lernen ist das Kennzeichen seiner uͤberirꝛdischen und fast Goͤttlichen Eigenschafft. Zu dem hangen alle Kuͤnste an einander/ wie an einer Ketten/ koͤnnen und werden nicht wol gesondert; Daß Romans I. Buch. Daß also der Jenige/ welcher nur Eine studi ren wil/ gleich ist einem Mann/ der mit einem Ketten-Ring die Warheit auß einem tieffen Brunnen schoͤpffen wil; Oder/ er ist gleich jenem Mahler/ bey dem Ho- ratio, der nichts mahlen koͤnnen/ als einen Cypressen- Baum/ und solchen auch in ein Schiff gemahlet. Al- so siehet das Aug nicht nur gewisse Farben/ sondern alle; Das Ohr hoͤret nicht nur gewisse Stimmen/ und die Hand kan alles begreiffen und belangen/ ohne Unterschied. Vermoͤgen solches die aͤusserlichen Sin- ne/ welche nur Diener sind/ was sollen die innerlichen vermoͤgen/ welche sie beherꝛschen. Der Verstand deß Menschen ist zwar einstaͤn- dig/ er ist aber das Maaß alles andern/ was man er- kennen kan; Gleichwie der Δ die erste Figur das Maaß ist aller andern Figuren/ die dardurch muͤssen gemessen und erlernet werden. Was man nicht zu- gleich ersehen und erlernen mag/ das muß nach und nach gefasset werden/ wiewol der Verstand viel schneller ist/ als das Aug/ welches doch viel zugleich beschauen kan/ und wird durch solche Vielheit die Sehung deß Verstandes nicht gehindert/ sondern erfreulichst belustiget/ da hingegen die Wiederholung einer Sache grossen Verdruß zu bringen pfleget. Wer alles zugleich studi ren wil/ und den Roß- schweiff auf einmahl außrauffen/ dessen er nur Haar fuͤr Haar maͤchtig ist/ wird sich gewißlich mehr hin- dern/ als foͤrdern/ deßwegen Erasmus von solchen recht gesaget/ daß man sich soll lassen gnuͤgen/ klein zu seyn/ wann man groͤsser werden wolle. Es bestehet die Sach einig und allein auf der Faͤhigkeit der Lehrlin- ge/ welche geringes Haltes/ wie Bley und Eysen/ mit- telstaͤndigen/ wie Zinn und Kupffer/ vollkommen/ wie Silber und Gold. Diese Letztern sind zu allen faͤhig/ E e 4 und Deß Academi schen und werden in kurtzer Zeit Meister/ wann andere noch Lehr-Jungen sind/ und die Zeit ihres Lebens verblei- ben. Sie gleichen der Sonnen/ die sich nicht ermuͤ- det/ um die gantze Welt zu lauffen/ und alle Winckel zu beleuchten/ ihr Vevstand machet alles hell und ei- genstaͤndig. Also muß der Theologus, oder Lehrer deß Worts GOttes/ der Jurist und Artzt/ sich der Histo- rien oder Geschichte bedienen; Der Erste/ die Bibel zu verstehen/ derselben Lehren in den Predigten ein- zuziehen/ und andere mit gleichstaͤndigen Faͤllen zu troͤsten. Der Jurist muß die Begebenheiten gegen einander halten/ und auß Gleichen gleiches Urtheil zu schoͤpffen wissen. Der Artzt aber muß den Kran- cken mit einer lustigen Erzehlung/ so wol den trau- rigen Verstand/ als den krancken Leib/ heilen koͤnnen. Solchen viel Lehr-gierigen hoch-gestirnten Gei- stern ist fast die weitschweiffige Welt zu klein/ wie dem Alexander, dessen Lehrmeister Aristoteles dem Ehrgeitz in den Wissenschafften eigentlich nachgeah- met/ und sich fuͤr einen Monarchen in der Philosophie aufgeworffen/ der aller anderer Meynungen bezwun- gen/ und besieget. Zu unsern Zeiten ist Picus Miran- dulanus, die beeden Scaligeri, Salmasius, und viel an- dere/ beruͤhmt/ welche nicht in vielen/ sondern fast al- len Sachen zugleich das hoͤchste Lob erlanget. Ja/ man kan keine Sache Grund-richtig erkundigen/ man wisse dann von vielen andern zugleich; Wie man keine absonderliche Land-Taffel verstehen kan/ man habe dann die gantze Welt-Kugel zuvor gese- hen/ und derselben Zirckel unterscheiden lernen. Hergegen haben sich gewisse gelehrte Leute auf sonderbare Materi en geleget/ und es darinn so weit gebracht/ daß man einem derselben in sothaner Ma- terie mehr glaubet/ als 10. oder 20. andern. Solcher Gestalt Romans I. Buch. Gestalt hat man schon gnug/ wann man den Farina- cium in Criminalibus, den Mascardum in Probatio- nibus \& Præsumptionibus, den Menochium ìn Arbi- trariis Judicum Quæstionibus, den Andræam de Iser- nia in Feudis, den Jan Baptisto Aymum in Jure Allu- vionis, oder den Cæpollam in Servitutum Materia alle- gi ren kan. Jnzwischen ist noch eine andere Frage: Ob man nemlich nicht alle Wissenschafften Lehr-maͤssig in eine Verfassung bringen koͤnne? Jch sage hirauf: W Eib alle Wissenschafften mit einander verbunden sind/ wie erst gemeldet worden/ und man von den Mindern und Leichtesten zu den Hoͤhern und Schweren aufsteigen muß/ so hat man billich jetzt gedachte Frage formi ret; Zu welcher sonder- lich die Jenigen Anlaß geben/ welchen die lange Walifahrt durch die grosse Buͤcher verdrießlich/ und deß Zehrpfennings/ zu Ende zu kommen/ er mangeln. Daß solches thunlich seye/ erhellet dar- auß/ weil fast alle Wissenschafften auf gewissen Gruͤnden befte- ben. Wann nun solche vest und richtig/ kan man nicht nur auß den Buͤchern/ sondern auch auß eigenem Verffand und wolmoͤ- gendem Rachsinnen darauf bauen/ und muͤssen zu solchem Ende alle unnoͤthige Hindernuͤssen auß dem Weg geraumet/ und nur das Nutzliche erlernet werden. Zum Andern/ muͤfte man nicht bey den Sprachen anfan- gen/ welche uns 15. und mehr Jahre hinweg nehmen/ so lang die Fuͤrkaͤuffeley deß Lateins nicht auf gehoben wird/ welches die Frantzofen und Jtaliaͤner/ bey Außuͤbung ihrer Sprache/ nicht vonnoͤthen haben/ sondern alsobalden von Erklaͤrung der Sa- chen selbsten den Ansang machen/ und mit zuwachsenden Jah- ren und Verstaͤndnuͤß fortsetzen. Drittens/ muß man eine Sache nicht mehrmahls wieder- hoien/ wie etwa die Logica und Metaphysica, die Medicina und Physica, etliche Haͤndel gemein haben/ derer Sachen zu ge- schweigen/ die in Theologiam, Jurisprudentiam und Medici- nam zugleich einlauffen. Was Euclides in 117. Lehr-Saͤtzen be- wiesen/ das kan in 30. verfasset werden/ \&c. Daher die Weit- schweiffigkeit der Buͤcher so nachtheilig scheinet/ als zuvor der- selben Mangel gewesen. Damit man aber nicht waͤhnen moͤchte/ daß dieses nicht werckstellig zu machen/ so haben wir ein Exempel an dem Kaͤy- E e 5 ser Deß Academi schen ser Justiniano, welcher alle Gesetze und Rathschlaͤge in 2. Buͤ- cher/ Codicem \& Digesta, gebracht. Wir haben ein Exempel an den Rabbinen/ welche alle Wissenschafften in ihrer Cabala behandeln/ und was hat doch Lullus anders gesuchet/ als daß er in kurtzer Zeit von allen Sachen hat verftaͤndig lehren reden/ welches so viel leichter zu leiften/ wann es solche Sachen/ die in einem guten Urtheil/ und nicht in dem Gedaͤchtnuͤß/ als Histo- rien oder Satzungen/ beruhen/ geschehen mag. Wann man nun solches alles außwuͤrcken wolte/ solte man in 5. Jahren eine sattsame Wissenschafft von der Naturkundigung/ der Sitten- Lehre und den Geschichten/ erlangen koͤnnen/ welches alles Alste- dius (dessen Buchstab-Wechsel schliesset das Wort Sedulitas, ) in seiner Encyclopædia mit grosser Arbeit geleistet/ und mit Nutzen gebrauchet bat. Es ist leichter/ eine Lehr-Art zu verwerffen/ als eine Bessere erfinden. Wie solte aber moͤglich seyn/ alle Kuͤnste in eine zu bringen/ da doch ihr Grund/ und darauf aufgefuͤhrtes Gebaͤu/ gantz unterschieden ist. Was Aristoteles geschrieben/ ist theils durch Galenum widerleget worden/ was Galenus geschrieben/ hat Paracelsus widerfochten/ und ist bey den Juristen nichts ge- meiner/ als unterschiedene Außspruͤche deß Rechten in einem fuͤrwesenden Fall behaupten; Deßwegen vielleicht auch der weise Koͤnig Salomo gesaget: Viel Wissen/ macht viel Graͤ- mens! und geschlossen/ es sey alles eytel. Es scheinet auch/ daß es eine Vermessenheit/ wann man alle Wissenschafften in eine bringen/ und die Faͤhigkeit/ welche bey uns Menschen nicht unendlich ist/ auf unendliche Sachen be- ziehen wolle; Da man sich doch in gar wenigen verglichen hat/ oder noch vergleichen wird/ daß darauf/ als auf einem unfehl- baren Grund/ gefusset und gebauet solte werden moͤgen. Unsere Erkanntnuͤß machet keine solche Schluß-Rede/ daß man auß dem Vorgehendem das Folgende unfehlbar solte be- greiffen koͤnnen/ und ist eine andere Sache/ alle Wissenschafften in richtiger Ordnung Lehr-artig begreiffen/ eine andere/ auß allen Wissenschafften eine Einige machen/ und welchem die Na- tur das Verlangen/ alles zu erkundigen/ gegeben/ selben hat sie auch vermuthlich mit der Faͤhigkeit/ so dar zu noͤthig ist/ versehen. Das XXXVIII . Capitul/ Hier wird die Frage eroͤrtert/ wer in den Streitigkeiten der Gelehrten koͤnne Richter seyn? Wie auch/ ob die lebendige Stimme/ oder die Lesung der Buͤcher/ fuͤglicher zur Belehrung dienen. Cerebac- chius schwelget gewaltig. Als Romans I. Buch. A Ls der Teutsche seinen vernuͤnfftigen Discurs, woran der Magnificus ein sonderbares Gefal- len hatte/ beschlosse/ legete Condado der Ge- sellschafft die Frage vor/ wer in den Streittigkeiten der Gelehrten wol ein recht-maͤssiger Richter seyn koͤnne? Aber der Magnificus antwortete ihm ex tem- pore hierauf folgender Gestalt: Diese Frage/ mein Printz/ sprach er/ ist von unserm Vorsteher Galeno bereits eroͤrtert/ und in einer langen Rede von Phi- lippo Scherbio außgefuͤhret worden/ deren Jnnhalt wir kuͤrtzlich allhier repeti ren wollen. Wer sich zu ei- nem Richter in Streit-Sachen der Gelehrten auf- werffen wil/ muß mit nachfolgenden 7. Gaben gezie- ret seyn/ oder sein Urtheil wird als untuͤchtig verworf- fen/ und mit einem nachtheiligen Ob-Urtheil bele- get werden. 1. M Uß er eine natuͤrliche Ubertrefflichkeit erweisen/ und in der Erfindung scharffsinnig/ in Begreiffung aller Sachen unermuͤdet und Lehr-gierig/ in der Beurtheilung verstaͤndig/ und in der Bemerckung faͤhig und eingriffig seyn. Wie schwer aber dieses sey/ erscheinet in dem/ daß die Artzney-Verstaͤndigen beglauben/ daß die Scharffsinnigen Gall-reich/ schneller/ gar hitziger und trockener Beschaffenheit. Die Verstaͤndigen aber Melancholi sch/ mit wenig Waͤrme/ sehr trocken sind. Die gute Gedaͤchtnuͤß haben/ mit luͤfftiger Feuchtigkeit das Gehirn ge- maͤssiget haben. Weil nun solches nicht in unserm Wuͤnschen und Willen stehet/ wird es billig der von GOtt verliehenen Be- gnaͤdigung beygemessen/ und ersehen wir taͤglich/ daß andere Pferde auf die Reut-Schul/ andere in den Muͤhl-Wagen ge- hoͤren/ und daß nicht ein jeder Kopff von der Natur zu dem Stu- di ren geartet ist. 2. Soll besagter Richter von Jugend auf in allen freyen Kuͤnsten verstaͤndig angefuͤhret worden seyn/ damit der gute Acker auch mit gutem Samen befruchtet werden moͤge/ welcher sonsten viel Unkraut bringen/ und mit unnuͤtzen Disteln und Hecken zu wuchern pfleget. Hier liget nun sehr viel an der Lehr- Art/ und dem Grund in allen Sprachen/ die wir bey heutigem Zustande nicht ermangeln/ und als eine nothwendige Zierde er- halten Deß Academi schen halten muͤssen. Der Fehler/ in der ersten Daͤuung begangen/ wird in der Zweyten nicht verbessert/ sondern der gantze Leib wird deß uͤbel-gekochten Nahrungs-Saffts theilhafftig. 3. Muß auch unser Richter gelehrte und verftaͤndige Lehr- meister gehabt haben/ die ihme mit Treu/ und gnugsamer Un- terrichtung sind an die Hand gegangen; Massen sonsten noch der Acker/ noch der gute Saamen/ eine froͤliche Erndte machet/ wann der Bauers-Mann nicht fleissig gepfluͤget/ und das Feld wol zugerichtet hat. Ein Ungelehrter kan keinen viel lehren/ wann er selbsten nicht verstehet/ was in guten Buͤchern zu fin- den/ und auß denselben vorgetragen werden soll. Jst er aber gelehrt/ und nicht getreu/ oder hat den Verstand nicht/ solches an- dern beyzubringen/ so muß der Lehrling/ sonder Zweiffel/ verah- saumet werden. 4. Muß ermelter Richter von den verftaͤndigen Jahren an/ dem Studi ren unverdrossen und fleissig obgelegen seyn/ Ge- ftalt dann nichts (ausser obbesagter Faͤhigkeit/) mit uns geboh- ren wird/ sondern/ was wir wissen wollen/ das muͤssen wir mit Arbeit kauffen. Viel von der Natur maͤssig-begabte Juͤnglinge haben durch beliebten Fleiß sich hoch geschwungen/ und waͤre zu wuͤnschen/ daß man der fluͤchtigen Jugend dieses Mittel zu der Geschicklichkeit besser einreden/ und sie zu beharlichem Obligen bewegen koͤnte. 5. Soll unser Richter ein redlicher Mann seyn/ welcher die Warheit liebet/ und keinem Theil/ wegen einiger Neben- Ursache/ beypflichte. Er muß nicht nur die Warheit ertennen/ sondern sie ungescheuet/ ohne Ansehen der Person/ bekennen/ und das Liecht seiner Weißheit in dem Dunckeln leuchten lassen. Jm Fall er auch/ auß Ubereylung/ geirret/ und die Sache nicht gnug- sam uͤberleget haben solte/ soll er sich nicht scheuen/ seine Mey- nung/ auß beygesetzten Ursachen/ zu aͤndern/ und die Warheit mehr zu lieben/ als etwan sein Ansehen/ uñ eingebildete Hochheit. 6. Soll der Richter/ nach gnugsamer Betrachtung der beyderseits vorgetragenen Ursachen/ den Verstand haben/ das Falsche von der Warheit zu unterscheiden | seinen Außspruch mit sonderer Bescheidenheit beyzubringen/ und das ihme ver- traute Richter-Amt nicht ungebetten ablegen/ wie die Unbe- dachtsamen zu thun pflegen/ die aber von ihrem Urtheil mehr- mahls ein nachtheiliges Ob-Urtheil hoͤren muͤssen/ und ist ja nichts leichter/ als eine Sache verachten/ welche man auch mehr- mahls nur von ferue angesehen/ oder nur etliche Worte darvon gehoͤret Romans I. Buch. gehoͤret hat/ und sagt der weise Koͤnig Salomon hiervon also: Wer antwortet/ oder urtheilet/ ehe er (gnugsam) auhoͤret/ dem ist es Narheit und Schande. Und Syrach/ c. 11/ 8. Du solft nicht urtheilen/ ehe du die Sache hoͤreft/ erkenne es zuvor/ und straffe es dann; Laß die Leute zuvor außreden. 7. Soll der belobte Richter in allen denen Sachen/ welche er zu beurtheilen unternimmet/ geuͤbet seyn/ und selbsten Hand mit angeleget haben; Massen unter der blossen Betrachtung und Außuͤbung eine grosse Klufft befeftiget ist/ daß diese und jene offt nicht zusammen kommen/ und gleichet jene der Seelen/ diese dem Leib/ welches beydes zugleich einen vernuͤnfftigen Menschen machet. Einen so begabten Richter wollen wir allemahl gerne leyden/ und erwuͤnschen; Ja/ wann ein gelehr- ter Rath mit so beschriebenen Leuten besetzet seyn sol- te/ ist nicht zu zweiffeln/ sie solten alle Strittigkeiten/ so unter den Gelehrten schweben/ vergleichen/ und ih- nen solten alle fromme Hertzen zufallen. Wo findet man aber so begabte Leute? Wenig werden sich dieser Ubertrefflichkeiten ruͤhmen koͤnnen/ und eben deßwegen ist es besser/ daß sie mit ihrem Ur- theil zuruck halten/ oder doch ihr Mißfallen und Wol- gefallen ferner nicht erstrecken/ als sie verstehen und begreiffen koͤnnen; Mit gebuͤhrendem Zweiffel/ ob alles/ was sie verworffen/ auch verwerfflich sey/ und ob nicht andern beliebe/ was ihnen veraͤchtlich vor- komme? Einem Schuster ist es keine Schande/ wann er kein Kleid machen kan; Wie auch einem Schnei- der/ daß er keine Schuhe zu machen weiß. Also ist es auch einem Rechts-Gelehrten nicht nachtheilig/ wann er kein Mathematicus nicht ist. Der Podestà, der allezeit mehr auf seinen Buͤ- chern zu Hauß gelegen/ als die Collegia in seiner Ju- gend frequenti ret hatte/ forschete anjetzo von dem Magnifico, was ihn duͤncke: Ob die Belesung der Buͤcher/ oder die lebendige Stimme/ dienlicher sey/ andere Deß Academi schen andere zu unterrichten? Worauf ihm dieser einen kurtzen Bescheid ertheilet: D As Aug/ sprach er/ oder das Gesicht und das Gehoͤr sind die Mittel/ eine Sache zu erkundigen; Jenes/ etwas zu erfin- den/ dieses zu fassen und zu erhalten/ welches bey den stummen Lehrmeistern nicht zu beschehen psieget/ weil die Gebaͤrden/ die Stimme/ die Haͤnde/ und zugleich der gantze Leib bemuͤhet ist/ eine Sache einzudrucken/ welches alles der todte Buchstaben nicht zu leisten vermag. Faͤllet nun ein Zweiffel fuͤr/ wie es bey Durchlesung der Buͤcher nicht ermangeln kan/ so weiß man nicht/ wen man fragen soll/ und hat man mehr nicht/ als die Ur- sachen/ eine Sache nicht zu glauben/ erlernet. Durch die Stimme deß Menschen werden die Geister deß andern Menschen kraͤfftiglich erreget und beweget/ und gleich ei- nem Spiegel eingedruckt; Da hingegen die Schrifft nur ein Zeichen solcher Stimme/ und niemahls so wol kan eingepresset werden/ als durch das aͤusserliche Wort/ welches mit dem Jnner- lichen/ den Gedancken/ mehrere Verwandtschafft hat/ deme der Abdruck/ als die Buchstaben nicht so eigentlich gleichen/ daber die Strittigkeiten/ wegen der Rechtschreibung/ meisten Theils erwachfen. Hierwider wendet man ein/ daß das Geschriebene mit viel mehr Bedacht/ und mit weniger Verstellung zu Papier gebracht werde; Was man mit der lebendigen Stimme begeistert/ und das Gedicht/ das man mit Poetischen Ohren hoͤret/ ist gantz eine andere Sache/ dem Laut nach/ als wann man eben solches lieset. Man kan auch eine Sache mit viel reifferm Bedacht lesen/ auß den Figuren erkennen/ der Sachen nachsinnen/ und es zu Sinne fassen/ da die fluͤchtige Rede/ bestehend in ihrer Unbestaͤndigkeit/ verschwindet/ und hat man nicht Gelegenheit/ zu allen Zeiten nachzufragen/ wie man mit den Verstorbenen auß den Buͤchern reden kan. Zu dem/ so pflegen die Buͤcher nicht zu schmeicheln/ wie die Redner/ welche sich nach den Personen/ Zeit und Ort be- quemen/ \&c. daß also durch sie die Warheit viel sicherer kan er- kundiget werden. Manfrage von allen Gelehrten/ ob sie ihre Wissenschafft nicht den Buͤchern mehr zu dancken haben/ als ih- ren Lehrmeistern/ und solte einer/ der auf hohen Schulen allein von dem offentlichen Lesen getehrt werden solte/ sehr langsam darzu kommen/ indem sie an einem Buch viel lange Jahre lesen/ und offt ehe das Leben/ als das Buch/ endigen. Eigentlich von dieser Frage zu reden/ so muß man die Schrifft Romans I. Buch. Schrifft und den muͤndlichen Unterricht in hoͤchster Vollkom̃en- heit darstellen/ und gleich gearten Lehrlingen solches vortragen. Auß den Buͤchern wird man besser schreiben/ von dem Redner besser reden lernen/ und weiß man/ daß Blinde sehr gelehrte Leu- te worden; Die Tauben aber koͤnnen durch Lesung der Buͤcher wenig oder nichts ergreiffen. Ein ungedultiger Mensch/ wie die Blut- und Gall-reichen zu seyn pflegen/ werden sich durch das Gespraͤch leichtlich und lieber unterrichten lassen; Die Melan- choli schen und Schleim-reichen aber werden mehr Lust zu den Buͤchern haben/ und sich in derselben Belernung erlusftigen. Zu deme/ ist zu unterscheiden/ was man lehren und lernen solle/ die Weißkunst/ die Gesetze und die Geschichte/ da man die Jahr-Zahl/ Namen und Geschlecht bemercken muß/ studi ret sich leichter und sicherer auß den Buͤchern; Andere Sachen er- heischen muͤndlichen Bericht und Handfuͤhrung/ welche durch die Buͤcher nicht fuͤglich beschehen kan. Dieser und dergleichen Discurse wurden von allen denen/ die mit an der Tafel sassen/ mit wunderbarer Vergnuͤgung angehoͤret/ ohne allein der Cerebacchius und Venereus hatten gantz andere Maxim en und Ge- dancken/ dann ein Jeder dachte nicht so sehr auf hohe Wissenschafften/ oder weßwegen er auf den Acade- mi en lebe/ als auf sein sonderbares Interesse, und ei- gensinnige Lebens-Art. Dieser zwar auf seine verlie- bete Augen/ bald auf die hochgelehrte Carola Catha- rina, bald auf die schoͤne Ilmene; Jener aber wuͤhle- te in den Schuͤsseln/ daß nicht ein einziges Geruͤcht von ihm frey außgieng. Er nahm/ auf Zuwincken deß Printzen/ einen gantzen Calecutischen gebratenen Hahn vor sich/ stund auf/ und sprach: Magnificentissi- me Domine Rector, diesen wil ich auf eure Gesund- heit bey mich stecken. Darauf zerlegete er ihn in et- was/ schobe aber die Stuͤcke so gierig eines nach dem andern in den Mund/ daß ihm derselbe schaͤumete/ und muste sich die gantze Gesellschafft seiner zum hoͤch- sten verwundern. Hierauf nahm er eine grosse silberne Schaale/ Deß Academi schen Schaale/ die voll Weins/ und wol 2. Maß fassete/ dieselbe setzete er an den Mund/ und leerete sie gleicher Gestalt auf deß Magnificentisfimi Gesundheit auß/ ehe er sie von den Lippen nahm. Welches abermahl eine neue Verwunderung verursachete. Hierauf nahm er ein Spanferckel fuͤr sich stund auf/ und mach- te dem Podestà ein Compliment, setzete sich darauf nieder/ und verzehrete es auf seine Gesundheit/ jedoch ließ er das aͤusserste der 4. Schenckel in der Schuͤssel ligen. Er ergriffe darauf eine Flasche mit starckem Brandtewein von einer halben Rheinischen Maß/ setzete sie an den Mund/ und leerete sie gleicher Gestalt auf deß Podestà Gesundheit in einem einigen Zug rein auß. Darauf langete er dem Troll die Ferckel- Fuͤsse auf einem Teller/ und noͤthigete ihn/ sein Gast zu seyn. Dieser aber schuͤttelte den Kopff/ und sprach: Lieber Helluo, wann ich diese Schenckel auffraͤsse/ wurden die Leute sagen/ ich und ihr haͤtten mit einan- der das Ferckel aufgefressen/ uñ wuͤsten sie doch nicht/ daß solches zu ungleichen Theilen geschehen waͤre/ darum/ wo d’ Hund geblieben/ da mag der Schwantz auch seine Stelle finden. Sed memento, Archesilaum immodicô vini haustu excessisse. Cerebacchius nahm die Knochen wieder zu sich/ und lachete unter diesen Worten: Ennius Poëta nunquam accingebat scri- bendis carminibus, nisi multô madidus vinô. Troll replici rte: Lacydes Philosophus ex nimia compota- tione concidit in Paralysin, quâ mortuusest. Worauf Cerebacchius: Mithridatem ferunt illis certa consti- tuisse præmia, qui plures cibos ventri destinassent, aut majore se ingurgitassent vino, ut sui similes haberet, qui aliâs sui temporis mortales omnes vim haustu lon- gè excessit. Da hingegen Troll: Elpenor vino largius haustô impos animi factus, scalarum lapsu exanimatus est. Romans I. Buch. est. Cerebacchius in Antwort: Hercules cum Leprea rege degula contendit, vicitque tandem tauro paula- tim devoratô. Troll: At Polyphemus Cyclops hausto largius vino, dum in somnum concidisset, ab Ulysse excæcatus est. Cerebacchius: Theagenes Athleta tau- rum vorabat solus. Troll: Cleomenes, Rex Spartano- rum, quum Scytharum virolentiam imitari cuperet, in insaniam redactus est. Cerebacchius. L. Piso majorem noctis partem conviviis \& temulentiæ impendebat, biduô per compotationem continuavit apud Tibe- rium Principem. Auß allen diesen Discurs en hoͤreten die Anwesenden/ daß Cerebacchius sein Summum im Fressen und Sauffen suchte/ derowegen sprach der Podestà zu ihm/ daß ihm billich der Name Cerebac- chius gegeben worden/ als der ein getreuer Anbetter der Ceres und deß Bacchi sey. Cerebacchius neigete sich hierauf/ und gab diese Antwort: Novellius Tricon- gius Mediolanensis meruit cognomen à tribus vini eongiis, quos uno impetu hauriebat, spectante mira- culi causâ Tiberio Principe. Der Magnificus warnete ihn darauf/ und hielte ihm fuͤr/ daß die Leute/ welche sich mit Speiß und Tranck dergestalt zu uͤberladen pflegeten/ nicht lange lebeten; Aber Cerebacchius nahm einen grossen Becher/ und sprach: Nisæus, Sy- racusarum Tyrannus, ubi ab auspicibus didicisset, bre- vi se periturum, quiquid superfuit vitæ, commessatio- nibus imperdit \& ebrietati. Als ihn der Printz also re- den hoͤrete/ lachete er/ und sprach: Man wird aber die- sem Tyrannen ein schlechtes Epitaphium gemacht haben? Worauf Cerebacchius: Darium vinolen- tum fuisse arguit inscriptio sepulchri ejusdem, quæ talis erat: Potuit \& multum vini potare, \& hoc probè ferre. Was verlanget aber ihr/ forschete Klingenfeld jetzo von ihm/ nach eurem Tod fuͤr eine F f Grab- Deß Academi schen Grabschrifft? Der Westphaͤlinger gab ihm zur Ant- wort: Timocreonti Rhodio propter cibi \& vini avi- ditatem Epitaphium sequens inditum est: Multa bibens, tum multa vorans, malè deniq́; dicens Multis, hic jaceo Timocreon Rhodius. Jst wol geantwortet/ sprach jetzo die holdseelige Il- mene, welche ihm mit sonderbarer Verwunderung zusahe. Sie fragete aber/ ob auch wol eine oder an- dere unter dem Frauenzimmer seines Landes sich dem Schwelgen so sehr ergeben haͤtte? Cerebacchius er- theilete ihr diese Antwort: Aglais tibicina, Megadis filia decem carnium minas, \& quatuor panum chœni- cas absumebat, hauriebat \& choam vini. Das ist un- glaublich/ fiel ihm Carola Catharina ins Wort/ und wird ausser Zweiffel dieser Person auß Neyd nach- geredet. Aber Cerebacchius ließ sich dargegen fol- gender Gestalt vernehmen: Myrtale vinolenta mu- lier vino commiscebat folia lauri, ne vinum oleret. Hierauf wolte er sich mit Discurri ren nicht laͤnger aufhalten/ sondern setzete den grossen Becher an den Mund/ und soff ihn rein auß. Darauf langete er nach einer grossen Schuͤssel/ die voll schoͤner Birn war/ selbige steckete er/ eine nach der andern in den Mund/ und asse sie mit solchem Appetit auf/ daß ein Jeder sich deßfalls zum hoͤchsten verwundern muste. Das XXXIX . Capitul/ Die Perser haben ihre Jugend wol unterrichtet. Was die Roͤmische Kaͤyser der Jugend und Lehrer wegen verordnet haben. D Er Rector Magnificus forschete anjetzo bey dem Vorsteher der Teutschen/ ob dann alle Teut- sche Studenten dem Fressen und Sauffen al- so nachhiengen? Und dieser/ als ein alter Academi- cus, ertheilete ihm nachfolgende Antwort: Jch kan leyder! unserm lieben Vatterland den Ruhm nicht ertheilen/ Romans I. Buch. ertheilen/ der Jtalien/ Spanien/ und andern Catho- lischen Orten/ gebuͤhret/ allwo man die Professiones mit qualifici rten Subjectis besetzet. Jch habe es leyder! in Patria zu hoͤchstem Verdruß erfahren/ daß man sol- che Leute zu Professor en angenommen/ welche nicht allein selber annoch eines Lehrmeisters beduͤrfften/ so wol/ was das Alter/ als was die Wissenschafften be- langet/ sondern die darneben ein solch unmaͤssig Le- ben fuͤhreten/ daß sie es fuͤr ihre beste Freude achteten/ wann sie von den reichen Studenten in diesem oder jenem Lust-Garten/ wil nicht sagen/ in den gemeinen Wirths-Haͤusern/ einen wackern Rausch soffen. Wann aber solche Leute auf den Catheder steigen/ die mit den Studenten in Bruͤderlicher Vollsaufferey leben/ die in Theologia nichts verstehen/ die in Jure nicht einmah! aufzuschlagen wissen/ die in Medica Fa- cultate nicht wissen/ was Botanica, was Chymica, \&c. die in Mathesi den Triangulum Scalenum nicht ken- nen/ ja/ die alles/ was sie profiti ren/ auß dem Zettel/ oder auß einem Buch (wie ich offt wol auf einer Nordischen Academie gesehen/) daher lesen/ und wann ja eine Gradual-Disputation vorgehet/ bey dem Schmauß weit fertiger sich einstellen/ als beym Op- poni ren/ wie kan es bey so beschaffenen Dingen mit den Studenten auf Universit aͤten wol hergehen? Sie muͤssen ja halbe Barbarn werden. Es ist war- lich sehr viel daran gelegen/ daß der Jugend gelehrte/ geschickte und fertige Lehrmeister vorgestellet werden/ weil das Heyl und Ungluͤck der Kirchen/ samt den Policeyen/ an diesen zarten Zweigen haͤnget. Die Perser wusten solches wol/ darum hatten sie weise Versucher gethan/ und schreibet Xenophon von ih- nen/ wie folget: F f 2 Prima Deß Academi schen Prima his legibus cura à bono publico videtur initium sumere. Haud enim incipiunt iridem utaliæ plurimæ civitates, quæ parentibus permittentes, pro voluntate filios educare, \& ætate provectioribus, pro arbitrio vitam agere, eos jubent ne furentur, ne rapiant, nein alienas ædes ingrediantur vi, ne in- justè percutiant quemquam, ne adulterium patrent, ne prin- cipis imperium detrectent: reliquaque hujusmodi eodem pa- cto. Quod si quid horum transgressus quis fuerit, pœnam in eum statuerunt. At Persarum leges anticipantes maximè cu- rant, ne initio tales sint cives, ut cujus quam vel improbitatis, vel turpitudinis desiderio capiantur. Curant autem hoc pacto. Est illis forum quod vocatur liberum: ubi \& regiæ \& alia sunt palatia. Hinc \& venalia, \& circumforanei, \& horum clamores, atque ineptiæ, in alium locum rejecta sunt, ne horum turba compositis eorum moribus, qui institutionem adepti sunt, misceatur, est autem forum circa palatia, distributum in partes quatuor, quarum una est puerorum, altera puberum, tertia vi- rorum qui perfectam ætatem jam agunt, quarta verò eorum, qui sunt emeriti, legeque horum singuli adsunt locis suis pueri, eum primùm illuxerat, \& eodem modo perfectæ ætatis viri, seniores verò, cum per otium cuique licuerit, exceptis constitu- tis diebus, quibus adsint necesse est. At adolescentes cubant etiam in palatiis cum gymnicis armis: exceptis maritis, qui ne requiruntur quidem, nisi antea jussi adesse fuerint. At neque ho- nestum ducitur sæpius abesse. Et ptæsunt cuique harum par- tium duodecim principes, nam in duodecim tribus Persæ di- stributi sunt. Illi verò pueris præsunt, qui selecti exsenioribus, eos videantur reddituri quam optimos. Adolescentibus autem, ex absolutæ ætatis viris illi, qui perquam optimos, eos existi- mentur effecturi. Ac ipsis absolutæ ætatis viris ii sunt præfecti, quorum illi institutione censeantur quæ constituta sunt, \& à Magistratu maximo imperata maximè præstituri. Electi autem sunt præsides seniorum: qui præsunt, quò hi quoque suo fun- gantur officio. Quæ autem cuique ætati imperantur faciunda, enarrabimus, quò dilucidius fiat, diligentiam ne adhibebant ur cives sint quàm optimi, Pueri igitur ventitantes ad Scholas, ju- stitiæ discendæ dant operam, ajuntque ita illos huic rei studere, quemadmodum apud nos, qui eunt ad literas perdiscendas. Eorum autem magistri magnam diei partem consumunt, in eorum disceptarionibus judicandis. Habent enim pueri quo- que inter sese, quemadmodum viri, accusationes \& de furto, \& de rapina, \& de vi, \& de fraude, \& de maledicentia, \& de aliis criminibus, ut \& par est. Die Romans I. Buch. Die erste Vorsorg und Fleiß dieser Gesetze und Satzungen laͤsset sich beduncken und ansehen/ ihren Anfang von dem gemeinen Nutzen her zu nehmen. Dann sie fahren nicht zugleich und auf eine Weise an/ wie der meiste Theil der Staͤdte/ welche/ nachdem sie den Eltern zulassen/ die Kinder nach ihrem Wil- len und Wolgefallen aufzuziehen/ und den Jenigen/ welche bey ihren Jahren/ und nunmehro erwachsen/ und erzogen sind/ nach ihrem Gefallen und Gutdun- cken zu leben/ denselbigen befehlen sie an/ damit sie nicht sollen stehlen/ rauben/ nicht in fremde und an- dere Haͤuser mit Macht und gewaltsamer Hand ein- brechen/ Niemanden unbillicher Weise schlagen/ nicht Ehebrechen und Hurerey treiben/ nicht Laͤster- und Schmaͤhe-Worte auf Fuͤrstl. Geheiß und Be- fehl außgiessen/ und was auf solche Weise der Sa- chen mehr seyn moͤgen. Dann/ so Jemanden unter diesen etwas begangen und verbrochen hat/ ist er ernstlich und haͤfftig zur Straff gezogen worden. Aber der Perser Gesetze und Satzungen/ welche diese weit uͤbertreffen/ und vorgehen/ befleissigen sich als- bald anfaͤnglichen/ damit sie nicht solche Buͤrger moͤchten seyn/ noch erfunden werden. Damit sie nicht durch irgend eines Boßhafftigkeit/ schaͤndliches und aͤrgerliches Wesen und Leben moͤchten belustiget wer- den. Sie verfahren aber auf solche Weise: Sie ha- ben einen Marckt/ welchen man den Frey-Marckt nennet/ allda Koͤnigl. Haͤuser/ und gar viel andere schoͤne und herꝛliche Gebaͤue und Fuͤrstliche Pallaͤste stehen. Daher dann die Kraͤmereyen/ Land-Fahrer/ Zahn-Brecher/ derselbigen unerhoͤrtes Geschrey/ und andere Narrentheidinge auf einen andern Ort geleget/ und geordnet sind/ damit nicht derselbigen Zuseher/ Zuschauer und Kauffleute/ wann sie ihr Ju- F f 3 bilier- Deß Academi schen bilier-Geschrey gehoͤret/ von solchem bethoͤret/ uñ da- her ihnen solches nachthaͤten und nachaͤffeten. Dann/ sie haben einen Marckt um ihre Pallaͤste/ und Koͤnigl. Gebaͤue herum/ welcher in 4. unterschiedene Theile ist abgetheilet/ unter welchen der Eine der kleinen Kinder und Knaben ist und gehoͤret/ der Andere de- nen/ welche nunmehr erwachsen/ erzogen/ und bey ih- ren Jahren sind/ der Dritte denen/ welche bey einem Mannlichen voͤlligen Alter sind/ der Vierdte aber den Jenigen/ welche sich um Land und Leute wol ver- dienet und verschuldet haben/ und nach diesen Gese- tzen und Satzungen ist ein jeder Knabe an seinem Ort und Stelle/ so bald der Tag fruͤhe Morgens an- gehet/ und daher bricht/ gegenwaͤrtig/ so wol auch die Maͤnner/ welche eines voͤlligen Alters sind; Die Se- nior en und Eltesten aber/ nachdem es ihnen beliebet/ und eines Jeden Zeit/ Gelegenheit mit sich bringet/ und leyden wil/ ohne auf gewisse gesetzete und bestim- mete Zeit/ zu welcher sie gegenwaͤrtig seyn/ und er- scheinen muͤssen. Die jungen Gesellen aber ligen auch mit allerhand blossem Gewoͤhr und Waffen auf den hohen/ erhabenen/ herꝛlichen und schoͤnen Pallaͤsten und Gebaͤuen herum; Ohne die Ehe-Maͤnner/ welche zwar nicht darzu gelangen und kommen/ sie werden dann darzu gefordert/ und beruffen. Es wird aber nicht fuͤr ehrlich und gut gehalten/ und angesehen/ wann man sich gar zu offt und viel absenti ret/ und darvon bleibet/ und sind einem Jeden unter diesen 4. Theilen 12. Fuͤrsten vorgesetzet/ und verordnet/ dann die Perser sind in 12. Zuͤnffte auß- und abge- theilet. Die Jenigen sind aber den jungen Knaben vorgesetzet/ und verordnet/ welche von den Senior en und Eltesten sind erkieset/ und erwaͤhlet/ welche dar- fuͤr angesehen/ und gehalten werden/ daß sie dieselbi- gen Romans I. Buch. gen zu allem Guten anweisen moͤchten. Den jungen Gesellen aber solche Maͤnner/ die eines rechten und voͤlligen Alters/ welche man darfuͤr achtet/ und haͤlt/ daß sie dieselbigen zum Besten unterrichten/ und un- terweisen moͤchten. Aber denen/ welche zu einem voͤl- lichen und Mannlichen Alter gelanget/ und kommen/ sind diese vorgesetzet und verordnet/ welche die besten Zuchtmeister/ und welche das Jenige/ was von der hohen Obrigkeit zu thun und zu leisten geschlossen und befohlen/ auf das Allerfleissigste und Beste ver- richten/ und zu Werck bringen. Es sind aber auß den Senior en und Eltesten Vorsteher erkieset und erwaͤh- let/ welche uͤber sie gebiethen/ und herꝛschen/ damit auch sie ihr Amt fleissig und treulich verrichten/ und verwalten moͤgen. Was aber einem jeden Alter an- befohlen wird zu thun/ wollen wir erzehlen/ damit es desto klaͤrer und deutlicher werde/ so soll sich ein Jeder dahin befleissigen/ daß er ein wahres und rechtschaf- fenes Gliedmaß und Buͤrger seyn moͤge. Derhalben die Knaben/ welche fleissig zur Schul gehen/ kehren und wenden Fleiß an/ Recht und Gerechtigkeit zu lernen/ und man saget/ daß sie sich dieses Dinges al- so muͤssen befleissigen und obligen/ gleich wie bey uns/ welche die freyen Kuͤnste wollen lernen. Derselbigen Præceptores und Lehrmeister wenden deß Tages uͤber eine gute und geraume Zeit auf/ ihre Streit-Sachen zu entrichten/ und zu entscheiden. Dann es haben auch die Knaben unter einander so wol/ als die Maͤn- ner/ ihre Anklagungen wegen deß Diebstahls/ Rau- bens/ Gewalt/ Betrugs/ Gottslaͤsterung/ und an- dern Lastern/ wie dañ billich und recht. Bißher Xeno- phon, von den Edlen Persern/ welche der Jugend ge- schickte Lehrmeister zugeordnet. Kaͤyser Carl der IV. hat wol gesehen/ und in die guͤldene Bulle gesetzet: F f 4 Cum Deß Academi schen Cùm \& Sacri Romani celsitudo Imperii, diversarum Natio- num, moribus, vita, \& idiomate distinctarum, leges habeat, \& gubernacula moderari, dignum est, \& cunctorum sapientum ju- dicio censetur expediens, quod Electorcs, Principes, ipsius Im- perii columnæ, \& latera, diversorum idiomatum, \& linguarum differentiis instruantur, ut plures intelligant, \& intelligantur à pluribus, qui plurimorum necessitatibus revelandis, Cæsareæ sublimitati assistant, in partem solicitudinis constituti. Qua- propter statuimus, ut Illustrium Principum, puta, Regis Bohe- miæ, Comitis Palatini, Ducis Saxoniæ \& Marchionis Bran- denburgensis, Electorum filii, vel hæredes \& successores, cum verisimiliter Teuronicum Idioma, sibi naturaliter inditum, sci- re præsumantur, \& ab infantiâ didicisse, incipiendo à septimo ætatis suæ anno, in Germanica, Italica \& Sclavica linguis in- struantur, ita quod infra 14. ætatis annum existant in talibus, juxta datam à DEO sibi gratiam, eruditi, cum illud non solum utile, imò ex causis præmissis summè necessarium habeatur, eo quod illæ linguæ, ut plurimum ad usum, \& utilitatem Sacri Im- perii, frequentari sint solitæ, \& in his ardua ipsius Imperii nego- tia ventilentur. Hunc autem proficiendi modum in præmissis posuimus observandum, vel relinquetur optioni in filios, si quos habuerint, seu proximos, quos in principatibus sibi credunt verisimiliter successuros, eosque ad loca dirigant, in quibus de hujusmodi pos- sint linguis edoceri, vel in propriis domibus pædagogos in- structores, \& pueros consocios, in his peritos, eis adjungant, quorum conversatione pariter \& Doctrina, in linguis ipsis va- leant erudiri. Wann aber deß Heil. Roͤmis. Reichs Hochwuͤrdigkeit von mancherley Nation, die an Sitten/ Leben und Sprachen unter- schieden seynd/ ihr Gesetz und Regiment zu maͤssigen hat/ so ist mit aller weisen Leuten Rath/ geschaͤtzt und geacht ziemlich zu seyn/ daß die Chur-Fuͤrsten deß Reichs/ die seyn sollen Saͤuten und Aufhaltnuͤß mancherley Sprachen und Zungen/ Unter- scheidnuͤß zu unterweisen/ daß sie verstehen/ und von Maͤnniglich verstanden werden/ die von mancher Nothduͤrfftigkeit wegen fuͤrbringen/ Kaͤyserl. Wuͤrdigkeit beystehen/ und zum Theil der Sorgfaͤltigkeit gesetzt sind. Darum gebieten Wir/ und setzen/ daß der Durchleuch t igen Fuͤrsten und Herren/ der Koͤnigen zu Boͤheim/ der Pfaltz-Grafen bey Rhein/ der Hertzogen von Sach- sen/ der Marggrafen von Brandenburg/ Chur-Fuͤrsten Soͤhne/ oder Romans I. Buch. oder ihre Erben und Nachkommen/ denen/ als der Warheit gleich ist/ natuͤrliche Teutsche Sprache an ist/ und auch von Kindheit gelernet haben/ anzuheben/ am 7. Jahr ihres Alters sollen in der Grammatic Welscher und Windischer Zungen/ also in dem 14. Jahr ihres Alters/ nach den Gnaden/ die ihn GOTT gege- ben hat/ gelehret werden. Dann das nicht allein nutz/ sondern ist den vor genannten Sachen groß Nothdurfft. Dann dieselbe Sprach zu mehrer Theil zu Nutz und Nothdurfft deß H. Reichs geuͤbet. Auch gewoͤhnlich in denselben Sprachen groß Sach deß Roͤmischen Reichs geuͤbet/ und beweget werden/ und solche Weiß vollbringen/ und zu lernen/ setzen Wir zu halten/ also/ daß die Wahl bleib bey den Freunden/ und gegen denen/ ob sie die haben/ oder gegen ihren naͤchsten Freunden/ an die ihr Fuͤrstenthum solt nach ihnen kommen/ schicken zu den Staͤdten/ daß sie solche Sprach lernen/ und ihre Haͤuser/ oder ander Weiß Gesellschafft ihn die zufuͤgen/ von der Anweisung/ Gesellschafft und Lehre/ sie in derselben Sprach gelehret/ und unterwiesen werden moͤgen. Die 2. Kaͤyser/ Theodosius und Valentinianus, haben gute Professores und Præceptores gewaltig be- freyet/ inmassen auß diesen Gesetzen scheinet: Gram- maticos tàm Græcos quàm Latinos, Sophistas \& Juris- peritos, in hac Regia urbe professionem suam exer- centes; \& inter Statutos connumeratos, si laudabi- lem in se probis moribus vitam esse monstraverint, si docendi peritiam, facundiam dicendi, interpretandi subtilitatem, copiamque disserendi se habere patefe- cerint \& cætu amplissimo indicante digni fuerint æstimati: cum ad viginti annos observatione jugi, ac sedulo docendi labore pervenerint: placuit honorari, \& his, qui sunt ex vicaria dignitate connumerari. Die Grammatic- Lehrer/ so wol Griechische/ als Lateini- sche/ auch die Dialectic- Meister und Rechts Gelehr- ten/ die ihre Profession in dieser Koͤnigl. Stadt emsig treiben/ und unter die Ordentliche gezehlet seyn/ wann sie ein Loͤbl. Leben an sich mit frommen Sitten erwei- sen/ wann sie erfahren seyn im Lesen/ fertig im Reden/ subtil in Anschlaͤgen/ und reich im Disputi ren erfun- F f 5 den/ Deß Academi schen den/ und von der ansehnlichen Menge wuͤrdig erken- net worden/ wann sie 20. Jahr staͤts an einander/ und mit treuem Fleiß die Jugend unterwiesen haben/ hat uns gefallen zu ehren/ und denen/ die deß Reiches Statthalter heissen/ beyzugesellen. Zu einem rechtschaffenen Lehrer gehoͤren drey Stuͤcke: Erstlich/ daß er gruͤndlich/ was er lehren soll/ studi ret habe. Darnach/ daß er solches von sich zu geben/ und feine Studenten oder Scholar en zu hin- terlassen/ eine feine Art und Geschicklichkeit habe. Drittens/ daß er auch Liebe und Freude darzu habe. Mancher hat studi ret/ aber ihm mangelt die Fertig- keit. Mancher hat studi ret/ und ist fertig/ aber ihm mangelt die Anmuthigkeit/ und begehret/ seine Muͤ- he auf andere Stuͤcke zu wenden. Wer mit unbaͤndi- gen Hunden jaget/ wird wenig Wildpraͤth fangen. Wann dann dem also/ haben etliche Fuͤrsten/ der Fuͤrsten Raͤthe/ der Raͤthe Bluts-Freunde und Bekandten/ schwere Suͤnden begangen/ wofern/ wo- fern (sage ich/) sie ihre weyland Diener/ ihre Schwaͤ- ger/ Vettern/ Soͤhne und Eydamer/ die entweder ungelehrte Leute/ oder doch Grobe in den Sitten ge- wesen/ zu Professor en aufgedrungen. Herꝛ M. Heyder saget bey Einweyhung deß vor der Zeit fuͤrtrefflichen Gymnasi en also: Qui docendi partes in Academiis sustinet, sæpè numerô prorsus imperiti sunt eorum omnium, quæ tradenda, \& ea vix alienis \& sub- reptitiis è chartis, sed non sine hæsitatione, legere possunt. Ita non rarò fit, ut artem gratia præponde- ret, \& ad Medicinam faciendam illi qui ulceribus ipsi scatent, arcessantur. Welche auf Academi en lehren sollen/ seyn offtmahls gantz unerfahren derer Dinge/ welche ihnen gebuͤhren zu treiben/ und koͤnnen solche kaum auß fremden/ gestohlenen/ oder verzuckten Brieffen Romans I. Buch. Brieffen/ oder Blaͤttern/ auch nicht ohne Stutzen da- her lesen. Dergestalt geschicht zum oͤfftern mahl/ daß die Kunst aller Gunst verleuret/ und der wird zum Artzneyen beruffen/ der von Schwaͤren starret und stincket. Bald darauf saget der wol-meynende Herꝛ: Es sey nichts schaͤndlichers/ als wann ein Schuster/ was unter seinen Leist/ und ein Schmidt/ was unter seinen Hammer sich nicht schicken wil/ arbeiten wolle. Drey Professiones, meines Erachtens/ seyn schwer bey den Universit aͤten: Die Professio Historiarum tùm Secularium, tùm Ecclesiasticarum; Die Professio Eloquentiæ, und die Professio Theologiæ Practicæ. Jst etwas in Facultate Juris und Medicinæ unterzu- rechnen/ wolan es geschehe: Steit-Sachen in Theo- logia zu erklaͤren/ erfordert fast keine sonderliche Muͤ- he an dem/ der sie redlich studi ret. Kommen hervor neue Exception en/ Instanti en/ Argument en/ ist der Professor geuͤbet ex Artibus Instrumentalibus, ihm fliessen haͤuffig zu Responsiones. Aber Historias Ec- clesiasticas zu treiben/ ist eine verdrießliche Muͤhe/ und solte billich den Jenigen gereuen/ der sie auf sich ge- nommen; Dann/ da muß einer bewandert seyn in den besten Patribus und Authoribus, bewandert in den Kuͤnsten und Sprachen/ bewandert in den Propheti- schen und Apostolischen Schrifften/ soll er von wich- tigen Faͤllen die Jugend recht unterweisen. Ach! es gehoͤret viel zu der Profession Eloquentiæ und Theologiæ Practicæ, und noch mehr zu der Profession Historiarum tàm Secularium, quàm Ecclesiasticarum. Dargegen stehet sehr heßlich/ wann Jemand die Griechische Sprache profiti ret/ und selbsten darinn schlecht beschlagen ist/ dicti ret den Studenten auf Universit aͤten: Est Aoristus, est Aoristus, est tertia, est tertia, Deß Academi schen tertia, est tertia persona singularis. Jch schaͤme mich darvon zu reden. Aber die muͤssen sich schaͤmen/ wel- che/ wann Profession en ledig/ stracks darein plumpen: Lasset uns solche Stelle diesem befehlen/ lasset uns diesem befehlen/ ohne Betrachtung der Geschicklich- keit/ der Kunst/ der Froͤmmigkeit. Warum bestellet man nicht Lahme zu Post-Botten/ und Blinde zu Kupffer-Stechern? Andere Professores, spricht Herꝛ Heyder/ heiliger Gedaͤchtnuͤß/ seyn langsam und faul/ als ob sie in dem Jrꝛ-Garten deß Mino en gerathen/ und Jenem nach- aͤffeten/ der 22. Jahre uͤber dem ersten Capitel deß Propheten Esaias arbeitete/ und nicht vollendete/ die waͤren wuͤrdig/ keine Zuhoͤrer/ als den duͤrren Famu- lum, Hauß-Hunde/ und die Muͤcken an den Waͤnden zu haben. Andere Professores, spricht M. Heyder/ eylen zu geschwinde/ brauchen weder Zeit noch Fleiß/ und was am nothwendigsten ist zu erklaͤren/ pflegen sie zu uͤber- schreiten. Als wann Elisa zu ihm gesagt haͤtte: Guͤrte deine Lenden/ und nimm einen Stab in deine Hand. So dir Jemand begegnet/ und wil fragen/ gruͤsse ihn nicht/ siehe ihn nicht an/ und gruͤsset dich Jemand/ so dancke ihm nicht/ fraget dich Jemand/ so antworte ihm nicht. Andere/ spricht M. Heyder/ seyn zwar nicht un- gelehrt/ auch wol geschickt/ aber sie fuͤhren eine gemei- ne Art zu lehren/ und bleiben auf der alten Geigen/ welche ihre Vor-Eltern gestimmet/ streichen die ge- wohnete Saͤiten/ verachten/ was recht Academi sch/ recht Universit aͤtisch/ behelffen sich mit Lumpereyen der Schuͤtzen/ und Plackereyen der ABCdari en. Ge- schicht aber/ und bekommen einen grossen Zulauff/ werden daruͤber stoltz/ wie jener naͤrrische und Phan- tasti sche Romans I. Buch. tasti sche Mensch zu Athen/ welcher in dem Meer- Port sasse/ und alle ankommende Schiffe fuͤr seine Schiffe aufzeichnete/ und mit Freuden empfienge. Andere/ spricht M. Heyder/ setzen zur Seiten/ und verwerffen gaͤntzlich/ was nutzlich/ noͤthig/ und zierlich ist/ und verlieben ihre Seelen an schlimmen Albertaͤten. Neque rarò illud Heracliti, qui inter docendum vocem illam, obscura, obscura, semper in- culcabat, non quidem ore proferunt, sed mente tamen, \& pectore clausum habent, \& studiosè intricare co- nantur omnia: ut soli sapere, \& reliquitanquam um- bræ circumvolitare videantur. Et quidem, ut in his quæstionum futilium, \& inutilium deliciis lascivire queant liberiùs, \& ambitionsius luxuriare: omnia ve- terum Sophistarum \& Scholasticorum somnia, pridem sepulta, refodiunt, \& tanquam ingenii proprii fætus, saltem leviter mutata, \& erasis quasi signis, quod fures amant facere, in scenam producunt. Hi suis cum disci- pulis uti magni sunt in parvis, ita parvi sunt in magnis, nec multum distant à noctuis, quæ cùm in tenebris oculorum acie præstent, ad solem meridia- num planè caligant \& cæcutiunt. In lucem enim Ec- clesiæ, Reipubl. si prodeundum, omnia illa sophisma- ta, non minus quàm nebula quæpiam, evanescunt, \& qui leones in scholis videbantur, nihil aliud, quàm asi- nos Cumanos se esse demonstrant: \& quod laboriosè didicerunt, non minore cum molestia, nec sine pudo- re, dediscere coguntur. Solche brauchen staͤts das Wort Heraclit en/ und ruffen/ weil sie lesen/ es ist dun- ckel/ oder stellen sich doch/ als ob sie dunckele und hoch- wichtige Sachen braͤchten/ auch damit sie in kindi- schen Fragen/ und vergeblichem Docken-Werck/ desto laͤnger sich belustigen koͤnnen/ wuͤhlen sie auf alle Traͤume und Einbildungen der alten Sophist en und Scholast en/ Deß Academi schen Scholast en/ die vor Zeiten verhoͤhnet worden/ und sol- che kehren sich ein wenig um/ geben andere Gestalten/ nach dem Exempel der Dieben/ welche an gestohlenen Dingen die Zeichen wegkratzen/ putzen und schmu- cken/ stellen endlich an die Schaue/ unter dem Na- men/ daß sie der Edlen Fruͤchte Vaͤtter waͤren. Diese Professor en/ samt ihren anhangenden Juͤngern/ seyn grosse Elephanten in kleinen Maulwurffs-Huͤgeln/ und kleine Ameisen in grossen Riesen-Bergen/ und sehen aͤhnlich den Nacht-Eulen/ welche scharff klotzen in den Finsternuͤssen/ und verblinden bey dem Tage. Dann/ wann sie oͤffentlich an das Liecht in Kirchen und Policeyen gestellet werden/ sincken dahin die lah- me Possen/ und vergehen/ wie der Nebel von der Sonnen vergehet/ und die sich in Schulen beduͤncken liessen/ sie waͤren Loͤwen/ starren/ und seyn Cumani- sche Esel/ muͤssen zuletzt/ was sie mit Muͤhe gelernet/ mit Marter vergessen/ aber nicht ohne Schaden. Bißher mein Herꝛ Heyder. Und darff keiner mit mir zuͤrnen/ weil M. Heyder bekennet/ daß untuͤchtige Leute zu Professor en gebrauchet worden. Werden gebrauchet untuͤchtige Leute in dem Lehren/ vielleicht werden gebrauchet untuͤchtige Leute in den Sitten. Gleichwie aber Herꝛ M. Heyder von dem verhasseten Punct in vielen Stuͤcken weißlich geschwiegen/ also wollen wir nicht viel Wort daruͤber verlieren. Lobwuͤrdig seyn in diesem Punct die Jesuiter/ und lassen solches in ihrem Orden durchauß nicht ge- schehen. Antonius Guevara in der Weck-Uhr der Fuͤr- sten schreibet: Necesse est Magistros principum omni lasciviæ notâ vacare. Adolescentes enim, cùm \& ætatis imbecillitate \& naturæ pravitate, sint ad libidinem proclives; nec virtute valent, ut sint casti; nec pru- dentia; ut sint cauti (neque se falli patiantur,) ideoq́; Magistros Romans I. Buch. Magistros ipsorum sanctissimos esse necesse est. Nun- quam enim erit discipulus castus, Magistrum videns esse vitiosum. Es ist noͤthig/ daß die Lehrmeister der Fuͤrsten aller Werck deß Muthwillens mangeln. Dann die jungen Knaben/ wegen Schwachheit der Jahren/ und Verderbung der Natur/ seyn geneigter zu der Geilheit/ haben nicht die Tugend/ daß sie keusch waͤren; Nicht die Weißheit/ daß sie behutsam waͤren. Darum beduͤrffen sie der allerheiligsten Lehr- meister. Dann niemahls wird der Juͤnger keusch seyn/ welcher siehet seinen Lehrmeister lasterhafftig seyn. Jn andern Stuͤcken hat es eben die Meynungen/ eines wird genennet/ aber viel verstanden. Was nutzet guter Rath/ wann man dem nicht folget? Guten Rath gibt Ambrosius: Ante vita, quam doctrina, quærenda est. Erst ist zu suchen ein ehrbares Leben/ darnach eine tapffere Wissenschafft. O! daß dieses alle Universit aͤten mercketen/ und ih- nen rathen liessen! Ein ehrbares Leben hat grosse Glori, auch ohne die Wissenschafft/ aber die Wissen- schafft hat keine Gnade/ ohne das ehrbare Leben. Dem Eli waͤre es besser gangen/ wann er an seine Stelle andere auß dem Aaronischen Stamm zu Fuͤrsten bey der Stiffts-Huͤtten/ und Professor en/ bey dem Gymnasi en zu Silo vorgestellet haͤtte; Aber seine beyde Soͤhne/ Hophni und Pinehas/ die ungelehrten und groben Gesellen/ musten Professor en und Priester seyn. Das XL . Capitul/ Die Studenten auf den heutigen Academi en lassen sich sel- ten wol an. Troll erzehlet seine Herkunfft/ seines Vatters Lebens-Lauff/ und wie er von demselben erzogen worden sey. A Ls der Teutsche/ so ein gebohrner Schwabe/ hiermit seinen Discurs beschlosse/ sahe ihn ein Jeder an/ und verwunderte sich uͤber dessen klu- ge Rede. Deß Academi schen ge Rede. Jnzwischen aber schob Cerebacchius einen Bissen und Trunck nach dem andern in den Magen/ discurri rte aber gleichwol auf alle und jede Fragen so pertinent, daß der Podestà dardurch Anlaß nahm/ ihn insonderheit zu befragen. Ob er etwa eine Wolreden- heit in den vielen Tractament en fuͤnde? Cerebacchius gab ihm diese kurtze Antwort: Fœcundi Calices quem non fecêre disertum? Und muste ein Jeder bekennen/ daß er wahr geredet haͤtte. Troll lieff unterdessen in seinen Geschaͤfften auf und ab/ nahm aber doch dann und wann einen Lab-Trunck zu sich. Er gieng eins- mahls hinauß/ und bliebe eine gute Weile aussen/ da dann unterdessen durch Veranlassung deß Cere- bacchii der Rector Magnificus Gelegenheit bekam/ von dem Unterschied der Studenten zu reden: Es meynen offt/ sprach er/ die armen Eltern/ ihre Soͤhne thaͤten auf Universit aͤten anders nichts/ als studi ren/ aber die meisten werden meisterlich um ihr Geld/ das sie offt mit grosser Muͤhe erscharret/ oder bey harter Arbeit/ Hunger und Unlust erspahret/ von den Kin- dern auf Universit aͤten betrogen/ dann die wenigsten Studenten legen sich auf rechtschaffene Studia, sond’n/ so bald sie auß den Schulen in die freye Academi sche Lufft kommen/ stincken sie alsbald von lauter grosser Einbildung/ und mag wol kein hoffaͤrtiger Thier ge- funden werden/ als ein angehender Student/ so der Ruthen alleweil entlauffen ist. Da kom̃en die/ so etwa ein halbes oder gantzes Jahr vorher Academici ge- wesen/ und machen Freundschafft mit diesen Neu- lingen/ welches denselben so wol gefaͤllet/ daß sie alles auf das Schmaussen spendi ren/ was ihnen die El- tern etwan zu Kleidern oder Collegi en gesandt ha- ben. Sie bilden ihnen uͤber grosse Wissenschafften ein/ weil sie etwa in den Fallaciis Syllogismorum ein wenig Romans I. Buch. wenig belauffen sind/ oder eine Chreiam oder kleine Oratiunculam, oder ein Carmen in diesem oder jenem Genere machen kan. Da legen sie alsbald praͤchtige Kleider zu/ damit man sie nicht mehr keñe. Die meiste werden deß Debouchi rens bey sothaner Gelegenheit dergestalt angewoͤhnet/ daß sie es sich hernach nit wie- der abgewoͤhnen moͤgen. Wann dann sothane aber- witzige Pursche zu den Jhrigen kom̃en/ uñ von Acade- mi schen Sachen viel Prahlens machen/ meynen ihre Eltern/ (von den Einfaͤltigen rede ich/ die selber nicht studi ret haben/) was fuͤr Wunder-wackere Soͤhne sie haben erzogen. Andere Studenten legen sich auf den Degen/ und schlagen sich alle Tage herum/ daß die Hunde das Blut lecken moͤchten. Noch andere gehen aufs Courtisi ren/ und ver- fuͤhren manche ehrliche Frau/ und zuͤchtige Tochter/ wiewol darneben nicht zu laͤugnen/ daß auch viel wa- ckere Studenten von dem Academi schen Frauenzim- mer zur Unkeuschheit verleitet werden. Andere gehen in ihren Pracht- und Stutz-Kleidern auf den Gassen staͤts spatzieren/ und diese koͤnnen weder trincken/ noch einen blancken Degen sehen/ die Studia sind ihnen zu schwer/ und zum Courtisi ren sind sie auch nicht capa- bel. Etliche wenige legen sich auf die Studia auß allen Kraͤfften/ und diese sind ins gemein armer Leute Kin- der/ die wol wissen/ daß ihre Erbschafft wenig zu be- deuten/ und daß durch ihren Fleiß sie sich aufbringen muͤssen. Auß solchen werden hernach die besten Leute/ deren man in Regiments-Sachen nicht entbaͤhren kan/ sondern man muß sie Heroum filiis oxis fuͤrzie- hen. Daher hoͤret man/ daß jetzo die Geschlechter der Schuͤtzen/ Schuͤlzen/ Moͤllern/ daß die Fabricii, Fabri, Sartorii, Vietor n/ Piscator n/ Meyern/ Bauern/ Kruͤ- gern/ Steindeckern/ Faͤrbern/ Webern/ \&c. vor an- G g dern Deß Academi schen dern hoher Æstim sind/ die doch meist entweder von ei- nem Wildschuͤtzen/ oder von einem Dorffschuͤtzen/ oder von einem Moͤller/ oder von einem Schmiede/ Schneider/ Kuͤffer/ Fischer/ \&c entsprossen sind/ und hernach ihren Namen behalten/ oder ein wenig mit Latein candisi ret haben. Ein Jeder muste es gestehen/ daß dieser gelehrte Mann gar wol geredet haͤtte. Es tratt aber Troll in diesem Augenblick wieder herein/ und darauf forsche- te Klingenfeld/ wo er so lange gewesen waͤre? In eo, quod patris fuit, sprach er; Und als die Gesellschafft dieser Worte lachete/ und zu wissen begehrete/ was er darmit meyne? Da warff er einen Zipffel vom Rock zuruck/ hub ein Bein in die Hoͤhe/ und schlug auf sei- ne dicke lederne Hosen/ daß es glatschete: Sehet/ meine Herren/ sprach er/ hierinn bin ich gewesen/ und diese Hosen hat mir mein Herꝛ Vatter bey meinem freundlichen Abschied verehret/ und mich versichert/ daß er sie uͤber 28. Jahr getragen/ und daß ich sie auch wol so lange tragen koͤnte; Er gab mir aber die Lehre/ wann sie schmutzig worden/ solle ich sie waschen. Dem Magnifico gefielen deß Trollen possierliche Re- den sehr wol/ weil demnach dieser Tag ohne dem zur Ergoͤtzlichkeit gewiedmet/ wolte er sich auch recht- schaffen lustig machen. Er forschete demnach bey Trollen/ wer sein Herꝛ Vatter waͤre? und wo er woh- ne? auch wie er ihn erzogen haͤtte? Troll sperrete die Finger an der lincken Hand auß einander/ und mach- te mit dem Zeig-Finger der Rechten daran eine wun- derliche Theilung: Credebam, sprach er/ Magnifice Domine, te esse hominem eruditum. Wie kommt es dann/ daß ihr mir so viel Fragen auf einmahl vorle- get? Qui benè distinguit, benè docet. Jhr wollet wis- sen/ wer mein Vatter sey/ das ist die erste und Haupt- Frage/ Romans I. Buch. Frage/ und daran ist auch warlich sehr viel gelegen. Dann es weiß nicht Jedermann/ wer mein Vatter ist; Erist aber/ ut rem ab ovo, quod ajunt, exordiar, in einem Teutschen Lande gebohren/ dessen Einwoh- ner man die Haͤrings-Nasen zu nennet pfleget. Muͤs- sen warlich seltzame Leute seyn/ die sich also nennen lassen/ dann meines Vatters Nase gleichet vielmehr einem gantzen Haͤring/ als dessen Nase. Aber er hat mir erzehlet/ daß in Teutschland die Provintzen son- derliche Beynahmen zu fuͤhren pflegen; Dann/ da nennet man etliche Kohl-Hasen/ etliche Sand-Ha- sen/ etliche Esels-Fresser/ etliche Rochen-Stecher/ et- liche Blinde und dergleichen/ ich glaube es seyn lauter hohe Collegia, wie in unserm Jtalien die Inthrona und andere. Es hat sich aber mein Herꝛ Vatte nachdem er von seinem Herꝛn Vattern eine gerau me Zeit zur Schulen gehalten worden/ auch schon 2. auf Academi en zugebracht/ in den Krieg begeben ter dem beruffenen Schwedischen Koͤnig Gus Adolphus, welcher damahl in Teutschland kom und die Lehre eines gewissen Mannes/ weiß n ob er Martinus oder Lutherus geheissen/ mit de m Schwerdt wider ihre Feinde beschuͤtzet hat. Er hat es so hoch gebracht/ daß er ein Kurtz-Gewoͤhr gefuͤh- ret/ und endlich ein Lieutenant worden; Aber/ als er kaum 4. Wochen in dieser Charge gelebet/ ist ihm ohn- weit Noͤrdlingen die lincke Hand abgeschossen wor- den/ weil er auch in eine schwere Kranck heit verfallen/ hat er seine Dienste quitti ren muͤssen/ und sich also auf den Weg begeben/ zu seinem Herꝛn Vatter zu keh- ren. Man hat ihn aber berichtet/ daß die Kaͤyserliche in seinem Vatterland alles verwuͤstet/ daß darvon weder Stumpff noch Stiel mehr zu sehen/ also ließ er sich ohnweit Franckfurt am Maͤyn in einem Solm- G g 2 sischen Deß Academi schen sischen Dorff nieder/ und lehrete erstlich Kinder/ dann weil sein Vatter ein Gloͤckner/ sein Groß-Vatter ein Kuͤster/ sein Elter-Vatter ein Dorff- Caplan, sein Ober-Elter-Vatter ein Prediger-Muͤnch/ (der lebte annoch vor der Reformation, ) und demnach allerseits Kirchendiener gewesen/ so wolte er auch seine Wissen- schafft an die Jugend legen/ ob er etwa dardurch noch zu einer Geistlichen Befoͤrderung unter seinen Luthe- rischen Glaubens-Genossen gelangen moͤchte. Aber er fand sich betrogen/ Simonia galt so wol da/ als an- derswo/ der nicht spendi ren kan/ der bleibet zuruͤck bestahn/ er sey dann ein vollkommener Mann/ den man nicht außschlagen kan. Mein Herꝛ Vatter be- kam nicht allein nichts von dem Kuͤster-Dienst deß orffs/ so bald hernach ledig ward/ und darvon er re ichlich haͤtte leben koͤnnen/ inmassen er 10. Guͤlden stehendem Gelde/ 5. Guͤlden an Bettel- oder ammel-Geld/ von jedem Hochzeit Paar 2. Batzen/ einem Kind zu tauffen 4. Pfenning/ und darzu lich zweymahl freye Brod- und Eyersammlung gantzen Dorff/ und neben demselben auf dem ein- ofarꝛten Adelichen Hof hatte zu heben gehabt/ aber so lches alles gieng ihm auß der Nasen/ der neue Kuͤ- ster nahm ihm die Schul/ und also muste sich mein Herꝛ Vatter/ Namens Bartel Troll/ um eine andere Schul umsehen. Zu allem Gluͤck starb um selbige Zeit der Gaͤnse-Hirt/ um diesen Dienst hielt er an/ und erlangete ihn durch Recommendation deß Edel- manns/ dessen Sohn er bißweilen im Schiessen exer- ci rte. Hierbey hatte er kaum das Brodt/ dann er be- kam vor jede Ganß/ die gesund blieben/ 3. Pfenning/ vor 4. Gaͤnse einen Laib-Brodt/ und wann ein jung Gaͤnßlein die Fluͤgel hangen ließ/ und man sahe/ daß es nicht wieder zurecht kommen kunte/ war solches sein Romans I. Buch. sein bestes Accidens, demselben nahm er die Federn und das Leben/ schlachtete und asse es auf/ gebraten oder gesotten/ mit oder ohne Senfft/ weiß/ oder im Pfeffer/ wie er Lust darzu bezeugete. Sein bestes Acci- dens waren auch die grosse Fluͤgel-Federn oder Spuh- len/ darauß man Schreib-Federn zu schneiden pfle- get/ die sam̃lete er auf der Waͤyde auf/ und verkauffte sie nach Franckfurt. Er hat offt erzehlet/ daß er fuͤr Hunger schier gestorben waͤre/ wann er nicht dann und wann etlichen jungen Gaͤnsen die Fluͤgel ent- zwey geschlagen/ die ihm so dann anheim gefallen/ daß er einen guten Bissen darvon haͤtte machen koͤnnen/ an Getranck habe es ihm hergegen nim̃er gemangelt/ und sey der Gaͤnse-Wein so wol ihm/ als einem jeden Einwohner desselben Dorffs/ offen gestanden/ darauß zu trincken/ wann es ihm beliebet. Nachdem mein Herꝛ Vatter sich in dieser Be- dienung/ wie die Bauren meyneten/ sehr loͤblich ei- ne Zeit lang verhalten/ begab sich mit dem Kuͤh-Hir- ten deß Dorffs ein erbaͤrmlicher Casus; Dieser Mañ hatte ein garstiges altes Weib/ weßwegen er wenig Lust von ihr hatte/ hielte sich demnach auf dem Feld zu einer jungen Kuhe/ und hielte mit derselben mehr zu/ als mit seinem eigenen Weibe/ er ward aber eins- mahls belauret/ und uͤber frischer That ertappet/ weßhalben man ihm einen kurtzen Process machte/ darinn es mit ihm dahin kam/ daß er gekoͤpffet/ und/ samt seiner Kuh-Buhlerin/ verbrannt ward. Nun war diese Stelle vacant, und mein Herꝛ Vatter der staͤrckeste Competitor darzu/ welcher durch Intercession deß Edelmanns/ der allein 15. Stuͤck/ groß und klein Vieh/ unter der Heerde hatte/ vor andern darzu ge- langete/ hier bekam er von jedem Stuͤck Rind-Viehe/ dessen er huͤtete/ einen Batzen/ und hatte darneben G g 3 zwey- Deß Academi schen zweymahl im Jahr eine freye Brodt-Sammlung durchs gantze Dorff. Wann er auch einem Bauren andeutete/ daß seine Kuh mit dem Ochsen gelauffen haͤtte/ bekam er eine halbe Steyge Eyer/ und ein Stuͤcklein Fleisch zur Verehrung. Er lebete aber gleichwol noch kuͤmmerlich darbey/ dahero kaufft er einen grossen Eymer/ und melckete im Felde die Kuͤhe derer/ die ihm nicht gnug opfferten/ die Milch aber verkauffte er deß Edelmanns Frauen/ die ihm ein Pfund Butter fuͤr jeden Eymer voll gab. Solches brach endlich auch auß/ also ward ihme die Kuͤh-Heer- de genommen/ und weil er den Edelmann und Pfar- rer zu Freunden hatte/ brachten sie es durch ihre Auto- rit aͤt dahin/ daß er Commendant uͤber die Schwein- Heerde ward. Hierbey gieng es abermahl schmahl her/ dann er bekam nicht von jedem Stuͤck/ sondern uͤberhaupt das gantze Jahr hindurch 10. Guͤlden/ und hatte dar- bey eine freye Wohnung bey dem Dorff-Schultzen/ wann aber ein Schwein auß seiner Heerde geschlach- tet ward/ bekam er eine Wurst zum Præsent. Das war das Beste bey diesem Dienst/ daß er die Schwei- ne nicht nach Hauß treiben durffte/ sondern/ wann er gegen Abend-Zeit in sein Horn bließ/ so lieffen die Schweine von sich selber nach dem Dorff/ und mel- deten an/ daß ihr Commendant auch auf dem Weg seye. Als er nun durch alle Gradus sothaner hohen Charg en durchgegangen/ ward er zu einer andern er- hoben. Dann/ als er in diesem Dorff schon 10. Jahr gelebet/ kamen etliche Soldaten zu Pferd/ welche durch diese Gegend marchi reten/ wie diese meinen Herꝛn Vatter am Abend hinter den Schweinen ins Dorff herein tretten sahen/ da rieff ihm der eine zu: Gluͤck Romans I. Buch. Gluͤck zu! Herꝛ Schwein-Oberster/ blaß einmahl ins Horn/ so solt du einen Nasenstuͤber zum Recom- pens haben. Mein Herꝛ Vatter wolte solches quasi nicht verstehen/ darauf ritte einer zu ihm/ und schlug ihn mit der Karbatsche um die Ohren. Mein Herꝛ Vatter warff ihm den krummen Schweinstock mit aller Macht in die Ribben/ und sprach: Du Hunds- Vogt solt wissen/ daß ich wol ehe ein besserer Kerl im Feld gewesen/ als du jetzo bist/ hast du nun so viel Cou- rage im Leib/ als Worte im Maul/ so halt ein wenig still/ ich wil dir etwas zeigen/ darbey du erkennen solt/ was dir vor diese Muͤhe zu Lohn gebuͤhret. Hiermit lieff er eylends nach seinem Kaͤm̃erlein/ holete seine Pi- stolen/ die er noch auß dem Krieg her uͤbrig behalten/ lud sie/ und sprang zu dem/ der ihn geschlagen hatte/ derselbe meynete/ er wolle ihn vexiren/ aber mein Herꝛ Vatter loͤsete eine Pistol auf ihn/ und schoß ihn dar- meder/ wie einen Hund/ daß er zur Erden siel/ wie etwa ein Dieb nach zerrissenem Strick vom Galgen faͤlle/ oder/ wie ich dieses Glaß koͤnte auf den Boden werffen/ wann ich wolte. Als er dieses sagete/ sprung er hinzu/ und nahm ein grosses Glaß Wein vor Cerebacchio hinweg/ setz- te es an die Lippen/ und zog es auf einmahl hinein/ darauf wischete er das Maul/ holete Athem/ und sprach: Wisset ihr nicht/ meine Herren? Trincken wir Wein/ so bescheeret GOtt Wein/ je mehr man auf den Stock geusst/ je mehr er aufscheusst. Wie waͤre der Bauer von Saltzburg so ein grosses Haͤnß- lein worden/ wann er seine Mutter nicht fast arm an Milch gesoffen haͤtte? Wo waͤre Hercules geblieben/ wann er nicht vor Durst offt auß dem Bach/ darauf er gefahren/ wie ein Hund geschlappet haͤtte? Wie haͤtte der Kaͤmpffer Milo von Crotone einen gantzen G g 4 Ochsen Deß Academi schen Ochsen auf den Achseln tragen/ und wie ein Raquet- lein in die Hoͤhe werffen moͤgen/ wann er nicht auch offt fette Suppen von Ochsen-Fleisch vorher zur Gnuͤge gekostet/ wie unser Cerebacchius? Wie koͤn- ten die Pommerische Schweine so fett werden/ daß ihnen die Maͤuse in den Speck bey lebendigem Leibe nisten/ wann sie nicht staͤts im Trog laͤgen? Madentes fungos faciunt fungi quoque fungos, Aber/ ich habe meinen Durst schon in etwas geloͤschet/ sonst haͤtte mir das Uhrwerck meiner Zungen lahm werden muͤs- sen. Darum in orbitam, ich fahre fort/ wo ich es ge- lassen habe. Als mein Herꝛ Vatter diesem Reuter feine Karbatschen-Streiche bezahlet/ schosse er die andere Pistol in die Lufft/ und eylete nach einem Maͤyntzischen Kloster/ so nicht weit vom Dorff lag/ daselbst war er sicher/ sonst haͤtte man ihm einen schlechten Process machen doͤrffen. Er begab sich zu der Roͤmisch-Catholischen Religion, und ward vor einen Kuͤchen-Diener im Kloster angenommen/ bey welchen fetten Bißlein er sich dermassen wol befand/ daß er wuͤnschete/ er waͤre sein Lebtage ein Kloster- Kuͤchen-Bedienter/ und nimmer ein Schulmeister/ ein Gaͤnse-Hirt/ ein Kuh-Meister oder ein Schwein- Commendant gewesen/ so wol gefiele ihm dieser Stand. Er lebete in diesem Kloster 8. Jahr/ und ward darinn so fett/ wie eine Kloster-Katz/ nach dieser Zeit ward er gar nach Maͤyntz in ein Kloster befoͤrdert/ all- wo er vor Kuͤchen-Knecht auch 6. Jahr dienete/ und wie darauf ein gelehrter Muͤnch nach dem koͤstlichen Kloster zu Ortranto in Jtalien beruffen ward/ bere- dete dieser meinen Herꝛn Vatter/ daß er ihm zu Ge- sellschafft mit gieng. Hieselbst bekam er die Aufsicht uͤber den Kuͤchen-Garten/ und nachdem er sich allda 10. Jahr Romans I. Buch. 10. Jahr aufgehalten/ verheyrathete er sich auf An- halten deß Kloster-Abts/ (weiß nicht was denselben darzu mag bewogen haben/) an eine huͤbsche Land- Dirne/ ohnerachtet er schon ein Mann von 56. Jah- ren war. Mit dieser meiner Mutter hat er mich ge- zeuget/ und muß wol etwas sonderliches in mir ste- cken/ inmassen mich meine Mutter nach dem Beyla- ger nicht laͤnger als 3. Monat getragen hat. Was zu einer fleissigen Auferziehung ihres Soͤhnleins ge- dienet/ daran hat mein Herꝛ Vatter nichts ersparet. Er hat mich bey Zeiten in die Schule gesandt/ und wolte mit Gewalt ein rechtes Candelabrum Patriæ von mir machen. Als ich das 9. Jahr meines Alters hinter mich geleget/ schaffete er mir einen Privat-Præ- ceptorem, welcher war ein Sophisti scher Super-Magi- ster, Signor Trubald Holofernes genannt/ der mich sein Namen-Buͤchlein/ sein A B C-Taͤfelein/ das grosse Lehrbrett/ womit Hercules seinen grossen Lehr- meister Trismegistum todt geschlagen/ gar bald leh- rete/ daß ich es hinter und vor mich lesen kunte/ wie die Saͤgemuͤller. Jn dieser Arbeit brachte ich 3. Jahr und 5. Monat zu/ darauf lehrete er mich den Donat, den Facet, Theodolet und Alanum in Parabolis, wormit ich 4. Jahr/ 4. Monat und 14. Tage zubrachte. Dann wer reden wil lernen/ muß vorhero stammlen/ juxta illud: minorans se majorabitur. Er hat mich darnach die H. Schrifft schreiben lernen/ wie deren Exempel etliche Lazius und Goropius zeigen. Zu dem Ende trug ich allwege ein grosses Schreibzeug und Pennal/ welches so schwer war/ daß ich darvon annoch diese Stunde nach der einen Seiten etwas zu hincken pflege. Endlich erlernete ich eine schoͤne Nomenclatur, wordurch ich die fuͤrnehmste und schwereste Woͤrter G g 5 in Deß Academi schen in Latein zu geben wuste/ nemlich Slera Slicida, heisset ein Hafenreff/ Bracus, ein Bruch/ Vilwundus, ein Hackbret/ Vilhelmus, ein Strohsack/ Vilrincus, ein Pantzer/ Stercus, ein Kuͤssen/ Anus, ein Lecker/ Forni- cator, ein Ofenschierer/ Biszinkus, eine Ofen-Gabel/ Lobium, ein Laͤib-Brod/ Obsenogarus, ein Linsenge- ruͤchte/ Sufflabulum, ein Blaß-Balg/ Suppedanium, eine Fußbanck/ Stercorium, ein geheim Cabinet, Sorsi- cetum, ein Mauß-Loch/ Scutellarium, ein Schuͤssel- Korb/ Porcisetum, ein Schwein-Stall/ Pullarium, ein Huͤner-Korb/ Postcras, Ubermorgen/ Pomarium, ein Aepffelmuß/ Offagium, eine Eyer-Suppe/ Masti- gare, Maͤsten/ Pelliparius, ein Lederbereiter/ Digiteca, ein Fingerhut/ Leccator, ein Lecker/ Alabrare, ein Ha- spel/ Antecopium, ein Vorhaupt/ Auriscalpium, ein Ohr-Loͤffel/ Dentiscalpium, Zahnsteurer/ Berillus, Bruͤll/ Blauipes, Blau-Fuß/ Facialis, Butzen-Antlitz/ Horipilatio, Haargrausen/ Ovificare, Eyerlegen/ Palpo, Toͤlpel/ Casiprodium, Kaͤß und Brodt/ Buc- caldus, Bucking/ Burgarius, Burger/ Burgimagister, Burgermeister/ Burista, Bauer/ Pœtopfodium, Holtz- schuh/ Cantrifusor, Kannengiesser/ Carrucator, Kar- renmann/ Emplastrare, Pflastermacher/ Cervisianum, Bier im Brodt gesotten/ Cervisiana, Bierwisch/ Chi- rogrillus, Maͤhr-Katz/ Marcipotus, Weinkauff/ Cup- pa, Kuff/ Stufa, Stub/ cucurbitare, supponi ren/ gra- cillare, kraͤhen/ Funcilare, Feuer schlagen/ Formipedia, Schuhlaͤist/ Focarista, Koch/ Filatissa, Spinnerin/ Figellator, Fideler/ Farricaptio, Meel-Kasten/ Faba- cium, Bohnen-Stroh/ Epicolarium, Halßgollor/ Equistatua, Roß-Stall/ habenare, halten/ insellare, satteln/ Lebifusor, Keßler/ Pantaplasta, Pfannenble- tzer/ Culpo, Bauren-Schuh/ Stulpo, Bauren-Stie- fel/ Nascula, Nestel/ Strefa, Stegreiff/ Murarius, Mau- Romans I. Buch. Maurer/ strigilare, strigeln/ Birretum, Paret/ Bibalia, Trinck-Geld/ transgulare, verschlinden/ Tremulus, Tremmel/ tremulare, doͤrmeln/ Ventilugium, Wetter- Hahn/ Ventimola, Wind-Muͤhl/ Quascula, Wach- tel/ Lappa, Schuhplaͤtz/ und deßgleichen. Weiter lernete ich auch exponi ren die Collectas: Quæsumus, die wir sind/ Magne Præses, grosser Vor- sitzer/ ut beatus Vir, daß Sant Bott, pro nobis, fuͤr uns/ tuum auxilium, dein Elend/ imploret, beweine/ ut ab- soluti, daß/ so wir bezahlet haben/ à nostris reatibus, unsern Schuldnern/ etiam exuamur, daß wir nicht außgezogen werden/ à nostris periculis, von unsern Kleidern. Item, qui convertit petras in stagna aqua- rum, wie woͤhrt sich Sanct Peter mit der Stang im Wasser/ ꝛc. Item, die Præpositiones: Ad Patrem, den Nonnen-Tag/ apud Villam, ein Bauer in der Sonnen/ ante ædes, ein Bettler/ post fornacem, ein Essig-Krug/ prope fenestram, ein Schneider-Knecht/ sine labore, ein Pfaffen-Knecht/ circa sepem, ein Kuͤh- fladen. Jch wuste auch auf den Nagel quod de mo- dis signisicandi non erat scientia, und daß/ wo de- fectuositas ist cerebelli \& rationum, daß man daselbst captivitatem rationis solle ein wenden/ dann Rubrum Compositum, heisset ein Ruben-Compaß. Auch gab mir mein Lehrmeister auf beyde Patres fuͤr die Tabu- list en und Catonist en. Es tu Scholaris? Sum Scholaris verè, si non vis credere quære. Sum, quæ pars \&c. Woher kommt Volo? Vom Griechischen Wort Benjamin, nemlich converte Ben in Vo und Jam in Lo, und das In gieng ins Stroh. Kehre um sum, muß/ kehre um muß/ sum, und ein T darzu macht stumm. Was bist du vor ein Scholar? Magnus in sensu, parvus in scientia, wie heut viel scientiæ, viel conscientiæ. Es scutellaris? Non, quia non lavo scutellas in coquina. Es Deß Academi schen Es scandalaris, scamnifex, stratilata, follis, ein Narꝛ? Non, dann ich heiß Troll; Bist du ein Christ? Nein/ meine Mutter heisset Christina. Wie viel sind Voͤ- gel im Donat? Waͤren ihrer noch so viel/ waren ihrer sechse/ Aquila, Mustela, Milvus. Was essen sie? Waͤ- ren sie Gaͤuche/ so fressen sie dich/ also essen sie nur Fru- ctus und Species. Wo fliegen sie hin? Ad antiquam sylvam, solches kunte ich alles/ wie ein Pater noster, hinter mich und vor mich. Folgendes laß mir mein Supermagister das Compost und Postcom, das Prodium Lovaniense per Petrum de Broda, die Formalitates Scoti cum supple- mentis Bruliferi und Magistri Langschneiderii Ort- winistæ, die Casus longos uͤber die Instituta durch den Herꝛn Ungebung Fumistam. Item, das Hack-Stroh deß Hugitionis Græcistæ, auch pro practicatoribus in partibus alexandristis de quantisicalibus \& accentua- libus mit der Glossa M. Warmsemelii cursoris artistæ, ferner Petrum Hispanum, mit den Capulatis elucida- toriis Magistri in bura montis Coloniæ regentium, auch sonst parva logicalia mit dem Vademecum und opere minore außgeleget durch den Cursor in Gram- matica D. Daubengigelium. Dieses alles wuste ich so richtig/ wie einen Strang Garn/ den die Maͤuse zerfressen. Als aber dieser mein Lehrmeister endlich im cli- macteri schen Jahr/ wie eine alte Kuh verreckete/ be- kam ich einen alten Huster/ mit Namen Meister Go- belin von Henkzigel/ der laß mir den Hugotion, den Flebard, Græcismum Doctrinalem, die groͤssere Partes, das Quid est, das Supplementum, den Mam̃otrectum de moribus in Mensa servandis, Senecam de quadru- pedibus, virtutibus cardinalibus, und sonst noch ein sehr grosses Register/ wie ich euch nach der Reige er- zehlen wil: Parvu- Romans I. Buch. Parvulus Philosophiæ Moralis mit Erklaͤrung deß Schindengulii de Erffordia. Grammatica Græca absque titellis per Petrum Chari- tatis, Baccalaureum si vellet. Epistolæ Caroli, quæ practicantur in aula Grammati- corum contra Hæreticos in Grammmatica per M. Pannirasoris. Epistolæ epistolisatæ per Scientificum Gingolfum Scherschleiferium. Bestiarum Æsopi, mit der Apotheco Carminum Bech- lungi Lumpelini. Die Replicationes uͤber veterem artem M. Solphi le- ctoris qualificati in Bursaknek. Reparationes omnium Bursarum M. Fenestrifici. Gemma Gemmarum mit der Tabulatura Studentium. Phagis de honestè comedere cum biga salutis, insimul combibilata per M. Langmulum. Die Summa Mandrestoni mit den Moralibus Angesti und Logica Enzinas, samt den Brekenthal/ Depo- nenthal Bontementelli \& Mollenkopsii. Das Loquagium de Rhetorica und Cantuagium de Musica Morlandi Philomuli. Die Jacobi von den Partibus, samt den Faroliviensi- schen Commentator en Campanatoris und Ligni- percussoris, Theologissimorum. Die Combibilationes Parisienses, zum Theil von M.Mistladerio, sacræ paginæ Professore geladen/ zum Theil dem Fornafice zu stimmen geschmeltzet. Der Laborint uͤber Cornutum deß M. Nostri Bund Schuhmacherii de Lovanio. Cursorium Theologicum Saurbonicum mit dem Pro- cessu, und Quæstionibus vesperalibus, per Fortu- natum Baumwuͤrdig. Der Dialectorum Eselsbruͤcke/ mit den Impedimentis Alexan- Deß Academi schen Alexandri außgeleget magistralitivè per Signora- tium Klein Ehr, de magnis Ohribus. Lectionarius mensæ pronunciatus ad pennam de Guytrade. Die Praxis numerandi zur Commodit aͤt der Studen- ten/ mit der arte punctandi, per Rogerium Gom- putistam. Das Quadratum Sapientiæ, Fœnciscæ. Sophisticalia Parisiensia Mayeri, mit dem Florario und Roseto, und Summa Magistrucia. Horologium Sapientiæ, samt dem Tonerio Musico- rum und Matriculario und Passavanto mit dem Commento, und Dormi securè auf die hohe Feste/ und noch andere dergleichen herꝛliche und unver- gleichliche Tractat en. Darvon ich also geschickt ward/ daß mein Herꝛ Vat- ter grosse Freude daran hatte/ inmassen man dann keine groͤssere Freude find/ als allezeit Boͤses seyn zu lernen gesinnt/ zu essen und trincken geschwind/ zu un- verschaͤmten Sachen ein Kind/ in der Ehe blind/ und daß man den Grind kratze fein lind/ und wo man nicht schaben kan/ daß man schind/ und wo man nicht acht das Bannen/ daß man bind/ und was man nicht kaͤuen kan/ daß man verschlind. Hiermit endigte Troll seinen Discurs, welchen er noch weiter continui ret haͤtte/ wann sein Herꝛ ihm nicht einen Winck gegeben haͤtte/ daß er einmahl zu reden aufhoͤren moͤchte/ dann die anwesende Gaͤste kunten ihm vor herzlichem Lachen nicht mehr zu hoͤren. Er nahm demnach einen grossen Becher vor dem Ce- rebacchio hinweg/ leerete ihn auß/ und nach dem er ihn wieder voll geschencket/ uͤberreichte er ihn dem Rectori Magnifico, der ihn auch willig annahm/ und auf seines Printzen gute Gesundheit saͤu- berlich außleerete. Das Romans I. Buch. Das XLI . Capitul/ Ein Teutscher Student discurri ret/ wie die Studenten auf den alten Academien sich nach den 4. Facultaͤten sehr ruͤhmlich und wol verhalten haben. D Arauf ward eine Zeitlang herum getruncken/ und discurri rte man von allerhand Sachen/ biß sich der Podestà einsmahls umsahe/ und nachdem er den Cavina, Klingenfeld/ Cerebacchium und Venereum nach einander betrachtet/ sprach er: Jhr habt doch/ mein Printz/ eine außerlesene Com- pagnie von Studenten in eurer Gesellschafft/ der eine ist ein Debouchant im Fressen und Sauffen/ der An- dere im Courtisi ren/ der Dritte ist fleissig uͤber den Buͤchern/ und der Vierdte hat seine groͤste Lust dar- an/ wann er sich mit einem herum schlagen mag/ das sind mir warlich 4. sonderlich-geartete Leute/ man koͤnte sie nach den 4. Facult aͤten eintheilen; Aber/ Monsieur, sprach er zum Vorsteher der Teutschen Nation, lebet man auf allen Teutschen Academi en also? Freylich Ja/ war dessen Antwort/ und was man zu Padua, Bononi en und anderweit findet/ das darff man in Teutschland auch nicht lang suchen/ eben so wenig/ als in Schweden/ Pohlen/ Daͤnne- marck/ Niederland/ Norwegen/ Franckreich und Spanien/ man trifft allenthalben auf solchen Aca- demi en diese 4. Facult aͤten an/ daß nemlich unter den Studenten etliche auf Fressen und Sauffen/ andere auf Courtoisi ren/ andere auf Fechten und Balgen/ andere auf Studiren/ ja etliche auch bloß auf das Pflastertretten und Hoffarth sich legen. Vor Zeiten aber war es gantz anders beschaffen mit den 4. Facul- t aͤten/ die Studenten hielten sich Christlich und Tu- gendlich darinn/ als rechtschaffenen Leuten gebuͤhret/ und deßwegen wurden sie auch von Jedermann ge- liebet Deß Academi schen liebet und hochgehalten; Jch belustige mich recht- schaffen an den Worten Bileams/ welcher das ge- waltige Heer-Lager der Jsraeliten vom Berg Peor sahe/ und sagte: Wie fein sind deine Huͤtten Jacob/ und deine Wohnungen Jsrael? Wie sich die Baͤche außbreiten/ wie die Gaͤrten an den Wassern/ wie die Huͤtten/ die der HErꝛ pflantzet/ wie die Cedern an den Wassern. Es wird Wasser auß seinem Eymer fliessen/ und sein Saame wird ein groß Wasser werden Sein Koͤnig wird hoͤher werden/ dann Agag/ und sein Reich wird sich erheben. GOtt hat ihn auß Egypten gefuͤh- ret/ seine Freudigkeit ist wie eines Einhorns. Er wird die Heyden/ seine Verfolger/ fressen/ und ihre Gebei- ne zumalmen/ und mit seinen Pfeilen zuschmettern. Er hat sich niedergeleget/ wie ein Loͤw/ und wie ein junger Loͤw/ wer wil sich wider ihn aufiehnen? Ge- segnet sey/ der dich segnet/ und verflucht sey/ der dir flucht. Meines Erachtens waͤren diese Worte wol werth/ daß man sie von den alten Universit aͤten wi- derhole/ nach dem die Griechen in finstere und haͤßliche Barbarey gerathen. Dann/ wie fein sind doch dazu- mahl gewesen eure Huͤtten/ O ihr Jacobitischen Universit aͤten/ und eure Wohnungen/ O ihr Jsraeli- tische Academi en in Jtalien/ Franckreich/ Spanien/ Engelland und Teutschland. Wie sich die Baͤche außbreiten/ wie die Gaͤrten an den Wassern/ wie die Huͤtten/ die der HErꝛ pflantzet/ wie die Cedern an den Wassern. Jhr seyd wie die Baͤche/ die sich außbrei- ten/ aber außbreiten und voller Stroͤhme schuͤtten uͤber die Kirchen/ und uͤber die Gemeinden/ uͤber die Monarchien/ Koͤnigreiche/ Laͤnder und Voͤlcker/ uͤber gantze Regimenter/ Staͤdte/ Staͤm̃e und Geschlech- te. Jhr seyd/ wie die Gaͤrten an den Wassern/ immer- dar Romans I. Buch. dar in ordentlicher Zierlichkeit/ gruͤner Schoͤnheit/ umschattet mit der Ruhe und Lieblichkeit/ in staͤter Fuͤlle und Fruchtbarkeit. Jhr seyd wie die Huͤtten/ die der HERR dem Abraham/ Jsaac und Jacob ge- pflantzet/ und in welcher die grossen Patriarchen ge- lesen/ ge disputi ret/ geprediger/ und ihre Schulen ge- halten haben. Jhr seyd wie die Cedern an den Was- sern/ dann in euch prangen die Schrifftgelehrten/ Weisen und Prophetische Maͤnner. Es wird Was- ser fliessen auß eurem Mosaischen und Aaronischen Eymer/ Wasser der Kuͤnsten/ Wissenschasften/ Sprachen und Sitten/ und euer Saame muß ein groß Wasser werden/ groͤsser als der Nil in Egy- pten/ der Tyger in Babylonien/ und sich in alle Theil der Welt verlauffen. Euer Koͤnig/ den ihr regieret/ wird hoͤher werden/ dann der Toͤlpische und der Vie- hische/ und sein Reich wird sich erheben. GOTT hat euch auß dem ungeschickten und dunckein Egypten gefuͤhret/ eure Frendigkeit ist wie deß Einhorns/ welches sich nimmer laͤsset fahen/ an die Krippe hefften/ und unter das Joch knuͤpffen; Also ist eure Freyheit/ die edle Freyheit/ die theure Freyheit/ die laͤsset sich nimmermehr fahen/ an die Krippe hefften/ und unter das Joch knuͤpffen. Jhr werdet die Heyden/ eure Verfolger/ fressen/ und ihre Gebeine zermalmen/ und mit euren Pfeilen zer- schmettern/ keiner darff sich an euch ohne Schaden und Schanden machen. Er muß Schaden leyden in dem Leben/ und Schande nach dem Tod. Jhr habt euch niedergeleget/ wie die Loͤwen/ und eure Soͤhne umher/ wie die jungen Loͤwen. Liget ihr also/ wer wil sich wider euch aufmachen? Gesegnet ist/ der euch segnet/ und verflucht/ der euch fluchet. Dieses gewaltige Lob geschicht billich den alten H h Univer- Deß Academi schen Universit aͤten/ bey denen die Studenten nicht nur ins gemein an dem Leben ehrlich/ sondern auch nach den Schulen vernuͤnfftiglich ihren Lauff vollfuͤhret haben. Zwar ich bekenne/ solche Stuͤcke werden heut zu Tage mit Eyfer gesucht und getrieben in den Buͤchern der Catholischen Scribent en/ fuͤrnemlich der Jesuiten/ aber es ist unlaͤugbar/ sie sind nicht neulich erfunden/ sondern auß den Uhr-alten Kloͤ- stern und Domstifftern/ als sie noch Schulen waren/ hinterstellig geblieben. Etliche wollen von den Kloͤ- stern und Stifften verlaͤugnen/ daß solche weyland Schulen gewesen/ aber worzu dienet dieser Zanck? Wie haben dann die Studenten nach den 4. Facult aͤ- ten sich damahls erzeiget? Sie bildeten ihnen wol fuͤr die Rede deß Apostels/ welcher spricht: Danck- saget dem Vatter/ der uns tuͤchtig gemacht hat zu dem Erbtheil der Heiligen im Liecht. Und hiermit er- kannten sie ihren Beruff zu den Him̃lischen Studien. Zum Andern/ weil sie wusten/ es waͤren unterschied- liche Gaben GOttes/ nach den Worten Pauli: Es sind mancherley Gaben/ aber es ist ein Herꝛ/ und sind mancherley Kraͤfften/ aber es ist ein GOtt/ der da wuͤrcket alles in allem. Jn einem Jeglichen erzeigen sich die Gaben deß Geistes zum gemeinen Nutzen. Einem wird gegeben durch den Geist zu reden von der Weißheit/ dem andern wird gegeben zu reden durch den Geist von der Erkaͤnntnuͤß nach demselbi- gen Geist. Einem andern der Glaube in demselbigen Geist. Einem andern die Gabe gesund zu machen in demselbigen Geist. Einem andern Wunder zu thun. Einem andern Weissagungen. Einem andern Geister zu unterscheiden. Einem andern mancherley Spra- chen. Einem andern die Sprachen außzulegen. Diß aber alles wuͤrcket derselbe einige Geist/ und theilet einem Romans I. Buch. einem Jeglichen seines zu/ nach dem er wil. Sie wu- sten/ sage ich/ es waͤren unterschiedliche Gaben zum gemeinen Nutzen. Einem wurde gegeben durch den Heiligen Geist zu reden von der Weißheit/ von der verborgenen Weißheit/ so kein Ohr gehoͤret/ kein Aug gesehen/ die auch in keines Menschen Hertz durch die Gnade der Natur kommen ist. Einem andern die Gabe kraͤfftiglichen zu vermahnen/ zu troͤsten/ und zu straffen. Einem andern wurde gegeben durch den Heiligen Geist zu reden von der Erkaͤnntnuͤß/ daß er geschickter Weise koͤnne gruͤndlich auß den Schriff- ten von den hohen Geheimnuͤssen und Glaubens- Artickeln handeln und lehren. Einem andern wurde gegeben der Glaube/ nemlich der Glaube Wunder- Werck zu thun/ die Krancken zu heilen/ die Todten zu erwecken/ und die Felsen zu versetzen/ welche Gabe zwar laͤngst auf gehoͤret/ und zur Zeit deß Chrysosto- mus nicht mehr gewesen; Aber/ an dessen Stelle hat GOtt gesetzet andere Gaben/ die Blinden in Jrꝛthuͤ- men sehend zu machen/ die Lahmen in den Versto- ckungen wie die Hirsche laͤuffig/ in der Busse hitzig/ nach dem Gnaden-Brunnen durstig und eyferig zu machen/ die Gichtbruͤchtigen in den guten Wercken zu denselbigen thaͤtig zu machen/ die Tauben zu dem Gesetze und Evangelium hoͤrend zu machen/ auch die Todten in der Verzweiffelung lebendig zu machen/ und dergestalt die schweren Felsen auß der Verdam̃- nuͤß in den Himmel zu setzen. Ebenfalls richtete sich ein Jeglicher nach dem/ welches ihm GOtt entweder in dem Leibe der Mutter angebildet/ oder von oben herab eingegossen hatte/ und bespiegelte sich tieff in seinen Gaben. Wann der Student die freyen Kuͤnste und Sprachen geendet hatte/ berathschlagete er sich mit H h 2 seiner Deß Academi schen seiner Seelen/ zu welchem Stand/ dem Geistlichen oder Weltlichen/ er sich wenden solte? Derenthalben stellete er ihm dar die Theologie, die Juristerey/ die Artzney/ die Philosophie, und betrachtete im Schweiß deß Angesichts den maͤchtigen Nutzen/ der zu schaf- fen/ und die grausame Gefahr/ die/ wo Jemand darzu nicht geartet/ zu erwarten. Zu der Philosophie gehoͤre die Wonne zu dich- ten/ die Lieblichkeit zu reden/ die Suͤssigkeit zu singen/ die Scharffsinnigkeit zu disputi ren/ die Listigkeit zu erforschen/ die redliche Verschlagenheit zu ergruͤnden/ die Einsamkeit außzudauren. Wer die Stuͤcke an ihm nicht findet/ und wil sich an die Philosophie ma- chen/ was beginnet der Thor? Zu der Artzney gehoͤre eine richtige Lehre/ lange Erfahrenheit/ zierliche Gespraͤchlichkeit/ angebohrne Klugheit/ wach same und nuͤchtere Behutsamkeit/ un- verdrossene Fleissigkeit/ treue Freundlichkeit/ gewis- senhaffte Vorsichtigkeit/ Gottsfoͤrchtige Froͤmmig- keit/ und in schweren Faͤllen unerschrockene Freudig- keit. Sonsten koͤñe er wol zum Verletzer der Gesund- heit/ und gar zum Moͤrder/ auch zu einem Tyrannen uͤber Wittwen und Waͤysen/ uͤber Laͤnder/ Staͤdte und Flecken werden/ und einen ewigen Fluch uͤber sich und seine Seele bringen/ zumahl/ wo er vornehme/ gefaͤhrliche und nothleydende Menschen ohne Gebet/ Seuffzen und Flehen angienge/ und dardurch sein Gewissen nicht allein betruͤbte/ sondern auch gar mit einem hoͤllischen Schwefel-Brandt ansteckete. Jn der Juristerey waͤren Regenten/ Schoͤpffen/ Raͤthe/ Advocat en/ Procuratores, Notari en/ und koͤn- ten mit unsterblichem Lob gantzen Voͤlckern/ Zungen/ Fuͤrstenthuͤmern und Herꝛschafften dienen/ die Ge- rechtigkeit befoͤrdern/ die Boßheit verhindern/ die Tugend Romans I. Buch. Tugend belohnen/ die Laster bestraffen. Dargegen koͤnne geschehen und leichtlich geschehen/ daß ihnen ihr Gewissen Angel-weit eroͤffnet wuͤrde/ und durch solches die grausamsten Laster/ aber ohne Vorbewust/ einschleichen. Wie bald uͤbereylete Jemand sich selb- sten/ nehme wissentlich auf ungerechte Sachen/ voll- fuͤhrete lange Zeit den Rechts-Krieg/ merckete unter- dessen auß dem Process, was zu verthaͤdigen waͤre/ wider die klare Justi tz/ verbergete doch dieses seinen Client en/ damit das Geld desto reichlicher eintrage. Es koͤnne bald geschehen/ daß Jemand seiner Par- they einen falschen Wahn vorbilde/ und zu dem Meineyd beschwaͤtze. Es koͤnne bald geschehen/ daß Jemand sich zu denen geselle/ die solche Stuͤcke trei- ben/ oder wofern er anfaͤhet solche Stuͤcke selbst zu treiben/ andere zu sich reitze und locke/ und die schroͤckliche Suͤnde kraͤfftiglich vermehre. Es koͤn- ne bald geschehen/ daß Jemand Anleitung gebe/ und heillose Urtheile/ so wol in Leibs- und Lebens- Sachen/ als in Buͤrgerlichen Strittigkeiten gespro- chen/ das Gegentheil wider GOtt und Recht aller Guͤter beraubet/ und in das aͤusserste Elend gestuͤrtzet/ er aber/ samt seiner armen Seelen/ zur ewigen Wie- derstattung/ was diesen oder jenen durch ihn unbil- licher Weise entzogen und genom̃en/ von dem Thron JEsu verbunden werde. Jn der Theologie waͤren Bischoͤffe/ Prediger/ Beichtiger; Wenig gelangen zur Bischoͤfflichen Wuͤrde/ viel zu den zweyen andern; Aber an allen Orten blicketen/ ja blitzeten solche Gefaͤhrlichkeiten/ daß der Verstaͤndige mit besserer Entschuldigung weiter darvon weichen und fliehen durfste/ als die Jsraeliten ab der Ebene deß Bergs Sinai. Was haͤtten doch solche Leute zu verwahren? Nicht ver- H h 3 gaͤng- Deß Academi schen gaͤngliche/ sondern unsterbliche Seelen; Nicht nur ihre/ sondern auch anderer Menschen/ nicht in ziemliche/ sondern grosse Menge. Es sey ge- schwind geschehen/ daß Jemand Aergernuͤß gebe/ wo nicht im Leben/ doch in der Lehre; Wo nicht in der Lehre/ doch in dem Leben; Es sey geschwinde ge- schehen/ daß Jemand abmahne/ da er warnen solte; Daß Jemand schelte/ da er troͤsten solte; Daß Je- mand widerlege/ den er staͤrcken solte; Daß Jemand staͤrcke/ den er widerlegen solte; Daß Jemand troͤste/ den er schelten solte; Daß Jemand warne/ den er ab- mohnen solte. Jn Summa/ die Stuͤcke waͤren in keine Summ zu bringen/ wie auch warhafftig. S Chauet/ ihr Studenten/ das thaͤten eure Vorfabren? Sie betrachteten die Wichtigkeit bey sich selbflen/ und befrage- ten ehrliche/ redliche/ gelehrte/ bescheidene/ Gottsfuͤrchtige/ er- fahrne und Christliche Maͤnner in der Theologey/ Juri st erey/ Artzeney/ Philosophey. Sonderlich aber/ wann ihnen geliebete in den Geistlichen Stand zu tretten/ si n temahl fuͤr dem auch die Schultern der Engeln zittern/ und erbeben solten. Am meisten aber frageten sie den HERRN/ nach dem Exempel David/ nicht einmahl sondern ofstmabl: Soll ich hingehen zu der Theologey/ Juristerey/ Artzeney/ Phiosophey? Da gienge es an das Gebett: O HErꝛ/ mein GOTT! auß unmeßlicher Guͤtigkeit bast du mich erschaffen/ und weiß doch/ daß mir tausend mahl besser waͤre/ wo ich nicht geboren worden/ wann ich in der Pilgrimschafft dieser Welt/ auf dem wuͤsten/ unbausamen und sumpffigen Wege wallen/ und von deiner Herꝛlichkeit abirren solte. O du Liecht/ das alles erleuch- tet! O du Weg/ der alles leitet! O du Warheit/ die alles be- richtet! O du Leben/ das alles erfreuet! wohin muß ich gehen/ daß ich zu dir/ meinem Hirten/ komme? Nun HERR/ mein GOTT! Jch bin ein kleiner Knabe/ weiß weder meinen Ein- gang/ noch Außgang. Es seyn viel Wege/ es seyn viel Steige/ es seynd viel Staͤnde/ mich darff beduncken/ dieser oder jener waͤ- re gut fuͤr meine Seele/ und kan der Leib/ neben der Seelen dar- auf in die Hoͤllen sincken. Darum weise mir HERR/ deinen Weg/ daß ich wandele in deiner Warheit/ erhalte mein Hertz bey dem Einigen/ daß ich deinen Namen fuͤrchte. Jch Romans I. Buch. Jch wil dancken dir/ HERR mein GOTT/ von gantzem Hertzen und ehren deinen Namen ewiglich. Dann/ deine Guͤte wird groß seyn uͤber mir/ und du wirst meine Seele erretten/ auß der tieffen Hoͤllen. GOTT/ es werden sich setzen die Stoltzen wider mich/ und der Hauff der Tyrannen wird mir steben nach meiner Seelen/ dann sie haben dich nicht vor Augen. Du aber/ HErꝛ GOtt/ bist barmhertzig und gnaͤdig/ guͤtig und von grosser Guͤte und Treue. Wende dich zu mir/ sey mir gnaͤdig/ staͤrcke deinen Knecht mit deiner Macht/ und hilff dem Sohn deiner Magd. Thue ein Zeichen an mir/ daß mirs wol gehe/ daß es sehen/ die mich hassen/ und sich schamen muͤffen/ daß du mir bey- stehest/ HERR/ und troͤftest mich. Ja/ fr omme Studenten haben den Leib cafteyet/ gefastet/ und ohne Ruhe daruͤber geflehet/ um seligen Eingang/ Fort- gang und Außgang/ in der festen Zuversicht/ waͤre der Stand schwer/ so waͤre GOtt kraͤfftig; Waͤre der Stand gering und arm/ so waͤre GOtt hoch und reich; Waͤre der Stand muͤhe- sam so waͤre GOtt maͤchtig/ und zu helffen erboͤthig. So bald ein gewisser Vorsatz gefasset/ bedancketen fromme Studenten dem Schoͤpffer/ dem Erloͤser/ dem Heiliger/ der das Hertz vaͤtterlich/ bruͤderlich und freundlich geruͤhret haͤtte. Die Studenten der Theologey staͤrcketen sich von Tag zu Tag wider den kuͤnfftigen Spott/ die kuͤnfftige Verachtung/ die kuͤnfftige Noth/ die kuͤnfftige Anfechtung/ die kuͤnfftige Verfolgung. An- dere Studenten staͤrcketen sich wider die kuͤnfftige Wollust/ den kuͤnfftigen Hoffart/ den kuͤnfftigen Uberfluß/ die kuͤnfftige Ehre/ den kuͤnfftigen Neyd/ den kuͤnfftigen Haß/ den kuͤnfftigen Muͤs- siggang/ den kuͤnfftigen Geitz/ die kuͤnfftige Schmeichelung/ die kuͤnfftige Trunckenheit/ die kuͤnfftige Begierden/ weil sie wusten/ sie wuͤrden zu bestimmter Zeit von diesen saubern Stuͤcken an- gefeindet werden. Es wil nicht seyn/ außfuͤhrlich von allen zu reden. Der Studenten der Theologey muͤssen wir kuͤrtzlich gedencken/ und derselben inbruͤnstiges Anklopffen auß den Psalmen: Jch habe den Weg der Warbeit erwaͤhlet/ deine Rechte habe ich fuͤr mich gestellet. Jch hange an deinen Zeugnuͤffen/ HERR/ laß mich nicht zu schanden werden. Wann du mein Hertz troͤstest/ so lauffe ich den Weg deiner Gebott. Zeige mir HERR den Weg deiner Rechte/ daß ich sie bewahre/ biß ans Ende. Unterweise mich/ daß ich bewahre dein Gesetze/ und halte es von gantzem Hertzen. Fuͤhre mich auf dem Steige deiner Gebott/ dann ich habe Lust H h 4 darzu. Deß Academi schen darzu. O/ wolte GOtt! daß alle Studenten diesen Psalm nimmermehr auß den Haͤnden legeten/ und sich ihres Beruffs wol erinnerten/ er wuͤrde ihnen nichts Boͤses rathen. Naͤchst diesen lasen die alten und redlichen Studenten der Theologey die Bibel/ saͤuberten aber zuvor ihre Lippen von heß- lichen Reden/ ihre Hertzen von wilden Gedancken/ und ihren Willen von falschen Vorschlaͤgen/ ihre Ohren von erdichteten Lobspruͤchen/ und ihre Seelen von heuchlerischer Gleißnerey. Sie bemuͤheten sich in den Sprachen der Hebreischen und Grie- chischen/ in den Historien oder Geschichten/ in den freyen Kuͤn- sten und Wissenschafften; Sie bemuͤheten sich/ etwas Tapfferes zu leyden/ und in dem Leyden zu erfahren; Sie bemuͤheten und gewoͤhneten sich zu aͤusserster Demuth/ sintemahl der Stoltz den Origenes in manche Ungelegenheit/ den Arrius, Nestorius, Mon- tanus, und dergleichen in schnoͤde Ketzereyen geworffen/ auch den Nicolaus selbsten/ der einer unter den ersten 7. Diacon en zu Je- rusalem gewesen/ verstossen haͤtte. Sie bemuͤheten und gewoͤhneten sich/ GOttes Wort ohne Betrug zu lehren/ und dann erstlich auß ungefaͤrbeter Liebe GOttes ein reines/ auch nicht im Geringsten angestrichenes Vornehmen zu behalten. Jm Creutz und Jammer ohne Mur- ren und Bellen zu verharren/ und mit ihrem Exempel dem Volck vorzuleuchten. Dann sie wusten/ was geschrieben stunde: Waͤ- ret ihr von der Welt/ so haͤtte die Welt das Jhre lieb/ dieweil ihr aber nicht von der Welt seyd/ sondern ich habe euch von der Welt erwaͤhlet/ darum hasset euch die Welt. Gedencket an meine Wort/ daß ich euch gesaget habe: Der Knecht ist nicht groͤsser/ dann sein Herꝛ Haben sie mich verfolget/ sie werden euch auch verfolgen. Haben sie meine Wort gehalten/ sie werden eure auch halten. Jtem: Gehet hin/ siehe! Jch sende euch/ wie die Laͤmmer unter die Woͤlffe. Zum Andern: Auß H. End-Ur- sachen/ die Seelen zu gewinnen/ deß Teufels Tyranney zu ver- hindern/ und das Himmelreich zu vermehren. Sie bemuͤheten und gewoͤhneten sich zu staͤtigen Betrachtungen der hoben Ge- beimnuͤssen/ und anderer mehrern Dingen. Wann aber vor dessen es dergestalt hergangen/ wie wer- den wir bestehen am Juͤngsten Gerichte? Weil heutiges Tages ein Jeglicher hinein auf die Facult aͤten plumpet/ wie der Bauer in die Stieffel. Weil ein Jeder blinder Weise dort bey Jenem/ da bey diesem wuͤhlet/ unterdessen nicht einmahl die Wichtigkeit der Sachen besinnet. Wo geschicht doch dieses bey jetzigen Chti- sten? jetzigen Studenten? jetzigen Universit aͤten? Wann Romans I. Buch. Wann auch die Alten ihre von Natur am besten beschaffene Kinder fuͤr sich selbsten/ zu der Theologey verlobet/ verschicket und geweyhet/ wie werden es die jetzigen Christen/ die jetzigen El- tern/ die jetzigen Freunde/ bie jetzigen Pfleger/ die jetzigen Stu- denten verantworten/ daß sie die Faͤulesten/ die Albersten/ die Toͤlpischten/ die Groͤbesten am Gesicht/ Gehoͤr/ Gliedern/ Zun- gen/ Gedaͤchtnuͤß/ bresthafftigsten und langsamsten Thoren zu der Theologey stossen/ werffen/ ziehen/ treiben/ zwingen? Wir machen es wie die Juden/ von denen bey den Propheten; Die frassen das Beste/ und orfferten das Boͤste. Also lauten die Worte: Ein Sohn soll seinen Vatter ehren/ und ein Knecht sei- nen Herꝛn. Bin ich nun Vatter/ wo ist dann meine Ehre? Bin ich der HERR/ wo fuͤrchtet man mich? spricht der HErꝛ Zebaoth zu euch Priestern/ die meinen Namen verachten. So sprecht ihr: Womit verachten wir deinen Namen? Darmit/ daß ihr opffert auf meinem Altar unrein Brodt. So sprecht ihr: Womit opffern wir dir Unreines? Damit/ daß ihr saget: Deß HErꝛn Tisch ist veracht. Und wann ihr ein Blindes opf- fert/ so muß nicht boͤse heissen/ und wann ihr ein Lahmes oder Kranckes opffert/ so muß auch nicht boͤse heissen. Bringe es dei- nem Fuͤrsten/ was gilt es/ ob du ihm gefallen werdest/ oder/ ob er deine Person ansehen werde? spricht der HErꝛ Zebaoth. Jhr aber entheiliget ihn darmit/ daß ihr saget: Deß HErꝛn Tisch ist unheilig/ und sein Opffer ist verachtet/ samt seiner Speise. Und ihr sprecht: Siehe es ist mir Muͤhe/ und schlagets in den Wind/ spricht der HErꝛ Zebaoth. Und ihr opffert/ das geraubet/ lahm und kranck ist/ und opffert den Speiß-Opffer her. Solt mir sol- ches gefallen von eurer Hand/ spricht der HErꝛ? Verflucht sey der Vortheilische/ der in seiner Heerde ein Maͤnnlein hat/ und wann er ein Geluͤbd thut/ opffert er dem HErꝛn ein Untuͤchti- ges/ dann ich bin ein grosser Koͤnig/ spricht der HErꝛ Zebaoth/ und mein Name ist erschroͤcklich unter den Heyden. Fuͤrwahr/ ich muß den Text dem Propheten abentlehnen/ den Eltern/ Pflegern/ Verwanthen/ Patron en/ auch den Stu- denten selbst zu Gefallen wiederholen. Ein Sohn soll seinen Vatter ehren/ und ein Knecht seinen Herꝛn/ eine Creatur ihren Schoͤpffer/ solches erfordern die Gesetze GOttes/ und die Natur/ auch die Gesetze aller Menschen und Voͤlcker. Jst nun GOtt Vatter/ wo ist seine Ehre? Er ist Vatter/ Vermoͤge der Schoͤps- sung/ der Erhaltung/ der Regierung/ der Speisung/ der Verse- hung/ der Begnadung/ in dem er euch machet zu Erben seines Ei- H h 5 gen- Deß Academi schen genthums/ der ewigen Seeligkeit. Wo ist bey euch Eltern/ Pflegern/ Verwanthen/ Patron en und Studenten seine Ehre? Jst GOtt der HErꝛ/ wo fuͤrchtet ihr ihn? Er ist HErꝛ/ Vermoͤge der Erloͤsung/ wann er euch so theuer mit dem Blut seines Sohnes bezahlet/ zu Buͤrgern in dem Reich aufgenommen/ und seine kostbare Schaͤtze und Guͤ- ther/ als Diener/ damit zu werben/ und erwerben/ vertrauet hat. Jhr Eltern/ Pfleger/ Verwanthen/ Patron en und Herren/ wo furchtet ihr ihn? Dieses kan fuͤrwahr der HErꝛ Zebaoth sprechen zu euch Eltern/ Pflegern/ Verwanthen/ Patron en und Studen- ten. O wehe! und aber wehe! GOtt hat sich erzeiget als einen Hertz-liebenden Vatter/ ihr als ungerathene Soͤhne! GOtt hat sich erzeiget/ als einen gnaͤdigen HErꝛn/ ihr als rebellische Unter- thauen! Wie koͤñet ihr eure Haͤupter mit Freuden empor heben/ und die Augen ohne Scham eroͤffnen/ vor dem Angesicht deß so Hertz-liebenden Vatters/ und vor dem Thron deß so gnaͤdigen HErꝛn? So sprecht ihr: Womit verachten wir deß HErꝛn Na- men? Damit/ daß ihr unrein Brodt opffert auf dem Altar deß HErꝛn. Fuͤrwahr/ ein unrein Brodt/ auß unreiner Materi en und unreinen Fruͤchten/ von unreinen Haͤnden. So sprechet ihr: Womit opffern wir Unreines? Damit/ daß ihr saget/ deß HErꝛn Tisch ist verachtet. Wollen doch die Fuͤrsten nichts von den Jhrigen/ die Gewaltigen nichts von den Jhrigen/ die Edlen nichts von den Jhrigen darauf kommen lassen/ sondern lassen es an die Buͤrger/ Bauer- und Handwercks-Leute gelangen. Und wann ihr GOTT zu seinem Dienst einen schielenden/ tauben/ lahmen/ albern und gebrechlichen Sohn und Stipendiat en sen- det/ muß er nicht schielend/ taub/ lahm/ alber und gebrechlich heissen; Wann ihr GOTT zu seinem Dienste einen krancken Sohn oder Stipendiat en sendet/ so muß es auch nicht boͤse heissen. Wañ ihr die wackersten Kinder und wolgebornesten Gesellen der Welt solt schencken/ muß es recht gethan heissen; Ja/ wann ihr Studenten die schoͤnsten und zartesten Blumen euerer Jugend dem Fleisch und dem Teufel gar aufopffert/ und die stinckende Haͤfen deß garstigen Alters GOtt auftraget/ und bringet/ muß es auch recht gethan heissen. Bringet es euren Fuͤrsten/ was gilt es/ ob ihr ihnen gefallen werdet? Oder/ ob sie eure Person anse- ben werden? Soll es ihnen gefallen? Sie werden es verachten/ verlachen und vermaledeyen; Nicht gering werden sie daruͤber zuͤrnen/ und ergrimmen/ und meynen/ daß ihr sie mit solchen schnoͤden Dingen außhoͤhnet/ und verspottet. Mercket Romans I. Buch. Mercket/ schnoͤde Dinge duͤrffet ihr nicht bringen den sterb- tichen Menschen/ mit was Gewissen duͤrffet ihr sie bringen GOTT dem HERRN? Jhr entheiliget ihn/ damit/ daß ihr saget: Deß HErꝛn Tisch ist unheilig und sein Opffer ist verach- tet/ samt seiner Speise. Man siehet keinen Fuͤrsten/ der seinen Sohn zum Priester weyhe. Man siehet keinen Grafen/ der seinen Sohn zum Priester weyhe. Es seyn gemeiniglich Arme/ Ungesunde/ Mangel- und Bresthafftige/ welche die Leute darzu halten. Und ihr sprechet: Siehe/ es ist nur muͤde/ schlecht/ ein- faͤltig/ und tauget sonsten an keinen andern Ort/ und schlaget es in den Wind/ GOtt muͤsse zufrieden seyn. Und ihr/ ihr Fuͤrsten und Gewaltige/ ihr Reichen und Pa- tron en opffert nichts von den Eurigen/ sondern das Geraubete/ welches die Armuth den Buͤrgern/ Handwerckern/ Bauern und Tagloͤhnern abgejaget hat. Diß opffert ihr mit einem geringen Stipendium s-Geld bey hohen Schulen/ und bildet euch vor/ nun- mehr sey uͤberfluͤssig/ auch ein Mehrers geschehen. Jhr opffert/ das ahm und kranck ist/ und opffert den Speiß-Opffer her. Solte GOtt solches gefallen von euren Haͤnden? Wer wil es glau- ben? Verfluchet sey der Vortheilische/ der in seiner Heerde ein frisches und tapfferes Maͤnn/ ein hat/ und wann er ein Geluͤbd thut/ opffert er dem HErꝛn nicht nur ein Fremdes/ sondern auch ein Untuͤchtiges/ dann er ist ein grosser Koͤnig/ und sein Name ist schroͤcklich unter den Heyden. Bißhero fast zu weitlaͤufftig/ jedoch muͤssen wir solche grobe Stuͤcke beruͤhren. Dann es kommet zuletzt die Zeit/ daß die lah- me/ Mangel- und bresthafftige/ und Schafs thoͤrichte Pursche vermeynet/ auß studi ret zu haben/ und geschwinde ligen sie mit Brieffen und Karten vor den Consistori en/ auf den Cantzeleyen/ und wollen kurtzum gefoͤrdert seyn. Wo nur Bischoͤffe und Raͤthe gehen lauren die Gesellen auf Gassen und Strassen/ vor den Tho- ren/ in den Garten/ und wollen kurtzum gefodert seyn. Etliche nehmen Weiber/ und so bald ein Kind geboren wird/ bitten sie die- sen oder jenen/ und wollen darauf kurtzum gefodert seyn. Wie kan es doch in einem Land/ oder in einer Stadt/ darauf wol gehen. Dargegen ist unlaugbar/ daß in Spanien/ auch sonsten/ es weit anders beschaffen/ und schaͤmen sich fuͤrnehmer Fuͤrsten und Herren/ und so wol von Naturen/ als mit sonderbaren Ga- ben/ wolgeborne Kinder gar nicht/ die H. Schrifft zu studi ren/ und dermahleins zu treiben. Das geschicht ebener Massen in Teutschland/ aber bey denen auf Roͤmischer Weise Catholischen Uni- Deß Academi schen Universit aͤten/ und ist in naͤchsten Jahren gehoͤret worden/ daß 3. Herren Standes-geborne Personen zugleich der H. Schrifft Doctorat angenommen haben. Behuͤte GOtt/ wo finden wir dergleichen bey den Evangelischen Christen? Welcher vom Adel/ wann er nur uͤber 5. oder 6. Pacht-Bauren zu gebieten haͤtte/ wurde leyden/ wann sein Sohn in den Geistlichen Orden tretten wolte? Er gedaͤchte/ seine Vorfahren wuͤrden geschaͤn- det/ ihre Schilde verhoͤhnet/ der gantze Stamm in das aͤusserste Unwerthe gesetzet. Ja wol gesetzet. Schaue doch von deinem Himmel/ HErꝛ JEsu/ und be- trachte deine Christen! Siehe/ die Fuͤrnehmsten schaͤmen sich/ ih- re Kinder zu geben in den Stande/ darinnen du gelehret/ Sacra- menta gestifftet/ die Jrrige gestraffet/ die Schwachen getroͤstet/ als ein Priester; Darinnen du geweissaget/ und zukuͤnfftige Dinge verkuͤndiget/ als ein Prophet; Darinnen du Wunder- Wercke geuͤbet/ maͤchtige Zeichen dargestellet/ den Elementen gebotten/ die Naturen verwandelt/ als ein Koͤnig; Darinnen du fuͤr das gesamte Menschliche Geschlecht gelitten/ geseuffzet/ ge- wachet/ als ein Priester/ Prophet und Koͤnig. Fuͤrwahr/ nach der heutigen Welt tollen Einbildung ist es verschmaͤhlich gewe- sen/ daß du nicht nur ein Sohn deß Pilgrams Abraham/ deß Schulmeisters Jsaac/ deß Schaͤfers Jacob/ deß Koͤnigs David/ sondern ein Sohn GOttes/ ein Ewiger Sohn GOttes/ so tieff dich herunter gelassen/ und das Amt deß Ertz-Bischoffes unserer Seelen auf dich genommen/ und kraͤfftiglich verwaltet! Solte Jemand auß ihren Kindern dessen sich unterstehen/ er muͤste von dem Namen verbannet/ von dem Stamm abge- hauen/ von den Bluts-Freunden heßlich vermaledeyet/ ausser- halb der Huͤtten seiner Vor-Eltern umher wallen/ auch nicht uͤber den Zaun angeblicket werden. Dargegen halten die Fuͤrsten und Edlen fuͤr Loͤblich/ wann ihre Kinder in deß Nimrod Zunfft tretten/ in den Waͤldern und Feldern/ in Reichen und Landen/ nach Voͤlckern und Thieren ja- gen/ die armen Unterthanen mit mehr dann Egyplischen und Viehischen Diensten beschweren/ und mehr dann Babylonischen Schatzungen außsaugen. Jhnen gefaͤllet wol/ wann ihre Kin- der in Nimrods Zunfft sich begeben/ aber wofern sie in den Geistlichen Orden tretten wollen/ das waͤre. Jch mag nichts weiter sagen; Aber das wil ich sagen/ unsere Widersacher ha- ben dieses reifflich abgemercket. Der gelehrte und scharffsinnige Jesuiter/ Martinus Beca- nus, Romans I. Buch. nus, erzehlet eine lustige/ wie er spricht/ Historien/ die in Pohlen sich zugetragen/ welche ihm auch von dem/ der darbey gewesen/ sey erzehlet worden: Es war ein feyerliches Gast-Mahl ange- stellet/ und dar zu beruffen Fuͤrstliche Personen/ Catholische/ und andere auch/ solcher nicht wenige. Daselbst/ wie zu geschehen pfleget/ ist eine Strittigkeit von der Religion s- oder Glaubens- Sachen entstanden. Ein Jeder auß denen/ welche fuͤr die Ge- lehrtesten geachtet wurden/ sagte seine Meynung. Vor der Ta- fel wartete ein Soldat/ der/ weil er nichts studi ret hatte/ zwar zuhoͤrete/ aber schwiege. Als er von Jemand mehr Schertz- Weise/ als ernstlich/ gefraget wurde/ was ihn doch von dem gan- tzen Handel beduͤncke? Antwortete er schlecht/ ohne Schen/ er waͤre Catholisch. Mit was Grund beweisest du/ spricht der andere/ daß du recht daran thust? Darauf sagte der Soldat: Jch habe zwar keines Weges studi ret/ jedoch/ wann es mir von euch erlaubet ist/ wil ich reden/ was mir einfaͤllet? Es wurde ihm/ dem Soldaten/ gestattet/ wie auch von andern/ die darbey sassen. Sie vermahnen den Gesellen alle/ er solte das Maul zu seinem Vortheil brauchen. Der Soldat ist fertig. Er wendet sich aber erstlich gegen eine Fuͤrstliche Person/ welche der widrigen (Evangelischen) Religion war/ und hube an also zu reden in Lateinischer Zungen: Mein Herꝛ/ du hast 3. oder 4. Soͤhne/ wann aber einer in den Prædicant en-Stand sich begeben wurde/ was wuͤrdest du vornehmen? Jener aber (der Fuͤrst/) fuͤr Zorn entruͤstet/ antwortete mit Koltern und Poltern: Er wolte lie- ber/ daß seine Soͤhne/ so viel derer waͤren/ gehencket wurden/ dann daß einer mit so Ehren-ruͤchtiger That seinen Stand be- schmeissen solte. Der Soldat schwiege etwas/ doch kehrete er sich bald zu einem andern Fuͤrsten/ der Catholisch war/ und sprach: Was ist deine Meynung von der Frage? Wann dein Sohn zu der Jesuiter Orden sich gesellete/ wie wurdest du es aufnehmen? Zum Allerbesten/ antwortete der Catholis. Fuͤrst/ und wolte GOtt/ daß ihm der H. Geist solchen Sinn eingebe/ und er sich zu solcher Loͤbl. Gesellschafft begebe. Darauf schlosse der Soldat: Es ist gar unnoͤthig/ von der Religion weiter zu disputi ren. Jhr habt gehoͤret/ welche die Catholische Religion lehren/ seyn werth geachtet; Welche die andere (Evangelische) lehren/ seyn Ehren-ruͤchtige geschaͤtzet. Geschwinde ist erfolget ein Lachen und Frolocken/ und mit grossem Spott/ die den Prædi- cant en beypflichteten/ seyn von dem Tisch aufgestanden. Was von deß ungeschickten Soldaten und Polacken/ doch verschmitz- Deß Academi schen verschmitzten Schluß-Rede zu wissen sey/ mag diß mahl beru- hen; Gnug ist/ daß wir hoͤren/ wie hoch das Predig Amt bey andern Kirchen gewuͤrdiget/ und von unsern Evangelischen fast verschimpffet werde. Unterdessen bleibet bestaͤndiglich wahr/ daß in Spanien/ und dergleichen Orten/ die Edelsten Naturen sich auf die Theo- logey/ und zu dem Geistlichen Stande begeben/ trefflich studi- ren/ und selbst das Predig Amt verrichten. Wer zweiffelt kan in den Buͤchern aufschlagen/ und die Namen lesen/ auch nur de- rer/ die in den Orden der Jesuiter getretten seyn/ er wird finden/ was Gonsalvus Sylveira gewesen/ und andere mehr. Allhier duͤrffte Jemand vorwerffen der Teutsche Adel ver- achte keines Weges den Geistlichen Stand/ und erscheinete an dem/ daß sie ihre Kinder auf die Reformi rte Dom-Stiffter thaͤ- ten. Ach! deß elenden Wesens. Die meisten auß ihnen werden fuͤrnemlich darum auf die hohen Stiffter gethan/ oder auch wol gar eingekauffet/ daß sie von den milden Almosen/ welche den Armen gebuͤhren/ dermahleins von Jahren zu Jahren sich un- terhalten/ und ihren Adelichen Stand desto besser fuͤhren moͤch- ten. Darbey es sich dann offtmahls begibt/ daß sie von den Kir- chen-Guͤtern fressen/ sauffen/ spielen/ prangen/ und recht Fuͤrst- lich stoltzieren/ oder zum wenigsten kostbare Kleinodien und Reichthuͤmer beylegen/ mit vielen Pferden auf stattlichen Gut- schen fahren/ von einem Panquer zu dem andern triumphi ren/ faullentzen/ Schmeichler und Teller-Lecker unterhalten/ und ihre außgehauene Ercker praͤchtiglich außstaffieren koͤnnen. Keiner ist verbunden/ das Evangelium zu lehren/ die Sa- crament zu spenden/ die Beichtende zu hoͤren/ die Krancke und Gefangene zu besuchen/ die Traurigen und Bekuͤmmerten zu ermuntern/ die Sterbende zu troͤsten/ die Todten zu begleiten die Ruchlosen zu straffen/ die Jrrigen zu bekehren/ und was dem Geistlichen Stande eigentlich gebuͤhret zu verrichten. Man verspeyet GOTT im Himmel/ und aͤffet die Menschen auf Er- den. Dergestalt koͤnnen Tuͤrcken und Tartarn sehr gute Geist- liche werden/ und die fette Pfruͤnden verzehren. Wer koͤnte dann mit Bestand der Warheit solche vermeynte Geistliche loben? Aber/ was zu verwundern! Man finder Theolog en/ welche in Hoffnung/ Geschencke zu gewinnen/ diese Barbarey/ (wo sie ist/ es sey ferne/ daß allenthalben das Unwesen herꝛsche/) durch oͤf- fentliche Schrifften loben/ und solche Geistliche von denen Tu- genden ruͤhmen/ die nimmermehr an sie gerathen. Das Juͤngste Gericht Romans I. Buch. Gericht wird uͤber viel Stuͤcke urtheilen muͤssen/ wiewol GOtt schroͤckliche Straffen etliche Stiffter fuͤhlen laͤsser. Jhm sey es heim gestellet. Noch eines zu erinnern. Jn fremden Reichen und Landen begeben sich nicht allein Personen herunter in den Geistlichen Stand/ sondern von Gluͤck arme/ von Wuͤrden schlechte/ aber von Arten tapffere Juͤnglinge/ welche sich in den Geistlichen Stand begeben/ werden in demselbigen zu Fuͤrstlichen Titulen erhaben/ und dem ungeschickten Aschen- und Koth-Adel/ der we- gen seiner vaͤtterlichen Ahnen prahlet/ und den faulen Wanst blehet/ weit vorgezogen. Zu dem gilt hinfort nicht mehr die Finantzerey deß Papsts Clement en deß VII. welcher zu Rom auf dem Marckt einen langen Spieß steckete/ und bey demselbigen 3. Cardinaͤl-Huͤte/ denen/ welche sie theuer an klarem Gold bezahlen wolten/ feil bie- ten liesse. Daher mangelt jenem Theil niemabls an wackern Maͤnnern/ welche mit gelehrtem und beredtem Munde/ klugen Gedancken/ erleuchtem Verstande/ fertigem Willen/ sittsamen Begierden/ und weisen Anschlaͤgen/ das von ferne zudringende Ubel abtreiben/ wo es aber einen grossen und gefaͤhrlichen Scha- den gethan/ demselbigen zurecht helffen/ auch wol in einen bessern mit Macht versetzen koͤnten. Jn Summa: Wo stattliche Regimenter/ Christliche Kirchen/ und seelige Schulen gruͤnen/ wachsen/ bluͤhen/ und tausendfaͤltige Fruͤchte lieffern sollen/ muß die Sache ordentlich angefangen/ vollfuͤhret/ und mit tauglichen Personen bestellet werden. GOtt hat im 2. B. Mosis am 13. Cap. den Jsraeliten die- ses Gesetze vorgeschrieben: Die erste Geburt vom Esel solt du loͤsen mit einem Schafe/ wo du es aber nicht loͤsest/ so brich ihm das Genicke. Neulich zuvor hatte GOtt geordnet: Heilige mir alle erste Geburt/ die alletley Mutter bricht/ bey den Kindern Jsrael/ beyde unter den Menschen/ und unter dem Viehe/ dann sie sind mein. Er wolte aber den faulen Phlegmati schen und verdroffenen Esel nicht auf seinem Altar leyden/ und darum solten sie den langsamen Tropffen mit einem Schafe außwech- seln; Oder/ weil er dessen nicht guͤltig/ und doch geheiliget seyn muste/ vollend umbringen/ damit er nicht zu Weltlichen Ge- schaͤfften gebrauchet wurde. Was GOTT in dem Alten Testament nicht wolte leyden auf dem Altar/ muß er jetzunder leyden auf den Cantzeln/ und in den Beicht-Stuͤhlen/ und waͤre gut/ wann die Leute den Deß Academi schen den Toͤlpel mit einem albern/ aber einfaͤltigen Schafe außwech- selten. Wiewol offtmahls besser waͤre/ wann man einen unge- schliffenen/ und vorsetzlicher Weise/ uͤbel-beschickten Esel in das Genicke schlage/ und nicht durch Auflegung der Haͤnde zu einem Priester weyhete. Aber still von diesen. Der fuͤrtreffliche Je- suit/ D. Adamus Contzen/ mag klagen/ biß er muͤde wird/ und be- klagen: In opimis Ecclesiis divitum stupida proles magnatum scribæ, Prælatorum off entatores, Canonicorum cognatuli sagi- nantur: si ipse Hieronymus, Augustinus, Gregorius, Aquinas, Suaretz adessent, cedendum esset favori. Jn fetten Kirchen werden die toͤlpischen Bruten der Reichen/ der grossen Hansen Schreiber/ die Fuchsschwaͤntzer der Pr æ laten/ und der Dom- Herren Bluts-Freundlein gemaͤstet; Wann Hieronymus, Au- gustinus, Gregorius, Aquinas und Suaretz selbsten zur Stelle waͤren/ sie muͤsten mit ihrer beruͤhmten Kunst zuruck stehen/ und der Hof-Gunst weichen. Das XLII Capitul/ Die Gaͤste gehen von einander. Condado und seine Gesell- schaffe raͤysen fort. Venereus hat eine denckwuͤrdige Rencontre mit einer jungen fuͤrnehmen Damen/ und eine listige Buhlschaffe mit ei- nes Maͤurers Frauen/ muß aber daruͤber von Siena wegfliehen. A uß diesem erkannten die Anwesenden wol/ daß dieser Teutsche Student ein Theologus, aber nicht von der Roͤmischen Kirchen/ weil ihnen aber sein Discurs nicht zuwider war/ auch ein Je- der gestehen muste/ daß er sehr ehrbar und eingezogen lebete/ fleissig studi rete/ und ein sehr gelehrter Mann sey/ hielten sie ihn allerseits in hohen Ehren/ wie er dann bey den Teutschen dieses Orts auch in sonder- barer Hoch Achtung und Æstim lebete. Unterdessen wurden die saͤmtliche Gaͤste mit der Zeit satt/ und die Tafel ward abgehoben/ da sie dann aufstunden/ und/ nach abgestatteter Dancksagung/ einer nach dem an- dern seinen Abschied nehmen wolte. Cerebacchius aber ergreiffe einen ziemlichen Becher/ und trunck ei- nes Jeden von den anwesenden Gaͤsten Gesundheit/ uͤber welchen Appendicem sich dann sie allesamt zum hoͤchsten Romans I. Buch. hoͤchsten verwunderten/ inmassen dieser Mensch ohne dem vorher die gantze Mahlzeit uͤber fast staͤts gessen und getruncken/ und nunmehro beym Absch ie d so viel Weins in seinen Leib schuͤtten kunte. Darauf gieng ein Jeder seines Weges/ aber der Printz machte eine veste und Hertz-vertrauliche Freundschafft mit dem wackern Campanelli und der Holdseeligen Il- mene, er gab Jedem von diesen Beyden einen Ge- denck-Ring/ und empfienge von ihnen einen andern dergleichen/ wobey sie einander versprachen/ dafern sie das Gluͤck uͤber kurtz oder lang wieder zusammen bringen solte/ und etwa einer deß andern Beystandes benoͤthiget seyn moͤchte/ daß sie einander auß allen Kraͤfften zu Huͤlffe tretten wolten. Hiermit nahmen auch diese ihren Abschied/ und giengen mit Patina und dessen hoch-gelehrten Tochter ihres Weges. Vene- reus schlieff diese Nacht/ (es war aber schon ziem- lich spaͤt hinein/) bey Cerebacchius, und muste er/ wie ungerne er auch daran wolte/ mit diesem noch eine Flasche Brandtwein zum Schlaff-Trunck außleeren/ worauf sich ein Jeder nach der Schlaff-Stelle ver- fuͤgete. Als der folgende Morgen anbrach/ stunde Con- dado fruͤhe auf/ und gab dem Klingenfeld Ordre, et- liche Pferde kommen zu lassen/ die er kauffen wolte auf die Raͤyse. Er selber zwar hatte ein gutes/ wie auch Troll und Klingenfeld/ fuͤr den Cavina aber kauffte er eines/ weil er denselben/ als seinen Secreta- rium allwege bey sich behalten wolte. Cerebacchius und Venereus stunden endlich auch auf/ und damahl fragete sie Condado, ob sie Lust haͤtten/ mit ihnen zu raͤysen? Weil sie nun nichts darbey zu versaumen hatten/ erklaͤreten sie sich stehenden Fusses zu seinem Willen/ zumahl Cerebacchius darbey sich einer guten J i Kuͤchen Deß Academi schen Kuͤchen zu erfreuen hatte/ und Venereus hoffete/ an allen Orten eine gute frische Waͤyde fuͤr seinen Klep- per zu finden. Diese 2. giengen demnach hin/ machten es mit ihren Schuldnern richtig/ kamen auf den Mittag wieder/ in welcher Zeit Condado fuͤr Jeden ein gutes Pferd mit Pistolen/ und was darzu gehoͤ- ret/ gekauffet hatte. Diesen Tag blieben sie noch zu Padua. Aber am folgenden machte Condado mit sei- nem Hauß-Wirth alles richtig/ dem er fuͤr die Zeit/ da er bey ihm gewesen/ 200. Kronen bezahlete/ und darauf setzten sie sich mit einander zu Pferde/ und ritten zum Thor hinauß. Daselbst funden sie die gantze Teutsche Studenten- Nation von Padua zu Pferd halten/ in 20. zu Pferde/ welche ihnen auf eine gute Teutsche Meil-Weges das Geleite gaben. Da- selbst kehreten sie in einer Dorff-Herberge ein/ und Condado tracti rte sie/ so viel das Hauß allhier ver- mochte/ weil aber die Teutschen mit dem Trunck sich allhier in etwas zu viel beluden/ muste Condado mit den Seinigen diese Nacht allhier ligen bleiben/ aber am andern Tage schieden die Paduani sche Teutschen von ihm/ wuͤnscheten ihm mit seinen Leuten eine gluͤckliche Raͤyse/ und ritten wieder zuruck nach Padua. Condado, und seine Leute/ setzten sich gleicher Gestalt auf/ und erreichten selbigen Tages noch die Stadt Vicenza, woselbst sie ihr Nacht-Lager hielten/ und eine bequeme Herberge bekamen. Als sie am folgenden Morgen wieder aufbrachen/ da erzehlete Venereus seine Liebes-Haͤndel nicht allein mit der Margara, sondern auch mit vielen andern Frauen und Jungfrauen zu Padua. Condado und Klingenfeld be- theureten/ daß sie vor die Jungfrauschafft der Mar- gara Buͤrge zu werden nicht das allergeringste Be- dencken getragen haͤtten/ also wundere es sie/ daß die- selbe Romans I. Buch. selbe gleichwol ein unzuͤchtiges Gemuͤth gehabt. Sie vernahmen aber von Venereo, daß diese Margara eine geile Dame, die/ zusamt ihrer Mutter/ wie der Ruff gienge/ auch mit Juden/ welche in der Nacht zu ihnen kamen/ zu thun haͤtten. Weßwegen er ihrer gar nicht wuͤrde geachtet haben/ wofern sie seine Dienste nicht mit einem guten Præsent vergolten haͤtte. Klingen- feld begehrte von ihm zu wissen/ welche die uͤbrige Dam en in Padua gewesen/ mit denen er sich ergoͤtzet? Aber Venereus sprach: Mein Herꝛ/ was ist euch dar- mit gedienet/ wann ich euch dieselbe melde/ da ich doch wol weiß/ daß ihr deren keine Kundschafft habet? Uber dem bin ich/ mittelst eines kraͤfftigen Eydes/ ver- bunden/ ihre Namen nicht kund zu machen/ dero- wegen schonet meiner mit den Paduani schen Dam en/ von andern wil ich gerne etwas mittheilen. Wie Venereus merckete/ daß alle seine Gefaͤhr- ten schon die Ohren spitzeten/ sprach er: Wann ich euch alle Ebentheuren meiner weitlaͤufftigen Cour- toisie erzehlen wolte/ so haͤtte lange Zeit darzu vonnoͤ- then/ darum wil ich nur ein und ander Exempel her- auß nehmen/ und keine Person specifici ren/ es sey dann/ daß sie von keiner Extraction sey. Als ich mich zu Sena auf hielte/ und einsmahls selbander auf der Strassen spatzieren gieng/ begegnete mir ein ansehn- liches Weib/ mit einem verhuͤlleten Gesichte/ diese zohe mich saͤnfftiglich beym Ermel/ steckete mir einen Ducaten in die Hand/ und sprach mit sachter Stim- me: Wann ihr Lust habt/ eine fuͤrnehme schoͤne junge Frau/ die mit einem alten Ehe-Mann bestraffet wor- den/ euch diese kuͤnfftige Nacht zu vergnuͤgen/ so stellet euch allein an diesem Ort wieder ein/ eure Muͤhe soll euch rechtschaffen belohnet werden. Das war mir eine seltzame Historie/ weil es mir J i 2 aber Deß Academi schen aber bißhero noch meist allemahl in meinen Liebes- Haͤndeln (es waren aber mehr Lust- als Liebes-Haͤn- del/) gelungen/ erklaͤrete ich mich/ der Frauen zu will- fahren/ und inzwischen auf der schoͤnen Dam en Ge- sundheit zu trincken. Hiermit schieden wir von einan- der/ und mein Cammerad wolte gern wissen/ was ich mit der Frauen verabredet haͤtte? Aber/ sprach ein Fisch/ so sprach ich auch/ wil man etwas erschnappen/ so muß man sich nicht selber verrathen. Jch gieng mit meinem Gefaͤhrten zu Tisch/ und ließ eine Flasche von dem kostbarsten Wein langẽ/ nahm auch solche Spei- sen zu mir/ welche der Natur eine gute Krafft mit zu- theilen pflegen/ inmassen ich mich dann mit derglei- chen Dingen allwege Wunder-wol zu behelffen ge- wust. Als der Abend heran nahete/ nahm ich ein paar Sack-Pistolen zu mir/ versahe mich mit einem guten Degen/ bestriche meine Kleider mit wol-riechendem Wasser/ puderte meine Haare/ und habili rte mich dergestalt/ daß ich mich schier selber in meine Person verliebet haͤtte. Endlich gieng ich an den bezeichneten Ort der Strassen/ und nachdem ich ein klein wenig verzogen/ kam eine kleine Carosse, welche neben mir still hielte/ und sprang die vorige Frau voller Freuden zu mir herauß/ und noͤthigte mich/ mit ihr hinein zu steigen/ schwur auch einen 3. fachen Eyd/ daß ich diese Nacht nichts anders/ als Gluͤck und Freude/ solte zu erleben haben/ waͤre es demnach am besten fuͤr mich/ wann ich mir keine Sorge machte/ sondern frisch und unverzagt mich bey allem erzeigete/ was mir aufstos- sen wuͤrde. Jch trug demnach kein Bedencken/ mich neben sie zu setzen/ und darauf ließ sie mit meiner Ver- guͤnstigung die lederne Vorschlaͤge zu beyden Sei- ten hernieder/ daß es in dem Wagen gantz dunckel ward. Es ist euch/ und eurer Maistresse, sprach sie/ dienlich/ Romans I. Buch. dienlich/ daß ihr nicht wisset/ wohin ihr fahret; Gnug ist es/ wañ ihr den Ort eurer Gluͤckseeligkeit erreichet. Jch ließ mich auch diese Dinge wenig anfechten/ in- massen ich versichert war/ daß weder durch Courtoisie, noch andere Haͤndel/ ich mir an diesem Ort noch keine Feinde erwecket hatte; Ob es aber diesen Abend ge- schehen moͤchte/ solches stunde wol zu besorgen/ doch stellete ich alles der Fuͤrsichtigkeit meiner Beysitzerin anheim/ welche mich Gefahr-loß zu halten versprach/ daß ich ihr demnach guten Glauben zustellete. Endlich gelangeten wir durch ein gewoͤlbtes Thor in einen grossen gepflasterten Hof/ daselbst ward ich von der Frauen in ein schoͤnes Zimmer be- gleitet/ und sagte sie: Mein Herꝛ/ ich gehe zu meiner Frauen/ seyd gutes Muthes/ und wegert euch nicht/ das Jenige zu thun/ worzu man euch wird noͤthigen. Hiermit gieng sie von mir/ und gleich darauf kamen zwey uͤberauß schoͤne junge Dames, in dem schoͤnsten Schmuck/ den man ihm haͤtte einbilden moͤgen. Die- se hiessen mich willkommen/ und eine Jede ertheilete mir einen Kuß. Jch wuste nicht/ wie ich mit diesen irꝛ- dischen Engeln daran waͤre/ wolte demnach durch blinde Zutappung mich etwas kuͤhner bey ihnen er- weisen/ aber sie schlugen mir sanfftiglich auf die Hand/ und sagten: Habt ihr etwas zu viel/ so ver- sparet es auf das kuͤnfftige Nachtlager bey unserer Meisterin Hiermit tratten sie nach der Wand/ schlos- sen einen Schranck auf/ nahmen Tafel-Zeug herauß/ und decketen einen kleinen Tisch/ trugen auch in klei- nen silbernen Schuͤsselein etliche kraͤfftige Speisen auf/ samt allerhand Getraͤncken/ worvon ich die Wahl hatte zu nehmen/ was mir beliebete. Sie setzten sich neben mich/ und speiseten mit mir/ jedoch genossen sie wenig/ und schiene es/ daß sie mehr/ um Gesellschafft J i 3 zu Deß Academi schen zu leisten/ und mich zum Essen zu noͤthigen/ als mit mir zu speisen/ bey mir geblieben. Jch bezeigete mich munter und froͤlich/ weßfalls mich auch die schoͤne Jungfern bathen/ nahm so viel Speise und Getraͤn- cke zu mir/ als ich vonnoͤthen hatte. Nachdem ich mich endlich gesaͤttiget/ ward die Tafel abgenommen/ und diese schoͤne Dames brachten einen kleinen Kessel mit warmen Rosen-Wasser/ den sie vor meinen Fuͤssen niedersetzten/ und auf Befehl ihrer Frauen mich noͤ- thigten/ meine Fuͤsse darinn zu baden. Jch durffte mich dessen nicht lang wegern/ zog demnach ( s. h. ) meine Schuhe und Struͤmpffe auß/ und badete mei- ne Fuͤsse/ biß sie rein gnug worden/ darauf ward mir ein saubers Facelet chen gereichet/ mit welchem ich die Fuͤsse und Beine wieder abtrucknete/ und selbige in neue Struͤmpffe/ die mir zu dem Ende gereichet wor- den/ steckete. Endlich giengen diese Jungfrauen/ nach genom- menem hoͤflichen Abschied/ wieder von mir/ und die alte Frau tratt zu mir herein/ und fuͤhrete mich in ein wol aufgeputztes Schlaffzimmer/ da ein koͤstlich-ge- ziertes Bette stunde/ dessen Cortin en von gelbem At- las mit guͤldenen Fraͤnseln/ mit rother Seyden un- termenget waren. Hieselbst halff mir die Frau meine Kleider ablegen/ ja ich muste auch so gar das Hemde außziehen/ und uͤberreichete sie mir ein anders/ von der zartesten Leinwat/ sie salbete meinen Leib an den fuͤrnehmsten Gliedern mit wol-riechendem Oel/ und das Haupt bliebe auch nicht verschonet/ wel- ches sie mit einer koͤstlichen Schlaff-Muͤtzen ver- huͤllete/ und mich also zu Bette fuͤhrete/ mit der gege- benen Lehre/ je lustiger ich mich diese Nacht bezeigen wuͤrde/ je angenehmer ich seyn solte/ und je groͤssere Vergeltung ich von meiner Maistresse wuͤrde zu ge- warten haben. Jch Romans I. Buch. Jch legete mich demnach ins Bette/ und muste uͤber dieses leyden/ daß mich die Frau am blossen Leibe besichtigte/ ob ich auch den geringsten Schaden haͤtte/ und als sie mich in allem richtig befand/ warff sie ei- ne seydene duͤnne Decke uͤber mich/ und wuͤnschete mir eine froͤliche Nacht. Sie ware kaum auß dem Schlaffzimmer hinauß getretten/ als eine ansehnliche junge Dame in einem weissen Atlas herein tratt/ eine von den vorigen beyden Jungfrauen trug ihr das Liecht vor/ und entkleidete sie/ schiede auch alsobald darvon/ und schlosse die Thuͤr hinter sich zu. Diese Dame nahm darauf das Liecht/ und besahe mein An- gesicht/ an welchem sie einen grossen Gefallen zu ha- ben schiene. Loͤschete darauf das Liecht auß/ und legete sich zu mir. Sie umfienge mich alsobald gar holdsee- lig/ und sagte: Eure Person/ mein liebster Freund/ hat mir beym ersten Anblick/ da ich euch auf der Strassen gesehen/ sehr wol gefallen. Wisset/ daß ich einen Leibes-Erben verlange/ den mir mein ohnmaͤch- tiger Gemahl nicht geben kan/ und daran meine zeit- liche Wolfahrt hanget/ darum habe ich euch erkieset/ mich deßfalls zu vergnuͤgen. Diese Nacht-Muͤhe soll euch nicht unbelohnet bleiben/ und dafern ihr uͤbers Jahr noch allhier moͤchtet anzutreffen seyn/ kan man euch Bericht ertheilen/ ob ihr in diesem Beyschlaff meinen Zweck erlanget habt/ oder nicht. Bekomme ich/ was ich verlange/ so sollet ihr dessen mit mir zu ge- niessen haben. Hierauf kuͤssete sie mich hertzlich/ und ich weiß nicht/ was mehr darauf erfolget/ ohne/ daß ich eingeschlaffen/ und mir von grosser Freude getrau- met hat/ biß endlich etwa eine Stunde vor Aufgang der Sonnen die alte Frau in die Kam̃er hinein tratt/ und uns Beyde auß einem suͤssen Schlaff erweckete. Meine holdseelige Beyschlaͤfferin kuͤssete mich dar- J i 4 auf Deß Academi schen auf noch einmahl/ uñ noͤthigte mich/ der alten Frauen zu folgen/ aber reinen Mund zu halten/ dafern ich mich selber nicht in Lebens-Gefahr stuͤrtzen wolte. Jch legete meine Kleider wieder an/ und als ich bereit war/ langete die fuͤrnehme Dame unter ihrem Bett-Kuͤssen einen gelben Sammeten Beutel mit Ducaten her- fuͤr/ den sie mir verehrete/ und mich darauf von sich ließ. Dieses Præsent machte mir grossen Muth/ und ich bildete mir ein/ ich waͤre mehr/ als ein Ritter von St. Marco. Die alte Frau setzete sich wieder neben mich in die Carosse, zog dieselbe allenthalben zu/ und fuhr mit mir darvon/ da wir dann eine gute Weile umher fuhren/ biß wir endlich wieder an die jenige Stelle gelangeten/ da ich eingenommen worden/ da- selbst bekam ich meine Freyheit wieder/ und ob ich gleich der Frauen einen Ducaten fuͤr ihre Muͤhewal- rung præsenti rte/ wolte sie denselben doch nicht an- nehmen/ sondern sagte/ daß sie ihre Muͤhe von ihrer Maistress en schon wuͤrde belohnet kriegen. Jch kehrete wieder in meine Herberge/ und war gutes Muthes/ lebete auch noch etliche Tage/ ehe ich eine andere Anfechtung bekam. Aber nach dieser Zeit erblickete ich nicht weit von meiner Herberge eine schoͤne junge Frau/ die erst neulich einem alten sehr rei- chen Mann/ der ein Maͤurer/ war beygeleget worden. Dieser ihr Mann war/ wie man mich berichtete/ bey dem Gouverneur der Stadt sehr wol daran/ der ihm/ als seine erste Frau verstorben/ eine Jungfrau auß seinem Frauenzimmer zugefuͤhret hatte/ welche schoͤn/ aber gar arm war. Gleichwie aber ich diese schoͤne Frau offt mit lieblichen Augen ansahe/ also empfande sie meines Hertzens Meynung gar bald/ und wincke- te mir/ so offt ich vorbey gieng/ mit den Augen derge- stalt zu/ daß ich gnugsam versichert war/ daß sie mich von Romans I. Buch. von gantzem Hertzen liebete. Solchem nach versau- mete ich keine Zeit/ ihre Gunst zu unterhalten/ biß sie endlich von der Liebe mehr/ als ich selber/ uͤbernom- men ward/ daß sie ihre Dienerin zu mir sandte/ und mir sagen ließ/ weil ihr Mann morgen fruͤhe vor die Stadt hinauß an seine Arbeit gieng/ moͤchte ich um die andere Stunde nach der Sonnen Aufgang zu ihr kommen/ und ihr die Zeit kuͤrtzen helffen. Jch war dessen wol zufrieden/ kleidete mich demnach am fol- genden Morgen/ nach ihrer Lehre/ wie ein Hand- wercks-Gesell/ und gieng nach ihrem Hause. Wir wurden deß Handels nach wenig gewechselten Wor- ten/ bald einig/ und stund es schon darauf/ daß wir uns jetzo nach dem Bette verfuͤgen wolten. Aber in dem Augenblick kam der Mann wieder zuruͤck/ und weil er die Thuͤr deß Hauses verriegelt fand/ preisete er in seinem Hertzen die Keuschheit und Eingezogen- heit seiner jungen und schoͤnen Hauß-Frauen. Er klopffete darauf starck an/ und die Frau wuste vor Angst nicht/ wo sie mich verbergen solte. Endlich fuͤhrete sie mich auf den Boden/ allwo sie ein grosses Oehl-Faß stehen hatte/ darein muste ich/ mittelst ei- nes Stuhls/ steigen/ um nicht gefunden zu werden/ biß ihr Mann wieder an seine Arbeit moͤchte hinge- gangen seyn. Sie tratt darauf selber zu ihm hinab/ und nachdem sie die Thuͤr geoͤffnet/ fieng sie an mit ihm zu zancken/ und sprach: Wie nun zum Blauen Bitter/ wollet ihr schon wieder Feuerabend machen/ so werden wir wol endlich nichts/ als Wasser und Brodt/ zu essen bekommen/ ich sitze den gantzen Tag/ und spinne Seyden/ daß mir die Finger zerreissen moͤchten/ und ihr wollet muͤssig gehen; Ach! wehe mir/ wie ungluͤcklich bin ich mit euch worden. Andere junge Frauen haben ihre Courtisan en/ und thun ih- J i 5 nen Deß Academi schen nen etwas zu gut/ machen ihnen taͤglich eine neue Lust/ nur ich allein bin darzu verordnet/ daß ich bey einem alten Mañ verderben/ verhungern und verdorren soll. Der Maͤurer strich der Frauen uͤber die Backen/ und sprach: Jch erkenne deine Ehrbarkeit und Treue/ mein liebstes Hertz/ sehr wol/ ich habe noch einen gu- ten Schatz/ und du darffst dich nicht bekuͤmmern/ daß du moͤchtest Noth leyden/ bleibe du nur allemahl/ wie bißhero/ wañ ich außgangen bin/ in deinem verschlos- senen Hauß/ so habe ich Freude/ und du Ehre darvon. Du solt aber nicht meynen/ daß die Lust zum Muͤssig- gang mich gezwungen/ heute von der Arbeit zu gehen. Als ich diesen Morgen zum Thor hinauß gieng/ be- gegnete mir ein Prediger-Muͤnch/ und verwunderte sich/ daß ich mit meinem Werckzeug außgieng/ fragte mich demnach/ ob ich nicht wuͤste/ daß heut St. Cosmi Tag waͤre/ welcher mit einer Predigt gefeyret wuͤrde? Jch besonne mich augenblicklich/ erkannte meinen Fehler/ und kehrete darauf wieder nach Hauß. Du solt aber wissen/ daß uns die Barmhertzigkeit deß Himmels heute gleichwol auch bedacht hat/ dann/ auf dem Heimweg kam dieser Nachtbar zu mir/ und kauffte mir unser grosses Oel-Faß ab/ welches schon lange auf dem Boden gestanden/ und uns das Hauß enge gemacht hat. Er hat mir eine Krone darfuͤr ver- sprochen/ und du weist wol/ wie gerne ich schon vor ei- nem halben Jahr eine halbe Krone darfuͤr genom̃en/ haͤtte ich seiner anders moͤgen loß werden. Unser Nachbar ist mit mir kommen/ das Faß zu besichtigen/ darum gib dich zufrieden/ du solt den halben Preiß darvon zu geniessen haben. Die Frau erschrack dieser Rede fast eben so sehr/ als ich/ dann ich kunte alle Worte gar eigentlich hoͤren/ und ich waͤre augenblick- lich auß dem Faß entwischet/ wofern ich anders haͤtte herauß Romans I. Buch. herauß kom̃en moͤgen; Die Frau aber erdachte also- bald eine Luͤge/ und sagte: Meynest du dann/ mein lieber Mann/ daß ich zu Hauß muͤssig sitze/ und nicht ebenmaͤssig auf unsere Wolfahrt bedacht bin? Die- sen Morgen/ als du eben außgangen warest/ kam ein Gesell unsers Nachbarn/ und fragete nach unserm Oehl-Faß/ ob es verkaufft waͤre/ dieser zahlet mir an- derthalbe Kronen darfuͤr/ und ist schon hinein gestie- gen/ die groͤbeste Haͤfen darinnen abzuschaben. So hoͤrest du wol/ mein lieber Nachbar/ sprach der Maͤurer zu seinem Gefaͤhrten/ daß ich dir jetzo/ wie gern ich auch wolte/ nicht helffen kan/ dann der erste Kauff gehet vor dem andern/ auf ein ander mahl koͤn- nen wir gleichwol Handels-Leute werden. Hiermit nahm der andere seinen Abschied/ und die Frau kam mit ihrem Mann zu mir auf den Boden. Jch hatte unterdessen mein Messer herauß gezogen/ und schrap- pelte in dem Faß/ was ich kunte/ der Maurer aber stieg zu mir hinein/ und sprach: Willkom̃en/ mein Freund/ dieser Arbeit muß ich euch benehmen/ mir gebuͤhret es/ daß ich euch reine Waare lieffere. Habt ihr aber Lust zu meinem andern Oel-Faß/ welches drunten ste- het/ und etwas kleiner ist/ als dieses/ so gehet hin/ und besehet es gleicher Gestalt/ meine Frau wird euch den Weg zeigen. Jch war dessen eben so sehr zusrieden/ als die junge Frau/ welche mir einen Stuhl in das Faß reichete/ darauf ich herauß stieg/ und den Stuhl wie- der herauß setzete. Der Maͤurer aber arbeitete inzwi- schen auf sein Allerbestes darinnen/ und weil wir wu- sten/ daß es ihm unmoͤglich/ ohne anderer Leute Huͤlffe von dannen herauß zu kommen/ giengen wir mit ein- ander in die Schlaffkammer/ und besichtigten daselbst ein ander Faß/ welches aber dem Jenigen/ das uns der Maurer angewiesen hatte/ bey weitem nicht gleichete. Nach- Deß Academi schen Nachdem wir unsere Rolle wol gespielet/ und ich der Frauen bedeutet hatte/ daß ich mir meine Dienste be- zahlen zu lassen gewohnet waͤre/ da gieng sie zu ihres Mannes Geld-Kiste/ und langete einen schoͤnen Ro- senobel herauß/ den sie mir verehrete. Jch gienge dar- auf meines Weges/ bestellete einen Mann/ und ließ die 2. Faͤsser nach einander auf einem Schubkarren nach einem andern Ort bringen/ da inzwischen der Maͤurer in der Einbildung bliebe/ ich haͤtte ihm die- selbe abgekaufft/ und zu vollem Gelde gebuͤhrlich be- zahlet. Als ich in meinem Logiment allein war/ besahe ich den empfangenen Rosenobel, und fand ihn koͤstlich gut/ aber bey weitem nicht zu gut darzu/ daß ich mir darvon nicht haͤtte einen froͤlichen Tag machen moͤ- gen. Gienge demnach in eine Weinschencke mit et- lichen Studenten/ die meine Bruͤder/ aber nicht son- ders bey Mittel waren/ und hielte sie daselbst Zech- frey. Wir hatten uns ziemlich berauschet/ wie der Abend herein brach/ und weil wir nunmehro gesoñen waren/ unsers Weges zu gehen/ langete ich meinen schoͤnen Rosenobel herfuͤr/ und uͤbergabe ihn dem Wirth/ um sich darvon bezahlet zu machen/ und mir das uͤbrige wieder zuzustellen. Dieser hatte zu allem Ungluͤck nicht so viel klein Geld/ gieng demnach in ei- ne andere Stube/ darinn etliche Buͤrger/ und darun- ter auch der Maͤurer sasse/ welchen er den Rosenobel zeigete/ und ihn zu wechseln begehrete. Der Maͤurer kennete ihn alsobald/ wechselte ihn zu sich/ gehet aber nach Hauß/ und besiehet sein Geld/ da er findet/ daß ihm dieser Rosenobel mangelt. Er befraget seine Frau darum/ aber sie wil von nichts wissen/ sondern wendet ein/ er muͤsse auß dem Kasten durch einen behenden Dieb gestohlen seyn. Also gehet der Maurer zum Gou- Romans I. Buch. Gouverneur, seinem grossen Patron en/ und verklaget mich/ daß ich kommen/ und doci ren moͤge/ wo ich den Rosenobel bekommen haͤtte. Es kam ein Diener/ und lud mich mit aller Civilit aͤt zu dem Gouverneur, der mich um etwas befragen wolte/ und wie ich kam/ em- pfieng er mich hoͤfflich/ fuͤhrete mich in ein Logiment, und forschete/ wo ich doch diesen Rosenobel, den ich gestern haͤtte wechseln lassen/ bekommen haͤtte? Jch sahe bald/ worauf es angesehen/ und weil ich allein bey ihm war/ sprach ich: Mein Herꝛ/ dieses schoͤne Goldstuͤck ist mir von einer jungen schoͤnen Frauen/ welcher ich eine Lust darfuͤr gemacht/ verehret worden. Der Gouverneur verwunderte sich hieruͤber/ daß man in dieser Stadt solche Weiber finden solte. Jch aber erzehlete ihm meine andere Rencontre mit der schoͤ- nen fuͤrnehmen Dam en/ die mir einen Nacht-Dienst mit einem Beutel voll Ducaten bezahlet hatte. Hier- mit risse ich den Rock auf/ und zeigete ihm das zarte Hemd/ welches ich ohne dem darvon getragen hatte. Der Gouverneur besahe dieses Hemd gar eigent- lich/ und fand einen Namen vor dem Busen genaͤhet/ dahero machte er grosse Augen/ und sagte: Guter Freund/ dieses Hemd ist mir so wol/ als der Mann/ bekandt/ dem es zustehet; Jch rathe euch aber/ daß ihr euch alsobald auß der Stadt machet/ und euch dieser That halben in hiesigen Graͤntzen nimmermehr beruͤhmet/ oder ihr seyd ein Mann deß Todes. Diesen Drohungen muste ich glauben/ nahm demnach mei- nen Abschied/ und nachdem ich zu Hauß das Meinige bestellet/ gieng ich von Siena hinweg/ auf Bologne, und bald hernach auf Padua. Jch besahe unterdessen die Buchstaben am Hemde gar eigentlich/ ließ mir deß Gouverneur s Namen melden/ und fand/ daß dieses sein eigenes Hemd gewesen/ daß ich/ demnach nun- mehro Deß Academi schen mehro wol weiß/ bey welcher Frauen ich mich jenes mahls hatte lustig gemacht. Das XLIII . Capitul/ Man discurri ret allhier uͤber die Frage/ ob man besser durch grossen Verstand/ als durch bestaͤndige Arbeit/ zu guten Wissenschaff- ten gelangen koͤnne? Venereus hat eine seltzame Courtoisie zu Trento. U Ber diese Erzehlung deß Venerei musten sie sich allerseits verwundern/ sie kamen aber un- terdessen zu einer Herberge in einem Dorff/ darinn sie das Mittags-Mahl hielten/ und funden darinn etliche ansehnliche Maͤnner auß Teutschland/ die nach Venedig zu gehen resolvi ret waren. Mit diesen hatten sie verschiedene schoͤne Discurse, inson- derheit Klingenfeld/ der nach seinen Angehoͤrigen in Teutschland fragete/ darvon er guten Bescheid er- hielte. Man merckete wol/ daß 2. von diesen Teut- schen gelehrte Leute waͤren/ und sich auf die freye Kuͤnste eine gute Zeit muͤsten geleget haben/ dann sie gaben solches durch ihre Discurse gnugsam zu erken- nen. Einer darvon kam auf die Frage/ welches am noͤthigsten sey/ zu guten Kuͤnsten und Wissenschaff- ten zu gelangen/ ein grosser Verstand/ oder aber eine grosse Arbeit? Dem Klingenfeld seine Frage folgen- der Gestalt beantwortete: W As uns am meisten kostet/ das achten wir am hoͤchsten/ dann der Menschliche Verstand/ welcher allen Dingen seinen Werth und Preiß gibt/ vermehret und vermindert denselben/ nachdem er urtheilet/ daß man viel oder wenig Muͤhe habe/ ein Ding zu uͤberkommen. Welches uns auch der Koͤnig David zum Theil erwiesen/ da er einmahl luͤstern war/ auß einem Brunnen zu trincken/ welchen die Philister in ihren Haͤnden hat- ten/ und etliche seiner Helden in der Feinde Laͤger drungen/ und deß Wassers brachten/ hielt er es viel zu werth/ daß er es selber trincken solte/ sondern schuͤttete es auß vor dem HErꝛn/ und opf- ferte es ihm/ als ein Blut der Maͤnner/ die es auf Lebens-Gefahr geholet Romans I. Buch. geholet hatten. Also sehen wir/ je mehr Schwerigkeit bey einem Dinge ist/ je mehr wir es lieben/ und in so hoͤherm Werth wir es halten; Je leichter man es aber bekommen kan/ je weniger es geachtet wird. Und deßwegen halte ich darfuͤr/ daß die Arbeit/ so da angewandt wird/ den Marmor außzuhauen/ ihme eine Form und Gestalt zu geben/ und es zu poli ren/ und glaͤntzend zu machen/ wol so viel darzu thue/ daß er so hoch geschaͤtzet wird/ als seine Schoͤne und Dauerhafftigkeit. Dann je mehr Arbeit darzu angewandt ist/ je schoͤner und koͤstlicher ist er. Und in der That ist der Marmor die rechte Abbildung der Jenigen/ die viel Muͤhe haben/ etwas zu begreiffen/ und zu behalten; Dann/ gleichwie eine grosse Muͤhe und Gedult erfordert wird/ den Marmor zu saͤgen/ weil man deß Tages kaum 3. Finger tieff hinein kommen kan/ und wie hingegen die Gestalt/ die man ihm einmahl gegeben/ nicht so leicht vergehet/ als das Jenige/ so man auß Gips und weichen. Steinen ohne sondere Muͤhe gemacht/ sondern viel hun- dert Jahr dauret; Also behalten die Jenigen/ welche ein Ding gar langsam und mit grosser Muͤhe lernen/ und einmahl gefas- set/ viel besser/ als andere lebhaffte Ingenia, die ein Ding oben hin so leicht vergessen/ als sie es begreiffen. Stehet es demnach dahin/ ob wir lieber ein Ding oben hin/ und ohne Grund wissen/ oder dessen eine gruͤndliche und bestaͤndige Erkaͤnntnuͤß haben wollen? Welches Letztere dann ein Jeder vernuͤnfftiger Mensch ohne al- len Zweiffel dem Ersten vor ziehen wird; Uber das hat man die- ses zu erwegen/ daß in dem jetzigen Seculo die Wissenschafften nicht erst doͤrffen erfunden werden/ wor zu vielleicht so viel Ver- stand und Scharffsinnigkeit vonnoͤthen waͤre/ als anjetzo grosser Fleiß und Muͤhe erfordert wird/ die jenigen Kuͤnfte/ die allbereit erfunden/ und gleichsam zur Vollkommenheit gebracht sind/ zu lernen und zu behalten. Ja/ mit einem Wort zu sagen/ wer ei- nen grossen Verstand hat/ gibt sich/ gleich wie ein Vogel von ei- nem Ast auf den andern flieget/ bald zu diesem/ bald zu jenem Objecto, und kan deßwegen unmuͤglich zu einer solide n oder gruͤndlichen Wissenschafft gelangen/ sondern muͤssen nur mit dem aͤusserlichen Schein derselben zufrieden seyn; Welches von allen etwas/ vom Gantzen nichts zu wissen genannt wird. An Statt/ daß die Arbeitsamen (dergleichen die Geistlich arm sind/ vom HErꝛn Christo seelig geschaͤtzet werden/) sich auf ihre ei- gene Capacit aͤt nicht verlassen/ sondern gantz und gar auf einen gewissen Grund sich legen/ demselben nachdencken/ und dardurch ihre Gedaͤchtnuͤß mit allerhand schoͤnen Definition en und Divi- sion en Deß Academi schen sion en zieren/ auch alles besser behalten/ (zu Folge der Propor- tion, die man bey den Facult aͤten deß Verftandes und dem Ge- daͤchtnuͤß gefunden hat/ von welchen/ wie die Schale in einer Wage/ (da die Eine eben so tieff hinunter gehet/ als die andere aufsteiget/) und koͤnnen derhalben/ eigentlich darvon zu reden/ nur allein fuͤr gelehrte Leute gehalten werden/ weilen wir mehr nicht wissen/ als wir behalten haben. Jnmassen dann das Ge- daͤchtnuͤß hierauß fuͤr das noͤthigste Instrument, zu den Wissen- schafften zu gelangen/ ist erkannt worden. Diese grosse Arbeit aber muß fuͤrnemlich dem grossen Verstand/ in Ubung der jeni- gen Kuͤnste und Disciplin en/ die in der Action bestehen/ und die man/ je mehr man sie practici ret/ je besser auch lernet/ vorgezo- gen werden/ und ist es eine unmoͤgliche Sache/ ohne Arbeit etwas zu thun. Weßwegen die Alten gar wol gesaget/ daß die Goͤtter alles um Arbeit verkaufften/ gleich/ als wann sie sagen wolten/ daß nichts waͤre/ wor zu man nicht durch Arbeit gelangen koͤnte. Darauf ward von dem vorigen Teutschen geantwortet/ daß der Verstand gleichsam die Hand der Wissenschafften/ und daß der Jenige/ der sich mit wenigem Verstand/ als dar zu erfor- dert wird/ auf dieselben legen wil/ endlich befinde/ daß er seine Zeit gantz vergeblich zubringe. Und wie einer/ der von Natur zu den Exerciti en deß Leibes bequem ist/ sich nicht geschickt darzu machen kan/ wo er sich gar zu sehr aufs Studi ren leget. Also im Gegentheil ist er nicht zum Studi ren gebohren/ oder mit keinem sonderbaren Verstand begabet/ so wird er gewiß mit allem sei- nem Fleiß und Arbeit/ so er darzu hat angeleget/ gar wenig dar- inn außrichten. Dahero kommen so viel Klagen der Eltern/ welche/ ob sie gleich Mittel und Ambition gnug haben/ ihre Kin- der zum Studi ren zu halten/ dannoch endlich erfahren muͤssen/ daß deren gantze Jugend/ und alles Geld/ so sie auf die Kinder/ selbige etwas Rechtschaffenes lernen zu lassen/ gewandt/ ohne einzigen Nutzen angeleget sey. An Statt/ daß andere arme Kin- der/ die zu vielen geringern Dingen auferzogen werden/ sich durch ihren grossen Verstand fortbringen/ und zu den wichtig- sten Dingen geschickt machen. Wir muͤssen auch dieses conside- ri ren/ daß alle Wissenschafften gantz unvollkommen seyn/ und weilen sie alles durch das Jenige erhaͤlt/ verbessert und erhoͤhet/ worauß es entstanden ist/ so folget darauß/ daß die Wissenschaff- ten/ so durch verstaͤndige und scharffsinnige Leute sind erfunden worden/ auch nur durch einen guten Verstand koͤnnen excoli ret/ und zu groͤssern Vollkommenheiten gebracht werden/ welches man Romans I. Buch. man dann bey einer jeden Wissenschafft absonderlich siehet; Dann/ weilen das Gedaͤchtnuͤß uns nur die blossen Gestalten der Dinge die es durch fleissige Arbeit/ oder durch vieles Lesen und Hoͤren gesammlet/ darreichet/ stehet es alleine dem Verstande zu/ vernuͤnfftige und nutzliche Schluß-Reden darauß zu machen. Daher der Unterscheid zwischen einem Verstaͤndigen und einem Narren nicht darinn bestehet/ daß man viel guter Dinge erzehle/ sondern daß man sie zur rechter Zeit vorbringe/ welches allein eine Wuͤrckung und Effect deß Verstandes/ und nicht der grossen Arbeit ist. Wordurch man der gemeinen Schul-Fuͤchse Art nach/ wol endlich viel und meistentheils ungereimte Dinge alle- gi ren/ aber dieselbe nimmermehr wol zu Marckt bringen/ noch ne recht zu applici ren lernen kan. Condado beschlosse den Discurs also: Weilen der Mensch weder ohne mittelmaͤssigen Verstand/ noch ohne Arbeit etwas thun koͤnne/ werde nicht unbillig gefraget: Ob die Fuͤrtrefflich- keit deß einen mehr erfordert wuͤrde/ als die Staͤtigkeit deß an- dern? Dann die Jenigen/ die etwas mehr/ als gemeinen Ver- stand haben/ seynd ins gemein nicht arbeitsam. Wann sie es aber seynd/ so seynd sie es nicht in allen Dingen/ sondern ihr Sinn trei- bet sie bald zu diesem/ bald zu Jenem/ da hingegen leget sich ein mittelmaͤssiger Verstand viel bestaͤndiger auf ein Ding/ als die gar zu subtile Leute/ und wann er es begriffen/ acquiri ret er ihm darinn eher durch fleissige Ubung einen Habitum, und machet sich alsdann zum Meister. Welches auch an den unvernuͤnff- tigen Thieren zu sehen/ die das Jenige/ was sie einmahl gelernet haben/ es sey Tantzen/ oder dergleichen etwas/ viel besser und ex- acter thun/ als der Mensch selbsten/ dessen Caprice mannich mahl den Regul en der Kunst zuwider/ etwas darvon/ oder hinzu thut. Daß man also nach Proportion von den Leuten sagen kan/ die ihren geringen Verstand mit einem unnachlaͤssigen Fleiß und Arbeit in schweren und wichtigen Dingen/ (als da seynd/ sich in Kuͤnsten/ Wissenschafften und Exercitiis zur Perfection zu brin- gen/) ersetzen. Daß sie zu Folge dem Spruch: Labor impro- bus omnia vincit, endlich zu allen Dingen gelangen koͤnnen. Doch muß eine gewisse Maß hierinn gebrauchet werden/ dann sonsten ist es bekandt/ daß die gar zu schwere und staͤtige Arbeit/ auch das allerstaͤrckeste Temperament und Complexion, so wol deß Leibes/ als deß Verstandes/ ebener Massen verderbe/ wie die Senne auf einem Bogen/ dardurch entweder springet/ oder schlappernd uñ untuͤchtiger gemacht wird/ wañ man ihn allezeit gespannet haͤlt. K k Die Deß Academi schen Die Teutschen sahen wol/ daß der Printz ein fuͤrnehmer Herꝛ seyn muste/ dannenhero liessen sie sei- nen Worten die groͤste Autorit aͤt/ und weil sie bey- derseits keine Lust bezeugeten/ viel Zeit zu verlieren/ stunden sie endlich von der Mahlzeit auf/ und setzten sich allerseits zu Pferde. Da dann Condado, der sich allwege vor einen Jtaliaͤnischen Edelmann wolte ge- ehret wissen/ mit seiner Gesellschafft gegen den an- brechenden Abend zeitlich in eine Nacht-Herberge einkehrete/ allermassen ihm das Nacht-Raͤysen schon verdrießlich worden war. Am folgenden Tag/ etwa 2. Stunden vor der Sonnen Untergang/ erreichten sie die schoͤne Stadt Trento, oder Trident, welche schon im Tyrol liget. Hieselbst bekam Condado, als er nach eingenommenem Abendmahl schlaffen gan- gen war/ eine starcke Colicam, worvon er grosse Pein empfand/ man forderte einen Medicum, der ihm eini- ge Medicamenta applici rte/ aber der Schmertzen im Leibe wolte sich so bald nicht legen/ wannenhero er in dieser Stadt still ligen muste. Klingenfeld/ Cavina und Cerebacchius giengen um den Mittag auß/ die Stadt zu besehen/ und wolten Venereum mit sich neh- men/ aber derselbe bezeugete keine Lust darzu/ sondern gieng in eine kleine Kirche/ als wann er sein Gebett verrichten wolte/ wie er aber eine schoͤne junge Frau erblickete/ deren Augen ein wenig mehr/ als es sich ge- buͤhrete/ im Kopff umher fackelten/ nahete er sich zu ihr/ und præsenti rte ihr seine Dienste. Die Frau sahe wol/ daß er ein ansehnlicher schoͤner Juͤngling/ warff demnach/ Krafft ihrer angebornen geilen Natur/ al- sobald eine brennende Hitz gegen ihn/ und gab ihm zu verstehen/ daß sie sich nahe vor dem Thor der Stadt auf ihrem Lust-Garten diese Sommer-Zeit aufzu- halten pflegete. Jhr Mann sey ein Amtmeister unter den Romans I. Buch. den Messerschmieden/ und ob er gleich dann und wañ am Tag zu ihr kaͤme/ schlieffe sie doch meist alle Nacht allein/ also koͤnne er auf den Abend vor ihr Hauß kom- men/ und sanfftiglich anklopffen/ so wolle sie ihm be- hende aufmachen/ dafern aber der Mann/ wider Ver- muthen/ sich bey ihr befinden solte/ so wolle sie es ihm schon durch ihre Magd bey Zeiten und in aller Stille zu erkennen zu geben/ unvergessen seyn. Mit diesem Abschied giengen sie von einander/ und nach dem Venereus vor sich allein ein wenig um- her gegangen/ kehrete er wieder in seine Herberge/ all- wo er mit den andern gegen Abend zu Tische gehen solte/ aber er erzehlete/ was er aufgefischet/ dessen sich die andern/ insonderheit aber Condado, hoͤchlich ver- wunderten/ und nicht begreiffen kunten/ wordurch das Frauenzimmer so leicht zu ihm koͤnte angelocket wer- den. Venereus aber lachete/ und sprach: Experientia facit Magistrum, ich habe dieses Handwerck schon so lange getrieben/ daß ich mehr/ als ein Mittel weiß/ das liebliche Frauenzimmmer an den Angel zu brin- gen. Er hieng demnach seinen Degen an die Seite/ und gieng auß der Stadt/ ehe das Thor verschlossen ward. Draussen in der Vorstadt gieng er in eine Schencke/ und ließ ihm ein Glaß Wein langen/ bey welchem er sich lustig machte/ biß die Sterne am Himmel erschienen/ darauf nahm er seinen Abschied allhier/ und gieng nach dem bezeichneten Lust-Garten. Hieselbst klopffete er fein sanffte an/ und alsobald kam eine Magd/ und ließ ihn ein/ da er seine Maistresse bald vor sich fand in einem duͤñen Unter-Kleide/ diese fuͤhrte ihn in den Garten unter einen grossen Pfirsich- Baum/ daselbst ließ sie ein Tafel-Tuch auch auf das gruͤne Graß außbreiten/ die Magd brachte ein Paar Reb-Huͤner/ und einen gebratenen Hecht/ wie auch K k 2 zwo Deß Academi schen zwo Flaschen Wein/ darauf machten sie sich lustig/ und nachdem sie sich wol gesaͤttiget/ giengen sie mit einander in das Hauß/ woselbst alle Thuͤren wol ver- schlossen waren. Sie giengen schlaffen/ thaͤten aber nichts weniger/ als schlaffen/ sondern lebten die gantze Nacht in dem/ was vor der ehrbaren Welt eine gros- se Suͤnde/ bey Venereo aber/ und der unzuͤchtigen Frauen vor eine Galanterie geachtet wird. Hiermit verbrachten sie ihre Zeit/ biß zwo Stunden vor der Sonnen Aufgang/ da sie von dem Schlaff uͤberfal- len wurden/ der sie so lange gefangen hielt/ biß sie die Magd aufweckete/ da sich dann Venereus wieder in seine Kleider steckete/ und darvon gieng. Die schoͤne Frau gab ihm das Geleit biß vor die Thuͤr/ allwo sie ihm einen Pfahl zeigete/ auf wel- chem ein geschundener Esels-Kopff stack; Sehet mein Schatz/ sprach sie anjetzo/ wann ihr auf den Abend wieder kommet/ so betrachtet diesen Kopff/ ist das Maul gegen der Stadt gekehret/ so moͤget ihr saͤnff- tiglich anklopffen/ dann mein Mann ist nicht bey mir. Wo aber das Gegentheil erscheinet/ so ist die Karte falsch/ und mein Mann stehet uns im Wege. Mit diesem Abschied giengen sie von einander/ und Vene- reus erzehlete seinen Gefaͤhrten/ wie er diese Nacht zugebracht haͤtte. Mit Condado wolte es sich noch nicht sonderlich zur Besserung anlassen/ dannenhero muste er auch noch diesen folgenden Tag zu Trento bleiben/ welches dem Venereo ein gefundenes Fressen. Nachdem er gefruͤhstuͤcket/ nahm er den Klingenfeld zu sich/ und gieng mit ihm vor das Thor/ allwo er ihm von weitem das Hauß seiner Nacht-Lust/ zusamt dem geschundenen Esels-Kopff auf dem Pfahl zeigete. Als sie sonsten noch ein wenig umher spatzieret/ gien- gen sie wieder nach der Stadt/ und besahen die grosse schoͤne Romans I. Buch. schoͤne Thum-Kirche darinn/ welches ein uͤberauß herꝛliches Gebaͤu. Darauf nahmen sie ihren Weg vollends nach Hauß/ und nach eingenommenem Mittags-Mahl verfuͤgte sich Venereus zu Bette/ wol wissend/ daß er diese kuͤnsftige Nacht wenig Zeit uͤbrig haben wuͤrde zum Schlaffen. Als endlich der Abend heran brach/ ruͤstete er sich mit 2. Sack-Pistolen/ und nachdem er seine Spani- sche Klinge angeguͤrtet/ gieng er vor der Mahlzeit zum Thor hinauß/ und setzte sich so lange in eine kleine Capelle nieder/ biß ihm die Sterne den Weg zu zei- gen begunten. Also machte er sich auf den Weg nach der Messerschmiedin/ welche schon vorhero auf ihren Courtisan gedacht/ und um seinetwillen 2. fette Ca- paunen/ 1. Eyer/ und etwas Gebackenes zurichten/ solches auch/ samt 2. Flaschen koͤstlichen Weins/ un- ter ersagtem Pfersich-Baum in dem Garten durch die Magd niedersetzen lassen/ um daselbst/ wie vori- gen Abend/ neben ihm in aller Froͤlichkeit das Abend- (ja Huren-) Mahl mit ihrem Buhlen einzunehmen. Aber siehe/ diese Tractament en waren kaum an ihren Ort gebracht/ da kommt Meister Moritz/ der gram- sichtige Messerschmidt nach dem Hof/ dessen seine junge Frau von gantzem Hertzen erschrack/ jedoch ließ sie sich nicht das Geringste mercken/ sondern langete etwas kalten Fleisches/ das von der Mittag-Speise bißhero uͤberblieben war/ herfuͤr/ und tischete ihm sol- ches/ neben einer gelinden kalten Schale/ auf. Sie ge- nosse auch fuͤr Bekuͤmmernuͤß selber nichts anders/ dann sie war so verstoͤret/ daß sie vergasse/ den Esels- Kopff umzuwenden/ um den Venereum dardurch zu bemuͤssigen/ daß er sich diese Nacht ihrer enthalten/ und keine blaue Stirn lauffen moͤchte. So war auch die Magd nicht von solchem hohen Verstand/ K k 3 daß Deß Academi schen daß sie dieses ihrer Frauen haͤtte sollen bedencken helffen/ gnug war es ihr/ wann sie thaͤte/ was ihr die Frau befohlen/ und im uͤbrigen ließ sie alles und jedes auf ihrer Frauen gute Anstalt und Verant- wortung ankommen/ also daß sie bloß einen blinden Gehorsam leistete. Gleich wie sich aber die Frau in ihrer groͤsten Confusion, samt dem Mann/ schlaffen legete; Also thaͤte auch die Magd deßgleichen/ meynend/ alles/ was sie wie die Frau machte/ sey wol gethan. Es war weder dem einen/ noch dem andern/ einiger Schlaff in die Augen kommen/ als Venereus, der sich bey dem Esels-Kopff schon erfreuet/ daß er abermahl eine gluͤckseelige Nacht haben wuͤrde/ sanfftiglich anklopf- fete. Solches hoͤrete die Frau so wol/ als ihr Mann. Sie kroch aber geschwinde unter die Decke/ und rie- the dem Mann/ deßgleichen zu thun. Dieser kehrete sich hieran nicht/ sondern laurete/ und darauf ward noch einmahl geklopffet/ dahero der Mann forschete/ was solches bedeuten moͤchte? sintemahl er deßglei- chen an diesem Ort vorher nicht gewohnet gewesen. Die Frau war mit ihrem behenden Griff schon parat, und sagte zum Mann: Ach! mein lieber Mo- ritz/ es ist gut/ daß ihr es einmahl selber mit euren Oh- ren anhoͤret/ dieses Gespenst kommet fast alle Nacht vor die Thuͤr/ dahero mir schon etliche mahl so Angst darbey worden/ daß ich fuͤr Bekuͤm̃ernuͤß und Schre- cken haͤtte vergehen moͤgen. Jch haͤtte es euch schon laͤngst gesagt/ wann ich nicht befuͤrchtete/ geplaget zu werden/ dann man saget und glaubet/ daß der Je- nige/ der ein Gespenst verrathe/ von demselben hernach viel außzustehen habe. Jch bin deßwegen schon 2. mahl nach St. Rocchus im Gebuͤrge/ eine halbe Meile von hinnen/ gewesen/ und habe ihn um Huͤlffe angeruffen/ aber Romans I. Buch. aber ich habe keinen Bericht noch Trost erlanget/ oh- ne/ daß mir auf dem Ruckweg zum letzten mahl eine alte Einsiedlerin begegnet/ welche mich etliche kraͤff- tige Worte hat sprechen lernen/ dardurch sich die Ge- spenster solten beschwoͤren und verbannen lassen. Jch habe zwar bißhero/ weil ich deß Nachts hier allein ge- schlaffen/ nimmer das Hertz gehabt/ mich dieser Be- schwoͤrung wider das Gespenst zu bedienen/ auß Sor- ge/ es moͤchte mir nicht zum Besten außschlagen/ und ich moͤchte von dem Ungeheuer deßfalls einen schlech- ten Lohn empfangen. Nun ich euch aber bey mir weiß/ wolan/ so fasset ein Hertz mit mir/ lasset uns aufste- hen/ und das Ungeheuer beschwoͤren/ der Himmel wird seine Gnade geben/ daß unser Hauß hinfuͤhro darvon moͤge befreyet bleiben. Ob nun gleich dem Mann nicht gar wol bey der Sache/ als der sich sein Lebtage auf lauter Froͤmmig- keit und gute Wercke geleget/ auch den Moͤnchen alles mittheilete/ was er von alten Kleidern uͤbrig hatte/ nur/ daß sie ihn darfuͤr einige andaͤchtige Gebettlein lehren moͤchten/ so muste er doch die Hosen anlegen/ und mit der Frau unter der Decken herfuͤr/ da sie dañ zu der Hauß-Thuͤr tratten/ und hoͤrete Venereus alles gar wol/ den es zwar verdroß/ daß man ihn mit dem Esels-Kopff nicht gewarnet/ jedoch dachte er wieder/ der Mann moͤchte jetzo allererst/ und zwar gleich vor ihm gekommen seyn/ dahero gab er sich zufrieden/ und lachete der Frauen von gantzem Hertzen. Wie sie zur Thuͤr gekom̃en/ sprach die Frau zum Mann uͤberlaut/ und zwar mit Fleiß: Mein Mann Moritz/ stelle dich gegen uͤber mich an die rechte Seite der Thuͤr/ ich blei- be an der Lincken stehen/ (solches thaͤte sie/ damit Ve- nereus vernehmen moͤchte/ wie es stuͤnde/) der Mann thaͤte solches mit Zittern/ und darauf forschete seine K k 4 Frau: Deß Academi schen Frau: Mann/ Moritz/ stehest du nun/ wie ich dir be- fohlen habe? Er sprach: Ja. Die Frau sprach wei- ter: Mann/ raͤuspere dich/ daß es im Hauß erschalle. Der Mann erschrack/ zohe die Frau beym Rock/ und sprach: Bist du naͤrrisch? Das Ungeheuer moͤchte uns Beyden die Haͤlse zerbrechen. Sie aber fuhr fort mit heller Stim̃e: Moritz/ mein Mann/ ich beschwoͤre dich/ daß du dich raͤusperst/ so laut/ als du im̃er kanst. Darauf setzete der gute Messerschmidt seine beyde Daumen in die Seiten/ und raͤusperte sich/ daß das Hauß darvon erzitterte/ und Venereus fuͤr hertzlichem Lachen schier umgefallen waͤre vor der Thuͤr. Hierauf sprach die Frau: Du armseeliger/ umschweiffender Geist hoͤrest hierauß/ daß ich ein Manns-Bild bey mir im Hauß habe. Wolan/ O Gespenst/ das du die gantze Nacht wandelst/ und keiner Ruhe faͤhig bist/ auch andere unschuldige Leute nicht kanst ruhen las- sen. Jch beschwoͤre dich/ gehe hin in den Garten/ unter den Pfersich-Baum/ da findest du Tobisompto und 12. Cacharilli von meinen Huͤhnern/ setze den Mund an den Stroh-Sack. Tantabolandi Pholacci, gehe deinen Weg/ dahin du gehoͤrest/ im Namen St. Roc- chus, und seiner getreuen Dienerin/ komme auch hin- fuͤhro nim̃ermehr wieder/ sondern laß mich und mei- nen Moritz im Frieden und Ruhe bleiben/ zwischen unsern vier Pfaͤhlen. Venereus hielte das Schnup-Tuch in Mund/ daß man ihn nicht moͤchte lachen hoͤren/ weil er aber hier nichts mehr fuͤr sich zu thun fand/ gieng er in den Garten/ und suchete unter dem bewusten Pfersich- Baum/ allwo er die 2. Capaunen/ Eyer und Flaschen mit Wein fand. Er verzog hieselbst nicht lange/ son- dern legete die Speisen/ samt dem Schnee-weissen Waͤitzen-Brodt/ in die Serviette, so darbey lag/ knuͤpf- fete Romans I. Buch. fete sie zusammen/ nahm die Flaschen unter den Arm/ und kehrete wieder nach der Vorstadt/ allwo er in ei- ner kleinen Herberge einkehrete/ und etwas Speise foderte; Aber die Leute sagten/ daß sie keine gare Speise jetzo haͤtten/ dahero koͤnten sie ihm nichts an- ders vorsetzen/ als ein wenig Butter und Kaͤse/ samt einem Trunck Milch/ sintemahl bey ihnen selten Leute einzukehren pflegeten. Hier hatte nun Venereus Fug und Macht/ seine eigene Tractament en herfuͤr zu lan- gen/ welche er auftischete/ und den Wirth zu Gast noͤ- thigte/ der solches mit Freuden annahm/ und sich zu ihm setzete. Jndem sie aber zulangen wolten/ klopffete Jemand an die Thuͤre/ und als man solche eroͤffnete/ tratt eine feine junge Dirne hinein/ und foderte etwas Speise. Die Wirthin sprach: Gehet in die Stube/ da sitzet ein Fremder/ der seine eigene Tractament en hat/ weil wir ihm nichts aufschaffen koͤnnen. Er moͤch- te euch etwa vergoͤnnen/ mit ihm zu speisen. Also tratt die Dirne herein/ gruͤssete den Venereum gantz freund- lich/ und bathe ihn/ daß er ihr um St. Rocchus Willen etwas Speise mittheilen wolle. Das XLIV. Capitul/ Venereus ist abermahl lustig. Condado und seine Gesell- schafft raͤysen fort. Venereus passi ret fuͤr einen Sternseher. Sie haben ein Gespraͤch/ warum der Mensch allemahl nach verbottene n Dingen strebe? D Ieser/ der alles junge Frauenzimmer gerne ley- den mochte/ fuͤhrete sie bey der Hand herbey/ und ließ sie mit ihm essen/ er legete ihr das Beste vor/ was er hatte/ uñ reichete ihr so viel Weins/ als sie trincken mochte; Fragete darauf: Woher sie so spaͤt komme? Jch bin eines Kauffmanns Tochter auß Bormio, sprach sie/ und habe ein Geluͤbde gethan/ in ein Jungfern-Kloster zu gehen; Nun aber die Zeit Deß Academi schen Zeit meiner Einkleidung heran nahet/ findet sich ein feiner Juͤngling/ der meiner zur Ehe begehret/ darum habe mich aufgemacht/ nach St. Rocchus zu Wallfahr- ten/ und um seinen Beystand zu bitten/ alsdann bin ich bereit/ nach Rom zu gehen/ und Absolution meines gethanen Geluͤbdes zu erlangen. Venereus sprach: Him̃el/ wie wunderlich schickest du alles/ meine schoͤne Jungfrau/ ich habe hingegen ein Geluͤbde gethan/ ein Muͤnch zu werden/ und nun werde ich mit der Zeit an- ders Sinnes/ und begehre gleicher Gestalt Absolu- tion. Wann wir gessen haben/ wollen wir mit ein- ander schlaffen gehen/ und unsere Sache weiter uͤber- legen. Dessen war die Jungfrau zufrieden/ und also wiese man ihnen/ nach gehaltener Mahlzeit/ oben in 2. Kammern neben einander/ Jedem ins besonder/ ein Bette an. Sie legeten sich nieder/ aber Venereus stund hernach bald auf/ oͤffnete die andere Thuͤre/ und sprach: Jungfrau/ wie ich vernehme/ so werden die Fremden in diesem Hauß von den Gespenstern sehr beunruhiget/ waͤre es nicht besser/ daß wir uns zufam- men unter eine Decke verfuͤgeten/ so haͤtten wir noch Trost von einander? Jch bin aber/ gab Jene zur Antwort/ eine verlobte Nonne/ und ich/ sprach dieser/ ein verlobter Muͤnch. Derowegen koͤnnen wir diese Nacht in lauter Keuschheit/ Krafft unsers Geluͤbdes/ zubringen. Dessen war die Jungfrau zufrieden/ und ließ ihn neben sich ligen. Aber Venereus umhalsete sie alsobald/ dessen sie sich zwar wegerte/ doch geschehen ließ/ daß er nach seinem Belieben mit ihr handthierte. Wie nun das Jenige geschehen/ was wider ihr Geluͤbde stritte/ sprach Venereus: Nun wolan/ sind wir nicht Beyde unsers Geluͤbdes durch das Geschick befreyet? Wir haben den Kloͤstern unsere keusche Jungfrauschafften gelobet/ und diese sind nun dahin/ dahero Romans I. Buch. dahero sind wir auch deß Geluͤbdes entbunden/ und nun haben wir nicht noͤthig/ nach St. Rocchus, viel we- niger nach Rom zu wallfahrten. Die gewesene Jung- frau sagete ihm hertzlichen Danck fuͤr seine Absolu- tion, und fragete/ womit sie sich auß den Schulden loͤsen solte/ weil er ihr eine gute Nacht-Mahlzeit spendi ret haͤtte? Jch wil meine Schuld/ sprach Ve- nereus dargegen/ schon diese Nacht selber/ jedoch mit eurer Verguͤnstigung einfordern/ lasset mich nur handthieren/ ihr sollet mich mit Freuden bezahlen/ und ich wil nicht mehr fordern/ als ihr mir geben koͤn- net. Also machte sich Venereus rechtschaffen lustig/ und je lustiger er sich machte/ je mehr die Dirne lache- te/ biß sie endlich vom Schlaff uͤbernommen wurden/ darinn sie verharreten/ biß an den liechten Morgen. Damahl wolte Venereus von seiner keuschen Bett- Gesellin scheiden/ diese aber hielte ihn/ und sagete: Mein Herꝛ/ ich habe euch ja wegen deß Kapaunen noch nicht vergnuͤget. Venereus merckete wol/ was sie haben wolte/ legte also noch einmahl seine Schuldig- keit ab/ und schied von ihr/ zahlete dem Wirth die Herberge/ und kehrete wieder nach der Stadt/ ehe die Dirne aufgestanden und herunter kommen war. Wie er daselbst anlangete/ fand er die Pferde schon gesattelt im Hof stehen/ und hoͤrete/ daß Cere- bacchius gewaltig expostuli rte. Er vernahm aber/ daß solches geschahe/ weil Condado, der nun wieder voͤllig genesen/ alsobald aufsitzen/ dieser hingegen zu- vor Fruͤhstuͤcken wolte/ Condado lachete endlich deß Handels/ und nachdem er ein gutes Fruͤhstuͤck lan- gen lassen/ und Cerebacchius darvon das Meiste zu sich gestecket/ setzten sie sich zu Pferde/ und ritten zur Stadt hinauß. Wie sie nahe zu deß| Messerschmieds Hof kamen/ zeigete ihnen Venereus den Esels-Kopff auf Deß Academi schen auf dem Pfahl/ der noch nicht umgekehret war/ weil sich der Hauß-Wirth diesen Morgen nach der Stadt verfuͤget hatte/ und lebte die Frau der Hoffnung/ sie wuͤrde schier kuͤnfftige Nacht ihren Buhlen wieder bey sich sehen/ und sich rechtschaffen mit ihm ergoͤtzen. Als sie endlich neben das Hauß kamen/ erblickete sie die Frau/ welche dem Venereo winckete/ zu ihr zu kom- men/ er aber lachete ihrer/ welches sie gewaltig ver- drosse/ daß sie ihm nachschrie: Du Schelm bezahle mir meine Kapaunen. Dieser aber lachete noch mehr/ und replici rte: Du ha/ he/ hi/ ho/ hu/ bezahle mir mei- nen ersten/ andern und die uͤbrige Gaͤnge. Doch still/ daß es Niemand hoͤre/ wann ich wieder komme/ wol- len wir uns schon vergleichen. Hiermit schwunge er den Hut um den Kopff/ und folgete seinen Vorgaͤn- gern/ denen er erzehlete/ wie es ihm die hingelegte Nacht ergangen waͤre/ dessen sich dann ein Jeder rechtschaffen und von gantzem Hertzen zerlachete. Diesen Mittag funden sie nichts zu essen in der Herberge/ weßwegen Condado den Cerebacchium seiner Vorsorge halben lobete/ indem derselbe so hart auf das Fruͤhstuͤck zu Trient getrungen hatte. Nach- dem sie also einen Trunck Wassers/ und etwas Brod mit Zwiebeln zu sich genom̃en/ die Pferde auch durch ein gutes Haber-Futter wieder gute Kraͤfften bekom- men/ setzten sie sich zu Pferde/ und ritten ihres Weges weiter/ kamen aber gegen Abend in ein Dorff/ darinn sie gleicher Gestalt wenig zu essen funden/ welches in- sonderheit dem Condado und dem Cerebacchio sehr nahe gieng/ inmassen diese Beyde nicht gewohnet waren/ bey einem nuͤchtern Magen schlaffen zu gehen. Der Wirth kunte nicht mehr/ als 8. Eyer aufbringen/ und ein wenig Brod. Aber an Milch war kein Man- gel/ dannenhero Cerebacchius einen gantzen Eymer voll Romans I. Buch. voll Milch in den Leib hinein soffe. Er fuͤhlete aber/ daß ihm solches noch nicht helffen wolte/ dannenhero bewoge er den Venereum, der gleicher Gestalt sehr hungerig war/ daß er mit ihm in das Dorff gieng/ da wolten sie vor den Bauren-Haͤusern singen/ ob sie etwan noch etwas von der Mildigkeit der Hauß-Leu- ten erlangen moͤchten. Als diese hinauß getretten waren/ kam ein anderer Fremdling zu Pferd/ und kehrete bey diesem Wirth gleicher Gestalt ein/ dieser hatte sich mit einem Stuͤck Gebratenes versehen/ weil er wol wuste/ daß man hier wenig zu essen bekaͤ- me/ er setzte sich demnach in einen Winckel an einen kleinen Tisch/ und verzehrete das Wenige/ so er mit- gebracht hatte. Darauf seuffzete er/ und die Thraͤnen schossen ihm auß den Augen. Klingenfeld tratt zu ihm/ und sprach: Vatter/ was habt ihr vor ein Anli- gen/ daß ihr so bekuͤmmert seyd? Jch bin/ sprach die- ser/ ein Kauffmann von Bormio, und darff meiner Nahrung halben keine Sorge tragen/ aber das Ge- schick hat mich mit einem grossen Ungluͤck beleget. Meine einzige Tochter habe ich in ein Kloster verlo- bet/ und wie nunmehro die Zeit ihrer Einkleidung heran tritt/ gibt sich ein feiner Gesell an/ der ihrer zur Ehe begehret. Sie wil darauf gerne vom Kloster- Geluͤbde loß seyn/ und weiß nicht/ wie sie es machen soll. Hat sich also seit ehegestern verlohren/ und ich weiß nicht/ wohin sie mag gekommen seyn/ solchem nach habe mich heute aufgesetzet/ sie zu suchen/ ob ich sie wieder finden moͤchte. Jch glaube/ unser Bischoff sey capabel, sie von ihrem Geluͤbde zu absolvi ren. Gebet euch zufrieden/ mein Freund/ antwortete ihm Klingenfeld/ ich hoffe/ ihr sollet noch diesen Abend guten Bericht von eurer verlohrnen Tochter erlan- gen. Wie soll das zugehen? forschete der bekuͤmmer- te Vat- Deß Academi schen te Vatter. Worauf Jener: Wir haben einen erfahr- nen Sternseher in unserer Gesellschafft/ der soll euch bald vergnuͤgen/ wann er wieder kommt/ er ist nur ein wenig außgegangen/ und wird bald bey uns seyn. Jndem diese noch mit emander redeten/ kamen Cere- bacchius und Venereus wieder/ weil ihnen die Bauren nichts mittheilen wollen/ sondern ihnen mit Mistga- beln droheten/ dafern sie sich nicht bald packen wuͤr- den. Klingenfeld tratt zu dem Letzten vor die Thuͤr/ und erzehlete ihm deß Fremdlings Anligen/ welcher deß Handels von Hertzen lachete/ und sagte: Harre/ was gilt es/ wir wollen diesen Abend noch eine gute Mahlzeit bekommen. Also tratten sie mit einander hinein/ und der alte Mann muste ihm sein Anligen er- zehlen. Venereus besann sich darauf ein wenig/ und sprach endlich: Guter Vatter/ was wollet ihr mir geben/ wann ich euch anzeige/ wo eure Tochter ist/ und wie es mit ihr stehet? Jch wil euch/ sprach dieser/ 10. Ducaten verehren; Nicht zu viel/ fuhr Jener fort/ ihr sehet/ daß wir hier weder zu beissen noch zu brechen haben/ werdet ihr uns durch eure Kundschafft bey den Hauß-Leuten etwas zu essen und zu trincken verschaf- fen/ so wil ich euch alles anzeigen. Nachdem ihm solches der alte Mann zugesaget/ fuhr Jener fort: Eure Tochter hat rothe Struͤmpffe und ein Paar neue Schuh an/ darneben einen rothen Rock/ und ei- ne seidene Kappe/ ist eine Dirne von 17. Jahren/ und lispelt mit der Zungen/ 2. Zaͤhne im Mund mangeln ihr/ die aber ihre Gestalt nicht verringern/ ihre Augen sind braun-schwartz/ und wann sie redet/ hat sie einen kleinen Husten darbey. Als der Mann den Vene- reum also reden hoͤrete/ fiel er ihm um den Halß/ und kuͤssete ihn vor Freuden. Dieser aber sprach: Mein Freund/ machet nur Anstalt/ daß wir etwas zu essen bekom- Romans I. Buch. men/ so wil ich euch den Rest erzehlen. Also muste der Wirth einen Knaben ins Dorff senden nach dem Bauer-Vogt/ der dieses Kauffmanns Schuldener/ Gevatter und grosser Freund war. Wie dieser kam/ bathe er ihn ein Kalb zu schlachten/ und eine gute Mahlzeit zu zurichten vor 7. Personen/ vor die Be- zahlung wolle er stehen/ er solle aber nichts ermangeln lassen/ was erfordert werden moͤchte/ diese gute Freunde/ und ihn selber/ nach allem Vermoͤgen zu bewirthen. Hierauf kehrete dieser alsobald nach Hauß/ und thaͤte/ wie ihm der Kauffmann befohlen hatte. Unter- dessen fuhr Venereus fort: Eure Tochter ist gestern Abend in der Vorstadt vor Trient gewesen/ allda sie durch eine wunderliche Schickung von ihrem Geluͤb- de ist absolvi rt worden/ sie wolte zwar nach S. Rochus, und alsdann vollends nach Rom gehen/ aber sie wird Morgen oder Ubermorgen sich wieder bey euch zu Bormio einstellen. Uber diese Bottschafft erfreuete sich der gute Mann von Hertzen/ fuͤhrete darauf die Gesellschafft ins gesamt nach seines Gevattern Hauß/ der ihnen wacker auftischete/ und den Wein auß ei- nem Kloster holete/ daß also diesen Abend Venereus die gantze Compagnie tracti rete/ und zwar durch eine sonderliche Ebentheuer/ welcher Condado von Her- tzen lachen muste. Cerebacchius nahm dieses mahl so viel zu sich/ daß er alles außgestandenen Leyds und Hungers vergasse/ und als es ziemlich spaͤth in die Nacht hinein/ kehreten sie mit einander wieder in die Herberge/ woselbst sie biß an den folgenden Morgen ruheten. Als die Sonne wieder aufgieng/ nahm der Kauffmann Abschied von ihnen/ und ritte seines We- ges nach Trient, um seine Tochter daselbst abzuholen/ Conda- Deß Academi schen Condado aber und seine Leute giengen einen andern Weg/ und erreichten gegen den Mittag die Stadt Bormio, woselbst sie ein gutes Mittag-Mahl ein- nahmen/ und darauf weiter fort ritten/ dann man sa- gete/ daß sie diesen Abend noch bey Zeiten in ein gros- ses Dorff kommen koͤnten/ darinn sie eine fuͤrtreffliche Herberge finden wuͤrden. Aber/ wie sie geschwinde fort ritten/ stuͤrtzete Troll mit seinem Pferd/ welches ein Bein zerbrach/ dannenhero muste der gute Knecht nunmehro zu Fuß gehen. Wie er mit dem Pferd auf der Erden lag/ rieff er den andern zu: O chari soda- les, hic jacet in Trecco, qui modo Reuter erat. Sie wolten ihm zwar wieder auf das Pferd helffen/ aber dasselbe kunte auf dem zerbrochenen Bein nicht fort- kommen/ dannenhero nahm Troll die Pistolen zu sich/ band den Sattel hinter Venereum, und folgete zu Fusse nach. Ob nun gleich dieses Falls Condado von Hertzen lachen muste/ war es ihm doch leyd/ daß er dardurch an seiner Raͤyse gehindert ward. Es rieth aber Klingenfeld/ man solle fort reiten/ und deß Trol- len in der Stadt Chur einwarten/ so koͤnne man da- selbst von der Raͤyse ein wenig außruhen/ und Troll haͤtte Zeit gnug/ sachtmuͤthig nachzufolgen. Welcher Fuͤrschlag von allen gut geheissen ward/ außgenom- men von Troll/ welcher sie bathe/ nur diesen Abend bey ihm zu bleiben/ biß er wieder zu Menschen kom- men sey/ alsdann wolle er schon zusehen/ wie er weiter fortkommen moͤchte. Solches sagete ihm Condado zu/ und darum ritten sie etwas langsamer/ Cavina und Cerebacchius nahmen den armen Troll auch Wechsel- Weise hinter sich aufs Pferd/ und schleppeten ihn ein gut Stuͤck Weges fort. Es ward ihnen aber die Zeit ziemlich lang/ dan- nenhero sich Condado mit Klingenfeld in einen Discurs ein- Romans I. Buch. einließ/ und forschete/ woher es doch komme/ daß Ce- rebacchius dem Schwelgen/ und Venereus den Liebes- Haͤndeln so sehr nachhienge/ da sie doch wol wuͤsten/ daß Beydes verbottene Dinge/ und sie allemahl auf dem Weg der Suͤnden wandelten? K Lingenfeld gab ihm hierauf zu vernehmen/ daß der Mensch allwege eine grosse Begierde zu verbottenen Dingen habe/ und daß nur die Tugendhafften sich deren enthielten. Die 2. fuͤr- trefflichften Faculr aͤten der Seelen/ sprach er/ suchen nicht an- ders/ als wie ein Stein/ oder ander schwer-wichtiges Ding/ sein Centrum und Ruhestaͤtte auf der Erden/ die eine in dem Wah- ren/ die andere aber in dem Guten/ ihre Nahrung und Speise- Gesetzt/ daß es also in der That sey/ oder daß es zum Wenigsten den Schein darvon habe. Gleich wie man aber einen Stein nicht ohne Gewalt in der Lusst kan behalten/ also kan man auch keiner von diesen Facult aͤten/ als nur mit Macht/ verwehren/ daß sie sich nicht zu ihren Object en wenden solte. Der Fehler/ den die Obrigkeit an etlichen Orten in diesem Stuck begangen/ daß sie den gemeinen Mann nicht haben wollen wissen lassen von dem/ so in der Regierung vorgienge/ hat nicht nur vor Alters/ sondern auch noch bey unserer Zeit/ eine viel groͤssere Begierde und Vor- witz bey thnen erwecket/ der Jenigen ihre Schrifften und Pasquil- le zu lesen/ so mit dem Regiment nicht allerdings zufrieden/ de- ren es zu allen Zeiten mehr als zu viel gibt. Was wir aber in vorhergehendem Gespraͤch von dem Verstand gesagt haben/ er- scheinet auch noch viel mehr beym Willen/ den man wie ein Pferd zaͤumen muß/ der seine Freyheit nicht gerne uͤbergibt/ und der ihm innerlich allezeit vorbehaͤlt/ so bald es nur im̃er moͤglich/ sich wieder zu befreyen. Jnmassen die Demuͤthigen und Gehorsa- men einen hierinnen am besten betriegen koͤnnen/ weilen sie nicht mehr als andere ihren Willen gantz laͤugnen/ noch ihrem Obern denselben vollkoͤmmlich unterwerffen. Nachdem auch die Ei- genschafft deß Willens ist/ daß er frey sey/ verlieret er alsofort den Namen von Willen/ wann er irgendswo angebunden ist. Dahero kommt es/ daß einem das Jenige/ was man erst mit grosser Begierde zu sehen/ oder zu thun verlanget/ wann man es hernach wider seinen Willen sehen/ oder thun muß/ gantz zuwi- der und verdrießlich wird; Eben/ als wie einem/ der einen guten Bissen mit Lust in den Mund stecket/ welcher ihm hernacher nicht mehr schmecken wurde/ wann er solte gezwungen werden/ ihn L l mit Deß Academi schen mit Gewalt zu essen. Das Widerspiel geschicht in Dingen/ die uns so gar indifferent sind/ daß wir sie weder lieben noch hassen/ oder leichtlich thun und lassen koͤnnen/ wann wir wollen/ ja/ die uns zuwider seynd/ wann sie uns nemlich verbotten werden/ weil wir alsdann erst eine rechte Lust und Begierde dar zu bekommen; Weil alsdann unsere Action en ein anders Principium, als un- sern Willen haben/ so verdriesset es denselben/ daß er einen an- dern Hofmeister haben soll/ weil er vermeynet/ daß er der einzige Urheber alles unsers Thuns und Lassens seyn muͤste. Und gleich- wie wir nicht gerne einem andern weichen/ wann wir vermey- nen/ daß uns die Ober-Stelle zukommt: Also verdreußt es auch unsern Willen/ wann er siehet/ daß ihm ein anderer vorgezogen wird/ und trachtet deßwegen nur mit desto groͤsserer Begierde nach den verbottenen Dingen/ als er vermeynet/ daß er durch das Gebott sich von solchen Dingen zu enthalten/ gleichsam auß seiner Stelle gedrungen/ und herunter gesetzet sey. Condado hingegen sagte: Daß diese Proposition nicht alle- zeit eintreffe/ dieweil die wolgestelleten Gemuͤther freywillig nach dem Guten trachteten/ welches sie sonst nirgends anders/ als durch die Gesetze/ innen wurden/ die das Jenige/ was dem Guten zuwider ware/ erkeñeten/ welches S. Paulum verursachet hat/ zu sagen: Daß er nicht gewußt/ daß die Begierde oder Lust Suͤnde waͤre/ und wurde sich also nicht darvon enthalten haben/ wann ihm nicht das Gesetz gesagt haͤtte: Du solt dich nicht ge- luͤsten lassen. Es truͤge sich aber je zuweilen zu/ daß man sich mit Gewalt zu den verbottenen Dingen wendet/ darvon ich in meiner Jugend ein artiges Exempel gehoͤret habe/ nemlichen: Es sey dem Koͤnig Francisco I. einsmahls zu Ohren kommen/ daß in der Stadt Pariß sich ein Buͤrger befinde/ der bey nahe 60. Jahr alt/ und noch niemahlen auß seinem Hauß kommen waͤre; Worauf der Koͤnig ihm alsofort gebieten ließ/ daß er in 14. Tagen nicht außgehen solte. Welches Gebott verursachte/ daß der Mann alle Tage an seine Thuͤr gieng/ und so bald die Zeit verflossen/ ein Pferd nahm/ und etliche Meil-Weges vor die Stadt spatzieren ritte. Als hat mir dieses und unzehlich viel an- dere Exempel/ die wir auß den Historien sehen/ Anlaß gegeben/ der Ursache solcher Widerspaͤnftigkeit deß Willens etwas gruͤnd- licher nach zusinnen/ und kan ich anders nicht begreiffen/ als daß es folgender Gestalt darmit beschaffen seyn muͤsse: Der Mensch ist in keinem Dinge/ als nur allein durch die Vernunfft/ von den andern Thieren unterschieden/ und thut derhalben auch nicht gerne Romans I. Buch. gerne etwas/ daß derselben nicht zum wenigsten etlicher Massen gemaͤß waͤre; Daher es dann kommt/ wann einer weiß/ daß ein Ding in der Welt sey/ und was es fuͤr ein Ding/ wird er auch wissen wollen/ warum es also sey? Gleichwie uns aber der Je- nige zufrieden stellet/ der uns bessere Rede und Ursache darvon gibt/ als wir sie bey uns selbst haͤtten erdencken koͤnnen; Also thut uns der Jenige im Geringsten kein Gnuͤgen/ der nicht wil/ daß man ein Ding untersuchen/ sondern es nur bloß so annehmen soll/ wie er es uns vorstellet/ und der in Sachen/ die zu thun/ oder zu lassen/ uns seinen Willen/ an Statt der Raison oder Reden aufdringen wil. Dann/ weil solches dem Willen/ der uns allein von der Vernunfft/ und deren Schluß-Reden/ zu dependi ren ge- wohnet ist/ gehaͤssig/ findet er nichts darinn er ruhen und sich zu- frieden stellen koͤñe/ weil ihm keine Raison gegeben wird/ war um er es thun koͤnne/ oder solle; Darum wendet er sich auch fort zu dem/ was mit dem andern Dinge streitet/ und ihm gantz entgegen und zuwider ist. Ausser dem gibt es die Erfahrung/ daß ein Jedweder mehr sein eigenes Interesse, als anderer Leute ihres su- che/ daher wir/ so bald uns etwas gebotten/ oder verbotten wird/ stracks/ ohne einziges weiteres Nachdencken/ darfuͤr halten/ daß es vielmehr zu dessen/ der uns solches vorschreibet/ als zu unserm Besten gereiche; Weil es uns dann solcher Gestalt verdaͤchtig ist/ und unser Will hingegen mehr seinen eigenen/ als anderer Leute Nutzen/ Vortheil und Vergnuͤgen suchet/ so ziehen wir die Meynung/ so wir von einem Dinge haben/ anderer Leute Mey- nung vor; Es geschicht aber solches auß eigener Liebe/ die wir zu uns selbsten tragen/ und um welcher Willen wir uns gaͤntzlich einbilden/ daß das Jenige/ was wir wollen/ und was von uns kommt/ viel besser sey/ als das Jenige/ was andere Leute von uns begehren. Hierauf sprach Cavina: Es sey wol wahr/ daß die vorige Proposition (wie man nemlich eine viel groͤssere Begierde zu den verbottenen Dingen habe/) in der That nicht universal oder all- gemein sey. Das Gebott zwinge auch unsern Willen nir gends zu sondern ließ ihm mehr Wahl/ als er zuvor gehabt/ da er nichts zu waͤhlen/ sondern nur seinen Anreitzungen/ zu folgen hatte/ und es stehet unserm Gemuͤth jedes mahlfrey mit dem Jenigen/ was uns verbotten/ zufrieden/ oder nicht zufrieden zu seyn. Dann/ daß man sagen wolte/ die Furcht/ die man fuͤr einen Gesetzgeber ha- be/ wider die Gesetze zu handeln/ sey eine Bewegung/ die uͤber un- ser Gemuͤth tyrannistre/ und es unserer Inclination zuwider L l 2 zum Deß Academi schen zum Gehorsam zwinge. Solches stehet eben so wenig zu glau- ben/ als daß eine Rechts-Sache/ die von einer oder der andern Parthey Advocat en wol außgefuͤhret wird/ den Richter zwingen solte/ dieser oder jener Parthey einen angenehmen Außspruch darinnen zu thun/ dieweil es dem einen nach dem Verbott/ dem andern nach angehoͤrter Deduction der Sachen frey stehet/ das Jenige zu erwaͤhlen/ was ihm gut duͤncket. Es traͤget sich aber zu/ daß das Jenige/ was wir wider die Gesetze thun/ nicht eher in Acht genommen/ oder fuͤr Ubertrettung erkannt wird/ als nach dem es verbotten ist; Gleich wie man auf einen/ der anjetzo sil- berne oder guͤldene Schnuͤre und Spitzen tragen wolte/ nachdem es zu Anfang dieses Jahres in Florentz sehr starck verbotten wor- den/ vielmehr Acht geben wuͤrde/ als wann er es zuvor gethan haͤtte. Dieses Verbott verursachet aber darum nicht/ daß ich anjetzo mehr Belieben solte haben/ als zuvor/ dergleichen Schnuͤ- re zu tragen. Es ist auch weniger zu glanben/ daß der Hoch- muth diese Begierde/ das Verbott zu thun/ solte erwecken/ weil man sich nicht gerne Jemand unterwer ffen wil. Dann es ist noch keiner zu dem Grad der Gottlosigkeit und Verzweiffelung gekommen/ der/ wann er ja keinem Menschen wolte unterthaͤnig seyn/ zum wenigsten die Gottheit nicht uͤber sich erkennen solte. Weßhalben die gedachte Begierde/ wider die Gesetze zu handeln/ entweder nur eine blosse Einbildung/ und in der That nichts ist; Oder aber/ sie muß eine andere Ursach haben/ als den Hochmuth und die Einbildung/ daß wir nemlich mehr und hoͤher/ als die Gesetzgeber sebsten/ waͤren. Ja/ man setze den Fall/ daß das Ge- bott/ welches unsern ersten Eltern gegeben worden/ von dem Baum deß Erkaͤnntnuͤsses Gutes und Boͤses/ nicht zu essen/ das Verlangen darnach bey ihnen erwecket habe. So ist demnach bekandt/ daß die fuͤrnehmste Ursach/ die sie darzu angetrieben/ gewesen sey/ daß ihnen die Frucht gar schoͤn von Ansehen/ und gutes Geschmacks zu seyn/ beduͤncket habe; Und deß Verfuͤhrers kraͤfftiges Argument, wordurch er sie uͤber- redete/ war/ daß er ihnen das Gute/ so darauß entstehen wuͤrde/ vorstellete. Worauß dann endlich zu schliessen stehet/ daß man nur nach einem Dinge verlange/ in Hoffnung/ etwas Bessers/ als man zuvor hat/ dardurch zu uͤberkommen; Wann aber das Verbott/ so diß Falls geschehen ist/ einem das Boͤse/ so darauf fol- gen wurde/ zu erkennen gibt/ so erloͤschet vielmehr das Verlan- gen/ als daß es dardurch solte erwecket werden/ wie solches an denen/ so man den Sublimat deß Mercurii, oder einige andere gifftige Romans I. Buch. gifftige Kraͤuter fuͤrleget/ erscheinet. Dann/ wie der Jenige/ der sie nicht kennet/ keine Schwerigkeit machen wird/ darvon zu es- sen/ also wird ein anderer/ den man darfuͤr warnet/ sich wol dar- von enthalten. So gar verhaͤlt es sich nicht/ daß das Verbott eines Dinges nothwendig eine Lust und Begierde darzu erwecke. Cerebacchius beschloß: Man erfuͤhre nur gar zu sehr/ daß das Spruͤchwort wahr sey: Verbott machet Lust. Dann man verspuͤhre es auch in denen Discurs en/ sol in dieser Compagnie gefuͤhret wuͤrden/ da einer kaum ein Ding auf die Bahn braͤchte/ und solches behaupten wolte; Oder es kaͤme ein anderer/ der hielt ihm das Obstat, und bemuͤhete sich/ das Widerspiel zu er- weisen/ und waͤre es darmit beschaffen/ wie mit den Antiperista- tibus oder Entgegensetzungen der widrigen Qualit aͤten in den Elementen/ wordurch/ dieses oder jenes Elementes Krafft nur intendi ret/ oder gestaͤrcket wird; Zum Exempel: Die Hitze wird in vielen Dingen vergroͤssert/ durch eine zufaͤllige aͤusser- liche Kaͤlte/ dann dergleichen Opposition findet sich auch in den Menschlichen Gemuͤthern/ deren Inclination en von dem Tem- perament deß Leibes etlicher Massen dependi ren/ und das Tem- perament hingegen von den ersten Qualit aͤten/ oder Beschaffen- heiten der Elementen und der Humor en oder Feuchtigkeiten/ die auß dem Element entstehen. Jngleichem sehen wir dessen ein Exempel an der Reflexion oder Wieder zuruckprallung der Son- nen-Strahlen von der Erden/ oder andern harten Gegenwuͤrf- fen/ wordurch die Strablen dergestalt zusammen getrieben/ daß sie auch endlich starck gnug wuͤrden/ eine oder andere Materie an- zuzuͤnden/ und woher kaͤme es/ daß das Feuer der Lampen das Glaß schmeltzen/ die Reverberation- Ofen aber ihre Hitze 3. oder 4. fach vergroͤffern koͤnnen/ als daher/ daß durch die Zusammen- fassung und Spannung der Flammen/ vermittelst eines Gegen- wurffs/ der ihr nicht die Freyheit/ sich außzubreiten/ liesse/ ihre Krafft dergeftalt vermehret wuͤrde. Worauß man schliessen koͤnte/ daß es nicht fremd sey/ wann das Verlangen und die Af- fect en deß Menschlichen Gemuͤths/ die mit dem Uberfluß und Intemperie der Humor en wol koͤnnen verglichen werden/ wor- auß die Fieber im Menschlichen Leibe entstehen/ sich desto heffti- ger entzuͤndeten/ wann man ihnen ein Verbott entgegen setzete/ und sie dardurch an ihrem Lauff hinderte. Es waͤre dann Sache/ daß wir eine solche Vergroͤsserung der Begierde den Wuͤrckun- gen deß Verstandes zuschreiben wolten/ der wie ein Strohm sich mehr und mehr ergiesset/ wann er durch Daͤmme und Schuͤtten L l 3 auf- Deß Academi schen aufgehalten wird. Also auch dieser alle seine Kraͤffte/ zu Be- trachtung deß Dinges/ so ihm gewegert wird/ versammlet/ und sie dann folgends fuͤr ungleich besser ansiehet/ als das Jenige/ was er wol haben kan/ (wie wir dann ins gemein/ was wir nicht versichert/ hoͤher achten/ als das Jenige/ was wir in unserer Ge- walt haben/) daher dann der Wille zu solchen unbekandten so wol/ als den verhottenen Dingen/ kraͤfftiglich geneigt wird. Wann wir auch consideri ren/ daß der Menschliche Verstand eden so wol seine belle und feurige Strahlen habe/ wie die Sonne und das Feuer/ so kan es uns nicht seltzam vorkommen/ daß er im Disputi ren eben so wol/ als die Sonnen-Strahlen/ durch die Reflexion, und das Feuer durch Einschliessen/ sich erhitze/ und sich denen Argument en/ so seiner Erkanntnuͤß oder Meynung zuwider seyn/ desto hefftiger widersetze. Das XLV. Capitul/ Condado und alle seine Gefaͤhrten kommen in einer tunckeln Nacht von einander. Dieser und Klingenfeld erretten einen Gefange- nen/ kommen in ein Kloster/ und discurri ren daselbst/ ob ein gutes Judicium, oder ein scharffes Gedaͤchtnuͤß das Beste in einer Con- versation waͤre? U Nter diesem Discurs begunte es spat zu wer- den/ und die voͤllige Nacht einzubrechen/ da- hero sie mit einander gezwungen wurden/ mit dem Reuten es etwas gemach ankommen zu las- sen/ solches war unserm Troll am allerliebsten/ wel- cher sich an deß Venerei Pferdes Schwantz hielte/ und immer nachschlenderte. Er haͤtte wol Lust ge- habt/ ihn von seinem Pferd ab-und sich selber aufzu- setzen/ aber Venereus sasse zu vest im Sattel/ und hatte keine Lust/ bey spaͤter Nacht-Zeit sich seines Kleppers zu begeben. Solcher Gestalt kamen sie in einen gros- sen Wald/ da sie weder vor-noch hinter sich wusten/ auch nicht einen Stich sehen kunten. Da begunte ih- nen allerseits nicht wol zu Muth zu werden/ und sie beredeten sich schon/ ob sie sich unter einem Baum niederlassen wolten/ um deß anbrechenden Tages zu erwar- Romans I. Buch. erwarten. Condado war dessen gar wol zufrieden/ war auch der Erste/ welcher abstieg; Aber wie ihm Troll das Pferd abnehmen wolte/ erblickete derselbe ein Liecht/ dannenhero sprach er: Herꝛ/ lasset euch eure andere Diener das Pferd halten/ sie stehen ja alle in euren Kosten und Brodt/ und ist keiner ein Haar besser/ als ich/ nur/ daß sie die Ehre haben/ mit euch zu speisen. Jch wil inzwischen nach jenem Liecht gehen/ daß wir zu Menschen kommen moͤgen. Dessen war der Printz wol zufrieden/ ließ demnach das Pferd an einen Ast binden/ und sahe nach jenem Liecht. Wie aber Troll etwa eine halbe Viertel-Stunde von ih- nen gewesen/ da verschwand das Liecht auß ihren Au- gen/ und an einem andern Ort erblickete Venereus ei- nes/ dieser ritte/ auf gegebene Ordre deß Condado, darnach zu/ aber die Gesellschafft verlohr ihn/ gleich wie Trollen/ bald hernach/ samt dem gesehenen Liecht/ auß den Augen. Dessen verwunderten sie sich alle/ und schrieben es dem Stand der Wald-Baͤume zu/ dardurch sie gehindert wurden/ das Liecht zu sehen/ oder im Gesicht zu behalten. Nicht lange hernach ersahe Cerebacchius noch ein ander Liecht/ zu demsel- ben ritte er/ und hoffete nunmehro ein gutes Nacht- Lager gefunden zu haben. Je laͤnger und weiter er aber ritte/ je mehr er sich in dem Gehoͤltz verwirrete/ biß er endlich der Gesellschafft gleicher Gestalt auß dem Gesicht kame/ daß sie nicht wusten/ wo er hinge- stoben waͤre. Condado und die Zween uͤbrigen wusten nicht/ was dieses fuͤr eine seltzame Beschaffenheit haben muͤsse/ und begunte ihnen nicht gar wol bey der Sache zu werden. Als aber Cavina bald hernach ein hell- brennendes Liecht etwa 500. Schritte/ nach dem Au- gen-Maß/ von ihnen erblickete/ setzten sie sich zu Pfer- L l 4 de/ Deß Academi schen de/ und ritten mit einander darnach zu. Je naͤher sie aber kamen/ je mehr sich das Liecht zuruͤck zog/ wor- auß Klingenfeld alsobald die Warheit schlosse/ und solches Liecht vor einen Jrꝛwisch hielte. Weil es aber sehr hell brennete/ wolte Condado kurtz um haben/ daß man ihm folgen solle/ wie sehr ihm auch der Teutsche Edelmann solches mißriethe. Bald erhu- ben sich noch zween grosse Jrꝛwische/ recht neben ih- nen zu beyden Seiten/ welche die Lufft der Nacht so hell machten/ als wann es am vollen Mittag gewesen waͤre. Cavina ward hierdurch verfuͤhret/ daß er dem einen Jrꝛwisch folgete/ und sich dardurch von den zween andern Cameraden abfuͤhren ließ. Er wurd es aber so wenig/ als die andern/ gewahr/ daß sie von ein- ander kommen/ biß er dieselbe mit seinem Gesichte schon nicht mehr abreichen kunte/ dannenhero hielte er es vor ein Teuffels-Werck/ und wuͤrckliche Ver- blendung deß Satans/ welcher die Menschen-Kinder in der dunckeln Nacht/ die keines Menschen Freund zu seyn pfleget/ also aͤffet/ wo nicht gar in ein grosses Ungluͤck bringet. Condado merckete es endlich auch/ aber zu spaͤth/ daß sie ihren dritten Gefaͤhrten verloh- ren hatten/ dannenhero waren sie versichert/ daß die- ses ein lauterer Teuffels-Posse/ solchem nach nahm Klingenfeld sein Schnuptuch/ und band mittelst des- sen deß Condado Pferd an seines Pferds Schwantz/ damit sie nicht ebenmaͤssig von einander getrennet wurden/ und solcher Gestalt ritten sie fein sachtmuͤ- thig fort/ und folgeten dem einen Jrꝛwisch immer nach. Ehe sie sich es versahen/ kamen sie in einem Mo- rast zu stecken/ dahero sie wieder zuruͤck giengen/ und wie sie um sich sahen/ da erblicketen sie nichts/ als Wasser/ zu beyden Seiten/ sie zogen sich aber gleich- wol Romans I. Buch. wol durch einen schmahlen Land strich wieder auß die- sem gefaͤhrlichen Ort/ und waͤren sie wol nicht so leicht auß dieser Gefahr entrunnen/ wofern Klingen- feld nicht abgestiegen waͤre/ und den Weg mit Haͤn- den und Fuͤssen betastet haͤtte. Solcher Gestalt ka- men sie auß dem Wasser/ und zugleich auß dem Jrꝛ- Liecht wieder in eine Stock finstere Nacht/ jedoch kehreten sie sich nicht daran/ sondern bunden die Pfer- de an einander/ und legten sich schlaffen. Damahlen kamen wol 20. Jrꝛ-Liechter um sie her/ welche/ wie Eych-Hoͤrnlein/ durch die hohe Baͤume hindurch schwermeten/ jedoch hielten sich die Meisten nahe bey der Erden. Endlich aber schlieffen sie ein/ und genos- sen ihrer hochbenoͤthigten Ruhe bey nuͤchterem Ma- gen/ biß an den liechten Morgen. Sie liessen es voll- auf Tag werden/ ehe sie sich wieder aufsetzeten. Aber/ als die Sonne schon eine Stunde den Horizont uͤber- stiegen/ da setzten sie sich auf/ und waren ihrer Leute wegen in etwas bekuͤmmert/ hoffeten doch dieselbe zu Chur fordersamst wieder anzutreffen/ zumahl sie wol wusten/ daß Condado dahin/ und so weiter durch die Schweitz nach Basel seinen Weg nehmen wolte. Troll ward am meisten bejammert/ weil dieser arme Schlucker zu Fuß war/ und nicht einen heller Geld bey sich hatte/ inmassen Klingenfeld und Cavina deß Printzen Gold fuͤhreten/ Troll wuste auch mit den Leuten in der Sprache sich nicht zu behelffen/ dann sie waren schon an den Teutschen Graͤntzen/ doch hoffe- ten sie ihn bald wieder zu sehen. Condado und Klingenfeld ritten mit einander nach Nord-Westen/ und kamen gegen den Mittag auß dem Gehoͤltze/ da sie dann eine ziemliche Stadt Campagasco genannt/ die in dem Veltliner-Land li- get/ fuͤr sich sahen. Hieselbst nahmen sie eine gute L l 5 Mahl- Deß Academi schen Mahlzeit zu sich/ und blieben den gantzen Tag still li- gen/ in Hoffnung/ daß sich ein oder ander von der uͤbrigen Gesellschafft hier wieder bey ihnen einfinden wuͤrde. Aber es kam Niemand zum Vorschein/ wel- ches ihnen nicht lieb war/ und als sie forscheten/ was es fuͤr eine Bewandnuͤß mit jenem Wald und den vielen Jrꝛ-Liechtern haͤtte? Gab ihnen der Hospes zur Antwort: Daß sich vor 20. oder 30. Jahren viel Moͤrder in demselben aufgehalten/ welche unzehlich viel Menschen ermordet haͤtten/ und als man solche endlich mit Gewalt außgerottet/ habe man seithero eine grosse Menge Jrꝛ-Liechter daselbst herum schwermen sehen/ wordurch mancher Raͤysender in der Nacht in grosses Ungluͤck gefuͤhret wuͤrde/ wegen der grossen Morasten/ wormit das Gehoͤltze ange- fuͤllet waͤre. Nachdem endlich der folgende Tag angebro- chen/ und gleichwol Niemand von ihren Leuten sich einfand/ nahmen sie auf allen Fall ein gutes Fruͤh- stuͤck zu sich/ und ritten hernach ihres Weges weiter fort. Als sie aber in ein enges Gebuͤrge kamen/ begeg- neten ihnen 2. Maͤnner/ darvon einer auf einem von den zwey vorgespanneten Pferden/ der andere aber auf dem Karren sasse; Und weil der Weg ziemlich enge/ muste der Karren still halten/ weil Condado mit seinen Gefaͤhrten kuͤmmerlich vorbey kommen kunte. Jndem sie sich aber neben dem Karren durchtrungen/ mercketen sie/ daß sich etwas unter dem uͤbergehange- nen Tuch deß Karren ruͤhrete/ und so offt sich dieses ruͤhrete/ schlug der/ so neben demselben sasse/ mit ei- nem Stock darauf. Condado forschete hierauf/ was sie auf dem Karren also verdecket fuͤhreten? Aber Jener lachete/ und sprach: Weil solches bedecket waͤre/ koͤnten sie sich wol einbilden/ daß sie es wolten heim- Romans I. Buch. heimlich gehalten haben. Dieser spitzigen Antwort haͤtte sich Condado nicht versehen/ solche drung ihm demnach ins Hertz/ daß er sagte: Halt still Kerl/ ich wil nun deine Heimlichkeit sehen/ und du wirst dich dessen nicht entbrechen/ wann du anderst kein gestoh- len Guth fuͤhrest. Hierauf zog der auf dem Karren eine Pistol herfuͤr/ und wolte solche auf unsern Con- dado loͤsen/ aber Klingenfeld/ der zu naͤchst bey ihm hielt/ risse ihm die Pistol auß der Hand/ und schlug ihn damit auf den Kopff/ daß er vom Karren sanck/ und nicht mehr bey ihm selber war. Der Andere/ so auf den Pferden sasse/ zohe hierauf seinen Hut ab/ und bath um sein Leben/ ich habe nichts mit diesem Werck zu schaffen/ sprach er/ man hat mich um Geld bedungen/ das Jenige/ was auf meinem Karren an- gebunden liget/ ins Venetianische Gebiet zu fuͤhren/ dieser aber/ der jetzo unter dem Karren liget/ mag wis- sen/ was ich fuͤhre. Unter diesem Gespraͤch klopffete und ruͤhrete sich das Lebendige unter dem Karren-Tuch noch mehr/ als vorhin/ dahero nahm Klingenfeld sein Messer/ und schnitte das Tuch von einander/ da sie dann ei- nen ansehnlichen jungen Mann funden/ welchem die Haͤnde fest gebunden waren/ wie auch der eine Fuß/ aber den andern hatte er mit Gewalt loßgewuͤrcket/ und sich vorbesagter Massen darmit geruͤhret. Er lag auf dem Rucken/ und hatte einen grossen Knebel im Mund/ daß er keine Stimme von sich geben kunte. Sie rissen ihm zufoderst denselben herauß/ und dar- auf bath er gar instaͤndig/ sie moͤchten ihn doch auß der Hand seiner Feinde vollends erretten/ sonst waͤre er ein Mann deß Todes/ der doch nichts weniger/ als denselben verwuͤrcket. Also arbeiteten die andern alle Beyde/ schnitten die Stricke entzwey/ und er erzeh- lete Deß Academi schen lete mit Wenigem/ daß er von seinen Mißguͤnstigen also mißhandelt worden/ die ihn/ weiß nicht wohin/ zu fuͤhren/ also auf diesen Karren gebunden/ und be- sorge er/ daß man ihn auf die Venetianische Gallee habe verkauffen/ und zum Sclaven machen wollen. Er stieg vom Karren hernieder/ warff den Fuhrmann vom Pferd/ spannete eines darvon auß/ und nachdem er sich gegen Condado und seinen Gefaͤhrten/ wegen seiner Erloͤsung/ mit allen verbindlichen Worten be- dancket/ ritte er nach dem naͤchsten Dorff/ um/ wie er vorgab/ etwas zu speisen und zu trincken/ weil er sich sonsten nicht laͤnger aufrecht halten koͤnne. Der Fuhrmann war froh/ daß er seines Ver- sprechens entlediget/ dann er sprach: Er haͤtte nicht gewust/ was er gefuͤhret/ noch wie er mit seinem Ca- meraden auf dem Karren daran gewesen/ dahero er staͤts in grosser Angst gelebet/ und sich seines Lebens nimmer versichert halten koͤnnen. Er ließ den Erloͤ- seten gutwillig seines Weges reiten/ und wandelte mit seinem Karren und dem einen Pferd |nunmehro allein fort/ liesse auch den Ohnmaͤchtigen auf dem Weg ligen/ und Condado samt Klingenfeld wolten sich auch nicht lange allhier aufhalten/ sondern ritten fort/ und erreichten gegen den Abend das Staͤdtlein Sumanda, allwo sie trefflich bewirthet wurden/ und bey einem herꝛlichen Truuck Veltliner-Wein sich rechtschaffen ergoͤtzeten. Dieser Ort gefiel ihnen sehr wol/ dannenhero warteten sie den folgenden halben Tag allhier/ ob sich etwa einer von ihrer Gesellschafft bey ihnen einstellen moͤchte. Als aber keiner kam/ setzten sie sich/ nach gehaltener Mittags-Mahlzeit/ zu Pferde/ und verliessen nicht allein hier/ sondern auch an allen vorigen Orten/ wo sie passi ret/ bey den Leuten Nachricht/ welchen Weg sie genommen haͤtten/ und daß Romans I. Buch. daß sie gerade nach der Schweitz gegangen waͤren. Wie sie vor das Thor kamen/ sahen sie einen Geist- lichen auf einem Esel hinter ihnen daher traben/ wel- cher forschete/ welches Weges sie sich bedienen wuͤr- den? Klingenfeld sprach: Wir suchen den naͤchsten Weg nach Chur in Graubuͤnden; Und Jener gab zu verstehen/ daß er auch dahin gedaͤchte/ als ein Ab- geordneter seines Kloster/ und daß ihm dieser Weg so bekandt/ daß er ihn auch mit verschlossenen Augen finden wolte. Mit diesem Geistlichen ritten sie willig fort/ und hatten allerhand Discurse mit ihm/ dann er war ein gelehrter/ und darneben ein gar lustiger Mann/ daß sie es vor ein Gluͤck achteten/ in seine Compagnie gekommen zu seyn. Als der Abend heran tratt/ noͤthigte sie dieser Gefaͤhrte/ einen kleinen Abweg mit ihm zu nehmen/ nach einem Kloster seines Ordens/ allwo er sie Zehr- frey halten wolle/ sintemahl zwischen hier und Chur in den Wirths-Haͤusern Schmahl-Hanß allwege der Kuͤchenmeister waͤre. Sie folgeten ihm gar wil- lig/ und also erlangeten sie bey spaͤthem Abend das Kloster/ worinnen sie willig aufgenommen wurden. Man fuͤhrete die Pferde samt dem Esel in einen Stall/ und wartete ihrer nach Gebuͤhr. Condado und die Zween andern wurden in eine kleine Zelle ge- fuͤhret/ da man ein Kraͤhnlein in der Mauer außzog/ auß welchem von Natur heisses Wasser floß. Hie- selbst musten sie ihre Haͤnde und Fuͤsse waschen/ und waren ihnen die holdseelige Kloster-Bruͤder darbey sehr dienstwillig. Hernach fuͤhrete man sie in das Re- fectorium, woselbst der Pater Prior selber bey ihnen sich einstellete/ und sie zu einer schlechten Abend- Mahlzeit noͤthigte. Der Tisch war gedecket/ und nebst unsern 3. Fremden speiseten 10. Muͤnche an ei- ner Deß Academi schen ner langen Tafel/ die Tractament en waren gut/ und die Discurse noch besser/ man hoͤrete kein unnuͤtzes Wort fallen/ alle Discur sen waren erbaulich/ und han- delten von der Gottesfurcht/ oder von der Sitten- Lehre. Der Pater Prior, so ein Eyß-grauer alter Mañ/ merckete an Klingenfeld/ daß er den Studiis zuge- than/ dahero redete er staͤts mit ihm/ und lobete ihn/ daß er/ als ein Edelmann/ (wovor er sich bekannte/) sich auf die freyen Kuͤnste geleget/ als wordurch er bey allen Compagni en durch gelehrte Discurse in grosses Ansehen kommen muste. Klingenfeld beken- nete/ daß er die Warheit geredet/ forschete aber bey dieser Gelegenheit/ was er/ Herꝛ Pater Prior, fuͤr das Noͤthigste zu einer guten Conversation achtete/ ein gutes Judicium, oder ein treffliches Gedaͤchtnuͤß? Der alte Greise klopffete den Teutschen auf die Schultern/ und ertheilete ihm in lauter Freundlich- keit diese Antwort: O B es gleich/ sprach er/ eine gemeine Art zu reden ist/ wann man saget: Dieser Mensch hat ein vortrefflich Gedaͤcht- nuͤß/ aber gantz kein Judicium, und im Gegentheil/ er hat ein gutes Judicium, aber kein Gedaͤchtnuͤß; Und also auf diese Weise die Facult aͤten der vernuͤnfftigen Seelen in diese 2. Theile gleichsam zergliedert und abgetheilet werden/ so ist doch/ dem ungeachtet/ sehr daran zu zweiffeln/ ob solche Division recht/ und nicht vielmehr irrig und schaͤdlich; Dann Scaliger redet hiervon sehr wol an unterschiedlichen Orten seiner Exetcitation en/ wan er saget: Daß die vernuͤnfftige Seele nicht ein zusammen ge- raffter Hauffe vieler unterschiedlicher Kraͤffte/ sondern ein ein- ziges/ in sich selbsten/ und in ihren Facult aͤten unzertheiltes We- sen sey/ ob sie gleich auf vielfaͤltige Weise operi re/ oder wuͤrcke; Daß also dergleichen Division eben so Grund hat/ als wann man die Sonne/ welche deß Sommers oder deß Mittags schei- net/ von der Jenigen/ die deß Winters oder deß Morgens leuch- tet/ unterscheiden wolte/ um der Ursachen willen/ weil sie deß Sommers und deß Mittags eine weit andere Wuͤrckung habe/ als deß Winters und deß Morgens; Damit wir uns aber nicht lange mit vergeblichem Wort-Gepraͤng aufhalten/ so wird gefra- Romans I. Buch. gefraget: Welches von beyden in der Conversation angeneh- mer/ entweder ein gutes Judicium, oder aber ein gutes Gedaͤcht- nuͤß zu haben? Was meine Person belanget/ so halte ich es mit dem Ersten/ dafern es in der That/ ja wie man ins gemein saget: Daß nemlich diese beyde Facult aͤten der Seelen in einem Men- schen nimmer gleich/ sondern wie schwach die eine/ so starck die andere in ihm sey. Jn einem Discurs ist nichts annehmlichers/ als wann alles wol auf einander folget/ und eine ungezwungene Veraͤnderung deß Gespraͤchs von einer Materie zu der andern geschicht/ dann die gar zu lange Continuation einer Rede von einem einzigen Ding faͤllet auch den allerernsthafftigsten Leuten verdrießlich/ welche sich so wol/ als die Natur selbsten/ an der Vatiet aͤt oder Veraͤnderung ergoͤtzen/ und muß solche mit den Musicali schen Thonen uͤbereinnimmen/ daß sie gleichsam durch andere mittlere Thone fein an einander hangen/ und mit der Mahler-Kunst/ da sich in einem Gemaͤhlde die Erhoͤhungen all- gemaͤhlich verlieren muͤssen/ dafern es dem Gesicht gefallen soll. Also muß auch einer/ der einen Discurs fuͤhret/ so er anders bey der Gesellschafft wil beliebt seyn/ nicht von einer Materie auf die andere hupffen/ wie die Atzeln oder Elftern/ welches ins gemein die jenigen Leute thun/ die kein Judicium haben/ und deßwegen die Compagnie mit ihrem verworrenen Gehirn und abge- schmackten Gespraͤch gar wenig vergnuͤgen/ wollen auch/ wie die Narren/ ihre Meynung von allen Dingen sagen/ es mag sich reimen oder nicht. Gleichwie Jener/ der von Plinio reden hoͤ- rete/ dem Andern ins Wort siel/ und sprach: Der wil viel von Plinio reden/ und ist doch sein Lebtage nicht da gewesen. Oder/ wie ein anderer/ so von dem Concilio Lateranensi sagen hoͤrete/ sprach: Er haͤtte den Mann vor diesem wol gekannt. An statt dessen/ daß ein judicieuser Mensch lieber einem Jedweden/ als sich selbsten Gehoͤr gibt/ behaͤlt er sich die Gelegenheit fuͤr/ zu rechter Zeit zu reden/ bekraͤfftiget die Meynungen/ die er gehoͤ- ret/ oder corrigi ret sie gar sittsam/ wie es in einer Ehr-liebenden Conversation erfordert wird. Und wann er auß den schwachen Argument en/ die die andern vorbringen/ abnim̃t/ daß ein Discurs lang gnug ist debatti ret und abgebandelt worden/ veraͤndert er ihn allgemaͤhlich/ und zwar unvermerckt mit solcher Modera- tion und Bescheidenheit/ daß/ gleich wie die Daͤmmerung darzu dienet/ daß die Nacht der Sonnen weiche/ deren Klarheit wir sonsten nicht wuͤrden ertragen koͤnnen/ wann sie auß der Finster- nuͤß ploͤtzlich herfuͤr blickete/ wie hingegen die Finsternuͤß uns unertraͤg- Deß Academi schen unertraͤglich seyn wuͤrde/ wann auß einem hellen Liecht in einem Augenblick darein kaͤmen? Also ist auch den Zuhoͤrern eine be- scheidene und unvermerckte Veraͤnderung der Discurs en gar nicht zuwider/ gibt ihnen auch nicht Anlaß zu fragen/ wie sonsten wol bißweilen zu geschehen pfleget: Womit kommt der aufge- zogen/ oder/ wie reimet sich dieses mit unserm vorigen Gespraͤch? Jch bekenne/ daß diese unvermerckte Zusammenfuͤg- und Jnein- anderschrenckung der Reden in fuͤrnehmer Gesellschafft nicht so gar leicht ist/ die Jenigen aber/ welche sich vorgenommen/ so we- nig/ als sie koͤnnen/ darwider zu handeln/ muͤssen sonderlich Acht haben/ daß sie allezeit ihre Discurs auf Dinge richten/ die sie dar- fuͤr halten/ daß sie deu Zuhoͤrern am liebsten und nuͤtzlichsten seyn/ und wer dergleichen vorbringet/ wird jedes mahl gerne ge- hoͤret. Seynd die Discurse der Gesellschafft angenehm/ so wer- den sie einem oder andern Zuhoͤrer Anlaß geben/ etwas vorzu- bringen/ das ihm wissend/ oder das er zum wenigsten gar wol zu wissen vermeynet/ oder aber/ daß er ihnen mit Manier sagen koͤnne/ welches er etwan sonsten nicht thaͤte/ wañ ihm nicht unge- faͤhr Anlaß darzu gegeben wurde; Kommt aber etwas auf die Bahn/ zum Exempel/ welches einer oder der andere in der Gesell- schafft ihm zu Nutzen machen kan/ oder/ da ihm angelegen seyn moͤchte/ wird er sie sonder Zweiffel uͤberauß gern hoͤren/ und kan derhalben ein solcher Discurs nicht anders/ als angenehm seyn. Dieses alles so wol als die Manier zu reden/ darinnen man sehr discret, und zuweilen frey/ zuweilen wieder respectueux seyn muß/ seynd Effect en oder Wuͤrckungen deß Judicii, und nicht deß Gedaͤchtnuͤsses. Ausser dem/ daß der/ so nur bloß ein gut Ge- daͤchtnuͤß hat/ sich eben so veracht macht/ ob er gleich gar gute und schoͤne Dinge zu unbequemer Zeit allegi ret/ und vorbringet- Als ein Mahler/ der in der That einen Sypressen-Baum uͤber alle Massen wol mahlen koͤnte/ aber ihn an allen seinen Gemaͤhl- den/ ja selbsten in den Schiffbruͤchen setzen wolte; Ja/ man kan keine Reguln der Kuͤnsten/ oder Profession en/ sie haben Ramen/ wie sie wollen/ irgend worauf recht applici ren und gebrauchen/ wañ man nicht mit einem sonderlichen guten Judicio begabet ist. Darauf antwortete Condado, daß man/ um diese Fragen zu entscheiden/ nicht von einem Menschen reden muͤste/ der zwar mit einem schoͤnen Gedaͤchtnuͤß begabet/ aber hingegen mit gantz keinem Judicio gezieret waͤre/ dann die Parthey wurde gar zu ungleich seyn, Sondern man muͤste 2. Personen stellen/ die bey- derseits so wol das Judicium, als ein Gedaͤchtnuͤß haͤtten; Und da dem Romans I. Buch. da dem einen ein bessers Judicium, dem andern aber ein bessers Gedaͤchtnuͤß verliehen waͤre; Alsdann wolte ich darfuͤr halten/ daß das gute Gedaͤchtnuͤß den einen viel angenehmer in der Conversation machen wird/ als den andern ein fuͤrtreffliches Judicium. Dann die Exempel/ die wir auß den Historien neh- men/ deren Werckzeug das Gedaͤchtnuͤß ist/ geben die angenehm- ste Gespraͤche/ und schicken sich am besten/ einen zu persuadi ren. Durch die Erzehlung der Helden-Thaten werden genereuse Gemuͤther erwecket/ und aufgemuntert/ hoch-beruͤhmter Leute Exempel nachzuahmen; Und die Sieges-Zeichen deß Miltiadis lassen manchen nicht schlaffen/ biß er dergleichen erlanget. Durch die Erzehlung der Liebes-Geschichten/ werden die allerhaͤrteften Hertzen erweichet. Die Erinnerung guter und loͤblich dem Vatterland geleisteter Dienste/ die sonst etwan in Vergessenheit gestellet wuͤrden/ kan die Gemuͤther dermassen veraͤndern/ und transporti ren/ daß sie auß Feinden Freunde werden deß Jeni- gen der stch darmit wol verdienet gehabt/ wie dergleichen zu deß Scipionis Africani Zeiten zu Rom geschabe/ da auf die von ihm erzehlete Africanische Expedition, seine verordnete Richter auf- stunden/ und ihn nach dem Capitolio begleiteten/ die Gedaͤcht- nuͤß einer berꝛlichen Victorie, die er den Tag wider die Cartha- ginenser erhalten/ mit Freuden und Dancksagung zu begehen. Man mag auch ein so gutes Judicium haben/ als man wil wann man sich der Namen/ der Tage/ und anderer Umstaͤnde eines Dinges nicht erinnern kan/ ist nichts Unangenehmers. Welches man an vielen alten Leuten stehet/ bey denen das Judicium zuge- nommen/ das Gedaͤchtnuͤß aber durch das Alter geschwaͤchet worden/ und deßwegen sie lange nicht so angenehm in der Con- versation seynd/ als sie in ihren jungen Jahren gewesen darin- nen sie keine Experien tz und consequenter auch weniger Judicii; Aber an Statt dessen ein bessers Gedaͤchtnuͤß gehabt/ weil ihr Gebirn noch nicht zu sehr genetzet/ da sonst der Uberfluß der Feuchtigkeiten/ den alten Leuten so wol/ als den Kindern/ hinder- lich ist/ daß sie die Species Rerum, oder Gestalt der Dinge/ die ihnen durch die aͤusserliche Sinne eingedruckt werden/ nicht be- halten koͤnnen. Meine Intention und Mehnung ist gleichwol nicht/ die grossen Schwaͤtzer zu loben/ die zwar fertig im Reden seynd/ geben aber nicht viel besonders hervor/ sondern ihre Discurs gleichen sich den Schwaͤm̃en/ so die Erde gar geschwinde hervor bringet/ die aber nicht viel werth seynd. Gleicher Gestalt/ wann wir uns zwar eines Dinges erinnern/ aber es nicht eigent- M m lich Deß Academi schen lich koͤnnen vorbingen/ oder recht darvon judici ren/ so gibt es we- nig Ansehens/ und erwecket schlechte Anmuth/ wann die Leute darauß urtheilen koͤnnen/ daß es uns nicht so sehr am Gedaͤcht- nuͤß/ als am Judicio mangele. Und das kan auch wol die Ursach gewesen seyn/ warum der Demosthenes, als er sahe/ daß alle sei- ne Zuhoͤrer eingeschlaffen waren/ sich der Fabel vom Schatten eines Esels gebrauchete/ sie dardurch wieder zu ermuntern/ und aufmercksamer zu machen. Jn Summa, das Gedachtnuͤß ist die noͤthigste Facult aͤt zum Discurs, welches die Seele der Con- versation ist; Die Zierlichkeit der Gebaͤrden/ und alles/ womit man sich sonst pfleget angenehm und beliebt zu machen/ sind nicht werth/ daß man sie darmit vergleiche/ weilen sie bey wei- tem nicht so kraͤfftig sind. Ja/ alle Schoͤnheit/ die der maͤchtigfte Magnet- Stein ist/ Compagni en zu versammlen/ und zu erhal- ten/ ist verlohren/ wann sie nicht durch ein vernuͤnfftiges Ge- spraͤch/ und dieses durch mancherley Dinge/ die uns das Gleich- nuͤß an die Hand gibt/ lebbafft und anmuthig gemacht wird/ und dißfalls kan man sagen/ daß Jener/ der da redet/ und ein gutes Gedaͤchtnuͤß hat/ in Gesellschafft mehr nutzet/ als der mit einem grossen Judicio begabet ist/ aber nicht viel Worte machet; Dann Jener bringet unterschiedene Dinge an den Tag/ wordurch die Compagnie lustig gemacht wird; Und obgleich solches oͤffters auf ein unnuͤtzes und importun es Geschwaͤtze außlaufft/ so ist doch dessen Exceß viel eher zu moderi ren/ als der Mangel deß Discurs es/ wann man nemlich die Worte einem mit Zwange auß dem Halß holen und locken muß. Wann man auch von den Materi en deß Gespraͤches reden wil/ so ist nichts Unangeneh- mers/ als Mathemati sche und Logi sche Sachen darein zu men- gen/ worinnen das Judicium doch vornemlich Statt hat/ und den Preiß behaͤlt. Klingenfeld selber brachte seine Meynung folgender Ge- ftalt berbey: Wann das Gedaͤchtnuͤß fuͤr dem Judicio den Preiß behielte/ so wurde die allerangenehmste Conversation mit den Buͤchern seyn; Dann keiner hat ein solch scharff Gedaͤcht- nuͤß/ daß er uns von Dingen einen solchen eigentlichen Bericht solte thun koͤnnen/ wie die Buͤcher/ worinnen wir die Originalia aller Historien befinden. Es sehe einer hergegen eine Versam̃- lung verstaͤndiger Leute an/ und hoͤre/ ob der so mit einem Judi- cio begabet/ aber wenig reden wird/ nicht dem Jenigen werde vorgezogen werden/ der nur auß einem reichen Gedaͤchtnuͤß/ viel Dinges herauß schuͤttet/ und laͤsset sie Beyde in einer Gesell- schafft/ Romans I. Buch. schafft/ die sich mit langen Gespraͤchen belustigen/ reden/ so wir der erste zwar nicht so angenehm/ aber hingegen auch nicht so verdrießlich fallen/ als der andere; Also siehet man/ daß an den Actionibus deß Judicii weniger mißsallen/ in was Compagnie es auch sey/ getragen wird/ als an dem Uberfluß deß Gedaͤcht- nuͤsses. Was der Alten ihre Meynung hieruͤber gewesen sey/ ist mir eigentlich nicht wissend. Allein heutiges Tages/ die Cantzel und Gerichte außgenommen/ befleissigen sich die Frantzosen (un- ter andern die Hof-Leute/) keines Dinges mehr/ als der Kuͤrtze/ worauß man das Judicium am besten verspuͤhren kan. Die kuͤrtzesten Gerichts Sachen/ die Predigten/ die nicht allzuweit- laͤufftig/ wann ihnen nur sonst nichts fehlet/ werden am meisten æstimi ret. Wenig/ aber kraͤfftige Worte haben nicht allein mehr Nachdruck/ in den Kriegs- Action en uñ Bataill en oder Schlacht- Ordnungen/ als grosse Harangu en; Ja/ einige Antwort und ein lustiger Possen ergoͤtzet eine Compagnie weit mehr/ als grosse und lange Discurse, wordurch man andern die Zeit flielet/ und die Gelegenheit benimmt/ ihre Meynung so wol/ als die erste/ vorzubringen. Und es ist gleichsam eine Plage/ wann man auß Respect, oder andern Consideration en/ einem Menschen zuhoͤ- ren muß/ d’ einem mit wenigem Judicio viel fuͤrplaudert welches auch eine Ursach war/ daß einsmahls eine Jungfer/ die ungefaͤhr ein Cavallier unter Wegens antraff/ der gleichfalls nach dem Ort zu reiten gedachte/ da sie hingehen wolte/ und ihr præsenti r- te/ sie hinten aufs Pferd zu nehmen/ wessen sie sich auß Hoͤflich- keit nicht verwoͤhren kunte; Da sie aber seinen albernen Fratzen eine Weile zugehoͤret/ wieder herunter sprang/ und lieber ihre Raͤyse zu Fuß vollziehen wolte/ als einen verdrießlichen Discurs, da kein Judicium bey war/ (welches/ als das Saltz die Speise/ all unser Thun und Reden wuͤrtzen soll/) laͤnger anzuhoͤren. Auß diesen Reden erkañte nicht allem der Prior, sondern auch alle anwesende Patres, daß sie 2. kluge Gaͤste beherbergeten. Nachdem endlich die Mahl- zeit gescheben/ wurden schoͤne Fruͤchte aufgetragen/ und als es endlich Zeit war/ begleitete man unsere 2. Fremdlinge nach ihrer Ruhe-Kammer/ allwo sie 2. wolgemachte Bette funden/ darinn sie biß an den liechten Morgen ruheten. Eine Stunde nach der Sonnen Aufgang kam ihr voriger Geistlicher zu ih- M m 2 nen/ Deß Academi schen nen/ und weckete sie saͤnfftiglich auf/ fuͤrwendend/ daß er nothwendig fort reiten muͤste/ wofern sie aber noch etwas ruhen wolten/ koͤnten sie es thun/ er habe ihnen zum wenigsten seine Eylfertigkeit zuvor erkennen ge- ben wollen. Sie noͤthigten ihn aber/ noch eine kleine Weile zu verziehen/ sintemahl sie augenblicklich/ so bald sie sich nur angekleidet/ sich mit ihm auf den Weg machen wolten. Sie stunden also geschwinde auf/ stecketen sich in die Kleider/ und als sie herfuͤr ka- men/ tratt ihnen der P. Prior mit seinem andaͤchtigen Morgen-Wunsch entgegen/ und ließ ein gutes Fruͤh- stuͤcke aufsetzen/ welches sie zuvor einnehmen musten/ darauf wolten sie dem Kloster eine Verehrung ge- ben. Aber der Prior gab gnugsam zu erkennen/ daß man ihn hierdurch zu einem grossen Unwillen noͤthi- gen wuͤrde/ dannenhero nahmen sie mit freundlicher Dancksagung fuͤr die genossene ungemeine Hoͤflich- keit/ einen hoͤflichen Abschied/ und funden ihre Pferde im Kloster-Hof schon außgeruͤstet stehen. Sie schwungen sich hinauf/ und beym Außritt warff Con- dado dem Kloster-Knecht/ so der Pferde gewartet/ einen Ducaten zu/ uͤber welche Freygebigkeit dieser Mensch recht bestuͤrtzet war/ inmassen er sein Lebtag solche Verehrung auf einmahl nicht bekommen hat- te. Solcher Gestalt ritten sie mit einander fort durch ein wuͤstes Gebuͤrge/ da weder Kraut noch Staude zusehen war. Man fand auch kein Dorff/ noch andere eintzele Wohnung/ und endlich kamen sie an einen kleinen Bach/ allwo sie die Pferde trincken liessen. Es war schon eine Stunde nach Mittag/ dahero stieg der Geistliche von seinem Esel/ und band ihn an einen spitzigen Stein/ noͤthigte auch die andern deßgleichen zu thun/ und mit ihm nach jenem Felsen zu gehen/ all- wo er ihnen etwas zu zeigen haͤtte. Sie folgeten ihm/ und Romans I. Buch. und wie sie daselbst eine Schatten-reiche Hoͤhle recht am rißlenden Bache gefunden/ da loͤsete er seinen Kloster-Buͤndel auf/ langete 2. Kapaunen/ etwas Brodt/ Butter/ und 2. Flaschen guten Weins herfuͤr/ welche er in den Bach setzete/ daß der Wein kuͤhl wuͤrde. Er breitete ein Tuͤchlein auf die Erde/ und nachdem er die Speisen darauf gesetzet/ noͤthigte er die andern/ neben ihm der Freygebigkeit deß Herꝛn Prior s auß dem vorigen Kloster anjetzo sich zu bedie- nen/ allermassen sie biß nach Chur sonsten weder zu beissen noch zu brechen bekommen koͤnten/ also setzten sie sich zu ihm/ und genossen dieser guten Tractamen- t en mit sonderbarem Appetit. Deß Andern Buchs Erstes Capitul. Condado erlediget eine Adeliche Jungfrau/ welche ihm ihre Geschichte erzehlet. Cerebacchius kommt zu thnen/ der sich im F res - sen und Sauffen wacker sehen laͤsset. N Achdem sie sich zur Gnuͤge gesaͤttiget/ auch auf deß freygebigen Herꝛn Prior s Gesund- heit getruncken/ da erhuben sie sich wieder von ihrer Stelle/ setzeten sich auf ihre re- spectivè Pferde und Esel/ und ricten fort/ daß sie noch vor Untergang der Son nen die Stadt Chur erreiche- ten. Hieselbst nahmen sie Abschied von einander/ und nachdem sich Conda o gegen den Geistlichen/ wegen seiner Dienste/ gebuͤhrlich bedancket/ kehrete er mit Klingenfeld in einer ansehnlichen Herberge/ wo der froͤliche Mañ außhaͤnget/ ein. Hieselbst lagen sie nicht allein diese N a cht/ sondern auch den folgenden gan- tzen Tag still/ ob sie etwa von ihren Gefaͤhrten einige Nachricht erlangen moͤchten. Weil aber in dieser Zeit gleichfalls nichts von denselben zu hoͤren noch zu se- M m 3 hen Deß Academi schen hen war/ giengen sie am andern Morgen wieder fort/ und zwar gerades Weges in die Schweitz hinein. Sie hatten den Voder- und Hinter-Rhein schon hinter sich geleget/ und das Gebiet deß Cantons Glaris schon erreichet/ als sie in ein Thal kom̃en/ das allenthalben mit Klippen besetzet war/ hieselbst hoͤre- ten sie ein erbaͤrmliches Geschrey eines weinenden Weibes-Bildes/ und etlicher ruffenden Maͤnner dar- neben/ weil demnach nur eine Strasse allhier/ zogen sie sich auß dem Thal wieder nach dem Gebuͤrge zu- ruͤck/ jedoch blieben sie in der Strassen halten/ zu ver- nehmen/ wie starck diese ankommende Parthey/ und ob man ihr gewachsen seyn koͤnne. Sie waren kaum wieder ins Gebuͤrge hinein geruͤcket/ als 5. reutende Personen daher kamen/ wel- che eine Kutsche begleiteten/ darinn die weinende Frauens-Person annoch staͤts mit Heulen anhielte. Wie diese in den engen Weg deß Gebuͤrges kamen/ præsenti rten sich Condado und Klingenfeld mitten im Wege/ und wolten nicht außweichen. Jener sprach zum Haussen: Maͤnner/ ihr muͤsset mir sagen/ mit was Recht/ ihr diese schreyende Dame bey euch fuͤhret. Als er dieses gesaget/ schrye die Dame im Wagen: O! ihr liebsten Erloͤser/ ach! um deß Him- mels Willen/ nehmet euch meiner Unschuld an/ und machet mich wieder loß. Es zuckete aber in demselben Augenblick einer von den Reite n den den Degen/ und stieß auf Condado loß/ welchem Klingenfeld zuvor kam/ und ihne mit einer Pistol/ zu Boden warff. Darauf drungen die andern 4. herzu schossen und hieben/ aber der Wagen stunde ihnen im Wege/ und es kam unsern 2 Raͤyß Gefaͤhrten sehr zu statten/ daß der Weg gantz enge war/ daher sie nicht un den Sei- ten noch von hinten kunten angegriffen werden/ sol- chem Romans II. Buch. chem nach thaͤten die Pistolen das meiste/ biß Klin- genfeld neben dem Wagen durchdrang/ und den Zween/ die hinter demselben hielten/ mit dem Degen auf den Leib gieng/ wordurch einer derselben bald vom Pferd geworffen ward/ und lagen also 3. von den Reutern/ die 2. uͤbrigen wolten sich dem Gluͤck ihrer Cammeraden nicht auch wiedmen/ wendeten dem- nach ihre Pferde um/ und nahmen die Flucht ins wil- de Gebuͤrge hinein. Der Kutscher auf dem Wagen war mit Stricken angebunden/ worauß gnugsam zu ersehen/ daß er es mit diesen Leuten nicht gehalten. Condado tratt jetzo zu der Dam en/ die in dem Wagen sasse/ und sagte: Jungfrau/ saget uns/ welchen Weg wir kiesen muͤssen/ damit wir dieser Action halber nicht in Gefahr kommen/ dann wir sind Fremdlinge. O ihr redliche vom Himmel gesandte Erloͤser/ gab diese zur Antwort/ ich dancke euch von Grund meiner bekuͤmmerten Seelen fuͤr diesen kraͤfftigen Beystand/ nur bitte ich anjetzo/ betrachtet euch selber/ ob ihr auch verwundet seyd/ damit man euch verbinde/ alsdann bitte ich euch/ mich nach meinem Hof zu begleiten/ dann sonsten/ und ehe ich daselbst wieder angelanget bin/ achte ich mich keines Weges sicher. Jch bin eine adeliche Jungfrau/ entfuͤhret von einem Edelmann auß der Nachbarschasft/ der mich zu seiner Ehe mit Gewalt zwingen wil/ da ich doch weiß/ wie er es mit mir und den Meinigen im Sinn hat. Sehet/ da liget er/ toͤdtlich verwundet/ vielleicht koͤnnet ihr auß sei- nem eigenen Munde vernehmen/ die hoch-straffbare Beleydigung/ die er mir angethan. Condado, der vom Pferd gestiegen war/ tratt zu ihm/ und sprach: Seyd ihr ein Edelmañ/ und handelt mit dem Frauen- zim̃er so unedel? Schaͤmet euch/ was wird die Nach- Welt darvon zu sagen haben? Jhr habt gut sin- M m 4 gen/ Deß Academi schen gen/ gab der Verwundete mit schwacher Stimme zur Antwort/ meine Liebe zu dieser Dame ist nicht al- lein hitzig/ sondern brennend gewesen/ und ihr seyd der Straffe noch nicht entgangen/ welche ihr durch diesen Angriff an mir und den Meinigen verdienet habt/ ziehet nur eures Weges. Klingenfeld sahe/ daß dieser Mensch/ welcher der Principal este vom Hauffen war/ gewaltig blute- te/ dannenhero hatte er Mitleyden mit ihm/ risse demnach sein Schnupff-Tuͤchlein entzwey/ und ver- band ihm seine Wunde/ welche nicht toͤdtlich war/ sondern nur viel Bluts von fich gabe/ darauf erbli- ckete die Dame an Condado etliche Bluts-Tropffen/ daher sie ihn bath/ ihr zu vergoͤnnen/ daß sie ihren Er- retter verbinden moͤchte. Condado risse den Rock auf/ und fand eine/ wiewol gar kleine/ Wunde am Halß/ welche er durch einen Degen-Stoß empfangen/ der aber auf dem Knochen zuruͤck geprallet war/ die Da- me legete ihm selber etwas darauf/ und noͤthigte ihn/ neben sie in den Wagen zu sitzen/ welches Condado thaͤte/ und nachdem er sein Pferd an die Kutsche ge- bunden/ und den Kutscher loß machen helffen/ kehre- ten sie den Wagen um/ und fuhren wieder zuruck. Die Jungfrau rieth/ man solle einen Umweg neh- men/ und nicht gerades Weges nach ihrem Hof fah- ren/ solches geschahe/ aber die Nacht fiel daruͤber ein/ daß sie in ein Dorff einkehren musten/ worinn ein na- her Befreundter dieser Adelichen Jungfrau wohnete. Weil nun keine offentliche Herberge im Dorff/ kehre- ten sie bey dem Edelmann ein/ der ein alter Greiß/ und nicht wuste/ was er fuͤr Schrecken sagen solte/ als er die Rencontre, so seine Baase heut gehabt/ vernahm. Er thaͤte den Unserigen sehr guͤtlich/ und ich glaube/ haͤtte er noch 10. mahl mehr im Hauß oder Keller ge- habt/ Romans II. Buch. habt/ es haͤtte herfuͤr gemust. Solcher Gestalt er- holete und labete sich die gantze Gesellschafft wieder/ auf die außgestandene schwere Travaill en. Auf Anhalten deß Condado, ertheilete ihm die Dame nach gehaltener Mahlzeit diesen Bericht: Jhr sollet wissen/ sprach sie/ daß mein Land-Guth belegen ist in diesem Canton Glaris welches Einwohner von zweyerley/ nemlich von der Reformi rten und Roͤmis. Kirchen sind. Dieser Edelmann/ der anjetzo verwun- det liget/ heisset Vantenay, ist der Roͤmischen/ und ich hingegen der Reformi rten Kirchen beygethan. Meine Eltern sind schon lange verstorben/ und ich habe von den Meinigen Niemand mehr im Leben/ als einen halb-Bruder/ der zwar einen Vatter/ aber nicht eine Mutter/ mit mir gehabt hat. Vantenay hatte sich in Spanischen Diensten zu Feld ziemlich bekandt ge- macht/ kam demnach vor 3. Jahren/ und bewarb sich um mich/ aber man warnete mich zeitlich fuͤr ihm/ als einem Mann/ der ein Tyrann in seinem Hauß/ und dem der Geitz auß beyden Augen herfuͤr leuchtete. Er gewann inzwischen die Gunst meines halb-Bruders Bergering/ welcher mir demnach Tag und Nacht in den Ohren lag/ daß ich mich zu dieser Heurath verste- hen moͤchte. Jch versprach ihm 1000. Rthlr. von mei- nem Muͤtterlichen Erb-Guth/ wann er sich von dem Vantenay abgeben/ und mich wider denselben auf allem Fall beschuͤtzen wolte. Diese Verheissung blen- dete ihn/ daß er sich deß Vantenay nicht so sehr hernach annahme. Jnzwischen kam ein wackerer Edelmann auß Franckreich nach Hauß/ der meiner seel. Mutter etwas verwandt war/ Namens Belligny, dieser hatte Gefallen an meiner Person/ und weil ich auch in mei- nem Hertzen alsobald eine Zuneigung zu ihm verspuͤ- rete/ zumahl wir einem Glauben beygethan waren/ so M m 5 gab Deß Academi schen gab ich ihm einen Ring/ und darneben/ mein Jawort und voͤlliges Hertz. Dieser edle Belligny hatte mich kaum 2. mahl besuchet/ als er auf dem Ruckweg ver- loren worden/ daß man nicht weiß/ wo hin er mag ge- stoben oder geflogen seyn. Seinen Diener haben et- liche vermasquirte Personen an einen Baum gebun- den/ und ihn selber darvon gefuͤhret. Ach! Jammer/ daß ich dieses anjetzo selber erzehlen muß! Ach! edel- ster Belligny. moͤchtest du doch anjetzo wissen/ daß ich uͤber meinen Feind triumphi ret habe/ dann ich bin der gaͤntzlichen Versicherung/ daß auf Anstalt deß Van- tenay dieses edle Gemuͤth auch entfuͤhret worden/ und wer weiß/ in welchem kuͤmmerlichen/ elendigen Stande er sich jetzo behelffen muß? Mein halb- Bruder scheinet dem Belligny gewogen zu seyn/ aber ich habe ihm doch nicht allerdings trauen moͤgen/ und ich weiß nicht/ was ich darvon sagen soll/ daß er eben damahl/ als mich Vantenay entfuͤhrete/ mit seinen Leuten außgeritten war. Dann gestern Morgen ritte er auf die Jagd/ und als ich um die Mittags-Stunde außfuhr/ meine Schnitter auf dem Felde heimzusu- chen/ da kam Vantenay mit seinen Leuten/ und fuͤhrete mich darvon. Wir haben diese Nacht in einem Wald zugebracht/ und diesen Morgen/ so bald der Tag an- gebrochen/ sind wir wieder fortgefahren/ da ich mir dann schon die Rechnung zu machen hatte/ daß ich noch diesen Abend seine Haußfrau seyn solte. Aber eure Darzwischenkunfft/ Edle Herren/ hat den Lauff meines Wagens und meines Ungluͤcks gehemmet/ sonsten waͤre ich dem Ungluͤck selber so tieff in den Rachen gerennet/ daß man mich hernach nim̃ermehr darauß wieder haͤtte erledigen koͤnnen. Jhr werdet aber so wol thun/ uñ morgenden Tages mich vollends biß nach meiner erblichen Wohnung begleiten/ da- mit Romans II. Buch. mit das Maaß der Schulden/ womit ich euch ver- hafftet/ gantz voll werde/ und ich also Ursach habe/ vor aller Welt frey offentlich zu bekennen/ daß ich/ naͤchst GOtt/ euch 2. Cavallier en mein Leben und meine Freyheit allein zu dancken habe. Condado hielte ihr dargegen vor/ daß sie nichts gethan/ als was ihre Schuldigkeit erfodert/ und daß sie demnach ihnen so hoch nicht verpflichtet/ als sie sich wol einbildete. Aber die Dame schalt ihn fuͤr einen hoͤf- lichen Cavallier auß/ der nichts hoͤren wolte von der Obligation, damit man ihm verpflichtet waͤre. Nach gehaltener Abend-Mahlzeit/ bey welcher alles vollauf gewesen/ trennete sich endlich die Compagnie, und ein Jeder legete sich an seinen angewiesenen Ort schlaf- fen. Als gegen den andern Morgen die Sonne auf- gegangen war/ ließ der alte Edelmann ein gutes Fruͤhstuͤck anrichten/ setzte sich hernach selber zu seiner Baasen in den Wagen/ und fuhr/ in Begleitung deß Condado und Klingenfelds/ vollends nach der Damen Adelichem Schloß/ welches in einem schoͤnen Flecken/ 3. Meilen von dannen lag. Um die Abend-Zeit kamen sie daselbst an/ und funden in dem Flecken eine grosse Menge Leute versammlet/ neben einem dicken Thurn stehen/ da man ihnen bedeutete/ daß man vor einer halben Stunden einen Menschen gefangen einge- bracht/ der jenem Kloster/ etwa 4. Meilen von hinnen/ nach Chur hinauß/ einen Esel auf der Waͤyde gestoh- len haͤtte. Jndem sie aber daselbst unter den Leuten stille hielten/ steckete der Gefangene den Kopff durch ein Mauer-Loch herauß um das Volck zu sehen/ und wie er deß Condado nebst Klingenfelds gewahr wor- den/ rieff er: Domini, facite opus misericordiæ, \& li- berate me ex captivitate hac durissima. Condado er- kandte den Cerebacchium alsobald/ winckete ihm dem- Deß Academi schen demnach/ er solte sich zufrieden geben/ man wuͤrde sich seiner schon annehmen. Er aber rieff: Ego cupio, stante pede dissolvi, \& vobiscum in hilaritate cœnare. Klingenfeld winckete ihm ebenmaͤssig/ und sprach: Hodiè nobiscum eris. Darauf eyleten sie nach dem schoͤnen Schloß der Adelichen Jungfrau/ die sich Lu- cretia nennete/ und wurden allerseits von ihrem halb- Bruder/ der Bergering hieß/ dem Schein nach/ mit grosser Hoͤflichkeit und Freude empfangen. Der Amtmann deß Orts kam bald hernach auch zu ihr/ und wuͤnschete ihr Gluͤck zu ihrer Erloͤsung/ und ob er gleich Catholisch/ bezeugete er dannoch mit theuren Worten/ daß ihm deß Vantenay irraisonable That gar nicht angestanden/ wie er dann auch schon resolvi ret gewesen/ zukuͤnfftigen Morgen mit gnug- samen Leuten ihn zu verfolgen/ inmassen die Verbit- terung zwischen den Reformi rten und Catholischen Einwohnern dieses Cantons Glaris/ die schon eine geraume Zeit im Schwang gegangen/ und durch ho- he Vermittelung der uͤbrigen Cantons kaum neulich gehoben worden/ durch diese Entfuͤhrung bald wieder haͤtte koͤnnen außbrechen. Die Lucretia ließ wacker zurichten/ und Bergering stellete sich sehr geschaͤfftig/ der Amtmann ward auch zu Gast genoͤthiget/ welcher auch willig bey der Gesellschafft blieb/ worbey Con- dado Gelegenheit nahm/ zu forschen/ was er mit dem Gefangenen im Thurn anfangen wolte? Er aber entschuldigte sich/ daß er deßfalls noch nichts resolvi- ren koͤnne/ biß man mehr auf ihn gebracht haͤtte. Jn- dem sie aber mit einander redeten/ kam ein Muͤnch mit etlichen Reformi rten Maͤnnern auß dem Dorff/ da Cerebacchius den Esel solte gestohlen haben/ und behaupteten/ daß man dem Gefangenen zu viel ge- than/ dann der Esel/ welcher zwar dem Kloster zustaͤn- dig/ Romans II. Buch. dig/ habe auf der Reformi rten Waͤyde gewaͤydet/ da- hero diese Leute den Cerebacchium, der uͤbel zu Fuß gewesen/ selber angemahnet/ sich dieses Thiers/ wel- ches ihnen, verfallen waͤre/ anzumassen/ und seine Raͤyse darauf fortzusetzen; Woruͤber aber das Klo- ster einen Verwalter außgesandt/ der ihn verfolget/ und dem Amtmann allhier/ als einen Dieb/ uͤberge- ben haͤtte. Als diese Leute deß Cerebacchii Unschuld gnug- sam erwiesen/ der Muͤnch auch selber solches alles be- kraͤfftigte/ begunte sich Condado seiner in Ernst anzu- nehmen/ und zu erzehlen/ wie er in seinen Diensten stehe/ und welcher Gestalt nicht allein er/ sondern noch 3. andere seiner Leute durch eine seltzame Ebentheuer ohnweit Campogasco im Veltliner Gebiet von ihm abgekommen waͤren/ bathe also/ er moͤchte den armen Menschen deß Gefaͤngnuͤsses fordersamst wieder ent- schlagen/ zumahl/ da das Kloster ja seinen Esel wieder bekommen haͤtte. Die schoͤne Lucretia legete auch eine Collecte fuͤr den Gefangenen ein/ um ihres Erledigers willen/ dahero der Amtmann versprach/ den Cerebac- chium, dafern keine andere Klage mehr von dem Klo- ster einkaͤme/ bald wieder auf freyen Fuß zu stellen. Jnzwischen ward aufgetischet/ und mangelte es kei- nes Weges an den niedlichsten Speisen/ und aller- hand fuͤrtrefflichen Weinen. Man sahe aber endlich an Bergering/ als ihm der Wein ein wenig zu Kopff stiege/ daß er lieber gesehen/ wann seine halb-Schwe- ster dem Vantenay geblieben/ als daß sie erlediget waͤ- re/ dannnenhero sahe er den Candado mit funcklen- den Augen an/ sagte aber kein Wort/ sondern verbarg den Zorn/ und stellete sich gantz freundlich gegen ihn an. Endlich nahm er eine silberne Kanne mit Wein/ die eine Rheinische Maaß hielte/ und brachte sie dem Con- Deß Academi schen Condado zu/ zur Dancksagung fuͤr den Dienst/ den er seiner Schwelster erwiesen haͤtte. Condado sprach: Mein Freund/ ihr meynet wol/ mir durch diesen gros- sen Trunck eine grosse Freundschafft zu thun/ so moͤ- get ihr dargegen doch wissen/ daß ich nicht gewohnet bin/ uͤber meine Lust zu trincken/ und ich glaube/ daß die uͤbrige Gesellschafft bey der Tafel deßfalls mit mir einig sind/ daß man uns nicht zwinge uͤber unser Ver- moͤgen zu trincken. Bergering schuͤttelte den Kopff/ setzete die Kanne an den Mund/ und soffe sie auf zwey- mahl rein auß/ ließ sie hernach wieder fuͤllen/ und uͤberreichete sie dem Condado, Bescheid zu thun/ die- ser aber wegerte sich dessen/ und referi rte sich auf seine vorige Worte. Also nahm Bergering die Kanne wie- der zu sich/ und soffe sie noch einmahl auß/ da ihm dañ der Zorn augenscheinlich herfuͤr drang/ daß er sprach: Jhr muͤsset einem ehrlichen Kerl Bescheid thun/ oder euch mit ihm schlagen. Condado sprach: Wann mir diese Compagnie nicht allzulieb waͤre/ so wolte ich euch hierauf gar bald eine richtige Antwort ertheilen. Der alte Edelmann/ und der Amtmann/ wie auch die Lucretia, schlugen sich augenblicklich darein und steu- reten dem Bergering/ hielten ihm darbeneben seine grosse Incivilit aͤt vor/ welche er an den Leuten begien- ge/ denen er mit lauter Dienstfertigkeit biß in den Tod verbunden waͤre. Bergering ließ sich hierauf ein wenig gelinder herauß/ und sagte: Wolan/ es sey dar- um/ ich wil diesen Cavallier von seiner Schuldigkeit loßsprechen/ wann er mir einen andern stellet/ der mir das Jenige Bescheid thue/ was ich getruncken habe. Den Mann wil ich euch stellen/ sprach Condado, und hiermit lenckete er sich zu dem Amtmann/ welchen er bathe/ den Cerebacchium herbringen zu lassen/ so wuͤrde er Wunder sehen/ und seine Kurtzweil haben. Die- Romans II. Buch. Dieser sandte also hin/ und ließ den Gefangenen loß/ welcher in dem Adelichen Hof erschiene/ und al- sobald neben Klingenfeld an die Tafel gesetzet ward. Bergering sahe ihn an/ und sprach: Seyd ihr der Mann/ der mir Bescheid soll thun? Cerebacchius ant- wortete: So viel ich immer kan. Hiermit langete er nach einem grossen Stuͤck Fleisch/ und asse solches gantz auf: Auf einen uͤbeln Tag/ sprach er/ gehoͤret ein guter Abend. Darnach griffe er/ jedoch mit Per- mission der Gaͤste/ die ihren Gefallen daran hatten/ nach einer gebratenen Ganß/ welche noch nicht ange- schnitten war/ dieselbe zertheilete er in 8. Theile/ und machte so viel Mund voll darauß. Bergering rieff jetzo: Jhr koͤnnet wol fressen/ aber ihr muͤsset mir diese Kanne Wein einmahl Bescheid thun? Non possum simul flare \& sorbere, war die Antwort. Hiermit langete er nach einer Schuͤssel voll Krebse/ die er mit Schaalen und allem in den Magen schobe. Dar- nach sahe er die Kanne an/ und sprach zu Bergering: Diese Krebse haben warlich in einem groͤssern Be- haͤlter gelebet/ als diese Kanne Weins ist/ langet mir ein Geschirꝛ/ daß ich einen guten rechtschaffenen Lab- Trunck thun moͤge. Hieruͤber machten die andern grosse Augen/ aber Cerebacchius erblickete auf dem Schenck-Tisch einen irꝛdenen Krug/ darein 2. Maaß giengen. Dieser war voll Weins/ und nach dem man ihm denselben gereichet/ brachte er dem Bergering die Gesundheit der Lucretia zu/ setzte darauf an/ und zog ihn in einem Athem so rein hinein/ daß nicht ein Troͤpfflein umkam. Er ließ den Krug wieder fuͤllen/ und hielte ihn dem Edelmann dar/ aber derselbe bekennete daß sich Condado durch diesen Menschen rechtschaffen ge- rochen. Cerebacchius aber fieng von neuem an zu schmaussen/ Deß Academi schen schmaussen/ und asse noch 8. Raͤbhuͤhner/ samt einer grossen Schuͤssel voll Sallat auf. Darnach foderte er einen guten Trunck starcken Aquavit, und als man ihm solchen in einem Glaß gereichet/ setzete er es an den Mund/ und soffe es hinein/ wie Wasser/ ohner- achtet eine Noͤsel darinn war. Endlich griffe er zu Butter und Kaͤse/ begruͤssete hernach den Bergering/ um seine Weinkanne/ und als ihm Klingenfeld erzeh- let/ daß sich dieser so groß darbey gehalten/ da er sie 2. mahl nach einander außgetruncken/ da wandte er sich zu Condado, und sagte: Mein Herꝛ/ auf eure Ge- sundheit/ und dem Bergering zur Nachricht/ trincke ich diese Kanne 3. mahl nach einander auß/ er ließ sie auch einschencken/ und hielte sein Wort redlich/ zu Je- der manns hoͤchster Verwunderung/ und Bergering schaͤmete sich am allermeisten/ als der sonsten den Ruhm gehabt/ (wann es anders ein Ruhm zu nen- nen) daß er der staͤrckeste Trincker im gantzen Can- ton Glaris sey. Cerebacchius erblickete endlich den Muͤnch/ der mit den Reformi rten Leuten auß jenem Dorff ihm das Wort geredet hatte/ diesem lachete er jetzo freundlich zu/ und sprach: Bruder/ wann wollen wir wieder in euer Kloster kehren/ da sie so starcke Mahlzeiten thun? Der Muͤnch aber schwieg still/ und lachete. Das II. Capitul/ Allhier fraget man/ was an einem Manns-Bilde am hoͤch- sten zu preisen/ ein guter Verstand/ ein fertiges Judicium, oder eine herꝛliche Courage. U Ber der Tafel wuͤnschete Lucretia, daß sie doch wol wissen moͤchte/ wo ihr Belligny geblieben sey? Aber Condado troͤstete sie/ daß sich derselbe zu seiner Zeit/ und wann die Zeit sei- nes Truͤbsals zu Ende/ auch schon wieder bey ihr ein- finden Romans II. Buch. finden wuͤrde. Er forschete unterdessen weiter/ ob sie wol dem Vantenay den Tod wuͤnschete? Sie aber sprach/ nein/ sondern es waͤre Schade/ daß dieser Mensch schon sterben solte/ er moͤchte sich mit der Zeit etwa noch bessern/ und auf einen richtigen Weg kom- men/ er war hefftig verliebet in mich/ aber er muste keine Gewalt an mir brauchen. Seine Tapfferkeit und Courage wird von Jedermann gepriesen/ aber ich ziehe dieser den fertigen Verstand meines edlen Belligny weit vor. Klingenfeld sprach jetzo: Es ist/ meine Hoch-Edle Jungfrau/ eine gar wichtige Fra- ge/ welches an einem Manns-Bild am hoͤchsten zu schaͤtzen: Ein fertiger Verstand/ ein gutes Judicium, oder eine unerschrockene Courage und Hertzhafftig- keit? Saget uns eure Meynung mit einem guten Grund/ womit wollet ihr es wol halten? Lucretia ließ auß folgendem Discurs, den sie zur Antwort herfuͤr brachte/ gnugsam blicken/ daß sie ihre Zeit nicht uͤbel angewandt/ sondern ihr gute Buͤcher und Schrifften gelehrter Leute trefflich hatte angelegen seyn lassen. Das Menschliche Leben/ sprach sie/ ist so vielen ge- faͤhrlichen Zufaͤllen unterworffen/ daß sie der Mensch schwerlich alle absehen kan. Und wann er es gleich et- licher Massen thun koͤnte/ muste es doch nur durch den Verstand und Begriff der Dinge so ihm ankom- men/ geschehen/ welche er dem Judicio, wie er nemlich sie begriffen/ vorstellet/ ohne welche klare und richti- ge Vorstellung oder Repræsentation das Judicium zu Vorkommung allerhand Accidenti en nichts thun kan. Ein Richter vermag kein Urtheil zu faͤllen/ ehe und bevor die Advocat en und Procuratores ihme ihrer Parthey Sachen außfuͤhrlich deduci ret/ und ihrer beyderseits Intention und Absehen zu erkennen ge- ben haben/ damit er wissen moͤge/ zu welchem Theile N n er Deß Academi schen er sich wenden/ und wem er favorisi ren solle/ oder nicht? Die Advocat en und Procurator en aber koͤn- nen nichts Kuͤnfftiges vorstellen/ wo sie nicht mit ei- nem Sinn-reichen Verstand/ und subtil en klaren Begriff vieler Sachen begabet sind. Daß also das Judicium ohne den Sinn-reichen Verstand/ der ihm alles vortragen muß/ nichts nuͤtze; Und zwar eben so wenig/ als die Hertzhafftigkeit fuͤr eine Tugend zu ach- ten/ wann kein Verstand darbey ist/ sintemahl die Courage ohne den Verstand nur ein Bestialisches Wuͤten und Verwegenheit ist/ wordurch wir uns selbsten zur ungelegener Zeit in Gefahr stuͤrtzen/ dar- an dann Niemand Gefallen haben kan. Hingegen thut der Sinn-reiche Verstand alles mit einer An- nehmlichkeit/ und giebt allen Dingen ein Ansehen/ ohne Sinn-reichen fertigen Verstand reimen sich alle Dinge so uͤbel/ als wie der Trojaner ihre Condolen tz/ oder Leydes-Beklagung/ bey Tiberio uͤber deß Ger- manici Tod/ welche sie allererst nach Verfliessung Jahr und Tag zu Rom ablegeten; Worauf selbiger Kaͤyser mit einer artigen Replique und Antwort ih- nen hinwiederum den Verlust deß Hectoris, eines Mit-Buͤrgers/ der vor vielen hundert Jahren im Krieg wider die Griechen vom Achille erschlagen worden/ mitleydentlich beklagete. Dann die Fertig- keit deß Verstandes kom̃t einem bey allen Discurs en und Action en zu statten/ wordurch man in einem Augenblick mit einem wol-gesprochenen Wort/ mit einem angenehmen Gelaß/ mit einer ge- ringen Action, ins gemein mehr außrichtet/ als wann wir lange daruͤber speculi ret/ und es in die Laͤnge und Queere uͤberleger haben/ was wir thun/ oder reden sollen; Nun ist vielmehr die Fertigkeit im Thun und Reden eine Eigenschafft deß Sinn-reichen Verstandes/ als eine Wuͤrckung deß Judicii, oder ein Effect Romans II. Buch. Effect und Krafft der Hertzhafftigkeit; Obgleich alle diese Tugenden und Gaben der Seelen in allen gros- sen und heroischen Action en deß Menschen/ dergestalt an einander verknuͤpffet seyn/ daß man sie keines We- ges trennen/ oder von einander separi ren kan. Der Sinn-reiche Verstand deß Menschen/ hat uns durch seine vielfaͤltige und herꝛliche Erfindungen auß einem/ der unvernuͤnfftigen Thiere nicht unaͤhnlichem Leben/ herauß gezogen/ und uns die Kleider/ Haͤuser und Nahrung/ ja/ mit einem Wort zu sagen/ alle Be- quemlichkeiten dieses Lebens zuweg gebracht/ und zu- gleich die Art und Weise mit Leuten umzugehen ge- lehret. Damit man aber desto besser hiervon urthei- len moͤge/ so betrachte einer nur eine Gesellschafft 3. unterschiedlicher Leute/ deren einer einen Sinn- reichen Verstand/ der andere ein reiffes Judicium, und der dritte grosse Courage hat; So wird er befinden/ daß dieser Letzte nichts wird vertragen koͤnnen; Der Judicieuse aber wird nichts/ oder doch gar wenig/ re- den; Der Dritte aber wird die gantze Compagnie durch seine artige Einfaͤlle erlustigen. Traͤget es sich auch zu/ daß 2. in der Compagnie unter sich streitbar werden/ so wird der Jenige/ welcher den Sinn-reichen und fertigsten Verstand unter ihnen hat/ bald Mittel finden/ sie zum Vergleich zu bringen. Da ein Judi- cieus er mannichmahl so viel Fuͤrsichtigkeit gebrau- chet/ daß die Klage daruͤber alt wird/ und hernach nicht so leicht/ wie stracks Anfangs haͤtte geschehen koͤnnen/ beygeleget wuͤrde. Jm Krieg wird ein Be- hertzter sich viel eher in die Gefahr stuͤrtzen. Ein Ju- dicieus er wird eine Entreprise gar leicht außstellen/ und sich so lange daruͤber bedencken/ ob sie thunlich sey/ oder nicht? Da sie indessen wol 2. mahl haͤtte koͤnnen werckstellig gemacht werden/ woruͤber dann N n 2 die Deß Academi schen die beste Gelegenheiten verlohren gehen. Ein Sinn- reicher Geist hingegen wird oͤffters eine Stadt gantz allein defendi ren/ wie wir an dem Archimede gesehen haben; Oder wird ihr/ da er eine belaͤgert/ mit seinen Erfindungen mehr Schaden zufuͤgen/ als tausend an- dere mit ihren Faͤusten haͤtten thun koͤnnen; Gestalt solches auch noch heutiges Tages die Stratagemata, deren man sich gebrauchet/ und mehr mit ihnen auß- richtet/ als man mit offentlicher Gewalt thun kan/ er- weisen. Eines aber der Artigsten/ so uns beschrieben/ ist deß Eumenis, wordurch er deß Antigoni Practiqu en begegnet; Dieser hatte in deß Feindes Lager lassen Zettel außstreuen/ darinnen er dem Jenigen/ welcher den Eumenem ums Leben bringen wurde/ eine ansehn- liche Summa Geldes versprochen. Hierdurch wur- den etliche von deß Eumenis Soldaten wider ihn auf- gewickelt/ und zu den Gedancken gebracht/ daß sie ihm den Rest geben wolten; So bald aber der Eumenes in Erfahrung bracht/ daß dergleichen Zettel unter sei- nen Leuten außgestreuet waren/ ließ er sie zusammen beruffen/ und eroͤffnete ihnen/ was Massen er verstaͤn- diget worden/ ob solten einige seiner Leute/ ein Dessein auf seine Person haben/ welches ihn verursachet/ gewisse Zettel unter deß Antigoni Namen außzu- streuen/ um zu sehen/ ob er dardurch die Jenigen/ die solches vorgehabt/ entdecken koͤnte. Nachdem er aber saͤhe/ daß keiner unter ihnen waͤre/ der dergleichen leichtfertiges Gemuͤth gehabt haͤtte/ bedanckte er sich gegen sie allerseits/ der guten Affection, die sie zu ihm truͤgen; Und brach also durch seinen Sinn-reichen Fund dem Feind fuͤr dißmahl sein Vorhaben. Zu Wasser/ bey einem unversehenen Sturm und Wind- Wuͤrbel keinen Schiffbruch zu leyden; Jn unversehe- nen Kriegs-Faͤllen zu Land sich fuͤr Schaden zu huͤten; Bey Romans II. Buch. Bey Veraͤnderung der Mode oder Manieren in Kleidern/ alsobald die Schoͤnste und Beste zu erwaͤh- len/ darzu ist ein Sinn-reicher und fertiger Verstand viel noͤthiger und nuͤtzer/ als das Judicium. Ja der Sinn-reiche Verstand ist bey Maͤnniglichen in so hohem Werth/ daß man in denselben gemeiniglich alle Vollkom̃enheit der Seelen begreiffet/ und wann man von einem in Frantzoͤsis. Sprache saget/ daß er einen Sinn-reichen Verstand oder Esprit hat/ so ver- stehet man dardurch ausser den Gaben deß Leibes/ alle Vollkommenheit/ die man von einem Menschen er- zehlet/ oder erdencken kan. Halte demnach darfuͤr/ daß er billich so wol dem Judicio, welches nur in Din- gen/ darinnen die Discretion oder Bescheidenheit von- noͤthen/ als der Hertzhafftigkeit/ die bloß in Gefahr Statt hat/ solle vorgezogen werden. Hierauf sprach Condado: Er hielte darfuͤr/ daß die Hertzhafftigkeit so wol dem Sinn-reichen Ver- stand/ als dem Judicio, muͤste vorgezogen werden. Damit man aber um so viel besser hiervon urtheilen koͤnte/ wolte er vorhero kuͤrtzlich erwehnen/ worinnen die Hertzhafftigkeit eigentlich bestunde/ und nach- mahls die Ursachen andeuten/ so ihn bewogen/ der Hertzhafftigkeit den Vorzug zu uͤberlassen. Was das Erste belanget/ koͤnte man daran einen behertzten Kerl erkennen/ wann er alles ohne Verwegenheit anfienge/ und es sonder Furcht hinauß fuͤhrete/ dann er stellete sich die Gefahr jedes mahl viel groͤsser vor Augen/ als sie waͤre/ damit er sich mit einer desto staͤrckern Reso- lution dargegen fassen koͤnte; Und wann er sich ein- mahl zu etwas resolvi ret haͤtte/ waͤre es unmoͤglich/ ihn wieder darvon abzubringen. Seine Hertzhafftig- keit kaͤme nicht auß Erfahrung/ noch auß Noth/ noch auß der Hoffnung/ etwas zu gewinnen/ her/ viel weni- N n 3 ger Deß Academi schen ger auß einiger Unwissenheit und Dum̃heit/ sondern/ wann er nach Erwehnung der Gefahr befinde/ daß seine Ehre erfordere/ ihr zu widerstehen/ so thaͤte er solches auß blossem Respect der Tugend/ und erwiese sich unermuͤdet/ alle Last und Arbeit außzustehen/ ja selbst unuͤberwindlich biß in den Tod. Er vergnuͤgete sich nicht darmit/ daß er eine gute und gerechte Sache haͤtte/ sondern er nehme ihm auch vor/ solche durch gu- te und gerechte Mittel außzufuͤhren; Waͤren aber gedachte Mittel den Gesetzen deß Vatterlandes zu- wider/ stuͤnde er lieber von seinem habenden Recht ab/ als daß er denselben irgends worinn zuwider leben solte. Worauß unsere Balger und Duellist en abneh- men koͤnnen/ daß sie der wahren Ehre verfehlen/ und nur deren Schatten nachjagen; Alldieweil die Ehre und die Gerechtigkeit/ oder der Gehorsam/ gegen die Gesetze allezeit neben einander gehen muͤssen. Seine aͤusserste Zuflucht haͤtte er zu dem Degen/ er fuͤhrete ihn aber nicht so sehr/ andere zu attaqui ren/ als sich selbst darmit zu defendi ren/ und thaͤte es dannoch allezeit gleichsam gezwungen/ und wann kein ander Mittel vorhanden/ seine und seines Naͤchsten Ehre und Leben zu retten. Dahero fuͤhrete Niemand den Degen mit groͤsserer Zierde/ oder Gewißheit/ als er/ weil ihm nimmer etwas vor den Augen schimmerte/ das ihn auß einer guten Stellung deß Leibes oder Be- wandtnuͤß deß Gemuͤths bringen solte/ es guͤlte ihm alles gleich/ auf was Weise er sterbe/ und erwaͤhlete deß wegen nicht/ diesen oder jenen Tod/ sondern er ge- be sich williglich in den/ der ihm am ersten vorkaͤme. Ja/ es taurete ihn mehr nicht/ als daß ihm dardurch die Mittel benommen wuͤrden/ seinem Herꝛn/ oder seinem Vatterland/ weiter treue Dienste zu leisten. Waͤre er so ungluͤcklich/ daß er gefangen/ oder irgend in Nomans II. Buch. in Dienstbarkeit gefuͤhret wurde/ befreyete er sich nimmer durch den Tod/ gleich wie Cato, und andere mehr/ gethan/ und dardurch vielmehr ein Zeichen ih- rer Zaghafftigkeit/ als ihrer Courage, an Tag gegeben haͤtten; Sondern er machte es allezeit so/ daß er auch in seiner groͤssesten Dienstbarkeit frey zu seyn scheine- te; Ja/ er behielte ihn noch in seinem Hertzen und Gedancken/ mannichmahl auch in großmuͤthigen Discurs en/ fuͤr/ dermahleins uͤber die Jenigen zu herꝛ- schen/ und zu gebieten/ die ihn in seiner Gewalt haͤt- ten. Endlich/ er gewinne/ oder verliere/ so liesse er sei- nen Muth niemahls fallen/ sondern bliebe allezeit/ der er gewesen/ und ihm selber durchgehends aͤhnlich und bestaͤndig/ in allem seinem Thun und Vorhaben. Hierzu aber zu gelangen/ gehoͤret etwas anders/ als die Gestalt und Gebaͤu deß Leibes/ oder als eine grosse Hitze (wann sie gleich so groß waͤre/ als bey dem Leo- nida von Sparta, oder bey dem Kaͤyser Matthia, oder als sie bey den See-Raͤubern geweseu/ welchen die Venetianer zu Gradisque lebendig die Haut abziehen liessen/ welche alle 3. befunden wurden/ das Hertz gantz rauhaͤrig zu haben/) nemlich eine heroische Seele/ die dem Leib Krafft gibt/ und ihn bewegen. Nachdem wir nun gesehen/ worinnen die Hertzhafftigkeit bestehe; Muͤssen wir auch dieses consideri ren/ daß auß dem besondern Respect, darinn die Hertzhafftigkeit bey Je- dermaͤnniglichen ist/ sich ins gemein andere Leute nach behertzten Menschen richten. Ja/ man wird in Versammlung fuͤrnehmer und verstaͤndiger Leute in Acht nehmen koͤnnen/ daß einem weder die scharffsin- nige Invention, noch die judicieuse Disposition eines Discurs es/ nichts wird helffen koͤnnen/ wann er nicht das Hertz hat/ das Maul aufzuthun/ und ungescheuet zu reden. N n 4 So Deß Academi schen So hilfft und dienet auch die Courage zur In- vention, daher saget man nicht allein in den Gericht- Stuben in Franckreich: Au barreau, sondern auch sonsten uͤberall/ wann einer etwas redet oder thut/ das von Jedermann gelobet wird/ daß es eine loͤbliche Kuͤhnheit gewesen sey/ und wann sie gleich sonst nir- gends mehr in ihrem Werth/ so ist sie doch im Krieg der Aller-Majestaͤtischten und gewaltigsten Dinge eine auf Erden/ und besitzet den Schau-Platz aller heroischen Tugenden in ihrem hoͤchsten Flor und Wuͤrden/ und wird ihr gegentheiliges Laster/ die Zag- hafftigkeit/ am hoͤchsten gestraffet/ da hingegen die Fehler deß Verstands und deß Judicii leichtlich uͤber- sehen werden/ wordurch eben dieses zu verstehen ge- geben wird/ daß man die Hertzhafftigkeit so wol dem Sinn-reichen Verstand/ als dem scharffen Judicio vorziehe/ dieweil an Jener mehr/ als an diesen Bey- den gelegen. Der Amtmann sagte: Die Jenigen/ so einen Sinn-reichen Geist und Hertzhafftigkeit uͤber das Judicium deß Menschen erheben wollen/ und ihres guten Urtheils sich darzu gebrauchen/ daß sie solche ihre Proposition mit aͤusserlichen Argument en dar- thun und beweisen/ dieselbe behaupten eben damit/ daß das Judicium den andern beyden Gaben fuͤrzu- ziehen sey. Dann/ wann sie auch gleich erhielten/ was sie erweisen wollen/ so wurde man es nur ihrem gu- ten Judicio zuschreiben/ und sie deßwegen æstimi ren/ daß sie kraͤfftigere Argument en erwaͤhlet haͤtten/ als etwan andere fuͤhreten/ die dem Judicio den Vorzug disputi ren wolten. Wir sehen es allezeit in dem Lauff der Welt/ daß ein Richter mehr ist/ als ein Advocat, und der Sinn reiche Verstand kan sich nur mit die- sem Letztern vergleichen/ dann er stellet dem Richter/ oder Romans II. Buch. oder dem Judicio, die Beweiß-Reden vor/ wordurch er zu seinem Zweck zu gelangen gedencket. Und es ist unstreitig/ daß die Hertzhafftigkeit ohne dem Judi- cio nur eine Brutalit aͤt/ und keiner Tugend Namen meriti ret; Ohne dem Judicio ist der Sinn-reiche Verstand/ und alle seine Invention en nur Castelle in der Lufft/ und eitele Phantasi en/ die einem Hauß so in lauter Windelstiegen bestehet/ und worinn sonst kei- ne Gemaͤcher noch Kammern/ wol koͤnnen verglichen werden. Dann die Invention en/ worbey kein Judi- cium ist/ bleiben nimmer auf etwas gewisses/ sondern huͤpffen allezeit von einem Zweig/ oder von einem Fund auf den andern/ wie die Eych-Hoͤrner. Gar selten nutzen sie auch den Erfindern so viel/ als dem/ der ein gutes Judicium hat/ und sie recht zugebrauchen weiß/ und wird man die meisten Sinn-reiche Inven- tion en finden bey denen/ die am wenigsten in der Pra- ctique geuͤbet sind/ dann die Unerfahrenheit machet/ daß man viel Dinge in der Speculation leicht zu seyn erachtet/ die in der Practique unmoͤglich seyn/ und die derohalben ein Practicus nimmer leichtlich annehmen/ sondern manchmahl alsbald verwerffen wird. Ja es wird einem sein reicher Verstand nichts helffen/ wann er kein Judicium hat/ sich dessen zuge- brauchen/ wie oͤffters geschicht; Ausser dem fehlet es einem Narren manchmahl nicht an Scharffsinnig- keit etwas zu reden oder zu thun/ sondern es wird vielmehr der noch bey ihm uͤbrige Verstand durch die Hertzhafftigkeit/ und diese durch die Hitze der Phrenesie, oder beginnenden Wahnsinnigkeit/ ge- schaͤrffet/ und actionabl er gemacht/ als bey andern. Also fehlet ihnen nichts/ als das Judicium, und wer- den sie eben deßwegen/ weil es ihnen daran mangelt/ Narren genennet. Die Thiere haben gemeiniglich N n 5 mehr Deß Academi schen mehr Courage, als die Menschen/ und unter den Men- schen findet sichs/ daß die behertzte nicht allemahl das beste Urtheil haben. Ja/ man siehet/ daß nach der Maß das Quecksilber deß behenden thaͤtigen Ver- standes und der feurigen Courage, durch die Weiß- heit und Judicium, so die Jahre mitbringen/ figi ret wird/ je minder sie Sinn-reich sind/ je weniger bege- ben sie sich in Gefahr/ darein sie sich durch Verleitung der Jugend und durch Mangel der Erfahrung zu stuͤrtzen pflegten. Jm Krieg nutzten alle Invention en und die Hertzhafftigkeit selbsten nichts/ sondern sind vielmehr schaͤdlich/ wann man kein Judicium hat/ sie recht anzuwenden. Die Warheit zu sagen/ ein Judi- cieus er bedarff nicht vielerley Invention en/ sondern er kan ihm selber helffen/ auch mit einer einigen guten Maxime, und er hat so viel Hertzhafftigkeit/ als ihm vonnoͤthen thut/ dann das Judicium selbst saget es ihm in Gefahren; Periculum sæpè numero audacia discutiendum esse, wolle er ihr entgehen/ daß er be- hertzt hindurch dringe/ und sie also uͤberwinden wer- de. Wird also/ wann man von einem saget/ daß er ein gutes Judicium habe/ darunter verstanden/ oder præsupponi ret/ daß er auch zugleich Sinn-reich und behertzt sey/ das Widrige aber erfolget nicht/ daß nemlich ein Sinn-reicher und Behertzter auch alle- mahl ein gutes Judicium habe/ dann man siehet viel behertzte Leute/ die weder Verstand noch Judicium, und hingegen viel/ die einen Sinnreichen Geist/ dar- neben aber weder Hertz noch Judicium haben. Klingenfeld dargegen wandte ein: Weil alle unsere Action en von einer Creatur/ darinnen alle er- schaffene Dinge/ als in einer kleinen Welt begriffen seyn/ herruͤhren/ und die man derohalben etlicher mas- sen/ wie ein Compositum, oder zusammen gesetztes Werck/ Romans II. Buch. Werck/ oder vielmehr ein Extract, oder Quinta Essen tz deß gantzen Universi consideri ren kan/ so ist es un- moͤglich/ daß einige Menschliche Action solle ge- funden werden/ darzu nicht unterschiedliche Facult aͤ- ten oder Kraͤffte der Seelen das Jhrige contribui rten und beytruͤgen/ und koͤnnen derohalben die jenige Action en nicht anders als presthafft seyn/ worbey nicht zugleich ein Sinn-reicher Verstand/ ein gesun- des Urtheil/ und eine grosse Courage zu verspuͤhren. Wann man aber die drey jetzt-gedachten Facult aͤten der Seelen mit einander vergleichen wil/ so ist der Sinn-reiche Verstand der Anmuthigste/ das Judi- cium das Nutzlichste/ und die Courage die Ansehn- lichste/ oder am meisten zu æstimi ren. Mit diesem Discurs, welchem Bergering gar genau zugehoͤret hatte/ endigte sich zugleich die Tafel/ dahero stunden die Gaͤste auf/ und nachdem der Amt- mann seinen hoͤflichen Abschied genommen/ gieng er seines Weges/ Cerebacchius aber nahm noch eine Kanne mit Wein/ und brachte sie dem Bergering zum Schlaff Trunck/ soffe sie auch ohne niedersetzen rein auß/ und also muste Jener bekennen/ daß er bey diesem seinen Meister gefunden haͤtte. Darauf ward ihnen allerseits ihre Schlaff-Stelle angewiesen/ daß sie sich zur Ruhe legten/ welcher sie nunmehro benoͤ- thiget waren/ insonderheit war Cerebacchius froh/ als er einmahl wieder auf ein weiches Feder-Bett zu ligen kam/ dann/ wie er sagte/ so hatte er lange Zeit nicht darauf ruhen koͤnnen. Als der folgende Mor- gen anbrach/ erhub sich Condado auß dem Lager/ we- ckete seine Gefaͤhrten auf/ und machte sich bereit/ fer- ner zu gehen/ als sie aber herunter tratten/ kam ihnen die holdseelige Lucretia entgegen/ und bathe ihn/ daß er zum wenigsten diesen Tag noch bey ihr bleiben und auß- Deß Academi schen außruhen moͤchte/ sie wolle ihn alsdann an seiner Raͤyse weiter nicht hindern. Condado muste solches endlich nach vielem hoͤflichen noͤthigen Zusagen/ des- sen sich dann Niemand mehr/ als Cerebacchius freue- te/ dann derselbe hatte schon erfahren/ daß er allhier seine rechte Waͤyde ohne seines Herꝛn Unkosten an- getroffen hatte. Das III. Capitul/ Cerebacchius erzehlet seine Ebentheuer Er wird bestohlen/ kommt aber wieder zu dem Seinigen. Bestiehlet einen andern/ aber ungluͤcklich. Kommt wegen eines Esels in Vngelegenheit. Bellign stellet sich ein. B Ergering aͤnderte sich nunmehro gantz und gar/ und hielte sich sehr freundlich zu seinen Gaͤsten/ er noͤthigte sie mit in den schoͤnen Gar- ten/ der neben dem Adelichen Hauß lag/ hierinn war ein schoͤner Teich/ darinn allerhand schoͤne Fische in grossem Uberfluß zu finden/ wormit sie ihre Lust hat- ten. Condado aber wolte anjetzo wissen/ wie es dem Cerebacchio seithero ergangen waͤre/ dahero giengen sie in eine gruͤne Laube sitzen/ und Cerebacchius be- gunte in seiner Rede folgender Gestalt: Als ich jenes mahls dem gesehenen Liecht im Walde nachritte/ sahe ich nichts anders/ als den schoͤnsten Weg vor mir/ biß sich bald hernach/ da ich euch schon verlohren hatte/ dieses Liecht gaͤntzlich vor mir verbarg. Damahl kam ich mit meinem Pferde in einem Morast zu sitzen/ der so tieff/ daß es dem Pferd ohnmoͤglich war/ mich wie- der herauß zu schleppen/ sondern je mehr es arbeitete/ je matter es ward/ daß es endlich zu sincken begunte/ ich sprang vom Pferde endlich herunter/ und wattete so lang/ biß ich endlich/ wiewol mit grosser Muͤhe/ her- auß kam/ da stunde nun Cerebacchius, aber so naß/ als eine Katz/ welche den Fischen eine halbe Meile im Strohm nachgeschwummen. Aber/ Romans II. Buch. Aber/ was solte ich machen/ ich muste es die Nacht so außhalten/ wiewol in lauter Zittern und Zaͤhnklappern/ doch gieng ich staͤts auf und ab/ biß endlich der helle Morgen anbrach/ da gieng ich so lang/ biß ich endlich gegen Mittag auß dem Walde kam/ da gieng ich auf einen hohen Berg/ und sahe mich um/ biß ich eine Thurn-Spitze ersahe/ darnach gieng ich zu/ und kam in eine Herberge/ darinn ich mich wie- der recht durchfraß/ dann mein Magen war so ledig/ daß nicht ein einziges Kruͤm̃lein Brodt mehr darinn zu finden war. Damahl kam ein huͤbscher junger Mensch zu mir/ welcher mich fragete/ wo ich hin ge- daͤchte? Jch sprach/ daß ich gerne nach Chur wolte/ darauf offeri rte er sich/ mir den Weg zu zeigen/ in- massen er auch daselbst zu thun haͤtte. Also machten wir uns Nachmittags wieder auf den Weg/ und er- reicheten eine huͤbsche Herberge/ darinn wir uns recht guͤtlich thaͤten/ dann ich hatte mich recht muͤde gegan- gen/ und wie es Zeit war/ da legten wir uns schlaffen. Mein Gefaͤhrte lag zwar mit mir in einer Kammer/ aber er wolte sich nicht außziehen/ fuͤrwendend/ es sey seine Gewohnheit nicht/ in einer unbekandten Her- berge sich zu Bette zu legen/ welches ich damahl nicht weiter bedachte/ sondern wickelte mich fein huͤbsch ein/ undschlieff getrost/ danckete auch dem Him̃el/ daß ich nunmehro eine gantz andere Nacht wieder erlebet hatte/ als die vorige gewesen war/ welche ich in der allerhoͤchsten Angst und Beschwerlichkeit zugebracht hatte. Aber als die Sonne am folgenden Tag herfuͤr brach/ da sahe ich/ was fuͤr einen fuͤrtrefflichen Ge- faͤhrten ich gehabt hatte. Jch stund auf/ und suchte ihn/ aber er war weg/ dahero gieng ich hinunter/ und fragete nach ihm/ aber es wuste mir Niemand von dem Buben etwas zu sagen/ dann er war in der Nacht auß Deß Academi schen auß dem Fenster gestiegen/ und hatte sich unsichtbar gemacht. Jch dachte endlich/ es waͤre mir an seiner Gesellschafft nicht sonders viel gelegen/ ließ mir dem- nach ein gutes Fruͤhstuͤck langen/ und als ich solches zu Leibe genommen/ wolte ich bezahlen/ und meines Weges weiter gehen/ aber als ich nach dem Geld suchte/ war alles weggefischet/ und der leichtfertige Bube hatte mir all mein Geld gestohlen. Jch wuste nicht/ wie ichs machen solte/ ich bate den Wirth/ er moͤchte mir die Zech schenken/ aber er lachete uñ sprach: Jhr sollet mir nicht allein eure Gebuͤhr vor 3. Personen/ so viel habt ihr allein gessen und getrun- cken/ sondern auch vor euren Schlaff-Gesellen bezah- len/ oder ich wil euch alsobald ins Gefaͤngnuͤß werffen lassen. Jch fragte/ wie ich es dann machen solte? Er antwortete: Fort/ ziehet mir euren Rock auß/ an die- sem wil ich mich schon bezahlet machen/ wann ich die silberne Knoͤpffe darvon verkauffe. So gesagt/ so ge- than/ er griff mich nebst seinem Knecht an/ und zohe mir meinen Rock mit Gewalt ab/ warff mir dargegen einen alten zerlumpeten Rock dar/ an dem ich die Farbe nicht recht erkennen kunte/ diesen muste ich an- ziehen/ wolte ich anders nicht mit blosser Brust und Leibe gehen/ und weil er mir nicht ein Bißlein Brods mit auf den Weg geben wolte/ war ich recht bekuͤm- mert/ dann mich hungerte schon nach einem Fruͤh- stuͤck/ und muste also nuͤchtern zum Hauß hinauß gehen. Mit was fuͤr einem Gemuͤthe ich den Fuß uͤber die Schwelle gesetzet/ kan ein Jeder leicht erachten/ ich gieng darauf den Weg/ den mir die Leute in dem Dorff bezeichneten/ daß er mich nach Chur fuͤhren solte. Wie ich aber nur eine Viertel-Stunde fort- gegangen war/ kam ein Mann von einem sehr hohen Berge Romans II. Buch. Berge hernieder in den Thal zu mir gelaussen/ und ich erkannte bald/ daß dieser mein Diebischer Schlaff- Gesell war/ der mir in voriger Nacht meine Tasche so wacker gefeget hatte. Dannenhero wolte ich ihn mit rauhen Worten anfahren/ aber er kam mir zuvor/ und sagte: Seyo willkommen/ mein liebster Freund/ ihr meynet wol/ ich sey euch diese Nacht untreu wor- den/ und habe euch euer Geld gestohlen. Ach nein/ ich habe euer Geld vor euch bewahret/ der Wirth haͤt- te es euch doch sonsten alles abgeschneutzet/ dann ich kenne seinen Geitz wol/ habt ihr gleich euren Rock im Stich gelassen/ den wollen wir wol wieder kriegen/ und noch mehr darzu/ dann weil der Wirth so unver- schaͤmt ist/ so muß er dessen Straffe leyden/ kommet/ lasset mich nur rathen. Hiermit uͤberreichte er mir meinen Beutel mit den 2. Ducaten an kleinem Gel- de/ so viel hatte ich von Padua noch uͤbrig behalten. Jch wuste nicht/ wie ich mich in diesen Menschen fin- den solte/ er aber lachete mir freundlich zu. Jst es nicht also/ sprach er/ euer Geld waͤre jetzo in deß Wirths Gewalt/ wann ich es nicht zu mir gestecket/ und darvon gangen waͤre? Das glaub ich wol/ war meine Antwort/ aber mein Rock war mir lieber/ als diese wenige Pfenninge. Er aber replici rte/ darum habe ich mich auf diesen hohen Berg geleget/ damit ich euch auß dem Dorff moͤchte kommen sehen/ und alsdann zu euch gienge/ ferner von der Sache zu re- den. Nun wolan/ euer Rock ist fort/ aber seyd zufrie- den/ ehe der Mittag kommet/ sollet ihr ihn wieder ha- ben. Hiermit fuͤhrete er mich nach einem andern Thal/ zu einem alten Hauß/ darinn die Hirten in der heissen Mittags-Zeit das Vieh zu treiben pflegten/ um sich darinn zu erkuͤhlen. Weil nun kein Mensch darinnen wohnete/ giengen wir hinein/ und mein Ca- merad Deß Academi schen merad schlug Feuer/ zuͤndete das haͤuffig darinnen ligende Stroh an/ und lieff so geschwind/ als er kun- te/ mit mir nach einem Berg/ der nahe bey dem vori- gen Dorff lage. Also gerieth das Hauß bald in Brandt/ und man ruͤhrete die Sturm-Glocke im Dorff/ da dann Groß und Klein/ Mann und Weib hinauß lieffen/ das Hauß der Gemeinde zu retten/ wir lagen inzwischen auf dem Berg/ und sahen dem Handel zu. Nachdem endlich die Leute meist auß dem Dorff verlauffen/ sprach mein Camerad: Nun auf/ mein Bruder/ jetzo muͤssen wir auf unserer Hut seyn/ hier- mit lieff er mit mir den Berg hinab/ und wir giengen darauf sachtmuͤthig in das Dorff nach dem Wirths- Hauß/ darinn nur zwey kleine Kinder/ und eine alte Mutter war. Jene kunten uns nicht verrathen/ aber die alte Mutter ward von uns in einen tieffen Keller gesperret/ und ihr der Tod gedrohet/ wofern sie den allergeringsten Laut von sich geben wuͤrde. Darauf visiti rte mein Gesell das Hauß/ und uͤberreichete mir zuforderst meinen Rock/ welchen ich anzog/ er schlug einen Kasten auf/ und steckete einen Beutel mit Geld zu sich/ gieng hernach in den Keller/ und langete zween grosse irdene Kruͤge/ welche er auß einem guten Wein- Faß anfuͤllete/ in der Speise-Kammer fand er einen rohen Schincken und schoͤne Bratwuͤrste/ darvon er einen guten Partickel nahm/ und alles in einen lan- gen Sack steckete/ gieng hernach in den Stall/ und zog ein junges Pferd herauß/ darauf legte er die Last/ setzete sich auch selber darauf/ und noͤthigte mich/ das andere Pferd zu nehmen/ aber mir war bang vor ei- nem boͤsen Außgang/ dannenhero folgete ich ihm zu Fuß/ wir eyleten/ so gut wir kunten/ biß wir einen Busch erreichet/ darinn setzten wir uns nieder/ und hielten Romans II. Buch. hielten eine gute Mahlzeit mit einander/ die beyden Flaschen leereten wir auß/ und was der Andere vom Schincken uͤberließ/ das schob ich in meinen Magen. Darauf stunden wir wieder auf/ und ritten biß gegen Abend durch lauter unwegsame Gegenden/ biß wir bey spaͤther Nacht zu einem Maͤyer-Hof kamen/ der einem fuͤrnehmen Herꝛn zugehoͤrete/ daselbst nahmen wir unser Nacht Quartier/ und der gute Mann ließ uns willig ein/ tracti rete uns auch nach allem Ver- moͤgen. Wie die Morgen-Stunde anbrach/ verkauffte ihm mein Camerad das gestohlene Pferd vor 23. Kronen/ fuͤrwendend/ daß ihm solches auf der Raͤyse nach der Schweitz nicht zu statten kaͤme/ dero wegen waͤre er resolvi rt/ an dem ersten Ort/ da er ihn haben koͤnte/ einen Esel zu kauffen/ und sich dessen zu bedie- nen. Also wanderten wir fort/ und nahm mich Wun- der/ daß dem Buben alle Stuͤcklein so wol angien- gen. Als wir kaum eine halbe Stunde von dem Maͤyer-Hof weg waren/ kamen 6. berittene Maͤn- ner in vollem Courrier hinter uns drein. Weil ich sie nun am ersten sahe/ zeigete ich ihm dieselbe/ er aber er- schrack/ und sprach: Nun ist es Lauffens-Zeit/ ich ha- be dem Maͤyer einen silbernen Becher genommen/ den wird er wieder haben wollen. Als ich dieses hoͤ- rete/ gab ich mich von dem Buben ab/ und lieff einen besondern Weg nach einem engen Thal/ damit ich nicht bey ihm gefunden/ und neben ihm gefangen wuͤrde. Jch entkam auch gluͤcklich/ indem ich mich zwischen einen Felsen-Riß verbarg/ biß die groͤsseste Noth vorbey/ da schliche ich auf einen Berg/ und sahe/ daß die Reuter mit dem Buben dorthin schlen- terten. Darauf wanderte ich nunmehro wieder allein fort/ und gelangete um die Mittags-Zeit zu einer O o Herber- Deß Academi schen Herberge/ die gantz allein an der Land-Strassen in ei- nem schoͤnen Thal lag/ darinn fand ich einen feinen Juͤngling/ der eben speisete/ zu welchem ich mich setze- te/ und mit ihm asse/ ich war aber annoch voll Schroͤ- cken/ und besorgete immer/ man moͤchte mich auch noch außforschen/ stunde demnach auf/ und gieng hin- ter das Hauß/ als wann ich mein Wasser abschlagen wolte/ und wie ich daselbst an dem Zaun ein ungesat- teltes Pferd angebunden fand/ schwung ich mich be- hende darauf/ und ritte so schnell darvon/ als wann ich Feuer auf dem Halse truͤge/ in Hoffnung/ es wuͤr- de mir damit eben so wol/ als am vorigen Tage mei- nem Diebischen Cameraden gelingen. Kaum aber war ich diesem Hauß auß dem Ge- sichte gekommen/ als Zween zu Pferde sehr schnell hinter mir her eyleten/ dannenhero wandte ich mein Roß um/ und ritte Jenen in starckem Traff entgegen/ der Eine darvon schalt mich vor einen Pferd-Dieb/ und ich sprach dargegen/ daß ich dieses Pferd nur darum genommen/ damit ich es probiren moͤchte/ ob es mir anstuͤnde/ so wolte ich es kauffen/ aber Jener war damit nicht zufrieden/ sondern wolte mit dem Pruͤgel uͤber mich her/ doch woͤhrete ihm der Andere/ und sagte: Lasset den guten Menschen mit Frieden/ ich habe mein Pferd wieder/ ich wil nicht/ daß er deß- wegen Straff leyde/ wer weiß/ in was fuͤr einer Noth er stecket/ ich dancke GOtt/ daß ich selber neu- lich auß einem elenden Stand erlediget bin/ darum mag ich andere Leute nicht betruͤben. Hiermit nahm Jener/ welcher der feine Mensch war/ mit welchem ich im Wirths-Hauß gespeiset hatte/ das Pferd wie- der zu sich/ und kehrete mit dem Andern zuruͤck/ ich aber gieng allein fort. Auf den Abend kam ein Muͤnch auf dem Weg zu Romans II. Buch. zu mir/ welcher mich fragete: Wohin ich gedaͤchte? Jch sprach: Jch suche ein Kloster/ um ein Ordens- Mann zu werden/ weil es mir allweg so ungluͤcklich ergehet/ aber ich hoffe auch im Kloster satt zu essen und zu trincken zu bekommen. Euer Vorhaben ist loͤblich und gut/ sprach der Muͤnch/ kommet mit mir/ ich gehe jetzo zu meinen Bruͤdern in jenem Kloster/ welches ihr dorten vor euch sehet. Wir kehreten da- selbst ein/ und nachdem mein Muͤnch den Bruͤdern und Vaͤttern dieses Klosters mein Vorhaben ange- deutet/ empfiengen sie mich sehr freundlich/ und wir assen diesen Abend mit einander einen Sallat/ und hart-gekochte Eyer/ darbey hatten wir nichts/ als ei- nen Trunck frischen Brunnen-Wassers. Diese Nacht schlieff ich bey meinem Cameraden/ dem ich klagete/ daß ich in diesem Kloster es nicht lange auß- halten koͤnte/ weil ich mich nicht halb satt gessen haͤtte. Er troͤstete mich/ und sprach/ ich wil euch Morgen zu einem andern Kloster fuͤhren/ darinn die Patres nicht so strenge leben/ wie allhier/ und also wanderten wir am folgenden Tag/ biß die Sonne am hoͤchsten stund/ da giengen wir in ein Kloster/ und wurden etwas bes- ser gespeiset/ als im vorigen; Aber/ es war auch hier noch nicht nach meinem Sinn/ dannenhero danckete ich den Leuten vor ihren guten Willen/ und weil ich ziemlich muͤde/ bath der Muͤnch um einen Esel vor mich/ dieser ward mir gefolget/ und ritte ich darauf fort/ der Muͤnch aber gieng neben mir her/ biß wir gegen Abend ein schoͤnes Kloster erreichten/ darinn wurden wir wol gespeiset; Aber/ als ich schlaffen gieng/ schenckete ich dem Koch einen Orts-Thaler/ daß er mir noch etwas zu essen und zu trincken in mei- ne Zelle bringen moͤchte/ welches er redlich außrichte- te/ und da bekam ich die niedlichsten Tractament en/ und einen herꝛlichen Trunck Wein. O o 2 Fruͤh Deß Academi schen Fruͤh Morgens nahmen wir Abschied/ und ich ließ meinen Esel allhier/ um solchen dem vorigen Kloster wieder zu zusenden/ auß diesem Kloster aber bekamen wir 2. Esel/ und ritten darauf biß nach Chur/ woselbst mein Gefaͤhrte sich einen Tag aufhal- ten muste. Wir blieben in einem Kloster nahe bey der Stadt/ allda ich mich rechtschaffen durchfrasse/ und merckete nunmehro mein Camerad wol/ daß es mir nicht um das Kloster-Leben/ sondern um etwas gutes zu essen und zu trincken zu thun waͤre/ weil er nun ein guthertziger Mann/ halff er mir allenthalben durch/ und nachdem er seine Dinge verrichtet/ gien- gen wir zu Fuß mit einander fort/ bekamen zwar an- jetzo keine Esel/ aber man gab mir einen Buͤndel mit Essen und Trincken auf den Ruͤcken/ weil wir vor Abend kein Kloster erreichen wuͤrden. Solcher Gestalt giengen wir fort/ und speiseten um den Mit- tag in einem einsamen Bauren-Haͤußlein/ von dem/ das ich auf meinem Ruͤcken trug. Darauf sprachen wir unsern Beinen wieder zu/ und giengen biß an den spaͤthen Abend/ da wir das jenige Kloster erreichten/ in welches mein Muͤnch gehoͤrete/ der mich darinnen wol tracti ren ließ. Am folgenden Morgen nahm ich meinen Abschied von ihm/ und gieng nach dem Dorff/ so nahe bey dem Kloster/ daselbst waren die Einwoh- ner der Reformi rten Religion zugethan/ und sehr boͤß/ daß ein Kloster-Esel auf ihrer Waͤyde waͤydete. Jch sprach: Gebet mir Freyheit/ so wil ich den Esel von dannen bringen. Sie vergonneten mir solches wil- lig/ und also setzte ich mich darauf/ stiesse ihn wacker in die Seiten/ daß er lauffen muste/ und ritte darauf fort/ biß um den Mittag 10. Maͤnner/ darunter 3. zu Pferde/ die andern aber zu Fuß waren/ mich ein- holeten/ und weil ich schon in dieser Graͤntze/ fuͤhreten sie Romans II. Buch. sie mich hieher/ und verklageten mich bey dem Amt- mann/ als einen Esels-Rauber. Darauf/ und weil solches in jenem Dorff bald kund worden/ schlugen sich etliche Reformi rte Bauern/ und der Muͤnch/ mein gewesener Cammerad/ zusammen/ und sprachen mir gestern das Wort/ wie ihr selber gehoͤret habt. Sehet/ das sind meine seltzame Ebentheuren/ seit ich von euch gewesen bin. Condado und die Andern musten dieser seltza- men Haͤndel von Hertzen lachen/ sie tratten darauf wieder ins Hauß/ weil die Mahlzeit auf den Mit- tag schon zugerichtet war/ der Amtmann auch sich wieder eingestellet hatte/ und nachdem sie sich zur Tafel gesetzet/ muste Cerebacchius seine Begebenheit noch einmahl erzehlen/ alsdann solte er essen/ so viel und was ihm beliebete. Die Zuhoͤrer kunten vor La- chen nicht essen/ sondern warteten/ biß Cerebacchius seine Erzehlung/ die er mit Fleiß anjetzo kuͤrtzer fas- sete/ vollendet hatte/ und darauf ward an die Thuͤr geklopffet/ welche man eroͤffnete/ da dann ein feiner Juͤngling in schlechten Kleidern herein tratt/ und sich uͤber die Gesellschafft eben so sehr/ als diese sich uͤber ihn verwunderte. Lucretia aber sprang am ersten vom Tische auf/ lieff ihm entgegen/ umfieng ihn mit einem Kuß/ und sagte: Ach mein allerliebster Belligny, seyd ihr es selber? Jch bin es freylich/ war deß andern Antwort/ und GOtt hat mich wunderbarlich errettet auß der Hand deß leichtfertigen Vantenay, der es schlimm gnug mit mir im Sinn hatte. Lucretia zei- gete ihm den Condado und Klingenfeld mit diesen Worten: Mein hertzliebster Schatz/ waͤren diese Ca- vallier nicht gewesen/ so waͤre ich jetzo durch Zwang deß Vantenay Eheweib. Belligny sahe diese Leute an/ und sagte: O ihr redlichen Herren/ wie finde ich euch O o 3 allhier Deß Academi schen allhier zu so gelegener Zeit/ seyd ihr dann allein vom Himmel darzu geschaffen/ daß ihr dieser Edlen Da- m en/ und zugleich auch mir/ auß unserer Truͤbsaal helffen sollen? Condado erkannte ihn/ daß er der Je- nige war/ den sie vor etlichen Tagen auf dem Kar- ren errettet/ da man ihm den Knebel auß dem Mund gerissen/ und ihn seines Weges hatte reiten lassen. Also machten sie mit den verbindlichsten Worten eine feste Freundschafft mit einander/ und Belligny er- zehlete/ welcher Gestalt er jenesmahls zu einem seiner Freunden/ der in selbiger Gegend gewohnet/ geritten/ um etwas gutes zu essen und zu trincken zu bekom- men/ weil er kein Geld bey sich gehabt/ weßwegen er das Pferd/ so er dem Fuhrmann damahl abgenom- men/ verkauffet/ und verzehret/ wiewol ihm solches vorhero durch einen behenden Schlucker entwendet worden/ er haͤtte es aber noch zeitlich wieder bekom- men/ und den/ der es ihm gestohlen/ lauffen lassen. Jm uͤbrigen habe er sich mit seinem Freunde/ seines Leydens halben/ beredet/ und sey darauf in dieser armseeligen Kleidung/ darinn ihn Vantenay stecken lassen/ auf einem geliehenen Pferde wieder allhier angelanget/ erfreue sich auch von Hertzen/ daß Vante- nay so uͤbel angelauffen/ und koͤnte er nunmehro nicht vorbey/ sondern dafern er anders noch im Leben/ muͤs- se er ihn auf Leib und Leben zum Kampff außfordern. Cerebacchius stund jetzo auf/ und tratt dem Bel- ligny mit einem grossen Becher voll Wein entgegen. Seyd mir wilkommen/ mein Herꝛ/ sprach er/ ich brin- ge euch dieses auf einen guten Vertrag. Belligny machte grosse Augen/ als er diesen Menschen allhier fand/ und sagte/ daß dieser eben der Jenige waͤre/ der ihm ueulich mit seinem Pferd haͤtte davon reiten wol- len/ nachdem er mit ihm in der einsamen Herberge ge- speiset. Romans II. Buch. speiset. Cerebacchius antwortete: Jch bin es freylich/ aber ich habe euch das Pferd nicht stehlen wollen. Hæc esset grandis injuria, ich wolte es nur probi ren/ wie mir es moͤchte anstehen. Sie vertrugen sich aber/ als Belligny vernahm/ daß er in deß Condado Gesell- schafft gehoͤrete. Und also setzeten sie sich zusammen nieder/ und machten sich mit einander rechtschaffen lustig/ und Lucretia begehrete/ Cerebacchius moͤchte ihrem Liebsten zu Gefallen seine Zufaͤlle noch einmahl erzehlen. Er aber sprach/ ich wil vorher eurem Liebsten zu Gefallen mich satt essen und trincken/ alsdann wil ich ihm alles erzehlen. Solches thaͤte er auch recht- schaffen/ daß sich die gantze Compagnie zum hefftig- sten daruͤber verwunderte. Und als er seinen Hunger ziemlicher Massen besaͤnfftiget/ da repeti rte er seine vorige Erzehlung mit solchen vorhin vergessenen Um- staͤnden/ daß sie sich daruͤber schier zu schanden zerla- chet haͤtten. Das IV. Capitul/ Man discurri ret uͤber die Frage: Ob es besser sey/ zuerst/ oder zuletzt/ von einem Dinge zu reden. Condado und die andern Zween raͤysen mit einander weiter fort. E Ndlich kamen sie wieder von dem Vantenay zu reden/ da dann Belligny darbey blieb/ er hielte es vors Rathsamste/ daß er ihn zum Duell auß- fordere/ aber der Amtmann erachtete es rathsamer/ daß er ihn wegen der doppelten gewaltsamen Ent- fuͤhrung Gerichtlich belangete. Ein Jeder muste/ auf deß Belligny Bitte/ seine Meynung daruͤber geben/ und also kam die Reige bald auf Condado, der sich aber entschuldigete/ und der Letzte zu seyn begehrete in seiner Consultation, solchem nach raisonni rte Klin- genfeld vorher/ und war mit Condado, der hernach sein Sentiment gab/ darinn einig/ daß man wol thaͤte/ O o 4 wann Deß Academi schen wann man die ordentliche Obrigkeit nicht vorbey gienge/ im Fall ihm aber dieselbe patrocini ren solte/ haͤtte man das Duell noch allemahl zur Satisfaction vor sich. Belligny sprach jetzo: So wil ich dann mei- nem Herꝛn darinn willig folgen/ dann ich glaube/ der Herꝛ Condado habe mit Fleiß seine Meynung am Letzten geben wollen/ damit er auß den Vorherge- henden das Beste erwaͤhlen moͤge. Klingenfeld sprach darauf: Welches deucht meinen Herren dann wol am besten zu seyn/ daß einer in dergleichen Rathschla- gungen zuerst/ oder zuletzt/ seine Meynung gebe? Mein Herꝛ verzeyhe mir/ war deß Belligny Entschul- digung/ daß ich mich hieruͤber nicht werde vernehmen lassen/ dann ich bekenne es/ daß ich meine Jugend im Feld und unter dem Waffen-Gerassel zugebracht/ uñ den gelehrten Mus en also nicht zu nahe getretten bin/ wiewol ich jetzo wuͤnsche/ daß ich etliche Jahre auf die Studia moͤchte gewendet haben. Jch glaube aber/ un- sere edle Lucretia werde an meine Stelle hierauf zu antworten wissen. Also warff ein Jeder die Augen auf die wol-belesene Lucretia, welche demnach ihres Liebsten Stelle mit folgender Antwort gebuͤhrlich zu ersetzen wuste: D Je Jenigen/ sprach sie/ welche mit ihren vorher bedachten Reden Lob und Preyß einlegen/ und selbigen Ruhm/ so sie einmahl erlanget haben/ behalten wollen/ sollen in den ersten ze- hen Jahren (welche Zeit einen guten Redner zu machen erfor- dert wird/) allezeit darnach trachten/ daß sie erst reden/ damit sie nicht allein dardurch einen Discurs, der vielmahls ihrem Ge- daͤchtnuͤß mehr beschwerlicher ist/ als einem Sack-Traͤger seine Last/ je eher/ je lieber/ ablegen. Sondern/ weil auch ein und das andere Ding eine andere Art hat/ wann es zuerst oder zuletzt vor- gehracht wird/ auch den Zuhoͤrern ein Ding ins gemein viel an- genehmer ist/ zur Zeit/ da ihre Ohren noch leer und frisch/ oder durch Geschwaͤtz nicht uͤbertaͤubet seynd/ als wann ihnen schon die erste Begierde zu hoͤren vergangen ist. Dann es ist mit dem Mensch- Romans II. Buch. Menschlichen Verstand eben wie mit dem Leib beschaffen/ daß er leichtlich kan ermuͤdet/ und eckel gemacht werden. Und ist es der- halben eben so viel/ wann ich einen Redner frage/ ob er lieber zu erst/ oder zuletzt/ reden wil? Als wann ich einen Kuͤchenmeister fragen wolte: Wodurch er am meisten Ehre einlegen wuͤrde/ wann er nemlich das Jenige/ was er zugerichtet/ Leuten/ die schon ersaͤttiget/ und von einer Gasterey aufstuͤnden/ oder aber an- dern/ die grossen Hunger haͤtten/ vorsetzen wolte? Dann unser Verstand/ welcher einem leeren Gefaͤß nicht unaͤhnlich/ nimmt nicht allein die erste Discurses, die ihm vorgebracht werden/ mit angehohrner grosser Begierde etwas zu wissen/ gerne an/ sondern siehet und drucket sie auch gleichsam in sich/ also/ da auch einer gleich nicht der beste Redner ist/ so werden seine Fehler doch eher uͤbersehen/ und wird alles besser auf genommen/ weil den Zuhoͤ- rern das Jenige/ was er sagen wil/ noch neu vorkommt, als wañ ihm die Ohren durch Wiederholung eines Dinges/ welches in ei- nem langen Discurs nicht wol anders seyn kan/ schon dick ge- macht seyn. Und der Jenigeeder sich dar zu geschickt hat/ daß er von einem Ding reden wil/ kan sich gar leicht unangenehm ma- chen/ oder seinen Vortheil verlieren/ wann er es hernach thun wolte/ da ihm ein anderer moͤchte zuvor kommen seyn/ und eben dasselbe gesagt haben/ was er willens gewesen vorzubringen. Und gleich wie der Jenige/ der zuerst nach dem Ring rennet/ nicht allein viel bessern Weg hat/ sondern auch von einem Jeden mehr consideri ret wird; Also wird der Jenige/ der zuerst redet/ auch viel lieber gehoͤret werden/ als der andere/ und ist er ein ge- schickter Mann/ wann er seine Rede solcher Gestalt einrichtet/ daß die Jenigen/ so nach ihm reden/ nicht viel sonderliches mehr von der Materie werden fuͤrbringen koͤnnen; Welches man in den Consultationibus und Berathschlagungen der Medicorum und Advocat en erfaͤhret/ da die Jenigen/ die nach einem fuͤrneh- men und beruͤhmten Mann ihre Meynung zu sagen haben/ sich gemeiniglich mit den Vorsitzenden conformi ren muͤssen. Weil auch das fuͤrnehmste Requisitum bey einem Reduer ist/ daß er die Attention und Gewogenheit seiner Zuhoͤrer ihme acquiri re/ und zu weg bringe/ dann/ wann er die hat/ so hat er schon halb ge- wonnen/ weil ihm die Jenigen/ so ihn mit Affection gehoͤret ha- ben/ und denen er gleichsam das Hertz gestohlen hat/ nicht wol anders thun koͤnnen als ihm Beyfall zu geben/ so laͤsset er auch alsdann dem Nachfolgenden wenig Raum/ in der Zuhoͤrer ih- ren Gemuͤthern, Daher ich mich verwundere/ daß sich ihrer O o 5 etliche Deß Academi schen etliche daruͤber beschweren/ wann sie zuerst reden sollen; Da sie doch die Gemuͤther alsdann so beschaffen finden/ wie eine leere und reine Schreib-Tafel/ darein man alles schreiben/ und wie ein Wachs/ darein man alles abdrucken kan/ und auß welchen die einmahl hinein gefuͤhrete Impression nicht viel leichter kan auß- geloͤschet/ oder veraͤndert werden/ als die erste Farbe in der Wolle. Zu dem ist deß Menschen Sinn uͤberauß begierig/ et- was Neues zu wissen. Er findet aber solches gar selten/ als nur in dessen Discurs, der zuerst redet; Dann die andern/ die ihm fol- gen/ muͤssen um deß Willen/ der erst geredet hat/ in der Eyle dar- auf dencken/ etwas anders auf die Bahn zu bringen/ damit sie erweisen/ auch etwas gelernet/ und observi ret zu haben/ oder/ daß sie auch etwas ersinden koͤnten. Welches viel schwerer ist/ als das Erste/ da man volle Freyheit hat/ und derhalben sagen kan/ was er wil/ daß also der Jenige/ der zu erst redet/ nichts an- ders thun darff/ als das/ was er saget/ mit den Hand-greifflich- sten Argument en/ die er erdencken kan/ und die Zuhoͤrer am leich- testen begreiffen koͤnnen/ zu behaupten; An Statt/ daß die an- dern/ wann sie dieselbe Meynung wollen bekraͤfftigen/ neue Re- den erdencken/ und da sie deß Ersten Meynung umstossen wollen/ gantz Contrarie er finden muͤssen; | Und nichts desto weniger muͤs- sen sie darauf bedacht seyn/ wie sie ihrer eigenen Meynung ei- nen Schein geben wollen. Gewiß ist es allezeit/ daß die Jenigen/ die zuletzt reden/ viel mehr Muͤhe haben/ und lange nicht so an- genehm seyn/ als die Ersten/ wo sie es nicht ungleich besser ma- chen; Und daß/ wann sie die Gabe der Holdseeligkeit und Krafft im Reden haͤtten/ viel mehr Ehre einlegen wurden/ so sie die Ersten waͤren. Hier auf sprach Condado: Die ersten Rheror en/ oder Meister der Red-Kunst/ haͤtten Ursach gehabt/ denen/ die sich der Beredtsamkeit befleissen wollen/ unter andern dieses vorzuschrei- ben/ daß sie allezeit Anfangs sanfft reden solten/ damit sie so wol der Ordre der Natur/ welche nimmer ohne Mittel von einem Extremo zum andern schreitet/ solgeten! Als auch darum/ weil an den Vorreden selten groß gelegen waͤre/ wann nur die Zuhoͤ- rer sonsten zur Aufmerckung disponi ret/ und ihnen die Sache klaͤrlich koͤnte zu verstehen gegeben werden; Worzu sie aber stracks Anfangs selten recht geschickt waͤren/ weil es wenig Leute giebt/ die alsbald das Jenige/ wovon gehandelt wird/ zur Gnuͤge verstehen solten; Daß also der zuerst redete/ nur die Muͤhe haͤt- te/ den andern den Weg zu bereiten/ und alle Hindernuͤsse und Anstoͤsse Romans II. Buch. Anstoͤsse auß dem Weg zu raͤumen; Wodurch die Jenige/ so nach ihm redeten/ einen desto ebenern Weg fuͤr sich finden. Ja/ sie wurden selbst durch den/ der zuerst geredet haͤtte/ recht ermun- tert/ ihr Sinn und Verstand wuͤrde dardurch geschaͤrffet/ sie be- kaͤmen mehr Materie zu reden/ und koͤnten ihr lebhafftes Ge- muͤth desto besser darmit an den Tag geben/ daß sie alle die Ar- gument en/ da der andere lange zuvor aufgedacht/ oder die zum wenigsten das Ansehen haͤtten/ daß er lange daruͤber speculi ret/ alsbald ex tempore widerlegeten. Dann von diesem Letzten koͤn- te man sich nicht einbilden/ daß er lange auf seine ☉ ration studi- ret haͤtte/ weil es nur lauter Repliqu en und Antworten waͤren/ auf das Jenige/ was der andere vorgebracht. Es waͤren auch die Materi en/ die man zu reden haͤtte/ so reich und unerschoͤpff- lich/ daß durch deß Vorsitzenden Rede mannigmahl unser Ge- daͤchtnuͤß erwecket wuͤrde/ sich mancherley Dinge zu erinnern/ die bey dem Discurs zu statten kommen/ welches dann abermahl dessen Vortheil ist/ der an der zweyten Stelle redet. Wann aber die Zuhoͤrer durch die verschiedene Meynungen/ woruͤber sie gleichsam zum Richter gestellet/ recht ermuntert seyn/ dann ha- ben sie erst die beste Luft/ daß sie eines jedweden Redners Argu- men ten und wol-fliessende Worte von deß andern Arten zu re- den unterscheiden/ und einem Jedweden den rechten Werth ge- ben; Welches dann nicht eher geschehen kan/ biß sie Rede und Widerrede gehoͤret haben. Und diß ist ihm dann eben eine so grosse Ergoͤtzung/ als die Roͤmer in ihren Schauspielen oder Fecht-Schulen hatten/ und wie man sie bey den Ringelrennen/ Turnieren/ und andern Lust-Kaͤmpffen/ zu haben pfleget. Die scharffe Gefechte verursachen hergegen gar zu flarcke Affect en/ so die Luft/ solche Dinge anzuschauen/ grossen Theils benehmen; Die Bewegungen deß Gemuͤths aber/ die durch das Disputi ren und Discurri ren erwecket werden/ seynd deßwegen anmuthiger und suͤsser/ weil zwar kein Blut darbey vergossen wird/ und daß dannoch fast eben solche Streiche darbey vorgehen/ wie in einem rechten wahren Treffen. Weil aber einer allein nicht koͤnte Krieg fuͤhren/ waͤre es kein Wunder/ daß der Jenige/ der zuerst redete/ die Zuhoͤrer nicht so oblecti rte/ und erlustigete/ als der/ der ihm antwortete; Weßhalben auch Jener ihm mannigmahl selb- sten Objectiones machen muste/ seine Zuhoͤrer dardurch so viel- mehr zur Aufmercksamkeit zu bewegen; Unter denen Einwuͤrf- fen aber/ die einer ihm selbst formi ret/ und denen/ die ihm ein anderer machet/ ist ein solcher Unterscheid/ als wann man erst 2. Hah- Deß Academi schen 2. Hahnen siehet mit einander kaͤmpffen/ und hernacher nur ei- nen/ der ihm selbsten den Leib zerhacket/ dann die sesbst gemachte kalte Objectiones koͤnnen gar selten weder die Zuhoͤrer/ noch die Richter bewegen. Daß also der Jenige/ der geschickt und Sinn- reich gnug ist/ der Compagnie zu Gefallen/ wann er am Letzten redet/ unwidersprechlich fuͤr den besten Redner muͤste gehalten werden/ weil er ein Meisterstuͤck gethan haͤtte/ welches viel schwerer gefallen/ als wann er der Erste gewesen waͤre/ der den Discurs gefuͤhret haͤtte; Und nach demmahl die schoͤnsten Dinge die schweresten seynd/ haͤtte er auch mehr Ehre darvon; Und weil man allezeit Ursache haͤtte/ das Jenige/ darvon man am meisten Ehre hat/ andern Dingen vorzuziehen/ so muͤste dann auch der Jenige/ der zuletzt redete/ demselben/ der zuerst redet/ vorgezogen werden. Wer aber auf eine Rede solcher Geflalt antwortete/ daß die gantze Compagnic einen Gefa ll en daran haͤtte/ der verdienet dasselbe Lob/ das dem zukom̃t/ der den Feind auß seinem Posten jagete/ an Statt/ daß der Erste sich eines Orts ohne Widerstand bemaͤchtiget. Zu dem gehoͤrete zu der letzten Rede ein viel groͤsserer Verstand/ wie man solches an den Repliqu en der Advocat en siehet/ worzu man die Alten pfleget zu gebrauchen/ den Jungen und Unerfahrnen aber darff man sie nicht anvertrauen/ dann sie erfordern ein grosses Gedaͤchtnuͤß/ und Fertigkeit deß Ingenii, ein reiffes Urtheil/ ja/ mit einem Wort zu sagen/ alles/ was einem perfect en Redner zukommt/ fuͤrnemlich wann der Jenige/ der eine Action beschliesset/ einen starcken Widerpart vor sich gehabt/ der da maͤchtig gnug gewe- sen ist/ mit seinen Argument en die Zuhoͤrer zu persuadi ren; Dann es ist nicht gnug/ daß man auf deß Feindes Bollwercke kommen sey/ man muß ihn auch herauß jagen/ und sich selbsten darein logi ren. Endlich/ weil alle s ch were Sachen durch die hohe Tribunalia oder Gericht-Stuͤhle geschlichtet werden/ so ist es billich diese Frage: Ob nemlich der Jenige/ der zuerst redet/ dem Jenigen zu præferi ren sey/ der zuletzt redet/ nach ihrer/ der hohen Gerichte Gewonheit und Meynung/ zu decidi ren? Wer weiß aber nicht/ daß in allen Parlamenten/ und andern Gerich- ten/ die juͤngsten Herren und Assessores ihre Meynung zuerft von sich geben, Ja/ daß dieses das Jenige sey/ wodurch man die Jungen von den Alten unterscheide/ welche Letztere ohne Zwei- fel wol wissen/ worinn ihre Ehre bestehet/ und wuͤrden demnach nicht erwaͤhlet haben/ zuletzt zu reden/ wann sie nicht gewust haͤtten/ daß es ansehnlicher sey. Klingen- Romans II. Buch. Klingenfeld beschloß mit folgendem Discurs: Gleich wie in etlichen Ceremoni en die ersten Stellen die Ansehnlichsten/ in an- dern die Letzten die Fuͤrnehmsten waͤren; Also haͤtte man auch in dieser Frage/ ob es besser sey zuerst oder zuletzt von einem Ding zu reden/ auf unterschiedliche Umstaͤnde Acht zu haben. Dann es finden sich bißweilen solche Sachen/ die in facto bestuͤnden/ und die nothwendig von dem Jenigen muͤsten vorgetragen wer- den/ der am besten darum wuͤste/ ohne daß man in der Ordnung zu reden auf die Wuͤrde der Personen sehen koͤnne/ daher kaͤme es/ wann die Medici uͤber einen Patient en zusammen kommen/ daß der Jenige erst redete/ der ihn in seiner Cur habe/ waͤre er auch gleich alter/ als alle die andern; Jedoch mit Vorbehalt/ daß er nichts destoweniger seine Meynung hernach darvon sagen wil/ wann die Reyhe an ihn kommt. Eben so verhielte es sich auch mit den Advocat en/ die uͤber eine Sache consulti rten/ und mit andern der gleichen Sachen/ unter welchen die Jenigen/ so die Streitigsten waͤren/ und da ein Jedweder die Parthey neh- men koͤnte/ die er wolte/ da finden die Jenige/ die zuletzt redeten/ Materie gnug/ und wann sie es wol thun/ so haben sie ohne Zwei- fel die meiste Ehre darvon. Aber ins gemein darvon zu reden/ hat der Jenige/ der zuerst redet/ viel groͤssere Freyheit/ und wird viel besser geduldet; Ja/ wann er es auch gleich etwas zu lang macht/ faͤllet es den Zuhoͤrern nicht so verdrießlich/ als wann der Jenige/ der ihm antwortet/ sich gar zu weit extendi ret/ zumahl/ wann es in seiner Wahl gestanden/ zuerst oder zuletzt zu reden. Mit diesem und dergleichen Discurs en beschlos- sen sie die Mahlzeit/ stunden hernach auf/ und Con- dado wolte mit seinen 2. Gefaͤhrten sich weiter bege- ben. Aber der Amtmann stellete sich hart darwider/ und noͤthigte sie mit instaͤndigen Worten/ auf den Abend zu einer Hauß Mahlzeit/ inmassen er auß allen Umstaͤnden gnugsam merckete/ daß Condado ein fuͤrnehmer Jtaliaͤnischer Herꝛ seyn muͤsse. Weil nun insonderheit Belligny und die Lucretia dem Amt- man das Wort mitthaͤten/ resolvi rete sich Condado endlich/ demselben zu Willen zu seyn/ jedoch mit dem Beding/ daß man ihn am folgenden Tag weiter nicht aufhalten solte. Also nahm der Amtmann einen klei- nen Deß Academi schen nen Abtritt/ und bestellete die Mahlzeit/ kam aber bald wieder/ da sie die uͤbrige Zeit deß Tages mit spa- tzieren gehen zubrachten. Wie die Abend-Zeit heran kam/ giengen sie mit einander/ auch die holdseelige Lucretia mit dem Belligny, samt den andern/ in deß Amtmanns Behausung/ da sie die Tafel schon ge- decket/ und mit herꝛlichen Tractament en besetzet fun- den. Das Laͤcherlichste war/ daß man dem Cerebac- chio einen grossen Laͤhn-Stuhl unten am Tisch/ recht neben dem Amtmann gesetzet/ fuͤr welchem 3. grosse Schuͤsseln/ die eine mit frischem Fleisch/ die Andere mit einem Rind-Braten/ und die Dritte mit zwey uͤberauß grossen Hechten angefuͤllet stunden/ hiene- ben stunden andere kleinere Schuͤsselein/ mit Ein- tuncke/ wie auch Waͤitzen- und Roggen-Brodt zur Gnuͤge/ samt einem silbernen Becher von 2. Maaß Rheinischen Weins/ welches alles außdruͤcklich fuͤr den Cerebacchium also verordnet war/ zu mercklicher Belustigung der gantzen Compagnie. Bey dieser Mahlzeit war die Compagnie recht lustig/ und der Amtmann ließ auch an nichts einigen Mangel spuͤhren. Sie giengen aber gegen die Nacht fruͤhzeitig von einander/ und Condado mit seinen Leuten begleitete die Lucretia und die Jhrigen nach ihrer Adelichen Wohnung/ allwo sie den kleinen Rausch außschlieffen/ und fruͤh Morgens nach einge- nommenem Fruͤhstuͤck/ auch genommenem hoͤflichen Abschied/ sich zu Pferde setzeten. Bergering leyhete dem Cerebacchio einen Klepper/ biß auf deß Belligny Schloß/ dann weil die Unsern dieselbe Route nah- men/ wurden sie von Belligny und Lucretia in einer Caross en begleitet/ da sie dann 2. Stunden Nachmit- tag dieses Schloß/ so an einem stehenden See lag/ er- reicheten. Hieselbst muste Condado mit den Seini- gen Romans II. Buch. gen uͤbernachten/ da man sie bey der Abend-Mahlzeit ungemein herꝛlich tracti rete. Deß Belligny einzige Schwester/ eine Jungfrau von 17. Jahren/ weinete vor Freuden/ als sie ihren Bruder und dessen Liebste wieder in gutem Wolstand bey ihr sahe/ diese hatte schon lange Zeit mit der Lucretia gute Vertraulich- keit gepflogen/ und liebten einander mehr/ als leib- liche Schwestern/ dahero glaube ich auch/ daß Lucre- tia nach dem Abzug der Andern sich noch etliche Tage allhier aufgehalten habe. Was den Condado an- langet/ nahm derselbige am folgenden Morgen seinen Abschied/ worbey Cerebacchius von Belligny ein gu- tes Travaill -Pferd auf die Raͤyse geschencket bekam/ und also nahmen sie ihren Weg zufordersamst auf die schoͤne Stadt Lucern. Wie es ihnen hernach wei- ter ergangen/ durfften wir schier kuͤnfftig an seinem Ort zu vernehmen haben/ anjetzo aber/ wil es mich Zeit zu seyn beduͤncken/ daß wir sehen/ wo die andern 3. verlohrne Schafe geblieben sind/ von denen/ die meine Feder auffinden kan/ soll sie melden/ die sich aber derselben biß dato entziehen/ darvon kan hernach- mahls gesaget werden. Das V. Capitul/ Venereus wird als ein Juden-Dieb angellaget/ aber unschul- dig befunden. Er schlaͤffet bey eines Burgermeisters Frau/ woruͤber er sehr zu kurtz kommt. J Ch erblicke den Venereum am ersten/ von wel- chem ich dem guͤnstigen Leser viel zu melden habe. Dieser Mensch ward jenes mahls durch einen besondern Jrꝛwisch auf einen besondern unge- bahnten Ort gefuͤhret/ der Jrꝛwisch tantzete staͤts vor ihm her/ und fuͤhrete ihn auß dem Wald auf eine ziemliche Hoͤhe/ woselbst er sich gaͤntzlich verlohr/ und weil es darauf gantz Tunckel um ihn ward/ nahm er das Deß Academi schen das Pferd/ und band es an einen starcken Pfahl/ den er auf diesem Berg fand stehen/ hernach legte er sich nieder/ und schlieff biß 2. Stunden nach der Sonnen- Aufgang in den folgenden Morgen hinein. Darauf erwachte er/ und sahe sich alsobald nach seinem Pfer- de um/ solches fand er annoch nicht weit von ihm an- gebunden/ aber an einem solchen Pfahl/ wie er nun- mehro sahe/ der eine Stuͤtze eines Galgens war/ dar- an ein neugehengter Dieb hieng/ unter welchem er sein Nacht-Lager gehabt hatte. Jch glaube/ haͤtte er solches vorher gewust/ ehe er sich niedergeleget/ er waͤ- re lieber die gantze Nacht uͤber Stock und Stiel fort- geritten/ als an diesem Ort geblieben. Er stund aber auf/ und sahe den Dieb an/ der so frisch außsahe/ als wann er noch lebete/ dannenhero nahm er seine Zwick- Ruthe/ und klopffete an dessen Leib/ ob er sich etwa annoch ruͤhren moͤchte. Aber siehe/ in demselben Au- genblick kamen 6. mit Musqueten und Degen be- waffnete Maͤnner herzu gesprungen/ nahmen ihm das Pferd/ und fuͤhreten ihn gefangen nach einem kleinen Staͤdtlein/ Colli genannt/ daselbst ward er angeklaget/ daß er den gehangenen Juden vom Gal- gen haͤtte stehlen wollen/ und daß er eben der Jenige seyn muͤsse/ der schon etliche gehangene Juden auß dem Galgen dieses Landes bey Nacht-Zeiten gestoh- len und abgenommen haͤtte/ wovor er von den Juden seine Vergeltung wuͤrde zu hoffen haben. Venereus entschuldigte sich auf sein Bestes/ fuͤrwendend/ daß er durch ein Ungluͤck an diesen Ort gerathen/ schwur auch/ daß er sein Lebtag sich zu dergleichen aufgebuͤr- deten Sachen nicht gebrauchen lassen; Und bathe also/ man moͤchte ihn stehenden Fusses absolvi ren. Seine Richter waren 4. Maͤnner auß diesem Staͤdt- lein/ und in deß Aeltesten Hauß ward er examini ret. Dieser Romans II. Buch. Dieser/ so Burgermeister/ hatte eine schoͤne junge Frau/ welche sich alsobald in den Venereum verliebte/ wie er dann etwas sonderliches an sich hatte/ daran das geile Frauenzimmer bald einen Narren fressen kunte. Jndem also diese Frau vor ihn bathe/ kam ein Geschrey/ wie etliche bey dem Galgen gesehen wor- den/ welche den gehangenen Juden haͤtten herab ge- nommen. Also lieff ein Jeder zur Stadt hinauß/ aber Venereus blieb bey dem alten Burgermeister/ biß die Leute mit dem Juden-Dieb daher kamen/ dieser war ein Schaͤfer/ welcher alsobald bekennete/ daß er schon 5. Juden von dem Galgen genommen/ und in die Er- de an heimlichen Orten gescharret/ wovor er von der Judenschafft der umligenden Oerter vor jede Person 20. Reichsthl. zu empfangen gehabt. Er habe aber wol gewust/ daß die Buͤrger von Colli diesen Juden die Nacht uͤber durch eine starcke versteckte Schild- wache genau bewacheten/ dahero habe er sich nicht daran zu machen getrauet/ biß sie mit diesem Unschul- digen diesen Morgen eingekommen/ darauf habe er gedacht/ nun gebe man keine Acht auf den Galgen/ weil man sich deß Diebes versichert haͤtte/ habe also sich auf den Weg gemacht/ und den Juden herab ge- nommen/ woruͤber er aber ertappet worden/ bathe demnach um Dimission, so wolle er die Juden anmel- den/ die ihn darzu erkaufft/ und dem Gericht einen fetten Hammel zur Mahlzeit verehret haben. Also sahe nun Jedermann/ daß Venereus an seiner Auf- lage zumahl unschuldig/ welcher darauf auß einem andern Thon sprach/ und fuͤrwendete/ er sey ein Be- dienter eines hohen Printzen/ der viel Graubuͤnder in seinen Diensten haͤtte/ und dafern sie ihm nicht voͤlli- ge Satisfaction vor die beschehene Injurie erstatteten/ wolle er es dahin bringen/ daß sie ihre Vermessenheit P p all zu Deß Academi schen all zu spaͤth wuͤrden zu bereuen haben. Was den Schaͤfer belanget/ hat man solchen darauf ins Ge- faͤngnuͤß geleget/ und die Sache an die hoͤchste Obrig- keit gelangen lassen/ die 4. Gerichts- Assessores aber thaͤten unserm Venereo eine Abbitte/ und noͤthigten ihn noch etliche Tage bey ihnen zu bleiben/ so wolten sie ihn auf allgemeine Staats-Unkosten defrayr en/ welches eben das rechte Wasser auf seine Muͤhle war/ wornach er laurete. Er nahm solches demnach an/ und versprach/ zwey Tage sich allhier aufzuhalten/ biß er auß dem Schroͤcken sich voͤllig wiedeꝛ moͤchte recolligi ret ha- ben. Man legte ihn in eine Herberge/ allwo er bekam/ was er verlangete/ aber das Beste mangelte ihm dan- noch/ welches war das Frauen-Wildpraͤth/ ohne welches er nicht lange leben kunte. Deß Burger- meisters junge Frau uͤberredete ihren Mann/ daß es gut sey/ wann sie mit etlichen Frauen auß der Nach- barschafft zu diesem Herꝛn giengen/ und ihn voͤllig befriedigten/ wo man anders nicht einige Ungelegen- heit von ihm wolle zu besorgen haben. Solches gab der alte Narꝛ willig zu/ und also nahme sie etliche junge Frauen und Jungfrauen zu sich/ wie auch schoͤ- ne Speisen und Fruͤchten/ und tracti reten den Vene- reum nach ihrem besten Vermoͤgen/ welcher auch bald sahe/ worauf es mit der Burgermeisterin angesehen sey; Dahero/ und weil diese eben das Jenige suchte/ nahmen sie mit einander Abrede/ daß sie es ihm wol- te zu wissen thun/ wann ihr Mann auf seinen Maͤyer- Hof/ auf welchem er Kornschnitter haͤtte/ außgehen wuͤrde/ so koͤnne er sich zu ihr begeben/ und die gantze Nacht in aller Froͤlichkeit bey ihr zubringen/ dann sie liebe seine Person mehr/ als ihren alten Mann/ dar- um habe sie auch also fuͤr seine Erledigung gebet- ten/ Romans II. Buch. ten/ welche sie wolte erhalten haben/ waͤre er auch gleich schuldig gewesen. Es fuͤgte sich aber/ daß der Mann noch densel- ben Abend sich auf das Land begab/ und der Frauen befahl/ am folgenden Tag zu ihm zu kommen. Da- hero sie diese Zeitung unserm Venereo bald durch ihre vertraute Magd zu wissen thaͤte/ der sich dann vor der Mahlzeit auß seiner Herberge erhub/ und nach- dem er um das Staͤdtlein spatzieren gegangen/ kam er zu einem andern Thor herein/ und auf Anweisung der Magd/ gerade vor die Hinter-Thuͤr zu deß Bur- germeisters Hof. Hieselbst kehrete er unvermerckt ein/ und weil die Magd mit der jungen Frauen gantz allein im Hauß/ setzte sich diese mit ihrem Courtisan an die Tafel/ dann sie hatte wacker zugerichtet/ und machten sich froͤlich. Wie endlich sie es also selber verlangeten/ giengen sie nach deß Herꝛn Burgermei- sters Bette/ darinn sie einen solchen Handel mit ein- ander in der Stille anfiengen/ der dem Burgermei- ster gar nicht gefallen kunte. Aber auf diese Lust folgete bald hernach eine grosse Unlust/ dann der Burgermeister hatte verges- sen/ Geld vor seine Schnitter mitzunehmen/ kehrete demnach um Mitternacht wieder nach dem Staͤdt- lein/ und ob die Thore gleich zugesteckt waren/ erkann- te ihn doch der Kuͤh-Hirt/ so auf dem Thor wohnete/ an seinem Raͤuspern alsobald/ sprang demnach in vollem Spruͤngen herunter/ und eroͤffnete das Thor. Der gute Burgermeister wolte seine Frau nicht auß dem Schlaff verstoͤren/ und deßwegen an der grossen Hauß-Thuͤr nicht anklopffen/ sondern gieng vor die Hinter-Thuͤr/ welche er durch einen besondern Schluͤssel/ den er staͤts bey sich trug/ aufschliessen kunte, Als er aber dieselbe nicht verschlossen fand/ P p 2 traume- Deß Academi schen traumete ihm alsobald nichts Gutes/ dahero gieng er im Hauß herum/ und fand die Magd in einer Kam- mer schlaffend sitzen/ bey einem brennenden Liecht/ dieses nahm er in die Hand/ und schlich fein gemach in seiner Frauen Schlaff-Zimmer/ allwo er dieselbe in deß Venerei Armen ligen fand. Er hatte die Frau von Hertzen lieb/ und besor- gete/ wann er sich an dem Venereo, den er alsobald er- kannte/ vergriffe/ so moͤchte es ihm schlecht außschla- gen/ sonsten haͤtte er sie mit seinem langen Rapier/ das an der Wand hieng/ alle Beyde erstochen/ gleich- wol/ damit er die Sache recht anfieng/ schlosse er die Thuͤr fein sachte zu/ ließ sie in ihrem festen Schlaff/ gieng zu seinem Nachbarn/ weckete ihn auf/ und nahm denselben samt seinem Knecht und der Frauen/ als Zeugen/ mit sich zuruͤck/ denen er seine Frau/ und den Ehebrecher in ihren Armen zeigete. Diese wach- ten uͤber dem Gepoͤlter auf/ und erschracken deß Han- dels sehr/ daß sie daruͤber schier auß der Haut gefah- ren waͤren. Venereus sprang Augenblicklich auß dem Bette/ und lieff nach seinem Degen/ aber derselbe war schon weggenommen. Also ward ein grosses Getuͤmmel in der Strassen/ woruͤber die Nachbarn herzu kamen/ und den Venereum auf das eine Thor gefangen setzeten/ die Frau aber ward in ihrem Hauß bewachet. Es ist hierbey anzumercken/ daß man in gantz Graubuͤnden vor einem halben Jahr ein Gesetz gemacht/ daß eine Frau/ die bey einem andern Mañs- Bild in Unzucht ergriffen wuͤrde/ ohne weitern Pro- cess solte verbrandt werden/ dessen erinnerte sich die Burgermeisterin/ dannenhero war ihr nicht wol bey der Sache. Wie darauf der helle Morgen anbrach/ kam der obriste Land-Vogt/ ein hoch-verstaͤndiger Edelmann/ der erst vor 4. Wochen zu dieser Wuͤrde erho- Romans II. Buch. erhoben worden/ nach Colli, um dem Schaͤfer sein Urtheil zu sprechen/ welchem auch darauf auferleget ward/ alles Geld/ so er von den Juden genossen/ und dessen Summa er eydlich erhalten muste/ biß auf den geringsten Pfenning herbey zu schaffen/ welches samt allen Schafen/ die ihm eigenthumlich zugehoͤrten/ dem Gericht solten verfallen seyn/ im uͤbrigen ward er absolvi ret/ und passi rte vor einen Schaͤfer/ wie vor- hin. Die Judenschafft aber/ so darbey interessi ret/ und zu diesem deß Schaͤfers Geld etwas conferi ret hatte/ ward auf 1000. Reichs-Thaler Straffe con- demni ret/ solche innerhalb zweymahl 24. Stunden zu erlegen. Hierauf ward auch die gefangene Burgermei- sterin vor das hohe Gericht gefuͤhret/ und weil ein Jeder grosses Mitleyden mit ihr hatte/ auch Verlan- gen trug/ zu vernehmen/ welcher Massen sie sich ver- antworten wuͤrde/ so ward sie von einer grossen An- zahl Menschen/ beyderley Geschlechts/ dahin beglei- tet. Der Burgermeister/ ihr Mann/ brachte seine Klage vor/ und darauf befahl ihr der grosse Land- Vogt sich zu verantworten. Sie fassete also einen guten Muth/ und sagte: Großgebietender Herꝛ/ cs ist zwar von den Maͤnnern dieses Landes vor einem halben Jahr ein Gesetz gemacht worden/ Krafft des- sen eine Ehe-Frau/ wann sie bey einem andern Mann in Liebes-Wercken ergriffen wuͤrde/ solle verbrandt werden. Dieses Gesetz ist wider das Recht der Na- tur/ und auf der hoͤchsten Unbillichkeit gegruͤndet/ weil es nur uͤber die Frauen gegeben/ und nicht auch uͤber die Maͤnner/ also ist unser Geschlecht allein Straff- faͤllig/ und die Maͤnner moͤgen thun/ was sie wollen/ so hafftet das Gesetz nicht an ihnen. Das Gesetz ist allein von Maͤnnern gemacht/ und keine Frau ist dar- P p 3 uͤber Deß Academi schen uͤber zu Rath gezogen/ wann aber ein Gesetz von allem Volck seine Krafft zu erwarten hat/ ist dieses unguͤltig/ als darein die Frauen noch nimmer gewilli- get. Dieser Rede verwunderten sich alle Zuhoͤrer/ und der Land-Vogt selber gab ihr einen freundlichen Winck/ und dardurch zu verstehen/ daß er ihr gnaͤdi- ger Richter sey. Hierauf fiengen alle gegenwaͤrtige Frauen an zu protesti ren/ wider die Unbillichkeit die- ses Gesetzes/ lobeten der Burgermeisterin Entschul- digung/ und wolten sie freygesprochen wissen/ biß man ein ander Gesetz/ welches Recht-fertiger/ als die- ses waͤre/ gemacht haͤtte. Der Land-Vogt winckete/ sie solten sich zufrieden geben/ und sprach zur Burger- meisterin/ ob sie auch sonsten annoch etwas Erheb- liches einzuwenden haͤtte/ so moͤchte sie es nur frey herauß sagen. Sie dachte/ es ist doch jetzo an dem/ da es heisset: Vogel friß/ oder stirb/ dahero wolte sie auch ihres Mundleders keines Weges schonen/ sondern sprach: Auf eure Verguͤnstigung Herꝛ Ober-Land-Vogt: Mein Mann ist ein alter Mann/ und ich bin noch jung/ er hat mich zu seiner Frauen genommen/ darum gebuͤhret es ihm auch/ daß er seinen Acker gebuͤhrlich bestelle. Jch habe ihm allemahl seinen Willen erfuͤl- let/ und bin ihm niemahls zuwider gewesen/ aber in 4. Jahren habe ich noch keine Leibes-Erben von ihm erlanget/ welche doch der Ehe rechter und eigentlicher Zweck sind. Jch habe ihn gnug ersaͤttiget/ aber doch allemahl so viel uͤbrig behalten/ daß ich es endlich nicht alle bewahren koͤnnen/ solte ich aber diesen Uber- fluß fuͤr die Hunde werffen? das waͤre ein Greuel/ der auch den Heyden zuwider. Jch habe den Vene- reum auß reiner Liebe zu mir genoͤthiget/ und nicht auß geiler Unzucht/ und kan das wol betheuren/ daß ich ihn Romans II. Buch. ihn eben so sehr liebe/ als meinen alten Mann. Jch habe es nicht um Gewinstes oder Geldes willen ge- than/ sondern auß purer Affection, so bedencket dann nun selber/ ob man mich mit derselbigen Straffe be- legen koͤnne/ welche uns das unrechtfertige Gesetz dicti ret? Der Land-Vogt muste in seinem Hertzen lachen/ er aber fragete jetzo den Burgermeister: Ob er bey suner Frauen allemahl sein Verlangen erhalten? Ja/ sprach dieser/ und mehr/ als ich offt verlanget ha- be. Wolan dann/ fuhr Jener fort/ so hat eure Frau w i der euch nichts gesuͤndiget/ sondern nur das Jeni- ge| was ihr verschmaͤhet/ wol anzubringen sich beflies- sen/ und weil auch nicht erwiesen ist/ daß sie Geld dar- vorempfangen/ welches das Gesetz erfordert/ so gehet mit ihr wieder in euer Hauß/ und lebet hinfuͤhro in Einigkeit/ und dieses spreche ich von Amtswegen. Der Burgermeister war froh/ daß die hohe Obrig- keit seine Frau loßgesprochen hatte/ dann er missete sie nicht gerne/ gieng demnach mit diesem Urtheil nach Hauß/ und ward seine Frau/ als eine Amazonin gleichsam in einem Triumph von den andern Frauen nach Hauß begleitet. Aber Venereus muste das Ge- lach bezahlen/ weil dieser ein Fremdling/ und sich er- kuͤhnet hatte/ in eines andern Hahns Nest seine Eyer zu legen/ so ward er ohne Verhoͤrung verurtheilet/ in deß gehangenen Juden Kleidern auß der Stadt ver- wiesen zu werden/ sein Pferd solte verfallen seyn/ und der Gehenckte solte hinfuͤhro seine Kleider am liechten Galgen tragen. Dieses Urtheil ward auch stehendes Fusses an ihm vollzogen/ ohngeachtet er hefftig dar- wider protesti rte/ und eine gleiche Straffe begehrte/ wie die Burgermeisterin/ weil sie ihn zu sich beruffen/ und er auch nicht mehr gesuͤndiget haͤtte/ als sie/ aber P p 4 es Deß Academi schen es halff alles nichts/ man legete ihm deß Juden Klei- der an/ nahm ihm hingegen seine ab/ und wiese ihn zum Thor hinauß/ mit der Verwarnung/ wofern er sich auf drey Meilen von diesem Ort betretten liesse/ wuͤrde man schaͤrffer mit ihm verfahren muͤssen. Venereus kunte hier keine Huͤlffe erlangen/ em- pfand also einiger Massen die Zuͤchtigung seines ur- reinen Geistes/ also gieng er auß dem Staͤdtlein/ und hatte weder Heller noch Pfenning/ sondern am Lei b trug er einen schwartzen zerlapten Lacken-Rock/ mit gegossenen und meist eingebogenen Zinnern-Knoͤpf- fen. Die Hosen waren von Kalbfell/ und so schm i e- rig/ daß er wol 3. Pfund Schmeer darvon haͤtte a b- schaben moͤgen. An Statt deß Hutes/ trug er e i ne Leinen-Schlaff-Muͤtze/ uñ die Schuhe uñ Struͤmpffe waren so zerrissen/ daß ihm die blossen Beine und Fuͤsse allenthalben herauß gucketen. Das Hemdauf seinem Leibe war auch so grob/ daß es ihn schabete/ als wann er von tausend Floͤhen auf einmahl gebissen wuͤrde. Er gieng fort/ und kam gegen den Mittag zu etlichen Schnittern auf dem Felde/ die eben Mahl- zeit hielten/ weil er nun sehr hungerig/ bathe er sich selber zu Gaste/ und klagete/ daß er von etlichen Rau- bern gepluͤndert worden/ sey sonsten ein Neapolitani- scher Edelmann/ und gedencke nach Teutschland zu raͤysen. Also hatten die Leute Mitleyden mit ihm/ und gaben ihm satt zu essen/ aber ehe er es sich versahe/ kam der Burgermeister auß Colli daher gespatzieret/ dann bey dessen Schnittern asse und trancke er. Dieser kannte den Venereum bald/ jug ihn demnach mit Un- gestuͤm̃ von feinem Felde/ und erzehlete seinen Arbeits- Leuten/ was dieser fuͤr ein Mensch waͤre. Also huben diese Steine auf/ und wolten auf ihn loß gehen/ haͤt- ten seiner auch uͤbel gewartet/ wofern er ihnen nicht durch Romans II. Buch. durch die Schnelligkeit seiner Fuͤssen annoch zeitig entsprungen waͤre. Das VI. Capitul/ Venereus kommt durch einen sonderlichen Zufall wieder in gute Kleider/ und auf ein Pferd. Es fraget sich: Ob der Mann oder das Weib edler sey? Venereus hat mit 2. Damen einen possier- richen Brieff-Wechsel. G Egen Abend kam er zu einem ansehnlichen Hauß/ welches gar lustig auf einer Wiesen stunde/ in dasselbe tratt er hinein/ aber so bald ihn der Edelmann/ der darinn wohnete/ erblickete/ er- kandte er deß Juden Kleidung/ den er vor wenigen Tagen hatte hencken sehen/ weil ihm auch seine Haa- re ziemlich verworren um den Kopff hiengen/ bildete er ihm ein/ dieser sey der Jude selber/ oder zum wenig- sten sein Geist/ und weil er wol wuste/ daß er dessen schaͤrffester Anklaͤger gewesen/ weil er von ihm war bestohlen worden/ glaubete er/ die Seele dieses armen Suͤnders kaͤme anjetzo/ ihn zu plagen. Er lieff dem- nach augenblicklich zur Hinter-Thuͤre hinauß/ und rieff seinen Leuten/ sie moͤchten sich mit der Flucht darvon machen/ ehe sie von diesem Gespenst einiges Ungemach empfuͤnden. Also lieff/ wer lauffen kunte. Venereus aber bedienete sich dieses Mittels zu seinem stattlichen Vortheil/ er suchte im Hauß/ und fand gute Speise/ mit denen und dem gefundenen Wein er sich rechtschaffen labete/ hernach zog er ein braunes Kleid an/ welches in der Kammer hieng/ und dem Edelmann gehoͤrete/ er beharnischte seine Beine auch mit ein Paar starcken Stieffeln und Sporen/ guͤrtete einen guten Degen an den Leib/ gieng in den Stall/ sattelte ein Pferd/ steckete ein Paar guter Pistolen in die Holfftern/ setzete sich darauf/ nachdem er einen kleinen Beutel mit Geld/ der in der Schub-Lade deß P p 5 Tisches Deß Academi schen Tisches lag/ zu sich gestecket/ und ritte noch vor der tunckeln Nacht wieder darvon. Er ruhete diese Nacht in einem Wald/ allwo er seinem Pferde eine frische Graß-Waͤyde goͤnnete/ und als der Tag angebrochen/ ritte er fort/ schlug sich gerade nach Norden/ hielte sich immer ausserhalb der Land-Strassen/ und allen an- dern Wegen/ damit er nicht eingeholet wuͤrde/ und kam gegen Mittag zu einem Kuͤh-Hirten/ welchen er um ein Stuͤcklein Brodts bathe/ dieser reichete ihm solches gerne/ samt einem Stuͤck von einer rohen Sei- ten Speck/ solches warff er in den Magen/ und ritte fort. Gegen den Abend kam er zu einem Hospital, welches auf einem Huͤgel gantz allein lag. Er sprach/ er haͤtte sich verirret/ sie moͤchten ihn doch herbergen. Die Leute nahmen ihn willig auf/ spañeten das Pferd auf eine gute Wiese/ und gaben ihm zu essen/ nach ih- rem besten Vermoͤgen. Am folgenden Morgen gieng er weiter/ kunte aber zu Mittags-Zeit keinen Men- schen noch Wohnung antreffen; Aber gegen den Abend kam er vor die Stadt Sternfeld/ und erfuhr von den Leuten/ daß dieser Ort ausserhalb Graubuͤn- den lige/ dahero kehrete er daselbst ein/ vertauschete am folgenden Morgen bey einem Juben seine Klei- der/ und verkauffete einem Officirer/ der durchpassir- te/ das Pferd/ er handelte aber darfuͤr bald ein an- ders/ und achtete sich an diesem Ort nunmehro sicher gnug/ unerkandt zu seyn/ und von aller Verfolgung befreyet zu bleiben. Er lag in einer Herberge/ bey einem Gastgeber/ der ein verstaͤndiger Mann/ und in seiner Jugend auf der Universit aͤt zu Freyburg im Breißgau etliche Jahre studi ret hatte. Er liebete seine Frau ungemein/ und solches legete sie dergestalt zu ihrem Vortheil auß/ daß sie den Hut bey Zeiten bekommen/ und deß Mannes Romans II. Buch. Mannes voͤllige Meisterin war/ solches merckete er fuͤr allzugrosser Liebe nicht/ dann sie war eine fuͤrtreff- liche Haußhalterin/ und ohne sie wuͤrde er auch in dem Gast-Hof uͤbel zurecht kommen seyn. Es lage aber/ nebst Venereo, ein junger Edelmann auß Schwaben auch in dieser Herberge/ der dem Hospes etliche mahl schimpfflich aufruͤckete/ daß er sich von seiner Frauen solcher Gestalt commandi ren lasse/ die- ser aber lachete/ und sagte er hielte sich fuͤr gluͤckseelig/ daß er eine solche verstaͤndige Frau bekommen/ in- massen doch uͤberal bey den Gelehrten eine Frau fuͤr edler gehalten wuͤrde/ als ein Mann. Der Edelmann sahe ihn hierauf starꝛ an/ und fragete: Ob das sein Ernst waͤre/ und welches er wol fuͤr das Edelste Ge- schoͤpff hielte/ den Mann oder die Frau? W Orauf Venereus sich stehendes Fusses herauß ließ/ daß man sich hierauf nicht lange zu antworten bedencken duͤrffte/ weil GOtt in diesen Terminis das Urtheil selbst gesprochen ha- be: Daß nemlich das Weib dem Mann unterthan seyn solle. Zu deme siehet man nicht/ daß/ als sie auß der Adams-Rippen herfuͤr gebracht/ (dahero sie auch noch solche harte Koͤpffe ha- ben/ wie ihre Materie ist/) von ihr/ wie von allen andern Creatu- ren sey gesagt worden/ daß sie gut sey/ und um Adam zu verhey- rathen/ kunte kein besser Expedien tz gefunden werden/ als daß man ihn erst in den Schlaff braͤchte/ dann/ wann er wacker ge- wesen waͤre/ wurde er sich schwerlich darzu haben resolvi ren/ und verstehen koͤnnen/ da er aber sahe/ daß es ein geschehen Werck ware/ muste er sich wol zufrieden geben/ ja/ das Weib ist esn sol- ches unvollkommenes Thier/ daß Plato nicht wuste/ ob er es un- ter die vernuͤnfftige oder unvernuͤnfftige Thiere zehlen solte. Aristoteles nennet es ein Monstrum. Die Jenigen aber/ die gar gelinde mit ihr umfahren wollen/ sagen/ daß es ein blosser Jrꝛ- thum/ oder Fehler/ der Natur sey/ welche auß Mangel der Hitze nicht habe darzu gelangen koͤnnen/ daß sie ein Maͤnnlein gegeben haͤtte. Jhr verkehrter Sinn erscheinet auch darauß/ daß sie in allen Bewegungen den lincken Fuß vorsetzen/ und man gebe nur unvermerckt Achtung/ wann sie gleiches Fusses stehen/ so wird man sehen/ daß sie mit dem lincken allezeit erst fort tretten. Jm Alten Deß Academi schen Alten Testament waren die Kind-Betterinnen/ die ein Weiblein auf die Welt brachten/ sechzig/ die aber ein Maͤnnlein gebohren/ nur 30. Tage unrein. Die Maͤnnlein werden in 32. die Weiblein aber in 42. Tagen formi ret/ und Jene haben schon im 7. Mond| die andern aber nicht eher/ als im 9. die Vollkommenheit deß Le- bens. Als wann die Natur gleichsam ihre Faute so lange/ als sie koͤnte/ bedecken wolte. Wir sehen auch/ daß/ als der Sathan den Hiob betruͤben wolte/ er ihm alle sein Viehe/ Haͤuser und Kinder wegnahm/ waͤre aber etwas Gutes an seinem Weibe ge- wesen/ wuͤrde er es ihm ohne allen Zweiffel nicht gelassen haben; Er that aber gar klug daran/ weil er wol wuste/ daß sie das je- nige Mittel war/ wodurch er ihn zur Verzweifflung bringen koͤnte/ welches auch/ da es GOtt verhaͤngen wollen/ wol wuͤrde geschehen seyn. Die meisten Naturkuͤndiger vergleichen sie ihres extravagant en Humeurs halben mit den Ziegen; Eine aber ih- rer fuͤrnehmsten Ursachen ist/ daß die Ziegen den Oel-Baum/ welcher das Symbolum deß Friedens ist/ so sehr hassen/ als das Weib demselben zuwider ist. Dann/ zu geschweigen der ersten Scheidung/ die sie zwischen GOtt und dem ersten Menschen mit ihrer Naͤscherey verursachet; So ist annoch heut ihre Ambi- tion, ihre Planderey/ ihre Eigensinnigkeit/ und andere Laster/ fast gemeiniglich die Ursache aller Streitigkeiten/ die sich im Hauß-Stand/ und ausser demselben/ erregen. Der notableste Unterscheid aber unter ihnen ist/ daß die Ziegen ihre Hoͤrner selbsten tragen/ an Statt/ daß die Weiber sie ihren Maͤnnern zu tragen geben. Andere meynen/ daß sie mehr Eigenschafft mit den Maul-Eseln haben; Dann/ der Etymologia von Mulier zu geschweigen/ so ist der Maul-Esel das Allerwildeste und Eigen- sinnigste unter allen Thieren/ welcher sich mehr fuͤr eines Men- schen Schatten/ oder fuͤr einem Baum/ der zur Erden liget/ fuͤrchtet/ als fuͤr den Stecken und Sporen seines Fuͤhrers; Die Weiber thun deßgleichen/ fuͤrchten sich fuͤr allem/ da nichts zu fuͤrchten stehet/ da sie aber Ursach haben zu fuͤrchten/ da scheuen sie sich nicht fuͤr. Der Maul-Esel Eigensinnigkeit ist so groß/ daß gar ein Spruͤchwort darauß worden; Sie ist den Weibern auch fast angebohren/ dann man wird ihrer gar wenig sehen/ welche einem nicht allezeit widersprechen solten. Die Maul-Esel und Weiber gehen beyderseits nicht gern alleine. Jener Schellen und Maulkoͤrbe koͤnnen gar wol mit der andern ihren Ohr-Ge- bencken und Masauen verglichen werden/ sie gehen auch beyder- seits eine gerne vor der andern. Je laͤnger man einen Maul-Esel ruhen Romans II. Buch. ruhen laͤsset/ je steiffer er wird; Also auch/ wann man die Weiber muͤssig gehen laͤsset/ wird auch nicht viel Gutes darauß; Keiner von ihnen laͤsset sich gerne zaͤumen. Der Maul-Esel ist so wilde/ daß er auch deß Nachts im Schlaff schlaͤget und schreyet, Das Weib liget auch oͤffters im Bette/ und ruhet doch deßwegen nicht. Endlich wird einer einen Maul-Esel allezeit so lang fuͤr gar fromm angesehen haben/ biß er endlich einmahl seinen Herꝛn zu guter Letzt mit einem Schlag belohnet; Ein Weib wird fuͤr gar verstaͤndig gehalten werden/ biß ihre Thorheit einmahl auß- bricht; Weßhalben die Araber/ die der Mahometanischen Re- ligion zugethan seynd/ die Weiber in solchem Abscheu haben/ daß sie fuͤr einen vesten Religion s- und Glaubens- Articul halten/ sie werden nach diesem Leben ein absonderliches Paradieß haben/ dann/ wann die Weiber zu ihnen hinein kaͤmen/ meynen sie/ daß ihnen allen ihre Freude wuͤrde verstoͤret werden. Was koͤnnen die Weiber aber fuͤr einen bessern Richter unter den Maͤnnern erwaͤhlen/ als den Salomonem, der ihrer so viel versuchet hat/ und doch fraget: Mulierem fortem quis inveniet? Wo findet man ein weises und Tugendhafftes Weib? Und nachdem er sie mit einem Abgrund verglichen/ beschliesset er: Daß der Weiber Boßheit uͤber alle Boßheit gehe; Ja/ daß der Maͤnner Boßheit oder Mangel besser sey/ als der Weiber Guͤte und Tugend. Diesem antwortete der Hospes: Daß er sonderliche Ur- sach haben muͤste/ seinen Affect en so weit Statt zu geben/ und das Frauen-Zimmer dergestalt/ wie geschehen/ wider aller an- dern Maͤnner Opinion anzugreiffen/ welche alle gnugsam er- weisen/ daß keiner/ (und nicht ohne Ursach/) seiner Meynung sey/ indeme sie das Frauenzim̃er aufs hoͤchste suchen/ und cares- si ren/ zu geschweigen der Æstime, die ein Jeder fuͤr sie hat/ dann man pfleget kein Ding zu suchen/ noch zu æstimi ren/ das verach- tet ist. Daß aber das Frauenzimmer edeler sey/ als die Maͤnner/ wird fuͤrnemlich auß dem Ort/ auß der Materie, in und auß der Ordnung ihrer Schoͤpffung bewiesen. Was das Erste anbe- langet/ so hat Adam nicht die Ehre gehabt/ daß er/ wie die Eva im Jrꝛdischen Paradieß/ sey erschaffen worden. Zum Andern ist sie auß einer viel edlern Materie erschaffen worden/ als der Adam; Dann der Mann ist auß blosser Erden/ die Frau aber auß deß Mannes Rippen gemacht worden; Und darum sagen auch etliche/ daß sie so gerne an deß Mannes Seite sey. Zum Dritten/ die Ordnung der Schoͤpffung betreffend/ siehet man/ daß GOtt in den vermengten Corporibus von den geringsten Dingen Deß Academi schen Dingen angefangen/ und an den Edelsten aufgehoͤret hat/ dann zuerst machte er die Erde und das Meer/ hernacher die Pflan- tzen/ Fische/ und andere Thiere/ darauf hat er den Menschen/ als einen Herꝛn uͤber alle diese Creaturen/ zu allerletzt aber die Frau/ als ein Meister-Stuͤck der Natur/ und Modell aller Tu- genden/ Maistresse deß Manns/ die auch Zufolge der H. Schrifft viel staͤrcker als er/ und consequenter die Meisterin aller Crea- turen ist/ erschaffen. Man kan auch keine Perfection oder Qua- lit aͤt erdencken/ die nicht in einem viel h oͤ hern Grad bey der Frauen/ als bey dem Mann solte gefunden werden. Dann was die Gaben deß Leibes anbelanget/ deren h oͤ chste die Schoͤnheit ist/ haben die Manns-Personen allezeit ihren Process darinn ver- lohren/ werden ihn auch viel weniger in den Gaben deß Ver- standes gewinnen/ weilen derselbe Geist viel staͤrcker und eher bey den Frauens-Leuten reiff ist/ weßwegen sie auch die Gesetze zu 12. Jahren/ die Knaben aber erst zu 14. Jahren Muͤndig er- klaͤren; Sie find ins gemein auch Tugendhaffter als die Maͤn- ner/ haben es auch am meisten Ursach sich dessen zu befleissigen/ damit sie allen Anfechtungen/ so sie taͤglich unterworffen/ wider- stehen koͤnnen. Ja es ist keine Wissenschafft oder Kunst/ darinn nicht eben so beruͤhmte Frauen als Maͤnner gewesen waͤren. Jn den Staats- und Regierungs-Sachen hat man die Semira- ridem und Thomiridem, auch viel Kaͤyserinnen und Koͤnigin- nen gesehen/ daß die Frauen so wol/ als die Maͤnner commandi- ren koͤnnen. Die Amazones, die Jungfer von Orleans, ausser unzaͤhlig Exewpel/ die wir zu unsern Zeiten erlebet/ haben uns auch erwiesen/ daß die Maͤnner nicht allein tapffer und geschickt waͤren Kriege zu fuͤhren. Jn der Philosophie haben wir eine Diotime und Aspasie, in der Astrologia eine Hipatie Alexandri- ne, in der Rede-Kunst eine Tulliam, in der Poësie eine Sapphon, und die 3. Corinn en/ von welchen die Erste den Pindarum, Prin- tzen der Lyrischen Poeten/ fuͤnff mahl uͤberwunden. Jn der Mahler-Kunst eine Irene und Calyphin. Seynd Propheten ge- wesen/ so hat es auch Prophetinnen gegeben. Alle aber diese der Weibs-Leute Tugenden seynd deßwegen nicht so beruͤhmt/ wie sie es meriti rten/ dieweil sie die Maͤnner zu der Kirchen und Haußhaltung verstossen/ wofelbst sie gnug zu thun haben/ ihre der Maͤnner Gebrechen zu ertragen. Ja das Weibliche Ge- schlecht kan sagen/ was ein Loͤw einsmahls einem Kerl antwor- tete/ der ihm ein Gemaͤhld wiese/ worinnen einer einen Loͤwen er- wuͤrgete/ wann nemlich die Loͤwen anfiengen zu mahlen/ wuͤr- dest du vielmehr erschlagene Kerls/ als erschlagene Loͤwen sehen. Also Romans II. Buch. Also auch/ wann die Frauen die Gesetze und Historien geschrie- ben/ so wuͤrde man sehen/ daß sie vielmehr Tugenden erwiesen haͤtten/ als die Maͤnner. Was den Spruch anbelanget/ den man allegi ret hat/ daß nemlich die Fraudem Mann unterthan seyn soll/ gereichet selbiger vielmehr zu ihrer Avantage und Ruhm/ weilen darauß erscheinet/ daß sie nicht zu dem Ende er- schaffen/ und daß es fuͤr dem Fall anders gewesen sey/ solches aber hernacher ihr nur zur Straffe sey auferleget worden. Die andern Sachen/ darauf sich der Vorige beziehet/ sind entweder der Art und Natur/ daß kein gewisser Schluß darauß zu machen stehet/ oder aber Schnur-gleich wider die Erfahrung lauffet/ wil demnach die Zeit spahren/ solche zu beantworten/ und hier- mit beschliessen/ daß die Frau Edler sey/ als der Mann. Der Edelmann aber gab den Schluß folgender Gestalt hierinnen: Daß die Jenigen/ welche die Fuͤrtrefflichkeit deß Manns oder deß Weibs in ihrem Geschlecht erforscheten/ ein Ding suchten/ da es nicht zu finden waͤre/ dann daß der Manu/ ein Mann/ oder eine Frau/ eine Frau sey/ solches thut nichts zum Vorzug/ den man einem oder dem andern geben wolte/ sondern die Fuͤrtrefflichkeit/ so wol deß Manns/ als der Frauen/ bestehet darinnen: Daß einer ein excellenter Mann/ und eine Frau eine excellente Frau sey. Dann gleich wie sich die Jenigen betriegen/ die da sagen/ daß die Leute in diesem oder jenem Lande ein Lafter oder Tugend an sich haben/ weilen Laster- und Tu- gendhafftig seyn/ Personalia, oder persoͤnliche Eigenschafften seynd/ die dem gantzen Weiblichen oder Maͤnnlichen Geschlecht nichts derogi ren/ noch auch einigen Vortheil oder Vorzug geben koͤnnen. Also muß dasselbige auch von dem Mann und von der Frauen/ welche Buͤrger und Einwohner deß gantzen Erd- Craͤyses sind/ verstanden werden/ deren beyder Geschlechte und Jedes in sich selbst consideri ret/ nichts an sich hat/ so nicht sehr schoͤn/ uͤberauß gut/ sehr vollkommen/ und dann consequenter, oder folgig/ sehr Edel sey/ weilen es von einem Schoͤpffer her- kommt/ der ihnen so viel Perfection en und Adel verliehen/ als sie wuͤnschen koͤnten. Wird aber ein oder anderer Mangel bey Mann oder Weib gefunden/ so ist er in den Individuis, und kan der Speciei nicht mehr beygemessen werden/ als dem Generi, oder dem gantzen Menschlichen Geschlecht/ welches vollkommen erschaffen/ und durch die Gnade GOttes/ wann man nur die- selbige nicht vergeblich empfaͤhet/ sondern ihr mit gaͤntzlicher Un- terwerffung deß Willens Statt und Raum gibt/ kraͤfftiglich in uns zu wuͤrcken/ wiederum zur hoͤchsten Vollkommenheit kan gebracht werden. Hiermit Deß Academi schen Hiermit ward der Zanck unter diesen Dreyen geendiget/ ob gleich ein Jeder bey seiner Meynung bestaͤndig bliebe. Jm uͤbrigen verfuͤgte sich der junge Edelmann am andern Tag nachder Mittags-Mahl- zeit zu unserm Venereo, und noͤthigte ihn zu einem Spatzier-Gang/ welchen dieser nicht außschlug/ son- dern sie giengen mit eiander durch eine Gasse/ allwo an einem Fenster in einem ansehnlichen Hauß eine ansehnliche Dame stunde/ welche dem Edelmann auf sein freundliches Zuwincken wol in etwas/ dem Ve- nereo aber noch weit hoͤflicher danckete/ wie sie nun vollends fuͤr das Thor kamen/ forschete Venereus, was diese vor eine Dame sey? Und bekam zur Ant- wort/ daß sie ziemlich hoffaͤrtig/ und zwar gerne mit Manns-Personen umgieng/ aber sie sey darbey gar curieus, und wolle/ daß an ihrem Aufwaͤrter sich nicht der allergeringste Mangel ereigne. Jch selber/ sprach er/ habe manche Visite bey ihr gethan/ aber in der Letzten sie so kaltsinnig befunden/ daß ich mich scheue/ ihr wieder aufzuwarten. Venereus gedachte/ er wolle schon zurechte mit ihr kommen/ betrachtete aber nicht/ daß das Teutsche Frauenzimmer gantz anders/ als das Jtaliaͤnische geartet. Wie sie dem- nach wieder zuruck kamen/ und die Jungfer eben an der Hauß-Thuͤr funden/ ließ sich der junge Edelmann in einen Discurs mit ihr ein/ und dardurch bekam Ve- nereus Anlaß/ auch mit ihr ins Gespraͤch zu kommen. Sie antwortete ihm uͤberauß freundlich/ daß dieser Anlaß dardurch nahm/ zu glauben/ daß sie ihn von Hertzen liebe/ deßwegen kitzelte er sich in seinem Her- tzen/ und bathe um Benennung einer Stunde/ da er ihr wieder aufwarten moͤge/ sie nennete ihm eine Stunde nach der Abend-Mahlzeit desselben Tages/ darauf schieden sie von einander/ und Venereus mey- nete/ Romans II. Buch. nete/ er habe schon gewonnen Spiel. Er lachete den Schwaͤbis. Edelmann auß/ daß er sich nicht besser haͤt- te in den Sattel bey dieser hoch-verstaͤndigen Dam en dringen koͤnnen/ und gieng nach der Mahlzeit wol aufgeputzet nach ihrem Hauß. Sie sasse abermahl auf der Strassen vor ihrer Thuͤr/ aber Venereus haͤt- te sie gerne in das Hauß gehabt/ er begunte ihr viel von seiner unermeßlichen Liebe fuͤrzusagen/ und ver- langete nichts mehr/ als zum Zweck derselben/ aber die Dame ließ ihn daruͤber ablauffen/ und sprach: Wann er anders nichts zu suchen haͤtte/ koͤnne er sich hinfuͤhro ihres Besuchens enthalten/ inmassen sie nimmermehr sich entschliessen koͤnte/ seine Person zu lieben. Dannenhero gieng er gar malcontent wieder nach der Herberge/ und klagete dem Edelmann sein Ungluͤck/ berathschlagete sich zugleich mit ihm/ uͤber eine ehrliche Weise/ sich zu raͤchen. Sie wurden einig/ Venereus solte ihr einen hoͤhnischen Brieff schreiben/ daran wurde sich diese Dame, die doch gar empfind- lich/ weit mehr aͤrgern/ als wann er ihr den alleraͤrge- sten Schimpff anthaͤte. Weil nun Venereus der Sprache nicht vollkommen maͤchtig/ der Edelmann auch kein sonderlicher Orator, deliberi rten sie deß- falls mit dem Hospes, welcher ihnen ein Buch zeige- te/ darinn mancherley seltzame Redens-und Schrifft- Arten zu finden waren. Hierauß formi rten sie nach- folgendes Schreiben an die unbestaͤndige/ curieuse, und ungemein Hochmuͤthige Jungfrau. J Hr wollet mich nicht anhoͤren/ und doch keine Gegnerin seyn fuͤr dem Richter-Stul der Billichkeit; Jhr wollet euch in keine Rechtfertigung einlassen/ weil ich kluͤger bin. Wol! ich weiß/ daß mich die Zeit bald raͤchen wird/ welche an- faͤnget/ euch so viel Falten in das Angesicht zu ziehen/ als ihr Augenblicke gelebet habt/ und alsdann werdet ihr euch nicht Q q mehr Deß Academi schen mehr einfaͤltig nennen koͤnnen/ wann euch der Spiegel/ als Rathgeber eurer vermeynten Schoͤnheit/ mit Fruͤchten auf den Augenschein fuͤhret. Die Jahre rauben alles dahin/ was uns wol gefaͤllet/ uñ werden eurer nicht verschonen/ verzeihet mir doch diese Warheit/ und glaubet/ daß ihr muͤsset alt wer- den/ und zwar in dem Land der Welt/ da die alten Jung frauen haͤßlicher/ als die schoͤnen Affen zu seyn pflegen. Jhr seuffzet uͤber dieser Nachricht/ roͤnt mir aber leichtlich glauben/ wann ihr betrachtet/ daß ihr alle Tage und Stunden naͤher zum Tod kommet/ und nunmehr in dem Ab- und nicht in dem Zu- nehmen seyd/ und die Jahre herbey eylen/ von welchen ihr sagen werdet: Sie gefallen mir nicht/ und ich gefalle nun Niemand nicht. Es ist die Sonne schoͤn/ wann sie untergehet/ der Herbst ist lustig/ wann er Fruͤchte bringet/ die Lampe brenuet hell/ wann sie außloͤschen wil; Aber die veralteten Weiber koͤnnen noch schoͤn/ noch lustig seyn/ noch einigen Glantz von sich geben. Wolt ihr nunmehr hoͤren von kuͤnffti- ger Niederlage eures Hochmuths? Die Roͤthe auf euren Lippen werden alsdann die zerrenden Augen erlangen/ der weisse Glantz eurer Stirne wird alsdann den Mund besitzen/ die schwartze Farbe eurer Augenbraunen/ wird an den Zaͤh- nen zu sehen seyn/ eure Wangen werden unter das Kinn/ und das andere liebe Gut biß unter die Guͤrtel-Staͤtte hangen/ ꝛc. Studiret hierauß/ was euch zu thun/ und befleissiget euch der Demuth/ welche eine Grund-veste ist aller Tugend/ alsdann wil ich wieder kommen/ und mich entschliessen/ ob ich seyn soll. Euer so Tags als Nachts Dienst-beflissener Knecht. Diesen Brieff ließ er durch eine Dirne am fol- genden Morgen der hoffaͤrtigen Jungfrau beybrin- gen/ aber diese sandte ihm gleich uͤber eine Stunde hernach folgende Antwort zu: Unverschaͤmter Juncker: E Uren hoͤflichen Brieff muß ich kuͤrtzlich beantworten/ damit ihr nicht in den Gedancken stehet/ ich gebe euch durch Still- schweigen recht/ und ihr haͤttet gewonnen/ ehe das Spiel außgehet. Auf eine Klage gehoͤret eine Antwort; Jhr seyd einer von denen Gesellen/ welche sich bey jedem Feuer waͤr- men wollen/ die grosse Streiche fuͤrgeben/ Ja/ wie die Maul- wuͤrffe Romans II. Buch. wuͤrffe an allen Orten aufwerffen/ und die Waͤyde verderben. Wer hat euch zu meinem Zuchtmeister verordnet? Jhr wollet mit mir viel Gespraͤch halten/ mich zu unterweisen/ da ihr doch ein Neuling in allen wol anstaͤndigen Sitten/ und habt von der Tugend reden hoͤren/ als von einem Feind. Noch macht ihr euch ein grosses Ansehen/ wie faules Holtz/ das im Finstern leuchtet/ und nicht 3 Heller werth ist. Der Jnhalt eures gantzen Brieffs ist/ daß ich/ wie alle andere Menschen/ alten. Jst dieses eine neue Zeitung? Jst es was besonders/ daß ihr deßwegen die Apothecken eurer Wolredenheit eroͤff- net? Jedermann weiß es/ wann ihr schon still schweiget. Wann man eurer Affentheuerlichen Gespraͤche nicht wil ab- warten/ so muß man hochmuͤthig und stoltz seyn? Wer die Veranlassung zu uͤbler Nachrede vermeydet/ der muß wild und Maͤnner-scheu seyn. Es ist alles gut/ daß wir an einem Ort seynd/ wo man uns Beyde kennet. Das alter/ womit ihr mir drohet/ wird mich so geschwind nicht uͤberfallen/ als euch die Armuth/ und solt ihr wissen/ daß ich keinen schlimmern Mann bekommen koͤnte/ als eben euch/ welcher mir Hunger und Durst zur Morgengabe/ und Mangel und Elend zum Heyrath-Guth zubringen wurde. Glaubet mir/ ich kenne euch so wol/ daß ich euch nicht um eine loͤcherichte Nußscha- len/ oder um einen faulen Birn-Stiel kauffen wolte. Jhr habt gewiß die alten Weiber sehr nahe besehen/ daß ihr sie so wol beschreiben koͤnnet/ wuͤnsche euch deßwegen fuͤr eure Be- muͤhung/ daß ihr ein solches Muͤtterlein/ wie ihr in eurem Brieff abgemahlet/ freyen muͤstet. Studiret hierauß/ wie vertreulich ich es mit euch meyne/ und wann ich euch selbst bey der Nasen/ als einen rechten Hasen gezogen/ so kommet wieder und meldet euch vergebens an/ zu erfahren/ ob ich nicht seyn werde eines tapffern Edelmanns/ als ihr seyd Gehorsame Dienerin. Venereus muste es hierbey bewenden lassen/ der Hospes aber/ der wol merckete/ daß die Pfenninge und der Wechsel nicht so reich bey ihm/ als er sich aͤusserlich hielte/ war bemuͤhet/ ihm eine alte/ jedoch sehr reiche Buͤrgerliche Jungfrau zu zufreyen/ weil ihm auch dieselbe in etwas verwandt/ noͤthigte er sie in sein Hauß zur Mahlzeit/ und also kam Venereus Q q 2 neben Deß Academi schen neben ihr zu sitzen/ der sich dann stellete/ als wann er sie zu heyrathen gesonnen/ gedachte aber nur durch taͤgliches Courtoisi ren ihr die Heller abzulocken/ wel- ches/ ob sie es gleich nicht gar eigentlich merckete/ kun- te sie doch leicht erachten/ daß er mehr ihr Geld/ als ihre Person meyne. Aber wie dem allem/ Venereus brachte eine alte Wasch-Frau auf seine Seite/ die seinethalben die Jungfrau zu etlichen mahlen be- suchen und hoͤflich gruͤssen muste/ dessen diese aber bald uͤberdruͤssig ward/ derowegen schlug sie eben- falls ein Oratori sches Buch auf/ und schrieb darauß folgenden Brieff/ den sie ihn durch gemeltes Wasch- Weib in die Herberge sandte: Monsieur. J Ch haͤtte zwar nicht glauben koͤnnen/ und wuͤrde also viel weniger geglaubet haben/ daß er/ als ein Cavallier/ sich so demuͤthigen/ und seine Liebe an mich/ eine/ ich wil nicht sagen Buͤrgerliche/ sondern schon bealtete Weibs-Person præsenti ren werde. Jnmassen ich dann dem alten Wasch- Weibe niemahlen deßwegen Gehoͤr geben wollen/ ob sie gleich geschworen/ er habe ihr zu seiner Werbung volle Macht und Gewalt verlichen/ biß er endlich nachgehends selber bey ge- gebener Gelegenheit gestern sich gemeldet/ und das Jenige muͤndlich an mich gebracht/ woran seine Gevollmaͤchtigte nun eine lange Zeit gearbeitet. Nun haͤtte ich zwar so ge- schickt seyn sollen/ ihm meine Antwort auch vom Mund auß/ so zierlich zu thun/ gleich wie seine Antede geschehen. Allein/ nachdem ich meine Schwachheit und Unberedsamkeit gerne bekenne/ und daß ich vor Arbeit und Sorge in meines Seel. Vattern Haußhaltung solche Complimenten/ derer er als ein Cavallier wuͤrdig/ nicht begreiffen koͤñen Als habe ich um ei- nen Tag Gedult bey ihm zu meiner Resolution anhalten muͤs- sen/ welche ich gegebener Parole nach/ auch hiermit uͤber- schicke. Bedancke mich demnach vor die hohe Gunst/ indem er sich von dem Thron seines alten Adelichen Geschlechts so tieff erniedrigen/ und eine Buͤrgerliche Weibs-Person seiner Seite wuͤrdigen wil. Jch moͤchte wuͤnschen/ daß ich so hoffaͤr- tig seyn/ und eines Cavalliers Liebste zu werden nicht erbloͤden koͤnte/ Romans II. Buch. koͤnte/ alsdann wuͤrde mir das Jawort gar leicht vom Munde gehen. Allein/ gleich wie mir Jenes unmuͤglich/ also ist auch auf dieses nim̃ermehr ein Absehen oder Hoffnung zu machen. Und wie nun Monsieur uͤber diese meine Antwort/ mit Nein/ nicht erschrecken wird/ also kan ich ihn desto gewisser ver- sichern/ daß ich in dieser Resolution bestaͤndig bleiben/ und da- fern er mir gleich mit weiterm Anhalten Angst machen wol- te/ mich zu keinem Buͤndnuͤß verstehen werde. Dann welche Noth triebe mich/ eines andern Menschen Sclavin zu wer- den? Traun nicht Armuth/ dañ ich kan von meinem Interesse zwey Maͤnner ernaͤhren. Nicht Ehre/ dann ein Bürgerlich Weib/ welches sich Adelich verheyrathet/ wird bey den Ade- lichen Weibern verachtet/ und von ihres Gleichen außge- lachet. So darff ich auch nicht der Liebe wegen eine so gefaͤhr- liche Veraͤnderung vornehmen/ dann ich ja in meiner hitzigen Jugend nicht Mann-tolle gewesen; Also/ wie solte ich jetzt bey meinem kalten Alter auf dergleichen Thorheit gerathen. Keine Manns-Person soll sich ruͤhmen/ daß ich nach ihm ge- sehen/ ich geschweige/ ihm nachgelauffen/ oder sonst eine Sehnsucht an mir mercken lassen. Jm uͤbrigen wuͤnsche ich ihm ein solches Gluͤck/ wo er Schoͤnheit/ Verstand/ Reich- thum/ und zufoͤrderst einen guten Adel antreffen moͤge. Jch aber bleibe bey der Regul: Gleich und Gleich gesellen sich gerne. Adieu. Dieser Brieff reitzete den jaͤhzornigen Jtaliaͤner zu einem grossen Grimm/ und weil es den Hospes selber verdrosse/ daß die Jungfrau seine Parthey nicht annehmen wolte/ halff er dem Venereo folgen- des Antwort-Schreiben stylisi ren: Haut-Knochen- und Runtzel-reiche Jungfrau! R uͤhmet euch doch nicht eurer Keuschheit/ dann kein Mensch mit euren Haut und Beinen eine Suͤnde begehen kan/ son- dern man wuͤrde es eine Knochen- und Bein-Suͤnde/ oder eine Pein deß Feg-Feuers nennen muͤssen. Wer solte oder wolte aber so ungluͤcklich seyn/ und eine solche Adams-Ribbe beflecken/ wel- ches im Paradiß mit Fleisch uͤberzogen gewesen/ nun aber in seiner ersten Gestalt erscheinet. Wann die Seelen eine Empfind- Q q 3 lichkeit Deß Academi schen lichkeit deß Leibs haben/ solte sich die Eure/ wegen ihres harten Lagers/ billich beklagen. Jch bilde mir ein/ wie lang/ wie schmahl/ wie subtil ihr seyd/ und halte euch vor die Linien/ so Apelles und Protogenes gezogen/ dann euch ja die Kuͤnstler/ welche die Floͤhe an die Ketten legen/ schwerlich fangen solten. Zarte Jungfrau/ seyd ihr nicht eine Latern gewesen? Jhr seyd ja so durchsichtig/ wie ein altes Hauß/ und so außgedorret/ daß man eure Gebeine fuͤr Schwefel-Holtz gebrauchen koͤnte. Neh- met eurer wol in Acht/ gehet in den Schatten/ daß die warme Sonne euch nicht anzuͤnden/ und grosses |Ungluͤck auß solcher Brunst erfolgen moͤge/ wann ihr sonderlich bey einem Zeug- Hauß vorbey gehen soltet. Fuͤr dem Wasser habt ihr nichts zu fuͤrchten/ dann ihr seyd so leicht/ daß ihr nicht koͤnt unterfallen. Die Jgel und Stachel-Schweine seyn glatter/ als eure Haut/ und greifft man mit weniger Gefahr eine Dorn-Hecke an/ als euren spitzigen Kinn/ woriñ sich neulich nur noch einer gestochen. Eure Mutter/ da sie mit euch schwanger gegangen/ hat sich an einem Lad-Stecken versehen/ und ihr habt die drey Feinde Menschliches Geschlechts uͤberwunden; Das Fleisch ist von euch gewichen/ oder noch nie bey und an euch gewesen; Die Welt erschroͤcket und fuͤrchtet sich vor eurer Gestalt; Dem Schatten habt ihr nichts/ als etliche Gebeine zu nagen/ uͤber- lassen. Jhr seyd deß Todes natuͤrliche Schwester/ und der Schlaff ist eurer beyder juͤngster Bruder. So bleibet nun schoͤn/ und eine Jungfrau/ so lange ihr lebet. Der Liebes-Pfeil wird auf euren Gebeinen nicht hafften koͤnnen. Fuͤhret euch der Wind nicht hinweg/ so habt ihr keine Gefahr/ weil euer Schatten artig berum wallet. Aber nach eurem Tod werden die Kammacher/ Beindrechsler/ Messerer/ und dergleichen Handwercker/ sich um eure Verlassenschafft reissen. Hiermit verbleibe ich Euer Beflissener Wahrsager. Das VII . Capitul/ Venereus und ein Edelmann haben eine possierliche Ren- contre . Ein schoͤner Discurs uͤber die Frage/ welche die kluͤgeste Leute in der Welt sind? W Essen sich diese alte Jungfrau hierauf mag resolvi ret haben/ kan man nicht wissen/ mas- sen Venereus nicht laͤnger an diesem Ort zu verziehen gedachte/ derowegen eylete er fort/ um wie- der Romans II. Buch. der zu dem Printzen Condado zugelangen/ zumahl er merckete/ daß er bey dem Teutschen Frauenzimmer bey weitem nicht so wol zurechte kommen kunte/ als bey dem Jtaliaͤnischen/ jedoch hatte er Hoffnung daß auf den Universit aͤten er noch ein angenehmes Biß- lein fuͤr sich finden wuͤrde. Solchemnach setzte er sich auf sein Pferd/ und ritte besser nach Norden/ in Hoff- nung/ zu Basel die Ubrigen von seiner Gesellschafft fordersamst wieder einzuholen. Er ritte nach der Mittags-Mahlzeit auß/ und hoffete/ auf den Abend eine bequeme Herberge zu erreichen/ aber er verfehlete deß rechten Weges/ und kam auf einen Bauer-Weg/ der ihn ins Gehoͤltz leitete/ und sich darauf allgemach verlohr/ daß er nicht wuste/ wo auß noch ein. Als es ziemlich spaͤth/ da hoͤrete er Jemand zu Pferd hinter ihm daher traben/ welches er vor ein Gespenst hielte/ und deßwegen in grosse Furcht ge- rieth. Jener kam inzwischen immer naͤher/ und Vene- reus sahe/ daß er auf einem weissen Pferd ritte/ dan- nenhero fassete er alle seine Courage zusammen/ und rieff auß vollem Halse: Wer da! Der andere dar- gegen rieff: Wer bist du vielmehr? Also erkannten sie einander an der Stimme/ dann dieser war der Edelmañ/ der bey Venereo in der Herberge zu Stern- berg gelegen hatte. Dieser sagete: Er habe seinen Weg nach einem reichen Maͤyer/ der dieser Ends im Feld allein wohnete/ gerichtet/ und weil die Nacht daruͤber eingefallen/ sey er vom rechten Weg abkom- men. Er berichtete weiter/ wie dieser Maͤyer eine sehr schoͤne junge Tochter von 16. Jahren habe/ in welche er schon ein gantzes Jahr her hefftig verliebt gewesen/ und weil ihr Vatter allemahl sein guter Freund/ die Tochter auch ihm jedes mahl gnugsame Kennzeichen ihrer hertzlichen Gegen-Liebe ertheilet/ so wuͤnsche er Q q 4 nichts Deß Academi schen nichts mehr/ als daß sie den Hof in dieser Nacht fin- den moͤchten. Da dieser kaum aufgehoͤret hatte zu reden/ da ersahe Venereus durch den Wald hinauß ein Liecht/ dessen sich der Edelmann sehr erfreuete/ dañ er merckete/ daß hieselbst der wolhabende Maͤyer wohnete. Sie ritten demnach darnach zu/ und kamen gluͤcklich vor diese Wohnung/ klopffeten an/ und der Edelmann ward/ samt seinem Gefaͤhrten/ willig ein- gelassen. Der Maͤyer empfieng sie hoͤflich/ ließ also- bald eine gute Mahlzeit anrichten/ worbey sich so wol die Tochter/ als die Mutter/ die noch eine junge schoͤne Frau/ sehr geschaͤfftig erwiesen. Sie speiseten also mit einander/ und als die Mahlzeit gehalten wor- den/ entschuldigte sich der Maͤyer/ daß er sie nicht be- quemlich herbergen koͤnte/ allermassen er im Werck begriffen/ alle seine Gemaͤcher durch Zimmer- und Mauer-Leute außzubessern/ dannenhero habe er| nur eine einzige Schlaff-Kammer/ in welcher aber drey aufgeschlagene Bette/ eines vor ihn und seine Frau/ das Andere vor seine Tochter/ und das Dritte vor ei- nen guten Freund/ wolten sie sich nun in diesem drit- ten Bette behelffen/ koͤnne er ihnen die Stelle wol goͤnnen/ sonsten wisse er ihnen nicht zu rathen/ inmas- sen die Arbeits-Leute ihr Nacht-Lager in dieser Stu- ben zunehmen pflegten. Der junge Edelmann wuͤn- schete nichts mehr/ als nahe bey seiner geliebten Jung- frauen zu schlaffen/ und solcher Gestalt verfuͤgte sich diese am ersten zu Bette/ darauf folgete ihre Mutter/ welche eine Wiege/ darinn ein kleines Toͤchterlein von anderhalb Jahren lag/ vor ihrem Bette stehen hatte/ endlich aber kam der Maͤyer mit seinen zween Gaͤsten hernach/ und legten sich allerseits schlaffen. Gleich wie aber der Maͤyer und seine Frau die- sen Tag uͤber viel umher gegangen/ und mit den Ar- beits- Romans II. Buch. beits-Leuten zu schaffen gehabt/ also waren sie der Nacht-Ruhe hoͤchlich beduͤrfftig/ fielen demnach/ so bald sie nur unter die Decke gekommen/ in einen tief- fen Schlaff. Die Jungfrau hingegen/ als die ihren Liebsten so nahe bey sich sahe/ hielte sich durch aller- hand Einbildungen/ welche ihr von der Liebe an die Hand gegeben wurden/ staͤts munter/ und wolte kein Schlaff in ihren Augen hafften. Dem Edelmann war eben so zu Muth/ er wuͤnschete bey der Jung- frauen zu seyn/ und bey derselben die uͤbrige Zeit der Nacht zu zubringen/ dannenhero/ als er an dem Schnauben wol vernahm/ daß ihre Eltern starck eingeschlaffen/ stund er in hoͤchster Stille auf/ gieng zu der Tochter/ und ob sich gleich dieselbe in der Stille mit den Haͤnden entgegen setzete/ hatte sie doch das Hertz nicht/ den wackern Edelmann zu verrathen/ dannenhero nahm sie ihn willig an/ und machten sich mit einander rechtschaffen lustig/ inmassen sie beyder- seits lange Zeit nach einer solchen Gelegenheit ge- trachtet hatten. Es kam inzwischen den Venereum ein hefftiges Bauchgrimmen an/ daß er nicht wuste/ wo er bleiben solte/ weil er aber im Hauß bey der tunckeln Nacht sich nicht behelffen kunte/ zwang er sich/ und blieb li- gen/ biß nicht lange hernach unten im Hause sich ein Gepoͤlter hoͤren ließ/ dahero die Maͤyerin/ welche dar- uͤber erwachet war/ aufstund/ hinab gieng/ und zusa- he/ was da zu thun sey. Venereus folgete ihr auf dem Fusse/ mit der Entschuldigung/ daß ihn die Natur aufgetrieben haͤtte/ sie zeigete ihm also einen Abtritt/ und nachdem er allda selber sein Geschaͤffte verrichtet/ kehrete er wieder zu seinem Bette/ verirrete sich aber/ und kam vor deß Maͤyers Bette/ woselbst er schier uͤber die Wiege gefallen waͤre/ dahero er dieselbe bey- Q q 5 seit Deß Academi schen seit und vor sein Bett schobe/ um gleichsam in sein rechtes Bette zu kommen/ aber am Schnauben deß Maͤyers hoͤrete er/ daß er geirret/ gieng demnach auf die andere Seite/ und legte sich in sein voriges Bette/ ließ auch die Wiege darvor stehen/ um durch sein Ge- poͤlter den Hauß-Wirth nicht auß seinem Schlaff aufzuwecken. Kaum hatte er sich zurecht geleget/ da kam die Maͤyerin wieder herauf/ nachdem sie die Katz/ welche das Gepoͤlter gemacht/ verjaget hatte/ und wolte zu ihrem Mann einsteigen/ als sie aber die Wiege nicht mehr vorm Bette fand/ meynete sie/ sie haͤtte geirret/ sprach demnach bey ihr selber: Potz Tausend/ ich solte mich schier zu den Fremdlingen ge- leget haben. Darauf suchte sie die Wiege/ und als sie dieselbe gefunden/ ließ sie ihr solche fuͤr einen Weg- Weiser nach ihrer Schlaff-Stelle dienen/ legte sich also zu Venereo ins Bette/ und meynete/ sie laͤge bey ihrem Mann/ dieser verzog nicht lang/ sondern weil ihn ihre huͤbsche Gestalt bey Liecht schon in die Augen gestochen/ machte er sich froͤlich mit ihr/ und verraͤyse- te wol 3. mahl kurtz nach einander uͤber Feld/ welche Kurtzweil ihr dermassen gefiel/ daß sie ihren vermeyn- ten Mann mit hundert Kuͤssen und Backenstreicheln liebelte/ und nicht wuste/ wie ihn diese Lust so schleu- nig ankommen waͤre. Unterdessen hatte der Edelmann seine Vergnuͤ- gung bey der Jungfrauen sattsam erhalten/ derohal- ben stunde er nach Mitternacht auf/ und gieng von ihr/ um sich wieder zu Venereo zu legen/ damit seine That nicht offenbar wuͤrde. Er ward aber/ gleich der Frauen/ durch die Wiege verfuͤhret/ dannenhero tratt er zu dem Bette/ wofuͤr die Wiege nicht stunde/ und legte sich zum Hauß-Wirth/ welcher daruͤber erwach- te/ und weil er meynete/ er laͤge bey seinem Raͤyß- Gefaͤhr- Romans II. Buch. Gefaͤhrten/ erzehlete er ihm mit sanfften Worten die grosse Lust und Ergoͤnung/ so er mit deß Wirths Tochter dort in ihrem Bette gehabt haͤtte. Dieser ließ ihn wol außreden/ und sprach hernach zu ihm: Du magst dir was anders begangen haben/ hast du meine Tochter geschaͤndet/ so wil ich dich deßfalls schon zu Recht zu stellen wissen. Der Edelmann er- schrack dergestalt/ als er den Jrꝛthum der Personen merckete/ daß er kein einziges Woͤrtlein mehr reden kunte. Venereus aber ward von der Wirthin also angesprochen: Mein lieber Mann/ was moͤgen doch Jene dort im Bette zu Zancken haben? Dieser kun- te sich der Antwort nicht entbrechen/ dannenhero sprach er: Jch glaube/ sie reden Beyde im Schlaff. Hierauß erkannte die Frau allererst ihren grossen Jrꝛthum/ schlich demnach fein saͤuberlich auß diesem Bette/ und legte sich zu ihrer Tochter/ da inzwischen der Wirth immerfort brummete/ und es nicht ver- gessen kunte/ daß ihm der Edelmann seine Tochter verderbet hatte. Venereus aber rieff dem Edelmann zu: Komme her Bruder/ ich habe dir es ja wol tau- send mahl gesaget/ du soltest dich deß Nacht-Wan- dels enthalten/ du kommest sonst noch einmahl in grosse Ungelegenheit daruͤber. Zum Wirth sprach er weiter: Wecket doch den Junckern auf/ er redet im Schlaff/ er gehet im Schlaff und thut bey Nacht- Zeiten noch mehr im Schlaff/ und alles was ihm traumet/ das erzehlet er hernach auch im Schlaff. Dem Wirth war es eine Freude/ wann der Edelmañ solches im Schlaff solte geredet haben/ stieß ihn dem- nach etliche mahl in die Seiten/ woruͤber derselbe gleichsam erwachte/ den Schlaff auß den Augen wi- schete/ und deß verwechselten Bettes erschrack/ er ent- schuldigte sich auch gegen den Wirth/ und wandte sein Deß Academi schen sein Gebrechen vor/ Krafft dessen er zu Nacht-Zeiten aufzustehen pflegte/ stund also auf/ und legte sich wie- der zu Venereo in das andere Bette. Die Frau rieff hierauf ihrem Mann zu: So seyd ihr Maͤnner/ sprach sie/ deß Abends saufft ihr euch so voll/ daß ihr nicht wisset/ was ihr deß Nachts thut/ wie solte der Juncker doch zu unserer Tochter kommen seyn/ da ich doch bey ihr die gantze Nacht geschlaffen habe. Als der Wirth dieses hoͤrete/ stellete er sich vollends zufrieden/ und weil die Tochter die Mutter uͤberredete/ daß sie von dem Edelmann nicht das Geringste wuͤste/ troͤstete sie sich in ihrem Hertzen der grossen Lust/ so sie von Venereo genossen/ und meynete/ sie habe allein gewachet/ und alle Gluͤcksee- ligkeiten dieser Nacht gantz allein gehabt. Als end- lich der Tag anbrach/ stunden sie nach einander auf/ und die sich diese Nacht uͤber gesprochen/ wincketen einander mit den Augen/ woruͤber der arme Hauß- Wirth zu kurtz kam. Mutter und Tochter richteten ein gutes Fruͤhstuͤck zu/ bey welchem die zween Came- raden ihren freundlichen Abschied nahmen/ und dar- auf ritte ein Jeder seines Weges ins besonder. Venereus kam auf seiner Raͤyse um den Mittag in einen grossen Flecken/ da er in einer ansehnlichen Herberge einkehrete/ allwo etliche Fremde sich eben zu Tisch setzen wolten. Er kam demnach gar recht zu einer guten Mahlzeit. Diese Fremdlinge waren auß verschiedenen Laͤndern/ nemlich Teutschen/ Frantzo- sen/ Spanier/ Jtaliaͤner und Schweden/ und weil sie allerseits gelehrte Leute/ discurri rten sie von allerhand Materi en/ kamen aber bald auf die Frage/ welches doch wol die vernuͤnfftigsten Leute waͤren? Da sich dann ein Jeder bemuͤhete/ seinen Lands-Leuten das Wort zu fuͤhren/ und denselben diesen Preiß zu zu- sprechen. Romans II. Buch. sprechen. Einer aber von der Gesellschafft/ der sich unpartheyisch hielte/ discurri rte gantz auß einem an- dern Fasse. Diese Frage/ sprach er/ so weitlaͤufftig sie ist/ kan von allen Voͤlckern ins gemein/ von den Temperament en/ Exerciti en/ oder auch von den viel- faͤltigen Amts Verwaltungen verstanden werden; Wann man von den Voͤlckern reden wil/ halte ich meines Theils darfuͤr/ daß gleich wie nicht allein die Orientalische Pflantzen/ Perlen und Edelgesteine weit edler und reiner sind/ als einige andere in der gantzen Welt/ also verhalte es sich auch mit den In- geniis, darvon die Ursach zu seyn scheinet/ daß die Sonne/ welche zusamt den andern Him̃lischen Coͤr- pern und Gestirn/ durch das Liecht ihre Influen tzen in uns außgeusst/ den Orientalischen Voͤlckern die Erst- linge derer Influen tzen mittheile/ die alsdann aller Impression en Art nach/ viel kraͤfftiger sind/ wann sie sich erstlich ergiessen/ als wann sie sich schon eine Zeit- lang uͤberall außgebreitet haben/ wie man dergleichen an dem Rauchwerck und andern Duͤnsten observi ren kan. Soll die Frage aber von den Temperament en verstanden werden/ so gebe ich den Sanguineis, oder Blut-reichen Leuten den Preiß/ erstlich/ weil es die gesundeste Complexion, und die Gesundheit die noth- wendigste Condition und Mittel zum guten Ver- stand ist/ welcher in einem krancken Leib nicht so wol/ als in einem gesunden agi ren kan. Zweytens/ weil das Blut die naͤchste und eigentlichste Materie der Geister deß Lebens ist/ und daß derohalben der Jeni- ge/ so Blut-reich/ oder viel Blut hat/ nothwendig viel Spiritus haben muß. Drittens/ weil es der Verlieb- ten ihre Complexion ist/ welche die Ingenieus esten auf Erden seynd/ daher der Poet saget: Quis fallere po- test Amantem? Wer kan einen Verliebten betruͤgen? Wann Deß Academi schen Wann man aber fraget/ in was Exerciti en oder Aemtern es die ingenieus esten Leute gibt? Muß ich bekeñen daß hierauf nicht wol zu antworten sey/ weil heutiges Tages in allen Profession en solche kluge Koͤpffe gefunden werden/ daß man schwerlich sagen kan/ in welcher die Ingenieus esten seynd. Etliche werden die Theologos und Scholasticos darfuͤr hal- ten/ angesehen ihre Disput en voller Spitzfuͤndigkeit. Etliche die Medicos, die auch durch ihre vernuͤnfftige Schluß-Reden und Muthmassungen die Ursachen der Kranckheiten errathen. Etliche die Mathemati- cos, die biß in den Himmel durchdringen. Jch mei- nes Theils wil denen Beyfall geben/ die es mit den Rechtsgelehrten und Practicis halten/ weilen sie nicht allein so behend in anderer Leute Sachen ihr eigenes Interesse finden koͤnnen/ sondern auch noch darzu alle Physicos Luͤgen straffen/ da sie statui ren/ daß alles/ was einen Anfang hat/ auch ein Ende habe/ da hinge- gen sie ihre Processe unendlich oder unsterblich ma- chen koͤnnen; An statt/ daß die Naturkuͤndiger nur quatuor Causas Rerum setzen/ so machen die Causidici Causas infinitas. Endlich erweisen sie mit der Par- theyen ihren Beuteln/ daß der Physicorum Lehre oder Maxime, quod non detur vacuum in natura, falsch und zu verwerffen sey. Hierauf ward geantwortet: Daß die Jenigen/ so den Bau der Welt wol betrachten/ eigentlich dar- von zu reden/ keine Orientali sche oder Occidentali sche Theile darinnen finden werden/ weil solche Namen nur in Vergleichung mit unserer Wohn-Stadt er- funden worden/ denen das eine Volck Orientali sch/ das andere Occidentali sch/ nachdem sie von uns gegen Morgen oder Abend gelegen sind/ dann die Welt ist sonsten rund/ und alle Theile einer Sphæren, oder Kugel/ Romans II. Buch. Kugel/ seynd von einerley Natur. Wird aber einiger Unterschied darinn gefunden/ so muß er anders wo- her/ als auß den 4. Theilen der Welt/ fuͤrnemlich aber auß der Kaͤlte und Hitze beschlossen werden. Auf diese Weise werden die Jenigen/ so unter den Polis leben/ einer gantz andern Complexion deß Leibes und deß Verstandes seyn/ als die Jenige/ die unter den Tropicis wohnen/ und dem Zufolge/ muͤssen die Ein- wohner der temperi rten Zon en/ die Sinn-reichsten seyn/ weilen die Kaͤlte dem Leben gar zu sehr zuwider ist/ daß grosser Verstand darauß solte kommen koͤn- nen/ und die uͤberauß grosse Hitze die Humeur en nicht weniger inwendig als außwendig verbrennet/ wie solches das wollichte Haar und die schwartze Farbe der Leute außweisen/ die dergleichen Hitze ertragen. Was das Temperament anlanget/ kan das Sangui- ni sche darzu nicht das Geschickteste seyn/ weilen es den Siñen gar zu sehr nachhaͤnget/ und gar zu mitley- dig ist/ wegen der Weichlichkeit der Humeur en/ da hingegen das Temperament bey einem verstaͤndigen Menschen moderi ret seyn soll. Aber allem Ansehen nach/ gibt die natuͤrliche Melancholia die beste Dispo- sition zu einem guten Verstand; Dann sie macht ein solides Judicium, und ein ehrbar/ bestaͤndig/ ge- dultig und maͤssiges Gemuͤth/ welches die fuͤrnehm- sten Saͤulen der Klugheit seynd. Der Dritte beschloß: Daß Sinn-reich oder Dum̃ seyn/ nicht von den Climat en noch Tempera- ment en dependi rte. Dann das Erste erschiene dar- auß: Gleichwie in allen Laͤndern gute und boͤse Leute sind/ also werden auch Kluge und Narren/ Sinn- reiche und Dum̃e darinnen gefunden. Dann/ weil unsere Seele weder von der Erden/ noch von dem aͤusserlichen Himmel oder Firmament kommt/ und die Deß Academi schen die Distinction en in Polos, Zonas und Climata, wor- mit man diesen getheilet hat/ ein blosses Behuͤlff un- serer blinden Unwissenheit ist/ damit wir uns die Situa- tion der Laͤnder desto besser einbilden koͤnten/ so kan man die Variet aͤt und grossen Unterscheid in den In- geniis der Menschen/ weder dem Himmel noch der Erden zuschreiben. Was das Temperament anlan- get/ ist es der vernuͤnfftigen Seelen præjudici rlich/ daß man diese Eigenschafft und Krafft den Menschen weiß und verstaͤndig zu machen/ den Humor en zu- schreiben wil/ dann weil die Seele ohne Leib ist/ so hat sie auch keiner leiblichen Werckzeuge vonnoͤthen/ ihre Action en zu verrichten/ sondern wie sie gantz Goͤttlich und GOttes Ebenbild/ so ist sie auch von Natur wissend/ und erkennet durch die Vernunfft/ als ihre aͤlteste Facult aͤt/ alle Geheimnuͤssen der Natur. Dann wann die Actiones der Erkanntnuͤß und der Pruden tz von den Humor en dependi rten und herruͤhrten/ wuͤr- de darauß folgen/ daß das Jenige/ was heute mein Raisonnement in mir verursachte/ gestern meine Nah- rung gewesen waͤre. Und also wurden diese Dinge/ die nur vegetative und sensitive Actiones gehabt/ wie sie im Leben gewesen/ nach ihrem Tod Intellectuales oder verstaͤndliche Wuͤrckungen herfuͤr bringen. Es seynd nur allein die Geister/ die sich bewegen/ und un- sere Humor en zur Action erregen. Wann Jene er- mangeln/ bleiben diese Krafft-loß/ und gleichwol seynd diese Geister/ die gleichsam der Wagen seynd/ worauf die vernuͤnfftige Seele herfaͤhret/ nicht ein- mahl die Ursach der Wissenschafft und Klugheit/ sondern nur allein deß Lebens/ um so viel weniger kan man es dann den Humor en zuschreiben. Wann man dann eigentlich von der Sachen reden wil/ muß man sagen/ daß die uͤbernatuͤrliche Gaben deß Verstandes unmit- Romans II. Buch. unmittelbar von GOtt kom̃en/ die Natuͤrliche koͤnnen uns zum Theil angeerbet werden/ wie man verschie- dene Exempel darvon hat/ daß die Gaben deß Ver- standes eine geraume Zeit in den Geschlechtern con- tinui ret werden. Zum Theil hilfft darzu die Erzie- hung und Information, die Conversation und Ge- meinschafft mit Sinn-reichen gelehrten Leuten/ die Lust und Liebe etwas zu lernen/ zuforderst aber die Constellation und eines Jedweden Horoscopus, wor- durch dann nicht allein ein natuͤrlicher Trieb zu dieser oder jener Wissenschafft erwecket/ und maͤchtig ent- zuͤndet wird/ sondern auch die Mittel darzu zu gelan- gen/ faciliti ret und befoͤrdert werden. Das VIII . Capitul/ Allhier fraget sichs: Ob ein Reicher oder ein Armer geschick- ker sey zur Weißheit und guten Wissenschafften. Venereus wird bestohten/ kommt aber auf eine seltzame Weise wieder zu Kleidern und Geld. A Ls dieser außgeredet hatte/ sprach Venereus: Meine Herren/ ich glaube/ daß die jenigen Leu- te fuͤr die Verstaͤndigsten zu æstimi ren/ welche das meiste Geld haben/ dann dardurch koͤnnen sie alle die jenige Mittel leichtlich erlangen/ dardurch man zur Weißheit gelanget/ welche einem armen Schlu- cker benommen sind. Aber es widersprach ihm ein Teutscher/ und behauptete/ daß ein armer Mensch leichter zur Weißheit gelangen koͤnne/ als ein Reicher. Weil die Weißheit/ sprach er/ ein Habitus, der mit Wissenschafften und Tugenden vermenget ist/ so gibt die Armuth zu der einen so wol/ als zu der andern/ mehr Disposition, als der Reichthum. Sintemahl das Ingenium eines Armen zur Wissensehafft viel ge- schickter ist/ als eines Reichen. Gesetzt/ daß die Natur die Gaben deß Gluͤcks mit den Gaben deß Verstan- R r des Deß Academi schen des habe wollen compensi ren; Oder/ daß die Noth und der Hunger den Armen das Ingenium schaͤrffe/ oder/ weil sie von der Muͤhe und Sorge/ die der Reich- thum mit sich bringet/ entschlagen seynd/ dahero sie ein viel geruhigers und geschickters Gemuͤth zu allen Wissenschafften haben/ als welche eine vollkommene Ruhe und Tranquillit aͤt der Seelen erfordern. Was die Tugend anbelanget/ worzu der Steig voller Di- stel und Dornen ist/ hat die Armuth auch einen leich- tern und mehrern Zugang darzu/ als der Reichthum/ nicht nur in dem Evangelio/ da der HErꝛ Christus saget: Daß es leichter sey/ daß ein Cameel durch ein Nadeloͤhr gehe/ als daß ein Reicher ins Himmelreich komme/ dessen Thuͤre gleichwol die Tugenden seynd; Sondern auch dem Moral- Verstand deß jetzigen Le- bens nach/ darinnen zu Folge der H. Schrifft/ die Ar- muth verstaͤndig und klug macht/ und Anlaß gibt zur Maͤssigkeit/ Nuͤchterkeit und Keuschheit/ die von der Armuth ungeschieden seyn. Sie lehret die Gedult/ alles Elend dieses Lebens mit grossem Muth zu er- tragen/ wordurch endlich das Gemuͤth unuͤberwind- lich wird. Da hingegen der Reichthum gemeiniglich mit den Lastern/ die der Weißheit am meisten zuwi- der seynd/ behafftet ist; Als unter andern mit der Einbildung und Vanit aͤt/ oder Eitelkeit/ mit Wollust und Zaͤrtlichkeit/ von welchen Lastern das Erste/ der wahren Wissenschafft gantz entgegen ist/ dann der Hochmuth kommt nur auß Ignorant en/ welche der Printz der Poeten maͤnnlich und arbeitsam nennet. Uber das hat uns auch die Natur selbst sehen lassen/ was deß Reichthums Art sey/ dieweil die Erde/ darin- nen Gold waͤchset/ gemeiniglich eben so unfruchtbar ist/ als das Gemuͤth der Jenigen/ die es besitzen/ und daß die Leute/ die in reichen und guten Laͤndern woh- nen/ Romans II. Buch. nen/ die Lasterhafftigsten/ Faͤulesten und Dum̃esten/ hergegen die Jenigen/ so ein geringes Ort und schlechtes Land besitzen/ ins gemein die Tugendhaff- testen und Sinn-reichesten seynd. Worauf von einem andern geantwortet ward: Daß/ gleich wie die Guͤther deß Gluͤcks so wol/ als deß Leibes/ darzu verordnet seyn/ daß sie den inner- lichen Reichthum deß Verstandes/ durch an die Handgebung unterschiedener Occasion en zur Tu- gendhafften Thaten/ ans Liecht bringen/ befoͤrdern un vermehren sollen; Also waͤren auch die Incom- modit aͤten deß Leibes und deß Gluͤcks die groͤssesten Hindernuͤssen die Guͤther der Seelen/ die in der Per- fection ihrer zweyen fuͤrnehmsten und Edelsten Fa- cult aͤten/ nemlich deß Verstandes und deß Willens/ welches die Wissenschafft und Tugend ist/ bestehen/ zu erwerben/ zu vermehren/ und zum gemeinen Besten kundbar zu machen; Dann die Wissenschafften und freyen Kuͤnste erfordern ein tapffers und freyes Ge- muͤth/ und nicht ein solches Elendes und Niedriges/ wie der Armen Jhres ist/ welches uns das Emblema deß Alciati sehr wol durch den Jenigen repræsenti ret/ der die eine Hand in der Lufft/ und darzu 2. Fluͤgel hat/ die ihm hoͤher fort helffen wollen; Die andere Hand aber/ die an einen schweren Stein gebunden/ ist ihm daran hinderlich. Weil ihr Gemuͤth nur staͤts daran dencket/ wovon es leben/ und womit es sich von dem schweren Joch der Armuth befreyen wolle; Dann diese benimmt ihnen alle Mittel/ lebendige oder stumme Lehrer zu halten; Ja sie macht/ daß sie allen Zwang und Straffe der Gesetze in den Wind schlagen/ und sich selbsten oͤffters dem Wuͤten und der Verzweifflung ergeben/ wordurch sie bewogen werden/ ihr eigen Leben in die Schantze zu setzen/ und R r 2 sich Deß Academi schen sich zu Herren uͤber anderer Leute Leben zu machen. Daher kommt es auch/ daß nicht allem das Mißgoͤn- nen/ das Murmuri ren/ die Aufruͤhre und Abfaͤlle/ ge- meiniglich von armen und elenden Leuten herruͤhren/ als welche Lust und Liebe zu aller Veraͤnderung tra- gen/ weil sie nichts darbey verlieren/ aber wol etwas darbey gewinnen koͤnnen; So seynd sie auch meisten- theils die einzigen Urheber/ aller Dieb-Moͤrd- und Kirchen-Raͤuberey; An Statt/ daß die Reichen Ge- legenheit haben/ von Jugend auf besser erzogen zu werden/ und deßwegen viel behut- und sittsamer in ihren Action en und Handlungen/ mehr zum Guten und zur Tugend geneiget seynd/ die Armen aber und Unvermoͤgenden nichts Namhafftes herfuͤr bringen/ und schaffen koͤnnen. Dahero kom̃t es/ daß man in unserer Sprache den Reichthum nicht ohne Ursach Mittel nennet/ als ohne welche man nicht einem Jed- weden/ was ihm gehoͤret/ geben/ noch die Feinde deß Staats durch einen rechtmaͤssigen Krieg/ dessen fuͤr- nehmste Krafft und Nachdruck im Geld bestehet/ zu- ruck treiben kan. Das ist eben die Ursach/ warum alle Welt nach Geld und Reichthum trachtet/ dann die Famili en/ welche die Saͤulen deß Staats/ werden dardurch/ wann sie rechtmaͤssiger Weise erworben seynd/ conservi ret und erhalten; Der Adel wird von etlichen Politicis darauf gestellet/ alle mit einander seynd sie darinnen einig/ daß der Reichthum dem Adel zur Ehre und Ansehen dienet. Und es ist be- kandt/ daß die Jenigen/ so sich um Geld und Guth nicht so gar sehr bekuͤmmern/ dannoch dessen nicht koͤnnen geuͤbriget seyn/ wo sie nicht betteln gehen wol- len; Es gehet allezeit so her in der Welt/ daß der Reichthum/ er sey gleich erworben/ oder ererbet/ je- des mahl in sonderbarer Acht und Æstime ist/ der Ar- muth Romans II. Buch. muth hingegen haͤnget man leichtlich einen Kleck an/ und haͤlt sie/ als ein Zeichen eines geringen Herkom- mens/ oder einer Nachlaͤssigkeit/ und Verschwende- rey. Weßhalben man anch einem Armen so wenig ein wichtiges Amt/ als grosse Summen Geldes/ an- vertrauet; Und es ist nicht ohne Ursach/ daß der Ar- me kleinmuͤthig ist/ und sich seines Zustandes entzie- het/ und schaͤmet/ dann dieser Mangel hindert an allen seinen Anschlaͤgen/ und liget zu deren Außfuͤh- rung ihm allenthalben in dem Weg. Guth hingegen macht Muth/ treibet einen zu grossen Dingen/ und selbst zur Tugend an; Worzu dañ der Mensch durch erlangetes Lob je mehr und mehr angefrischet wird. Ebener Massen/ wie einer durch Verachtung und Beschimpffung/ die gemeiniglich der Armuth zu fol- gen pfleget/ traͤger zur Tugend und zu allen guten Dingen gemacht wird/ und endlich wol gar daran er- kaltet/ und erstirbet. Und ob zwar die Armuth durch den Mund und Grund der Warheit gelobet ist/ der auch befohlen hat/ daß man den andern Backen hin- halten solle/ denen/ die uns eine Maulschelle geben; Das hindert aber nicht/ (natuͤrlicher Weise darvon zu reden/ wie wir hier thun/) daß sich zu defendi ren nicht besser sey/ als sich lassen die Haut voll schlagen. Ein Jtaliaͤner beschlosse also: Wir muͤssen uns hierinnen auf den allerweisesten Koͤnig Salomonem beruffen/ welcher GOTT bittet/ daß er ihm keinen uͤbrigen Reichthum/ damit er nicht etwan hoffaͤrtig/ und auch keine grosse Armuth/ damit er nicht zum Dieb wuͤrde/ sondern einen mittelmaͤssigen Stand bescheren wolte. Dann/ gleich wie beydes die gar zu grosse Schwerleibigkeit an dem einen/ und das Schwinden und Abnehmen deß Leibes an dem an- dern/ der Gesundheit zuwider seyn/ als welche in ei- R r 3 nem Deß Academi schen nem guten Temperament aller Qualit aͤten bestehet. Also seynd uͤberfluͤssiger Reichthum und bettelhaffte Armuth (wann man sie beyde in solchen Grad stellet/) der Weißheit gleich schaͤdlich; Dann/ wo man in einigem Weg das Mittel oder Mediocrit aͤt dieser Dinge zu desideri ren/ und darnach zu trachten hat; So ist es zu Erlangung so wol der Weißheit/ als der Tugend/ hoch vonnoͤthen/ dann auch diese nur in der Mittelmaaß bestehet. Unter waͤhrendem diesem Discurs lieff die Mahl- zeit zu Ende/ da sich dann die Gesellschafft von einan- der sonderte/ und Jeder seines Weges fortzoge. An- langend unsern Venereum, kunte dieser am selbigem Abend so bald keine Herberge erreichen. Dannenhero ritte er biß in die spaͤte Nacht hinein/ biß er endlich von fernen ein Liecht erblickete nach demselben len- ckete er sein Pferd/ und erreichete endlich/ wiewol ziemlich spaͤt/ ein grosses Hauß. Er stieg daselbst ab/ klopffete an/ und ward willig eingelassen. Die Tafel fande er gedecket/ und also setzte er sich neben den an- andern zu Tisch/ da man ihm/ und allen Anwesenden/ sehr fleissig aufwartete. Aber kein Frauen-Mensch bekam man im gantzen Hauß zu sehen. Als die Mahlzeit endlich geschehen/ fuͤhrete man die Gaͤste in ein grosses Gemach/ darinn eine lange Streu zubereitet war/ und entschuldigete sich der Wirth/ daß ihm seine Bette vor kurtzer Zeit gestohlen worden. Also legeten sie sich in ihren Schlaff-Hosen nieder/ und decketen sich mit den Roͤcken zu/ schlieffen auch die gantze Nacht fein sicher/ und in guter Ruhe/ da sie vielmehr haͤtten wachen moͤgen/ wann sie an- ders nicht haͤtten wollen betrogen seyn. Dann als sie etwa 2. Stunden nach Aufgang der Sonnen ihre Augen auß einem tieffen Schlaff erschlossen/ da sahe sich Romans II. Buch. sich Venereus um/ und fand nur einen einzigen Schlaff-Gesellen neben sich/ der damahlen eben glei- cher Gestalt erwachete. Diese Beyde sahen nun mit offenen Augen/ wie heßlich sie hintergangen waren. Alle ihre Kleider waren mit den andern Menschen zu- gleich unsichtbar worden/ und man hatte ihnen auch so gar die Unter-Hosen und Hemder außgezogen/ und etliche alte Lumpen neben sie geleget/ um ihre Bloͤsse einiger Massen darmit zu bedecken. Sie kunten leicht- lich erachten/ daß sie unter eine boͤse Gesellschafft ge- rathen/ die ihnen diesen Possen gespielet/ und darun- ter der angemassete Wirth ausser Zweiffel der oberste Hahn im Korbe gewesen. Es kunte aber nicht anders seyn/ diese Buben musten sich einer Kunst bedienet haben/ diese 2. Unschuldige in einen solchen Todes- Schlaff zu bringen/ daß sie nicht erwachen koͤnnen/ als man ihnen das Hemd außgezogen hatte. Sie thei- leten demnach die neben ligende alte Lumpen in der Guͤte/ und ein Jeder wand etwas darvon um die Len- den. Der andere bekannte/ daß er ein Teutscher von Geburt/ und nach Venedig auf der Raͤyse begriffen/ auch nicht anders gemeynet/ dann daß er allhier in ei- ne feine Herberge komme. Sie giengen mit ihren meist blossen Leibern nach dem Stall/ und fanden denselben so wol/ als das gantze Hauß so gar außge- leeret/ ihre Pferde/ und alles mit einander/ was sie mitgebracht hatten/ war ihnen diese Nacht gestoh- len/ und fand sich weder Wirth/ noch Gaͤste/ sondern diese 2. Betrogene waren gantz allein/ und von Je- dermann verlassen. Gleichwie aber der Teutsche end- lich nach Suͤden/ also erhub sich hingegen Venereus nach Norden/ und kamen einander bald auß dem Ge- sicht. Dieser wuͤnschete anjetzo bey den heiß brennen- den Sonnen-Strahlen nur ein grobes Leinen-Hemd/ R r 4 sich Deß Academi schen sich darwider zu schuͤtzen/ aber er sahe keine Huͤlffe/ noch einigen Menschen. Um die Mittags-Zeit kam er in ein kleines Dorff/ da ihm alle Kinder nachlieffen/ und meyneten/ er sey nicht recht bey Sinnen/ aber er erzehlete den Leuten sein erlittenes Ungluͤck/ die ihm dann Bericht erthei- leten/ daß es mehr Raͤysenden in jenem Hauß also er- gangen/ als worinn dann und wann sich eine gewisse Diebes, Compagnie einstellete/ worunter sich einer fuͤr den Wirth/ und die andern fuͤr Gaͤste außgeben/ wann alsdann unschuldige Fremdlinge bey ihnen ein- kehreten/ wuͤrden sie von allem beraubet/ was sie ge- habt haͤtten. Es waren aber diese Bauren ziemlich mitleydig mit unserm Venereo, indem ihm der eine ein grobes Hemd/ ein anderer ein Paar Leinen- Struͤmpffe/ ein anderer den rechten/ und ein anderer den lincken Schuh/ ein anderer einen durchsichtigen Hut/ und ein anderer ein Paar zerrissene Hosen zu- warff/ welches alles er keines Weges verschmaͤhete/ sondern/ nachdem er es angeleget/ und sich mit etwas Speisen erquicket hatte/ machte er sich wieder auf den Weg/ und als er zu einem kleinen Bach gekom- men/ besahe er seine Außstaffierung darinn/ und lachete uͤber sich selber/ wann er ihm vorstellete/ wie hoͤchlich sich Condado uͤber seinen Habit wuͤrde ver- wundern/ wann er denselben solte wieder finden. Jn- dem er allhier sasse/ und einen Trunck klaren Was- sers zu sich nahm/ sahe er einen Mann zu Fuß daher kommen/ welchem er sein Ungluͤck erzehlete/ dieser hatte grosses Mitleyden mit ihm/ und nachdem er ihm 2. Pfenninge gereichet/ sprach er: Nehmet fuͤr- lieb hiermit/ mein Freund/ ich habe 2. Jahr gedienet auf einem Adelichen Hof nicht weit von hinnen/ und wann ihr dort auf jenen Berg kommet/ werdet ihr ihn Romans II. Buch. ihn vor euch ligen sehen/ und in dieser gantzen Zeit habe ich kaum ein schlechtes Kleid erworben. Der Edelmann dieses Hofes ist mit seinem Sohn in den Krieg nach Ungarn gezogen/ und hat seine Frau/ samt ihrer Tochter auf dem Hof verlassen/ unter der Auf- sicht eines alten/ sauer-sichtigen und stuͤrmischen Ver- walters/ welcher entweder gebrechliche/ oder gar alte/ oder stumme Leute in Dienste nimmt/ damit die Frau und ihre Tochter nicht mit den Dienern buhlen/ dann sie sind sehr verliebet/ aber der alte Verwalter hat ei- ne genaue Aufsicht auf ihr Thun und Lassen und eben darum nimmt er solche ungeschaffene Leute in ihren Dienst/ also ist mein Buckel Ursache daran/ daß er mich auch angenommen hat/ da ich dann staͤts im Lust-Garten habe gearbeitet. Endlich aber/ weil mir die Arbeit zu schwer/ ich auch es weder der Frauen/ noch der Tochter/ noch dem sturrischen Verwalter/ habe recht machen koͤnnen/ habe ich mich heimlich dar- von gemacht/ und suche jetzo einen andern Herꝛn. Hiermit nahm dieser Mensch seinen Abschied/ und wanderte seines Weges. Venereus gedachte hierauf/ wann er in dieser Frauen Diensten gelangen koͤnte/ wolle er keinen Fleiß sparen/ um nur eine gute Mahlzeit wieder zu erlan- gen/ inmassen er diesen Tag noch wenig genossen/ die mitgetheilete Bauren-Kost ihm auch allzuhart gewe- sen war. Jch wil mich stumm stellen/ sprach er in sei- nem Hertzen/ so moͤchte mich der murrische Verwal- ter etwa in Dienste nehmen/ und vielleicht geniesse ich noch einen guten Zehr-Pfenning von dem Adelichen Fꝛauenzim̃er/ daß ich so dañ meinen Weg moͤge weiteꝛ fortsetzen. Jn dieser Einbildung/ womit er sich selber kitzelte/ stieg er auf den angewiesenen hohen Berg/ und als er dessen Spitze erreichet/ sahe er darunten im R r 5 Thal Deß Academi schen Thal ein schoͤnes Adeliches Schloß ligen/ dahero le- gete er sich auf dem Berg nieder/ und ruhete biß ge- gen den Abend/ da er alsdann sich zu diesem Hauß er- heben wolte/ und wuͤrde man ihm ja ein Nacht-Lager nicht abschlagen. Endlich machte er sich in seinem al- ten zerlappeten Kleid wieder auf die Fuͤsse/ gieng nach dem Edelhof/ und klopffete an/ alsobald erschien der Verwalter selber/ welchem er mit Wincken und Zei- chen zu erkennen gab/ daß er stumm sey/ und ein All- mosen verlange. Der Verwalter/ der eines guten Knechts zum hoͤchsten benoͤthiget/ winckete ihm/ und fragete dardurch gleichsam/ ob er wol arbeiten wolle/ und als er deßfalls von Venereo eine vergnuͤgliche Antwort erlanget/ nahm er ihn in die Kuͤche/ und ließ ihm satt zu essen und zu trincken geben/ hernach ließ er ihn nach dem Heu-Boden fuͤhren/ um darauf zu schlaffen/ dann er besorgete sich/ dieser Lumpen-Hund stecke voll Unzieffer/ mochte ihn deßwegen zu den an- dern Dienst-Botten nicht legen. Am folgenden Tag muste er in den Garten wan- dern/ da reichete man ihm allerhand Gereitschafften/ und wiese ihm die Arbeit an. Er legete seine Hand an/ und weil er annoch ziemlich bey Kraͤfften/ arbeitete er sehr fleissig/ daß ihn der Verwalter deßwegen mit freundlichem Zuwincken preisete. Also hatte er nun- mehro gnug zu thun/ und war alle Tage an seinen Geschaͤfften. Es begab sich aber am dritten Tag nach seiner Ankunfft/ daß er nach eingenommenem Mit- tags-Mahl sich hinter eine Hasel-Hecke an den Schatten schlaffen legete/ und weil eben darauf ein kuͤhles Luͤfftlein entstunde/ warff ihm solches das zer- rissene Kleid von einander/ und entdeckete das Je- nige/ welches die Natur gern im Verborgenen haͤlt. Nicht lange hernach kam die Adeliche Tochter in den Garten/ Romans II. Buch. Garten/ diesen neuen Stummen arbeiten zu sehen/ und wie sie an ihm das Jenige erblickete/ deßgleichen sie wol ihr Lebtage nicht gesehen/ auch sonsten seinen geraden Leib und wol-gebildete Glieder betrachtete/ ward sie durch seine Gestalt gaͤntzlich eingenommen/ und wuste fuͤr Liebe nicht zu bleiben. Sie lieff dem- nach geschwinde in den Hof/ und holete ihre getreue Magd herbey/ welcher sie dieses alles vor Augen zei- gete/ darneben sprechend: Jst es nicht Jammer und Schade/ daß dieser schoͤne Mann keine Sprache hat? Doch ja/ es ist sehr gut/ ich wil mich mit ihm ergoͤtzen/ und er wird mich nicht verrathen. Ach! betrachte doch den zierlichen Leib/ und alle so wol-gebildete Glieder dieses ungluͤckseeligen Stummen. Durch dieses An- schauen ward die Magd gleicher Gestalt entzuͤndet/ daß sie sich nicht zu behalten wuste/ dahero sprach sie: Jungfer/ ich habe wol ehe gehoͤret/ daß keine groͤssere Freude auf Erden/ als die den Eheleuten gemein ist. Habt ihr Lust/ so wollen wir jetzo einen Vorschmack darvon nehmen? Hiermit war die Adeliche Jung- sran zufrieden/ welche auch Standes wegen den Vor- zug haben wolte. Solchem nach wecketen sie den Ve- nereum sanfftmuͤthig auf/ und gaben ihm ihr Ver- langen mit unkeuschen Griffen zu verstehen. Weil er nun eben das Jenige suchete/ war er willig/ und er- zeigete sich darinn/ als ein rechtschaffener Meister. Hernach gab er zu verstehen/ daß er gerne etwas Gu- tes zu essen und zu trincken verlange/ welches ihm die Jungfrau gleich hernach selber brachte. Also hatte diese denselben gantzen Nachmittag ihre kurtzweilige Deutungen mit ihm im Garten/ aber gegen Abend kamen sie von einander. Am folgenden Morgen fruͤhe gieng die Magd allein heimlich in den Garten/ mit ei- nem schoͤnen Fruͤhstuͤck/ und uͤberreichete solches dem Vene- Deß Academi schen Venereo, mit dem Beding/ daß er sie wieder/ wie gestern/ handthieren moͤchte. Hierzu war er willig/ und begabe es sich zu allem Ungluͤck/ daß die Adeliche Wittwe im Fenst er lag/ und von oben herab erblicke- te/ daß diese Beyde hinter der Hecke ein solches We- sen haͤtten. Solchem nach schliche sie gantz behende herunter/ und uͤberraschete diese Beyde in ihrer unge- buͤhrlichen Lust. Dessen dann die Magd dergestalt erschrack/ daß sie sich augenblicklich loß risse/ und auß dem Garten lieffe. Venereus aber/ der alle Scham- hafftigkeit bey dergleichen Begebenheiten auß den Augen setzete/ kehrete sich an nichts/ und die Edel- Frau warff auch alsobald eine grosse Neigung zu ihm. Sie winckete ihm/ er solte ihr folgen/ welches er thate/ und also fuͤhrete sie ihn in ihre Kammer/ schlosse solche hinter sich zu/ und begunte dem Venereo von andern Sachen vorzusagen; Dieser war kein fauler Bengel/ er thaͤte ihr einen solchen Gnuͤgen/ daß sie nach geschehenen Dingen mit einem Seuffzer sprach: Ach! du Edler Leib/ daß dir die Sprache mangeln muß. Venereus gedachte/ es sey nunmehro Zeit/ sich auß der Niedrigkeit zu reissen/ thaͤte demnach seinen Mund auf/ und sprach: Schoͤne Dame! Jch spreche/ wann ihr es verlanget. Mein seltzames Ungluͤck hat mich gezwungen/ daß ich mich stumm gestellet/ die Rauber haben mir alles abgenommen/ ich bin sonsten ein Neapolitanischer Edelmann/ und dieser Orten gantz unbekandt. Als ihn die Frau also reden hoͤrete/ erschrack sie/ aber Venereus schwure/ daß sie seinethalben in keine Nachrede fallen solte. Also gieng er wieder in den Garten/ und arbeitete hernach/ so viel ihm beliebete/ wann auch der Verwalter ihn hart antreiben wolte/ entschuldigte er sich/ daß er kranck sey. Solches gieng zwar Romans II. Buch. zwar diesen Tag hin/ aber am folgenden Morgen laurete Venereus auf ein gutes Fruͤhstuͤck/ welches ihm die Edel-Frau zu schicken verheissen hatte. Jn- zwischen kommt der strenge Verwalter mit einem Pruͤgel herzu gegangen/ und begunte ihn mit Droh- Worten zur Arbeit anzumahnen/ er aber lachete/ welches Jenem dergestalt zu Hertzen gieng/ daß er den Pruͤgel aufhub/ und einen starcken Streich auf den Stummen loß fuͤhrete. Venereus hatte schon ei- nen starcken Ruck halt/ worauf er sich verließ/ lieff demnach dem alten Grunser ein/ risse ihm den Stock auß der Faust/ und schlug ihn darmit so ungewa- schen auf den Kopff/ daß er zu Boden sanck/ wie ein geschlagener Ochse. Solches sahe die Frau/ welche geschwind herzu kam/ und weil sie leicht erachten kun- te/ daß durch den Venereum sie in grosse Ungelegen- heit kommen koͤnte/ so sie ihn laͤnger bey sich behielte/ riethe sie ihm/ in den Stall zu gehen/ und mit dem be- sten Pferd darvon zu reiten/ darzu verehret sie ihm ei- nen Beutel mit 100. Ducaten/ um sich darvon zu kleiden. Der Verwalter bliebe zwar nicht von Stund an todt/ aber seine Sinnen kamen ihm so bald nicht wieder/ dannenhero verfuͤgete sich die Edel-Frau noch vorher mit Venereo in ihr Gemach/ und machte sich fuͤr das Pferd und Geld bezahlet. Damahl er- sahe dieser etliche schoͤne Kleider an der Wand han- gen/ um welche er die Frau begruͤssete/ und sie kunte ihm solche fuͤr grosser Liebe nicht abschlagen/ ob sie gleich ihrem Sohn gehoͤreten. Also zog sich Venereus an/ und præsenti rte sich als ein ansehnlicher Caval- lier, setzte sich darauf zu Pferde/ und ritte zum Thor hinauß. Die Adeliche Jungfrau/ die solches gemer- cket/ hatte sich schon vorher auß dem Hof gemachet/ und wie er sie vorbey reiten wolte/ ergriffe sie das Pferd Deß Academi schen Pferd bey dem Zuͤgel/ und sprach: Weil er ihres Bruders Kleider gestohlen/ so muͤsse er ihr darfuͤr zum wenigsten noch eine Lust machen. Venereus ant- wortete: Schoͤne Jungfrau/ dessen bin ich allemahl erboͤthig/ und bejammere ich deß Verwalters Un- gluͤck/ welches uns von einander verbannet/ dann ich bin nur auf eine Zeitlang stumm gewesen/ im uͤbri- gen von so gutem Adel/ als ihr selber/ er ritte also ne- ben ihr fort/ und wie sie mit einander an einen beque- men Ort kamen/ da erbarmete sich Venercus noch einmahl uͤber die Jungfrau/ welche ihm diesen Gang mit einem Beutel von 30. Ducaten bezahlete/ und darauf schieden sie von einander/ jedoch muste der Jtaliaͤner zusagen/ daß er bald wieder kommen/ und sie besuchen wolle. Das IX . Capitul/ Venereus rettet einen Edelmann/ mit dessen Schwester er eine seltzame Rencontrc hat/ woruͤber derselben Ehemann heßlich be- trogen wird. W Ie er biß um den Mittag fortgeritten/ kam er in ein Staͤdtlein/ darinn er speisete/ und setzte sich alsobald wieder auf. Jn dem naͤch- sten Wald hoͤrete er einen Tumult, und wie er naͤher hinzu kam/ sahe er einen feinen Juͤngling/ welcher mit 2. starcken Bauren zugleich range. Er rieff ihnen zu/ es waͤre unrecht/ daß 2. uͤber einem her waͤren/ sol- ches bewog die Bauren/ daß sie loß liessen/ und dar- von lieffen/ der Juͤngling aber war am Halse derge- stalt angegriffen/ daß er fast keine Lufft mehr holen kunte. Dieser sagete unserm Venereo grossen Danck fuͤr seinen Beystand/ und erzehlete ihm/ daß er ein Edelmann von Bregentz sey/ er sey heute außgegan- gen/ etwas Wild zu schiessen/ und habe diese 2. Bau- ren-Schuͤtzen uͤber einem Hirsch angetroffen. Sie waͤren Romans II. Buch. waͤren aber behende auf ihn loß gangen/ und haͤtten ihn vollends erwuͤrget/ wann er nicht zu rechter Zeit darzu kommen waͤre. Venereus bestriche ihm den Halß mit der blossen Hand/ und brachte ihm denselben ein wenig wieder zurecht/ daß er mit ihm fortgehen kunte. Also giengen sie vorerst zu einem Baum/ an welchem deß Edel- manns Rohr stund/ dieses nahm er zu sich/ und folge- te dem Venereo nach der Stadt Bregentz/ welche am Boden-See liget/ hieselbst wolte der Jtaliaͤner in ei- ne Herberge kehren/ aber der Edelmann wolte solches durchauß nicht gestatten/ sondern fuͤhrete ihn mit sich zu seiner Mutter/ und beyden Bruͤdern/ so alle feine Leute waren/ die ihm alle Hoͤflichkeiten erzeigeten. Es erschiene aber denselben Abend eine sehr schoͤne junge Frau eines Kauffmanns/ die dieser Bruͤder ihre leibliche Schwester war/ bey der Mahlzeit/ und weil ihr Mann damahl eben nicht gar wol auf/ war er zu Hauß geblieben. Diese Frau/ Constantina genannt/ sahe den Venereum alsobald mit verliebten Augen an/ welches dieser/ als der hierauf Wunder-wol ab- gerichtet/ so gleich merckete/ dahero verfuͤgete er sich/ nach gehaltener Mahlzeit/ zu ihr/ als wann er sich in einen Discurs mit ihr einlassen wolte. Gleichwie sie aber eine hitzige Dame, die bey ihrem kalten und alten Kauffmann wenig Freude hatte. Also ward sie mit Venereo deß Handels halben bald richtig. Sie be- schiede ihn auf die naͤchst-folgende Nacht vor ihr Hauß/ welches ihm ihre Bruͤder am Tag schon zei- gen wuͤrden/ daselbst solte er/ nach genommener Ab- rede/ einen seidenen Faden durchs Fenster herab han- gend finden. Hieran solte er ziehen/ und weil sie ihn an der grossen Zaͤhen ihres Fusses im Bette vest ge- macht/ wolle sie ihm dardurch ein Zeichen geben/ ob er zu Deß Academi schen zu ihr kom̃en koͤnte/ oder nicht/ nemlich/ wuͤrde sie den Faden loß lassen/ daß er ihn koͤnte zu sich ziehen/ so solle er nur ein wenig verziehen/ weil sie bald bey ihm seyn wolte/ inmassen ihr Mann alsdann schon einge- schlaffen waͤre/ der auß dem ersten Schlaff nicht so leicht erwachete. Hielte sie aber den Faden an sich/ so koͤnne er zu diesem mahl nur hingehen/ weil der Mañ wachsam sey. Hiermit schieden sie von einander/ und Venereus legete sich am folgenden Tag/ wie hefftig sich auch die Edelleute darwider setzten/ in eine Her- berge/ jedoch muste er gegen den Mittag mit ihnen zu der Constantina gehen/ da sich dann der alte Geitz- Halß/ ihr Mann/ ein wenig angreiffen/ und diese Gaͤste tracti ren muste. Bey dieser Mahlzeit wincke- ten die beyden Verliebten einander gantz unvermerckt mit den Augen/ daß es nemlich bey der Abrede sein Verbleiben haben solle; Und weil der Mann ziem- lich viel Weins eingenommen/ hoffeten sie/ es werde auf den Abend gut gehen. Sie schieden endlich von einander/ und muste Venereus auf den Abend mit den vorigen Edelleuten fpeisen. Er gieng aber fuͤhzeitig nach seiner Herberge/ und um die bestim̃te Stunde tratt er vor deß Kauff- manns Hauß/ da er den Faden fand/ an welchem er sachtmuͤthig zog/ und weil derselbe bald loßgelassen ward/ fassete er einen Muth/ und Hoffnung/ daß die Constantina bald bey ihm seyn wuͤrde. Diese hatte ih- re Magd nach ihrem Willen/ welche den Venereum bald einließ/ und in ein kleines Zimmer fuͤhrete/ allwo sich die Dame in ihrem Schlaff-Kleid bey ihm einstel- lete/ und thaͤten sie daselbst/ was ihnen wol gefiel/ dañ Venereus wuste von keiner andern Lebens-Art/ als von dieser. Endlich riethe ihnen die spaͤte Nacht/ wie- der von einander zu gehen/ jedoch mit dem Verspre- chen/ Romans II. Buch. chen/ daß sie in der folgenden Nacht auf die vorige Weise wieder zu einander zu kommen versprachen. Venereus eylete nach seiner Herberge/ und legete sich schlaffen/ ruhete auch biß an den liechten Morgen/ da ihn schon wieder nach der schoͤnen Constantina ver- langete. Die 3. Bruͤder kamen zu ihm/ und fuhren auf dem Boden-See ein wenig spatzieren mit ihm/ da sie sich mit Fischen ergoͤtzeten/ biß um die Mittags- Stunde/ da er mit ihnen nach ihrem Hauß kehrete/ und wurden sie von der alten Mutter trefflich bewir- thet. Nach gehaltener Mahlzeit ritten sie auf dem Land ein wenig umher/ und als es Abend zu werden begunte/ stellete sich Venereus, als wann er Bauch- Grimmen fuͤhlete/ schiede demnach von ihnen/ und kehrete in seiner Herberge ein/ woselbst er eine gute Abend-Mahlzeit zu sich nahm. Und als nicht lange hernach die benannte Stunde herbey kam/ guͤrtete er einen guten Degen an/ den er ihm gekaufft hatte/ und tratt nach deß Kauffmanns Hauß/ in Hoffnung/ abermahl eine lustige Nacht mit der Constantina zu haben. Es hatte sich aber allhier etwas sonderliches be- geben. Dann/ als der Alte bey seiner Frauen zu ligen kommt/ trug es sich zu/ daß diese/ weil sie in der ver- wichenen Nacht nicht viel geschlaffen/ alsobald in ei- nen tieffen Schlaff verfiel. Jndem sich nun ihr Mann im Bette herum wirfft/ verwickelt er den einen Fuß in dem seydenen Faden/ er greiffet darnach/ und mer- cket/ daß er an der Frauen grossen Zaͤhen vest gebun- den. Er stehet sanfft von ihr auf/ und siehet/ daß der Faden durchs Fenster hinab auf die Strassen haͤn- get/ dencket demnach alsobald/ es sey nicht richtig/ le- get sich wieder zu ihr/ und nachdem er den Faden von ihr abgeloͤset/ bindet er ihn an seinen Fuß. Kaum hatte S s er sich Deß Academi schen er sich also eingerichtet/ da ziehet Venereus daran/ und weil er nicht vest angebunden/ gehet er loß/ und macht dem geilen Jtaliaͤner Hoffnung/ daß die Constantina bald bey ihm seyn werde. Aber Statt ihrer stuͤrmet der Kauffmann mit einem langen Degen in heffti- gem Zorn zu ihm herauß. Venereus vermercket also- bald/ daß die Karte falsch/ zucket sein Wehr/ und de- fendi ret sich gegen den Anspringer/ so gut er kan. Hieruͤber erhebet sich ein Tumult in der Strassen/ daß alle Leute auß den Betten lauffen/ zu sehen/ was da zu thun sey. Jndem aber der Kauffmann den Ve- nereum, den er im Tunckeln nicht erkennen kunte/ ver- folgete/ wird die Frau Constantina von ihrer Magd aufgewecket/ welche ihr erzehlet/ was passi ret sey. Der Frauen ist nicht wol bey der Sachen/ stehet behende auf/ leget ihre Kleider an/ und gedencket deß Mannes Grimm durch eine behende List von ihr abzuwenden. Sie verspricht der Magd guͤldene Berge/ und allen Schaden gut zu thun/ nur daß sie sich an ihrer Stelle ins Bett legete/ und gedultig außhielte/ was der Mann etwa mit ihr vornehmen moͤchte. Die Magd liebete ihre Frau/ folget ihr also/ und als sie sich nie- der geleget/ gehet die Frau in ein ander Gemach. Gleich darauf kommet der rasende Kauffmann wie- der ins Hauß herein gestuͤrmet/ nachdem ihm Vene- reus entwischer/ und verfuͤget sich gerades Weges in seine Schlaff-Kammer: Haha! sprach er/ hast du/ du Hure/ darum das Liecht außgethan/ damit dar- durch deine Schande nicht offenbahr werde! Harre/ du solt mir wol besser beichten/ als deinem Geist- lichen Beicht-Vatter. Hiermit greiffet er nach der Magd/ und meynet/ er habe die Frau vor sich/ schlaͤget sie braun und blau/ daß keine gesunde Stelle an ihrem Leibe/ am allerwenigsten aber an ihrem Gesichte. Die Magd Romans II. Buch. Magd haͤlt gedultig auß/ und saget kein Wort darzu. Endlich aber reisset ihr der Kauffmann die Haube vom Kopff/ langet auß der Taschen eine Scheere her- fuͤr/ und schneidet ihr die meisten Haare im Tunckeln vom Kopff hinweg. Hernach gibt er ihr noch etliche gute Maulschellen/ und gehet darmit zum Hauß hin- auß. Er eylet aber zuforderst nach ihrer Mutter Be- hausung/ und klopffet so lange und ungestuͤmmig lich/ biß man ihm aufthut/ da er dann auf seine Frau gar greulich schmaͤhlet/ und sie fuͤr die leichtfertigste Ehe- brecherin außschilt. Er erzehlet darneben den gantzen Handel/ zeiget ihnen die Haare/ die er ihr abgeschnit- ten/ und bedeutet ihnen/ wie er sie zerschlagen/ daß sie keinem Menschen aͤhnlich sey. Bittet endlich/ ihre Bruͤder moͤchten mit ihm kommen/ und die Schand- Vettel selber anschauen. Sie auch wieder zu sich neh- men/ inmassen er ihrer weiter nicht begehre/ sondern von ihr wolle geschieden seyn/ und hinfuͤhro einsam leben. Die Bruͤder fassen gleich hierauß einen grossen Grimm auf ihre Schwester/ als wordurch ihr gan- tzer Adelicher Stamm beschmitzet werde/ bewaffnen sich/ und wollen mit dem Schwager gehen. Die Mutter aber weinet/ und saget: Jhr lieben Soͤhne/ vernehmet zuvor eurer Schwester Rede/ vielleicht ist ihr der Mann um einer andern Ursache willen gehaͤs- sig worden/ und brauchet sein Fuͤrwenden nur zu ei- nem Deckel. Sie versprechen solches zu thun/ und ge- hen also mit einander hin/ die alte Mutter kleidet sich unterdessen an/ und folget sachte nach. Mittler Zeit hatte sich die Magd auf die Seite gemacht/ und verstecket/ die Constantina aber hatte sich in ihr klei- nes Kaͤmmerlein in ihren taͤglichen Kleidern gesetzet/ da sie ein Gewebe fuͤr sich genommen/ daran sie arbei- S s 2 tete. Deß Academi schen tete. Wie nun der Mann/ mit ihren Bruͤdern/ so Blut-durstig anklopffen/ gehet sie mit dem Liecht hin/ machet ihnen auf/ und verwundert sich uͤber ihre greßliche Antlitze/ sagend: Mit wem habt ihr es zu thun gehabt/ ihr lieben Kinder/ ist euch etwas Leydes widerfahren/ kommet herein/ ich wil euch ein Schreck- Pulver eingeben. Die Bruͤder sehen ihre Schwester gantz unverstoͤret/ und/ daß man nicht das Geringste von Schlaͤgen an ihr mercket/ wissen demnach nicht/ wie sie mit ihr und ihrem Mann daran seyn. Die- ser hingegen schilt sie fuͤr eine leichtfertige Ehebreche- rin/ und gibt ihr sehr unnuͤtze Worte/ worauf sie freundlich lachet/ sagend: Mein lieber Mann/ ihr seyd jetzo/ welches euch leyder! nichts Neues/ wol bezecht/ leget euch nur schlaffen/ ihr wisset nicht/ was auß eurem Munde gehet. Jndem kommet ihre Mut- ter auch herein getretten/ darauf faͤhret der Mann abermahl auf/ haͤlt ihr die Sache mit dem Faden und dem beschiedenen Kerl vor/ erinnert sie auch/ ob sie nicht gute Schlaͤge von ihm bekommen haͤtte? Die Frau verwundert sich/ und spricht: Ach Himmel! mein Mann ist nicht mehr bey Sinnen/ solte er mich wol mit Schlaͤgen duͤrffen tracti ren? Ey so muͤste ich keinen Adelichen Bluts-Tropffen mehr in mei- nem Leibe haben. Jch fuͤrchte/ ihr wuͤrdet bald unter die Fuͤsse geworffen werden. Die Mutter zoͤrnet hier- auf uͤber den Kauffmann/ und sagt: Was habt ihr uns dann fuͤr einen blinden Laͤrmen gemacht? Jch weiß wol/ wie ich meine Tochter in aller Zucht erzo- gen habe. Der Kauffmann stunde/ als ein Erstarreter/ daß er keine Schlaͤge an seiner Frauen sehen kunte/ er langete aber die Haare auß der Taschen herfuͤr/ und sprach: Du boͤses Weib/ habe ich dir nicht diese Haare zum Kennzeichen abgeschnitten? Die Con- stanti- Romans II. Buch. stantina nahm ihre Hauben vom Kopff/ flochte ihre Zoͤpffe auf/ und sprach: Mann/ an welcher Stelle habt ihr mir wol die Haare abgeschnitten? Als man nun auch dieses falsch befand/ da band die Frau recht- schaffen loß: So seyd ihr ein Kerl/ sprach sie/ ihr habt mir lange gnug nachgegangen/ biß ich mich eurem Willen er geben habe/ da ich sonsten wol einen fuͤr nehmen Grafen haͤtte zum Gemahl bekommen koͤnnen/ jetzo/ da ich euch nicht mehr gefalle/ gehet ihr allen Abend in die Huren-Haͤuser/ und habt darinn eure Possen/ da ich inzwischen zu Hause sitze/ und euer manchmahl biß nach Mitternacht warte; Jch habe meine Magd schon vor 2. Stunden außge- sandt/ euch zu suchen/ und sie ist noch nicht wieder kom- men/ wer weiß/ was ihr fuͤr ein Unfall begegnet ist. Jnzwischen sitze ich in meinem Kaͤmmerlein gantz allein/ und bin betruͤbt/ daß mich das Ungluͤck so uͤbel hat angefuͤhret. Als der Mann seine Frau also reden hoͤrete/ waͤ- re er fast naͤrrisch worden/ er wuste kein Wort zu reden/ und stunde da/ als ein Erstarrcter/ aber die drey Jungen von Adel warffen ihn darnieder/ und pruͤ- gelten ihn rechtschaffen ab/ weil er ihre Schwester ohne einzige Ursache also verleumdet hatte/ darauf giengen sie mit der Mutter wieder nach ihrem Hauß/ und bedroheten ihn/ dafern ihre Schwester noch ein- mahl uͤber ihn klagen wuͤrde/ wolten sie schon schaͤrf- fere Mittel wider ihn zur Hand zu nehmen wissen. Hiermit hatte die Comœdie ein Ende/ und der Mann legete sich mit seiner Frauen schlaffen/ verwunderte sich auch/ daß das Bette frisch aufgemacht war/ da- hero er selber auf die Gedancken kam/ er sey truncken/ oder es habe ihm getraumet. Am folgenden Mittag ward Venereus und die Constantina bey ihrer Mutter S s 3 zum Deß Academi schen zum Essen genoͤthiget/ allwo diese ihm alles Haar- kltin erzehlete/ wie sie sich auß ihres eyfferigen Man- nes Klauen loß gewuͤrcket/ welche Spitzfuͤndigkeit der Jtaliaͤner bey einem Teutschen Weibes-Bild nimmermehr gesucht haͤtte. Uber der Mahlzeit for- schete die Adeliche alte Mutter/ worauf sich Venereus legete/ und warum er also in der Fremde herum wal- lete? Er gab zu verstehen/ daß er ein Mus en-Kind/ welches die Wissenschafften und freyen Kuͤnste/ als die in aller Welt hoch geachtet wuͤrden/ auf den Uni- versit aͤten suchete; Forschete auch hingegen/ warum sie keinen von ihren dreyen wackern Soͤhnen haͤtte studi ren lassen? Sie antwortete ihm/ daß sie ihre Kinder allzulieb darzu haͤtte/ daß sie solche in abgele- gene Oerter haͤtte senden sollen. Als ihr aber Vene- reus entgegen hielte/ daß man allenthalben redliche Leute finde/ die sich fremder Kinder von Hertzen wuͤr- den annehmen/ da schuͤttelte sie den Kopff/ und sagte: Mein Herꝛ/ ich kan der jenigen Geschicht nimmer- mehr vergessen/ welche sich mit einem Knaben in Preussen zugetragen/ dahin er von seinen Eltern auch Studi rens halben geschickt/ aber bald hernach verloh- ren/ und erst nach etlichen Jahren wieder gefunden worden. Weil nun Venereus hiervon gern ein Meh- rers gewust haͤtte/ erzehlete ihm die Adeliche Mutter folgende nachdenckliche Geschicht/ so sie in Casp. Hennebergers Preußnischer Land-Tafel/ pag. 225. gelesen hatte. Das X. Capitul/ Eine nachdenckliche Geschicht von einem verlohrnen Schuͤ- ler/ der endlich wieder gefunden ist. Exempel etlicher beruͤhmten Maͤnner/ die von ihnen selber gelehrt worden. E S wohnete/ sprach sie/ unter dem Hertzogen von Cur- land zu Duͤrben ein reicher Pfarꝛ-Herꝛ/ mit Namen Johannes Dimler/ der hatte einen Sohn/ von etwa 16. Jah- Romans II. Buch. 16. Jahren/ auch Johannes genannt; Diesen hat er Anno 1573. nach Koͤnigsberg einem fuͤrnebmen Mann/ Namens Christo- phorus Ungermann/ weicher der Universit aͤt in die 30. Jahr fuͤr einen Secretarium gedienet/ an die Kost gedinget/ daß er ihn zur Schule und fleissigem Studiren halten solle. Diesen Knaben hat ersagter Ungermann zu allem Guten angewiesen. Als er nun ins andere Jahr an seinem Tisch gewesen/ ist das Buͤrschgen etwas muthwillig worden/ und da ihn die Herren Præceptores nach seinem Verdienst gezuͤchtiget und scharff gehalten/ ist er unterweilen hinter die Schule gangen/ endlich seinen Starꝛ- Kopff auf gesetzet/ und darvon gelauffen. Solches ist geschehen den 10. Julii 1575. Weil der Knab auß dem Hauß ward vermisset/ und die guten Leute/ wo er seyn moͤchte/ sich bekuͤmmert/ (dann er/ wie er war gewohnet/ sich in etlichen Tagen nicht wieder eingestellet/) schrieb Ungermann an seinen Vatter/ daß der Sohn entlauffen/ und wie ihm Nachricht worden/ gar darvon gegangen/ dann er von seinem Hauß-Volck so viel verstanden/ daß er 2. Hemder uͤber einander gezogen haͤtte/ und so fortgeschlendert. Der Vatter schreibet in Antwort/ er hoffe ja nicht/ daß er wuͤrde gar aussen bleiben/ und nicht wieder kommen. Da es sich nun etwas verzogen/ daß der entlauffene Pfleg- Sohn nicht wieder kommen/ laͤsset der Pfarrer durch seinen Schwager/ einen Edelmann/ der deß Pfarrern Weibes Schwe- ster hatte/ Barthel von Hohenhusen zugenannt/ einen Kuͤrsch- ner/ der geraume Zeit in deß Ungermanns Hauß war auß- und eingangen/ und sein Gevatter gewesen/ zu sich in Curland holen/ bey demselben zu erkundigen/ wo der Knab doch geblieben? Dieser Kuͤrschner hat sich sonsten allwege fuͤr einen Schwartz- Kuͤnstler und Schatz-Graͤber außgegeben/ und hat dem Edel- mann gesaget/ der Knab sey bereit todt; Dann es haͤtte der Kuͤchenmeister/ Matthaͤus Reutel/ welcher dazumahl/ da der Knab weggekommen/ auch bey dem Ungermann zur Herberge gewesen/ aber seiner Mißhandlung wegen folgender Zeit mit dem Strang hingerichtet worden/ ihm die Koͤhle abgestochen/ und den Coͤrper ins Secret geworffen/ er laͤge auch nicht gar tieff/ weil der Schacht enge/ daß man ihm fast an die Fuͤsse greif- fen koͤnte. Diese Außsage hat der Kuͤrschner in Beywesen vieler von Adel gethan/ derowegen solche der Pfarrer zu Papier brin- gen/ und mit der Edel-Leute/ die deß Kuͤrschners Außsage ange- hoͤret/ auf gedrucktem Pettschafft beglaubigen lassen. Daruͤber S s 4 ist Deß Academi schen ist der Pfarrer Johannes Duͤmler bald nach Koͤnigsberg gezo- gen/ und den Ungermann besprochen/ wie ein Mord in seinem Hauß von dem Kuͤchenmeister an seinem Sohn geschehen waͤ- re/ welcher noch in dem Secret stecken solte/ massen ihm das der Kuͤrschner gesaget. Solches hat den Ungermann befftig ge- schmertzet daß sein Hauß fuͤr eine Mord-Gruben außgeschryen wurde, Hat derowegen zu dem Kuͤrschner/ dessen Namen Matthaͤus Hecht/ geschickt/ (dann er zu Koͤnigsberg dazumahl auf dem Steinthamm gewohnet) und ihn hieruͤber hoͤren wol- len. Als er ankommen/ und Herꝛ Ungermann ihm seine Be- schuldigung in Gegenwart deß Pfarrern und noch anderer gu- ten Leute vorgehalten/ und warum er solche Luͤgen auß zuspren- gen sich erkuͤhnet/ ernstlich befraget/ hat er geantwortet: Es sey ihm durch ein Gesicht im Traum offenbaret worden/ (dann er seine Luͤgen nun mit Traͤumen und Spiegelsehen hat beschoͤ- nen muͤssen/) worauf man bald nach dem Scharffrichter/ Mei- ster Petern/ zu Koͤnigsberg geschickt/ und in Beyseyn glaub- wuͤrdiger Leute/ das Secret eroͤffnet. Dieweil aber nichts darinn gefunden worden/ (sintemahl es gantz enge/ und so klein/ daß auch nicht ein maͤssiger Hund dardurch moͤchte zu Boden ge- bracht werden/) auch der Pfarrer selbst gesehen/ daß er von dem Kuͤrschner betrogen/ hat er gebeten/ Ungermann wolte ihn sei- ner Luͤgen halben/ die er uͤber sein Hauß so freventlich außge- sprenget/ straffen lassen. Hiermit hat Herꝛ Ungermann von Stund an nach den Stadt-Dienern geschickt/ weil aber der Kuͤrschner diß vermercket/ hat er Reiß-auß genommen/ und sich etliche Zeit der Stadt geaͤussert/ der Pfarrer aber gebetten/ daß der Ungermann ihn gleichwol zu Recht verfolgen wolte. Welches er ihm zugesaget/ auch darbey ein Zettelein/ daß er solches wolte thun/ damit er es seiner Ehe-Frauen in Curland zeigen koͤnte/ daruͤber zustellen muͤssen. Dargegen er/ der Pfar- rer/ dem Ungermann zugesaget/ daß er ferner gegen ihn nichts fechten noch suchen wolte/ damit ist er von ihm gar friedlich ab- geschieden. Nachdem der Kuͤrschner bald darauf sich wieder nach Koͤnigsberg eingefunden/ hat ihn Ungermann alsobald zu Hof angeklaget/ woruͤber er auch eingezogen und zu gefaͤng- licher Hafft gebracht worden. Jndem aber Ungermann an das hobe peinliche Halß-Gericht gewiesen/ hat sich der Kuͤrsch- ner an das elende Recht begeben und beruffen/ worauf ihm bald ein Procurator, Namens Lucas Gabriel/ zugeordnet worden. Hiermit Romans II. Buch. Hiermit hat er wiederum aufs Neue/ was er vormahls batte geleugnet/ sich unterftanden vor zubringen/ und nicht allein den Unger mann/ sondern auch sein Hauß-Gesind anzuklagen und zu beschuldigen/ vorgebend/ der Knab sey gleichwol in dem Secret gewesen/ der Scharffrichter aber/ Meister Peter/ habe ihn im Keller durch die Mauer herauß gehauen/ den Coͤrper in ein Faß verspuͤndet/ und in die See fuͤhren lassen/ worauf er gleichfalls gefaͤnglich eingezogen worden. Wie nun Herꝛ Unger- mann den Kuͤrschner nochmahlen Schrifft-und Peinlich ange- klaget/ hat sich dieser excipiendo umgewandt/ und ist ex Reo Actor worden/ also/ daß er desto hefftiger den Ungermann deß Meuchel-Mords zu uͤberfuͤbren angefangen/ hat auch sein Procurator das Feuer also aufgeblasen/ daß die E. Gerichten ihm in seinen Munde sehend/ auf instaͤndiges Anhalten den gu- ten Ungermann und alle seine Hauß-Genossen/ bald nach Ver- lesung deß Kuͤrschners Exception in gleiche Verhafftung mit dem Kuͤrschner condemni rt. Da nun Ungermann also vor Gericht gefaͤnglich ange- nommen/ und es an dem war/ daß auch seine Hauß-Frau/ ihr Schwesterchen und Bruͤderchen/ so wol der Knecht und Magd/ auf Jnstaͤndigkeit deß Lucas Gabriels solten aufs Fuͤrftliche Hauß zu Verhafft gefuͤhret werden/ nahmen sie ihre Zuflucht ins Collegium, und wiewol die Herren Professores viel zu Hof darbey thaͤten/ daß sie der Academi schen Freyheit und deroselben Privilegi en Schutzes geniessen moͤchten/ dannoch war Maͤnnig- lich mit dem vermeynten Meuchel-Mord so eingenommen/ daß sie nichts erhalten/ sondern es solten und musten die Personen sich zur Verhafftung hinauf stellen/ als in einer wichtigsten Criminal -Sache. Haben also Knecht und Magd mit Vorwis- sen der Universit aͤt sich freywillig droben eingestellet/ die Unger- maͤnnische aber/ als damahls sehr schwach/ ist mit ihrem Schwe- ster- und Bruͤderchen/ als unmuͤndigen Kindern/ darinnen verblieben. Als nun der Pfarrer in Curland solches vernommen/ ist er alsobald nach Koͤnigsberg gelanget/ und hat dem Kuͤrschner/ zu Verfolgung deß Ungermanns/ wider sein Wort und Zusage/ den Hof- Caplan, Johann Wernern/ zugeordnet/ an welchen er geschrieben/ daß er moͤchte Fleiß anwenden/ damit nur aufs wenigste der Knecht und die Magd auf die Pein-Banck ge- bracht wuͤrden. Auch nahm er noch einen Procurator an/ mit Namen/ Hanß Braun/ welcher ihm gar fleissig hat gedienet/ S s 5 und Deß Academi schen und allerhand salsche Zeugen auf gesuchet/ da sich dann etliche/ die mit deß Ungermanns Leuten in gutem Vernehmen gewesen/ sich herfuͤr gethan/ wie man noch dergleichen Leute findet/ und sich gebrauchen lassen. Dann erstlich hat Jacob Gettermann/ ein Heerpaucker/ außgesaget/ und gezeuget/ er haͤtte das Blut in der Kammer auf den Steinen eines Tisches-breit gesehen/ welches sich nicht wolte abwaschen lassen/ und was der Luͤgen mehr gewesen. Zum Andern/ eine Seiffensiederin/ auf dem Steintham̃/ die B ablische genannt/ hat gezeuget/ daß sie die beblutete Klei- der/ welche der Junge/ als er umgebracht/ angehabt/ gesehen/ auch haͤtte er solches die Magd vertrauet/ woruͤber dann die Magd in aͤusserste Noth kommen/ unangesehen/ daß sie es nicht geredet/ wie es wird der Außgang geben/ ist derowegen/ ob sie zwar unschuldig/ gleichwol gefaͤnglich gehalten worden. Drittens/ hat sich der Hof- Caplan, M. Joh. Wernerus, herfuͤr gethan/ und hat auf sich seinen Adjunctum Procuratorem articuli ren und oͤffentlich ablesen lassen/ daß der Junge waͤre umgebracht/ dann der Kuͤchenmeister haͤtte ihm solches in der Beicht bekandt. Als er nun zu solchem Zeugnuͤß erfordert/ und auf das Hoͤchste vermahyet worden/ er solte die Warheit sagen/ wie er es fuͤr GOtt zu verantworten getrauete; Da vexirte er bey de Partheyen/ und stellet zurecht/ daß er auß der Beicht zu schwaͤ- tzen nicht schuldig/ aggravi rte allein den Ungermann mit denen abgelesenen Articulariis bey dem Richter und gemeinen Mann/ daß Maͤnniglich gedencken muste/ wann der Mann nur reden moͤchte/ wurde es wol herauß kommen. Ob nun wol im Gegentheil Herꝛ Ungermann viel ehrliche Leute zu Zeugen gehabt/ die den Jungen lebendig auß dem Hauß haben gehen sehen/ so hat es dannoch nichts geholffen. Endlich hat der oberste/ allgewaltige Gerichts-Herꝛ der Obrig- keit Hertz und Gemuͤth dahin gelencket/ daß sie den guten Unger- mann der hohen Criminal -Bezuͤchtigung/ (weil sie nicht zur Gnuͤge erwiesen/) loß erkannt/ wiewol nur ab instantiâ, daß er auf interim auf freyen Fuß gestellet worden/ weil er sich viel- faͤltig obligi ret/ dem Pfarrern zu Duͤrben seinen verlohrnen Sohn wiederum herbey zu schaffen. Folget nun das Ende und Außgang. Nachdem gantzer sieben Jahr der gute Ungermann mit seiner lieben Ehe-Frauen und gantzem Hauß-Volck allen Be- drang/ Romans II. Buch. drang/ Schmach und Widerwaͤrtigkeit deß verlohrnen Knabens balber auß gestanden und er l itten/ ist durch GOttes sonderbare Schickung ihr gekraͤncktes Recht und Unschuld auf nachfolgen- de Weise und Schickung wunderlich an Tag kommen: Es hat der Mensch bey einer Wittwen/ nicht weit von Koͤnigsberg/ zu Simon Pohl im Hof/ da er gedienet/ einen Vers an das Fenster geschrieben/ welchen der Pfarrer von Perßken gelesen hat/ und gefraget: Wer das geschrieben? Die Baͤuerin saget: Jhr Knecht haͤtte es gethan. Der Pfarrer wundert sich/ und laͤsset ihn darkommen/ fraget und forschet in der Guͤte/ wer/ und wo- her er sey? Dem bekennet er/ daß er eben derselbige Knab sey/ um welches willen der Ungermann und seine Hauß-Frau Zeit- hero in solcher Noth gewesen. Daruͤber ist der Pfarrer bestuͤrtzt worden/ und hat es lautbar gemacht/ daß es Ungermañ alsbald erfahren/ welcher das Buͤrschgen durch einen Schotten/ Tho- mas Guttri, bey noch schlaffender Zeit/ mit einem Schreiben vom Herꝛn Hauptmann zu Brandenvurg/ unter welchem Amt das Dorff gelegen ist/ von dannen lassen abholen/ und nach Koͤnigs- berg bringen/ welches geschehen den 28. Augusti, deß Jabrs 1582. So bald es in Koͤnigsberg ruchtbar worden/ wie das verlohrne Kind wieder ankommen/ ist Wunders wegen von der Stadt so ein Wallen zu deß Ungermanns Hauß gewesen/ daß er in den dritten Tag vor der Menge deß Volcks in seiner Stuben vom Morgen biß auf den Abend nicht mit Frieden essen koͤnnen/ noch sonsten etwas thun/ und seines Dings abwarten/ derowegen er ihn/ um Ruhe zu gewinnen/ ins Collegium bringen lassen. Unter andern Argument en/ wormit der angegebene Meu- chel-Mord bescheinet/ und von dem Vatter/ als auch dessen An- walden geschmuͤcket worden/ ist dieses der Fuͤrnehmsten eines gewesen/ auß der Vernunfft hergenommen/ nemlich/ es wuͤste ja der Jung/ welch einen reichen Vatter er haͤtte/ wer koͤnte und solte wol glauben/ daß er sich im Elend fuͤhlen/ und bey fremden Leuten in aller Unlust weltzen wuͤrde? Es hat aber der Juͤngling von der Zeit an seiner Ver- missung/ allwege unter den Bauern hin und wieder gedienet/ sich mit einem andern Namen/ Hanß Funck/ genennet/ hat ge- pfluͤget/ gesaͤet/ gerodet/ Hexel geschnitten/ ja was ein Dienst- Knecht bey dem Bauern thun muß/ alles verrichtet. Jst auch osstmahls mit Getraͤyd nach der Stadt gefahren/ bey dem Ge- richts-Haͤußlein unterweilen angehoͤret/ wann man den Unger- mann fuͤrgehabt/ ist aber solcher Gestalt verbauert gewesen/ daß Deß Academi schen daß man ihn nicht erkennen moͤgen. Item, er hat bekennet/ daß er deß Ungermanns Hauß-Frauen einmahl/ wie sie auß dem Collegio kommen/ begegnet sey/ bald aber auf die Seiten sich in eine andere Gassen abgeschlagen habe. Es hat sich auch mittler Weile/ als er sich so verheelet/ ein Jung gefunden/ der sich in Curland bey seinem Vatter an seiner Statt fuͤr seinen Sohn angegeben/ welcher/ nachdem er auf der Luͤgen betroffen/ sein Leben darob gelassen und enthaup- tet worden. Als nun der Ungermann den Gesellen ins Collegium ge- bracht/ und wol verwahret gehalten/ der Meynung/ sich an ihm/ seiner Schmach/ erlittenen Schadens/ und auf gewandter Un- kosten zu erholen/ wie er von GOttes und deß Rechts wegen gar wol dar zu befuget/ so hat er dem Pfarrer solches zu wissen gethan/ daß sein verlohrner Sohn wieder an den Tag kommen/ welcher unverzuͤglich seinem Schwager/ den vorgedachten Edel- mann von Hohenhusen/ so wol dessen Ehe-Frau/ welche deß Ent- lauffenen Mutter Schwester war/ nach Koͤnigsberg geschickt/ daß dieselbige sehen solten/ ob es der rechtschuldige Gesell waͤre. Weil er aber von ihnen bald erkandt worden/ hat ihn Unger- mann auf Intercession guter Leute gegen 800. Guͤlden loßgege- ben und ihnen folgen lassen. Solches ist geschehen den 24. O cto- bris deß Jahrs 1582. und ist also nach Curland zu seinem Vat- ter geraͤyset/ daselbst er sich bald das Jahr hernach mit einer vornehmen von Adel deß Landes hat beweibet/ und sich haͤußlich nieder gelassen. Als die Adeliche Frau ihrer Erzehlung hiermit ein Ende machte/ sprach Venereus, daß dieses einzige Exempel nicht capabel waͤre/ alle Eltern darvon ab- zuschrecken/ daß sie ihre Kinder nicht an fremde Orte senden solten/ etwas Rechtschaffenes zu lernen/ weil er aber merckete/ daß den Edelleuten dieses ein ver- drießlicher Discurs werden wolte/ schwieg er still dar- von. Jnzwischen gab die alte Mutter gnugsam zu er- kennen/ daß sie in ihrer Jugend sich mit Lesung feiner Buͤcher und Seribent en groͤsten Theils belustiget/ in- massen sie sagte/ daß man ehemahlen Leute gehabt/ die man zwar nicht zur Schulen gehalten/ und gleichwol geschickte Romans II. Buch. geschickte und hochgelehrte Leute von ihnen selber ge- worden waͤren. Venereus kunte solches nicht glauben/ Es kam aber in demselben Augenblick ein alter Geist- licher/ der allhier wol bekandt/ und sehr gelitten war/ here in getretten/ welcher ohne einige Ceremoni en sich mit an den Tisch setzete/ und nach ihrem Discurs for- schete/ dem die Adeliche Frau dessen Jnnhalt erzeh- lete/ auch wie Venereus nicht glauben wolte/ daß man Leute gefunden/ die von ihnen selber/ ohne Zuthun ei- nes Lehrmeisters/ zu hohen Wissenschafften gelanget waͤren. Hierauf wandte sich der Geistliche zum Jta- liaͤner/ und sprach: Das lasse sich mein Herꝛ nicht wundern/ daß man wol ehe Leute/ so genannte Auto- didactos, oder selbstgelehrte Maͤnner gehabt/ dann daß die beruͤhmten Maͤnner Cujacius und Muretus ohne Lehrmeister gelehrt worden/ das ist/ von sich sel- ber die Griechische und Lateinische Sprachen erler- net/ auch in andern Kuͤnsten/ sonder einige Handlei- tung/ so weit kommen/ daß sie vor andern/ welche von Jugend auf den Schulen nachgezogen/ ein Welt- kuͤndiges Lob erlanget/ Jener eines Rechts-Gelehr- ten/ dieser eines Oratoris, ist uͤberal gnugsam bekandt. Von Jenem sagt Papyrius Massonius in ejus vita, Cujacius seipsum in Græcis Latinisque politioribus literis nullô docente erudiit. Von diesem ist zu lesen/ Andreas Schottus in vita Mureti: Muretus, ait, de se- ipso scribit, nullo se ad ullam artem, neque privatim, neque publicè præceptore usum fuisse, idque sibi inve- nisse indomitâ quadam ingenii pervicaciâ, ut nullum Doctorem triduum ferre posset. vid. ejus Orat. 1. Die Ursache/ daß gelehrige Koͤpffe an etlichen Orten vor andern gefunden werden/ achtet Janus Huartus in Scrutinio pag. 684. seq. daß es sey nicht allein die Maͤs- sigkeit im Essen und Trincken/ sondern auch ein guͤti- ger Himmel. So lauten seine Worte: Quod Deß Academi schen Quod temperies aut intemperies alimentorum sapientiam vel juvare possit, vel ei detrimento esse, probat Abulensis per hunc Scripturæ locum (Eccl. 2. v. 3.) cogitavi in corde meo, abstrahere à vino carnem meam, ut animum meum transferam ad sapientiam. Quin etiam Aristotelem allegat in libris Physiogno- miæ, ubi inquit, quod alterationes, quas corpus reci- piat, \& ob rationem alimentorum, quibus homo vesca- tur, \& ob temperamentum regionis, in qua degit, \& ob reliquas causas, quæ corpus immutare solent, ad ani- mam usque rationalem transeant. Atque ideò tradit, cos homines, qui in terris oppidò calidis vivunt, sa- pientiores iis esse, qui regiones admodum frigidas in- colunt. Ac Vegetius affirmat, illos, qui in quinto Cli- mate degunt, uti sunt Hispani, Itali, Græci, homines esse \& insigni ingenio præditos, \& valdè animosos. Daß man aber auch bey schlechter Bauren-Kost/ und unter einem kalten Himmel (wie von den Teut- schen Cornelius Tacitus schreibet/ semper incubat Ger- manis grave cœlum, ) gleichwol solche Koͤpffe findet/ die ohne sonderbare Unterweisung in fremden Spra- chen/ Artzney-und Stern-Kunst hochgelehrt worden/ zeuget fuͤr andern Herꝛ Nicolaus Schmidt/ sonst Kuͤntzel genannt/ ein Vogtlaͤnder/ von dem/ weilch ich im Jahr Christi 1642. zum Hoff (als ein Schul- Dienst/ und bey Tit. Herꝛn Joh. Christoff Haͤndeln/ damahligen Stadt-Vogt/ ich mich aufhielt/) mit ihm bekandt worden/ hat auß seinem Curriculo Vitæ Nachfolgendes zu melden nicht umgehen wollen. So schreibet Herꝛ Valentinus Muͤller/ Diaconus zum Ge- fell/ in der Leich-Predigt/ so er ihm gethan/ im Jahr 1671. E S ist Herꝛ Nicolaus Schmidt allhier zum Rothen-Acker im Jahr Christi 1606. den 20. Jenner gebohren worden von Christlichen und ehrlichen Bauers-Leuten. Sein Vatter ist gewe Romans II. Buch. gewesen Martin Schmidt/ Jnwohner zum Rothen-Acker/ die Mutter Catharina Kaͤnnterin/ der Groß-Vatter/ vom Vatter/ hat geheissen/ Conrad Schmidt/ und wie an vielen Orten/ son- derlich unter gemeinen Leuten/ der Gebrauch/ daß der Name Conrad in kurtz verwandelt wird/ also ist er/ da er noch ein Kind gewesen/ Kuͤntzlein oder Kuͤntzel geneñet worden/ welcher Name Kuͤntzel/ ihm nicht allein geblieben/ sondern ist auch/ (weil derer/ so den Zu-Namen Schmidt gehabt/ in gemeltem Rothen-Acker viel gewesen/) seinen Nachkommen zu einem Bey-Namen er- wachsen/ welches Bey-Namens auch der seelig verflorbene Herꝛ Nicolaus sich nicht geschaͤmet/ sondern denselben seinem Groß-Vatter zu Ehren offentlich gefuͤhret/ welcher auch von seinen Kindern und Kinds-Kindern noch staͤts wird in Acht genommen. Nun gemelte seine liebe Eltern haben ihn zwar zu Hauß fleissig zum Gebet/ bevorab zu Erlernung deß H. Catechismi, wie auch zu staͤter Bauer-Arbeit angetrieben/ welchen er auch/ als ein gehorsames Kind gefolget. Aber zur Schule ist er gar nicht kommen/ (wegen continui rlicher Arbeit/ damit seine El- tern beladen gewesen/) ob er schon grosse Lust und Begierde dar- zu getragen. Sechszehen Jahr sind vorbey gestrichen/ da er noch kein Wort lesen koͤnnen/ jedoch hat es der liebe GOTT so wunderlich geschickt/ daß er noch zu vielen Sprachen/ Kuͤnnen und Wissenschafften gelanget. Dann im Jahr 1622. da sein Vatter Seel. einen Jungen/ welcher ein wenig lesen koͤnnen/ ge- habt/ hat er von demselbigen das Teutsche A B C/ und etwas Buchstaben gelernet/ wiewol nun sein Vatter damit nicht zu- frieden gewesen/ indem er vermeynet/ der Sohn und Dienst- Jung versaͤumten ihm seine Arbeit/ wann sie uͤber dem Buch legen/ so hat es doch der liebe GOTT gar Wunderlich geschickt/ daß er zu seinem Gluͤck einen Schaden an dem einen Bein be- kommen/ daß ihn also sein Vatter nothwendig von der Arbeit feyern lassen muͤssen/ und er also Gelegenheit bekommen/ sein A B C. Buch durchzulernen/ worinnen gedachter Jung ihn unterrichtet. Nachdem hat er den Catechismum durch gemelten Jungens Unterricht durchgebracht/ und in dem Evangelien- Buͤchlein die 4. Advent -Sontage. Und weil sein Lehrer selber nicht recht lesen koͤnnen/ hat er in der Kirchen fleissig zugehoͤret/ wie der Pfarrer/ die ihm damahls schwere Woͤrter/ so in den Episteln und Evangelien gestanden/ außgesprochen/ und also hat er die Teutsch gedruckte Schrifft endlich voͤllig und recht ge- lernet. Anfangs Deß Academi schen Anfangs/ ehe er lesen koͤnnen, ist diß nur sein einiger Wunsch gewesen/ den Teutschen Druck zu lernen. Als ihm aber der liebe GOTT hierinnen gewillf ahret/ hat er auch zu schreiben/ und etwas weniges in der Lateinischen Sprach zu verstehen begeh- ret/ und auch hier zu hat GOtt Mittel gegeben/ daß ein Schrei- ber/ als sein Befreundter/ welcher sich bißweilen bey ihm auf ge- halten/ ihn nicht allein im Schreiben unterrichtet/ sondern auch etlicher Massen den Weg gezeiget/ wie er zur Lateinischen Sprache kommen koͤnte. Welcher Lehre und Unterweisung er embsig gefolget/ und es auch so weit gebracht/ daß/ was er in Lateinischer Sprach gelesen/ er etlicher Massen verstehen/ und ihm zu Nutz machen koͤnnen. Ferner hat er ihm durch Huͤlffe der Lateinischen die Griechische/ Hebraͤische/ Chaldaͤische/ Syri- sche/ Arabische/ Æthiopi sche/ Abissmische/ Jndianische/ Armeni- sche/ Persische/ Tuͤrckische/ und viel andere Sprachen mehr be- kandt gemacht/ und je laͤnger je mehr Beliebung zu allerhand fremden Schrifften und Sprachen gewonnen/ denenselben mit ernstem Fleiß nach getrachtet/ so/ daß er in unterschiedliche Fuͤrstliche und herꝛliche Biblioreck en Buͤcher geschrieben/ in welchen auf die dritthalbhundert/ und daruͤber/ Sprachen und Schrifften enthalten/ welche Sprachen und Schrifften er auß vielen beruͤhmten Bibliotheck en hin und wieder mit grosser Muͤhe zusammen gebracht/ massen er selber dargethan in sei- nem Calender A. 1655. Nebens dieser Sprachen-Lust hat er auch Neigung bekommen zu der nutzlichen Artzney-Kunst/ und dieser wegen ihm gute Buͤcher geschaffet. Letztlich hat ihn auch der schoͤn-gestirnte Himmel zu der edlen Stern-Kunst angereitzet/ da er dann durch Huͤlffe guter Buͤcher so weit kommen/ daß er nicht allein die Stern-Bilder/ ohne einiges Menschen Handweisung/ richtig hat kennen und unterscheiden lernen/ sondern auch die Laͤuffe der Planeten ver- stehen und berechnen koͤnnen. Als er in dem verderblichen Kriegs-Wesen/ nebens andern Leuten auch um das Seinige kommen/ hat er nichts mehr betauret/ als seine Hebraͤische und Orientalische Buͤcher und Schrifften/ wie auch die Artzney- Buͤcher/ derer uͤber 600. gewesen. Nachdem nun durch GOt- tes Guͤte der liebe Friede wieder ins Land kommen/ und er sich wieder ein wenig erholet/ hat er auf Einrathen guter Freunde angefangen Calender zu schreiben/ und den ersten auf das 1653. Jahr zu Hof in Vogtland drucken lassen/ die folgenden aber zu Nuͤrnberg/ auch damit fortgefahren/ biß an sein seel. Ende/ und nicht Romans II. Buch. nicht allein auf gegenwaͤrtige Zeit/ sondern auch noch etliche auf kuͤnfftige Jahre hinterlassen. Solche Kuͤnste und Wissenschafften zu lernen hat er frey- lich wenig Zeit und Gelegenheit gehabt. Dann von Jugend an/ biß ohngefaͤhr in das 50. Jahr seines Alters/ hat er staͤts der Bauer-Arbeit mit Vieh-vuͤten/ Ackern/ Pfluͤgen/ Dreschen/ und dergleichen/ abwarten muͤssen/ jedoch hat er unter solcher viel- faͤltigen/ schweren/ muͤbsamen Arveit selvige erlernet. Die Liebe zu Kuͤnsten und Wissenschafften ist bey ihm so groß gewesen/ daß er Tag und Nacht darnach getrachtet/ wo er gestanden und gegangen/ staͤts ein Buch beylsich gefuͤhret/ und dar auß gelernet. Auch uͤber dem Essen hat er nicht feyren koͤnnen/ sintemahl er Anfangs/ ehe er ein wenig Lufft oder Ruhe von der Arbeit be- kommen/ immer ein Buch auf dem Tisch neben sich ligend ge- habt/ darinnen er unter waͤhrendem Essen gelesen. Wann er gedroschen/ hat er ihm die fremden Orientalischen Sprachen in der Scheune hin und wieder angeschrieben/ und unter waͤhrendem Dreschen sich in denselbigen geuͤbet. Zu Nachts/ wann andere Leute ihrer Ruhe gepfleget/ hat er ihm den Schlaff abgebrochen/ und in guten Buͤchern gelesen/ und dar- auß mancherley gute Wissenschafften erlanget. Und ob er wol wegen seiner von GOtt bescherten hoben G aben von etlichen Leuten geneidet/ auch wol gar/ ob solte er einen Spiritum familia- rem haben beschuldiget worden/ hat er es doch nicht groß geach- tet/ sondern alles mit Gedult vertragen/ und nebst gebuͤhrender Ableinung sothane Verleumdung GOtt anheim gesteklet. Mittels dessen hat es ihm gleichwol an guten Goͤnnern und hohen Befoͤrderern nicht ermangelt. Sintemahl er wegen seiner Erudition nicht allein geliebet/ sondern auch bey hohen Haͤuptern/ als Chur-Fuͤrsten/ Fuͤrsten und Herren ruͤymlich e Audien tz gehabt/ auch mit stattlichen Verehrungen und Privi- legi en/ wie seine Schrifften außweisen/ begnadet worden. Seine erste Raͤyse ist gewesen zu Jhrer Fuͤrstl. Durcht zu Weymar/ da er in der Fuͤrstl. Bibliotheck sehr viel fremde Sprachen un d Schrifften gesehen und abgeschrieben. Hernach als er sich in Boͤhmen im Carls-Bad auf gehalten/ ist er von dar an den Fuͤrstl. Hof gen Schlackawerda abgeholet worden/ woselbst er stattliche Verehrungen bekommen. Ferner ist er nach D r eßde n kommen/ allda er in die Chur-Fuͤrstl. Bibliotheck auf die dri halb hundert Sprachen und Schrifften geschrieben/ auch Chur-Fuͤrstl. Durchl. mit 60. Gulden an Geld und and Sachen mehr begnadet worden. T t N ach Deß Academi schen Nach diesem ist er auch an den Hoch-Herꝛlichen Hof gen Gera erfordert worden/ allda er auch in die Bibliotheck auf dritthalb hundert Sprachen und Schrifften geschrieben/ Jhro Hoch-Herꝛl. Gnaden aber haben ihn/ nebens andern Beschen- ckungen/ gnaͤdiglich der Steuer befreyet/ ꝛc. Jst an seinem Geburts-Ort Rothen-Acker den 26. Junii zwischen 5. und 6. Uhr im Jahr Christi 1671. seelig verschieden. Seines Alters 65. Jahr/ 22. Wochen/ 3. Tage. Das XI . Capitul/ Unvernuͤnfftige Thiere koͤnnen den Menschen zum Unterricht dienen. Seltzame Rechts-Fragen. Ein schoͤner Discurs vom Ge- daͤchtnuͤß deß Menschen. V Enereus muste anjetzo bekennen/ daß dieses ein rar es Exempel sey/ dergleichen man in der Welt wol sehr wenig wuͤrde gefunden haben. Jch glaube vielmehr/ war deß Geistlichen Einwurff/ wann man sich in der Welt recht umsiehet/ werde man wol noch seltzamere Exempel von dergleichen Art zu finden haben. Jm uͤbrigen dienen uns/ Statt gelehrter Leuten/ offt unvernuͤnfftige Geschoͤpffe zu Lehrmeistern. Als Venereus hieruͤber den Kopff schuͤt- telte/ und sagte: Wie kan ein unvernuͤnfftiges Ge- schoͤpff einem vernuͤnfftigen Menschen nuͤtzliche Lehr- Saͤtze ertheilen? Da war der Geistliche in Be- hauptung seiner Meynung fertig/ und sagte: Eine Jungfrau voller Neyd/ Lessend offt ihr altes Kleid/ Stumm/ ohn Fuͤsse/ klug und stoltz/ Starck und schneller/ als ein Poltz. Sie ist einer boͤsen Art/ Vnd ihr Haupt auß Furcht verwahrt/ Dieser Jungfer suͤsser Gifft/ Hat die erste Suͤnd gestifft/ Rathet mir doch/ welchers trifft? Diese Jungfer ist die Schlange/ welche neydisch/ ihre H aut/ als ihr Kleid/ abstreiffet; Sie ist stoltz/ stum̃/ st arck/ schnell und schiesset/ wie ein Pfeil geschwind a u f den/ der sie beleydigen wil. Jhre Klugheit beste- he t d arinn/ daß sie allezeit das Haupt verwahret/ und wo l veiß/ daß die Wunden am Leib leicht zu heilen/ am Haupt aber toͤdtlich sind. Daß sie boͤser Art/ und den Romans II. Buch. den ersten Suͤnden-Gifft der Eva eingeblasen/ ist auß der H. Schrifft bekandt. Weil ich aber etwas von den Thieren melden werde/ die der Menschen Lehrmeister sind gewesen/ so habe diesen Raͤthsel vor- an setzen wollen. Plinius klaget/ daß dem Menschen alles in diesem Leben zuwider/ und daß die Natur der Thiere rechte Mutter/ der Menschen aber ihre Stieff- Mutter seye/ weil sie ihnen so viel Verstand gegeben/ daß sie alles Dienliche erkennen/ und was ihrer Un- terhaltung schaͤdlich/ fliehen und meyden. Wann die Schlange/ von welcher die Raͤthsel gemeldet/ mit den Stoͤrchen und Schnecken streitet/ so nehmen sie das Kraut Origanum, oder Wolgemuth/ und schuͤtzen sich darmit/ weil es der Schlangen sehr zuwider. Der Beer/ wann er verwundet wird/ heilet er sich mit Ameisen-Eyern/ das Schwein mit Wintergruͤn/ das Wieselein mit der Weinrauten und Salbey/ die Tau- ben mit dem Eysenkraut/ der Habicht mit dem Kraut/ das von ihm den Namen hat/ und Hieracium zu La- tein/ zu Teutsch Habicht-Kraut genennet wird/ die Gaͤnse/ Endten und Huͤhner artzneyen sich mit Helxi- ne, Windig oder Zaunglocken/ die Hetz mie Lorbeer/ der Hirsch mit Hirschzungen/ die Schwalbe mit Schwalbenkraut/ \&c. Der Mensch allein verstehet von Natur nicht/ was ihm nutzet/ weil er vielleicht solche Wissenschafft durch den Suͤnden-Fall verschertzet/ und weil er im Essen und Trincken keine Maaß halten kan/ welches doch die Thiere meistentheils thun/ muß er sich nicht schaͤmen/ von diesen unvernuͤnfftigen Lehrmeistern zu lernen/ allermassen bereit vermeldet/ daß solche der Kraͤuter Krafft besser wissen/ als der Mensch/ so auf solche nicht studi ret. Wir wollen aber hier noch wei- ter gehen/ und auf unsern Schau-Platz noch andere T t 2 unbe- Deß Academi schen unbekandte Thiere stellen/ und sehen/ was man von ihnen abgesehen/ und gelernet. Das Aderlassen ist eine von den gebraͤuchlich- sten und vortraͤglichsten Artzneyen/ wie auch die Cly- stieren. Beydes haben die Alten von den Thieren er- lernet; Jenes von den Pferden/ welche ihnen in dem Fruͤhling/ wann sich mit der Natur die Feuchtigkei- ten erneuren/ die Ader aufbeissen; Dieses von dem schwartzen Storch in Egypten/ welcher mit dem Wasser auß dem Nilus -Strohm das Gedaͤrme auß- waͤschet/ und solches wieder durch die Außladung von sich laͤsset/ wie hiervon Plinius, Solinus, Cicero, und viel andere schreiben. Von diesem Vogel haben die Egyptier den Gebrauch der Clystier lang vor Hip- pocrate gehabt/ und solcher sich alle drey Monat be- dienet. Das Brechen soll von den Hunden seyn abge- sehen worden/ welche Graß und das Samkraut von dem Korn fressen/ wann sie sich mit der Gallen/ oder unverdauten Speisen beschweret finden. Er isset auch Wegwarten/ welche ihm sehr wol bekommen/ und seine Leber erfrischen. Etliche wollen/ daß die Menschen auch die Waf- fen von den Thieren abgesehen. Ichneumon, die Jn- dianische Mauß/ waͤltzet sich in dem Koth/ und trock- net sich in der Sonne/ solches thut sie zu unterschied- lichen Mahlen/ und alsdann streitet sie mit der Ot- ter/ und daher sollen Pantzer und Harnische kommen. Das spitzige Gewehr aber/ andere zu beleydigen/ wollen sie von den Jgeln hernehmen. Die Art/ eine Vestung zu untergraben/ ist/ nach Vegetii Meynung/ von den Caninichen/ oder Kuͤnlein/ abgelernet/ welche die Mauren solcher Gestalt koͤn- nen uͤber den Hauffen werffen. Das Romans II. Buch. Das Jmpffen und Peltzen soll auch von den Voͤgeln abgesehen worden seyn/ daher kom̃t/ daß man offt auf einem Felsen einen Kirsch-oder Weixel- Baum siehet/ welches Kern ein Vogel mit seinem Mist in eines solches Steines Ritzen fallen lassen/ dardurch er bekleibet/ und erwachsen/ weil es von dem Regen befeuchtet worden/ und besagten Mist An- fangs zu einer Erden gehabt. Die Galleen soll man von dem Krebs abgesehen haben/ welcher mit seinen Fuͤssen/ als Rudern/ hinter sich und vor sich gehet. Von der Voͤgel Gesang sollen auch die ersten Menschen haben singen lernen/ und schreibet Ferdi- nand Ovieda, daß die Hispanier ( Perillos ligeros, ) Spuͤr-Huͤndlein haben/ welche bellen/ als wann sie die 6. Stimmen singen/ und von der Hoͤchsten an- fiengen/ La, sol, fa, mi, re, ut. Plinius wil auch den Thieren beymessen die Sternkuͤndigung (1. 8. c. 28.) und kom̃t mit den Hah- nen/ Schwalben/ Nachtigallen/ und dem Viehe/ welche den Hunds-Stern spuͤren/ aufgezogen/ mich beduͤncket aber/ es sey zu weit gegangen. Der Prophet Esaias haͤlt die Menschen und Thiere gegen einander/ daß Jene ihre Gebuͤhr von diesen lernen sollen/ sagend: Ein Ochse kennet seinen Herꝛn/ und ein Esel die Krippe seines Herꝛn/ aber Jsrael kennets nicht/ und mein Volck vernim̃ts nicht/ c. 1. v. 3. Und Jeremias: Ein Storch unter dem Him̃el weiß seine Zeit/ eine Turtel-Taube/ Kra- nich und Schwalbe mercken ihre Zeit/ wann sie wie- derkommen sollen; Aber mein Volck wil das Recht deß HErꝛn nicht wissen/ c. 8/ 7. Venereus gestunde zwar/ daß dieses einiger Mas- sen Statt haben koͤnne/ was der Geistliche jetzt vorge- T t 3 bracht/ Deß Academi schen bracht/ aber den rechten Grund und gute Methode muͤsse man doch von verstaͤndigen Lehrmeistern erler- nen. Jch wil euch aber/ replici rte der Geistliche/ gnug- sam darthun/ daß das Jenige/ was ihr von hochver- staͤndigen gelehrten Leuten erlernet/ nur Stuͤckweiß/ und zerflicket ist/ als zum Exempel/ saget mir/ auf wel- ches Studium habt ihr euch auf hohen Schulen gele- get? Auf das Jus Pontificium und Civile, war die Antwort. Worauf Jener: Wolan/ ich wil euch et- liche Rechts-Fragen vorlegen/ darbey ihr erkennen moͤget/ daß euer Wissen in Rechten nur Flickwerck ist. Hoͤret/ was ich sage: Ein Fuchs traͤget einem Bauern eine Henne darvon/ dem begegnet der Jaͤ- ger/ und brennet auf ihn loß/ trifft aber mit der Kugel die halb-todt gebissene Henne/ und vielleicht auch den Fuchs in den Rachen/ daß er die Henne fallen/ und dem Jaͤger hinterlassen muß. Der Bauer laufft her- nach/ und wil seine Henne wieder haben/ als sein ge- stohlenes Guth/ das er wieder nehmen mag/ wo er es findet; Erbiet sich auch den Schuß Pulver/ an Statt deß Loͤß-Geldes/ zu bezahlen. Der Jaͤger sagt/ daß die Henne sein sey/ weil er es seinem Feind/ dem Fuchsen/ als einem wilden Thier/ abgenommen/ und sey er nicht auf der Bauren Hen- ne/ sondern auf das Wildpret bestellet/ wuͤnschend/ daß der Fuchs ihme einen Ochsen moͤchte wegtragen/ und er koͤnte ihme solche Beute abnehmen/ die/ nach Jaͤger-Recht/ sein wuͤrde seyn/ weil das/ was der Fuchs einmahl in dem Rachen/ nicht mehr deß Bau- rens/ sondern deß Fuchsens seye/ \&c. Der andere Fall mit der Henne verhaͤlt sich also: Es hat einer etliche schoͤne Huͤhner/ die befihlet er sei- nem Freunde/ in seinem Abwesen wol zu versorgen; Die Eyer sollen fuͤr seine Bemuͤhung seyn/ und auf seine Romans II. Buch. seine Widerkunfft wolle er ihm die Atzung/ so er auf die Huͤhner gewendet/ mit grossem Danck bezahlen. Es traͤget sich aber in dessen Abwesenheit zu/ daß das Getraͤyd sehr theuer wird/ und die Huͤhner zwey-ja drey mahl mehr verzehren/ als sie werth sind. Wie nun der Herꝛ der Huͤhner wieder kommet/ heischet ihr Kost-Herꝛ fuͤr jedes Huhn 2. Reichs-Tha- ler/ und erweiset/ daß die Atzung so viel gekostet. Der andere ist nicht mehr gestaͤndig/ als zur Zeit seines Abraͤysens das Getraͤyd gekostet. Hieruͤber kommen sie vor den Richter/ und wollen Beyde recht haben. Der Klaͤger wil das Atzerlohn/ der Beklagte wil ihm die Hennen fuͤr seine Forderung heimschlagen/ die weigert er anzunehmen. Der dritte Fall ist mit einem Esel: Ein Fischer fuͤhret seinen Kahn/ oder Fahrt/ an das Ufer/ hat aber keinen Strick/ solche anzubinden. Deß Muͤllers Esel wil trincken/ und weil das Wasser an dem Strand etwas truͤb/ steiget er auf die Fahrt/ und beweget es dardurch dergestalt/ daß sie mit ihm den Strohm nach darvon faͤhret/ und/ wie etliche melden/ zerschei- tert/ daß der Esel ersaͤufft. Der Muͤller beklaget den Fischer/ daß die Fahrt/ oder flache Schiff/ ihme seinen Esel darvon gefuͤhret/ und bittet/ ihme die Wieder-Erstattung aufzulegen. Der Fischer hingegen klaget/ daß ihme der Esel die Fahrt hinweg/ und von dem Land getrieben/ wil solche wieder haben. Der Muͤller solte den Esel/ der Fischer die Fahrt angebunden haben. Was ist zu sprechen? Der vierdte Fall ist von Affen: Ein Jtaliaͤner schreibet von Genua, sein Mann in Hispania solle ihm 102. Affen senden/ (das o ist so viel/ als ove, oder/) der Kauffmann sendet 53. weil er nicht mehr bekom- men koͤnnen. Der Genueser beklaget sich/ daß er so T t 4 viel Deß Academi schen viel nicht befohlen/ sondern nur einen oder zween ha- ben wolle/ welches er leichtlich errathen koͤnnen. Der Hispanier sagt/ daß die Schuld sein/ weil er deut- licher schreiben koͤnnen/ und wil die Affen nicht wie- der annehmen. Hieruͤber ist eine grosse Rechtferti- gung entstanden. Der fuͤnffte Fall ist von Schafen: Ein Kauff- mann sendet eine Heerde Schafe uͤber Meer. Jn dem Schiff schlaͤffet der Steuermann/ und ein Widder darunter stoͤsset ihn mit den Hoͤrnern/ daß er sich in dem Schlaff daruͤber erzuͤrnet/ und den Widder in das Wasser wirfft. Als solches die Schafe gesehen/ sind sie alle hernach gesprungen/ und ersoffen. Der Kauffmann wil seine Schafe bezahlet haben/ der Steuermann wil mehr nicht als den Widder gut machen/ weil er die andern nicht verwahrloset/ \&c. Der sechste Fall ist von fernerm und tiefferm Nachdencken: Eine Springfluth hatte auf eine Zeit eine kleine Jnsul in dem Meer Grund-loß gemacht/ und von seinem Ort/ mit denen darauf stehenden Haͤusern und Menschen/ Viehe und Feldern/ auf ein ander Land nieder gelassen. Nachdem das Was- ser verflossen/ hat der Besitzer solches Landes begeh- ret/ der Obere solte mit seinem angeschwem̃ten/ und auf seinem Grund und Boden ligenden Hof weichen. Der Bauer aber entschuldigete sich mit der Un- moͤglichkeit/ und wolte nicht gestehen/ daß er auf fremdem Grund und Boden wohnete/ sondern sagte/ daß er noch Hauß/ noch Hof/ noch Feld/ noch Wiesen veraͤndert; Seye aber wol zufrieden/ daß ihn der Klaͤger wieder in den vorigen Stand und Ort stelle/ welches ihme eben so unthunlich gefallen. Der siebende Fall ist folgender Massen entschie- den worden: Ein Mann faͤllet von einem Hauß her- ab/ Romans II. Buch. ab/ und faͤllet auf einen andern daß er ihn durch den Fall zu Boden schlaͤget und wider seinen Willen toͤd- tet. Deß also Verschiedenen Sohn beklaget den/ so von dem Dach gefallen als einen Moͤrder/ und bittet/ ihn abzustraffen. Der Richter aber sagt/ der Sohn solte hinauf steigen/ und auf den andern herab fallen/ wann er solcher Gestalt seines Vattern Tod raͤche/ solte es ihm auch ungestrafft hingehen. Er hatte aber keine Lust zu so gefaͤhrlicher Rache. Von vorhergehenden Faͤllen koͤnte ein muͤssiger Jurist weitschwe i ffige Bedencken aufsetzen/ und die Gruͤnde deß Rechtens eines und andern Theils an- fuͤhren; Massen es nicht erdichtete/ sondern wahre Faͤlle/ die Theils noch wol Nachsinnens wuͤrdig. Die Erkundigung deß Rechtens und Handhabung der Gerechtigkeit ist sehr nothwendig/ und in einem Re- giment unentbaͤhrlich. Der Mißbrauch aber ist so groß/ daß fast der rechte Gebrauch darbey nicht zu er- kennen/ und eyfern wider solchen alle Ehristliche und Gewissenhaffte Rechts-Gelehrte. Keine Sache ist so boͤß/ man kan ihr eine schoͤne Farbe anstreichen/ daher Boccalini recht erdichtet/ daß die Jurist en im Parnasso alle Farb-Kraͤmer außgekauffet. Besiehe von der- gleichen Rechts-Sachen Herꝛn Abele lustige Ge- richts-Haͤndel. Es muste zwar Venereus bekennen/ daß es ihm zu wichtig sey/ ex tempore diese Fragen zu beurthei- len/ doch saͤhe er seine gewesene Lehrmeister fuͤr solche verstaͤndige Leute an/ daß sie dieselbe ohne Muͤhe nach einander und mit gutem Grund zu entscheiden sich unternehmen wuͤrden. Jm uͤbrigen verwundere ich mich/ sprach er/ uͤber den vorhin beschriebenen Kuͤntzel/ von welchem neben mir ein Jeder bekennen wird/ daß er ein fuͤrtreffliches Gedaͤchtnuͤß muͤsse gehabt haben. T t 5 Das Deß Academi schen Das ist ausser allem Zweiffel wahr/ sprach der Geist- liche/ und darneben auch offenbahr/ was an einem gu- ten Gedaͤchtnuͤß gelegen ist/ dann unter allen inner- lichen Sinnen halte ich dasselbe fuͤr das Fuͤrnehmste; Sintemahl das Gedaͤchtnuͤß ist eine Schatz-Meiste- rin und Bewahrerin der andern. Es ist in Warheit die Wolthat/ die GOtt dem Menschen durch Ver- leyhung deß Gedaͤchtnuͤsses gegeben/ so groß/ daß man bloß mit Beschreibung deß Lobes desselben/ und mit Erzehlung deß Nutzens/ welchen der Mensch dar- von geniesset/ nicht nur eine ziemliche Zeit/ sondern auch viel Papiers/ hinbringen koͤnte. Cicero sagt/ es sey die Memoria ein Beweiß der Seelen Unsterblich- keit/ und eine Goͤttliche Krafft in dem Menschen/ und Plutarchus nennet sie Antistrophon Divinitatis, wel- ches so viel ist/ als eine Gleichfoͤrmigkeit der Gottheit/ sintemahl sie das Vergangene repræsenti ret/ und ge- genwaͤrtig machet/ dann die vergangene Zeit gleichet sich dem Wasser/ welches vorbey rauschet/ und schwimmet/ das Gedaͤchtnuͤß aber haͤlt selbige auf/ und scheinet/ als thue sie den vergangenen Dingen ei- nigen Widerstand/ und mache etwas seyn/ das nichts ist. Andere nennen das Gedaͤchtnuͤß Thesau- rum Scientiæ, einen Schatz der Wissenschafft/ darauß folget/ daß die Weißheit eine Tochter deß Gedaͤcht- nuͤß und der Erfahrung sey; Sintemahl das Ge- daͤchtnuͤß eine Cassa und beygelegter Schatz ist/ alles dessen/ was wir lernen/ verstehen und sehen. Christus unser Erloͤser hielte das Gedaͤchtnuͤß so hoch/ daß/ als er uns das H. Sacrament seines Leibes und Blutes hinterlassen/ befahl er/ daß wir solches empfahen/ hal- ten oder thun solten/ zu seinem Gedaͤchtnuͤß. Die Chriftliche Kirche singet auß dem 112. Psalm: In memoria æterna erit Justus, deß Gerechten wird nim- mer- Romans II. Buch. mermehr vergessen/ oder/ das Gedaͤchtnuͤß deß Ge- rechten wird ewig bleiben; Seyn also die Gaben deß Gedaͤchtnuͤß sehr groß. Die Gedaͤchtnuͤß der Wol- thaten/ so wir empfangen/ die Gedaͤchtnuͤß deß Boͤ- sen/ so wir begangen/ wann wir nemlich darob Miß- fallen tragen/ wuͤrcket/ daß wir jener ewigen Ge- daͤchtnuͤß theilhafftig werden. Damit wir aber auch auf die weltlichen Scri- bent en kommen/ so setzen unsere Oratores, und be- haupten/ daß das Gedaͤchtnuͤß eines der principal sten und noͤthigsten Stuͤcke der Red-Kunst sey; Umsonst oder vergeblich/ saget Quintilianus, seyn wir gelehrt worden/ so wir das Jenige wieder vergessen/ was wir gelernet haben; Er befihlet gleichfalls/ daß man die Kraͤfften deß Gedaͤchtnuͤß uͤben solle/ sintemahl der staͤte Gebrauch und Ubung selbiges schaͤrffet und ver- mehret. Es ist verwunderlich/ daß/ so man das Ge- daͤchtnuͤß immer gebrauchet/ und selbiges in unter- schiedlichen Dingen exerci ret und uͤbet/ man immer faͤhiger wird/ und desto mehr im Gedaͤchtnuͤß behal- ten kan. Hergegen der Jenige/ so das Gedaͤchtnuͤß feyren laͤsset/ und selbigem nichts zu thun schaffet/ machet solches nur untuͤchtiger/ etwas zu behalten. Der Jenige auch so fleissig studi ret/ und gleichsam durch Tichten und Nachdencken sich muͤde machet/ findet ein groͤsser Capital oder Vorrath deß Vergan- genen/ auch mehrere Tuͤchtigkeit vor das Zukuͤnffti- ge/ und solches auf zweyerley Weiß: Einer hat ein hurtiges und faͤhiges Gedaͤchtnuͤß/ welches das Je- nige/ so ihm anbefohlen wird/ leichtlich vergessen kan/ nach dem Spruͤchwort: Quod citò fit, citò perit, das ist/ was bald wird/ bald verdirbt! Ein anderer im Gegentheil/ nimmt ein Ding hart und schwer an/ behaͤlt es aber hernach lange Zeit steiff und fest; Wegen Deß Academi schen Wegen dessen lehret uns Aristoteles die natuͤrliche Ursach/ sagende/ daß gemeiniglich die Scharffsinni- gen der ersten Art seyn/ indem sie hurtig sind/ ein Ding zu fassen/ schwach aber selbiges zu behalten/ die Hartlernigen aber seyn der andern Art/ als welche mit harter Muͤhe etwas annehmen und begreiffen/ selbiges nachmahls aber desto laͤnger behalten. Plu- tarchus meldet/ es habe in diesem Stuck mit dem Menschen eine Beschaffenheit/ wie mit den Geschir- ren; Die einen engen Halß oder Mund-Loch haben/ sind uͤbel einzufuͤllen/ haben aber desto weniger Ge- fahr/ verschuͤttet zu werden/ also seyn auch die Jenige/ so eines harten und groben Ingenii sind; Hergegen die Jenigen/ so ein scharffes Ingenium haben/ seyen denen Geschirren gleich/ welche oben weit und offen/ und deßwegen leicht anzufuͤllen/ aber auch leichtlich wieder zu verschuͤtten seyn. S. Thomas de Aquino, welcher von keiner Sach klug und vernuͤnfftig zu disseri ren und zu reden un- terlassen hat/ gedencket in diesem Vorhaben folgen- des: Es kommen die unterschiedliche Tuͤchtigkeiten/ in den Wuͤrckungen deß Gemuͤths/ von denen unter- schiedlichen Arten deß Leibes her/ gleichwie wir sehen/ daß die jenige Dinge/ so man schwer und muͤhsam in etwas/ als in Metall oder Stein/ eingraͤbet oder schneidet/ viel laͤnger tauren/ als andere Dinge/ die man leichtlich und mit geringer Muͤhe in etwas/ als in Wachs oder Thon/ eintrucken kan; Also geschehe es auch/ daß/ gleichwie das Gedaͤchtnuͤß eine Ver- wahrerin ist/ dessen/ so man gefasset und gelernet/ auch die/ so eines harten und groben Ingenii, das Je- nige/ was sie einmahl in dasselbe einbilden und ver- wahren/ laͤnger und fester in solcher Haͤrtigkeit/ dar- ein sie es mit grosser Muͤhe gebracht haben/ erhalten werden; Romans II. Buch. werden; Die Scharffsinnigen aber/ welche der- gleichen Dinge nicht mit so grosser Muͤhe fassen/ und ihnen eindrucken/ verlieren und vergessen selbige auch viel ehe wieder/ als die andern. Es ist aber auch noch etwas anders/ das Ge- daͤchtnuͤß betreffend/ von sehr merckwuͤrdiger Be- trachtung/ als da ist zu sehen/ daß das Jenige/ was man einmahl in das zarte Ingenium der Kinder im- primi rt und einbildet/ nicht leichtlich wiederum ver- gessen wird/ so auch selbige bereits erwachsen und Mannbar geworden. Avicenna in seinem 6. Buch de Reb. Natural. saget/ es sey dieses die Ursach/ daß die/ so ein stilles und ruhiges Gemuͤth/ und nicht mit vielen Geschaͤfften und mancherley Gedancken bela- den sind/ eines viel schaͤrffern und faͤhigern Gedaͤcht- nuͤß/ als andere seyen/ und dahero eben komme es/ daß den Kindern das Jenige/ was sie in ihrer zarten Ju- gend gelernet haben/ lange Zeit im Gedaͤchtnuͤß ver- bleibe/ weilen sie ohne Sorgen/ und in ihrem Ge- daͤchtnuͤß keine Beschwerlichkeiten haben. Vorer- wehnter S. Thomas aber gibt eine andere Grund- Ursach/ welche/ meines Erachtens/ von mehrerer Wichtigkeit ist/ sagend/ daß das Jenige/ so eine son- dere Bewegung in dem Menschen verursachet/ gar fest in dem Gedaͤchtnuͤß verbleibe/ als nemlich die je- nige Dinge/ so vor andern sehr neu/ seltzam und ver- wunderlich scheinen/ gleich wie nun den Kindern fast alle Dinge/ die sie sehen/ gar neu seyn/ und fuͤr Wun- der-Dinge vorkommen/ so seye diß demnach die Ur- sach/ daß ihnen selbige nachmahls so fest in dem Ge- daͤchtnuͤß verbleiben. Wir wollen aber nicht nur von der Kinder Zeit sagen/ dann sich auch in dem Maͤnnlichen Alter Leute gefunden/ von so sonderba- rem Ingenio, daß es sehr yerwunderlich/ und fast un- glaub- Deß Academi schen glaublich scheinet/ solches zu hoͤren/ oder zu lesen. Plinius, Solinus, und Quintilianus schreiben hiervon viel und unterschiedliche Exempel. Von dem Persianischen Koͤnig und Monarchen Cyro lesen wir/ daß er alle Soldaten seines Kriegs- Heer (welches doch sehr groß war/ und sich auf etlich 100000. Mann erstrecket/) gekannt/ auch einen Jeg- lichen bey seinem eigenen Namen habe nennen koͤn- nen/ welches dann in Warheit eine recht Wunder- wuͤrdige Sache ist. Solinus schreibet eben dergleichen von| dem Roͤmischen Feld-Herꝛn Scipione; Ob nun zwar solches verwunderlich ist/ scheinet doch/ es koͤnne durch lange Conversation und Bekandtschafft end- lich geschehen. Dieses aber/ was von Cynea, deß Koͤnigs der Epiroter/ Pyrrhi, Abgesandten an die Roͤmer/ geruͤhmet wird/ scheinet noch wunderbarer und entsetzlicher zu seyn; Dieser/ nachdem er sich 2. Tag in Rom aufgehalten hatte/ wuste alle Namen der Raths-Herren/ deren doch eine grosse Anzahl war/ ingleichem alle Namen der Edelsten und vor- nehmsten Buͤrger/ erkannte sie auch von Angesicht/ und redete sie alle mit ihren Namen an. Spartianus, im Leben Ælii Hadriani, lobet diesen Kaͤyser sehr hoch wegen seiner Kunst und vortreff- lichen Memori, sagend/ daß er ein guter Poet/ Medi- cus, Musicus, Geometra, Mahler/ Bildhauer/ und beruͤhmter Ingenieur gewesen sey/ auch so ein faͤhiges Ingenium gehabt habe/ daß/ so man in seiner Gegen- wart ein Buch abgelesen/ das er niemahls gesehen/ noch etwas darauß gehoͤret hatte/ kunte er solches/ nachdem es gelesen ward/ außwendig her reciti ren und sagen/ daß er nicht ein Wort fehlete/ und daß er den Jenigen/ so ihm etwan einmahl eine Supplication uͤberreichet/ oder sonsten mit ihm zu schaffen gehabt/ jederzeit erkandt/ und sich dessen zu erinnern gewust. Man Romans II. Buch. Man erzehlet von ihm eine lustige Geschicht/ so sich einsten soll begeben haben/ indem ein Mann zu ihm kommen/ so einige Gnad von ihm zu erbitten be- gehret/ selbiger war alt und grau von Bart und Haa- ren/ dieser| aber/ nachdem er von dem Kaͤyser eine ab- schlaͤgige Antwort bekommen/ hat er ihm den Bart abscheren und die Haare faͤrben lassen/ (worauß er- scheinet/ daß solcher Betrug/ welchen man noch heu- tiges Tages mit den Haaren zubrauchen pfleget/ sehr alt seyn muͤsse/) und ist nach wenig Tagen/ in so ver- stellter Person aufs Neue fuͤr den Kaͤyser gekommen/ in Meynung/ von ihm die zuvor begehrte Gnad zu erbitten; Diesem aber antwortete der Kaͤyser/ (als welcher ihn noch wol kennete/ und wegen seiner ge- schminckten Haare das Gespoͤtt auß ihm triebe/) und sagete: Er wolte ihn gern seiner Bitte gewaͤh- ren/ es habe aber vor wenig Tagen sein Vatter um eben dergleichen bey ihm angesuchet/ dem haͤtte er solches abgeschlagen/ beduͤnckete ihn also unbillich zu seyn/ daß man dem Sohn das Jenige verstatte/ was dem Vatter versaget worden/ gieng er also be- stuͤrtzt darvon mit dem jenigen Schimpff/ den er wol verdienet hatte. Von Mithridate, dem Koͤnig in Ponto, lesen wir/ daß er in seinem Reich 22. Voͤlcker und Spra- chen gehabt habe/ welche Nationes er dann alle ohne Dollmetscher anhoͤren/ auch ihnen in ihrer Sprach Antwort und Bescheid ertheilen koͤnnen. Cicero schreibet von sich/ daß er alles/ was er gewolt/ geler- net/ auch sich offt viel Sachen/ so von geringer Impor- tan tz und Wichtigkeit zu vergessen/ gewuͤnschet/ aber dannoch selbige nicht auß dem Gedaͤchtnuͤß bringen moͤgen. Es fragete ihn einsmahls Simonides, ob er eine Kunst verlangete/ ein gut Gedaͤchtnuͤß zu uͤber- kom- Deß Academi schen kommen? Da antwortete er: Er verlangete viel- mehr einige Kunst/ so ihn theils Sachen vergessend machte/ aber ein gut Gedaͤchtnuͤß zu machen/ haͤtte er keiner vonnoͤthen. Von Marco Crasso schreibet Quintilianus, daß er in fuͤnfferley Sprachen/ welche selbiger Zeit in Griechen-Land uͤblich waren/ einen Jedwedern habe anhoͤren und beantworten koͤnnen. Von Portio Latrone schreibet Seneca in der Vor-Rede seiner Declamationum, daß er in seinen Schulen den sehr gelehrten Rudolphum Agricolam uͤber die Massen herauß gestrichen und beruͤhmt ge- macht habe/ daß er nemlich theils von Natur/ theils durch Fleiß und Kunst/ eine so vortreffliche Memori gehabt haͤtte/ daß es fast unglaublich zu seyn schiene/ sintemahl er alles/ was er gelernet/ steiff und vest be- hielte/ als er auch ein Orator geworden/ reciti rte er alle seine Orationes, die er gemacht hatte/ außwendig und fertig ohne Mangel und Anstoß einiges Worts daher. Er pflegte zu sagen: Das Schreiben waͤre bey ihm eine vergebliche Muͤhe/ dann er alle seine In- ventiones und Erfindungen in das Gedaͤchtnuͤß schrie- be. Es schreibet ebenmaͤssig Cicero von dem grossen uñ beruͤhmten Oratore Hortensio, daß/ wie er Anfangs seine Orationes in dem Kopff verfasset/ also schrieb er sie hernach/ und reciti rte sie dann folgends ohne An- stoß eimges Worts. Von eben diesem Hortensio schreibet Seneca an obangezogenem Ort/ daß/ als er einsmahls an einem Ort stunde/ und allerley Waaren und Hauß-Geraͤth offentlich verkauffen sahe/ welches dann einen gantzen Tag waͤhrete/ kunte er endlich alle Waaren/ die man verkaufft hatte/ nach der Ordnung/ wie sie Stuͤck-Weiß verkaufft worden/ hersagen/ deren Namen/ so selbige gekaufft hatten/ nennen/ auch Romans II. Buch. auch den Preiß von allen und jeden Sachen/ wie sie bezahlet worden/ nach der Ordnung widerholen und erzehlen. Es schreibet auch Seneca, als ein beglaub- ter Mann von sich selbsten/ er habe in seiner Jugend ein so faͤhiges und scharffes Gedaͤchtnuͤß gehabt/ daß/ so ihm 2000. Woͤrter/ oder Namen/ unterschiedlicher Dinge nach der Ordnung waͤren vorgesaget worden/ er solche alle in besagter Ordnung habe widerholen und nachsagen koͤnnen/ also/ daß er nicht einiges Wort oder Namen außgelassen. Und noch ferner saget er/ daß/ als er noch in die Schul gieng/ kamen zu Zeiten 200. Discipel, oder Schuͤler/ vor seinen Lehr- meister/ deren dann ein Jeder einen Vers reciti ren und hersagen muste/ so bald sie nun damit fertig wa- ren/ widerholete Seneca solche/ und sagete sie alle von Anfang biß zu Ende/ ohne einigen Fehler daher. Un- ter solche Wunder-Exempel/ so scharffer und abson- derlicher Faͤhigkeit deß Ingenii, kan auch dieses/ was von Julio Cæsare geruͤhmet wird/ gezeichnet werden/ welcher zu einer Zeit 4. seiner Secretari en/ 4. Brieffe/ an 4. unterschiedliche Personen lautend/ in die Feder dicti rte und vorsagete. Und Plinius meldet von ihm/ daß oͤffters viererley Arbeit auf einmahl und zugleich von ihm verrichtet worden/ nemlich/ er habe einem Schreiber einen Brieff vor dicti rt/ er aber selbst ha- be in einem Buch gelesen/ darneben auch die/ so mit ihm geredet/ angehoͤret und beantwortet. Spartianus schreibet fast eben dergleichen von vorgedachtem Kaͤyser Hadriano. Bey diesem unserm Vorhaben erinnere ich mich einer spitzfuͤndigen Antwort/ welche Scipio Africanus Minor dem Appio Claudio gegeben/ als sie sich bey- derseits um das Censor- oder Zuchtmeister-Amt zu Rom beworben; Appius Claudius nun/ damit er das U u Volck Deß Academi schen Volck auf seine Seiten bringen moͤchte/ nennete er alle Roͤmische Buͤrger einen Jeden bey seinem Na- men/ sagend: Das waͤre ein Zeichen/ daß er sie alle liebete/ sintemahl er ihrer aller Namen in seinem Ge- daͤchtnuͤß haͤtte. Scipio aber kennete fast keinen/ wuste auch derselben Namen nicht/ dem antwortete Scipio: Es ist wahr/ mein Appi Claudi, daß ich niemahl dar- nach getrachtet/ ihrer viel zu kennen/ dessen aber habe ich mich allezeit beflissen/ daß Niemand in Rom seyn moͤge/ der mich nicht kennen solte. Jch koͤnte noch sehr viel Exempel von vortrefflicher Leute faͤhiger und scharffsinniger Memori oder Gedaͤchtnuͤß dieses Orts beybringen/ man kan aber solche bey dem Cicerone und Quintiliano suchen und lesen/ ingleichem auch bey dem Plinio im 7. Buch/ und bey denen Author en/ welche Johannes Camertes uͤber das 7. Cap. Solini citi ret und bemercket. Das XII . Capitul/ Das Gedaͤchtnuͤß kan leicht Schaden leyden. Es ist ein Unter- scheid zwischen der Memori und Reminiscen tz. Venereus hat seltzame Liebes-Haͤndel mit zwo Adelichen Damen. G Leich wie es aber ein edel und vortreffliches Ding um das Gedaͤchtnuͤß/ also ist selbiges auch sehr subtil und zaͤrtlich/ also/ daß es durch vielerley Sachen kan schadhafft gemacht/ ver- derbet und verhindert werden/ als da seyn die Kranck- heiten/ Wunden und Streiche auf dem Haupt/ das Alter/ jaͤher Schrecken oder Entsetzen/ uͤbermaͤssige Sorg und Bekuͤmmernuͤß/ und dann sonderlich hohe und gefaͤhrliche Faͤlle; Alle diese jetzt-erzehlte Stuͤcke bringen den Kraͤfften deß Gedaͤchtnuͤsses Verletzung/ sintemahl sie dem Ort/ wo es seinen Sitz hat/ und deren Organis oder Instrument en Schaden zufuͤgen/ und ist uͤber das zu beobachten/ daß etliche an dem Gedaͤcht- Romans II. Buch. Gedaͤchtnuͤß also Schaden nehmen/ daß selbiges gantz und gar/ oder in allen Dingen geschwaͤchet und verderbet wird/ etlichen aber geschichts/ daß selbiges sich nur in einer oder anderer Sache mangelhafft be- findet. Ein Exempel dessen ist/ was Plinius von Messala Corvino, einem Roͤmischen Redner schreibet/ daß er durch eine Kranckheit dermassen sey verderbet und zugerichtet worden/ daß er sich seines eigenen Namens/ so er darum gefraget wurde/ nimmer zu erinnern gewust. Er schreibet auch von einem an- dern/ der mit einen Stein auf den Kopff geworffen worden/ worvon er bloß das Alphabet vergessen/ in andern Sachen aber ein gut Gedaͤchtnuͤß behalten. Und noch von einem andern/ der/ nachdem er von ei- nem hohen Dach herab gefallen/ die Erkaͤntnuͤß sei- ner Mutter/ Schwaͤger und Freunde verlohren hat. Von Francisco Barbaro Veneto, einem sehr gelehrten Mann zu unserer Vorfahren Zeiten/ hab ich gelesen/ auch von vielen gehoͤret/ daß er in der Griechischen Sprach sehr gelehrt und beruͤhmt gewesen/ durch eine Kranckheit aber/ so er außgestanden/ vergaß er absonderlich alle Wissenschafft/ so er in ermelter Sprach gehabt/ im uͤbrigen aber blieb er so gelehrt/ als er zuvor gewesen/ welches dann in Warheit eine wunderbare Sache ist. Und von Georgio Trapezun- tio, der ein hochgelehrter und in Lateinischer und Griechischer Sprach sehr beruͤhmter Mann zu unse- rer Vaͤtter Zeiten gewesen/ liset man/ daß er in seinem Alter solche beyde Sprachen/ auch sonsten alles/ so er gekannt und gewust/ vergessen habe. Sleidanus ist in seinem Alter so vergessen worden/ daß er seiner Toͤch- ter Namen nicht behalten moͤgen. Also/ und abson- derlich auf gedachte Weise pfleget das Gedaͤchtnuͤß abzunehmen und sich zu verlieren. U u 2 Andere Deß Academi schen Andere haben sich gefunden/ welche von Natur eines sehr schwachen und unfaͤhigen Gedaͤchtnuͤß ge- wesen. Kaͤyser Claudius, war eines so bloͤden Ge- daͤchtnuͤß/ daß von ihm Suetonius Tranquillus schrei- bet/ es sey ihm mehrmahlen widerfahren/ daß seine Gemahlin sich mit ihm zu Bette geleget/ er aber ha- be nach ihr gefraget/ und die Ursach zu wissen begeh- ret/ warum sie sich nicht zu ihm legete. Es geschahe auch oͤffters/ daß er einen heut toͤdten/ deß andern Ta- ges aber ihn in den Rath beruffen lassen/ andere/ so er gleichfalls zu toͤdten befohlen/ ließ er folgends zu sich beruffen/ daß sie mit ihm im Bret spielen solten/ nach etlichen fragete er/ und nennete sie Faullentzer/ da er sie deß Tages zuvor hatte aufhencken lassen. Herodes Sophista, der treffliche Orator, hatte ei- nen Sohn/ der war von so bloͤder Memori und Ver- stand/ daß er auf keinerley Weise die Buchstaben deß Alphabet s lernen/ oder im Gedaͤchtnuͤß behalten kun- te. Der Vatter aber trug ein grosses Verlangen/ daß der Sohn solches lernen moͤchte/ also/ daß er ne- ben ihm/ (der Meynung/ ihm solches desto eher bey- zubringen/) 24. Knaben seines Alters auferzog/ und einem Jeden unter ihnen einen Namen nach der Ordnung der Buchstaben deß Alphabet s gab/ damit/ so er dieselben kennen und bey Namen nennen wur- de/ er auch zugleich die Buchstaben erlernen und be- greiffen moͤchte. Oben habe ich gemeldet/ daß der ploͤtzliche Schre- cken/ oder das Entsetzen/ das Gedaͤchtnuͤß zu schwaͤ- chen und zu verhindern pflege/ und dem ist in Warheit also/ dann ob der Schrecken gleich die Memori nicht gantz vernichtet/ jedoch verursachet er/ daß der Mensch eine Zeitlang das Jenige/ was er ihm vest in das Ge- daͤchtnuͤß gebildet/ vergisset/ und also in seinem Vor- satz Romans II. Buch. satz irꝛ gemacht wird/ massen dem vortrefflichen und beruͤhmten Redner Demostheni widerfahren/ als er Legation s-Weise zu Philippo, Koͤnig in Macedonia, gesandt worden/ da er dann/ wegen Alteration und Entsetzens/ die er ob deß Koͤnigs Gegenwart bey sich empfande/ seine Oration, die er ihm aufgesetzet und auß wendig gelernet hatte/ gantz vergaß/ also/ daß er gar nicht fortkommen konte/ sondern ihn Aeschynes entsetzen und die Sermon zu Ende bringen muste. Eben dergleichen lesen wir von Theophrasto Eresio. welcher/ da er als ein Legat, auf dem Areopago zu Athen/ seine Werbung ablegen sollen/ und gesehen/ wie der Rath in solchem Concilio in so ansehnlicher Authorit aͤt und aller Gravit aͤt da gesessen/ hat er nichts reden koͤnnen. Herodes Atticus der treffliche Redner/ als er in Gegenwart Marci Antonii, in Pœo- nia perori ren sollen/ hat er sich also entsetzet/ daß er verstummet. Eben dieses liset man auch von Heracli- de Lycio, daß er in Gegenwart Kaͤysers Severi nicht reden koͤnnen/ wie Philostratus erzehlet. Nicht un- gleiches widerfuhr zu unserer Vorfahren Zeiten/ Bar- tholomæo Socino, von Siena gebuͤrtig/ einem in Ju- risprudentia sehr beruͤhmten und gelehrten Mann; Dieser/ da er als ein Abgesandter seines Vatterlan- des/ wegen gemeiner Stadt/ Papst Alexandern den Sechsten empfangen und ihm gratuli ren sollen/ auch seine Oration, die er bester Massen studi ret und me- mori ret/ angefangen hatte/ blieb er mitten in dersel- ben bestecken/ und vergaß alles/ daß er nicht ein Wort mehr formi ren oder vorbringen kunte; Dieses alles verursachete die Alteration und das Entsetzen/ wegen der ansehnlichen Præsen tz und Gegenwart so hoher Personen und Potentaten. Daß man aber der Memori oder dem Gedaͤcht- U u 3 nuͤß Deß Academi schen nuͤß helffen/ und selbige durch sonderbare Mittel und Kunst-Stuͤcke gesund erhalten koͤnne/ ist gantz gewiß/ und schreiben hiervon viel bewaͤhrte Autores. Solinus in seinen Poly-Historiis, und Quintilianus handeln hiervon weitlaͤufftig. Seneca, an obangezogenem Ort/ machet diese Kunst so gering und leicht/ daß er mel- der/ es koͤnne selbige ein Mensch in gar kurtzer Zeit zuwegen bringen. Von vor-ermelten Cynea, deß Koͤnigs Pyrrhi Legat en und Redner/ liset man/ daß er sich dieser Kunst sehr wol zu bedienen gewust. Plinius und Quintilianus melden/ es sey der Erfinder solcher Kunst/ nemlich das Gedaͤchtnuͤß zu staͤrcken/ gut und gesund zu erhalten/ Simonides gewesen/ wie- wol eben dieser Plinius gedencket/ es habe folgends solche Kunst Metrodorus Scepsius zur Perfection ge- bracht/ als der sich dardurch wunderbarer Weise be- ruͤhmt gemacht. Von eben diesem Simonide erzehlet Cicero in seinem Buch de Oratore, und gedencket dessen auch Quintilianus, daß/ als selbiger einsmahls nebens vielen andern vornehmen und gelehrten Leu- ten zu einem Nachtmahl beruffen worden/ sey der Saal/ worinnen die Gaͤste gesessen/ uͤber einen Hauf- fen gefallen/ daß sie alle todt geblieben/ ausser den eini- gen Simonidem, welchen eben zur selbigen Zeit Je- mand hinauß beruffen lassen/ den er doch nicht ge- kannt/ auch nimmermehr erfahren moͤgen/ wer der- selbe gewesen/ wordurch er also durch sonderbare Schickung selbiges mahl wunderbarer Weise dem Tod entronnen ist. Nun melden gedachte Autores, daß/ als man nach den todten und verfallenen Gaͤsten gefraget/ habe Simonides selbige alle/ (ungeachtet ihr eine grosse Menge/) zu nennen/ auch wer sie gewesen/ und wie sie in Ordnung gesessen/ als der Saal einge- fallen/ zu erzehlen gewust. Dieses Romans II. Buch. Dieses koͤnte noch mit unzaͤhlich viel Exempeln dargethan/ und erwiesen werden/ achte es aber fuͤr dißmahl gnug zu seyn. Noch ein anders und zwar merckwuͤrdiges Stuck ist allhier billich zu melden/ nemlich/ daß die gelehrten Philosophi und Naturkuͤndiger/ absonderlich aber Aristoteles, einen Unterscheid machen/ inter Memo- riam \& Reminiscentiam, zwischen der Gedaͤchtnuͤß und Wieder-Gedaͤchtnuͤß/ oder Erinnerung; Dann (sagen sie/) die Memoria koͤnne simpliciter in den Thieren so wol als in den Menschen seyn/ wiewol sie in Jenen unvollkommen ist/ die Reminiscentia oder Wieder-Gedaͤchtnuͤß und Erinnerung aber finde sich allein in den Menschen/ nemlich solcher Gestalt/ daß man sich im Discurs geschwinde etwas erinnere/ einer Sach reifflich nachdencke/ von einer Sach ins ge- mein/ oder insonderheit von den Umstaͤnden oder der Zeit mit Bedacht und Verstand zu discurri ren und zu reden wisse. Ein Thier kan sich zwar auch wol er- innern eines Orts/ allwo es einmahl gefallen/ als ein Pferd wird mercken/ wo es einmahl uͤbel tracti ret/ oder geschlagen worden; Also auch andere Thiere werden durch unterschiedliche Gradus entweder mehr oder weniger von der Tuͤchtigkeit solcher Gedaͤchtnuͤß participi ren/ der Mensch aber/ wie gedacht/ gehet mit viel vollkommener Manier/ vermoͤg deß discurs und Verstandes/ von einer Sach auf die andere/ und also nach Aristotelis Meynung und Bericht/ hat der/ so scharffsinniger ist/ mehrere Reminiscen tz und Erinne- rung/ als der andere/ so ein hurtiges Gedaͤchtnuͤß hat/ obgleich selbiger auf einmahl mehr fassen/ lernen und behalten kan; Sintemahl die Reminiscentia oder Erinnerung ein Modus Investigandi, oder eine Art deß Nachforschens und Nachsinnens ist/ welche die U u 4 Gedaͤcht- Deß Academi schen Gedaͤchtnuͤß ermuntert und erfrischet/ einer und der andern Sach sich zu erinnern/ und wieder zu geden- cken/ kan demnach das bessere und schaͤrffere Ingenium einer Sach eine bessere Manier und Art geben/ darum es auch eine bessere Reminiscen tz und Erinnerung hat. Die Griechen pflegten unter andern Eitelkeiten ihrer Abgoͤtter/ auch die Memoriam, als eine Goͤttin zu ver- ehren; Worauß zu ersehen/ daß die Tuͤchtigkeit deß Gedaͤchtnuͤß allezeit im hohen Æstime und Werth ge- halten worden/ und deßwegen sollen die Menschen billich GOtt um solche edle/ besondere Gnade und Gabe/ so sie solche haben/ von Hertzen dancken/ und darbey bitten/ daß sie selbige wol anwenden/ und be- halten moͤgen; Dann/ vermoͤge eines guten Gedaͤcht- nuͤß/ wird man nicht allein gelehrt/ weiß und verstaͤn- dig/ sondern auch beredt/ daß man von hochwichtigen Sachen in der Theologie, Jurispruden tz/ Medicin, Philosophie, Politic, und gemeinen Policey-Wesen vernuͤnfftig discurri ren/ und mit anmuthiger Zierlich- keit/ Eloquen tz und Wolredenheit vor grossen Po- tentaten/ Fuͤrsten/ Herren/ andern fuͤrnehmen/ ange- sehenen/ gewaltigen Leuten/ mit deren sonderbaren Approbation, Belieb- und Verwunderung reden kan. Marsilius Ficinus in seinem Buch de tripl. Vita ertheilet unterschiedliche fuͤrtreffliche Recept en/ mit Bericht/ wie dardurch das Gedaͤchtnuͤß moͤge gestaͤr- cket/ und erhalten werden. Als der Geistliche seinem Discurs hiermit ein Ende gemacht/ da endigete sich zugleich auch die Mahlzeit/ also/ daß ein Jeder aufstund/ und Venereus verfuͤgete sich nach einer Kirchen/ um frische und kuͤhle Lufft darinn zu schoͤpffen. Er war aber nur ein klein wenig darinn gewesen als ihm eine ansehnliche Dame an den Arm lieff/ und mit den Augen zu verstehen gab/ daß Romans II. Buch. daß er ihr folgen moͤchte. Hierzu war er mehr/ als zu willig/ und solcher Gestalt fuͤhrete sie ihn unter die Orgel/ an einen tunckeln Ort/ und sagte: Mein Herꝛ/ ich sehe/ daß ihr ein Fremder seyd/ ich habe auch einen Bruder in der Fremde herum raͤysend/ derowegen trachte ich nach aller Gelegenheit/ den Außlaͤndern etwas zu gut zu thun/ thut so wol/ und kom̃t auf den Abend zu mir/ mein Gast zu seyn/ und weil mein Mañ euch nicht kennen wird/ so sprechet/ daß ihr meinem Bruder Fabiano in Rom viel Gutes gethan habt/ so wird er euch hoͤflich gnug zu empfangen wissen/ als- dann werde ich schon weiter Gelegenheit finden/ euch um meines verraͤyseten Bruders willen ein und an- dern Dienst zu thun. Wem war diese Rencontre lie- ber/ als unserm Venereo? Dieser merckete bald/ daß die Dame, Florentia genannt/ nicht um ihres Bru- ders/ sondern vielmehr um ihrer Schwester willen/ ihn zu sich noͤthigte. Er ließ ihm demnach das Hauß bezeichnen/ und nahm seinen Abschied von ihr. Dieses mahl gieng er vor deß Kauffmanns Hauß vorbey/ da ihn die Adeliche Dame freundlich gruͤssete/ und ihn zu sich winckete/ weil er aber keine Lust hatte/ zu diesem mahl bey einer andern/ als der Florentia, zu schlaffen/ winckete er ihr dargegen/ daß es in ihrem Hauß fuͤr ihn nicht gar sicher waͤre/ dessen dann Jene hefftig er- schrack/ inmassen sie sich nicht zu ihm versahe/ daß er ihr diesen Reuter-Dienst solte versaget haben. Wie die Abend-Zeit heran gekommen/ spatzierete er gantz allein/ Fuß vor Fuß/ durch die angezeigete Strasse/ und als er die Florentia vor dem Hauß ne- ben ihrem alten Edelmann/ der ein reicher Ritter war/ sitzen fand/ machte er eine Reveren tz/ und forsche- te nach der Wohnung eines gewissen Mannes/ wel- che ihm der Ritter mit kurtzen Worten andeutete/ U u 5 seine Deß Academi schen seine junge Frau aber forschete/ ob er ein Außlaͤnder/ und von wannen er komme? Venereus merckete bald/ worauf dieses angesehen/ gab demnach zu verstehen/ daß er ein Jtaliaͤner/ und jetzo von Rom komme. Sie war froͤlich hieruͤber/ und fragete weiter/ ob er keinen Teutschen Edelmann gekannt/ der sich Fabiano ge- nannt? Hierauf verwunderte er sich gleichsam/ daß man diesen seinen allerbesten Freund allhier auch ken- nete/ er beschriebe ihn darauf/ wie er ihm vorhin von der Florentia war beschrieben worden/ und erzehlete/ wie er ihm manchen Dienst gethan/ auch noch vor sei- ner Abraͤyse fuͤr 400. Kronen seinethalben Buͤrge worden/ weil es ihm damahl an Geld gemangelt. Florentia sprach jetzo zu ihrem Mann: Ach mein Hertz/ bittet doch diesen guten Freund/ der durch ein sonderlich Gluͤck zu uns gefuͤhret worden/ daß er die- sen Abend mit uns speise/ euer Bruder hat uns zu rechter Zeit mit einem Hasen und 3. Raͤbhuͤhnern re- gali ret/ sie stecken schon allerseits am Spieß/ dann bey dieser heissen Zeit wil sich das Wildpret nicht lange halten. Der Ritter muste Ehrenhalben mit daran/ dahero noͤthigete er den Venereum mit ins Hauß/ und die Florentia war geschaͤfftig/ diesen neuen Courtisan durch ein gutes Tractament ihr verbindlich zu ma- chen. Jnzwischen aber/ daß dieser bey dem Ritter gantz allein im Logiment sitzet/ und sie von andern Dingen reden/ gehet die Florentia in ihr Zimmer/ und schrei- bet einen kleinen Brieff/ darinn sie vermeldet/ welcher Gestalt ihr Mann morgenden Tages nach Lindau verraͤysen werde/ dahero wolle sie ihn biß auf eine Viertel-Stunde zu ihrem Meyer-Hof das Geleite geben/ und sich allda uͤber Nacht aufhalten/ wann es ihm also beliebe/ koͤnne er auf den Mittag sich da- selbst bey ihr einfinden/ und deß Jenigen geniessen/ wessen Romans II. Buch. wessen nur sein Hertz verlange. Diesen Zettel steckete sie ihm in die Hand/ als sie wider hinein kam/ und ihn oben an den Tisch zu sitzen noͤthigte. Venereus mer- ckete dieses bald/ aber dem Ritter blieb alles verbor- gen/ und also machten sie sich mit einander lustig/ und wie der Ritter sahe/ daß sich seine Liebste so freudig bezeugete/ ward er auch munter/ und trunck reichlich von dem guten Veltliner Wein/ machte auch mit Ve- nereo gute Freundschafft/ und botte ihm Geld an/ dafern er dessen in dieser Fremde benoͤthiget seyn moͤchte. Als endlich die Mahlzeit vollendet/ welche sich biß in die spaͤte Nacht hinein verzogen/ da nahm Ve- nereus einen hoͤflichen Abschied/ und kehrete wieder in seine Herberge/ allwo er deß andern Tages mit Ver- langen erwartete/ um der Florentia zu geniessen/ dann sie war eine uͤberauß schoͤne und hochverstaͤndige Da- me, dergleichen er noch wenige zu seinem Willen ge- habt. Wie endlich die Sonne am andern Tag den hoͤchsten Grád erstiegen/ da machte er sich auf den Weg nach dem bezeichneten Hof/ und fand die Flo- rentia im Fenster ligen/ welche ihm von weitem win- ckete/ daß er fort eyle/ weil ihr Mann schon laͤngst verraͤyset sey. Also sprach Venereus seinen Beinen zu/ und gelangete bald an den Ort seiner verlangeten Freude. Die Frau hatte nur eine Magd bey sich/ die ihr getreu war/ und diese Beyde willig allein ließ/ daß sie Zeit hatten/ das Jenige zu bestellen/ worauf sie beyderseits seit gestern waren bedacht gewesen. Vene- reus blieb diese Nacht bey ihr/ und ward wol tracti ret/ dann zu dem Ende hatte sie herꝛlich zurichten lassen/ und der Jtaliaͤner bekam an Getraͤncke/ was er nur verlangete; Also machten sie sich auf ihre Weise lustig/ aber in verbottener Lust/ darinn viel junge Frauen/ Deß Academi schen Frauen/ insonderheit aber Venereus lebete/ als der diese einzige Profession trieb/ und darauf in der Welt umher raͤysete. Als die Morgen-Roͤthe anbrach/ stund er auf/ und kehrete wieder nach der Stadt/ jedoch mit dem Abschied/ daß er auf den Abend wiederkommen/ und ihr Schlaff-Gesell seyn wolle/ welches er ihr hoch und theuer zusagen muste. So bald er aber zum Thor hinein getretten/ stieß ihm der jenige junge Edelmañ auf/ den er neulich von den Wildschuͤtzen errettet hat- te/ dieser war froh/ daß er ihn sahe/ und weil er etwas Melancholi sch/ fragete Venereus, was ihm schade? Der Edelmann gab ihm zu erkennen/ daß er auf dem Weg begriffen/ eine uͤberauß schoͤne Adeliche junge Frau/ die einem alten Ritter/ Philander genannt/ ver- ehelichet/ zu besuchen. Er habe zwar gute Kundschafft zu ihr/ aber sie sey ihm nimmer so gnaͤdig erschienen/ daß sie ihn ohne 50. Rthlr. haͤtte zulassen wollen. Kommet mit mir/ sprach er/ sie mag gerne huͤbsche Maͤnner leyden/ vielleicht habt ihr die Gunst/ ihrer um ein Geringes theilhafftig zu werden. Venereus war dessen zufrieden/ und gieng mit ihm zu der Frau Clara, welche/ weil ihr Mann auf dem Rathhauß zu thun hatte/ sich allein befand. Sie bewillkom̃t diese Beyde/ und ließ sich gleich alsobald in ein Liebes-Gespraͤch mit ihnen ein/ jedoch mit dem Beding/ weil sie von ihrem geitzigen Ehe-Herꝛn gar kaͤrglich gehalten wurde/ daß sich der Jenige/ so ihrer geniessen wolte/ mit 50. Kronen einstellen muͤsse. Weil nun keiner so viel Geldes bey sich hatte/ schieden sie damahl ohnverrichter Sachen von ihr/ und auf dem Weg erzehlete der junge Edelmann/ wie daß die 2. schoͤnsten jungen Adelichen Dam en dieser Stadt an 2. alte Ritter sich verheurathet/ von denen sie schlechte Lust haͤtten/ und gleichwol bemuͤheten sich diese 2. alte Boͤcke/ Romans II. Buch. Boͤcke/ einer dem andern Hoͤrner aufzusetzen/ welches doch keiner mercke/ solcher Gestalt wuͤrde Florentia von dem Philander, und die Clara von der Florentia Mann offt heimlich besuchet/ weil aber die Frauen an diesen alten Courtisan en anders keine Lust haͤtten/ als daß sie ihnen etwas Geld ablaureten/ so behuͤlf- fen sie sich die uͤbrige Zeit lieber mit jungen Courtisa- n en. Venereus ließ sich nichts von der Florentia ver- mercken/ gedachte doch in seinem Hertzen/ der geitzi- gen Clara eines anzubringen/ nahm demnach von dem Edelmann Abschied/ und wartete/ biß Philander vom Rathhauß kam/ da redete er ihn an/ und bathe ihn/ daß er ihm 100. Kronen vorstrecken moͤchte/ welche ihm der Ritter Conrad, der Florentia Gemahl/ wie- der geben wuͤrde/ und habe ihm dieser selber gemeltes Geld herschiessen wollen/ sey aber daruͤber gestern nach Lindau verraͤyset. Philander hatte schon ver- nommen/ daß Venereus bey Conrad zu Gast gewesen/ und daß er der Florentia Bruder in Rom mit Geld auß der Noth geholffen/ beschiede ihn also auf den Abend zu sich/ da dann Venereus sich willig einstellete/ aber die Clara, weil ihr Mann derselben nicht viel trauete/ war nicht zu Hauß. Der Jtaliaͤner empfienge die 100. Kronen/ und versprach ihm/ so bald der Rit- ter Conrad wiederkommen wuͤrde/ eine Obligation unter dessen Hand zuzustellen. Er trug das Geld in seine Herberge/ und eylete nach der Florentia, die sei- ner bey einer guten Mahlzeit wartete. Sie speiseten bald ab/ und eyleten nach dem verlangten Lust-Ort/ blieben auch die gantze Nacht bey einander. Als aber der folgende Morgen kaum angebro- chen/ klopffete Ritter Philander vor der Thuͤr starck an/ und weil sich die Florentia seiner nicht entbrechen kunte/ bath sie den Venereum, sich eylends anzulegen/ und Deß Academi schen und in jenem Zimmer zu verbergen/ dieser/ der ihr schon erzehlet/ daß er von diesem Ritter etwas Geld aufgenommen/ war dessen zufrieden/ und also fand sich Philander bey der Florentia, nach seiner alten Ge- wonheit ein/ und ergoͤtzete sich/ wie einer/ der die saure Trauben in der Nachlese aufsammlet. Da sie aber in diesem verbottenen Liebes-Werck begriffen waren/ kommt Ritter Conrad selber vor den Hof/ und klopf- fete an. Solches zeiget die Magd ihrer Frauen also- bald an/ die sich dann von Philander n eylends loßrisse/ und weil ihr Mann noch immer einigen Argwohn auf denselben gehabt/ wuste dieser auch nicht/ wie er mit Ehren auß diesem Ungluͤck kommen solte. Er zeh- lete demnach der Florentia 100. Kronen/ und bathe sie/ sein Leben zu retten. Diese sprach: Ritter/ stellet euch nur gantz rasend-zornig an/ schwinget euer blos- ses Schwerdt um den Kopff/ und drohet/ er solle euch nicht entlauffen/ ihr wollet ihn schon auf ein ander mahl finden. Kehret euch darauf nicht an meines Mannes Fragen/ oder Reden/ fondern stellet euch gantz trotzig/ setzet euch aufs Pferd/ und reitet curer Wege/ fuͤr das uͤbrige lasset mich alsdann sorgen. Wie nun Ritter Conrad in den Hof kam/ und ein ge- satteltes Pferd daselbst stehen fand/ verwunderte er sich dessen/ und gedachte alsobald auf nichts Gutes/ eylete demnach ins Hauß/ und daselbst begegnet ihm Philander mit dem blossen Gewehr/ fluchet und schwoͤ- ret/ der solle ihn holen/ wann er ihm nicht innerhalb 2. oder 3. Tagen den Rest gebenwolte. Conrad for- schet/ was er zu thun/ und mit wem er es aufgenom- men? Aber Philander kehret sich an nichts/ sondern setzet sich auf sein Roß/ und reitet darvon. Also gehet Conrad ins Hauß hinein/ und wird von seiner Frauen mit Freuden empfangen: Jch glaube/ Romans II. Buch. glaube/ sprach sie/ ein Engel hat euch/ mein Hertz/ zu dieser gelegenen Stunde hieher gefuͤhret/ sonst haͤt- ten wir ein grosses Ungluͤck in unserm Hof erlebet. Aber hoͤret! dem freundlichen Jtaliaͤner/ der meinem Bruder Fabiano so viel Gutes erzeiget/ ist gestern sein Pferd verrecket/ derowegen hat er den Ritter Philan- der um 100. Kronen gebetten/ fuͤr solche ein anders zu kauffen/ verspricht ihm auch eure Buͤrgschafft als heute zu erlangen/ darauf empfaͤnget er das Geld/ und wie Philander inzwischen erfaͤhret/ daß ihr nach Lindau seyd verraͤyset/ sendet er zu Venerco, und wil sein Geld wieder haben/ auß Beysorge/ er moͤchte fortgehen/ ehe ihr wiederkaͤmet. Venereus kom̃t also hieher zu mir/ und wil mich um Rath fragen/ solches wird Philander n bald zu wissen gethan/ welcher sich aufs Pferdt wirfft/ ihm nachreitet/ und ihn schier vor diesem Hof eingeholet haͤtte. Jch verbarg also den Venereum fuͤr seinem Grimm/ und schlosse das Ge- mach zu/ darinn ich ihn verstecket/ also kehrete Philan- der in vollem Grimm wieder seines Weges/ und koͤn- net ihr darbey sehen/ daß er halb rasend gewesen fuͤr Zorn/ weil er euch nicht einmahl gekannt/ sonsten haͤt- te er euch dieses Geldes wegen ausser allem Zweiffel angesprochen. Das ist dann wol ein grosses Gluͤck/ sprach der Ritter/ daß ich mein Gewerbe so bald abgeleget habe. Kommet/ meine Liebste/ Florentia, und lasset uns den armen Venereum auß seinem Angst-Winckel erloͤsen. Hiermit giengen sie in das verschlossene Gemach/ all- wo der Ritter den Jtaliaͤner troͤstete/ und ihm ver- sprach/ fuͤr das geliehene Geld Buͤrge zu werden/ daß er von Philander n weiter keine Anfechtung haben sol- te. Darauf richtete die Frau eine gute Mahlzeit an/ welche sie um den Mittag zu sich nahmen/ und dar- nach Deß Academi schen nach fuhren sie mit einander wieder in die Stadt/ woselbst Venereus sich in seine Herberge verfuͤgete. Etliche Stunden hernach kam der andere Bruder deß vorigen jungen Edelmanns zu ihm/ mit welchem er außgieng/ und als sie vor deß Philander s Thuͤre ka- men/ præsenti rte sich die Clara, und gab zu erkeñen/ daß ihr Mann diesen Morgen außgeraͤyset sey/ und heute nicht wiederkommen wuͤrde. Also noͤthigte Venereus den Edelmann mit hinein/ und zehlete der Frau Cla- ra 100. Kronen/ so ihm ihr Mann vorigen Tages geliehen hatte/ darvon sie aber nichts wuste. Die- ses Geld/ sprach er/ gebet eurem Ritter in meinem Namen/ wann ich wiederkomme/ wil ich selber mit ihm reden. Die Frau meynete/ er redete dieses nur also vor seinem Gefaͤhrten/ um sich und sie nicht zu verrathen/ nahm also das Geld willig an/ und hoffete es mit guter Lust zu verdienen. Hierauf gieng Vene- reus mit dem Edelmann ein wenig spatzieren/ und kehrete gegen den Abend mit ihm nach seiner Mutter Hauß/ daselbst speiseten sie mit einander/ und nach ge- haltener Mahlzeit nahm Venereus den juͤngsten Bru- der zu sich/ und sagte: Mein Bruder/ wir wollen uns zu der schoͤnen Clara erheben/ ich habe sie schon fuͤr uns Beyde mit 100. Kronen contenti ret. Dieser folgete ihm willig/ und darauf wurden sie von der geilen Dame freundlich empfangen/ da sich dann einer nach dem andern mit ihr ergoͤtzete/ biß nach Mitternacht ein Jeder wieder an seinen Ort kehrete. Am folgen- den Morgen ritte Philander durch die Stadt wieder herein/ dessen Venereus bald gewahr ward/ gieng demnach zu dem aͤltern Bruder der Edelleuten/ nahm ihn zu sich/ und wie sie zu Philander n kamen/ sprach der Jtaliaͤner: Jch sage euch Danck/ Herꝛ Ritter/ daß ihr mir vor 2. Tagen habt 100. Kronen vorge- strecket/ Romans II. Buch. strecket/ dieselbe habe ich eurer Frauen gestern wieder- gegeben. Philander rieff der schoͤnen Clara, und fragete sie ums Geld. Diese erschrack dessen zwar/ und hof- fete es selber zu behalten/ weil sie es aber in Gegen- wart dieses Edelmanns von Venereo empfangen/ kunte sie es nicht laͤugnen/ sondern muste das Geld herholen; Was sie aber in ihrem Hertzen darbey ge- dacht/ und was sie den 2. Courtisan en daruͤber an Halß gewuͤnschet/ daß sie so schaͤndlich von ihnen hintergangen worden/ indem sie dieselbe fuͤr ihres Mannes eigenes Geld bey sich hatte schlaffen lassen/ das kan ein Jeder selber erachten. Venereus kehrete darnach zu Conrad, und sagete ihm/ wie er von einem andern guten Freund Geld be- kommen/ dardurch er Philander n alleweil befriediget/ habe er also seines Gutsagens nicht noͤthig. Wie er aber mit der Florentia darauf/ beym Abtritt ihres Mannes/ allein zu reden kam/ erzehlete er ihr den Betrug/ den er der Clara gespielet/ die dessen in ihrem Hertzen lachete. Hernach gieng er zu den 3. Bruͤdern/ uñ offenbarete ihnen ebenmaͤssig den gantzen Handel mit der Clara, welche/ wie auch ihre alte Mutter/ und insonderheit ihre Schwester/ deß alten Kauffmanns Frau/ sich dieses listigen Possen gnugsam zerlache- ten. Sie hielten darauf eine froͤliche Abschieds- Mahlzeit mit einander/ und am folgenden Morgen setzete sich Venereus zu Pferd/ um fordersamst nach Lindau zu gelangen/ und zu sehen/ ob er den Printzen bald wieder außforschen/ und in dessen Suite weiter fortraͤysen moͤchte/ ein Stuͤck von Teutschland zu besehen. Das XIII . Capitul/ Venereus gehet fort/ und machet sich auf verschiedene Weise lustig. Jnsonderheit mit der schoͤnen Helena/ welche er listig hinter- gehet. X x Wie Deß Academi schen W Je er aber eine gute Meile fortgeritten war/ und zu einem schoͤnen Meyerhof kam/ da sa- he er den juͤngsten von den 3. Edelleuten/ samt seiner Schwester/ deß Kauffmanns Frau/ da- selbst/ welche alsobald herauß kamen/ und ihn zu sich hinein noͤthigten. Ey/ wie ein feiner Mann/ sprach die Dame, der also ohne Haltung seines Versprechens darvon reiten wil. Venereus wuste nicht/ wie er diese Worte verstehen solte/ forschete demnach/ wie sie sol- che meynete? Wisset ihr nicht/ war ihre Antwort/ daß ihr mir gegen ein gutes Recompens versprochen habt/ eine Kunst mitzutheilen/ Krafft welcher mein Mann mir hinfuͤhro in allem gehorsam seyn soll? Ve- nereus gedachte wol/ daß dieses auf ein anders ange- sehen/ und sprach: Verzeyhet mir/ meine Frau/ daß ich mich schier selber daruͤber vergessen haͤtte/ ihr habt aber wol gethan/ daß ihr mit einer kleinen Com- pagnie hieher kommen seyd/ dann diese Kunst muß heimlich gehalten werden. Also reichete sie ihm einen Beutel mit 30. Ducaten/ und fuͤhrete ihn ins Hauß/ welches ihrer Mutter zugehoͤrete/ daselbst fruͤhstuͤcke- ten sie mit einander/ nahmen darauf von dem Edel- mann/ der den Brathen etwa auch riechen mochte/ Abschied/ und verschlossen sich Beyde in ein beson- ders Zimmer/ woselbst sie die Vergeltung fuͤr das Geld von dem Venereo mit hertzlicher Freude/ aber keines Weges eine Kunst/ wie sie vorhin gesaget/ em- pfieng/ und nachdem sie in dieser Lust eine gute Stun- de verharret/ nahmen sie freundlichen Abschied von einander/ und Venereus ritte ferner seines Weges fort. Er kam denselben Abend in ein grosses Dorff/ da er in der Herberge sehr wol/ wiewol auch fuͤr gnugsames Geld/ bewirthet ward/ weil es ihm aber jetzo an keinem Geld mangelte/ achtete er dessen we- nig/ Romans II. Buch. nig/ sondern zahlete mit lauter Ducaten in Gold/ welches deß Wirths Tochter merckete/ als er dem- nach in der Nacht zu seiner Schlaff-Stelle gewiesen ward/ fand er dieselbe in seinem Bette/ welche sich er- botte/ ihm diese Nacht Gesellschafft zu leisten. Venereus war kein solcher Mann/ der bey solcher Gelegenheit dem zarten Frauenzimmer eine Nacht- Herberge haͤtte abschlagen sollen/ dannenhero ruͤckete er zu ihr/ und gab ihr zu erkennen/ daß er von Fleisch und Knochen zusammen gesetzet sey. Sie machten sich diese Nacht mit einander lustig/ und als die Mor- genroͤthe heran brechen wolte/ schlich sie sachtmuͤthig von ihm/ verfuͤgte sich in ihre Kammer/ und ruhete da- selbst/ biß ihr Schlaff-Gesell aufgestanden war/ da erhub sie sich gleicher Gestalt/ machte ihm ein gutes Fruͤhstuͤck zurecht/ und wie er die Zech bezahlen wolte/ stieß sie ihm das Geld wieder zu/ und sprach: Waͤret ihr zu mir in mein Bett gekommen/ so haͤtte euch die Zahlung gebuͤhret/ nun ich aber zu euch bin kommen/ seyd ihr Zehr-frey/ dessen dann Venereus in seinem Hertzen lachete/ und gestehen muste/ daß er in der kur- tzen Zeit bey dem Teutschen Frauenzimmer weit seltza- mere Ebentheuer/ als sonsten die uͤbrige gantze Zeit in Jtalien erlebet haͤtte. Er war demnach dieser Rech- nung gar wol zufrieden/ setzte sich auf sein Pferd/ und wolte nach genommenem Abschied von der Tochter/ darvon reiten; Aber der Gastgeber/ so nebst seiner krancken Frauen annoch in den Federn steckte/ wische- te anjetzo/ da er die Huf-Eysen klappern hoͤrete/ behen- de herfuͤr/ und rieff der Tochter zu: Ob dieser Gast auch das Seinige richtig gemacht haͤtte? Sie aber antwortete ihrem Vatter mit einer verborgenen Warheit/ indem sie antwortete: Ja mein Vatter/ dieser wackere Herꝛ hat mich redlich bezahlet. Dieses X x 2 sagte Deß Academi schen sagte sie/ weil der Vatter/ als dessen Geld sie in Ver- wahrung hatte/ keine Rechnung von ihr forderte. Und also ritte Venereus seines Weges/ und kam zwey Stunden Nachmittag allererst zu Lindau an/ da er sich in eine Herberge legte/ und wie er in den Eß-Saal kam/ etwas Speise zunehmen/ sahe er ein uͤberauß schoͤnes Conterfait an der Wand hangen/ welches ei- ne Dame fuͤrstellete. Venereus fand an diesem nicht allein eine sonderbare Kunst deß Meisters/ sondern eine uͤbermaͤssige Schoͤnheit der geschilderten Per- son/ welche er unter dem Essen staͤts betrachtete/ und seine Augen weit mehr daran/ als seinen Magen an den Tractament en waͤydete. Nachdem er endlich seinen Hunger gestillet/ kam der Hauß-Wirth auß dem Feld herein/ den er fragte: Was dieses fuͤr ein Conterfait, und ob es dem Original aͤhnlich seye? Der Wirth sprach: Mein Herꝛ/ ihr sehet allhier eine Adeliche Dame, welche vor 2. Jahren schon verheyra- thet gewesen/ aber mit ihrem Ehe-Herꝛn annoch in einer unfruchtbaren Ehe sitzet/ welches ihr etwas nahe gehet/ sie ist weit schoͤner/ und so schoͤn/ daß es allen Mahlern in der Welt/ solte man auch auß ihnen al- len nur einen einzigen Kuͤnstler machen/ ohnmoͤglich ist/ ihre Schoͤnheit vollkommen abzubilden. Jhr sehet zwar allhier einen Entwurff ihrer aͤusserlichen Gestalt/ aber die Schoͤnheit ihrer Seelen ist unver- gleichlich/ allermassen sie den hoͤchsten Grad aller Haupt-Tugenden besitzet/ indem sie gegen Jederman freundlich/ freygebig/ keusch/ und uͤberauß andaͤchtig ist/ dahero ein Jeder wuͤnschet/ daß sie mit Leibes- Erben beseeliget werde/ damit die Nach-Welt einen Abdruck solchen unvergleichlichen Geschoͤpffs behal- ten und sehen moͤge. Venereus forschete/ ob der Edelmann/ dem sie verhey- Romans II. Buch. verheyrathet/ bey Mitteln sey? Freylich Ja/ gab Je- ner zum Bericht/ er ist ein Mann von mehr/ als zwo Tonnen Golds/ und darum wolte sie eben gern einen Erben von seinem Leib haben/ damit sie/ wann ihr Juncker etwa durch einen fruͤhzeitigen Tod hinge- rafft wuͤrde/ nicht alsobald auß dem Besitz so schoͤner Guͤther verstossen wuͤrde. Als der Wirth gefraget ward/ ob er diese Dame auch selber gesehen? Sprach er: Jch bin 2. Jahr in ihres Junckern Dienst gestan- den/ ehe er sie heyrathete/ und nachdem ich mich dar- auf allhier niedergelassen/ habe ich ihm seine Geschaͤff- te allhier außrichten muͤssen/ also/ daß fast keine Wo- chen vergehet/ da ich nicht einmahl zu ihm auf sein Guth komme/ bey welcher Gelegenheit ich also diese schoͤne Helena oͤffters gnug zu sehen bekommen habe. Jch bin noch vor 2. Tagen erst von ihm herein gekom- men/ und hat mir Commission ertheilet/ einen Diener außzuforschen/ der mit dem Tafel-Decken wol um- zugehen wisse/ inmassen er von den Fuͤrnehmsten deß Landes/ ja von Fuͤrsten und Herren dann und wann heimgesucht wird/ welche sich an seiner lustigen Woh- nung diverti ren. Dem Venereo waͤsserte der Mund gewaltig nach dieser Schoͤnheit/ und ob er gleich nicht gewohnet/ in dergleichen Faͤllen Geld außzu- spenden/ sondern vielmehr einzunehmen/ haͤtte er doch gutwillig all sein Geld samt dem Pferd/ so er noch uͤbrig hatte/ daran spendi ret/ wann er dieser Frauen nur ein einziges mahl moͤchte theilhafftig werden. Er zohe demnach den Wirth an die Seite/ und sprach: Mein Freund/ ich kan euch nicht bergen/ daß ich bin deß Groß-Hertzogen von Toscana sein obrister Hof- Mahler/ welcher mich außgesandt hat/ alle schoͤne Dames abzubilden/ die mir fuͤrkom̃en/ und ihm solche zu uͤberbringen. Jch besorge aber/ solcher Gestalt/ X x 3 und Deß Academi schen und unter diesem Namen bey der schoͤnen Dam en nicht zum Zweck zugelangen/ derowegen wuͤrdet ihr mir einen grossen Dienst erzeigen/ wann ihr mich/ als einen Tafel-Decker bey dem Edelmann recommen- di rt/ da ich besser Zeit und Gelegenheit habe/ der Frauen uͤbermaͤssige Schoͤnheit zu betrachten/ und ein rechtes Abbildnuͤß nach meinem Verlangen dar- von zu nehmen. Jch verspreche euch/ daß ich mich in meinem Dienst wil wol verhalten/ und ihr sollet 10. Ducaten zur Verehrung von mir zu empfangen haben. Dem Wirth gefielen diese Worte sehr wol/ und weil er ohne sonderbare Muͤhe 10. Ducaten zuge- winnen hoffete/ schrieb er alsobald einen Brieff/ und sandte denselben noch diesen Abend nach dem Edel- mann/ bekam auch am folgenden Morgen Antwort/ er moͤchte nur/ so bald er koͤnte/ mit dem neuen Tafel- Decker heruͤber kommen. Venereus ließ sein Pferd und Geld dem Wirth zum Unter-Pfand/ setzte sich mit ihm auf einen Wagen/ und fuhren also nach die- ser ungemeinen Shoͤnheit hin. Unter Weges aber muste ihm der Gastgeber zusagen/ ihm nicht zu ver- rathen/ sondern alle ihm anvertraute Heimlichkeiten bey sich ersterben zu lassen. Sein Pferd aber kan er inzwischen verkauffen/ weil er den uͤbrigen Weg/ den er in Teutschland zu verrichten hatte/ entweder mit der Post/ oder in anderer Gesellschafft zu verrichten/ resolvi rt waͤre. Sie kamen endlich zu einer uͤberauß praͤchtigen Adelichen Burg/ welche auf einem kleinen Felsen lag/ mit einem breiten Wasser-Graben umgeben/ uͤber welchen man auf einer langen Brucken/ die an zwey Orten aufgezogen werden kunte/ gelangete. An der Ost-Seiten/ zu naͤchst am Hauß/ innerhalb deß Gra- Romans II. Buch. Grabens/ war ein uͤberauß schoͤner Lust-Garten/ in- massen der Felsen allda mit einem fruchtbaren Erd- reich zur Gnuͤge bedecket war. Sonsten war diese Burg gegen Norden mit einem hohen Gebuͤrge voll Waldungen/ gegen Morgen mit einem Graß- und Blumen-reichen Wiesen-Grund/ gegen Mittag mit einem sehr grossen Korn-Feld/ und gegen Abend mit etlichen grossen und kleinen Fisch-Teichen umgeben. Man sahe allerhand schoͤne Spring-Brunnen und Wasser-Kuͤnsten/ schoͤne Grotten und andere Lust- barkeiten/ daran sich ein luͤsternes Auge rechtschaffen ergoͤtzen kunte/ daß demnach Venereus diesen Edel- mann vor den gluͤckseeligsten Mann von Teutschland preisete/ der mit der allerschoͤnsten Venus in einer sol- chen Lust-reichen Wohnung hausirete. Wie sie mit einander in die Burg kamen/ stund ihnen Venereus sehr wol an/ und behielte ihn der Edelmann alsobald in seinen Diensten/ da sich dann der Gastgeber wie- der nach der Stadt erhub. Der Jtaliaͤner aber hatte schier nicht Kraͤfften gnug seine Affect en zu zwingen/ als er die ungemeine Schoͤnheit der Adelichen Helena bey der Mahlzeit erblickete. Weil er sich auch mit Außzierung der Tafel/ und was darzu gehoͤret/ wol zu behelffen wuste/ so gieng es wol fuͤr ihn. Und bey der ersten Tafel-Deckung gewann der Edelmann ei- ne sonderbare Affection zu ihm/ er verhielte sich sehr geschicklich/ redete gar verstaͤndig/ und hatte Adeliche Gebaͤrden/ dahero æstimi rten sie ihn vor allen andern Dienern. Venereus aber gedachte alsobald/ wie er dieser ungemeinen Schoͤnheit moͤchte theilhafftig werden/ und als er in den zwey ersten Tagen keine Gelegenheit darzu ersehen kunte/ præsenti rete sich am 3. Tag eine schoͤne von sich selber. Der Edelmann ritte mit seinen Leuten hinauß X x 4 auf Deß Academi schen auf die Jagd/ und weil die schoͤne Helena sich gantz allein in ihrem Zimmer befand/ ließ sie den Venereum zu sich ruffen/ damit er sie in dem zierlichen Legen der Serviett en/ womit er fuͤrtrefflich umzugehen wuste/ sie ein wenig unterweisen moͤchte. Er hatte aber hiermit kaum angefangen/ als er einen tieff-geholten Seuff- zer fliegen ließ/ nach dessen Ursach die Helena forsche- te. Ach schoͤnste Frau/ war seine Antwort/ ich bin et- was traurig/ weil es mir so ungluͤcklich gehet. Hier- mit seuffzete er noch tieffer als vorhin. Sie hatte grosses Mitleyden mit ihm/ und bathe ihn/ ihr dessen Ursach zu entdecken. Wann ich solches thaͤte/ sprach er/ muͤste ich eure Ungnade fuͤrchten/ fuͤr welche ich lieber in den Tod gehen wolte. Als sie ihm aber schwur/ daß sie ihm nicht unguͤnstig werden wolte/ wann er anders fein rein außbeichten wuͤrde/ da warff er sich fuͤr ihr auf seine Knie darnieder/ und sprach: Mein Leben/ allerschoͤnste Frau/ und mein Tod stehen allein in eurer Gewalt/ ihr sehet allhier zwar euren Tafel-Decker/ aber ich bin Jeronymo, Marquis de Caranza, ein fuͤrnehmer Vasall der Roͤmis. Kirchen/ in dem Land Urbino. Eure Schoͤnheit ist fuͤr meine Ohren in Jtalien kommen/ und euer Conterfait, so ich zu Rom von einem Teutschen Cavallier erhandelt/ hat mich angefrischet/ daß ich mich auf den Weg ge- macht/ euch selber/ als das rechte Original, zu sehen/ um zu untersuchen/ ob der Mahler seiner Hand zu viel Willen und Freyheit gelassen. Also habe ich mich bey eurem Junckern fuͤr einen Diener annehmen las- sen/ und seithero befunden/ daß der Mahler noch bey weitem nicht hat fuͤrbilden koͤnnen/ die jenige Voll- kommenheit/ womit die Natur eure unvergleichliche Gestalt beehret hat. Aber/ ach Jammer! ich habe so viel gefunden/ daß es mir unmoͤglich/ ohne einige Ge- niessung Romans II. Buch. niessung desselben von hinnen zu ziehen/ darum sage ich euch frey herauß/ vergoͤnnet mir/ daß ich einmahl bey euch schlaffe/ oder nehmet einen Dolch/ und stosset mir denselben alsobald mitten durch mein allzufreches Hertz. Hiermit hielte er ein/ und die allzugrosse Liebe zu der Helena zwang eine reiche Thraͤnen-Quell auß seinen Augen/ welches die Helena zum Mitleyden be- wog/ daß sie ihn mit ihrer Schnee-weissen Hand auf- richtete/ sagend: Es ist zuviel/ mein Printz/ daß ihr euch fuͤr einer Edel- Dam en solcher Gestalt nieder- werffet/ ich habe wol gemercket/ daß ihr mehr/ als ein gemeiner Mensch/ ich versichere euch darneben/ daß viel fuͤrnehme Leute das Jenige gesuchet/ was ihr jetzo verlanget/ aber sie haben bey mir nichts erhalten; Nun wolan/ in Betrachtung/ daß ihr meine Wenig- keit so hoch gehalten/ daß ihr nicht allein einen so fer- nen Weg deßwegen uͤber euch genommen/ sondern daruͤber in Knechtische Erniedrigung geworffen/ so sollet ihr keine Fehl-Bitte gethan haben/ sehet/ da ist unsere Schlaff-Kammer/ auf jener Seiten deß Bet- tes habe ich meine Stelle/ kommet auf den Abend um die Glocke 11. zu mir/ die Thuͤr wird euch offen stehen/ trettet sachtmuͤthig an meine Seite/ weil mein Juncker alsdann schlaͤffet/ und so wil ich als- dann weiter Rath schaffen/ wie ich euch vergnuͤgen moͤge/ vorjetzo aber gehet in die Kuͤche/ und bestellet eure Arbeit/ damit man nicht den allergeringsten Argwohn auf euch werffen moͤge/ und dessen allen zum wahren Unter-Pfand/ und daß ich es redlich und ohne Falsch mit euch meyne/ nehmet diesen hertz- lichen Kuß von mir. Hiermit kuͤssete sie ihn so hertzlich/ daß Venereus meynete/ er sey in den Himmel aller Suͤssigkeit ent- zucket. Er erwiederte aber mit ihrer Verguͤnstigung X x 5 den Deß Academi schen den Kuß mit 3. andern/ und gieng darmit wolge- muth von der schoͤnen Helena hinauß. Der Juncker kam auf den Abend wieder nach Hause/ und war rechtschaffen muͤde von dem Jagen/ dañenhero ward die Tafel zeitlich gedecket/ und Venereus verrichtete darbey sein Amt mit wunderbarer Geschicklichkeit/ er empfieng aber darbey von der Helena bißweilen einen Liebes-Winck/ welcher ihm allemahl neue Lab- saal in seinem Leyden erstattete. Endlich ward die Tafel abgehoben/ und Venereus nahm auch etwas Speise und Tranck zu sich/ da inzwischen der Edel- mann mit seiner Liebsten sich zur Ruhe verfuͤgete/ und also erwartete Venereus der bestimmten Stunde mit hoͤchster Ungedult. Dieselbe aber kam zuletzt her- bey/ daher nahete er sich ohne Licht/ und im Dunckeln/ zur angewiesenen Kam̃er/ da er/ nach beschehener Zu- sage/ die Thuͤr unverschlossen fand/ welches ihm guten Muth machte. Er schlich zur Helena, legete seine Hand saͤnfftiglich auf ihre Brust/ und weil sie noch nicht/ wie ihr Ehe-Juncker/ eingeschlaffen war/ er- griffe sie dieselbe/ und druͤckete sie feste/ ließ sie auch nicht wieder loß/ sondern hielte sie/ und warff sich et- liche mahl uͤber und uͤber/ daß ihr Gemahl darvon erwachete/ worbey dem Venereo nicht wol zu Muth war/ welcher wuͤnschete/ 100. Meilen von dannen zu seyn/ dann er besorgete sich nunmehro eines schlech- ten Außganges; Er wolte demnach die Hand loß wuͤrcken/ und wieder davon schleichen/ aber die Hele- na klopffete ihm sanffte darauf/ und behielte sie feste/ sprach darnach zu ihrem erwachten Juncker: Mein Schatz/ ich lige und kan nicht schlaffen/ wisset ihr wol/ warum? Als er mit Nein geantwortet/ fragte sie ihn/ was ihn bey ihrem neulich angenommenen Tafel- Decker deuchte? Er ist ein feiner Mensch/ war seine Antwort/ Romans II. Buch. Antwort/ und ich liebe ihn mehr/ als einen von allen meinen andern Dienern. Das habe ich auch bißhero gemeynet/ verfolgete sie/ aber dencket doch/ was er mir heut angemuthet hat/ nemlich er hat mich um deß Himmels Willen gebetten/ ich moͤchte doch nur ein- mahl bey ihm schlaffen/ und seines Willens leben. Diese Worte haͤtten den Venereum neben dem Bette schier in Verzweifflung gebracht/ er gedachte/ nun bist du gnug verrathen. Also bist du dein Lebtage noch nicht hintergangen worden/ arbeitete demnach abermahl/ sich loß zu wuͤrcken. Aber sie klopffete und liebkosete ihm darauf von neuem mit der Hand/ daß er bleiben muste/ der Juncker aber sprach: Da soll ihn dieser oder jener fuͤr holen/ morgen am Tage wil ich ihm eine Kugel schencken/ und er soll nicht leben- dig wieder von meinem Hofe kommen. Aber mein Schatz/ ist es auch gewiß/ was ihr mir erzehlet/ dann ich sehe ihn vor einen zuͤchtigen Juͤngling an. Sie sprach: Daß er mir Unehrbarkeit zugemuthet/ ist all zu gewiß/ ob er mich aber nur auf eine Probe stellen wollen/ dafuͤr kan ich nicht schwoͤren. Jch habe ihm zugesagt/ um 12. Uhr in dieser Nacht zu ihm in den Lust garten zu kommen/ da ich seines Willens le- ben wolte/ und das zu dem Ende/ damit ihr in meinen Kleidern ihn daselbst finden/ und vernehmen moͤchtet/ wessen er in meiner Kleidung an euch wol resolvi ren moͤchte. Darum/ damit wir hinter die rechte Warheit kommen/ werdet ihr so bald meine Kleider/ die in der Neben-Kammer ligen/ anlegen/ und euch zu ihm hin- auß verfuͤgen/ so werdet ihr sehen/ ob er es ehrlich mit euch und mir meynet/ oder nicht/ darnach koͤnnen wir uns alsdann weiter richten. Der Edelmann stund behende auf/ und gieng gantz begierig nach der andern Kammer/ um zu ver- nehmen/ Deß Academi schen nehmen/ was sein neuer Diener im Schild fuͤhrete. Die Helena aber sprang gleich hernach auß dem Bet- te/ kuͤssete den vermeynten Marggrafen sehr Lieb- reich/ tratt hernach zur Thuͤr/ und riegelte sie zu/ und fuͤhrete ihn/ nachdem sie ihn die Kleider abzulegen ge- noͤthiget/ neben sich ins Bette/ da sie ihn dann seiner Bitte vollkommen gewaͤhrete. Sie wiederholeten die Lust/ so offt es in deß Venerei Vermoͤgen stunde/ und hoffete die schoͤne Helena, Statt eines jungen Edel- manns/ mit einem Jtaliaͤnischen jungen Marggra- fen beseeliget zu werden/ durch welchen sie in den Be- sitz der grossen Guͤther ihres Ehe-Junckern/ nach ih- rem Verlangen/ bekraͤfftiget wuͤrde. Als sie aber deß lustigen und Lieb-reichen Handels endlich satt wor- den/ muste Venereus aufstehen/ seine Kleider anlegen/ und thun/ wie ihm die listige Helena weiter befohlen hatte. Solchem nach gieng er in den Garten/ und fand den Junckern in Frauens-Kleidern ihm mit aufgesperreten Armen entgegen kommen. Venereus aber hub einen Pruͤgel auf/ schlug tapffer auf ihn loß/ und sprach: Du leichtfertige Dame, ist das die Treue/ die du deinem wackern Ehe-Juncker schuldig bist. Zu diesem Ende habe ich dich hieher beschieden/ da- mit ich vernehme/ wie treu du deinem Manne waͤrest/ packe dich alsobald deines Weges/ und befleissige dich hinfuͤhro eines zuͤchtigen Wandels/ zu diesem mahl soll deine Schande nicht durch mich offenbahret wer- den/ aber ich werde staͤts auf dein Thun und Lassen Acht haben/ und so ich das Geringste mercke/ welches wider deine Ehre streitet/ und meinem gebietenden lieben Juncker zu einigem Nachtheil gereichet/ wird dein Wandel aller Welt offenbahr werden. Hiermit gab er dem Edelmann noch etliche Streiche auf den Rucken/ und ließ ihn lauffen. Venereus aber kehrete an Romans II. Buch. an seine ordentliche Schlaff-Stelle/ und rastete da- selbst biß an den folgenden Morgen in aller erwuͤn- scheten Zufriedenheit. Der Edelmann kroch im Tunckeln wieder zu seiner Frauen/ und erzehlete/ wie er von dem Diener empfangen worden/ dessen Treue er biß in den Him- mel erhube/ und versprach/ so bald es moͤglich/ ihm zu einem bessern Dienst zu verhelffen/ dann er sey seiner Treu nunmehro allzugewiß versichert. Am folgenden Tag ließ sich keiner den andern das Allergeringste vermercken/ aber die Helena und Venereus lacheten deß Handels in ihrem Hertzen. Nachmittags ritte der Juncker auß/ einen seiner Befreundeten zu be- suchen/ und weil er dieselbe Nacht nicht wiederkom- men kunte/ nahm er Abschied von seiner Frauen/ zu welcher er sprach: Mein Hertz/ ich lasse euch meinen getreuen Diener allhier/ habt ihr Lust/ so bestellet ihn noch einmahl in den Garten/ und holet/ an Statt meiner/ nunmehro das Botten-Lohn selber von ihm. Sie kuͤssete ihn/ und ließ ihn darmit von sich/ wol ver- sichert/ daß Venereus sie gantz anders bedienete/ wann er sie abstraffen wolte/ wie sie dann diese gantze Nacht bey einander in lauter Lust und Freude zubrachten/ biß sie durch die einbrechende Morgen-Roͤthe wieder von einander zu gehen ermahnet wurden. Weil auch die Helena dem Venereo nunmehro nicht weiter ver- pflichtet zu seyn erachtete/ auch wol dencken kunte/ die- ses Spiel koͤnte in die Harre nicht so heimlich getrie- ben werden/ daß es das uͤbrige Hauß-Gesinde nicht solte mercken/ als riethe sie ihm/ sich hinfuͤhro ihrer gaͤntzlich zu enthalten/ und heimlich durchzugehen. Dieser wartete/ biß der Juncker auf den Mittag wie- derkam/ denselben ersuchte er/ ihm zu vergoͤnnen/ daß er nach Lindau gehen moͤchte/ fuͤr seine Person etwas zu Deß Academi schen zu bestellen. Wie ihm solches erlaubet worden/ kehrete er bey dem Wirth wieder ein/ und erzehlete ihm/ daß er das rechte Original nunmehro fuͤr seinem Hertzo- gen abgemahlet haͤtte/ zahlete ihm seine 10. D u caten/ empfieng dargegen 18. Ducaten fuͤr sein verkaufftes Pferd von dem Wirth/ und nachdem er seine Rech- nung richtig gemacht/ setzete er sich in ein Schiff/ und fuhr/ nebst einer guten Compagnie, uͤber den Boden-See hin/ um fordersamst nach Constantz/ oder Kostnitz/ zu gelangen; Was aber der Edelmann von seinem heimlichen Abschied judici ret/ oder was er deßfalls von dem Gastgeber fuͤr einen Bescheid er- halten/ kan ich nicht sagen. Das XIV . Capitul/ Tapffere Leute sind allemahl/ insonderheit bey den Roͤmern/ hoch gehalten worden/ die Verzagten hat man hingegen hart ge- straffet. A Uf diesem Schiff waren wol 12. Passagierer/ unterschiedlichen Standes/ darvon einer den Venereum seiner Raͤyse und Zustandes halben befeagete/ und als ihm dieser deßhalben bekannt/ daß er ein Neapolitani scher Edelmann/ der den freyen Kuͤnsten nachziehe/ verwunderte sich Jener/ der auch ein Edelmann/ Teutschen Gebluͤts/ aber ein Capitain unter den Kaͤyserlichen war. Er hielte Jenem vor/ warum er nicht vielmehr sich im Krieg durch tapffere Thaten bekandt machte? Sintemahl hohe Potenta- ten jederzeit mehr auf tapffere Leute/ als auf Gelehr- ten/ gehalten haͤtten. Venereus lachete dieser Worte/ und sprach: Mein Herꝛ/ ich gestehe/ daß man tapffere Leute allemahl hochgehalten/ aber die Gelehrten wil ich deßwegen keines Weges zuruck gesetzet haben/ zu- mahl ihr mir schwerlich erweisen werdet/ daß die tapf- fere Soldaten ehemahl so hoch/ als rechtschaffene ge- lehrte Romans II. Buch. lehrte Leute/ von der hohen Obrigkeit sind beehret worden. Der Capitain lachete deß andern Rede noch mehr/ und sagte: Mein Freund/ wann ich euch aber durch vielfaͤltige Exempel ein anders da r thue/ so wer- det ihr euer Unrecht selber bekennen muͤssen. Gehet aber nur ein wenig zuruck/ auf die jenigen Zeiten/ da die Roͤmer in grossem Flor waren/ diese klu g e Leute waren nicht allein beflissen/ ihre Krieges-Obersten und Officierer/ ausser ihrem ordentlichen Sold/ den sie ih- nen zu gewisser Zeit/ durch ihre Rent- und Zahl- Meister/ ordentlich reichen liessen/ zu Ehren/ und ih- nen alle Gunst und geneigten Willen zu erweisen; Sondern sie pflegeten ihnen auch/ noch uͤber das/ un- zaͤhlich viel andere herꝛliche Geschencke und Gaben mitzutheilen/ sonderlich aber verehreten sie selbige mit unterschiedlichen Arten Kraͤntzen/ Kronen und Kleinodien/ (welche hierzu in der allgemeinen Schatz- Kammer in grosser Menge aufbehalten wurden/) nach derer Merit en und Verdienst/ wann sie sich nem- lich im Krieg durch tapffere Thaten beruͤhmt ge- macht. So balden ein Feld-Herꝛ/ oder Kriegs-General/ einige Hauptschlacht zu Wasser oder Land/ erhielte/ oder einige Stadt und Vestung mit Sturm erober- te/ oder in einem Zweykampff/ und sonst einiger ande- rer Verrichtung mehr/ sich tapffer hielte/ war der Ge- brauch/ daß man nach vollendeter Schlacht ein fleissi- ges Examen und Nachfrag anstellete/ wegen der Pro- ben und Verrichtungen aller Squadron en und Haupt- mannschafften insonderheit/ darnach stiege ein be- ruͤhmter Redner auf einen hohen Richter-Stuhl/ und nachdem er den Goͤttern fuͤr erhaltene Victorie Lob und Danck gesagt/ und das Kriegs-Heer ins ge- mein geruͤhmet und gelobet hatte/ fienge man an auch eine Deß Academi schen eine jede Squadron oder Fahnen insonderheit/ unter denen/ so am tapffersten gefochten/ mit einer abson- derlichen zierlichen Lob-Rede zu ruͤhmen/ und herauß zu streichen; Nachmahls wurden die Soldaten sel- biger Hauptmannschafften/ oder Squadron en/ abson- derlich Mann fuͤr Mann bey Namen genennet/ ihre Tugend/ Mannheit und Tapfferkeit oͤffentlich geruͤh- met/ man nennete sie auch getreue Patriot en und Lieb- haber deß Vatterlandes/ mit Vermelden/ daß ihnen die Roͤmische Republic sehr guͤnstig/ gewogen und verbunden waͤre. Darnach reichete man ihnen die ge- woͤhnliche Geschencke von Gold und Silber/ als Kronen/ Ketten/ Guͤrtel/ Arm-Geschmeide/ Kleino- dien und schoͤne kuͤnstlich-gearbeitete Zierrathen und Gezeuge der Pferden. Und diß geschahe mit einer ge- wissen Bedingung/ oder Gesetz/ daß nemlich Nie- mand dergleichen zu tragen sich duͤrffte geluͤsten las- sen/ als die Jenige/ so es auf solche Weise durch ihre Tapfferkeit meriti ret/ erworben und empfangen hat- ten. Derer Exempel sind fast alle Historien voll/ ab- sonderlich aber erzehlet Titus Livius in seinem zehen- den Buch von Papyrio, der wegen seiner Behendig- keit im Lauffen/ Cursor genennet worden/ daß er unter 10. Hauptmañschafften Arm-Geschmeide oder Arm- Baͤnder von Gold verehret habe/ und einer andern Squadron einige andere noch kostbarere Zierrathen. Jn seinem 30. Buch erzehlet er auch von Scipione Cornelio, daß er dergleichen in Hispania gethan/ und an andern Orten mehr. Es waren aber selbige Kro- nen/ oder Kraͤntze/ gleichfalls wie andere Tugend- Belohnung- und Ehr-Erweisungen/ in unterschied- liche Namen abgetheilet/ nachdem die Gradus der Tapfferkeit und Merit en gewesen/ als da waren Co- ronæ Obsidionales. Coronæ Triumphales, Coronæ Ovales, Romans II. Buch. Ovales, Coronæ Civiles, Coronæ Murales \& Coronæ Castrenses. Unter denen allen aber war die fuͤrtreff- lich-beruͤhmt- und werth-Geachteste/ die Corona Ob- sidionalis, oder Belaͤgerungs-Kron/ diese nun wurde keiner andern Ursach wegen gereichet/ als/ so ein Feld- Herꝛ/ oder General, entweder in einer Stadt/ Ve- stung oder im freyen Feld umringet und eingeschlos- sen/ wiederum entsetzet und entlediget worden/ wel- ches sie dann so hoch achteten/ als ob das gantze Vat- terland/ oder Kriegs-Heer/ von dem Tod/ oder von einer harten Gefaͤngnuͤß/ errettet und entlediget wor- den waͤre; Dergleichen Krone nun wurde keinem/ wer er auch seyn moͤchte/ um keiner andern ruͤhm- lichen Verrichtung und tapffern That willen/ als dieser/ zugelassen/ oder gereichet; Diese Krone war bloß von gruͤnem Laub/ und verlangete man solche nicht von Gold/ oder dergleichen Metall, sondern von dem Laub-Gewaͤchs selbiges Feldes/ oder Gegend/ worauß die Feinde geschlagen/ oder verjaget/ die Be- laͤgerten aber succuri ret worden. Mit einer solchen Krone wurde von dem Senat und Roͤmis. Volck beschencket und gekroͤnet Quintus Fabius Maximus, weilen er/ als der Carthaginenser Feld-Herꝛ Hannibal, die Stadt Rom mit einem gros- sen Kriegs-Heer belaͤgert hielte/ zu rechter Zeit zum Entsatz kommen war/ und Rom von solcher gefaͤhr- lichen Belaͤgerung entlediget hatte. Mit einer solchen Krone wurde auch Scipio Æmi- lius in Africa gekroͤnet/ weilen er den Burgermeister Manilium, samt seinen Voͤlckern/ so von den Feinden vest eingeschlossen waren/ entlediget hatte. Es erlangete sie auch M. Calphurnius, ein sehr tapfferer Capitain in Sicilia, welcher merckwuͤrdiger Verlauff sich also begeben: Jndem die Carthagr- Y y nenser Deß Academi schen nenser in Sicilia Meister spieleten/ eine Stadt nach der andern einnahmen/ und die Guarnison en herauß jageten/ traff es endlich auch die beruͤhmte Stadt Ca- marinam, welche dann der Roͤmische Burgermeister Atilius zu entsetzen eylete/ und zwar mit solcher Be- gierde/ daß er auch nicht einige Kundschaffter/ massen sonst gebraͤuchlich ist/ vorauß schickete/ gerieth also mit dem gantzen Roͤmis. Heer in einen gefaͤhrlichen Hinterhalt/ daß besorglich alles verlohren war; Diese grosse Gefahr bewog nun ermeltem tapffern Capitain, M. Calphurnium, daß er 300. außerlesene Soldaten zu sich nahm/ und sich mit denselben auf die Hoͤhe eines Berges an einen gefaͤhrlichen Paß be- gab/ den Feind anzugreiffen/ und zu versuchen/ ob es muͤglich sich durchzuschlagen waͤre; Lasset uns ster- ben/ sprach er/ ihr lieben Bruͤder und Soldaten/ da- mit durch unsern Tod die eingeschlossene Regimen- ter der Unserigen erlediget/ und dem Vatterland ge- holffen werde. Diß geschahe auch/ dann die Cartha- ginenser thaͤten mit besonderm Ernst einen Angriff auf Calphurnium, der sich mit den Seinen sehr hertz- hafft woͤhrete/ also/ daß der Carthaginensische Feld-Herꝛ immer mehr und mehr Entsatz dahin schi- cken muste; Hierdurch bekam Atilius auch Lufft/ sich auch bey dem Hinterhalt durchzuschlagen. Aber die 300. Mann/ so mit Calphurnio waren/ wurden alle- samt erschlagen. Da nun Atilius die Feinde in die Flucht gebracht/ und die Todten ehrlich wolte zur Er- den bestatten lassen/ fand man auch den tapffern Calphurnium gantz bleich und verblutet/ also/ daß ihme nur noch der Athem auß- und eingieng; Dessen war der Burgermeister froh/ ließ ihn unter die Gezelt bringen/ und mit grossem Fleiß heilen/ da er dann/ nach erlangter Gesundheit/ allen Adelichen Gemuͤ- thern Romans II. Buch. thern zum Exempeln/ mit dergleichen Laub-Krantz ge- kroͤnet worden. Dergleichen Krone haben auch der tapffer-beruͤhmte Lucius Siccius Dentatus, und viel andere empfangen. Die Corona Civica, oder Buͤrgerliche Kron/ war von den Zweigen und Blaͤttern eines Casta- nien-Baums/ samt der Frucht/ (auch/ wie Plinius berichtet/ von Eychen-Laub/) diese reichete man ei- nem Jeden/ der einen Roͤmischen Burger auß aͤus- serster Lebens-Gefahr errettete/ den Feind/ auß des- sen Gewalt er den Buͤrger befreyet/ toͤdtete/ auch den jenigen Ort/ woselbst solches geschahe/ noch selbiges Tages erhielte/ und wider die Feinde ritterlich ver- fochte; Dieser Krantz/ oder Kron/ wurde so hoch und werth gehalten/ daß/ als einsten einer einen Roͤmi- schen Burger errettet/ also/ daß 2. selbiger Feinde von seiner Faust in der Flucht todt geblieben/ aber den Ort wegen starcken Widerstand der Feinde nicht erhalten und verthaͤdigen kunte/ massen er Krafft solches Gesetzes verbunden war/ sondern denselbigen verlassen muste/ wurde die Sach in Zweiffel gezogen/ ob er solche Buͤrgerliche Kron verdienet haͤtte/ oder nicht? Doch ward endlich der Schluß gemacht/ daß ihme solche verguͤnstiget und uͤberreichet werden sol- te/ alldieweilen er den Buͤrger errettet/ auch 2. der Feinde an einem so gefaͤhlichen Ort erleget/ welcher ihme nach mahls zu bemeistern und zu erhalten un- muͤglich gewesen. Dieses Gesetz aber war gleichfalls auf vorbemelte Art/ daß obgleich einer einen Koͤnig/ oder sonst hohen Befehlshaber/ von der Roͤmer Bundsgenossen und Freunden errettet und entledi- get/ ließ man ihme doch diese Kron nicht zu/ sondern nur bloß dem Jenigen/ der einen Roͤmer auß der Feinde Gewalt entlediget/ und in Sicherheit ge- Y y 2 bracht Deß Academi schen bracht hatte. Es meldet zwar Plinius, daß eben auch dieser Krantz dem Jenigen gereichet wurde/ welcher den ersten/ so die Mauren eines Castells/ Schlosses oder Stadt/ so in der Roͤmer Gewalt war/ bestiege/ toͤdtete/ oder herab stuͤrtzete; Diese Buͤrgerliche Kron nun war nach der Corona Obsidionalis, oder Belaͤgerungs-Kron die Fuͤrnehmste/ welche der Je- nige/ so sie erworben/ nach seinem Belieben allzeit tragen durffte. Man gab auch denen/ die solche Kraͤn- tze/ oder Kronen/ verdienet hatten/ die Ehre und Ober-Stelle/ daß sie zunaͤchst bey dem Senat sitzen durfften/ und so einer von denen in deß Raths Ver- sammlung hinein gieng/ stund der Senat vor ihme auf/ und gruͤssete ihn. Er war auch quit und frey von allen Buͤrgerlichen Auflagen und Beschwerden/ wo er sich denen nicht freywillig unterwerffen wolte/ derglei- chen Freyheit hatte auch sein Vatter und Groß- Vatter/ wofern sie anders noch im Leben waren/ zu geniessen. Diese Krone haben viel tapffere Roͤmer durch ihre Ritterliche Thaten und Mañyeit uͤberkommen/ und absonderlich hat deren der vorermelte tapffere Held/ Lucius Siccius Dentatus 14. erworben/ woruͤber sich dann so sehr nicht zu verwundern/ wann man lieset/ daß er in 120. Feld-Schlachten obgesieget/ und allzeit das Feld erhalten. Capitolinus ist zum 6. mahl mit solcher begabet worden. Dem Ciceroni wurde zu Bezeugung sonderbarer Gunst und Ehre diese Kron gereichet/ weilen er die Stadt Rom von der gefaͤhrlichen Conspiration und Mord-Practicke Lu- cii Catilinæ befreyet/ auch die Verbrecher zu gebuͤh- render Straff gezogen hatte. Diese Kronen/ darvon wir anjetzo gesaget/ un- geacht sie nur von Zweigen und Laubwerck gemacht waren/ Romans II. Buch. waren/ und also eigentlicher Kraͤntze als Kronen koͤn- ten genannt werden/ wurden doch hoͤher/ als die von Gold/ Silber und Edelgesteinen/ geachtet. Die Corona Muralis, oder Mauer-Krone ist von Gold gewesen/ die gab man dem Jenigen/ der in Be- stuͤrmung einer Stadt die Leiter anwarff/ und am er- sten die Mauer erstieg/ diese war formi ret/ wie eine Mauer/ oben mit Spitzen oder Zaͤncken gemacht/ der Erste/ dem solche gereichet worden/ ist nach Plinii Zeugnuͤß/ Manlius Capitolinus gewesen/ weilen er am ersten die Mauer der Stadt Carthago erstiegen. Jn- gleichem gab auch solche der Roͤmische Feld-Herꝛ Seipio dem Quinto Trebellio und Sexto Digitio, wel- che Beyde/ besagter Massen/ zugleich die Mauren der Feinde erstiegen. Die Corona Castrensis oder Vallaris, Teutsch/ die Feld-Laͤger-oder Wall-Krone/ wurde auf gleiche Art dem Jenigen gegeben/ welcher am ersten in dem Streit der Feinde Schlacht-Ordnung trennete/ und in derselben Front oder Spitze eindraͤngete/ diese war gleichfalls von Gold/ in der Form eines Walls oder Schantze gemacht. Also war auch gleicher Gestalt von Gold die Corona Navalis, oder Rostrata, das ist/ die Schiff- Krone/ die wurde dem Jenigen gereichet/ der in den See-Schlachten am ersten in der Feinde Schiffe ge- sprungen/ und selbige Feinde Woͤhr-loß gemacht hat- te; Sie war mit einer Spitzen/ gleich einem Schiff- Schnabel/ oder Vordertheil deß Schiffs/ formi ret/ daher sie auch Rostrata geneñet worden; Diese Krone wurde auch sehr hoch geacht/ und schaͤmete sich Mar- cus Varro nicht/ solche anzunehmen/ als sie ihme von dem grossen Pompejo in dem Krieg wider die See- Raͤuber uͤberreichet worden. Es gab auch dergleichen Y y 3 Octa- Deß Academi schen Octavianus dem Marco Agrippa und Sylla, auch er- langeten solche noch viel andere/ die ich aber zu mel- den unterlasse. So aber ein Roͤmischer Soldat/ er war gleich Edel oder Unedel/ einige andere merck- wuͤrdige That/ es war gleich mit der Lantzen in einem Duell, oder sonsten einige Proben der Tapfferkeit ver- richtete/ war es der Feld-Herren Gewonheit/ daß sie selbigem Ketten oder Halß-Baͤnder/ welche sie Tor- ques nenneten/ von Gold oder Silber/ oder derglei- chen Arm-Baͤnder und Guͤrteln zu uͤberreichen pfleg- ten/ wie auch Fahnen und Spiesse/ die man Hastas nennete/ schoͤne und kostbare Pferd-Gezeuge/ und dergleichen Geschencke mehr. Hierbey hatten sie auch anderer gewisser Freyheiten zu geniessen/ wurden auch zu Ehren-Aemtern erhoben/ und andern vorge- zogen. Und diese Dona oder Præmia durffte man auch den Fremden und Bundes Genossen geben/ die sich in dergleichen Kriegs-Verrichtungen auf der Roͤmer Seiten befunden/ auch Tapffer und Mannhafft ge- fochten hatten/ die Kronen aber bekamen nur bloß die Roͤmer/ und kein Außlaͤnder oder Fremder nicht. Von allen diesen Dingen finden wir in den al- ten Roͤmischen Historien merckwuͤrdige Exempel und gewisse Beweiß: Von den Fahnen schreibet Sueto- nius, daß Octavianus dem Marco Agrippa dergleichen uͤberreichet habe/ wegen deß Sieges/ den er auf dem Meer wider Sextum Pompejum erhalten hatte; Er erzehlet auch ferner/ es habe Octavianus unter die Soldaten Halß-Baͤnder/ Ketten/ und andere Gaben außgetheilet/ welche mit absonderlichem Fleiß hierzu verordnet gewesen. Hiervon alles und Jedes zu er- zehlen/ wurde der Raum zu klein/ und die Zeit zu kurtz werden, Jedoch ist vor andern ein Ding merckwuͤrdig/ nemlich/ daß die Roͤmer der Tapfferkeit sich dermas- sen Romans II. Buch. sen beflissen/ daß deren etliche gewesen/ welche alle jetzt-erzehlte Præmia und Geschencke/ theils aber den meisten Theil derselben erlanget und zuwegen ge- bracht haben. Plinius im 7. Buch/ und Solinus in seinem Buch am 6. Cap. erzehlet von etlichen/ und unter andern absonderlich von Marco Sergio, daß ihm der mehrere Theil ermelter Kronen/ und theils derselben zum oͤfftern seyen uͤberreichet worden/ daß er auch in der Schlacht zwischen den beyden Fluͤssen Trasymenus und Trebia, worinnen die Roͤmer von dem Hannibal uͤberwunden worden/ die Buͤrgerliche Kron erlanget habe/ dergleichen er dann auch in der Cannischen- Schlacht gethan. Es war dieser Sergius ein so tapffe- rer und großmuͤthiger Kriegs-Held/ daß/ als er in ei- ner Schlacht die rechte Hand verlohren/ er sich hur- tig an die Lincke gewoͤhnete/ und an statt der Rechten eine eyserne Hand brauchte. Nach diesem begab es sich/ daß er einsmahls auf einen Tag in dem Feld- Laͤger ihrer Vier/ einen nach dem andern außfoderte/ sie auch alle 4. uͤberwand und erlegte. Er empfieng in unterschiedlichen Duell en und Feld-Schlachten 23. merckwuͤrdige Wunden/ welche sich dann alle an dem foͤrdern Theil seines Leibes/ und keine von hin- den befanden. Aber weder dieser Marcus Sergius, noch weniger ein anderer/ meriti rte und erlangte de- ren so viel/ als Lucius Siccius Dentatus, welcher deß Roͤmischen Volcks Zunfftmeister gewesen/ von dem bereits Meldung geschehen/ von eben diesem schrei- ben die Autores, als Plinius, Solinus, Valerius Maxi- mus und Aulus Gellius, daß er von allen diesen ge- dachten Præmiis und Kleinodien/ wegen unterschied- licher hoͤchst-ruͤhmlichster Thaten/ uͤber 300. empfan- gen/ doch immer von einer Sorten mehr/ als der an- Y y 4 dern. Deß Academi schen dern. Er ist mit 9. Feld-Herren im Triumph einge- zogen/ als zu deren Victori en er nicht wenig behuͤlff- lich gewesen. Von den Lantzen oder, Spiesen/ welche die Roͤ- mer Hastas puras nenneten/ so da Stangen/ gleich den Lantzen oder Piquen/ doch ohne Eysen/ waren/ und zu grosser Ehr denen/ so das Beste in der Schlacht ge- than/ geschencket/ und zu tragen erlaubt waren/ hat er 18. empfangen. Deren Lantzen gedencket auch Vir- gilius Æneid. lib. 6. Ille, vides, juvenis, purà qui nititur hastà. Und wie Festus bezeuget/ bedeuteten solche die hoͤchste Ehre und Herꝛschafft der Waffen. Der Ketten oder Halß-Baͤnder von Gold/ ( Torques genannt/) hat er 18. deren aber von Silber 83. empfangen. Er wur- de mit 25. koͤstlichen Pferd-Gezeugen/ so mit gantzem Fleiß darzu verordnet waren/ beschencket. Es wurden ihm zu theil 160. Arm-Baͤnder/ (diese wurden zu La- tein Armillæ genannt/ und waren guͤldene runde Ge- schmeide/ welche die Feld-Herren den Soldaten we- gen ihres Wolverhaltens zu schencken/ selbige aber solche an dem lincken Arm zu tragen pflegten/) 26. Kronen/ als 14. Buͤrgerliche/ 8. Feld-Kronen/ drey Mauer-Kronen und eine Belaͤgerungs-Kron/ in- gleichem auch etliche Schiff-Kronen. Er hat im Zwey-Kampff 34. mahl/ oder/ wie Valerius meldet/ 3 6. mahl obgesieget/ und allezeit seinen Feind Woͤhr- l oß gemacht/ und außgezogen. Jn 120. Feld- Schlachten/ (massen zuvor gedacht/) hat er sich be- funden/ in denen wurde er an dem Foͤrdertheil deß Leibs 45 mahl/ von hinden aber niemahls verwunde t . Er war so tapffer und gluͤckhafft in den Waffen/ daß man ihn den Roͤmischen Achillem nennete/ massen bey Valerio Maximo im 3. Buch von der Tapfferkeit hier- Romans II. Buch. hiervon zu lesen ist. Es wurde ihm auch zu Ehren eine besondere Muͤntz geschlagen/ da auf einer Sei- ten/ zu Bezeugung seiner Staͤrcke und Tapfferkeit/ dieses Siccini schen Herculis Bildnuͤß/ mit einer Keul/ Loͤwen-Haut/ Bogen und Pfeilen/ auf der andern Seiten aber ein Brust-Bild/ mit der Umschrifft: Siccinius Hercules, gepraͤget war. Auf einer andern Muͤntz aber/ so ihm zu Ehren gemacht worden/ war auf einer Seiten zu sehen/ eine Saͤul/ oben mit einem Lorbeer-Krantz und 2. Palm-Zweigen/ auf der an- dern Seiten aber ein Brust-Bild/ mit dieser Um- schrifft: FORT. P. R. Das ist: Fortitudo Populi Ro- mani, die Staͤrck oder Tapfferkeit deß Roͤmis. Volcks. Wiewol nun diese jetzt-erzehlte Thaten fast unglaub- lich scheinen/ nichts destoweniger bestaͤttiget und be- glaubet solche/ die Gleichheit so vieler Author en/ so solche beschrieben haben. Es verwilligten auch die Roͤmer uͤber das noch andere Ehrerweisungen und Vortrefflichkeiten/ de- nen hohen Kriegs-Haͤuptern/ vor dergleichen ansehn- liche und Ruhm-wuͤrdige Thaten/ als da waren/ daß sie in oͤffentlichen Gerichten/ in Gerichts-Stuͤhlen/ welche Sellæ Curules genannt wurden/ und die Stelle der Richter/ Schultheissen und Marck- oder Bau- meister war/ sitzen durfften/ massen dann solche Ehre dem Scipioni verstattet worden. Bißweilen verguͤn- stigte auch der Roͤmische Rath denen tapffern Sol- daten einige hoͤhere Wuͤrde und Vorzug/ als sonst einem von dem gemeinen Volck zu widerfahren pfle- gete. Den Feld-Obristen und Generalen erlaubten sie Statuas, Bildnuͤß- und Gedaͤchtnuͤß-Saͤulen/ auch Triumph-Boͤgen/ (massen erwehnet/) aufzurichten/ und solche Kleider und Zierde zutragen/ als ob sie Buͤrgermeister gewesen waͤren. Uber das/ ließ auch Y y 5 der Deß Academi schen der Senat, zu Bezeugung der Danckbarkeit/ und zu sonderbarer Ehre zu/ daß die Uberwinder die Waffen und Beuten/ die sie den Feinden in der Schlacht ab- genommen hatten/ und Manubiæ genant wurden/ in die Tempel zum staͤts-waͤhrenden Gedaͤchtnuͤß auf- haͤngen durfften. Es hatten die Roͤmer noch ferner einen loͤblichen Gebrauch/ daß sie den Kindern deren/ so wegen deß gemeinen Nutzens in dem Krieg umkommen waren/ eben den Sold oder Monat-Geld reicheten/ als sie ihren Vaͤttern zu geben pflegten. Denen alten und unvermoͤglichen Soldaten aber/ so lang in dem Krieg gedienet/ raumete man so viel Land ein/ daß sie dar- von sattsam ihren Unterhalt haben kunten/ sie durff- ten auch in dem Roͤmischen Gebiet/ oder andern er- oberten Staͤdten und Provin tzen/ wo es ihnen selb- sten am besten gefiel/ ihre Wohnung nehmen/ zu welchem Ende dann von den Roͤmern besondere Staͤdte/ Coloniæ genannt/ dahin sie solche alte Sol- daten/ auch ander fremd Volck zu schicken pflegten/ gebauet wurden/ als Sivilia von Julio Cæ are, Cordu- ba von Marco Marcello, und viel dergleichen andere/ in unterschiedlichen Provin tzen und Laͤndern. Endlich/ so ist zu wissen/ daß die Roͤmer nicht ei- nige tapffere That oder Tugendhaffte Verrichtung geschehen oder vorbey gehen liessen/ welche nicht der Gebuͤhr nach belohnet/ privilegi rt/ und mit gewisser Gnade und Freyheit angesehen wurde/ deßwegen dann waren unter ihnen die allertapffersten Leute und beruͤhmtesten Maͤnner/ dergleichen schwerlich einige Nation, weil die Welt gestanden/ wird gehabt haben/ dann ein Jeder suchte und trachtete durch Tu- gend und Tapfferkeit gedachte Ehren-Stuffen zu er- st eigen/ und dergleichen Ruhm zu erjagen. Jch habe noch Romans II. Buch. noch viel andere Arten der Præmi en und Ehren-Ge- schencke/ so die Roͤmer vor dergleichen sonderbare Thaten/ als welche zu Aufnehmen deß Vatterlands gereichet/ verwilligten/ außgelassen/ um dem Herꝛn keinen Verdruß zu machen/ und die uͤberfluͤssige Laͤn- ge zu verhuͤten; Doch ist diß gewiß/ daß/ gleich wie die Roͤmer andere Nationes und Voͤlcker in Freyge- bigkeit der Geschencke und Belohnung der Tugen- den uͤbertroffen/ also/ und gleichfalls uͤbertraff sie je- mahls Niemand nicht in scharffer Kriegs- Disciplin, und Bestraffung der Laster/ damit die Jenigen/ so auß Liebe der Tugend nichts tapffers und Ruhm- wuͤrdiges verrichten wolten/ gleichwol auß Furcht der Straff/ nichts Veraͤchtliches zu begehen/ gezwun- gen wuͤrden/ nach dem Spruch deß Poeten: Oderunt peccare boni, virtutis amore, Oderunt peccare mali, formidine pœnæ. Das ist: Auß Lieb zur Tugend hasst der Fromm d en Wust der Suͤnden/ Der Boͤse laͤst die Furcht sich zum Gehorsam binden. Es waren aber die Straffen/ womit man die Jeni- gen/ so feig und zaghafft waren/ Feld-fluͤchtig wur- den/ oder auß der Ordnung/ wohin sie gestellet waren/ lieffen/ zubegegnen pflegete/ sehr groß/ rigoros, und streng/ also/ daß man solche geiselte/ oder mit Ruthen strich/ biß das Blut hernach lieff/ viel pflegte man in Fessel oder Eysen/ wie die Sclaven/ zu schlagen. So sie aber vorsetzlich flohen/ und ihr Ober-Haupt ver- raͤtherischer Weiß in der Schlacht verliessen/ forsche- te man fleissig nach/ und wurden alsdann die Anfaͤn- ger oder Raͤdleinsfuͤhrer lebendig an Pfaͤhle gespies- set/ oder gecreutziget/ und nachdem das Verbrechen war/ so war auch die Straff geordnet. Es schreibet Titus Livius, daß Appius Claudius, um/ daß eine seiner Squadron en den jenigen Ort/ wo- hin Deß Academi schen hin sie/ selbigen zu defendi ren und in gewahrsam zu- nehmen/ beordert worden/ schaͤndlich verlassen und verlohren hatten/ auß grosser Gnade bey dem Roͤmi- schen Senat erlanget/ daß selbige decimi rt worden/ welches also zu verstehen/ daß solche Squadron, als die Verbrecher/ in 10. Theil getheilet wurden/ den je- nigen Theil nun/ den das Loß traff/ straffte man am Leben/ und wurde deren nicht einem/ wer sie auch seyn moͤchten/ Gnade erwiesen. Julius Frontinus schrei- bet/ es habe Marcus Antonius eben dergleichen ge- than/ gegen eine Compagnie der Seinigen/ weilen selbige die jenige Posten/ so ihnen anvertrauet wor- den/ nicht/ wie es seyn sollen/ bewachet/ und defendi- ret/ sondern durch Ubersetzung/ den Feind Feuer an- legen lassen. Es waren aber derer Straffen/ damit man die ungehorsame Soldaten und Verbrecher belegete/ sehr viel und mancherley. Jch wil aber schluͤßlichen nur diß noch gedencken/ daß auch bey den heutigen Potentaten die tapffern Leute allwege den Gelehrten weit fuͤrgezogen werden. Das XV . Capitul/ Exempel gelehrter Leute/ welche von grossen Haͤuptern gar hoch gehalten worden. A Ls der Capitain seinen Discurs hiermit beschlos- sen hatte/ sprach Venereus: Mein Herꝛ/ ich ha- be euch bißhero gedultig gehoͤret/ nun ist die Reige zu reden auch an mir. Solchem nach gebuͤhret es mir/ euch zu erweisen/ daß hohe Potentaten an gelehrten Leuten allemahl ein sonderliches Belieben gehabt/ wol wissend/ daß ohne sothane Menschen die Welt in eine lautere Barbarey verfallen/ und nicht fuͤglich koͤnte regieret werden. Es kan sich zwar auch jetzo Niemand beklagen/ daß sich nicht zu diesen un- sern Zeiten an allen Orten und Enden der Welt viel fuͤrtreff- Romans II. Buch. fuͤrtreffliche Ingenia und gelehrte Leute in allerhand Kuͤnsten und Wissenschafften hervor gethan haben; Gleichwol hoͤre ich auch offtmahl klagen/ daß viele Gelehrten nicht hoch genug gehalten oder æstimi ret/ noch von hohen Potentaten so reichlich/ als bey den Alten geschehen/ beschencket werden/ inmassen solches denen alten Philosophis voriger Zeiten von vielen Koͤnigen und Fuͤrsten wiederfahren ist. Wie viel aber sie Recht hierinnen haben/ und wie wahr solches sey/ begehre ich zwar dißmahl nicht zu eroͤrtern. Dannoch aber wil ich meinem Herꝛn etliche Denck-wuͤrdige Exempel grosser Koͤnigen und Herren herbey brin- gen/ welche in den vorigen Zeiten denen Literatis und klugen gelehrten Leuten ruͤhmlichst fortgeholffen/ und selbigen sehr guͤnstig und gewogen gewesen sind. Worauß man dann/ so man die Exempel dieser unse- rer Zeit dargegen haͤlt/ leichtlich wird sehen und mer- cken koͤnnen/ ob unsere Gelehrte zu lamenti ren und sich zu beklagen/ erhebliche Ursachen haben/ oder nicht. E Rstlich wil ich deß vortrefflichen beruͤhmten Roͤmischen Feld- Herꝛns Pompeji Magni gedencken/ von welchem wir lesen/ daß/ nach dem er den großmaͤchtigsten Koͤnig in Ponto, Mithrida- rem, in einer Schlacht uͤberwunden/ auch viel andere Victori en/ vermoͤg seiner Gluͤck- und Sieg-reichen Waffen erhalten/ und in Athen mit gehoͤrigem Pomp und Apparat seinen Einzug ge- halten/ und die Fasces, (so 12. gebundene Ruthen/ in deren Jeden ein Pfeil steckete/ welche vor Zeiten den Roͤmischen Burgermei- stern und Kriegs-Generalen von 12. Lictoribus, oder Buͤtteln/ den Roͤmern zur Ehr/ den Feinden aber zum Schrecken/ vorge- tragen wurden/) massen die Roͤmis. Feld-Herꝛn zu thun pflege- ten/ vor sich her tragen ließ; Dieser/ als er vernommen daß der beruͤhmte Philosophus Posidonius kranck und zu Bette lag/ wolte er ihn nicht allein wuͤrdigen in eigener Person zu besuchen/ sondern auch/ als er zu der Thuͤr seines Hauses kam/ verflattete er nicht/ daß die Lictores mit den Fasciculis und andern Insigniis Imperialibus, welche er bey sich |hatte/ hinein gehen durffren; Ließ Deß Academi schen Ließ sich also beduncken/ daß den Tugenden und Wissenschafften billich alle Gewalt und Herꝛschafft weichen und gehorsamen mnsten/ erzeigete er also diesem Philosopho, was er sonsten kei- nem Koͤnig auf dem gantzen Erd-Bodenerwiesen haͤtte. Dionysius Tyrannus, der Koͤnig zu Syracusa, begehrete/ daß ihn Plato der vortreffliche und uͤbermenschliche Philosophus in Sicilia besuchen solte/ als er nun zu ihm kam/ zoger ihm einen ziemlichen Weg biß an das Meer entgegen/ setzte ihn neben sich auf seinen Koͤnigl. Wagen/ welcher von weissen Rossen gezogen wurde/ mit solchem Pomp und Herꝛlichkeit/ als immer moͤglich war. Jn solcher Wuͤrde/ Ehre und Hoheit/ sind selbiger Zeit die Literati und gelehrten Leute gehalten worden. Alexander Magnus, als er die Stadt Thebe in Egypten bestreiten und ver st oͤren wolte/ befahl er vor allem/ daß man das Hauß und die Person deß vortrefflichen Poeten Pindari in Acht nehmen solte. Wie hoch Virgilius von Kaͤyser Octaviano geachtet wor- den/ ist Jedermaͤnniglich/ ohne daß ich solches erzehle/ bekandt/ sintemahl ihn das Roͤmis. Volck in so grossen Ehren gehalten/ daß/ (wie Plinius schreibet/) wann gedachter Virgilius auf das Theatrum, seine Carmina oder Vers zu reciti ren/ getretten/ alles Volck aufgestanden/ und ihm gleiche Ehre und Reveren tz/ als dem Kaͤyser selbsten/ erzeiget habe. Seinen Geburts-Tag/ welcher den 15. Octobris, (an dem er 67. Jahr vor Christi Ge- burt gebohren worden/) zu fallen pflegete/ hat Kaͤyser Octavia- nus Augustus Jaͤhrlich begangen/ und mit sonderbaren Cere- moni en beehret. Es waren die Geschencke/ welche er von Augu- sto, Mecœnate, Pollione, und vielen andern empfieng/ so reich- lich und uͤber groß/ daß er/ der zuvor nichts hatte/ in kurtzer Zeit ein Vermoͤgen von 6000. Sestertiis, welches ungefaͤhr eine Summa 250000. Gold-Cronen ist/ zusammen brachte/ er hatte auch einen schoͤnen und wol - gebauten Pallast in Rom. Juve- nalis zehlete ihn unter die reichesten Leute selbiger Zeit. Als eins- mahls Virgilius in Gegenwart Kaͤysers Octaviani Augusti und Liviæ seiner Gemahlin/ welche deß Marcelli Mutter war/ etliche Buͤcher seiner Æneides reciti rte/ und zu dem Ende deß 6. Buchs kam/ worinnen er gar schoͤn und beweglich von Mar- cello, der bereits gestorben war/ redete/ bewegete er hierdurch in selbigem Augenblick das Hertz der Liviæ so sehr/ daß sie nim- mer zuhoͤren kunte/ sondern in eine Ohnmacht sanck/ und gleich- sam todt zur Erden niederfiel; Als sie aber wieder zu ihr selber kam/ befahl sie/ daß man ihm vor einen jeden Vers/ den sie uͤber- hoͤret Romans II. Buch. hoͤret hatte/ einen Sestertium geben solte/ und weilen der Vers 21. waren/ bekam er 21. Sestertios, welches unsers Geldes eine Summa von 5000. Ducaten machet. Von den Syracusanern lesen wir/ daß selbige in Sicilia etliche Gefangene von Athen hatten/ als sie aber vernommen/ daß diese etliche Vers von dem Griechischen Poeten Euripide reciti ren und außwendig daher sagen kunten/ gefiel es ihnen so wol/ daß sie dieselbigen/ zu Ehren gedachten Poeten/ ohne einigen Entgeld/ oder Ranzion, loßlies- sen/ und ihnen frey wieder um nach Hauß zu ziehen erlaubten. Scipio Africanus behielt bey seinen Leb-Zeiten die Statuam oder Bildnuͤß deß vortreffichen Poeten Ennii allezeit in seiner Gegenwart/ und fuͤhrete sie mit sich im Krieg umher/ befahl auch/ daß man sie nach seinem Tod auf sein eigen Begraͤbnuͤß setzen muste. Jn den Tusculanis Tullianis wird ihm folgendes Epitaphium zugeeignet: Aspicite ô cives senis Ennii imaginis formam! Hic vestrum panxit maxima facta patrum. Kaͤyser Domitianus machte den Poeten Silium Italicum, welcher auß Hispania gebuͤrtig/ und ein sehr hurtiger und ge- lehrter Mann war/ 3. mahl zum Burgermeister in Rom. Aber zu unsern und unserer Vorfahren Zeiten/ weiß ich schier nicht/ was vor Ehre die Fuͤrsten und Herren dieses verwichenen Seculi, einem Politiano, einem Pontano, einem Mantuano, einem San- nazzaro, oder sonsten noch vielen andern biß auf diese Zeit er- wiesen haben/ ungeachtet selbige vielen der Alten nichts bevor ge- geben/ und ihnen die Waag halten koͤnnen. Koͤnig Mithridates (damit wir noch ferner von den Alten reden/) hielte vor-ermelten Platonem so hoch/ daß/ als er ihm eine kuͤnftliche und herꝛliche Statuam oder Ehren-Saͤuten wolte aufrichten lassen/ bewarb er sich um einen sonderlichen Kuͤnftler/ der sich Silo nannte/ daß er selbige verfertigen solte; Und war es selbiger Zeit eine sehr grosse Ehre/ einem eine Saͤule an einen offentlichen Ort zu se- tzen/ welches man dann Niemand verstattete/ als nur denen/ so sich durch eine sonderbare Tugendhaffte Verrichtung/ Ritter- liche That/ oder durch Kunst und Weißheit vor andern beruͤhmt gemacht hatten. Um dieser Ursach willen verguͤnstigten auch die Athenienser den Demostheni eine Ehren-Saͤule/ und zwar mit einem solchen Titul/ als keinem andern zuvor jemahls wi- derfahren/ ungefaͤhr dieses Jnhalts: Wann die Macht und Gewalt Demosthenis seinem Verstand und Wissenschafft gleich gewesen waͤre/ haͤtte der Koͤnig in Macedonia ihme die Griechen nicht unterwuͤrffig machen moͤgen. Josephus Deß Academi schen Josephus, der tapffere und gelehrte Jud/ als er von Jeru- salem gefaͤnglich nach Rom gefuͤhret worden/ erlangete wegen seiner Buͤcher/ die er von den Juͤdischen Geschichten beschrieben hatte/ so grosse Ehre/ daß er nicht allein auf freyen Fuß gestellet/ sondern auch ihm eine Statua, oder Ehren-Saͤule/ in Rom auf- gerichtet wurde. Von Phalerio, deß Theophrasti Discipel, lesen wir/ daß die Athenienser ihm wegen seiner Weißheit und Geschicklichkeit an 300. Orten der Stadt seine Statuam oder Bildnuͤß-Saͤulen aufrichten liessen. So nun die Ehre/ so denen wiederfahren/ groß ist/ so ist nicht geringer zu achten der Nutzen/ den Aristoreles von Alexander M. genossen und empfangen/ da er ihm vor sein Buch/ welches er von Natur und Eigenschafften allerhand Thiere geschrieben/ 800. Talenta an Geld schencken und reichen ließ/ dieses waͤre in Frantzoͤf. Muͤntz heut zu Tag 480000. Kro- nen. Solches wird bestaͤttiget mit dem was Plinius hiervon schreibet: Es habe Alexander M. ein so groffes Verlangen ge- tragen/ daß Aristoteles dieses Buch schreiben moͤchte/ deßwegen er dann etlich tausend Menschen von Jaͤgern/ Fischern/ Voͤgel- fangern/ und dergleichen Waͤyd-Leute/ durch Griechen-Land und gantz Asien gesandt/ mit allerley nothwendiger Vorsehung und Befehl/ daß man ihnen zu allem/ was sie verlangeten/ be- foͤrderlichen Willen erweisen solte/ so wol in Jagden/ als Fische- reyen/ Vogelfangen/ und dergleichen Verrichtungen; Jhnen selbsten aber war eyferig anbefohlen/ daß sie in den Thier-Gaͤr- ten/ Fischerhaͤltern/ Vogel-Heerden/ Maͤyer-Hoͤfen/ Bienen- Stoͤcken/ auf die Natur/ Art und Eigenschafft eines jedwedern wilden und zahmen Thiers/ Vogels und Fisches eigentliche Ach- tung geben solten/ damit sie selbige wissen und verstehen lerne- ten/ auch solches alles dem Aristoteli anzeigeten. Solchem Be- fehl ist Aristoteles nach kommen/ hat selbiges alles fleissig zu Pa- pier gebracht/ auf gezeichnet/ und in ein besonder Historien-Buch von Natur der Thieren verfasset/ welches dann noch heutiges Tages vorhanden/ und den Gelehrten bekandt ist. Ja/ es schaͤtzet sich Alexander gluͤckseelig/ daß er zur Zeit deß weisen Aristotelis gebohren war/ ließ auch zu desselben Ehre und Zeugnuͤß der Liebe eine besondere Stadt bauen. Wann zu den Zeiten Al e - xandri Magni, Homerus, der Vortrefflichste unter allen Grie- chischen Poeten gelebet haͤtte/ ist kein Zweiffel/ daß er ihm eben dergleichen Ehre und Wolthat erwiesen/ als wie er dem Aristo- teli gethan hat; Dann/ als ihm unter andern eroberten Beuten/ als Romans II. Buch. als er den Persischen Koͤnig Darium uͤberwunden/ ein sehr scho- nes/ herꝛliches und kostbares Kaͤstlein/ worinnen Koͤnig Darius seine kostbareste Balsam zu verwahren pflegete/ præsenti ret und uͤberreichet wurde/ gefiel solches ihm uͤber alle Massen wol/ und als er solches mit Verwunderung betrachtet/ fragte er seine bey sich habende Freunde und Hof-Leute/ was man doch am billich- sten darein legen und verwahren solte? Da nun einer diß/ ein anderer ein anders benennete/ sagete endlich Alexander: Jch wil verschaffen/ daß dieses Kaͤstlein ein Behalter eines noch an- dern und kostbarern Schatzes werde/ befahl demnach die Opera Homeri, oder dessen Gedichte und Vers/ so er von Zerstoͤrung der Stadt Troja geschrieben/ darein zu legen/ als mit Lesung der- selben er sich staͤtig belustigte. Kaͤyser Theodosius ehrete den Philosophum Dionem um seiner Weißheit willen so hoch/ daß er ihn auf der Raͤyse ne- ben sich auf seinen Wagen sitzen ließ/ fuͤhrete ihn auch also im Triumph neben sich/ als er zu Rom mit grossen Pomp seinen Einzug gehalten. Jn dem Krieg/ welchen Octavianus Augustus in Egypten wider Marcum Antonium gefuͤhret/ liset man/ daß sich ermelter Kaͤyser verlauten lassen: Er habe die herꝛliche Stadt Alexandriam darum verschonet/ und selbige zu schleiffen unterlassen weilen sie Alexander M. zu Ehren deß vortrefflichen Philosophi Arrii erbauet. Eben dieser Kaͤyser Augustus machte den Cornelium Gallum zum Land-Pfleger und Zunfftmeister/ keiner andern Ursach halber/ als weil er ein geschickter Poet war. So man nun ferner die Unterhaltung und Besoldung/ welche man selbiger Zeit den Literatis und Gelehrten gereichet/ betrachtet/ befindet sich abermahl gegen jetziger Zeit eine grosse Ungleichheit/ indem/ was Suetonius von Vespasiano, (welcher doch vor einen geitzigen Kaͤyser gehalten worden/) schreibet/ daß er die Ubungen der Kuͤnste sehr geliebet/ und denen Gelehr- ten/ so hieruͤber Bestallung gehabt/ meistentheils zu ihrer Besol- dung so viel als 2500. Kronen/ nach unserer Muͤntz gerechnet/ (wie Beroaldus und Budæus berichten/) reichen lassen. So siehet man auch in was Wuͤrden die Schrifften der Gelehrten selbiger Zeit sind gehalten worden/ und zwar in die- sem/ was Plinius von Isocrate dem Griechischen Redner schrei- bet/ daß er eine Oration, oder Information, welche er vor eine vornehme Person gemacht hatte/ vor 20. Talenta, oder 12000. Kronen verkaufft habe. Gleiches lieset man auch von Socrate. Z z daß Deß Academi schen daß er eine Oration geschrieben/ welche um 12000. Kronen ist verkaufft worden/ darbey man abnehmen kan/ wie hoch der Mann selbst sey geachtet worden. Jngleichem liset man auch in dem Leben Kaͤysers Antonii, deß Sohns Severi, daß er dem Appiano, um daß er ein groffes Buch von der Natur und Ei- genschafft der Fische verfertiget/ so viel Ducaten zur Verehrung reichen lassen/ als viel Vers selbiges gantze Opus in sich begriffen. Ausonius Gallus erhielte von Kaͤyser Gratiano das Burger- meister-Amt/ welches die hoͤchste Dignit aͤt oder Wuͤrde nach dem Kaͤyser war/ bloß wegen seiner Poeterey und Dicht-Kunst. Der Poet Statius erhielte viel Gnade von Domitiano, unge- achtet er sonften ein Lasterhaffter und Tyrannischer Kaͤyser war. Er ließ ihn auch bey einem ansehnlichen Panquer neben sich an der Tafel sitzen/ und setzte ihm einen Lorbeer-Krantz/ (womit man die Poeten zu troͤnen pfleget/) auf/ nebens vielen Ehr-er- bietigen Lob-Worten. Nicht weniger Ehre und Gutthat hat auch Seleiovasus Poëta Lyricus von Kaͤyser Vespasiano empfan- gen/ als welcher selbigen sehr lieb und werth gehalten/ und mit einer grossen Summa Geldes beschencket. Arrianus, um daß er die Historia und das Leben Alexandri M. in Griechis. Sprach beschrieben/ und ein wol-erfahrner und gelehrter Mann war/ wurde von Kaͤyser Hadriano und Antonino zum Roͤmischen Burgermeister gemacht. Es wurden aber vor Alters die Literati und gelehrten Leute nicht nur bey Leb-Zeiten/ sondern auch nach dem Tod geehret/ wie man dann von Ptolomæo Philopatre siehet/ der dem Ho- mero zu Ehren einen Tempel aufbauen/ und eine Statuam, oder Bildnuͤß Saͤulen/ gleich einem seiner Goͤtter/ setzen lassen. Der Philosophus Pythagoras ward so hoch gehalten/ daß ihm Goͤtt- liche Ehre erzeiget/ und auß seinem Hauß ein Tempel gebauet ward. Dem Virgilio wurde auch bereits lang nach seinem Tod zu Mantova (oder Mantua, ) eine Statua, oder Ehren- Saͤule aufgerichtet. Von dem vortrefflichen Poeten Horatio, haben wir zwar keinen Bericht/ daß er sonders reich gewesen sey/ doch hat er in Rom grosse Ehre erlanget/ und ist von Kaͤyser Augusto sehr werth gehalten und geliebet worden/ dahero man liset/ daß erst-gedachter Kaͤyser zu der Poeterey/ oder Dicht- Kunst/ eine besondere Lust und Liebe getragen/ weßwegen er beede gedachte Poeten Virgilium und Horatium oͤffters zu Gast lude/ und zwischen ihnen Beeden zu sitzen pflegete. Wie freund- lich und gemein er mit ihnen muͤsse gewesen seyn/ ist daher ab- zuneh- Romans II. Buch. zunehmen/ dann/ als er sie einsmahls auch bey sich hatte/ nun aber deren einer/ nemlich Horatius, als ein Melancholicus, offt und tieff seuffzete/ der Andere aber/ nemlich Virgilius, als ein Lippus, wegen seiner fliessenden Augen staͤts thraͤnete/ machte Augustus eine hoͤfliche Schertz-Rede deßwegen/ und sprach: Hic lachrymas inter sedet \& suspiria Cæsar. Das ist: Hier sitzet Kaͤyser Augustus zwischen Thraͤnen und Seuffzen. Jch koͤnte uͤber diese noch viel Historien allegi ren und an- ziehen unterlasse es aber/ damit ich es nicht zu lang/ und meinem Herꝛn Verdruß mache. Es duncket mich aber/ es wolle mir hier Jemand entgegen setzen: Seneca, der vortreffliche Sitten- Lehrer/ waͤre auch ein sehr beruͤhmter und gelehrter Mann ge- wesen/ und gleichwol von Nerone, dem Blut-Hund/ getoͤdtet worden; Dem antworte ich: Daß eben dieser Nero der aller- grausamfte Mensch gewesen/ darum man sich hieruͤber nicht zu verwundern/ ehe aber dieser Seneca durch einen gewaltsamen Tod hingerichtet worden/ waren die Ehren/ Hoheiten und Guͤ- ther sehr groß/ welche er in Rom durch seine Studi en und Weiß- heit erlanget und besessen hatte. Jst demnach ein wahrer und gewisser Spruch/ daß durch die Ehre und Geschencke die Kuͤnfte befoͤrdert und die Wissenschafften vermehret werden. Dahero hoͤren wir/ daß gemeiniglich zu derer Kaͤyser/ Koͤnige und Fuͤr- sten Zeiten/ die den Literatis guͤnftig und gewogen waren/ auch viel gelehrte Leute sich gefunden und flori ret haben/ und zwar sonderlich in Rom zu den Zeiten Octaviani Augusti, Claudii, Hadriani, Vespasiani, Antonini, von denen Juͤngern aber/ als zu den Zeiten Kaͤysers Sigismundi, Caroli V. Roberti Koͤnigs in Sicilien/ Papsts Nicolai V. Koͤnigs Alphonsi zu Neapolis, Matthiæ Koͤnigs in Ungarn und Boͤhmen/ ingleichem auch in der Stadt Florentz/ hat man Jederzeit an gelehrten Leuten mehr einen Uberfluß/ als Mangel gehabt. Das XVI . Capitul/ Die Studi en sind hohen Stands-Personen sehr heilsam. Exempel derer/ welche dieselbe und die gelehrten Leute hoch æstimi rt haben. S Olchen Discurs fuͤhrete Venereus, worauß der Capitain erkannte/ daß er in seiner Profession ziemlich beschlagen seyn muͤsse/ er wolte ihm aber gleichwol das Obstat noch weiter halten/ darum sprach er: Ob gleich die grossen Potentaten einigen Z z 2 gelehr- Deß Academi schen gelehrten Maͤnnern grosse Ehre angethan haben/ so findet man doch nicht viel Exempel/ daß Leute von ho- her Geburt/ ja selbst nur Edelleute/ sich den freyen Kuͤnsten so gar ergeben/ daß sie Profession darvon ge- macht haͤtten/ dann sothane Gemuͤther koͤnnen sich in dem Schulstaub und unter der Ruthen nicht lange hudeln lassen/ sondern lieben ein freyes Leben/ dahero legen sie sich mehr aufs Jagen/ Reiten/ Fechten/ Tan- tzen/ Kriegen/ und dergleichen/ worbey der Geist mun- ter/ und der Leib hurtig gemacht werden/ gleichwie durch die harte Zucht-Ruthe/ und langweilige Lehr- Jahre/ ein edles Gemuͤth hingegen von seiner Heroi- schen Art meist gaͤntzlich degeneri ret/ niedertraͤchtig und pedanti sch wird/ welches sonsten zu wichtigen Welt-Haͤndeln und hohen Affair en tuͤchtig gnug ge- wesen/ wann man es unter seines Gleichen haͤtte auf- wachsen lassen. Venereus schuͤttelte jetzo den Kopff/ und ertheilete Jenem folgende Antwort: Diese eure Meynung/ mein Herꝛ/ ist gar uͤbel gegruͤndet/ und streitet schnursiracks wider die Warheit; Wie viel grosse Herren/ ja Fuͤrsten und Koͤnige/ haben sich in ihrer Jugend auf die Loͤbl. freyen Kuͤnste geleget? Der jetzige Aller-Durchleuchtigste und Unuͤberwind- lichste Roͤmische Kaͤyser/ eine rechte Peitsche der Ma- hometaner/ und aller seiner Feinden/ der allerfuͤr- nehmste Monarch in der Welt/ streitet selber fuͤr mich/ dann/ wer weiß nicht/ daß er ein Grund-gelehr- ter Printz ist? Der Dauphin in Franckreich hat meist alle Scribent en/ auf Verordnung seines Herꝛn Vat- ters/ in Frantzoͤs. Sprach gelesen/ und es in den Stu- diis sehr hoch gebracht. Sehet! diese 2. einige Exem- pel streiten gnugsam wider euch/ worzu ich noch die- ses fuͤgen wil/ daß jetzo kein Koͤnig noch Printz in Eu- ropa lebet/ der seiner jungen Herꝛschafft nicht gute Lehr- Romans II. Buch. Lehrmeister haͤlt/ und sie studi ren laͤsset/ auch selbst so- thane Fuͤrstl. Vaͤtter/ die in ihrer Jugend durch Ver- sehen und uͤbele Conduite ihrer Vormunder nicht zum Studi ren gehalten worden/ welches ihr Ungluͤck sie hiernaͤchst/ wann sie zu ihrem hohen Verstande kommen/ nicht gnug zu bereuen wissen/ ja sie straffen auch wol die Jenige/ so Ursach daran/ nach Gebuͤhr ab/ wie man deßfalls noch wol einige Exempla auf- weisen koͤnte/ wann es sich schicken wolte/ daß auch ho- he Gemuͤther durch das Studi ren niedertraͤchtig/ und zu hohen Affaires untuͤchtig solten werden/ daran ist so wenig/ daß sich vielmehr das Gegentheil Schnur- stracks und offenbahr erweiset/ dann man unterrich- tet sothane Leute nicht nach der gemeinen Weise/ son- dern bedienet sich gantz einer andern Methode. Aber ich wil/ um die Zeit zu kuͤrtzen/ der Compagnie auß den Historicis einige denck wuͤrdige Exempel gelehrter ho- hen Potentaten und suͤrtrefflicher Krieges-Genera- len vorstellen. Solchem nach lieset man/ als Philippo, dem Macedonischen Koͤnig/ Alexander geboren wor- den/ und er in Erfahrung kommen/ daß der kluge Aristoteles damahl zu Athen sich aufhielte/ habe er ei- nen Gesandten mit einem nachdencklichen Brieff (der von Plutarcho und Agellio beschrieben wird/) an ihn abgefertiget/ darinn er unter andern zu erken- nen gab: Er sage den unsterblichen Goͤttern grossen Danck/ nicht allein deßwegen/ daß ihm dieser sein Sohn geboren sey/ sondern vielmehr/ weil solches zu den Zeiten deß hochgelehrten Aristotelis geschehen. Jn welchen wenigen Worten dieser weise Koͤnig warhafftig erwiesen/ wie hoch er die Lehr und Wissen- schafft fuͤr seinem Sohn/ damit er ein tapfferer Koͤnig und kluger Feld-Herꝛ werden moͤchte/ geachtet habe/ wie er dann auch ein solcher worden ist/ dann/ nach Z z 3 dem Deß Academi schen dem er ein wenig erwachsen war/ setzete ihm der Vat- ter den Aristotelem zum Præceptor und Lehrmeister/ gabe selbigem viel reiche und herꝛliche Geschencke/ bauete ihm zu Ehren seine Vatter-Stadt/ welche er hiebevor zerstoͤret/ wieder auf/ ließ auch daselbst eine Schul/ worinn er lehren kunte/ sehr kuͤnstlich und kostbar/ von allerhand wundersamen Steinen und Sculptur aufrichten. Antigonus, welcher gleichfalls Koͤnig in Macedonia gewesen/ wuste/ als ein kluger Regent/ sehr wol/ wie hochnothwendig die Studi en und Lehre bey einem guten Regiment vonnoͤthen seyen/ wurde demnach beweget/ als er den Ruff und Ruhm deß fuͤrtrefflichen Philosophi Zenonis, welcher der Stoicorum Printz und Urheber gewesen/ vernom- men/ selbigen zu verlangen/ und bey sich zu haben/ massen er dann auch solches durch Brieffe und Abge- sandten procuri rte/ und zuweg zu bringen trachtete. Diogenes Laërtius beschreibet einen seiner Brieffe folgendes Jnhalts: Antigonus, Koͤnig in Macedonia, wuͤnschet dem Zenoni Heil und Gluͤck! J Ch weiß zwar wol/ daß Jch dich/ was anlanget die Guͤther/ Reichthuͤme/ gluͤckliche Verrichtungen/ und derselben Lob- ruffende Fama, weit uͤbertreffe; Jch erkenne aber gleichwol/ daß du an den Guͤthern deß Gemuͤths in der hoͤchsten und wahren Gluͤckseeligkeit/ in der Weißheit und Wissenschafft/ in Unterweisung/ Studi en und freyen Kuͤnsten/ Mir weit uͤberlegen bist/ dannenhero verlanget Mich/ dich bey Mir zu haben/ bitte dich also/ du wollest Mir zu Willen seyn/ damit Jch deiner Conversation, Freund- und Gesellschafft genies- sen moͤge. So du das thust/ so halte fuͤr gewiß/ daß du nicht allein Mein Herꝛ und Meister seyn/ sondern auch zugleich mit Mir alle Macedonter lehren/ und unterrichten wirst/ sin- temahl der/ so den Koͤnig unterweiset/ und Tugendhafft machet/ auch zugleich alle Unterthanen/ die Tapfferkeit und Frommkeit lehret/ massen dann gemeiniglich zu geschehen pfleget/ Romans II. Buch. pfleget/ daß wie der Koͤnig ist/ auch die Unterthanen und Soldaten seyn/ \&c. Es kunte aber dieser gelehrte Philosophus/ we- gen seines hohen Alters/ den Koͤnig seiner Bitte nicht gewaͤhren/ jedoch sandte er ihme zween von seinen ge- lehrtesten und weisesten Discipel n/ von denen der Koͤ- nig viel Weißheit und Tugend erlernete. Von wegen Hippocratis, deß fuͤrtrefflichen/ be- ruͤhmten und gelehrten Medici, schreibet Artaxerxes an seinen Hauptmann Hystanem folgenden Brieff: Der grosse Artaxerxes, ein Koͤnig aller Koͤ- nige/ wuͤnschet dem Hystani im Hellespont, Heil und viel Gutes! E S ist vor Mich kommen/ der Nam und Ruff deß Artztes Hippocratis, der auß dem Geschlecht Æsculapii geboren/ derohalben wende Fleiß an/ daß du ihm so viel Gold gebest/ als er begehret/ und haben wil/ auch so er sonsten etwas mehr bedarff/ und schicke ihn auf das Eheste zu Mir/ dann er soll den fuͤrtrefflichsten Maͤnnern in gantz Persien gleich seyn; Und so irgend ein anderer beruffener und gelehrter Mann in Europa ist/ den mache Unserm Hauß guͤnstig und gewogen/ und schone keines Goldes nicht! \&c. Die Lehr und Unterricht Aristotelis vermochte so viel bey Alexandro M. der sich 10. gantzer Jahre von ihm informi ren und unterrichten ließ/ daß er her- nach zu einem so fuͤrtrefflichen Koͤnig und Feld-Herꝛn geworden/ und also/ daß kein maͤchtiger und groͤsse- rer Monarch jemahls auf der Welt gewesen/ oder gelebet. Er war ein so eyferiger Liebhaber der Weiß- heit/ daß er auch mitten unter den Waffen die Kuͤnste und Studi en uͤbete/ und muste man demnach zugleich mit dem Schwerdt unter andern Buͤchern ihme die Iliades Homeri unter sein Haupt-Kuͤssen legen; Ja es scheinet/ es habe Alexander die Unterweisung der Philosophiæ, welche er vom Aristotele erlernet hatte/ Z z 4 so Deß Academi schen so hoch/ als alle die Koͤnigreiche und Laͤnder/ die er er- obert hatte/ gehalten; Dahero schreibet Plutarchus, Aulus Gellius, Themistocles, und andere/ daß/ als er in Asiam, selbige Laͤnder zu gewinnen gezogen/ und vernommen/ daß Aristoteles unterschiedliche Buͤcher de Philosophia Naturali, die er hiebevor bey ihme ge- lesen und gehoͤret/ herauß gegeben haͤtte/ schriebe er ihme deßwegen einen Brieff folgenden Jnhalts: J N Warheit/ es ist nicht wol gethan/ mein lieber Aristore- les, daß du die jenigen Buͤcher/ die du von der Philosophia und Natur-Betrachtung geschrieben/ publici ret und an Tag gegeben hast/ wo rinnen meynest du nun wol/ daß Jch andere Leute werde uͤbertreffen moͤgen/ so diese Kunst und Wissen- schafft/ die du Mich gelehret hast/ anfahen wird/ Jedermann gemein werden? Jch gebe dir hiermit zu vernehmen/ daß Jch viel lieber andere in Wissenschafften und Tugenden/ als in Reichthum und Vermoͤgen/ uͤbertreffen moͤchte/ \&c. Wolte ihn nun Aristoteles anders zufrieden stellen/ so war vonnoͤthen/ daß er ihm antwortete: Er habe solche Buͤcher so obscur und dunckel herauß gegeben/ daß selbige Niemand verstehen moͤge/ es sey dann/ daß er sie zuvor einem erklaͤret haͤtte. Pyrrhus, ein fuͤrtrefflicher Feld-Herꝛ und Koͤnig der Epiroter/ welcher viel und grosse Kriege mit den Roͤmern gefuͤhret/ auch selbige mehrmahls uͤberwun- den/ hat sich nicht allein/ (wie man lieset/) den Studiis ergeben/ sondern auch unterschiedliche Buͤcher/ und unter andern gewisse Leges, oder Gesetze/ de Arte Bel- lica, wie man Krieg fuͤhren/ oder sich mit dem Feind schlagen solle/ geschrieben. Was wollen wir von Ju- lio Cæsare, dem ersten und fuͤrtrefflichen Roͤmischen Kaͤyser/ und unvergleichlichen tapffern Feld-Herꝛn/ der es allen andern/ die jemahls auf der Welt moͤgen gewesen seyn/ bevor gethan/ melden? Dieses koͤnnen wir mit Warheit von ihm ruͤhmen/ und sagen/ daß er so ge- Romans II. Buch. so geneigt zu den Studiis, als zu den Waffen gewesen/ und es dannenhero recht bey ihm geheissen: Literis \& Armis! Oder: Aut Arte, aut Marte! sintemahl er auch ehe ein Literatus, als ein Soldat/ gewesen/ auch hernach/ so offt er nur Zeit hatte/ gieng er in die Aca- demiam der Poeten; Er laß auch und schriebe in dem Gehen/ dahero/ als er einsmahls zu Alexandria in Egypten durch Schwimmen einer grossen Gefahr entkommen/ hat er in der einen Hand seine Buͤcher/ welche er geschrieben/ gehalten und salvi ret/ damit er- weisend/ daß er die Studia und Kuͤnste/ als sein eigen Leben/ liebete/ alldieweil er so wol Fleiß anwendet/ seine Buͤcher/ als sein Leben/ zu erretten; Ja/ wie ge- lehrt und erfahren er gewesen sey/ zeigen uns gnug- sam die Commentarii, Schrifften und Buͤcher/ wel- che er hinterlassen. Nicht allein aber Cæsar, sondern alle beruͤhmte Roͤmer und Kriegs-Helden/ werden diesem unserm Vorhaben einige Probe geben/ und selbiges beglaubet machen. Daß sie aber fuͤr so tapf- fere Kriegs-Haͤupter und Regenten gehalten wur- den/ ruͤhrete/ (wie leichtlich zu glauben/) einig von den Studiis und Kuͤnsten her, Sintemahl das Erste/ so die Roͤmer mit ihren Kindern vorhatten/ war/ daß sie selbige Studi ren liessen/ und ihnen gute und ver- staͤndige Præceptores verschafften/ die sie zum Theil/ auch mit gar grossen Unkosten auß Griechenland/ und sonderlich von Athen/ kommen liessen. Die 2. Ca- tones weiß Jedermann/ wie fuͤrtrefflich und beruͤhmt sie so wol in Studiis und freyen Kuͤnsten/ als in den Waffen gewesen. Cato Senior Censorinus war uͤber alle Massen dem Studi ren ergeben/ massen solches die Buͤcher/ welche er uns hinterlassen/ bezeugen; Er war ein fuͤrtrefflicher Orator, und fleissiger Historicus, voller Weißheit und Verstand/ lernete auch allererst Z z 5 in Deß Academi schen in seinem Alter die Griechische Sprache. Der An- dere/ Cato Uticensis genannt/ wiewol er gar kein faͤ- higes Ingenium, die Kuͤnste und Sprachen zu erler- nen hatte/ suchete dannoch die fuͤrtrefflichsten Præ- ceptores, unter denen auch der Stoi sche Philosophus, Antipater Tyrius, einer war/ und ergab sich dem Stu- di ren dermassen/ daß auch Cicero in seinem Buch de Fine von ihm meldet/ er habe fast nichts anders ge- than/ als gelesen/ so gar auch/ daß er ein Buch mit sich in den Rath genommen/ damit er/ so er Zeit haͤt- te/ darinnen lesen kunte. Scipio Africanus, der fuͤrtreffliche Kriegs-Held/ und sieghaffte Uberwinder deß Hannibalis, liebete das Studi ren uͤber alle Massen/ und uͤber das/ daß er den hoch-beruͤhmten alten Poeten Ennium mit sich fuͤhrete/ gab er sich auch jederzeit nach geendigtem Krieg/ und erlangtem Sieg/ wiederum von neuem auf das Lesen und Studi ren. Hannibal, dessen Wi- dersacher/ ungeacht er ein Africaner war/ uͤbete sich doch/ auch wann er Krieg fuͤhrete/ unter seinen Gezel- ten in den Studi en der freyen Kuͤnsten und Sprachen. Er fuͤhrete selbiger Zeit als Præceptores, oder Ge- heime Raͤthe mit sich/ Sillanum und Sofilaum, 2. La- cedæmonier/ die ihn auch in der Griechischen Sprach unterrichten musten. Dionysius Tyrannus, der maͤchtige Koͤnig in Si- cilia, hatte (massen wie schon gemeldet/) den Plato- nem zum Lehrmeister/ pflegete auch sonst viel andere gelehrte Leute in seiner Gesellschafft zu haben/ da er auß seinem Reich vertrieben worden/ und einer seiner spotrend ihn fragte: Was ihn nun die Philosophia, welche er von Platone erlernet hatte/ nutzete? Es hilfft mich/ (antwortete er gar kluͤglich/) daß ich die gegen- waͤrtige Widerwaͤrtigkeit und Veraͤnderung deß Gluͤckes mit Gedult ertragen kan. Themisto- Romans II. Buch. Themistocles, der vortreffliche Atheniensische Kriegs-Held/ erwiese auch nicht weniger Fleiß in den Studiis und Kuͤnsten/ als in den Kriegs-Waffen/ und ist dessen Lehrmeister der Philosophus Anaximander Milesius gewesen. Epaminondas der Thebani er Fuͤrst und Feld-Herꝛ/ wie auch alle andere Griechi- sche Feld-Obristen/ sind (wie wir lesen/) Studiosi und beruͤhmte Oratores gewesen. Der gewaltige Koͤnig Mithridates, (welcher die koͤstliche Gifft-Lat- wergen/ so nach ihm Mithridat genennet wird/ erfun- den/) in seinem 40. und mehr Jaͤhrigen Krieg mit den Roͤmern/ uͤbete sich/ so viel ihm moͤglich/ auch mit- ten unter den wuͤtenden und grimmigen Waffen in den Studiis und freyen Kuͤnften/ fuͤhrete auch etliche Philosophos, als seine Lehrmeister/ mit sich. Octa- vianus Augustus hatte taͤglich seine gewisse Stunden zum Studi ren/ er verließ auch in dem Krieg die Studia und Kuͤnste niemahlen/ deßwegen hatte er staͤts vor- treffliche und gelehrte Maͤnner bey sich/ als Apollo- dorum Pergamenum, den Philosophum und Redner Asinium Pollionem, Valerium Messalanum, Virgi- lium, Ovidium, und viel andere deren Lehr/ Rath/ und Unterricht er sich in allem seinem Vorhaben be- dienet. Es war auch nach diesem Lucius Lucullus, ein vortrefflicher Feld-Herꝛ und Kriegs-General/ welcher sich in waͤhrenden seinen Kriegen auf das Studi ren begab/ auch hernachmahls viel Fleiß an- wendete/ gelehrte Leute/ die er sehr liebete/ bey sich zu haben und zu unterhalten. Jnsonderheit ist deß Kaͤysers Marci Antonii Merck-wuͤrdig zu gedencken/ als welcher in der Philosophie, so wol in Griechischer als Lateinischer Sprach wolerfahren gewesen/ auch in seinem Alter hat er sich von dem Philosopho Sexto Bœotio unterweisen lassen/ ist auch selbst persoͤnlich zu ihm Deß Academi schen ihm ins Hauß gegangen/ daher/ als ihm einsmahls Lycius der Orator begegnete/ und ihn fragete: Auß was vor Ursach er dahin gienge? Antwortete Mar- cus Antonius: Etiam seni discere honestum est. Eo igitur ad Sextum Philosophum, cogniturus, quæ non- dum scio. Das ist: Es ist auch einem Alten keine Schande/ etwas zu lernen/ darum gehe ich zum Sexto Philosopho, allda zu erforschen/ was ich noch nicht verstehe. Worauf Lycius die Hand empor gen Him- mel gehoben/ und mit Verwunderung gesaget: O Sol! Romanorum Imperator, in gravescente ætate, Libellum tractans, Magistrum adit: Meus autem Rex Alexander Annos 32. Natusobiit. Das ist: O Son- ne! der Roͤmische Kaͤyser gehet im hohen Alter zu seinem Lehrmeister/ traͤget ein Buch mit sich/ laͤsset sich unterweisen; Aber mein Herꝛ Koͤnig Alexander ist schon gestorben/ da er kaum 32. Jahr gelebet. Paulus Æmilius, der tapffere Kriegs-Held und Uber- winder deß letzten Macedonischen Koͤnigs Persei, uͤber das/ daß er ein sehr gelehrter und in allen Wis- senschafften erfahrner Mann war/ ließ ihm auch an- gelegen seyn/ daß seine Kinder in seine Fußstapffen tretten/ und was Ehrliches studi ren moͤchten/ weßwe- gen ihm die Athenienser/ auf sein Bitten und instaͤn- diges Anhalten/ den gelehrten Philosophum Metro- dorum zum Lehrmeister seiner Kinder folgen liessen. Aber/ warum mache ich mir viel Muͤhe/ von einem uñ dem andern absonderlich zu reden/ und Meldung zu thun/ da doch solcher Exempel alle Historien voll sind? Pompejus Quintus, Fabius Maximus, Marcus Brutus, Trajanus, Hadrianus, Marcus Antonius, diese alle sind tapffere Kriegs-Helden/ und darbey gelehrte Leute gewesen/ welche unterschiedliche Buͤcher/ Orationes, auch viel andere Lehr-reiche und nutzliche Sachen ge- schrie- Romans II. Buch. schrieben. Jst also unnoͤthig/ daß ich laͤnger hiervon discurri re/ dann es bleibet doch/ meiner Meynung nach/ darbey/ daß unter denen alten beruͤhmten Kriegs-Generalen und Feld-Obersten die Jenigen gar rar und seltzam gewesen/ welche nicht studi ret hat- ten. Von Zweyen unter den Roͤmern/ (meines Wis- sens/) lieset man/ daß sie nicht sonders gelehrt sollen gewesen seyn/ einer/ Namens Cajus Marius, und der andere Marcus Marcellus, jedoch berichten unter- schiedliche Autores, daß Marcellus die Gelehrten sehr geliebt/ und ihnen allen geneigten Willen erwiesen/ dannenhero kan ich abnehmen und glauben/ daß er auch studi ret habe/ und ein Literatus gewesen sey/ ob er gleich keine Schrifften oder Buͤcher hinterlassen/ welches dann absonderlich die Ruhm-wuͤrdige That bezeuget/ da er verbott/ daß bey Eroberung der Stadt Syracusæ, Archimedes nicht solte getoͤdtet werden. Es moͤgen nun heut zu Tag die Generales und Kriegs-Obersten sagen/ was sie wollen/ ich rede von etlichen/ nicht von allen/ nemlich von denen/ die da be- haupten/ die Studia und Wissenschafften der Kuͤnsten seye ihnen nicht vonnoͤthen oder nutzlich/ vermeynend/ durch solche ihre thoͤrichte Meynung und Hartnaͤckig- keit ihre grobe Ignoran tz und Unwissenheit zu bemaͤn- teln/ so bleibet es doch darbey/ die Alten hielten so viel von den Studi en/ Buͤchern und Kuͤnsten/ als von der Tapfferkeit und Kriegs-Macht. Von noch unzaͤh- lich vielen Feld-Obristen und Kriegs-Haͤuptern/ welche den Studiis guͤnstig und geneigt gewesen/ ge- dencket Robertus Valturius in einem seiner Buͤcher/ von dem Krieg handlend. Das XVII . Capitul/ Hier wird discurri ret/ wie weit ein Regent dem Jagen und andern Lustbarkeiten nach haͤngen moͤge. Diese Deß Academi schen D Iese letzte Worte stiessen den Capitain zwar gewaltig fuͤr den Kopff/ und haͤtte er mit Ve- nereo daruͤber leicht Haͤndel angefangen/ weil er aber sahe/ daß alle uͤbrige Passagierer dessen Par- they in diesem Stuͤck hielten/ begriffe er sich/ und ließ sich nichts Widriges mercken/ er excipi rte aber doch/ sagend: Daß man gleichwol sehen wuͤrde/ daß hohe Potentaten mehr an dem Jagen/ als an den Buͤchern sich ergoͤtzeten. Nicht alle/ warff Venereus darzwi- schen/ dann der fuͤrtreffliche/ hoch-verstaͤndige/ und sehr gelehrte Englische Koͤnig Jacobus nahm alle- mahl/ wann er auf die Jagd zog/ ein Buch mit/ und lase darinn/ wann andere das Wild verfolgeten. Ein alter Cavallier, der bißhero nur zugehoͤret hatte/ be- antwortete dem Venereo seine Exception solgender Massen: J Ch aber/ mein Herꝛ/ schaͤtze dargegen/ man muͤsse vielmehr von grosser Herren Tugenden/ als von ihren Fehlern ihm ein Muster nehmen/ sintemahl mir nicht bey wil/ daß hierinn selbi- ger/ wiewol sonst hochverstaͤndiger Printz/ gar kluͤglich und Po- litisch gehandelt. Ein Herꝛ/ der seinen Officierern recht beliebt seyn wil/ muß/ meines Erachtens/ sich in alle Saͤttel zu finden wissen/ es gelte auf die Jagd/ oder zum Turnier/ oder zum Feld- zug/ oder in die Rath-Stuben und Cantzley/ nicht/ daß er allent- halben eben mit Hand anlegen doͤrffte/ sondern ihnen mit froͤ- licher Gegenwart aufs wenigste seinen Wolgefallen erzeige/ und zwar dieses und dergleichen in rechte Zeit und Gelegenheit einzutheilen wisse/ massen bey einer jeden Sache die Gelegenheit beobachten das fuͤrnehmste Stuck weitlicher Klugheit ist. Dann die Gelegenheit/ oder rechte Zeit/ ist das rechte Gluͤcks-Seegel/ ohne welches alle/ auch die fuͤrtrefflichsten Handlungen den ge- wuͤnschten Hafen ihres Fuͤrsatzes nicht moͤgen erschiffen. Es leuchtet aber keine Kron so hell/ bißweilen sitzet ein Staͤublein daran. Koͤnige und Fuͤrsten sind an Hoheit und Herꝛschafft Goͤtter/ von Natur und Sitten Menschen/ und koͤnnen offt zu einer Sache uͤbermachte Luft oder Haß gewin- nen/ nachdem sie genaturirt oder gewohnet sind. Monsieur redet gar recht/ sagte der vorige Capitain, ich bin Romans II. Buch. bin in dem Fall seiner Meynung/ wil aber diesen Koͤnig hierin- nen wol vor entschuldiget halten/ weil mir berichtet/ er habe von Natur keinen blossen Stahl/ und also vielleicht auch keinen blan- cken Hirschfaͤnger nicht sehen koͤnnen/ besondern einen Horror oder Abscheu darfuͤr gehabt. Der alte Cavallier sprach: Was der Herꝛ da jetzo meldet/ das gedencket der Englische Graf und Koͤnigl. Cantzler Kenel- mus Digbæus, in seiner Oration, von der Syn- und Antipathie. Nemlich: Als hoch gedachten Koͤnigs Jacobi Frau Mutter/ Koͤnigin Maria Stuart, mit diesem jungen Printzen hoch schwan- ger gangen/ seyn ihrer etliche in ihr Cabinet gebrochen/ haben daselbst einen Cavallier uͤberfallen und niedergemacht/ darvon die Koͤnigin hefftig erschrocken/ und diesem ihrem Herꝛn Sohn daruͤber ein solcher Schwerdt-Scheu angeerbet worden/ daß er keinen gebloͤßten Degen schauen koͤnnen/ deßwegen auch/ wann er einen zum Ritter schlagen muͤssen/ (das doch/ weil er nicht gar gerne daran kommen/ selten gnug geschehen/) ihm/ welcher ab- waͤrts sahe/ ein anderer die Hand befassen und fuͤhren muͤssen. Welches ihm aber kein Verstaͤndiger zur Zartheit und Klein- muͤthigkeit rechnen wird/ weil es/ wie gehoͤret/ ein angeerbtes Wesen gewesen/ und natuͤrliche Sachen nicht wol zu aͤndern. Nichts destoweniger weiß ich auch/ daß/ ohnangesehen derselbige Koͤnig sonst mit hohen Qualit aͤten gezieret gewesen/ ihm dannoch die gar zu grosse Buͤcher-Lust von unterschiedlichen Politicis gemercket worden. Vor andern verdencket es ihm Saavedra, daß er sich in Religion s- Controversi en gar zu sehr vertieffet; Dannenhero der Schwerdt-Scheu wol so eben nicht die Ursach gewesen/ seines auf der Jagd gewoͤhnlichen Lesens/ als vielmehr die gar zu grosse Begierde zum Studi ren. Es ist schwer in der Wissenschafft und Klugheit die Maaß zu treffen/ wie zwar Tacirus an seinem fuͤrtrefflichen Agricola solches ruͤh- met. Studi ren und Regieren/ seynd nicht gar zu vertraͤgliche Dinge; Dann/ ob zwar dieses durch jenes befoͤrdert wird/ und die Majestaͤt nicht weniger mit Gesetzen geruͤstet/ als mit Waf- fen gezieret seyn muß/ sollen dannoch die Buͤcher mehr ein Con- fect, weder taͤgliche Nahrungs-Speise eines Printzen seyn/ der nunmehr im Regiment sitzt. Mit dem/ der allererst darzu gelan- gen soll hat es eine andere Beschaffenheit/ sintemahl dieser die Wissenschafft zu regieren/ und einen Staat recht zu disponi ren/ auß den Buͤchern und dem Unterricht eines klugen Hofmeisters vorher schoͤpffen/ Jener aber/ der das Steuer-Ruder deß Regi- ments Deß Academi schen ments alibereit in Haͤnden hat/ seine meiste Gedancken darauf wenden muß/ wie er das/ was er entweder von stummen oder redenden Lehrern gemercket/ recht moͤge anbringen/ und in das Wercksetzen/ wiewol er dannoch unterweilen sich in einem ver- staͤndigen Buch/ wie der Steuermann nach der Compaß-Na- del/ umsehen kan. Venereus war noch unbegnuͤget/ und sagte: Darauß folget nicht/ daß er eben Jagen muͤste/ es werden sich wol andere/ ja beyde Haͤnde voll Regiments-Geschaͤffte finden/ seine Ge- dancken und Zeit zu entmuͤssigen/ es darff darum keine Jagd seyn. Jch hoͤre wol/ antwortete ihm der Capitain, der Herꝛ wolte ihn gar an den Gerichts-Stuhl oder Thron binden/ und keiner Luft geniessen lassen/ das waͤre mir ungelegen/ da ich ein grosser Herꝛ waͤre/ wolte ich meinen Raͤthen das Meiste anbe- fehlen/ und meine Bequemlichkeit suchen. Es drucken ohne das den Fuͤrsten tausend Sorgen/ und lassen ihn nicht unbegleitet/ wo er gehet und stehet/ er darff sich nicht erst mit gar zu genauer Beobachtung aller und jeder Reichs-Geschaͤfften außfordern. Meynet der Herꝛ/ die Dichter haben den Himmel umsonst dem Atlas oder Hercules auf die Schultern geleget/ und nicht viel- mehr damit ein Nachdencken geben wollen/ ein Koͤnig muͤsse die Laft deß Regiments vielmahls einem getreuen Rath oder Cantz- ler aufbuͤrden/ und durch bequeme Ruhe oder Ergoͤtzung seine Person/ dem gemeinen Wesen zum Besten/ erhalten? Ein anderer junger Edelmann/ der da spuͤrete/ daß die andern Luft haͤtten/ in dem Discurs von der Jagd fortzuschrei- ten/ und deßhalben durch diesen Streit ungern sich aufgehalten sahen/ tratt mit seiner Rede ins Mittel/ und sprach: Es ist gut/ daß der Herꝛ/ ( Venereum meynend/) keine Regimenes-Person worden/ seine Leute durfften sonst schlechte Luft bey ihm genies- sen/ lieber wolte ich den Herꝛn Capitain zu meinem Fuͤrsten ha- ben. Dann/ welcher Fuͤrst solte der grossen Last und Buͤrde der Regierung bastand seyn/ dafern er nicht einen guten Theil auf andere Schultern legen/ und seine gewisse Abwechslung der Beschaͤfftigung und Erlustigung haben wurde? Bevorab im Jagen/ welches eine gar mitteimaͤssige/ ja gantz Koͤnigliche Ubung ist/ so die Gesundheit staͤrcket/ das Gemuͤth maͤnnlich/ behertzt/ und zum Krieg geschickt machet. Daher es dann et- lichen Helden-muͤtbigen Printzen so doch nicht zu verdencken/ daß sie zu Friedens-Zeiten/ ihrer Martiali schen und kriegerischen Natur Romans II. Buch. Natur desto mehrers Contentement zu geben/ zuweiten dem Hetzen etwas zu viel nachhaͤngen/ da nur unterdessen die Re- gierung mit redlichen/ und an Aufrichtigkeit bewaͤhrten Maͤn- nern/ bestellet wird; Und doch gleichwol auch zu gewisser Zeit ein solcher Herꝛ einen Blick zu ernstlichen Sachen gibt. Dann/ ob zwar ein weiser und geschickter Cantzler und getreue geheime Raͤthe nicht mit Geld zu bezahlen/ und gar starcke Saͤulen all- gemeiner Wolfahrt sind/ so macht sie dannoch deß Koͤnigs Auge immer zu geschickter und hurtiger/ und bekraͤfftiget sie in ihren gerechten Handlungen. Was Fuͤrtrefflich ist/ wird noch fuͤr- trefflicher/ wann es ein hohes Lob antrifft/ und ist deß Fuͤrsten Gegenwart der liebliche Sonnen-Strahl/ welcher die Blumen der Tugenden bey seinen Beamteten aufschleusst/ und zum Ge- ruch-streuen erwecket. Ja/ ob gleich der Printz/ nach dem Wunsch Koͤnigs Alphonsi von Arragoni en/ so viel Zopyros haͤtte/ als ein Granat-Apffel Koͤrner/ stunde ihm doch nicht zu rathen/ aller hohen Handlungen sich gaͤntzlich zu aͤussern. Dafern aber dieses darbey gar nicht in Acht genommen/ die Sorge deß Regiments nicht auf zuverlaͤssige Raͤthe/ sondern an einen Nagel oder Jaͤger-Spieß gehenckt/ und ohn alle Maaß und Weise der Jagd nachgetrachtet wird/ kan ich es nicht loben. Viel weniger/ wann die Unterthanen dardurch in Grund ver- dervet werden; Als wie Cambdenus vom Koͤnig Normanno in Engelland schreibet/ daß er einen Umkraͤyß von 30. Meilen zum Hetzen bereiten lassen/ und daruͤber viel Staͤdte/ Fiecken/ Doͤrffer und Kirchen geruiniret/ und die armen Einwohner verjaget hat. Daher ihm dann auch/ auß Goͤttlicher Straffe/ in eben demselbigen Jagd-Gehoͤltze sein Sohn Richard mit ei- nem Pfeil unversehens erschossen/ und der andere Sohn Rufus die Pestilentz darinnen bekommen/ daran er auch sterben muͤssen. Jngleichem soll man sonst nicht zu uͤbermaͤssig viel Geld auf das Jagen spendi ren/ wie der Tuͤrckische Sultan Amurathes I. ge- than/ welcher in die 40000. Hunde gehalten/ deren Jeder ein guͤldenes oder silbernes Halß-Band getragen. Ausser solcher Verschwendung muß man Fuͤrsten und Herren ihre Lust goͤn- nen/ gestaltsam sie vielmahls/ auch wol auf der Jagd/ hey meh- rer Einsamkeit einer und andern Staats-Sachen besser nach- dencken. Gluͤckseelig aber ist der Fuͤrst/ der solche Ordnung halten kan/ wie Kaͤyser Ferdinand der Erste/ nach Busbeckii Meldung/ gethan/ und waͤre zu wuͤnschen/ da es die unterschiedliche Ratu- A a a ren Deß Academi schen ren nur litten/ daß alle Fuͤrsten dieses Herꝛn Manier und Ge- brauch/ wie einen Spiegel/ beschaueten. Deß Morgens/ schrei- bet bemeldter Author, stehet Ferdinandus, Kaͤysers Caroli V. Herꝛ Bruder/ (und damahliger Roͤmischer und Ungarischer Koͤnig/) fruͤh auf um 5. Uhr/ auch in dem haͤrtesten Winter/ perrichtet darnach sein Gebet zu GOTT/ und wann er den Gottesdienst verrichtet/ so gehet er zu Rath/ da er der Sachen/ so zum gemeinen Nutzen dienen/ Berathschlagung/ biß zur Mittags-Mahlzeit mit grossem Fleiß abwartet. Das geschicht auch (gemeiniglich) Nachmittags/ biß die Zeit Abend-Essens/ nicht seines/ sondern seiner Raͤthe/ herbey kommt/ dann er der Abend-Mahlzeit sich staͤts gantz und gar enthaͤlt/ auch deß Tags nicht mehr/ als einmahl/ und zwar gar maͤssig isset/ trincket/ auch nicht viel/ sondern beschleusst mit dem andern Trunck Weins seine Mittags-Mahlzeit. Deß Nachts ist er keusch/ und sein Ehe-Bett von der Zeit an/ daß ihm seine Gemahlin mit Tod ab- gangen/ mit keiner Unzucht befleckt. An Narren-Spiel/ und deren Kurtzweil/ darzu viel Lust haben/ hat er keinen Gefallen. Weiter gibt kurtz hernach selbiger Scribent von ihm diesen Bericht: Dieser Kaͤpser Ferdinandus pflegte zu sagen: GOtt habe ihn nicht seinethalben in ein so hohes Amt gesetzet/ deß Reichs Regierung sey ihm nicht darum gegeben/ daß er sich in Wolluͤ- sten waͤltze; Man komme weit einer andern Gestalt zu der Herꝛschafft gemeiner Leute/ als zu Koͤnigreichen und Kaͤyser- thuͤmern; Es waͤre keinem verbotten/ sein vaͤtterlich Guth zu seinem Rutzen zu gebrauchen und geniessen/ aber es seyen ihm so viel Voͤlcker von GOtt anbefohlen/ damit er fuͤr sie sorge/ daß ihme die Muͤhe obliege/ und auß seiner Verordnung der Nutzen auf sie komme/ und daß er durch seinen Schweiß ihnen Ruhe und Frieden schaffe. O Tugend! wo haͤttest du Fuͤrsten-maͤssi- gere Reden finden koͤnnen/ weder in dem Mund dieses Edlen Printzens? Jedoch damit keiner gedencke/ er sey ein Sauer-Topff/ ein Holtz-Bock/ und abgesagter Feind aller Ergoͤtzlichkeit gewesen/ fuͤget bald darauf mehr-gedachter Author hinzu: Daß er auch manches mahl sich in Jagden/ sonderlich aber deß Nachmittags erlufliret habe. Es gedenckt mir noch wol/ (sagt der Scribent, ) daß ich ihn habe hoͤren sagen: Jch habe mein Amt verrichtet/ alle Sachen und Brieffe durchgelesen/ es ist nichts mehr in der Cantzley uͤbrig/ daß mich verhindere. Jch wil die uͤbrige Zeit deß Tags meines Leibes pflegen/ ꝛc. Also kommt er in eitler Nacht wieder- Romans II. Buch. wiederum heim/ ist froͤlich/ wann er ein wild Schwein oder Hir- schen bekommen. Wie ein herꝛlich Ding wuͤrde es fuͤr das gemeine Wesen seyn/ wann alle Potentaten diesem Exempel nachsetzten/ und an keine Ubungen deß Leibs|gedaͤchten/ bevor die Regiments-Sachen ihr Recht und Außrichtung erhalten. So koͤnten sie nach mahls der Jagd und allerhand Ritter-Spielen desto sicherer und freyer geniessen/ und keine Verabsaͤumung einiger hohen Angelegenheit besorgen. Es wuͤrde sie auch die Lust ihren Landen ruͤhmlich vorzustehen vernuͤnfftig erinnern/ in dem Jagen Maaß und Weise zu halten/ und daruͤber sich in keine Gefahr zu stuͤrtzen/ sintemahl in der Person eines Regenten das gantze Land/ so wol vernachtheilet/ als begluͤcket werden mag. Der Herꝛ redet recht und vernuͤnfftig/ sagte hierauf Ve- nereus, dann dafern man gar zu hitzig dem Jagen oblieget/ kan einer leichtlich in Gefahr und Schaden daruͤber kommen/ wie Camerarius in seinen Horis Subcesivis mit sehr vielen Exempeln an dem Kaͤyser Maximilian, der dem Hertzen fast gar zu sehr er- geben gewesen/ Bewelses gnug fuͤrstellen kan. Der tapffere Pommerische Hertzog Bogislaus X. haͤtte bey Ukermunde auf der Jagd schier sein Leben eingebuͤsset/ als ein grosser Hirsch mit dem Geweihe dermassen auf ihn darsetzte/ daß ihm Lung und Leber verwundet worden. Woruͤber dann im gantzen Land grosses Wehklagen und Kuͤmmernuͤß entstan- den/ angemerckt/ albereit zu der Zeit auf ihm der Hertzogliche Pommerische Stamm beruhet. Jm Jahr 1646. hat der Daͤnnemaͤrckische Koͤnigl. Printz Christian der Fuͤnffte/ einem Hirschen wollen nachsetzen/ dar- uͤber er mit dem Pferd gestuͤrtzet/ also/ daß er uͤber 24. Stunden Sprach loß darnieder und kranck gelegen. Koͤnig Woldemars Sohn ward ohngefaͤhr auf der Jagd mit einem Pfeil in den Schenckei verwundet/ darvon er sterben muste. Das sind mehrentheils zufaͤllige Sachen/ sprach der alte Cavallier, von derentwegen man die Jagd nicht scheuen darff/ sonst muͤste man auch nimmermehr anderswohin einen Ritt thun/ auß Forcht deß Pferde-stuͤrtzens. Was hat aber/ (ant- wortete Venereus, ) ein Herꝛ vonnoͤthen/ sich in Gefahr daruͤber zu begeben? Da er doch wol die Baͤren/ Hirsch und Schweine durch seine Leute kan jagen lassen/ und er fuͤr seine Person den Reb-Huͤnern/ Reyhern/ und dergleichen nachstellen kan? Deß muß ich lachen/ versetzte der Cavallier, mit der Weise solte er die A a a 2 beste Deß Academi schen beste Luft seinen Dienern uͤberlassen/ er selbst mit der geringern vorlieb nehmen. Jch wuste nicht/ (war deß Venerei seine Ge- gen-Antwort/) ob groͤssere Lust/ einem wilden Hauer nach zu- setzen/ oder einen wolabgerichteten Falcken fleigen zu lassen. Jch halte/ sprach der Capitain, die beste Lust bestehe in der Abwechslung. Wiewol nicht zu laͤugnen/ daß an sich selbsten die Reyher-Beitz und Beruckung deß Feder-Wildes fast ergoͤtz- licher/ weder das Hetzen. Gestaltsam dann die grosse Herren in Ungarn und Tuͤrckey/ ja die Roͤmis Kaͤyserl. Majestaͤt selbst damit vielmahls sich belustiget. Solymannus der Tuͤrckis. Sultan/ welchen seine Gewalt der gantzen Christenheit erschrecklich gemacht/ hat hierinnen sein groͤstes Vergnuͤgen gesuchet/ und sich deßwegen bey Adrianopel zu Winters-Zeiten Jaͤhrlich auf zuhalten pflegen/ biß ihn gegen dem Lentzen die Froͤsche mit ihrem Gewaͤsche wieder vertrieben- Dann an selbiger Gegend/ da viel und mancherley grosse Stroͤh- me zusammen stossen/ gibt es viel Weyher und still. stehende Suͤmpffe/ darbey man unzaͤhlich viel Feder-Wild antrifft/ als wilde Endten/ Gaͤnse/ Reyher/ alle von sonderlicher fremder Art/ deßgleichen Kranich/ Trappen/ und andere dergleichen. Hierzu hat er junge Adler zu brauchen pflegen/ die also lustig abgerichtet/ daß sie hoch in der Lufft dem Wild nach geeilet/ und dasselbe wunderlich herab gebracht. Hielte es seinen Flug nie- drig/ so erschnapten sie es im Fliegen/ oder stiessen es mit groffer Ungestuͤmmigkeit und Furi zur Erden. Jngleichem hat er Falcken gehabt/ so dermassen waren abgefuͤhret/ daß/ wann sie einen Kranchen wolten angreiffen/ sie ihm unter den Fluͤgeln auf die Haͤur|stiessen/ um sich vor der Gegenwoͤhr deß spitzigen Kranchen Schnabels desto listiger zu verwahren/ welches ihnen darauf gelungen/ daß sie den Kran- chen uhrploͤtzlich mit sich herab gezogen/ jemahlen aber auch fehl geschlagen/ indem sie mit einem scharffen Stoß von ihren Wider- sachern empfangen/ und bald todt auß der Lufft wieder herab gefallen. Der Cavallier that binzu: Der Falck ist von Natur ein listiger Raub-Vogel/ der seinen Feind desto besser zu betriegen/ und ihn ohne eigene Gefahr zu beleydigen/ nicht gerade/ sondern gebogener Weise auf ihn herab fleugt/ und seine scharffe Klauen fuͤr der Brust haͤlt/ mit dem Schnabel aber dem Vogel manches mahl einen solchen Stoß gibt/ daß er ihn gar vom Kopff biß zum Schwantz durchspiesset/ oder den Kopff abstosset. Mit dem Reyher Romans II. Buch. Reyher aber muß er nicht weniger behutsam/ weder mit einem Kranchen umgehen/ dann derselbe verbirget Anfangs seinen Schnabel/ biß er mercket/ daß der Falck uͤber ihn gestiegen/ als- dann richtet er solchen geschwind uͤber sich/ dem Feind entgegen/ und bewillkommet ihn gar haͤßlich/ ihm die Brust durch und durch grabend/ also/ daß Beyde mit einander herunter fallen. Die Natur theilet diesen Voͤgeln allerhand verschlagene Griffe und Erfindungen mit/ zu ihrer Erhaltung/ die uns Menschen gar wunderlich fuͤrkommen. Wie unter andern zu sehen/ an etlichen Wald- oder Birck-Huͤnern/ welche/ damit sie von den Hunden der Jaͤger nicht außgespuͤret werden/ sich/ da der Schnee am tieffesten faͤllet/ nieder/ und gantz beschneyen lassen/ vorher aber reissen sie eine gewisse Baum-Frucht ab/ und fuͤllen den Kropff damit so sehr an/ daß er ihnen groͤsser wird/ als die uͤbrige gantze Bruft/ theilen sich hernach in gewisse Hauffen/ und fressen darvon die Zeit uͤber/ weil sie also unter dem Schnee begraben ligen. So bald sie mercken/ daß ein grosser Schnee fallen/ und lang liegen werde/ und ihr Proviant aufgezehret/ verlassen sie den Ort/ nehmen wieder aufs neue solche Frucht von den Bircken zu sich/ und darauf einen andern Wohn-Platz unter dem Schnee/ biß zum Außgaug deß Mertzen darunter verharrend; Dann/ weil alsdann der Schnee zersch meltzet/ treibet sie die Natur auß ihren Schlupff-Winckeln herfuͤr/ nach dem Gebuͤsch und dick-gezweigten Baͤumen/ ihre Jungen zu hecken. Aber/ wie stellet man ihnen dann nach? fragte Vene- reus. Durch Huͤlffe der Spuͤr-Hunde/ antwortete der Capitain, wird man ihrer selten maͤchtig/ sintemahl dieselbe entweder deß tieffen Schnees wegen sie nicht riechen/ oder/ da je der schlauhe Jaͤger/ wann die Hunde mit ihrem Geruch gesehlet/ an irgend einer andern Spuhr oder Kennzeichen sie gemercket/ sie doch/ wann die Hunde zu bellen beginnen/ gemeiniglich darvon flie- gen. Gelinget es aber dem Jaͤger/ daß sie ihn nicht mercken/ so bekommt er ihrer eine grosse Menge/ massen sie in haͤuffiger An- zahl bey einander sind. Weil es dann mit den Hunden selten an- gehet/ beobachten die Waͤyd-Maͤnner und Foͤrster/ wo sie ihren Strich halten/ und stecken an den Oerten/ da der Schnee tieff zu fallen pfleget/ Stangen in die Erde/ so 8. oder 10. Schuh lang/ daran eben ein Strick hanget/ welches/ wann es von be- melten wilden Huͤnern/ nur das Geringste beruͤhret wird/ sie benetzt und gefangen nimmt. Und ist possierlich/ daß/ wann eine gefangen/ die andern haͤuffig hinzu fliegen/ um Jene zu retten/ aber daruͤber mit einander gleichfalls in das Netze fallen. A a a 3 Das Deß Academi schen Das XVIII . Capirul/ Wie ein junger Printz solle erzogen werden. Troll kommt unter etliche schlimme Pursch/ da sie einander rechtschaffen beziehen. J Etzo ließ sich Venereus vernehmen/ daß man heut zu Tage die junge Printzen mit sonderba- rer Sorgfalt zu erziehen trachte/ und man demnach jetzo in solcher Zeit lebe/ da man gnugsame Exempel hochgelehrter/ verstaͤndiger und tapfferer Fuͤrsten haben kan/ daß man nicht noͤthig hat/ diesel- be von den Alten zu entlehnen. Ein Loͤwlein/ fuhr er fort/ so bald es auf die Welt kommet/ versuchet seine Klaͤuelein/ und schuͤttelt die am Haiß stehende feuch- te Haare/ gleichsam sein Koͤnigl. Gemuͤth dardurch zu verstehen zu geben. Die Gesandten auß Bearn/ als ihnen Herꝛ Wilhelm von Moncada erlaubte/ ei- nen auß seinen beyden Soͤhnen zu ihrem Fuͤrsten zu erwaͤhlen/ da sie sahen/ daß der Eine die Hand ge- schlossen/ der Andere aber dieselbe offen gehalten/ ha- ben sie diesen erkieset/ und solches fuͤr ein Zeichen der Freygebigkeit/ und dieses nach dem Beweiß deß Auß- gangs/ nicht vergeblich gehalten. Darbey dann viel thut/ wann die Muͤtter ihre Kinder selbst saͤugen/ solche auch nicht im Frauenzimmer/ da sie Weibische Zaghafftigkeit und dergleichen lernen/ lang aufhal- ten/ oder zu boͤser Gesellschafft unter die Wolluͤstige und Schmeichler gethan werden/ oder ihnen die Hand zu lang gelassen wird/ als wordurch sie zu allerhand Untugend verfallen; Die Jenigen aber/ so zaͤrtlich/ und gleichsam in einem Kaͤstlein auferzogen werden/ daß sie weder die Sonne bescheinen/ noch ein Wind anwehen kan/ oder ein ander Luͤfftlein/ als von wol- riechenden Sachen/ zu ihnen kommen lassen/ werden weich/ und zur Regierung untuͤchtig/ und die Jenigen hingegen darzu sehr tauglich/ welche sich in recht- maͤssiger Romans II. Buch. maͤssiger Arbeit uͤben/ worzu man insonderheit die Jagd/ wann sie anders mit Maaß gebraucht wird/ ruͤhmet. Der weise Koͤnig Alphonsus hat ein Gesetz verordnet/ daß man einem Fuͤrsten ein schoͤnes Ehe- Weib geben solle: Porque los fijos, que della uviere, feiam mas formosos, e mas apuestos; Lo que convie- nemucho a los fijos de lo Reyes, que sean tales, que p rezcan bien entre los ottos Omes. Die Soͤhne/ sagt er/ so von ihr kommen/ werden viel schoͤner und an- sehnlicher seyn; Welches dann der Koͤnige Soͤhnen wol anstehet/ daß sie solche seyn/ die unter andern Leu- ten herfuͤr leuchten. Jetztgedachter Koͤnig wil auch/ daß ein Koͤnig solle der Wissenschafften erfahren seyn/ damit er anderer Koͤnige Sachen verstehen/ und sch so viel besser darein schicken koͤnne. Wiewol die Unterthanen nicht allweg gerne sehen/ wann sich ihr Herꝛ gar zu viel auf die gute Kuͤnste leget/ und obwol d ie Außlaͤnder von einem solchen Fuͤrsten sehr viel halten/ verlieret er dannoch dardurch offtmahl bey den Seinigen das Ansehen. Soll demnach/ wie in andern/ also auch hierinn das Mittel beobachtet wer- den/ und sind die Gothen nicht zu loben/ welche deß Koͤnigs Athalarici Mutter verwiesen/ weil sie ihren Sohn etwas hatte lernen lassen/ gleich/ als waͤre er dardurch zum Regiment untuͤchtig gemacht worden. Ein Printz soll auch in Religion s-Sachen wol geuͤbt syn/ in Rechten aber fuͤrnemlich nur das wissen/ was zum Regiment erfordert wird; Sonsten aber in Geist- und Weltlichen hoch-erfahrne Leute an seinem Hof halten. Die Wolredenheit ist ihm sonders noͤ- t hig/ wie auch die Historien/ darinn er sich/ als in ei- nem hellen Spiegel ersehen kan/ und wie andere vor ihm regieret haben/ ist ihm auch an Statt eines ge- treuen Raths/ so nimmer von ihm weichet. Es stehet A a a 4 einem Deß Academi schen einem Fuͤrsten auch wol an/ wann er unterschiedliche Sprachen redet und verstehet; Doch wil der Welt- erfahrne und tieff-sinnige Spanier/ Herꝛ Didacis Saavedra, Ritter deß Ordens St. Jacob/ in seinen Symbolis Christiano-Politicis, Symb. 5. pag. 32. daß ein Fuͤrst nicht durch Lehr-Kunst/ oder die Præcepta, welche das Gedaͤchtnuͤß verwirren/ hierzu gelangen/ sondern von außlaͤndischen Voͤlckern vornehmer Herren Soͤhne unter seine Hof-Genossen beruffen werden sollen/ mit welchen er staͤts reden/ und hie- durch ohne grosse Muͤhe und gleichsam unvermerckt/ in wenigen Monaten so weit gelangen koͤnne/ daß er eines Sprach zu reden sich gewoͤhne. Und zwar/ so ist durch solches Mittel ehemahls ein fuͤrnehmer jur- ger Herꝛ noch gar jung zu vielen Sprachen gelanget der gleichwol hernach die Grammatic gelernet/ dami t er die Lateinische Sprach/ die er vorhin auß taͤgliche r Ubung geredet/ gruͤndlich hat verstehen/ und auch von andern Sprachen/ und derselben Unterschied besser urtheilen koͤnnen/ und solcher jungen Herren habe ich in Jtalien noch vielmehr gesehen. Damit aber auch ein Printz etwas von der Welt und Erd-Beschreibung/ (ohne welche die Po- litische Wissenschafft etlicher Massen blind ist/) er- lerne/ so ist nuͤtzlich/ daß die Gemaͤcher seines Pallasts mit Tapezereyen und schoͤnen Land-Karten behaͤnge t werden/ darauß er eine Abbildung deß Welt-Craͤyses haben/ auch auß den gemachten Himmel- und Erd Kugeln/ den Umkraͤyß beyder halben Kugeln/ de Himmels Bewegung/ Auf- und Niedergang de r Sonnen/ die Abwechslung der Taͤge und Naͤcht e und anders beschauen moͤge. Von dem Land- und Feldmessen ist einem Printzen gnug/ wann er die Weite von einem Ort zum andern/ auch die Hoͤhe und Romans II. Buch. und Tieffe messen kan. Er mag auch lernen/ wie man Plaͤtze bevestigen solle/ darzu dann/ Lust halber/ er von Leim/ und andern dergleichen Zeug/ Boliwercke/ Schantzen mit ihren Graben/ Daͤmmen/ Waͤllen/ ꝛc. machen/ und die hernach mit kleinen S tuͤcken/ und andern Kriegs-Ruͤstungen anfallen und bestreiten kan. Er mag auch lernen/ wie eine Schlacht anzuord- nen/ zu welchem Ende er allerhand Kriegs-Leute/ auß Metall gegossen/ bey der Hand haben soll/ auß wel- chen er ein Kriegs-Heer anordnen kan. Was sonsten einem jungen Printzen wol anstehet/ darvon gebuͤh- ret mir nicht zu reden/ und kan man sich deßfalls bey Koͤnig Alphonso und dem Ritter Saavedra, insonder- heit aber bey dem Herꝛn von Seckendorff Raths und Unterricht gnug erholen. Unter diesem Discurs kamen sie mit ihrem Schiff zu einer Herberge/ allwo sie außstiegen/ und mit ein- ander Mahlzeit hielten/ hernach setzeten sie sich wie- der ins Schiff/ und weil der Wind nach Mittag ziemlich starck/ kamen sie denselben Abend noch zu Costnitz an/ woselbst ein Jeder seines Weges und seinen Geschaͤssten nachgienge/ Venereus aber verfuͤ- gete sich nach einer Herberge/ und gieng am folgen- den Tage zu Land nach Schaffhausen/ von dannen er endlich vollends wieder zu seinem Herꝛn dem Prin- tzen Condado gelanget ist/ wie wir hiernaͤchst zu ver- nehmen haben. Wir wenden uns wieder zuruͤck nach dem Ort/ allwo durch Verfuͤhrung der Jrꝛ-Liechter jenesmahls unsere Gesellschafft von einander kommen war/ um zu sehen/ wohin doch die uͤbrigen moͤgen gelanget seyn/ Troll und Cavina mangeln uns noch/ als ver- lohrne Schaafe/ welche in der Jrre umher lauffen. Was Jenen anlanget/ ward er gleich den andern/ A a a 5 durch Deß Academi schen durch ein seltzames Nacht-Liecht gaͤntzlich vom rech- ten Weg ab- und in einen dunckeln Wald hinein gefuͤhret/ da er dann endlich das Jrꝛ-Liecht verlohren/ und nichts/ als lauter dunckele Finsternuͤß um sich sahe. Hieselbst fand er im Tunckeln ein gesatteltes Pferd/ ohne Herꝛn/ auf welches er sich setzete/ und fort ritte/ er ließ dasselbe auch gehen/ wohin es wol- te/ dannenhero kam er auf demselben endlich an die Ecke deß Waldes/ allwo ein Mann den Zuͤgel ergriff/ und zu dem Reuter sprach: Mein Freund/ ihr seyd vom rechten Weg abgekommen/ ich wil euch wieder darauf helffen. Hierauf fuͤhrete er ihn ein wenig seit- waͤrts/ fuͤr einen grossen hohlen Baum/ fuͤr welchem ein kleines Feuer brandte/ und lagen 2. starcke Maͤn- ner neben demselben/ und schlieffen. Diese wurden von ihrem dritten Cam̃eraden bald aufgewecket/ der ihnen den Troll fuͤrstellete/ da sie ihn mit gar freund- lichen Worten zum Feuer noͤthigten/ welches ihm Troll gefallen ließ/ der zuforderst nach etwas Speise forschete. Sie reicheten ihm etwas Brodt und Kaͤse/ worbey er zu diesem mahl seine Abend-Mahlzeit hal- ten muste. Man band sein Pferd an einen Graß- reichen Ort/ und als sich Troll zu den andern gesetzet/ fielen sie ihm ploͤtzlich auf den Leib/ und bunden ihm Haͤnde und Fuͤsse. Dieses Handels erschrack er sehr/ rieff aber doch: Misericordia! Misericordia! quid postulatis ab homine pauperrimo? Zu allem Gluͤck war unter dem Hauffen einer/ der ein wenig Latein verstund/ dieser bath fuͤr ihn/ und sagte/ er wuͤrde ih- nen der Sprache halben nuͤtzlich seyn/ darum moͤchte man ihm das Leben schencken. Also ward er begnadiget/ mit dem Bedinge/ daß er ihr getreuer Cammerad hinfuͤhro seyn/ was er haͤt- te/ mit ihnen getreulich theilen/ und von dem/ was sie uͤber- Romans II. Buch. uͤberkommen wuͤrden/ nichts mehr/ als seinen Theil/ fordern wolte. Dieses muste er zusagen/ und mit ei- nem Eyde bekraͤfftigen. Das Pferd aber nahm Onel- lo, der fuͤr ihn gebetten hatte/ zu sich/ und versprach ihm/ solches mit der Zeit von dem/ was er erwerben wuͤrde/ zu seinem Antheil zu bezahlen/ dessen die gantze Gesellschafft zufrieden war. Die uͤbrigen nenneten sich Simon und Adrian. Als der folgende Morgen an- gebrochen war/ langete Onello einen Buͤndel herfuͤr/ darinn hatte er etliche kleine Glaͤßlein und Schaͤch- telein/ deren Jedes mit etwas Besonders auß einer Apotheken war angefuͤllet worden. Er hatte auch et- liche Puͤlverlein/ von verschiedener Farbe/ aber solche bestunden meist auß Aschen/ Erde und zerstossenen Ziegel-Steinen. Adrian und Simon munterten ihn auf/ daß er mit ihnen nach jenem Staͤdtlein/ Mussar- do genannt/ ritte/ darinn hatten sie am vorigen Tage mit einem einfaͤltigen jungen Burger/ Namens Tor- renti, eine artige Kurtzweil gehabt/ indem sie ihm durchs Kartenspiel eine gute Quantit aͤt Geldes abge- wonnen hatten. Onello sprach/ daß er diesen Mann wol kenne/ wisse aber nicht/ daß man sich wegen seines Armuths groß an ihm zu erholen vermoͤge. Aber sie gaben ihm zu verstehen/ daß vor 2. Tagen eine seiner naͤchsten Verwanthinnen gestorben/ von welcher er 300. Kronen an Baarschafften geerbet haͤtte. Wol/ wol/ sprach Onello jetzund/ so ist es hoch noͤthig/ daß wir ihm etwas von dieser Summa ablauren. Darauf nahmen sie Abrede mit einander/ wie sie es anfangen wolten/ und also giengen Adrian und Simon ein Je- der absonderlich zu verschiedenen Thoren in die Stadt/ Onello aber setzte sich auf das Pfeꝛd/ und Troll muste ihm in diesem Vorhaben/ als ein Diener folgen. Wie sie in die Stadt kommen waren/ stelleten sie Deß Academi schen sie das Pferd in eine Herberge/ Onello aber bauete einen Tisch von Brettern auf den Marckt/ præsen- ti rte daselbst seine Stoͤrger-Waaren/ und muste ihm Troll die Geschirre darzu rein machen/ auch sonsten ihm/ als ein Knecht/ in allem bedienet seyn/ welches ihm zwar sauer vorkam; Aber/ weil er gedachte/ sich dieser Lumpen-Gesellschafft bald moͤglichst wieder zu entziehen/ stellete er sich gedultig an/ etliche Tage uͤber alles ohne Murren zu leyden. Er muste viel Lateini- sche und Jtaliaͤnische Woͤrter mit dem Onello wech- seln/ damit sie in desto hoͤhers Ansehen kaͤmen/ und als viel Leute herzu gelauffen kamen/ die ihn vorhin ge- kannt/ fragten sie ihn/ wo er sich bißhero aufgehalten/ wo er das Pferd/ den Diener und die schoͤne Kleider uͤberkommen haͤtte? Er gab zur Antwort/ er habe den Gouverneur zu Milan von einer gefaͤhrlichen Kranck- heit curi ret/ bey welchem er dieses alles erworben. Als solches die Leute hoͤreten/ kaufften sie gar reichlich von ihm/ also/ daß er nicht Waaren gnug hatte/ und da- hero den Rest doppelt so hoch ans Geld halten muste. Jndem aber die Leute Hauffenweiß herzu drun- gen/ diesem gluͤcklichen Stoͤrger/ den sie vor einem halben Jahr gekannt/ zu sehen/ da tratt unter andern auch vorbeschriebener Torrenti auß seinem Hauß/ welchem Simon begegnet/ und spricht: Gluͤck zu! mein Freund/ was Ungluͤck hat euch getroffen/ daß ich euch also verstellet sehe? Torrenti weiß von nichts/ sagte demnach/ daß er wol zu Muth sey/ und von kei- nem Ubel wisse. Jch schwoͤre euch aber zu/ fuhr Je- ner fort/ daß ihr eine grosse Kranckheit am Halß habt/ das Weise im Aug wil gelb werden/ die Circuln um die Augen sind schon blau/ und wofern ihr nicht bald darwider etwas brauchet/ seyd ihr in 3. Tagen ein Mann deß Todes. Torrenti lachete immer fort/ und bildete Romans II. Buch. bildete ihm die Warheit ein/ wie daß ihn nemlich Je- ner vexire. Als aber Simon seinen Cammeraden von ferne erblickete/ nahm er Abschied von ihm/ und wolte weiter gehen. Der andere aber bache ihn/ mit zu dem Onello zu gehen/ der nunmehro ein hoch beruͤhmter Meister worden. Simon stellete sich/ als habe er zu diesem Mann keine Kundschafft/ gieng doch mit ihm/ und darauf kam Adrian zu ihnen/ der sich uͤber den Torrenti noch mehr verwunderte/ und ihm seinen Zu- stand so gefaͤhrlich einbildete/ daß der einfaͤltige Mensch ihren Worten schier Glauben gegeben haͤtte. Er berieff sich aber auf den hochverstaͤndigen Onello, und wann der auch also sagen wurde/ alsdann wolle er ihnen glauben/ und sich von ihm curi ren lassen. Hierauf giengen sie alle 3. zu dem Hauffen Volcks/ und Onello erblickete den Torrenti gar bald/ zu wel- chem er mit heller Stimme rieff: O Torrenti, ihr moͤ- get diese Stunde gluͤckseelig preysen/ an eurem Ange- sicht sehe ich die Zeichen einer gefaͤhrlichen Kranck- heit/ die euch in wenigen Tagen in den Tod schicken doͤrffte/ doch ich wil sie recht erkundigen/ und sehen/ ob euch zu helffen stehe. Dieser Worte erschrack Torrenti gar sehr/ tratt naͤher zu ihm/ und begehrete seines Raths. Onello aber sprach: Gehet nach Hauß/ und leget euch in ein warmes Bette/ decket euch fein huͤbsch zu/ uͤber eine Stunde wil ich bey euch seyn/ um eure Kranckheit/ die hoͤchst-gefaͤhrlich/ gebuͤhrlich zu untersuchen. Also gieng er bekuͤmmert nach Hauß- und die 2. uͤbrigen be- gleiteten ihn/ als einen sehr schwachen Mann. Weil er auch nicht anders meynete/ als er sey gar kranck/ stellete er sich also an/ daß seine Frau dessen von Her- tzen erschrack. Sie legten ihn demnach bald in ein Bette/ und decketen ihn wol zu. Darauf kam Onello, setzete Deß Academi schen setzete sich vor ihn neben das Bette/ fuͤhlete den Pulß/ und gab gleichsam Acht auf alle Zeichen/ endlich schuͤttelte er den Kopff/ schlug an seine Brust/ und sprach: Ach! deß Jammers! O mein lieber Tor- renti, euer Ungluͤck gehet mir sehr zu Hertzen? Ach! wie stehet euch nunmehr zu helffen? Torrenti waͤre fuͤr Schrecken schier in Ernst kranck worden/ be- gehrete demnach zu wissen/ was ihm dann eigentlich schade/ und wie ihm zu helffen stuͤnde? Worauf sich Jener vernehmen ließ: Jhr seyd schon in den fuͤnff- ten Monat schwanger/ und werdet ein Kind herfuͤr bringen/ das euch in der Geburt die Augen wird zu- drucken. Wie kan das zugehen/ sprach Torrenti unter grosser Verwunderung/ kan auch wol ein Manns- Bild schwanger werden/ und ein Kind zur Welt tra- gen? Simon erzehlete ihm hierauf/ daß er in Tyrol 3. Exempel erlebet/ da Maͤnner schwanger worden/ und in der Geburt ersticket waͤren. Adrian bekraͤfftigte es mit fuͤnff andern Exempeln in der Schweitz/ und Onello thaͤte den Zusatz/ daß bey seiner letzten Raͤyse nach Milan er einen Grafen daselbst angetroffen/ der schwanger gewesen/ den er noch auß dem Tode erret- tet haͤtte/ weil die Frucht nur 2. Monat in seinem Leib gewesen. Hierauf begunte dem guten einfaͤltigen Torrenti allererst recht bang zu werden. Er schalt aber gewaltig auf seine Frau/ als welche die einzige Ursach an diesem seinem Ungluͤck/ als die da nimmer zufrie- den gewesen/ wann er auf gemeine Weise sich zu ihr gehalten/ sondern habe immerdar neue Mod en im Kopff gehabt/ wordurch ihn das Gluͤck zum Unter- Mann gemacht/ daß er nun gar daruͤber schwanger worden waͤre. Die gute Frau schlug ihre Augen fuͤr Scham und Bekuͤmmernuͤß nieder/ und sagte kein Wort/ gieng auch endlich/ als der naͤrrische Mann nicht aufhoͤrete/ auf sie zu schelten/ zur Stuben hin- auß/ Romans II. Buch. auß/ und weinete von gantzem Hertzen. Jnzwischen forschete Jener/ ob ihm dann wol zu helffen stuͤnde? Und welcher Gestalt er wol von der Geburt koͤnte be- freyet bleiben/ dann er besorge/ wann es mit ihm zur Geburt kaͤme/ so sey es mit ihm gethan. Onello sprach: Was wollet ihr mir geben/ wann ich eine Kunst an euch beweise/ die euch auß aller Gefahr setzet? Tor- renti sagte ihm 100. Kronen zu/ womit Jener zufrie- den nach seiner Herberge gieng/ und etwas holete/ das ein Erbrechen wuͤrckete. Er bekam aber auch einen grossen Frosch/ welchen er zu sich steckete/ und/ zusamt Trollen/ dem er nicht trauete/ und besorgete/ er moͤchte ihm mit dem Pferd durchgehen/ sich wider zu dem Pa- tient en/ vel quasi, erhub/ diesem gab er das Brech- Pulver ein/ hielt ihm ein Becken vor/ und wie sich Torrenti einmahl starck erbrach/ warff Onello unver- mercket den Frosch ins Becken/ zeigete ihm denselben/ und sprach: Nun haben wir gewonnen Spiel/ hier sehet ihr die lebendige Frucht eures Leibes/ es waͤre ein Soͤhnlein worden/ aber ein Vatter-Moͤrder/ weil er euch in der Geburt das Leben genommen haͤtte/ dar- um ist es besser/ daß es sterbe/ als daß ihr/ mein wer- ther Freund/ umkommet. Hiermit lieff er mit dem Becken nach dem voruͤberfliessenden kleinen Bach/ und reinigte es daselbst. Troll aber machte grosse Au- gen/ und behauptete mit den andern/ daß dieses eine Manns-Geburt gewesen. Und wie darauf Onello wiederkam/ bestriche er den Patient en an dem Schlaff/ gab ihm etwas zu trincken ein/ und sprach: Nun wol- an/ stehet wolgemuth auf/ eure Kranckheit ist vor- uͤber/ und euch schadet nichts mehr. Kommet zu mir in meine Herberge/ und speiset mit mir. Als Torrenti den Medicum also reden hoͤrete/ glaubete er seinen Worten/ stund auf/ legete die Klei- der Deß Academi schen der an/ und gieng mit den andern nach der Herberge/ woselbst er dem Onello die 100. Kronen zehlete/ und ihm noch darzu grossen Danck sagte fuͤr seine Huͤlffe. Nach gehaltener Mahlzeit begunten sie mit dem Torrenti in den Karten zu spielen/ da sie ihm noch 75. Kronen abgewonnen/ und also kehrete er endlich wol berupfft wieder zu seiner Frauen/ welche er noch mehr außschalte/ weil sie Ursach an seiner gefaͤhrlichen Kranckheit/ und dem Verlust so vielen Geldes sey. Onello aber und seine Cam̃eraden theileten die 100. Kronen in 4. gleiche Theile/ also/ daß Troll auch sei- nen Theil darvon bekam/ aber von dem Spiel-Geld bekam der arme Tropff nichts. Es hoffeten aber die andern ihn noch besser in die Schul zu fuͤhren/ und ihm das empfangene Geldchen bald wieder abzulo- cken/ zu dem Ende inviti rten ihn Simon und Adrian zum Kartenspiel. Ob nun gleich Troll keine Lust dar- zu hatte/ hielten sie ihm doch fuͤr/ daß er/ wofern er es anders redlich mit ihnen meynete/ sich alle ihre Weise muͤste gefallen lassen. Verliere er gleich heut/ wolten sie ihm doch Morgen oder uͤber Morgen gar gewiß wieder zu Geld verhelffen/ darzu er das Wenigste zu contribui ren haͤtte. Also ließ er sichs endlich gefallen/ setzete sich mit ihnen an den Tisch/ und hoffete/ ihnen etliche Streiche im Spielen abzusehen/ Onello aber/ der sehr schlaͤfferig war/ legete sich in einer Kammer schlaffen nieder. Sie spieleten also mit einander fort/ aber Troll setzete tapffer darbey zu/ daß er in kurtzer Zeit all sein Geld verlohr/ und weil er im Spielen sehr hitzig wor- den/ aber kein Geld mehr hatte/ gieng er hinauß/ und sagte/ er wolle sehen/ ob ihm Onello, dessen Diener er anjetzo sey/ etwas fuͤrstrecken wolle. Wie er nun zu demselben in die Kammer kam/ schlieff er annoch sehr veste/ Romans II. Buch. veste/ dannenhero wolte er ihn nicht aufwecken/ son- dern langete auß seiner Taschen 10. Kronen/ welche er zu sich steckete/ und darauf das Spiel von neuem begunte/ fuͤrwendend/ Onello habe ihm dieses Geld geliehen. Sie gewonnen es aber nicht lange hernach alles mit einander/ und wie er nun keinen Rath mehr wuste/ setzete er seinen Rock auf das Spiel/ den ge- wonnen die andern auch. Darauf griff er den Hut/ und alle seine uͤbrige Kleider an/ welche aber alle im Stich blieben/ und also blieb Urian im blossen Hemd besitzen/ da sich Simon und Adrian mit dem Gewinn darvon machten/ und dem Wirth alle deß Trollen Kleider fuͤr eine Krone versetzten/ ob sie etwa von Onello wieder moͤchten eingeloͤset werden. Endlich kam Onello herunter/ und wie er den Troll so elendig im Hemd sitzen sahe/ verwunderte er sich dessen/ dieser aber erzehlete ihm/ wie es hergegangen waͤre. Er hatte demnach Mitleyden mit ihm/ griff nach der Taschen/ und wolte eine Krone herfuͤr langen/ um seine Kleider darfuͤr einzuloͤsen. Wie er aber kein Geld dariñ fand/ merckete er/ daß er bestohlen sey/ und darauf gab ihm der Wirth zu erkennen/ daß Troll in seiner Kammer gewesen/ und mit 10. Kronen wiederkommen sey/ wel- che er gesagt/ daß sie ihm von Onello fuͤrgestrecket worden. Dieser ward hieruͤber sehr erbittert/ nahm ei- nen Stock/ und schlug ihn rechtschaffen ab. Sie blie- ben aber diese Nacht in der Herberge/ und am folgen- den Tag sattelte Onello das Pferd/ lud seinen Buͤn- del darauf/ der an Statt der Quacksalber-Waaren mit Geld gefuͤllet war/ und wolte seines Weges zie- hen/ Troll aber bathe ihn/ daß er doch nur eine einzige Krone herschiessen moͤchte/ seine Kleider einzuloͤsen/ aber Onello wolte ihn nicht hoͤren/ sondern/ nachdem er den Wirth vergnuͤget/ ritte er zum Thor hinauß. B b b Troll Deß Academi schen Troll folgete ihm im blossen Hemd nach/ und hielte immer um seine Kleider an. Sie kamen mit ein- ander aufs Feld/ daselbst ließ Onello das Pferd starck traben/ aber Troll verließ ihn nicht/ er ergriffe das Pferd bey dem Schwantz/ und sprang durch dick und durch duͤnn hernach/ biß sie endlich auf eine halbe Meile zu einem Kornfeld gelangeten/ da wurden sie von etlichen Bauren erblicket/ welche sich dieses sel- tzamen Aufzugs zum hoͤchsten verwunderten/ dannen- hero verliessen sie ihre Feld-Arbeit/ und eyleten nach der Land-Strassen. Darauf thaͤte Troll seinen Halß auf/ und rieff: Helffet mir diesen Dieb halten/ welcher mir das Pferd/ und alles/ was er hat/ vor einer Stund entwendet. Onello gab dem Pferd die Peitsche/ und wolte durchgehen/ aber die Bauern kamen Hauffen- weiß herzu/ und verrenneten ihm den Weg/ rissen ihn vom Pferd/ und zogen ihm alle seine Kleider ab/ wie hefftig er auch darwider protesti rte/ dann man glau- bete dem Trollen mehr/ als dem andern/ dieser legete also die gute Kleider an/ warff den Bauren/ die ihm waren behuͤlfflich gewesen/ etliche Kronen zu von deß Onello Geld/ setzte sich darnach auf sein Pferd/ und ließ den Onello wol abgepruͤgelt am Wegligen. Also hatte dieser seine rechte Straffe erlitten. Troll aber ritte fort/ und machte sich in der ersten Herberge fuͤr deß Onello Geld rechtschaffen lustig. Nachdem end- lich Onello etliche Stunden also gelegen/ kam ein Burger auß der vorigen Stadt mit einem Wagen gefahren/ dem er sein Elend klagete/ welcher Gestalt er von seinem Diener und von diesen Bauren sey mißhandelt worden. Der Burger/ der ihn in der Stadt gesehen/ nahm ihn auf seinen Wagen/ und fuhr mit ihm fort/ da sie dann am Mittag eben die- selbe Herberge erreichten/ darinn Troll nach einge- nommener Mahlzeit lag/ und schlieff. Das Romans II. Buch. Das XIX . Capitul/ Troll muß wieder Haar lassen/ hat seltzame Ebentheuer/ wird endlich zum Schul- Rectore durch eine seltzame Begebenheit fuͤrge- schlagen. Z U allem Ungluͤck kamen damahl auch die zween Schelmen/ Simon und Adrian, welche mit ihrem Cammeraden grosses Mitleyden hatten/ waren doch neben ihm erfreuet/ daß sie den rechten Vogel im Kaͤffich hatten/ giengen demnach zum Dorff- Vogt/ und klagten den Troll/ als einen Strassen- Rauber an. Weil nun Onello an den 2. andern an- sehnliche Zeugen hatte/ glaubete der Vogt/ ließ dem Troll alles wegnehmen/ und dem andern wieder zu- stellen; Also muste Troll sich wieder von allen Klei- dern entbloͤsset sehen. Es hatten aber einige Leute Mitleyden mit ihm/ welche ihm etliche alte Kleider zuwarffen/ die er anlegete/ und seines Weges/ ohnwis- send wohin/ fortwanderte. Gegen Abend kam er in ein Dorff/ da eben der Schwein-Hirte bald nach Hauß treiben wolte. Zu diesem gesellete er sich/ und bathe ihn um ein Nacht-Lager/ welches ihm dieser zu- sagte/ und muste er auch denselben Abend eine Schuͤs- sel voll Buttermilch helffen verzehren/ die er von ei- nem Bauren bekommen hatte. Troll solte am folgen- den Tag wieder mit ihm ins Feld gehen/ und ihm der Schweine huͤten helffen/ aber er war sehr muͤde zu sol- cher Arbeit/ stahl sich demnach fruͤh Morgens von seinem Wolthaͤter dem Schwein-Hirten ab/ und machte sich unsichtbar/ kam gegen dem Mittag zu ei- nem Meyer-Hof/ und bathe um ein Stuͤck zu essen. Man reichete ihm ein wenig Brodt und Kaͤß/ als er aber darneben auch um einen Trunck Weins anhiel- te/ drohete ihm der Haußwirth mit einer Pruͤgel- Suppe/ wann er sich nicht alsobald fortpacken wuͤr- de. Du bist mir wol/ sprach er/ ein delicat er Bettl er B b b 2 indem Deß Academi schen indem du zu Kaͤß und Brodt Wein foderst/ da doch ich selber/ und alle meine Leute/ uns mit einem Trunck Brunnen-Wassers willig behelffen. Also machte sich Troll auf seine Beine/ und lieff in seinem zerrissenen Kleid darvon/ so schnell er immer kunte. Unter Weges hungerte ihn staͤts fort/ dann der Kaͤß und das wenige Brodt wolte in seinem Magen nicht viel verschlagen. Dahero stieg er in einen Obst-Garten/ und schlug et- liche zeitige Birn ab/ welche er zu sich steckete/ und im Fortgehen darvon asse. Aber eine Stunde hernach traff er eine artige Rencontre an: Er kam auf einen Acker/ allwo ein kleines Tisch-Laken außgebreitet lag/ und mit einer Schuͤssel voll Hirsen-Brey/ samt einem Stuͤck Schweinen-Fleisch/ auch Butter und Kaͤse besetzet war/ darneben stund eine Kanne mit Bier/ und wie er Niemand von Menschen darbey fand/ setzte er sich darbey nieder/ und schob seinen Ma- gen so voll/ als er es immer ertragen kunte/ das uͤbrige Stuͤck Fleisch steckte er zu sich/ trunck auch einen gu- ten Zug auß der hoͤltzernen Kanne/ und gieng darauf wieder fort/ fand aber im Fortgehen einen alten Mañ bey einer jungen Dirnen hinter einer Hecken ligen/ welche nichts Loͤbliches daselbst mit einander wuͤrcke- ten. Und weil er sahe/ daß der Mann voller Schrecken auf seine Ankunfft darvon lauffen wolte/ rieff er ihm zu: Bleibet nur hier/ mein Freund/ ich habe inzwi- schen von eurem Mittagmahl genossen/ werdet ihr mir auch eine gute Abend-Mahlzeit goͤnnen/ wil ich keinem Menschen sagen/ was ich jetzo gesehen habe. Hierauf gab sich der alte Mann in etwas zu- frieden/ und versprach ihm eine gute Nacht-Herber- ge/ wofern er reinen Mund halten wuͤrde. Er gieng aber mit der Dirnen/ die seine Dienst-Magd/ zu dem Essen/ und genossen das Jenige/ was ihnen von deß Trollen Romans II. Buch. Trollen hungerigen Magen war uͤbrig gelassen wor- den. Darauf erzehlete ihm der Mann/ wie er von seiner Steinalten Frau so gar keine Lust in ehelichen Sachen mehr erlangen koͤnte/ daher er genoͤthiget sey/ auf eine andere Waͤyde zu gehen. Die Dirne hingegen beklagte sich/ daß sie schon 3. Jahr bey ihrer alten Frauen gedienet/ die ihr aber alle Jahr etwas an ihrem Lohn gekuͤrtzet/ dahero sie sich solcher Ge- stalt an ihr zu raͤchen haͤtte entschliessen muͤssen. Troll preisete sie alle beyde/ und darauͤf legte sich der alte abgemergelte Mann unter einer Hecke schlaffen/ da- hero die Dirne den Troll begruͤssete/ es daselst wie- der anzufangen/ wo es der Alte haͤtte bewenden las- sen. Aber dieser wolte nicht/ sondern sprach: Dirne/ du hast einen getreuen Liebhaber an diesem Greisen/ dem must du nicht im ersten Augenblick untreu werden. Jch meines Theils bin gebrechlich/ und habe einen starcken Bruch/ welcher mich zwinget/ den Leib staͤts in einer Binde zu tragen/ sonsten wolte ich mich nicht lange bitten lassen zu einer Arbeit/ die voller Suͤssig- keit stecket. Er halff aber der Dirne etliche Korn Gar- ben binden/ welches dem alten Mann/ als er erwa- chete/ ein sonderlicher Trost war/ weil er fuͤr Mattig- keit diese Arbeit nicht verrichten kunte/ und also hiel- ten sie sich mit einander auf diesem Acker auf/ biß es Abend zu werden begunte/ da giengen sie mit einan- der nach dem Dorffe/ und kehrete Troll bey dem al- ten Bauren ein/ der ihm denselben Abend satt zu essen und zu trincken gab/ auch eine gute Schlaff-Stelle verschaffete. Am folgenden Morgen sehr fruͤhe stund Troll/ und sahe zum Fenster unter dem Dache herauß/ da er dann merckete/ daß dieser Ort etwas mehr/ als ein Dorff/ dann er war ziemlich groß/ und befunden sich B b b 3 etliche Deß Academi schen etliche schoͤne mit Ziegeln gedeckete Haͤuser darinn. Hieß sonsten Stachelfeld. Wie er nun herunter kam/ und von seinem geilen Wolthaͤter Abschied nehmen wolte/ tratt eben der Schwein-Hirt hinein/ und deu- tete dem Hauß-Wirth an/ daß die Reyhe an ihm waͤ- re/ ihm zu den Schweinen einen Mit-Hirten zu stel- len. Dieser wolte seine Magd auß dem Felde nicht gerne missen/ und weil er anders kein Gesinde hatte/ bathe er den Troll/ dieses Amt nur diesen eintzigen Tag in seinem Namen zu verwalten/ welcher es zusa- gen muste/ und darauf gieng der Alte hin/ und holete ihm ein Stuͤck Bratwurst zum Fruͤhstuͤck/ bedung auch beym Schwein-Hirten/ weil er doch nicht weit von seinem Korn-Acker die Heerde waͤydete/ moͤchte er ihm vergoͤnnen/ daß er am Mittag dahin zu ihm kaͤme/ und auf dem Feld das Mittag-Mahl bey ihm einnaͤhme. Also trabete Troll neben dem Schwein- Hirten her/ und gedachte an den Zustand seines Vat- ters/ da derselbe in Teutschland auch ein Schwein- Hirt gewesen. Wie sie mitten ins Dorff kamen/ uͤber- reichete ihm der Hirt die lange Schwein-Peitsche/ er selber aber langete sein Horn herfuͤr/ und bließ nach allen 4. Theilen deß Fleckens so starck/ daß ein Jeder seine Schweine alsobald herauß trieb/ und damit wanderten sie mit einander zum Thor hinauß auf das Feld/ da sie die Schweine ins Feld lauffen/ und ihre Waͤyde selber suchen liessen. Darauf setze- ten sie sich neben einander/ und fruͤhstuͤcketen. Der Hirte nahm eine schmierichte Butter-Buͤchse/ und Troll kaͤuete an seiner Wurst. Wann die Schweine ein wenig zu weit lieffen/ muste dieser auf deß andern Anweisung hinlauffen/ und die wilde Pursche herum staͤubern. Wie er nun einsmahls nach langem Lauffen wiederkam/ fand er den Hirten mit einem Buch in der Romans II. Buch. der Hand sitzen/ darinn er lesen wolte/ kunte aber kein Wort recht zusammen bringen. Troll halff ihm/ und nennete ihm alles/ was er ihn fragte/ auf Latein/ dessen sich der Schwein-Hirt zum hoͤchsten verwunderte/ und meynete/ er waͤre capabel, ihr Schulmeister zu werden/ welcher neulich gestorben/ aber schon ein an- derer darzu beschrieben waͤre/ dessen man ehestens vermuthete. Als die Mittags-Zeit heran nahete/ ruͤckete der Hirt mit der Heerde nach deß bewusten alten Mañs Feld-Acker/ und gieng zusamt Trollen dahin/ da sie dann mit einander mit demselben Mittags-Mahlzeit hielten/ und hatte derselbe auf deß Hirten Recom- mendation grosse Beliebung an deß Trollen Wissen- schafften und Gelehrtigkeit/ daß er ihn zum Schul- meister wuͤnschete. Nach gehaltener Mahlzeit gien- gen diese 2. wieder nach den Schweinen/ und huͤteten derselben/ biß die Abend-Zeit heran ruͤckete/ da liessen sie denselben bey noch ziemlich hoher Sonne den Lauff/ und folgeten ihnen fein gemaͤchlich nach/ biß in den Flecken Stachelfeld. Wie sie aber hinein tratten/ hoͤreten sie eine Glocke laͤuten/ und als Troll forschete/ was solches bedeute? Gab ihm der andere zur Ant- wort/ der Burgermeister liesse jetzo den Maͤnnern laͤu- ten/ da sich dann alle Hauß-Vaͤtter auf dem Marck- Platz bey dem kleinen Rathhauß versam̃len muͤsten/ und muͤsse Zweifels-frey etwas Wichtiges fuͤrgefal- len seyn/ daß man anjetzo die Glocken deßwegen so spaͤt laͤutete. Wie sie nun naͤher herzu kamen/ sahen sie alle Maͤnner deß Fleckens bey einander versammlet/ zu welchen auch diese 2. Schwein- Consort en hinzu trat- ten/ um zu verne hmen/ was da passi rte; Darauf tratt der Burgermeister in den Craͤyß/ und rieff: Gebet B b b 4 Ge- Deß Academi schen Gehoͤr! Wie nun Jedermann still schwieg/ zog er sei- nen Hut ab/ und die gantze Gemeinde danckete ihm eben also. Endlich sprach er: Jhr lieben Mit-Burger deß 300. jaͤhrigen Flecken Stachelfelds. Jhr wisset/ welcher Gestalt unser Schul- Rector und Ober-Kuͤster bey unserer Haupt-Kirchen St. Sophronia vor vier Wochen einen ungluͤcklichen Morgen gehabt/ indem er mit seiner Frauen sich verunwilliget/ wie solches unter Eheleuten leicht geschehen kan/ wodurch das boͤse Weib dergestalt erbittert worden/ daß es einen Kessel voll siedendes Wasser ergriffen/ und ihm/ da er eben auß dem Bette gestiegen/ und annoch/ mit den ehrbarsten Worten zu reden/ in seinem Sonntags- Hemd stunde/ solches boßhaffter Weise uͤber den Leib gegossen/ darvon er dann in solchem Jam̃er und Elend gerathen/ daß er/ wie ihr wisset/ 5. Tage hernach sei- nen Geist in Ach und Weh aufgegeben/ und also/ als ein treuer Vorsteher unserer Kirchen-Sacristey und gesamten lieben Jugend den jenigen Gang gegan- gen/ den alle unsere Vorfahren/ die Loͤblich gelebet/ gegangen sind. Jhr wisset weiter/ daß man seine boͤse Frau deßwegen auß dem Hauß gesetzet/ und sie mit meinen Obrigkeitlichen 2. Hunden auß unserm Fle- cken gebuͤhrender Massen hinauß gehetzet hat. Jhr wisset auch/ daß die nachgelassene 2. Kinder Erlaub- nuͤß haben/ bey uns so lang das Bettel-Brodt zu su- chen/ biß sie erwachsen/ und ihnen selber rathen koͤñen. Jhr wisset auch/ daß wir nicht lange hernach an den Schulmeister deß Dorffs Jrmengrodt geschrieben/ daß er diese Stelle durch seine baldige Uberkunfft wieder ersetze. Jhr wisset/ daß er sich dieser Vocation hertzlich erfreuet/ und begehret hat/ ihm nur einen Karren zu senden/ darauf er mit den Seinigen/ und dem Hauß-Geraͤth uͤberkommen moͤchte. Darauf habe Romans II. Buch. habe ich/ der Gemeinde zum Besten/ welches ich fuͤr eine kleine Erkaͤnntlichkeit wil gethan haben/ meinen Knecht mit meinem eigenen Geschirꝛ zu ihm gesandt. Aber vernehmet weiter/ 2. Stunden nach heutigem Mittag kommen sie mit einander zum Flecken herein gefahren/ da ist der neue Schul- Rector so voll Freu- den/ wie er die inwendige Beschaffenheit und schoͤne Gebaͤude unsers uhralten 300. jaͤhrigen Fleckens sie- het/ daß er fuͤr Freuden vom Karren herunter sprin- gen wil/ bleibet aber mit seinen Geistlichen schwartzen Hosen an der Leiter behangen/ schlaͤget also uͤber sich/ faͤllet mit dem Kopff unter sich/ und stuͤrtzet den Halß ab/ also ist er todt/ rein todt/ Mauß-todt/ und kan uns keine Dienste thun; Darum habe ich euch/ Krafft meines hohen Amts/ zusammen laͤuten lassen/ damit wir verordnen/ daß er Morgen begraben werde/ auf dieses Fleckens Unkosten/ dann hat er uns gleich kei- ne Dienste gethan/ so ist er doch um unsertwillen ge- storben. Morgen fruͤhe aber wil ich euch wieder be- schieden haben/ damit wir zu der Wahl eines andern Schul- Rector s schreiten/ dann ihr wisset/ daß eine kleine Zeit Versaͤumnuͤß der lieben Gottlosen Ju- gend einen grossen Schaden bringen kan. Als er dieses geredet/ kiesete die Gemeine 4. Maͤn- ner auß/ mit dem Herꝛn Burgermeister deßhalben zu rathschlagen/ die uͤbrigen aber hatten keine Zeit/ laͤn- ger außzubleiben/ weil die meisten mit geladenen Frucht-Waͤgen erst auß dem Feld nach Hauß kom- men waren/ also kehrete der Schwein-Hirte mit Trollen nach dem alten Mann/ bey welchem Jener/ Vermoͤg umgaͤnglicher Ordnung/ dieser aber laut deß Accord s/ diesen Abend die Mahlzeit zu halten/ und Jeder eine Kanne Bier zu geniessen hatten. Der alte Mann war diesen Abend recht lustig/ B b b 5 und Deß Academi schen und ich glaube/ er haͤtte sich voll gesoffen/ wann ihm seine Frau nicht ploͤtzlich waͤre kranck worden. Es be- redete sich aber der Schwein-Hirte mit ihm/ wie wol sie bey der Gemeine thaͤten/ wann sie den gelehrten Troll zum Schul- Rector vorschluͤgen/ und darauf schieden sie von einander. Als aber der folgende Mor- gen anbrach/ ward die Glocke abermahl gelaͤutet/ und darauf verfuͤgete sich der alte Mann/ Claß Krach- bein genannt/ mit Trollen und dem Schwein-Hirten nach dem Rathhauß/ woselbst voriger Burgermeister sich folgender Gestalt hoͤren ließ: Ehrbare Herren und freundliche Nachbarn! Was ich euch gestern vorgetragen/ daruͤber sind wir schon einig worden/ und werdet ihr euch belieben lassen/ um 2. Uhr der Leiche unsers Rectoris nach dem Kirchhof zu folgen. Jetzo ist die Frage/ wohin wir senden nach einem an- dern feinen Subjecto, vielleicht ist ein oder der andere so weit geraͤyset/ daß ihm etwa in der Fremde ein wa- ckerer Mann bekandt worden/ denselben kan er re- commendi ren/ so soll er in Consideration kommen. Aber noch eins/ ihr Herren/ gantz unvermuthlich ist auch die Stelle unsers Stadt-Schwein-Hirten leer worden/ uñ kan ich noch nicht wissen/ ob der Schwein- Hirt todt/ oder weggelauffen/ dann er war ein seltza- mer Kopff/ und wolte immer in Krieg. Als der Bur- germeister dieses sagte/ fiel ihm Claß Krachbein ins Wort/ und sagte: Halt! halt! Herꝛ Burgermeister/ euer Wort in grossen Ehren/ das ist nicht wahr/ was ihr saget/ der Schwein-Hirt ist hier in unserer Ver- sammlung. Als der Burgermeister diese Worte hoͤ- rete/ streckete er seinen Halß auß/ und erblickete den Schwein-Hirten/ zu welchem er sprach: Jch meyne- te/ du seyest weg/ oder todt/ weil du um diese Zeit schon 2. Stunden pflegest mit der Heerde außgefahren zu seyn/ Romans II. Buch. seyn/ und weil du solches heut hast versaͤumet/ auch dich ohne dem erkuͤhnest in unsere Burgerliche Zu- sammenkunfft/ daran du keinen Theil hast/ zu kom̃en/ soll dir in den 3. Abenden nach einander von dem/ der dich speiset/ nicht mehr/ als eine halbe Kanne Bier/ und 2. Eyer zum Nachtmahl gegeben werden/ und solches zur Straffe/ daß du wider dein Amt handelst. Dem Schwein-Hirten war Himmel-angst/ wie er den Burgermeister so zornig sahe/ er stieß den Krachbein in die Seite/ daß er ihn entschuldigen moͤchte. Und als sich dieser dessen entbrach/ bath er den Troll/ ihm das Wort zu fuͤhren/ aber auch dieser wolte nicht daran. Dannenhero raͤusperte er sich 2. mahl/ nahm den Hut vom Kopff/ strich die Haare uͤber die Stirne hinterwaͤrts/ und sprach: Gnaͤdiger Herꝛ Burgermeister/ wie so? wie so? Was den Trummel kom̃t euch an/ warum wollet ihr mich straf- fen/ habe ich eure Schweine wol geschlagen/ wann sie den Nachbarn ins Korn sind gelauffen? Mein Leb- tag nicht/ ich habe sie lassen fressen/ biß sie satt wor- den/ und nun ist das der Lohn. Aber hoͤret/ meynet ihr/ daß ich auß Faulheit jetzo nicht außgefahren bin? Nein/ gar nicht/ es ist um deß gemeinen Besten wil- len geschehen/ nemlich/ damit ich euch diesen hochge- lehrten Menschen vorstelle/ welcher seines Gleichen nicht hat zum Amt deß Schul- Rector s. Das ist war- lich also/ fiel Keachbein ins Wort/ dieser Mensch/ so von etlichen Buben gepluͤndert worden/ hat sonder- liche Wissenschafften/ und so viel Latein/ als unser Pfarrer. Dem Burgermeister waren diese Erzeh- lungen lieb/ widerrieff demnach die Straffe deß Schwein-Hirten/ und berathschlagte sich mit der Gemeine uͤber den Trollen/ welche endlich dahin re- solvi rten/ wann er so fertig/ daß er bey deß Rectoris Leiche Deß Academi schen Leiche auf den Nachmittag eine gute Abdanckungs- Sermon halten koͤnte/ auch sonsten in dem Examine bey ihrem Pfarrer wol bestuͤnde/ so solle er die Stelle an der Schul bekommen/ welches Troll willig auf sich nahm/ dann es war ihm nicht um diese Charge zu thun/ sondern er war gantz verhungert/ und haͤtte sich nur einmahl gerne recht satt gessen/ worzu sich bey solcher Charge bald eine Gelegenheit/ nach seiner Ein- bildung/ wuͤrde finden lassen. Also gieng die Gemein- de wieder auß einander/ und Troll folgete dem Krach- bein/ der ihm ein altes Dinten-Glaß und etwas Pa- pier zu geben versprach. Wie sie aber in das Hauß kamen/ war seine Frau eben verschieden/ dahero er sich so betruͤbt anstellete/ als wann er in Thraͤnen ver- schmeltzen wolte. Troll sahe wol/ daß sein Dinten- Glaß gantz außgetrucknet war/ gieng demnach zu etlichen von den Nachbarn/ aber keiner wuste von Dinte oder Papier etwas zu sagen. Endlich kam er zu dem Steuer-Einnehmer/ welcher ihm beydes fuͤr- streckete/ und weil dieser eben den ungluͤcklichen Re- ctor fuͤrgeschlagen/ und ihn demnach wol gekannt/ als erzehlete er dem Trollen die principal este Stuͤcke von seinem Lebens-Lauff/ welche er nach seiner Weise zu Papier setzte/ und darauf behielte ihn der Einneh- mer zu Gast bey sich/ und gab ihm eine mittelmaͤssige Mahlzeit/ jedoch ohne Bier und Wein. Das XX . Capitul/ Hier haͤlt Troll eine Parentation, wird examini rt/ bestehet wol/ und machet zwey seltzame Grabschrifften. T Roll gieng darauf in die Scheure/ versteckete sich in das Heu/ und lernete seine aufgesetzte Sermon außwendig/ und als man die Glocken zur Leich-Begaͤngnuͤß ruͤhrete/ stunder auf/ lieff zum Burgermeister/ und bathe ihn um einen Mantel. Dieser Romans II. Buch. Dieser sandte alsobald zu deß Schul- Rector s Wit- tib/ und ließ um ihres Manns Mantel bitten/ welchen Troll umhieng/ und darinn der Leich nebst der gantzen Gemeinde folgete. Der Priester thaͤte eine kurtze Sermon, und darauf gieng die Procession nach der Schul hin/ woselbst sie sich in einen runden Craͤyß stellete/ und stund der Prediger oben an/ dem folgete der Burgermeister/ und so folgends die gantze Ge- meinde nach ihrem Alter. Troll/ der wol ehe so viel Leute gesehen/ auch keck gnug war/ den einfaͤltigen Bauren etwas fuͤr zu schwaͤtzen/ inmassen er auß deß Pastor n Sermon schon vermercket/ daß man von hohen Redens-Arten dieser Orten nicht viel wisse/ schuͤttel- te den Mantel/ tratt mit gravit aͤtischen Tritten in den Craͤyß/ und neigete sich 3. mahl ohne einziges Wortsprechen rund umher/ worbey er eine rechte Estaat s- Mine machte/ daß ihm ein Jeder grossen Re- spect zutrug/ und mit Verlangen erwartete/ was fuͤr eine herꝛliche Abdanckung erfolgen wuͤrde. End- lich raͤusperte er sich/ und hielte nachfolgende Rede: Hohe und Niedrige/ Geist- und Weltliche/ arme und reiche/ boͤse und fromme liebe Freunde/ Maͤnner und Weiber/ Eltern und Kinder/ weß Standes ihr auch seyd/ Edle und Unedle! N Achdem der Tod einen findet/ kom̃t er gluͤcklich oder ungluͤck- lich. Uberraschet er einen im Ehebruch oder Diebstahl/ so ist es ein Ungluͤck/ nam homo moritur in peccato, \& uti cadit arbor ita jacebit, wie der Baum faͤllet/ so bleibet er liegen. Uber- eylet er aber einen in seinem Beruff/ so faͤhret derselbe seelig da- bin/ was haben wir uns dann zu betruͤben uͤber den schmaͤh- lichen doch seeligen Hintritt unsers beruffenen Schul- Rectoris, deß weyland wolgelehrten und andaͤchtigen Herꝛn Conrad Kleinbart/ er hat sich in seinem gantzen Leben also erzeiget/ wie einem rechtschaffenen Mann gebuͤhret. Als er kaum 7. Jahr alt worden/ bat er schon solche Begierde zu den Wissenschafften empfunden/ daß er seinem Vatter ein paar Tauben/ einen Hahn nach Deß Academi schen nach dem andern entwendet/ und seinem Lehrmeister geschencket/ damit er ihn desto treulicher unterrichte. Also hat er es mit der Zeit hoch gebracht/ daß er in den besten Tugenden sonderlich excelli rte/ weßwegen ihn der Schulmeister zu Ratenstein vor seine Kinder zum Præceptore Privato angenommen/ da er sich dann in dessen Tochter/ die uͤberbliebene hoch-betruͤbte Frau Wittib/ bald verliebet/ die ihm auch nit abhold gewesen/ sondern alles das Jenige vergoͤnnet hat/ was eine Frau ihrem Mann gestattet/ und als sie daruͤber vor der Zeit mit einem hohen Leib gesegnet worden/ haͤtte er zwar wol entlauffen koͤnnen/ aber er hielte Stand/ und ehelichte sie. Er war freygebig/ solches hat er sehen lassen/ als er einsmahls 4. Soldaten in einem Wald begeg- net/ da reichete er ihnen/ ohne einziges Abfordern/ all sein Geld bin/ und verehrete es ihnen freywillig. Er war Gast-frey/ dann so offt ihm der Pfarrer zusprach/ legten sie ihre Pfenninge zu- sammen/ und truncken reichlich/ und biß sie gnug hatten/ wann dann der Prediger sagte: Sta pes, sta mi pes, sta pes, nec labere mi pes. Nam tu nï steteris, hic mihi lapsus erit. So fassete ihn der weyland hochgelehrte Herꝛ Conrad Kleinhart bey der Hand/ schlenterte mit ihm fort/ als ein treuer Gefaͤhrte/ und sprach: Herꝛchen! Herꝛchen! wir haben zu diesem mahl em wenig zu viel getruncken/ aber was schadets/ wer weiß/ wann wir so jung wieder zusammen kommen? Er war nicht hoffaͤr- tig/ dann er besahe alle Tage den muthwilligen Knaben den Hintern/ kuͤssete auch seine Dienst-Magd auf den Mund/ ob dieselbe gleich eines armen Vieh-Hirten Tochter war. Er war nicht erschrocken/ dann wann er in einer Sermon, die er vor einer Gemeine halten solte/ 1. 2. 3. 4. ja wol 5. mahl stecken blieb/ er- holete er sich doch/ und brachte sie endlich geradbrecht zum En- de/ quia satius putavit orationem quocunque modo finire- quam abruptam relinquere. Er war fromm und andaͤchtig/ dann am Sonntag hat er 7. Morgen- und so viel Abend-Segen gebettet/ daß er die Wochen uͤber damit kunte zu kommen/ und wann er speisete/ vergaffe er nicht/ sein Glaubens-Bekaͤnntnuͤß vorher zu reciti ren. Er war keusch/ dann auch bey seiner Ehe- Frauen wolte er nicht anders/ als im Dunckeln schlaffen. Er war nicht rachgierig/ dann/ als er einsmahls seinen unnuͤtzen Nachbarn zum Possen ein paar Eyer heimlich genommen/ und ihm derselbe deßwegen eine gute Manischelle gab/ dachte er/ was der Spanische Kirchen-Lehrer Saavedra saget: Melius est pati, quam Romans II. Buch. quam irasci, es ist besser leyden/ als zuͤrnen. Er war gelehrt/ dann den Donat wuste er auß den Nagel/ in der Grammatic war er ziemlich belesen/ die Definitionem Rhetorices wuste er außwendig/ wie auch das Griechische Alphabet, und in dem Hebraͤischen war er schon biß auf das Gimmel kommen/ deß- wegen wolte sich kein Juͤdischer Rabbi mit ihm einlassen. Er war sparsam/ dann im Som̃er behalff er sich mit einer Schuͤssel voll Butter-Milch/ und im Winter mit einem Napp voll Rocken- Brey/ Ja/ wann die Winter-Kaͤlte nicht zu groß/ zog er weder Schuh noch Struͤmpff an. Ach du Edler Mann/ daß du schon versauten solst/ aber die besten Leute werden zeitlich hinweg ge- ruͤcket. Er ist in Freuden gestorben/ goͤnnet ihm die ewige Freude. Er ist am Rad behangen blieben/ aber nicht an dem/ das bey dem Galgen stehet/ es war deß Herꝛn Burgermeisters Karren- Rad. Der Kopff starb am ersten/ mit welchem er am meisten gearbeitet hatte. Seine schwartze Pluder-Hosen haben ihn gerades Weges in den Himmel geschickt/ welche deßwegen ver- dienen/ daß man sie/ gleich einer Siegs-Fahnen/ in unsere Kirche hange. Nun wolan/ er ist gestorben/ und wird wol todt bleiben/ uns aber gebuͤhret/ daß wir sein Leyd vertrincken bey einer Freu- den-Mahlzeit/ und vor allen Dingen den Herꝛn Prediger oben an setzen. Lebet wol/ ihr lieben Freunde/ ich kan vor Hertzenleyd nicht mehr reden/ meine Augen wollen in Thraͤnen zerschmel tz en. Hiermit Adjeu. Als Troll seine Rede hiermit geendiget/ stecke- ten die Leute die Koͤpffe zusammen/ und lobeten ihn/ der eine noch mehr/ als der andere/ der Burgermeister aber reichete ihm die Hand/ und wuͤnschete ihm Gluͤck zum Rector- Amt/ noͤthigte ihn auch mit auf die Mahlzeit/ die er zu dieser Bestattung in seinem Hauß hatte anrichten lassen/ und darauf schied die Gemeine auß einander. Troll gieng mit Krachbein nach Hauß/ und troͤstete ihn wegen seiner abgestorbenen Frauen. Als der Abend herzu nahete/ giengen sie mit einander nach deß Burgermeisters Hauß/ woselbst sich die an- dern auch nach einander einstelleten/ der Herꝛ Pastor kam auch/ und ward oben an gesetzet/ zu welchem sich der Burgermeister setzete/ alsdann die Aeltesten der Gemei- Deß Academi schen Gemeine/ endlich kam Troll/ als Rector Scholæ, und die Ubrigen/ von welchen allerseits Troll grosse Gluͤck- wuͤnschungen bekam. Wie es aber spaͤth war/ kam auch der Schwein-Hirt herein getretten/ und schen- ckete nebst deß Burgermeisters Knecht ein. Es ver- langete aber Jedermann/ ob sich der Pastor mit dem neuen Rector in einen Discurs oder Examen einlassen moͤchte/ und wie dieser solches merckete/ auch schon einen ziemlichen Rausch hatte/ da redete er ihn an/ und sprach: Domine Rector, quis est tuus Pater? Troll antwortete: Matris meæ Maritus. Dann wie Jener forschete/ wer sein Vatter waͤre/ also antwortete die- ser: Es waͤre seiner Mutter Ehemann/ welche Ant- wort der Herꝛ Pastor preisete/ und weiter fragte: Ubi natus es? Wo seyd ihr gebohren? Troll: In Patria mea: Jn meinem Vatterland. Pastor: Ubi est Patria tua? Wo ist euer Vatterland? Troll: Ubi degunt parentes mei: Wo meine Eltern wohnen. Pastor: Ubi studuisti? Wo habt ihr studi ret? Troll: In Scho- lis \& Academiis: Auf niedrigen und hohen Schulen. Pastor: Quis est bonus Rector Scholæ? Wer ist ein guter Schul- Rector? Troll: Animal humanum, quod bene scit informare: Ein Menschliches Thier/ das wol unterrichten kan. Pastor: Quid est Theologia? Was ist die Theologie fuͤr eine Wissenschafft? Troll: Secundum Cujacium est summum bonum, secundum Alciatum autem prima ex tribus facultatibus: Nach Cujacii Außsage ist sie das hoͤchste Guth/ aber nach deß Alciati Außspruch/ die Erste unter den 3. Facult aͤ- ten. Pastor: Quot sunt Articuli fidei? Wie viel sind Glaubens-Articul? Troll: Tot, quot sibi quisque fingit: So viel/ als einer ihm selber machet. Pastor: Quot sunt Sacramenta? Wie viel sind Sacramenta? Troll: Tria: Ecclesia cum cœtu, Baptisterium \& Cam- panile, Romans II. Buch. panile, cui addi solet quartum, scilicet Cantor ante pulpitam: Die Kirche mit der Versammlung/ der Tauf-Stein/ und der Glocken-Thurn/ zu welchen man das Vierdte setzet/ nemlich den Cantor neben dem Sing-Pult. Pastor: Quod est officium boni Pastoris? Was ist das Amt eines guten Hirten? Troll: Tondere pecus, non deglubere: Daß er seine Schafe scheere/ aber ihnen die Haut lasse. Pastor: Quodnam officium nobilis? Was das Amt eines Edelmanns? Troll: Vexare rusticos, \& per totam noctem dormire in utramque aurem: Daß er die Bauren tribuli re/ und gantze Naͤchte hindurch schnarche. Pastor: Quod est Officium Burgimagistri: Was ist deß Herꝛn Bur- germeisters Amt? Troll: Ut primum semper habeat haustum: Daß er allweg den ersten und besten Trunck thue. Diese Antwort gefiel dem Herꝛn Burgermei- ster so wol/ daß er ihm einen Becher voll Wein ein- schencken ließ/ und solchen dem neuen Schul- Rector zubrachte. Troll machte ihm ein grosses Compliment, und truncke darauf dem Herꝛn Pastor zu/ der ihm auch redlich Bescheid thaͤte. Weil auch dieser mercke- te/ daß den Anwesenden sein Examen sehr wol gefiel/ fuhr er in demselben fort/ und forschete: Quod est officium boni Civis? Was ist das Amt eines guten Burgers? Troll: Ut det Cæsari, quæ sunt Cæsaris, \& quæ sunt Dei, Deo: Daß er dem Kaͤyser gebe/ was deß Kaͤysers ist/ und GOtt/ was GOttes ist. Pastor: Quod est officium mali Civis? Was ist das Amt ei- nes boͤsen Burgers? Troll: Ut hodie verberet vetu- lam suam, quæ moriatur cras, ut perendie possit duce- re virginem: Daß er heut seine alte Frau schlage/ da- mit sie Morgen sterbe/ und er Ubermorgen eine junge Dirne heyrathe. Diese Antwort gefiel der gantzen Gesellschafft uͤber die Massen wol/ und meyñete ein C c c Jeder Deß Academi schen Jeder/ sie waͤre in den Kirchen-Vaͤttern gegruͤndet. Der Pastor aber fragete weiter: Quod est officium Rustici? Was ist deß Bauern Amt? Troll: In sudo- re faciei quærere panem: Daß er im Schweiß deß Angesichts sein Brod suche. Pastor: Quod est offi- cium Rectoris Scholæ? Was ist das Amt eines Schul- Rector s? Troll: Ut bene doceat, \& bonum accipiat salarium: Daß er wol lehre/ und eine gute Besoldung habe. Pastor: Quod est officium diligen- tis Scholastici? Was ist das Amt eines fleissigen Schuͤlers? Troll: Ut non obmurmuret \& bene auscultet: Daß er nicht widerbrumme/ und fleissig zuhoͤre. Pastor: Quod est officium negligentis Disci- puli? Was ist das Amt eines traͤgen Lehr-Knabens? Troll: Ut luat pœnam in clunibus: Daß er auf den Hintern gestrafft werde. Pastor: Quod est officium Magistratus? Was ist das Amt der Obrigkeit? Troll: Imperare: Befehlen. Pastor: Quodnam officium subditi? Was ist das Amt eines Unterthanen? Troll: Parere: Gehorchen. Pastor: Quod est officium boni Christiani? Was ist das Amt eines guten Christen? Troll: Vivere secundùm doctrinam Pastoris \& Episco- pi: Daß er lebe nach der Lehre seines Predigers und Bischoffs. Pastor: Unde derivatur Magistratus? Wo kommt das Wort Magistratus her? Troll: à magis \& stratus, dann die Obrigkeit ist besser und mehr be- deckt/ als die Unterthanen/ traͤget auch gemeiniglich bessere Kleider. Pastor: Unde derivatur Roma? Wo kommt das Wort Roma her? Troll: à vocabulo Constantinopolis, mutando Constanti in Ro, \& no- polis in Ma, fiet Roma, von dem Wort Constantino- polis, mache Ro auß Constanti, und Ma auß Nopolis, so kommt Roma herauß. Der Herꝛ Pastor sprach jetzo zu der Versammlung: Meine liebe Zuhoͤrer/ ich habe Romans II. Buch. habe diesen guten Freund/ wie ihr habt angehoͤret/ durch alle Classes und Status, ja durch alle Disciplin en examini ret/ und finde ihn so beschlagen/ daß unsere zween vorige Rectores mit ihm/ was die Gelehrtigkeit betrifft/ keines Weges zu vergleichen sind/ darum wuͤnsche ich unserer Gemein und lieben Jugend von Hertzen Gluͤck zu diesem herꝛlichen Subjecto, welcher wol verdienet/ daß man ihn auß gemeinem Saͤckel ein ehrliches Kleid gebe/ ich wil es auch vor meiner Geistlichen Obrigkeit verantworten/ wann ich ihm auß dem armen Kasten einen halben Thaler darzu verehre. Dessen waren sie alle zufrieden/ und also erbotte sich ein gegenwaͤrtiger Kramer/ so viel schwartzes Lacken herzuschiessen/ als ihm zum Kleid noͤthig/ ein Schneider aber offeri rte sich/ ihm das Kleid zu ma- chen/ und den Lohn an dem Lehr-Geld seiner Kinder abzuziehen. Den Mantel deß vorhin verstorbenen Rectoris verehrete man dem Trollen auch/ und nahm die Gemeine auf sich/ die Wittib deßwegen zu befrie- digen. Der Pastor forschete darauf/ ob er auch wol eine Grabschrifft aufsetzen koͤnte? Und als Troll ant- wortete/ wann er den Lebens-Lauff deß Verstorbenen wuͤste/ wolte er daran arbeiten. Es ist schad/ sprach Jener darauf/ daß man unserm verstorbenen Wein- schenck/ deß Herꝛn Burgermeisters Schwieger- Sohn/ noch keinen Grab-Stein mit einer schoͤnen Aufschrifft hat gesetzet/ es solte wol billich seyn. Weil nun dieser in der Gemeinde Diensten gestanden/ wil- ligte die anwesende Gemeinde/ solchen Stein zu be- zahlen/ wann der neue Herꝛ Rector nur ein wackers Epitaphium verfertigen wolte. Welches dieser auch zusagte/ und darauf schieden sie von einander. Troll aber muste mit dem Pastor n nach Hauß gehen/ und C c c 2 sich Deß Academi schen sich bey ihm aufhalten/ weil er annoch unverehelichet/ und koͤnte sich deß ungluͤckseeligen Rectoris Wittib der Schul-Wohnung inzwischen bedienen. Man wolte ihn aber uͤber 4. Tage allererst vorstellen/ weil es eben in den Hunds-Tagen/ da man die Jugend nicht zu sehr zum Lernen antreiben wolte. Jnzwischen beschrieb der Pastor unserm Troll deß verstorbenen Weinschencken Lebens-Lauff/ gab ihm auch Buͤcher zu einem Aufsatz/ dann weil er dem Burgermeister nicht sonders gewogen/ wolte er ihm einen Possen dardurch thun. Was aber das Epitaphium anlanget/ ward solches von Trollen folgender Massen einge- richtet: Dem allzeit durstigen Weinschencken zu Stachelfeld. Wanderer! Gehe trockenes Fusses dieses Grab vorbey/ in welchem ein nasser Bruder liget/ welcher/ als er im Leben sein Leben in den Reben gesuchet/ solches darinntn verlohren hat. Siehe diese Staͤtte nicht mit thraͤnenden Augen an/ der hier verscharrete ist nicht werth/ daß er bethraͤnet werde. Weil er auf Erden mit thraͤnenden Augen so getruncken daß er endlich auf dem Trockenen vertruncken ist. Trage weg die Blumen von diesem Leich-Stein: der darunter begraben/ hat schon seine Frucht getragen. Geuß keinen Wein hieher: der Verstorbene trincket schon den Haͤfen. Der Toll- und Vollsaͤuffer saͤufft ewiges Weh. Er ist fruͤh gestorben/ weil er fruͤh getruncken. Sein Vollsauffen ist ihm uͤbel und dem Artzt wol bekom̃en. Durch viel Bescheid-thun hat er die Bescheidenheit/ durch fremdes Gesundheit-trincken seine eigene Gesundheit/ und Romans II. Buch. und durch staͤtes Vollsauffen sein ewiges Wol verlohren. Sein Wohn-Hauß war ein Wein-Hauß. Er/ welcher auß Erden gemacht/ die ihn nun verbirgt war eine irꝛdene Flasche/ welche immer voll/ nimmer leer war. Derowegen du billich zweiffelst/ ob er auch im Himmel oder in der Hoͤlle zu finden/ dann an diesen Orten nur die Menschen hinkommen. Der Sonnen ahnete er nach/ welche haͤuffig auß dem Meer trincket/ und nimmer im vollen Liechte scheinet/ nicht aber dem Monden/ dann Jener in 4. Wochen nur einmahl dieser aber alle Tag voll gewesen. Seine Geburt ist in dem Wassermann geschehen/ von dem er gute Einfluͤsse bekommen/ er war dessen Krug aͤhnlich/ der immer voll/ nimmer gesaͤttiget wird. Aber Ach! Dieser Krug ist so lang zum Wein-Hauß geg an gen/ biß er endlich gebrochen. Er ist Christi verkehrter Nachfolger gewesen/ auch darinnen/ daß/ indem Jener auß Wasser Wein/ dieser auß Wein Wasser gemacht. Sintemahl dieser Weinsaͤuffer an der Wassersucht erkrancket/ und bey dem Trunck gestorben. O verkehrte Nachfolge eines Verkehrten. Seinen Tod hat er mit Tyrannen gemein/ welche auch nicht trockenes Todes zur Hoͤllen fahren. O deß Unseeligen! Dem der Wein seine Vernunfft begraben/ daß er bey den Glaͤsern nicht erkennen koͤnnen/ wie das Leben denen Glaͤsern gleich/ welche/ wann sie am Herꝛlichsten glaͤntzen/ zerbrochen werden. C c c 3 Ach! Deß Academi schen Ach! er wird gestossen/ nun mercket er/ daß Bacchus wahrhafftig Hoͤrner habe. Der suͤsse Wein wird mit bitterm Hoͤllen-Wasser nach gespuͤhlet. Der Elende hat vorhin in Glaͤsern Wein und in Wein Glaͤser getruncken. Run trincket er wahrhafftig Brandte wein/ mit Pech und Schwefel vermischet/ der seinen Durst nicht stillet/ sondern erwecket. Dieser Sect ist gar zu bitzig/ dieser lautere Tranck all zu truͤb/ dieser Alicant all zu starck. Fuͤr Rein-Wein wird ihm unreiner Wein gereichet. Vorhin hat er mit seinen Zaͤhnen die Glaͤser zerbrochen/ damit/ wann er getruncken/ auch zu essen haͤtte. Nun knappen die Zaͤhne und knirschen/ nun zittern und schuͤttern die Lippen/ aber nicht vom Glaß-beissen/ sondern von ewigem Frost und Hitze. Ach! weil er nicht behutsam auf dem schlipfferigen Wege gewandelt/ ist er so gefallen/ daß er ewig nicht wieder auf stehen kan. Jhm ist verbotten auß der Hoͤllen-Hoͤhle zu gehen. Ja/ was mehr so hat er selbst Schuld daran. Dann weil er gantz berauscht zu dem Unter-irꝛdischen hinab gestiegen/ kan er sich deß Weges nicht erinnern. Wanderer! Da du dieses lieseft/ Weh-winsele! Und trincke hier also Wein/ daß du nicht ewig Weinen darffst. Als Troll diesen Aufsatz gemacht/ gefiel er dem Pastor n sehr wol/ schrieb ihn demnach mit grossen Buchstaben ab/ und nagelte ihn auf das hoͤltzerne Creutz/ so hinter dem Grab stund/ daß es am folgen- den Romans II. Buch. den Tag von Jedermann gelesen ward. Dem Bur- germeister kam solches bald zu Ohren/ ließ demnach den Rector zu sich bitten/ und tracti rete ihn sehr wol; Aber nach der Mahlzeit hielte er ihm vor/ daß ihm die gemachte Grabschrifft fuͤrtrefflich gefalle. Er ersuch- te ihn darneben/ noch eine andere zu machen/ und dar- iñen gleicher Gestalt die duͤrre Warheit zu schreiben. Dann/ sprach er/ neben dem Weinschenck lieget deß Pastor n Schwieger-Vatter begraben/ welcher ein einziges Kind/ deß Pastor n jetzige Frau hinterlassen/ dieser Mann war ein Einnehmer einer Stadt nicht weit von hier/ aber in seinem gantzen Leben so geitzig/ daß er nimmer gnug haben kunte. Er asse sich hun- gerig/ und trunck sich durstig/ auch in seinem hohen Alter legte er sich/ auß lauter Geitz/ zu seinem Schwie- ger-Sohn/ biß er endlich vor 9. Wochen gestorben/ und allhier begraben worden. Darum thut so wol/ und machet eine huͤbsche Grabschrifft darauf/ so soll euch die Schul-Stelle verbleiben/ die ihr sonsten ver- wuͤrcket haͤttet. Troll erinnerte sich ehemahl gelesen zu haben eine Grabschrifft/ die auf einen solchen Geitz- Halß gemacht war/ setzete sich demnach in deß Bur- germeisters Gegenwart nieder/ und setzte sie auf/ welche man hernach mit grossen Buchstaben gleicher Gestalt abfassete/ und auf deß Geitzigen Holtz-Creutz nagelte. Es lautete aber diese Schrifft wie folget: Dem unersaͤttlichen Geitz-Halß. Wie artig hat sich der Geitzige zum Vollsauffer gesellet! Ein Gottloser zu einem Gottlosen? Dem Geitzigen gleichet kein Mensch so wol/ als ein Wassersuͤchtiger. Dieser hat Wassers/ jener Silbers gnug: doch duͤrsten Beyde mehr zu kriegen/ und lassen niemahls sich genuͤgen. C c c 4 Ja Deß Academi schen Ja der siltzige Geitz-Halß ist noch elender daran/ dann der Wassersuͤchtige wird seiner Kranckheit loß/ zum hoͤchsten in zwey oder drey Jahren/ Der Geitzige aber wird dreissig/ ja viertzig Jahr nach einander von seiner Unersaͤttlichkeit geplaget. Steh’ Uberraͤysender/ und ließ: Dieser Stein bedecket einen Magnet-Stein/ welcher nicht Eysen/ sondern Gold an sich gezogen. Hier ist von seinen Erben froͤlich hingeleget worden ein Geitz-Halß. Frage nicht nach seinem Ramen/ sondern begnuͤge dich/ daß ich das Laster beschreibe. Dieser hat mehr verdienet/ von Menschen mit Steinen zu todt geworffen/ als nach seinem Tod mit einem Leich-Stein bedeckt zu werden/ weil er das mit Unrecht zusammen geraffte Geld unaufhoͤrlich an dem Probier-Stein strich/ und sich uͤber der Armen Schweiß erfreuete. Er kan mit Recht ein Wolff genannt werden/ wegen seiner raͤuberischen Begierden. Die Geldsucht ist die Zirze gewesen/ so ihn in ein wildes Thier verwandelt. Die unbarmhertzigen Raben seynd noch barmhertziger/ und fallen nur das todte Aaß an. Aber die Geitzigen schinden auch von Lebendigen. Jhn hatte der Hoͤchste aufgericht erschaffen/ die Himmels-Schoͤne zu betrachten/ und er betrachtet niedergebuͤcket die Gold-Adern der Erden. Sich nicht GOtt/ sondern dem Geld widmend. Er hatte gut Gluͤck bey seinem boͤsen Leben/ und waͤre gluͤcklich gestorben/ wann er nicht das Gold mehr/ als GOtt geliebet haͤtte. So geschickt er war zu boͤsen Haͤndeln/ so ungeschickt war er zu guten Verrichtungen. Das Gold im Kasten hat er ehe beschauet/ als das Gold der aufgehenden Sonnen/ derowegen unwuͤrdig/ daß ihn die Sonne beschiene. Er Romans II. Buch. Er waͤre so unbedachtsam gewesen/ daß er mit Mydas gewuͤnscht haͤtte/ alles moͤchte Gold werden/ was er anruͤhrete/ wann er nur waͤre versichert worden/ daß er solches erwuͤnschen wurde. Wie wurde er Dach und Fach zergauget haben wann ein anderer Jupiter haͤtte Gold regnen lassen/ er war so verliebt in das/ was er nicht hatte/ als thoͤricht er war/ wann ers hatte. Sein Wahl-Spruch war: Jmmer mehr. Weder der Mangel noch der Uberfluß konten ihn befriedigen/ Er war gleich arm da er alles/ und da er nichts hatte. So leydet Tantulus mitten im Wasser Noth am Wasser. Die Aepffel haͤngen uͤber sein Haupt/ er schnapt darnach/ und faͤnget sie doch nicht. Ob gleich alles seine gewisse Maaß hat/ war doch dieses Geitz-Halses Begierde unermaͤßlich/ welche nicht kunte vergnuͤget werden/ mit dem Jenigen/ was uͤber und unter der Erden ist. Er fuͤllete/ was bereits uͤberlieff/ und war ihm jeder Gewinn angenehm/ wann er gleich von den allerschaͤdlichsten Dingen herkam. Er wucherte/ und so viel er nur auf hundert bekommen konte/ nahm er trotz Gewissen und Ehre an. So gar ist der Geld-Geitz der Ehrbarkeit feind. Zu der Einnahm und Einnehmung war er all zu fertig/ zu der Außgab aber fast unbeweglich. Die Wucherer gleichen denen Weibern/ welche mit empfindlichster Freude empfangen/ aber mit unaußsprechlichen Schmertzen wieder ablegen. Seinen Reichthum wandte er nicht an/ wie er solte/ nemlich zu Außbreitung der Ehre GOttes und seines Reichs/ sondern er trieb gar eine Abgoͤtterey damit/ indem er seinen Gold-Klumpen als seinen GOtt ehrete/ den er in der Kuͤsten verschlossen bielt. Fuͤr denen Armen war Hertz/ Hand und Kasten zugeschlossen/ die wir uns doch sollen zu Freunden machen mit dem ungerechten Mammon, C c c 5 damit/ Deß Academi schen damit/ wann wir nun darben sie uns aufnehmen moͤgen in die ewige Huͤtten. Fragst du: Worzu ihm dann sein unzaͤhliches Geld nutz gewesen? Jch antworte: Zum zaͤhlen/ dann er die Rechen-Kunst vollkommen verstund/ außgenommen/ die vierdte Lehre vom Abtheilen. Er that wenig zu wenigem/ er zog seine Guͤther von andern ab/ und vermehrte die Abgezogene/ nur daß er die vermehrten Guͤther nicht wieder theilete. Das hatte er entweder nicht gelernet/ oder willig verlernet. Wilt du weiter wissen: Zu was Ende er dann diß Guth gesammlet? Ach! du betruͤgest dich/ indem du dieses ein Guth nennest/ Worvon die Weisen lehren/ daß es nicht Guth sey: So wisse/ daß der Reichthum ihn/ und er nicht den Reichthum besessen. Er hat Niemand/ auch nicht sich selbst guͤtlich gethan/ und war in Wahrheit nichts anders/ als ein reicher Bettler/ der nur den Besitz seiner Guͤther/ aber nicht den Gebrauch hatte. Endlich in seinem Alter verjuͤngerte sich sein Geitz/ und je weniger Weges er uͤbrig hatte zu raͤysen/ je mehr Raͤyse-Geld suchte er. Da aber der nicht karge Tod bald die Rechnung schloß/ und die Guͤther so reichlich theilete/ die er mit solcher Muͤhe vermehret hatte/ hat sein Sterben die Jenigen am meisten erfreuet/ welche am meisten sich betruͤben solten. Die seine Erben. So schlecht ist der Geitz-Haͤlse Lohn! O verdammliches Laster! Raͤyse fort/ Veruͤberraͤysender! Raͤyse fort/ fleuch die verfluchte Geld-Begierde/ die eine staͤte Henckerin deß Gemuͤths ist/ und nimm zugleich dieses mit auf den Weg: Daß ein Geitz-Halß vor seinem Tod nichts Gutes thue. Das Romans II. Buch. Das XXI . Capitul/ Hier hat Troll abermahl seltzame Possen bey einer Abdan- ckung. Er machet auch etliche possierliche Carmina. A Ls der Pastor diese Grabschrifft lase/ muste er sich zufrieden stellen/ ob er gleich wol errathen kun- te/ wer sie muste gemacht haben/ dann eine Ehre war der andern werth/ aber in seinem Hertzen war er dem Trollen nicht geneigt/ welches er ihm auf den Abend zu erkennen gab/ da er ihm nichts anders/ als eine Schuͤssel voll Butter-Milch/ und einen alten faulen Kaͤß fuͤrsetzen ließ. Er selber aber hatte ein gebratenes Huhn/ und einen schoͤnen Sallat/ welches dem Rector dermassen zu Hertzen gieng/ daß er in sei- nem Hertzen gedachte/ er wolle ihm solches wieder zu Hauß bringen. Am folgenden Tag ward deß alten Krachbeins Frau begraben/ und Troll bathe sich sel- ber zu Gast bey ihm/ welches ihm der alte Mann/ auß bewusten Ursachen/ nicht versagen durffte/ und die Dirne trug das Beste auf/ was im Hauß war/ daß er nur vergnuͤget wuͤrde. Er ward aber dargegen gebetten/ nach gehaltener Leich-Predigt eine Abdan- ckung zu thun/ und dieselbe fein wol einzurichten/ wie deß Rector s seine vor 2. Tagen. Also setzte er sich nie- der/ und machte einen Entwurff/ bald aber schickte der Pastor zu ihm/ und sagte zu ihm/ wann er ihm auf dem Todten-Kirch-Hof zuwinckete/ so solle er mit dem Singen einhalten/ dann er muͤsse nach der Pro- cession noch 2. Meilen reiten/ und moͤchte ihm Nacht werden/ wann er sich zu lang aufhielte. Troll sagte: Gut! gut! Herꝛchen/ ich wil mich darauf bedencken/ nahm hierauf seinen Abschied/ und kehrete zum alten Claß/ welcher sich von Hertzen freuete/ daß seine Stein-alte Frau einmahl seinen Armen entrissen war. Als endlich die Zeit kam/ hieng Troll seinen schwartzen Mantel um/ unter welchem er ein seltzames Kleid Deß Academi schen Kleid trug/ daß er selber nichts mehr verlangete/ als von seinem Herꝛn Condado in diesem Aufzug gesehen zu werden. Er versam̃lete die Jungen vor der Schul/ und als der Pastor zu ihm gestossen/ giengen sie vor das Sterb-Hauß/ und holeten die Leiche ab. Wie sie auf dem Todten-Kirchhof/ der vor dem Dorff lag/ kamen/ da sange Troll eben den letzten Vers. Ehe aber der Pastor zum Stand kam/ fieng er einen langen Todten-Gesang von neuem an/ welches den Pastor n dermassen verdroß/ daß er schier auß der Haut gefah- ren waͤre. Troll thaͤte/ als wann ers nicht saͤhe/ sange demnach steiff fort/ und ließ den Pastor n immerhin handthieren. Dieser stampffete inzwischen/ hustete/ und machte allerhand Possen/ den Troll zu bewegen/ daß er ihn ansaͤhe/ aber dieser wolte nicht/ dannenhero der Burgermeister dem Pastor n/ von dem er meynete/ daß ihm uͤbel wuͤrde/ ein Glaͤßlein mit Balsam Sulphu- ris angefuͤllet/ welches er fuͤr alle Kranckheiten staͤts bey sich hatte/ uͤberreichete/ welches den Prediger noch mehr verdroß/ doch durffte er hier nicht viel sagen. Und als endlich der gantze Gesang außgesungen war/ endigte Troll sein Amt mit einem Final, das allein ein Vatter Unser lang waͤhrete. Darauf stieg der Predi- ger auf eine hoͤltzerne Cantzel/ und predigte mit sol- chem Eyfer/ daß er das Buch etliche mahl von der Cantzel stieß/ welches ihm Troll allemahl wiederbrin- gen muste/ das dann diesem aufs neue in Kopff stieg/ dann er sahe wol/ daß ihn der Pfarrer wieder vexirte. Harre/ gedachte er demnach/ ich habe noch eine Gele- genheit/ dich wieder zu erhaschen! Und endlich be- schlosse der Prediger seine Predigt/ welche kurtz gnug war/ dann er wolte noch uͤber Feld reiten/ und seinen Zehenden einsammlen. Also giengen sie mit einander in der vorigen Procession wieder in den Flecken Sta- chelfeld/ und wie sie vor Krachbeins Hauß kamen/ stelle- Romans II. Buch. stelleten sie sich in einen Craͤyß/ und darauf præsen- ti rte sich Troll/ und hielte in Præsen tz der gantzen Ge- meinde nachfolgende Abdanckung bey der Begaͤngnuͤß einer alten Frauen. A Llerseits geehrte und geliebte Bruͤder uñ Schwe- stern/ Freunde und Freundinnen! Es ist ein altes/ aber auch warhafftes Sprichwort/ da man saget: Stirbt der Fuchs/ so gilt der Balg. Das gehet nicht allein bey dem Fuchs/ sondern auch bey fast allen und jeden 4. fuͤssigen Thieren an. Aber wann der Mensch stirbet/ so begraͤbet man ihn mit Haut und Haar in die Erde. Dann in dieser Haut muß er am Juͤngsten Tag wieder erscheinen. Solcher Gestalt ist jetzo von uns zum Grabe gebracht worden/ Ursula Krachbei- nin/ eine Frau von 89. Jahren/ 7. Monaten/ 3. Wo- chen/ 5. Tagen/ 19. Stunden/ und 34. Minuten/ wie man solches auß der Geburts-Stunde ersehen kan/ so in ihrer nachgelassenen Erb-Bibel aufgezeichnet stun- de. Was ist doch der Mensch/ wann er todt ist? Ein Sack voll stinckend’er Maden/ und wir werden es dem hochbetruͤbten Wittiber nicht rathen/ daß er das gar- stige Todten-Aaß wieder in sein Hauß nehme/ nam omnis homo exanimatus est \& dicitur cadaver. Wie bald ist es mit dem Menschen geschehen? Diese Frau war vor 3. Tagen annoch im Feld/ und brachte ihrem Mann zu essen an die Arbeit. Aber siehe! ein unzeiti- ger Eyfer/ der sie an ihre junge Magd verhetzet/ hat sie in grosse Alteration gebracht/ daß sie daruͤber zum tod- ten Coͤrper worden. Ein unzeitiger Eyfer/ sag ich/ dann sie muthmassete nur etwas von ihrer Magd/ und ihrem Mann/ hatte aber keinen gewissen Fuß. Aber ich weiß besser darum/ Nicolaus Krachbeinius est ho- mo in- Deß Academi schen mo integerrimæ vitæ. Claß Krachbein/ wer euch was Boͤses nachsaget/ der luͤget es wie ein Schelm. Zwar ihr habt die Magd wol nicht gehasset/ aber darum auch eben nicht geliebet. Wann es die Mittags-Hitze erforderte/ daß ihr euch mit ihr auf dem Feld unter den Schatten begabet/ da laset ihr in einem Psalter/ und sie bande inzwischen ein Blumen-Kraͤntzlein/ das habe ich mit meinen Augen gesehen. Aber O! du nun- mehro seelige Ursula/ der Himmel versperre dir deß- halben ja die Pforte nicht/ dann du hast sonsten dein Leben und Wandel auf dieser Welt so ruͤhmlich zu- gebracht/ als eine grosse Koͤnigin nimmermehr wird thun koͤnnen. Saget mir/ liebe Herren und Freunde/ wo ist eine grosse Koͤnigin/ die alle Morgen so fruͤhe wuͤrde aufstehen/ und die Kuͤhe melcken? Die sich mit grober Leinen und Wolle an ihrem Leib behuͤlffe? Die Sonntags und Wercktags gleich fleissig ihren Hauß- Geschaͤfften oblaͤge? Ja/ die es in ihrem Alter so hoch braͤchte? Aber das ist noch nicht alles. Unsere Ursula war from̃ und andaͤchtig/ und ob sie gleich auß Miß- trauen nicht mehr/ als alle Quatember, in die Kirche kam/ so muste doch der Mann und die Magd keine Predigt versaͤumen. Und wie war es moͤglich/ daß sie mit einander auß dem Hauß kommen kunten/ waͤre nicht der Brey inzwischen angebrandt? Eine fuͤr- treffliche Haußhalterin ist sie allwege gewesen/ als die manchmahl in der Mitternacht aufgestanden/ und den Knecht von der Magd abgerissen hat. Und so ihr Mann ihm selber den Bart abgeschoren/ brauchte sie dasselbe Seiffen-Wasser zur Waͤsche deß Leinen- Zeuges. Hoffaͤrtig war sie nicht/ dann einen Rock trug sie 20. Jahre/ und den hatte sie so zerflicket und zerplaͤtzet/ daß man nicht wuste/ welcher Farbe er ge- wesen war. Jm Sommer gieng sie Baarfuß/ und im Win- Romans II. Buch. Winter umwunde sie die Beine mit alten Lumpen. Die Haare ließ sie um den Kopff fliegen/ wie eine junge Dirne/ und brachte selten eine Muͤtze/ oder Haube/ darauf. Jn dem Calender hat der hoch-be- truͤbte Wittiber nachgesucht/ und befunden/ daß sie ihr Lebenlang nur 2. Pfenninge an Steck-Nadeln verbrauchet/ uñ solches zwar bey ihrem hochzeitlichen Ehren-Tag/ und als sie einsmahls zur Hochzeit gan- gen/ sonsten hat sie sich staͤts mit schwartzen Heck- Dornen beholffen. Omnia nunc rident, nunc formo- sissimus annus. Jst nicht jetzo die lieblichste Zeit im Jahr/ aber dannoch hat diese schoͤne Rose verwelcken muͤssen/ welche ihr Lebtage nur 3. mahl kranck gewe- sen/ einmahl/ da sie zum letzten mahl gezahnet/ das an- dere mahl/ als sie durch die Rauch-Kammer auf den Heerd gefallen/ und zum dritten mahl/ da sie sich mit der unschuldigen Magd ihres Mannes wegen ge- eyfert. Das erste mahl curi rte sie sich mit gedoͤrre- ten Schlehen/ das andere mahl mit einem Pflaster von Huͤhner-Koth/ und als sie zum dritten mahl ein wenig warm Bier zu sich nahm/ ward ihr die Brust allzudaͤmpffig darvon/ daß sie sterben muste. Sie hat kein Wasser betruͤbet/ dann sie lebete mit demselben in staͤter Uneinigkeit/ wolte deßwegen auch ihre Haͤn- de und Angesicht nimmer darmit waschen/ darzu brauchte sie lieber das Jenige/ was sie in deß Mannes Nacht-Topff fand/ solches war ihr an Statt der Lauge/ den Wust auß den Runtzeln rein abzuneh- men. Mit armen Leuten hat sie sich nimmer gezancket/ sondern wann ein Bettler vor die Thuͤre kommen/ hat sie solche ihm vor der Nasen zugeschlagen/ und gesagt/ sie sey nicht daheim. Eheu Matrona lectissima, suavissima, castissima, humilima, devotissima. Wo bist du nun/ O keusche/ reine/ andaͤchtige Seele/ im Him- mel/ Deß Academi schen mel/ oder in der Hoͤlle/ oder im Fegfeuer/ das stehet nicht zu begreiffen/ wir wuͤnschen ihr das ewige Wol. Aber/ meine Freunde/ ich muß es kurtz machen/ wie unser Herꝛ Pastor mit der Leich-Predigt/ dann dieser gute Herꝛ wil noch heute nach seinem Zehenden rei- ten/ darum sprechet alle mit mir ein Thraͤnen-volles Amen. Hiermit hatte die Dancksagung ein Ende/ und es war keiner unter dem Hauffen/ der nicht betheuret/ daß ihm dieselbe 10. mahl besser gefallen/ als die Pre- digt selber. Es fand sich aber dardurch Niemand hoͤ- her offendi ret/ als der Pastor, weil man ihn mit Na- men genannt hatte/ zu seinem grossen Schimpff/ derowegen gedachte er sich an dem Rector zu raͤchen/ dem doch die gantze Gemeine beystund. Troll bliebe annoch in Krachbeins Hauß/ und ward am selbigen Abend ersuchet/ folgenden Tages auf einer Hochzeit zu erscheinen/ und Krafft seines Amts die Geschencke zu empfangen und aufzuzeichnen. Er hoffete daselbst was Gutes zu essen und zu trincken zu bekommen; Jnzwischen merckete der alte Krachbein/ daß ihm sei- ne junge Magd/ welche er zur Ehe zu nehmen schon resolvi ret war/ nicht so gar geneigt mehr erschiene/ dannenhero ersuchte er den Rector, ihm doch ein verliebtes Liedchen aufzusetzen/ welches er bey Nacht- Zeiten in ihren Rock steckete/ das Liedchen aber laute- te folgender Gestalt: 1. J Ch kan so nicht laͤnger le- ben/ Jch frey jetzt an Griethen/ Wil sie mir den Tuͤnschel ge- ben/ Bin ichs wol zufrieden. Jch wil sie gar ehrlich halten/ Wo sie mich begehret/ Und ihr ihre Bruͤste falten/ Wann sie sind geklaͤret. 2. Jch wil ihr die Schuh abdre- cken/ Und gelinde schmieren/ Und sie mit der Jake decken/ Wann sie moͤchte frieren/ Jch wil ihr den Kittel lausen/ Wann sie schlaffen gangen/ Und ihr weisses Hemdgen haussen Alle Morgen langen. 3. Romans II. Buch. 3. Sie mag gleich sich mit der Buse/ Bey dem Rocken jeken/ Und auß meinem Pflaumen- Muse Alle Morgen leken/ Werd ich ihr das Brodt ver- schliessen/ Mag sie tapffer schmaͤhlen/ Und es soll mich nicht ver- driessen/ Wann sies koͤnte stehlen. 4. Sie soll von der Kaͤse-Mutter Und dem juͤngsten Kuͤhgen/ Auch das groͤste Klumpgen Butter Alle Wochen kriegen; Jch wil ihr auch gar nicht woͤhren/ Sie mag von dem Quarge/ Nur so fett sie wil aufschmeh- ren/ Ob ichs gleich erkarge. 5. Wann wir in den Sommer- Tagen Gehen auf den Schober/ Soll sie nur die Krauche tra- gen Mit dem grossen Kober. Stecke sie mirs Nachbars Hansen Wann wir Aehren schneiden/ Gleich zu oberst auf den Pan- sen/ Dannoch wil ichs leyden. 6. Jch wil sie nicht stracks ver- dencken/ Wanndie lose Maͤhre/ Gleich alleine mit dem Encken Auf dem Boden waͤre. Jch wil zu Gevattern bitten/ Wañ sie nun geht schwanger/ Und ihr fleissig Pflaumen schuͤtten Auf dem faulen Anger. 7. Jch wil ihr fein unterlegen Den gestopfften Rantzen/ Und das Kindgen selber schwaͤgen/ Und mit ruͤmmer tantzen/ Jch wils gar zu reinlich wi- schen/ Und mit Meele klopffen/ Und die Windelchen darzwi- Fein gelinde stopffen. (schen 8. Hemdchen/ so man darff im Hause Wil ich schon erstuͤcken/ Und mit meiner Sonntags- Krause/ Seine Kaͤppchen flicken. Jch wil fleissig alle Morgen Jhr ein Muͤßchen kochen/ Solt ich gleich die Semmeln borgen/ Wann sie ligt in Wochen. 9. Wann sie mir nun wird abste- hen/ Bitt ich alle Bauren/ Daß sie mir zur Leiche gehen/ Und in Binden trauren. Jch wil Nase/ Bart und Haare Lassen schwartz verbraͤmen/ Und auch vor dem Viertel- Jahre Keine Frische nehmen. D d d 10. Drum Deß Academi schen 10. Drum noch laͤnger so zu blei- ben/ Kan ich nicht erschwingen/ Jch wil mich wied’rum bewei- ben/ Wann mirs wil gelingen; Wil sie dann ihr Gluͤck ver- schleudern/ Und mag keinen Schoͤppen/ Mag sie sich mit Hunger-ley- den All ihr Tage schleppen. Dieses Liedgen gefiel dem alten Narren uͤber die Massen wol/ darum spendirte er dem Herꝛn Rector diesen Abend auch ein Maaß Bier/ und erzei- gete sich recht froͤlich. Aber am folgenden Morgen kam die junge Magd zu unserm Troll/ und klagete ihm/ daß sie den alten Krachbein durchauß nicht mehr leyden koͤnte/ weil er gar zu ein geiler Bock waͤre. Er plage sie immerdar mit seinen Ducaten/ dardurch er sie zur Einwilligung und Ja-Wort verfuͤhren wolte. Aber seithero sie mit deß Burgermeisters Knecht in Kundschafft gerathen/ haͤtte sie gar kein Belieben mehr zu dem alten Gecken/ ob er gleich noch so reich/ ja wann er auch ein doppelter Schoͤppe waͤre/ darum ersuchte sie ihn/ weil er ausser Zweiffel Urheber deß Liedleins/ so ihr der Alte in den Rock gestecket/ er moͤchte doch auch eines dargegen nach ihrem Willen aufsetzen/ und dem alten Freyer darinn nur oͤffentlich zu Gemuͤth fuͤhren/ daß sie gantz und gar keine Belie- bung zu seinem grauen Bart haͤtte/ darfuͤr wolle sie ihm ein schoͤnes Schnup-Tuch verehren/ auch gern alles thun/ was er von ihr verlangen wuͤrde. Troll sprach sie zufrieden/ und machte ihr Hoffnung/ dem Alten ein solches durch ein ander Liedlein gnugsam zu erkennen zu geben/ er gieng auch so fort zum Ein- nehmer/ der etliche Buͤcher hatte/ darinn blaͤtterte er ein wenig/ und fand ein artiges Stuͤcklein zu seinem Vorhaben/ welches er ein wenig veraͤndert/ machte es doch bald fertig/ und uͤberliefferte es ihr Gespraͤchs- Weise/ wie folget: Er: Romans II. Buch. M Elinde/ die du gleichst dem Mond im vollem Lichte/ Vor derer Augen Glantz die Sterne dunckel stehn/ Kehr doch einst zu mir her dein freundlich Angesichte/ Du wirst in meiner Hand viel Sonnen-Bilder (Ducaten) sehn. So schicken ich und du uns ja sehr wol zusammen/ Weil du dem Monde gleichst/ und ich der Sonnen Flammen. Die Sonnen sind zwar gut/ doch ohne Flamm und Hitzen/ Drum ist auch ihre Welt (der alte Kopff/) mit staͤtem Schnee bedeckt: Jch lobe eine Sonn/ bey welcher man kan schwitzen/ Wann gleich der Nord die Welt mit Frost und Winden schrecke. Was hilfft es/ daß man kan die Sonn im Winter sehen/ Vnd muß dannoch im Schnee ohn ihrer Hitze gehen? Du siehst wie Rosen auß/ ich gleiche den Narcissen/ Dein Haar hat Goldes Glantz/ und meines Perlen-Schein: Nichts koͤnte schoͤner stehn/ ich schwoͤr bey Peru-Fluͤssen: Als wann man diese Perl in solch Gold faste ein. Ja/ wie der Rosen Pracht bey Liljen wird gemehret/ So wuͤrde deine Zier durch mein Ansehn geehret. Die Farben sind versetzt/ drum koͤnnen sie nicht dienen Zum Zierrath: Dein Ansehn/ mein Alter/ tauget nicht: Dein Haar ist Persen-farb/ die Augen wie Rubinen/ Vnd wie ein welckes Blat von Liljen dein Gesicht: Jch lieb ein guͤldnes Haar/ Rubinen-rothe Wangen/ Vnd Augen/ die im Glantz/ gleich wie Demanten prangen. Das Alter ist gechrt/ Verstand kommt mit den Jahren/ Die groͤste Klugheit wohnt in einem grauen Haupt: Was Jugend lernen soll/ hat Alter schon erfahren: Es gibt uns an Verstand/ was uns an Kraͤfften raubt: So viel nun an der Witz die Jugend weicht dem Alten/ Vm so viel soll man auch die Alten hoͤher halten. Wann Weißheit bey dir waͤr/ du alter Geck/ zu finden/ So wuͤrdest du ein Mann/ der auf der Grube geht/ Nicht noch die Jungfern-Lieb dich lassen uͤberwinden. O freye mit dem Tod/ wo dir zu rathen steht. Mit mir wird unter deß das Gluͤck es wol so fůgen/ Daß ich/ wie ich mir wuͤnsch/ koͤnn einen Jungen kriegen. Diese Reimen laß er der Dirnen vor/ und sie hatte grosses Gefallen daran/ weil sie auch dem alten Claß die Feyer-Kleider herlangete/ um solche zur Hochzeit anzulegen/ steckete sie das Liedlein in eine Tasche/ und D d d 2 ließ Deß Academi schen ließ es ihn in der Stille lesen. Troll forschete/ was der Braͤutigam/ auf dessen Hochzeit er erscheinen solte/ fuͤr ein Mensch waͤre/ dem antwortete die Dirne/ daß er ein alter Gesell/ der das Freyen von einem Jahr zum andern verschoben/ ja/ der auf jeden Monat et- was zu sagen gehabt/ warum man darinn nicht freyen solte/ biß er endlich durch seinen alten Vatter/ der ihm die Haußhaltung uͤbergeben/ zum ehelichen Leben an- noch waͤre beredet worden. Weil nun der Herꝛ Rector alleweil einen Reim-Geist bey sich spuͤrete/ setzete er/ Statt deß Geschenckes/ dann er hatte nichts zu ge- ben/ in aller Eyl folgendes Carmen auf/ welches er hernach zu den Hochzeit-Geschencken legete/ und ne- ben denselben dem Braͤutigam uͤberliefferte: 1. B Ring mir doch einer den Calender her/ Jch moͤchte gerne sehen ohngefaͤhr/ Um welche Zeit es sey am allerbest/ Zu freyen/ und daß man sich freyen laͤst. 2. Das Neu-Jahr faͤngt sich mit dem Jenner an/ Das bringt die rechte Kaͤlt und Schlitten-Bahn/ Drum schadet nichts/ wann zwey in einem Bett Sich waͤrmen und sich draͤngen um die Wett. 3. Weil sich zuweilen offt und vielmahl fuͤgt/ Daß mancher in dem Hornung Hoͤrner kriegt/ Drum duͤncket michs gar unbequem zu seyn/ Wann einer kan/ und schlaͤffet doch allein. 4. Der ungesunde Mertz-Mond kommet nun/ Wil/ daß man seinem Leib soll Gutes thun/ Wer gute Mittel in dem Hause hat/ Der pflege sein mit Gutem fruͤh und spat. 5. Alsdann mit Ungestuͤmm kommt der April/ Da paart sich alles/ was sich paaren wil. Wie solten wir dann jetzo uns nicht auch Recht paaren nach der Voͤgel Art und Brauch. 6. Jm Maͤy da ist die angenehme Zeit/ Da wird das Feld mit Blumen dick bestreut/ Da sieht man einen hier/ den andern da Jm gruͤnen Graß bey seiner Sylvia. 7. Jm Romans II. Buch. 7. Jm Brach-Mond stuͤrtzt der Bauer seine Brach/ Und pfluͤgt so fleissig als er kan und mag; Wer dann ein schoͤnes Weib im Hause hat/ Der stuͤrtzet ihm die Brach zur Winter-Saat. 8. Jm Julio kommt an der Hundes-Stern/ Da schertzt man mit den jungen Maͤdchen gern. Jst man allein/ so stehet es ja frey/ Daß einer seine Liebste kriegt darbey. 9. Augustus giebet uns das liebe Brodt/ Das thut GOTT auch fuͤr uns in Hungers-Noth. Und wann dein Haͤußchen ist voll Brodt und Bier/ So findt sich auch ein Maͤdchen bald zu dir. 10 Jn dem September schuͤttelt man den Baum/ Und nimmt den Bienen ihren suͤssen Saum/ Und isst nun immer suͤsse Honig-Birn/ Auch schlaͤfft man gern bey einer schoͤnen Dirn. 11. October giebet uns den lieben Wein/ Da wil man gern beym Frauenzimmer seyn; Drum immer lustig/ froͤlich/ fruͤh und spat/ Jsst man auch gern Gebratens/ wann mans hat. 12. Jm Winter-Mond versiehet sich der Hanß Mit Fleisch/ mit Meel/ mit einer Marten-Ganß/ Deß Tages geht er in dem Zipffel-Beltz/ Deß Nachts erwaͤrmt er sich bey seiner Elß. 13. Jn dem December such hervor die Muͤtz/ Der schmahle Hut ist dir nun nichts mehr nuͤtz. Hertz deine Frau/ daß sie sich nicht beschwert/ Wer weiß/ was ihr der heilig Christ beschert! 14. Nun hab ich den Calender durchgesehn/ Wer weiß/ was auß der Hochzeit kan geschehn? Das gantze Jahr befindt sich immer gut/ Weil es die liebe Noth erfordern thut. Als er dieses Carmen nachlase/ gefiel es ihm in seinem Hertzen/ und muste er sich in seinem Sinn verwun- dern/ daß er einen so herꝛlichen Poetischen Geist bey sich fand. Jndem er sich uͤber sich selber also kitzelte/ kam der Pastor zu ihm herein getretten/ und stellete sich gantz freundlich zu ihm: Jhr wisset wol/ Herꝛ Rector, sprach er/ daß ein Poet geboren/ und nicht ge- D d d 3 macht Deß Academi schen macht wird; Jch sehe/ daß euch diese Kunst angeer bet ist/ darum muͤsset ihr mir ein Lateinisch Carmen auf diese heutige Hochzeit schreiben. Troll nahm auch diese Muͤhe uͤber sich/ und sagte/ er wolle es aufsetzen/ und mit hinbringen/ der Herꝛ Pastor koͤnne inzwischen sein hochzeitlich Kleid anziehen. Jedoch begehrete er vorher deß Braͤutigams und der Braut Namen zu wissen? Und als ihm Jener gesagt/ daß der Braͤu- tigam Jacob Brand/ und die Braut Barbara Glaͤt- sche hieß/ setzete er sich nieder/ und dichtete so lange/ biß endlich herauß kam nachfolgender Dialogismus inter Sponsum \& Sponsam. A H mea chara Barbara Sponsa, Ardeo totus, Totus amore: Est dolor ingens, Est dolor urgens, Qui intolerandus, Quo malè tentor, Valdeque tangor, Undique jactor. Cor mihi læsum Vulnere magno, Vulnere tanto, Nescio quanto: Ulterius sic, Ferre recuso, Non queo ferre, Abnuo prorsus, Sed mea Lecta Barbara Sponsa, Tu mihi sola, Demere morbum Optimè es apta, Quem mihi nemo Tollere quivit. Protinus ergò, Protinus, inquam, Tu mea Mulsa, Barbara Lecta, Stinguere flammam Sit tua cura, Ne malè Torris Intereat sic. S Um tibi præsto, Sponse Jacobe, Candide Sponse: Sic tibi dico, Nubere præstat, Quam malè suadis Ignibus uri: Est malus ardor, Impetus angor, Duriter Romans II. Buch. Duriter instans, Acriter angens, Sic mihi constat, Ast bone Sponse, Cordis ego omnes Tollere moles Calleo pulchre, Te fore salvum, Me fore salvam, Incolumes nos, Unica spes est: Si modò nostra Corcula bina Dentur in unum, Si procul omnis Ardor abesto. H Æc bona verba, Tu mea sola, Sola voluptas, Mellea Sponsa, Quæ modò dixti, Unde revixi. Ardor \& ingens, Lenius ardens, Sis mea tu ergò, Quæ mihi chara: Corque tuum nunc, Sitque meum cor, Atque meum cor Corque tuum sic: Sic mihi tecum Vivere cordi est, Dum fuerit mi Vita superstes. H Æc mea mens est, Hæc mea spes est, Spes mea summa, Vivere tecum, Tu quoque mecum Optume Sponse, Sponse Jacobe, Ignis ut urat, Mutui amoris Corcula nostra Quæ modò nexa: Sic quoque vita, Nostra superstes, Non gravis unquam; Ast erit ista, Dulcis in omni Tempore nostro. Das XXII. Capitul/ Troll haͤlt eine seltzame Bewillkommungs-Rede/ und fuͤhret das Verzeichnuͤß der Hochzeit-Geschencke: Discurriret gar possierlich mit einem andern Dorff-Schulmeister. N Achdem er dieses Carmen auch verfertiget/ kam deß Burgermeisters Magd/ und brach- te ihm ein neues schwartzes Kleid/ samt ei- D d d 4 nem Deß Academi schen nem reinen Hemd/ und was darzu gehoͤret/ welches ihm die gantze Gemeinde verehret hatte. Er legete dieses alles behende an/ und erschien zu bestim̃ter Zeit auf der Hochzeit in einem ansehnlichen grossen Hauß/ woselbst sich die Gaͤste setzeten/ und nachdem der Herꝛ Pastor das Seinige gethan/ und die Gaͤste sich zu Tisch gesetzet/ betete man/ und darauf sprach der Pfarrer: Herꝛ Rector, nun muͤsset ihr die Gaͤste be- willkommen. Troll wuste nicht/ was er hierauf sa- gen solte/ er schuͤttelte Kopff und Mantel/ er zog sei- nen breiten Kragen an beyden Seiten zurecht/ und sprach mit leiser Stimme zum Pfarrer: Herꝛchen/ warum habt ihr mir das nicht eine halbe Stunde zu- vor gesagt? Das muͤsset ihr wissen/ war die Antwort/ dann wer hier Rector seyn wil/ muß allenthalben so wol schrifft- als muͤndlich das Wort fuͤhren. Jn wes- sen Namen aber/ forschete er weiter/ soll ich die Hoch- zeit Gaͤste empfangen? Nicht in meinem/ replici rte der Prediger/ noch in eurem/ sondern in deß Herꝛn Braͤutigams Namen/ darum stellet euch an dessen Stelle/ und redet in seiner Person/ als ob ihr selber der rechte Braͤutigam waͤret/ der Gaͤste gebetten haͤt- te. Also stellete sich Troll zur Braut/ stieß den Braͤu- tigam an die Seite/ und sprach: Allerseits lieb-werthe Freunde/ Nachbarn und Herren und Frauen. J Ch sage euch gebuͤhrlichen Danck/ daß ihr euch nicht ent- bloͤdet/ auf meinem Hochzeitlichen Ehren-Tag zu erschei- nen. Es ist ja so eine alte Weise/ sonst wolte ich der Muͤhe gern uͤberhoben blieben seyn. Aber ich gedencke/ man be- kommt noch etwas verehret/ so setzet euch demnach nieder/ und wann die gelbe Bruͤhe/ samt dem Pfeffer/ verzehret/ so stellet euch bey unserm Herꝛn Schul- Rector ein/ alsdann moͤ- get ihr so lange essen und trincken/ als es euch schmecket/ ich wil im uͤbrigen schon zusehen/ wie ich mich mit meiner Braut allein Romans II. Buch. allein vergleiche/ dann in der Nacht habe ich euer nicht mehr vonnoͤthen. Als er diese Rede gehalten/ sprang er wieder von der Braut hinweg/ und uͤberließ Jacob Brand diese Stelle/ der sich gar schoͤn bedanckete/ daß er ihm das Wort so wacker gefuͤhret/ und die Gaͤste so fein un- vermerckt an die Hochzeit-Gabe erinnert haͤtte. Also langete ein Jeder sein Messer herfuͤr/ und darauf griffen sie das Werck mit Freuden an/ inmassen ihrer etliche einen gantzen Tag hierauf gehungert hatten. Es war wol possierlich/ als der Burgermeister/ so dem Herꝛn Pastor zunaͤchst an der Seiten sasse/ von diesem gleichsam unversehens einen Stoß an den Arm bekam/ da der Burgermeister eben mit einem grossen Loͤffel voll Pfeffer-Bruͤhe nach dem Maul wanderte/ woruͤber er seinen reinen Kragen uͤber und uͤber dergestalt begosse/ daß er ein grosses Ansehen be- kam; Der Pastor entschuldigte sich mit einem kleinen Compliment, also muste es jetzo darbey bleiben. Der Burgermeister aber gedachte sich zu raͤchen/ rieff in- zwischen dem Rector, und tauscheten sie mit Halß- Kraͤgen um; Also sasse Troll mit einem begossenen Pfeffer-Kragen/ und so ihn Jemand deßwegen ansa- he/ sprach er: Es ist deß Herꝛn Burgermeisters Kra- gen/ der Herꝛ Pastor hat ihn Geistlich gezeichnet. Nachdem endlich die gelbe Bruͤhe und Pfeffer ver- zehret/ verfuͤgete sich Troll mit seinem Schreib-Zeug und Papier nach einem besondern Gemach/ allwo die Gaͤste nach einander sich bey ihm einstelleten/ und lautete folgender Gestalt das Reaister der Hochzeit-Geschencke auf dem Ehren-Tag Jacob Brands zu Stachelfeld. M Agister Conrad Fickmesser/ Pastor der Gemeine allhier/ hat die Copulation verrichtet/ ist | also von der Gabe befreyet/ D d d 5 hat Deß Academi schen hat auch uͤber das die junge Eheleute mit einem Lateinischen Carmine beschencket/ wofuͤr ihm auf zukuͤnfftigen Tag ein Stuͤck frisch Rindfleisch und eine Schuͤssel mit Hirsen-Brey gebuͤhret/ wuͤnschet ihnen sonsten GOttes Beystand/ und uͤbers Jahr eine erfreuliche Erndte. Court Rabschnabel/ Burgermeister/ ver- ehret den jungen Eheleuten/ als naher Anverwandter/ 2. junge Geißlein zur Zucht/ und darneben einen harten halben Reichs- Thaler. Hanß Schlimmschuh gibt 10. Pfund gescheelten Hir- sen/ und 4. Ehlen gebleichete Leinwat/ samt 2. hoͤltzernen Leuch- tern. Matz Schmahlbart verehret 3. Steige Eyer/ und ein balb Dutzet zinnern Loͤffel/ beneben 2. grossen strohernen Kessel- Ringen. Dietz Schulfuchs gibt dem Braͤutigam einen neuen Habermann/ und der Braut ein funckel-neues Spinn-Rad/ samt einem Orts-Thaler an Geld. Dauder Jacob quittiret den Braͤutigam/ Statt der Gabe/ von der Obligation, Krafft deren dieser seinem Vatter mit 2. Metzen Lein-Saamen ver- pflichtet war. Nickels hinter der Waͤyde verehret den Eheleu- ten einen harten Guͤlden/ und schencket uͤber das dem Braͤuti- gam die 3. Kannen Bier/ die er in voriger Wochen/ als er Wirth war/ bey ihm unbezahlet vertruncken. Theyß Zippel schencket den Hoch zeitern 4. Paar junge Huͤner/ und einen alten Hauß- Hahn zur Zucht (samt einem Essig-Krug voll Essig. Gram̃es ( Jeronymus ) Jxesix verpflichtet sich/ statt deß Geschencks/ deß Braͤutigams 2. Pferde/ (als ein Nagelschmiedt/) Jaͤhrlich 2. mahl ohne Zahlung mit neuen Eysen zu belegen. Walther Molkentrem̃el/ Muͤller allhier/ verspricht/ statt deß Geschencks/ im ersten Jahr kein Malter von deß Braͤutigams Mahl-Korn zu nehmen. Lips Mistsinck schencket 3. Maaß Erbse/ und wil uͤbers Jahr abermahl so viel zu geben verpflichtet seyn. Claß Krachbein schencket nichts/ weil deß Braͤutigams Vatter auch auf seiner Hochzeit das Geschenck vergessen/ wird also eines gegen das andere aufgehoben. Thomas Winterlust hat vor 4. Wochen eine Ohrfeige unverdienet vom Braͤutigam bekom- men/ die Raache wil er mit ihm vertrincken/ aber ohne Hochzeit- Gabe. Ludwig Ochsenfuß schencket 5. Wuͤrff/ jeden zu 4. doppel- ten Plabberten/ haͤtte auch den 6. Wurff hinzu gethan/ wañer ihn vor 3. Jahren in Bezahlung eines kleinen Rest s um einen Wurff nit betrogen haͤtte. Willem Kuhschinder borget den Hochzeitern das Hochzeit-Bier auf Jahr und Tag/ darum ist er Geschenck- frey. Braumen Bast verehret der Braut einen Brieff Steck- Nadeln/ einen Finger-Hut/ 2. Eymer/ und ein Butter-Faß/ samt einem Romans II. Buch. einem zinnern Napp. Henning Feigenwartz vergoͤnnet dem Braͤutigam in der Kirchen mit auf seine Stelle zu kommen/ so lang er lebet/ und solches an statt einer Hochzeit-Gab von zwey Reichsthlr. Heyn Laßdunckel/ Metzger beym Rathhauß/ bor- get dem Bråutigam 172. Pfund Rind-Fleisch zur Hochzeit auf Jahr und Tag/ bleibet also Geschenck-frey. Otto Freßmaul schencket den angehenden Eheleuten ein altes Span-Bette/ und einen halben Gulden an Geld/ hoffet/ sie werden koͤnnen zufrie- den seyn. Lorentz Ungerath verehret den neuen Eheleuten eine grosse Schuͤssel voll Honigseims/ und 2. Malter gedorrete Ho- tzeln oder Birn. Jsack Wassersoff verehret dem Braͤutigam eine Stahl-neue eyserne Kuͤchen-Pfanne und einen Schaum- Loͤffel/ samt 15. guten Groschen. Dieterich Oberbein gibt den Hoch zeitern einen neuen Meel. Kasten/ darein 6. Malter gehen/ samt einen Orts-Thaler an Silber-Geld. Meynret Kizelrock schencket ihnen 2. Maußfallen/ eine auf den Korn-Boden/ die andere in die Speise-Kammer/ und darzu einen Scheffel Waͤi- tzen-Meel/ wie auch 6. Pfund Schweitzer-Kaͤse/ von der besten Art. Barthel Troll der Juͤngere/ bestellter Schul Rector deß Fleckens Stachelfeld/ ist/ als ein geistlicher Bedienter/ Geschenck- frey/ und bedinget sich/ wegen seines Hochzeit- Carminis, eine Schuͤssel mit gelber Bruͤh auf Morgen. Hiermit endigte sich das Verzeichnuͤß der Ge- schencken/ und Troll tratt wieder zu den Gaͤsten an die Tafel/ da man die andere Tracht auftrug/ darun- ter war eine grosse Schuͤssel voll Hirsebrey/ weil nun der Burgermeister wol wuste/ daß der Pastor ein sehr grosser Liebhaber darvon/ langte er in die Schuͤssel/ und fand den Brey sehr heiß/ gedachte sich demnach an dem Pastor n wegen deß Pfeffergusses zu raͤchen/ derowegen sagte er: Herꝛ/ es ist immer schade/ daß sie den schoͤnen Brey haben lassen kalt werden. Der Pastor schuͤttete demnach einen guten Loͤffel voll gantz gierig in den Halß/ verbrandte aber das Maul so jaͤmmerlich/ daß er den Brey wieder herauß/ und auf den Teller spruͤtzete/ machte dem Burgermeister ein sauer Gesichte/ und sprach: Er ist euch den Teufel zu kalt/ Deß Academi schen kalt/ ich kan hinfuͤhro von keiner Speise mehr genies- sen/ so habe ich das Maul verbrandt. Dieses Possen lachete die gantze Gesellschafft/ aber keiner mehr/ als Troll/ welches dem Herꝛn Pastor gar sehr zu Kopff stiege/ daß er ihm im Hertzen feind ward. Es war aber ein Schulmeister von dem naͤch- sten Dorff auch bey der Hochzeit/ welcher die Einbil- dung hatte/ daß er sonders gelehrt sey/ und weil ihn auch der Pastor darvor hielte/ reitzete er diesen an/ daß er sich mit Trollen in einen Lateinischen Discurs ein- lassen moͤchte/ weil er nun schon in etwas besoffen/ re- dete er den Trollen folgender Gestalt an: Domine Rector, tu scis latinam loquere? Troll antwortete: Optimè \& pessimè, sicut vis. Worauf Jener: Ubi habes studere? Troll: In Schola \& Academia, sed tu etiam habes vidisse Academiam? Schulmeister: Vidi Academias in Basel per tribus diebus, \& habeo audire studentes disputant in auditorium magnum. Troll: De quo materiabus? Schulmeister: De rerum varium, quod obliviscavi; sed quid est Grammatica? Troll: Est librum impressum in Octavum, quod ego per trias vices perlexi. Schulmeister: Hoc est mul- tissimum, sed quid est Rhetorica? Troll: Est avicula bene canens, scis tu autem, quid canit? Schulmeister: Scivi, sed non amplius, nam meo tempore nondùm est avicula, sed liber parvus, quid autem est Logica? Troll: Est homo, qui facit Syllogismum: Exempli gratia: Omnis asinus est auritus, tu es auritus, ergo tu es Asinus: responde. Schulmeister: Ego negam con- clusionem. Troll: Optime, nam præmissa utraque est vera, sed quid facis in tuum officium? Schulmei- ster: Ego omnes dies docere habeo discipulos meos canere \& legere \& scripsisse, sed quid tu facis? Troll: Ego ede cum Domine Pastore, \& dormio solus in utram- Romans II. Buch. utramque aurem, sed quando incipio, non desino in- formare juvenes meos, sed dicito, cujus generis est homo? Schulmeister: Est generis communis. Troll: Non, est enim generis masculini, ut Gulo, Morio, Sal- mo. Schulmeister: Domine Pastor: Non est homo generis communis? Der Pastor sprach: Pudeat te Domine Schul- Rector, nescis genera verborum? Homo est generis communis, quia etiam uxorum sunt hominum. Troll: Si homo est generis communis, tua fœmina est generis communis, quia est homo. Pastor: Tu furcifer, femina mea est generis fœminini, sed Bur- gimastri uxor est generis communis. Troll: Si homo est generis communis, tum animal est generis omnis, nam Pastor, \& ejus fœmina \& ejus animalia sunt omnia animalia. Pastor: Insulse lurco, vacca \& canis sunt animalia, non Pastor nec ejus fœmina: tace, aut ego to excommunicabo. Troll: Tacebo Domine Reverende edemus Breyam de Hirsa. Die gantze Gesellschafft hoͤrete gar andaͤchtig auf diese Lateinische Disputan tz/ und meyneten/ man haͤtte ihres Gleichen nicht/ aber in demselben Augenblick gieng die Sturm-Glocke/ weßwegen ein Jeder von dem Tisch sprang/ zu sehen/ was zu thun waͤre. Wie sie hinauß kamen/ erschien ein Dienst-Knecht und sprach: O eylet geschwinde/ ihr gute Nachbarn/ ein greulicher Wolff hat unsern Hengst auf der Waͤyde darnieder geworffen/ und frisset schon an seinem Hal- se. Da nahm ein Jeder was er in der Eyl fand/ eine Stange/ eine alte Buͤchse/ einen rostigen Degen/ eine Mist-Gabel/ oder sonsten etwas/ und wie sie auf die gemeine Waͤyde kamen/ lieff der Wolff davon/ wel- cher den Hengst/ so der Gemeine gehoͤrete/ und die Mutter-Pferde bespringen muste/ schon zu todt ge- bissen hatte. Er entkam ihnen bald auß den Augen/ dahero Deß Academi schen dahero kehreten sie wieder nach Hauß/ tratten aber zusammen/ weil es jetzo die beste Spring Zeit/ und berathschlagten sich/ wie sie fordersamst wieder zu einem solchen stattlichen Hengst gelangen moͤchten. Der Burgermeister sprach: Jhr liebe Nachbarn/ wir koͤnnen so bald nicht dazu gelangen/ darum lasset uns die Einwohner unsers benachbarten Dorffs Wustwinckels um ihren Hengst auf 3. Wochen be- gruͤssen/ sie haben schon 2. mahl unsern Stadt-Och- sen von uns gehabt/ darum werden sie uns diesen Dienst nicht abschlagen. Der Herꝛ Rector soll ein zier- lich Schreiben deßwegen an sie verfertigen. Troll muste also/ weil doch die Gaͤste mit einander nach Hause giengen/ sich anjetzo nidersetzen/ und schrieb er folgenden Brieff: Hochgeehrte/ Arbeitseelige und werth-Be- benachbarte Hauß-Leute und Nachbarn deß Stein-alten Dorffs Wustwinckel. M Eine Feder muß jetzo reden/ weil ich es selber fuͤr hertzlicher Bekuͤmmernuͤß nicht thun kan/ sie wird euch ansagen/ daß ein unverschaͤmtes/ vierfuͤssiges/ gefraͤssiges/ grauhaariges/ groß- zahniges/ weitrachiges/ dickkoͤpffiges und langschwantziges Thier/ welches man nicht gerne nennet/ ihr es doch wol kennet/ weil es dann und wann eure Schaafe frisst/ vor 3. Stunden ohne einzige Barmhertzigkeit und Betrachtung der grossen Diensten/ die wir von unserm Stadt- und Stutt-Hengst gehabt/ densel- ben unbarmhertziger/ ja mehr als moͤrderischer Weise angefal- len/ niedergeworffen/ und als den boßhafftesten Buben an Stuͤ- cken zerrissen hat. Nun gehen unsere verlassene Stuͤttlein auf der Waͤyde/ und sehen sich so inbruͤnstig nach einem frischen Hengst um/ daß einem fuͤr Mitleyden das Hertz im Leibe bersten moͤchte. Wann es uns aber unmoͤglich faͤllet/ in so kurtzer Zeit wieder zu einem tuͤchtigen Stutt-Hengst eigenthuͤmlich zu ge- langen/ und es aber jetzo die beste Spring-Zeit nicht zulaͤsset/ des- sen lange zu entrathen/ als ersuchen wir/ die gantze Gemeinde von Stacheifeld/ euch/ unsere liebe Nachbarn/ hiermit gebuͤhr- samst/ daß ihr uns euren Hengst auf 2. oder 3. Wochen leyhet/ unsere Romans II. Buch. unsere Stutten zu beschicken/ wir haben uns nicht gewegert/ euch auf Anhalten unsern Stadt-Ochsen zu leyhen/ ist also ein Dienst deß andern werth/ darum sendet den verlangten Hengst/ so bald es moͤglich ist/ an guter Waͤyde soll es ihm nicht gebre- chen/ und alle Morgen soll er von deß Burgermeisters Knecht gestriegelt werden. So ihr euch dessen wegert/ sollet ihr nie- mahl unsern Stadt-Ochsen wieder bekommen/ das moͤget ihr versichert seyn/ und so das grimmige Thier/ welches unsern Hengst zerrissen/ in eure Gewalt kommen moͤchte/ so nehmet es gefangen/ daß wir ihm den Process machen/ wie es verdienet hat. Gehabt euch wol. Actum Stachelfeld/ am Tage/ da unser ungluͤckseeliger Hengst zerrissen ward. Am folgenden Morgen fruͤh/ als die Gemeine eben zur Kirchen gienge/ uͤberreichete Troll dem Burgermeister fuͤr der Kirch-Thuͤr den Brieff/ der ihn der gantzen Gemeinde fuͤrlaß/ und war Nie- mand/ der sich nicht uͤber den wolgesetzten Stylum zum hoͤchsten verwundert haͤtte. Jnzwischen muste der Pastor in der Kirchen eine gute Zeit warten/ der gerne fruͤh abgeprediget haͤtte/ weil ihn der Prediger auf eine halbe Meile von Stachelfeld auf die Kirch- Weyh geladen hatte. Wie nun Troll in die Kirche kam/ befahl er ihm ein kurtzes Gesang zu halten/ die- ser aber/ der dem Pastor nicht viel zu willen wuste/ nahm den laͤngsten Psalmen vor/ den er im Buch fand/ woruͤber der Prediger schier vor Zorn gebor- sten waͤre. Als endlich der Gesang halb auß/ gieng er gantz unwillig nach der Cantzel/ und fieng an zu predigen. Troll/ der in der vorigen Nacht wenig ge- schlaffen hatte/ setzete sich nieder/ an seinen angewie- senen Ort/ und ward vom Schlaff uͤberfallen/ wan- nenhero der Pfarrer/ zur Rache/ sein Handbuch er- griffe/ und ihm solches unter hefftigen Scheltwor- ten nach dem Kopff warff/ daß er im Schrecken er- wachte. Dieser Posse verdroß den Herꝛn Rector und die gantze Gemeine gar hefftig. Troll aber behielt das Buch/ Deß Academi schen Buch/ sahe sich allenthalben um/ und wie er merckete/ daß deß Pastor n Frau endlich auch einschlummerte/ stund er auf/ und warff ihr das Buch an Kopff/ daß sie schier in eine Ohnmacht gesuncken waͤre. Er sprach darbey: Frau Pfarrerin/ die Schlaͤffer muͤssen also aufgewecket werden/ wann ihr einen andern sehet/ der da schlaͤffet/ so machet es ihm auch also: Da habt ihr den Wecker nun bey euch ligen. Da erhub sich ein solches Gelaͤchter in der Kirchen/ daß man den Pre- diger nicht hoͤren kunte/ doch kunte der Priester nichts anfangen/ dann er war redlich bezahlet. Endlich machte er ein zorniges Final, und eylete zur Kirchen hinauß. Das XXIII . Capitul/ Troll schreibet an einen Obristen. Bekommt sein Pferdt wie- der/ und findet den Cavina/ mit welchem er darvon reitet. Schoͤner Discurs von den Buͤchern. W Ie die Versammlung auß der Kirche kam/ stunde ein Botte vor der Thuͤr/ und uͤber- reichete dem Burgermeister ein Schreiben von einem Kaͤyserl. Obristen/ der mit seinen Leuten/ die er neulich geworben/ in der Nachbarschafft ange- langet war/ und ein freyes Nacht-Lager fuͤr eine Compagnie zu Fuß in Stachelfeld verlangete. Die Leute steckten hieruͤber die Koͤpffe zusammen/ und be- rathschlageten sich. Endlich fiel der Schluß dahin/ der Herꝛ Rector solle an den Obristen ein Schreiben verfertigen/ und sein Gesuch in aller Hoͤflichkeit ab- lehnen. Dannenhero muste Troll mit dem Burger- meister nach Hauß gehen/ und mit ihm essen/ da er ihm dann den Einhalt deß Brieffs/ den er schreiben solte/ vorsagete/ und also setzete sich unser neu-geba- ckener Herꝛ Rector nieder/ und schriebe/ wie folget: Blut- Romans II. Buch. Blut-gieriger Herꝛ Obrister/ grausamster Tyrann und Verfolger aller Tuͤrcken und Tar- tarn! W Jr haben euren Brieff und dessen Jnhalt gesehen: Jhr be- gehret ein freyes Nacht-Lager fuͤr eine Compagnie Sol- daten. Ja/ wann wir solche Narren waͤren! Nein/ wir sind keine Kinder mehr/ alle unsere Leute haben lange Baͤrte. Vesti- gia nos terrent. Vor einem halben Jahr kamen auch Soldaten/ die schlichen sich wie Fuͤchse herein/ aber sie zogen wie Loͤwen und Baͤren wieder hinauß. Wir kennen eure Leute wol. Alte Wei- ber/ Katzen/ Hunde und Maͤuse/ bleiben wol fuͤr ihnen unange- sochten; Aber Huͤhner/ Ferckeln/ Kaͤlber/ Enten/ Gaͤnse/ Tau- ben und Capaunen sind ihres Lebens nicht sicher. Es ist ihnen nichts zu koͤstlich/ nichts zu fette/ nichts zu groß/ nichts zu klein/ es dienet ihnen alles. Es muß alles in Butter schwimmen. Mit den Eyern spielen sie/ wie mit den Ballen. Nein/ wir lassen nicht noch einmahl eine Katze ins Tauben Hauß. Die Soldaten sind heiß-hungerige Woͤlffe/ sie wissen von keinem Fast-Tag/ wann es auch mitten in der Char-Wochen waͤre. Alles schmecket ihnen/ wie Fische/ wann es gleich mehr Haare und Federn/ als Schup- pen hat. Die Spanferckeln essen sie fuͤr Hechte/ und die jungen Laͤmmer fuͤr Gruͤndlein. Die Capaunen fuͤr Barschen/ und die Gaͤnse fuͤr Krebse. O bey Leibe nicht/ lasset uns solche Leute vom Halß. Bey Tage gehet es mit ihnen noch hin. Aber bey Nacht gehen sie aufs Mausen auß/ und durchsuchen alle Nester/ ob sie Eyer finden moͤchten; Aber sie kommen alsdann mit Willen an die Unrechten/ und vergreiffen sich an unsern jungen Frauen und Toͤchtern/ dero jetzo noch etliche vom vormahligen Außzug also zugerichtet sind/ daß sie schier kuͤnfftig entzwey brechen/ und manchen Mann/ oder Vatter/ mit einem jungen Soldaten be- truͤben. Weg/ weg/ mit solchen Zucht-Hengsten/ sie dienen auf unsere Waͤyde nicht. Weil aber doch eure Leute gleich wol etwas zu essen haben muͤssen/ so wollen wir ihnen 100. Laib Brodt/ 50. Pfund Butter/ 3. grosse Kaͤlber/ und 20. Gaͤnse senden/ samt 41. Maß Butter-Milch/ dann unser Weinkeller ist verschlossen/ weil noch kein neuer Wein-Wirth an deß Verstorbenen Stelle gekommen. Seyd ihr darmit zufrieden so bleibet/ wo ihr seyd/ und lasset uns euer Ja anmelden. Wollet ihr aber mit Gewalt zu uns kommen/ so verriegeln wir unsere Thore/ ein jeder Hauß- Vatter hat einen Spieß/ und ein jeder Hauß-Knecht seine Mist- E e e Gabel. Deß Academi schen Gabel. Habt ihr Lust zum Tantz/ euch soll wacker auf gesidelt werden/ und ich glaube/ ihr doͤrfftet/ Herꝛ Oberster/ bey der Mu- sterung schlecht mit der Zahl bestehen. Darum bedencket euch/ was ihr thut/ wir haben einen Rectorem Scholæ, der kan gar an euren General schreiben/ und alle seine Brieffe dringen durch. Der Herꝛ Burgermeister hat zwey gezogene Roͤhre und einen Ballester/ damit kan er einem Jeden/ den er vor sich siehet/ auf 500. Schritte das Hertz treffen. Herꝛ Obrister/ man kennet euch an eurer Plumage, stecket euch nicht in Gefahr/ wir fechten uns zu todt vor unsere Frauen/ Toͤchter und Viehe/ und was habt ihr darvon/ wann ihr/ wie ein Hund/ nieder geschossen werdet? Man wird euch hernach auf den Raben. Acker werffen/ und sa- gen: Da liget der Pluͤnderer. Dieses wollen wir euch in aller Civilit aͤt angedeutet haben/ bedencket euch sehr wol/ wir sind Schweitzer/ und keine Narren. Lebet wol/ und seyd gewarnet und gegruͤsset von dem Burgermeister und gantzen Gemeine deß Uhr-alten Fleckens Stachelfeld/ die euch Lincks und Rechts begegnen koͤnnen/ wie ihrs verlanget. An diesem Brieff hatte der Burgermeister ein solches Vergnuͤgen/ daß er fuͤr Freuden aufsprang/ und den Trollen einen Orts-Thaler auß seiner Ta- schen verehrete. Er ließ auch alsobald den Maͤnnern laͤuten/ und lase den Brieff der Gemeine vor/ welche schwuren/ daß sie ihr Lebtag solchen Brieff nicht ge- sehen/ sie betheureten auch/ wann ihr Pastor sich noch einmahl/ wie heute in der Kirchen geschehen/ an dem Herꝛn Rector vergreiffen wuͤrde/ so wolten sie ihn ab- und diesen an seine Stelle setzen/ der ausser Zweiffel viel bessere Predigten thun wuͤrde/ als der Prediger selber. Also ward der Brieff durch den vorigen Botten wieder abgesandt/ und uͤber 2. Stunden ka- men 8. Soldaten mit einem Wagen/ und begehrten das Jenige an Speiß und Tranck/ was man dem Obristen im Brieff zugesaget hatte. Solches ward ihnen unverzuͤglich eingelieffert/ und die Gemeine war froh/ daß sie durch diesen Brieff von der schaͤd- lichen Einquartierung zu diesem mahl waren befreyet blieben. Am Romans II. Buch. Am folgenden Morgen/ als der Pastor noch nicht wieder gekommen war von der Kirchweyh/ kam der Burgermeister mit den 4. Aeltesten der Gemeine/ und allen Kindern in dem Flecken/ und stellete ihnen den Troll/ als ihren Schul- Rector vor. Ein jeder Knab hatte etwas zum Geschenck gebracht/ der eine Geld/ der andere einen Schincken/ ein anderer eine Methwurst/ ein anderer Eyer/ ein anderer Butter oder sonsten etwas/ der Burgermeister hielte eine kleine Rede an die Jugend/ und ermahnete sie/ ihrem Lehrmeister zu gehorchen. Darauf setzte sich Troll auf einen Stuhl/ und fragte die Knaben/ einen nach dem andern/ was sie gelernet/ und wie weit sie gekom- men waͤren. Er fragte sie auch auß dem Catechismo und Psalmen. Und endlich gieng der Burgermeister und andere Maͤnner wieder nach Hauß/ nach dem Jener den Rector diesen Mittag zu Gast gebetten hatte. Wie endlich die Mittags-Stunde heran nahete/ gieng Troll auß dem Schul-Hauß/ und fand nahe bey dem Rath-Hauß/ zu allem Ungluͤck/ den Onello auf einem Stuhl stehen/ welcher sich als ein Quacksalber angekleidet hatte/ und seine falsche Waaren feil botte. Troll erkannte ihn/ hielt sich aber vor ihm verborgen/ und gieng nach der Kirchen/ wo er alsobald die Sturm-Glocke zog/ und wie darauf Jedermañ herzu sprang/ zu vernehmen/ was zu thun seyn moͤchte/ da sprach er zu den Maͤnnern: Jhr gute Freunde/ ich habe euch schon viel Dienste gethan/ und gedencke deren noch viel mehr zu thun/ aber ich muß euch jetzo etwas sagen/ dort bey dem Rath-Hauß stehet ein Quacksalber/ welcher mir samt seinen Ca- meraden vor wenig Tagen mein Pferd/ Kleider/ und alles/ was ich hatte/ auf offentlicher Strassen abge- nommen. Er gibt sich vor einen Marckschreyer auß/ E e e 2 und Deß Academi schen und verstehet nichts weniger/ als dieses/ darum helffet mir/ das ich das Meinige wieder bekommen moͤge. Jetzo kan ich wieder darzu gelangen/ sonsten gehet der Vogel durch/ und ich habe das leere Nachsehen darvon. Hierauf rieff der helle Hauffen: O schlaget den Schelmen/ den Rauber/ den Moͤrder/ den Leutbe- scheisser todt/ er hat nichts bessers verdienet/ so gesa- get/ so fortgesprungen/ Troll lieff voran mit seinem Schulmeisters-Kleid/ aber wie sie zum Rath-Hauß kamen/ war Onello, der Boltschafft von seinem Un- gluͤck bekommen/ schon durchgangen/ darauf forschete man nach/ wo sein Pferd stuͤnde/ und ward solches in einer Herberg ohnweit darvon gefunden/ da es Troll in seine Schul-Wohnung zohe/ und gedachte: Nun wolan/ nun soll es besser gehen/ ich wil hinfuͤhro rei- ten/ ich habe gnug zu Fuß gegangen. Auf den Nach- mittag kamen die Schul-Knaben wieder/ denen er einen Hauffen Zeugs fuͤrschwatzete/ daß sie meyneten/ sie haͤtten einen Propheten zum Lehrer bekommen. Aber Troll hoͤrete einen zu Pferd herein reiten/ dero- wegen sahe er auß dem Fenster/ und erblickete den Cavina. Er sprang mit beyden Fuͤssen die Stiege hinab/ risse die Hauß-Thuͤr auf/ und rieff Jenem mit vollem Halß. Cavina kannte ihn in dem Schulmei- sters-Kleide nicht/ wolte sich demnach an ihn nicht kehren/ derowegen lieff ihm Troll uͤber die Strassen ein Stuͤck Weges nach/ und brachte ihn zum Stand/ da sich dann Jener creutzigte und verwunderte/ wie er ihn in solchem Habit finden solte. Troll aber noͤthigte ihn zu sich/ und erzehlete ihm kuͤrtzlich/ wie es ihm seit ihrer letzten Treñung ergangen waͤre/ und Cavina mel- dete dargegen mit wenigem/ wie er die erste Nacht im Wald geschlaffen/ und am folgenden Tag vom Pferd gestuͤrtzet/ Romans II. Buch. gestuͤrtzet/ da er einen so schweren Fall gethan/ daß er etliche Tage sich in einem Staͤdtlein habe muͤssen im Bette halten. Troll nahm ihm also fuͤr/ mit ihm heimlich darvon zu reiten/ weil er sich doch nicht zum Schulmeister schickete/ und darauf ließ er die liebe Jugend bey Zeiten nach Hauß gehen/ woruͤber sich dieselbe hoͤchlich erfreuete. Hierauf lieff Toll zu Krachbeins Dirne/ und ersuchte sie/ daß sie ihm etwas zurecht machen moͤch- te von den Speisen/ die ihm waͤren geopffert wor- den. Diese war darzu gantz willig/ schlug Eyer in die Pfanne/ briethe Wuͤrst/ kochete einen Schincken und ließ sich geschaͤsftig finden. Also hielten sie diesen Abend gantz allein eine froͤliche Mahlzeit/ legten sich endlich zusammen schlaffen/ und am folgenden Mor- gen sehr fruͤh stunden sie auf/ sattelten die Pferde/ und nachdem Troll von den ihm geopfferten Speisen so viel/ als er immer fassen kunte/ in ein Bett-Tuch von dem geliehenen Bette/ hinter den Sattel ge- bunden/ setzten sie sich auf/ und ritten zum Thor hin- auß; Jedoch hat Troll vorher einen Brieff auf dem Tisch liegen lassen/ dieses Jnnhalts: An den grim̃igen/ doch unwissenden Pastor n/ auch einfaͤltigen Burgermeister und naͤrrische gantze Gemeinde zu Stachelfeld. J Hr elende Tropffen/ wollet ihr einen Hinter-Paucker ha- ben/ so schaffet euch einen/ ich bin zum Reiten gebohren/ und nicht zum Sitzen/ viel weniger zum Schul-schwitzen. Jch habe mein Pferd/ darum habe ich mich aufgesetzet/ und gehe ich gerades Weges zu dem Kaͤyserl Obristen/ bey welchem ich Dienste genommen habe. Dann ich bin Roͤmisch/ darum schicke ich mich in keine Calvinische Kirche. Adjeu, lebet wol oder uͤbel/ mir gilt es gleich viel. Er hatte mit Fleiß von dem Obristen gedacht/ damit ihn die Leute nicht verfolgen moͤchten/ worfuͤr E e e 3 ihm Deß Academi schen ihm bange war. Sie ritten starck fort/ und hatte Troll seinen Mantel und schwartzes Kleid an/ worinn er einen recht possierlichen Reuter præsenti rete. Unter Weges/ etwas mehr als eine Meile von Stachel- feld/ kamen etliche berittene Bauern hinter ihnen drein/ da dann Troll schon bange war/ auß Beysorge/ diese moͤchten ihm etwas geben/ das ihm nicht lieb waͤre/ darum gaben sie den Pferden die Peitsche zu fuͤhlen/ und ritten so starck/ als es den Thieren moͤg- lich war. Aber die Bauren nahmen einen andern Weg/ dann sie wusten Bescheid daselbst/ und kamen diesen doch zuvor. Als sie in einem kleinen Doͤrfflein einander begegneten/ da rieffen die berittenen Bau- ren sehr ungestuͤmmiglich: Herunter ihr Schelmen/ und gebet herauß/ was ihr gestohlen habt. Das saget uns kein ehrlicher Mann nach/ daß wir gestohlen ha- ben/ sprach Cavina; Aber einer von den Bauren be- sahe deß Trollen Buͤndel/ in welchem alle Eyer zer- brochen waren/ daß der Safft herauß flosse; Siehe da/ sprach der Bauer/ du bist gnug verrathen/ hier sind meines Nachbarn Eyer. Troll wolte sich mit diesen Leuten nicht lange zancken/ machte demnach den Buͤndel loß/ und gab ihnen alles mit einander/ schwur auch darbey/ daß es seine eigene ihm geschen- ckete Sachen waͤren/ aber die Bauren glaubten es nicht/ dann etliche Soldaten/ von den vorgedachten/ waren uͤber Nacht in ihr Dorff geschlichen/ und hat- ten viel weggestohlen/ worfuͤr man den Cavina und Trollen ansahe/ wie aber diese mit gnugsamen Um- staͤnden sich herauß wickelten/ gaben sich die Bauren zufrieden/ hielten also ins gesamt am Mittag eine gute Mahlzeit von deß Trollen Speisen/ und darauf ritte ein Jeder wieder seines Weges. Es hatte Ca- vina weiter keinen Anstoß unter Weges/ darum ka- men Romans II. Buch. men sie in 3. Tagen gluͤcklich an den Boden-See/ da sie sich in einem Dorff zu Schiffe setzeten/ um/ nach Schafhausen zu fahren. Jn diesem Schiff fand sich ein Geistlicher ein/ samt einem Edelmann/ der wol geraͤyset hatte. Diese hatten auch ihre Pferde mit in dem Schiff/ und weil Troll so wol als Cavina annoch keinen Mangel an Geld hatten/ waren sie gutes Muths/ und hoffeten/ zu Basel bald zu ihrem Herꝛn zu gelangen. Jnzwischen liessen sich diese Raͤyse- Gefaͤhrten unter Weges bey dem schoͤnen Wetter in ein freundliches Gespraͤch ein/ und weil Cavina ein Buch in der einen Taschen stecken hatte/ welches ein wenig herauß guckete/ forschete der Edelmann/ was es fuͤr ein Buch waͤre? Cavina sprach: Es ist eine Beschreibung Teutschlandes/ und habe ich es zu mir gestecket/ meine Zeit unter Weges etwa dardurch zu kuͤrtzen; Unser Discurs aber gefaͤllet mir so wol/ daß ich darinn zu lesen gar nicht Ursach habe. Gleichwol haben wir es den Buͤchern zu dancken/ daß wir die Zeit so annehmlich vertreiben koͤnnen. Was ist ein Mensch/ der keine Kundschafft guter Buͤcher hat? Alcibiades kam einmahls in eine Schul/ und begehr- te die Buͤcher deß Homeri; Der Schulmeister gab ihm zur Antwort: Er haͤtte dieselbe nicht. Darauf gab ihm Alcibiades einen Schlag/ und sagte zu ihm: So bist du ein Narꝛ/ und machst naͤrrische Lehrlinge. Wie naͤrrisch muͤssen dann die Menschen seyn/ die gar keine Buͤcher haben? Hierauf sprach der Geistliche: Wie naͤrrisch muͤssen dann die Menschen seyn/ die die Bibel nicht haben/ noch lesen. Man kan sonder Buͤcher wol durch die Welt raͤysen/ und etwas klug werden; Wer aber die Bibel nicht hat/ ist viel zu naͤrrisch/ in den Himmel zu kommen. Als die Heydnische Preussen E e e 4 zum Deß Academi schen zum ersten mahl Buͤcher bey den Christen sahen/ ver- meynten sie/ die Buͤcher waͤren Goͤtter/ weil sie ein- ander dardurch verstehen und unterweisen koͤnten; Sie waren gewohnet Kerben in einen Stock/ und Knoͤpffe an ein Seil zu machen/ wordurch sie die Zei- ten und andere Dinge zu bemercken pflegten. Was muͤssen sie dann geurtheilet haben/ als man ihnen die H. Schrifft hat bekandt gemacht. Die Unwissenheit guter Buͤcher verursachet/ daß mancher Mensch in seinem naͤrrischen Jrꝛthum stecken bleibet. Als der Paͤpstliche Gesandte in Teutschland/ Petrus Verge- rius, wieder nach Rom kam/ solte er Cardinal werden. Die Ohrenblaͤser brachten dem Papst vor/ er waͤre ein Lutheraner/ weil er sich mit denselben offtmahls unterredet hatte. Damit er nun diese Laͤsterung von sich ableinen moͤchte/ schrieb er ein Buch wider Luthe- rum; Weil er nun deßwegen seine Buͤcher lase/ so sahe er erstlich in was Jrꝛthum er selber stacke/ dero- wegen verließ er das Papstthum und ward Professor zu Tuͤbingen. Cavina fuhr fort: Daß die Buͤcher nunmehr so bekandt seyn/ das haben wir Lorentz Costern zu dancken/ welcher zu Harlem im Jahr 1450. die Drucker-Kunst erfunden hat/ er machte erstlich hoͤl- tzerne/ nachgehends zinnerne Buchstaben. Das erste Buch/ so er gedruckt/ ist noch zu Harlem zu sehen. Durch dieses Mittel sind die Buͤcher sehr vermehret worden/ wiewol auch vor diesen Zeiten viel Buͤcher in der Welt gewesen sind. Serenus vermachte seinem Juͤnger Gordiano seine Bibliotheck, bestehend in 62000. Buͤchern. Die Tuͤrcken/ welche doch Fein- de der Druckereyen sind/ haben doch nichts destowe- niger von alten Zeiten her sehr viel Buͤcher gehabt. Zu Fez findet man in der Academie 32000. Buͤcher/ alle Romans II. Buch. alle in Arabischer Sprach. Die Tuͤrcken selbst wollen die Warheit ihres Glaubens hiermit beweisen/ weil von denselben so viel Buͤcher geschrieben sind. Der Geistliche replici rte: Dieser Beweiß ist eben so beschaffen/ als derselbe deß Gothardi, welcher die Roͤmische Lehr auch damit wolte gut machen/ weil sie mehr Buͤcher darvon/ als ihre Gegentheile Haar auf den Haͤuptern haͤtten. Aber die artige Rede Koͤnig Ludwigs deß XI. solte sich hieher nicht uͤbel schicken; Dieser sahe einen ungelehrten Mann/ der viel Buͤcher hatte/ und sagte: Er ist gleich wie ein Mann mit einem Buckel/ und wie ein Esel mit einem grossen Pack beladen. Der Edelmann sprach jetzo: Jch fragte eins- mahls die Tuͤrcken/ warum sie keine gedruckte Buͤcher haͤtten? Sie gaben mir zur Antwort: Man hat ge- schwind Buͤcher gnug/ um wol zu leben/ durch das Drucken kommen viel Buͤcher in die Welt/ welche nur beschwerlich sind; Und was das Aergste ist/ das Drucken macht/ daß unter den Christen so viel boͤse Buͤcher sind/ deßwegen halten wir nichts von dem Drucken. Der Geistliche sprach: Es ist zu erbarmen/ daß diese herꝛliche Kunst so mißbraucht wird/ und ist den Christen eine Schand/ daß uns die Tuͤrcken solches mit Wahrheit verweisen koͤnnen. Nachdem Sure- nas, der Parther Oberste/ den Roͤmer Crassum uͤber- wunden/ fande er im Pluͤndern etliche geile Poetische Gedichte/ diese zeigete er seinem Volck/ und sagte Spott-Weise: Sehet/ die Roͤmer koͤnnen sich auch im Lager selbsten der boͤsen Buͤcher nicht enthalten. Das war eine Verspottung eines Heyden gegen ei- nem andern. Was soll man aber von den geilen Buͤchern der Christen sagen? Wol das Jenige/ was E e e 5 man Deß Academi schen man von Commodo, dem angenommenen Sohn deß Kaͤysers Adriani gesaget: Daß er allezeit die Liebes- Gedichte deß unzuͤchtigen Ovidii und Martialis bey sich im Bette gehabt? Worauf Cavina: Es sind auch allerley boͤse Buͤcher in der Welt gewesen/ ehe die Drucker-Kunst erfunden worden/ jedoch so kommen sie durch das Drucken vielmehr in jedermaͤnnigliches Haͤnden. Colotes schrieb ein Buch von der Epicurischen Sect/ welche rechte Mast-Schwein waren/ gleichwol setzte er dieses auf den Titul deß Buchs: Man koͤnte nach den Reguln anderer Welt-Weisen nicht leben. Die- ser Titul war noch nicht so schroͤcklich/ als derselbe/ welcher auf zweyen Buͤchlein/ die Caligula gemacht hatte/ stunde/ die Titul derselben/ als sie gefunden worden/ waren diese: Gladius \& Pugio, Schwerdt und Dolchen. Er vermeynte dardurch viel Leute ums Leben bringen zu lassen. Darauf sprach der Geistliche: Was sind die Titul auf den Buͤchern der Jrꝛ-Geister anders/ als daß man durch ihre Sect allein wol leben koͤnne? Man findet derselben/ die auf den Tituln auch Schwerdt und Dolchen fuͤhren/ die Seelen zu er- morden/ Ja/ GOtt selbsten/ wann es moͤglich waͤre/ von dem Thron herunter zu stuͤrtzen. Wie solcher Gestalt ein Photiniani sches Buch genennet wird: Ein grobes Geschuͤtz/ die Dreyeinigkeit von dem Thron herunter zu schiessen. O der verfluchten hoͤlli- schen Feder! Wider welche GOtt der HErꝛ sein Geschuͤtz gerichtet hat. Cavina fuhr fort/ und saget dieses noch darzu: Daß die Jenigen/ so boͤse Buͤcher herauß geben/ noch darzu in ihrem boͤsen Vorsatz verharren/ und lieber alles verlieren/ als bekennen wollen/ daß sie uͤbel ge- than Romans II. Buch. than haben. Labienus schrieb verschiedene Buͤcher/ worinnen er diese und jene tapffer durch die Hechel zohe/ daß man ihn deßhalben Rabienum, den Rasen- den genennet. Der Roͤmis. Rath liesse seine Buͤcher verbrennen/ welches ihn dermassen verdroß/ daß er sich in einen tieffen Keller sperrete/ und darinnen Hungers starb. Wie nun sein Freund/ Severus, seine Buͤcher verbrennen sahe/ sagte er: Jch muͤste auch le- bendig verbrennet werden/ dann ich habe auß diesen Buͤchern viel Ding gelernet und nachgethan. Der andere sprach dargegen: Diese Halßstar- rigkeit war nicht allein bey den Heyden; Der Christ- liche Bischoff Heliodorus hatte ein Buch gemacht von Mohrenland/ in welchem sehr viel der Jugend nachtheilige Sachen stunden. Die geistliche Ver- sammlung von Thessalonich/ stellete ihm frey/ ob er entweder das Bisthum verlieren/ oder gestatten wol- te/ daß man sein Buch solte verbrennen. Er erwaͤhlte den Verlust seines Bisthums/ weil er lieber das Bisthum/ als sein Buch verlieren wolte. Dieses sind die Fruͤchte deß Boͤsen. Die Liebe der eigenen Ehre und Weißheit. Darauf sprach Cavina: Die Heyden sind sehr fleissig gewesen/ schaͤdliche Buͤcher zu daͤmpffen. Die Buͤcher deß Epicuri sind verbrennet worden/ wie in- gleichem zu Athen die Buͤcher deß Protagoræ, weil darinnen diese Wort stunden: Ob Goͤtter sind oder nicht/ kan ich nicht sagen. Er selbst wurde verbannet/ und alle seine Guͤther eingezogen. Der Kaͤyser Augu- stus ließ einsmahls mehr dann 2000. Buͤcher ver- brennen. Merck-wuͤrdig ist auch das Jenige/ was von den Buͤchern deß Numæ erzehlet wird: Es gru- ben etliche Graͤber in der Erden/ und fanden etliche Buͤcher/ die Numa Pompilius vor langer Zeit gemacht hatte; Deß Academi schen hatte; Der Schultheiß P. Petilius merckte/ daß sie in vieler Haͤnde geriethen/ und der Religion nachtheilig waͤren/ derowegen thate er solches dem Roͤmischen Rath kund/ darauf wurde beschlossen/ man solte dem Eigenthums-Herꝛn/ in dessen Land die Buͤcher ge- funden worden/ eine grosse Summa Gelds geben/ und alsdann die Buͤcher verbrennen. Ob schon Numa einer von den ersten Koͤnigen und Stifftern deß Roͤ- mischen Volcks gewesen. Gluͤckseelig waͤre das Christenthum/ sprach der Geistliche/ wann es so gute Sorge truͤge gegen die Buͤcher/ welche demselben nachtheilig sind. Die Epheser beschwerten sich nicht/ ihre boͤse Buͤcher selbst zu verbrennen/ und das auf dem offentlichen Marckt. Die Heyden beschaͤmen uns in vielen Dingen. Plato wolte/ man solte alle geile Poetische Buͤcher auß den Staͤdten verbannen/ auch deß Homeri Buͤcher selb- sten/ die doch zu allen Zeiten so sehr gepriesen worden. Er selbsten fieng an/ etliche schaͤdliche Gedichte/ welche er in seiner Jugend gemacht hatte/ in das Feuer zu werffen. Als Virgilius auf seinem Tod-Bette lag/ wolte er haben/ daß man sein Buch/ welches er von der Didone gemacht/ verbrennen solte. Die Lacedœ- monier verbanneten die Gedichte Archilochi auß der Stadt. Lobens-wuͤrdig ward derohalben die Vor- sichtigkeit Papsts Pii II. der/ ehe er Papst worden/ deß Koͤnigs in Ungarn/ Ladislai, Lehrmeister gewe- sen/ dieser benahme dem jungen Fuͤrsten alle Buͤcher der geilen Poeterey. Cavina redete weiter: Ausser dem/ daß es viel schaͤdliche Buͤcher in der Welt gibt/ so sind ihrer auch viel so kahl und schlecht/ daß sie nicht Lesens-werth seynd. Heraclides gieng dem Koͤoig Ptolomæo mit einem Buch in der Hand/ welches er gemacht hatte/ entge- Romans II. Buch. entgegen/ der Koͤnig wolte es besehen/ als er nun fand daß Heraclides das Buch Ponos, oder die Arbeit ge- nennet/ kratzte er den ersten Buchstaben auß/ so hiesse es Onos, ein Esel; Viel Buͤcher sind keines bessern Tituls wuͤrdig. Worauf der Geistliche: Um der Ursachen wil- len wolte Kaͤyser Augustus nicht von einem Jeden ge- lobet seyn/ sondern er verlangte/ daß nur treffliche und beruͤhmte Maͤnner sein Leben und Thaten beschreiben solten/ er selbst machte ein Buch von Ajace, welches er lang unter Haͤnden hatte/ weil es ihm aber nicht nach seinem Sinn fortgehen wolte/ thaͤte er alles auß. Als er gefraget ward/ wie es mit seinem Ajace gienge? Gab er zur Antwort: Er hat mit dem Schwamm gefochten. Unsere Zeit waͤre gluͤckseeliger/ wann es mit vielen Buͤchern also hergangen waͤre/ bevorab aber zu unsern jetzigen Zeiten/ da deß Schreibens kein Ende ist/ und man mit dem Demosthene wol sagen mag/ daß nicht Scripta geschriebene/ sondern Sculpta, geschnittene Sachen herauß kommen. Man kan nicht Jedem/ sagte Cavina, nach sei- nem Sinn und Kopff schreiben/ wiewol auf eines Jeden Urtheil nicht viel zu geben ist. Als Cato ein gewisses Buch außgeben wolte/ sagte er: Jch weiß/ daß meine Schrifften von vielen werden durchhechelt und getadelt werden; Aber das werden die Jenige thun/ die selbst keine Ehre bey sich haben. Solcher Leute Reden laß ich als den Wind vorbey wehen. Worauf der Geistliche: An dem Durchziehen und Tadlen ist wenig gelegen/ die beste und nuͤtzlichste Sachen muͤssen das Meiste leyden/ wie wir dieses in unsern Predigten taͤglich gewahr werden. Die Ursach dessen ist manchmahl der blosse Neyd/ welcher Fehler unter den Gelehrten sehr gemein ist. Plato und Xe- nophon Deß Academi schen nophon waren so neydisch auf einander/ wiewol einer dem andern sehr bekandt/ dann sie beyde Socratis Juͤn- ger gewesen waren/ daß auch einer deß andern Na- men oder Schrifften in ihren Buͤchern nicht anziehen mochte. Cavina sprach: Hunniades und Capistranus, bey- de Feld-Obristen/ schlugen im Jahr 1456. das Laͤger deß Tuͤrckischen Kaͤysers Mahomets/ beyde beschrie- ben diesen Sieg/ aber sie waren so neydisch auf einan- der/ daß auch einer deß andern Namen nicht einmahl nennete. Die Schreiber der H. Bibel erweisen hier- innen ihren geistlichen Antrieb/ und daß sie von dieser fleischlichen Gemuͤths-Regung befreyet gewesen/ weil sie einander nennen und loben. Ein grosser Feh- ler ist es an den Buͤcher-Schreibern/ daß sie die Ehr weiser und gelehrter Leute allein haben wollen/ und andere Wercke darneben verachten. Die weise Buͤ- cher Gregorii deß Grossen/ sind auß Neyd verbrennet worden/ ausser die Jenigen/ welche Paulus Diaconus verwahret hat. Der Roͤmische Schreiber Severus durchraͤysete die gantze Welt/ suchte alle seltene und unbekandte Buͤcher auf/ auß denselben nahm er die Beste herauß/ und begrub sie dann unter die Erden/ damit sie Niemand finden solte. Der Kaͤyser Tibe- rius aber/ erzeigte sich auß Neyd viel grausamer; Er ließ den Geschicht-Schreiber Cremurium toͤdten/ vorgebend/ er habe in seinen Buͤchern den Brutum und Cassium gelobet/ wie ingleichem den Scaurum, weil er in seinen Buͤchern veraͤchtlich von dem Aga- memnone geschrieben habe. Die rechte Ursach aber war/ weilen sie den Tiberium nicht gnugsam geprie- sen hatten. Der Geistliche sprach hierauf: Der Neyd ist eine Ursach vieler boͤser Dinge. Man muß aber auch wol Romans II. Buch. wol bedencken/ wie man mit grossen Leuten umgehe. Aristobulus hatte zum Lob deß Alexanders ein Buch verfertiget/ und lase dieses/ als er mit dem Koͤnig zu Schiffe fuhr; Alexander sagte zu ihm: Die Lob- Preisung waͤre all zu groß; Darauf schmiß Aristo- bulus das Buch in das Wasser/ und sagte: Derowe- gen bist du auch werth/ daß man dich uͤber Bord schmeisse. Vor allen Dingen muß man in Acht neh- men/ daß man weder im Loben/ Schelten/ oder auf einige andere Weise von der Warheit abweiche/ solcher Gestalt faͤhret man am allerbesten. Darum ließ Carl der Grosse in der hohen Schul zu Pariß die Buͤcher deß Aristotelis lesen/ sagend: Es haͤtte kein Mann die Warheit so aufrichtig gesuchet und ge- schrieben. Viel vortreffliche Maͤnner haben hierbey uͤbergrosse Arbeit gethan/ und viel Zeit angewendet/ ehe sie ein Buch an das Tages-Liecht gegeben. Iso- crates ist uͤber seinem Panegyrico, oder Lob-Rede/ 10. Jahr beschaͤfftiget gewesen. Plato hat seine Ge- spraͤche uͤbersehen und verbessert biß in sein 80. Jahr/ ehe er dieselbige herauß gegeben. Als der Kaͤyser Nero ein Buch machen wolte/ lase er vorher eine gros- se Menge Buͤcher durch/ ehe er die Feder auf das Papier setzte. Die Sorgfaͤltigkeit anderer Maͤnner ist noch groͤsser gewesen/ wahrhafftige Dinge zu be- schreiben/ dann sie verliessen sich nicht auf das Jeni- ge/ was andere gesaget und geschrieben hatten/ son- dern sie wolten die Warheit der Sachen selbst unter- suchen/ ehe sie darvon schrieben. Dioscorides der Artzt deß Antonii und der Cleopatra solte ein Buch von den Kraͤutern und Metallen verfertigen/ derohalben durchraͤysete er erst alle Landen/ und untersuchte die Beschaffenheit dieser Dinge selbst. Dieses wird auch von den Schrifften deß H. Hieronymi bezeuget. Gleicher Deß Academi schen Gleicher Gestalt thaͤten auch Homerus, Galenus und Herodotus. Salustius raͤysete in Africam, um den Jugurthinischen Krieg desto besser zu beschreiben; Um der Ursachen willen war Diodorus Siculus 30. Jahr mit seiner Geschicht-Beschreibung beschaͤffti- get/ weil er die Welt erstlich durchraͤysen/ und selber alles vernehmen wolte. Als Ptolomæus See- und Land-Karten verfertigen/ und eine Beschreibung daruͤber machen solte/ fuhr er selbsten die Landschaff- ten mit hoͤchster Gefahr rund um. Zu dem Ende raͤy- sete Andalonus durch die Welt/ damit er alle Oerter deß Himmels selbsten besehen/ und dardurch seine Stern-Kunst desto sicherer stellen moͤge. Solche verfertigte Buͤcher sind Lesens-werth; Wiewol ver- sichert sind wir Christen dann wegen der Goͤttlichen Buͤcher/ welche nicht auß eigenem Willen/ sondern durch Himmlischen Antrieb herfuͤr gebracht worden! Wie koͤnnen wir dieselbige hoch gnug schaͤtzen/ wann wir betrachten/ wie hoch man die Menschliche Schrifften geachtet hat. Aristoteles kauffte etliche wenige Buͤcher/ die Speusippus geschrieben/ vor 3. Ta- lenta. Plato, als er in Armuth gerathen/ gab vor die Buͤcher deß Philolai bey nahe all sein Einkommen. Alexander verehrte dem Aristoteli vor sein Thier- Buch/ uͤber seine angewandte Unkosten 400000. Kronen. Octavia, die Schwester Kaͤysers Augusti, schenckte dem Virgilio vor 21. Verse/ die er uͤber den Tod ihres Sohns Marcelli gemacht/ 5000. fl. Cavina ließ sich jetzo also vernehmen: Der Kaͤy- ser Severus gab dem Oppiano, welcher Verse von der Natur der Fische gemacht hatte/ und wie man diesel- bige fangen muste/ vor jeglichen einen Gold-Guͤlden/ darum werden diese Verse noch unter den Gelehrten guͤldene Verse genennet. Diese Buͤcher geben nur Ver- Romans II. Buch. Vergnuͤgen und Weißheit in irꝛdischen und nichti- gen Dingen; Die Lehr-Saͤtze aber in der Bibel sind die rechte guͤldene Verse/ weil dieselbige uns lehren/ wie man die Seelen erkennen/ fangen und seelig machen soll. Die Liebe/ welche jene grosse Leute zu allen guten Buͤchern getragen/ solte billich groͤsser seyn in uns/ gegen die H. Schrifft/ damit uns die Hey- den nicht uͤberzeugen koͤnnen. Alexander hatte alle- zeit die Buͤcher deß Homeri unter seinem Haupt- Kuͤssen ligen/ bey Tag fuͤhrete er dieselbe in einem koͤstlichen Kuͤstlein eingeschlossen mit sich herum. Als Codrus gefraget wurde/ wornach er so schleunig zugienge? Sagte er: Nach meinem Liebling zu/ wordurch er die Buͤcher deß Homeri verstunde. So solte ein Christ gegen die Bibel gesinnet seyn/ dieses Buch ist unser rechter Liebling. Koͤnig Alphonsus hatte zu seinem Zeichen ein offenes Buch. Auß den eroberten Staͤdten begehrte er vor seine Beute nichts anders/ als die Buͤcher. Seine Leß-Stunden ver- saͤumte er nirgends um/ und hatte allezeit Buͤcher auf seinem Bette ligen/ offtmahls sagte er: Er wolte lieber alle seine Schaͤtze/ dann ein einiges von seinen Buͤchern verlieren. Ein offenes Buch ist ein rech- tes Zeichen eines weisen Manns/ absonderlich vor einen Christen eine offene Bibel/ massen man von allen Buͤchern/ also auch von der Bibel keinen Nutzen hat/ wann man dieselbe nicht aufschlaͤget. Sehr wol redete Laurentius Medices: Picus und andere gelehrte Maͤñer musten mich dergestalt aufmuntern/ Buͤcher zu kauffen/ daß ich auch/ als ich kein Geld mehr ge- habt/ meinen eigenen Haußrath darfuͤr verpfaͤndete. Das Kauffen aber ist nicht gnug/ man muß dieselbe auch lesen. Ein solcher Liebhaber war Alphonsus, er kauffte und lase/ er liebte die Buͤcher dergestalt/ daß F f f er sie Deß Academi schen er sie alle sauber binden liesse. Als er das Castell zu Neapolis wieder aufbauen liesse/ muste man ihm deß Vitruvii Buch von der Bau-Kunst bringen. Wie er nun sahe/ daß es sehr uͤbel gebunden war/ sagte er: Lasset es sauber binden/ dann es stehet gar uͤbel/ daß das jenige Buch ungedecket sey/ welches unslehret/ so wol gedeckt zu seyn. Der Geistliche sprach darauf: Es stehet auch nicht wol/ daß GOttes Buch in Verachtung seye/ welches uns lehret/ wie wir recht geehret werden koͤn- nen. Uber den Band der Bibel kan ich zwar nicht klagen/ der Pracht steiget hoch genug/ wann es nur auß Lieb und Ehre zu GOttes Wort geschicht. Manche Jungfern aber schaͤmen sich/ die Bibel oder ein Testament nach der Kirchen zu tragen. Ein Zeichen einer kleinen Liebe zu diesem H. Buch. Wann Sili- cæus, Bischoff zu Toledo, Buͤcher bey den Buch- haͤndlern kauffte/ so trug er dieselbige allezeit selbsten nach Hauß. Als man zu ihm sagte: Daß er dieses durch seinen Knecht thun lassen solte; Gab er zur Antwort: O nein/ die Buͤcher haben mich geehret/ so muß ich sie auch ehren. Die groͤste Ehre aber ist diese/ daß man die Buͤcher wol durchlese/ und sich die- selbe zu Nutz mache. Der Edelmann lachete und sprach: Mit Buͤcher- kauffen bin ich einmahls uͤbel angelauffen; Die Tuͤr- cken verkauffen alle Freytag nach ihren verrichteten Gebeten und Predigten bey ihren Kirchen einige Buͤcher/ ich gienge auch dahin/ und wolte ein Buͤch- lein kauffen/ sie fiengen aber so schnell mit Steinen auf mich zu zuwerffen/ daß ich gnug zu thun hatte/ meinen Leib zu verbergen. Worauf Cavina: So gehet es daselbsten zu/ die Tuͤrcken wollen ihre Buͤcher nicht in fremden Haͤn- Romans II. Buch. Haͤnden haben. Sie verkauffen die Buͤcher nicht gantz/ sondern nur Stuck-Weiß/ also/ daß man auch fast kein gantzes Buch bekommen kan. Sie wollen weder Juden oder Christen bey ihrer Buͤcher-Ver- kauffung leyden/ auch koͤnnen sie ohne Lebens-Gefahr keine Tuͤrckische Buͤcher bekommen. Also wollen sie auch nicht dulden/ daß ihr Volck der Christen Buͤcher lesen soll. Die Tuͤrcken haben eben dieselbige Ursach/ die Kaͤyser Julianus hatte/ warum er die Heydnische Buͤcher den Christen benahm/ sagend: Auf daß wir durch unsere eigene Federn nicht verwundet werden. Diese Sorge ist bey den Christen nicht zu finden/ alle Buͤcher kan man bey uns bekommen/ der Man- gel aber ist nur allein am Lesen. Gute Buͤcher muß man was genauer lesen und gebrauchen. Arcesilaus lase alle Morgen und Abend etwas in den Buͤchern Homeri. Als Plato auf seinem Tod-Bette lag/ im 82. Jahr seines Alters/ da lag noch unter seinem Haupt-Kuͤssen Sophronis Buch. Avicenna war noch ein Schul-Jung/ gleichwol hat er die Metaphysic 40. mahl/ und den Euclidem 5. mahl durchgelesen/ ab- sonderlich solte man also mit der Bibel verfahren. Alpharabus, ein Tuͤrckischer Lehrer/ fand auf seiner Raͤyse von ungefaͤhr das Buch Aristotelis von dem Gehoͤr/ dasselbe lase er auch 40. mahl durch/ und schriebe noch darauf diese Worte: Jch wil es noch wol einmahl lesen. Alphonsus hatte allezeit bey ihm die Buͤcher deß Julii Cæsaris, und lase alle Tag dariñ. Es ist aber mit dem Lesen nicht allein gnug/ man muß also lesen/ daß man Nutzen und Vortheil darvon habe. Als Æmilius den Macedonischen Koͤnig Per- seum uͤberwunden/ und viel Schaͤtze geraubet hatte/ begehrte er vor sich selbsten nichts anders/ als die Koͤ- nigl. Bibliotheck; die Ursach aber dessen war/ damit er F f f 2 seine Deß Academi schen seine Kinder durch die Buͤcher wol unterweisen moͤge. Deß Geistlichen Zwischen-Rede war diese: Solcher Gestalt muß man lesen/ und zwar mit so grosser An- dacht/ als Santes thaͤte/ derselbe gieng nach einem Schauspiel/ und kauffte unter Weges ein Buͤchlein/ in welchem er unter waͤhrendem Schauspiel so emb- sig lase/ daß er nachgehends gestunde/ er wuste nicht/ was gespielet worden waͤre. Dieses Lesen ist nutzlich. Zu wuͤnschen waͤre es/ daß wir die Goͤttliche Buͤcher so embsig liesen/ und keine Lust haͤtten/ das Weltspiel anzusehen. Mit dem Lesen aber ist es nicht gnug/ die Frucht muß auch darzu kommen/ man muß was im Gedaͤchtnuͤß behalten. Carl der Fuͤnffte fragte offt- mahls seine Hof-Leute/ was sie deß Tags uͤber gelesen und behalten haͤtten? Kaͤyser Claudius konte den Homerum so fertig außwendig/ daß er bey aller vor- fallender Begebenheit seine Verse beybringen konte. Wie wol solte es mit den Christen stehen/ wann sie so wol die Bibel zu gebrauchen wuͤsten. Es ist mit derselben nicht also/ gleich wie mit den Buͤchern deß Peter Lombardens bewandt/ diese waren in solcher Achtung/ daß man den Jenigen zum Doctor in der Theologie machte/ der nur sagen konte/ daß er es mit denselben hielte. Worauf Cavina: Um der Ursach willen/ hatte Avicenna allezeit ein Schreib-Buͤchlein bey ihm/ das Jenige/ was er lase/ aufzuzeichnen und zu behalten. Also kan man mit den Buͤchern rechten Nutzen schaf- fen. Franciscus I. Koͤnig in Franckreich/ lase so fleissig in den Buͤchern/ daß er dardurch die zerfallene Ge- lehrigkeit wieder aufrichtete. Ludwig der XII. be- stellete seine Regierung nach den Buͤchern deß Julii Cæsaris, und dieses ist kein Wunder/ dann Julius Cæsar stund zu Rom auf einer Welt-Kugel abgebildet/ in der Romans II. Buch. der einen Hand hielte er ein Schwerdt/ und in der andern ein Buch/ mit diesen Worten: Ex utroque Cæsar, durch diese Beyde bin ich Kaͤyser worden. Gluͤckseelig sind die Christen/ sagte der Vorige/ die also die H. Schrifft lesen/ daß sie nach derselben ihr boͤses Leben bessern/ und regieren moͤgen/ und solte dieses billich unser Wahl-Spruch seyn: Ex uno victo- res, durch ein Buch koͤnnen wir die Welt uͤberwin- den/ welches Buch selbsten ein geistliches Schwerdt ist. Als Franciscus I. Koͤnig in Franckreich in Spa- nien gefangen war/ lase er sehr viel/ wie er nun loß kam/ sagte er: Die Buͤcher waͤren sein groͤster Trost gewesen. Als Alphonsus kranck darnieder lag/ fand er keine Huͤlff bey den Aertzten/ derowegen fieng er an/ um die Zeit zu vertreiben/ den Q. Curtium zu lesen/ wormit er sich so ergoͤtzete/ daß er daruͤber gesund ward/ und dahero den Curtium seinen besten Artzt nennete. Wie man ihn nachgehends fragte: Was er am meisten achtete/ die Waffen/ oder die Buͤcher? Gab er zur Antwort: Durch die Buͤcher lerne ich die Waffen recht gebrauchen. Dannenhero haben die Gothen nicht recht gethan/ als sie den Atheniensern/ nachdem sie ihre Stadt eingenommen hatten/ die Buͤcher wieder gaben/ sagende: Lasset die Griechen ihre Buͤcher behalten/ dann dardurch werden sie schlechte Soldaten. Dieses alles aber ist nichts gegen GOttes Buch/ welches unser groͤster Trost ist/ dann/ wann man nirgends Rath gegen die Seelen-Kranck- heitfin den kan/ so ist die Bibel unser allerbester Artzt. Ein Buch schaffet mehr Nutzen als das andere/ war deß Cavina Antwort: Man muß die Besten außlesen/ die Ubrigen sind deß Lesens kaum wuͤrdig. Wann man uns deßwegen befragen solte/ so ver- meynte ich nicht/ daß es eine Schand seye/ wann man F f f 3 mit Deß Academi schen mit Melanchton, als er wegen eines Trauerspiels deß Diogenis befraget wurde/ zur Antwort gaͤbe: Jch habe sie nicht gesehen. Worauf der Geistliche die- ses fuͤrbrachte: Der kuͤrtzeste und sicherste Weg ist allezeit der Beste. Longolius wolte nur einig und allein den Ciceronem lesen/ damit er auß andern Buͤchern keine boͤse Schreib-Art an sich nehmen moͤchte; Also muß man die heilige Buͤcher lesen/ um eine heilige Schreib-Art sich anzugewoͤhnen. Als die Athenienser von den Syracusanern elendiglich uͤber- wunden/ und zu Sclaven gemacht worden/ liessen sie alle die Jenige frey und ledig/ welche nur etwas auß den Trauer-Spielen deß Euripidis erzehlen konten; Jn solchen Ehren ward dieser Mann auch bey den Feinden selbst gehalten. Wir koͤnnen gleichfalls den Hoͤllischen Feinden entgehen/ wann wir auß wah- rem Glauben einige Spruͤche auß der Bibel von un- serm Heyland JEsu hersagen koͤnnen. So erschreck- lich ist der Name JEsus den boͤsen Geistern/ und so sicher ist GOttes Wort den glaubigen Seelen. Das XXIV. Capitul/ Academien sind sehr nutzlich/ und wie dieselben bestellet seyn muͤssen. Schoͤner Discurs von kostbaren Kirchen. A Ls der Geistliche dieses Wort kaum außgeredet hatte/ da begunten sich die Pferde unter einan- der im Schiff zu schlagen/ woruͤber dieselbe auf die eine Seite verfielen/ daß das Schifflein um- schlug/ und die Leute mit einander ins Wasser san- cken. Die Pferde ertruncken alsobald/ samt dem Schiffer/ der im Umschlagen unter dieselbe zu ligen kam. Die uͤbrigen Personen aber retteten sich mit Schwimmen nach einem Baum-reichen Jnselchen/ welches ziemlich nahe bey dem Ort deß erlittenen Schiffbruchs belegen war. Sie kamen auch wol-be- halten Romans II. Buch. halten daselbst an/ ausser Troll/ welcher etwas viel Wasser in den Leib bekommen hatte/ dahero setzete ihn Cavina, mit Huͤlffe etlicher ihrer Gefaͤhrten/ auf den Kopff/ und brachte ihn zum Erbrechen/ daß er also deß eingesoffenen Wassers bald wieder loß worden. Jm uͤbrigen kunte sich Cavina auch mitten in der Noth deß Lachens nicht enthalten/ als er ihn in sei- nem schwartzen Kleid im Wasser plumpen sahe/ und haͤtte ihn sein Schul-Mantel nicht aufgehalten/ so waͤre er richtig untergesuncken/ und vergangen. Auf dieser Jnsul sassen sie nun/ ihrer 8. an der Zahl/ und darunter eine junge Frau/ samt ihrem Mann/ und hatten nichts zu essen/ dann um das Trincken durfften sie sich endlich nicht zu sehr bekuͤm- mern/ weil man auch mit Wasser den Durst loͤschen kan. Die Kleider waren durchnetzet/ und die Men- schen-Leiber durchkaͤltet/ wannenhero sie Feuer schlu- gen/ und an Holtz nichts ermangeln liessen/ worbey sie sich nach und nach wieder truckneten. Die Nacht fiel endlich daruͤber ein/ und musten sie sich darein geben/ hier auf der wuͤsten Jnsel ein Nacht-Lager mit hun- gerigem Magen zu halten. Damit ihnen aber die Zeit nicht gar zu lange werden moͤchte/ begunten Cavina, der vorige Edelmann und der Geistliche/ von aller- hand Sachen mit einander zu discurri ren. Hierzu kam jetzo ein ansehnlicher Schweitzer/ in einem feinen Kleid/ der durch seine schoͤne Discurse gnugsam zu er- kennen gab/ daß ihm das Universit aͤten-Leben durch- auß bekandt waͤre/ und weil er auch selber gestunde/ daß er nicht allein verschiedene Academi en in Teutsch- land und Franckreich besuchet/ sondern jetzo auf dem Weg sey/ nach Basel zu gehen/ um den hoͤchsten Eh- ren- Grad der freyen Kuͤnsten abzuholen/ das ist/ ein Doctor Juris zu werden/ so forschete der Edelmann F f f 4 von Deß Academi schen von ihm: Ob die Welt nicht eben so wol ohne Aca- demi en/ als mit denselben/ leben koͤnte? Das ist/ sprach der Schweitzer/ eine seltzame Frage. Die Welt kan wol ohne Academi en bestehen/ aber nicht so wol und manierlich regieret werden. Die Moscowiter/ und etliche Nation en mehr/ unterhalten auch weder Schulen/ noch Universit aͤten; Aber/ daher sehen wir/ daß sie auch/ wie das tumme Viehe/ in hoͤchster Bar- barey und Unwissenheit dahin leben. Man hat zwar in der Stadt Moscau/ wie mir neulich berichtet ist/ vor gar wenigen Jahren eine Lateinische Schul an- geleget/ worinn 2. Griechische Muͤnche lesen/ aber der Patriarch soll gar sehr darwider seyn/ und sich bemuͤ- hen/ sie fordersamft wieder abzuschaffen. Jm uͤbrigen ist es nicht so leicht außzusprechen/ was fuͤr grosser Nutzen der ehrbaren und vernuͤnfftigen Welt auß den Academi en zuwachse/ dann zufoderst gereichen sie zu GOttes Ehre/ und bequemen die Leute dahin/ daß sie willig werden/ GOtt zu dienen und zu fuͤrchten/ ihrem Fuͤrsten zu gehorchen/ dem gemeinem Wesen zu dienen/ zur Ehre und Ruhe deß Landes/ darinn sie wohnen/ und zum Aufnehmen der Stadt/ darinn sie geboren sind/ ja solche Leute streben darnach/ daß die Kirche bey ihrer Ehre und Wuͤrde/ die Gerechtigkeit aber bey ihrer hohen Authorit aͤt ungekraͤncket bleibe. vid. Rulman en son 2. Plaidoyer. p. 227. Die Acade- mi en loͤschen das Feuer der Unwissenheit auß/ und lieset man von Eberhardo I. Hertzogen zu Wuͤrtem- berg/ der die Academie zu Tuͤbingen aufgerichtet/ diese Worte: Daß Sr. Fuͤrstl. Gnaden guter Mey- nung habe wollen helffen graben den Brunnen deß Lebens/ darauß von allen Enden der Welt unersicht- lich geschoͤpffet werde/ troͤstliche und heilsame Weiß- heit/ zu Erloͤschung deß verderblichen Feuers Mensch- licher Romans II. Buch. licher Vernunfft und Blindheit. Besold. libr. 1. Polit. cap. 12. §. 2. num. 31. Gehet man in dieser Materie/ von dem Nutzen der Academi en/ weiter/ so finden wir/ daß die Landes- Fuͤrsten darvon keine geringe Ersprießlichkeit zu ge- niessen haben/ dann die Academi en sind ein frucht- barer Saame/ der auf einen allgemeinen Acker ge- saͤet ist/ darauß die Fuͤrsten die Erstlinge sammlen/ deren Laͤnder dardurch mit Gluͤckseeligkeit angefuͤl- let werden. Sie sind Halß-Ketten voller Reich- thums/ gezieret und geflochten auß schatzbaren Per- len/ womit ihre Krone gezieret wird. Sie sind starcke und veste Gruͤnde/ welche machen/ daß das Regier- Hauß unzerruͤttet stehet/ und/ daß der Scepter nicht wancke. Rulmann l. c. pag. 278. Jener Land-Graf von Hessen ( apud Hordlederum de Causa Belli Germ. l. 4. c. 7. p. 126.) spricht also: Die Universit aͤt/ so wir angerichtet/ ist uns/ unserm Fuͤrstenthum und gemei- nem Nutzen lieber und nutzlicher/ als viel tausend. Von der Jenischen Academie redet ein fuͤrtrefflicher Mann/ und nennet sie einen gemeinen Land-Schatz/ Officin und Werckstatt aller guten Kuͤnsten. Academi en machen Tugendsame Gemuͤther un- ter den Menschen/ ja sie bezaͤhmen die wilden Bar- barn: Emolliunt Mores, nec sinunt esse Feros. Mid- dendorp. de Acad. libr. 1. c. 4. p. 16. Sie sind eine Zierde deß gantzen Landes. Ph. Melancht. in Consil. de Constit. Acad. Lips. Part. 2. Consil. Theol. p. 431. in- sonderheit aber der jenigen Stadt/ darinn sie aufge- richtet ist. Dann eine Stadt/ welche gelehrte Leute gehabt/ wird edler seyn/ als andere/ denen dergleichen ermangelt/ sagt Jean Baptist. Bossevin de Honore libr. 4. p. 151. Dahero ist wol zu glauben/ was Petr. Gregor. de Republ. libr. 18. c. 6. schreibet/ daß einige F f f 5 Staͤdt- Deß Academi schen Staͤdtlein in Teutsch- und andern Laͤndern/ vor Auf- richtung der Academi en daselbst/ so gar unbekandt und gering geacht gewesen/ daß die Geographi ihren Namen nicht einmahl wollen in die Land-Karten setzen/ welche doch hernach/ als man Academi en dar- ein gesetzet/ an Reichthum und Groͤsse dergestalt zu- genom̃en/ daß sie Koͤnigl. Residenti en gleichen moͤch- ten. vid. lib. 2. Antiquit. Academ. Oxoniens. num. 75. p. 140. Die Academi en bringen Geld ins Land/ sagt Sagittarius de summa Urb. Felicit. in quibus Academ. crectæ sunt, Thes. 76. zumahl/ wann sie viele Studen- ten hat/ wie weyland Pariß/ da man offt 20. biß 30000. Studenten gezehlet/ die alle auf ihren Beu- tel haben gezehret. Ja von den Universit aͤten haben die Einwohner noch unzaͤhlich-viel andere Nutzbar- keiten zu hoffen/ welche alle anzufuͤhren viel Weit- laͤufftigkeit erfordert/ darum fuͤhre ich statt dessen nur an die Worte Giovanni Batt. Pigna libr. 5. dell’ Histor de Principi di Este, p. 327. welcher also spricht: Albertus V. Marggraf zu Este und Ferrara, war dar- auf bedacht/ wie er in seiner Stadt Ferrara eine Uni- versit aͤt aufrichten moͤchte/ als wordurch die Seini- gen Gelegenheit uͤberkaͤmen/ die Gesetze und Kuͤnsten zu erlernen/ darauß dann wackere Jurist en und Medici erwachsen/ die man zu deß Landes Nutzen gebrauchen koͤnte/ ja/ es wuͤrden auß fremden Laͤn- dern fuͤrnehmer und reicher Leute Kinder dahin gelo- cket werden/ und die Stadt in grosse Consideration kommen/ von denen die Seinigen/ ob sie gleich nicht auß der Stadt kaͤmen/ schoͤne Manieren und viel Gu- tes erlernen koͤnten/ \&c. Also bleibet es wol darbey/ daß die Academi en ein hoͤchst-nuͤtzliches Werck sind in dem gemeinen Wesen/ und daß wir ausser derselben bald Romans II. Buch. bald in die vorige Barbarey der alten Heydnischen Teutschen/ Gaulen/ Longobarden/ \&c. wieder verfal- len wuͤrden. Jch sage billich mit Conr. Rittershusio, in Præfat. Comment. ad libr. 1. Salviani: Was ist eine Academie anders/ als eine Burg der Weißheit/ ein Tempel der Warheit/ eine Schatz-Kammer der Wis- senschafften/ ein Handels-Ort aller freyen Kuͤnsten/ eine Schul der Weißheit und Sittsamkeit/ eine Werckstaͤtte der Freundschafft und Loͤbl. Tugenden/ ein Zeug-Hauß Buͤrgerlicher Werckzeugen/ ein Pa- radiß hoͤchst-verwunderlicher Lustbarkeiten deß Ge- muͤths/ ein Brunnen aller Gluͤckseeligkeit/ das Ende und gleichsam die Morgenroͤthe/ welche uns eine all- gemeine Gluͤckseeligkeit verkuͤndiget? Der Edelmann hatte bißhero sehr genau zuge- hoͤret/ anjetzo aber sprach er: Weil ich vernehme/ daß meinem Herꝛn das Academi sche Wesen ziemlich be- kandt ist/ so moͤchte ich wol wissen/ welcher Gestalt die Academi en guberni ret werden? Die Academi en/ ant- wortete der Schweitzer/ sind gleichsam eine sonder- bare wol-bestellete Regierung/ und bestehen fuͤrnem- lich in Personen und Dingen: ( Personis \& Rebus: ) Die Personen sind Hohe und Niedrige/ Jene sind der Cantzler/ die Erhalter der Academi schen Privile- gi en/ die Rectores, die Professores, und die Studenten. Die geringere Personen sind: Der Pedell, die Stu- denten-Botten/ oder Jungen/ die Buch-Haͤndler/ Buchdrucker/ und andere. Ein Academi scher Cantz- ler ist gemeiniglich ein Bischoff/ wie dann der Bischoff zu Merseburg bey der Academie Leipzig/ und der zu Camin bey der Academie zu Grypswald solches Amt verwaltet. Jedoch stehen auch wol andere Geistliche dieser Wuͤrde vor. Ja bey etlichen Academi en sind die Cantzler wol gar Leyen/ als zu Altorff und Straß- burg. Deß Academi schen burg. Etliche Academi en haben wol mehr/ als einen/ etliche auch wol gar keinen Cantzler. Bey etlichen ge- het der Rector dem Cantzler vor/ bey andern aber der Cantzler dem Rectori. Zu Rostock kan man an den Cantzler appelli ren/ aber zu Gryphswald mag man denselben vorbey gehen/ und gerades Weges an den Landes- Fuͤrsten appelli ren. Diese Universit aͤts- Cantzlern haben die Authorit aͤt/ daß sie den Decanis und Promotoribus Macht geben/ hohe Gradus an wuͤrdige Studenten zu conferi ren. Die Erhalter der Privilegi en sind bey den Teutschen nicht sonders viel zu finden/ aber bey den Frantzoͤsis. Academi en sind sie gnug zu sehen. Diese muͤssen der Studenten Privile- gia mainteni ren/ und die Studenten selber wider alle unrechtmaͤssige Gewalt beschirmen. Diese Con- servatores koͤnnen in 2. Species getheilet werden/ dann etliche werden außdruͤcklich erwaͤhlet/ andere aber ha- ben dieses Amt/ Krafft ihrer habenden Wuͤrde. Sol- cher Gestalt ist der Abt S. Saturnini ein Conservator Privilegiorum auf der Universit aͤt Thoulouse, und der Abt zu Marsiliac und Molsac sind Conservatores Privilegiorum auf der Universit aͤt Cahors in Franck- reich. Petr. Gregor. libr. 47. Syntagm. Juris, cap. 22. num. 23. \& seqq. Anlangend die Professores, wurden solche bey den Roͤmern weyland Sophistæ genannt/ l. 6. §. Gram- matici. 1. aber hernach sind sie durch die Kaͤyserliche Constitutiones mit dem Titul Professores beehret worden/ als welche auf privilegi rten Academi en nicht um einen Lohn/ sondern um ein oͤffentliches Salarium lehren. t. t. C. de Professor. Sothane Professores Pu- blici muͤssen aute Sitten haben/ fein doci ren/ zierlich reden/ und subtil erklaͤren koͤnnen. Darum soll man wol Acht haben/ daß tuͤchtige Leute hierzu befoͤrdert werden/ Romans II. Buch. werden/ als an welchen viel gelegen; Sind es aber wackere Leute/ soll man sie auch mit guten Salariis er- freuen. Vespasianus gab den Lateinischen und Grie- chischen Rednern Jaͤhrlich 2500. Reichs-Thaler/ die Medici bekamen anderswo HS, das ist/ 12600. solcher Thaler. Aber heut zu Tage muͤssen die guten Herren Professores an manchen Orten gar duͤnnes Bier trin- cken/ und magers Fleisch essen/ und ziehet mancher Fuͤrst denselben etwas ab/ um etwa eine Compagnie Soldaten/ oder einige Officirer/ desto besser zu sala- ri ren/ daher klagen sie auch in solgenden Versen: Sunt mulæ Musæ, nostraque fama fames. Cura mihi Aonides, semper mihi numen Apollo. Nocte dieque illi barbita nostra sonant. Sed mihi quid fructus dulcissima barbita præbent? Quâ tandem Aonides utilitate juvant? Paupeties me dura premit, sævique labores, Atque arcere hyemem vix toga sarta potest. Da, rogo, consilium, votorum inspector Apollo, Nam te dulce sequi, sed mihi egere gravè. Sonsten haben die Herren Professores grosse Privile- gia, welche ihnen gewaltig zu statten kommen/ waͤre aber zu wuͤnschen/ daß nicht manches faules Thier darunter verborgen steckete/ inmassen dann deren auf einigen Universit aͤten gefunden werden/ die durch sonderbare Gunst zu solcher Wuͤrde befoͤrdert sind/ und doch ihre eigene Profession gar nicht verstehen. Andere/ ob sie gleich gnugsame Wissenschafft haben/ sind traͤge/ und wollen die Woche kaum einmahl le- sen. Andere sind all zu tunckel/ andere zu weitlaͤufftig/ wie jener Professor, Thomas Haselbach/ zu Wien/ der auf der Academie daselbst 20. Jahre an dem 1. Cap. Esaiæ explici ret/ und solches doch noch nicht absolvi- ret hatte. Wann aber die Professores capable und fleis- sige Leute sind/ so ziehen die Studenten auß fernen Orten Deß Academi schen Orten gar willig zu ihnen/ und kan offt ein Mann mehr thun bey dem Aufnehmen einer Academie, als 10. andere. Es war schon ziemlich spaͤt in die Nacht hinein/ als einer nach dem andern von der Gesell- schafft sich dem Schlaff ergab/ wie aber am folgenden Morgen die Sonne herfuͤr brach/ giengen ihrer et- liche nach der Ost-Seiten der Jnsul/ und sahen auf dem Schwaͤbischen Ufer eine schoͤne Kirche stehen/ welche der Schweitzer hoͤchlich ruͤhmete/ und be- haupten wolte/ daß es ein uͤberauß fuͤrtreffliches Ge- baͤu waͤre. Cavina aber bedeutete ihm/ daß die Kirchen in Jtalien fast durchgehends herꝛlich waͤren/ daruͤber kamen sie nach und nach in einen Discurs, und sprach der Edelmann: Jch habe noch nirgends schoͤnere Kir- chen gefunden/ als unter den Heyden in Jndien. Der Koͤnig von Siam hat Jaͤhrlich viel Millionen Ein- kommen/ wovon er bey nahe die Helffte auf das Bau- Wesen der Heydnischen Tempel oder Pagoden ver- wendet. Der Geistliche sprach dargegen: Die Christen lassen ihnen das Kirchen-Bauen nicht so sehr angelegen seyn. Es ist eine Schande/ daß grosse Leute so wenig darzu geben wollen/ wann man nur ein schlechtes Kirchlein bauen soll/ muß man Jahr und Tag daran betteln. Die Jndianer/ Tuͤrcken und Jtaliaͤner uͤberzeugen uns in dieser unserer Geizigkeit. Es gehet mit uns/ wie mit den Juden. Erstlich waren sie sehr freygebig/ wie sie die Huͤtte deß Stiffts solten bauen/ hernach aber sorgeten sie nur fuͤr ihre eigene praͤchtige Haͤuser/ und hatten keine Zeit noch Lust fuͤr GOttes Hauß. Der Edelmann warff allhier ein: D Je Christliche Kaͤyser pflegten vorzeiten freygebiger gegen den Gottesdienst zu seyn. Die schoͤne Kirche zu Constanti- nopel/ S. Sophia genannt/ war von den Heyden gebauet. Der Kaͤyser Constantinus erbauete sie noch viel koͤstlicher. Die Ar- rianer verbrandten sie/ aber Kaͤyser Theodosius hat sie aufs Neue Romans II. Buch. Neue wieder erbauet. Es waren zu diesem Bau 100. Meister- Arbeiter verordnet/ deren Jeder 100. Knechte hatte/ außgenom- men noch andere Arbeits-Leute/ deren 10000. an der Zahl gewe- sen. Man sagt/ daß an diesen Bau das gantze Kaͤyserliche Ein- kommen auß Egypten angewendet worden/ welches Jaͤhrlich 2. Millionen betragen/ und hat man daran 17. Jahre gebauet. Hierauf sprach der Geistliche: Das solte dann wol ein Salomonischer Tempel gewesen seyn/ welcher Wunder. koͤstlich gebauet gewesen. Als die Tuͤrcken constantinopel eingenom- men/ haben sie allein dieser Kirchen verschonet/ worinnen sie viel hoͤflicher/ als die Arrianer/ gehandelt haben/ die sich doch Christen nennen. Ein Ding war bey dem Bauen dieser Kirchen sehr merckwuͤrdig: Der Kaͤyser hatte ein Haͤußgen vonnoͤthen/ das bey der Kirchen stund/ welches einer schlechten Frauen zugehoͤr- te/ die wolte es nicht fahren lassen/ was man ihr auch darfuͤr ge- ben wolte. Der Kaͤyser gieng selbsten zu ihr/ und ersuchete sie darum/ da schenckete sie es ihm fuͤr die Kirche. Die Freundlich- keit und Hoͤflichkeit grosser Herren vermag sehr viel bey den Un- terthanen. Wann unser Herꝛ JEsus bey uns fuͤr seine arme lebendige Kirche was suchet/ so muß man es ihm auch nicht ab- schlagen. Cavina ließ sich jetzo hoͤren: Der Tempel der Dian en zu Epheso muß ein praͤchtiges Gebaͤu gewesen seyn/ alldieweil gantz Asien 220. Jahre daran gebauet hat. Dieser stund in ei- nem Morast/ damit er von dem Erdbeben befreyet seyn moͤge. Der Grund war von gestossenen Holtz-Kohlen/ und darauf wurden Kuͤhe-Haͤute geleget. Die Laͤnge und die Breite waren einer Groͤsse. Es stunden in demselben 137. Pfeiler/ Jeder 60. Werckschuhe dick. Es ist kaum glaublich. Dem der Geistlicher antwortete: Daß dieser Tempel ein Wunder-Werck der Welt gewesen/ das ist bekandt/ und wie ey- ferig die Asianer in ihrem Gottesdienst allda waren/ das befand Paulus/ als er zu Epheso war. Was ist aber doch aller Pracht deß falschen Gottesdienstes/ da der Grund schwartzer Holtzkoh- len und Thier. Haͤute in einem stinckenden Morast. Unser Geist- licher Tempel hat einen vestern Grund; Allein man muß zuse- hen/ daß man darauf kein Holtz und Stroh der falschen Lehre bauet. Dann die koͤnnen das Bewaͤhr-Feuer eben so wenig/ als der Tempel der Dian en das Feuer deß Herostrati außsteben. Der Edelmann sprach: Der Mann wuste kein Mittel/ sich einen grossen Ramen zu machen/ als dardurch/ daß er den Tempel Deß Academi schen Tempel der Dian en in Brandt steckete. Die Epheser verbotten deßwegen/ man solte seinen Namen in keinen Geschichten nen- nen. Theopompus aber setzete seinen Namen in seine Geschicht- Beschreibung/ um sich selber einen Namen zu machen. Worauf der Geistliche: Der Ehrgeitz treibet auch viel Jrꝛ-Geister/ um GOttes Kirche durch Ketzerey in Brandt zu stecken. Es ist ein Wunder/ daß man ihnen/ ja gar den Juden selbst/ so viel Freybeit zulaͤsset. Als Theodosius auß der Stadt war/ baueten die Juden zu Constantinopel eine Kirche/ das Volck lieffe dahin/ und verbrennete dieselbe. Der Kaͤyser gab den Juden neue Erlaubnuͤß/ und legete dem Volck die Straffe auf/ daß es fuͤr die Juͤdische Kirche Geld muste verschaffen. Der Lehrer Ambrosius aber gieng zu dem Kaͤyser/ und brachte so viel bey ihm zuweg/ daß der Kaͤyser dem Volck die Straff nachließ/ und die Juͤdische Kirche verbotte. Heut zu Tage haben die Prediger bey Weltlichen Herren so viel Ansehen nicht mehr. Gleich wol haben die Cbristen/ sprach der Edelmann/ bey Heydnischen Koͤnigen offimahls grosses Ansehen. Als Echabar, der grosse Mogol, von den Christen hoͤrete/ ward er neu-gierig. Er schickte nach 3. J e suiten/ die in seinem Land waren/ und hoͤre- te sie reden von dem Christenthum/ worinnen er ein solches Gnuͤ- gen befand/ daß er den Jesuiten Xaverium ein Buch von dem Christenthum wider die Mohren und Heyden schreiben liesse. Dieses Buch lase er deß Nachts/ und ließ sich dasselbe von ihm erklaͤren. Er gab Befehl/ daß sie moͤchten lehren/ predigen/ Schu- len aufrichten/ und Kirchen bauen/ so frey/ als zu Rom/ also/ daß sie an vielen Orten eher eine Kirche/ als eine Gemeine/ hat- ten. Der Mogol aber bliebe dannoch Tuͤrckisch. Das Christenthum/ suhr der andere fort/ hat offtmahls die Heydnische Kaͤyser uͤberzeuget. Als Tiberius verstanden von dem Landpfleger Pilato, wie es mit dem Tod deß HErꝛn JEsu hergangen war/ nahm er ihm vor/ ihn auch unter die Goͤtter zu setzen/ und ihm zu Ehren eine Kirche aufzubauen. Aber der Roͤ- mische Rath machte einen Gegenschluß/ nemlich/ man solte alle Christen auß der Stadt verbannen. Tiberius setzete sich darwi- der/ und verbotte bey Leibes-Straff/ die Christen nicht anzukla- gen. GOtt der HErꝛ findet wunderbarliche Mittel/ sein Volck/ wann es ihm gefaͤllig/ von der Verfolgung zu erloͤsen. Der Cavina antwortete: Man kan wol abnehmen/ warum der Rath zu Rom dem Cbristenthum so zuwider war. Der Kaͤy- ser Alexander Severus vermeynete Christi Bi dnuͤß unter seine Hauß- Romans II. Buch. Hauß-Goͤtter zu stellen/ und ihm zu Ehren eine Kirche zu bauen/ welches der Kaͤyser Hadrianus zuvor auch im Sinn hatte. Aber die Heydnische Priester sagten: Es wuͤrden alle Heydnische Kirchen ledig stehen/ wofern man fuͤr JEsn eine Kirche bauen wurde. Hierdurch bliebe deß Kaͤysers Vorneh- men zuruͤck. Die Tuͤrcken/ sprach der Edelmann/ achten diese Ursach gantz nicht/ dann sie lassen den Christen ihre Kirchen zu. Ein Tuͤrck zu Constantinopel thaͤte seine Nothdurfft an eine Christen- Kirche/ und bilebe darbey todt ligen. Der Tuͤrckische Muffti/ oder oberste Priester/ ließ die Haͤuser da herum abbrecheu/ vor- gebend/ daß die Kirche beilig waͤre. Worauf der Geistliche: Die Christen selber sind so eyfe- rig nicht fuͤr die Reinigkeit ihrer Kirchen/ es liget offemahls um dieselbe herum so viel Dreck und Unflath/ daß es eine Schande ist. Der Tuͤrck hat seine rechtmaͤssige Straffe bekommen/ weil er dieses/ sonder Zweiffel/ zum Spott und Schmach gethan hat. Pompejus machte auß dem Tempel zu Jerusalem einen Pferd- Stall fuͤr seine Pferde. Nach dieser Zeit hatte er kein Gluͤck mehr/ sondern er war endlich in Egypten/ wohin er geflohen/ ums Leben gebracht. GOtt der HErꝛ ist so eyferig fuͤr die Ehre der Kirchen/ daß er selbst die Pluͤnder und Schaͤnder der fal- schen und abgoͤttischen Tempel gestrafft hatte/ weil die Rauber dieses nur auß Verachtung alles Gottesdienstes gethan hatten. Xerxes schickte 4000. Soldaten deß Apollons Tempel zu herau- ben.. Womit er wolte anzeigen/ daß er auch der Goͤtter Meister waͤre. Die Soldaten wurden durch ein Ungewitter todt ge- schlagen/ er verlohr sein grosses Lager/ muste mit einem kleinen Schifflein die Flucht nehmen/ und ward von seinem Vettern Artabano ermordet. Das wird dann eben die Ursach seyn/ sprach Caviua, daß Pyrrhus, indem er eine Kirche beraubet/ durch ein Ungewitter an eben das Ufer/ wo er den Kirchen-Raub begangen/ geschmis- sen wurde/ und Schiffbruch litte; Und daß die Roͤmer/ wie sie Carthago eingenommen/ und den Tempel deß Apollinis berau- bet/ todt/ mit abgehauenen Haͤnden/ gefunden worden. Fulvius Flaccus nahm das Marmorne Dach von dem Tempel Junonis, und liesse es auf den Tempel der Fortun legen/ er verlohr aber nach der Zeit seine Sinnen/ und 2. Soͤhne in dem Krieg. Dem der Geistliche antwortete: So schreibet man auch/ daß die Phocens er/ nachdem sie den Tempel zu Delphos berau- G g g bet/ Deß Academi schen bet elendiglich von ihren Feinden seyen geschlagen/ und die vier Utheber dieser Pluͤnderung auf gebenckt worden Was von die- sen Geschichten zu halten sey/ kan ich nicht sagen. Das ist aber gewiß/ daß GOtt fuͤr die Ehre seiner Kirchen die meiste Sorge trage. Heliodorus wolte den Tempel zu Jerusalem berauben/ er ward aber alsobald todt darnieder geschtagen. Antiochus ward von den Wuͤrmen aufgefressen/ dieweil er auch den Tem- hel beraubet hatte. Jedoch zeigen auch die Geschichte/ daß die Gottlose Veraͤchter selbsten der Abgoͤttischen Gottesdienste Straff-wuͤrdig seyen/ dieweil sie Feinde und Spoͤtter aller Gottesdienste sind. Brennus, ein Frantzoͤsis. Oberster/ wolte den Tempel deß Apollinis berauben vorgebend/ die Goͤtter waͤren reich/ sie muͤsten ihm und seinen Soldaten geben; Aber er/ und alle seine Soldaten/ wurden verwundet/ sonder Jemand zu se- hen/ der es thaͤte/ und vergiengen durch Sturm und Erdbeben. Er durchstach sich selber/ von wegen Schmertzen seiner Wunden. Cavina fuhr fort: Dionysius erklaͤrete dieses anders: Er beraubete die Tempel/ und andere mehr/ und weil er guten Wind hatte/ sagte er: Sehet/ die Goͤtter sind uns guͤnftig. Als er aber dieses geraubete Guth verkaufft hatte/ befahl er/ daß ein Jeder das Jenige/ was er von diesen Guͤthern gekaufft/ wieder- um nach den Kirchen/ wo es hin gehoͤrete/ bringen solte. Der Geistliche: Denen es in der Welt nach Wunsch und Wilien gehet/ die vermeynen deßwegen thoͤrlich/ daß ihre Suͤn- den grosse Tugenden seyen. Jedoch Geistliche Guͤther zu kauf- fen ist eben den Christen so nutzlich und so schaͤdlich nicht. Gleich- wol koͤnnen wir auß diesem allem setzen/ daß nicht alle grosse Leu- te eben so GOttesfuͤrchtig sind/ als sie scheinen. Worauf der Edelmann: Mich beduncket auch/ daß schlechte Leute viel mehr zur Kirchen kommen/ als viel Grosse. Doch gehet es in andern Landen eben so zu. Der Koͤnig von Siam kommet deß Jahrs nur einmahl zur Kirchen/ um sein Opffer zu thun. Die Tuͤrcken sind Gottesdienstlicher: Alle Freytage sichet man Groß und Klein in ihren Kirchen. Nichts desto weniger/ verfolgete der Geistliche/ wird der Tuͤrckische Kaͤyser Achmet beschuldiget/ daß er eine schoͤne Kir- che gebauet/ und doch niemahls zum Gottesdienst in selbige kaͤ- me. Doch sind bey den Tuͤrcken/ wie bey uns auch/ nicht eben alle Grosse Gottesfuͤrchtig. Die Christen solten billich Gotts- fuͤrchtiger seyn/ gleichwie die Griechische Christen geben deß Samstags Abends in die Kirchen zu betten. Deß Sonntags Morgens Romans II. Buch. Morgens stehen Frauen und Kinder um 2. Uhren auf/ und ge- hen zur Kirchen/ worinnen sie dann verbleiben/ singend und be- tend/ biß daß die Sonn aufgebet/ alsdann gehen sie wieder nach Hauß. Um 9. Uhr gehen sie wieder hinein/ und dann auch deß Abends. Und so war es vorzeiten. Diesen Eyfer findet man bey den Hollaͤndischen Christen nicht. Auch nicht bey allen Griechischen Christen/ sprach der Edelmann/ die Mengrelianer in Asten haben die Gewonheit/ daß sie erstlich in ihrem Alter/ wann sie unbequem sind/ und nicht mehr rauben und pluͤndern koͤnnen/ anfahen in die Kirche zu gehen. Der Geistliche: So sind auch viel Hollaͤndisch-benamte Christen/ welche alsdann erst anfangen/ GOtt zu dienen/ wann sie der Suͤnden nicht laͤnger dienen koͤnnen. Groͤsserer Eyfer aber war bey dem H. Anastasio, welcher gewohnet war/ allezeit zur Kirchen zu gehen/ ehe der Hahn/ kraͤhete/ und bliebe dann also stehen/ betend und hoͤrend/ biß daß die Predigt geschehen war. Als er Kaͤyser worden/ rieff das Volck: Regieret also/ wie ihr gelebet habt. Ein Gottseliger Fuͤrst ist deß Volcks Freu- de und Seegen/ wie an Mose/ Josua/ David/ Josaphat/ und an- dern mehr/ zu ersehen. Hißkia stellete darinnen seinen Beweiß/ daß er im Seegen waͤre gesund worden/ wann er wieder zur Kirchen gehen koͤnte. Worauf Cavina: Dieser andaͤchtige Eyfer war auch in dem Roͤmer Horatio Pulvillo. Er ward erwaͤhlet/ einen Tem- pel zu Rom einzuweyhen/ und war fast emsig in seinem Gebett. Marcus miß goͤnnete ihm diese Ehre/ und kam ploͤßlich/ ihn in sei- her Andacht zu floͤren/ und rieff uͤberlaut: O Burgermeister/ dein Sohn ist im Lager gestorben. Horatius antwortete ihm sonder Bestuͤrtzung: Siehe zu/ wo du den todten Leichnam hin- bringest/ dann ich bekuͤmmere mich daruͤber nicht. Er aber fuhr in seiner Andacht fort. Auf eine solche/ verfolgete der Vorige/ ja noch viel geringere Zeitung/ solten viel Christen Augenblicklich zur Kirchen hinauß lauffen. Der Teufel hat auch seine Einblasungen/ unsere An- dacht zu verstoͤren/ und den Kirchgang zu hindern. Der grau- same Basilides, Groß-Fuͤrst in Moscau/ ein rechtes Werckzeug deß Teufels/ ließ offtmahls einen Baͤren oder rasenden Hund loß/ wann das Volck in- oder auß der Kirchen gieng/ um dersel- ben etliche zu zerreissen/ und sagte dann Spottweiß daß die Je- nige sehr gluͤck seelig waͤren/ die von den Hunden eines so gros- G g g 2 sen Deß Academi schen sen Herꝛn zerrissen wuͤrden. Solten wir aber den gefaͤbrlichen Kirchgang der Maͤrtyrer zehlen/ wuͤrden wir kein Ende daran finden. Cavina sprach: Kaͤyser Carl der V. war auch in Gefahr seines Lebens/ als er die Kirch zu Rom/ genannt Pantheon, bese- hen wolte. Er stieg hinauf zu dem grossen Fenster/ das auf der Spitze stehet. Ein Jtaliaͤner vermeynete ihn von oben herun- ter zu stossen; Weil er aber wegen der Majestaͤt deß Kaͤysers erstaunete/ ließ er es bleiben. Der Geistliche replici rte: Der Menschen-Moͤrder/ der Teufel/ ist auch unter den Kindern GOttes/ wann sie in der Kirchen vor GOttes Angesicht sind/ aber GOttes Majestaͤt und die Herꝛlichkeit/ die er auf seine Kinder leget/ ist ihre Er- rettung. Dem der Schweitzer antwortete: Es muß eine schoͤne Kirche gewesen seyn/ welche der Kaͤyser selbst so genau inwen- dig besehen wollen. Die Egyptische Kirchen waren außwen- dig sehr schoͤn und herꝛlich/ inwendig aber waren sie nicht Se- hens-wuͤrdig/ dann man fande darinnen nichts anders/ als ein Crocodil/ eine Schlange/ oder eine Katze auf einem koͤstlichen Teppich herum kriechen. Die Heuchler/ sprach Jener wieder/ sind auch außwendig schoͤn/ inwendig aber schaͤndliche Bestien/ wiewol sie in der Kir- chen einen schoͤnen Sitz-Platz haben. Bestien fuͤr Goͤtter zu eh- ren/ war eine alte Gewonheit bey diesen und andern Voͤlckern mehr. Von welchen es auch die Juden gelernet hatten/ daß sie gemahlten Bestien in GOttes Tempel selbsten greuliche Ehre thaͤten. Die Egyptier aber sind nun weiser/ nachdem sie Tuͤr- ckisch worden sind/ ja/ sie wissen nun die Roͤmisch-Catholische ih- rer Kirchen halben zu tadeln. Der Kaͤyserl. Abgesandte/ Geor- gievitz/ stritte mit einem Tuͤrcken wegen der Religion. Der Tuͤrck fuͤhrete ihn in eine Roͤmisch-Catholische Kirche/ und wiese ihm die Bilder/ so darinnen geehret wurden/ woruͤber sich der Gesandte schaͤmete. Und was Wunder/ der Roͤmische Kaͤyser Hadrianus, als er die Nichtigkeit der Bilder sahe/ befahle er/ daß man kein Bild in einziger Kirchen haben solte. Worauf der Edelmann: Die Tuͤrcken sind Feinde der Bilder. Wir besahen einsmahls der Mohren Kirche/ die Tuͤr- ckisch sind. Bey uns waren Portugiesen/ die fragten die Moh- ren/ wo ihr Gott und Heiligen waͤren/ welche sie anbeteten? Dann wir sahen nichts/ dann ein klein Taͤfelein/ worauf etliche Worte Romans II. Buch. Worte auß dem Alkoran geschrieben stunden. Die Mohren ant- worteten: Wir beten Holtz und Stein nicht an/ gleich wie ihr thut/ sondern allein den lebendigen GOtt. Jhr Christen thut eben wie die Heyden. Die Portugiesen giengen auch scham- roth darvon. Die Mahometisten moͤgen wol leyden/ daß man ihre Kirchen besiehet/ aber man muß die Schube außziehen/ und zusehen/ daß man nicht hinein speyet. Der Geistliche gab diese Antwort: Diese Sorge wird fuͤr der Christen Kirchen nicht getragen. Doch ist an dem aͤus- serlichen wenig gelegen/ wann man nur nicht hinein kommt mit suͤndlichen Fleisches-Schuhen/ und den Gottesdienst nicht ver- speyet/ und verachtet. Gleichwol gebuͤhret es sich/ daß man die Kirchen rein halte/ wegen der Heiligkeit deß Gottesdienstes. So verst e hen es auch die Tuͤrcken/ sprach der Edelmann. Zu dem/ so bauen sie viel Kirchen auf die Plaͤße/ wo heilige Maͤnner deß Alten oder Neuen Testaments gewesen/ oder ge- florben sind. Sie haben eine Kirche auf dem Platz/ wo Johan- nes der Taͤnffer ist enthauptet worden/ und halten dieselbe in grosser Andacht. Bey jeder Kirchen stehet ein Faß mit Wasser/ oder ein Brunnen/ darauß sie das Angesicht/ Haͤnde/ Fuͤsse/ Au- gen/ Naß und Ohren waschen/ wann sie in die Kirche gehen wollen. Das babe ich auch bey den Jndianern zu Bantam ge- sehen. Jeder Edelmann hat eine Capelle in seinem Hauß zu sei- nem sonderbaren Gottesdienst. Auf dem Marck stehet eine grosse Kirche fuͤr das Volck/ in welche sie alle Tage gehen/ und beten/ und ein Brunnen darbey/ worauß sie sich waschen. Worauf der Geistliche: So viel koͤnnen die Tuͤrcken und Jndianer wol sehen/ daß man rein seyn muͤsse/ wann man in die Kirchen gehet/ welches uns Christen viel besser zu bedencken/ an- stehet/ damit nicht GOtt der HErꝛ anderseits ein Zeug und Raͤcher seyn moͤge gegen die Jenige/ so unheilig vor sein Ange- sicht kommen. Die Kirche ist ein Ort der Tugend/ wie solches die Roͤmer wol verstunden/ als sie eine Kirche baueten/ welche sie den Tempel der Tugend nenneten/ daran stunde der Tempel der Ehren/ in welchen man nicht kommen kunte/ als durch den Tempel der Tugend/ damit andeutend/ daß man in dem Tempel der Tugend lehren muͤsse/ wie man gebuͤhrlich zu Ehren ge- langen solle. Der Edelmann verfolgete: Die Japoneser verstehen es nicht also. Sie bauen ihre Kirchen auf die allerlustigste Plaͤtze/ und gebrauchen dieselbe zu Wirths- und Sauff. Haͤusern/ wor- G g g 3 innen Deß Academi schen innen sie mit ihren Priestern lustig herum sauffen/ und allerley Laster begehen. Dem der Schweitzer antwortete: Sie haben dann keine Kirche/ wie die Roͤmer hatten/ zu Ehren der Goͤttin Horta, das ist/ Vermahnung/ welche allezeit offen stunde/ um einen Jeden bestaͤndig zu vermahnen/ daß sie jederzeit etwas Gutes und Fuͤrtreffliches außrichten musten. Ja auch zu Friedens-Zeiten selbst stunde sie offen/ wann deß Jani Tempel zugeschlossen war. Es sind zwar/ sprach der Geistliche/ die Zech-Haͤuser der Christen Kirchen nicht/ gleichwol aber stehen sie offmahls nicht weit darvon/ oder es wissen sie doch viele/ so bald sie auß der Kir- chen kommen/ zum wenigsten zu finden/ welches noch eine aͤrgere Missethat ist/ als der blinden Japponeser. Dann jede Kirche|der Christen ist eine rechte Horta und Vermahnungs-Platz zu der Tugenb/ welche/ wann man sie nur ansiehet/ kluͤgere Gedancken bey uns erwecken solte. Die grosse Kirche zu Constantinopel wird genennet Sophia, Weißheit/ auf daß man darinnen die ho- be Weißheit lernen soll. Als Kaͤyser Otto der I. zum Krieg auß- zog/ kam ihm eine Frau entgegen/ die klagete uͤber grosses Ungluͤck. Der Kaͤyser sagte: Wann ich wieder komme/ dann wil ich euch zum Recht belffen. Die Frau antwortete: Wer soll euch dann dessen erinnern? Er sagte: Diese Kirche. Wie er nun auß dem Krieg wieder kam/ sahe er diese Kirche/ und ge- dachte an seine Zusage: Er ließ die Frau zu sich beruffen/ um derselben Recht zu sprechen. Wir solten gleichfalls uns unserer Zusage/ die wir GOtt gethan haben/ erinnern/ so offt wir eine Kirche sehen/ zumahlen, weil sie darinnen geschehen ist. Das XXV. Capitul/ Hier discurri ret man von den Professor en/ Rector en/ Facul- taͤ ten/ Bacchant en/ und von den Schul. Pedant en. H Jermit endigten sie ihren Discurs, weil sie ein Schifflein daher fahren sahen/ demselben win- cketen sie/ und die Leute darinn lencketen sich alsobad nach dieser Jnsul. Als sie bey ihnen angelan- get/ klageten sie ihr Ungluͤck/ und wurden von den andern eingenommen/ weil sie auch an Essen und Trincken im Schiffe keinen Mangel hatten/ theile- ten sie den armen hungerigen Leuten reichlich mit/ und ruͤhmete Troll deßfalls die Teutschen/ daß sie barm- Romans II. Buch. barmhertziger waͤren/ als seine Lands-Leute/ die Jta- liaͤner. Wann ich auch dermahleins/ sprach er/ wieder zu Hauß angelanget bin/ wil ich keinen Teutschen Bettler ungetroͤstet gehen lassen/ wann er auch ein Cantzler waͤre/ und solches zur Danckbarkeit gegen seine Lands-Leute. Sie giengen aber mit diesem Schifflein nach dem Schwaͤbischen Ufer/ kamen auch bald in eine Stadt/ darinn sie sich in eine gute Her- berge logi rten/ und von der außgestandenen Muͤh- seeligkeit in etwas sich wieder erholeten. Jn dieser Herberge forschete der Edelmann/ so bey der Gesell- schafft blieben war/ was man doch eigentlich fuͤr Leute oder Professores auf den Academi en haͤtte? Welchem der gelaͤhrte Schweitzer diese Antwort ertheilete: Auf den Universit aͤten/ wann sie recht bestellet sind/ findet man gemeiniglich 4. Facultates, wiewol solche nicht eben abwege noch gar hochnoͤthig sind/ wie die Frantzoͤsische Academi en bezeugen/ darunter sind die Jenigen die Fuͤrnehmsten/ welche die goͤttliche Wis- senschafft/ oder die Theologiam lehren/ nach diesen fol- gen am naͤchsten die/ so das Recht profiti ren/ oder die Professores Juris. Den dritten Ort besitzen die Medici, oder die/ so die Artzney-Kunst lehren/ und die letzte Fa- cult aͤt bestehet bey den Philosophis oder Welt-Wei- sen. Jedoch ist zu wissen/ daß in jeder Facult aͤt etliche Professorcs sind/ dann gleichwie diese oder jene Facul- t aͤt in verschiedenen eingetheileten Wissenschafften bestehet/ also hat auch Jede ihren sonderbaren Profes- sorem. Zum Exempel in der Juridi schen Facult aͤt hat man Professores Juris Canonici, Institutionum, Di- gestorum, Codicis, Juris Feudalis; Jn Medicina ist der Professor Botanices ein anderer/ als der Professor Ana- tomiæ \&c. Und in Philosophia hat man einen Pro- fessorem Historiæ, einen andern/ der Elo q uentiam, ei- G g g 4 nen Deß Academi schen nen der Metaphysicam, einen der Physicam, einen der Logicam, einen der Mathesin, \&c. doci ret. Unter allen Professor en wird der Jenige allemahl vor das oberste Haupt gehalten/ den man den Rectorem Magnificum nennet/ und wird ein solcher auf etlichen Universit aͤ- ten alle Jahr/ auf andern aber alle halbe Jahr/ ja wol nur auf 3. Monaten erwaͤhlet/ und zwar nach den Facult aͤten Wechsels-Weise. Etliche Universit aͤ- ten haben auch wol nur einen Pro-Rectorem, weil der Landes-Fuͤrst Rector Perpetuus ist/ gleichwie die Kie- lische Academia, woselbst auch nur ein Pro-Cancel- larius zu finden. Wann aber Fuͤrsten-Kinder/ junge Grafen oder Baron en/ auf Academi en studi ren/ pfle- get man ihnen wol Ehrenhalben die Rector- Wuͤrde aufzutragen/ jedoch ist gemeiniglich alsdann ein Pro- fessor darneben Pro-Rector, welcher das Amt zu ver- walten wisse. Vorzeiten waren zu Basel die Herren Studiosi darbey/ wann ein Rector gewaͤhlet wurde/ welches aber wieder abgekommen. Wer von den Professor en zum Rector erwaͤhlet worden/ darff diese Wuͤrde nicht halßstarriglich abschlagen/ daher ist zu Gryphswald gebraͤuchlich/ daß/ so ein Professor diese angetragene Dignit aͤt gantzer 3. Tage freventlich ab- schlaͤget/ und darzu keine erhebliche Ursache hat/ er solche Vermessenheit mit 3. Guͤlden Straff-Geld beguͤtigen/ und dannoch die Wuͤrde hernach anneh- men muß/ wil er anders seine Privilegia nicht verlie- ren. Matth. Stephan. de Acad. c. 11. n. 30. Die Uni- versit aͤt Wittenberg soll ein gleiches Statutum haben/ so aber noch eine reine Jungfrau/ ausser Zweiffel/ weil daselbst keiner diese Dignit aͤt/ wornach die Her- ren Professores gemeiniglich sehr verlangen/ bißhero halßstarrig abgeschlagen hat. Wann er aber diese Dignit aͤt angenommen/ muß er schwoͤren/ doch sind obge- Romans II. Buch. obgedachte Standes-Personen/ wann sie zu Recto- r en gemacht werden/ von dem Eyde befreyet. Das Amt eines Rectoris ist/ daß er die ankom- mende Studenten in die Universit aͤt-Roll immatri- culi ret/ daß er seine Academi sche Jurisdiction beob- achte/ und alles das Jenige thue/ welches er zu thun geschworen hat. Jst die Sache darnach beschaffen/ so kan er die Studenten/ so etwas verbrochen/ allein fuͤr sich fordern lassen/ und ihnen ein Urtheil sprechen. Bißweilen aber ist die Beschaffenheit der Sachen also/ daß er etliche Assessores erwaͤhlet/ oder gar ein Consistorium beruffet/ worbey alle Professores erschei- nen. Wann diese ein Urtheil sprechen/ und es befin- det sich der Beklagte dardurch beleydiget/ mag er wol appelli ren/ doch nicht gerades Weges an den Kaͤyser/ sondern an die Naͤchsten/ so darzu berechtiget sind/ nemlich an den Cantzler/ (wann es da gebraͤuchlich/) oder an den Patron der Academie, wie zu Gryphswald und an andern Orten zu geschehen pfleget. Wann der Rector außzuraͤysen gedencket/ so muß er einem andern Professor en seine Autorit aͤt so lange auftra- gen/ samt der Studenten- Matricul und Pettschasst. Zu Tuͤbingen muß er alsdann den naͤchst vor ihm ge- wesenen Rectorem an seine Stelle verordnen/ welcher alle Dignit aͤten alsdann besitzet/ als wann er selber wuͤrcklich Rector waͤre/ wann aber deßfalls kein ge- wisses Statutum obhanden/ und der abraͤysende Rector einen andern Professor so lang an seine Stelle ernen- net/ kan dieser Substitutus die voͤllige Wuͤrde/ wie der rechte Rector, nicht prætendi ren/ ob er gleich an dessen Stelle regieret. Es ist also ein Rector ein gar grosser Mann/ weil er deß Fuͤrsten oder hoͤchsten Obrigkeit Person fuͤrstellet/ und allen/ auch selbst denen Bi- schoͤffen/ die auf seiner Universit aͤt studi ren/ fuͤrgehet. G g g 5 Dahero Deß Academi schen Dahero wollen einige/ daß der/ welcher den Herꝛn Rectorem beleydiget/ den Kopffverlohren habe. Was fuͤr schoͤne Vorrechten und grosses Ansehen der Rector zu Loͤven habe/ kan bey Guicuardino in Descript. Belg. und der zu Pariß/ solches kan bey Belleforest. in Hist. Univers. de Mund. libr. 3. cap. 44. p. 235. gelesen wer- den. Der Rector zu Padua traͤget einen Habit, wie ein Venetianischer Raths-Herꝛ/ Ja/ wann er wil/ mag er einen guͤldenen Rock tragen/ und wann er sei- ne Zeit verwaltet/ machet man ihn zum Doctor, und durch eine uͤbersandte guͤldene Ketten wird er zum Ritter von St. Marco crei ret. Contarenus de Republ. Venetar. Der Rector auf der Universit aͤt Bologne hat die Macht/ einen vom Bann zu absolvi ren. Math. Stephan. d. Tr. c. 11. n. 18. Und der Rector zu Helm- stadt ist allemahl/ so lange er diese Wuͤrde bekleidet/ ein Graf deß Laterani schen Pallasts/ deß Hofs und Kaͤyserl. Consistorii. Sagittar. de Com. Palat. Th. 13. Lit. A. Aber wir muͤssen von den Herren Studen- ten selber nun auch etwas reden/ welche man also nennet von Studere, Studi ren/ oder um gute Wissen- schafften bemuͤhet seyn. Wann diese Pursch vor Jah- ren zum ersten mahl auf Academi en kamen/ wurden sie deponi ret/ und vorher hiessen sie Bacchant en/ man pflegte damahlen auch wol kleine Kinder von 3. 4. biß 14. 16. ꝛc. Jahren/ ehe sie die Academi sche Wissen- schafften erreichet/ zu deponi ren/ dañ mit diesen gieng man allemahl gelinder um/ als mit den erwachsenen Bengeln. Etliche Academi en wollen ihnen diesen Gewinst/ der aber meist allein der Philosophi schen Fa- cult aͤt anheim faͤllet/ noch diese Stunde nicht fahren lassen. So gar/ waß junge Studenten schon auf an- dern Academi en sich aufgehalten/ und hernach zu die- sen Romans II. Buch. sen kommen/ sich doch muͤssen deponi ren lassen/ wann sie kein Testimonium aufweisen koͤnnen/ daß sie schon deponi ret sind. Es sind gleichwol die Herren Pro- fessores, welche diesem Depositionis Actui beyzuwoh- nen pflegen/ eben nicht allemahl so streng/ daß sie sich nicht mit einem gelben Pfenning solten beguͤtigen lassen/ dann/ die Warheit zu bekennen/ es ist ihnen nur um das liebe Geldchen zu thun/ sie sagen: Auri sacra fames, und wer ihnen einen Ducaten gibt/ den lassen sie wol un deponi ret passi ren/ wol wissend/ daß durch das Deponi ren kein Mohr kan weiß/ noch ein Ungeschickter geschickt werden; Wie ich dann etliche Knaben gekannt/ die/ weil sie in der Jugend Lust zum Studi ren hatten/ sich deponi ren liessen/ hernach aber/ da ihnen durch einen oder andern Zufall der Compaß verruckt ward/ daß sie den Studiis absagen musten/ sich zwar ruͤhmeten/ wie hoch sie es gebracht/ daß sie deponi rt worden/ aber sie blieben deßwegen dannoch Hans in eodem, und hatte das Deponi ren ihnen keine Bacchant en-Hoͤrner abgenommen. Jch habe in Thuͤ- ringen eine seltzame Sache erlebet/ daselbst waren etliche halb-gelehrte Dorff-Kuͤster/ welche/ weil sie in der Jugend deponi rt worden/ einen ihres Mittels/ der doch schon laͤnger/ als sie mit einander der Schu- len und Kirchen gedienet/ auch Weib und Kinder hat- te/ mit Consens ihrer Herren Priester gantz und gar auß ihrer Zunfft und Zeche schlossen/ biß er sich durch eine Deposition zu Jena wieder legitimi rt hat/ in ihre Gesellschafft aufgenommen zu werden. Also brachten es damahl diese naͤrrische Kuͤster dahin/ daß keiner ein Kuͤster werden kunte/ er waͤre dann deponi rt/ welches die Academi en/ und insonderheit die Pedell en/ uͤber- auß gern sahen. Und solcher halb-gelehrten Schul- Pedant en gibts jetzo insonderheit sehr viel in Teutsch- land/ Deß Academi schen land/ von welchen Caspar Bart nachfolgende Ehren- Beschreibung setzet: Die Schul-Fuͤchs/ spricht er/ welche nur halbe Menschen sind/ und ihnen nimmer die Hoffnung machen koͤnnen/ rechte gantze Menschen zu werden/ als die mit den Motten und Buͤcherscha- ben/ (welche sie auß ihrem erblichen Besitz treiben/) zu thun und streiten haben/ werden gar fein bey den Lateinern Umbratici, bey den Teutschen Stubenhei- tzer/ Callmaͤuser/ Dintenfresser genennet/ dieweil sie gleichsam als der verstorbenen Geister ihr Leben/ an schattichten duncklen Orten/ in unaufhoͤrlicher Muͤh- seeligkeit und freywilliger Marter/ mit Greinen und Graͤmen zubringen/ welche/ wann sie den andern rechten Menschen ungefaͤhr oͤffentlich unter Augen kommen/ scheinen sie nicht anders/ als ein Gespenst/ oder unseelige Geister/ mit scheußlichen Gesichtern/ die da um die Todten-Begraͤbnuͤß wohnen/ diese/ wann sie einer ungefaͤhr uͤberzwerchs-Feld ersiehet/ und gruͤsset/ werden sie geschwind in sich selbst ver- zuckt/ ruffen allen ihren Gedancken zusam̃en zu Rath/ und befragen sich bey sich selbst/ was dieses wol be- deuten mag/ ob es ihm zu Spott geschehe/ oder/ ob es vielleicht geschehe auß einer sonderlichen Him̃lischen Einfliessung/ oder Influxion deß Gestirns? Wann sie daran gedencken/ wie sie leben/ wissen sie nicht/ wie ihnen geschicht. Von guten hoͤflichen Sitten wissen sie auch nur auß hoͤren/ sagen nichts/ koͤnnen mit Nie- mand Conversation halten/ seyn im Werck keine Menschen/ sondern nur Schatten vom Menschen/ die da einen Leib ohne Seele und Gemuͤth/ und nur allein mit kalten Gedancken uͤberschwemmet/ herum tragen. Man kan sie erkennen an ihrem tuͤckischen Gesicht/ grober unartiger Gestalt/ runtzlichten Stirn/ an ihren im Maul abgezirckelten Worten/ dunckeln und Romans II. Buch. und nur untersichtigen Blintzel-Augen/ langen Sa x - boͤrstigen Baͤrten und Haaren/ verschimmelten und vermoderten Gestanck deß Leibs/ am langen Mantel/ der auf der einen Seiten laͤnger herab haͤnget/ dann auf der andern. Wer sie reden hoͤret/ mag wol sagen/ daß sie nicht wissen/ wie es in der Welt zugehe/ noch was die Welt sey. Sie pflegen keinen Fuß zu verse- tzen/ noch die Nase zu schneutzen ohne Bedacht. Sol- len sie auch etwas der Zeit und der Gelegenheit nach verrichten/ so werden sie Beydes mit ihren langen Rathschlaͤgen versaͤumen. Sie geben fuͤr/ sie lehren Weißheit/ da sie doch ihr gantzes Leben zubringen in Unordnung/ und gleichsam in der Vorbereitung deß Lebens. Faͤllet ein Streit vor/ von der Ober-Stelle/ so wissen sie denselben ohn allen Aufschub zu schlich- ten/ dann sie sich ohne Maͤnnigliches Versehen durch einen unbedachtsamen Ehrgeitz woselbst zu setzen wis- sen. Sie halten es fuͤr eine grosse Schmach/ und ver- dreust sie sehr/ wann man sie anspricht/ und nicht zu- vor einen Eingang oder Vorrede von ihrem herꝛ- lichen Ansehen und weit-beruͤhmten Namen und Thaten/ insonderheit aber einen geadelten/ hochge- lehrten und großmaͤchtigen Titul mit einem langen dicken Fuchsschwantz und demuͤthiger tieffer Reve- ren tz vorher machet/ ꝛc. Thomas Overburius mahlet einen hoffaͤrtigen Schulmeister mit nachfolgenden Worten/ als mit lebendigen Farben ab: Er tritt nach der Tabulatur herein/ mit der einen Hand scandi ret er Verse/ mit der andern haͤlt er seinen Schul-Scepter/ es duͤrffen ihm keine Gedancken in Sinn kommen/ da nicht der Nomitavus Casus das Verbum regierte/ er hat die Zeit seines Lebens keinen Sinn oder Meynung/ dann er gehet allein mit Worten um/ alle seine Ehre die suchet er im Criticismo, und seine Exempel im Nizolio, seine Phrases Deß Academi schen Phrases eligi rt er nach dem Thon und Wollauten der Sylben/ die 8. Partes Orationis sind seine Famuli. Kurtz/ er ist ein Heteroclytus, dann er hat kein Plura- lem Numerum, sondern nur die Singularem Qualita- tem der Wort/ macht er in diesem kein Solœcismum, so ist doch sein gantzes Leben nichts anders/ als ein Continuus Solœcismus. Aber die Beschreibung eines Orbilii oder Schul- Fuͤrsten auß deß Brusquembillii Prologis Comicis, ist noch viel seltzamer/ und lauter/ wie folget: Er ist das Haupt seiner Laͤuß/ ein ernstlicher Regent/ lachete nicht/ wann er schon saͤhe einen auf einem Butterweck daher reiten. Ein Fuͤrst aller Fuͤrsten/ dann ohne ihn haͤtten die andern Fuͤrsten keine Menschen zu Unter- thanen/ sondern nur Bestien/ also macht er den Buͤr- gern Obrigkeiten/ und den Obrigkeiten Buͤrger. Er ist der fuͤrnehmste und erste Stand deß Regiments/ oder gemeinen Nutzens/ dann Jedermann muß zum ersten unter seinen Stab kommen/ und er urtheilet Jedermann ohne Appellation oder Widersprechen. Sein Ansehen weiß er meisterlich zu erhalten; Wañ er unter seine Soldaten tritt/ muß es gleich vor seiner Majestaͤt ein Erdbidem geben und alles erzittern. Kommen etwa fremde Leute zu ihm/ so muͤssen ge- schwinde die Ubelthaͤter/ so das gantze Jahr durch etwas begangen/ zum Exempel seiner Ritterlichen Justi tz geknicket seyn/ seine Discipuli sind gegen ihm zu rechnen/ gleich wie die uͤbrigen Poeten gegen ih- rem Uhr-alten Vatter Homero, die man zu seinen Fuͤssen mahlet/ daß sie alles auflecken/ was dieser ko- tzet. Er ist gemeiniglich nicht so seelig/ daß er Kinder habe/ dieweil er mit ander Leute Kinder also umgehet/ als ob sie von Baͤumen fielen/ wie die Jrꝛlaͤndischen Gaͤnß. Zu einem Schuster ist er verderbt/ dann er hat Romans II. Buch. hat nicht mehr als einen Laͤist/ uͤber den er alle seine Buben spannet. Aber zu einem Feld-Obersten ist er eine erwuͤnschte Person/ dann er der Schuͤtzen ge- wohnet/ und die Schuͤsse wol leyden kan/ so hat er das Arspaucken auch schon zum Besten/ er ist der Allerkunstreicheste/ dann er hat alle Kunst-Loͤcher durchgucket/ und weiß aller Hintern Aufgaͤnge/ nur seinen hat er nie gesehen. Jn Jedermanns Augen kan er einen Balcken ersehen/ so lange er selbst (das Bloch) darfuͤr stehet. Es ist ihm/ wie einem Hauß- Huͤndlein/ kan Niemand unangebellet fuͤruͤber lassen/ nicht daß er zu bellen Ursach haͤtte/ sondern nur/ weil er von Natur und Gewohnheit muß gebellet haben. Kommt man ihm auf seinen Mist/ so suchet er alles herfuͤr/ einen zu versuchen/ und zu examini ren/ ob ei- ner auch so geschickt sey/ als er/ fehlet einer dann an dem geringsten Woͤrtlein oder Commate im Donat, so hat er schon die Reputation bey ihm verlohren; Warlich/ warlich/ sagt er/ es ist nichts mit ihm/ er zer- schmeltzet vor mir/ wie Schnee in der Sonnen. Er ist ein lauter Welt-Kind/ Pranchsicint, ein Puer Empi- ricus, \&c. dann er schwur einen theuren Eyd darauf/ man muß nur darum studi ren/ daß man tieff-gelehrt sey und viel wisse/ und gegen den Theoricis oder Spe- culi rern nur elende Esel seyn. Daher kommt es/ daß er Jedermann außlachet/ und wieder von Jedermann außgelachet wird/ allein er ist den andern darinn uͤber- legen/ (welche Gluͤckseeligkeit man ihm gleichwol schier mißgoͤnnet) daß er nemlich reicher ist/ als die an- dern/ dann die andern haben nur einen Narren an ihm allein/ er aber haͤlt alle die andern/ ausser seinem Stand/ vor Narren/ wiewol das Gewicht seiner Narꝛheit die Menge der andern wol uͤberwiegen koͤnte/ also/ daß es ein grosses Wunder ist/ wann ein witziger Deß Academi schen witziger Mann auß seiner Schule kommt/ weil er un- ter allen seinen Zuhoͤrern der groͤsseste Narꝛ ist/ also/ daß man sich billich verwundert/ daß er nicht auch/ wie sonst ein Narꝛ zehen Narren macht. Die Latei- nische Sprach haͤlt er so hoch/ daß er nur darum allein nicht zu Hof seyn mag/ weil man nicht Lateinisch da- selbst redet; Ja ich wil/ er soll sich deß ewigen Lebens verzeyhen/ wann er wuͤste/ daß man da kein Latein re- den wird. Sein gantzes Leben ist ein Parodoxum, sei- ne einzige Erquickung und Lufftschoͤpffung ist von den Winden/ die von Niedergang blasen/ die man sonst Zephyros oder Zehen-Fuͤrst nennet. Da er zum ersten mahl deß Aristotelis Syllogistica lieset/ faͤnget er selbst an zu verzweiffeln/ ob er biß dahero auch eine ver- nuͤnfftige Creatur gewesen/ faͤnget zugleich an/ deß Menschlichen Geschlechts Elend zu beweinen/ daß sie nicht alle solcher hohen Geheimnuͤssen der Vernunfft theilhafftig werden koͤnten/ sondern also/ wie das un- vernuͤnffrige Vieh/ ohne Ration und Verstand dahin lebeten. Mit einem Wort/ er ist unter allen Scharff- richtern der Gnaͤdigste/ und unter allen Schmeiß- haußfegern der Saͤuberste. Das XXVI. Capitul/ Discurs Thomæ Garzonii von den Grammaticis und Schul- meistern/ und von ihrer seltzamen Einbildung. W O mir recht ist/ fiel Cavina dem Schweitzer jetzo ins Wort/ so habe ich bey dem Welt- bekandten Thoma Garzonio einen artlichen Discurs von den Schulmeistern und Grammaticis in seinem Schau-Platz aller Kuͤnsten gelesen/ welcher sich in folgende Worte deßfalls herauß laͤsset: Her- gegen aber finden sich auch etliche/ von welchen ich nicht viel Gutes zu sagen weiß/ weiß auch nicht/ ob man sie unter die Grammaticos, wie sie dann gar Puri Puti, Romans II. Buch. Puti, das ist/ lauter reine Grammatici seyn wollen/ oder unter die Pedant en/ das ist/ unter die Schul- Fuͤchs zehlen soll. Dieses sind die/ so wol einen gantzen Tag auf dem Marckt/ oder in einem Laden/ oder sonst bey einer Gesellschafft/ gelehrter Leute stehen/ und di- sputi ren. Ja/ zancken sich um geringer und nichtiger Grammaticali scher Sachen willen/ mit vollem Ge- schrey und Eyfer/ als wann Leib und Leben daran ge- legen waͤre/ und fuͤllen Jedermann die Ohren so voll/ daß sie auch einem Schmidt bey seinem Amboß uͤber- druͤssig und beschwerlich seyn moͤchten. Da schwoͤret man bey dem Polluce und Hercule, und bey allen Goͤttern/ die muͤssen auch darmit bemuͤhet seyn/ und ist manchmahl nur darum zu thun/ ob man die Buch- staben V und Z allein im Griechischen/ oder auch in den Lateinischen Woͤrtern brauchen soll; Ob man die Animam Aristotelis, die er Entelechiam nennet/ mit einem D oder T schreiben solle/ ob H auch ein Buchstaben sey/ oder nur eine Nota Aspirationis, ob man deß Buchstabens X bedoͤrffe oder nicht/ sinte- mahl man vor Zeiten an statt desselben CS gebraucht/ und Pacs, Lecs geschrieben/ da man jetzunder Pax und Lex außmacht. Item, ob der Name Ulysses mit einem X Ulyxes, oder zweyen SS soll geschrieben werden. Item, ob nur 3. Partes Orationis seyn/ nemlich Nomen, Verbum, und Conjunctio, wie Aristoteles und Theo- dorus wollen; Oder ob deren 4. wie die Stoici vorge- ben/ welche die Articulos von den Conjunctionibus unterscheiden. Item, ob man die Andere/ so lang her- nach seyn gesetzt worden/ auch fuͤr Partes Orationis halten soll/ wie Aristarchus und Palæmon solches ha- ben wollen. Item, ob der Pronominum 15. wie Priscianus wil/ oder deren mehr seyn/ wie Diomedes und Pho- cas wollen. Item, ob man auch doppelte Buchstaben H h h doͤrffe Deß Academi schen doͤrffe gebrauchen/ als in den Worten Causa, Religio, da etliche schreiben Caussa, Relligio, oder ob es gnug an einem S und L, und was dergleichen Sachen mehr seyn/ als Accentus, Puncta, Ortographiam, Pronun- tiation, Form und Figur der Buchstaben/ Etymolo- gias, Analogias, Præcepta, Regulas, Declinationes, Modos significandi, Mutationes Casuum, Varietates temporum, \&c. daruͤber sie mit grossem Ernst und Eyfer halten/ und billich von Luciano Samosatensi in einem sonderlichen Buͤchlein/ welches er von dem Streit der zwey Buchstaben S und T geschrieben/ gar artig außgelachet werden/ deßgleichen von Andrea Salernitano, welcher das Bellum Grammaticale gar artig solchen Grammatist en zu Spott beschrieben. Beneben diesen sind auch andere/ die wollen gar zu gute und reine Grammatici seyn; Messala hat von jedem Buchstaben ein besonder Buch geschrieben. Beroaldus wil den Servium tadeln/ daß er sich mit Sa- bini schen/ Prænestini schen und Thusci schen Woͤrtern beholffen habe. Asinius Pollio wil dem Tito Livio Schuld geben/ er nehme den Landsmann zu sehr mit/ und wolle auch in den Worten gar zu Paduanisch seyn. Palæmon wil gar an den Marcum Varronem, um geringer Gram̃aticali scher Sachen willen. Quin- tilianus wil dem Senecæ ein Product geben/ dieweil er in geringen kurtzen Sententiis die Krafft und den Nachdruck etlicher Woͤrter vernichtet. Valla zeucht alle die Grammaticos, so fuͤr ihm gewesen/ heruͤber/ und wird von Mancinello und Poggio wieder heruͤber gezogen. Uber diese finden sich endlich noch etliche Pedant en und Schul-Fuͤchse/ welche um ihrer boͤsen Qualit aͤten willen billich bey Jedermann verhasset seyn sollen die man siehet an dem eigensinnischen und Hirnschelligen Domitiano, (NB. Domitianus à Domi- tor Romans II. Buch. tor \& anus, der die Buben nur bey dem Hintern auf- zaͤumet/) so zu Rom ein Schulmeister gewesen/ und an dem unbescheidenen Orbilio, (Orbilius quasi orbis- bilis, die Geisel/ Ruthe oder Zorn der Welt/) so zur Zeit Ciceronis zu Benevent ein Schulmeister gewe- sen. Item, an Rhennio Palamone, welcher sich bedun- cken ließ/ es waͤren die freyen Kuͤnste mit ihm aufkom- men/ und solten auch wiederum mit ihm absterben. Item, an Lionide, der ein Pædagogus Alexandri gewe- sen/ und wie Diogenes Babylonicus schreibet/ dessen Gemuͤth in der Jugend zu allerhand Untugend ange- fuͤhret/ und an einem andern/ welchen Crates Philoso- phus mit Faͤusten geschlagen/ dieweil er einen ihm vertrauten Knaben in seiner Jugend verderbet hatte. Was soll ich sagen von etlichen boͤsen Laͤstermaͤulern/ welche alles wollen tadeln/ reformi ren und critisi ren? Einer schilt den Platonem, daß er keine Ordnung haͤlt in seinen Schrifften/ der andere sagt vom Virgilio, er habe den Theocritum und Homerum beraubet/ ja wol gar geschunden. Ein anderer sagt vom Cicerone, daß er auch nicht die beste Ordnung uͤberall gehalten ha- be. Ein anderer wil an den Salustium, daß er zu sehr gezwungen sey. Ein anderer schnurret den Terentium an/ daß er seine Comœdias von Labeone und Scipione gebettelt. Macrobius muß auch ein Undanckbar- und Unverschaͤmter seyn. Plinius ein Luͤgner/ Ovidius ein Eigenruͤhmiger. Jn Summa/ es gehet keiner vor- uͤber/ der ihnen nicht muß herhalten/ und sich von ih- nen lassen meistern. Was soll ich sagen von einem naͤrrischen Hochmuth etlicher/ welche/ damit sie ge- sehen werden/ mit einem Spruch/ welchen sie auß dem Cicerone, oder auß einem Poeten außwendig geler- net/ aufgezogen kommen/ reciti ren/ exponi ren und glossi ren sie denselben mit Magistrali scher Kunst/ daß H h h 2 den Deß Academi schen den Zuhoͤrern die Ohren schwitzen moͤchten; Da solte man ihnen billich entgegen ruffen: O Coridon Coridon quæ te dementia cœpit? Ach Coridon grober Freund/ Wie sticht der Narꝛ dich so sehr heunt? Bißweilen kommen sie auch/ wann sie die Andacht sticht/ mit einem Spruch auß H. Schrifft herein ge- tretten/ und machen seltzame Gloss en daruͤber/ daß man auch Kroͤten damit vergeben moͤchte. Was soll ich sagen von wunderseltzamen Prosopopœiis, mit wel- chen sie herein gepranget kommen/ als haͤtten sie alle Kuͤnste gefressen? Da kommt bißweilen ein Perottus, ein Catolicius, ein Despauterius, ein Mancinellus, ein Priscianus, ein David Britannus, ein Augustinus Pa- thus, ein Adamus Trajectensis, ein Magister Telbene, ein Terentius, ein Scopas, und andere dergleichen ge- lehrter Leute mehr/ von welchen sie hier ein wenig und dort ein wenig herauß klauben/ und mit grossem Pracht ihren Discipel n einblaͤuen/ und wann man ih- nen dieselbe abkauffte/ so solten sie kaum das Janua sum rudibus deß Donati koͤnnen. Cantalicius der spot- tet eines solchen Pedant en gar artig/ welcher Branchi- das geheissen/ mit nachfolgenden Versen: Dum legit in Cathedra sapiens Branchida poetas, Allegat semper pro Cicerone Phocam. Branchidas ein sehr weiser Mann/ Die Poeten schoͤn lesen kan/ Soll er aber Tullium nennen/ So soll er nichts als Phocam kennen Wie viel besser und zutraͤglicher waͤre es/ daß an sol- chen Gesellen der Wunsch deß Quintiliani erfuͤllet waͤre/ da er saget: An den Pædagogis und Schulmei- stern moͤchte man dieses zum hoͤchsten wuͤnschen/ daß sie entweder gar gelehrt waͤren/ welches sie ihnen auch am meisten sollen lassen angelegen seyn/ oder/ daß Romans II. Buch. daß sie wuͤsten/ daß sie nicht gelehrt seyn; Und sagte hierinn gar recht und wol/ dañ es ist kein schaͤndlicher Ding in einer Schul/ als wann der Præceptor sich nicht kennet/ und laͤsset sich duͤncken/ er sey gelehrter/ als er ist/ und koͤnne auch seine Knaben bald gelehrt machen. Von einem solchen Duͤnckel sagt obgemel- ter Cantalicius, welcher auch ein Præceptor Scholæ gewesen: Ille, (redet von dem Quintiliano, ) tribus brumis vix Alpha \& Beta docebat, In tribus ast pueros mensibus astra doces? Das ist: Jener lehret A B C. kaum recht in dreyen Jahren/ und dulehrest in dreyen Monden deine Kna- ben auch die Stern? Was soll ich sagen von einer naͤrrischen Pedanti schen Gravit aͤt etlicher/ die mit ih- rem Baculo Magistrali, mit ihrem kahlen Rock/ der nicht weniger als 5. Jubel-Jahr gesehen/ mit ihrem Meisterlichen Gesang/ beydes der Prosen und der Vers/ mit ihrem Hauffen nachfolgender Knaben/ die sie zum Pracht auf- und anfuͤhren/ mit ihrem Lateini- schen Gruß/ Salus, Salvete, Avete Domini, \&c. mit ihrer stattlichen und uͤbermachten Reveren tz/ mit ih- rem aufgeblasenen Stand und Gang/ als wann sie lauter Tullii waͤren/ mit ihrem praͤchtigen Lesen/ mit ihren schnarchenden Reden/ wann sie ihre Knaben examini ren/ mit ihrem ansehnlichen Auf- und Abtret- ten in der Schule/ als wann sie Pfauen oder Welsche Hahnen waͤren. Jn Sum̃a/ sich mit allerhand solchen ansehnlichen Majestaͤtis. Gebaͤrden/ Worten uñ We- sen sehen und hoͤren lassen? Item, von ihren ernstlichen Erinnerungen/ die sie staͤtig an ihren Knaben thun/ daß sie deß Prisciani Fußstapffen fleissig sollen nach- folgen/ daß sie dem Diomede nicht sollen abweichen/ daß sie allezeit ein gut Buch/ als ein Cornu Copiæ H h h 3 sollen Deß Academi schen sollen unter dem Arm/ oder in den Hosen tragen/ daß sie ihr Catholicon, ihren Papiam, beneben dem Ma- motracto, bey Leib nicht dahinden lassen/ und was dergleichen Befehl mehr seyn/ damit man sie ja uͤber- all/ wo sie sind/ gehen oder stehen/ fuͤr fleissige/ sorgfaͤl- tige und gelehrte Schuͤler ansehe/ da sie doch nichts als Esel ziehen/ die zwar Buͤcher tragen/ aber nicht wissen/ oder verstehen koͤnnen/ was darinnen ist. Was soll ich sagen von ihren stoltzen und uͤbermuͤthigen Reden/ in welchen sie alle Sprachen unter einander hacken/ auf daß man ihre Pedanti sche und grobiani- sche Gelehrtheit uͤberall spuͤhre. Sollen sie etwas parli ren/ so muß es alles Latinisi rt seyn/ sonsten taugt es nichts/ und moͤchten es vielleicht die Communes percipi ren. Dieses seynd die jenigen Witzbestellter/ von denen Marius Spelta in seiner klugen Narꝛheit lib. cap. 16. saget/ die sich einig und allein verderben in Sophist erey/ und solchen Philosophi schen fluͤchtigen Wetter-wendigen/ nichts-guͤltigen/ und nichts-sollen- den kindischen Quæstion en und Fragen. Also gehen die Sachen leyder uͤbel von statten/ wann die Re- public von solchen Philosophiast ern einig guberni rt und verwaltet werden/ als die anders nichts haben/ dann ihre Sophist ereyen/ Fantaseyen/ Mucken/ dar- neben aber keine Praxin nicht. Mit denen kommen fast uͤberein die jenige Phi- losophi deß ersten Geschlechts/ die Laurentius Gri- malius de Opt. Senat. libr. 1. p. 76. (oder Liberius à Bodenstein in Juris Prud. Polit. libr. 1. c. 23. dann sie nur ein Titul unterscheidet/) vor untuͤchtig zum Regiment haͤlt/ als die den rechten Abgrund der Phi- losophie noch nicht erschmackt/ noch durch deroselbi- gen Gesetz und Lehr-Reguln der Begierden und La- sterdurst Romans II. Buch. sterdurst in ihnen selbst geloͤschet/ derohalben sie auch der Tugend und Philosophie gantz ungemaͤß leben/ als welche noch nicht in ihnen recht eingewurtzelt ist/ sintemahl sie sonst nicht allein gelehrte/ sondern auch fromme Leute auß ihnen gemacht haͤtte. Dahero Johann Gebhard in Fuͤrstl. Tisch-Reden lib. c. 23. offtermahls mit etlichen vornehmen Fuͤrsten nicht wol zufrieden/ daß sie ihre Kinder schlimmen Pedan- t en und Schul-Hasen/ welche ausserhalb der Schul Fuchserey an Sitten/ Gebaͤrden/ und allem ihrem Thun und Lassen die groͤbesten Bengel seyn/ ver- trauet haben/ so es darvor halten/ wann ihre Discipel n in 7. oder 8. Jahren die Lateinische und Griechische Grammatic perfectè ad unguem, an einem Schnuͤr- lein mit allen Regeln und Anomalis Figuris, von Wort zu Wort daher sprechen und plaudern koͤn- nen/ auch etwas auß dem Cicerone und Virgilio zu sagen wissen/ daß sie es wol gewaltig getroffen haben/ als wann eben Lateinisch reden das Beste an einem Fuͤrsten waͤre/ so gleichwol fuͤrwar eine grosse Zier ist. Und das seyn die Hauß-Katzen und Hummeln/ Spießtraͤger/ Birnbrater und Stubenheitzer/ von denen obgenannter Marius Spelta ein besonder Capi- tel schreibet/ lib. 2. c. 4. der Klugwahrheit/ die sich vor Correctores aufwerffen/ und seyn Corruptores, auch meistentheils Gaͤnse/ und wollen doch mit Schwanen lauffen/ die zu| Zeiten den Discipul n Flaͤd- lein und Pastetlein kauffen/ mit einander in Proquel- lis leben/ und lassen GOtt einen guten Mann seyn/ tragen den Maͤgden das Holtz und Wasser in die Kuͤchen/ und seyn das Fac Totum im Hauß/ thun aller- hand Bosel-Arbeit/ und damit sie die Kuchen nicht verlieren/ lassen sie 7. Wochen vor einen Monat da- hin rauschen. Diesen allen pfleget es gemeiniglich zu H h h 4 ergehen/ Deß Academi schen ergehen/ und zwar recht/ wie jenem Pœdagogo, der nach Rapian kommen/ der Meynung/ etliche seiner al- ten Discipel zu besuchen/ so daselbst studi rten/ und ist der gaͤntzlichen Hoffnung gewesen/ weil sie vor Jah- ren unter seiner Disciplin, und nun von ihm kommen waren/ er auch mit ihnen viel Muͤhe gehabt/ sie wuͤr- den ihm grosse Courtesie und Freundschafft erweisen/ und das Bien Venuto gegen ihm sprechen. Was ge- schicht? Der unwerthe Gast hat wollen einen dersel- ben emendi ren/ dann er hatte gesagt/ Domini Scho- lares wurnet ihn/ er solte forthin solches Vocabulum nicht mehr gebrauchen/ fuͤrgebend/ es sey Barbarisch geredt. Hierauf hat ihm also der Discipel zur Ant- wort geben: Nein/ freylich nicht/ es ist nicht Barba- risch/ sondern Africanisch. Letztlich/ nachdem sie lang certi rten/ und sich zerzancketen/ ob es Barbarisch oder Africanisch sey/ haben die Discipel eines gethan/ den miserum Hospitem genommen/ heruͤber gebuͤckt/ und mit der Peitschen ihm tapffer uͤber das Gesaͤß gefah- ren/ und einer derselbigen/ so die Hertz-Stoͤsse gethan/ hat zu jedwedern Streich gesagt: Jst das Barba- risch/ oder Africanisch? Und als er mit der Sprach nicht herauß gewolt/ hat er so lange zugeschmissen/ biß er Ja oder Nein hat wollen sagen. Aber ehe er auß Scham hat wollen Africanisch sagen/ ehe hat er ihm mehr dann uͤber die 100. Streiche geben lassen. Jch halte/ es solte ein Confortativ auf dieses Schwitz- Bad wol gethan haben. Das XXVII. Capitul/ Troll raisonni rt auch uͤber die Pedant en. Was bey den Studenten erfordert wird. Sie sollen keine unnuͤtze Buͤcher lesen. D Ie gantze Gesellschafft muste sich dieser Be- schreibung gnug zerlachen/ Troll aber sagte: Aber/ ihr guten Herren/ saget mir doch/ was haben Romans II. Buch. haben euch die Schul-Fuͤchse zu Leyd gethan? Jch glaube/ sie haben euch in eurer Jugend etwas hart abgestriegelt/ weil ihr Gottlose Kumpen gewesen seyd/ daß sie sich aber viel einbilden/ dessen haben sie grosse Ursache/ dann sie sind absolute Regenten auf ihren Misten/ und wer ihnen in der Schulen wider- spricht/ der wird ihren Grimm empfinden. Jch bin/ seit dem ich zu Stachelfeld ein Schul- und Kirchen- Bedienter gewesen/ in der That gantz anders wor- den/ und kenne mich schier selber nicht mehr/ wann auch Condado nicht bald wieder zu mir kommt/ so quitti re ich seine Dienste. Meines Erachtens koͤnte ein Schul-Tyrann auf diese Weise beschrieben wer- den: E R ist eine Gewalt ohne Vernunfft/ dann gleichwie die groben Jaͤger/ Bereuter/ und dergleichen Leute/ ihre Hunde und Pferde durch Grausamkeit/ Schrecken/ Streiche und Hunger abrichten/ also dringet auch dieser bey solchen Buben durch mit Gewalt/ nicht mit Bescheidenheit/ was er heisset/ oder dicti ret/ muß ohne Fragen und Widerrede geschehen/ recht und wahr seyn/ sie geben Niemand Rede und Antwort/ und solte auch Cy- rus der Koͤnig und der weise Caro ihre Discipel seyn/ welche bey- de ihren Præcepror en also fern Glauben zugestellet haben/ daß sie ihren doch auch eines jeden Dings Ursachen und Grund dar- bey sagen muͤssen. Daß so viel boͤser Buͤrger in der Stadt seyn/ daran ist er schuldig/ als der sie gleich in ihrer besten Bluͤthe ver- derbet/ und zu Phantasten/ oder gar halßstarrigen Bloͤchern machet/ dann er weiß keinen Unterscheid zu halten/ daß nemlich manche Tugend oder Natur der Sporen/ manche deß Zaums bedarff/ und Jene getrieben seyn wil/ diese aber sich selbst treibet. Ja er movi rt auch manchmahl Acheronta, und wil die Buben mit dem Teufel meistern/ bevorab/ wann er zu viel ge- schoͤppet/ da er dann sonderlich seine Ritterliche Authorit aͤt sehen zu lassen pfleget. Seine Hosen seyn wie 2. alter Teutscher Puf- fer-Hulfftern/ die Naß-Tuͤcher haͤlt er fuͤr ein uͤbrig koflbar Werck/ dann er schnaͤutzet sich in den Mantel/ oder wischet die Nase auf dem Ermel. Wo Jedermann lustig ist/ da sitzet er gantz stille/ haͤlt die Gravit aͤt/ als giengen ihm deß gantzen Reichs H h h 5 Geschaͤffte Deß Academi schen Geschaͤffte im Kopff um/ und begehret nichts zu reden/ als nur/ wann man ihm allein zuhoͤret. Er ist keinem Menschen auf die- ser Welt unterworffen/ als seinem Weib/ und das nur zu dem Ende/ damit sie sich ihm hinwiederum unterwerffe. Er meynet/ es sey kein Witz/ als Buͤcher-Witz/ und der Mensch lebe nur darum/ auf daß er lese und studi re/ und lese nicht darum/ auf daß er lebe! Gestalt er selbst immer zu lieset/ gleich als ob man nichts auß der taͤglichen Erfahrung/ und der taͤglichen Experien tz/ oder dem grossen Natur-Buch lernen koͤnte. Alle seine Gedancken schlaͤget er in Buͤchern nach/ so bald er sie nicht darinnen findet/ verwirfft er sie/ als ob er sie unrecht gelesen/ viel weniger meynet er/ daß er etwas reden duͤrffte/ so er nicht zuvor bey einem andern gelesen. Er kan ihm nicht einbil- den/ daß der Mensch etwas von Natur habe/ sondern muß alles lernen/ Gestalt er sich selbst zu einer immerwaͤhrenden Unwis- senheit verdammet/ und sich als ein Servum Pecus nur zur Mutation gewoͤhnet/ nicht selber inventi rt/ sondern nur dahin sich befleissiget/ wie er zum Allerzierlichsten das Jenige aufklau- ben und auflecken koͤñe/ was andere gespeyet haben. Er kan nicht glauben/ daß Adam ohn Buͤcher sey gelehrt worden/ oder daß die Jenigen/ so vor Aufkommung der Buͤcher und deß Buͤcherschrei- bens gelebet/ etwas haben wissen koͤñen/ gleich als ob der Mensch nichts von Geschicklichkeit in der Natur/ Vernunfft und im Ver- stand haͤtte/ sondern alles in den grossen und manchmahl wider- waͤrtigen Buͤchern suchen muͤste. Er hat kein natuͤrlich/ sondern ein Artificial-Judicium, dannenhero mancher Bauer/ der nur natuͤrliche Reden und Verstand fuͤhret/ besser urtheilet/ als er/ er gibt Niemand Rationem, doch wil er Jedermanns Wort und Werck an seine Rationes und Regulas anhalten/ gleich/ als ob es so wol um uns Menschen stuͤnde/ daß alles nach den Reguln koͤnte gerichtet werden/ und Jedermann nach der Grammatic reden und thun koͤnte/ und wann er weit kommt/ daß er die Con- suetudinem oder Usum nicht mehr verthaͤdigen kan/ so nennet er es ein Anomaliam, Gracillum, Exceptionem, und so fort an. Jn Sum̃a, ich war zu Stachelfeld ein pur lauterer kuͤnftlicher Esel. Aber mein Herꝛ/ sprach er zum gelehrten Schwei- tzer/ ihr habt euch allzulang bey den Schulmeistern aufgehalten/ wir haben allerseits grosses Verlangen/ ein Mehrers auß eurem beredten Munde von den Acade- Romans II. Buch. Academi en zu vernehmen. Dieser begunte also seinen Discurs wieder fortzusetzen/ sprach derowegen: W Ie es scheinet/ so ist das Deponi ren von den Gelehrten auch zu Ungelehrten kommen/ dann was ist das Haͤnseln an- ders/ als das Deponi ren? Die Kauffleute zu Bergen in Nor- wegen pflegen ihre Jungen/ in dem so genannten Wasserspiel Jaͤhrlich einmahl/ biß sie 8. Jahr alt sind/ erbaͤrmlich zu geisseln/ daß sie halb-geschundenen Leuten aͤhnlich sehen. Kirchnerus de Republ. Disp. 14. Hypoth 1. lit. a. Wann sonsten einer mit den Kauffleuten auf eine grosse Kauff-Messe zum ersten mahl raͤy- set/ so pflegen sie ihn auch zu haͤnseln. Solcher Gestalt ist ein Ort zwischen Nuͤrnberg und Leipzig/ ohnweit Coburg/ der heis- set Neustaͤttlein/ da pfleget man alle Neulinge zu haͤnseln/ und in dem Wald zwischen Herschfeld und Berken/ der Thuͤringen und Hessen von einander scheidet/ da siehet man in der Hoͤhe an der Land-Straffen einen grossen Stein mit einem Loch auf der Erden/ der das Nadel-Ohr heisset/ dardurch muͤssen die Jenige kriechen/ so niemahl da fuͤrbey gewandert sind. Wann ein Frem- der zum ersten mahl nach St. Goat, so eine Land-Graͤfliche Hes- sische Stadt am Rhein/ kommet/ findet er daselbst ein angemach- tes kupffernes Halß-Band/ in welches er seinen Halß stecken muß/ und alsdann fraget man ihn/ ob er mit Wasser oder Wein wolle getaufft seyn? Waͤhlen sie nun den Wein/ so muͤssen sie sich mit einer Wein- Collation bey der Gesellschafft loͤsen. Haben sie aber nicht viel Geld/ und wollen mit Wasser getausset seyn/ so wird ihnen ein Eymer voll Wassers uͤbern Kopff geschuͤttet. Vorzeiten ist dieses Halß-Band von Bley gewesen/ und von Carolo V. dahin verehret worden. Als die Koͤnigin Christina von Schweden hier durchraͤysete/ verehrete sie einen grossen sil- bernen Kopff/ oder Becher hieher/ worauß man beym Haͤnseln den Wein zu trincken pfleget. Die Kauffleute sind darbey offt so streng/ daß sie auch die Studenten/ welche doch mit ihrer Pro- fession nichts zu thun haben/ auch schon durch die Pedell en ge- haͤnselt sind/ in ihrer Gesellschafft zu haͤnseln pflegen. Aber die Studenten zu Giessen haben ihnen vor einigen Jahren das Maaß wieder voll gemacht/ und etliche solcher fuͤrwitzigen Kauffleute rechtschaffen Jure Talionis gehaͤnselt. Wann die Handwercks-Meister einen Jungen in den Gesellen-Stand er- heben/ so haben sie auch eine Art deß Deponi rens/ oder Haͤn- selns/ aber es waͤre wol gut/ wann man solche Narren-Possen mit einander einmahl abschaffete/ wodurch die Jugend wenig gebessert wird. An Deß Academi schen An einem Studenten/ damit wir wieder auf unsere Mate- rie kommen/ wird erfordert/ daß er jung sey/ dann solcher Gestalt ist am geschicktesten/ etwas zu lernen/ dahero sagte Bartolus zu Balde von Perugia, der im 40. Jahr seines Alters allererst ein Jurist werden wolte: Tardè venisti Balde! Mein Balde, du bist ziemlich spaͤt kom̃en! Aber er ist doch noch ein guter Jurist wor- den. Jn solchem Alter haben auch Acursius und Fr. Aretinus die Jura zu studi ren angefangen. Daß aber etliche den Studen- ten/ wann sie 25. Jahr alt worden/ ihre Privilegia entziehen wol- len/ als wann sie hernach nicht weiter zunehmen koͤnten/ das ist sehr hart/ jener Juris-Consultus sagt ja/ l. 20. ff. de Fideicom̃iss. Libert. Etiamsi alterum pedem in tumulo haberem, non pige- ret aliquid addiscere. Wann ich den einen Fuß schon im Grab haͤtte/ wuͤrde mich doch nicht schaͤmen/ noch etwas zu lernen. Es wird auch bey einem Studenten erfordert/ daß er zu den Wissenschafften eine Begierde habe. Nicolaus Reusnerus erfo- dert bey einem Menschen/ der studi ren wil/ in nachfolgenden Versen diese Stuͤcke: Ferrea mens, podex sit plumbeus, aurea pera, Juris-Consultus sic potes esse bonus. So bald nun die Studenten eine Academie erreichet/ muͤssen sie von dem Rectore begehren/ eingeschrieben zu werden/ und das zwar innerhalb gewissen Tagen/ dann wer zu Giessen sich in 9. Tagen nicht einschreiben laͤsset/ der wird vom Magnifico ge- strafft. Und also wird es auch zu Rostock gehalten. Aber zu Jena ist eine kuͤrtzere Zeit bestimmet/ dann Libr. Privil. Con- stit. \& Statut. Acad. Jenens p. 5. lieset man diese Worte: So wollen wir/ daß kein fremder Student uͤber 3. Tage in unserer Stadt Jena gedultet werden solle/ der seinen Namen nicht bey dem Rectore angegeben/ und in Matriculam, so darzu verord- net/ hat schreiben lassen. Zu Orleans in Franckreich muß ein Teutscher innerhalb 3. Wochen nach seiner Ankunfft seinen Na- men in das Buch seiner Nation einzeichnen lassen. Wann er sich aber hartnaͤckig widersetzet/ kan er von dem Stadt- Bailliu gezwungen werden. Zu Padua schreiben sich die Studenten auch nicht in deß Rectoris, sondern in der Nation Matricul, und darinn werden so wol die Hoch-als Nieder-Teutschen ange- nommen/ wie auch die Daͤhnen/ Schweden/ Preussen/ Liefflaͤn- der/ Boͤhmen/ Ungarn/ Siebenbuͤrger/ Maͤhrer/ Schweitzer und Graubuͤndter. Die Trienter aber/ und andere nach Jta- tien hinzu/ moͤgen nicht darein aufgenommen werden. Bey der Einschrei- Romans II. Buch. Einschreibung muͤssen auf den Teutschen Academi en die Stu- denten entweder mit einem Handschlag/ oder mit einem Eyd/ zusagen den Gehorsam/ die Statut en und Academi sche Gesetze zu halten/ jedoch wird die letztere Art nicht sonders gelobet/ weil ein rechtschaffener Kerl/ wann er dem Eyd ein Gnuͤgen thun wil/ leicht kan zum Bernheuter werden. Dann/ wann er von ei- nem andern angegriffen/ oder außgescholten/ und außgefodert wird/ darff er nicht erscheinen/ das ist gar wider die Kleider- Ordnung. Wann endlich die Studenten auf Universit aͤten leben/ so muͤssen sie nicht fressen und sauffen/ stutzen und bravi- ren/ Gassen tretten/ und sich balgen/ sondern sie muͤssen in der That erweisen/ daß sie Studentes oder Studenten sind/ indem sie fleissig uͤber den Buͤchern ligen/ und das ohne List/ und nicht/ wie ein gewisser Studiosus zu Marburg/ welcher sonsten staͤts im Sauß und Schmauß lebete/ als er nun erfuhr/ daß ihn sein Vat- ter/ der Herꝛ Land-Zollschliesser/ vom Land einmahl heimsuchen wuͤrde/ da erkundigte er sich der Zeit gar eigentlich/ risse alle sei- ne Buͤcher auß dem Staub herfur/ legete sie um sich her/ setzete sich/ mit etwa 30. Foliant en in einen grossen Korb/ und stellete sich/ als wan er das Eingewaͤyde auß dem Leib herauß studi ren wolte. Endlich klopffete Jemand vor der Thuͤr/ er saß stille; Es ward wieder geklopffet! Er rieff: Jch spreche heut Nie- mand. Man klopffete zum dritten mahl! Die Antwort war: Du unverschaͤmter Gast merckest ja wol/ daß ich jetzo nicht ab- kommen kan/ darum stoͤre mich doch nicht weiter in meinem Concept. Der Vatter hatte einen sonderbaren Gefallen an dem grossen Fleiß seines Sohns/ ließ demnach seine persoͤnliche Stim̃e hoͤren/ und sprach: Mein lieber Sohn Henrich/ ich bin es selber/ mache jetzt nur auf/ und studi re ein ander mahl desto mehr. Monsr. Henrich sprang darauf auß dem Korb/ ob er gleich ei- nen krummen Fuß hatte/ machte die Thuͤre auf/ und bathe den Vatter um Verzeyhung/ daß er ihn nicht alsobald haͤtte einge- lassen. Dieser hingegen hatte seine sonderbare Freude an den vielen Buͤchern/ die in- und neben dem Korb lagen/ lobete den Sohn/ und raͤysete wolgemuth wieder seines Weges. Also sollen es die Sꝛudenten nicht machen/ wann sie nicht sich selber und ih- re Eltern ums Geld bringen wollen. Dann/ so sie nicht fleissig studi ren und Collegia halten/ so lernen sie nichts Rechtschaffe- nes/ daß sie hernach entweder ihre Profession gar fahren lassen/ oder ein Dorff-Schulmeister/ oder ein Stadtschreiber/ oder/ wann sie es hoch bringen/ ein ungelehrter Dorff-Priester koͤnnen werden. Deß Academi schen werden. Dahero sagt man auch/ daß den rechten und fleissigen Studenten allein die Academi sche Freyheiten gebuͤhren/ und lie- set man unter andern Academi schen Gesetzen in Franckreich/ daß der Jenige/ so sich auf ihrer Universit aͤt aufhaͤlt/ und nicht studi ret/ sondern nur andere Exercitia treibet/ die Freyheiten der Academie nicht geniessen sollen. Louvys XII. 1498. Article 2. au Code de Henry III. liv. 11. tit. 8. de Scholaritè Constit. 3. Arrest. Parlem. 3. Julii Anno 1550. Es muͤssen aber die Studen- ten nur gute Buͤcher lesen/ im Anfang wenige/ hernach mehrere/ und muͤssen sich nicht zu viel verlieben in den Amadys, Eulen- spiegel/ Garten-Gesellschafft/ Rollwagen/ Grillen Vertreiber/ Hortensium, Aloysiam, Sigeam, und dergleichen theils possier- liche/ theils schaͤndliche Buͤcher/ welche wol auß der Welt zu ban- nen waͤren. Wann Disputationes gehalten werden/ muß ein Student fleissig zuhoͤren/ auch wol selber opponi ren/ oder re- spondi ren. Dann durch ein offentliches Disputier- Gezaͤnck werden die Geister bey einem Menschen gleichsam auß dem Schlaff auf gewecket/ und wacker/ da muß man aber gute und nutzliche Materi en zu disputi ren waͤhlen/ und sich der unnuͤtzen Fragen gaͤntzlich entschlagen/ als da sind etwa folgende: Ob die Ilias aͤlter sey/ als Odissea? Ob Hesiodus vor Homero gelebet habe? Wie viel Knoten an Herculis Keule gewesen? Welchen Fuß Æneas zum ersten in Jtalien gesetzet? Ob Anacreon den Wein oder das Frauenzimmer am liebsten gehabt? Was die Syren en gesungen baben? Wie die geheissen/ so in dem Traja- nischen Pferd gesessen? Wie deß Ulyssis Gefaͤhrten geheissen/ und welche auß ihnen der Polyphemus auf gefressen habe? Ob die Muͤcken mit dem Mund oder mit dem Hintern brummen? Und dergleichen mehr. Troll fiel dem Schweitzer jetzo ins Wort/ und sagte: Mein Herꝛ/ es sind nicht alle vergebliche Fragen/ welche bey Unver- staͤndigen also scheinen/ sonsten wuͤrde folgende/ die man auf den Welschen Academi en schon vorlaͤngst zu Catheder gebracht hat/ auch fuͤr dergleichen muͤssen gehalten werden: An Chy- mæra bombinans in mari possit comedere notiones secundas? Utrum quatuor equi Phaëtontis possint trahere per cacumen montis, magnum currum Phantasticum, per campum cathego- ricum ad campum hypotheticum per infinitum \& vacuum usq́; ad duodecimum Physicorum? Utrum Chymera phantastica sedens in arbore Porphyriana, comedens Genus \& Species, Dif- ferentias \& Qualitates, per intentionem primam \& secundam descen- Romans II. Buch. descen dens, puncta indivisibilia absorbens, sit à simplici sacer- dote absolvenda, vel ad Magistrum hæreticæ pravitatis remit- tenda? Annon quis baptizari possit terrâ, cum Christus in ea sit sepultus? Annon aëre, cùm hic clarior sit aquâ, \& ubique prostet? Annon igne, cùm hic Spiritum S. significet? Cœlum Empyreum, quot habeat monopolia? Annon in eo saltandum fit? An sat firmum \& luminosum ad choreas? An simus etiam in vita æterna inebriandi, cùm jejuni difficulter saltent? Pfuy! mit solchen schaͤndlichen und Gottlosen Fragen/ antwortete der gelebrte Schweitzer/ von welchen mag gelesen werden Meisner. in Dislert. de Antiq Vitios. Theolog. Disp. Rat. p. 482. Wovver de Polymath. cap. 10. p. 72. Bienenkorb Part. 6. c. 5. pag. 228. Jm uͤbrigen solien die Studenten auch feine ehrbare Klei- der tragen/ und nicht zu viel mit ihren eigenen oder falschen Haaren prangen/ doch ist ihnen vergoͤnnet/ um das Gemuͤth zu ergoͤtz e n/ sich in huͤbschen Exercitiis zu uͤben/ als im Fechten/ Reiten/ im Ballhauß/ im Ballon/ ꝛc. Der Jungfrauen sollen sie sich auf alle Weise und Wege enthalten/ dann die Universi- t aͤts. Dam en sind rechte Lock-Voͤgel/ und verderben manchen ehrlichen Menschen. Die Jtaliaͤner sagen gar recht: Una bella Donna à Paradiso del Occhio, inferno dell’anima, purga- torio della bursa; Ein schoͤnes Weibes-Bild ist ein Paradiß deß Auges/ eine Hoͤlle der Seelen/ und ein Fegfeuer deß Beu- tels. Und die Frantzosen sagen: Assés fait qui Fortune passe Et plus encore, qui purain chasse. Der thut gnug/ der sein Gluͤck uͤberwindet/ aber der thut noch mehr/ der eine Hure von sich treibet. Sie sollen das Schwel- gen auch meyden/ als dardurch Sinne und Verstand verdorben werden. Zancken und Balgen bringet sie auch in grosse Unge- legenheit/ ja offt um Leben und Seeligkeit. Das XXVIII. Capitul/ Discurs von den Academi schen Gradibus, und wie es darbey hergehe. Etliche merckwuͤrdige Exempel von Menschen/ die ein gu- tes Gedaͤchtnuͤß gehabt. D Er Edelmann verlangete jetzo zu wissen/ was doch eigentlich fuͤr Academi sche Gradus waͤ- ren/ und wie man solche zu ertheilen pflegte? Worauf Deß Academi schen Worauf ihm der Schweitzer folgenden Bericht er- theilete: Gleich wie es dem gemeinen Wesen hoch daran gelegen/ daß die Laster gestraffet werden; Also erfordert es auch dasselbe Interesse, daß die Tugenden belohnet werden/ zu dem Ende sind die Academi sche Gradus erfunden worden/ daß darmit die Jenige/ welche sich wol gehalten/ und fleissig studi ret haben/ moͤgen beschencket werden. Wie alt sothane Gra- dus seyen/ ist nicht wol zu wissen. vide Antiquitates Academ. Oxoniens. Apol. libr. 3. num. 331. seq. Be- sold. 1. Polit. 12. §. 3. n. 40. doch ist bekandt/ daß sie vor dem Decreto Gratiani und vor den Sententiis deß Petri Lombardi nicht uͤblich gewesen. Majol. Tom. 2. dier. canicul. colloq. 6. p. 507. das Decretum aber faͤllet ins Jahr Christi 1151. und deß Lombar- di Spruͤche ins Jahr 1160. Etliche Scriben- t en sagen hiervon also: Nachdem Kaͤyser Lotha- rius II. das Jus Civile Lateinisch beschrieben in dem Feldzug wider Rogerium, Koͤnig von Sicilien/ ge- funden/ und dasselbe durch den Juris-Consultum Ir- nerium auß der Finsternuͤß in die Schulen und Ge- richte einfuͤhren lassen/ da haben die Paͤpste/ damit das Paͤpstliche Recht in mehrere Consideration kaͤ- me/ ums Jahr Christi 1151. die Gradus erfunden und eingefuͤhret/ daß sie Baccalaureos, Magistros und Doctores gemacht/ die sich fleissig darinn geuͤbet/ da- mit aber solcher Gestalt das Buͤrgerliche Recht nicht gar unter die Fuͤsse kaͤme/ haben die Roͤmische Kaͤyser auch solche Gradus darbey eingefuͤhret. Die nun sol- che Gradus verlangen/ werden Candidati genannt/ nach denen/ die weyland ein hohes Amt verlangeten/ und deßwegen ein weisses Kleid ( indumentum can- didum, ) anlegten. Diese Candidati musten damahl in blossem Wambs ohne Rock gehen/ damit man sehe/ Romans II. Buch. sehe/ daß sie nicht durch Geld/ sondern durch ihre Wissenschafft nach Ehren strebeten. Wolte GOtt! die Herren Professores naͤhmen jetzo auch nicht das Geld/ und verkaufften darfuͤr die hohe Gradus an manche unerfahrne Leute/ so wuͤrde es an manchem Ort besser stehen/ und streitet solches außdruͤcklich wider l. 4. ff. quod vi aut clam. aber jetzo heisset es: Dignus \& indignus pariter nuno ambit honores, Atque ablativus casus utrumque beat. Dahero sagen die Jtaliaͤner ohne Scheu: Sumi- mus Pecuniam, \& mittimus Asinos in Germaniam. Wir nehmen das Geld/ und senden den Teutschen ihre Esel wieder nach Hause. Lans. de Princip. Pro- vinc. Europ. p. 609. edit. vet. Sothane Doctores aber haͤlt Bartolus nur dem Namen nach darfuͤr/ in l. Ath- letar. ff. de Excus. tut. und Gregorius XIII. Pontifex nennet sie nicht Doctores, sondern Doctoratos. Casp. Ens. libr. 1. Epidorp. Andere nennen sie Legum Dolo- res \& Necessitatis Doctores. Parthenius Litigiosus l. 1. c. 11. n. 7. beschreibt sie gar schoͤn/ wann er sagt: In Institutis comparo vos brutis; In Digestis nihil po- testis: In Codice scitis modicè: In Novellis com- paramini Asellis, in deß Reichs Abscheid seyd ihr nicht kommen weit; Et tamen creamini Doctores; ô Tempora, ô Mores! und Garzias de Expens. c. 4. n. 6. klaget daruͤber/ daß man allenthalben mehr Doctores finde/ welche noch zu lernen haͤtten/ als Scholares, wel- che lehren koͤnnen. Diesem Unheil fuͤrzukommen/ hat der Bischoff zu Capua verordnet/ daß man die heim- kommende junge Doctores examini ren/ und wann sie nicht bestuͤnden/ ihrer Wuͤrde wieder berauben solte. Felin. de Rescript. c. 13. Nicol. de Neapol. in l. sed \& reprobari, ff. de Excus. tut. Kirchner. de Republ. Disp. 12. Coroll. 10. Gleichwie aber der Kaͤyser allem Koͤ- J i i nige/ Deß Academi schen nige/ Fuͤrsten und andere hohe Dignit aͤten vergeben kan/ also ist er auch der hoͤchste Urheber der Academi- schen Wuͤrden/ und dahero sagt man/ der Kaͤyser sey ein Hertzog/ Marggraff/ Graf und Doctor, nem- lich ein Doctor nicht nach der Wissenschafft/ sondern nach der Wuͤrde. Von dem Papst wollen etliche deßgleichen melden/ und hat man unter den Paͤpsten 4. Doctores Juris wuͤrcklich gezehlet/ nemlich Urba- num V. Innocentium VI. Hadrianum VI. und Pau- lum V. Angelus in l. 1. C. de Sentent. passis, sagt/ der Kaͤyser koͤnne einen mit einem Wort zum Doctor machen/ aber das geschicht gar selten/ jedoch erinnere ich mich/ daß Kaͤyser Rudolphus II. Bartholomæum Bezium auß Tyrol/ ehe er ihn an die Ottomannische Pforten als Ambassadeur sandte/ durch ein solenn es Diploma zum Doctor Juris crei ret hat. Laur. Ohm. de Jure Episc. Thes. 17. Lit. t. Es crei ret aber auch der Kaͤyser durch andere/ als durch die Ertz-Hertzogen von Oesterreich/ und durch die Comites Palatinos und durch die Academi sche hohe Facultates viele Docto- res. Wann aber ein Comes Palatinus auf einer Uni- versit aͤt lebet/ wollen es ihm die Professores nicht ge- statten/ daselbsten einen Doctorem zu crei ren/ wie sol- ches weyland dem Hofgrafen Nicolao Reusnero von der Universit aͤt Jena/ allwo er lebete/ niemahlen ist verstattet worden. Wie dann unter denen/ die von den Academi en/ und andern/ die von einem Comite Pala- tino zu Doctor en gemacht sind/ einiger Unterschied von etlichen wil gemacht werden/ indem Noldenius behauptet/ daß die Letztern mit den Ersten nicht wol zu vergleichen. So bezeuget es auch die Erfahrung/ daß jetzo die Doctores Bullati nicht sonders geachtet werden gegen den andern/ die auf Academi en crei ret sind/ und deßwegen werden die Comites Palatini von der- Romans II. Buch. dergleichen Candidatis heut zu Tage nicht sonders viel uͤberlauffen: Der unterste Gradus von allen Ge- lehrten ist der Baccalaureus, von dessen Namens Ur- sprung verschiedene Meynungen sind. Es ist aber der Jenige ein Baccalaureus, der in den niedrigen Wissen- schafften sich geuͤbet/ und daruͤber von der Academie ein offentliches Zeugnuͤß sich erworben hat. Doch wird dieser Gradus heute auf den Universit aͤten nicht sonders mehr geachtet/ und wann man die/ so in der Communit aͤt zu Jena leben/ nicht darzu anhielte/ wuͤrde ihn keiner verlangen; Daselbst heist man die Baccalaureos Schaf-Kaͤse/ weil einer dem Decano Philosophiæ etliche Schaf-Kaͤse verehret/ damit er bey seiner Promotion uͤber seine Mit gradui rten stehen moͤchte. Man findet aber einen Unterschied unter den Baccalaureis, und kan jetztbesagte Description auf ei- nen Jenischen gezogen werden/ als woselbst man nur Baccalaureos Philosophiæ findet/ auf andern Uni- versit aͤten/ die aͤlter sind/ hat man auch Baccalaureos Juris und Theologiæ. Unter den Catholischen findet man Baccalaureos Formatos, Baccalaureos Sententia- rios, und Baccalaureos Biblicos. Contzen. lib. 4. Poli- tic. c. 16. §. 4. p. 228. Ob aber gleich der Baccalauri- sche Gradus an ihm selber in schlechter Achtung jetzo ist/ so muß man doch bekennen/ daß ein Baccalaureus in den Rechten einem Doctori oder Magistro Artium fuͤrgehet. Jn Thuͤringen hat man die Constitution Johann Friderichs und Johann Wilhelms/ Her- tzogen von Sachsen/ darinn diese Worte zu lesen: Daß man in diesem Fuͤrstenthum keinen zum Schul- oder Kirchen-Dienst/ deßgleichen auch zum Statt- schreibers-Dienst brauchen wird/ er habe dann aufs wenigste Gradum Baccalaureatûs hier (zu Jena/) oder auf einer andern Universit aͤt erlanget. J i i 2 Der Deß Academi schen Der andere Academi sche Ehren- Gradus macht einen Magister, wordurch eine solche Person bedeutet wird/ so die Philosophi sche Wissenschafften gefasset hat. Diese Magistri waren vor etwa anderthalbhun- dert Jahren bey den Geistlichen eben so seltzam/ als gemein sie jetziger Zeit sind worden. Zu Wittenberg allein/ da diese Waare sehr wolfeil seyn soll/ hat man in einer Zeit von 100. Jahren 4435. Magistros ge- macht. Lansius de Principat. Prov. Europ. pag. 30. Edit. Veter. oder vielmehr nach Taubmanni Rechnung ( in ejus Hercule Academico, ) 5184. Und ist nicht zu zweiffeln/ daß man eine grosse Armee jetzo aufrich- ten koͤnte/ wann man alle Magistros in Teutschland wolte zu Felde stellen. Dieses ist zu mercken/ wann man das Wort Magister vor dem Namen eines Mannes siehet/ solches einen rechten Philosophi schen oder einen Magistrum in Jure Pontificio bedeuten soll. Aber wann es nachstehet/ solle dardurch ein Hand- wercks-Meister bedeutet werden. Dieses soll auch nicht ungemeldet bleiben/ daß man das Wort Ma- gister offt vor dem Doctor stehen siehet/ nemlich Ma- gister \& Doctor, worauß etliche urtheilen/ daß ein Ma- gister weyland ein grosses Thier gewesen. Wann sonsten ein Professor Juris, Medicinæ oder Theologiæ auf einer Universit aͤt ein Magister darbey ist/ so mag er allen Philosophi schen Promotionibus beywohnen/ und darvon participi ren. Aber es fraget sich/ ob ein Professor Philosophiæ, der kein Magister ist/ wol De- canus derselben Facult aͤt seyn/ und Magistros crei ren koͤnne/ welches mit Ja zu beantworten. Dann er machet einen Magistrum, nicht als selber ein Ma- gister, sondern als ein Decanus Facultatis Philosophi- cæ, und von Amtswegen/ sonsten koͤnte jeder Ma- gister einen Magistrum, und ein jeder Doctor einen Docto- Romans II. Buch. Doctorem machen. Solches gehet nur bey hohen Stands-Personen an/ aber nicht bey denen/ die durch Ceremoni en erhoben sind/ ein Fuͤrst macht einen Fuͤr- sten/ ein Graf einen Grafen/ ein Edelmann einen Edelmann/ aber ein General oder Doctor kan keinen jungen General oder Doctor, noch auß sich selber ei- nen andern dergleichen machen/ solches gehoͤret an hoͤhere Hand. Jm dritten Academi schen Grad stehen die Li- centiati, also genannt/ weil sie Erlaubnuͤß oder Licen tz haben/ die hoͤchste Doctor s-Wuͤrde zu begehren. Petr. Gregor. de Art. Jur. c. 34. n. 18. p. 556. Heut hat man zweyerley Licentiatos, nemlich die/ welche offent- lich darzu crei ret worden/ und dañ die/ so den Doctor- Gradum verlangen/ auch das Examen und alles dar- zu behoͤrige uͤberstanden/ nur daß sie den wuͤrcklichen Gradum eines Doctoris nicht uͤberkommen. Jene werden bey nahe crei ret/ wie die Doctores, ohne daß man ihnen etwa das Biret oder den Hut nicht aufse- tzet. Wann einer auf dieser Academie ein Licentiat worden/ kan er anderweit nicht Doctor werden/ es sey dann/ daß er sich nicht eydlich darzu verpflichtet hat/ und von neuem disputi ret. Gleich wie aber sothane Licentiati ihre Privilegia haben/ also koͤnnen sich an- dere/ die nur disputi ret/ und entweder Licentiat en oder Doctores werden wollen/ derselben keines Weges an- massen/ ob sie gleich pro Licentia oder Doctore dispu- ti ret haben/ Ja/ ob man sothane gleich Licentiat en nennet; Dahin zielet auch Petr. Gregorius d. l. p. 562. wann er saget: Man habe Academi en/ da ein Licen- tiat fuͤr keine gradui rte Person zu achten sey/ fuͤrnem- lich in Jtalien. Der vierdte und hoͤchste Academi sche Gradus machet Doctores, welche ihren Namen vom Lehren/ J i i 3 ( Docere, ) Deß Academi schen ( Docere, ) bekommen/ nicht/ daß sie wuͤrcklich doci ren/ sondern darzu billich capabel seyn sollen. Hierbey kommen dreyerley zu betrachten vor/ nemlich die An- tecedentia, Concomitantia und Sequentia promotio- nem. Was die Antecedentia belanget/ sollen solche Leute mit guten Sitten und Lehre wol versehen seyn. I. Magistros 7. C. de Profess. \& Medic. und solches wird bey allen erfordert/ sie moͤgen in Theologia, Jure oder Medicina Doctores werden wollen. Von dem Jure Civili ist hierbey mit wenigem zu berichten/ daß solches von Heydnischen Gesetzgebern gegeben/ aber gar billich ist/ deßwegen man es auch in den meisten Laͤndern Europæ hat eingefuͤhret/ und spricht Lutherus selber in Sympos. p. 397. wann man der Heyden Recht im Roͤmischen Reich nicht haͤtte/ so waͤren un- sere Fuͤrsten/ Kaͤyser und Koͤnige alle zu Narren wor- den. Also gibt es auch in Franckreich/ Spanien und Jtalien/ jedoch so fern es ist angenommen worden. Ja/ die Tuͤrcken haben den Codicem in ihrer Sprach/ und richten sich im Urtheilen darnach. Und man schreibet von den Sinesen/ daß sie ihre Rechte nach dem Juri Civili grossen Theils eingerichtet haben. Es kommet aber dieser ehe als Jener zu solcher Wissen- schafft/ daß er ein Doctor werden koͤnne. Also schreibet Estienne Posquier Livre 5. des Recherches de la France chap. 38. p. 698. Anno 1445. kam ein Juͤngling von etwa 20. Jahren/ welcher alle 7. freyen Kuͤnste ver- stund/ wie die Gelehrten zu Pariß bezeugeten. Er verstunde und wuste zugebrauchen die Vocal - und Instrumental-Music so wol/ als irgend einer zu Pariß oder sonsten. Jn Kriegs-Sachen hatte er schier seines Gleichen nicht/ und das Schlacht-Schwerdt/ wel- ches man mit beyden Armen fuͤhret/ wuste er also zu regieren/ daß es ihm keiner nachthaͤte/ dann wann er seinen Romans II. Buch. seinen Feind erblicket/ so nahm er einen Sprung von 20. oder 24. Fuß auf ihn. Er war ein Magister Ar- tium, ein Magister Medicinæ, ein Doctor Legum und Canonum, auch ein Doctor Theologiæ. Jm Disputi- ren in dem Navarri schen Collegio unter 50. der ge- lehrtesten Maͤnner und 3000. Studenten hat er mit solcher hoͤchst- verwunderlicher Subtilit aͤt auf alle Fragen geantwortet/ daß/ der es nicht selber gehoͤret/ schwerlich wuͤrde glauben moͤgen. Er redete fertig Lateinisch/ Griechisch/ Hebraͤisch/ Arabisch/ und an- dere Sprachen mehr/ darbey war er schon ein Ritter in den Waffen/ und wann es moͤglich/ daß ein Mensch sein Leben auf 100. Jahr ohne Essen/ Trincken und Schlaffen bringen koͤnte/ so wuͤrde er doch zu keiner solchen Wissenschafft gelangen/ wie dieser. Wir entsetzten uns warlich uͤber ihm/ dann er wuste mehr/ als der Natur eines Menschen ertraͤglich. Er be- schuldigte einen jeden Kirchen Doctorem 4. Jrꝛthuͤ- mer. Mit einem Wort/ es war seines Gleichen nicht in der Welt. Bey diesem Menschen ist ein herꝛliches Gedaͤchtnuͤß und Judicium zugleich gewesen und hat man leicht zu erachten/ daß ein Mensch/ wann er nur ein excellent es Gedaͤchtnuͤß hat/ viel ehe zum Docto- rat gelangen kan/ als ein anderer. Solche Gabe aber ist nicht einem Jeden gegeben von der Natur. Augu- stinus in Prologo lib. 3. Doct. Christ. gedencket eines gemeinen Manns oder Leyens/ mit Namen Anto- nius, der keinen Buchstaben gekennet/ viel weniger lesen kunte/ von GOtt aber mit so gutem Gedaͤcht- nuͤß war begabet/ daß er alles/ was man auß heiliger Schrifft ihm fuͤrgesaget/ gar genau behielte und fas- sete/ auch so ordentlich wieder hersagen und von sich geben konte/ als ob er auß einem Buch laͤse. Von einem Diacono in der Stadt Ælia, mit J i i 4 Namen Deß Academi schen Namen Valens, erzehlet Eusebius Cæsariensis Hist. lib. 8. c. 21. er habe in seinem Gedaͤchtnuͤß die gantze H. Schrifft so wol eingefasset/ daß er darauß/ was er nur anzufuͤhren gedachte/ so ordentlich/ als die ande- re auß dem Buch hersagen und erzehlen kunte. Von deß Simplicii Wunder-Gedaͤchtnuͤß be- zeuget Augustin. lib. 4. c. 7. de Animâ nachfolgendes: Amicus quidam meus, jam inde ab adolescentiâ, Sim- plicius Nomine, homo excellentis mirabilisque me- moriæ, cum interrogatus esset à nobis; Quos versus Virgilius in omnibus libris supra ultimos dixerit, con- tinuò memoriterque respondit; Quæsivimus etiam, superiores ut diceret, dixit: \& credidimus, eum posse retrorsum recitare Virgilium, de quocunque loco vo- luimus, petivimus ut faceret, fecit. Prosa etiam de qua- cunque oratione Ciceronis; Id eum facere voluimus, quantum voluimus, sursum versus secutus est: cum ad- miraremur, testatus est DEUM, nescivisse se hoc posse, ante illud experimentum. Christianus Morsianus, Med. Doct. und Professor zu Coppenhagen in Daͤnnemarck/ (schreibet Meige- rius in Nucleo Hist, lib. 7. cap. 14. pag. 156.) war ein uͤberauß gelehrter Mann/ in Medicina, Linguis, Ar- tibus, und in der Philosophia, wie denen bekandt/ die seine Lectiones und Disputationes besuchet und gehoͤ- ret haben. Dieser hatte bey seiner Lehr ein fuͤrtreff- liches Gedaͤchtnuͤß/ daß er seine Poeten/ die er in der Jugend gelernet/ ohne allen Fehler außwendig her- sagen koͤnnen/ und hat sich/ da ich daselbst studi rete/ folgendes zugetragen: Es kam nach Coppenhagen ein gelehrter Mann/ ein Welscher/ der umher zog/ alle hohe Schulen zu besuchen/ der stellete in der Univer- sit aͤt zu einer Disputation ein/ und oppugni rte Theses Medicas, fuͤhrete deß Galeni Spruͤche und Zeugnuͤß in Romans II. Buch. in Griechischer Sprach ein/ mit Verwunderung aller Zuhoͤrer. Da er nun hatte beschlossen/ assumi rte D. Morsianus in Griechischer Sprach/ und wieder- holete alles/ was sein Widerparth geschicklich fuͤrge- bracht/ beantwortete ihm auch in selbiger Sprach/ fuͤhrete deß Galeni und Hippocratis Zeugnuͤß hinge- gen an/ und wiederlegte ihm seine fuͤrgebrachte Ar- gumenta dermassen/ daß der Fremde fuͤr der gantzen Universit aͤt frey bekannte/ er haͤtte sich unter so kal- tem Himmel und in den rauhen Nord-Laͤndern nicht vermuthet/ einen solchen Mann zu finden/ von so trefflicher Geschicklichkeit/ und so tapfferer Gedaͤcht- nuͤß/ der auß dem Stegreiff seinen Galenum und Hipprocratem also einfuͤhren koͤnte/ als haͤtte er es mit reiffem Vorwissen und Bedacht gethan/ wie er nunmehr in der That erfahren haͤtte. Jedoch ist auch zu wissen/ daß man heut zu Tag dem Gedaͤchtnuͤß eines Menschen kuͤnstlicher Weiß gewaltig zu Huͤlffe tretten kan/ wie die Jenigen wis- sen/ welche Artem Mnemonicam verstehen. Gleichwie aber manche in ihrer Jugend schon zu hohen Wissen- schafften gelanget/ also haben hingegen andere sich ihr hohes Alter nicht darvon zuruͤck halten lassen/ wie solches droben mit Balde und andern Exempeln er- weißlich gemacht worden. Nicolaus Clenardus, als er zu Ebora in Portugall deß Portugallischen Koͤnigs Emanuelis Fuͤrstl. Jugend Præceptor war/ schreibet an einen guten Freund in Teutschland/ lib. 2. Epist. 21. diese Worte: Quem præferam Johanni Parvo, qui cum mihi mensa fuit communis toto biennio, quem- que non minus, quàm parentem charissimum venerari debeo? Is cum annos natus esset sexaginta duos, non contentus literis Græcis, quas occupatissimus templi functionibus, à me etiam initiatus est Hebraicis, quos I i i 5 noctur- Deß Academi schen nocturnis vigiliis tam ardenter concupivit: ut paucis mensibus sine cortice naret, ut utar verbis Horatâ. Dieser Johannes Parvus ist nachgehends von hochge- dachtem Koͤnig zum Bischoff zu St. Jacob in Pro- montorio viridi gesetzet worden/ wie auß der 18 Epi- stel deß 2. Buchs an denselben die Uberschrifft lautet: R. D. D. Johanni Parvo, Episcopo Divi Jacobi in Promontorio viridi. Jn dieser Epistel/ die er auß Fessa der Haupt- Stadt in Africa oder Barbarien an selbigen geschrie- ben/ meldet er dieses: Es ist allhier in Fessa ein Mann von 90. Jahren/ der gebraucht sich meiner Lehre und Unterweisung in der Griechischen Sprach/ das wol- le dem Herꝛn Bischoff ja nicht laͤcherlich vorkommen/ es ist ein Lehrling von guten Min en/ ich habe es mit ihm bereit so fern gebracht/ daß er die Griechische Buchstaben kennet/ und fertig herzehlen kan. Nur dieses faͤllet uns versaͤumlich/ daß der gute Schuͤler unterweilen seine Augen-Glaͤser zu Hauß hat gelas- sen/ ohne deren Huͤlffe er nicht wol das ν von dem υ erkiesen und unterscheiden kan. Si iste me senex (pergit Clenardus) fecerit alicubi divitem, boni consulam, si mihi mea laborum præmia denegent infantes. Quin \& in Latinis mihi Judæus quidam fuit discipulus. Aliquid est, anni spatio Fessæ tres docuisse linguas \&c. (Datæ sunt istæ literæ Fessæ d. 21. Augusti 1541.) Lehr-begierig seyn stehet keinem Alter uͤbel an/ sonst wuͤrde Plato nicht fuͤr wol gethan erkannt haben/ was Lysimachus in Lachete von sich redet: Placent mihi, quæ dicis, Socrates, statuoque quo senior sum, eò studiosius cum adolescentibus discere. Cato Censorius wird von dem Quintiliano hoch geruͤhmet/ daß er in dem grauen Alter Griechisch reden gelernet: M. Cato Censorius, schreibet er/ rudi seculo, Romans II. Buch. seculo, ætate jam declinatâ litteras Græcas Ennio præ- ceptore usus, didicit; Ut esset hominibus documen- to, ea quoque percipi posse, quæ senes concupissent. Und der Welt-beruͤhmte Alphonsus, Koͤnig in Arra- goni en/ wird deßwegen nicht zu schelten seyn/ daß er im 50. Jahr seines Lebens/ von dem Laurentio Valla und Antonio Panormitano sich die Lateinische Sprach lehren lassen/ hat sich nicht gescheuet/ die ersten Rudi- menta der Grammatic, wie der kleineste Lehr-Schuͤler/ anfangen zu lernen. Das ist freylich wol was seltzames/ sprach Cavi- na anjetzo/ daß dieser Johannes Parvus in seinen hohen ja letzten Tagen sich noch auf solche Wissenschafften geleget/ und wundere ich mich weit mehr daruͤber/ als uͤber jenes herꝛliche Gedaͤchtnuͤß/ darvon uns der Herꝛkurtz vorher erzehlet hat/ dann ich finde mehr dergleichen Exempla. Warlich/ die vernuͤnfftige Seele deß Menschen/ welche ihn von andern Thie- ren unterscheidet/ erweiset sich durch seinen Verstand und Willen/ welcher beyder Kraͤfften Bediente und Dollmetscherin ist das Gedaͤchtnuͤß/ der wir alles muͤssen zu dancken haben. Niemand/ oder sehr wenig/ dancken GOtt fuͤr solche herꝛliche und unschaͤtzbare Gabe/ sonder welche wir Kinder waͤren/ die so mehr nicht wissen/ als was sie fuͤr Augen sehen. Deßwegen dann das Gedaͤchtnuͤß das Haupt-Buch der Gelehr- ten/ der Prob-Stein aller Wissenschafften/ der Augen geheimes Buch/ der Schatz unserer Geschicklichkeit/ und die Mutter der Mus en genennet wird. Unter vielen alten und neuen Exempeln der Jenigen/ die mit einem gluͤckseeligen Gedaͤchtnuͤß begabt gewesen/ ist auch zu zehlen Nicola Serpetro, welcher also von sich schreibet: Bevor ich das 26. Jahr erlanget/ habe ich den Tasso, Ariosso, Petrova Sannazario, Pastorfido, Virgi- Deß Academi schen Virgilium, Claudianum, Ovidium, Horatium, Ho- merum, Lucanum, und noch bey 20. andere Buͤcher fast gantz im Gedaͤchtnuͤß gehabt. Noch in diesem meinem 44. Jahr/ als ich dieses schriebe/ kan ich in 200. Verse in einer Nacht zu Gedaͤchtnuͤß bringen/ wiewol mir solche durch zwo Haupt-Wunden/ welche ich zu Rom im Jahr 1634. bekommen/ sehr geschwaͤ- chet worden/ daran man mich so uͤbel geheilet/ daß ich alles vergessen/ fast rasend gewesen/ und auf meines Meisters Thomaso Campanellæ Einrathen mir das Haupt wieder hat muͤssen geoͤffnet werden/ darauf sich meine Gedaͤchtnuͤß wieder gefunden. Nun kan ich zu einer Zeit schreiben/ und vieren von unterschied- lichen Sachen zugleich in die Feder sagen. Was ich einmahl geschrieben/ das bleibet mir so vest im Sinn/ daß ich es nicht wieder uͤberlesen darff. Jn meiner Jugend habe ich gantze Predigten außwendig behal- ten und hersagen koͤnnen/ daß offt die Prediger sich verwundert/ wann ich nichts von ihrer Handlung außgelassen habe/ die Buͤcher habe ich nur einmahl gelesen/ und solche in dem Gedaͤchtnuͤß behalten. Dieses/ schreibet ferner Serpetro, wolle mir kei- ner fuͤr einen eitlen Ruhm und selbst angegebenen Lobspruch zumessen/ weil es die Warheit ist/ und ich wuͤrde mich gegen solcher hohen Gnade GOttes un- danckbar erweisen/ wann ich solche verschweigen/ und nicht vielmehr deßwegen deß Hoͤchsten Guͤte danck- nehmig preisen wolte. Die Heimlichkeit der Fuͤrsten soll man verschweigen/ aber GOttes Wercke soll man herꝛlich preisen und offenbahren/ Tob. 12. 7. Das XXIX. Capitul/ Man kan dem Gedaͤchtnuͤß durch viel Wege zu Huͤlffe kom- men. Wie man einen Doctorem mache. Hiermit Romans II. Buch. H Jermit schwieg Cavina wieder still/ und Troll sprach: Mein hochgelehrter Herꝛ Schweitzer/ ich haͤtte nicht gedacht/ daß euer Kuh- und Klippen-Land noch solche gescheide Koͤpffe ziehen sol- te/ man hat mir gar anders darvon narri ret/ als ich es jetzo an euch deprehendi re/ warlich tu es vir, quite præ- stare potes; Jch bin den Studiis ein wenig zu fruͤh ent- lauffen/ moͤchte doch noch wol ein Doctor werden/ wañ es angehen wolte/ dann man hat mir erzehlet/ daß auf Universit aͤten zu diesem Gradu jetzt allerhand Leute ohne Unterschied admitti rt werden; Aber/ ich moͤchte doch gleichwol noch etwas mehrers wissen/ worzu mir ein kuͤnstliches Gedaͤchtnuͤß gewaltig wuͤrde zu stat- ten kommen/ koͤnnet ihr mich darinn ein wenig unter- weisen/ so wil ich euch ewig verpflichtet seyn/ aber vor das Erste thut mir den Gefallen/ und saget mir/ wor- innen eine solche Gedaͤchtnuͤß bestehet? Der gelehrte Schweitzer ward zwar durch diesen Nebentritt von seinem Discurs abgeleitet/ aber weil er dem lustigen Troll auch nichts abschlagen wolte/ sagte er: Es sey die/ (wie vorgegeben wuͤrde/) von Simonides erfun- dene Gedaͤchtnuͤß-Kunst ein Hauffen Lehr-Saͤtze/ durch welche man die Gestalten der im Gedaͤchtnuͤß aufbehaltenen Dinge wieder erwecket. Und weilen diese Krafft/ Thun und Thaͤtigkeit in einer gewissen und gemaͤssigten Hirns-Beschaffenheit bestehet/ und erhalten und verbessert werden kan/ durch aͤusserlicher Sachen Gebrauchung/ so ihrer Natur gemaͤß und bequem seynd; So vermeynen die/ so da zweiffeln/ und nicht zugeben wollen/ daß das Gedaͤchtnuͤß koͤn- ne verbessert und vollkommen gemacht werden/ und es solchem nach eine Gedaͤchtnuͤß-Kunst gebe/ die gar den Sinnen merckliche Wuͤrckungen der Medicin. Raimundus Lullius hat die Seinige in einer catego- ri schen Deß Academi schen ri schen und geheimen Ordnung begriffen; Romber- cio in seinen gedencklichen Reduction en/ oder Bezie- hungen deß Gedaͤchtnuͤsses auf etwas Gewisses; Geswalde, ein Neapolitaner/ in gewissen Character en und Merckzeichen; Und alle/ so von dieser Kunst tracti- ret/ in Oertern/ Bildern und Ordnung. Jn Oertern/ als zum Exempel/ im Voruͤbergehen eines Orts/ brin- get ihr euch wieder in das Gedaͤchtnuͤß/ was ihr da- selbst gesehen oder gethan habt/ auch wann ihr einen euch wol-bekandten Ort/ daß er auß eurem Gedaͤcht- nuͤß nicht kommen kan/ und immer in eurem Gesicht ist/ euch vornehmet/ als eure Behausung/ oder die Waͤnde eurer Stuben oder Kammern/ so werden sie euch alles dessen/ was ihr bey ihnen bemercket habt/ treulich wieder erinnern und fuͤrbringen. Jn Bil- dern/ gleichwie mir es ohnmoͤglich ist/ wann ich mei- nes Freundes Bildnuͤß sehe/ mich nicht seiner zu er- innern; Also auch in Ansehung gewisser Bilder/ so mir die Sache bedeuten koͤnnen/ von welcher ich handeln soll/ und mit welcher sie sich vergleichen/ erin- nere ich mich leichtlichen der vorgenom̃enen Sachen. Diese Bilder muͤssen entweder ausser uns seyn/ als bey einem Prediger die Saͤulen/ Tapezereyen oder Tafeln/ so fuͤr ihm stehen und hangen/ oder in uns/ und muͤssen so kraͤfftig und bekandt seyn/ daß sie uns allezeit vorkommen/ wie ein roth und blattericht Ge- sicht eines bekandten Menschen seyn wuͤrde/ um dar- durch den Zorn oder Trunckenheit/ ein blasses/ dar- durch die Furcht zu bedeuten/ und also ferner in allen Stuͤcken und Theilen eurer Rede. Die Ordnung anlangend/ so ist bekandt/ daß sie mit aller Einstim- mung der Vatter und Verwahrer der Gedaͤchtnuͤß genannt wird. Cavina sagte hierauf: Der muß ein Feind der Ord- Romans II. Buch. Ordnung seyn/ der die Nutzbarkeit der Gedaͤchtnuͤß- Kunst in Zweiffel ziehen wil/ sintemahl sie ihre Lehr- Saͤtze auf der Ordnung gruͤndet. Und weilen man niemahls besser von einer Sachen urtheilet/ als in Betrachtung ihres Gegentheils/ so muß man/ um die Ordnung wol zu erkennen/ die Unordnung mit ihren Ubeln vorstellen. Dann gleichwie wir nichts wissen/ als nur das/ so wir in unserm Gedaͤchtnuͤß fuͤhren/ dahero auch das Wort wissen und im Gedaͤchtnuͤß haben/ gar wol und eigentlich von dem gemeinen Mann vor einerley genommen wird. Also wurde es einem wenig nutz seyn/ viel Sachen wissen/ und sie zu rechter Zeit nicht fuͤrbringen koͤnnen/ oder wann sein Wissen unordentlich ist/ so verdienet er mehr den Namen eines Verwirꝛten/ als Wissenden. Und das geschicht auß ermanglender Ordnung/ welche die Ge- daͤchtnuͤß-Kunst uns lehret/ und darzu verhuͤlffet. Dann alle Sachen unter sich eine entweder von der Natur oder Kunst herkommende Verbindlichkeit ha- ben. Die Erste befindet sich in der Selbstaͤndigkeit und zufaͤlligen Dingen. Die Pflantzen haben ihre Ordnung/ die Thiere ihre/ und unter denen Menschen gibt gleicher Gestalt die Zeit/ Ort/ Wuͤrde und ande- re Umstaͤnde solche. Also war Cyrus eher/ als Alexan- der, Alexander eher als Cæsar, und diese an Wuͤrden hoͤher als Cicero, Cicero als Roscius. Aber unser Ge- daͤchtnuͤß wird fuͤrnemlich verhindert die kuͤnstliche Aneinanderfuͤgung und Nachfolgung der Woͤrter zu behalten/ nemlichen die/ so wir selbsten ordnen und fuͤgen/ sonderlich wann sie sich von der natuͤrlichen Ordnung gar zu weit entziehet. Dahero siehet man und erfaͤhret/ daß/ je mehr eine Rede auß schweiffend ist/ und nicht wol an einander haͤnget/ je weniger man sie im Gedaͤchtnuͤß behalten kan. Worinnen auch sonder- Deß Academi schen sonderlich die verwunderliche Gedaͤchtnuͤß-Kunst sich sehen laͤsset/ durch welche der Seneca in seinen Decla- mation en sich ruͤhmet/ 2000. Personen Namen ge- merckt/ und in der Ordnung/ darinn er sie gehoͤret/ wiederum hergesaget zu haben. Es bekennet auch Cardanus, daß er dieser Kunst alles/ was er wuͤste/ zu dancken haͤtte. Und hat der Cardinal Perron solcher Gestalt in Gegenwarth Koͤnig Heinrichs deß III. sie zu gebrauchen gewust/ daß er ein einmahl gehoͤrtes Helden-Gedicht von Wort zu Wort hergesaget/ und darum fuͤr den Erfinder desselben gehalten worden. Troll ließ sich vernehmen: Daß/ dieweil die Gedaͤchtnuͤß oͤffters vornehmen Personen/ wann sie sie am meisten bedoͤrfft/ ermangelt haͤtte/ wie dem Demosthenes, als er fuͤr Koͤnig Philippen in Macedo- nien/ dem Budæo, als er fuͤr Carolo V. reden sollen/ und vielen andern mehr/ es um so viel nuͤtzlicher ist/ sie zu bestaͤrcken/ weil die Lehr-Saͤtze darvon so unter- schieden seyn. Es seyn etliche/ so sich Kammern fuͤr- bilden/ und in jedweder Ecken derselben einen bekand- ten Menschen/ auf welches Kopff sie das erste Wort/ oder erste Sachen/ dessen sie sich eriñern wollen/ setzen/ auf den rechten Arm die andere/ die dritte auf den Lincken/ die vierdte auf den rechten Fuß/ und die fuͤnffte auf den Lincken/ (dieser Fuͤssen Zahl bedun- cket sie die Allerleichteste zur Multiplication, oder Vervielfaͤltigung/) wann aber die Sache nicht leib- lichen ist/ so bilden sie unter einer Gestalt sich dieselbe fuͤr/ so den Klang deß Worts fuͤrstellet/ oder machen auß zweyen eines/ oder auß einem zwey/ und so durch- auß von Ecken zu Ecken/ und Kammern zu Kammern. Und wann es noͤthig/ so setzen sie noch fuͤnff andere zu den vorhergehenden. Zum Exempel/ wann ich erst vom Augusto, hernach von denen Kaͤysern Rudolpho, Matthia, Romans II. Buch. Matthia, Valentiniano reden/ und durch den Solon re- den wil/ so nehme ich das Wort Armus, in welchem die Anfangs-Buchstaben besagter Namen zu finden/ die mich zu den uͤbrigen leiten koͤñen/ und also machen sie es auch der Reden sonderliche Absaͤtze anzufangen/ welche sonst andere damit anheben/ womit die vor- derste Rede-Glieder sich schliessen. Ein anderer sagte darauf: Das Gedaͤchtnuͤß ist ein innerlicher Sinn/ welcher (nicht weniger als die andere Beyde/ die Einbildung und gemeiner Sinn/) von nichts anders/ als der Natur herkommt/ und werden/ gleich dem Erdichteten/ darum von dem Blitz/ weilen er denselben nachaͤffen wollen/ erschla- genen Palomoneo die Jenigen bezahlet/ so durch ihre Kunst die Goͤttliche Werck veraͤndern/ und in einen andern Stand setzen wollen/ daß sie nemlichen gaͤntz- lich um ihre Memorie kommen. Sonsten bestehet ein gut Gedaͤchtnuͤß in einem zarten und weichen Ge- hirn/ wie im Gegentheil das Schwache von einem harten Gehirn verursachet wird. Und darum haben auch die Kinder ein besser Gedaͤchtnuͤß/ als erwachse- ne Leute. Wir koͤnnen aber die Beschaffenheit unsers Gehirns nicht veraͤndern/ und die/ so das Melissen- Wasser und andere Mittel darzu brauchen wollen/ haben befunden/ daß sie mehr dardurch ihr gut Ver- stands-Urtheil oder Judicium geschwaͤchet/ als ihr Gedaͤchtnuͤß gestaͤrcket haben. Darauß man ferner beweiset/ daß/ weilen diese zwey Kraͤffte gemeiniglich gleich entstehen/ und wie gegen einander abgewogen seynd/ daß es eben so schwer und unmoͤglich sey/ eine boͤse Gedaͤchtnuͤß zu verbessern/ als ein gut Ver- stands-Urtheil dem geben wollen/ so keines hat. Jetzo sagte ein Schwab: Daß er nicht weniger schwer befinde/ der Oerter/ Bilder/ und andere Phan- K k k tastisch Deß Academi schen tastisch und seltzam angeordnete Lehren dieser Kunst sich zu erinnern/ und sie darzu anzuwenden/ worzu sie erfordert werden/ als anfaͤnglichen war/ die Sachen selber oder ihre Worte im Gedaͤchtnuͤß zu behalten/ welche anderst/ als durch sich selbst und diese Kunst gefasset/ alsbald vergessen werden/ weilen sie auf nichtige Einbildung gebauet seye/ und bleiben solche wunderliche Phantastereyen im Gemuͤth behangen/ und koͤnnen nicht allezeit wiederum so darvon ge- bracht werden/ daß nicht ein Bildnuͤß derselben dar- von uͤberbleiben solle/ welches einsmahls mehr die Memorie verunruhigen und verwirren/ als ihr allezeit behuͤlfflichen und ersprießlich seyn kan. Und ich wolte lieber alles ein wenig muͤhsam mit Nutzen und vester Eindruckung fassen und erlernen/ so gemeiniglich auf die Muͤhe und Arbeit erfolget/ als mich mit nichtigen Bildern behelffen. Darum ich auch glaube/ daß es entweder keine Gedaͤchtnuͤß-Kunst habe/ oder daß sie gantz unnutzlich oder uͤbel geordnet/ und also eine sol- che von der gantzen Welt zu verwerffen ist. Cavina endigte diesen Discurs: Demnach in al- lem dem/ wo ein Mangel erscheinet/ man durch Kunst ihm helffen/ und den Kraͤfften und Vermoͤgen die Verhinderungen/ so sie in ihren Wuͤrckungen antref- fen/ auß dem Wegraumen muß? Warum solte das Gedaͤchtnuͤß allein dieser Huͤlffe entbloͤsset seyn? Jn Ansehung es so unterschiedliche Mittel und Huͤlffe hat/ daß nicht die bedeutende nur/ sondern auch die nichts bedeutende Worte ihm helffen. Derohalben saget Aristoteles, daß man Barbarismos machen muͤs- se/ wann man etwas sich erinnern wolle. Also muß man nur einen Namen wiederum in das Gedaͤchtnuͤß zu bringen/ viel hersagen/ so demselben gleichen. Aber mein Herꝛ/ sprach er weiter zum Schwei- tzer/ Romans II. Buch. tzer/ dieser Nebentritt muß euren Discurs von den Doctoribus nicht gar ins Stecken bringen. Dieser ließ sich also in der Continuation seines vorigen Discurs folgender Gestalt weiter hoͤren: Ob gleich nun/ wie bekandt/ der Kaͤyser Justinianus den Studiosis 5. Jahr fuͤrgeschrieben/ die Jura zu absolvi ren/ ehe sie etwa einen Gradum darinn zu erlangen gedaͤchten/ so erweisen uns doch angefuͤhrte Exempla, daß bey manchem fertigen Kopff so viel Zeit nicht erfordert werde. Es hat ersagter Kaͤyser auch verbotten/ daß man die neue Studiosos Juris im ersten Jahr nicht mehr mit dem veraͤchtlichen Namen Dupondios, ( vid. Cujacium 12. Observat. 40.) sondern Justinia- neos novos nennen solle. Jm andern Jahr solte man sie Edictales nennen/ im dritten Papinianistas, und im vierdten Jahr Lytas oder Solutores. Was sonsten das andere Antecedens Promotionem in Doctorem belanget/ ist solches die Probe/ die er beym Examine ablegen muß/ und bestehet es eigentlich in 3. Theilen/ welche sind das Examen selber/ die Lectio und die Di- sputatio. Vor Zeiten wurden 7. Doctores bey dem Examine erfordert/ heute aber koͤnnen es 2. oder 3. be- stellen/ welche/ wann sie ihren Spanischen Wein/ Butter/ Kringeb/ und sonst noch einen gelben Nimi- rum loco sportulæ bekommen/ solche Dinge in das Examen bringen/ die mancher Bauer wol verstehen koͤnte/ dann man laͤsset den Herꝛn Candidat en nicht gerne entschnappen/ er moͤchte sich sonst auf einer an- dern Academie angeben/ so gieng das schoͤne Accidens auß der Nasen. Man wil sonsten auf rechtschaffenen Academi en keinem die Doctor s-Wuͤrde ertheilen/ er habe dann das 17. Jahr seines Alters uͤberschritten/ und sey ohne Mackel. Solche Mackeln aber sind in l. 2. C. de Dignitatibus außgedruckt/ nemlich: Neque K k k 2 famo- Deß Academi schen famosis \& notatis, \& quos seelus aur vitæ turpitudo inquinat, \& quos infamia ab honestorum cœtu segre- gat, dignitatis portæ patebunt. So aber einer ein unehelicher Sohn ist/ kan er sich legitimi ren/ und alsdann wol doctori ren lassen. Anlangend die Ceremonien selber bey Auftra- gung dieser hohen Wuͤrde/ so wird ein solcher Candi- datus erstlich auf den Catheder oder Lehrstuhl gelas- sen/ zum Zeichen seiner erlangten Wiffenschafft. Zum andern gibt man ihm ein Buch/ welches Anfangs ge- schlossen ist/ und dardurch wird bedeutet/ daß seine Wissenschafft nicht allein in den Buͤchern/ sondern im Hertzen muͤsse stecken/ sonsten wuͤrde man ihm vor- werffen das bekandte Spruͤchwort: Si tua charta cadit, secum sapientia vadit. Alsdann gibt man ihm ein aufgeschlagenes Buch/ zu bedeuten/ daß er sich bey seiner Menschlichen Schwachheit nicht zu sehr auf das Gedaͤchtnuͤß ver- lassen muͤsse. Es kauffen die Doctores offt viel Buͤ- cher/ und meynen/ sie seyen darbey alsdann recht ge- lehrte Leute/ aber Ausonius Epigramm. 43. redet sol- che Einbilder folgender Massen an: Emptis quod lihris tibi Bibliotheca referta est. Doctum \& Grammaticum te Philomuse putas? Hoc genere \& chordas, \& plectra, \& barbita conde: Mercator hodiè, cras Citharœdus eris. Man setzet dem Doctorando weiter auch einen son- derlich gestalten Hut auf/ denselben nennet man ein Biret, und ist er auf einer Academie rund/ auf einer andern aber viereckt; Dieser soll bedeuten/ daß ein Doctor Erlaubnuͤß habe in allen 4. Theilen der Welt zu lehren. Ein runder Hut aber bedeutet die Voll- kommenheit. Er ist auß Seyden gemacht. Ferner gibt man ihm einen Ring/ womit ihm die Wissenschafft gleich- Romans II. Buch. gleichsam verlobet wird/ oder zum Zeichen seiner Adelschafft/ als der dardurch das Jus Aureorum An- nulorum erlanget. Endlich wird ihm von dem Pro- motore oder Decano ein Kuß auf die Stirn erthei- let/ zum Zeichen deß Friedens/ der Liebe und der Freundschafft. Alsdann ist der Actus absolvi ret/ man wunschet dem neuen Doctori Gluͤck/ und er tracti ret die Herren Professores, und andere Gaͤste/ auf einem guten Banquet. Ein Doctor wird unter die Edlen oder Nobiles gezehlet/ und hat viel Privilegia, welche alle anzufuͤhren gar weitlaͤufftig seyn wuͤrde. vid. Nolden. de Nobil. cap. 4. Halbritterum in Orat. de Privil. Dd. Matth. Stephan. de Nobil. Scientiæ. Bartol. ad l. 1. C. de Dignit. libr. 12. Bologn. ad Auth. Habita. n. 27. \& seqq. Petr. Lesnadier. in Tr. de Privil. Dd. und an- dere mehr. Das XXX . Capitul/ Die Studenten haben viel schoͤne Privilegia. Jedoch auf einer Vniversitaͤt andere/ als auf der andern. A Ber ich muß meinen Herren nun auch noch et- was von den Herren Studenten melden. Diese Leute haben schoͤne Privilegia, welche man in all- gemeine und sonderbare abtheilen kan. Jene werden in Authentica Habita, C. ne filius pro patre. gnugsam außgedruͤcket/ diese Authentica ist gegeben worden vom Kaͤyser Friderico I. in den Roncali schen Feldern nicht weit von Placentia in Jtalien am Po-Fluß/ als er in seinem Roͤmerzug A. 1158. im November allhier eine Reichs-Versammlung hielte. Dieses Privile- gium lautet von Wort zu Wort also: H Abita quidem super hoc diligenti inquisitione Episcopo- rum, Abbatum, Ducum, omnium Judicum, \& aliorum Procerum sacri nostri Palatii examinatione, omnibus, qui causâ studiorum peregrinantur, scholaribus, \& maximè divinarum atque sacrarum legum Professoribus hoc nostræ pietatis benefi- K k k 3 cium Deß Academi schen eium indulgemus, ut ad ea loca, in quibus literarum exercentur studia, tàm ipsi, quàm eorum nuncii veniant, \& in eis securè ha- bitent. Dignum namque existimamus, ut, cùm omnes bona facientes, nostram laudem \& protectionem omnimodò merean- tur, quorum scientiâ totus illuminatur mundus, \& ad obedien- dum D E O \& nobis ejus ministris, vita subjectorum informa- tur, quadam speciali dilectione eos ab omni injuriâ defenda- mus. Quis enim eorum non misereatur, qui amore scientiæ exules facti, de diyitibus pauperes, semetipsos exinaniunt, vitam suam multis periculis exponunt, \& à vilissim is sæpè hominibus (quod gravitet ferendum est,) corporales injurias sine causa per- ferunt? Hâcigitur generali \& in perpetuum valitura lege de- cernimus, ut nullus de cœtero tàm audax inveniatur, qui ali- quam Scholaribus in ferre injuriam præsumat, nec ob alterius cu- juscunque provinciæ delictum sive debitum (quod aliquando ex perversa consuetudine factum audivimus,) aliquod damnum eis inferat: Scituris, hujusmodi sacræ constitutionis Temerato- ribus, \& etiam ipsis locorum Rectoribus, qui hoc vindicare ne- glexerint, restitutionem rerum ablatarum ab omnibus exigen- dam in quadruplum: notaque infamiæ eis ipso jure irrogandæ, dignitate se carituros in perpetuum. Veruntamen si litem eis quispiam super aliquo negotio movere valuetit, hujus rei optio- ne datâ scholaribus, eos coram Domino vel Magistro suo, vel ipsius civitatis Episcopo, quibus hanc jurisdictionem dedimus, conveniat. Qui verò ad alium judicem eos trahere tentaverit, etiamsi causa justissima fuerit, à tali conamine cadar. Hancau- tem legem inter Imperiales Constitutiones, scilicet sub Titulo: Ne filius pro patre \& c. inseri jussimus. Datum apud Roncalias Anno Domini M C LVIII. mense Novembri. Solches koͤnte man in unserer Teutschen Sprache also geben: N Ach gehaltener reiffer Berathschlagung und Unter- suchung der Bischoͤffen/ Aebten/ Hertzogen/ aller Richter und hohen Bedienten Unsers heiligen Pallasts/ ertheilen Wir allen Scholar en/ welche um der Wissenschafften willen reysen/ insonder heit aber denen Professoribus der Goͤttlichen und heiligen Rechten/ diese Wolthat/ daß zu denen Orten/ da die Studia getrieben werden/ so wol sie selber/ als ihre Botten/ moͤgen kommen/ und in Sicherheit daselbst wohnen. Dann Wir erachten es fuͤr billich/ daß da alle die Jenigen/ so Gutes Romans II. Buch. Gutes thun/ Unser Lob und Schutz auf alle Weise verdienen/ durch deren Wissenschafft die gantze Welt erleuchtet wird/ und welche Unsere Unterthanen unterrichten/ daß man GOtt und Uns/ als seinen Dienern/ gehorche/ Wir auß einer be- sondern Liebe dieselbe von aller Beleydigung beschuͤtzen. Dann wer solte sich derer nicht erbarmen/ welche auß Liebe zur Wis- senschafft sich in die Fremde begeben/ auß reichen Leuten arm werden/ sich selber außleeren/ ihr Leben vielen Gefahren un- terwerffen/ und offt von den geringsten Leuten (welches schwer zu ertragen/) ohne Ursache leibliche Beleydigungen ertragen. Derowegen verordnen Wir durch dieses allgemeine ewig- waͤhrende Gesetz/ daß sich keiner hinfuͤhro erkuͤhne/ einigen Studenten zu beleydigen/ oder um eines andern Landes Mis- sethat und Schuld willen (welches/ wie Wir vernommen/ bißhero durch eine verkehrte Gewonheit im Schwange gan- gen/) ihnen einigen Schaden zu zufuͤgen. Sie sollen wissen/ daß die Freveler dieser heiligen Constiturion, auch die Rectores der Orten/ die solches zu ahnden verabsaͤumet/ den erlittenen Berlust den Studenten vierfach gut machen sollen/ daß sie unehrlich sollen erllaͤret werden/ und ihrer Wuͤrde ewiglich verlustiget seyn. Wil sie aber Jemand uͤber eine Sache zu Recht fodern/ sollen die Studenten die Wahl haben/ vor dem Herm/ oder ihrem Meister/ oder vor der Stadt Bischoff/ denen Wir solche Macht gegeben/ deßfalls Red und Antwort zu geben. Der sie aber vor einen andern Richter ziehen wird/ ob gleich er eine gantz gerechte Sache haͤtte/ soll sein Recht verlieren. Und dieses Gesetz haben Wir den Kaͤyserl. Consti- tutionibus, unter dem Titul: Ne filius pro patre, \&c. einver- leiben lassen. So geschehen in den Roncali schen Feldern/ im Jahr unsers Erloͤsers 1158. im November -Monat. Nun gehen wir weiter/ und berichten/ daß der Rector Magnificus und die Universit aͤt allemahl uͤber die Sachen/ und theils auch uͤber die Verbrechen der Studenten judici ren/ dann was das merum Impe- rium anbelanget/ ruͤhmet sich dessen die Universit aͤt Tuͤbingen/ teste Sichard. ad d. Authent. habita. n. 22. auch die zu Leipzig/ die zu Franckfurt an der Oder/ zu Rostock/ Jngolstatt/ Heydelberg und Gryphswald. Vor Zeiten stunde die hoͤchste Jurisdiction, und so gar K k k 4 auch Deß Academi schen auch das Leben und Tod bey der Universit aͤt zu Pa- riß/ aber da sie A. 1403. 2. Studenten hiengen/ ver- lohren sie ihr Recht. Jn Jtalien ruͤhmete sich die Academie Bologne gleicher hoͤchsten Jurisdiction, als aber zu Zeiten Agonis 10000. Studenten auf ein- mahl sich daselbst aufhielten/ war es der Academie nicht muͤglich/ so viel Leute zu zwingen/ derowegen tratt sie der Stadt von ihrem Recht etwas ab. Die Academie zu Pisa hat auch weyland nebst der Civil en ihre Criminal-Jurisdiction exerci ret/ gleichwie auch die zu Neapolis und zu Perusia. Jn Engelland ruͤh- met sich Oxfort dergleichen Macht/ und in Spanien Complutum, sonsten Alcala de Henares. Jn Pohlen die Universit aͤt Cracau/ wiewol nur in schlechten Criminal- Sachen/ dann in hohen Verbrechen muͤs- sen sie sich vor die gebuͤhrende Obrigkeit schleppen lassen. Uber dem haben etliche Universit aͤten ihre be- sondere Privilegia, nemlich/ welcher sich unterstehet ei- nen Studenten/ der nach Bologne ziehet/ mit der Hand oder Mund zu beleydigen/ hat sein Leben ver- lohren/ und welche Obrigkeit/ als Obrigkeit/ nicht fortfaͤhret/ sothane dem Studenten angethane Schmach zu raͤchen/ soll gleicher Straffe unterworf- fen seyn. Nat. Chytr. in Delic. Europ. p. 180. Die Universi taͤt Loͤven in Brabant ruͤhmet sich/ daß ein Student/ so bald er nur den Fuß auß seines Vatters Hauß gesetzet/ dahin zu raͤysen/ und zu studi ren/ also gleich unter ihrer Protection stehe. Zu Padua hatten vormahlen die Studenten Macht/ einen Rectorem nach ihrem Belieben zu erwaͤhlen/ und zu verwerf- fen/ welches aber von dem hohen Senat zu Venedig A. 1445. in etwas geaͤndert/ und A. 1560. gaͤntzlich aufgehoben worden/ wegen der Unruhen/ so darauß zu entstehen pflegeten. Wann ein Student zu Leyden in Romans II. Buch. in Holland schon Klaͤger ist/ und einen Buͤrgen be- langet/ muß ihm dieser vor den Rectorem folgen. Die Universit aͤt zu Montpelliers in Langedoc greiffet noch weiter/ dann sie hat A. 1437. von Koͤnig Carolo VII. ein Privilegium erhalten/ Krafft dessen die Doctores und Studenten derselben ihre Beleydiger (das Pri- vilegium sagt/ quô Doctores \& Studiosi debitores, in- juratores, jurium detentores, inquietatores \& molesta- tores,) ob sie gleich auf fuͤnff Tag-Raͤysen von ihnen wohnen/ nach der Universit aͤt ziehen koͤnnen/ um da- selbst Red und Antwort zu geben. Die Leipziger- Universit aͤt hat dieses Privilegium, daß ihre Glieder/ oder Leute/ wann sie nicht allein in der Stadt/ son- dern auch ausserhalb derselben auf 3. Tag Raͤysen/ von der Land-Obrigkeit ergriffen/ und angehalten seynd/ dem Rectori, wann er sie verlanget/ zur Straff muͤssen uͤbersandt werden. Frid. Pensold. in Addit. ad Decis. Coler. 296. Wann Jemand ein Glied der Aca- demie, oder einen/ dessen Hauß-Genossen mit Wor- ten oder Thaten beleydiget/ muß er dem Beleydigten nicht allein Abtrag thun/ und die gewoͤhnliche Land- Straffe/ sondern noch daruͤber 20. Guͤlden/ als eine extraordinaire Straffe/ erlegen. Kizel. in Disput. ad d. Auth. q. 14. Die Academie zu Pariß hat unter an- dern folgende Privilegia: Philippus der Huͤbsche hat A. 1295. mittelst eines Edicti verordnet/ daß die Uni- versit aͤt von allen Impost en deß Krieges befreyet sey. A. 1299. daß ein Student fuͤr eine wuͤrckliche Schuld nicht moͤge gepfaͤndet werden in seinen beweglichen Guͤthern. Und A. 1311. daß der Fuͤhrer der Wacht beym Antritt seiner Charge schwoͤre/ daß er der Uni- versit aͤt Privilegien in allem halten wolle. Ludovicus Huttinus, sein Sohn/ verordnete/ daß die Studenten ihren Haußrath fuͤhren moͤchten/ wohin sie wolten/ K k k 5 ohne Deß Academi schen ohne deßwegen von Jemand bekuͤmmert zu werden. Aber nachfolgendes Privilegium ist noch groͤsser/ welches Philippus Valesius derselben Academie Anno 1340. ertheilet hat/ darinn sie frey gesprochen wird/ von allen Zoͤllen/ Gewonheiten/ und dergleichen Per- sonal- Beschwoͤrungen/ auch daß sie in keinem Proceß ausser Pariß moͤgen vor Gericht gezogen werden. Fridericus II. Roͤmischer Kaͤyser/ hat den Studenten zu Neapolis nachfolgendes Privilegium erstattet: Es moͤgen die Studenten kommen/ woher sie wollen/ so sollen sie sicher wandeln/ stehen und widerkehren/ so wol an ihrer Person/ als Guth/ und sollen mit nichten beleydiget werden/ das beste Logiment, so in der Stadt ist/ soll man ihnen vermiethen/ um 2. Un- tzen Gold deß Jahrs/ und soll sich das Mieth-Geld nicht hoͤher erstrecken. Unter besagter Summa, und biß zu derselben hin/ sollen alle Hospitia oder Logiment er vermiethet werden/ unter dem Taxt 2. Buͤrger und 2. Studenten. Es haben auch besondere Nationes auf gewissen Academi en besondere Privilegia, also hat die Teutsche Nation zu Padua unter 25. Natio- n en/ die man daselbst zehlet/ in allen/ so wol offent- lichen/ als sonderbaren Zusam̃enkuͤnfften der Stadt/ die erste Stelle/ und gibt 2. Stimmen bey den Wah- len. 2. Um einer Burgerlichen Schuld willen/ oder wegen eines Verbrechens/ daruͤber man kein Blut vergiessen kan/ darff man keinen Teutschen fangen/ oder in Verhafft legen. 3. Wann einer von uns Teutschen mit einem andern in Haͤndel kommt/ ob- gleich einer verwundet wird/ wann sie sich nur wieder vergleichen/ darff der Academi sche Magistrat nicht wi- der sie sprechen/ oder sie zur Straff ziehen. 4. Alle und Jede/ die sich unter die Teutsche Nation gestellet/ sind frey von allen Zoͤllen/ Auflagen und Beschwerden/ wie Romans II. Buch. wie sie immer Namen haben moͤgen/ also/ daß sie und ihre Bedienten durch das Venetianische Gebiet al- les/ was zur Kleidung/ Essen/ und taͤglichem Ge- brauch gehoͤret/ auß-und einfuͤhren moͤgen. Wann aber ein Streit entstehet/ ob ein Ding zum Dienst der Teutschen Nation getragen werde/ so muß man ihrem Eyd glauben/ es sey dann/ daß man mit offen- baren Zeugnuͤssen das Gegentheil darthue/ dann hier gelten keine Muthmassungen. Die Zoͤllner/ so dar- wider handeln/ werden um 100. Pfund an Geld ge- strafft. Libr. Statut. German. Nat. quæ est Patav. c. 2. Zu Boulogne ist die Teutsche Nation auß sonderba- rem Privilegio Kaͤysers Caroli V. unter special em Schutz deß Roͤmis. Kaͤysers. Zu Siena im Florentini- schen Land haben die Teutschen folgende Vorrechte: 1. Daß sie vor Niemand/ als ihrem eigenen Consilia- rio, Procuratoribus und aͤltesten der Nation koͤnnen belanget werden. 2. Ausser einem Todes-Fall kan weder der Barisellus, noch die Schergen/ einen Teut- schen greiffen/ oder ins Gefaͤngnuͤß werffen. 3. Sie moͤgen allenthalben offensive und defensive Waffen tragen. 4. Wann sie erweisen/ daß sie in die Teutsche Nation eingeschrieben sind/ so sind sie von allen Zoͤl- len und Auflagen im gantzen Groß-Hertzogthum frey. Zu Orleans stehen die der Teutschen Matricul ein- verleibte Studenten unter special em Schutz deß Koͤ- nigs/ sie moͤgen dahin gehen/ oder darvon ziehen/ in Friedens-und Kriegs-Zeiten/ ohne einige Inquisition der Religion. So kan man sie auch in Kriegs-Zeiten/ oder durch Kriegs-Recht/ nicht anhalten/ ob auch gleich ihr Lands-Fuͤrst dem Frantzoͤs. Koͤnig den Krieg angekuͤndiget haͤtte. Also ist gesprochen worden den 12. Julii A. 1558. vor einen Teutschen Studenten zu Orleans, welcher von einem Frantzoͤsis. Edelmann bey Gyen Deß Academi schen Gyen deßwegen gefangen worden/ weil sein Bruder von deß Studenten Bruder war im Krieg gefangen worden. Jean Bacquet des Droicts du Domaine de la Couronne de France Part. 1. chap. 13. pag. 38. \& seqq. Ein eingeschriebener Teutscher ist daselbst auch frey vom Schmauß/ den andere junge ankommende Stu- denten geben muͤssen/ und ein solcher/ wann er ein Hauß kaufft oder miethet/ und seine Hauß-Genoffen unterhaͤlt/ ist von allen Auflagen der andern Einwoh- ner befreyet. Auch sind eines Eingeschriebenen und daselbst Verstorbenen Guͤther/ als eines Fremden/ Jure Albinagii, (quasi alibi notorum,) frey/ und koͤn- nen nicht aufgehalten werden/ sondern gehoͤren den Erben. Ein eingeschriebener Teutscher mag Tag und Nacht mit Degen uñ Dolchen bewaffnet gehen/ und wann er durch das Reich wandert/ mag er auch Pistolen zur Woͤhre fuͤhren. vid. lib. Stat. Nation. Germ. Aurel. de gent. Die Teutschen haben ihren besondern Procureur daselbst/ welche Dignit aͤt noch vor 3. Jahren eine hochgelehrte Person auß Ham- burg allhier Herꝛ P. S. J. U. D. mit grosser Reputation verwaltet hat. Zu Prag in Voͤhmen/ hatten weyland die Teutschen 3. Stimmen/ und die Boͤhmen die vierdte/ und als solches Kaͤyser Wenceslaus aufheben wol- te/ zogen in einem Tag 5000. und in einer Wochen 24000. Studenten von dannen hinweg. Dubrav. Hist. Bohem. libr. 23. Cuspin. in Vita Wenceslai. Weiter muß der Rector zu Padua dem Consiliario Teutscher Nation erlauben/ vergoͤntes Gewoͤhr zu tragen. Zu Boulogne, so lange die Teutschen Procu- ratores in ihrer Charge stehen/ geniessen sie der Wuͤrde deß heiligen Laterani schen Pallasts/ deß Hofs und Grafen deß Kaͤyserl. Consistorii, sie koͤnnen also auch Notarios Romans II. Buch. Notarios und ordentliche Richter machen/ auch un- eheliche Kinder legitimi ren/ ꝛc. nach dem ihnen gege- benen Privilegio Kaͤysers Caroli V. Zu Siena hat der Consiliarius Teutscher Nation, uͤber seine einge- schriebene Lands-Leute seine besondere Jurisdiction. die sich biß auf Kopff und Kragen erstrecket. Zu Or- leans ist der Procurator Teutscher Nation ein Mit- Glied der Universit aͤt/ und muß zu den offentlichen Versammlungen der Universit aͤt mit beruffen wer- den. Jn Holland sind die Studenten mit einander frey von aller Accise auf Eß- und Trinck-Waaren/ und koͤnnen sie solche Freyheit/ wann sie wollen/ ei- nem Burger vermiethen. Dann ein Student in Holland bezahlet/ wegen freyer Accise, zum Exem- pel/ Wein und Bier schon nicht so theuer/ wie sonst ein Hollaͤndischer Unterthan. Es koͤnnen aber die Studenten und andere Academi sche Glieder ihre Freyheiten durch eigenes Versehen verlustig/ und auß der Matricul zu ihrem eigenen grossen Schimpff außgeloͤschet werden/ wie dann A. 1597. 11. Calend. Octobris, als Nicolaus à Nubelskutz zu Padua Consi- liarius der Teutschen Nation daselbst war/ von allen daselbst befindlichen Teutschen nach reiffer Uberle- gung beschlossen und gut befunden worden/ daß kei- nem ihres Mittels erlaubt seyn solle/ hinfuͤhro mit dem Doctor Hieronymo Planco Florentino einige Gemeinschafft zu haben/ bey Straffe/ auß der Matri- cul außgeloͤschet zu werden. Was aber die Relega- tion belanget/ so ruhen als dann zwar die Privilegia der Studenten an solchen Orten/ werden aber nicht gar aufgehoben. Die endlich die Studia gar quitti ren/ koͤnnen sich der Privilegiorum Academicorum weiter nicht erfreuen/ welches auch von denen verstanden wird/ die sich gantzer 5. Jahr von den Universit aͤten absen- Deß Academi schen absenti ren. Rebuff. Privileg. 35. Schneidewin. ad §. Item Romæ. n. 6. Instit. de excusat. Hiermit beschloß der Schweitzer seinen Discurs, zumahl sie in ein Doͤrfflein/ ohnweit Schafhausen kamen/ allwo sie ihr Nacht Lager nehmen musten/ weil die Pferde vor dem Wagen ziemlich abgemattet waren. Sie waren aber vor dem Bauren-Hauß/ darinn sie bleiben wolten/ weil keine andere Herberge im Dorff/ kaum abgestiegen/ da kamen uͤber 20. Bett- ler/ Jung und Alt/ Maͤnnlichen und Fraͤulichen Ge- schlechts; Diese waren theils lahm/ theils Taub/ Stumm/ Kruͤppel/ oder sonsten gebrechlich/ daß es wol ein seltzames Spectacul war. Sie theileten ih- nen etwas mit/ und verfuͤgten sich in das Hauß/ fun- den aber die Stube so miserabel, daß sie die offenbare Scheuer-Denne erkieseten/ um bey den Pferden und Fuhr-Leuten daselbst zu speisen/ und zu schlaffen. Das XXXI . Capitul/ Discurs von den Bettlern/ welche die Kinder mit Fleiß lahm machen/ welcher pro \& contra abgehandelt wird. Bettler sind Schelmen. D Ie Mahlzeit war wol recht Philosophi sch/ dañ sie kunten nichts anders/ als Milch/ etliche ge- sottene Eyer/ ein wenig Butter/ und darzu ei- nen Trunck sauren Apffel-Most bekommen. Unter der Mahlzeit discurri rten sie von den Bettlern dieses Orts/ und sagte Cavina, er glaube gewiß/ daß ihrer viele von den Eltern in der Jugend also mit Fleiß ge- brechlich gemacht worden. Der gelehrte Schweitzer gab ihm Beyfall/ mit diesen Worten: J Ch gestehe es gar gerne/ und erinnere ich mich der Anklage eines Fiscal s einer fuͤrnehmen Schweitzerischen Respubliq oder Canton s/ wider einen Bettler/ der einige Fuͤndlinge/ seiner Nahrung zum besten/ zu Kruͤppeln gemacht/ samt dessen Ant- wort. Die Klage deß Fiscal s bestund in folgenden Terminis: Unsere Romans II. Buch. Unsere Gesetze verbieten/ daß Niemand der Respubliq auf ei- nigerley Weise schaͤdlich fallen soͤlle; Es hat sich aber begeben/ daß ein Mann/ ein Bettler/ einige auß Armuth weggelegte Kin- der auf gehoben/ und in seiner Wohnung er zogen/ doch also/ daß er ihnen ihre Glieder an Armen und Beinen gekraͤncket/ und sie Impotent und Lahm an den Gelencken gemacht/ einig und allein darum/ daß er/ mit ihnen bettlend/ so viel mehr Geld uͤberkom- men moͤge. Er ist hierauf in Hafft gerathen/ als einer/ der dem gemeinen Wesen grosse Unbillichkeit zugefuͤget/ und durch den Fiscal auf folgende Weise angeklaget worden: Ey! ey! wie sehr ungluͤckseelig sind diese Kinder/ dieweil sie gefunden einen noch viel Grimmigern/ als den/ oder die/ welche sie weggesetzet/ und als Fuͤndlinge hingeleget hatten/ indem sie mit ihren Glied- massen abstatten muͤssen ihre Kost/ oder besser zu sagen/ dienen dem Geitz dessen/ welcher sich faͤlschlich angeftellet/ sie zu er ziehen- Dann so dieser Geitz nicht waͤre/ der eintzige Name der Waͤysen waͤre genug/ ihnen Nahrung und Nothdurfft vor sie und ihre Ammen zu erlangen. Wann die Jenigen/ so auß Zorn einen Menschen verwunden oder toͤdten/ gestrafft werden/ was vor Straffe hat dann verdienet dieser Ungluͤckseelige/ welcher ein viel aͤrgers an diesen Kindern veruͤbet hat/ indem er sie auf ihre gan- tze Lebens-Zeit elend und miserabel gemacht hat/ und sich hierin- nen noch viel Unmenschlicher erwiesen/ als die wilden und un- vernuͤnfftigen Bestien. Jst es anders wahr/ was die Historien sagen/ daß in solchem Nothfall Cyrus, nach der Zeit Koͤnlg in Persien/ durch einen Hund/ eine Betze/ Remus und Romulus aber/ als Uhrheber der Stadt Rom/ von einer Woͤlffin gesaͤuget worden? O neue! O unerhoͤrte Grimmigkeit! indem diese Ohnmaͤchtige gezwungen seyn/ die Kost zu erlangen und zuwe- gen zu bringen vor den/ der frisch und gesund ist/ und diese nicht allein unbrauchbar gemacht hat vor die Respubliq, sondern auch verhasst und hinderlich; Dann sie koͤnnen nicht allein die Hungers-Noth vermehren/ sondern auch in einem Streit ver- ringern die Courage der Mannhafftigsten durch ihr Geschrey und Klagen. So koͤnte auch leicht ein schwanger Weib durch ihr unverhofftes Ansehen dergleichen Monstra und Mißgebur- ten an den Tag bringen. Alles/ was dieser Ungluͤckseelige sich zum besten reden kan/ ist/ daß diese Kinder sonder ihn wurden Hungers gestorben seyn/ vielleicht aber auch nicht/ dann wie viel andere wurden sich auch koͤnnen gefunden haben/ die sie entgegen wol und sorgfaͤltig der Respubliq zum besten erzogen? Wie Deß Academi schen Wie viel dergleichen Fuͤndlinge sind Bellicos und Mannhafft worden/ Ja Koͤnig Cyrus und obermelte Roͤmer zeugen es; Allein dieser Boͤsewicht hat dem einen die Zunge abgeschnitten/ damit es sonder Sprach so viel unverschaͤmter seyn solte. Nun dann/ O ihr Richter/ die ihr mit Jedem ins besonder Mitleyden traget/ habt solches nun mit diesen allen zugleich; Vor allen ist ja grimmig zu achten der/ welcher Schaden thut unter dem Schein der Barmhertzigkeit. Diese arme Kinder werden auf Gastereyen und offenbare Zusammenkuͤnffte gebracht/ um zu betteln/ all daselbst sie sehen die Tapffrigkeit und das gute Ge- schick anderer/ ihr Betruͤbnuͤß mehret sich/ wann sie sehen alle ihre Glieder zerruͤttet und gebrochen. Andere Waͤysen oder Fuͤndlinge/ so noch gesunder Glieder/ seynd nicht gantz ausser Hoffnung/ von ihren Freunden wieder gefunden und erkannt zu werden/ diese Ungluͤckseelige aber werden nimmermehr er- kannt werden/ weilen sie nicht mehr also beschaffen/ als da sie weggesetzet worden. Schließlich/ man kan sagen/ daß das groͤste Ungluͤck/ das die elenden unschuldigen Waͤysen betroffen/ ist/ daß sie gefunden und aufgeheben worden durch diesen Ubelthaͤter/ welcher Ursach ist ihres immer-waͤhrenden Eiendes. Die Antwort deß Bettlers ist folgende: Grimmig kan man den nicht neunen/ der mehr Barmhertzigkeit zu diesen Kin- dern getragen/ als der Vatter und die Mutter selber/ die selbige weggesetzet. Jch gestehe es/ ich habe ihnen die Glieder gebrochen/ wer aber wil den Außspruch thun/ daß ich hierinnen mehr Boͤses als Gutes gethan/ dann ich habe sie also gemacht/ wie die gantze Welt ist/ und ich werde zu allen Zeiten bereit seyn/ ihnen zu helf- fen. Sie stehen in keiner Sorge oder Noth ihre Kost zu erlan- gen/ und sind ausser Gefahr/ um im Krieg oder durch Strauch- Diebe erschlagen/ wie auch durch die Justi tz gehangen/ oder von der Respubliq vor unthrlich erkannt zu werden. Wer weiß/ ob sie nicht Diebe wuͤrden geworden seyn/ Moͤrder/ Raͤuber/ Schelme/ Aufruͤhrer/ Ketzer/ und andere dergleichen Ungluͤck- seelige/ wie das ihre Ankunfft deutet/ indem sie von solchen Eltern gebohren/ die sich nicht gescheuet/ sie weg zu legen bey finsterer Nacht/ denen hungerigen und erzuͤrneten Hunden zur Lust. Worauß man gar leicht sagen kan/ daß durch ein kleines Ubel ich unterschiedlichen grossen Gefahren vorgekommen bin. Die Jenigen/ so die Jugend unterweisen im Fechten/ und wie die Menschen zu toͤdten/ sind der Respubliq viel schaͤdlicher/ als ich/ und gleichwol werden sie nicht gestrafft; Jch habe sie ohnmaͤch- tig ge- Romans II. Buch. tig gemacht/ so wol zum Boͤsen/ als zum Guten/ und gleich wol bin ich Ursach/ daß sie leben. Die Respubliq kan nicht offendi rt werden wegen derer/ die ausser selbiger seyn/ und solche waren diese/ indem sie dem Tod vorgeleget/ von welchem ich sie errettet und behuͤtet. Wann ihr saget/ daß ich Ursach bin/ daß sie im Elend leben/ so gestehet ihr/ daß sie durch mich leben/ und das ist kein geringes Ding/ die Burmhertzigkeit vieler erhaͤlt sie/ durch meine einzige aber seynd sie lebendig. Haͤtte ich sie erzogen son- der Schaͤndung ihrer Glieder/ Lob wuͤrde ich verdienet haben/ der Verlust dessen sey dann die Straffe/ daß ich also gefehlet habe. Wer solte doch jemahls gedacht haben/ daß ein solcher Staat/ eine solche Respubliq, solche muͤssige Officierer haben solte/ die sich bekuͤmmern und informi ren/ was ein Bettler unter den Bettlern thut/ als die ihr eigen Recht und Respubliq vor sich haben? Warum saget ihr nicht auch/ daß Pariß Alexander/ so auch von seinen Eltern vor Fuͤndling weggeleget/ und hernach von ihuen erkannt gewesen/ Ursach war am Tode seines Vatters und seines Bruders/ und an der Gefaͤngnuͤß seiner Mutter/ und dem Tod seiner Schwester/ als auch der Edelsten in Griechen- Land und Phrygien/ und letztlich an der Verstoͤrung Troja seines Vatterlandes? Wie ihr dann saget vom Cyrus, der endlich sei- nen Groß-Vatter ermordet/ und Romulus seinen Bruder. Was wuͤrde der verdienet haben/ der sie als Fuͤndlinge auf ge- nommen/ zu Kruͤppeln gemacht haͤtte? Und wer wil dann ur- theilen/ ob ich wol/ oder uͤbel gethan/ wann ich diesen Stumm und andere Lahm gemacht? Rur die Zeit ist ungluͤckseelig. Alles/ was die Armen thun/ ist uͤbel gethan/ und wird vor straff- bar gerechnet. Wie viel reiche Weibs-Personen setzen ihre Kin- der in Gefahr/ um sie schmaͤchtig und in schmahler Kleidung zu halten? Wie viel Edele dringen ihre Lagueyen durch Lauffen/ daß sie verderben? Und ihre Unterthanen auf der Jagd? Wie viel ruini ren sie/ die hernach durch Hunger und Kummer ster- ben/ und folgends vor Melancholey durch Felder und Waͤlder wandeln? Wie viel Streit und Krieg nehmen sie vor/ zum Ver- lust der Respubliq? Woltet ihr Fleiß ankehren/ euch wider die zu informi ren/ ihr wuͤrdet nicht Zeit finden/ sie zu verfolgen. Nicht unrecht hat Jener gesaget/ daß die Gesetze zu vergleichen/ mit denen Netzen der Spinnen/ als welche aufhalten die kleinen Fliegen/ ungehindert aber durchbrechen lassen die grossen. Hum- meln. Das ist die kecke und kluge Antwort unsers Bettlers/ ich sorge aber/ daß ihm solche wenig helffen werde/ kommt mir der L l l Auß- Deß Academi schen Außspruch oder die Senten tz/ wie vertroͤstet/ zu/ unterlasse ich nicht/ solche denen Liehhabern zu communici ren. Was dieser Bettler bey seinem Thun für Gluͤck finden wollen/ solches hat Jener verlohren in der Luft-Geselischafft §. 517. p. 213. Ein Bettler hatte in seinem Mantel 200. Guͤlden genaͤhet/ gieng doch fort nach betteln; Dieses war einem Reuter wissend/ der ritte ihm nach/ sagte: Landsmann/ haben wir nichts zu tauschen? Der Bettler wandte vor/ sein Mantel waͤre mit lauter Flecken besetzt. Der Reuter sagte: Darzu ich ihn haben wil/ ist er mir gut/ nahm ihn mit Gewalt/ und ritte darvon. Confer Michael Sachsen in Alphab. Histor. p. m. 48. auß der Fest- Chronic D. Rivandri 54. Part. 2. Zu Gent ist es geschehen/ als einsmahls etliche Raths- Herren vor dem Rath-Hauß sassen/ kom̃t ein starcker Bettler/ bittet ein Allmosen/ seuffzet/ weinet und klaget/ er haͤtte einen heimlichen Schaden/ welchen er sich schaͤmete zu weisen. Jeder hatte ein Mitleyden mit ihm/ und gab ihm ein Allmosen. Als der Bettler hinweg gehet/ befahl einer seinem Knaben/ er solte hernach gehen/ und von dem Bettler erfragen/ was er doch fuͤr eine heimliche Kranckheit habe? Der Jung thut es/ besiehet ihm das Gesicht/ Arm/ Brust und Schenckel/ findet alles gesund/ spricht: Jch sehe keinen Mangel an dir. Der Bettler spricht: Ach/ es ist gar viel ein anders/ das mich druͤcket/ welches du nicht sehen kanst/ und ist eine solche Kranckheit/ die meinen gantzen Leib eingenommen/ und bat alle Adern/ Marck und Bein durch- krochen/ daß kein Glied an meinem gantzen Leib ist/ das gerne arbeiten wolte/ und habe gehoͤret/ daß diese Kranckheit die Faul- heit genannt wird; Das ist ja warlich eine grosse Kranckheit. Der Jung ward zornig/ und gieng darvon/ und erzehlet alles/ was er vom Bettler verstanden/ darauß sie ein Gelaͤchter macheten/ und ward dem Bettler nachgeschickt/ er aber nicht funden. D. Zacharias Ursinus zu Heydelberg/ gab den Armen das Erste/ was er in die Haͤnde bekam. Chur-Fuͤrst Friderich laͤsset ihm seinen Besold in der Cantzley geben/ mit lauter Gold-Guͤl- den. Jndessen waren Arme bestellet/ bey denen der Doctor muste vorbey gehen/ deren Jeden er einen Gold-Guͤlden gegeben; Was hat er darvon? Diesen ewigen Nachruhm: Daß er dem Spruͤch-Wort Christi gemaͤß gelebet: Geben ist besser/ dann Nehmen. Es ist auf eine Zeit ein verwegener Ertz-Bettler auf An- ragau kommen/ hat sich daselbst fuͤr die Kirch-Thuͤr gestellet/ seinen Romans II. Buch. seinen rechten Arm hinden auf den Ruͤcken unter dem Mantel verborgen/ und an Statt desselben einen Arm/ welchen er einem erhangenen Dieb am Galgen abgeschnitten/ vor sich hangend gehabt/ welchen er hatte an deß andern Statt gehefftet/ und vorgegeben/ als waͤre ihm der gantze Arm also außgedorret. Was geschicht? Als ihm Jedermann auß Mitleyden mildiglich steuerte/ und er sich immerdar mit der andern Hand bewegen/ und das Allmosen einnehmen muste/ und darneben der todte Diebs-Arm nicht vest angehefftet war/ da siel er von seinem Leib herunter auf die Erden/ dardurch ward sein Buhenstuͤck offenbahret/ und er in das Gefaͤngnuͤß geworffen/ mit Ruthen außgestrichen/ das todte Schelmen-Bein oder Diebs-Arm ihm an den Halß gehencket/ und er deß Landes verwiesen. Olorinus. Auch ist eine Bettlerin gen Utrecht kommen/ welche ihre Brust gezeiget/ als ob sie den umfressenden Krebs daran haͤtte/ welches dann gar abscheulich anzusehen war/ derowegen auch viel Leute ein grosses Mitleyden mit ihr hatten/ dieweil sie aber doch darneben eine gesunde frische Farbe unter dem Gesicht hat- te/ gab solches etlichen Leuten grossen Verdacht/ ob irgend ein Bubenstuͤck darhinter waͤre/ derowegen war einem bewaͤhrten Artzt anbefohlen/ den Schaden eigentlich zu besichtigen/ ob ihr noch etwa moͤchte geholffen werden. Als nun der Artzt den Schaden besichtigen wolte/ befand er unter ihrem Arm einen grossen Schwamm/ welchen sie mit Blut und Milch unter ein- ander vermischet/ gefuͤllet hatte/ darneben befand er/ daß sie beimliche Roͤhrlein von Hollunder neben und unter die Brust gestecket hatte/ durch welche die vermischte Milch und Blut auß dem Schwamm in ihre untergesteckte Haderlumpen lieffen; Und uͤber die Brust hatte sie geleget etliche Stuͤcke von schwar- tzen/ gelben und gruͤnen geschundenen Froͤschen/ welche sie mit vermischtem Meel und Eyerweiß gleichsam an die Brust gelei- met hatte. Als nun dieser Betrug offenbahr worden/ hat man sie alsbald ins Gefaͤngnuͤß geworffen/ und als sie befraget/ von wem sie solches gelernet/ hat sie bekannt/ sie habe solches von einem Land-Bettler/ welcher mit ihr zuhielte/ und derselbige pflege und koͤnne ein Ochsen-Miltz so artig um seine Beine ma- chen/ und durch heimliche Roͤhrlein Blut darein bringen/ daß man nicht anders meyne/ als es waͤre das rohe Fleisch an seinem eigenen Beine/ welches also immerdar mit Blut und Eyter trieffe/ ob man ihn nun wol alsbald gesucht gehabt/ so hat man ihn doch nicht antreffen moͤgen/ dann er sich/ nachdem er Lunten L l l 2 gerochen/ Deß Academi schen gerochen/ geschwind auß dem Staube gemacht/ sie aber hat die Katz muͤssen allein halten/ ist mit Ruthen außgestrichen/ und deß Landes verwiesen worden. Ibid. Ebey daselbst bin ist einer kommen/ welcher sich gestellet/ als ob er außsaͤtzig waͤre/ hat sich vor die Kirche gemacht/ und ein groß Geklipper mit seinen Klappern angefangen. Nachdem man aber endlichen wahrgenom̃en/ daß er nicht einerley Farbe unter seinem Angesicht behalten/ er auch die Sprache auf gut außsaͤtzig nicht allwege lencken kunte/ ist einem beruͤhinten Artzt allda anbefohlen worden/ daß er ihn mit sich nehmen und besich- tigen solte/ als er ihn aber besichtigen wollen/ hat er befunden/ daß er ein Leinen-Tuch um den Halß gewunden/ welches er mit der lincken Hand/ so er allweg unter dem Mantel/ verborgen ge- halten/ nach seinem Gefallen auf- und niederziehen koͤnnen/ und also/ indem er es zuzoge/ das Angesicht ihm durch Blut ver- tuͤnchet war/ auch wegen deß eng-angezogenen Halses/ wie ein Außsaͤtziger gantz heiser redete/ als er aber das Tuch vom Halß mufte herunter thun/ da ward sein Bubenstuͤck leicht offenbahr/ sintemahler alsdann nicht allein recht und rein redete/ sondern/ nachdem er unter dem Angesicht mit frischem Wasser gewaschen wurde/ da fand man am aller geringsten kein Wahrzeichen deß Außsatzes an ihm. Also ist er ins Gefaͤngnuͤß geworffen/ und nach wenig Tagen durch die Stadt gestrichen worden. Ibidem. Eben dieser Author fuͤhret dergleichen Exempel ein von sich selbsten also redend: Ehe ich ein Parlaments-Genoffe war/ habe ich solcher Bubenfluͤck etlicher Massen auch erfahren/ dann/ dieweil ich neben einem andern meinem Mit-Genossen gemeiner Saͤckelmeister war/ und also dessen Gesindleins viel zu mir kam/ geschahe es auf eine Zeit/ daß einer auß dem gemeinen Kaften etwas begehrete/ mit der Vorwendung/ er sey auf eine Zeit von dem Bau gefallen/ und alle seine Glieder zerschmettert/ darzu seye nachmahls kommen/ daß durch das todte Gebluͤte/ welches zwischen Haut und Fleisch sich gesammlet/ eine langwuͤrige ge- faͤhrtliche Schwachheit erfolget/ welche ihn in denen Gliedern reiffe/ auch um das Hertz dermassen aͤngstige und plage/ daß er kaum Athem schoͤpffen koͤnne. Er holete den Athem wol sieben- mahl/ taumelte auch immerdar von einer Seiten zu deran- dern/ widerholete auch immer diese Worte: Ach daß ich todt waͤre/ so kaͤme ich dieser grossen Schmertzen ab. Wo er auch bey einen Stein oder Klotz kam/ so lehnete er sich daran/ als ob er froh waͤre/ daß er wieder Athem schoͤpffen koͤnte/ solches aber thaͤt Romans II. Buch. thaͤt er so lang/ als ich ihn im Gesicht hatte. Was geschicht? Jch hatte grosses Mitleyden mit ihm/ doch/ dieweil es eben un- gelegen war/ ihm etwas zu steuren/ sagte ich zu ihm/ er solte ein wenig Gedult tragen/ und uͤber eine Stunde oder zwo zum laͤngsten mir zusprechen/ alsdann wolte ich ihm etwas steuren/ unterdessen traͤget es sich ungefaͤhr zu/ daß ich mit andern Be- nachbarten Gespraͤch halte/ und als wir im besten Gespraͤch seyn/ kommt der obgenannte Bettler hinwiederum mit einem langsamen besch werlichen Gang/ wie es sich ansehen ließ/ und nahet je laͤnger je naͤher zu mir. Als nun meine Colloquent en ihn also schwerlich und langsam hertretten sahen/ faͤnget der eine an/ welcher gleich wol nicht wuste/ daß er bey mir gewesen war/ und saget: Das ist gewiß ein Ertz-Schelm/ dann er ist vor einer halben Stunde bey mir gewesen/ hat erstlich ein Stuck Brodt geheischet/ als ich ihm dasselbige gegeben/ hat er mir 2. Saͤcke/ so er auf beyden Seiten hatte hangen/ welche voll Brodt waren/ gezeiget/ und mir feil geboten/ und es war in den beyden Saͤcken mehr als ein halb Malter Brodt/ jetzo aber stellet er sich/ als ob er keinen Tritt fortgehen koͤnte. Ein Jeder/ so bey uns stunde/ sagte: Was? solte der Schelm nicht gehen koͤnnen/ es hat draus- sen fuͤr der Pforten einen Hauffen Lumpen-Gesindlein/ mit denselben hat er sich vor 3. Stunden luftig gemacht/ hat gelachet/ gesprungen und geschertzet/ und dermassen allerhand Possen ge- trieben/ daß ich meine Wunder gesehen. Unterdessen kam der obgenannte Bettler je laͤnger je mehr zu uns/ laͤsset den Kopff immer von einer Seiten zu der andern fallen/ also/ daß einer solte gemeynet haben/ der Kopff wuͤrde ihm jetzt abfallen. Als mich nun daͤuchte/ er waͤre nahe gnug bey uns/ redete ich ihm zu und sprach: Bist du wieder da? Ja sagte er/ Wolweiser Herꝛ/ ach ich bin gar ein presthaffter Mann/ ach daß ich todt waͤre. Ja sagte ich/ es waͤre wol dir und andern Leuten am besten/ daß du todt waͤrest. Aber sage mir/ kennest du auch diesen Mann/ so all- hier neben mir stehet/ (es war der/ dem er das Brodt zu verkauf- fen angebotten hatte/) Ach lieber GOtt/ sagte er/ woher solte ich den Herꝛn kennen/ ich muß mich mit guter Leute Huͤlffe behelffen. Ach ja/ sagte ich/ du kanst wol einen halben Malter Brodt ertra- gen unter deinem Mantel und den Leuten feilbieten/ und darne- ben noch unverschaͤmt bitten/ daß man dir etwas auß dem ge- meinen Kasten steuren solle. Packe dich flugs/ oder ich wil dich an einen solchen Ort lieffern lassen/ daß dich weder Sonne noch Mond bescheinen soll. L l l 3 Als Deß Academi schen Als er die Worte von mir hoͤret/ begehret er keine Steuer mehr/ sondern wandte sich dahin/ wo er herkommen war/ doch damit er sich nicht gar zu schuldig machte/ rieff er zuruͤck und sa- gete: Jch bin wol fuͤr Fuͤrsten und Herren gewesen. Darauf sagte ich: Diebe und Schelmen kommen auch wol fuͤr Fuͤrsten und Herren/ es ist aber ihnen nicht lieb. Er aber hoͤrete mir nicht weiter zu/ sondern gieng immer fort/ und da er zuvor einen krancken/ ohnmaͤchtigen/ und presthafften Bettlers-Gang gegan- gen/ so gieng er da einen Kauffmanns-Gang/ als wann einer wolte Banquerot spielen/ dann er hatte gewißlich nicht den Schnuppen. Und von diesem habe ich nachmahls glaub-wuͤrdig durch andere Leute verstanden/ daß er ein Ertz-Boͤsewicht sey/ und daß ihm auch wegen seiner getriebenen Bubenstuͤcke beyde Ohren sind abgeschnitten worden. Das XXXII . Capitul/ Troll verlieret seine Hosen/ hat seltzame Aufzuͤge mit einem Dorff-Schultzen/ und mit dem Fuhrmann/ dessen Pferd Geld auß- wirfft/ er entfuͤhret solch Pferd. Buchdrucker/ Buchfuͤhrer und Pedellen sind auch Academische Glieder. Ein laͤcherliches Privilegium. A N diesem und dergleichen Discurs en deß gelehr- ten Schweitzers saͤttigten sich unsere Raͤyse- Gefaͤhrten mehr/ als an den schlechten Tracta- ment en. Als endlich die volle Nacht eingebrochen/ und es eben eine sehr warme Zeit war/ legten sie sich an eine Reige schlaffen auf der Denne. Troll legte sich zu naͤchst an die Pferde/ und weil ihm sehr warm war/ zog er seine schwartze Lederne Hosen auß/ die er zu Stachelfeld bekommen hatte/ und hieng sie bey die Pferde an die Krippe. Diese Nacht uͤber ruheten sie nicht sonders wol/ weil ihnen die Muͤcken scharff zusetzeten/ aber Troll hatte eine außgebrandte Haut/ welcher darvon keine sonderliche Empfindung hatte/ dannenhero schlieff er desto sicherer hinweg/ und ward deß Verlusts all zu spaͤth innen/ dann wie er am fol- genden Morgen wieder erwachete/ und nach seinen Ledernen Hosen langete/ da waren sie weg/ und nicht mehr Romans II. Buch. mehr da/ wohin er sie gehaͤnget hatte. Er warff zwar seinen Rock geschwind uͤber den Leib/ lieff aber unten im blossem Hembd umher/ und fluchte gewaltig auf den/ der ihm seine Hosen gestohlen hatte. Sie lache- ten seiner alle mit einander/ weil kein einziger war/ der sich seiner Schelt-Worten annehmen wolte/ die- ses bewog ihn zu grossem Zorn/ daß er in seiner seltza- men Kleidung nach dem Dorff-Schultzen lieff. Wie er aber in das Dorff kam/ da sahe er bald einen gros- sen Hauffen Jungen hinter ihm daher lauffen/ welche meyneten/ der Mensch sey nicht recht bey Sinnen. Er fassete aber Koth auf/ und warff denselben unter sie/ traff auch einen mit einem ungefaͤhr ergriffenen Stein so wol vor die Brust/ daß er als ein halb-Tod- ter alsobald zur Erden nieder fiel/ woruͤber die Bau- ren mit Stangen und Heu-Gabeln auf ihn loßgien- gen/ und ihn erwuͤrget haͤtten/ wann er sich nicht noch kuͤmmerlich in deß Schultzen-Hauß/ zu seinem Gluͤck/ retiri ret haͤtte. Der gute Bauer-Schultz war noch nicht aufgestanden/ dann er hatte vorigen Tages eine Kirmeß auf der Nachbarschafft besuchet/ da er ein ehrliches Raͤuschlein bekommen hatte. Als nun Troll nach ihm fragte/ lachet ihn die Magd auß/ und lieff in die Kuͤche/ welche sie nach sich zuriegelte/ daß Troll sehr boͤse ward/ und im Hauß gewaltig umherschwer- mete/ biß er in einer kleinen Kammer ein Paar rothe Hosen erblickete/ solche nahm er vom Nagel/ und steckte seinen Unter-Leib behende hinein. Er merckete aber nicht/ daß der Schultheiß mit seiner Frauen all- da in einem Bette beysammen lagen/ welcher behende aufsprang/ und seine Hosen forderte. Troll lieff vor ihm her/ der Schultz nach/ und kriegten einander bey den Koͤpffen/ da sie sich wacker zauseten/ die Magd und Frau machten die Hauß-Thuͤr auf/ und rieffen L l l 4 die Deß Academi schen die Bauren um Huͤlffe/ solche kamen herzu/ und schlu- gen wacker auf den Schultzen/ weil derselbe in dem Hembde lieff. Hingegen sahen sie den Troll vor den Schultzen an/ wegen der rothen Hosen/ zumahl sie im Angesicht und sonsten einander ziemlich gleicheten. Cavina und der redliche Schweitzer samt dem Ade- lichen Raͤyse-Gefaͤhrten/ kamen endlich auch herzu/ fuͤr welchen die Bauren etwas Respect trugen/ fuͤr- nemlich vor dem Edelmann/ dessen naher Verwand- ter im Dorff viel zu sagen hatte/ diese brachten die Kaͤmpffer von einander/ und weil der Schultheiß den Rausch noch nicht gantz außgeschlaffen hatte/ nahm er von Cavina einen Guͤlden/ und uͤberließ dem Troll seine Hosen/ welcher mit der Gesellschafft wie- der zuruͤck gehen solte. Aber er verlangte vorher den Jenigen abzustraffen/ der ihm seine Hosen genom- men/ worinn er annoch einen kleinen Zehr-Pfenning an kleiner Muͤntze gehabt. Der Schultheiß befahl ihm/ einen Beweiß auf diesen oder Jenen zu bringen/ der ihm die Hosen solte gestohlen haben/ weil aber Troll solches nicht zu thun vermochte/ sagte ihm Je- ner/ daß er ihm dann auch nicht helffen koͤnte. Troll machte ihm hieruͤber ein krummes Maul/ und sagte: Tu furcifer, quis te fecit judicem, qui non potes red- dere braccas surreptas? Hiermit gieng er samt der Gesellschafft wieder weg/ und schalt zu Hauß gewal- tig auf den Fuhrmann/ daß ihm derselbe mit der Peitsche drohete/ wofern er nicht innhalten wuͤrde; Troll war voll Eyfers/ wolte sich demnach von einem Schwaͤbischen Bauren nicht zu Chor treiben lassen/ sondern schlug am ersten drein/ und also kamen diese Zween uͤber einander her/ und schlugen sich mit trucke- nen Faͤusten rechtschaffen ab/ Troll kam unten zu lie- gen/ und Cavina wolte ihm nicht beystehen/ damit er/ als Romans II. Buch. als ein krackelischer Kumpe einmahl recht Lehr-Geld geben moͤchte/ und hiernaͤchst sich besinne/ dergleichen liederliche Haͤndel mehr anzufangen. Troll hatte seinen Gegenparth mit dem Halß gefasset/ und stieß mit den Fuͤssen tapffer zu/ als er aber sahe/ daß ihm Cavina nicht beystehen wolte/ da sprach er: Quid spectas otiosus nostrum laborem? Cavina antwortete: Tu tibimet hæc otia fecisti. Troll: Fac ut emergam. Cavina: Da bona verba hosti. Hiermit ließ Troll den Fuhrmann uͤber ihm fahren/ und sprach: Du hast gewonnen/ stehe nur auf/ es wil uns doch Niemand etwas vor unsern Schaden und Schmertzen geben; Der andere war damit zufrieden/ und also stunden sie mit einander auf/ reicheten sich die Haͤnde/ und ver- trugen sich in Gegenwart der uͤbrigen Gesellschafft. Nachdem sie endlich ein nuͤchternes Fruͤhstuͤck- lein zu sich genommen/ bezahleten sie diese elende Herberge/ setzten sich hernach mit einander wieder auf/ und fuhren ihres Weges. Troll saß recht vorne auf dem Tagen/ nahe hinter den Pferden/ auf deren einem an der lincken Hand der Fuhrmann selber saß. Wie sie nun etwa eine Stunde Weges fortgefahren waren/ schuͤttete das eine Pferd zur Hand hinten sei- nen Unflath auß/ in welchem Troll etwas glaͤntzen sahe/ sprang demnach vom Wagen/ und fand in deß Pferds Außwurff 6. Stuͤck an Batzen und halben Batzen/ woruͤber grosse Verwunderung entstund/ indem keiner begreiffen kunte/ wie das Pferd Geld- Muͤntze außzuwerffen vermoͤchte. Kaum aber hatte Troll die Geld-Stuͤcke gesaͤubert/ als der Fuhrmann solche von ihm prætendi rte/ weil sie von seinem Pferd gekommen waͤren. Troll aber wegerte sich dessen/ und sprach: Du loser Bube hast mir noch neulich deiner Pferde Außwurff an præsenti rt/ als ich meine L l l 5 Hosen Deß Academi schen Hosen von dir forderte/ und siehe/ nun kommt mir dieser gute Unflath eben recht. Uber das wissen wir ja/ daß du diesen Unflath nimmer hast aufgenommen/ wie bist du dann jetzo so curieus darauf? Was ich ge- funden habe/ kanst du mit Recht nicht fordern/ dann es ist etwas/ das Niemand zugehoͤrete/ und also dem Finder bleibet/ und mittelst deines Pferds kanst du auch kein Besitzer desselden genennet werden/ dann wer pfleget das Geld durch ein Roß zu besitzen? Das Geld muß einem andern Menschen zugehoͤret haben/ und wer weiß/ wie es in deß Pferdes Magen gekom- men? Haͤtte aber das Roß die Tugend/ daß es mehr- mahlen Geld außwuͤrffe/ so wolte ich sagen/ es zeuge die Muͤntze im Leibe/ und alsdann koͤntest du mit Recht dieselbe fordern. Wie also der Fuhrmann sahe/ daß er an dem naͤrrischen Menschen nichts ge- winnen kunte/ da schwieg er still/ und fuhr wieder fort. Auf den Abend kamen sie in einen Flecken/ und da sie vor der Herberge absteigen wolten/ warff das vorige Pferd abermahl hinten auß. Weil aber so wol Troll als der Fuhrmann staͤts ein Aug auf den Hintern deß Rosses hatten/ wurden sie dessen bald gewahr/ und wie sie beyderseits im Koth etwas glaͤntzen sahen/ sprungen sie behende herzu/ und war ein Jeder be- muͤhet/ denselben aufzufangen/ woruͤber sie Beyde nichts darvon bekamen/ sondern Cavina ließ den Hauß-Wirth kommen/ und denselben auflesen/ da man dann abermahl 7. oder 8. Stuͤcke Geldes darinn fand. Es ward darauf alsobald im Flecken ruchbar/ daß ein Fuhrmann mit einem Pferd angekommen/ welches Geld von hinten außwuͤrffe/ und also kamen viel Leute/ dieses seltzame Wunder-Pferd zu sehen. Sie fragten den Fuhrmann/ ob das Pferd diese Kunst lange Zeit getrieben haͤtte? Er aber sprach: Jch Romans II. Buch. Jch habe es niemahlen vorhin gemercket/ es mag wol viel Geld auf diese Weise außgeworffen haben/ wel- ches mir entgangen/ aber ich wil es hinfuͤhro besser in Acht nehmen. Cavina hatte das Geld zu sich genom- men/ um zu Basel sich Rechts und Raths daruͤber zu erholen/ wem es gehoͤrete. Der besahe es gar eben/ und als Troll einen gekruͤmmeten halben Batzen dar- unter erblickete/ sagte er: Das ist mein Geld/ ich ken- ne es/ ich habe mit dem Messer am Rand neulich ein Stuͤcklein darvon geschnitten/ und nun sehe ich/ daß mir der Fuhrmann die Hosen entwandt/ samt dem Geld darinn/ welches er/ damit es nicht bey ihm ge- funden wuͤrde/ seinem Pferd zu fressen eingegeben hat. Nun wolan/ ich halte ihn vor meinen Dieb/ und wann er mir nicht die Hosen wieder schaffet/ oder be- zahlet/ so soll er sehen/ was ihm wiederfahren wird. Cavina hekennete/ daß er dieses Geld-Stuͤck selber bey Troll gesehen/ und wuste also nicht zu begreiffen/ wie es in deß Fuhrmanns Pferd kom̃en waͤre/ glaub- te auch/ was Troll sagte/ daß nemlich der Fuhrmann ihn bestohlen haͤtte/ welcher sich doch hoch und theuer verschwur/ daß er um seine Hosen und Geld nicht das Geringste wuste/ es waͤre ihm auch nicht Angst um deß Geldes wegen/ welches ihm wol werden muͤste/ wann er vor die rechte Obrigkeit kaͤme/ dann er kehrte sich an deß Cavina Zeugnuͤß nicht/ als der deß Trollen Freund waͤre. Jm uͤbrigen hatte hier unsere Raͤyß- Gesellschafft eine gute Herberge/ daß sie sich wieder erholeten/ und denselben Abend recht lustig waren/ zumahl sie den Zweck ihrer Raͤyse schier erreichet hat- ten/ und der zuversichtlichen Hoffnung lebeten/ den Condado und seine uͤbrige Leute in Basel bey einan- der schier kuͤnfftig wieder anzutreffen. Nach gehal- tener Mahlzeit legte sich ein Jeder schlaffen/ und weil Troll Deß Academi schen Troll merckete/ daß der Fuhrmann nicht von seinem Silber-Pferd weichen wolte/ machte er denselben sicher/ und legte sich in ein niedriges Kaͤmmerlein schlaffen/ stund aber nach Mitternacht auf/ und schlich heimlich in den Stall/ da er den Fuhrmann tapffer schnarchen hoͤrete. Er loͤsete das eine Pferd fein sachte ab/ und fuͤhrete es auß dem Stall/ sam̃lete auch einen grossen Hauffen noch warmen und frisch- außgeworffenen Koths auf/ steckete solchen in den Busen/ und nachdem er sich endlich auf das Pferd gesetzet/ ritte er sachtmuͤthig auß dem Flecken darvon/ daß kein Mensch wuste/ wohin er moͤchte gekommen seyn. Als der Fuhrmann am folgenden Morgen erwachte/ missete er das beste Pferd/ weßwegen er alsbald einen Argwohn auf den Troll warff/ und denselben suchete/ wie aber derselbige nirgends zu fin- den war/ merckete ein Jeder/ daß er mit dem Pferd muͤsse durchgangen seyn. Der Fuhrmann wuste nicht/ wie er es machen solte/ dann er war biß nach Basel bedungen/ und jetzo war ihm ein Pferd gestoh- len/ aber der Gastgeber tratt hinzu/ und leyhete so lang ein Pferd/ weil die Stadt Basel nur eine gute Stund Weges von dannen lag. Wie sie nun aufgesessen waren/ da forschete der Edelmann/ ob bey dem Academi schen Wesen nichts weiter zu erinnern waͤre? Noch ein und anders/ war deß Schweitzers Antwort/ dann es ist zu wissen/ daß man auf Academi en auch einen ordinair en Buchdru- cker findet/ welcher die Freyheiten der Studenten mit geniessen muß/ Menoch. de Arbitr. Jud. Quæst. c. 370. n. 8. Die Buchdruckerey ist eine von den edelsten und nuͤtzlichsten Kuͤnsten/ aber gleichwiealle Dinge/ also hat auch diese Kunst ihren grossen Mißbrauch/ daß man in dem R. A. de A. 1530. §. Und nachdem. \& de Romans II. Buch. \& de A. 1567. §. Setzen und ordnen. darwider auß- druͤcklich verordnen hat muͤssen/ ja es ist in den Reichs- Constitutionibus bekraͤfftiget/ daß im gantzen Roͤmis. Reich eine Buchdruckerey an keine andere Oerter/ dann zu denen Staͤdten/ da Chur-Fuͤrsten und Fuͤr- sten ihre gewoͤhnliche Hofhaltung/ oder da Uni- versitates Studiorum gehalten/ oder in ansehnlichen Reichs-Staͤdten verstattet/ aber sonsten alle Win- ckel-Druckereyen stracks abgeschafft werden sollen. R. A. zu Speyer Anno 1570. §. Dieweil dann solche. Deßgleichen/ daß kein Buchdrucker zugelassen wer- den solle/ der nicht zuforderst von seiner Obrigkeit/ darunter er haͤußlich sitzet/ darzu redlich/ erbar/ und allerdings tuͤglich erkannt/ auch daselbst mit sonder- barem leiblichen Eyd beladen sey/ in seinem Drucken sich denen Reichs-Abschieden gemaͤß zu erzeigen/ und sich aller laͤsterlichen und schmaͤhlichen Buͤcher/ Ge- maͤhlde und Gedichte gaͤntzlich zu enthalten. Policey- Ordnung zu Franckfurt A. 1577. tit. 35. §. Und da- mit. Es pfleget aber eine kluge Obrigkeit ins gemein gewisse Censores zu verordnen/ ohne deren Wissen und Verguͤnstigung die Buchdrucker nichts außge- ben oder drucken moͤgen/ und solcher Gestalt wuͤrde vielen garstigen Schtifften/ so wider die Ehrbarkeit/ Religion, Warheit/ ꝛc. auch offt nur dem Naͤchsten zum Schaden und Verleumdung gedruckt werden/ vorgebeuget. Zu den Buchdruckern kommen die Buch Haͤndler/ da bey manchem wol zu wuͤnschen/ wie ein gewisser Author saget/ daß man ihnen gewisse Schrancken setze/ daß sie die armen Studenten nicht zu sehr uͤbersetzeten/ aber wer kan es nun aͤndern/ die Kaͤuffer sind offt selber Ursach daran/ daß sie von ih- nen uͤbersetzet werden/ und kan mancher Buch-Haͤnd- ler mit seinem Sauer-sehen und unnuͤtzen Bescheid den Deß Academi schen den Leuten mehr Geld abschneutzen/ als ein anderer/ mit aller seiner Hoͤflichkeit. Wann diese Buch- Haͤndler etwa garstige und verbottene confisci rte Buͤcher verkauffen/ so machen sie den meisten Nutzen darvon/ dann so bald ein Buch zu verkauffen verbot- ten wird/ verlanget es ein Jeder zu sehen/ und solcher Gestalt kommt es an hoͤchsten Preiß/ wiewol die Buch-Haͤndler auch manchmahl ein blau Auge dar- bey kauffen. Jn Franckreich darff man nicht ver- kauffen deß Cardinals Bellarmini Tractat de Pote- state Seculari Pontificis Romani, noch den Discursum Francisci Suarez, gleichwie hingegen in Spanien der eilffte Tomus Annalium Cæsaris Baronii, Krafft eines Koͤnigl. Edict s vom 3. Octobr. Anno 1610. nicht mag verkaufft werden. Jn Franckreich ist An. 1587. den 22. Septembr. ein Arrest gegeben worden/ Krafft des- sen alle und jede Buͤcher/ gebundene und ungebunde- ne/ sie moͤgen auß dem Reich oder hinein gefuͤhret werden/ von allen Zoͤllen und andern Beschwerungen sollen frey seyn; Aber seithero hat es sich in selbigem Reich gewaltig verkehret/ dann wann jetzo bey einem Frantzoͤsischen Paß ein Außlaͤnder/ der auß Franck- reich kommt/ visiti rt wird/ und man findet Frantzoͤ- sische Buͤcher bey ihm/ so nimmt man sie ihm alle ab/ auch wol gar die andern darbey/ welche sonsten frey gewesen waͤren. Der unterste Universit aͤts-Bediente ist der Pedell oder Bedell/ deren man ins gemein zwey hat auf einer Universit aͤt/ dann diese sind die Diener der Academie, und eben die rechte Leute/ die den Bacchant en die Hoͤrner abstossen/ und selbige depo- ni ren/ wobey es dann am Durchhecheln/ Schurigeln/ Vexiren/ ꝛc. keines Weges ermangelt/ und faͤllet mir allhier bey das jenige Privilegium von Roͤmischer Kaͤyserl. Majestaͤt Freyheit/ fuͤr die/ so keine Vexation leyden Romans II. Buch. leyden moͤgen/ wie solches Middendorpius de Acade- miis libr. 1. cap. 16. p. m. 156. anfuͤhret/ folgenden Jnnhalts: W Jr Fabularius, Hauptmann in der Karten/ Kappenschmitt zu Narragoni en/ Narren Vogt zu Schlauraffen/ Guber- nator vom Aufstehen biß zum Niedersitzen, Entbieten allen und Jeglichen/ was Wuͤrden/ Wesens oder Standes die allent- halben in unserm Reich zerstreuet seynd/ unsere Gnad und Gunst zuvor. Liebe Getreue/ nachdem wir in erschienen Jahren zwey Mandata im Druck/ die Ubung und Vexation der Narren be- treffend/ nach einander haben außgehen lassen/ indem daß ihr solche Ubung und Vexation von Uns in gemelten Mandat en ver- botten/ in keinem Weg unterlasset/ derohalben Wir jetzund zum drittenmahl verursachet werden/ euch solches Laster mit stren- gem Ernst zu verbieten/ dann so diesem mit ernstlicher Poͤn und Straff nicht begegnet wuͤrde/ so muͤste unsere Herꝛschafft deß Reichs Narragoni en samt dem Gebiet Stultitiæ in kurtzen Jah- ren gar zu Grund und Boden gehen/ welches Uns je nicht/ die- weil wir es noch zur Zeit mit geringem Schaden woͤhren moͤ- gen/ zu gestatten geziemen wil/ derowegen Wir euch alle zu gut und zu Erhaltung unsers Reichs/ dieweil Wir vermerckt/ daß Ubung und Vexation Verstand und Weißheit geben/ also/ daß die Jenigen/ so dardurch geuͤbet/ hinfuͤhro klug/ witzig und von Uns abtruͤnnig werden/ im besten betrachtet haben/ daß Uns nicht mehr/ wie bißher geschehen/ durch die Finger zu sehen/ ge- ziemen wil/ sondern auch mit ernstlicher That unsern Amts- Verwesern die Ubertretter und Veraͤchter dieses unsers Man- dat s hoͤchlich zu straffen befehlen. Wir wollen auch auß Gna- den alle die Jenigen/ so keine Vexation leyden moͤgen/ gefreyet haben/ von aller Ubung und Vexation, so anders dann mit Worten geschicht/ wann sie diesen unsern verstegelten Brieff bey sich tragen. Wo aber einer daruͤber so freundlich seyn wuͤrde/ und den Zeiger dieses unsers versiegelten Brieffs/ anders dann mit Worten vexirte/ der soll in unserer Ungnade und poͤnlicher Straff seyn. Derohalben sollen die Unsere fleissige Aufmer- ckung haben/ auf solche freuliche Veraͤchter dieses unsers versie- gelten Brieffs/ und sie darum ohn alle Gnade straffen/ nemlich/ der Kopff soll ihnen zwischen beyde Obren gesteckt werden. Es moͤgen aber die Richter und Amts-Verweser nach Gelegenheit der Sachen hierinnen handeln/ nachdem die Schuld ist/ also soll auch die Straff seyn. Zum Deß Academi schen Zum ersten soll ein Jeder unserer Verwandten daran seyn/ daß er ihm eine erwaͤhle/ die er nicht um ein Koͤnigreich ge- be/ so bald ihn dieselbige freundlich ansiehet/ soll er ungezweiffelt glauben/ sie seye ihm von Hertzen hold/ der soll er ungefordert fuͤrsetzen all sein Vermoͤgen und Vaͤtterlich Erb/ ihr gehorsam seyn/ was sie ihn heisset/ sie in keinem Weg beschaͤmen/ alles glau- ben/ was sie saget/ nichts dann alles Gutes vertrauen/ sie schal- ten und| walten lassen uͤber Leib und Guth/ dann sie wird ihm nichts verthun/ da wil der Cantzler Buͤrge fuͤr seyn/ hoͤrte er aber etwas Unehrliches von ihr sagen/ soll er auß Krafft dieses Man- dat s Macht haben zu sagen/ es sey alles erstuncken und erlogen/ was man Boͤses von ihr saget. Zum Andern/ soll ein Jeder der Unsern/ Uns zu Ehren/ sich aller Hoͤflichkeit befleissigen/ kein Hembd anthun/ es sey dann zuvor huͤbsch gefalten und außgestrichen/ und so etwa einer nicht zarte Hembderlein haͤtte/ soll er allweg uͤber den 3. Tag oben an das Wammes reine Tuͤchlein naͤhen/ so meynet man/ es sey das reine Hembd/ auch etwa ein reines Facinetlein vorn zum Ermel oder Latz herauß gucken lassen/ alle 8. Tag zweymahl lassen bal- bieren/ ehe sonst destoweniger Wein trincken/ daran thut ihr Unsere ernstliche Meynung. Zum Dritten und Letzten/ wollen Wir von Amtswegen Unsere Verwandte insonderheit privilegi rt haben/ dermassen/ so bald sich einer in Unsere Obrigkeit begeben/ ein Hindersaß Narragoni en worden/ den soll man darbey bleiben lassen/ und es ihm Niemand unterstehen zu woͤhren/ alsdann soll kein anderer Macht haben/ mit seiner obgenannten Tausend-schoͤn zu reden/ tantzen/ lachen oder hofiren/ sondern er allein ihr staͤts nachlauf- fen/ wer das hoͤret oder siehet/ soll es Niemand sagen/ Jedermann weichen/ wer um die Wege ist/ daß ihn Niemand hindere/ es sey Tag oder Nacht/ und so ihm derohalben sein Hertz je weh thaͤt/ kranck wurde am Gurleffe/ so Jedermann Mitleyden mit ihm hat/ wer das uͤberfuͤhre/ und|ungehorsam befunden/ den soll man den Cantzler anzeigen. Wo man ihn aber weiter vexiren wolte/ soll er Macht haben zu sprechen: Laß mich mit lieb/ diesen un- sern Brieff herfuͤr ziehen/ damit aufsitzen/ und darvon zum Cantzler reiten/ weiter in dieser Sach fuͤrzunehmen. Dann Wir diß Mandat von euch allesamt/ und besonders bey obgemelten Poͤnen/ staͤt/ vest und unverbrochenlich wollen gehalten haben. Wil man ihm aber Gnade beweisen/ so soll ihm der Kopff vor dem Hintern abgehauen werden/ und soll hinfortan beraubet seyn Romans II. Buch. seyn aller guter Gesellschafft/ also/ daß zum wenigsten kein guter Gesell mit ihm tantzen/ noch auß ihm trincken soll. Wir setzen und wollen auch/ daß alle unsere Unterthanen/ ein Jeder inson- derheit/ soll haben eine Kappe mit langen Ohren/ und Schellen daran/ auf daß sie fuͤr andern/ so nicht unsers Reichs Genossen/ gesehen moͤgen werden/ dann es ist je offenbahr/ daß Wir bey allen weisen Voͤlckern/ unsers unweisen Volcks halben bekandt. Weiter so wollen Wir auch hinfuͤhro Niemand auß den Unsern sich auf Weißheit zu begeben/ gestatten/ und das sonderlich/ so man bey Bier oder Wein ist/ dann es ist nicht wol muͤglich/ daß die Weißheit daselbst ohne Ubung und Vexation moͤge gehan- delt werden/ solches haben Wir euch auß guter Meynung nicht wollen verhalten/ auf daß sich Maͤnniglich weiß darnach zu richten/ und deß zum wahrhafftigen Urkund/ haben Wir unser Siegel auf diesen unsern Brieff gedruckt/ damit sich Niemand moͤchte entschuldigen/ und sagen: Es waͤre nicht unsere ernst- liche Meynung. Gegeben in unserer Stadt Narragon, hinter dem Schalcksberg/ bey Poffing auf der Beltz-Muͤhlen/ im Jahr/ so man zehlet hinden und voruen am 83. Tage deß Schalcks- Monats. Das XXXIII . Capitul/ Der Studenten Botten und Jungen geniessen ihrer Herren Privilegi en. Das Pennal- Wesen/ als hoͤchst-schaͤdlich/ ist zu Jena durch eine offentliche Proscription abgeschafft worden. L Etztlich so geniessen auch die Jungen und Bot- ten der Studenten die Privilegia ihrer Herren; Warlich/ es ist kein Gottloser Gesindel/ als die| Studenten-Jungen/ wann sie sich etwan ein we- nig außgeputzt sehen/ da sie doch begreiffen moͤchten/ daß ihnen die Kleider/ so sie von ihren Herren bekom- men/ nicht zugehoͤren/ dann wann ein Student seinen Jungen abschaffet/ mag er ihm das Kleid wieder neh- men/ welches er/ seinem Herꝛn zu Ehren/ hat getragen/ wie der Esel den Prunck-Sattel. Petrus Gregorius Syntag. Art. Mirab. lib. 23. c. 5. saget/ die Studenten- Jungen sollen haben eine Schweins-Schnautze/ (die nicht curieus im Essen und Trincken/) Esels-Ohren/ M m m (offene Deß Academi schen (offene zum Hoͤren/) außgedehnte flache Haͤnde/ (die nicht stehlen/) und Hirsch-Fuͤsse/ aber/ wo findet man solche jetzo? Nunmehr klaget ein Jeder: Doctorum famuli sunt omni tempore tardi, Sudant, quando vorant, frigescunt, quando laborant. Das ist: Die Jungen der Gelehrten legen sich all zu viel auf die Schluͤngel-Banck/ sie fressen/ daß sie schwitzen/ und arbeiten/ daß sie darbey frieren. Von dem Pennal- Wesen waͤre auch viel zu melden/ weil aber dasselbe/ als ein schaͤnd- und schaͤdliche Pest ein- mahl gaͤntzlich abgeschafft worden/ wil ich nur etwas Weniges darvon melden/ wie nemlich dasselbe um das Jahr 1630. biß 1660. so hoch gekommen/ daß es nicht mehr zu erdulden war. Dann wann ein junger Student auf eine Teutsche Academie kam/ muste er die erste 4. Wochen ein Fuchs heissen/ er durffte nicht zu ehrlichen Studenten kommen/ son- dern muste auch in der Kirchen seine Stelle in der so genannten Fuchs-Ecke nehmen/ er durffte keine huͤb- sche Kleider tragen/ der Mantel/ (Degen durfften sie gar nicht anlegen/) wie auch das Kleid und Hut mu- ste alles alt/ geflickt oder zerrissen seyn/ kein Band war an ihnen zu sehen/ je Lumpenhaffter ein Pennal gieng/ je ehrlicher hielt er sich/ wann die alten Studiosi spei- seten/ musten sie vor den Haͤusern aufwarten/ ob irgend einer etwas zu befehlen haͤtte/ kamen alte Studenten zu ihnen/ so musten sie spendi ren/ was Jene verlangeten/ musten aber nur einschencken/ und nicht trincken. Man zwang sie unter den Tisch zu kriechen/ zu heulen/ wie eine Katz oder Hund/ ja den Speichel aufzulecken/ und halff kein Protesti ren. Auf einer gewissen Academie hat man einen Pennal ge- zwungen/ so lange zu sauffen/ biß er eines ploͤtzlichen Todes gestorben. Jn Summa/ was ihn en von alten Acade- Romans II. Buch. Academicis anbefohlen ward/ das musten sie ohne Unterscheid thun. Wann sie aber ihre Jahre auß- gestanden hatten/ alsdann kleideten sie sich zierlich auß/ und wurden absolvi ret; Aber sie durfften sich nicht raͤchen wegen einer im Pennal- Jahr ihnen an- gethanen Injuri en. Weil aber dieser Muthwillen gar zu groß ward/ daß sie sich auch selbst an hohen Standes Personen vergriffen/ deliberi rte man end- lich auf dem Reichs-Tag zu Regenspurg daruͤber/ und schaffete dieses Unwesen ab/ woruͤber zu Jena ein grosser Tumult entstund/ daß etliche Burger und Studenten ums Leben kamen/ dahero die Saͤchsische Landes-Fuͤrsten genoͤthiget wurden/ den Penna- lismum ein- vor allemahl gaͤntzlich abzuschaffen. Und lautet die daselbst Anno 1661. verfassete Proscriptio Pennalismi zu Latein also: Rector \& Senatus Academiæ Jenensis L. S. D. A Nnus nunc agitur quartu s decimus, exquo Bac- chanaliorum illas ferias furibundas, in DEUM ignominiosas, ex idolomania gentili in Christiani gre- giscœtum, Satana autore ac ductore, illatas, \& seculis non paucis à variè larvatorum, personatorum, cornu- torum, auritorum, rostratorum, nasutorum, caudato- rum, \& quid non monstri, belluæ, bestiæ, schematis fœdissimi! indutorum, turba cùm alibi, tùm hic quoq́; celebratas, post iteratas annis præcedentibus serias nostras admonitiones, mandataque Serenissimorum Academiæ Nutritiorum severissima, tandem juventus nostra studiosa melioris genii instinctu profligavit, \& ab hâc pietatis, honestatis, modestiæque officina procul abesse jussit, nec ex eo tempore unquam adscivit rursus, aut admisit. Meritò propterea Salanæ nostræ \& nobis ipsis nos hodieque quis non bonus nobiscum? gra- tulamur; divinæque Majestati, à qua omne bonum \& M m m 2 do- Deß Academi schen donum perfectum, gratias habemus atque agimus; ex imis cordis penetralibus supplice precantes voce, ut ulterius hanc nostræ juventuti mentem servet, eamq́; Spiritu suo cœlesti regat ac ducat, ne unquam inferna- lis serpentis suggestionibus ad bacchantium insa- niam seduci se iterum patiatur. Utinam verò eandem mentem in alio Satanæ fætu, qui vulgò Pennalismi no- mine venit, exstirpando, \& ad orcum, unde prodiit, propellendo ac relegando, pridem pariter induisset. Sed enim tantum abest, ut id factum sit, ut potius ma- gis, magisque, sive veteranorum studiosorum, sive ipsorum Novitiorum (utrobique bonos inter eos ex- cipimus,) contra toties repetita \& publicis chartis ex- pressa atque affixa cùm Serenissimorum Principum, tùm nostra Senatus Academiciinterdicta severa, ac de- linquentium punitorum exemplis haut paucis quasi stabilita, molitiones ac patrationes frequentes in me- moriam revocentur, Pennalisandi illam petulantiam crevisse videamus. Quæ res ut tanto clarius appareat, utque perspiciant omnes, adeò nunquam hunc ani- mum aut Serenissimis Academiæ Nutritiis, aut nobis fuisse, ut foveremus malum hoc pestilentissimum, ut modis omnihus exstinctum penitus ac exstirpatum utrique iverimus, rem paulò altius, \& ab ovo, quod dicitur, repetemus. Cùm primum hæc labes, ante hos annos quinquaginta, \& quod excurrit, ex vicinia huc illata, (quæ tùm intra vocationem, ut appellabantur, convivia, à lautioris fortunæ adolescentulis, è scholis atque gymnasiis huc studiosorum causa accedenti- bus, per gulones quosdam ac lurcones singularis co- mitatis specie exigi solita, subsecutaque convitia, ver- bera, varias exagitationes, vestiumque, librorum, aut \& aliarum rerum tanquam pignorum, ereptiones, con- stitit,) Academiam hanc infecisset; confestim ei pu- blico Romans II. Buch. blico programmate obviam itum, istisque septem vi- ris Epulonum sub interminatione pœnarum, quas de- lictis gravissimis irrogari moris est, (verba sunt Edicto- rum Academicorum, quibus deinceps certas ob causas subinde utemur,) imperatum, aut è vestigio resipisce- rent, aut ad sui similes, illamque officinam, è qua scitus ille Pennalismus prodierat, se reciperent: addito, su- perbiam, fastum, rusticitatem, \& mores incompositos Novitiorum Studiosorum, (quæ illi hoc pacto corri- genda esse clamitabant,) non ab his asotis \& acolasti- cis, qui ipsi scaterentulceribus, sed à Magistratu \& Præ- ceptoribus, quib ꝰ ferocioris adolescentiæ emendandæ cura incumbat, corrigi debere. Cumque sub initium anni subsequentis nonnulli, spreta Magistratus aucto- ritate, Pennalisticas actiones exseruissent, ac partim \& tueri, conspiratione inter se inita, ausi essent; haud pauci à corpore Academico ad aliquot annos penitùs abscissi sunt; ut his pœnarum exemplis intemperies illa summa, rabies belluina, impietas extrema, \& senti- na ac cloaca omnium flagitiorum (his enim elogiis Pennalismus jam tùm ornabatur,) in prima quasi her- ba suffocaretur. Neque sine fructu res fuit. Visa enim est mali hujus ferocia \& violentia nonnihil ex eo tem- pore deferbuisse; adeo ut anno hujus sæculi XIIX. (cujus initio primum illud, quod memoravim ꝰ , inter- dictum iteratum fuerat,) finiente, non jam, ut anteà, Novellos scholasticos ad tragœdias epulasque Penna- listicas minis adigi cogive, sed spontè hoc onus susci- pere; nec pugnis dedolari pedibusque proculcari, sed jocis lepidis, \& salibus humanissimis amicè de morum emendatione, \& exuendo fastu Pennalistico moneri ferretur; sed quoniam sic quoque rem ipsam, quæ du- dum in Pennalismo fuerat, manere, ac tantum melle quodam venenum hoc illini, lupo ovillam, asino leo- M m m 3 ninam Deß Academi schen ninam pellem, \& meretriculæ olidissimæ honestæ pa- tronæ habitum indui, Patres Academici deprehende- rent, denuò juventutem scholasticam admonuêre, hoc ut virus \& venenum odisse tandem \& obedientia sua deprimere inciperent, addito præclaro, \& quod even- tus verissimum esse docuit, epiphonemate: Nunquam sospites \& salvas fore scholas, nisi lues hæc pestilen- tialis sublata fuerit. Simul iis, qui Academicæ Juris- dictioni suberant, denuntiarunt, se omnes Pennalismi architectos certo malam in rem relegatione publica abacturos; neque morari eorum abitum, qui hoc ab amaraco porcino muscosas abstinere nares non pos- sint, sed piperis grana pauciora longè pluris, quam multa papaveris semina facere. Qui animus utinam \& hodiè multis esset, quibus potior est frequentia ho- minum sceleratorum, quàm pauci virtuti bonisque moribus dediti! Nihilo tamen seciùs paucos post an- nos denuò malum hoc adeò invaluit, ut Anno Christi ⅽⅼↄ ⅼ ↄ CXXIII. d. IIX. Octobr. Patres Academici cùm viderent, parum profici exemplis eo usque in delin- quentes editis, necessarium duxerint, prolixè publico programmate malis, morbis, \& detrimentis, quæ Pen- nalismus (tanquam in cujus camarinam lernam, Aver- num \& Lacum Asphaltiten quicquid vitiorum est ac flagitiorum, quiquid facinorum \& scelerum, confluxe- rit,) complectitur, graviorem delinquentibus pœnam constituere, hanc scilicet, ut non solùm eos omnes, qui Pennalismum foverint, aluerint, auxerint, servârint, relegatione publica submoturos se, nulla vel interces- sionisvel commiserationis ratione habita: sed etiam typis evulgare velle omnia Relegationum program- mata, \& cum in patrias eorum terras, qui hanc luunt pœnam, tùm in vicinas Academias mittere, ut his à serpentibus Libycis, Scorpiis, Viperis, Draconibus, omnes Romans II. Buch. omnes boni maturè sibi cavere discant. At successu tàm parùm prospero, ut mox ipsi Illustrisfimi Celsissi- mique Principes, Academiæ Nutritii, auctoritatem suam interponendam arbitrarentur. Proinde Illustriss. Dux ALBERTUS loco \& nomine Illustriss. Ducis JO. ERNESTI Junioris, tanquam Domini Territorii, Principisque Regentis, promulgato A. ⅽⅼↄ ⅼ ↄ CXXIII. d. IX. Decembr. Edicto Germanica lingua conscripto, post enarratas varias actiones Pennalisticas, conquestus ingens ob eas odium famamque sinistram Academiæ huic conflari, quâ moti Parentes haud pauci liberos suos aut nolint hûc studiorum causa ablegare, aut ab- legatos quantocyus avocent; severè edixit, ne quis Studiosorum Novitium ullum odioso, scandalique ac contemptus pleno, \& Studiosis omnibus ipsisque lite- rarum studiis maximè ignominioso, ac haud dubiè ab hoste studiorum ac virtutum diabolo ex orco pro- ducto, impediendisque \& supprimendis omnibus ar- tibus ac disciplinis salutaribus comparato Pennalismi aut ejus monetæ aliis cognominibus, clam palamvè traduceret, contemptui haberet, offenderet, oneraret: aut ejus amoliendi causa convivium ullum quocunq́; prætextu exigeret, extorqueret, eive interesset; neve quis convictores aut ædium suarum incolas studiosos ea in re ullo modo adjutum iret: sed ut cives Acade- mici omnes, ac Studiosorum hospites alii, quoties- cunque tale quid eos conari, aut agere, compererint, dehortarentur, præmonerent, \& si obsequi nolint, rem evulgarent, ac superioribus, quacunque ratione pos- sent, significarent: Qui secus fecerint, pro ratione Personarum, Facultatum, delictorum, gravem Princi- pum indignationem, ademptionem privilegiorum, beneficiorum, munerum, honorum, pœnam relegatio- nis publicæ ad annos aliquam multos, aut etiam exclu- M m m 4 sionis, Deß Academi schen sionis, carcerem, exilium, pœnam corporalem, \& ratio- ne sumptuum ac impensarum pœnam quadrupli in- dubiè incursuros: utque tanto certior sit executio, captivos ad aulam Principis deducendos, spe omni intercessionis aut remissionis præcisa. Quo quidem Illustriss. Principum Zelo, providaque Senatus Acade- mici cura, \& severa animadversione effectum est, ut illa Adnovitiorum exagitandorum prurigo ex parte exstirpata fuerit; usque dum circa A. ⅽⅼↄ ⅼ ↄ CXXX. quidam rursum excitare eam \& viis anteà nec tritis nec auditis reducere ex averno moliti sunt. Quorum tamen molimina mox sunt prohibita publicè. Inter- venere paulò post bello in his quoque oris coortô, ea tempora, quibus mirum nemini videri debet, discipli- nam publicam hac quoque parte sic corruisse, ut Sena- tus Academicus consultum existimaret, post edita ali- quot in pennalisantes exempla, A. ⅽⅼↄ ⅼ ↄ CXXXIIX. d. XI. Martii recensitis denuò variis effrænis petulan- tiæ Pennalisticæ criminibus, fructibusque, edicere, se ex hac Academia hanc pestem, hanc calamitatem, hoc probrum profligatum omni conatu ituros, illosque Pennalismi architectos \& authores certò Relegatione publica, vel etiam perpetua exclusione, abacturos, ab ejusque decreti exsecutione nec ullam gratiam, nec ul- lam cognationem \& affinitatem, nec ullas munerum corruptelas se avocaturas. Cujus quidem Edicti is fru- ctus fuit, ut proximo triennio Academia nostra gratu- lari sibi de infamium illarum actionum Pennalistica- rum à se quasi exilio videretur. Quæ tamen mox Anno ⅽⅼↄ ⅼ ↄ CXLI. à quibusdam maleferiatis ex orco revo- catæ, ac frustra obnitentibus nobis, eo usque invalue- runt, ut A. ⅽⅼↄ ⅼ ↄ CXLIV. ineunte, orto ob eas insigni tumultu, de quo paulò post, Sereniss. Principibus, Aca- demiæ Nutritiis Clementissimis, justa conquerendi causa Romans II. Buch. causa nasceretur, Studiosos, qui tum hic loci vivebant, omnes, paucorum maleferiatorum instinctu, Penna- lismum, cui unus alterquè antea non nisi clam addicti fuerint, nunc in hanc Academiam quasi authoritate publica inaudito modo introduxisse, adversantes huic instituto suo pro infamibus habere, ac summa vi per- sequi, ejusque rei causâ certas confœderationes, DEO \& legibus repugnantes, iniisse, ac Magistratui ordina- rio, post habita jurisjurandi religione, debitum hono- rem \& obsequium palàm denegare. Sed huic quoque malo cum eorundem Serenissimorum Principum se- vera mandata, tùm Sereniss. Ducis WILHELMI. Pa- triæ Patris indulgentissimi, præsentia, medicinam at- tulere, adeò ut per annos proximos tres furor ille non parum remiserit. Qui tamen mox, Satanæ haud dubiè, saluberrimis, quæ tùm de pace Germaniæ reddenda agitabantur, consiliis in novos, credo, furores acti, in- stinctu, majore cum impetu rediit. Anno enim ⅽⅼↄ ⅼↄ CXLVII. \& qui proximè secuti sunt, non solùm Pennalisticas Veteranorum actiones repullulascere, hoc est, Juniores, aut qui ab illis Acade- miis, à quibus Pennalismus exulabat, huc studiorum causa concesserant, contumeliosis nominibus appelli- tari; tanquam nondum capaces privilegiorum Aca- demicorum alto supercilio despici, Studiosi appel- latione indignos, \& veluti catharmata publica, haberi, injuriis ac contumeliis affici; verberibus coërceri, pecunia emungi, libris vestibusque spoliari, ad convi- via, cum alia, tùm absolutionis, ut vocantur (sine qui- bus nemo, istorum Cænipetarum sententiâ, Studiosi nomen poterat consequi,) exhibenda adigi, ad omne genus servitia, etiam turpissima, cogi, denique planè ut subditos, immò ut servos haberi vidimus; sed etiam novum, idque non minus detestandum, Penna- M m m 5 lisandi Deß Academi schen lisandi genus exedam, qua prius illud, officina prodiit. Ipsi enim Juniores, \& qui nondum annum in Acade- mia exegerant, præsertim qui se Absolutos vocabant, Veteranorum exemplo excitati, jam \& ipsi alios, recens Academiam, \& post unum alterumque mensem, quam illi in eandem venerant, ingressos, inque certos vul- pium, asinorum, similesque gradus alios, pro diverso septimanarum, quibus in Academia vixerant, numero distributos, non solùm privatim, \& extra oppidum, sed in plateis publicis, in foro, immò, (quod planè abominandum,) in templo, interque sacra ipsa \& di- vini Numinis cultum, exagitare, cachinnis excipere, contumeliis afficere, interdum \& talitros colaphosque illis impingere cœperunt: Ac ne quis Novitiorum injuriis eorum se posset subtrahere, peculiaris iIlis in æde sacra locus assignatus est; in quo, tàm præclaris scil. ritibus initiandi, comparere coacti, quicunque re- cens in Academiam venerant. Heic tempus omne sa- cro cultui destinatum, discursationibus, confabulatio- nibus, susurris, cachinnis, verbis scurrilibus, omnique petulantiæ genere, sæpè \& clamoribus ac rixis, con- sumptum. Quod si in propinquo adstantes adsiden- tesve cives honestiores, tàm effrænem petulantiam detestati, Exagitatores dehortarentur, utque ad sacra \& conciones adverterent animum, rogarent: eadem in illos probra, eademque convitia jaciebantur. Paria, immò atrociora, in foro \& in ipsa hominum è rure \& vicinis oppidis adventantium celebritate perpetrata: ne tàm pulchræ comœdiæ etiam peregrini spectatores deessent. Post hasce tàm egregias initiationes in sub- urbia \& pagos itum: Ubi eorundem misellorum sum- ptu strenuè potatum, ipsi verò omne genus contume- liis probrisque vexati, sæpè \& talitris colaphisque ex- cepti, \& ne quid ipsorum injuriarum expers esset, scissi per- Romans II. Buch. perforatique pilei, dilacerata vestimenta: aut cum illi, tum hæc, cum vilioribus permutata. Cœterum hæc omnia cum in publico factitarent petulantissimi ju- venes; quantum injuriarum iisdem miseris Novitiis in abdito, intraque privatos parietes, illatum putaris! Tot igitur injuriis obnoxii cum vereri haberent, ne, quoties in publicum, præsertim ad illa solennia, quæ diximus, loca prodirent, ultra modum vexarentur; Patronis opus erat, qui duriùs atque inhumaniùs ha- bitos defenderent, ac prodeuntes in forum, in tem- plum, in collegium comitarentur. Lecti igitur qui pa- trocinium eorum susciperent, vetustissimus quisque ac audacissimus Juniorum; seu potiùs pecunia, mune- ribus, compotatiunculis empti sunt. Unde nova com- potationum genera, \& inter exagitatores ac Patronos, quoties aut illi exagitando, aut hi defendendo mo- dum videbantur excedere, jurgia, injuriæ, verbera, pro- vocationes, digladiationes, vulnerationes, \& infinita hoc genus mala alia. In utroque verò pennalisandi genere, tàm antiquo, quàm novo, iis omnibus, quibus tot injuriæ perferendæ erant, severè, \& sub commina- tione infamiæ, ac crudelissimarum perfectionum, in- terdictum, ne quis Magistratus Academici operam im- ploraret: aut saltem sic enuntiaret injurias sibi illatas, ut in notitiam ejus pervenire possent. Etsi interim ad ea quandoque facienda ferendaque cogebantur, quæ nec aures castæ audire, narrare, nec pudici oculi legere scripto consignata sustineant: quodq́; proinde veren- dum erat, ne, si impunè ferrent eorum patratores, gra- vissimain divini Numinis iram in Academiam uni- versam provocarent. Quid verò ad hæc omnia Se- renissimi Academiæ Nutritii? Quid Magistratus Aca- demicus? Num tota mole irruentem barbariem ad- miserunt? Num malum pestilentissimum radices age- re passi Deß Academi schen re passi sunt? Non sanè, sed illi quidem, pro incompa- rabili sua ac plusquam paterna publicæ salutis re- rumque Academicarum cura, subinde Magistratum officii commonere, utque adolescenti \& jam robur ac- quirenti Pennalismo summa vi obniteretur, hortari: Hic verò, memor officii, nunc crebris ac pænè annuis Edictis, nunc severa animadversione \& frequentibus exemplis pro virili sua obsistere: adeò ut non dees- sent, qui interdum nimii rigoris eum accusarent. Et ta- men sic quoque parùm aut nihil ad rei summam pro- fectum est. Quod cùm sæpiùs laudati Serenissimi Principes animadvertissent, missis ante ex utroque Consiliariorum ordine, qui Academiam viserent ac ordinarent, in Novis, ut vocantur, Statutis, Anno \&221e; ⅼↄⅽ LIII. conditis, hoc quoque constituerunt, ut quicunque actionum pennalisticarum auctores exsti- terint, nulla personarum stirpis, vitæ anteà benè actæ, aut eruditionis ratione habita, non solum publica re- legatione ad aliquot annos plecterentur, sed etiam, ut causa relegationis dispalesceret, exempla ejus typis descripta ad ejus loci Magistratum, unde relegati ori- undi, aut quem parentes illorum propinquive inco- lunt, transmitterentur: Quod si prætereà \& libris, aut vestibus, aut quacunque re alia, Novitios Studiosos spoliaverint, vel corpori ac sanitati eorum damnum dederint, ad ablatorum restitutionem haud tantum, vel certo pretio redemptionem, omnisque damni re- fectionem adigerentur, sed etiam cum infamia in perpetuum relegarentur: Qui verò non auctores qui- dem fuerint, socios tamen illarum actionum sese præ- buerint, in eos privata relegatione animadverteretur: Virique verò sumptus restituere cogerentur. Si quis insuper casu ad eas accesserit, sic tamen ut damnum ipse nullum|dederit, carcere aliovè modo, ut exemplo sit Romans II. Buch. sit aliis, puniretur: Additum, à vicinis quoque Aca- demiis petituros, Principes, ne publicè relegatos intra annum, nisi testimonio emendatioris vitæ munitos, recipiant. Nec quenquaḿ eorum, nisi præscitu ac con- sensu Principum utriusque lineæ in gremium Acade- miæ recipiendum. Denique suasquoque pœnas ma- nere illos, qui vel in ædibus suis pennalisationes per- miserint, vel conviviorum apparatum juverint; Idque Statutum non solùm bis quotannis, eùm novus Aca- demiæ Rector præficitur, publicè huc usque recitari solitum: sed etiam summa illius, tùm paulò ante, quàm publicaretur cum reliquis, tum posteà Anno ∞ ⅼↄⅽ LV. ac denuò Anno ∞ ⅼↄⅽ LVII. publicis pro- grammatibus studiosæ juventuti signisicata est. In delinquentes autem crebra, \& quoties deprehensi sunt, pro gradibus delictorum, relegatione sive publicasive privata, carcere, modisque aliis animadversum. Eo quidem, DEO conatibus nostris benedicente, successu, ut illa, in qua Pennalismus olim potissimum censeba- tur, Veteranorum in juniores tyrannis, hisce illatæ in- juriæ, reales pariter ac verbales primò non nisi furtim exercerentur, mox omninò, aut saltem maximam par- tem, \& inter plerosque, cessarent. Mansit tamen con- temptus Juniorum, ac pessimus ille mos, quo nemo quisquam, ac ne quidem illi, qui unum alterumque, aut etiam complures annos in Gallicis, Danicis, Sueci- cis, Belgicis, aliisque exteris, partim \& Germanicis, Academiis, (quæ omnes Pennalismum nunquam ad- miserunt,) exegerant, honorifico Studiosi nomine digni sunt habiti, nisi Pennalismi legibus se subjecis- sent. Planè tanquam ab istorum maleferiatorum ar- bitrio penderet, ut aliquis privilegiorum Academico- rum, à Sacratissimis Imperatoribus concessorum par- ticeps esset. Mansere proinde \& convivia Pennalistica, cum Deß Academi schen cum Accessus, ut vocantur, tùm Absolutionum, sed alio plerumque prætextu quæsito: immò (quô tantò promptiores ad ea instruenda Juniores nunc erant, quanto paucioribus injuriis obnoxii sunt,) sumptuo- sius multo, quam antea, facta, ac eo interdum cum ferculorum, tûm præsertim bellariorum scitamento- rumque apparatu instructa sunt, cujus nec personas illustres, ipsosque adeò Principes pudere posset. De- nique \& jurisdictio mansit, pridem in Juniores usur- pata; eò jam retentu facilior, quod hi beneficii, quod modo diximus, memores, sponte illorum jugo se subderent, dominos agnoscerent, privi- legia ab illis supplices peterent, illorum, quàm Ma- gistratus Academici, jussa (cui tamen sacramento se obstrinxerant,) potiora ducerent, denique penitus ab eorum nutu penderent. Tantumigitur potentia aucti Veterani palam in cætus \& conventicula coire, comitia habere, leges sancire, Decreta condere, scriptoque con- signata promulgare; de causis \& controversiis inter se suosque natis, quandoque \& jurisjurandi necessitate testibus, imposita, cognoscere; Jus dicere; pœnas ipsamque adeò infamiam, irrogare ac remittere; præ- mia largiri; concionem cogere, militem educere; ad summam, fermè nihil earum non audere atque per- agere, quæ à summis potestatibus soli sunt Magistra- tui concessa: Juniores autem, tam clementi sub impe- rio, versi, ut solet, in majorem licentiam, quæ sibi à veteranis indulta fuerat, in omnem petulantiam so- luti non satis habere, si sui ordinis adolescentes mo- dis, quos supra recensuimus, infectarentur: sed ulte- rius progressi, nunc sexum muliebrem non in foro tantum, \& in plateis, sed in æde sacra, præsertim in so- lennitatibus nuptialibus, probris \& convitiis incesse- re, verbis obscænis \& scurrilibus ab auditu verbi di- vini Romans II. Buch. vini reliquoque cultu sacro avertere, intrantibus, ex- euntibusve præcludere viam, pedibusque insidias struere: nunc in foro ruricolis insultare, esculenta, quæ venum attulerant, eripere, quærentes de injuriis contumeliis plagisve excipere: nunc in suburbana \& pagos excurrere, ac rixari inibi cum incolis, turbasque ciere: denique, ne quid externæ honestatis reliquum illis videretur esse, cum scissis pileis, vestitu lacero, palliis aut potiùs palliorum laciniis è brachio manuvè pendulis, nec tàm calceis, quàm crepidis indutos in publico conspici: adeò, ut si vestitum spectes, non li- terarum studiosos, sed mendicos, furiosos, aut à milite exspoliatos putes. Et quis omnia petulantiæ ipsorum genera edisserat! Quæ tamen postremò non in Aca- demia tantummodò, aut vicinia ejus, sed etiam alibi conspici voluit, id quod satis apparuit, cum ante hunc annum ipsum, in Nundinis Numburgensibus, in spe- ctante ingenti hominum ex universa propemodum Germania confluentium multitudine, virisque gra- vissimis, tàm impiè, tàm scurriliter, tàm petulanter, etiam adversus illustres personas, sese nonnulli gere- rent, ut Academiæ huic, immò Studiosorum ordini universo, haud exiguam, \& vix multorum annorum decursu eluendam maculam inusserint. Porrò cum tanta esset veteranorum in Novitios potestas; inque Pennalismo tuendo pervicacia, tanta item horum li- centia, petulantia, \& erga veteranos observantia; fieri vix potuit, quin subinde, cùm alterutri vel utrique vim passos aut injuriâ affectos se opinarentur, vel \& conata sua, quæsitamque malis artibus potentiam tucri perti- naciter adversus Magistratum cogitarent, res in tu- multum \& vim publicam erumperet. A pennalisandi certè prurigine, defendendique Pennalisticas actiones proposito fuit, si primam originem spectes, quod An- no Deß Academi schen no ⅽⅼↄ ⅼↄⅽ XLIV. Studiosorum tùm in hâc Academia viventium plurimi, conspiratione inter se inita, obse- quium Magistratus Academici palàm detrectarent, in cœtus coirent, quosdam sui ordinis, explorandæ veri- tati, utque in eos animadverte retur, custodiæ datos, vi liberarent, Novitios armarent, portas obsiderent; ipsi denique arci Ducali vim inferrent: nec ante quiesce- rent, quam Serenissimus Dux WILHELMUS, Patriæ Pater Clementissimus, comitante armatorum multi- tudine huc profectus, convocatos in Collegium Stu- diosos omnes, indeque in Arcem deductos, ac tamdiu inibi detentos, donec plerique seditionis auctores de- tecti essent, ad renuntiandum conspirationi ade- gisset. Jam quod ante hos annos quatuor intra oppidum, ante biennium in suburbio à Juniorum manu ædes in civium sub noctem factus est impetus; unde nisi à cœco eorundem erga veteranos obsequio, summoque ad ciendas turbas propensione fuit? Quid multa? Nuperi illius \& (nisi Principum sollicitudo subvenis- set,) pænè fatalis Academiæ nostræ tumultus cædisque tùm perpetratæ, num alia potior causa fuit, quàm No- vitiorum in excubias à Sereniss. Patriæ Patre securita- tis causa constitutas jactæ comminationes, \& mox pel- lendis iisdem, tanquam libertati, ut illi putabant, re- vera autem licentiæ suæ adversantibus, factæ in ipso foro \& plateis, si non jubentibus, certè spectantibus, permittentibus, nec improbantibus Pennalisantium præcipuis concursationes, convocationes, \& quæ præ- tercà sua illis petulantia suggesserat? sed nec ea, in quæ paulo post turpissima conspiratione inita, magna pars Studiosorum, ut universam Academiæ molem subrue- rent, convenit, quibusque posteà ejusd. Clementissimi Patriæ Patris mandato, plerique omnes porrectis Rectori Romans II. Buch. Rectori dexteris semel iterumque renuntiarunt, in hoc usque tempus quisquam tenaciùs, quam Novitiorum illi, qui Absolutos se vocant, servavit, etsi non igno- ramus, fuisse \& alios, qui posthabita jurisjurandi reli- gione, qua fidem suam obligaverant, perniciosa ad- versus Academiam nostram consilia agitarunt. Quos sua haud dubiè pœna manet. Satis ex iis, quæ non una de causa prolixè recen- suimus, apparet, quam nunquam Sereniss. Principibus, nobisque ipsis, defuerit animus exstirpandi penitus Pennalismi: quam multa item, \& quam detestanda sint mala, quæ lerna illa complectitur. Hiigitur cùm in Academia sua nullo modo ferenda diutius, nec tamen re mediis huc usque adhibitis planè præve- niri tollique posse, animad verterent Serenissimi atque Celsissimi utriusque Lineæ Principes ac Duces Saxo- niæ, \&c. Nutritores Salanæ hujus munificentissimi, Domini nostri Clementissimi, communicato cum aliis S. Rom. Imperii Principibus ac Statibus, ac inprimis cum Sereniss. Saxoniæ Electore, Consilio, tandem ali- quando Pennalismum communi consensu exscinden- dum esse, decreverunt, eamque in rem Mandata, pu- blicè promulganda, nuper ad nos destinarunt. Summa corum Mandatorum ac sententia hæc est: Penna- lismum illum abominandum ex nostra quoque Aca- demia Salana funditus ac radicitus sublatum, profli- gatum, atque exterminatum volumus. Nemo quis- quam Studiosorum veteranorum in posterum à Ju- nioribus recens Academiam ingressis convivium sive accessus, sive correctionis, sive absolutionis, sive post- positionis, sive quocunque veniant nomine ponna- listicas comessationes alias, neque ullum etiam aurum argentumve poscito: nullis exagitationibus, quæ- cunque illæ sint, molestus ipsis esto: nulla ad servitia N n n ipsos Deß Academi schen ipsos cogito, multò verò minus verberibus excipito, aut alio quocunque modo suum quasi sub jugum per- trahere audeto: sed solius Magistratus Academici, \& Præfectorum ac Præceptorum inspectioni, correctioni, animadversioni eos relinquunto. Novitii verò, qui jam tum in Academia nostra adsunt, \& qui in poste- rum adventuri sunt, statim, ac sine ulla procrastina- tione inhonestum illum hactenus usurpatum vesti- tum abdicanto, in ejusque locum honestiorem, \& quali veterani Studiosi uti solent, adsciscunto; ab ex- agitationibus sui similium prorsus abstinento; omnem petulantiam publicè privatimque, cumprimis in æde sacra \& aliis conventibus ac congregationibus, procul à se amoliuntor. Professores, sui quod est hac in re officii, curiosè exsequuntor; delinquentes, \& huic Se- reniss. Principum decreto quocunque modo adver- santes, tàm veteranos, quàm Novitios, omni seposito affectu \& personarum respectu, pœnâ meritâ afficiun- to: \& primâ quidem vice pro delicti gradibus ad certi cujusdam temporis terminum, secundâ in perpetuum, sed absque infamia, tertiâ tandem vice, si fortè recepti fuerint, neque desistant, cum infamia releganto \& ex- cludunto. Hi verò postremi nullius receptionis, sed velut infames, nullius quoque honesti officii capaces, habentor. Quo verò cunque modo, primo, secundo, tertio, relegatus quis fuerit, ad alias Academias, ne ibi- dem recipiatur, sed velut relegatus aut exclusus ab omnibus habeatur, idemque tam ad aulas illustres, quàm ad cujusque natalis soli Magistratum perscriba- tur: nec absque Serenissimorum Principum Patrono- rum, non alterius Lineæ separatim, sed utriusque con- junctim, præscitu dispensatio ulla aut receptio insti- tuatur. Impunè quoque non abibit, si quis sive ex Professorum ordine, sive alius quivis, Pennalistica- rum Romans II. Buch. rum comessationum apparatus quccunque modo ad- jutum iverit; iste quidem Professorio munere hoc ipso futurus expers; hic verò pro ratione circum- stantiarum graviter plectendus. Hæc Summa est Decreti Serenissimorum Saxoniæ Ducum utriusque Lineæ de Pennalismo, fœtu isto or- cino, profligando \& exterminando. Tuum jam est, Juventus studiosa, tàm Veterana, quàm Novitia, juris- jurandi, quo Te Serenissimis Principibus ac Magistra- tui Academico obstrinxisti, memorem, maturè obse- qui. Pietatis est Magistratui DEI in terris Vicario obe- dire. Nemo vestrum est, qui non malit pius, quàm im- pius audire. Virtutis est, ea vitare, quæ vel speciem ma- litiæ præ se ferunt. Nemo vestrum est, qui non felices malit studiorum successus, quam infelices. Bonam de- nique famam conciliat eorum patratio, quæ legibus \& honestati sunt conformia. Nemo vestrum est, qui non malit honestus, quam infamis dici. Hæc, Juven- tus studiosa, Tecum meditare: \&, si sapis, sponte ad peragenda, cavendaque, quæ Illustre Mandatum re- quirit, Te compara, sin, (quod tamen nolimus,) expe- rieris profectò, non deesse cum Serenissimis Principi- bus, tum nobis ea adversus contumaciam remedia, quæ nolentes eò possint adigere. Nunquam, credite nobis, continget, ut quæ illi tanto consensu, tantoque cum Zelo decreverunt, irrita reddi, seque adeò ludos fieri patiantur. Vos quoque, reliqui cives Academici, da- bitis operam, ne deinceps ulla re Pennalismum adju- tum eatis. Sin, manebit \& vos severa animadversio. P. P. ipso festo visitationis B. Virginis, hoc est, d. II. Ju- lii, A. C. ⅽⅼↄ ⅼↄ CLXI. Das XXXIV . Capitul/ Proscriptio deß Pennalismi der Universitaͤt Giessen auch in Lateinischer Sprache/ wie solche Anno 1660. herauß gegeben worden. N n n 2 Zu Deß Academi schen Z U Giessen in Hessen ist der Pennalismus Anno 1660. durch folgende Lateinische Schrifft ab- geschaffet worden: Academiæ Rector, totusque Senatus Academicus Civibus Academicis Gissensibus S. P. P. M Ajori famâ quam gloria mali mores literatorum occupa- verunt orbem; \& licentia peccandi in Academiis visa hactenus est reverenriam omnem excussisse animis ob- sequentium. Palàm rupisse Imperium, violasse leges \& concor- diam, parum fuit, nisi etiam cumularentur, ex Acheronte in- genia profligatissimorum hominum, qui non dicam Peuna- lismum, sed Diabolismum quendam, initis contra divinas hu- manasque leges conjurationibus, sancirent, ut querendi causa non pueris, non juvenibus, non Majoribus saltem, sed ipsis Magnatibus, imo Imperiis summis, Rebusque publicis, illâ viâ ad interitum properantibus esset uberrima. Vidit consternatus orbis: vident hodienum illustres Academiæ, quanto huc usq́; odio in pietatem sævitum sit; quantâ animorum contentione ingenua vivendi ratio adhuc impetatur, ut in vestibulo velut consistat barbaries, turbidisque perversorum consiliis sinistra \& prava cernantur omnia, \& juventus cumprimis in spem Eccle- siæ \& Rerumpublicarum à DEO data nullo negotio hebetior sit, quàm in virtutis, nulla in re alacrior, quàm in flagitiorum omnium seminio propagando. Stimulat alios libido imperandi innocentioribus, \& cupiditas evertendi majorum sancita occu- pavit temerariorum animos, ut in votis nihil habeant majus, quam ut precario sceptra teneant Præceptores eorum, ipsi mo- dum præscribant. Coërcet alios, ne obsequium præstent, metus, \& à tramite virtutis, quem parentum suasu ingressuri erant, im- petu abripiuntur, ur jam cædes \& digladiationes, jam rixæ \& contentiones, jam barbaris insueta servitia, promuscuæ exagita- tiones, expilationes \& inhonestæ commessationes, paucis, quo- tidiana Bacchanalia \& ferarum rabies invaluisse: omnium ho- nestam vivendi rationem \& meliorem disciplinam sepultam compertum sit, inter homines divinæ imaginis icones, DEO , Imperiis, Ecclesiæ, Parentibusque dicatos, verbo, Christianos, quos æqvum erat, vivere inter homines, tanquam DEUS audi- ret, \& loqui cum DEO , tanquam homines intelligerent, ut ad- moti aliquando diversis gubernandi formis \& ipsi experirentur, quantô emolumento quæsivissent juvenes, ut audirentur senes. Vobiscum Romans II. Buch. Vobiscum loquimur, Cives Academici! qui in obsequio im- morigeri \& refractarii, in studio literarum segnes, in exercitio morum \& pietatis à majorum, nostrisque institutis alieni hacte- nus fuistis. Vobiscum loquimur, Studiosi! qui in conspectu DEI , \& in cœtu Angelorum \& piorum, in templis, locisque sa- cris propudiosâ libertate Diabolo serviistis, scandaloque, nisi pœnitentia seria præveniat, nonnisi æternis ignibus expiando, offensas præbuistis parvulis, \& quosrectius erat molari lapide ad maris abyssum deturbari, quam in Republica Christiana, cœ- tuque credentium diutius tolerari. Vobiscum loquimur, qui sceleratis clamoribus Lunam noctu inquietâstis \& stellarum adversus vos radiantes concitâstis ignes, ut aliquando conqueri possint ineluctabili testimonio: Vos nocturnos illos fuisse Dæ- mones, densas illas caligines, ignes illos fatuos, qui cœlestium facum claritati nebulas offudissent, atque suo lumine abusi fuis- sent ad flagitia, quæ intempestivo noctis silentio securitatem quærunt. Vos reputamus, qui fucato quodam malisque colo- ribus picto furto, novitiorum Studiosorum libertatem flagitioso digito, fœdôque servitio expugnastis, crumenas noviter ad hane palæstram accedentium expilâstis, datam Academiæ fidem con- trariis Sacramentis fregistis, indictis Societaribus \& conventibus charitatem conculcâstis, illicitis \& scurrilibus actionibus pessi- mos mores introduxistis, contra veritatem in mendacia perfrictâ fronte conjurâstis, vestimentorumque apparatu, in ludibria pro- pria, velut nebulones in theatro, contra honestatem convenistis, tacemus infinita alia. Ut mirari simul, \& inquirere jam nobis haud sine causa liceat, quarum ferarum rabies occupavêre ani- mos vestros, cum optimas evertere leges, vincire omni nequi- tiarum genere commilitones, rapere ad contumelias innocentes, (paucis rem absolvimus,) vosmet ipsos atque hanc Academiam unà cum Patribus pessundare constituistis? Nempe, quod Post- humius Consul apud Historicum Patavinum contra Bacchanalia pro concione introduxit olim; Nunquam tantum malum in Republica fuit, nec ad plures, nec ad plura pertinens. Quicquid his annis libidine, quicquid fraude, quicquid scelere peccatum est, ex illo uno sacrario scitote ortum; id jure merito de vestris institutis affirmare possumus. Nunquam tam venenatus in Aca- demiis natus est Basiliscus: nunquam tam pestilens in iis sidus exortum, quam Diabolismus vester, quem Pennalismum appel- latis, monstrum horrendum, informe, ingens, cui lumen ad- emptum, Diaboli primogenitura, quæ in Caino radicem, in N n n 3 Juda Deß Academi schen Juda progressum, in siliis Belial ἄκμἰν habet, ad infernales de- ductura paludes suos cultores Indignitas rei ulterius nos pro- gredi jubet. Quid animi vobis est, quod congestis velut mon- tibus, instar Gigantum impugnare cœlum contenditis? Cur ipsimet vos, dum libertatis nomen quæritis, æterno vos man- cipatis peccatorum servitio? Cur, dum rationis compotes esse mavultis, \& rationes cum ratione quæritis, brutalitas vobis ante rationem est? Cur in vitæ, fortunarumque vestrarum,| imò \& animarum necem conspiratis? Hoccine iter ad sapientiam, ad famam, ad gloriam? Prævidemus ruinas vestras, \& actionum vestrarum documenta in senio vestro velut oculis coram intue- mur, per experientiam edocti, nullum unquam ejusmodi tran- quillitatis Academicæ turbonem, nisi evidenti Numinis irâ, ad senectutem annorum suorum computum deduxisse, qui non seu ignominiâ notatus, seu paupertate pressus, seu morbis in- cluctabilibus obrutus, imò DEO , hominibusque exosus fuerit, aut ad functionem aliquam publicam admotus, sequiorem ta- men in ea successum, \& conjunctam quandam maledictionem Divinam non sustinuerit. Et, quo pacto, quæsumus, illi sartam rectamque habebunt seu familiam, seu functionem, seu senectu- tem suam, qui in juventute DEUM irritant, \& Spiritum San- ctum, Spiritum illum pacis \& tranquillitatis, Spiritum sapien- tiæ \& veritatis, datâ velut opeiâ, contra DEI \& Magistratuum severas inhibitiones ad iram commovent? Loquuntur variarum Rerumpublicarum \& Academiarum busta, quid nequitia Aca- demicorum potuerit, ex quibus velut ex equo Trajano prodiêre tot calamitates, in pœnam peccatorum cœlitus demissæ, ut non semel Musis emigrandum fuerit, concessâ Palladis areâ trucu- lentissimi Martis sævitiæ, quandoquidem \& ipsi Musarum alumni Sceleratis montibus ultrò Tentárunt patriam dilacerare suam. Dum itaque alieno facinore \& flagitio in discrimine sunt urbes, vix meliore statione gaudebunt, qui propriis polluti sunt vitiis, \& tantorum malorum parastatæ fuerunt. Forrè, Cives Acade- mici cum indignatione hæc legetis! forte injuriam vobis inten- tari novâ conspiratione conquerimini! At, expectate, quæsu- mus, \& audite, quo in articulo rerum vestrarum constituti sitis, dum Pennalisationi, (ut appellatis) interestis! Honeltis con- ventibus sanctus semper præest Angelus: inhonestis Dæmones à latere utrinque adstant \& inserviunt. Hi consilia prava, tetra, funesta Romans II. Buch. funesta inspirant, \& vos ad omne flagitiorum genus animant, ut neque auribus, neque oculis, neque linguâ, neque manibus pedibusque, denique toti corpori \& animæ parcatis, quò minus hæc omnia rapiantur ad fœda auditoria, impudica spectacula, blasphema colloquia, rixas, turbas, digladiationes, rapinas, con- vitia, ut propterea Pennalismus sit animæ obscuratio, barbaries mentis, corporis ruina, Diaboli sentina, exilium pietatis, funu s honestatis, gangræna modestiæ, hydra nequitiæ, ludibrium optimarum legum, origo malorum omnium, noxa sapientiæ, onus tranquillitatis \& pacis publicæ, pestis \& profligatio erudi- tionis \& virtutum omnium, quæstus infernalium Erynnium, ruina Rerumpublicarum, suffusio maledictionis, turbario felici- tatis, vomica fœditatum, Xenium Diaboli \& Zizania stultitiæ, imo styx, lethe, avernus ipse. Pennalismi verò parastatæ, sive sint Actores, sive consultores, sive patres curæ sanè ineptissimæ, Asini superciliosi, Basilisci venenati, Cyclopes clamosi, carcino- mara insanabilia, carnifices, bibones \& comedones abjectissi- mi, Dracones horrendi, excrementa Diaboli, filii terræ ma- ledictæ, gulones \& greges porcorum, herbæ noxiæ \& homi- nes nequam, infernales aves, \& invisi omnibus bonis, lurco- nes, mangones, noctuæ noctivagæ, orci mancipia, parasiti, quæstores iniquitatis, rabidi canes, stygiæ paludis nutritii, Ty- ranni truculenti, vivi Dæmones \&c. Hoc enim \& simili Alpha- beto non unus aliquis homo, non unum aliquod Collegium, sed plures Academiæ, imò ipsi Imperii Magnates, Electores \& Principes Pennalistas insignire solent. Hi sunt colores varie- gati, quibus meritò depinguntur illi Centauri, ut tandem sagit- tis opus sit, quibus confodiantur, ne illis grassantibus emigrer ex Academiis DEUS, discedant Angeli, boniomnes collidan- tur, atque ipsa virtutum seminaria in Cyclopum antra \& late- bras Dæmonum convertantur. O ergo miseros vos! O infeli- cem conditionem vestram, Pennalistæ in eptissimi, pessimorum morum profligatissimi Magistri, curatores injusto dispensatore injustiores, imò injustissimi! Dolemus sorrem vestram, \& dum in patrocinium vobis dati sumus, dum vestra salus curæ nobis est, haud impatienter feretis, si hoc, quicquid Academiam hanc Gissenam occupavit mali, ejiciamus, \& ad orcum relegemus. Exprobrabant Macedones Alexandro, quod Persicum sumpfis- set habitum. Cur non exprobrabimus vobis, vos non habitum, non vestes, sed ipsam omninò vitam iniquitati dedicâsse. Eji- ciebat è templo Hierosolymitano Servator noster ementes \& N n n 4 venden- Deß Academi schen vendentes, \& iniquissimi quæstus Curarores his verbis: Domus mea domus est precationis, vos autem fecistis cam speluncam latronum. En ergo vobis Academiam hane! nonne ea consti- tuta est primum \& postmodum operosè restaurata à Senerissi- mis Hassiæ Principlbus, Domino Ludovico Fideli, \& Domino Georgio, nuncrerum potito inter Hassos, cui DEUS vitam \& fe- licitatem perpetuam in seros usq́; annos largiatur, ut esset sapien- tiæ, pietatis, modestiæ, virtutumque cæterarum omnium thea- trum, templum \& habitaculum! At per vos, quò, quæso, DEUM immortalem! dilapsa est? Diximus. Ne itaque idem nobis accidat, quod Prophetæ Eli, qui indulgens iniquitati filio- rum suorum, Israelem conturbantium, cervicem fregit, atque divinam in eos nos cumulemus maledictionem; pientissimo Serenissimi Principis ac Domini, Domini GEORGII II. Hassiæ Landgravii, Principis Hirsfeldiæ, Comitis in Cattime- liboco, Decia, Zigenhemio, Schaumburgo, Isenburgo \& Bu- dinga \&c. Principis ac Domini nostri Clementissimi, Zelo ex- citati, tandem excidium Pennalismo \& Diabolismo vestro inci- dimus, imò præsenti gladio Hydram illam ternæam, unoque velut ictu, jugulamus. Exi, ô tetra bestia! exi monstrum nefandum, \& tecum omnes tui amantissimi! in sinu nostro in posterum fovebimus nullum, veniâ præteritis delictis concessâ, qui levissimo ausu quicquam, quod Speciem Pennalismi habuerit, tentaverit. Reddimus libertatem omnibus, quam male feriati contra jus fasque abstulerunt commilitonibus suis. Tollimus convivia \& compotationes, in quibus hactenus continua serie, metu sobrie- tatis, \& ne bona mens vos obrueret, Heroes fuistis. Vexationes improbas, actiones \& exactiones juniorum eliminamus peni- tus. Vestimentorum lacera dedecora, \& quas nefaria malitio- sorum petulantia introduxit lacinias, seriò prohibemus, ne porrò quisquam instar calonis aut Cerdonis aut nebulonis per plateas incedat, \& bonæ mentis filiis nauseam pareat. Nevedeteriori sit conditione juvenis nuper ad Academiam admissus, quàm, qui supercilioso fastu montes eruditionis sibi falsò imaginatur. Quo ipso tamen modestiam \& honorem literatioribus debi- rum non tollimus. Sit suus meritis honor: sit prærogativa titu- lis: sit veneratio annis \& doctioribus. Frustra Asinus adhibetur ad lyram. Indignum, juvenem nuper è cavea velut, aut ex virgis ad libertatem admissum velle æquiparari canæ eruditioni, \& rersioribus præcedere ingeniis. At jussu id fiat, non vestro, sed nostro, Romans II. Buch. nostro, quos DEUS sapientiæ \& morum magistros constituit. Turpe est, imperare eos, qui Præceptoribus indigent. Turpius, quibus interdum, ut ipsi corrigantur, flagellis opus est. Ama- mus honestum ordinem: detestamur confusionem. Illum nos observabimus: vestrum erit, mandatis obsequi. Quid ergo frustra desudatis in constituendis ordinibus \& præfecturis, dum ipsi Præfecti hactenus auritis asinis \& vitulis lascivientibus de- teriores fuere? Maledictos illos conventus, \& societates ne- fandas cum Præfectis \& Præfecturis execramur. Denique quæcunq́, contra bonos mores, contra pacem \& tranquillitatem Academiæ hujus, quocunque nomine aut consilio, suscepta fue- rint, qualia sunt rixæ, contentiones \& digladiationes, sive cæsim sive punctim susceptæ, radicitus evellimus, sub gravissima rele- gationis pœna, quam etiam infamia excipiet, sic quidem, ut Relegationem typis publicis excusam in cujusque solum trans- missuri simus, atque daturi operam, ne ulli prævaricanti contra has sanctiones, penes Patriam, seu alium Magistratum, honesta functio, aut honoris titulus patere possit. Agite ergo, cives Academici, juvenes nobilissimi \& optimi! si DEUM , si Prin- cipem, si Patriam, si virtutem amatis, ejicite nobiscum muni- menta omnis improbitatis \& nequitiæ. Intrate virtutis angu- stias. Solicitudinis nostræ, pro vestra salute, jam vobis docu- menta dedimus: efficite, ut \& vestra habeamus. Non has mi- nas \& increpationes consignavimus probis, quorum \& nobis adhuc aliquis numerus cognitus est. Nobilis equus umbrâ virgæ regitur, dum ignavus ne calcaribus quidem concitari pot- est. Neque vos offendant pessimorum conciliabula \& consilia, minæque hinc ex virtutis palæstra discedere volentium, aut ad- versus solem mejere contendentium. Non patitur cœlum im- probos: neque Academia nostra malorum defoctu deficiet. Canes timidi vehementius latrant, quàm mordent. Altissima flumina minimo sono labuntur. Cogitate, quem in finem huc missisitis. Reputate animis vestris, quam fidem, quod Sacramen- tum Serenissimo Principi nostro \& Academiæ, stipulatâ manu religiosè, in vim juramenti, dederitis, \& estote pietatis, Sapien- tiæ, modestiæ, cæterarumque virtutum studiosi omnes! ani- misque vestris recolite, dotibus naturæ instructos, sæpientiæque ministerio, quales vos estis, consecratos, si virtutum, bonorumq́, morum, qui farto careant, gladium manu tenere, quô se sau- cient, ignem humeris gerere, quô conflagrent, restim in collo, qua stran gulentur, pugiones in pectore, quibus transfodiantur, N n n 5 spinas Deß Academi schen spinas in pedibus, quibus configantur, saxa, ad quæ pedibus impactis cespitent, \& cespitando cadant, prolapsique experres solatii tandem in morte relinquantur. Cavete violationem istius jurisjurandi, quam utique DEUS \& ipsa nobiscum Justitia gra- vissimè puniet. Neque has paternas admonitiones comminatio- nesvè graves, vanas, quæsumus, existimate! sunt adhuc nobis vires, sunt ea præsidia, quibus malos plectere, tueri bonos possu- mus; ut hi quidem à DEO gratiam \& benedictionem, ab Aca- demia verò hac ctiam laudem \& honores, illi verò maledictio- nem \& dedecus æternum sint habituri: Quod enim quisque seminaverit, illud metet. DEUS verò, Pater ordinis \& Præses omnis sapientiæ in- struat vos Spiritu Sancto suo, ut sobriè, justè \& pie vivatis, ser- vatâque legum nostrarum authoritate, divina humanaque jura sarta tectaque penes nos sint omnia, atque per viam sapientiæ ingressi honoribusque aucti tandem obsequentium filiorum mercedem, hujus \& fururæ vitæ felicissima reportetis præmia, P. P. Gissæ IV. Nonas Septemb. M. DC. LX. Sub sigillo Aca- demiæ majori. Das XXXV . Capitul/ Angemassete Tyrannische Regierung lauffet nicht wol ab/ wie solches an Christiano dem Andern erwiesen wird. Troll wird fuͤr den Richter gefuͤhret/ da er sich seltzam verantwortet. S Eyer meine Herren/ sprach der Schweitzer fer- ner/ also scharff hat man mit den alten Acade- mi schen Purschen auf einmahl durch Daͤmpf- fung aller ihrer angemasseten Authorit aͤt verfahren/ welche gewohnet waren uͤber die ankommende Stu- denten das absolutum Dominium zu fuͤhren. Dar- auß dann zu erkennen/ daß eine Tyrannische/ eigen- maͤchtig angemasste Gewalt nicht lange zu bestehen vermoͤge. Das ist freylich wahr/ warff Cavina dar- zwischen/ und findet solches fuͤrnemlich an Tyranni- schen Potentaten Statt/ wie solches vor andern er- wiesen wird durch das Exempel deß Daͤhnischen Ne- ronis, Koͤnigs Chistierni II. Dieser ist gewesen ein Sohn Johannis, Koͤnigs in Daͤnnemarck/ und Chri- stinen/ Romans II. Buch. stinen/ Hertzog Ernsten/ Chur-Fuͤrsten zu Sachsen/ Tochter/ gebohren A. 1481. den 2. Julii. Kurtze Zeit vor seiner Geburt hat man ihn in seiner Mutter Leib uͤberlaut hoͤren weinen/ und nachdem er gebohren worden/ hat er die eine Hand geschlossen mit auf die Welt gebracht/ darinnen die Wehe-Mutter/ als sie solche eroͤffnet/ anders nichts/ als Blut gefunden/ welches sein Herꝛ Vatter als ein uͤbel Zeichen gedeu- tet/ und gesaget: Daß er mit der Zeit ein grausamer Vergiesser deß Menschen-Bluts werden wuͤrde/ wie dann auch erfolget. Jn seiner Kindheit ist er gegen seine Koͤnigl. El- tern und Lehrmeister sehr ungehorsam und unbaͤndig gewesen/ hat seine Lust gehabt an hohen gefaͤhrlichen Oertern mit aͤusserster Lebens-Gefahr umher zu klet- tern/ sagende: Solche Oerter gebuͤhreten einem Herꝛn/ niedrige und geringe Leute moͤchten auf nie- drigen Wegen und Stegen wandeln. Nachdem er aber erwachsen/ und die Kinder-Schuh außgezogen/ hat er sich der Geilheit und Leichtfertigkeit gaͤntzlich ergeben/ ist deß Nachts auf den Gassen als unsinnig einher geschwermet/ hat denen Buͤrgern die Thuͤren mit Gewalt aufgeschlagen/ und gethan/ was ihm selbst geluͤstet. Dannenhero sind bey seinem Herꝛn Vatter grosse Klagen wider ihn eingebracht wor- den/ der ihn auch daruͤber ernstlich gestrafft/ aber ohne alle Frucht/ darum er ihm auch vielmahls im Zorn alles Ubels auf den Halß gewuͤnschet/ und als ein ungerathen Kind/ auß welchem nimmermehr nichts Gutes werden wurde/ zum aͤussersten verflucht. Mit der Zeit/ und zwar im Jahr 1514. ist er zum Koͤnig in Daͤnnemarck und Norwegen/ im Jahr 1520. aber in Schweden gekroͤnet worden/ und weil er durch die Heyrath mit Jsabella/ Caroli V. Schwe- ster/ Deß Academi schen ster/ mit den fuͤrnehmsten Potentaten in Europa in Verwandtschafft und Verbuͤndnuͤß gerathen/ ist er so hochmuͤthig worden/ daß er gegen Nachbarn und Unterthanen sich sehr Tyrannisch erwiesen/ wie auß nachfolgenden zu vernehmen: Er hatte eine alte Hex und Zauberin/ Sigbritta genannt/ an sich/ deren Tochter/ die Columbula, er zu seiner Beyschlaͤfferin gebrauchte/ dieser alten Vettel hat er die wichtigsten und heimlichsten Rathschlaͤge vertrauet/ und sich von derselben gantz regieren lassen/ also/ daß er auf ihr Angeben seine Unterthanen mit unertraͤglichen Steuren beleget/ und in allen Staͤdten deß Koͤnig- reichs Galgen lassen aufbauen/ so wol die Schultzen/ als andere/ die in Einbring- und Ablegung der Gel- der wurden saͤumig seyn/ daran zu hencken/ durch welche Pharaonische/ ja Neronische Unbarmhertzig- keit/ (als welcher auch zu seinen Einnehmern zu sagen pflegte: Jhr wisset/ was ich brauche/ sammlet also/ daß Niemand nichts behalte/) er sich bey seinen Un- terthanen einen hefftigen Haß zugezogen/ daß er dar- uͤber in ein 9. jaͤhriges Exilium, und hernach in eine 27. jaͤhrige Gefaͤngnuͤß gerathen/ auch endlich dar- uͤber sein Leben enden muͤssen. Er hat einsten seines Vattern Bruder/ Hertzog Friderichen von Hollstein nach Colding gar freund- lich beschieden/ aber ihm einen Galgen fuͤr seine Her- berge aufrichten lassen/ daß der fromme Herꝛ bey Nacht mit Gefahr entrinnen muͤssen. Als er bey seiner Kroͤnung zu Stockholm die fuͤrnehmsten Staͤnde deß Koͤnigreichs Schweden/ nach gehalte- nem kostbaren Banquet hinrichten lassen/ waren dar- unter 2. Bischoͤffe/ auf die 70. Ritter/ viel von Adel/ 3. Buͤrgermeister/ und alle Raths-Personen/ auch viel Buͤrger der Stadt Stockholm. Die Coͤrper hat Romans II. Buch. hat er gantz nackend außziehen/ und auf 3. Hauffen/ die Geistliche auf einen/ die Ritter und Adeliche auf den andern/ den Rath und Buͤrger auf den dritten werffen/ und etliche Tageligen lassen/ das Blut/ weil Regen-Wetter eingefallen/ ist durch die Gassen und Rinnen herum geflossen. Deß vorigen Gubernatoris Steno Freunde und Diener musten auch daran. Als diese umgebracht worden/ war schroͤcklich zu sehen/ daß man 2. unschuldige Knaben von 6. und 9. Jah- ren bey den Haaren aufgehenckt/ und also gekoͤpfft hat. Viel Wittwen und Waͤysen hat er beraubet/ und so gar der Verstorbenen nicht verschonet. Auch hat dieser Tyrannische Koͤnig 7. Prediger-Muͤnche/ samt ihrem Abt/ nur daß sie einst den Gubernator be- herberget/ ertraͤncken lassen. Solcher Grausamkei- ten hat er unzaͤhlich viel veruͤbet/ biß die Daͤhnen sel- bige nicht mehr ertragen koͤnnen/ und seinen Vetter/ den Hertzog von Hollstein/ zum Koͤnig begehret/ wel- ches/ als es Koͤnig Christiern gemercket/ hat er sich im Jahr 1523. mit seiner Gemahlin und 5. Kindern zu Schiff gesetzet/ und fluͤchtig in Holland begeben/ wo- selbst er im Exilio gelebet/ biß er A. 1532. sich mit Ge- walt wieder ins Reich dringen wolte/ da ward er ge- fangen und nach Sonderburg gebracht/ allwo er ne- benst einem Zwerg gantz allein in einer sehr engen Gefaͤngnuͤß 16. Jahr und 7. Monat eingesperret ge- halten worden. Hierauf hat man ihn nach Callen- burg in Seeland versetzet/ allwo er auch 10. Jahr/ wiewol etwas freyer/ zubringen muͤssen. Der Kum- mer gienge ihm dermassen zu Hertzen/ daß er unter- weilen seine gesunde Vernunfft verlohren/ biß er end- lich im 78. Jahr seines Alters gestorben/ in diesem allein gluͤckseelig/ daß er in so langwieriger Gefaͤng- nuͤß Zeit gnug hatte/ sein Gottloß-gefuͤhrtes Leben zu beden- Deß Academi schen bedencken/ und GOtt die Suͤnden seiner Jugend ab- zubitten. Wol ihm/ wann er solches auch gethan/ und sich mit Manasse zu seinem GOTT bußfertig gekehret. Was die Vorbedeutung seiner Grausamkeit belanget/ daß er nemlich mit Blut gefuͤlleten Haͤn- den geboren worden/ so finden wir in andern Histo- rien dergleichen Exempel. Von Erico, Koͤnigs Gustavi in Schweden Sohn/ schreibet eben dieses Scheferus Memor. Gent. Suet. cap. III. v. 3. und meldet darne- ben/ daß die Muthmassung/ so man damahls von diesem Kind gehabt/ mit der Zeit durch seine schreck- liche Tyranney sey erfuͤllet worden. Dieses Zeichen hat auch mit auf die Welt gebracht Sefi, Koͤnig in Persien/ als solches sein Groß-Vatter/ Schach Abas, vernommen/ hat er gesagt: Dieser wird seine Haͤnde in vielem Blut baden/ wie auch geschehen. Als er zur Regierung kommen/ war er so Tyrannisch/ daß er deß Henckers Amt selbsten verrichtete/ ( detestabile car- nificis ministerium occupavit Rex, wie Curtius libr. VIII. §. 2. von dem Alexandro redet/ als er den Cly- tum erstochen/) und die/ so er todt haben wolte/ mit eigener Hand niedersaͤbelte. Da er dann/ wann er solch Blutvergiessen in Sinn genommen/ gemei- niglich ein roth Kleid angezogen/ wie Olearius in der Pers. R. B. V. B. cap. 32. Bl. 654. 662. berichtet. Wir sehen aber an diesem Christierno zweyerley/ eins/ daß der Tyrannen Regiment kurtz sey/ und nicht lange waͤhre/ wie Seneca sagt/ libr. I. de Clem. Reges consenescunt ac nepotibus tradunt regna: Tyranno- rum brevis \& execrabilis potestas est: Die Koͤnige werden alt/ und versetzen ihre Reiche auf ihre Kinder/ aber die Gewalt der Tyrannen ist kurtz/ und verflucht. Sie sind gleich einem starcken Hagel/ oder Donner- Wetter/ Romans II. Buch. Wetter/ welches zwar jaͤhling grossen Schaden thut/ jeooch nicht leichtlich uͤber etliche Stunden dauret. Der Gottlose ist wie ein Wetter/ das uͤberhingehet/ und nicht mehr ist. Spruͤch-W. X, 25. conf. Prov. XIV, 11. Ps. 37, 9. Camer. Cent. II. Embl. 51. Cent. 4. Embl. 24. Dann ist auch zu beobachten/ daß die Ty- rannische Regenten ein uͤbel-riechend Gedaͤchtnuͤß nach sich lassen/ welches Plinius in Paneg. Troj. erin- nert/ wann er sagt: Principum funestorum manes \& posterorum execrationibus nunquam conquiescunt. Und wie Sidonius Apollinaris libr. 5. Ep. 8. pag. 110. schreibet: Improborum probra æque ac præconia bo- norum immortalia manent: Der Boͤsen Schande ist so wol/ als das Lob der Frommen unsterblich. Unter diesem Discurs kamen sie mit einander zu der Stadt Basel/ allwo der Fuhrmañ im Thor also- bald forschete/ ob nicht ein junger schwartzer Mensch in rothen Hosen und einem schwartzen Rock mit ei- nem braunen Roß kuͤrtzlich herein geritten waͤre? Die Wacht ertheilete ihm guten Bescheid/ daß nem- lich dieser Mensch vor einer Viertel-Stunde erst ein- gezogen waͤre/ und wuͤrde man ihn in der Stadt leichtlich außforschen koͤnnen. Sie fuhren also mit einander in die Stadt zu einer bequemen Herberge/ und so bald die Gesellschafft ins Haußgetretten/ der Fuhrmann auch die Pferde in den Stall gezogen hatte/ gieng er auß/ nach einem andern Wirthshauß/ das ihm bekandt ward/ da fand er den Troll im Hof stehen der bey nahe alle seine Kleider außgezogen hat- te/ und bey einem Ziehe-Brunnen/ seinen vom Pferd- Koth verunsauberten Busen abwischete. Dieser er- schrack von Hertzen/ als er den Fuhrmann also un- versehens herzu tretten sahe retiri rte sich demnach zu seinem Silber-Pferd in den Stall/ und verriegelte denselben Deß Academi schen denselben inwendig. Der Fuhrmann klopffete/ was er kunte; Aber Troll sagte: Jch waͤre wol ein Narꝛ/ wann ich den herein liesse/ der mir mein Pferd wieder abnehmen wil. Also nahm der Fuhrmann deß Trollen schwartzen Rock/ den er im Hof beym Brunnen hatte ligen lassen/ und verfuͤgete sich darmit gerades We- ges nach dem Stadt-Richter/ bey welchem er seine Sache fuͤrbrachte/ und bathe/ den Trollen herbringen zu lassen/ daß er sein Pferd ungesaͤumet wieder be- kommen moͤchte. Der Richter schickte etliche seiner Hauß-Diener ab/ und als dieselben mit ihrem Ge- woͤhr vor den Stall kamen/ da lieff Troll auf den Boden/ und fragte/ was sie haben wolten? Jene rieffen/ er solle nur herunter zu ihnen kommen/ dann sie ihm etwas zu sagen haͤtten/ welches ihn angienge. Troll antwortete: Ja/ wann ihr mir etwas zu sagen haͤttet/ das mich nicht angienge/ so wolte ich bald bey euch seyn; Aber ich kan nun leicht gedencken/ was es bedeutet. Die Diener sprachen: Jhr muͤsset zum Richter mit uns gehen. Er dargegen: Jch habe euren Richter mein Lebtage nicht gesehen/ kenne ihn auch nicht/ habe also nichts mit ihm zu schaffen/ darum ge- het nur wieder eures Weges fort. Wir wollen aber nicht/ replici rten die Stadt-Diener/ und wir duͤrffen auch nicht wiederkommen/ wann wir euch nicht mit- bringen. Troll lachete jetzund/ und sprach: Wollet ihr mich mitnehmen/ so fasset dieses Gebaͤu bey den vier Eck-Posten/ und traget es mit mir hinweg; Oder/ wann ihr das nicht wollet/ noch koͤnnet/ so stehet so lange Schild-Wache/ biß es mir gelegen kommt/ zu euch herunter zu kommen. Durch diese Reden wur- den die abgeordneten Diener ziemlich in Harnisch gejaget/ daß sie Stangen nahmen/ und sich bemuͤhe- ten/ die Thuͤre aufzurennen. Der lustige Knecht dro- ben Romans II. Buch. ben sprach jetzo: Wollet ihr Gewalt brauchen/ so muß ich mit Gewalt steuren/ vim vi repellere licet. Brach zugleich etliche Dachsteine loß/ schlug sie an Stuͤcken/ und warff selbige auf die Bestuͤrmer; Aber diese lies- sen sich solches im Geringsten nicht anfechten/ sondern arbeiteten immer fort/ biß sie endlich die Thuͤre eroͤff- neten/ da sie dann mit hellem Hauffen hinauf lieffen/ und den guten Urian mit Gewalt herunter schleppe- ten. Als demnach Troll sahe/ daß er uͤbermannet/ schi- ckete er sich in die Zeit/ rieff aber dem Gastgeber zu/ er moͤge seines eingefuͤhrten Pferdes wol wahrnehmen/ und dessen abgeworffenen Koth wol aufheben/ wel- ches dieser fuͤr einen Affront aufnahm/ und den guten Kerl mit einem Pruͤgel abgelohnet haͤtte/ wann er nicht mit deß Burgermeisters Garde waͤre versehen gewesen. Sie giengen also mit einander fort/ und als sie zum Richter kamen/ erblickte Troll den Fuhrmann mit seinem Rock daselbst/ welchen er demselben also- bald auß den Haͤnden risse/ und ihn anlegete. Der Fuhrmann wolte sich mit Gewalt nicht lang wider- setzen/ sondern ließ es geschehen/ und brachte darauf seine Klage folgender Gestalt in Gegenwart deß Trollen fuͤr: Hochweiser Herꝛ Richter/ dieser ehrliche Vogel hat mir diese naͤchst-verwichene Nacht ein Pferd entfuͤhret/ in Meynung/ damit durch zu gehen/ ich habe ihn allhier angetroffen/ bitte also/ daß man mir wieder zu meinem Pferd helffe/ und den Dieb gebuͤhrlich abstraffe/ wie er solches hat verdienet. Hiermit schwieg er still/ und der Richter sahe den Ge- fangenen an/ um zu vernehmen/ was dieser darauf antworten wuͤrde. Troll ließ sich demnach folgender Gestalt herauß: Herꝛ Richter/ was habt ihr mit mir zu schaffen/ daß ihr mir solche Menschenschlepper nachsendet/ die sich unterstehen/ mich fremden Mann O o o auß Deß Academi schen auß einer freyen Herberge zu holen? Was dieser lose Fuhrmann wieder mich angebracht/ stehet auf schwa- chen Fuͤssen: Er sagt/ ich sey ehrlich/ wie kan er mich dann eines Diebstahls beschuldigen? Er nennet mich einen Vogel/ da ich doch keine Federn habe/ und waͤre ich ein Vogel/ so haͤtte ich mich so leicht nicht greiffen lassen/ das sind ja ungereimte Dinge. Der Mann ist aberwitzig/ und nicht recht bey Verstand/ was sein Pferd anlanget/ habe ich ihm solches nicht gestohlen/ sondern ein wenig an die Seite gefuͤhret/ biß ich das Geld/ so mir der Fuhrmann gestohlen/ und dem Roß einzuschlucken gegeben/ wieder aufgesam̃let ha- be/ wie ich dann schon etliche Pfenninge darvon in sei- nem Außwurff gefunden habe. Darum lasset mich loß/ und straffet vielmehr meinen Anklaͤger/ als einen/ der mir mein Geld gestohlen/ und seinem Pferd ein- zufressen gegeben hat. Der Richter stund bestuͤrtzet/ und wuste sich in diesen seltzamen Kumpen nicht zu richten; Als aber der Fuhrmann auf seiner Rede be- stund/ die Diener auch klageten/ daß er sich ihnen mit Steinwerffen widersetzet/ da befahl der Richter/ daß man den Gefangenen nach dem Stockhauß fuͤhren/ und dem Fuhrmann das Pferd alsobald wieder zu- stellen solte. Ob nun gleich der Fuhrmann mit die- sem Außspruch wol zufrieden/ so kunte sich doch Troll keines Weges darein finden/ welcher uͤber Gewalt und Unrecht schryhe. Aber es wolte nichts helffen/ die Gerichts-Diener nahmen ihn beym Arm/ und mar- chi rten mit ihm fort. Als sie nun auf die Strasse ka- men/ da wurden sie vom Cavina und seiner Gesell- schafft auß dem Fenster erblicket/ welcher/ samt den andern/ alsobald herauß kamen/ und als ihnen Troll seine Noth geklaget/ ersuchte Cavina die Gerichts- Diener/ mit dem Gefangenen wieder nach dem Rich- ter Romans II. Buch. ter zu kehren/ welchen er eines andern zu berichten haͤtte; Diese wolten zwar nicht gern daran/ als ih- nen aber Cavina ein Stuͤck Goldes in die Hand ste- ckete/ folgeten sie ihm willig zuruͤck. Wie sie vor den Richter kamen/ sprach Cavina: Mein Herꝛ/ dieser Gefangene ist kein Dieb/ sondern das Pferd/ so er entfuͤhret/ hat etwas von seinem Geld in Leib bekom- men/ welches ihm der Fuhrmann nicht lassen wil/ darum ist er diese Nacht mit dem Roß darvon gerit- ten/ das Seinige wieder von ihm zu erhalten. Waͤre er gesinnet gewesen/ das Roß dem Eigenthumer zu entwenden/ so waͤre er darmit nicht hieher gekom̃en/ dann er wuste ja wol/ daß deß Fuhrmanns Weg auch hieher gerichtet war. Der Richter aber wolte sich hieran nicht kehren/ sondern beschwerete sich/ daß Troll mit Steinen nach den Gerichts-Dienern ge- worffen/ und ihm also seine Jurisdiction verachtet haͤtte. Worauf Cavina sprach: Wann ich/ mein Herꝛ/ die Warheit sagen soll/ so hat dieser Angeklage- te nicht Ursach/ sich eurer Jurisdiction zu unterwerf- fen/ sondern dieser Streit gehoͤret vor den Rectorem hiesiger Universit aͤt/ weil er ist ein Diener eines fuͤr- nehmen Jtaliaͤners/ der den Studiis allhier obligen wil/ und der auf dem Weg durch einen Unfall von uns ist abgetrennet worden. Als der Richter dieses hoͤrete/ der gelehrte Schweitzer auch/ samt dem Schwaͤbischen Edelmann/ deß Cavina Worte be- kraͤfftigten/ da sprach er den Troll in so weit frey/ je- doch mit dem Beding/ daß er stehenden Fusses/ zu- samt dem Fuhrmann/ nach dem Rectore Magnifico gieng/ und auf seine Anklage sich vor demselben ver- antworten moͤchte. Womit die gantze Gesellschafft/ außgenommen der Fuhrmann/ sehr wol zufrieden war/ und nachdem sie dem Richter ein Compliment O o o 2 gemacht/ Deß Academi schen gemacht/ schieden sie von ihm/ liessen sich bey dem Magnifico anmelden/ und kamen bald vor denselben. Hier repeti rte der Fuhrmann seine vorige Klage/ und nachdem Troll darauf geantwortet hatte/ verwun- derte sich der Rector, daß das angegebene Roß einige Geld-Muͤntze von sich geben koͤnte/ sandte demnach hin/ und ließ es Augenblicklich in seinen Hof bringen. Troll sprach jetzo: Mein Herꝛ Rector, verziehet nur ein wenig/ ihr sollet bald etwas Silber-glaͤntzendes von dem Pferd abgehen sehen/ welches mir zukom̃et/ dann es hat annoch die und die Muͤntz-Stuͤcke im Leib. Er bezeichnete auch diese Sorten umstaͤndlich/ daß der Magnificus wol sahe/ daß Troll nicht Unrecht hatte/ sein Geld wieder zu begehren. Das XXXVI . Capitul/ Troll findet seine lederne Hosen wieder. Exempel seltzamer Fresser/ und wunderlicher Magen. D A sie nun ein wenig neben dem Pferd gestan- den/ erblickete Troll etwas unter dem Roß- schweiff/ welches gewaltig schimmerte/ er zei- gete solches dem Herꝛn Magnifico, und sprach: Was gilt es/ da wird bald ein halber Batzen folgen? Wie aber das Silber-Stuͤck gar nicht herab fallen wolte/ tratt Troll naͤher hinzu/ und sahe/ daß es kein Geld/ sondern ein spitzer Stefft war. Dem Fuhrmann war dieses ein gewuͤnschtes Fressen/ welcher jetzo zum Rector sagte: Da siehet der Herꝛ nun/ daß das Je- nige/ was mein Pferd von sich gibt/ nicht lauter Geld ist/ und demnach/ was daher kom̃t/ nicht alles mit ein- ander dem Trollen zugehoͤret. Dieser hingegen/ als er das Gesehene etwas genauer betrachtet/ rieff uͤber- laut: O ho! gewonnen Spiel/ hier sehe ich meinen mit Silber-beschlagenen Nestel/ damit ich meine Hosen zuzunesteln pflegete/ und den mir die Wittibe deß Romans II. Buch. deß verstorbenen Kuͤsters zu Stachelfeld noch vereh- ret hat. Hiermit ergriff er den Nestel/ und wolte ihn herauß ziehen/ aber er wolte so bald nicht folgen/ dan- nenhero sprach er zum Fuhrmann: Du boͤser Bube/ hast du dem armen Thier den Nestel in Leib gezau- bert/ so schaffe auch/ daß er wieder herauß gehe/ dann wann er/ wie es schier das Ansehen hat/ inwendig an das Eingewaͤyde gewachsen ist/ so ziehe ich dem Roß Leber und Lunge/ samt allen Daͤrmen herauß/ damit ich nur meinen Nestel wieder in meine Gewalt be- komme/ welchen ich nicht um 4. Batzen missen wolte. Der Fuhrmann fluchete/ und schalt/ daß man ihn ei- nen Zauberer zu nennen sich erkuͤhnete/ aber je mehr er also thurnirte/ je begieriger Troll nach seinem sil- bernen Nestel ward/ dannenhero zog er mit aller Ge- walt/ und brachte zusamt dem Nestel ein grosses Stuͤck unbekandten Zeuges auß dem Leibe deß Ros- ses herfuͤr/ dessen Jedermann erschrack/ fuͤrnemlich der Fuhrmann/ welcher jetzo meynete/ Troll risse dem Pferd den gantzen Magen und alles auß dem Leibe herauß. Aber Troll erblickete darbey etwas Weisses/ und wie er solches à part erhaschete/ zog er sein Schnupff- Tuͤchlein herauß/ und ward also gewahr/ daß dieses grosse Werck seine lederne Hosen seyen/ welche das Pferd/ neben welchem sie gehangen/ jenes mahls in der Nacht erwischet/ und nach und nach hinunter ge- schlucket haͤtte. Sie waren sehr zerbissen/ und gantz zerloͤchert/ und daß solches seine rechte Hosen waren/ bekraͤfftigte der Augenschein/ fuͤrnemlich etliche an- noch in den Taschen vorhandene Sachen; Also sahe man nun/ wo das Geld herkommen war/ auch/ daß der Fuhrmann von Trollen mit Unrecht beschuldiget worden/ als haͤtte ihm Jener das Geld gestohlen/ und O o o 3 seinem Deß Academi schen seinem Pferd einzuschlucken gegeben. Darauf ward ein Urtheil von dem Rectore gesprochen/ daß dem Fuhrmann sein Pferd fordersamst ohne weitere Præ- tension solte eingehaͤndiget/ auch die Schelt-Worte und Uneinigkeiten alsobald unter einander vertra- gen/ und respectivè compensi ret oder gegen einander aufgehoben werden/ dann Troll hatte sein Geld schier alles mit einander wieder bekommen/ und was er in dem Pferd Koth nicht gefunden/ das fand er nun- mehro in seinen zerschlissenen ledernen Hosen. Hier- mit schieden sie allerseits voll Wunderns und wol vergnuͤget von dem Herꝛn Magnifico, und nachdem der Fuhrmann sein Pferd und Fuhriohn bekommen/ fuhr er seines Weges wieder darvon. Uber der Mahl- zeit discurri rten sie uͤber diese Seltzamkeit deß Ros- ses/ welches ein paar lederne Hosen eingeschlucket hatte/ daruͤber sich dann die gantze Gesellschafft/ als die solches nicht begreiffen kunte/ zum hoͤchsten ver- wunderte/ indem ihm ein Jeder einbildete/ das Pferd haͤtte an solchem ungewoͤhnlichen Futter und grossen Magen-Last nothwendig ersticken muͤssen; Aber der gelehrte Schweitzer ließ sich dargegen vernehmen/ daß der Magen eines Menschen oder Thiers gar ein starckes Glied deß Leibes/ der offt gantz ungewoͤhn- liche Dinge/ wo nicht verdauen/ dannoch auf etliche Tage/ ja Wochen/ beherbergen koͤnte. E S meldet/ sprach er/ Cardanus libr. 8. von der Verschieden- helt der Dinge/ cap. 40. er habe einen Menschen gekannt/ der fuͤr etliche Pfenninge grosse Stuͤcker Glaß/ eyserne Naͤgel/ und viel andere Dinge/ eingeschlucket/ und wann der Bauch wol dar- mit angefuͤllet war/ durch den Mund ein Stuͤck nach dem an- dern wieder von sich gegeben hat. Zu Ferrara hat sich ein Mann sehen lassen/ welcher Stuͤcke Leder/ irdene Toͤpffe/ und zerbrochene Glaͤser eingeschlungen/ dahero man ihn den Strauß nennete. Amatus Portugais 2. Cent. 69. Noch seltzamer scheinet es zu seyn/ Romans II. Buch. seyn/ was erinelter Cardanus l. c. erzehlet von einem Teutschen Capitain, den er im Frantzoͤfis. Lager gesehen; Dieser hat unter dem Weintrincken die Kehle nicht geruͤhret/ welches ich auch wol sagen moͤchte von dem jenigen Wasserschlucker/ welcher sich vor etwa 8. Jahren sehen ließ/ dann er nahm ein ziemlich Glaß voll Wasser/ und goß es in den Halß/ und ich habe ihn nie- mahlen darbey schlucken sehen. Wann er 20. oder 30. solcher Glaͤser mit Wasser in seinen Magen/ als in einen Kessel geschuͤt- tet/ dann brachte er dasselbe auf allerhand Weise und mit gros- ser Verwunderung wieder hervor. Er setzete-wol 20. und mehr Glaͤser auf den Tisch/ spruͤtzete das Wasser auß dem Magen durch den Mund in dieselbe/ und brachte doch zuwegen/ daß je- des Wasser einen besondern Geschmack und Geruch bekam. Er spruͤtzete rothen/ bleichen/ gelben und klaren Wein/ ja Dinte und Brandtewein auß dem Leibe/ in welchen er doch nichts als Was- ser gegossen hatte; Gantze Schuͤsseln voll gruͤnen Sallats speye- te er an statt deß eingeschluckten Wassers auß/ wie nicht weniger 20. 30. oder 40. schoͤne Naͤgetein Blumen. Als einsmahls zu Venedig ein Spanier mit einer nicht gar zu ehrlichen/ doch ansehnlichen Dam en/ um ein Nacht-Lager ac- cordi rte/ und ihm dieselbe darfuͤr 50. guͤldene Kronen abforder- te/ da gieng er von Stund an hinauß/ nachdem er ihr verspro- chen wieder zu kommen/ und derselben die begehrte Summa zu zehlen/ ehe er zu ihr nahete. Die halb-ehrliche Dame gehet im- mittelst zu einem Venetianischen Edelmann/ der von langer Zeit her/ ohnerachtet er verheurathet/ ihr Courtisan gewesen/ und er- suchete denselben um seiner Liebsten ihren Halßschmuck/ damit sie sich dem Spanier desto annehmlicher machen moͤchte. Als aber der Courtisan, oder Spanier/ dieses Schmucks an seiner Beyschlaͤfferin deß folgenden Morgens im Bette gewahr wur- de/ da loͤsete er ihr/ weil sie vest schlieff/ denselben ab/ und schlu- ckete ihn fein sauber in seinen Magen hinein/ daß man in seinen Kleidern nichts darvon finden kunte. Er ließ die gute Dame sich mit dem Edelmann uͤber diesen Zierrath wacker zancken/ gieng seines Weges/ und lachete der Venetianer Thorheit in die Faust. Es ist dieser Halß Zierrath gewesen eine Reige von 40. schoͤnen Perlen/ mit einem anhangenden guͤldenen Crucifix, welches mit 5. Edelgesteinen versetzet war/ welches alles der Spanier/ zusamt der Schnur/ woran es vest gewesen/ einge- schlucket hatte. A. Vesalius l. 5. Anatom. c. 3. Der Herꝛ von Rohan hatte einen Hof-Narren/ Namens O o o 4 Goyon, Deß Academi schen Goyon, welcher die Spitze von einem scharffen Schwerdt ein- schluckte/ und 12. Tage hernach wieder durch den Stuhlgang von sich gab/ und war diese Spitze 3. Finger lang. Ambr. Pa- ræus libr. 24. c. 16 Dieser erzehlet noch eine seltzame Geschichte/ nemlich Francois Guillemet, Wund-Artzt zu Sammires, ein Staͤdtlein vier Meilen von Montpellier, hat einsmahls einen Schaͤfer curi ret/ welchen einige umschwermende Frey-Beuter gezwungen hatten/ ein Messer eines halben Fusses lang einzu- schlucken/ mit einem Stiel von Horn/ eines Daumens dick/ wel- ches Messer der gute Schaf-Hirt gantzer 6. Monat in seinem Magen hat schleppen muͤssen. Er klagete sehr uͤber den Schmer- tzen/ so er derowegen empfande/ vergieng auch sehr/ und ward gewaltig mager. Endlich setzete sich nicht weit von seinem Ge- maͤchte eine grosse Geschwulft/ auß welcher nicht allein viel stin- ckende Materie gefallen/ sondern ermelter Chirurgus hat auch/ in Gegenwart der Officirer von der Justi tz/ auß diesem Geschwaͤr das Messer gezogen/ welches M. Jouberr, veruͤhmter Medicus zu Montpellier, als etwas sonderbares/ aufgehoben und verwah- ret hat. Vor einigen Jahren lebete allhier zu Vasel in St. Albani Vorstadt ein Mann/ Rudolff Duͤrꝛ genannt/ von ziemlichen Mitteln/ Melancholi schen Temperament s/ mager von Leib/ doch bey starcken Kraͤfften/ von etwa 56. Jahren/ dieser pflegete/ ohne einige Beschwerlichkeit/ Holtz/ Leder/ Eysen/ Stahl/ ja eins- mahls/ und zwar ein Jahr vor seinem Ende/ 50. Huf-Naͤgel einzufressen. Es war ihm eine geringe Muͤhe/ sondern vielmehr eine Lust/ wann er Messer/ Knochen/ Kieselsteine/ allerhand Un- gezieffer/ Eydexen/ Kroͤten/ Schlangen/ Spinnen/ und was ihm von dergleichen gifftigen Thieren zur Hand kam/ in den Magen jagete/ was zu kauen stunde/ zermalmete er zuvor mit seinen Zaͤhnen/ das uͤbrige gienge bey grossen Stuͤcken durch den Schlund hinunter. Hiermit hat er viel Geld verdienet/ und die Seinigen ernaͤhret. A. 1669. im Außgang deß Novembr. warder kranck/ und empfand im Leib grosse Schmertzen. Vier Wochen hernach ward ein Medicus derselben Stadt zu ihm ge- fodert/ da er viel Blut speyete/ dann er hatte nicht lange zuvor ein Messer eingeschlucket/ und dardurch den Schlund verwun- det. Endlich ist er am 3. Jan. A. 1670. in grossen Schmertzen gefforben. Und dieweiler die Medicos bey seinem Leben ersuchet/ sie moͤchten/ wann er mit Tod abgienge/ seinen Leib oͤffnen/ so ist solches von der Wittiben zu gelassen worden/ und hat D. Henrich Glaser/ Romans II. Buch. Glaser/ Anar. \& Botan. Profess p die Oeffnung gethan in Ge- genwart etlicher vornehmen Maͤnner. Da hat man in dem Ge- daͤrm annoch ein gantz unversehrtes Messer gefunden. Besser hinunter/ nahe bey dem Außwurff/ lag noch ein ander Messer/ welches eine lange scharffe Spitze hatte/ und hat D. Plater das eine/ als etwas besonders/ in seinem Cabinet verwahrlich auf- gehoben. Cur. Miscell. Germ. Ann. 3. Obs. 178. \& 179. pag. 333. Aber von dem Preußnischen Messerschlucker hat man noch mehr zu hoͤren. Dann es liget ohngefaͤhr 7. Meilen von Koͤnigs- berg das Dorff Gruͤnewald/ daselbst befand sich ein junger Knecht von 22. Jahren/ Namens Andreas Groenheyde/ unter der Jurisdiction eines Edelmanns/ benantlich Georg von Gro- then/ welcher/ als er A. 1635. am 29. Maͤy dem Gottesdienst beyzuwohnen nach der Kirchen gehen wolte/ von einem Magen- Wehe angegriffen ward/ und ein Aufwalgen der Speisen em- pfand; Damit er sich nun durch das Erbrechen darvon entle- digen moͤchte/ nahm er sein gewoͤhnliches Tisch-Messer/ und steckte dasselbe bey dem Hefft in den Halß/ weil er aber etwas unvorsichtig mit dieser Application umgieng/ so ward das Mes- ser vom Schlund ergriffen/ und in einem Augenblick in den Leib geworffen. Man bemuͤhete sich zwar gantzer 2. Tage aufs aͤus- serste/ dasselbe wieder auß dem Halß zu bekommen/ man stellete ihn auf den Kopff/ man gosse ihm Bier in den Halß/ aber dassel- be fuͤhrete das Messer vollends in den Magen/ und darauf fuͤh- lete der Patient keine sonderliche Schmertzen mehr/ so/ daß er wie- der an seine gewoͤhnliche Arbeit gieng. Solcher Gestalt gieng er etliche Wochen/ biß ihm sein Herꝛ erlaubte und riethe/ daß er am 20. folgenden Monats Junii sich nach Koͤnigsberg begab/ und mit den Medicis consuli rte/ welche am 23. dito diesen Zu- fall vor beylbahr erklaͤreten/ und sich resolvi rten/ die Cur nach den Hunds-Tagen anzufangen. Am 29. Junii gaben sie ihm einen Loͤffel-voll Baum- und Johannes-Kraut-Oel in einer warmen Suppen ein/ um die Schmertzen zu stillen/ welche biß- hero wieder zugenommen hatten/ darauf begunte er am folgen- den Tage das Messer zu fuͤhlen/ und thaͤte ihm die lincke Seiten wehe/ da er sonsten den Schmertzen in der rechten Seiten em- pfunden hatte. Also haben ihm die Medici hernach ein Magne- tisches Pflaster auf den Magen geleget/ und sind endlich am 9. Julii, nachdem sie dem Patient en einen Balsam-Tranck und eine Confortan tz auß Carbunckeln- und Rosen-Wasser einge- geben/ zum Werck selher geschritten. O o o 5 Daniel Deß Academi schen Daniel Suabius, der Koͤnigl. Pohlnische Lithotomus und Bruchschneider/ thaͤte an der lincken Seiten einen Schnitt in das Haͤutlein deß Eingewaͤyds/ Peritonæum genannt/ bey 4. Zoll lang/ und zwar an dem Ort/ wo man eine kleine Ge- schwulft gemercket/ bey welcher der Patient alle Morgen einigen Schmertzen empfunden. Hierauf gieng der Chirurgus weiter zu Werck/ und nachdem er den Magen aufgesuchet/ schnitte er mit einer Scheer ein Loch darein/ und suchte nach dem Messer. Wie er dasselbe gefunden/ da loͤset er das Haͤutlein deß Magens/ gerade uͤber der Spitze deß Messers/ mit einem Scheer-Messer gar sanffte/ fassete den toͤdtlichen Splitter mit einem subtil en Zaͤnglein/ und zohe also das Messer/ welches schon gantzer 45. Taͤge und Naͤchte im Magen gelegen/ auch seine Farbe und Gestalt nicht anders/ als waͤre es im Feuer gewesen/ geaͤndert hatte/ mit einigem Klang oder Geraͤusch herauß/ wiewol so gluͤcklich/ daß sich die Wunde bald wieder geschlossen. Der Patient ward nunmehr zu Bette gebracht/ die Wunde abge- waschen/ und mit 5. Haͤfften geschlossen/ da dann die Vorsichtig- keit deß Wund-Artztes keines Weges vergessen/ einen guten Bal- sam und andere kraͤfftig heilende Saͤffte zwischen die Haͤffte hinein zu giessen/ und ist also der ungluͤckliche Messerschlucker von seiner Wunden und gefaͤhrlichen Zufall nach wenig Tagen voͤllig wieder genesen. Von denen mit gesegnetem Leib gehenden Weibern haben wir viel Exempel eines unnatuͤrlichen Appetit s/ denen ist Kreiden/ Kohlen/ Sand/ roh Fleisch/ Glaß/ Steine/ Holz/ lebendige Thiere/ Wagenschmeer/ ꝛc. offtmablen gar ein angenehmes Lecker-Biß- lein/ und das alles ohne eintzigen Schaden. Zu Leipzig hat noch neulich eine Frau gelebet/ welche zur Zeit ihrer Weiblichen Buͤrde jedes mahl bey der Mahlzeit einen Teller-voll rohe Waͤitzen- Koͤrner aufsetzen lassen/ darvon sie zwischen den andern Spei- sen allezeit einen Mund voll zugenieffen pflegte. Zu Pariß hat vor kurtzer Zeit eine solche Frau gewohnet/ welche auß An- trieb dergleichen Schwachheit vor 400. Reichsthlr. Genuesische grosse Kanten oder Spitzen aufgekaufft/ und nach und nach verzehret/ denen bald hernach vor so viel Geld dergleichen Kan- ten folgen musten. Eine andere Frau in Sachsen kunte sich nicht anug saͤttigen mit der fetten Thon-Erden. Was diese Kranckheit/ welche Pica genennet wird/ vor ein Affect sey/ sol- ches uͤberlaͤsser man biliich denen Medicis, unter denen abson- derlich Schenkius vortrefflich hiervon geschrieben hat. Jnmit- Romans II. Buch. Jnmittelst bekomme ich biervon Anlaß zu reden/ von den ungewoͤhnlichen Speisen oder vielmehr von dem unnatuͤrlichen Einschlucken/ (dann von vielen werden nachfolgende Sachen nicht auß Appetit, oder den hungerigen Magen zu flillen/ ein- geschwelget/) verschiedener Menschen zu reden, Offtmahlen ist das Frauenzimmer von einer eitlen Einbildung dermassen eingenommen/ daß es ihm einbildet/ durch Beschwerung deß Magens mit ungewoͤhnlichen Speisen ihrer offtmahl gebrech- lichen Schoͤnheit Rath zu schaffen/ und an Statt der natuͤr- lichen Roͤthe/ (welche sie eine Bauren-Farbe nennen/) eine so genannte Fuͤrstl. Schoͤnheit/ welche in einem bleich-weissen Ant- litz bestehen soll/ zuwegen zu bringen. Zu solchem Ende fressen sie gantze Stuͤcker Kreiden/ Bley/ und andere Sachen/ in den Leib/ welche zwar eine bleiche Farbe erwecken/ aber auch meh- rentheils die Daͤuung deß Magens dergeftalt hemmen/ daß ge- meiniglich eine oder andere boͤse Kranckheit darauf folget/ wie dann vor gewiß gesaget wird/ daß auf solche Weise vor wenigen Jahren eine Dame auß dem allervornehmsten Geschlecht der Welt ihren Tod all zu fruͤhzeitig zuwegen gebracht. Eine an- dere vornehme Jungfrau/ nemlich/ eines Burgermeisters Toch- ter zu Amsterdam nahm von dem stinckenden Brenn-Turff und geschnittenen Stuͤcklein Bleys so viel zu sich/ daß sie endlich im Haupt unrichtig worden/ der Magen empfand grosse Schmer- tzen/ und der Unter-Leib senckte sich weit herunter. Doch sind hierzu nicht zu rechnen die Jenigen/ welche auß Antrieb eines unordentlichen Appetit s offtmahl etwas Ungewoͤhnliches ge- niessen; Wie dann vor wenig Jahren zu Schweinfurth ein Maͤgdlein gelebet/ weiche/ weil ihr die Kraͤtze/ darvon sie sich curiren lassen/ in den Leib hinein getrieben worden/ in ein heffti- ges Fieber verfallen/ und mit keinem Dinge besser gesaͤttiget werden kunte/ als mit Meel-weiß zerriebener Kreide. Jch wende mich nun zu dem Maͤnnlichen Geschlecht/ welches auch nicht allerdings von diesen unordentlichen Spei- sen befreyet ist. Claudius, ein Lotthringer/ frasse nicht allein von obangeruͤbrten Dingen/ sondern auch Stroh/ Heu/ faule und stinckende Sachen/ solches war Beflialisch. Ja/ er schluckte s. v. den warmen und frisch - geworffenen Kuͤh-Unflath sonder Eckel ein/ und uͤbertraff auch darinn die Bestien selber. Zu angereg- tem Schweinfurth war vor kurtzer Zeit ein Knab von etwan 6. Jahren/ eines Maͤurers Sohn/ welcher/ nachdem ihm die Mutter-Milch entzogen worden/ alsobald einen Lust zu Kreide/ Staub/ Deß Academi schen Staub/ Sand/ ꝛc. bekommen/ er kroch/ wie er noch nicht laussen kunte/ auf der Erden umber/ und suchte solche Sachen auß allen Ritzen. Als man ihn aber hierinnen einige Hinderung ge- than/ da suchte/ er die besudelte Schuh herfuͤr/ und nagte s.h. den Unflath darvon. Kein Drohen noch gute Worte kunten ihn hiervon abbringen/ sondern der Appetit nahm mit dem Alter zu/ daß er in groͤsserer Quantit aͤt den Sand/ (offtmahlen einen halben Hut voll/) Kalck/ Kohlen/ Ziegelsteine/ rohes Fleisch und Wuͤrste/ die Dachten der Liechter/ ꝛc. einschluckete/ und zwar ohne einige Beschwerung. Als man ihn einsmahls allein zu Hauß gelassen/ hat er an 3. Orten der Wand den Kalck gantz aufgezehret/ und als er daruͤber bestraffet worden/ ist er nach seines Nachbarn Mauer gegangen/ welcher solches merckend/ die Mauer mit Wermuth Safft bespruͤtzet/ dar auf der Knab/ der vor dieser Bitterkeit einen Eckel hatte/ sich nach dem naͤchsten Baͤchlein verfuͤget/ und den Magen mit feuchter sandichter Erde angefuͤllet hat. Er hat einsmahls ungeloͤschten Kalck eingeschluckt/ welcher ihm den Magen dergestalt zernaget/ daß er ohne aufhoͤren kalt Wasser sauffen muste/ da dann uͤber 50. theils todte/ theils lebendige Wuͤrmer von ihm gegangen. Die besten und angenehmsten Speisen/ als Zucker/ Honig/ Milch/ oder Fleisch/ achtete er nicht; Suppen auß lauterm Wasser/ Kaͤß und Brodt/ vor allen aber der Sand/ ist seine beste Kost. Er frisset die Liechter/ Ja gar das jenige/ damit die Liechtscheeren angefuͤllet sind. Jm uͤbrigen ist er frisch/ froͤlich/ und gesunder Farbe/ schlaͤffet wol/ und mangelt ihm nichts. D. Michael Fehr/ Medicus in Schweinfurth kan keine Ursach dieses unnatuͤrlichen Appetit s geben/ und bekennet/ daß solche Monstra von der Na- tur selber erzeuget sind. Das XXXVII . Capitul/ Cerebacchius und Condado mit seiner Gesellschafft kommen zu den andern. Sie haben scharffe Reucontres. Cere- bacchius wird Doctor Venereus rettet einen Studen- ten auß grosser Noth. D Er Edelmann sprach jetzo: Mein Herꝛ/ esset ihr neben uns vielmehr von diesen Reb-Huͤ- nern oder vom gebratenen Calecuten/ das soll uns besser bekommen/ als die seltzame Speisen/ von welchen ihr uns bißhero wunderliche/ und warlich recht Romans II. Buch. recht Eckel haffte Dinge erzehlet habt. Troll war jetzo auch ziemlich hungerig/ und waͤre gerne in die Kuͤche gegangen/ um etwas zu geniessen/ weil sich aber Cavina seiner auf dem Wege allemahl so ge- treulich angenommen hatte/ wolte er demselben bey der Tafel erst aufwarten. Dieser nun reichte ihm eine Schuͤssel mit einem grossen Stuͤck frischen Rind- Fleisch/ weil er sahe/ daß ihm fuͤr Hunger die Lippen bebeten/ die andern am Tische auch dieses Gerucht vorbeyseit geruͤcket hatten/ und nicht darvon essen wolten. Troll nahm dieses Geruͤcht an/ und wolte zur Stuben hinauß gehen/ aber in der Thuͤr begegne- te ihm ein Pech-schwartzer Mohr in einer seltzamen Kleidung/ welcher das grosse 9. Pfuͤndige Stuͤck Fleisch auß der Schuͤssel nahm/ und solches in einem Huy verzehrete. Troll machete sich sehr unnuͤtz uͤber das unverschaͤmte Stuͤcklein dieses Mohren/ aber derselbe lachete/ und gieng mit ihm zugleich in das Gemach hinein/ wo die andern an der Tafel sassen/ und als Troll dem Cavina erzehlete/ was ihm dieser seltzame Mohr fuͤr einen Possen gerissen/ da verwun- derten sich dessen die Ubrigen/ und weil sie ihn vor ei- nen Diener eines fuͤrnehmen Mannes ansahen/ wol- ten sie ihm nicht zuwider seyn/ sondern reicheten ihm den halben Calecuten hin/ der annoch uͤberblieben war. Der Mohr nahm solchen begierig zu sich/ win- ckete aber um ein Stuͤck Brodt darzu/ und als man ihm solches hingegeben/ schob er alles so behende und mit Lust in den Magen/ daß es zu verwundern war. Man reichete ihm auch eine zinnerne grosse Kanne mit Wein/ welche er in einem Zug/ sine deponere, außleerete. Warlich/ sprach Troll jetzo/ wann Cere- bacchius nicht ein weisser Europaͤer waͤre/ so wolte ich sagẽ/ dieser sey es selber/ oder zum wenigsten sein Bru- der. Deß Academi schen der. Hieruͤber fieng der gefressige Mohr so erschroͤck- lich an zu lachen/ daß sich die andern darfuͤr bey nahe entsetzeten. Endlich sprach er: Jhr lieben Freunde sollet w i ssen/ daß mich diese angenommene schwartze Farbe nicht zu einem andern Menschen machen kan; Jch bin und bleibe wol mein Lebenlang Cerebacchius, waͤre ich auch noch auf eine andere Weise angestri- chen. Auß dieser Rede erkannte ihn Cavina, und er- freute sich hertzlich/ daß er es selber war/ forschete auch alsobald/ ob er von dem Condado, Klingenfeld und Venereo keinen Bericht zu geben wuͤste? Worauf ihm Jener bedeutete/ daß sie unter Weges in der Schweitz mit einander durch wunderliche Eben- theuer zusammen kommen waͤren da sie dann endlich vor 5. Tagen allhier angelanget. Jch habe/ sprach er/ vor einer halben Stunde euch hieher gehen sehen/ welches ich dem Herꝛn Condado alsobald angedeu- tet/ und ihn gebetten/ mir zu erlauben/ daß ich euch erstlich/ ehe mir zusam̃en kaͤmen/ diesen Lust erwecken moͤchte/ und als er mir solches zugestanden/ habe ich mein Gesicht/ wie ihr sehet/ mit einer schwartzen Far- be bestrichen/ und bin also hier erschienen/ speiset aber nur fort/ und wisset/ daß unsere Herren dort in jener Herberge eurer mit Verlangen erwarten. Also hielten sie mit einander ihre Mahlzeit/ und Cerebac- chius setzte sich mit an die Tafel/ da er dann von nun an allerest rechtschaffen erwiese/ daß sein Magen auch wol capabel waͤre/ deß Trollen Lederne Hosen ein- zuschlucken. Nachdem endlich die Mahlzeit gehalten wor- den/ wusche Cerebacchius seine schwartze Farbe wie- der ab/ und als die Gesellschafft den Gastgeber con- tenti ret/ giengen sie mit einander zu Condado, wel- cher sie mit Freuden empfieng/ da sie einander ihre Eben- Romans II. Buch. Ebentheuren erzehleten/ und hatten die uͤbrige Ma- terie gnug uͤber deß Trollen Geschick zu lachen. Der Edelmann blieb auch in dieser Herberge ligen/ der Schweitzer aber legte sich wieder in sein voriges Lo- giment, das er vormahl bey einem Professor gehabt hatte/ dann er wolte den Gradum Licentiæ allhier holen. Condado gieng am folgenden Tag mit seiner gantzen Gesellschafft zu dem Rectore Magnifico, und ließ sich und die andern einschreiben/ bezahlete auch reichlich darfuͤr/ und musten sie mit einander damah- len sich rechtschaffen zerlachen uͤber deß Trollen Ho- sen/ die er in deß Rectoris Hof dem Pferd auß dem Leibe gezogen hatte. Gleichwie aber hernach Cavina seinen Studiis fleissig abwartete/ also legte sich Klin- genfeld auf das Balgen/ Cerebacchius auf Fressen und Sauffen/ Venereus aber lieff dem Frauenzimmer staͤts nach/ und wuste manche ehrliche Dame gar kuͤnstlich in sein Netz zu locken. Der mit Cavina nach Basel gekom̃ene Schwaͤ- bische Edelmann/ Marnitz vom Geschlecht/ blieb mit Fleiß etliche Tage in deß Condado Herberge ligen/ damit er das Studenten-Leben rechtschaffen betrach- ten/ und hiernaͤchst in Gesellschafft darvon etwas er- zehlen koͤnte/ worzu er dann bald Gelegenheit fand. Nemlich/ als nach gehaltener Abend-Mahlzeit et- liche trunckene Studenten durch die Strassen daher kamen/ mit den blancken Degen Feuer auß den Stei- nen scharreten/ da fiel unsere Gesellschafft alsobald in die Fenster. Jene rieffen wacker: Hop/ Hop/ Hey/ Sa/ Hundsvogt/ Sa/ Sa/ ꝛc. Klingenfeld war ein Mann/ der dergleichen mit Gedult nicht anzuhoͤren vermochte. Dannen hero fragte er: Ob Jemand von der Gesellschafft/ der mit ihm auf diese Gassen- Prahler loßgehen wolte? Es war aber keiner/ der hierzu Deß Academi schen hierzu sonderliche Lust hatte/ ohne Marnitz/ welcher meynete/ es stuͤnde seinem Adelichen Stand nicht an/ wann er sich nicht muthig erzeigen solte/ solche Stu- diermacher-Gesellen mit dem Degen zu Chor zu trei- ben. Dannenhero giengen diese Zween hinunter/ und wie sie auf die Strassen kamen/ waren die Gassen- Schreyer ihr Hauß schon vorbey/ dahero rieff Klin- genfeld mit vollem Halse: Sa/ Sa/ contra Sa/ contra Hundsv. steh Kerl/ steh/ daß dich der Teuf ‒ ‒ hol/ schlug zugleich auch mit dem Degen wacker in die Steine/ daß die Funcken darvon stoben. Jene kehreten bald um/ und also kamen sie einander in die Haare/ als aber Klingenfeld meynete/ Marnitz wuͤr- de ihm getreulich assisti ren/ da muste er sehen/ daß die- ser sich am ersten unsichtbar machte/ doch ließ er sich solches nicht anfechten/ sondern zog die gantze Prahl- Compagnie vor sein Logiment, und schlug sich da- selbst dergestalt mit 5. Studenten herum/ daß es eine Lust zu sehen war. Alle Leute kamen in die Fenster/ und steckten die Leuchten an/ daß es ein grosses We- sen ward. Condado und seine Leute sahen mit Lust zu/ aber Marnitz hatte sich verstecket/ dann er war der blossen Degen auf seinem Adelichen Hof nicht son- ders gewohnet/ und haͤtte geschworen/ die Studen- ten haͤtten nicht solche Courage, als er hernach mit seinen Augen gesehen. Endlich kam die Stadt- Wacht darzu/ und trennete sie von einander/ da sie sich dann bald verlieffen/ und Klingenfeld wuste seine Hauß-Thuͤr auch bald wieder zu finden. Am folgen- den Morgen kamen zween wolgekleidete Studenten in diese Herberge/ und begehrten zu wissen/ wer sich gestern mit ihnen herumgeschlagen/ und ihnen in ih- rem Gassaten-gehen Contra geschrien haͤtte? Klin- genfeld hielte nicht lang hinter dem Pusch/ sondern sprach: Romans II. Buch. sprach: Weil die Studenten gestern Nachts mein Logiment vorbey geschtien/ habe ich gethan/ was Studenten-Manier mit sich bringet/ nemlich/ ich ha- be es allein mit ihnen aufgenommen/ wollen sie etwas weiter/ so koͤñen sie sprechen/ ich wil ihnen Satisfaction geben. Hierauf forderten sie ihn im Namen der 5. Studenten/ daß er auf den Nachmittag vor dem Huͤnninger-Thor erscheinen/ und sich als ein recht- schaffener Kerl mit einem Jeden von ihnen herum schlagen moͤchte/ er koͤnte ihm 2. Second en nach seinem Belieben erkiesen. Klingenfeld nahm solches willig an/ und nachdem er diesen Außforderern ein Glaß Wein gebracht/ fertigte er sie wieder ab/ und ließ ih- ren Principal en sagen/ daß sie seiner am bestimmten Ort nicht lange solten zu warten haben/ wormit Jene darvon giengen. Klingenfeld aber bewog den Mar- nitz dahin/ daß er ihn secondi ren moͤchte/ bedeutete ihm aber darneben/ daß er sich gar keiner Gefahr zu besorgen haͤtte/ weil die Second en mit dem Schlagen nichts wuͤrden zu thun haben. Cavina war der andere Seconde, der sich gar willig darzu erklaͤrete/ Condado selber hatte Lust mit hinauß zu gehen/ und zu zusehen. Als demnach die bestimmte Stunde heran ruͤckete/ giengen sie mit einander nach dem bestimmten Platz/ da sich die andern 4. bald hernach auch præsenti rten/ dann der Fuͤnffte hatte inzwischen die Schlag- Colica bekommen/ daß er deß Bettes huͤten muste/ ausser Zweiffel/ weil er sich seiner Haut fuͤrchtete. Klingen- feld band mit dem Ersten an/ der sich in 3. Gaͤngen wol hielt/ und darauf kam er mit dem Andern in Handgemeng/ welcher im andern Gang eine kleine Wunde an der Huͤffte bekam/ welche dem Gefecht ein Ende machte/ also legte er nun mit dem dritten Gegenparth ein/ welcher aber so weit zuruͤck blieb/ daß P p p die Deß Academi schen die Degen-Spitzen einander kaum beruͤhren kunten/ und je mehr Klingenfeld auf ihn eindrung/ je mehr er zuruck wiche/ biß endlich nach gleichsam 3. gehaltenen Gaͤngen (jenseits vielmehr Spruͤngen/) dieser Han- del auch verglichen ward. Als der Vierdte hierauf daran solte/ tratt dessen Second herbey/ und bathe/ Klingenfeld moͤchte sich ohne Schlagen nur mit sei- nem Principal vertragen/ weil er durch viele Gaͤnge schon ziemlich abgemattet/ und also der Ruhe benoͤ- thiget waͤre. Klingenfeld aber wolte nicht daran/ biß ihm der andere ins Ohr sagte/ Jener haͤtte ein Furcht- Fieber bekommen/ daß er zitterte/ wie ein Aspen-Laub/ wordurch sich dann Klingenfeld zum Vertrag mit ihm bereden ließ. Und darauf tratten sie zusammen/ und die vier Balger noͤthigten den Klingenfeld und seine Compagnie zu einer Collation; Sie folgeten zu diesem mahl auch/ ausser Condado, und wurden im guͤldenen Kopff wol von ihnen tracti ret/ worbey sich fuͤrnemlich Cerebacchius wol zu gebrauchen wuste. Bey diesem Gelach sahe der Schwaͤbische Edel- mann Marniz/ wie es auf Studenten-Schmaͤussen hergienge/ dann da kam alsobald ein Willkomm von einer vollen Maaß Wein/ den ein Jeder/ der ihn be- zwingen kunte/ außsauffen muste. Hernach folgeten lauter Gesundheiten/ an Essen und Taback fehlete es auch nicht. Als der Wein die Gemuͤther ein wenig er- hitzet/ wurden sie so vertraulich/ daß sie alle mit einan- der unter sich Bruͤderschafft machten. Cerebacchius nahm seine Portion an Wein zu sich/ als aber der Ta- back kam/ wolte er seinen Landsmann/ den er bißhero in Jtalien nicht viel gesehen/ auch nicht verschmaͤhen/ setzete demnach an/ und dampffete die gantze Nacht/ biß er sich zum Licentiat en gerauchet hatte/ dann man hielte Romans II. Buch. hielte es auf den Studenten-Gelachen also/ daß der Jenige/ so in einem Gelach 50. Pfeiffen außrauchen kunte/ Magister, der 80. ein Licentiat, und welcher 100. außdampffen kunte/ ein Doctor, aber alles von der Ta- backs-Wissenschafft zu verstehen/ genennet ward. Endlich kamen die Karten herfuͤr/ darinn man/ um die Zeit vollends zu passi ren/ ein wenig spielete/ aber es waͤre bald daruͤber zu neuen Haͤndeln kommen/ da- hero wurden sie abgeschafft/ und nachdem der groͤste Theil der Nacht verflossen/ gieng ein Jeder wieder seines Weges. Marniz erwoge am folgenden Tag alles das Jenige/ was bey diesem Studenten- Schmauß fuͤrgefallen/ da er dann seine besondere Speculationes uͤber hatte. Als sie in der Nacht her- nach/ nach gehaltener Mahlzeit/ eben am Fenster stunden/ hoͤreten sie eine anmuthige Music, und als man im Hauß forschete/ was solches bedeute/ beka- men sie Bericht/ daß dorten eine galante Jungfrau wohnete/ um deren Gunst sich mancher ehrlicher Student bewuͤrbe/ dahero sie schier allen Abend mit einer angenehmen Music heimgesuchet wuͤrde. Ve- nereus war bald auf seinen Beinen/ er stellete sich mit ein/ und gleich wie er eine gute Stimme hatte/ also sunge er auch wacker darunter/ und war zu allem Gluͤck keiner/ der ihm etwas sagen durffte/ dann sie meydeten die Feindschafft Klingenfelds/ in dessen Compagnie sie ihn gesehen hatten. Als die Music voll- endet/ und die andern fortgangen waren/ wuste er es dahin zu bringen/ daß er ins Hauß zu der Jungfrau kam/ und die gantze Nacht seine Freude mit ihr hatte. Fruͤh Morgens kam er wieder nach Hauß/ und erzeh- lete/ was er fuͤr eine schoͤne Nacht gehabt/ dessen sich dañ Marniz abermahl verwunderte/ als der je laͤnger je mehr hinter die Studenten-Streiche kam. Um den P p p 2 Mit- Deß Academi schen Mittag/ nach gehaltener Mahlzeit/ giengen sie mit einander vor die Stadt ein wenig spatzieren/ da ihnen ein Student im Feld begegnete/ welcher sehr Melan- choli sch war/ und ihre Gesellschafft meyden wolte/ aber sie giengen ihm starck in die Eysen/ biß sie ihn eingeholet/ da ihn Condado fragete/ was die Ursach seiner grossen Traurigkeit sey? Er sprach: Jhr lie- ben Herren/ ich bin so betruͤbet/ daß ich mich nicht zu lassen weiß/ ich wil euch alles bekennen/ schaffet mir nur Rath und Trost/ daß ich nicht verzweiffele. Sie sagten ihm zu/ so viel in ihrem Vermoͤgen war/ und also wandelten sie mit einander fort/ da dann der Student Nachfolgendes erzehlete: Mein Vatter- land ist ein Dorff bey Zuͤrich/ allwo mein Vatter die Stelle eines Evangelischen Seelen-Hirten bey der Reformi rten Gemeine verwaltet. Vor 2. Jahren bin ich hieher kommen/ um der Theologie obzuligen/ aber ich fand bald eine schoͤne Dame, welche meinen Augen so wol gefiel/ daß ich mich nicht enthalten kunte/ ihr meine Liebe zu entdecken. Sie sperrete sich lange Zeit/ und wendete endlich ein/ daß sie keinen Geistlichen lieben koͤnte; Dannenhero verließ ich/ ihr desto besser zu gefallen/ das Geistliche Studium, und ward ein Ju- rist, da sie mich dann hinwieder liebete/ biß wir so ver- traͤulich mit einander worden/ daß sie ein Kind von mir erborget. Gestern hat sie mir solches andeuten lassen/ nebst dem/ daß ich sie nun heurathen wuͤrde. Aber/ meine Herren/ das ist es nicht allein/ was mich bekuͤmmert/ sie hat sich allwege fuͤr eines reichen Amt- manns Tochter auß der Marggrafschafft Baaden außgegeben/ und nun wird es offenbahr/ daß ihr Vat- ter Diebstahls halben bey Freyburg im Breißgau gehencket worden/ daß sie auch nicht einen Pfenning eigener Mittel besitze/ sondern alles durch Courtoisi- ren Romans II. Buch. ren verdienet habe; Solchem nach koͤnte ich leicht von ihr abkommen/ wann ich ihr die Ehe nicht schrifft- lich zugesaget/ und alsdann auch beweisen koͤnte/ daß sie mit andern Maͤnnern/ ohne mich/ zugehalten haͤt- te. Nun weiß ich nicht/ was ich anfangen soll? Nach Hauß darff ich nicht kommen/ dann/ als ich vor einem halben Jahr heim kam/ da gab ich fuͤr/ ich sey annoch ein Theologus, entwandte aber darneben meinem Vatter ein gutes Stuͤck Geldes uͤber das/ was er sel- ber mir gegeben hatte. Was ist nun fuͤr Rath? Es muste ein Jeder bekennen/ daß seine Sache verzweif- felt boͤse sey. Dannenhero wuste ihm auch keiner eini- gen Rath zu schaffen. Venereus aber sprach zu ihm: Mein Freund/ ausser Zweiffel koͤnnet ihr mit der Hochzeit ja wol noch so lange hin halten/ biß die sechs Wochen voruͤber sind/ und alsdann verlasset euch nur auf mich/ ich wil euch schon frey schaffen von der Heurath/ aber von der Erhaltung deß Kindes nicht. Der Melancholi sche Student sprang fuͤr Freuden jetzo auf/ und danckete unserm Venereo fuͤr seinen Trost/ welcher ihm bedeutete/ er muͤsse die Dame fort- hin/ wie vorher/ caressi ren/ und sich nichts Widriges gegen sie mercken lassen/ so solle der Sachen schon Rath geschaffet werden. Damit wandelte der nun wieder erfroͤlichte Student seines Weges/ gieng nach einem Meyerhof/ und soff ihm einen wackern Rausch. Unsere Compagnie aber verfuͤgete sich gegen den Abend wieder nach der Stadt Basel/ und gleich wie Cavina seinen Studiis fleissig oblage/ also funden die uͤbrigen/ fuͤrnemlich Cerebacchius, Venereus, Klingen- feld und Troll/ ein Jeder gnug zu thun in dem/ darzu sie inclini rten. Nachdem sie etliche Tage allhier gele- gen hatten/ fiel eine Disputation fuͤr/ in welche sie gien- P p p 3 gen/ Deß Academi schen gen/ und den Marniz mit sich nahmen. Bald hernach geschahe auch ein Actus Graduationis, da man etliche Doctores machte/ uͤber welche Ceremoni en sich Mar- niz/ als welcher dergleichen nimmer gesehen hatte/ gar sehr verwunderte. Jnzwischen kam der vorige Student zu Venereo, und klagete ihm/ daß ihm der Rector Magnificus den Arrest haͤtte andeuten lassen/ biß er mit der Kind-Betterin verehelichet worden/ da doch das Kind schon vor 8. Stunden verstorben. Ha/ ha/ ist das Kind todt/ sprach Venereus, so hat es nichts mehr zu bedeuten/ seyd ihr gutes Muths/ haltet den Arrest wol/ ich wil euch schon auß dieser Noth erledi- gen. Hiermit wanderte der arme Schlucker wieder fort/ nachdem er sich einiger Massen hatte troͤsten las- sen. Es kam aber etliche Tage hernach Cerebacchius, und ließ sich gegen Condado vernehmen/ welcher Ge- stalt er sich bey den Herren Professoribus schon ange- geben haͤtte/ um in Doctorem zu promovi ren. Conda- do lachete/ und sprach: Das soll mir lieb seyn/ ich ver- ehre euch 20. Rthlr. darzu/ wann der Actus wol ab- lauffet. Cerebacchius reichete ihm die Hand/ und nahm diese Offerte mit Danck an/ begehrete auch das Geld nicht ehe/ als biß der Actus wuͤrcklich vor sich gegangen waͤre. Es war Schade/ daß der Schwaͤbi- sche Edelmann schon abgeraͤyset war/ sonsten haͤtte er noch eine sonderliche Promotion mit ansehen koͤnnen. Nemlich/ am folgenden Tag fuͤhrete Cerebacchius die Gesellschafft in das Wirthshauß zu den 3. Koͤni- gen/ und als sie in einen grossen Saalkom̃en/ funden sie daselbst 12. Studenten nach ihrer Ordnung sitzen/ welche in der Mitten einen Tisch hatten/ der mit 12. Glaͤsern besetzet war/ darvon eines immer groͤsser war/ als das andere/ solche wurden die 12. Apostel genannt/ und die grossen Weinkannen stunden dar- bey. Romans II. Buch. bey. Cerebacchius tratt voran/ zu dem/ der sich den Rectorem Magnificum nennen ließ/ und foderte mit einem hoͤflichen Compliment den Academi schen Gra- dum ihres Mittels. Der Rector Magnificus, so ein ansehnlicher Student/ (die uͤbrigen auch seines Glei- chen waren theils Professores, theils Doctores, oder Licentiati, nach ihrer besondern Weise/) empfieng ihn mit sonderbaren Ceremoni en/ brachte ihm/ an statt deß Examinis, ein grosses Glaß Wein/ solches außzuleeren/ und als solches Cerebacchius sine depo- nere in einem Zuge verrichtet/ ward ihm das grosse Licentiat en-Glaß voll Weins uͤberreichet/ welches er auch ohne sonderliche Muͤhe außleerete. Hierauf be- gehrete er das Doctor- Glaß/ und als er dasselbe/ ob es gleich sehr groß war/ bald außgelceret/ gratuli rten ihm die Herren Assessores, samt dem Rectore Magni- fico, und erklaͤreten ihn fuͤr einen Doctorem in ihrem Collegio, versprachen ihm auch/ so bald eine Professor- Stelle vacant wuͤrde/ ihm solche zu conferi ren/ weil er durchs Sauffen sich darzu gnugsam legitimi ret haͤt- te. Es ward noch wacker herum getruncken/ endlich aber/ als ein Jeder seinen Theil hatte/ schieden sie von einander/ und Cerebacchius inviti rte dieses ruͤhmliche Collegium am folgenden Tag zu einem Schmauß/ wo ihm Condado die versprochene 20. Rthlr. erlege- te/ und selber uͤber diese seltzame Collationem Hono- ris lachen muste/ zumahl/ da er vernahm/ daß nicht lang vorher der Rector Magnificus dieses edlen Col- legii von der Academie relegi ret war worden. Am folgenden Tag stelleten sich die Herren mit einander ein/ und machten sich bey ihrem Schmauß rechtschaffen lustig/ Condado aber und Cavina er- schienen nicht darbey. Jnzwischen verlieff die Zeit der vorbeschriebenen 6. Wochen/ und damahl suchte P p p 4 Vene- Deß Academi schen Venereus Gelegenheit zu der Dam en zu kommen/ wel- che/ ob sie sich gleich ihres verstorbenen Kindes hal- ben sehr Trost-loß anzustellen wuste/ dannoch durch die liebliche Reden dieses neuen Courtisan en derge- stalt einnehmen ließ/ daß sie ihm alles das Jenige vergoͤnnete/ was er verlangete/ zumahl/ da er ihr von guͤldenen Bergen viel vorsagete/ und sie zu ehelichen versprach. Zu dem Ende verehrete er ihr einen Ring/ und bekam von ihr den Jenigen/ den ihr vormahlen der Reformi rte Studiosus auf die Treu gegeben hatte. Mit demselben wanderte er wieder fort/ verspre- chend/ bald wieder zu kommen/ und das Hauptwerck vollends in Richtigkeit zu bringen. Er gieng aber mit dem Ring zu dem Studenten/ gab ihm solchen wie- der/ und erzehlete ihm/ daß er nun loß sey von seiner gewesenen Liebsten/ er muͤsse aber zu ihr gehen/ und sich anstellen/ als wann er bey seinem ehelichen Vor- haben annoch bestaͤndig verharren wolte. Solches thaͤte er/ und weil die naͤrrische Dame an dem Vene- reo einen Narren gefressen/ kuͤndigte sie ihm alle Liebe und Schuldigkeit auf/ sandte auch nach dem Recto- re, und ließ ihn ersuchen/ den Studenten seines Ar- rest s zu erlassen/ welches dieser hertzlich gern an- nahm/ und gleich hernach darvon zog. Venereus wuste inzwischen seine Person so wol zu spielen/ daß er die Dame gaͤntzlich zu seinem Willen hatte/ und das Beylager/ oder die Priesterliche Copulation, biß auf etliche Wochen aufschobe/ weil er wuste/ daß er mit Condado und der uͤbrigen Gesellschafft alsdann wuͤr- de weggezogen seyn. Das XXXVIII. Capitul/ Durch List und falsche Berheissungen wird manch redliches Gemuͤth betrogen/ mit etlichen Exempeln erwiesen. A Ls er wieder zu seiner Gesellschafft kam/ erzehlete er/ wie er den Studenten von seiner Noth und Arrest Romans II. Buch. Arrest erlediget/ dessen Condado, als ein hoher Printz/ zwar lachete/ aber Cavina schuͤttelte den Kopff/ und sagte: Je laͤnger dieser Mensch in unserer Ge- sellschafft lebet/ je mehr machen wir uns seiner Suͤn- den theilhafftig. Wie manch ehrlich und unehrlich Mensch hat er hintergangen? Und dannoch/ wann er seinen Zweck erreichet/ hat er sie sitzen lassen/ das mag wol heissen/ was Salomon in seinen Spruͤch-Woͤr- tern am 16. Cap. v. 25. sagt: Wann der Feind seine Stimme holdseelig macht/ so glaube ihm nicht/ dann es sind sieben Greuel in seinem Hertzen. Jch habe mich in der Welt/ und in den Historien/ ziemlich um- gesehen/ und befunden/ daß jetzo gar wenig Leute eines recht ehrlichen und aufrichtigen Gemuͤths sind. Jn allen Staͤnden und Sachen ereignet sich Betrug und List/ dannenhero schwerlich ein Mensch sich also in Acht nehmen kan/ daß er nicht ein- oder ander mahl hintergangen werde. Nichts braͤuchlichers ist/ als daß man die aͤrgste Feindschafft unter dem Schein guter Freundschafft verbirget/ und mit den suͤssesten Wor- ten den Jenigen/ dem man schaden wil/ ins Verder- ben leitet. Die grossen Versprechungen/ Versiche- rungen/ und gewoͤhnlichen Sincerationes sind ein Fut- ter fuͤr die Jenigen/ so man begehret mit Wind zu speisen/ und so lange aufzuhalten/ biß man inzwischen seinen Nutzen gesuchet/ und erhalten hat. Es ist schroͤcklich/ daß offt das Jenige/ was mit grossen Be- theurungen/ mit Eyd/ mit Verpfaͤndung deß ehrlichen Namens/ ja der Seelen und Seeligkeit versprochen worden/ nicht gehalten wird/ sonderlich/ wo Eigen- nutz/ oder vorhergegangene Beleydigung/ im Weg liget/ wie solches viel Leichtglaubige mit ihrem hoͤch- sten Schaden erfahren haben. Jch wil hiervon et- liche sonderbare Exempel erzehlen: P p p 5 Nach Deß Academi schen N Ach dem Tode Galeacii, Hertzogs zu Maͤyland/ hatte des- sen Wittib/ Bonna, einen Secretarium, Gico genannt/ der bey ihr in grossen Gnaden stunde/ daß sie sich in allen Dingen nach seinen Rathschlaͤgen richtete/ und auf dessen Anstifften alle ihres verstorbenen Herꝛn Bruͤder und Vettern vertriebe. Men- schen-Gunst/ fuͤrnemlich bey Weibes-Personen/ bekom̃t Fluͤgel in einer Nacht/ und verlaͤsset deß Morgens den Jenigen/ den sie deß Abends umarmet hat. Also gieng es auch diesem Geheim- schreiber. Dann die vertriebenen Herren wurden bey der Her- tzogin wieder außgesoͤhnet/ und kamen nach Hof. Weil nun Gi- co leicht erachten kunte/ daß er schier kuͤnfftig schlechte Patron en an ihnen finden wuͤrde/ hat er es bey der Hertzogin so weit ge- bracht/ daß sie ihm mit einem Eyd verheissen muͤssen/ ihm wegen verlauffener Haͤndel kein Leyd zuzufuͤgen. Aber/ O du Thor/ warum trauest du einer Frauen? Was thut diese Leichtsinnige? Der dritte Tag war noch nicht verflossen/ als sie diesen zuvor so boch betrauten Gebeimschreiber greiffen/ in ein Faß schlagen/ und heimlich auß der Stadt Maͤyland in das Schloß Pufey fuͤhren ließ/ woselbst er im Kercker elendiglich umkommen/ und verderben muͤssen. Da er dann/ aber zu spaͤt/ gelernet/ wie weit der Welt zu trauen/ und daß gemeiniglich der Jenige/ der an- dern eine Grube graͤbet/ selbst hinein zu fallen pfleget. Phil. Co- minæus de Bello Neapol. libr. I. p. m. 529. Ums Jahr 1580. hatten die Cosaken einen Obristen/ Po- tocova genannt/ welcher nicht allein von solcher Staͤrcke war/ daß er ein neu-geschmiedet Huf-Eysen/ als ein Hoͤltzlein/ ohne Muͤhe mit seinen Haͤnden zerbrechen kunte/ sondern er war auch ein tapfferer Kriegs-Held/ welcher denen Tuͤrckischen Blut- Hunden nicht/ wenig Schaden zufuͤgete. Weil nun dieses dem Friedens-Vergleich schiene zuwider seyn/ schickete Sultan Mu- rath einen Tzschausch zu dem Koͤnig Stephano Bathori, mit dem Begehren/ daß er den Potocovam in deß Abgesandten Ge- genwart solte enthaupten lassen. Nun hatte dieser etliche Freund/ welche dem Koͤnig zu Gefallen dem Potocova schrieben/ daß er sich aufs schleunigste nach Warschau begeben solte/ weil man sich in wichtigen Sachen mit ihm zu berathschlagen/ ver- sicherten ihn auch im Namen deß Koͤnigs/ daß ihm nichts Wi- driges begegnen solte. Als er sich aber einstellete/ ließ ihm der Koͤnig/ ob wol die meisten derer Raths-Herren darwider/ deß gegehenen sichern Geleits ungeachtet/ den Kopff vor die Fuͤsse legen. Joh. Petr. Langius, Floril. Historico- Turc. Syntagm, VIII. cap. I. p. 488. Jn Romans II. Buch. Jn dieser Kunst/ anders zu reden/ als man dencket/ (wann es anders eine Kunst zu nennen/) und dardurch einen ins Netz zu fuͤhren/ soll Jacobus der I. Koͤnig von Groß-Brittannien/ ein Meister gewesen seyn/ dahero er sich auch Kingerost, das ist| Kunst und Wissenschafft der Koͤnige/ zu nennen pflegen. Er hat dessen einsten ein sonderbar Exempel abgegeben/ indem er/ un- angesehen er schon bey sich beschlossen/ seinen gewesenen Guͤnst- ling/ den Grafen von Sommerset/ gefaͤnglich einzuziehen/ so bald er nur von Kingston/ woselbst sich der Koͤnig dazumahl aufhielte/ zu Londen wuͤrde angelanget seyn/ je dannoch/ als dieser vom Koͤnig Abschied/ mit Kuͤssung desselben Haͤnde/ nahm/ ihm um den Halß gefallen/ gehertzet/ zu vielen mahlen gekuͤsset/ und gesaget: Wie bald kan ich mir die Hoffnung ma- chen/ euch/ O Lieber/ wieder zu sehen. Bey meiner Treu/ ich werde weder essen noch schlaffen koͤnnen/ biß ich euch wieder sehe. Sind dieses nicht freundliche Worte von einem Koͤnig? Der gute Graf von Sommerset verhieß/ er wolte kuͤnfftigen Mon- tag/ (als diß zwischen ihnen vorgieng/ war am Freytag/) sich wieder bey ihm einfinden/ woruͤber der Koͤnig sich stellete/ grosse Freude empfunden zu haben/ mit Bitte/ er moͤchte doch seinem Versprechen nachkommen/ und sich alsdann einstellen; Umhal- sete und fuͤssete ihn von neuem/ und auf diese Weise begleitet er ihn biß an den Fuß der Stiegen/ wartend daselbst/ biß der Graf sich hatte in die Gutsche gesetzet/ da gab er ihm das letzte Fahre wol! Bald hernach soll sich der Koͤnig zu etlichen seiner Hof- Leute gewandt haben/ sagende/ daß diß das letzte mahl sey/ daß der Graf von Sommerset sein Antlitz sehen wuͤrde. War dieses nicht eine schroͤckliche Falschheit/ und schaͤndliche Heucheley? Bessel. Schmiede deß Gluͤcks/ IV. Cap. Jn Moscau trug sich auch deß Jahres 1633. ein sonderlich Exempel zu: Es wurde der General Schein beschuldiget/ als ob er in dem Krieg wider die Pohlen eine Verraͤtherey vorge- habt/ weil man aber erst Bedencken trug/ mit der Schaͤrffe wi- der den Beklagten zu verfahren/ und es sich daher zu einem all- gemeinen Aufstand ansehen ließ/ wurde verschafft/ daß durch Enthauptung deß Scheins dem Volck ein Gnuͤgen geschahe. Damit aber dieser/ ohne Nachtheil anderer/ auf die er sonst haͤtte bekennen moͤgen/ sich desto williger darzu bequemete/ machte man ihn weiß/ daß er nur zum Schein solte außgefuͤh- ret/ aber nicht gerichtet werden/ nur daß das Volck deß Groß- Fuͤrsten Wollen sehe/ und wann er sich legen wurde/ solte als- bald Deß Academi schen bald Fuͤrbitte kommen/ darauf solte Gnade erfolgen/ und der gemeine Poͤbel zufrieden gestellet werden. Als nun Schein also getroͤstet/ in guter Hoffnung herauß gieng/ und sich auf den Bauch zur Erden legete/ ist dem Scharffrichter gewincket wor- den/ geschwinde zu zuhauen/ welches er auch that/ und den Kopff mit etlichen Hieben herunter risse. Hierauf ist noch sel- bigen Tag deß Scheins Sohn mit der Knut-Peitsche/ nach ih- rer Art/ zu todt geschlagen worden. Olear. Moscow. Raͤyse- Beschreibung III. B. Cap. 6. Bl. 202. 203. Die Cavalliers- Parole stehet bey denen Soldaten auch offtmahls auf schwachen Fuͤssen. Den 21. Octobris 1634. kam der Kaͤyserl. Obriste/ Abraham Schoͤnnickel/ (welcher| aberin der That nicht ein schoͤner/ sondern ein sehr garstiger Nickel gewesen/) mit 3. oder 4. Regimentern zu Roß und Fuß vor der Stadt Leipzig an/ und begehrete ein Nacht-Quartier/ mit sehr theurem Versprechen/ es solte Niemand kein Leyd widerfahren/ dann er waͤre ja ein Lands-Kind und Lutheraner/ (er ist aber von Chem- nitz buͤrtig gewesen/) und derowegen nicht der Stadt zum Schaden/ sondern zum Schutz und Besten ankommen. Weil dann nun der Rath und Buͤrgerschafft diesem seinem suͤssen Pfeiffen/ so er mit erschroͤcklichen und fast unerhoͤrten Eyd- schwuͤren bekraͤfftiget/ Glauben gegeben/ als sind ihm die Thore mit allem Willen geoͤffnet worden. Da er aber kaum hinein gewesen/ ist flugs das Rauben und Pluͤndern angegangen/ welches 2. Taͤge und Naͤchte gewaͤhret. Es gieng alles bund uͤber/ ist keines Hauses/ auch der Kirchen selbst nicht verschonet/ sondern alles Preiß gemacht worden. Darzu hat dieses boͤse Gesindel viel Personen biß auf den Tod gemartert und beschaͤ- diget/ auch das Frauen-Volck/ so ihm in die Haͤnde gerathen/ ohne Unterscheid geschaͤndet. Man schaͤtzete den Schaden/ der damahls geschehen/ auf 200000. Guͤlden. Das war ein Stuͤckchen von einem Landsmann und Glaubens-Genossen. Caspar Schneider/ in der Leißniger Ehren- und Gedaͤchtnuͤß- Saͤule. Als Cavina hiermit seine Erzehlung vollendet/ lachete Cerebacchius und Venereus vor andern/ aber Cavina wandte sich nach dem Fenster/ wo Condado stund/ und sang nachfolgendes Stuͤcklein von der Redlichkeit: Redlich- Romans II. Buch. Redlichkeit ist mein Kleid. 1. W Je ruhig lebt ein Mensch/ der Redlichkeit ergeben/ Und der die gantze Zeit aufrichtig denckt zu leben? Er sinnt nicht auf Betrug/ pflegt sich nicht zu verstellen/ Quaͤlt auch nicht seinen Sinn deß Naͤchsten Gluͤck zu faͤllen. Er lebet wolvergnuͤgt/ Mit dem/ wie GOtt es fuͤgt/ Und hofft/ was der beschert/ Das bleib ihm ungewehrt. 2. Er taͤuschet Niemand nicht/ und laͤsset Jeden gehen/ Sein Augen nur auf sich/ und nicht auf andre sehen. Er fraget nichts darnach/ ob hier und dort in Ecken Bald zwey/ bald drey/ und mehr die Koͤpff zusammen stecken. Und um die Leute sich Bekuͤmmern aͤngstiglich. Er ist staͤts wolgemuth/ Weil er nichts unrecht thut. 3. Es kraͤncket ihn nicht sehr/ ob der den Hut nicht ziehet/ Ob Jener sauer sieht/ ob dieser ihn gar fliehet. Die Freundschafft liebt er zwar/ und pflegt sie treu zu halten/ Verachtet Niemand nicht/ ehrt wol-verdiente Alten. Sein Wort ist Ja und Nein/ Ohn allen falschen Schein/ Und wer dem nicht wil glaͤub’n/ Der laß es immer bleib’n. 4. Drey gute Freunde sind/ GOtt und ein gut Gewissen/ Ein redliches Gemuͤth/ so Tugend ist beflissen/ Wer die vertrauet hat/ darff kein Ungluͤck nicht scheuen/ Es mag die Falschheit auch das aͤrgste Unkraut streuen. Und boͤse Boltzen dreh’n/ Er wird staͤts wol besteh’n/ Und seine Lust noch seh’n An ihrem Untergeh’n. 5. Diß ist nun auch mein Trost/ drauf wil ich mich verlassen/ Und allen falschen Schein von Hertzen feindlich hassen. Es Deß Academi schen Es geh’ mir/ wie es wil/ unschuldig Unrecht leyden/ Macht einen Tugend-Sinn/ auch in Betruͤbnuͤß Freuden. Wer seinem GOtt vertraut Auf ihn alleine baut/ Der bleibt/ wann alle Welt Jhm gleich nicht Farbe haͤlt. Condado preisete den Cavina, weil er ein solch redlich Gemuͤth hatte/ welcher deßwegen sich jetzo zu Cere- bacchio wandte/ und sprach: Mich wundert/ daß ihr versoffene Teutschen euch noch auf Universit aͤten begeben moͤget/ als woselbst ihr doch anders nichts thut/ als fresset und sauffet. Das waͤre manchem zu nahe geredet/ antwortete Cerebacchius, schauet allhier die Herren Studenten auf dieser Teutschen Acade- mie an/ ihr werdet warlich viel rechtschaffene Leute darunter finden. Cavina replici rte: Diese meyne ich auch nicht/ sondern die Fresser und Sauffer/ wie ihr und eures Gleichen/ dann ich glaube nicht/ daß ihr euer Lebtage offentlich opponi ret/ geschweige sel- ber disputi ret habt. Das waͤre mir leyd/ expostuli rte der Westphaͤlinger/ daß ich nicht so wol/ als ihr/ vor einen rechtschaffenen gelehrten Studiosum passi ren solte/ ich lasse euch gern in euren Wuͤrden/ weil wir wissen/ daß ihr fleissig habt studi ret/ aber damit ihr gleichwol sehet/ daß auch ich meine Studia nicht an den Nagel gehangen/ so wil ich von nun an labori ren an einer Disputation, damit ihr die Warheit dessen/ was ich behaupte/ erkennen moͤget. Cavina lachete zusamt der gantzen Gesellschafft/ und weil Condado insonder- heit Lust hatte/ eine Disputation von Cerebacchio zu sehen/ so versprach er ihm 20. Reichs-Thaler/ wann er selbe ihm uͤbergeben wuͤrde. Cerebacchius arbeitete von derselben Stunde an schier Tag und Nacht/ so gar/ daß er auch offt die Mahlzeit daruͤber versaͤume- te/ Romans II. Buch. te/ niemahlen auch in ein fremdes Sauffgelach kam/ biß er seine Disputation außgefertiget hatte/ welche er dem Condado uͤbergab/ folgenden Jnnhalts: Das XXXIX. Capitul/ Allhier wird deß Cerebacchii possierliche Disputation von dem Jure Potandi eingefuͤhret. Disputatio Inauguralis Theoretico-Practica Jus Potandi, cum omnibus Solennitatibus \& Controversiis occurrentibus secundum Jus Civile discussis, breviter adumbrans. Quam Permissu \& Autoritate Nobilissimi \& Fa- mosissimi Ordinis in Academia Divæ Potinæ, Præside Dion ysio Baccho Symposiaste Summo \& Anteces- sore præcellentissimo in Collegio Hilaritatis ad tres Reges Sympotis suis præstantissimis publicè exponer Blasius Cerebacchius Multibibus, utriusq́; Vini \& Cerevisiæ Doctor longè meritissimus, horis ante \& postmeridianis solitis \& licitis. DE JURE POTANDI. Positio 1. Q Uotidiana esse addiscenda, lucerna illa Juris Paulus in l. legavi 25. de libertat. leg. admonet, cum itaque nihil, quod sciam, familiarius, nihilque magis solenne, quam ipsius Bacchi sacra, \& verendum, ne nobis objiciatur, quod olim servio Mutius opponebat in l. necessarium 2. §. Servius 43. ff. de Orig. Jur. turpe esse Germano Jus Conviviorum, in quo quotidiè versatur, ignorare: non abs re esse duxi, si non nullas observationes tam Theoreticas, quàm Practicas in gratiam eo- rum, qui aliquando animum ad forum applicare desiderant, eventilarem, quò rudiores excitarentur \& excolerentur, erudi- tioribus verò penitiùs in eam rem inquirendi ansa propinatetur. 2. Origo hujus Dionysii festi quin sit antiquissima omni- bus constat; usum itidem promiscuum omnibus gentibus communem esse, æquè notum est, temporum tamen evolutio- ne nemo Deß Academi schen ne nemo non Germanis propter sedulam eorum, devotamque erga hoc numen religionem \& culturam, principatum obtulit; quam laudem pressis velut manibus protervè adhuc præcœteris sibi retinent \& defendunt. Ad has itaque eorum consuetudines præsens collimabit Dissertatio, quam tamen principaliter ad praxin Academicam volo accommodatam. 3. Hujus Numinis cultus in commessationibus \& pota- tionibus est strenua poculis suscepta velitatio. Jus potandi est, quod in de resultat, comprehendens ritus \& solennitates, quidq́; alterum alteri ex lege præstare conveniat, subindicans. 4. Causam primam ipsi antiquitati adscripsi: secundariæ sunt plurimæ, procedentes vel ex liberalitate ipsius Domini, cu- jus impensis potationes expediuntur, vel ex quadam honestate, aliquando etiam ex necessitate. 5. Liberalitas illa causatur vel ex sola affectione, utsi ami- cos invicem nullam ob aliam, quàm amicitiæ causam; vel ex aliis circumstantiis. Sic ipsa aëris constitutio nonnunquam oc- casionem à studiis versandi, Bacchoque indulgendi præbet, quod fit, si nebulosæ forsan incidant pluviæ, quibus corpus ad desi- diam provocatur, cui si solitudo accedat, facilè melancholia contrahi potest: Hoc itaque ne fiat, accitis amicis ad potandum aliquando devenitur. Pari ratione majore urgente solis fervore, unde corporis provenit lassitudo, Musis invigilare difficile est; assumendum igitur aliquid liquoris, quo ista flamma restingua- tur, in quo dum laboratur, è re sæpius occasio bibendi nascitur. Quæri hinc potest. An expediat diebus canicularibus studere? Matutino tempore modicam quidem impensionem extra peri- culum esse putamus, pomeridianum verò tempus noxium omni- nò, videmus enim tunc temporis canes in rabiem agi, qui tamen nullius rei cogitationi inhærent. Quo dubio procul veneranda respexit antiquitas; quæ in quibusdam Academiis \& Scholis circa id tempus pomeridianas suspendit lectiones. Tabellarii quoque benè nummati expectatus adventus regulariter aliquo Symposio salutandus venit: ibi in sanitatem patris, matris \& omnium eorum, qui aureos nummos mittere solent, bibitur, re- liqui non curantur. 6. Propter honestatem aliquando instruenda potatio, stu- diaque interrumpenda, ut si amicus nos interpellet. Maxima namque esser rusticitas \& importuna sedulitas, nolle amico perexigui temporis usuram vacare. 7. Necessitas eos potissimum stringit, qui noviter ad Acade- Romans II. Buch. Academias accesserunt, Illi namque per Schoristas (ut vocant,) adacti vinum aut cerevisiam, prout fert eorum crumena, ad satie- tatem apponere coguntur, nisi pugnos sentire malunt. Quæ consuetudo num rationabilis, \& utrumne quis salva conscien- tia Schoristarum consortio se aggregare possit, si quæratur? utrumque de jure negamus. Incurrunt enirn hæc rectè contra juris nostri principia, quæ honestatem morum jubent, alterius læsionem vetant; Fures \& prædones si homines exsecrantur, quis hosce laudabit? Quorsum alias Edictum quod metus cau- sa? Quorsum Interdictum Utrubi? Si non ad hosce per vim interrumpentes hospites spectent? Sed hodiè schoristæ cum Pennalismo prorsus sunt extirpati. 8. MATERIA EST VINUM ET CEREVISIA: quorum utrumque in multiplici est differentia, nec dubium, si de præstantia quæras, quin Vinum Cerevisiæ longè prævalear. In suo tamen genere utroque considerato, cujusnam bonitas præponderet, unius non est judicare, tot enim de eo sunt sen- tentiæ, quot capita: quod vel inde constat, dum plurimi repe- riantur, qui Aquam aut Lac Vino etiam excellentissimo præpo- nant. Meo palatui magis adblanditur Cerevisia Rostochiensis, Hamburgensis, Dantscher Dubbelt Bier/ Preussnigk/ Braun- schwiegesche Mumme/ Kniesenack/ Rommeltheiß/ Hannoversch Brayhan/ Englisch Bier/ Zerbster/ Torger/ quàm Kuckuck/ Buffel/ Rastrum/ Klatsche; longeque plutis æstimo Vinum Lacedæmonicum, vel purum Rhenanum, ut Klingenberger/ Muscateller/ Reps/ Hambacher/ Malvasier/ Peter-Simens/ Allekante/ Rießfelder/ Nothalter/ Bacheracher/ quàm omnia Francica \& Hassiaca Vina. 9. FORMA potandi dignoscitur ex ipsis bibitionum modis, qui vel sunt totales vel partiales. Totales sunt, quando totum exhauritur, idque fit vel continuè vel discontinuè. Continue, quando uno haustu totum evacuatur; idque expeditur vel flo- ricôs, vel hausticôs. Floricôs bibitur, cum os poculi labris circumcluditur, unoq́; impetu potus ad gutturem demittitur, cujus reflexio bullulas quasdam efflat, quas flores nostri dicunt. Hausticôs, cum usi- tato modo totum sine respiratione extrahitur. 10. Cujus ratione in dubium venit: si quis inchoet ali- quod poculum floricôs ordine ebibendum, \& forsan unus è me- dio hoc præstare nequeat (nam non omnibus contingit adire Corinthum,) quid sit faciendum? Nemo ad impossibile obli- Q q q gatur. Deß Academi schen gatur. c. nemo. 6. De R. I. in 6. \& sufficit ad suum modum fuisse diligentem \& gnavum l. quod Nerva, 32. ff. Deposit. 11. Sed quid si nec hausticôs ebibere quear? Illa est lata culpa, non novisse id, quod omues tenent l. latæ 223. ff De V. S. quæ dolo comparatur. l. 1. §. 1. ff. si mens fals. mod. dix. Ea propter excusationem non merebitur. Bibat itaque usque dum oculi diffluant. 12. Quid si de virium suarum tenuitate non protestetur, inchoetque floricôs ebibendum, sed complementum addere non valeat, quid Juris? ille de novo inchoare debet, non enim illud affectare debuerat, cujus erat imperitus. l. idem 8. §. 1. ff. Ad l. Aquil. 13. Quandoquidem hæc strictè observanda sunt: Numne virgo assidens aliquantulum adjuvare poterit? Aff. Quia mini- ma non curat Prætor. l. 4. ff. de in Integ. Restit. 14. At quid si strenuè bibat: Tum negamus, hoc namq́; in fraudem legis fieret, quæ circumventionem non patitur. l. contra 29. cum l. seq. ff. de L L. præsumptio tamen pro vir- gine est, cum rarò sint bibaces, L L. autem ad id, quod frequen- tius fit, feruntur l. jura. 3. cum seqq. ff. de L L. 15. Anne idem de Anu asserendum? Istud pernegamus, longos namque singultus vetulæ solent ducere, \& plus æquo absumere. Deluper plurima noxia in effœto \& rancido isto cor- pore continentur, quæ ultrò cuipiam communicationem po- culi dissuadere debent. 16. Hæc pocula velordine procedunt vel extra ordinem; ordine quando nulla transgreditur persona, sed in omnes secun- dum sessionum seriem poculum promovetur, hujusmodi est poculum, quod vocant sanitatis, quod alicujus sanitatis compre- candæ stabiliendæque causa nudo capite \& quidem stando à tota compania expeditur. De hoc quæri solet. An sit rationabile? Dicimus finem quidem esse bonum, intermedia autem non usque adeo convenientia. Nam quis nesciat, quam multi sint, qui hujusmodi valetudinariis poculis, alterius procurare valetu- dinem intendentes, suam ipsius exhalent. Illos equidem in se- ipsos injuriosos, ipsamque naturam violare constat, quæ qui- dem aliis prodesse dictitat, sed non cum suo detrimento. l. 2. §. 5. in f. ff. de Aq \& Aq. Pluv. Arc. l. 6. C. de Servit. \& Aq. \& ut loquuntur Dd. ordinata caritas à se ipso incipit, Magnus tamen hujus ubique est usus, cum primis in aulis Principum. 17. Succedit huic quæstio: An honestum sit, ut quis pa tiatur Romans II. Buch. tiatur præsens suam ab aliis bibi sanitatem? Ita obtinet usu, ut quis non reputetur politicus, qui talem sibi exhiberi patitur ho- norem. Imò multoties incivilitati ascribitur, si quis sine prote- statione inchoari permittat sanitatem proximi cognati. Ama- toriis tamen seu Veneris mancipiis specialiter indultum est, ur in suarum Animularum (licet præsentium) sanitatem hujus- modi vorivos haustus instillent, qui maximos in iis pruritus ex- citare solent, cordaque \& renes penetrare: imò tanto hoc ipso incenduntur æstu, licet poculum sit ingens valdè, cujus profun- ditatem vacca quadrima haut valeret absorbere, illi tamen sine difficultate ad unguem usque exsugere possinr. 18. Extra ordinem bibitur, cum ordinis ratio non atten- ditur, sed hucillucvè poculum destinare licet. Quod vel sim- pliciter fit, vel cum singulari sensu: simpliciter veluti si nihil præter ipsum bibendi actum introducas poculum, quemadmo- dum communiter bibi solet. Hic salebrosa satis incidit quæstio, quam multi tanquam altas radices hominum attingere nolue- runt. An is, qui adversario suo hoc pacto propinat, injuriam sibi factam remisisse videatur? Ajentibus assentimur: nam cum hujusmodi propinationes votiva quadam salutis compre- catione perficiantur, quis neget, restinctum esse animi fervorem in eum, qui nobis faustissima quæque comprecatur. Eo re- spicit §. fin. Inst. de Injur. dissimulatione injuriarum actionem aboleri, ubi notant Dd illud fieri per salutationem reciprocam, compressionem manuum, convivalem \& familiarem conver- sationem. Iidem tradunt prædictis modis injuriam ad animum semel revocatam, tacitè remissam censeri, quod tamen commu- nius, non absolutè recipitur, sed cum quadam limitatione, si id lite nondum mota fiat. Quod vos notare volo, quibus publicas popinas crebrius visitare moris est, ur sicuti vobis cum alio res sit, nolitis vel illi præbibere vel ab illo profectum suscipere, nisi ipsimet reconciliationem appetatis. Unde protestari quosdam videmus, quoties cum inimicis ipsis convivaliter conversandum sit, causæ inde nihil decedere debere, daß sie ihm auf Hofrecht eines bringen wollen. 19. Singularem præ se fert sensum POCULUM, quod vocant FRATERNITATIS, moribus introductum, quo ali- quis velut initiationis ritu verbis solennibus in fratrem coopta- tur: vulgo vocant die Bruderschafft/ oder auf Dutz trin- cken/ Formula communis adoptantis hæc esse solet: si non Domino juvenis nimis aut inæqualis viderer, optatem cum eo- Q q q 2 dem Deß Academi schen dem amicitiam \& fraternitatem pangere: Respon det alter, bibe in nomine Domini, erit id mihi per quam gratum. Bibit, tra- ditque adoptando, ubi in ipso traditionis actu hæc verba con- sueta adhibentur. Nomen est mihi N. N. faciam, quod tibi sit acceptum, omittamque, quod sit ingratum, omninoque me ita geram, ut bonum addecet fratrem. Cui alter infit? Et idem ego ero in omnibus. Ibi postmodum non multis adjectis mussi- tationibus ab invicem rogationes fiunt, ut hæc fraternitas mu- tuis visitationibus stabiliatur. Hæc, ut dixi, fraternitas consuetu- dine inducta est, quam Jus Civile prorsus ignorat, nullus siqui- dem per adoptionem illo jure fratrem sibi quærere potest. l. ne cap. 7. C. de heredit. instit. ipsam namque adoptio naturam imitatur. §. 4. Instit. de Adopt. contra naturam autem forer fratrem ex fratre nasci. 20. Circa quod generaliter indagare licet: Quid de ipsa fraternitate per poculum contracta statuendum sit? Eam pa- rum firmitatis habere prudentiores arbitrantur. Et hoc verissi- mum est, eadem siquidem facilitate, qua colligata est, resolni potest. l. nihil tam ff. de R. I. Quod multoties ita in facto eve- nit, ut qui hac hora in intimam conspirarunt fraternitatem, se- quente se invicem pugnis exercuerint. Nec hoc mirum cui- piam videatur, Effectus enim suam causam arguit, quæ qualis præcessit, talis quoque hic censetur l. 5. §. 1. de Administ. Tur. jam certum est, nihil quicquam stabile in ipsa ebrietate reperiri, sed omnia cum impetu agi. l. 11. §. 2. ff. de Pœn. unde alii ebrium currui sine ductore currentem compararunt. Ergò nec in ipsa amicitia, per ebrietatem contracta, quicquam firmi erit Vide- mus tamen, nonnunquam amicitioris conjunctionis hinc su- mi occasionem, \& stabilimentum \& temporis tandem subjici progressu. 21. Stante tamen communi sententia inquirere non abs re erit: An honestum fuerit, studiosum cum Pennali fraternita- tem bibere? Cum aves unius coloris junctim volare soleant, exque comite noscatur, qui ex se non dignoscitur? Præsumptio- ne juris, is non immeritò pro Pennali habetur, qui se Pennali aggregat. Accedit, quod Adoptio agnationis Jus indicat. l. 73. de Adopt. Agnati autem arctissimè jungantur, adeò ut de alte- rius sanguine participasse videantur; coaluisse itaque reputatur, \& ipsam veluti à traduce hausisse Pennalitatem censetur, qui cum Pennali hujusmodi fœdera pepigit, degradatione non in- dignus est, ut qui tam crudelis fuit, ut famam suam neglexerit, quæ cum vita pari passu ambular. l. 9. de Manum. Vindict. 22. Idemne Romans II. Buch. 22. Idemne de Nobili asserendum, quàsi ipsi officiat cum Studioso ignobili hujusmodi confœderationem facere? Mini- mè gentium. Quandoquidem tantum abest, ut hoc nobilitatis splendori sit dedecori, ut potius eum apprime ornet. Sic summos videmus Monarchas literatorum ambiisse amicitias, ut quorum consiliis \& eruditione instructi longè felicius Imperii guberna- cula tenere potuerint. Quid quod ipsis studiosis, eadem (si non majora) competant Privilegia, quæ nobilibus. Auth. Habita. C. Ne Fil. pro patre. Quid quod \& ipsi (præsertim juri in cum- bentes) ad nobilitatis fastigium adspirare valeant, Exemplo Ul- piani in l. 7. C. de Postul. l. 8. f. ff. de Excus. Tut. Quam no- bilitatem, utpote virtute adquisitam, multò præstantiorem esse ea, quæ ex natalibus provenit, tradunt secundum illud: Nobi- lis is verè est, quem nobilitat sua virtus. 23. Unde diffluit \& hæc consideratio: Aliquid num de- cedat honori Studiosi, si picem in fratrem adsumat? Affirman- dum prima fronte videtur ex iis rationibus, quibus contra Pen- nalem usus sum. Attamen contrarium in foro determinari vi- demus: \& ratio diversitatis dari potest, quod Pennalis infamiâ quadam, si non juris, facti tamen laborare videatur, \& in con- trario prorsus sit prædicamento cum studioso, sitque velut abor- tus, in quo naturæ deficiat perfectitudo; cum contrà pices sint in suo genere perfecti, nec ita odibiles. Huc confer, quod ratio- ne victus \& amictus studiosus isto hominum genere carere ne- queat. Quare fidissimè consulo his, qui hujusmodi hominum opera uti coguntur, ut rogati non denegent fraternitatem. Nam hoc \& in cambio \& mutuatione pecuniarum, \& fide habenda, si nummos in præsenti non habeas, plurimum prodest. Recitabo vobis exemplum, quod alicubi accidisse au dio: fuit aliquando mercaror, qui ambivit studiosi cujusdam Fraternitatem; Hie benè esse dicit, sed non solere se quemquam, qui non sit sui or- dinis, in fratrem assumere, nisi datâ aliq uâ arrhâ sive recordatio- nis Symbolo: Alter gestiens de tali oblato fratre, quid cupiat quærit, cui infit ille, placere sibi tibialia serici fili, quæ ut det, imperat. Consentit pix, postero die promissum explet, videte, num hæc praxis aureum os habeat. Remittendum igitur potius aliquid de Juris rigore, quam contra propria commoda labo- randum. 24. Quid de virgine censes: Num castitati quippiam inde decedet, si cum juvene hujusmodi fœdus pangat? Illud perquam solemne esse inter nobiles audio; imò aliquando Q q q 3 etiam Deß Academi schen etiam ad alios defluere ritum illum animadverto; Daß sie auf Schwesterschafft oder hertzliche Treue trincken. Sed cavete, eavete inquam virgines, quotquot castitatem amatis, ne præ- textu fraternitatum vos in sua retia pelliciant, fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps, \& sororculæ titulus brevi nego- tio in titulum concubinæ converti potest. Quare principiis ob- sta, serò medicina paratur. 25. Hic hausticôs bibendi modus nonnullis aliquando eir cumstantiis variatur, desumptis aut ex subjecto recipientis po- tum vel ex bibendi discrimine. Illo modo multoties ex patinis frustis carnium abdominis \& jusculi reliquiis illitis sorbentur potiones, vel ex pileis domesticis multoties peculiis plurimis obsitis hauriuntur; vel ex calceis quos non rarò impurus aliquis podicis filius ambedit, magnis singultibus protenso gutture ex- trahuntur: quid quod ex matulis cum ipsis urinæ excrementis potum sumere quibusdam placet. Suibus ædepol magis quam studiosis hic mos conveniens, \& qui hoc faciunt non potiores, sunt canibus ad vomitum redeuntibus, multisque parasangis rusticum illum antecedunt, qui regestum in via mulsum, pile o excepit, secundamque sibi \& familiæ suæ mensam domum re- diens extrui inde fecit. Nec minus probabilis est eorum pro- cacia, qui candelas injiciunt poculis, scriptum enim est, bibe, quod est liquidum. Quid de isto dicam lurcone, qui sex injectos in cantharum haleces salsos cum ipsa Cerevisia proluere \& in- tegros deglutire potuit. Ego ipsi aliquid mollioris farturæ, quod spinas non continuisset devorandum porrexissem, quod ip si con- ducibilius forsan, nec tanta in digerendo difficultas fuisset. 26. Exclamo quoties eorum mecum agito vesaniam, qui non contenti potu, ipsa vitra simul vorant; expediret potius aliquid bellatiorum à tergo vaccæ magnæ recenter excidentium ore excepisse, illudque mandisse, sic enim \& os \& viscera extra omne arrosionis periculum posita forent, unde facilè constat, posse quem hujusmodi insuetos \& violentos bibendi modos, aliô quantumvis præeunte, honestè recusare. 27. Sed quid si sub honoris nostri discrimine admonea- mur, bey Schelm Schelm/ der es nicht nachthut. Nec tum quidem nos reneri aurumo. Etenim quæ facta lædunt pietatem \& incolumitatem, \& contra bonos mores sunt, ne fieri quidem à nobis posse putandum l. 15. ff. de Condit. Instit. nec malis mo- ribus aperienda fenestra, sed potius purganda à corruptelis pro- vincia. l. 13. Pr. de Offic. Præs. Quin \& quod in proprium cor- pus Romans II. Buch. pus sævire non liceat l. fin. §. 6. ff. de Bon. Cor. qui Ant. Sent. Cum nemo sit membrorum suorum Dominus l. 12. ff ad l. Aquil. 28. Ipse bibendi actus variatur multifariam: Ego paucas allegabo circumstantias. Sic nonnullis placet ore attollere vi- trum. Alii citerius apprehendunt labrum, ut inclinato ad terram capite bibant: quidam duo conjungunt pocula \& simul ebi- bunt. Reliqui non manu adsumunt, sed brachio innectunt po- culum. Sunt qui ad frontem statuant vitrum, ur sensim per na- sum veluti Canalem in os defluat, ubi præ cæteris hi insignem mihi prærogativam habere videntur, qui benè nasuti sunt, ita ut inferius in curvaturam ad modum rostri psittaci nasus abeat. 29. Sunt alii, qui propria nomina propter gesticulationes \& ceremonias adhibitas, bibitionibus indiderunt. Cujusmodi sunt Curll/ Murll/ Puff/ cujus infinitæ sunt solennitates vel potius phantasiæ: poculū latinum, cui verba nonnulla cum qua- terna propinatione adhibentur: Item, das Roͤßlein verkauffen/ dem Unbekandten bringen. Item, sine Tuck/ sine Schmuck/ sine Bartwisch. De quo posteriori si roget quis: An sine Bart- wisch/ bibere queat, qui barbam non habet? Respondetur, id jure fieri non posse: privatio enim præsupponit habitum. Quæ subtilitas tamen in foro non attenditur. 30. Hactenus de poculis totaliter \& continuis exhaurien- dis; modo despiciamus de discontinuis haustibus, cujusmodi est poculum Gratulatorium, der Willkom̃/ cujus usus perquam familiaris est studiosis, si quando novum hospitein nunquam ante hoc in Musæo visum accessisse videant, eidem cum pro- lixa præfatione capacissimum, quod habent poculum, in argu- mentum accessus longè gratissimi afferunt. Quod num rectè quis recusare possit, multoties quæritur? Negativa communiter obtinuit: qui libet namque Monarcha est in suo Musæo, ac sic Jus ferendi legem habet. l. 1. de Constit. Pec. Et quid laborabi- mus contra consuetudinem legis vim obtinentem. l. 32. ff. de L L. Ubi tamen semel quis hujusmodi honoratus poculo, denuò tempore redeat, non est conveniendus nisi Musæum sit muta- tum, quo facto, ut pote novo acquisito territorio, novis sanctio- nibus opus est, cum hujusmodi statuta sintlocalia, nec ultra protendantur. I. fin. de Jurisdict. 31. Illud agitatum sæpius: Si cui in primo accessu pocu- lum non sit oblatum, an Dominus Musæi juri offerendi tacitè videatur renunciasse hospitemque necessitate bibendi liberasse? Certè si ipsa intentio \& scopus hujus poculi attendatur, affir- Q q q 4 man- Deß Academi schen maudum illud planè videtur: contrarium tamen usu invaluit’ vldetur enim Dominus Jus in commodius tempus sibi reservasse’ cum nec ea, quæ meræ facultatis sunt, ullo tempore præscribi possint. l. 2. de via publ. 32. Hucusque de totalibus bibitionibus? Succedunt par- tiales, cum non totum, sed pars tantum hauritur, puta quando duo vel plures de uno vitro participant. Qualis est permagna illa Humpa, quam vocant das Roͤmische Reich/ cujus potentia non est exigua in prosternendis etiam viris fortissimis. Sic in inferioris Saxoniæ locis quatuor ex uno \& quidem pleno Vino vel Cerevisia repleto Cantharo bibunt, ita ut tres priores semel tantum bibant, quartus verò solus totum, quod reliquum est, exsiccer, quæ forma potandi vulgò nominatur, Den Fuchs schlepffen. 33. Unum hic admodum singularem notate modum, cujus praxis aurea est, quam observavi in aliqua benè constituta Republica. Vidi in eadem mensa junctim per pares, non secus ac columbæ assolent, sedentes virgines \& juvenes, ubi complica- tis invicem digitis annularibus, adsumptoque inferius per utriûsque manum simul poculo, junctisque velut rostris \& hic \& illa biberunt, \& tandem osculo ceu sigillo apposito hanc so- cieratem obsignarunt. Optandum esset, ubique solennitatem hanc usu valere, jurarem multo sapidiores redditum iri potus; sed (proh dolor) imperitorum quorundam incuria in plerisque Cu- riis prorsus intercidit. 34. In hoc tractatu non omitto celebrem \& utilem arti- culum: quid faciendum, si omnes ex uno cantharo bibant, uniq́; inter bibendum sternutatio obveniat? (quod fieri videmus, dum aliquando ipse liquor solito meatu relictò per nares in cantha- rum relabitur:) Non iniquum arbitramur, ut ille solus totum, quod reliquum est, exhauriat, posteaque puero cantharum re- luendum tradat, \& sic pergatur in opere. Quam vis enim casus fortuitus nemini imputari debeat, si tamen ex præcedente culpa proveniat, præstandus venit. l. 5. §. 7. ff. commod. quod in pro- posito casu accidisse evidenter patet, aut enim moderatius de- buisset bibisse, aut maturius ore removisse. 35. Sed si ille suas fordes sorbere nolit, detrectetque humi- lime? Interest quidem Reipublicæ, pœnas suum sortiri exitum. l. sancimus. C. de Pœn. Putarem tamen ex æquitate hoc ei posse remitti, aliumque cantharum ad summum usque repletum de novo ebibendum tradi, ignoscendum enim est ei, qui sangui- nem Romans II. Buch. nem suum qualiter qualiter redemptum vult. l. i. ff. de Bon. Eor. qui ante sent. maximè cum severitas L L. cum aliquo benigni- tatis temperamento leniri debeat. l. 11. pr. ff. de Pœn. Das XL. Capitul/ Condado und seine Gesellschafft werden von den See-Raͤu- bern gefangen/ kommen wieder loß biß auf Klingenfeld/ der viel leyden muß. Ein Aga kommt seinethalben um das Leben. A Ls Condado und Cavina diese Disputation durch- lesen hatten/ musten sie gestehen/ daß zugleich Kunst und Lustigkeit darinn bestehe. Jener ver- zog auch nicht laͤnger/ sondern ließ ihm die 20. Reichs- Thaler außzahlen/ dann er gedachte nicht/ daß in dem Cerebacchio noch so viel Witz solte gewesen seyn/ ei- ne solche vernuͤnfftige Disputation, die nicht abge- schmackt herauß kam/ außzufertigen. Nachdem endlich Condado zu Basel sich eine Zeitlang aufgehalten/ raͤysete er mit seiner Suite wei- ter nach Heydelberg/ und als er etliche Monat allhier verblieben/ gieng er nach Tuͤbingen/ woselbst er uͤber ein halb Jahr blieb/ weil auch nichts sonderliches diese Zeit uͤber fuͤr gefallen/ begleiten wir ihn weiter/ sintemahl zu wissen/ daß er endlich Lust bekam/ sein Vatterland einmahl wieder zu sehen/ zu dem Ende forschete er bey seinen Leuten/ ob sie Lust haͤtten/ mit ihm nach Calabrien zu gehen? Und weil sich ein Je- der hierzu gantz begierig erzeigete/ setzte er sich auf die Post/ und gieng uͤber Augspurg nach Venedig/ welche Mutter aller Kauff-und See-Staͤdten er auch ohne einzigen Anstoß gluͤcklich erreichete. Hieselbst lag er nicht lang/ sondern weil er ein Frantzoͤsis. Schiff fand/ welches nach Messina in Sicilien lauffen wol- te/ bedunge er sich darauf/ und gieng mit gutem Wind fort. Als sie aber auß dem Adriatischen in das offen- bare Mittel-Meer lieffen/ da uͤberfiel sie ein starcker Q q q 5 Nebel/ Deß Academi schen Nebel/ in welchem sie gar nicht weit von sich sehen kunten/ und das zwar zu ihrem grossen Ungluͤck; Dann ehe sie sichs versahen/ lag ein Tuͤrckischer Rau- ber mit seiner grossen Galleevon Tripolis ihnen schon zur Seiten/ und rieff ihnen zu/ daß sie sich ergeben sol- ten. Der Frantzoͤsische Schiffer zeigete alsbald sein Patent, und erwiese dardurch/ daß er mit seinem Schiff und Guth in Franckreich gehoͤrete/ womit die Respubliq Tripolis damahl in guter Verstaͤndnuͤß lebete. Als man ihn aber fragte/ ob er einige Passa- gierer fuͤhrete/ so nicht Frantzoͤsisch/ moͤchte er solche alsobald außhaͤndigen/ oder man wuͤrde ihn auf eine sonderbare Weise darzu zu zwingen wissen. Ob nun gleich Condado dem Schiffer ein gutes Recompens zusagte/ wolte es doch nichts helffen/ sondern der Treu-lose Frantzoß gab ihn samt allen seinen Leuten an/ und also kamen 12. bewoͤhrte Tuͤrcken auf das Schiff/ und holeten sie in ihre Gallee/ daselbst wur- den sie alsobald in Fesseln geschlagen; Und ob sich gleich Condado zu einem gnugsamen Loͤsegeld erbot- te/ wolte ihm doch solches nicht helffen/ dann die Raͤu- ber wandten ein/ daß wol ehe einige Gefangene sich zu einer ansehnlichen Rancion erbotten/ die man in Ansehung derselben wol gehalten/ aber endlich sey doch nichts erfolget/ und haͤtte man nur Schaden darbey gehabt. Also musten diese arme Gefangene/ die den Treu-losen Frantzoͤsis. Schiffer jetzo in ihrem Hertzen vermaledeyeten/ in ihrem Ungluͤck sich gedul- den/ und auf eine bessere Zeit hoffen. Man hielte sie gar schlecht/ und weil die See-Raͤuber erst neulich außgelauffen waren/ hatten sie noch keine andere Ge- fangenen/ mit denen sie die Zeit und Bekuͤmmernuͤß etwan durch ein oder andern Discurs haͤtten lindern moͤgen. Als die Nacht schon angebrochen/ ward ihnen Romans II. Buch. ihnen eine grosse Kanne mit Wasser und etwas ver- schimmelten Zwybacks gebracht. Troll sprach zu dem Uberbringer/ der ein Renegade auß Jtalien war: Guter Freund/ wir sind einer guten Mahlzeit gewoh- net/ und wann wir unsere gute Tractament en nicht bald wieder bekom̃en/ so werden wir nach der Reyhe uns zu todte hungern/ als dann wollen wir sehen/ wer den groͤsten Schaden darbey wird leyden. Der Re- negad aber lachete/ und sprach: O du armer Tropff/ du hast noch keinen Hunger gefuͤhlet/ laß diesen rau- hen Gast sich erst bey dir einstellen/ was gilts/ du solt mir bald anders pfeiffen? Hiermit wandte er sich um/ und Troll sahe den Condado an/ zu welchem er sagte: Waͤren wir Ungluͤcklichen doch vor dieses mahl annoch in Basel/ daselbst hatten wir an gutem Wein und andern redlichen Tractament en so grossen Uberfluß/ als Mangel wir jetzo daran empfinden. Hiermit kehrete er sich zu Cerebacchio, nahm die hoͤl- tzerne Kanne mit Wasser/ und sprach: Wie nun/ Cerebacchi, da sauff/ wilt du sauffen/ bilde dir ein/ es sey guter Rheinischer Wein/ ich glaube/ es gehet unser Elend keinem insonderheit mehr zu Hertzen/ als dir/ weil dein Magen am meisten darbey zu leyden hat. Cerebacchius machte ihm seltzame Mine, sagte aber nichts/ sondern war sehr betruͤbt uͤber ihr Ungluͤck. Der Raͤuber lieff inzwischen fort/ und als sie etwa 4. Tage gefahren/ wurden sie eines Schiffs ge- wahr/ welches seinen Lauff gerade nach Osten richte- te. Hier gedachte er wieder eine gute Beute zu er- schnappen/ ließ demnach die Ruder tapffer einschla- gen/ und machte Seegel auf das gesehene Christen- Schiff. Er verfolgete es 2. gantzer Tage/ weil aber das Schiff uͤber auß wol beseegelt/ war es ihm ohn- moͤglich dasselbe so bald/ als er wolte/ einzuholen. Gleich- Deß Academi schen gleichwol bekam er es fruͤhe Morgens allemahl wie- der in die Augen/ und merckete/ daß es sich nicht son- ders fuͤr ihm fuͤrchtete/ noch deßwegen einen Hafen zur Seiten suchte/ sondern bestaͤndig in seinem Cours nach Orient bliebe. Endlich aber legete sich der Wind/ und also hatte der Rauber die Ruder zu seinem Vor- theil/ womit er dem Schiff denselben Abend ziemlich nahe kam. Gleichwol verhinderte es die Nacht/ daß sie nicht vollends daran gelangen kunten. Als aber am folgenden Morgen die Sonne den Horizont beleuch- tete/ sahe man das Schiff nur einen Canon- Schuß vorauß. Es fuͤhrete 3. Masten/ und bey 20. kleine Canon en/ weil aber der Rauber eine Frantzoͤs. Flagge darauf erblickete/ entfiel ihm schon der Muth/ jedoch setzete er den Both mit etlichen Leuten auß/ die dar- nach zufuhren/ und deß Schiffers Paß und Cognos- sement en beleuchten solten. So bald diese an Bort kamen/ und ihr Gewerbe anbrachten/ sprach der Ca- pitain zu ihnen/ sie solten ihres Weges wieder zuruck kehren/ und dem Gluͤck dancken/ daß man ihnen nicht ein uͤbeles Botten-Brodt zustellete/ anbey dem Rau- ber melden/ wann er selber das Hertz haͤtte/ naͤher zu kommen/ wolten sie ihm den Paß auß den Canon en entgegen senden. Als die Tuͤrcken mit diesem Bescheid nicht zu- frieden waren/ sondern viel Prahlens machten/ gab der Schiff- Capitain seinen Leuten einen Winck/ wel- che herzu sprungen/ und sie alle 4. in die See wurf- fen. Man fuͤgete ihnen weiter kein Leyd zu/ dannen- hero schwummen sie eylends nach ihrem Both/ und als sie sich da hinein geschwungen/ lencketen sie sich nach ihrem Schiffe/ und klageten daselbst ihre Noth/ daruͤber dann der Rauber Capitain fuͤr Eyfer haͤtte zerspringen moͤgen. Er wolte sich demnach rechtschaf- fen Romans II. Buch. fen an den Christen reiben/ schobe seine Gallee tapf- fer fort/ und als er dem Schiff nahe gnug kommen/ brandte er das Stuͤck Geschuͤtz/ so vornen auf der Spitzen stund/ ab/ und darauf folgete eine Salve von 100. Musqueten. Der Frantzoß bliebe ihm nichts schuldig/ sondern canoni rte sehr starck in die Gallee/ daß gantze Reigen Menschen hingeraffet wurden. Das Gefecht waͤhrete sehr lang/ und ware uͤberauß hefftig. Der Tuͤrck wolte das Schiff ersteigen/ und warff zu dem Ende etliche mahl Volck an/ aber diese kamen allemahl in der halben Anzahl wieder zuruck. Jn diesem Tumult gedachte Condado mit seiner Ge- sellschafft an ihre Befreyung/ aber ihre unterste Kam- mer/ darinn sie in einem heßlichen Gestanck sassen/ war starck verschlossen/ zu dem war das Pulver zu- naͤchst bey ihnen in einer besondern Kam̃er/ daher sie in tausend Sorgen lebeten/ und alleweil besorgen musten/ daß sie mit Schiff und allem in die Lufft ge- sandt wurden. Sie sahen wol/ daß die Pulver-Kam- mer offen bliebe/ um sich deß Krauts zur Musqueterey nach Nothdurfft bedienen zu koͤnnen/ aber ihre beson- dere Kammer war allwege starck verriegelt/ dannen- hero/ und weil man fuͤr dem staͤten Canoni ren und Schiessen nichts hoͤren kunte/ resolvi rten sie sich/ ein Brett/ so zwischen beyden Kammern war/ mit aller Gewalt außzureissen/ aber es war zu starck/ dannen- hero entfiel ihnen abermahl der Muth/ biß Troll eine eyserne Stange in einem Winckel fand/ mit welcher sie ein Brett loßbrachen/ und in die Pulver-Kammer giengen/ hieselbst funden sie schon viel Todte von den erschlagenen Tuͤrcken/ samt ihren Saͤbeln/ dannen- hero machten sie sich bewehrt/ und drungen gantz un- versehens durch die Tuͤrcken nach dem Christlichen Schiff/ schlugen auch auf dem Weg so tapffer um sich/ Deß Academi schen sich/ daß uͤber 10. Barbarn von ihnen erleget wur- den. Sie hatten das Gluͤck/ daß sie allerseits in das Frantzoͤsis. Schiff kamen/ ohne allein der arme Klin- genfeld/ welcher beym Uberspringen außglitschete/ und wieder in die Gallee fiel/ welchen die Tuͤrcken bald wieder an seinen vorigen Ort brachten/ und weil sie wol sahen/ daß sie an den Christen zuletzt noch zu schanden werden muͤsten/ wendeten sie ihre Gallee nach einem Gefecht von 10. Stunden ab/ und such- ten einen Hafen/ um sich wieder außzubessern. Der Wind war annoch bestaͤndig Osten/ ob gleich sehr schwach/ dannenhero gedachten sie nach Cypern zu lauffen/ ob sie vielleicht einen ihrer Cammeraden da- selbst/ wie sie vermutheten/ antreffen/ und hernach in dessen Gesellschafft dem Frantzosen den Paß ab- schneiden/ und ihre Revenge an ihm suchen moͤchten. Gegen Abend waren sie einander gaͤntzlich auß dem Gesichte gekommen/ und Condado war um seinen tapffern Klingenfeld gar bekuͤm̃ert/ hingegen waren die andern sehr erfreuet/ daß sie wieder in ihre vorige Freyheit kom̃en waren. Wir wollen die in dem Fran- tzoͤsis. Schiff ihres Weges lauffen lassen/ und zufo- derst bey unserm Klingenfeld bleiben/ welcher eines guten Trostes anjetzo hoͤchstens vonnoͤthen hatte/ dañ es ist nicht zu beschreiben/ wie hart ihn die Barbarn hernach hielten. Sie pruͤgelten ihn in einem Tag wol 4. mahl/ und allemahl empfang er nicht weniger/ als 200. Streiche auf die Fußsohlen/ daß er endlich gar niederfiel/ und schier in einer Ohnmacht Todes verfahren waͤre. Die Rauber lieffen inzwischen fort/ und erreiche- ten etliche Tage hernach den Cyprischen Hafen Sali- nes, an der Sud-Seiten/ welcher nach denen daselbst befindlichen herꝛlichen Saltz-Pfannen den Namen fuͤhret. Romans II. Buch. fuͤhret. Hieselbst besserten sie alsobald ihre Gallce auß/ und weil ihnen Klingenfeld unter den Haͤnden sterben wolte/ setzeten sie ihn allhier an Land/ und uͤbergaben ihn der Aufsicht deß Tuͤrckischen Aga/ welcher allhier das Commando fuͤhrete. Als sie sich nun zur Fahrt gnugsam wieder außgeruͤstet hatten/ versprachen sie innerhalb kurtzer Zeit wieder zu kom- men/ um zu sehen/ wie es mit ihrem Gefangenen stuͤnde/ welchen sie so blosser Dings noch nicht aufge- ben wolten/ in Hoffnung/ eine gute Rancion von ihm zu erhalten/ und damit liessen sie den Seegel fliegen/ warffen die Ruder in die See/ und schaͤumeten dar- mit solcher Gestalt/ daß sie in einer Stunde ihnen allen auß dem Gesichte kamen. Der Aga uͤbergab den Klingenfeld einem guten Wund-Artzt/ der ein Pohlnischer Renegade war/ und grossen Fleiß an ihm thaͤte. Es haͤtte aber dieser wenig bey ihm außgerich- tet/ wann nicht etliche mitleydige Griechische Kauff- Leute deß Orts zugetretten waͤren/ welche den Patien- t en in ihre Behausung nahmen/ und einer um den andern ihn mit guten Tractament en erquickete. Diese Leute/ ob sie gleich von den Tuͤrcken hart gedruͤcket worden/ liessen dannoch gegen die gefangene Chri- sten allwege ein hertzliches Mitleyden spuͤren/ und solcher Gestalt kam Klingenfeld in etlichen Tagen sein wieder zu sich selber/ daß er wieder außgehen kun- te. Er hielte darauf bey seinen Wolthaͤtern an/ daß sie ihm in einem Schiff forthelffen moͤchten; Aber diese schuͤtzeten ihre Unmoͤglichkeit deßfalls fuͤr/ und bedeuteten ihm/ was fuͤr eine schwere Straff ihnen bereit waͤre/ wann sie sich unterfangen wuͤrden/ ihn/ als der dem Aga anvertrauet sey/ wegzuschaffen. Hierauf bathe er sie/ mit dem Aga zu accordi ren/ und das Loͤse-Geld fuͤr ihn außzulegen/ welches er ihnen auß Deß Academi schen auß Venedig ohnfehlbar wieder zusenden wolte. Aber auch dieses war fuͤr die Kauffleute eine unge- wisse Sache/ weil sie fuͤr einen ihnen gantz unbe- kandten Menschen/ der von Teutschen Eltern gezeu- get/ und also sein Vatterland gar weit von dannen entlegen haͤtte/ eine solche Geld- Summa außzulegen fuͤr eine Thorheit hielten/ zumahl sie besorgen muͤsten/ wann der Rauber wiederkaͤme/ daß derselbe mit dem außgelegten Geld nicht zufrieden seyn/ sondern ein weit Mehrers von ihnen prætendi ren moͤchte. Als demnach Klingenfeld endlich sich wieder bey vollen Kraͤfften sahe/ gieng er zu dem Aga, und sprach: Jhr sehet/ daß ich nun wieder gesund worden/ da mich der Rauber von Tripolis als einen todten und ver- lohrnen Menschen allhier gelassen/ darum thut so wol/ und ertheilet mir meine Freyheit/ als einem Mann/ der allhier gleichsam neu gebohren worden. Der Aga lachete/ und gab ihm diese Antwort: Du Christen-Hund bist durch meine Vorsorge bey dem Leben erhalten worden/ und solches wil ich gegen die Tripolesen zu behaupten wissen/ darum bist du nun mein Leibeigener/ und ich habe mit dir nach meinem eigenen Gefallen zu schalten. Dieses klung gar uͤbel in Klingenfelds Ohren/ welcher kein Wort hierauf widersprechen kunte/ sondern leyden muste/ daß man ihn in ein heßliches Loch warff/ da ihn weder Sonne noch Mond bescheinen kunte. Der Aga botte ihn zwar an ein und andern Juden dieses Orts feil/ weil diese Schelmen allhier/ wider die Gewonheit der andern Tuͤrckischen Oerter/ mit Sclaven handeln moͤgen/ aber es war keiner/ der Geld auf ihn bieten wolte/ so lange die Rauber sich ihres Rechts an ihm noch nicht voͤllig begeben haͤtten. Hierdurch ward der Aga ver- anlasset/ ihn nach Famagusta uͤber Land zu senden/ da ihn Romans II. Buch. ihn ein Tuͤrckischer Jubilierer/ welchem der Rauber Ansprache auf ihn vorenthalten ward/ fuͤr 200. Kro- nen kauffte/ und ziemlich wol hielte. Klingenfeld war darmit wol zufrieden/ und ob er gleich alle Tage schwere Arbeit thun muste/ bekam er dannoch gute Speisen/ das Getraͤnck aber war ein klarer Wasser- Trunck/ ohne daß ihm die Griechen bißweilen einen Trunck Wein spendireten. Als er nun 6. Tage allhier gelebet hatte/ kam der vorige Rauber wieder zuruck/ und legete mit seiner Gallee allhier an/ dieser erblicke- te den Klingenfeld gar bald/ und fragete/ wer ihn hie- her gebracht haͤtte? Man erzehlete ihm die gantze Sache/ und darauf hielte er bey dem Bassa deß Orts an/ daß man ihm seinen Sclaven ohne einige Entgel- tung außlieffern moͤchte/ weil er ihn auf der See auß einem Christen-Schiff genommen haͤtte/ seine Cam- meraden waͤren ihm zwar neulich in einer Rencontre entwischet/ aber er haͤtte Beystand bekommen/ sie abermahl uͤberwaͤltiget/ und in Syrien verkauffet. Gleichwie nun Klingenfeld uͤber das Ungluͤck deß Condado und der uͤbrigen aufs neue hertzlichst betruͤ- bet ward/ also kunte der Bassa hingegen dem Capi- tain von Tripolis so bald kein Recht sprechen/ bevor er den Aga von Salines selber angehoͤret haͤtte/ auf welchen sich der Jubilierer/ als seinen Verkauffer/ bezoge. Dannenhero ward alsobald einer abgeord- net/ welcher ihn nach Famagusta citi cte/ um daseibst vor dem Bassa wegen deß verhandelten Klingenfelds Red und Antwort zu geben. Der Aga erschiene etliche Tage hernach/ und brachte seine Urs a chen/ warum er den Sclaven verkauffet/ dem Bassa f uͤ r/ nemlich/ daß er ihn haͤtte curi ren lassen/ sonst waͤre e r schon ein tod- ter Mann/ und wann ja der Corsar das groͤste Recht an ihn zu haben vermeynete/ so præte n di rte er 200. R r r Kronen Deß Academi schen Kronen fuͤr die Cur/ (so viel habe er von dem Jubilie- rer bekommen/) und wann er solche erlegete/ koͤnte er ihn mitnehmen/ und so theuer verkauffen/ als er im̃er wolte. Der Corsar bliebe darbey/ daß der Gefangene sein rechtmaͤssiger Gefangener sey/ und wann er dem Aga den gebuͤhrlichen Artzt-Lohn bezahlete/ so koͤnte derselbe an dem Leibeigenen nichts weiters mit Recht prætendi ren. Der Aga hingegen bliebe darbey/ daß er seine Medicament en und Verpflegung auf 200. Kro- nen schaͤtzete. Und weil der Bassa den Jubilierer frag- te/ was er darzu sagte/ dieser aber sich vernehmen ließ/ daß er sein Recht an dem Leibeigenen gern wieder ab- stehen wolte/ wann ihm/ wie die Billigkeit solches mit sich braͤchte/ seine außgelegete 200. Rthlr. wieder er- stattet wuͤrden. Da ließ sich der Bassa vernehmen/ daß er keinem von den beyden Principal en ihr Recht disputi ren koͤnte/ sie solten demnach um den Leibeige- nen losen/ bekaͤme ihn der Aga, so muͤsse er ihn dem Ju- bilierer/ Krafft deß gemachten Kauffs/ uͤberlassen/ oder ihm sein außgelegtes Geld darfuͤr hergeben. Uberkaͤme ihn aber der Corsar, so solle er dem Jubi- lierer nur 100. Kro nen zum Abtritt geben. Hiermit war weder dieser noch jener zufrieden/ und behaupte- te der Corsar, daß er den Sclaven auf 300. Kronen æstimi rte. Was das Loß anbelanget/ wolle er sich lie- ber zu einem Kampff mit dem Aga verstehen/ und sei- ne Sache mit dem Saͤbel gegen ihn außfuͤhren/ weil der Bassa sie anders nicht entscheiden koͤnte. Ob nun gleich die Duell en unter den Tuͤrcken verbotten/ so muste man doch dem Corsar, als der die Tuͤrckische Ju- risdiction deßfalls nicht erkannte/ seinen Willen las- sen/ weil nun dieser ein Jrꝛlaͤndischer Renegade, und ein Mann von grosser Corrage, bliebe er bey dem Kampff/ und wolte der Aga nicht fuͤr einen verzagten Hudler Romans II. Buch. Hudler angesehen werden/ so muste er seine Sache auf einen Kampff ankommen lassen/ welches Klin- genfeld so wol/ als dem Tuͤrckischen Jubilierer/ sehr lieb/ welche hoffeten/ sie wuͤrden Beyde durch ihre scharff-schneidende Saͤbel so viel empfangen/ daß sie deß Leibeigenen daruͤber vergessen moͤchten. Also nahm der Aga, der ein gebohrner Tuͤrck/ den Kampff an/ und begunte seinem Gegenpart schon mit der Hand zu bezeichnen/ auf welche Seite er ihm den Kopff werffen wolte/ dessen dieser aber hoͤhnisch lachete/ wol wissend/ daß die Hunde/ so gar viel bellen/ selten hertzhafft angreiffen. Der Bassa ward zwar von ihnen Beyden ersuchet/ dem Kampff in Person beyzuwohnen/ worzu sich aber dieser durchauß nicht verstehen wolte/ fuͤrschuͤtzend/ weil ihm die hoͤchste Gewalt dieses Orts von der hohen Pforten anver- trauet waͤre/ so gebuͤhre es sich keines Weges/ einem Actui beyzuwohnen/ welchen die Ottomannische Re- gierung bey hoher Straffe im gantzen Reich verbot- ten haͤtte. Der Aga gieng jetzo nach einer Herberge/ und nahm eine gute Mahlzeit/ welches auch der Cor- sar an einem andern Ort thaͤte. Klingenfeld aber gieng so lange mit seinem letzten Herꝛn nach Hauß/ welcher wol elendig daran war/ dann da er ihm Hoff- nung gemacht hatte/ schier kuͤnfftig wieder zu seiner Freyheit zu gelangen/ muste er jetzo erfahren/ daß er 3. Herren auf einmahl bekaͤme/ und es moͤchte auch ablauffen/ wie es immer wolle/ so bliebe er doch zum wenigsten eines Herꝛn Leibeigener. Als endlich die Mittags-Mahlzeit allerseits ge- halten worden/ erschienen die 2. Kaͤmpffer an dem be- stimmten Platz/ welches war der Garten eines Grie- chischen Kauffmanns/ den der Bassa darzu bestimmet hatte/ wiewol auf Verguͤnstigung deß Kauffmanns. R r r 2 Sie Deß Academi schen Sie behielten Beyde ihre schoͤne Kleider an/ und fuͤh- reten kein ander Gewehr/ als Jeder ein kleines Schild und einen durchdringenden Saͤbel/ giengen auch zu Fuß/ weil es also beliebet worden. Es fand sich/ wel- ches wol Wunder/ nicht ein einziger Tuͤrck darbey/ als Zuschauer/ ein/ wie wol zu glauben/ es sey deßwe- gen geschehen/ weil die Due llen gar scharff bey ihnen verhotten/ so gar/ daß auch durch blosses Zuschauen sie sich der Straffe/ so darauf gesetzt/ theilhafftig ma- chen koͤnnen. Der Corsar en kamen zwar ziemlich viel/ auß Beysorge/ die Tuͤrcken moͤchten ihrem Capitain Leyd zufuͤgen/ aber dieser/ der auf die Tuͤrcken nicht viel passete/ hieß sie/ um Verdacht zu meyden/ mit einander wieder abtretten/ jedoch erhielte es sein Lieu- tenant, daß er ein Zuschauer bleiben/ und von dem Kampff urtheilen moͤchte. Da hingegen ernannte der Aga einen Griechischen Edelmann/ von gutem Ge- schlecht und grossem Ansehen unter den Tuͤrcken/ daß er in der Consideration, gleich wie der Lieutenant deß Tripolesen/ sich stellen moͤchte. Viel Griechische Kauffleute lieffen auch hinzu/ weil ihnen dergleichen Kampff dieser Orten etwas Ungewoͤhnliches/ und darunter war auch der Tuͤrckis. Jubilierer/ welcher/ weil er in keinen Kriegs-Diensten stund/ sich deßfalls nichts Widriges zu befuͤrchten hatte. Dieser hatte den Klingenfeld auf dessen Anhalten mit sich genom- men/ welcher begierig war/ einen solchen Streit mit seinen Augen zu sehen/ ob er gleich/ es siege auch/ wel- cher wolle/ seine Freyheit darbey zu verlieren hatte. Als endlich die 2. Kaͤmpffer Wind und Sonne nach Billigkeit unter sich außgetheilet hatten/ da giengen sie auf einander loß/ und ob gleich der Aga mit seinen starcken Streichen dem Handel bald ein Ende zu machen hoffte/ so lachte doch dessen der mun- tere Romans II. Buch. tere Jrꝛlaͤnder/ wiche ihm im Anfang allemahl auß/ oder ließ den Schild die Streiche auffangen/ wor- durch deß Aga Courage zwar vermehret/ aber seine Kraͤffte auch um ein Grosses verringert wurden/ da hingegen bey dem Corsar beyde in voller Bluͤhe blie- ben/ biß er sie zu seiner Zeit/ und zu seinem Vortheil anbringen koͤnte. Als endlich der Corsar merckete/ daß deß Aga Streiche schon gelinder fielen/ da gienge er allererst recht auf ihn loß/ und waͤhrete von nun an der Kampff nicht lang mehr/ sondern nachdem der Corsar seinem Gegenpart an dem lincken Arm eine toͤdtliche Wunde angebracht/ daß er das Schild muste fallen lassen. Da gieng er naͤher hinzu/ und spaltete ihm vollends den Kopff/ daß er ohne einiges Wortsprechen alsobald zur Erden fiel/ und seine Ma- hometi sche Seele außspeyete. Da hatte nun der Streit ein Ende/ aber zu hoͤchstem Mißvergnuͤgen aller Tuͤrcken in Famagusta, welche unsinnig werden wolten/ als sie vernahmen/ daß der Aga erschlagen worden. Der Jubilierer war auch nicht wol zu frie- den/ weil er um seinen Sclaven/ oder wenigstens um 100. Rthlr. kommen solte/ und Klingenfeld selber er- klaͤrete sich stehenden Fusses gegen den Corsar, daß er sein Sclav nimmermehr werden wolte/ sey auch deß- falls nicht verbunden/ weil ihn sein jetziger Herꝛ recht- maͤssig erhandelt haͤtte. Wolle man ihn aber wieder zu seiner Sclaverey zwingen/ so wisse er schon Mittel/ sich dieses Jam̃er-Standes/ der ihm nicht so ertraͤg- lich/ wie der Tod selber/ durch ein staͤtiges Fasten/ zu entbrechen/ und wolle er lieber Hungers sterben/ als noch einmahl unter seine Barbarische Haͤnde gera- then/ da man ihn wider das Recht der Natur/ und aller civil en Voͤlcker/ so schaͤndlich mißhandelt haͤtte. Als ihn der Corsar also reden hoͤrete/ sprach er zum R r r 3 Jubilie- Deß Academi schen Jubilierer: Durch diesen Sieg habe ich das Recht an diesem Sclaven nun wieder erneuert/ ja verdop- pelt/ weil er aber eine verzweiffelte Natur hat/ so wil ich ihn euch uͤberlassen/ wofern ihr mir nur 100. Kro- nen herauß gebet. Das XLI. Capitul/ Hageman loͤset den Klinaenfeld/ welcher den Corsar im Kampff erleget. Vnter Barbarn und Heyden hat man auch wol aufrichtige Freunde gefunden. H Jermit wandte er sich zu seinem Lieutenant, und gab dem Jubilierer Zeit/ sich auf das An- getragene zu besinnen/ gieng auch alsobald von dem Kampff-Platz zu einer Herberge/ da er be- kandt war. Hier kamen viel von seinen Mit-Raubern zu ihm/ und gratuli rten ihm zu seinem herꝛlichen Sieg/ erhuben ihn auch deßwegen schier biß an den Himmel. Der Bassa aber war sehr bestuͤrtzet uͤber das Ungluͤck deß Aga, und weil der Kampff/ vorer- zehlter Massen/ in jenes Griechischen Kauffmanns Garten war gehalten worden/ befahl er/ daß man den Entleibten alsobald auf der Stelle/ da er todt ge- blieben/ einscharren solte/ wodurch dann der gantze Garten dem Kauffmann entzogen ward/ und hat hernach der Bassa ein kleines Maͤuerlein um das Grab ziehen lassen/ den uͤbrigen Garten aber fuͤr sich behalten/ weil es keinem Christen gebuͤhret/ einen solchen Blut-Acker eigenthumlich zu besitzen/ darauf ein Musulman erschlagen/ und begraben laͤge. Jn- zwischen versammleten sich viel Janitscharen um das Hauß/ darinn der Tripolesische Corsar logi rte/ und begunten sich die Rauber auch starck vom Schiff her- ein in die Stadt zu ziehen/ daher es das Ansehen ge- wan/ als wann es ohne Blutvergiessen nicht wol ab- lauffen wuͤrde/ weil sich die Tuͤrcken außdruͤcklich ver- nehmen Romans II. Buch. nehmen lie ssen/ daß sie den Corsaren Hauptmann vom Brodt haben wolten/ es koste auch/ was es im- mer wolle. Aber der Bassa/ der die grosse Inconve- nien tzen/ so hierauß entstehen wurden/ schon vorher sahe/ legte sich mit seiner Autorit aͤt darzwischen/ und besaͤnfftigte die Janitscharen in so weit/ daß sie zu diesem mahl nichts anfiengen/ dannenhero der Cor- sar wol sehend/ daß seinethalben sich grosses Unheyl entspinnen wuͤrde/ bey Zeiten nach seinem Schiff gieng/ und daselbst uͤber Nacht ruhete/ weil er besor- gete/ in der Nacht von den ergrim̃eten Tuͤrcken uͤber- fallen und ermordet zu werden. Jnmittelst begegnete unserm armen Klingenfeld diesen Abend etwas sonderliches. Es war ein Schiff auß Venedig in dem Hafen eingelauffen/ auf welchem viel Passagierer an Land stiegen. Und wie Klingenfeld eben vor deß Jubiliers Thuͤr stund/ da erblickete er zu seiner hoͤchsten Freude den Hagemann/ einen Kauff- mann/ den er/ wie zuvor beschrieben/ in Jtalien ge- kannt/ und ihm einen grossen Dienst erwiesen hatte. Diesem lieff er in vollem Spruͤngen entgegen/ ergriff seine Hand/ und druͤckete sie hertzlich: Ach seyd mir von gantzem Hertzen willkommen/ sprach er zu ihm/ ein solcher Freund/ wie ihr seyd/ kommet mir jetzo eben recht. Hagemann bestuͤrtzte sehr/ und wuste nicht/ mit wem er es zu thun hatte. Klingenfeld merckete solches/ und sagte: Jst es moͤglich/ daß ihr mich nicht mehr kennet? Jener antwortete: Das Gesicht und Sprache ist mir zwar etwas bekandt/ aber ein gewis- ser Zufall muß euch ziemlich veraͤndert haben/ daß ich euch nicht recht kenne. Jch bin Klingenfeld/ sprach Jener/ ein Teutscher Edelmann/ und haben wir ein- ander in Jtalien vor nicht gar langer Zeit sehr wol gekannt. Hierdurch wurden dem Teutschen Kauff- R r r 4 mann Deß Academi schen mann die Augen auf einmahl geoͤffnet/ daß er seinem Freund um den Halß fiel/ und ihn hertzlich kuͤssete: Ach wer hat euch in dieses Selaven-Kleid gestecket? sprach er darbey/ saget/ womit ich euch helffen kan/ ich wil alles herbey schaffen/ was in meinem Vermoͤ- gen ist. Klingenfeld nahm ihn bey der Hand/ und fuͤhrete ihn zu einem Jtaliaͤner/ welcher die Occiden- tali schen Christen zu beherbergen pflegete/ und hie- selbst erzehlete er ihm sein Ungluͤck/ und wie es seiner uͤbrigen Gesellschafft ergangen; Wir sind beyde Teutschen/ sprach er endlich/ und unser Vatterland ist nicht weit von einander abgesondert/ thut mir demnach in meiner Noth den grossen Gefallen/ und strecket mir 400. Kronen fuͤr/ damit ich meine Frey- heit/ welche jetzo feil ist/ darfuͤr einloͤsen/ und noch ei- nen Zehr-Pfenning uͤber behalte/ um den Condado und unsere uͤbrige Gesellschafft in Syrien aufzu- suchen/ allwo sie gleicher Gestalt in Sclaverey ge- bracht sind. Hagemann sprach: Jch dancke dem Himmel/ daß ich Gelegenheit finde/ euch/ mein wah- rer Freund/ die jenige Wohlthat/ welche ihr mir bey Mantua erwiesen/ da ihr mich auß der Moͤrder Haͤn- den errettetet/ anjetzo wieder zu ersetzen/ gehet hin zu eurem Herꝛn/ und nehmet die voͤllige Abrede/ wegen eures Loͤsegelds mit ihm/ und kommet alsdann/ so wil ich euch geben/ so viel ihr verlanget/ dann mein gantzes Vermoͤgen stehet zu euren Diensten. Nicht also/ replici rte Klingenfeld/ ich begehre das Geld nicht umsonst/ sondern es soll euch/ oder den eurigen in Teutschland mit einem gebuͤhrlichen Uberschuß wieder gut gethan werden/ weßfalls ihr alsobald eine Obligation aufsetzen koͤnnet. Als aber Hagemann betheuerte/ daß er das Geld nicht wieder verlangete/ sondern ihm solches wolle geschencket wissen/ da kuͤs- seten Romans II. Buch. seten sich diese 2. Freunde noch einmahl/ und darauf gieng Klingenfeld zum Jubilierer/ und erzehlete ihm/ daß ein Freund ankommen seye/ der ihm seine außge- legte 200. und dem Corsaren die daruͤber begehrte 100. Kronen außzuzahlen bereit waͤre/ wann man ihm den Loͤse-und Frey-Brieff in behoͤriger Form wuͤrde außlieffern. Der Tuͤrck war dessen erfreuet/ und also schlossen sie den Contract denselben Abend noch. Fruͤh Morgens ward nach dem Corsaren ge- sandt/ und ihm angedeutet/ daß der Sclav durch Er- legung der an ihm prætendi rten 100. Kronen sich von ihm loßzukauffen jetzo Gelegenheit und Lust haͤtte. Dieser wartete hierauf nicht lange/ sondern weil er Lust hatte/ bald wieder von hinnen in die See zu lauf- fen/ und mehr Beute zu suchen/ so kam er mit etlichen seiner Officierer in die Stadt/ ob gleich die Tuͤrcken die Koͤpffe daruͤber haͤuffig zusammen stecketen. Wie er zum Jubilierer kam/ da erschien auch Hagemann daselbst/ und offeri rte das begehrte baare Geld/ jedoch daß der Frey-Brieff deß Klingenfelds unter deß hie- sigen Bassa/ und zugleich unter deß Corsaren und deß Jubiliers Hand und Siegel außgelieffert wuͤr- de. Also muste der Cadi dieses Orts einen Brieff auf- setzen/ welchen Klingenfeld selber zum Bassa brachte/ der ihn auch gegen Erlegung eines Ducaten willig unterschrieb/ und als Klingenfeld wieder von ihm schied/ sprach er: Mein Herꝛ/ weil ich nun wieder eine freye Person bin/ so wird es mir ja vergoͤnnet seyn/ den Corsaren/ der mich nicht wie ein rechtschaffener Mann gehalten/ zum Kampff außzufordern/ daß er mir seines Frevels halben Rechenschafft gebe. Gleich wie nun der Bassa gerne gesehen haͤtte/ daß deß Aga Tod von einem Fremdling an dem Corsaren gero- chen wuͤrde/ weil die Tuͤrcken sich nicht drein mischen R r r 5 durff- Deß Academi schen durfften/ also lobete er den Klingenfeld/ und offeri rte ihm seine eigene Ruͤst-Kammer/ um sich nach seinem Belieben mit Gewoͤhr darauß zu versehen. Er nahm aber jetzo seinen Abtritt/ und sagte/ daß er bald wie- der kommen wolte. Wie er wieder zum Jubilier kam/ ließ er den Frey-Brieff von demselben und dem Cor- saren unterschreiben/ und nachdem man ihnen das bedungene Geld außgezahlet/ da sprach Klingenfeld zum Corsaren: Mein Herꝛ/ verziehet nur noch ein klein wenig allhier/ biß ich wieder komme/ dann ich habe euch noch etwas zu sagen. Gleichwie nun der Corsar sich keines Argen ver- sahe/ also verzog er bey dem Jubilierer/ mit welchem und dem Hagemann er einen guten Trunck Sarbet zu sich nahm. Klingenfeld gieng unterdessen zum Bassa/ waͤhlete einen starcken Schild und einen gu- ten Saͤbel/ und als es unter den Tuͤrcken ruchbar ward/ daß er den Corsaren zum Kampff außfordern wolte/ da kuͤsseten sie ihm die Hand/ und preiseten sein loͤbliches Vorhaben/ ersucheten ihn darneben/ sich wol zu halten/ und deß Aga Tod zu raͤchen/ welcher seiner in seiner Kranckheit so fleissig haͤtte gepfleget. Klingenfeld versprach sein Bestes zu thun. Und also kam er zum Corsar/ und sprach: Hoͤr du Tyrannischer Hund/ ich bin nun wieder ein freyer Mann/ und dem Stande nach um ein ziemliches besser/ als du/ ich erinnere mich aber deß Barbarischen Tractament s/ das du mich auf deinem Schiff hast fuͤhlen lassen/ und hast du nun das Hertz gehabt/ den Aga zum Kampff außzufordern/ so solt du wissen/ daß ich dir den Kampff auf Leib und Leben hiermit auch wil an- gedeutet haben/ um Revenge an dir zu erlangen/ we- gen deiner Boßheit/ die du an mir hast erwiesen. Der Corsar/ so ein frecher Mann/ sahe ihn an/ und lachete/ sprach Romans II. Buch. sprach auch letztlich: Du magerer Sclav/ deine Thorheit erhellet darauß/ daß du dich deiner wieder erworbenen Freyheit zu deinem eigenen Untergang wilt bedienen. Doch weil du das Hertz hast ergriffen/ einen rechtschaffenen Cavallier zum Kampff außzu- fordern/ so komme nur alsobald/ um diesen Frevel mit deinem Blut zu buͤssen. Hiermit stund er auf/ ließ seinen Schild holen/ und erhub sich vor das Thor an den Strand/ da er von allen Leuten auf seinem Schiff kunte gesehen werden/ dann er wolte dieselbe zum andern mahl zu Zeugen seines Wolverhaltens geruffen haben. Weil nun dieser Kampff nicht mit einem Tuͤrcken/ sondern unter zween Fremden fuͤrge- nommen ward/ so lieffen die Tuͤrcken haͤuffig herzu/ und der Bassa selber erschien zu Pferd darbey/ um den Klingenfeld fuͤr einigem Uberfall der Raͤuber zu beschirmen. Als die Corsaren sahen/ daß so viel be- woͤhrte Tuͤrcken herauß kamen/ da giengen sie auch sehr starck auß der Gallee/ und nahmen einen Platz/ recht gegen den Tuͤrcken uͤber/ ein/ darauf tratten die beyde Kaͤmpffer auf die Bahn/ und fiengen an zu kaͤmpffen/ aber Klingenfeld war dem andern viel zu hurtig/ dann nachdem er einen kraͤfftigen Streich von demselben mit seinem Schild aufgefangen/ trung er behende ein/ und schlug ihm den Kopff wie eine Ruͤbe vom Rumpff hinweg/ woruͤber die Tuͤrcken gewaltig frohlocketen/ und den Klingenfeld auf ein Pferd setzeten/ den sie durch die Stadt fuͤhreten/ und mit Blumen bestreueten. Der Bassa selber noͤthigte ihn an seine Tafel/ welchem er seinen Stand und Wesen offenbahrete/ wie auch das Ungluͤck seiner Raͤyse-Gefaͤhrten/ dahero sich dieser offeri rte/ ihm einen Brieff an alle Bassen in Syrien zu geben/ in welchem er ihnen den gefangenen Condado und die Ubri- Deß Academi schen Ubrigen aufs Beste recommendi ren wolte/ daß sie wol gehalten/ und um ein billiches Loͤse-Geld forder- samst wieder in ihre vorige Freyheit moͤchten gestellet werden. Die Corsaren hingegen liessen die Koͤpffe hangen/ machten alsobald einen andern Capitain, be- gruben den Vorigen/ kehreten darnach wieder in ihr Schiff/ zogen deren Seegel auf/ und fuhren der Stadt Famagusta in kurtzer Zeit auß den Augen. Klingenfeld danckete seinem Freund vor das außgelegte Geld/ behielte auch noch 100. Kronen zu seiner Raͤyse/ worzu ihm die Tuͤrcken/ wegen seines Wolverhaltens/ noch 150. Kronen verehreten/ der Bassa ertheilete ihm auch das versprochene Recom- mendation s-Schreiben/ und also kleidete er sich an- ders/ und gieng zugleich mit Hagemann und vielen andern Europaͤischen Christen in dem Venetiani- schen Schiff nach Alexandretta, woselbst er Zeitung von seiner Gesellschafft zu erlangen hoffete. Auf dieser Fahrt erzehlete Klingenfeld der Gesellschafft sein Ungluͤck/ das er bey dem Tripolesi schen Corsaren gehabt/ darbey ein Jeder zu vernehmen gab/ daß bey solchen Leuten man niemahl sich grosser Redlichkeit zu versehen haͤtte; Aber ein Venetianer/ der unter dem Hauffen war/ hielte das Obstat, und behauptete/ daß auch unter den Barbarn manchmahl ehrliebende Gemuͤther gefunden wuͤrden/ wie solches seiner leib- lichen Mutter Schwester erfahren/ welche/ da sie noch eine Jungfrau/ am Strande von einem Raͤuber auf St. Maura gefangen worden/ der Capitain habe sie vor sich behalten/ ihr aber kein Leyd zugefuͤget/ sondern ehrlich und wol gehalten/ auch/ da das bedungene Loͤse-Geld vor sie angekommen/ nur die Helffte dar- von behalten/ und das Ubrige ihr auf die Raͤyse zu- ruͤck geschencket. Solche keusche Feinde sind jetzo seltener/ Romans II. Buch. seltener/ als ein weisser Rab/ warff Klingenfeld dar- zwischen: Dann in der Wildnuͤß wachsen selten Lorbeer-Baͤume/ und unter den Raͤubern/ und wil- den Kriegs-Gurgeln bleibet die Keuschheit deß Frauenzimmers Wunder-selten in unverwelckter Bluͤthe. Kan man auch Trauben lesen von den Dor- nen/ und Feigen von den Disteln/ so wird man auch Zucht und Froͤmmigkeit von den Raͤubern und Sol- daten hoffen koͤnnen: Bevorab wann ihnen Feind- lich zu handeln erlaubet ist. Dann da stuͤrmen sie nicht allein Waͤlle und Mauren/ sondern auch Ehre/ Zucht/ samt andern Tugenden/ uͤbern Hauffen/ und verhaͤngen ihrem geilen Frevel den vollen Zaum. Ja es ist leyder so weit kom̃en/ daß/ wann an den Kriegs- Leuten diese ihnen ungemeine Tugend verlanget wird/ man schier zu den Heyden in fremde Laͤnder ge- hen/ und sie von dannen holen muß/ unserer Laͤufften und Laͤnder Untugenden damit außzuschaͤnden. Man schreibet von einem General der wilden Karayber oder Menschenfresser in den Antilles, oder Americanischen Vor-Jnsuln/ welcher Baron hieß/ und mit seinem Streiffen so wol den Frantzosen/ als Engellaͤndern viel zu thun gab/ daß er einsmahls un- ter andern Einfaͤllen/ so von ihm in die Jnsul Mont- ferrat geschehen/ welche die Engellaͤnder besassen/ die nahe am Meer gelegene Wohnungen verwuͤstet/ und eine gewaltige Beute darvon gefuͤhret. Unter den Gefangenen/ so er bekam/ befand sich ein gar schoͤnes Frauen-Bild/ welches einem Englischen Officier selbiger Jnsul ehelich angehoͤrete. Diese Frau ließ er in eines seiner Haͤuser auf der Jnsul Dominico bringen/ und allda ehrlicher halten/ weder hre Bey- sorge vielleicht hatte vermuthet. Sie kam mit einem schwangern Leib in der Feinde Haͤnde/ und muste ihre Frucht Deß Academi schen Frucht unter diesen wilden Voͤlckern ablegen/ die dannoch gleichwol nicht wild/ sondern freundlich gnug mit ihr umgangen/ angemerckt die Weiber der Karayber in ihrem Kind-Bette mit sorgfaͤltiger Diensthafftigkeit ihrer gepfleget. Hernach ist sie noch eine lange Zeit unter ihnen verblieben/ und dannoch weder von dem Feld-Hauptmann Baron, noch eini- gen andern Wilden mit einem unkeuschen Blick oder Wort/ viel weniger unzuͤchtiger Beruͤhrung ge- faͤhret worden; Welchen Ruhm das gute Francken- Land manchem muthwilligen Frantzoͤsischen Solda- ten nicht nachsagen kan/ sondern vielmehr klagen und beseuffzen muß/ daß sie im 1673. Jahr an manchem/ so wol Edlen/ als Unedlen Frauenzimmer ihre Be- stialische und Teuffelische Begierden schaͤndlich er- fuͤllet haben. Unsterblichen Preiß hat der Roͤmische Feld- Herꝛ Scipio damit erlanget/ daß er die von seinen Soldaten in Neu- Carthago gefangene/ und ihm als eine Beute zugefuͤhrte schoͤne Spanierin/ ihrem Lieb- sten/ einem jungen Africanischen Fuͤrsten/ unbefleckt wieder zugestellet/ mit diesem Tugendhafften Com- pliment: Jch habe/ als unsere Kriegs-Leute diese Jungfrau zu mir gebracht/ zu einem Præsent, die Warheit zu bekennen/ ihre Edle Gestalt mit Behaͤg- lichkeit angeschauet/ und so wol ihres Gemuͤths/ als Leibes herꝛliche Gaben/ loben muͤssen. Dann die Natur hat mich nicht blind/ noch einen solcher Fuͤr- trefflichkeiten unerkaͤnntlichen Klotzen lassen geboh- ren werden. Die Liebe kan dieses mein Hertz eben so wol/ als andere ruͤhren und bewegen/ aber durch kei- ne/ dann nur ehrliche/ und die meine Zeit oder Gele- genheit kan zugeben. Darum/ ob zwar diese Dame jetzt/ nach dem Recht deß Kriegs/ mein ist/ beliebt mir doch Romans II. Buch. doch keines Weges unter dem Roͤmischen Panier und Adler mit einer so schoͤnen Tauben zu courtisi ren/ im Feld-Laͤger der Venus Lager zu besuchen/ bey sol- chem Kriegs-Ernst verliebte Kurtzweil zu treiben/ zumahl/ weil ich vernehme/ diese Schoͤne sey allbereit einem tapffern Cavallier zur Ehe versprochen/ wel- chem man seine liebe Blume so nicht entziehen/ noch abbrechen muß. Nachdemmahl ich dann/ Edler Rit- ter/ von ihr selbsten verstanden/ daß ihr eben der Gluͤckseelige seyd/ dem sich ihre Zier zu eigen verpflich- tet/ habe ich euch Botten gesandt/ daß ich sie euch moͤchte uͤberantworten. Die Goͤtter sind meine Zeu- gen/ Ritter/ daß von mir kein unreiner Blick auf ihre Ehre geworffen/ noch Jemand sie bey uns hat ange- ruͤhret/ sondern sie ist durch meine Vorsorge bißhero behutsamlich bewahret und wol aufgehebt worden/ als ob sie bey ihren Schwaͤhern oder leiblichen El- tern unterdessen sich haͤtte aufgehalten. Es waͤre ein schlechtes Geschenck beydes von mir und fuͤr euch/ wann entweder einige Gewalt oder heimliche List ihr waͤre zu nahe getretten/ und sich an dieser lieblichen Tauben haͤtte vergriffen. Da habt ihr sie wieder un- geschimpfft und in unverwelckter Rose/ labet und er- goͤtzet euch in ihrer Schoͤnheit/ nach eigenem Belie- ben und Geluͤsten; Wir begehren von euch hievor zur Vergeltung nichts anders/ dann euch selbsten/ das ist/ euer Hertz/ welches ihr dem Scipioni und den Roͤmern zu getreuer Huld und Freundschafft erge- ben sollet. Der junge Ritter/ oder Fuͤrst/ erstarrete schier uͤber solche unverhoffte Leutseeligkeit deß Roͤmischen Feld-Herꝛns/ kunte vor Freuden sich weder besinnen noch reden/ so machten sich auch die Eltern herbey/ und legten eine grosse Summa Geldes/ womit sie ihre Deß Academi schen ihre Tochter zu loͤsen willens gewesen/ zu deß Scipio- nis Fuͤssen/ mit demuͤthiger Bitte/ er moͤchte diese Verehrung/ weil er ihnen ihre Tochter umsonst loß- gebe/ als ein Zeichen ihrer Danckbarkeit/ nicht ver- schmaͤhen. Scipio aber/ der weder seiner Hoͤflichkeit/ noch großmuͤthigen Mildigkeit durch solches Præsent den Glantz vermindert wissen wolte/ brauchte solches Geld zur Erhoͤhung seiner Leutseeligkeit/ versetzte eine Gnade mit der andern/ befahl/ der Braͤutigam solte alles Gold mit einander hinnehmen/ und ihm solches von seinetwegen geschencket seyn/ uͤber den Braut- Schatz/ den ihm der Braut Eltern geben wuͤrden. Was soll man doch an diesem Helden am meisten loben? Daß er so ruͤhmlich das Gold und den Geitz/ oder die Augen-Lust uͤberwunden; Beydes ist was Fuͤrtreffliches/ und ein Grosses von einem Kriegs- Mann/ noch groͤsser von einem Heyden/ das Groͤsse- ste von einem Feinde. Durch solche Preiß-wuͤrdige Maͤssigkeit/ hohe Leutseeligkeit und Gnade/ hat er vielmehr gewonnen/ weder solche ihm ge præsenti rte Beute außtrug. Dann mit diesem seydenen Faden zog er einen grossen Theil von Spanien/ ohne Schwerdt-Streich/ in Roͤmischen Gewalt/ und zur Gunst gegen seiner Person/ sintemahl die Land- Herren gleichsam die Wette lieffen/ einer solchen Tugend zu huldigen/ die nicht allein durch Tapffer- keit/ sondern auch keusche Freundlichkeit den Lorbeer- Krantz verdienete. So wenig als ein schwartzer Mohr einem weissen Menschen in der Farbe gleich siehet/ so wenig hat auch der Mauritanische Koͤnig Abderamines von solcher Keuschheit etwas an sich gehabt. Man hatte diesem Barbarischen Koͤnig nach der Niederlag/ so die Christen bey Juncaria, unter dem Koͤnig Ordonio empfan- Romans II. Buch. empfangen/ einen Juͤngling/ Namens Pelagius, zum Geissel geschickt. Wiewol andere behaupten wollen/ er sey fuͤr seiner Mutter Bruder/ dem Bischoff Her- mogio, oder/ wie abermahl andere fuͤrgeben/ an statt seines Vatters/ deß Fuͤrsten von Galicien/ der nach Corduba gefaͤnglich gebracht war/ zum lebendigen Unterpfand der Versicherung gestellet worden. Es sey aber geschehen/ fuͤr wen es endlich wolle/ so hat der Barbarische Printz sich doch also fort an der zier- lichen Gestalt dieses Juͤnglings vergaffet/ und So- domitische Feuer-Funcken gefasset. Massen dann die Saracenische und Mahometanische Hunde fuͤr Geilheit und stummen Begierden gemeinlich gleich- sam wuͤten. Abderamines setzete ihm dann fuͤr/ diese schoͤne Jugend-Blum seiner verdam̃ten Brunst aufzuopf- fern/ begunte derhalben mit dem Juͤngling zu scher- tzen/ ihn zu kitzeln/ unzuͤchtig zu beruͤhren/ und auf allerley Art zu versuchen. Weil aber derselbe sein An- erbieten mit harten Worten von sich stieß/ und Ra- mirez also zum oͤfftern mit lieblichen Schmeichel- Worten vergeblich bey ihm angeklopffet/ wolte er endlich Gewalt brauchen/ und kurtzum seines ver- fluchten Willens geniessen. Pelagius widersetzet sich Maͤnnlich/ giebt unter solchem Kampff der Zucht und Unzucht dem unzuͤchtigen Huren Bock mit der Faust eins ins Visir, daß es patscht. Durch diese ungestuͤm̃e Maulschellen verschwand bey dem Gottlosen Koͤnig alle Gunst im Augenblick/ und ward er von grim̃iger Rachgier aller feurig/ gestaltsam er in solchem erbit- tertem Muth Befehl ertheilete/ man solte Pelagium in ein grosses Schleuder-Stuͤck legen/ und wie einen Stein uͤber den Strohm Bætis hinuͤber werffen/ an einen Felsen/ daß er zerschmettert wuͤrde. Welches auch unverzuͤglich gehorsamst erfuͤllet ward. S s s Solte Deß Academi schen Solte man nun nicht fuͤrchten/ der zuͤchtige Juͤngling haͤtte an besagtem Felsen seine Marter- Stelle/ und den gewissen Tod angetroffen? Nichts desto weniger hat GOtt/ als ein Liebhaber der reinen Keuschheit/ wunderbarlich denselben erhalten/ also/ daß ihm eine so toͤdtliche Verschleuderung nichts ge- schadet. Aber diß war eben so wol ein Wunder/ daß der grausame Koͤnig hingegen ein Felsen-hartes Ge- muͤth spuͤhren ließ/ ja/ sich gegen dem jungen Men- schen grausamer und unbarmhertziger erwiese/ dann die wilden Felsen und rauhe Huͤgel selbsten/ ließ ihm mit Zangen ein Glied nach dem andern herab zwi- cken/ und den also zergliederten Leichnam in den Strohm werffen. Worauß hernach die Christen den- selben wiederum herfuͤr gezogen/ und fuͤr ein Heilig- thum gehalten/ auch den Namen dieses keuschen Juͤnglings in die Zahl der Heiligen gesetzet. Jn diesem Fall hat der Koͤnig von Franckreich/ Carl der Achte/ seine außgerissene Liebes-Begierden gleichwol besser an den Zaum gebracht/ als sie einer schoͤnen Jungfrauen Keuschheit bestreiten wollen. Auf seiner Widerkehr von dem Koͤnigreich Neapo- lis, welches er/ nach Frantzoͤsischer gewoͤhnlicher Ma- nier, muthiger bekriegete/ weder behauptete/ ward ei- ne Jtaliaͤnische Stadt von ihm erobert/ welche seine Soldaten pluͤnderten/ und darinn hauseten/ wie diese Nation unlaͤngst in den Niederlanden/ und auch erst- gedachter Massen in Francken gethan. Sie raube- ten nicht nur Geld und Guth/ sondern auch Ehre; Frauen und Jungfrauen litten schaͤndliche Gewalt. Unter solchem Wuͤten der Schand-Buben suchte ei- ne außbuͤndig-schoͤne Jungfrau ihre Zucht-Blume zu fristen/ eylete derohalben zu dem Koͤnig hin/ und flehete mit einem demuͤthigen Fußfall um Schutz und Erhal- Romans II. Buch. Erhaltung ihrer Ehren. Koͤnig Carl verspricht ihr zwar Sicherheit fuͤr den Soldaten; Weil er aber selber/ als ein junger verbuhlter Herꝛ/ deß Naschens sich uͤbel wuste zu enthalten/ fielen seine selbst-eigene entzuͤndete Augen auf diß zierliche Bild/ mit dem schnoͤden Wunsch/ ein Reuter-Lager mit ihr anzu- stellen/ er fuͤhrete sie mit sich in sein Zimmer/ warff sie aufs Bette/ und gedachte ihr zu nehmen/ was sie un- ter seinem Schutz zu behalten gesuchet. Diese Dame war deß Gemuͤths nicht/ wie manche andere/ welche eines Potentaten unordentliche Bey- wohnung mehr fuͤr hohes Gluͤck und Ehre/ dann Schande und Unehre achten/ und sich groß darbey duͤncken lassen/ wann ihnen ein solcher Jupiter einen jungen Hercules zuschantzet. Nein/ sondern sie stellete sich eben so widersinnisch darbey an/ als ob sie spre- chen wolte: Jch mag keine Hure seyn! (um Verzey- hung ihr Herren Courtisan en/ wann ich nicht hoͤflich gnug schreibe/) wehrete sich demnach/ so viel ihre zar- te Kraͤfften vermochten. Jn solcher ihrer keuschen Angst erblickete sie ein an der Wand hangendes Geistliches Gemaͤhlde/ nemlich die seeligste Jungfrau-Mutter/ mit ihrem Kindlein auf dem Schoß/ zeiget mit der Hand da- hin/ und spricht zu dem Uberwaͤltiger: Sire, ich bitte um dieser unberuͤhrten Jungfrauen willen/ und be- schwoͤre euch bey ihrer Jungfrauschafft/ schonet der Meinigen! Der Koͤnig/ welcher wider die Ehren- Burg allbereit in voller Ruͤstung begriffen/ und an- zufallen gefast war/ hielt hierauf ein/ und ließ sich be- wegen/ von seinem boͤsen Fuͤrnehmen abzustehen. Ja/ es ruͤhrete und erweichete diese zuͤchtige Beschwoͤ- rung sein Hertz dermassen/ daß ihm das Reu-Wasser/ die hellen Zaͤhren/ auß den Augen herfuͤr rieselten/ und S s s 2 er Deß Academi schen er nach einer blossen/ doch nunmehr Ehren-guͤnstigen Umhalsung/ die Holdseelige frey von sich ließ/ ihr uͤber das auch zur Außsteuer 500. Ducaten/ bey nebst auch/ ihr zu Liebe/ allen ihren gefangenen Freunden/ Verwandten und Schwaͤgern/ die Freyheit schen- ckete. Wann dieser oder jener schoͤnen Niederlaͤnde- rin/ die etwan in fuͤrnehme feindliche Haͤnde gefallen/ gleiches Gluͤck der behaltenen Vollkom̃enheit begeg- net/ und bey ihr keine Veraͤnderung vorgegangen/ wird es gleichfalls zu loben seyn. Andere schreiben diese Geschicht sonst dem Francisco Sfortia zu. Wel- cher es nun unter diesen Beyden auch gewesen/ so hat derselbe/ der es gethan/ gewißlich hiervon vor GOtt und der ehrbaren Nachwelt mehr Ehre/ dann so er eine grosse Schlacht erhalten/ oder eine gewaltige Vestung eingenommen; Sintemahl sich selbsten uͤberwinden/ und die Laster durch Tugenden vertrei- ben/ viel eine herꝛlichere Victorie ist/ als Staͤdte und Schloͤsser uͤberwaͤltigen/ oder einen maͤchtigen Feind auß dem Feld schlagen. Das XLII. Capitul/ Grosse Tyranney bleibet selten ungestraffet/ mit Exempeln erwiesen. Condado und seine Gesellschafft werden zu Sclaven ge- macht/ und verkauffet/ worbey Troll seine Possen hat. D As sind/ sprach/ Hageman/ freylich seltzame Exempel/ von welchen unsere Europæi sche Christen jetzo wol etwas Gutes erlernen/ und deßhalben bey ihnen in die Schule gehen moͤchten. Jm uͤbrigen ist mir es sehr lieb/ daß dem leichtferti- gen Jrꝛlaͤndis. Renegad en/ dem Corsar en- Capitain, seine auch dem Herꝛn Klingenfeld/ und vielen an- dern armen gefangenen Christen erwiesene Tyranney und Unbarmhertzigkeit so wacker vergolten worden/ ich glaube/ die Barbarn werden sich an seinem Exem- pel eine Zeitlang zu spiegeln haben. Es Romans II. Buch. E S giebt zwar/ sprach ein ansehnlicher Venetianer jetzo/ in der Welt viel boͤse Zahler/ aber der die grausame Unbarmher- tzigkeit außzahlen soll/ laͤsset den Termin nicht vorbey streichen/ welchen der Vergelter alles Guten und Boͤsen bestimmet hatl daß an demselben ein Jeglicher/ seiner Handlungen halben/ solle heimgesuthet werden. Dann GOTT/ gleich wie er gegen die Barmhertzigen guͤtig und freundlich ist/ und ihnen wiederum Barmhertzigkeit wiederfahren laͤsset/ laͤsset also im Gegentheil uͤber die Unbarmbertzigen ein unbarmhertziges Gericht ergehen/ und ihnen mit gleicher Maase messen. Solcher sein gerechter Eyfer ergreisfet und verzehret nicht allein die Jenigen/ welche mit getaufften Christen umgehen/ wie Loͤwen und Baͤren mit den Schaafen und Laͤmmern/ sondern eben so wol die/ so den ar- men Heyden/ ohne alle Ursache/ die Klauen ihrer wilden Grau- samkeit zu fuͤblen geben. Jnmassen solches unterschiedliche Americanische Geschichten außweisen. Weil die Spanische Besatzung der Chili schen schoͤnen Stadt Baldivia grosse Uber- last und unertraͤgliche Plage anthaͤte/ ward dieselbe endlich dar- uͤber so hefftig erbittert/ daß sie A. 1599. alle Spanier erwuͤrgete. Dem Statthalter ward/ als einem unersaͤttlichen Gold-Geyer/ geschmeltztes Gold in Mund und Ohren gegossen. Auß seiner Hirnschaale machten sie Trinck-Geschirre/ und auß den Schen- ckeln Trompete n . Auf der Jnsel Porto Rico wurden alle Ein- wohner nach und nach durch die Tyranney der Spanier auß- gerottet/ also/ daß diese zuletzt sich mit Africanischen Mohren bersehen musten/ damit die Bergwercke und Zucker-Muͤhlen nicht doͤrfften feyren. Aher der unvergnuͤgliche Geitz buͤrdete diesen Schwartzen eben so wol unmenschliche Buͤrden auf/ und verfuhr mit ihnen gar unbarmhertzig. Dann/ wann ein Mohr deß Abends nicht Goldes gung heim brachte/ ließ ihn sein Herꝛ nacket abkleiden/ band ihn an einen Pfahl/ geisselte und peitschete ihn wund/ goß folgends siedends Oel in die Wunden/ streuete nachmahls Saltz und Pfeffer hinein/ und ließ ihn ligen. Bißwei- len senckete er ihn in einen Brunnen voll Wassers/ also/ daß wei- ter nichts/ ohne allein der Kopff herauß stund. Aber hierdurch wurden die Tyrannisi rte veranlasset/ tapsser außzureissen/ und sich in grosse Hauffen zu rottiren. Wann ihnen nun die Spa- nier in die Haͤnde geriethen/ blieben sie ihnen nichts schnldig/ son- dern zahleten mit gleicher Muͤntze redlich auß. Ja/ sie vermehr- ten sich auf Hispaniola so haͤuffig/ daß die Kron Spanien einen allgemeinen Aufstand befuͤrchten muste. Das seynd der Tyran- ney endliche Fruͤchte! S s s 3 Jn Deß Academi schen Jn den Schiffahrts-Beschreibungen der Frantzosen wer- den die Spanier gleichfalls grosser Unbarmhertzigkeit gegen die Frantzosen beschuldiget. Worunter diese insonderheit Tyran- nisch gewesen/ welche dem Schiff-Hauptmann Ribald, und sei- nen bey sich habenden Voͤlckern/ wiederfahren/ und unter den Relation en der Verrichtungen deß Obersten Laudonniers, wie auch in dem neu-beschriebenen America, mit diesen Umstaͤnden erzehlet wird: Der Frantzoͤsische Admiral, Caspar Koligni, (mit welchem hernach die Paristsche schaͤndliche/ und den An- stifftern zu unaußloͤschlicher Schmach gereichende Mord-Hoch- zeit/ den ersten Meuchel-tuͤckischen Vor-Reigen gespielet/) wuͤr- ckete/ durch seine hoch-geltende Authorit aͤt bey seinem Koͤnig/ Carl dem IX. so viel auß/ daß man aufs neue 2. Schiffe nach Florida schickte/ ohnangesehen die Treulosigkeit deß Durandes die vorhin schon angestellete Americanische Fahrten gantz un- fruchtbar hatte gemacht. Mit solchen neu-außgeruͤsteten bey- den Schiffen ward Johann Ribald durch Koͤnigl. Ordre von Diepen auß abgefertiget/ und erlangete unter dem 30. Grad Mitternaͤchtigster Seiten deß Mittags-Strichs das America- nische Vor-Gebuͤrge S. Francisci, woselbst er einem breiten Fluß in den Mund lieff/ und denselben Delfin benamste/ weil man all- da uͤberauß viel Delfin en/ oder Meer-Schweine/ fand. Auf dem Land stunden dicke Puͤsche voll Maul-Beer-Baͤumen/ und diese Baͤume voll spinnender Seyden-Wuͤrme. Von hier lieff er uͤber das Wolffs-Haupt/ welches Vor- Gebuͤrge darum also heisset/ weil die Jndianer allda einen Wolff gebraten. Darnach vor der Cedren-Jnsel uͤber/ und dann raͤysete er auf Florida zu Land. Allda bauete er eine drey- eckigte Schantze/ versahe sie mit Soldaten und Geschuͤtz/ auch anderm Kriegs- und Lebens-Vorrath/ und begab sich darnach wieder nach Franckreich/ um mehr Voͤlcker zu holen. Aber in diesem Reich hatte der einheimische Krieg alles in Aufruhr ge- setzet. Die Frantzosen in der neuen Schantze/ welche man nach dem Koͤnig Carl genennet/ warteten vergebens auf frische Schiffe. Die Lebens-Mittel nahmen immer mehr und mehr ab. Also schiene der beste Rath/ ein Fahrzeug zu bauen/ und sich wieder darvon zu machen. Kaum hatten sie den dritten Theil der Raͤyse hinter sich geleget/ da es 20. Tage lang so stille ward/ daß sie im Geringsten nicht fortkommen kunten. Dle Speise war auf/ ein Jeder trunck sein eigen Wasser/ und aß die Schuhe. Ja sie nahmen auch endlich/ da auch solche Speise man- Romans II. Buch. mangelte/ einen unmenschlichen Schluß/ nemlich einen Schiff- Gesellen in Stuͤcken zu schneiden. Von dieser Greuel-Speise/ so ihnen der Hunger/ als ein grausamer Speise-Meister/ fuͤr- gesetzet/ assen sie etliche Tage/ und waren nunmehr wieder in der aͤussersten Roth/ als ein Englisches Schiff ankam/ und die Armseeligen errettete. Man brachte sie zu der Koͤnigin Elisa- beth/ welche dazumahl eben beschlossen hatte/ eine Schiffs- Flotte nach Florida zu schicken. Unterdessen hat man von gemelten Frantzosen in ihrem Vatterland nichts erfahren. Koligni, da er bey dem Koͤnig wie- der in Gnaden (oder in Schein-Gnaden) war/ brachte so viel zuwegen/ daß Renatus Laudonnier mit 3. Schiffen abgefertiget ward/ die Frantzoͤsische Besatz-Voͤlcker in der Carlsburg zu besuchen. Diese laͤndete in Neu-Franckreich an/ und sahe den Marcktstein/ den Ribald vor 2. Jahren allda aufgerichtet/ und mit dem Frantzoͤs. Wapen und Lorbeer-Graͤntzen gezieret. Auch besuchete er den Heydnischen Koͤnig Saturiona, dessen Sohn Atoreus mit seiner eigenen Mutter/ nach Gewonheit dieser Voͤl- cker/ unterschiedliche Kinder gezeuget. Jndem er sich allda auf- hielt/ flackerte ein solches Feuer durch die Lufft/ daß in etlichen Fluͤssen fuͤr grosser Hitze/ die Fische sturben/ und alles Gewaͤchse weit und breit verbrannte. Woruͤber diese neue Ankoͤm̃linge so wol/ als die Wilden/ in grosse Hungers-Noth fielen. Solcher Mangel wolte auch nicht abnehmen/ sondern vielmehr zuneh- men/ und wachsen. Darum/ nachdem Laudonnier eine Zeit- lang mit dem Hunger gerungen/ und endlich von dem Engel- laͤnder/ Johann Hauk/ der mit 4. Schiffen daselbst war ange- langet/ einige Lebens-Mittel/ samt einem Schiff/ erhalten hatte/ schickte er sich/ von dannen wegzuseegeln. Alles war zur Abfahrt fertig/ als Ricaut, welcher von Diepen zu Seegel gegangen/ mit 7. Schiffen/ vor Carlsburg ankam/ dahin nach wenig Tagen 8. Spanische Kriegs-Schiffe unter dem See-Obersten/ Peter Melandez, sich begaben. Die Frantzosen hieben die Ancker-Seile in Stuͤcken/ und machten sich eilig auß dem Staube. Die Spa- nische folgeten ihnen auf dem Fuß nach/ kunten sie aber nicht einholen/ darum lieffen sie in den Mund deß Flusses Delfin, da das Vorgebuͤrge mit Huͤlffe der Mohren bevestiget ward. Ri- bald ruckete mit der Schiffs-Flotte geschwinde nach der neuen Schantze zu/ die Spanier herauß zu schlagen/ ehe sie sich vest verschantzeten. Aber es entstunde ein solcher Sturm/ daß er zwischen den Klippen seine 7. Schiffe verlohr/ wiewol das Schiff- S s s 4 Volck Deß Academi schen Volck mehrentheils gerettet ward. Auch litten die Spanier selbsten nicht wenig Schaden an ihrer Flotte. Jedoch der Fran- tzosen Ungluͤck kam ihnen wol zu statten/ dergestalt/ daß sie in aller Eyl uͤber Berge und Fluͤsse hin nach der Carlsburg zogen darinnen nur 200. abgemattete Soldaten lagen/ weil Ribald das beste Volck mit sich zu Schiff genommen. Vor der Sonnen Aufgang fielen die Spanier so gewaltig an/ daß sie die Vestung in kurtzer Zeit eroberten. Laudonnier entwischete mit einem klei- nen Nachen/ und andere wenige schwammen uͤber den Graben. Die Eroberer verschoneten Niemand. Selbst die auß der Flucht wieder zuruck kehreten/ wurden Moͤrderischer Weise nieder ge- hauen. Ja/ als keine Lebendige mehr vorhanden/ den Muthwil- len an ihnen zu veruͤben/ liessen sie ihre Grausamkeit an den Tod- ten auß. Sie schnitten ihnen die Augen auß/ und die Schaam ab/ steckten sie auf die Degenspitzen/ und rieffen den Entflohenen auf dem Fluß zu: Wo thun den Frantzosen die Augen wehl? Unterdessen gelangete Ribald mit seinen auß gebungerten und wehrlosen Voͤlckern bey Carlsburg an/ aber er ward hefftig be- stuͤrtzet/ als er die Spanische Fahnen auf den Waͤllen fliegen sa- he/ und Valmont mit einer Spanis. Parthey auf ihn angezogen kam. Zwischen den Frantzosen und Spaniern lag ein Fluß/ hieruͤber begaben sich die Frantzosen/ mit dem Bedinge/ daß man ihres Lebens schonen solte. Dieses ward zugesaget/ und beschwo- ren. Mehr als 400. wurden mit Boͤthen zu den Spaniern uͤber- gesetzet/ welche sie alle gebunden in die Vestung fuͤhreten/ und allda gantz Treuloß/ wider alle gegebene und beschworne Parole, erstachen. Die Leichen warff Melandez in ein grosses Feuer/ den Ribald selbsten zerhieb er in 4. Stuͤcken/ und hieng die Stuͤcke rings um den Wall/ seinen abgeschornen Barth aber schickte er nach Sevilien. Diese unerhoͤrte Grausamkeit/ die man an seinen Unter- thanen veruͤbet/ zog ihm der Koͤnig in Franckreich/ Carl der IX. nicht einmahl zu Gemuͤthe/ vielleicht auß einem lieff-eingewur- tzelten Haß wider den Koligni, der zu dieser Raͤyse nach Florida befoͤrderlich gewesen. Ja/ die von der Reformi rten Religion vermuthen/ es sey ein angelegtes Stuͤcklein gewesen/ und daß man mit gemeltem Zug nichts Gutes im Sinn gehabt/ weil nicht allein die Huͤlffs-Voͤlcker vorbedaͤchtlich zu spaͤt gekom̃en/ sondern auch selbst der heimliche Anschlag/ den man dem See- Obristen anbefohlen/ den Spaniern zugeschrieben worden. Aber/ ob schon die Frantzoͤsische Krone das unmenschliche Ver- fahren Romans II. Buch. fahren der Spanier in Carlsburg weniger als nichts achtete/ so gienge es doch dem Dominicus Gurgius, der ihm auch vor- nahm/ die Spanische Grausamkeit zu raͤchen/ sehr zu Hertzen. Zu dem Ende verkauffete er seine Guͤther/ nahm 200. Solda- ren/ und 80. Boots-Gesellen an. Mit diesen versahe er 3. gemeine Schiffe/ und gab fuͤr/ daß er nach Brasilien seegeln wolte. Aber er lieff gerade auf Florida zu/ und begab sich allda zu Land. Sa- turiona, der Koͤnig in Florida, empfienge ihn uͤber die Massen freundlich/ klagete uͤber der Spanier Tyranney/ und ließ seinen Bluts-Verwandten Olotokara, mit einer grossen Macht/ zu ihm stossen. Die Spanier hatten nicht allein Carlsburg staͤrcker gemacht/ sondern auch noch 2. andere Vestungen zu beyden Sei- ten deß Flusses Majo gebauet. Jn diesen beyden Vestungen lagen mehr/ als 400. außerlesene Kriegs-Leute zur Besatzung/ die 2. Neuen hielten nicht lange/ und die Besatzung/ welche die Flucht in einen naͤchst-gelegenen Busch genommen/ siel in der Jndianer Hand/ 30. wurden gleich niedergehauen/ und die uͤbrige 90. zu einer offentlichen Schlachtung versparet. Nach diesem leichten Sieg ruckete man vor Carlsburg/ da die Fran- tzosen mehr Widerstand wuͤrden gefunden haben/ wann Kasa- nova nicht 60. Spaniern/ welche einen Außfall gethan/ den Ruckweg abgeschnitten/ und sie alle mit einander nieder gestos- sen. Der Befehlhaber sahe die Niederlage/ flohe nach dem Wald zu/ kehrete aber wieder zuruck/ zu den Frantzosen/ weil das gantze Gepuͤsche mit Floridanern besetzet war. Er bath fuͤr sich/ und seine Voͤlcker um Lebens-Verschonung. Aber Gurgius drange auf sie zu. Sie warffen das Gewehr von sich/ wurden gefangen/ und an den naͤchsten Baͤumen auf geknuͤpffet/ weil sie so Treu- loß und grausam vor 3. Jahren an eben demselben Ort mit den Frantzosen gehandelt. Es seynd aber die Frantzosen selbst so ftomme Schaͤflein nicht/ sonderlich/ wann sie den Meister spie- len. Man erinnere sich nur/ wann anders nicht ohne das die Ge- daͤchtnuͤß noch mehr/ dann gar zu frisch/ was fuͤr unmenschliche Tyranney sie vor kurtzer Zeit bey Bodegrave, und da herum/ im Niederland veruͤbet/ wie sie wider Gebaͤu und Menschen geto- bet/ die Leute erwuͤrget/ verbrennet/ die Jungfrauen zu todt ge- schaͤndet/ oder/ wann sie solchen schaͤndlichen Gewalt noch uͤber- lebet/ hernach lebendig unters Eyß/ oder ins Feuer gestoffen/ die Kinder bey den Fuͤssen auß der Wiegen gerissen/ wider die Mau- ren geschmissen/ und zerschmettert/ und kurtz zu sagen/ also ge- wuͤthet/ daß Tuͤrcken und Tartarn dargegen fuͤr Engel zu ach- S s s 5 ten. Deß Academi schen ten. Welcher verdammter Frevel/ wo nicht hier/ doch gewiß dort in der Ewigkeit seine Straffe wird empfinden. Wiewol ohne Zweiffel auch noch auf dieser Welt mancher die Zorn-Ruthe Goͤttlicher Rache darvor rechtschaffen suͤhlen durffte/ und aufs wenigste sein foltrendes boͤses Gewissen zum Hencker bekommen. Unter diesem und derglichen Discurs en vollbrach- ten sie ein gut Stuͤck Weges/ und wir goͤnnen ihnen einen guten Wind und stille See/ um ihren verlang- ten Hafen fordersamst zu erreichen/ kehren uns aber unterdessen nach der uͤbrigen Gesellschafft/ zu sehen/ in was fuͤr Noth dieselbe anjetzo stecken moͤge. Der Frantzoͤsische Schiffer fuhr mit ihnen nach der mit dem Corsaren gehabten Rencontre, geschwinde fort/ um den Hafen Famagusta zu erreichen/ allwo er sich außbesserte/ und etliche Tage still lag/ da dann Con- dado und seine Leute Zeit gnug hatten/ den Verlust deß ehrlichen Klingenfelds zu bejammern/ welcher ihnen uͤberauß nahe an das Hertz tratt. Nachdem endlich das Schiff sich zur Nothdurfft repari rt/ und mit dem Jenigen versehen hatte/ was es verlangete/ lieffen sie wieder in die See/ aber zu ihrem Ungluͤck stieß ihnen am folgenden Tag/ da sie schon die Syri- sche See-Kuͤste im Gesicht hatten/ ein Rauber von Tripolis auf/ der zwar etwas kleiner/ als der Vorige/ aber seine Gallee geprofft voll Volck fuͤhrete/ mit diesem fochten sie 3. gantzer Stunden/ und meyneten nunmehro sich gnugsam loßgefochten zu haben/ als der vorige Corsar auch heran ruderte/ der so grimmig auf die andere Seiten deß Frantzoͤsischen Schiffs fiel/ daß dasselbe/ weil es nicht Volck gnug hatte/ zwo Stunden hernach voͤllig erstiegen und erobert ward. Damahl wolte der Frantzoͤsische Capitain viel Pro- testi rens machen/ indem er hinlieff/ seinen Paß zeige- te/ und behauptete/ daß er auß Franckreich komme/ und lauter Frantzoͤsische Waaren fuͤhre. Aber sie spotte- Romans II. Buch. spotteten seiner/ und sagten: Wann er ihnen solches vor dem Gefecht gezeiget/ so haͤtte er wol damit koͤn- nen loßkommen/ aber weil er ihrer so viel nicht geach- tet/ und es zum Streit haͤtte kommen lassen/ achteten sie ihn nun fuͤr ihren Feind/ ob sie gleich sonsten mit Franckreich in Frieden lebeten. Also muste sich der Capitain in sein Ungluͤck schicken/ alle und Jede auf dem Schiff befindliche Menschen ohne Unterschied wurden gefangen genommen/ da es dann den Con- dado und seine Leute zum andern mahl betraff. Die 2. Raͤuber theileten aber die Leute und uͤbrige Beute also/ daß zwar Condado, Troll und Venereus mit Ce- rebacchio bey einander blieben/ aber Cavina ward zu anderer Gesellschafft gebracht/ und muste er mit vielen Frantzosen auf der kleinern Gallee wegziehen. Der vorige Corsar bohrete das fast gantz rett-lose Fran- tzoͤsische Schiff endlich in Grund/ und lieff mit seiner Beute nach Tripoli in Syrien/ allwo er den Capi- tain frey erklaͤrete/ aber die uͤbrigen Frantzosen und den Condado mit seinen Leuten/ botte er feil. Er waͤre wol schwerlich hieher gekommen/ wann er nicht mit einem rechten Menschenkauffer/ der allhier wohn- hafft/ und ein Jude war/ bekandt waͤre gewesen. Die- ser Jud hatte seine gewisse Tuͤrcken/ denen er Geld vorstreckete/ Christliche Sclaven zu kauffen/ weil er selber keine halten oder kauffen durffte/ er hielte es aber mit den Tuͤrcken also/ daß er allemahl den groͤ- sten Gewinn von dem Loͤse-Geld zog. Dieser Jud kam mit seinen Tuͤrcken bald zum Marckte/ da die Gefangene wie das Vieh in Ketten bey einander stunden/ und besahe sie. Die Tuͤrcken musten han- deln/ aber der Jud examini rte die Sclaven. Conda- do nennete sich einen Soldaten auß Lombardie, so nach Dalmatien in Venenetianische Dienste mit sei- nen Deß Academi schen nen Cameraden Venereo und Troll gehen wollen. Cerebacchius aber gab sich vor einen Studenten auß Teutschland auß/ wie auch die Warheit war. Als Venereus nun absonderlich befraget ward/ stimmete er mit Condado uͤberein/ und wie der Jud den Troll fuͤrkriegte/ sprach er zu ihm: Wir wissen schon/ was ihr vor Leute seyd/ darum bekenne du nur/ so solt du alsobald deine vorige Freyheit geschenckt bekommen. Troll lachete jetzo und sprach: Mauschel/ bist du nicht ein Narꝛ/ du sagest/ du kennest uns schon/ war- um soll ich dir es dann allererst sagen? Als der Cor- sar den Troll also reden hoͤrete/ ließ er ihm etliche Pruͤgel-Streiche geben/ welches den Troll sehr ver- droß/ daß er zum Juden tratt/ und ihm eine wolge- messene Ohrfeige gab/ mit diesem beyfuͤgen: Du schaͤndlicher Schacherer/ soll ich deinethalben Strei- che empfangen/ viel lieber wolte ich dir das Leben nehmen? Hierauf ward Troll zur Straff von 100. Fuß-Streichen condemni rt/ der Jud aber bathe/ man moͤchte sie ihm noch nicht geben lassen/ er wolle vorher sehen/ ob alle Sclaven hurtig auf den Beinen waͤren. Also ward diese Straffe jetzo aufgehoben/ und muste ein Jeder ein Stuͤck Eysen von 85. Pfund auf die Schulter nehmen/ und darmit uͤber den Marckt lauffen/ so geschwind er kunte/ solches kam manchen gar sauer an/ und waren ihr viel/ welche solche Last nicht einmahl tragen/ geschweige damit schnell fortlauffen kunten. Condado ward wegen seiner zarten Glieder/ welche dem Juden gute Hoff- nung zu einem grossen Loͤse-Geld gaben/ der Last ent- schlagen/ er muste aber lauffen. Venereus trug die Buͤrde zwar/ aber er kunte kaum damit fortkommen/ und als Cerebacchius solche auf die Schultern be- kam/ rieff ihm Troll zu: Was gilts/ Camerad/ wann es Romans II. Buch. es eine so schwere Flaschen mit Wein waͤre/ sie solte euch nicht zu schwer zu tragen ankommen? Cere- bacchius antwortete: Ja/ ich wolte sie alsdann im Lauffen schon leichter machen/ aber dieses Eysen ist meinem Magen all zu schwer zu verdauen. Als end- lich die Reyhe an Trollen kam/ tratt er zu Condado, und sagte: Herꝛ/ ich wil den Schelmischen Juden diese Buͤrde auch empfinden lassen/ und hiermit nahm er das Eysen auf die Schulter/ und lieff schnell gnug uͤber den Marckt/ als er aber wieder zuruͤck kam neben den Juden/ glitschete er mit Fleiß zur Seiten auß/ und warff dem Buben das grosse Eysen recht auf den Leib/ daß derselbe wie ein geschlagener Ochs dar- nieder platzete/ und nicht allein einen Arm zerbrach/ sondern auf der Brust von dem Eysen auch sehr ge- quetschet ward/ daß keine Hoffnung zu seiner Wie- deraufkunfft war. Man brachte ihn zwar in ein Hauß/ aber er starb/ da die andern noch auf dem Marckt stunden/ und als Troll meynete/ dieses Un- gluͤck wuͤrde ihn sein Leben kosten/ da erfuhr man bald das Gegentheil/ dann die 2. Tuͤrcken/ fuͤr welche der Jud accordi rte/ lobeten seine That/ und sagten ihm zu/ daß sie ihn zwar kauffen/ aber hernach vor das hal- be außgelegte Geld ihn wieder frey geben wolten/ weil er dem Juden vom Brodt geholffen/ sintemahl sie demselben noch uͤber 4000. Kronen schuldig/ wor- vor sie nichts zu bezahlen gehalten wuͤrden/ wann sie nur dem Beg allhier den vierdten Theil der Schuld entrichteten; Dessen war unsere gantze gefangene Ge- sellschafft wol zufrieden/ und von Hertzen daruͤber er- freuet/ und darauf kaufften die Tuͤrcken alle Gefan- gene/ deren etwa 13. waren. Vor Condado, Vene- reum und Cerebacchium gaben sie zusammen 500. Kronen. Troll aber ward vor 200. Kronen allein er- han- Deß Academi schen handelt/ weil man ihn am hurtigsten im Lauffen und Lafttragen befunden hatte. Die Tuͤrcken vertheileten ihre Gefangenen/ den einen hier/ den andern dort hin/ und vermietheten die Meisten an andere Tuͤrcken zu schwerer Arbeit. Der Beg nahm auch etliche/ um Steine zu einem Thurn zu tragen/ den er am Hafen bauen ließ. Condado selber muste hieran arbeiten/ und die andern wurden an andere Orte vertheilet/ daß schier keiner bey dem andern blieb/ ohne daß das Gluͤck den Troll und Venereum bey einander ließ/ welches zu ihrem Vortheil gereichete. Das XLIII. Capitul/ Troll und Venereus kommen in ein Gefangen-Hauß zu Pto- lemais, allwo sie nebst andern Mit-Gefangenen uͤberauß seltzame Haͤndel mit dem Wirth haben. A Ls diese etwa 4. Wochen bey ihren Herꝛn gestan- den/ wurden sie uͤber Land nach Ptolemais oder St. Jean d’Acri gefuͤhret/ und daselbst einem Christen verhandelt/ dann es ist zu wissen/ daß allhier ein Christlicher Printz auß dem Geschlechte der alten Drusi wohnet/ welcher nicht allein uͤber diese Stadt/ sondern auch uͤber ein grosses Stuͤck in Syrien/ fuͤr- nemlich aber uͤber den Berg Libanon und Carmel sein Gebiet hat/ woselbst meist Griechische Christen wohnen/ gleichwie auch Ptolemais schier von lauter Christen bewohnet wird/ unter denen etliche sind/ die die Christliche Sclaven an sich handeln/ und bey weitem nicht so strenge halten/ wie die Tuͤrcken/ und also thun sie denselben einen grossen Dienst/ und pfle- gen sich wol zu loͤsen. Von solchen Leuten war auch der Christ/ der den Troll und Venereum um 400. Kronen zusammen kauffte/ weil sie aber sehr gute Tage allhier hatten/ kunten sie dieselben nicht wol er- tragen/ sondern begunten allerhand Possen nach ih- rer Romans II. Buch. rer Art zu treiben/ indem Venereus dem Griechischen Frauenzimmer nachgieng/ und solches gewaltig wol ins Netz zu locken wuste. Troll aber zanckete sich staͤts mit dem Volck im Hauß/ brach auch die Essen-Zim̃er auf/ und nahm darauß/ was ihm beliebte/ dannenhero der Christ/ ihr Patron, bey der Stadt Obrigkeit kla- gete/ und also wurden die zwey gute Gesellen auf das Gefangen-Hauß gebracht/ da sie eine schwere Kette an den einen Fuß bekamen/ welche sie nicht abschuͤt- teln kunten/ und hier solten sie so lange sitzen/ biß sie baͤndiger worden/ und zu ihrem Loͤse-Geld Rath schafften. Sie wurden allhier ziemlich gespeiset/ jedoch rechnete man ihnen das Speise-Geld Wochentlich vor eine Krone an/ an Wein kunten sie auch haben/ was sie verlangeten/ und solches alles musten sie von dem Wirth im Gefangen-Hauß nehmen/ der ihrer Person wol versichert war/ biß er seine Bezahlung hatte. Brandtewein aber ward ihnen nicht gerei- chet/ weil darauß vielmahls viel Streit entstanden/ wann sie sich darvon uͤbersoffen hatten. Es sassen in diesem Hauß verschiedene Personen mehr/ unter an- dern ein Maronitischer Pfaff/ welcher wol 3. Frauen zugleich hatte gehabt/ ein Officier deß Printzen/ der sich unterstanden hatte/ die umligende Tuͤrckische Doͤrffer zu Brandtschatzen/ und andere Leute mehr. Jnsonderheit war einer darunter/ der eine Frau wider ihrer Eltern Willen geheyrathet/ und schon ein Kind mit ihr erzeuget hatte/ weßhalben ihn seiner Frauen Eltern hieher hatten bringen lassen. Diese ehrliche Compagnie war ziemlich einig mit einander/ und durffte der Hauß-Wirth keinen darvon mit Schlaͤ- gen tracti ren/ sondern wann sie etwas verbrochen/ ward die Wacht geholet/ oder sie wurden auf Wasser und Brodt gesetzet/ und ihr Tisch-Geld gieng gleich- wol Deß Academi schen wol fort. Wann sie Abends schlaffen giengen/ wur- den sie nach kleinen dunckelen Koyn gefuͤhret/ da Zween und Zween in einem schlechten Bette vorlieb nehmen musten. Hielten sich nun diese Gefangenen wol/ und der Wirth hatte keinen Verdacht auf sie/ so ließ er sie wol bißweilen außgehen/ und solcher Ge- stalt gieng Venereus offt auß/ jedoch daß er allwege seine schwere Kette am Fuß schleppete/ welche er aber aufzuziehen wuste/ daß man sie nicht viel rappeln hoͤ- rete. Solcher Gestalt machte er sich bekandt in der Stadt/ und sammlete noch offt einen Pfenning/ den er extra verzehren kunte. Als einsmahls Troll in der Nacht bey ihm lag/ klagte derselbe uͤber grosse Bauch-Schmertzen/ und wuͤnschete nichts mehr/ als ein Truͤncklein Brandte- wein. Venereus sprach: Gut/ gut/ darzu wollen wir schon kommen/ er sprang auf/ nahm einen langen schmahlen Strick/ und band eine kleine glaͤserne Fla- sche daran/ steckete solche durch das eyserne Gitter- werck eines Mauerlochs hinauß/ und schrye: Guͤckery kuͤ/ kuͤ/ wie ein junger Hahn. Die in dem andern Kayn wusten nicht/ was solches bedeutete/ laureten demnach fleissig auf. Troll selber fragete: Was er damit wolte. Ach ihr seyd wol einfaͤltig/ sprach Vene- reus, ihr koͤnt ja wol gedencken/ daß das geile Frauen- zimmer auf solch Hahnen-Geschrey bald erwachet/ ich habe mit unserer Nachbarin selber deßfalls schon Abrede genommen/ und wann ich das Hahnen-Ge- schrey beginne/ so wird sie bald mit Brandtewein hertretten. Wie er nun inzwischen den Strick mit der Flaschen hinab laͤsset/ bricht derselbe/ und die Fla- sche faͤllet an Stuͤcken. Venereus nicht falu/ erwischte einen Hut/ welcher einen zarten Bind-Faden um sich hatte/ solchen loͤsete er ab/ und ließ ihn zum Loch hinauß/ Romans II. Buch. hinauß/ an welchen die Nachbarin Statt der Fla- schen ein zinnern Buͤchslein voll Brandtewein band/ wie solches die Kinder zugebrauchen pflegen/ wann sie von der Mutter-Brust gewoͤhnet werden/ um Milch oder etwas anders auß einer Roͤhr darvon zu trin- cken/ dahero man es eine Saͤuge-Buͤchs/ oder in Nieder-Sachsen ein Nuͤnnecken zu nennen pfleget. Venereus zog solche Buͤchse herein/ und kannte sie bald/ setzete sie an den Mund/ und nahm einen guten Schlurff zu sich/ uͤberreichte sie hernach dem Troll/ und sagte: Da saufft nur/ es schmecket warlich gut. Troll setzte das unterste Ende an den Mund/ und wu- ste nicht/ wie er daran war/ daß solches verschlossen war/ dann im Dunckeln kunte er nichts sehen; Er empfand aber/ das durch das umgekehrte Roͤhrlein die Tropffen herauß fielen/ dannenhero sprach er: Wie mach ichs/ hier ist kein Loch/ und dannoch zapffet der Brandtewein auß? Venereus hielt ihm die Roͤhr zum Mund/ und also tranck Troll/ muste aber her- nach lachen/ daß dieses das erste mahl/ daß er auß ei- ner Kinder-Buͤchsen Brandtewein getruncken haͤtte. Als auch die andern von ihrer Gesellschafft darvon zu hoͤren bekommen/ musten sie deß Possen von Hertzen lachen. Wann deß Nachts die Wacht vorbey gieng/ und rieff/ so fiel Troll in ein Mauer-Loch/ und schalt sie auf allerhand Weise auß/ alsdann muste der Wirth aufmachen/ und seine Gaͤste besichtigen/ aber da schlieffen sie alsdann alle mit einander/ und war keiner schuldig daran. Sie warffen auch wol mit Steinen nach der Wacht/ und hatten viel seltzame Possen im Gefangen-Hause. Wie auch der Wirth erfuhr/ daß man Brandtewein in der Nacht in das Hauß bekommen hatte/ wolte er den Thaͤter wissen/ und drohete ihm mit Schlaͤgen. Sie warffen sich T t t aber Deß Academi schen aber alle auf/ und behaupteten/ daß er nicht Macht haͤtte/ sie zu schlagen/ und so fern er es thaͤte/ solle er ihre Gegenwoͤhr schon empfinden. Troll ließ ihm von derselben Stunde an die Haare auf dem Kopff gantz kahl wegnehmen/ um auf allen Fall einen Gang mit dem Hospes zu gehen/ darzu fand er auch bald Gelegenheit wegen der Speisen/ dann der Wirth speisete gemeiniglich mit ihnen an einer Tafel/ und auß einer Schuͤssel/ aber die Frau setzte ihm doch all- wege das Beste fuͤr. Als sie nun zwo Schuͤsseln mit frischem Kohl-Sallat bekamen/ und die eine mit den Hertz-Kraͤpfflein oben vor die Wirths-Stelle/ die andere aber mit dem Außschuß hinunter fuͤr die Ge- fangenen gesetzet ward/ da schob Troll die schlechte Schuͤssel hinauf zu deß Wirths Stelle/ der noch nicht zu Tisch kommen war/ und nahm dargegen den gu- ten Sallat/ und verzehrete ihn mit den andern Gaͤ- sten. Wie nun der Wirth kam/ und den schlechten Sallat vor sich fand/ fluchte er gewaltig/ rieff der Frauen/ und warff ihr die Schuͤssel uͤber den Tisch zu/ sagend: Da friß diesen Schwein-Tranck selber/ kanst du mir nichts bessers geben? Die Frau entschul- digte sich/ daß sie ihm eine Schuͤssel mit gutem Sallat fuͤrgesetzet/ und also wolte er wissen/ wer denselben verzehret haͤtte? Troll nicht faul/ sondern stund auf/ und sprach: Wir haben den Sallat verzehret/ und ich habe ihn verwechselt/ wer hat euch befohlen/ bessere Tractament en zu geniessen/ als wir? Jhr habt den schiechten Sallat vor einen Schwein-Tranck ge- scholten/ wie solten wir ihn dann geniessen/ da wir doch keine Schweine sind? Gebt uns hinfuͤhro was Gutes auf die Tafel/ so geniesset ihr selber etwas mit darvon/ oder wir wollen allemahl mit in eure Schuͤssel langen. Dieser frechen Rede war ihm der Wirth Romans II. Buch. Wirth bey Troll nicht vermuthen/ sprang demnach vom Tisch auf/ und wolte ihn bey den Haaren zur Erden werffen/ aber dieser hatte zu dem Ende schon einen kahlen Kopff gemacht/ dahero rungen sie mit einander/ und theileten Schlaͤge um Schlaͤge auß. Troll kam zwar unten zu ligen/ aber die Mit-Gefan- genen sprungen herzu/ und wolten sie von einander scheiden/ in welchem Tumult doch der Wirth die meiste Schlaͤge bekam/ daß er endlich wolgeplaͤuet darvon schied/ und sich zu raͤchen drohete/ dessen doch die andern mit einander lacheten/ ohne einer/ der es allwege mit dem Wirth hielte/ und demselben alles anbrachte/ was die andern heimlich berathschlageten/ dieser war ein Kauffmann gewesen/ saß aber um Schulden halben hier. Es kam auch deß jenigen Frau bißweilen zu ihrem gefangenen Mann/ den ihre El- tern dahin hatten setzen lassen; Diese/ als eine geile Dame, kam nur/ um bey ihm zu schlaffen/ aber der Wirth wolte ihr solches nimmer gestatten/ und wann sie bey Abend-Zeiten in der grossen Stuben ziemlich spaͤth bey der Gesellschafft blieb/ kunte sie der Wirth nicht herauß treiben/ wol wissend/ daß sie in Gegen- wart der uͤbrigen Gefangenen nichts Eheliches fuͤr- nehmen koͤnten. Solches klagte der Mann unserm Troll/ und bathe ihn/ es dahin zu bringen/ daß er ohn- vermercket eine halbe Viertel-Stunde bey seiner Frauen allein bleiben koͤnte. Troll sagte solches dem Venereo, welcher ein Mittel an die Hand gab. Wie nun die Frau einsmahls gegen Abend wieder kam/ hatte es der Wirth von dem einen Verraͤther schon erfahren/ was man fuͤr Abrede genommen/ dannen- hero hatte er einen Corporal mit 5. Maͤnnern von der Wacht kommen lassen/ welche verhuͤten solten/ daß Mann und Frau nicht zusammen kaͤmen. Vene- T t t 2 reus Deß Academi schen reus aber hatte inzwischen/ weil er damahl im Regen außgewesen/ seinen nassen Rock neben dem Camin gantz außgespreitet aufgehangen/ langte darauf ein grosses Buch herfuͤr/ so er von einem Teutschen/ der allhier wohnete/ geliehen bekom̃en/ darinn die Persis. Raͤyse-Beschreibung Herꝛn Olearii war/ so bald er solches auf den Tisch geleget/ begunte er die Kupffer- Stuͤcke zu explici ren. Die Waͤchter/ und alle Mit- Gefangenen stunden um ihn herum/ und weil sie der- gleichen ihr Lebtag nicht gesehen/ noch gehoͤret hatten/ waren sie sehr begierig/ und mercketen genau auf sei- ne Rede. Troll aber/ und etliche andere/ redeten sehr laut/ und widersprachen ihm offt mit angestelltem Fleiß/ daß sich ein disputi ren erhub/ daruͤber man kaum sein eigen Wort vernehmen kunte. Unter diesem Tumult nahm der Mann seine Frau/ fuͤhrete sie un- vermerckt hinter den außgespanneten Rock/ und sagte ihr etwas heimliches ins Ohr/ aber zuletzt hoͤrete man seine Kette knickern/ knackern/ klinckern/ klunckern/ daher sich die Waͤchter umsahen/ und deß Handels nicht ehe gewahr wurden/ biß er schon voͤllig verrich- tet war. Sie sprungen darauf zu/ und wolten die Frau mit Gewalt hinauß schleppen/ indem sich aber die andern bemuͤheten/ die Waͤchter zu beguͤtigen/ buckete sich Troll/ und nahm gantz unvermerckt das eine Ende an deß Manns Ketten/ und schloß solches um der Frauen Fuß/ daß es der Wacht unmoͤglich war/ ohne Schluͤssel das Schloß aufzumachen/ sie schalten demnach sehr auf den Troll/ sandten hinauß/ und liessen die Gefangen-Schluͤssel von dem Wirth fordern. Dieser kam auß seinem tieffen Schlaff her- fuͤr/ brachte zwar etliche Schluͤssel herfuͤr/ aber den Rechten hierzu hatte seine Frau/ die uͤber Nacht in dem Garten vor der Stadt blieben war/ mit hinauß genom- Romans II. Buch. genommen/ dahero meynete er fuͤr Zorn zu boͤrsten/ doch muste er sich zufrieden geben/ weil Mann und Frau diesen Abend nicht kunten von einander getren- net werden. Der Corporal kam darauf uͤber Troll her/ und zauseten sich diese mit einander wacker her- um/ biß endlich der Wirth einen Waͤchter zu den zu- sammen geschlossenen Ehe-Leuten ordnete/ und den Ubrigen Ordre gab/ die Gefangenen mit einander in ihre Kayn zu fuͤhren. Diese wolten darbey auch ihre Kurtzweil haben/ stelleten sich demnach/ als wolten sie auß der Stuben nicht weichen/ dahero allemahl vier Waͤchter einen darvon bey Haͤnden und Fuͤssen nah- men/ und ihn mit grosser Muͤhe zwey hohe Treppen hinauf schleppeten/ daß ihnen der Schweiß daruͤber bey den Ohren herunter lieff. Als die Reyhe an Venereum kam/ ließ er sich auch also hinauf schleppen/ und das zwar im Dun- ckeln/ dann man gestattete den Gefangenen auß der grossen Stuben kein Liecht/ und Troll stellete sich jetzo etwas wilder/ als die andern/ wannenhero sie ihm etliche mahl einige Puͤffe in die Seiten versetzeten/ welches er zu revengi ren bedacht war. Wie sie dem- nach vor seine Kay kamen/ setzten sie ihn nieder/ und er sprach zum Corporal: Ey guter Freund/ ihr habt grosse Muͤhe mit uns gehabt/ es ist billich/ daß wir euch dessen entgelten lassen/ wir haben eure Freund- schafft doch mehr noͤthig/ darum kommet mit mir her- ein/ ich habe einen guten Trunck Brandtewein/ dar- durch sollet ihr eure Hertzen rechtschaffen wieder la- ben. Der Corporal ließ sich bereden/ und gieng mit hinein/ und wie seine Waͤchter auch folgen wolten/ bedeutete er ihm/ daß er nicht vor diese Leute/ sondern nur vor ihn allein etwas haͤtte. Also befahl dieser den andern/ wieder hinunter zu gehen/ und seiner in T t t 3 der Deß Academi schen der grossen Stuben zu erwarten. Er aber tratt mit Troll zu dem Bette/ allwo ein eyserner Uberwurff war/ welchen er/ gleichwie der Wirth an den Gefan- genen sonst zu thun pflegte/ ihm unvermuthlich uͤber den Kopff warff/ dardurch ihm dann alle Macht be- nommen ward/ seine Haͤnde zu ruͤhren oder zu brau- chen/ darauf nahm Troll einen Pruͤgel/ und schmierte ihn dicht ab/ und weil er sich nicht defendi ren kunte/ schrye er Mordio und gar klaͤglich um Huͤlffe/ und ob zwar seine Helffers-Helffer vor der Thuͤr bald erschie- nen/ war doch solche so wol verwahret/ daß sie keines Weges hinein kommen kunten. Troll schlug immer/ und sagte: Siehe da du Schelm/ warum hast du mir den Brandtewein außgesoffen/ was du nicht bezahlet hast/ das solt du mir ein ander mahl wol lassen. Ob nun gleich der arme Corporal keinen Brandtewein zu schmecken bekam/ als welcher inzwischen von Troll und Venereo außgesoffen ward/ so muste doch der Corporal die Schuld haben/ und als der Wirth end- lich darzu kam/ und ihnen befahl/ die Thuͤr aufzu- machen/ da gab ihm Troll zur Antwort: Ja/ komm du Bube nur auch herein/ wir wollen dir eben solchen Lohn geben/ weil du uns diesen Dieb hast auf den Leib gesandt/ daß er uns unsers Lab-Ttuncks beraube. Als endlich die Waͤchter an der Thuͤr Gewalt brau- chen wolten/ da ward der Corporal von neuem ge- pruͤgelt/ und gezwungen/ seinen Leuten zu befehlen/ daß sie hinunter giengen. Wie solches geschehen/ da getrauete sich der Wirth auch nicht allein hier zu blei- ben/ und also ward der Corporal wieder loß gelassen/ der dem Himmel danckete/ daß er mit dem Leben noch waͤre darvon kommen. Am folgenden Tage ward eine grosse Klage bey der Obrigkeit uͤber diese Ge- waltthat angestellet/ welche 2. Deputi rten in das Ge- fangen- Romans II. Buch. fangen-Hauß sandte/ die Sache zu untersuchen/ aber Troll und Venereus wusten sich dergestalt zu verant- worten/ daß sie Recht behielten/ und der Wirth einen guten Außbutzer bekam/ welcher diesen zum Possen/ und um sich zu revengi ren/ alle Nacht/ wann sie schlaf- fen giengen/ außwendig ein Schloß vor die Thuͤr hieng/ daß sie nicht herauß kommen kunten/ biß es ihm gelegen war/ und solte es auch allererst spaͤth auf den Mittag seyn. Troll und Venereus wurden dardurch abgeschnitten von dem Ort/ da sie und die andern Gefangenen sonsten ihre Nothdurfft zu thun pflege- ten/ und ob sie gleich einen Topff hatten/ war es ih- nen doch verdrießlich/ solchen damit zu beladen/ wor- durch sie die gantze Zeit uͤber hernach in boͤsem Ge- ruch zubringen musten/ dannenhero besonnen sie sich auf eine andere List. Zu allem Gluͤck lag ihre Kam- mer uͤber der Kuͤchen/ und zum Theil uͤber deß Wirths Schlaff-Kammer/ in diesem letzten Theil bohreten sie/ in Abwesen deß Wirths/ ein ziemliches Loch durch die Dielen/ wormit der Boden ihrer Kayn beleget war/ und gossen am folgenden Morgen/ da der Wirth eben aufstund/ den gantzen Nacht-Topff in seine Kammer hinab/ daß er/ ehe er es innen ward/ einen guten Theil darvon auf seine Kleider bekam/ er fieng hieruͤber an zu fluchen/ und zu donnern/ und ob gleich Troll und Venereus sich verantworteten/ daß sie nicht zum rechten Ort der Heimlichkeit gelangen koͤnten/ weil er ihnen die Thuͤr versperret haͤtte/ so halffe es doch nicht/ sondern er lieff mit dem besudelten Kleide hin zur Obrigkeit/ und machte seiner Sache damit einen grossen Schein/ daß dieselbe ihm Macht gabe/ die zween specifici rte Gefangenen auf Wasser und Brodt sitzen zu lassen. Nun meynete der Wirth ein gefundenes Fressen T t t 4 zu Deß Academi schen zu haben/ und hoffete er die Pursch nunmehro anders zu Chor zu treiben/ dannenhero schlosse er ihre Kayn gaͤntzlich zu/ und nachdem er ihnen angedeutet/ worzu sie condemni rt waͤren/ ließ er ihnen eine Kanne voll Wasser/ und Jedem ein Waͤitzen-Brodt von ander- halb Pfund auf den Tag reichen. Diese Condemni r- te offenbahrten solches ihren andern Cammeraden bald durch die Loͤcher der Kaͤyen/ welche sehr schwuͤrig daruͤber waren/ dannenhero wie sie uͤber Tisch kamen/ und anfiengen zu essen/ nahm ein Jeder ein besonder Stuͤck von allen Geruͤchten/ und ein Stuͤck Brodt/ ja es ward auch etwas Wein an die Seite gesetzet/ und als der Wirth fragete/ was solches bedeuten sol- te? Gaben sie ihm zur Antwort/ das ist fuͤr die einge- sperrete Gefangene/ welche sich noch nicht gegen euch verantwortet haben/ und dannoch zu Wasser und Brodt verurtheilet sind. Meynet ihr/ ihr wollet euer Wochen-Geld vollauf ziehen/ und die Leute mit Wasser und Brodt hinhalten? Keiner Weges/ man moͤchte hiernaͤchst mit uns auch also umspringen/ die- ses sollen die Gefangenen essen. Der Wirth protesti- rete sehr hart wider Gewalt/ gieng abermahl zur Obrigkeit/ und erhielte die Confirmation der vorigen Senten tz/ jedoch also/ daß die benannten 2. Muthwilli- gen nur auf 6. Tage also sitzen solten. Und dafern die andern Gefangenen abermahl den Verurtheilten Speise zuzubringen erkuͤhnen wuͤrden/ solten sie durch die Wacht darvon abgehalten werden. Wie sie nun am Mittag uͤber der Mahlzeit erschienen/ kam ein Diener von der Obrigkeit/ und brachte diesen Außspruch muͤndlich herfuͤr/ darauf ließ der Wirth die Wacht holen/ welche bey Tisch stund/ und zusahe/ ob die Essenden den Wirth auch weiter molestir en moͤchten. Der Corporal sahe den Rittmeister/ mit welchem Romans II. Buch. welchem er jenes mahls auch viel zu thun gehabt/ zwar grimmig an/ durffte sich aber ohne gegebene Ge- legenheit an ihm nicht vergreiffen/ dieser hingegen lachete/ und sprach: Jhr Herren Bruͤder/ sind wir nicht brave Leute/ die wir jetzo speisen/ und so viel Auf- waͤrter hinter uns haben. Die Mit-Gefangenen lacheten mit/ und sprach der Priester: Es ist billig/ daß wir unsere Diener bedencken! Er schnitte auch ein Stuͤck Fleisch herunter/ und etliche andern folge- ten ihm darinnen nach/ welches sie der Wacht uͤber- reicheten/ und diese/ als armseelige verhungerte Leute/ nahmen es auch willig an/ und verzehreten es auf der Uberreicher Gesundheit/ welches dem Wirth aber- mahl einen Stich im Hertzen gab. Dahero gieng er hin zur Obrigkeit/ und verklagete seine Gefangene von neuem/ und der Diener kam abermahl/ und be- deutete den Gefangenen/ sie solten darum losen/ daß ihrer drey/ gleich Troll und Venereo, auf Wasser und Brodt sitzen solten/ weil sie den Wirth also vexirten. Weil solches nun die Gefangenen nichts achteten/ loseten sie willig/ und traff das Loß den Officirer/ den Pastor n/ und den Jenigen/ welcher die Gefangenen so offt bey dem Wirth angab/ und mit demselben hielte. Also ward der Officirer zum Pastor n geleget/ und der Dritte/ so Gomery hieß/ blieb allein. Die Gefangenen nahmen zwar ihr Brodt und Wasser an/ liessen es aber stehen/ und assen oder truncken nicht das Gering- ste darvon/ dann so bald solches in der Stadt ruchbar worden/ daß 5. Gefangene auf Wasser und Brodt sassen/ da kamen die Burger der Stadt auß grossem Mitleyden haͤuffig herein zu ihnen/ und brachten ih- nen mehr von niedlichen Speisen/ als sie verlangeten. Alle Abend rieff Venereus sein gewoͤhnliches Kuͤkery ky/ ky. Und alsobald bekam er Wein und Brandte- T t t 5 wein. Deß Academi schen wein. Es ward aber auf deß Wirths Anstifften auch dieses verhindert/ daß die Burger nichts mehr ein- bringen durfften/ sondern/ wann sie etwas haben wol- ten/ solten sie es absonderlich bezahlen. Darauf wur- den unsere Gefangene Rathschluͤssig/ entlehnten Geld/ und kaufften magere junge Huͤhner und Ca- paunen/ denenselben brocketen sie alles Brodt vor/ so man ihnen taͤglich reichete; Sie selber aber bekamen an Seilen deß Nachts/ und durch andere Behendig- keiten schon etwas zu essen und zu trincken/ und weil der eine Gefangene Gomery, wie der Jenige bezeu- gete/ so deß Nachts bey ihm schlieff/ vom Wirth heimlich etwas zu essen bekam/ da erzuͤrneten sich die andern daruͤber/ und suchten ihm einen Possen zu thun. Sein Cammerad/ so den andern Gefangenen getreu war/ hieß Giurgi, dieser uͤberlegete die Sache mit den andern/ ihre Kaͤy ware uͤnter der/ darinn der Pastor lag/ also ließ man/ wie er in der grossen Stu- ben war/ eine starcke Chorde auf sein Bett/ daran das Haupt-Kuͤssen bevestiget ward. Wie er nun schlaffen gangen war/ sprach Giurgy: Bruder/ was sehe ich? Jener der ohne dem sehr scheu war/ forsche- te/ was er dann sehe? Jch sehe/ sprach dieser/ einen Esel mit einem Menschen-Kopff dort vor dem Fenster stehen/ welcher Mine machet/ als wolte er einen Sprung nach unserm Bette thun. Gomery verkroche sich unter die Decke/ aber Giurgy sprach: Es wird gut seyn/ wann wir um ein Liecht anhalten/ sonst solte ein Mensch in solchem Fall leicht verzagen/ oder ver- zweiffeln koͤnnen. Er stund also auf/ und indem er an der verschlos- senen Thuͤre rappelte/ zog der Priester die Chorde/ samt dem Kuͤssen/ unter Gomery herfuͤr/ nach der Buͤhne/ daß dieser erschrack/ und uͤberlaut zu schreyen anfieng. Romans II. Buch. anfieng. Er rieff dem andern zu/ das Esels-Gespenst habe ihm das Kuͤssen unterm Kopff weggerissen/ und tringe auf ihn loß. Jndem er aber also im Bette sas- se/ machte der lustige Priester die Chorde oben loß/ und ließ das Kuͤssen wieder fallen/ welches dem furchtsamen Gomery recht auf den Kopff fiel. Hier- uͤber erschrack Gomery noch mehr/ und rieff: Ach Giurgy, kommt mir zu Huͤlffe/ das Gespenst wil mich steinigen. Dieser haͤtte fuͤr Lachen schier seine Lippen zerbissen/ doch zwang er sich/ lieff von der Thuͤre zu ihm/ und thaͤte ihm Beystand. Gomery fuͤhlete nach dem Kopff/ und bildete ihm ein/ er sey verwundet/ derowegen klopffete er so lange/ biß der Wirth mit ei- nem Liecht herauf kam/ und diesem klagete er seine grosse Noth; Wie er aber keine Wunde/ viel weniger eine Beule fand/ da sprach der Wirth: Was gilt es/ Gomery, die andern Gefangenen vexiren euch? Er aber betheurete/ daß ein Gespenst bey ihm gewesen/ beschriebe ihm auch/ wie es außgesehen/ da er es doch selber nicht gesehen hatte. Am folgenden Tag ward dem Gomery abermahl vom Wirth vergoͤnnet/ wider der Obrigkeit Befehl/ auß seiner Kaͤy zu gehen/ wel- cher Gelegenheit sich Giurgi, welcher frey ab- und zu- gehen mochte/ bedienete. Und nachdem er sich mit de- nen droben beredet/ sam̃lete er einen alten Sack voll schimmerenden faulen Holtzes/ legete dem Gomery solches unter das Hauptkuͤssen/ machte den Sack/ samt dem Kuͤssen/ an die herab gelassene Chorde wie- der vest/ und als sie Abends zu Bette giengen/ ersuch- te er den Wirth/ etliche von der Nacht-Wache bey ihm und seinem Cammeraden zu wachen/ damit sie nicht durch das Gespenst in Verzweifflung gebracht wuͤrden. Es kamen also 2. Waͤchter/ welche im Tun- ckeln bey dem Bette sassen. Aber sie hoͤreten von oben herab Deß Academi schen herab allerhand Schelt-Worte auf sie loß donnern/ dahero es an ein gewaltiges Schmaͤhen gieng/ daß der Wirth nicht schlaffen kunte/ welches ihm aber- mahl eine neue Aergernuͤß erweckete. Endlich hielten die droben ein/ und stelleten sich/ als waͤren sie einge- schlaffen. Bald hernach fieng Giurgy abgeredeter Massen wieder an/ rieff dem Gomery, und sprach: Siehest du dorten einen grossen Drachen/ der sein Maul weit aufsperret? Gomery sprach: Laß ihn nur zufrieden/ wir wollen ihn nicht reitzen. Zu den Waͤch- tern aber rieff er/ sie solten ihre Saͤbel zucken/ und ihn vor dem Drachen/ wann er ja naͤher kommen solte/ beschirmen. Diese/ ob sie gleich nichts sehen kunten/ begunten am gantzen Leib zu zittern/ weil Giurgy nicht abließ/ deß Gespenstes abscheuliche Gestalt zu beschreiben. Gleich hierauf zog der Priester den Sack und das Kuͤssen auf einmahl mit grossem Ungestuͤm̃ in die Hoͤhe/ da dann der Sack zerrisse/ daß das leuchtende Holtz allenthalben wie Feuerfuncken auf und neben das Bette fiel. Da erhub sich nun ein gros- ser Tumult; Gomery so wol/ als die Waͤchter/ meyne- ten/ der Drache speye Feuer auß/ und weil ein Jeder etwas vom Holtz an sich fand/ wuste er nicht zu blei- ben/ dann sie meyneten/ sie muͤsten verbrennen/ ruͤttel- ten und schuͤttelten demnach das vermeynete Feuer von sich/ und unterdessen machte der Priester das Kuͤssen loß/ und zog den Sack durchs Loch/ samt dem Stuͤcklein zu sich. Wie nun das Kuͤssen dem einen Waͤchter auf den Kopff fiel/ sprang er fuͤr Angst nach der Thuͤr/ und meynete/ der Drache laͤge mit dem gantzen Leib auf ihm. Also ward dieser Tumult noch groͤsser/ als der erste/ und der Wirth muste aber- mahl mit dem Liecht kom̃en/ welcher aber kein Feuer/ sondern faul Holtz fand/ darauß er den Possen der andern Romans II. Buch. andern erkandte/ und am folgenden Tag bey der Obrigkeit anhielte/ die Eingesperreten wieder loßzu- lassen/ und gleich den andern zu speisen/ sonsten haͤtte er keinen Frieden im Hauß. Das XLIV. Capitul/ Troll beziehet etliche Bauren mit Gersten und Kohl/ und ei- nen andern beym Bart-Butzen gar artlich/ woruͤber dieser sehr außge- lachet wird. D Je Obrigkeit muste deß Handels selber lachen/ und also ward es ihm wieder frey gegeben. Er gieng heim/ und deutete ihnen an/ was der Obrigkeit Befehl waͤre/ aber die andern bathen ihn droben zu Gaste/ dann sie hatten/ weil es schon um den Mittag war/ einige gute Tractament en an Stri- cken aufgezogen/ dessen sich der Wirth hoͤchlich ver- wunderte/ und ihnen versprach/ hinfuͤhro sie besser zu tracti ren/ wann sie sich nur sanfftmuͤthig anstellen moͤchten/ dann Troll hatte bißhero nicht aufgehoͤret/ deß Wirths Schlaffkammer mit dem Nacht-Topff zu begiessen. Wie sie nun wieder bey der grossen Ta- fel erschienen/ brachte ein Jeder von den Verschlos- senen ein gutes Tractament mit/ da sie dann einander bewillkom̃ten/ und sich rechtschaffen lustig bezeigeten/ aber sie nahmen hernach allemahl ein ziemlich Stuͤck Brods von dem Essen heimlich mit sich/ und fuͤtter- ten droben ihre Capaunen und junge Huͤhner/ von denen sie hernach etliche hingaben an die/ so sie be- suchten/ und braten liessen/ worbey sie den Wirth zum Possen zu Gast bathen/ gaben ihm aber doch alle- mahl/ was er haben solte. Wie nun ein Jeder wieder frey umher gehen mochte/ da bedieneten sich Troll und Venereus ihres Vortheils/ wischeten dann und wann zum Hauß hinauß/ und thaͤten/ was sie zu ver- richten hatten/ da sie dann von den Griechen/ die gros- ses Deß Academi schen ses Belieben an ihnen hatten/ manche Flasche mit Wein bekamen/ welche sie in aller Freude verzehreten. Einsmals/ als der Wirth/ welcher nun mit seinen Leu- ten wol stunde/ samt der Frauen auf den Garten vor die Stadt hinauß gangen war/ sahe Troll durchs Mauer-Loch 2. kleine Kahnen mit Bauern daher ru- dern/ und hatten sie ihre Schifflein mit Gersten fuͤr die Maul-Esel beladen. Er lieff hinunter/ entlehnete von der Magd/ die es mit ihm hielte/ weil er ihr biß- weilen ein Schluͤrffgen Brandtewein mittheilete/ ei- ne blaue Schuͤrtze/ gieng wie ein Haußknecht zu den Bauren/ naͤchst bey dem Gefangen-Hauß am Was- ser/ und nachdem er seine Kette hoch aufgezogen/ daß man nicht das Geringste darvon sehen kunte/ accor- di rte er mit ihnen/ und kauffte ihnen alle Gersten ab/ die Bauern waren froh/ daß sie so bald ihrer Waare loß worden/ luden die Waare in Saͤcke/ und trugen sie auf den hoͤchsten Boden/ daß ihnen der Schweiß darbey rechtschaffen außbrach. Einer halff dem an- dern/ und als sie ihre Gersten unter einander auf ei- nen Hauffen außgeschuͤttet/ fragten sie im Hauß/ wer ihnen das Geld fuͤr ihre Gersten bezahlen solte? Der Wirth war zu allem Gluͤck heimkom̃en/ zu welchem sie von der Magd gewiesen wurden. Dieser verwun- derte sich/ und ob er gleich bald merckete/ daß seine lustige Gaͤste diesen Handel angestifftet/ sprach er doch zu den Bauren: Jhr gute Freunde sehet wol/ daß ich gleich jetzo ins Hauß trette/ suchet aber/ wer euch die Gersten abgekauffet/ der mag euch solche be- zahlen/ dann ich brauche dieses Getraͤyde nicht/ weil die Gefangenen sich nicht mit Gersten-Brodt abspei- sen lassen/ so habe ich auch keine Maul-Esel/ denen ich solche vorsetzen koͤnte. Die Bauren kratzeten die Koͤpffe/ und bathen den Wirth/ er moͤchte mit ihnen zu den Romans II. Buch. zu den Gefangenen gehen/ sie wolten den Menschen noch wol kennen/ der ihnen diesen Possen gerissen/ da- mit solcher von der Obrigkeit rechtschaffen gezuͤchti- get wuͤrde. Der Wirth gieng mit ihnen hinauf/ durch alle Kaͤyen/ es stellete sich aber ein Jeder kranck/ und halb unsinnig/ indem sie alle in den Betten lagen/ der eine zitterte/ als wuͤrde er vom Fieber geplaget/ der andere heulete uͤber sein Bauch-Grimmen/ ein ande- rer murmelte staͤts bey ihm selber/ als wann er nicht recht bey Sinnen waͤre. Troll steckete seinen geschor- nen Kopff durch ein Loch zur Kaͤy herauß/ streckete die Zunge/ so lang er kunte/ auß dem Halß/ und verkehre- te die Augen/ auf eine seltzame Weise im Kopff/ fluch- te auch ohnaufhoͤrlich/ daß sich die Bauren fuͤr ihm fuͤrchteten/ also kunten sie den Jenigen nicht finden/ der ihnen die Gerste abgekauffet hatte. Solchem nach musten sie die Arbeit deß muͤhseeligen Auftra- gens umsonst gethan haben/ und resolvi rten sich/ die Frucht wieder in die Schiffe zu bringen. Aber wie der eine Bauer sagte/ seine Gerste waͤre besser und reiner gewesen/ als deß andern seine/ und dieser dargegen be- hauptete/ er haͤtte so viel Metzen mehr gehabt als der andere/ da kriegeten sie sich uͤber der Theilung bey den Koͤpffen/ daß auch der Wirth/ samt allem Hauß-Ge- sinde/ sich schier zu Narren gelachet haͤtten. Endlich vertrugen sie sich wieder/ schleppeten die Frucht in ih- re Schiffe/ und schwuren/ daß sie Lebens lang dieses Gefangen-Hauß meyden wolten/ damit sie nicht noch einmahl darinn also moͤchten angefuͤhret/ und hintergangen werden. Aber als der Wirth 2. Tage hernach wieder auß- gegangen war/ und die gantze Compagnie der Gefan- genen grosse Lust hatte/ bey ihren gebratenen und heimlich zugebrachten Capaunen/ einen guten Sal- lat zu Deß Academi schen lat zu essen/ da laurete Troll auf/ kleidete sich gantz an- ders/ bande wieder eine Schuͤrtze vor/ setzete ein falsch Haar auf unter eine Muͤtze/ und gieng nach dem Ha- fen/ da ein Schifflein mit koͤstlichem frischem Kopff- Kohl lage/ diesen erhandelte er mit einander/ obgleich uͤber 200. Koͤpffe darinn waren/ und nachdem ihn der Bauer auf den Boden gebracht/ da ließ sich aber- mahl kein Kaͤuffer sehen/ derowegen thaͤte er Hauß- suchung unter den Gefangenen/ aber Troll hatte sich umgekleidet. Er erschien mit seinem kahlen Kopff/ hatte ein grosses Pflaster auf dem einen Auge/ mach- te ein krummes Maul/ und verstellete sich dermassen/ daß er gar nicht zu erkennen war/ vor den Jenigen/ der dem Bauren den Kohl abgekauffet hatte. Sol- chem nach muste dieser seinen Kohl auch wieder her- ab in sein Schifflein tragen/ weil ihm aber 10. Koͤpffe daran fehleten/ welche Troll in die obersten Kaͤyen vertheilet/ und 2. darvon in deß Gomery Bett gele- get hatte/ wolte der Bauer auch diesen Rest haben. Die Gefangenen mit einander erklaͤreten sich/ in ih- ren Kaͤyen suchen zu lassen/ aber wo er nicht wuͤrde finden/ da solte er auch fuͤr Schlaͤge nicht sorgen/ weil er sie fuͤr Diebe angesprochen. Durch diese Rede ward der Bauer abgeschrecket/ daß er das Suchen unterließ/ und wie er jetzo zum Hauß hinauß gehen wil/ erwischete ihn Troll beym Zipffel/ und sagte: Es solte mir leyd seyn/ wann ein ehrlicher Haußmann so liederlich um das Seinige kaͤme. Es ist einer unter uns/ der kan rohen Kopffkohl fressen/ wie eine Kuhe/ ich glaube/ dieser hat euch den Kohl gestohlen/ weil es ihm aber unmoͤglich seyn wird/ 10. Koͤpffe auf ein- mahl zu verzehren/ wollen wir hingehen/ und in seiner Kaͤyen nach suchen. Der Bauer war dessen zufrieden/ gieng mit ihm zu dem Gomery, und als er daselbst suchte/ Romans II. Buch. suchte/ fand er 2. Koͤpsfe in seinem Bette. Gomery machte sich unnuͤtz/ daß man ihn fuͤr einen Kohl-Dieb ansaͤhe. Aber Troll winckete dem Bauren/ daß dieser der rechte Dieb waͤre/ welcher also uͤber den Gomery herkam/ und ihn rechtschaffen abpruͤgelte. Troll machte sich unter dem Tumult darvon/ und darauf kam der Wirth mit seinem Knecht/ und schlug den Bauern zum Hauß hinauß/ welches eine laͤcherliche Kurtzweil war/ daran die saͤmtlichen Gefangenen eine lange Zeit zu lachen hatten. Sie verzehreten aber her- nach ihren Sallat in der Stille/ und waren froͤlich darbey/ theileten auch weder dem Wirth/ noch dem Gomery, etwas darvon mit/ damit sie nicht verrathen wuͤrden. Es kam mit diesen seltzamen Gefangenen so weit/ daß man in der gantzen Stadt Ptolomais darvon zu sagen wuste/ dannenhero giengen zuletzt viel fuͤrneh- me Leute zu ihnen/ um sie/ fuͤrnemlich aber den Troll und Venereum, wegen ihrer seltzamen Streiche/ in Person zu sehen. Sie bekamen daruͤber Geld uͤber Geld/ dann es kam Niemand dahin/ der nicht seine milde Hand gegen sie eroͤffnet/ und/ in ihrem Leyd sie zu troͤsten/ ihnen etwas verehret haͤtte. Aber ich muß noch einen artigen Possen erzehlen/ den Troll kurtz zuvor/ ehe er wieder auß dem Gefangen-Hauß kam/ einem unschuldigen Bauren gespielet/ wie dann das wuͤste Bauren-Volck allwege sehr fuͤrwitzig ist/ und gern in alle Sachen seine Nase/ gleich einem hunge- rigen Schwein/ stecken wil. Troll pflegete auf der Raͤyse nicht allein seinen Herꝛn/ sondern auch meist alle seine Gefaͤhrten/ zu balbieren/ dannenhero/ und weil er hierzu sehr geschickt war/ bedieneten sich auch seine Mit-Gefangenen jetzo seiner Geschicklichkeit/ wordurch er manch ehrliches Trinck Geld erwarb. U u u Wie Deß Academi schen Wie er nun alleweil geschaͤfftig ward/ etliche seiner Compagnons zu butzen/ kam ein einfaͤltiger Bauer herein getretten/ der dem Wirth einige junge Huͤh- ner verkaufft hatte/ dieser war begierig/ die allhier sitzende Gefangene zu sehen. Wie er nun in die grosse Stube kam/ da solche Ketten-Leute bey einander wa- ren/ und der Bauer das Balbier-Zeug auf dem Tisch ligen/ auch den Pastor n auf dem Stuhl sitzen sahe/ welcher gleich darauf aufstund/ weil er schon balbie- ret war/ so fragete der ehrliche Haußmann: Ob man allhier fuͤr Geld balbierete? Troll hatte zum Schertz eine Schuͤrtze vorgebunden/ und sich wie ein Balbie- rer außstaffieret/ derowegen sprach er: Freylich ist hier eine Balbier-Stube/ habt ihr Lust/ so setzet euch nieder. Als der Bauer hierauf zum Stuhl gieng/ sa- he ihn Troll ein wenig an/ und sprach: Alter Vatter/ ich pflege erstlich mit meinen Gaͤsten zu accordi ren/ ehe ich sie scheere/ was wolt ihr mir fuͤr meine Muͤhe geben? Der Bauer antwortete: Jch gebe sonsten allwege 4. Aspern/ hier aber wil ich 5. geben/ weil ich die Ehre habe/ in solchem fuͤrnehmen Hauß geputzet zu werden. Venereus gab sich jetzo auch ins Wort/ und fragte den Bauren: Was er ihm fuͤr seinen ab- geschornen Bahrt geben solte? Dieser antwortete: Er habe den Bahrt sein Lebtage nicht verkaufft/ und haͤtte er das gewust/ daß man allhier Geld fuͤr einen abgeschornen Bahrt gaͤbe/ so wolte er nim̃er anders wohin gegangen seyn. Was wolt ihr mir aber wol geben? forschete er jetzo. Worauf Venereus: Ver- kaufft ihr ihn uͤberhaupt/ oder nach den Haaren? Der Bauer aber gedachte/ wann er ihn nach den Haaren verkauffen koͤnte/ so handelte er wol am besten/ foderte also fuͤr jedes Haar ein Maidin. Vene- reus antwortete/ ich gebe euch fuͤr alle 5. Haare einen Asper, Romans II. Buch. Asper, und damit war der Bauer zufrieden/ hoffete auch seinen unnuͤtzen Bahrt wol anzubringen/ weil er glaubete/ er haͤtte zum wenigsten ein paar tausend Haare im Bahrt. Darauf sprach Troll: Nun wolan/ ihr habt euren Bahrt wol verkaufft/ wisset ihr aber auch wol/ daß der Balbier-Lohn sich allwege auf ein Viertel deß Bahrtes Preises sich erstrecket? Das waͤre sehr viel/ replici rte der Bauer/ und Troll nahm auß/ sagend: Jhr habt ja euren Bahrt vorhin nim- mer verkaufft/ besinnet euch nur/ ihr bekommt so viel Geld fuͤr euren Bahrt/ derowegen werdet ihr auch erkaͤnntlich seyn/ dann uͤber das Scheeren muß ich hernach auch die abgenommene Haare dem Kaͤuffer zuzehlen/ welches eine grosse Muͤhe und genaues Auf- mercken erfordert/ dieweil wir Leute allerseits ge- schworen sind/ und nicht um ein einziges Haͤrlein ei- nen Menschen hintergehen duͤrffen. Also erklaͤrete sich der Bauer/ er wolle ihm den vierdten Theil deß Bahrtes Preises abgeben. Aber Troll behauptete/ solches Geld muͤste vor dem Scheeren außgezahlet werden/ rieff deßfalls auch alle anwesende Gefangene zu Zeugen. Diese behaupteten solches/ und lacheten ihn auß/ daß er von dieser Gewonheit noch nichts wuͤste/ viel weniger von dem Bahrt-Kauff/ als bey welchem allein dieser Gebrauch waͤre/ und sonsten nirgends; Darum besinnet euch nur/ sprach der Pastor, so werdet ihr die Billigkeit erkennen. Es ist wahr/ sagte der Haußmann/ die Haare zu zehlen ist eine groͤssere Muͤhe/ als abzunehmen/ aber wann der Balbierer darbey kein beeydigter Mann waͤre/ so wuͤrde ich ihm nimmer im Haarzehlen glauben. Ey/ das ist doch eine schoͤne Ordnung/ und loͤbliche Ge- wonheit/ moͤchte wuͤnschen/ daß dergleichen in unserm Dorff auch eingefuͤhret wuͤrde/ ich glaube/ es doͤrffte U u u 2 nicht Deß Academi schen nicht allein beym Maͤnner-scheeren bleiben/ son- dern die Weiber muͤsten auch herhalten/ dann auf dem platten Land haben die Frauen bey uns gar viel- faͤltig Baͤhrte. Es mag demnach darum seyn. Aber wie viel muß ich dann außziehen? Troll sprach: Jhr muͤsset zum wenigsten einen halben Thaler außlegen/ dann/ wann die Haare gezehlet sind/ so wird es sich schon finden/ ob mir oder euch Geld zuruck oder mehr gebuͤhret. Das erste Außlegen geschicht nur/ um un- sere Gewonheit zu unterhalten/ welche wir gleicher Gestalt beschworen haben. Also zog der Bauer einen halben Thaler an Aspern herauß/ legete ihn auf den Tisch/ und setzte sich hernach auf den gesetzten Stuhl nieder. Troll nahm das Becken/ benetzete und be- seiffete ihm den Bahrt/ der ziemlich groß war/ recht- schaffen/ winckete hernach den andern/ daß sie singen solten/ und wie diese anfiengen/ nahm er das Geld/ so hinter dem Bauren beym Balbier Zeug auf dem Tisch lag/ heimlich zu sich/ tratt hernach wieder an sei- nen Ort/ sahe den Bauren an/ und verkehrete die Au- gen seltzam im Kopff/ daß dem Menschen nicht wol darbey zu Muth war. Er putzete ihm doch die eine Helffte oben/ und die andere Helffte unten/ nach sei- ner Behendigkeit wol hinweg/ und darauf wendete er sich zu den andern/ und begunte mit Schelt-Wor- ten um sich zu werffen. Jene liessen das Singen bleiben/ und schalten sich wacker mit diesem herum/ derowegen Troll mit dem scharffen Scheer-Messer auf sie loß sprang/ und ihnen mit einander die Haͤlse abzuschneiden drohete; Wie aber Jene mit allem Fleiß hinauß sprungen/ da lieff ihnen Troll nach/ und also giengen sie mit einander hinauf/ in einander Gemach/ allwo sie sich fuͤr den halben Thaler lustig machten. Jnzwi- Romans II. Buch. Jnzwischen kam die Hauß-Magd in die unterste Stuben getretten/ und als sie den Hauß-Mann sitzen sahe/ muste sie seines Wuͤrffel-Weiß geschornen Barts zwar hefftig lachen/ aber sie fragete doch dar- bey/ wie er so still allhier sitze? Er gab zur Antwort: Jch warte nur auf meinen Balbierer/ welcher bald wieder kommen/ und mich vollends scheeren wird. Die Magd replici rte: Seyd ihr nicht recht bey Ver- stand? Der Jenige/ der mit dem Scheer-Messer jetzo hinauß lieff/ ist gantz rasend-toll/ ob er gleich bißwei- len ein vernuͤnfftiges Wort fliegen laͤsset/ und moͤget ihr dem Himmel dancken/ daß er euch nicht die Kehle hat abgeschnitten. Als der Bauer dieses hoͤrete/ stund er auf/ sam̃lete die abgeworffene Bart-Haare auf/ und fragete nach einem/ der ihm den Bart abge- kaufft haͤtte. Die Magd lachete ihn auß/ und sprach: Wer hat sein Lebtage wol einen Bart verkauffen se- hen? Jch sage euch ja/ daß diese Gefangenen mit ein- ander toll sind/ darum fanget ja bey Leibe mit ihnen nichts an/ sonsten werdet ihr wahrhafftig uͤbel an- lauffen/ und ich rathe euch/ gehet von hinnen/ ehe der Kerl mit dem Scheer-Messer wieder kommt/ sonsten doͤrffte es doch euch annoch euer Leben kosten/ wie dem einen gefangenen Jungen/ dem er gleichfalls den Halß abgeschnitten hat/ und liget derselbe annoch zubegraben droben in einer besondern Kayn. Hier- uͤber erschrack der gute Bauer dergestalt/ daß er seine Haare zu sich steckete/ und damit auß dem Hause gieng/ auch dem Himmel danckete/ daß er mit einem halben Thaler noch darvon kommen war. Er gieng aber auf die Strasse/ und suchte ein ander Balbier- Hauß/ da dann die Jungen und allerhand Leute Hauffen-Weiß hinter ihm herkamen/ und ihn vor einen geschornen Halb-Bart außschalten; Es hatte U u u 3 also Deß Academi schen also der Bauer gnug zu thun/ sich dieser Leute zu er- woͤhren. Er eylete demnach zu einem Balbier-Hauß/ und bathe den Meister/ daß er ihm doch vollends den Bart abnehmen moͤchte/ welcher dann/ nachdem er dieser seltzamen Postur gnugsam gelachet/ sich noch seiner erbarmete/ uñ ihm den Bart vollends abnahm. Als darauf der Bauer die Haare wieder aufsam̃lete/ fragte der Meister/ was er damit anfangen wolte? Und wie ihm der Bauer antwortete/ daß ja gewisse Leute Geld darfuͤr gaͤben/ da lachete ihn der Balbie- rer auß/ und bedeutete ihn eines andern. Also mer- ckete der Bauer/ daß er so noch immer waͤre mit ge- nommen worden/ er wuste aber auch nicht/ daß er un- ter Studenten und Studenten-Genossen gerathen war/ sonsten haͤtte er sich ausser Zweiffel besser fuͤrge- sehen/ weil/ wann ein Bauer unter solche Leute kom̃t/ es eben so anzusehen ist/ als wann eine Eule unter die Kraͤhen kommt/ was sie alsdann leyden muß/ das weiß ein Jeder zu erkennen. Das XLV . Capitul/ Condado wird von Alexio erkannt/ und wol gehalten. Troll und Venereus kommen zu ihm. Discurs vom Vrsprung der Ringen/ und was darbey zu erinnern. A Ber wir wenden uns zu Condado einmahl wie- der/ welcher von seiner Gesellschafft Niemand/ als den Cerebacchium bey sich hatte. Diese musten/ nebst andern Gefangenen/ bey ihren Tuͤrcki- schen Herꝛn einige/ wiewol schlechte Arbeit/ taͤglich verrichten/ und als sie sich etliche Wochen allhier zu Tripoli aufgehalten hatten/ erfuhr Condado, daß zu Ptolemais Christen wohneten/ welche von den Tuͤr- cken Christliche Sclaven erhandelten/ und dieselbe um das außgelegte Geld hernach wieder in ihre Frey- heit stelleten. Derowegen ersuchte er den Tuͤrcken/ welcher Romans II. Buch. welcher ihn gekaufft hatte/ er moͤchte ihn und Cere- bacchium dahin fuͤhren/ so wolten sie ihm einen guten Wucher auf sein außgelegtes Geld schaffen. Die- ser war dessen zufrieden/ raͤysete selber mit ihnen da- hin/ und verkauffte sie/ auf deß Condado Anreitzen/ an einen Christl. Kauffmann daselbst/ daß er wol 100. Reichsthlr. auf ihnen gewann/ der Tuͤrck zog hierauf wieder seines Weges/ und unsere 2. Christen blieben zu Ptolemais, allwo sie wol gehalten wurden/ nachdem sich Condado verpflichtet hatte/ ihre Rancion for- dersamst zu verschaffen. Es begab sich aber bald her- nach/ daß der alte und junge Printz dieses Orts eben das Hauß vorbey ritten/ darinn unsere 2. Sclaven waren/ dannenhero Condado das Hertz ergriffe/ zu ihnen tratt/ und dem alten Printzen 2. Ringe uͤber- reichte/ mit diesen Worten: Durchleuchtigster Printz/ das Ungluͤck hat mich/ als einen wolbekandten Nea- politanischen Edelmann allhier zum Sclaven ge- macht/ wann mir dann nichts uͤbrig geblieben/ als diese 2. Ringe/ die ich von zween guten Freunden be- kommen habe/ als verehre Euer Durchl. ich armer Sclav dieselbe/ mit unterthaͤnigster Bitte/ solche gnaͤ- digst von mir an- und mich in Eure Hoch-Fuͤrstliche Dienste zu nehmen/ biß ich Zeit und Gelegenheit fin- de/ mich durch Beystand der Meinigen wieder in die Freyheit zu setzen. Der Printz sahe ihn an/ und fand an seiner Person mehr/ als etwas Gemeines. Er be- trachtete aber auch die Ringe/ und verwunderte sich daruͤber. Der junge Printz Alexius, sein Sohn/ ritte zum Vatter/ welchem dieser die Ringe uͤber- reichete/ und als dieser solche recht betrachtet/ sahe er den Condado an/ und sagte: Mein Freund/ wo habt ihr diese Ringe uͤberkommen? Zu Padua, war seine Antwort/ von zween sehr guten Freunden/ derer U u u 4 Huͤlffe Deß Academi schen Huͤlffe mir jetzt hoͤchst-noͤthig waͤre/ aber in Erman- gelung ihrer/ muß ich mich ihrer Ringe bedienen. Hierauf sprang der Printz vom Pferd/ fiel dem Con- dado um den Halß/ und kuͤssete ihn. Condado so wol/ als alle die Andern/ wusten nicht/ wie sie solches ver- stehen solten. Der Printz aber sagte dem Condado in das Ohr/ ob er hier wolte bekandt seyn/ dann er fuͤr seine Person kenne ihn sehr wol. Condado verwun- derte sich dessen/ und sprach: Wann Euer Durchl. meine Person bekandt ist/ so beliebe derselben solche heimlich zu halten/ und mich nur vor Pardo, einen Grafen von Policastro, außzugeben/ solches sagte ihm der Printz zu/ und bedeutete darauf seinem Herꝛn Vatter/ daß er in einer sonderbaren Freundschafft mit diesem fuͤrnehmen Jtaliaͤnischen Grafen gele- bet/ also gebuͤhre es sich/ daß man ihm alle Hoͤflichkeit erzeige. Darauf ward ein wolgeziertes Pferd herge- bracht/ und muste Condado mit ihnen nach der Burg reiten. Dieser ward daselbst in ein praͤchtiges Zim- mer gefuͤhret/ und als er den Printzen fragte: Wo- her er ihn doch kenne/ da laͤchelte dieser/ und sprach: Jch wil es euch bald sagen; Hiermit nahm er einen Abtritt/ und uͤber eine halbe Stunde kam der alte Fuͤrst mit einer schoͤnen Dam en an der Hand zu Con- dado, welche die gelehrte Ilmene war/ mit welcher er zu Padua bekandt gewesen/ und von welcher er einen von jetztbeschriebenen Ringen/ den andern aber von Campanelli erhalten hatte/ dahero machte ihr Con- dado eine tieffe Reveren tz/ und entschuldigte sich/ daß er jenes mahl nicht gewust/ daß sie eines solchen fuͤr- nehmen Printzen Tochter sey. Diese aber præsenti rte ihm einen Kuß/ fieng an zu lachen/ und entkleidete sich fuͤr seinen Augen/ da sie dann erwiese/ daß sie nicht ei- ne Ilmene, oder eine Prinzessin/ sondern der einzige Sohn Romans II. Buch. Sohn deß Fuͤrsten/ und Printz Alexius waͤre/ welcher sich/ um nicht erkannt zu werden/ in Jtalien als eine Dame aufgehalten/ und den freyen Kuͤnsten nebst Campanelli, der zu Padua zu ihr kommen/ obgelegen haͤtte. Condado verwunderte sich uͤber diese Ver- wechselung noch mehr/ und forschete/ was dann Cam- panelli vor eine Person gewesen? Aber Alexius gab ihm zu erkennen/ daß derselbe schon vor einem halben Jahr von ihm abgezogen/ und er sein Lebtage nicht habe erfahren/ wer derselbige gewesen/ daß aber Egypten sein Vatterland/ solches wisse er wol/ hin- gegen habe auch er niemahl in der Fremde sich eini- gen Menschen zu erkennen gegeben/ viel weniger sein Geschlecht Jemand offenbahret; Aber/ sprach er weiter/ ich erinnere mich noch wol/ was fuͤr Reden bey unserm Abschied/ mein liebster Pardo, (also nen- nete er ihn mit Fleiß/) fuͤrgefallen sind/ darum wil ich allen Fleiß anwenden/ daß ihr wieder zu den Eurigen kommen moͤget/ dann ihr seyd von nun an kein Sclav mehr/ sondern ein freyer Graf von Policastro, er gab auch alsobald Ordre, daß dem Christlichen Kauff- mann sein außgelegtes Geld fuͤr den Pardo und Ce- rebacchium alsobald zugestellet wuͤrde/ und kam also Cerebacchius noch denselben Abend zu Pardo, der sich dann dieser gluͤcklichen Rencontre insonderheit sehr erfreuete/ dann er sahe nun wol/ daß er wieder etwas Gutes zu essen und zu trincken uͤberkommen kunte/ woran es ihm bißhero gemangelt hatte/ fuͤrnemlich zu Tripoli. Am folgenden Tage erscholl das Geruͤchte von den lustigen Streichen etlicher die im Gefangen- Hauß waren/ dannenhero sandte Alexius hin/ und ließ den Troll/ (von dem er doch nichts wuste/) holen/ wie man diesem bedeutete/ daß er zum Printzen kom- U u u 5 men Deß Academi schen men solte/ ward ihm wol zu Muth; Aber/ als man ihm bedeutete/ daß ein fuͤrnehmer Jtaliaͤnischer Graf auf der Burg ankommen/ da dachte er alsobald/ Condado wuͤrde da seyn/ nahm demnach den Vene- reum zu sich/ und also giengen diese Beyde mit ihren schweren Ketten uͤber die Strassen. So bald sie in das Schloß kamen/ erkannte sie Alexius, und fuͤh- rete sie zu Pardo, welcher sich ihrer sehr erfreuete/ und darauf ward das Geld dem Kauffmann/ der sie ge- kaufft/ hingesandt/ und nachdem man ihnen die Ket- ten abgenommen/ musten sie ihre gehabte Ebentheu- ren erzehlen/ da dann die Printzen so viel zu hoͤren be- kamen/ daß sie vor Lachen die Baͤuche halten musten. Jm uͤbrigen lebeten sie vergnuͤget an diesem Ort/ und noͤthigte Alexius den Pardo so lange bey ihm zuͤ ver- ziehen/ biß er sein Beylager mit der Prinzessin Cru- sada von Gaza, welche in wenig Tagen bey ihm an- langen wurde/ gehalten haͤtte/ welches ihm Pardo zusagte/ zumahl er Hoffnung hatte/ von Klingen- feld und Cavina noch etwas dieses Orts zu ver- nehmen. Als sie denselbigen Abend bey der Mahlzeit sassen/ verwunderten sie sich uͤber den Cerebacchium, daß derselbe eine solche starcke Mahlzeit halten kun- te; Gleichwie aber Pardo keinen sonderbaren Ge- fallen daran hatte/ also fieng er einen andern Discurs an/ und ruͤhmete den Gebrauch der Ringen/ als durch welches Mittel manche eheliche Freundschafft ge- stifftet wuͤrde/ wie ihm dann solche jetzo sonderlich wol zu statten kommen waͤren/ wuͤnschete demnach wol zu wissen/ wer dieselbe moͤchte erfunden haben. Alexius wolte sich hoͤren lassen/ daß er die Europaͤischen Academi en nicht vergeblich besuchet haͤtte/ sprach demnach also: Von Romans II. Buch. V On dem Ursprung der Ringen koͤnnen die Scribent en eben nichts Gewisses melden. Plinius meynet/ daß zu den Zei- ten deß Trojanischen Krieges man darvon noch nichts gewust/ weil Homerus derselben nicht gedacht/ da er doch in seinen Schrifften sonst vieler Dinge erwehnet. Welches man dann bey den Griechenkan endlich gelten lassen/ dann dieselben/ sonderlich die Lacones, haben vor der Erfindung der Pitschier-Ringe mit Hoͤltzern gesiegelt/ so die Wuͤrme außgefressen. Aber bey den Ebreern und Egyptiern sind vor dem Trojanischen Krieg die Ringe lang im Brauch gewesen/ wie auß H. Schrifft zu sehen/ daß Juda der Thamar seinen Ring/ seine Schnuͤre/ und seinen Stab zum Pfand gegeben. Gen. 38. v. 18. Und Pharao/ der Koͤ- nig in Egypten/ that seinen Ring von seiner Hand/ und gab ihn Joseph an seine Hand. Gen. 41. v. 42. Dahero ist es dann Wun- der/ warum Plinius libr. 33. c. 1. schreibet/ daß die Egyptier nichts von Ringen gewuft/ da doch derselben Gebrauch von ih- nen zu den Griechen/ und ferner nach zu den Voͤlckern in Alt- Jtalien kommen. Dann zu deß Romuli Zeiten haben die Sabini schon Ringe getragen/ von den Sabinis aber ist der Gebrauch auch unter die Roͤmer kommen/ wo sie es nicht von den Hetruscis erlernet/ dann unter andern Sachen hat der Tarquinius Priscus von den uͤberwundenen Tuscis auch Ringe mit bekommen. Es moͤgen aber die Roͤmer der Ringe so groß nicht geachtet haben/ weil derselben Koͤnige nicht alle an den Ringen Beliebung ge- tragen/ wie an ihren Statu en zu sehen gewesen/ da ausser deß Numæ und Servii Tullii keine Statua sonst mit Ringen gezieret gewesen/ wie Plinius berichtet. Die Materie zu den Ringen war entweder Eysen/ oder Silber/ oder Gold/ oder sonst ein Metall, man pflegete auch wol das Eysen zu uͤberguͤlden. Manche hatten zwar wol guͤldene Ringe/ das Plaͤtzlein aber/ darauf das Siegel gegraben/ war silbern/ oder der Ring war silbern/ und diese von Gold. Etliche Ringe hatten einen Edelgestein/ etliche keinen. Was gemeine Leute gewesen/ haben auch nur glaͤserne Steine gebabt. Was in die Steine gestochen/ war entweder tieff eingegraben/ oder auf dem Stein erhaben. Manche pflegeten die Ringe an der rechten Hand zu tragen/ manche an der Lincken/ doch/ als bey den Roͤ- mern die Steine in den Ringen aufkamen/ pflegeten sie sie meh- rentheils an die lincke Hand zu stecken. Was die Finger anlan- get/ so pflegeten die Griechen ihre Ringe an der lincken Hand an den Fingern, naͤchft dem Kleinen zu stecken/ wie Gellius be- richtet. Deß Academi schen richtet. Daß man sie aber auch an den Daumen geflecket/ ist auß dem Julio Capitolino zu sehen/ welcher sagt/ daß der Kaͤy- ser Maximinus so einen starcken Daumen gehabt/ daß er seiner Gemahlin rechtes Arm-Band/ an Statt eines Ringes/ an den Daumen stecken koͤnnen. Der Gebrauch der Ringe war sonderlich/ daß man damit siegelte/ wie mit unterschiedenen Exempeln auß H. Schrifft kan bewiesen werden. Man versiegelte Vrieffe/ Thuͤren/ Kaͤsten/ Geld-Saͤcke/ und dergleichen. Was das Siegel oder Bildnuͤß anlanget/ ward dasselbe Anfangs nur in Metall gegraben/ biß die Edelgesteine aufkamen/ und bestund nicht eben in einem son- derlichen Wapen/ wie heut zu Tage die Adeliche Geschlechts- Wapen sind/ sondern ein Jeder brauchete zu seinem Pitschier/ was er wolte. Anfangs verbott zwar der Koͤnig Numa denen Roͤmern/ daß sie nicht der Goͤtter Bildnuͤß solten in ihre Ringe stechen lassen; Aber hernach kam es auf/ daß sie allerhand Goͤt- ter-Bildnuͤsse zu ihren Pitschafften brauchten/ wie dann C. Ju- lius Cæsar das Bildnuͤß der gewaffneten Veneris in seinem Ring hatte. Es kam auch auf/ daß sie sich liessen das Bildnuͤß eines von ihren Vorfahren in die Ringe stechen/ sonder Zweiffel/ daß sie sich darbey desselben Tugenden und ruͤhmlichen Thaten erin- nern/ und ihm nachahmen wolten. Wann sie aber auß dem Geschirre schlugen/ und solchen Groß-Vaͤtterlichen Tugenden sich nicht gemaͤß bezeigeten/ wurde ihnen wol ein solcher Ring zu Schimpff und Spott abgezogen/ als die nicht werth waͤren/ daß sie solches Bildnuͤß fuͤbren solten/ wie dem Scipioni, deß Africani Sohn/ geschehen/ darvon der Valerius Maximus zu le- sen/ lib. 3. cap. 5. So brauchete der Publius Lentulus Sura im Siegeln das Bildnuͤß seines Groß-Vatters. Manche hatten sonst ihr er guten Freunde Bildnuͤß/ oder aber/ sie fuͤhreten das Bildnuͤß fuͤrnehmer Fuͤrsten und Koͤnigen. Also hatte Aristo- menes in seinem Ring das Bildnuͤß deß Agathoclis, der Calli- crates deß Ulyssis, Augustus deß Alexandri Magni, seine Nach- folger aber deß Augusti Bildnuͤß. Die Chersonitæ fuͤhreten das Bildnuͤß Constantini M. die Antiochier das Bildnuͤß deß Bi- schoffs Melerii. Manche pflegeten auch wol ihr eigen Bildnuͤß zu fuͤhren. Doch waren auch wol bißweilen andere Dinge in die Edelgesteine gegraben. Augustus siegelte Anfangs mit dem Sphinge, wie Plinius berichtet/ libr. 33. c. 1. Mæcenas fuͤhrete einen Frosch. Pompejus M. hatte einen Loͤwen mit einem Schwerdt. Galba einen Hund. Was streitbare Maͤnner waren bey den Egyptern/ Romans II. Buch. Egyptern/ die fuͤhreten Scarabæum, einen Kaͤfer. Josephus l. 1 2 c. 5. meldet/ da Arius, der Laced æ monier Koͤnig/ an den Hohen- Priester Oniam geschrieben/ habe er in seinem Pitschier gefuͤh- ret einen Adler/ der in den Klauen einen Drachen gehalten. Da- rius, der Koͤnig in Persien/ fuͤhrete ein Pferdt in seinem Pit- schier/ weil er durch das Wiehern seines Pferdes war zum Koͤ- nigreich kommen. Sporus hatte auf seinem Siegel den Raptum Proserpinæ. Plinius Junior fuͤhrete in seinem Pitschafft einen Wagen mit 4. Pferden. Polycrates hatte eine Leyer. Seleucus einen Ancker. Und also erwaͤhlete sich ein Jeder/ was ihm belie- bete. Die Christen in der ersten Kirchen brauchten zu ihrem Pitschafft-Zeichen die erste 2. Buchstaben von dem Griechischen Namen Chrifti/ als nemlich X. und P. so Beyde in einander ge- zogen waren/ wie der Cardinal Baronius ad Annum Christi 57. berichtet/ daß er derer etliche gesehen/ welche auß den alten Ru- deribus waͤren mit außgegraben worden. Es waren aber die Ringe auch ein sonderliches Ehren- Zeichen/ dardurch ein Stand von dem andern unterschieden wurde. Anfangs durffte in Rom auch kein Raths-Herꝛ einen Ring tragen/ er wurde dann als ein Legat in fremde Lande ver- schicket. Und wann er dann wiederkam/ trug er solchen seinen guͤldenen Ring nur bey oͤffentlichen Zusammenkuͤnfften/ hinge- gen aber brauchte er/ wann er zu Hauß war/ nur einen Eyser- nen. Hernach mochten alle Raths-Herren zu Rom Ringe tra- gen/ darauf ward es auch den Equitibus vergoͤnnet/ daß sie Ringe trugen/ doch nicht eher/ als wann sie von den Prætoribus darmit beschencket wurden. Severus ließ es auch endlich den Gregariis Militibus zu. Der gemeine Mann durffte darauf nur silberne tragen/ und die Knechte eyserne. Hernach kamen auch unter dem gemeinen Mann die guͤldenen Ringe auf/ wann sie darmit von der Obrigkeit beschencket wurden. Was die Anzahl der Ringe betrifft/ so ward an einem Manns-Bild es nicht gelo- bet/ wann er mehr als einen Ring antrug. Allein es kam bald darnach auf/ daß sie an alle Finger Ringe steckten. Wie Mar- tialis lib. 5. Epigramm. 63. schreibet: Per cujus digitos currit levis annulùs omnes. Ja sie steckten an einen Finger wol etliche Ringe/ wie gedachter Martialis lib. II. Epigramm. 60. vom Charino schreibet: Senos Charinus omnibus digitis gerit, Nec nocte ponit annulos. An einem jedweden Gelencke der Finger| hatten sie| einen| und wol Deß Academi schen wol mehr Ringe stecken. Manche hatten der Ringe so viel/ daß sie gewisse daran deß Sommers/ und auch gewisse deß Winters trugen. Sie hatten auch Ringe/ die sie nur an ihrem Gebuhrts- Tag pflegeten anzustecken/ und wendeten offt ihr gantz Vermoͤ- gen auf die Ringe. Heliogabalus war so verschwenderisch in Ringen/ daß er keinen mehr als einmabl ansteckete/ gleich wie er es auch mit den Schuhen machte. Uber diß/ daß man mit den Ringen siegelte/ wurden sie auch sonst gebrauchet zu Buͤndnuͤssen und Vermaͤhlungen/ wie noch heut zu Tage geschicht. Die Venetianer vermaͤhlen ihnen Jaͤhrlich das Meer durch einen Ring. Man hat auch sonder- liche Zauber-Ringe/ welche gemacht wurden unter einem ge- wissen Gestirne/ mit sonderlichen Character en bezeichnet/ man verschloß in den Ring ein gewisses Kraut/ welches dem Geflirne zugethan/ und wurde solchem Ring grosse Krafft zugeschrieben/ daß/ wer ihn truge/ solte allenthalben Gluͤck und Sieg haben/ frey von allem Gifft seyn/ es muͤste ihn lieb haben/ wen er nur begehrete/ ja/ er koͤnne darmit die Gespenster vertreiben/ Kranck- heiten heilen/ und andere Wunder-Dinge mehr thun. Und wird vielleicht deß Gygis sein Ring von dergleichen Art gewesen seyn/ wie auch deß Eleasari, eines Juden/ von welchem Josephus schreibet/ Antiq. l. 8. c. 2. daß er in Gegenwart deß Kaͤysers Vespasiani darmit viel Besessene vom boͤsen Feind erloͤset habe. Das XLVI . Capitul/ Pardo errettet den Parmenio mit List/ findet dessen Schwe- ster/ welche einander auß dem Traum helffen und sich lieben. Parmenio liebet die Taranta, so aber verlohren ist. A Ls Alexius diesen Discurs vollendet hatte/ sprach er zu Pardo: Potz tausend/ was faͤllet mir ein? Es ist von den Tuͤrcken vor wenig Tagen ein fuͤrnehmer Jtaliaͤner nach Tripoli gebracht/ und da- selbst an den Bassa verkaufft worden/ der ihn auf ei- nem vesten Schloß/ nur 2. Meilen von hier/ durch einen Aga/ welcher den Ruhm einer sonderbaren Staͤrcke und Tapfferkeit hat/ samt 12. Janitscharen/ gar strenge verwachen laͤsset/ und hoffet er eine Tonne Goldes zur Rancion von ihm zu bekommen. Dieser Herꝛ hat eine sehr schoͤne Schwester bey sich gehabt/ aber Romans II. Buch. aber ersagter Bassa hat sie unter einer Convoy also- bald hieher gesandt/ daß sie wieder zu den Jhrigen gehen/ und die Außloͤsung ihres Bruders befoͤrdern moͤchte. Er haͤtte sie wol selber behalten/ oder nach der Pforte senden koͤnnen/ aber er hat sein Lebtage keines Frauen zimmers geachtet/ und weil man saget/ der Sultan habe einen Bassa/ der ihm eine schoͤne Sclavin vor einem halben Jahr zugesandt/ gar uͤbel belohnet/ als wil er solches an seiner fuͤrnehmen Sclavin auch nicht erwarten. Diese fuͤrnehme Da- me ist in dem Hauß deß Stadt-Richters und wartet nur auf ein Schiff/ das nach Jtalien lauffen moͤchte/ aber sie wil sich von keinem Menschen sprechen lassen/ dañ sie soll allwege weinen/ und gar zu sehr der Trau- rigkeit nach haͤngen. Jch bin gezwungen/ sprach Par- do, diesem Jtaliaͤner meinen Beystand zu leisten/ aber wo bekommen wir ihn auß den Haͤnden eines solchen starcken Aufsehers? Das wird schwerlich hergehen/ replici rte Alexius, und halte ich es schier vor eine un- moͤgliche Sache/ mit Gewalt etwas außzurichten/ aber mit List moͤchte es sich noch etwa thun lassen. Jndem sie aber auf allerhand Wege bedacht sind/ dem Gefangenen beyzukommen/ da kommt Klingen- feld daher/ und kuͤsset dem Pardo die Hand/ dieser ver- wunderte und erfreuete sich uͤber die unversehene An- kunfft seines hertzhafften Edelmanns/ und Klingen- feld erzehlete darauf/ wie es ihm in Cypern ergangen/ und welcher Gestalt er nach Alexandretta und von dannen nach Tripoli geraͤyset/ da man ihm von einem fuͤrnchmen gefangenen Jtaliaͤner vorgesaget/ weil er nun seine von dem Bassa zu Famagusta erhaltene Fuͤrschrifft dem zu Tripoli fuͤrgezeiget/ in Meynung/ Condado laͤge daselbst gefangen/ habe ihn der Tripo- li sche Bassa bald abgewiesen/ ( NB. dieses Tripoli liget Deß Academi schen liget in Syrien/ Jenes aber/ darinn die vorigen See- Rauber zu Hauß gehoͤreten/ in Africa, welches wol zu mercken/) und darauf habe man ihm erzehiet/ daß juͤngst etliche Sclaven nach Ptolemais geschickt wor- den/ worauf er sich hieher verfuͤget/ und zu grosser Vergnuͤgung die meisten seiner Cameraden fuͤr sich finde. Er forschete nach Cavina, aber es wuste ihm Niemand einigen Bescheid darvon zu ertheilen/ oh- ne daß er von einem Barbarischen Raub-Schiff sey entfuͤhret worden. Pardo uͤberlegte diese Sache also- bald mit Klingenfeld/ als einem unverzagten Caval- lier, und gab ihm zu erkennen/ daß er sich vor einen Grafen von Policastro, wie vormahlen in Jtalien/ außgebe/ und jetzo darfuͤr wolle erkennet seyn. Jn- dem sie aber mit dem Printzen Alexio am folgenden Tage am See-Strande spatzieren giengen/ und von dieser Sache redeten/ erblicketen sie von ferne ein Schiff/ welches nach diesem Hafen eylete. Sie war- teten biß es anlangete/ und darauf giengen sie mit einander darnach zu. Ach Himmel/ welch eine Freu- de entstund/ als Tremola, oder vielmehr der rechte Graf von Policastro an Land tratt/ und dem verstelle- ten Pardo die Hand kuͤssete/ sie fielen darauf einander um den Halß/ und als Condado ihm zu erkennen ge- geben/ daß er jetzo Pardo hieß/ und sich vor einen Gra- fen von Policastro außgebe/ auch bedacht sey/ einem fuͤrnehmen Jtaliaͤnischen Gefangenen loßzuhelffen/ da antwortete Tremola: Mein Herꝛ/ es ist Zeitung in Jtalien erschollen/ daß ein fuͤrnehmer Herꝛ in Tuͤr- ckey gefangen lige/ weil nun euer Herꝛ Vatter vor euch grosse Sorge getragen/ zu dem auch eure Schwester die Prinzessin Taranta juͤngst verlohren worden/ als hat er mich außgesandt/ mit diesem Schiff/ so 60. woͤhrhaffte Soldaten/ ohne die Schiff- Leute/ Romans II. Buch. Leute fuͤhret/ darneben habe ich 50000. Reichsthlr. an Geld/ um/ da es noͤthig/ mit Gewalt/ oder mit Geld eure oder eurer Schwester Erledigung zu be- foͤrdern. Dieses alles war dem Pardo sehr angenehm/ ausser daß sich seine Schwester solte verlohren haben. Er gedachte alsobald auf die gefangene Dame in Pto- lemais, aber wann er betrachtete/ daß dieselbe eine Schwester deß gefangenen Jtaliaͤners/ fiel diese Muthmassung weg. Von nun aber blieb das Schiff im Hafen ligen/ und ließ sich kein Soldat sehen/ welche Ordre bekamen/ im Schiff verborgen zu blei- ben/ und sandte man ihnen gnugsame Erfrischung zu. Tremola aber muste mit nach deß Printzen Burg ge- hen/ allwo man dieser Sache wegen deß gefangenen Jtaliaͤners von neuem uͤberlegte/ da sie dann endlich einen Schluß machten/ und denselben außfuͤhreten/ wie wir vernehmen werden. Am folgenden Tage setzten sie sich auf Pferde/ nemlich Pardo und seine Freunde samt Tremola; Die Soldaten aber wurden in der Nacht vorher heimlich ausser deß Hafens auß- gesetzet/ und in einem Gebuͤsch verstecket. Als nun alles fertig/ ritten sie fort/ und setzten sich nicht weit von dem Schloß/ darinn der Gefangene lag. Da- selbst stach Klingenfeld vorauß/ und ritte vollends nach dem Schloß/ allwo er den Aga zusprechen be- gehrete. Dieser war ein Baum-starcker sehr grosser Mann/ zu welchem Klingenfeld sprach: Tapfferer Aga/ ich habe in Teutschland von eurer Staͤrcke und Tapfferkeit gehoͤret/ bin demnach außgezogen/ einen Kampff mit euch zu halten/ dann ich habe ein Geluͤbd gethan/ mit dem Tapffersten zu kaͤmpffen/ er sey wer er wolle/ darum werdet ihr euch nicht waͤgern/ meinen Saͤbel zu pruͤfen/ damit eure Staͤrcke durch mich noch weiter außgebreitet werde. X x x Der Deß Academi schen Der Aga machte grosse Augen/ und sagte: Wol- an/ ist der Ruff meiner Kraͤfften in Teutschland er- schollen/ so wil ich euch den Kampff nicht abschlagen. Klingenfeld ersuchte ihn hierauf/ daß der Streit nicht in dem Schloß/ sondern im freyen Feld fuͤr sich gehen moͤchte/ und zwar im Angesicht 10. oder 12. ehrlichen Kriegs-Maͤnnern/ die darvon urtheilen koͤnten. Der Aga willigte ihm alles ein/ und noͤthigte ihn/ weil es schon Mittag war/ mit ihm vorher zu speisen. Klin- genfeld schlug solches nicht ab/ und ward von dem Aga sehr wol tracti ret. Endlich setzten sie sich zu Pferd/ und der Aga nahm 10. von den Janitscharen mit sich hinauß/ den Streit mit anzusehen. Wie sie auf das Feld kamen/ sprach Klingenfeld: Jhr werdet mir vergoͤnnen/ daß ich einen ebenen Kampff-Platz außsuche/ welches ihm gern verwilliget ward/ und also folgete der Aga mit seinen Leuten dem Klingen- feld biß in einen engen Thal/ woselbst sie von Pardo und seinen Leuten uhrploͤtzlich umzingelt wurden/ daß sie weder hinter noch fuͤr sich kommen kunten. Da- mahl merckete der Aga/ daß er verrathen war/ aber Pardo selber rieff ihm zu/ wann er nur den Saͤbel zu- cken wuͤrde/ so solte ihres Gebeins nicht darvon kom- men/ dafern sie sich aber gefangen gaͤben/ solten sie ihr Leben und Freyheit behalten. Ob nun gleich der Aga grosse Lust hatte/ sich durchzuschlagen/ widerrie- then ihm doch solches die mitgenommene Janitscha- ren. Und also willigte er darein/ daß man ihm und seinen Leuten so lange das Gewoͤhr abnaͤhme/ biß der gefangene Jtaliaͤner erlediget worden/ welchen er in seiner Verwahrung hatte. Der Aga/ welcher diesem Jtaliaͤner sehr gewogen/ sahe solches gar gerne in seinem Hertzen/ wie er dann schon etliche mahl/ nach seinem eigenen Bekaͤnntnuͤß/ bey sich beratschlaget/ wie Romans II. Buch. wie er ihm loßhelffen moͤchte. Also gieng Pardo mit Klingenfeld/ Tremola, und die Ubrigen/ biß auf etliche wenige/ nach dem Schloß/ sprengeten mit Pedart en das Thor auf/ crledigten zuforderst den Gefangenen/ und pluͤnderten hernach das Hauß/ worinn der Bassa seinen besten Schatz/ an Baarschafften und Kleino- dien hatte/ daß sich die Beute auf 150000. Reichsthl. belieff. Als man dem Pardo das Gemach gezeiget/ darinn der gefangene Jtaliaͤner lag/ da gieng er mit etlichen/ die ihm folgeten/ hinein/ und fand/ O Him- mel/ wider alles vermuthen/ den Printzen Parmenio. Hilff GOtt! sprach er damahl/ was sehe ich/ lebet der Printz Parmenio annoch? Dieser antwortete: Ja ich lebe annoch; Aber/ wil mich Pardo auch unter diesen meinen Feinden weiter verfolgen? Jch komme euch die Fessel abzunehmen/ war deß andern Ant- wort/ und euch zu eurer Schwester zu fuͤhren. Pardo legte auch alsobald Hand an/ und entledigte ihn von den Fesseln durch Huͤlffe eines Tuͤrcken/ der die Schluͤssel darzu herbey brachte/ hierauf kuͤsseten sich diese zween gewesene Haupt-Feinde/ aber nunmehro gewordene Ertz Freunde/ recht Bruͤderlich/ und nach- dem sie die Beute auß dem Schloß mitgenommen/ giengen sie samt Parmenio, der auf einem koͤstlichen Pferd saß/ und auß deß Bassa Ruͤst-Kammer sich bewaffnet hatte/ mit einander wieder zu der andern Gesellschafft/ und brachten 30. schoͤne Pferde mit/ welche viel Geldes werth waren. Der Aga erklaͤrete sich von derselben Stunde an/ in deß Parmenion s Diensten mit nach der Christenheit uͤberzugehen/ dann er wuste wol/ daß ihm doch der Bassa das Leben nehmen wuͤrde/ weil er auch ein gebohrner Sicilia- ner/ und ehmahls ein Christ gewesen/ kunte er sich leichtlich hierzu resolvi ren. Als die Janitscharen X x x 2 solches Deß Academi schen solches hoͤreten/ fielen ihm 6. zu/ um auch mitzugehen/ aber die Ubrigen wurden ohnbeschaͤdiget wieder nach dem Schloß gesandt/ und also gieng diese Gesell- schafft/ hoͤchlich erfreuet uͤber ihre gluͤckliche Verrich- tung/ gerades Weges wieder nach Ptolemais. Auf dem Wege sprach Pardo zu Parmenio: Jst es moͤglich/ mein Printz/ daß ihr noch lebet? Wie ihr sehet/ war die Antwort/ dann ich bin ein halb Jahr hernach/ als ich/ wie ihr wisset/ zu Boulogne von euch toͤdtlich verwundet worden/ gaͤntzlich wieder geheilet gewesen/ und von derselben Zeit an/ hat es mich ge- reuet/ mit euch jemahlen in Feindschafft gelebet zu haben/ ich hoffe auch/ hinfuͤhro werde unsere Freund- schafft unzertrennlich seyn. Pardo hoͤrete solches uͤberauß gerne/ dannenhero forschete er weiter/ ob dann seine Schwester zu Ptolemais sey? Wie ich hoͤ- re/ sprach er/ so ist sie daselbst geblieben/ und ich hoffe/ wann wir anders/ als leibliche Bruͤder mit einander leben wollen/ sie werde euch keine unangenehme Braut/ und das Pfand unserer bestaͤndigen Freund- schafft seyn/ dann sie æstimi rt euch hoch. Pardo, der von seiner Schwester nichts wuste/ sondern seine Melicerta einzig und allein liebte/ auch sein Lebtage keine andere zu heyrathen gewillet war/ erstarrete fast uͤber dieser Rede/ daß er nicht wuste/ was er sagen sol- te/ endlich aber begriff er sich/ und sprach: Mein Printz/ diese Ehre ist gar zu hoch/ jedannoch lassen wir unsere Eltern und Verwandte den Außspruch daruͤber thun. Mit diesen Reden kamen sie zu der Stadt Ptolemais, allwo sie von dem Printzen Alexio gar hoͤflich empfangen/ und in das Schloß begleitet wurden/ und ehrete dieser den Parmenio sehr hoch/ fuͤrnemlich als er vernahm/ daß er sich mit Pardo ver- glichen hatte. Es gieng aber Parmenio zuforderst zu seiner Romans II. Buch. seiner Schwester/ welche fuͤr Freuden schier ausser ihr selber war/ weil sie ihren Bruder wieder in seiner voͤlligen Freyheit sahe/ und als ihr dieser erzehlet/ auf was Weise er von Pardo, Grafen von Policastro, er- lediget worden/ da war die Freude in ihr verdoppelt/ und sprach sie demnach zu ihrem Bruder: Was haͤlt euch doch dann ab/ mir deß ehrlichen Grafen Liebe ferner zu mißgoͤnnen? Parmenio antwortete: Jch habe allemahl getrachtet/ euch den Printzen Condado selber zu erwerben/ damit wir einen Tausch mit un- sern Schwestern treffen moͤchten/ welches/ wie ihr wisset/ der Prinzessin Taranta einziges Verlangen ist. Aber/ nun finde ich mich dem redlichen Grafen/ mit welchem ich lange gnug in Feindschafft gelebet/ all zu hoch verbunden/ daß ich ihm eure Person nicht laͤn- ger vorenthalten kan/ wann er nur so bald resolvi ren kan/ euch zu lieben. Die Prinzessin bestuͤrtzte hierauf/ und sagte: Wie? solte Pardo an mir Treu-loß wer- den/ und mich nicht mehr leyden wollen? Parmenio wolte hiervon nichts weiter reden/ sondern sagte/ daß sich diese Sache schon wuͤrde schicken. Als aber die Prinzessin hieruͤber sehr bekuͤmmert ward/ nahm Par- menio seinen Abschied von ihr/ und versprach ihr/ mit dem Pardo bald wieder zu kommen. Er gieng also nach dem Schloß/ und ersuchte den Pardo zu seiner Schwester zu kommen/ welches dieser nicht abschla- gen kunte/ wiewol er keine sonderbare Lust darzu be- zeugete/ dann er achtete deß Printzen Schwester ge- gen seiner Melicerta gar nichts. Wie er aber zu ihr kam/ fand er/ ach ungemeine Freude! diese holdseelige Melicerta selber fuͤr sich/ dannenhero fiel er zur Er- den/ kuͤssete ihr die Hand und Mund/ und sagte: Ach schoͤnste Graͤfin/ wie seyd ihr hieher kommen? Diese hingegen sprach: Mein liebster Graf/ ich mercke nun- X x x 3 mehro Deß Academi schen mehro den Jrꝛthum/ der euch von der Liebe zu der Prinzessin deß Parmenionis Schwester hat abgehal- ten; Sehet/ ich bin die Prinzessin Lucretia, welche sich vor ihm allemahl vor ein Graͤfliches Fraͤulein Melicerta hat außgegeben/ und nun ich vernehme/ daß ihr und mein Herꝛ Bruder wieder gute Freunde seyd/ muß ich euch die Warheit bekennen/ daß ich deß An- tonio Tochter bin/ mein Herꝛ Bruder hat sich allweg bemuͤhet/ meine Person vor den Printzen Condado von Tursis zu erhalten/ damit sie insonderheit mit ein- ander gute Freunde/ und durch die Heyrath mit der Prinzessin Taranta und ihm nahe verbunden wuͤrden. Als sich unser Pardo ein wenig hierauf besoñen hatte/ sprach er zu Parmenio: Mein Printz/ ich nehme eure Schwester an im Namen deß Printzen Condado, derselbe/ und kein anderer/ soll hinfuͤhro ihr Fuͤrstlich Gemahl seyn/ sie ist eine gebohrne Prinzessin/ und soll auch einen Printzen zum Gemahl haben. Parme- nio antwortete hierauf nichts/ aber die Lucretia sprach: Ey/ so fahret dann hin/ ihr unbestaͤndiger Graf/ ist das der Bestaͤndigkeit Lohn/ die ich euch biß- hero erwiesen habe? Bleibet/ wer ihr seyd/ ich wil hinfuͤhro weder den Pardo, noch den Condado zum Gemahl haben; Hierauf fieng sie bitterlich an zu weinen. Parmenio stund gantz bestuͤrtzt/ Pardo aber sprach: Durchleuchtige Prinzessin/ ich sage vielmehr/ ihr sollet den Condado und Pardo unter einer Person zugleich haben/ ich bin durch euren Namen und fuͤr- gewendeten Graͤflichen Stand bißhero in Ungewiß- heit gebracht worden/ und von nun an sage ich euch/ daß ihr nimmer den Grafen von Policastro, sondern allwege den Printzen Condado von Tursis geliebet habt/ dann mein Ungluͤck hat mich gezwungen/ daß ich mich Pardo, einen Grafen von Policastro genennet habe/ Romans II. Buch. habe/ da ich doch vielmehr Condado selber allemahl gewesen bin/ wie ich mit dem Grafen von Policastro, der in dieser Stadt zugegen/ und mir von meinem Herꝛn Vatter/ Hertzog Agostino, juͤngst zugesandt worden/ selber bezeugen kan. Uber diese Rede wur- den Parmenio und seine Schwester sehr hoch erfreuet/ also/ daß die Prinzessin sich ankleiden ließ/ und mit nach dem Schloß gieng/ wo man der gantzen Gesell- schafft das Jenige/ was passi ret/ erzehlete. Also ward der Lucretia ein praͤchtiges Zimmer eingeraumet/ und verlangete man Bottschafft von der Prinzessin Ta- ranta zu bekommen. Allhier muß ich den Leser berichten/ daß Parme- nio, so bald er von der zu Boulogne empfangenen Wunden wieder genesen/ nach Rossano gekehret/ all- wo sich die Melicerta, oder vielmehr seine Schwester Lucretia, die sich eine Zeitlang auß Bekuͤmmernuͤß wegen ihres Pardo zu Consença aufgehalten/ inzwi- schen auch wieder eingefunden hatte. Hieselbst er- scholle das Geruͤcht von der ungemeinen Schoͤnheit der Prinzessin Taranta, wannenhero Parmenio eine Begierde empfand/ dieselbe zu heyrathen/ damit die Feindschafft/ so zwischen ihren beyden Haͤusern schwebete/ moͤchte voͤllig aufgehoben werden. Er raͤysete nach Taranta, wo sich die auch also genannte Prinzessin aufhielte/ und trug ihr seine Liebe an/ aber diese/ ob sie gleich der innerlichen Feindseeligkeit bey- der Fuͤrstl. Haͤuser gerne ein Ende abgesehen haͤtte/ wolte sich doch zu nichts resolvi ren/ bevor ihr Herꝛ Vatter darein willigte. Mit solchem Bescheid raͤy- sete Parmenio wieder nach Rossano, und empfand ei- ne grosse Liebe zu der Taranta, beredete demnach seine Schwester Lucretia, daß sie mit ihm nach Tursis zum Printzen Agostino raͤysen moͤchte/ damit durch ihre X x x 4 Vor- Deß Academi schen Vorsprach dem alten Hertzog das Hertz desto ehe er- weichet wuͤrde. Sie setzten sich in ein Schiff/ wurden aber durch einen Sturm weit hinab in die See ge- worffen/ da sie von den Tuͤrckischen See-Raͤubern gefangen/ und nach Tripoli in Syrien gefuͤhret wur- den. Wie es ihnen weiter ergangen/ haben wir schon gehoͤret. Wie aber diese Werbung mit Parmenio sich verzoge/ setzte sich die Prinzessin Taranta zu Schiff/ um zu ihrem Vatter zu gehen/ und demselben diese Sache persoͤnlich fuͤrzutragen/ aber ein gleiches Un- gluͤck traff sie/ daß sie nemlich auch gefangen/ und an einen andern Ort gefuͤhret ward/ von welcher man biß dato nichts hat vernehmen moͤgen. Das XLVII. Capitul/ Die Crusada ist Campanelli. Taranta wird gefunden. Alexius haͤlt Beylager/ worbey das grosse Banquet deß Egyptischen Soldans beschrieben wird. Condado und seine Gesellschafft gehen nach Hauß/ und heyrathen unter einander. U Nterdessen da diese Gesellschafft allhier zu Ptolemais bey einander war/ kom̃t ein Bott/ mit Bericht/ daß die Prinzessin Crusada mit einem stattlichen Gefolge in der Naͤhe sey/ das Bey- lager mit ihrem Printzen Alexio zu vollziehen/ dan- nenhero setzte sich die gantze Gesellschafft in praͤchti- gen Kleidern zu Pferd/ die Lucretia ließ sich in einer Saͤnffte tragen/ und zogen der Drusischen Fuͤrstl. Braut entgegen. Sie erreichten dieselbe in einem Thal/ allwo Alexius seine Prinzessin/ die auß einer koͤstlichen Saͤnffte herfuͤr sprang/ gar freundlich empfieng/ hernach reichten sie einem Jeden von den hohen Personen die Hand/ und als sie zu Condado kam/ sprach sie: Seyd mir von Hertzen willkommen/ mein Printz/ in diesen Laͤndern/ der jenige Ring/ den Campanelli jenes mahls zu Padua von euch empfan- gen/ Romans II. Buch. gen/ verbindet mich gegen euch zu aller Freundschafft. Condado sahe sie an/ und sprach: Durchleuchtigste Prinzessin/ ich weiß nicht/ woher ihr mich kennet/ viel weniger wie ich diese Worte verstehen soll. Es ist gut/ sprach sie/ ich wil mein Wort halten/ und euch ein Stuͤck meiner Freundschafft erweisen/ hiermit nahm sie ihn bey der Hand/ und fuͤhrete ihn zu ihrer Saͤnff- te/ woselbst sie mit ungemeiner Freude die Prinzessin Taranta funden. Es kam auch darauf Cavina herzu/ und vermehrete durch seine Person diese Verwunde- rung und Freude. Ehe sie sich aber wieder zu Pferde setzeten/ ward auf die Erde aufgetischet/ und speisete die hohe Gesellschafft mit einander/ da dann Cavina erzehlete/ welcher Gestalt er von den Tripolesischen See-Raͤubern zu Gaza an den Printzen verkaufft worden/ da ihn die Prinzessin Crusada bald erkannt/ und ihm bedeutet/ daß sie auß Liebe zu den Studiis, in Manns-Kleidern sich gestecket/ und unter dem Namen Campanelli zu Padua in Gesellschafft der Ilmene, welche einander doch nimmer ihr Vatter- land und Herkommen zu erkennen geben wollen/ auf- gehalten/ diese haͤtte ihn wolgehalten/ und zu der Taranta gefuͤhret/ welche vor weniger Zeit dahin ver- kaufft worden/ weil sie aber gestanden/ daß sie deß Condado Schwester/ habe man ihr alle Freundschafft erwiesen. Endlich sey die Crusada aufgebrochen/ zu ihrem Printzen Alexio zu ziehen/ da sie ihr dann ge- folget/ in Hoffnung/ zu Ptolemais einige Nachricht von den Jhrigen zu erlangen/ welche sie nun auch/ dem Himmel sey Danck/ allerseits in gutem Wol- stand angetroffen. Uber diesen Bericht verwunder- ten sie sich alle/ und die Crusada noch vielmehr/ als ihr Alexius bedeutete/ daß er die Ilmene gewesen/ so mit ihr zu Padua studi ret. Condado nahm seine Schwe- X x x 5 ster Deß Academi schen ster jetzo bey der Hand/ fuͤhrete sie zu Parmenio, und sprach: Meine liebste Schwester/ ich habe mir die Prinzessin Lucretia fuͤr meine Fuͤrstl. Braut erwaͤh- let/ ich hoffe/ die Liebe deß Printzen Parmenio, ihres Herꝛn Bruders/ werde euch auch nicht zuwider seyn. Taranta gestunde/ daß dieses alles/ ausser Zweiffel/ deß Himmels Schickung waͤre/ warff demnach dem Parmenio ihr Hertz voͤllig zu/ wiewol zu Ratification ihres Herꝛn Vatters. Hernach erzehleten sie einander ihre Ebentheuren; Und als die Mahlzeit geschehen/ setzten sie sich wieder zu Pferd/ und raͤyseten nach Pto- lemais, allwo am folgenden Tag das Beylager mit Alexio und der schoͤnen Crusada gehalten ward. Als sie bey der Tafel sassen/ discurri rten sie von den seltza- men Ebentheuren/ so sie juͤngst erlebet hatten. Her- nach kamen sie zu reden von den koͤstlichen Tractamen- ten dieser Tafel/ welche ein Jeder ruͤhmete/ sintemahl sie nicht wol zu verbessern stunden. Cavina sprach jetzo: Jch lobe ein solch Fuͤrstl. Tractament weit mehr/ als jenes Egyptischen Sultans/ welches nur auß un- zeitigem Pracht bestanden/ um sich zu zeigen/ was fuͤr ein maͤchtiger Herꝛ er sey. Als die Gesellschafft dar- von ein mehrers zu wissen verlangte/ sprach Cavina also: S Elims/ deß Tuͤrckischen Wuͤterichs Waffen/ grassi rten in Persien und Cappadocia gar sieghafft/ und thaͤten solche Streiche/ daß alle da herum ligende Laͤnder erschracken. Weßwegen der Soldan von Cairo, Campton Chauri, hierbey still zu sitzen/ und dem Spiel laͤnger zuzusehen fuͤr gefaͤhrlich ach- tete. Dann solte der Perser gar ruini ret werden/ doͤrffte die Tuͤrckische Krieges-Last hernach (seiner Sorgfalt nach/) gantz auf ihn allein fallen. Diesem nach beschloß er/ einen Feld-Zug nach Alepo zu thun/ damit er den Cajer-Beg daselbst/ als einen verdaͤchtigen Lehnmann/ der heimlichen Verstand mit den Tuͤr- cken pflegete/ abstraffen/ und zugleich den Tuͤrckischen Graͤntzen einen Schrecken geben moͤchte/ um/ durch den Geruͤchts-Schall seiner Romans II. Buch. seiner grossen Kriegs-Ruͤstungen/ dem Selim Ursach zu geben/ daß er sich mit Persten vertruͤge. Allermassen er selbst von freyen Stuͤcken dem Groß-Tuͤrcken draͤuete/ wofern er mit dem Sophi nicht tracti ren und schliessen wuͤrde/ muͤste er ihm gleichfalls den Krieg ankuͤndigen. Der Tuͤrck nahm solches auf/ fuͤr einen Winck/ daß er kom- men/ und den Mittler bekriegen solte/ schloß gesch winde mit dem Perser/ und marschirte auf Syrien an. Jndessen gehet der Sol- dan zu Feld/ mit einer ansehnlichen Macht von Sorian ern/ Moh- ren auß Cayr, und Arabern/ darunter 14000. Mamelucken wa- ren/ lauter kuͤhne Todes-Veraͤchter/ und tapffere Helden/ so mehr als einmahl gestanden/ wo es scharff zugehet; Auch fast eben so viel geruͤstete Reisige seines Volcks/ und leibeigener Leute/ die mit Pferden und Gewehr aufs beste außgeputzet/ und nicht ohne Lust der Zuschauenden voruͤber zogen. Mit diesem wolgeuͤbten Heer daͤuchte sich der Soldan maͤch- tig gnug die gantze Welt herauß zu fordern/ und zu bezwingen. Wovon das Erste auch wol ein jeder Unfuͤrsichtiger und Ver- messener/ das Letzte aber der allein kan/ welchem es GOtt und das Gluͤck zuerkennen. Selim lag mit allem seinem Krieges- Volck in deß Soldans Gedancken und Hoffnung schon so gewiß darnieder/ gleich waͤre man allbereit von der Wahlstatt zuruck gekehret/ zu welcher Einbildung ihn beydes die Menge und der Muth seiner Voͤlcker verleiteten/ dann sie waren alle freudig zu fechten/ und deß Streits so begierig/ wie ein kuͤhner Loͤw deß Raubes; Da hingegen die Kundschaffter von Selims Volck spargi rten/ selbiges waͤre halb verschmachtet/ muͤde und matt von der langen Raͤyse/ und gar verdrießlichem Weg/ darzu uͤbel mundi ret/ wodurch dem Egypter das Hertz noch hoͤher wuchs/ indem er nicht betrachtete/ daß hungerige Tieger und Woͤlffe offt am allergrimmigsten reissen und beissen. Also ließ er es/ ohne weiters Rathschlagen/ darbey bewenden; Jndessen aber allen seinen Kriegs-Raͤthen und Hauptleuten ein groß-herꝛliches Mahl zurichten/ an einem Gebuͤrge/ auf ei- ner Wunder-schoͤnen Auen/ bey welcher er mit dem Feinde zu schlagen gesonnen war/ und nach gehaltenem Banquet allererst das Bedencken deß Kriegs-Raths/ wie man die Schlacht an- ordnen muͤste/ vernehmen wolte. Er ritte in Person hin und wie- der/ und gab Ordre, wie sich das Kriegs-Volck laͤngst dem Ufer eines kleinen Wassers solte lagern. Nachdem das Feld-Lager aufgeschlagen/ hat man uͤber 30000. Deß Academi schen 30000. Gezelte/ ohne andere Huͤtten und Logiament er/ gezehlet. Von dannen ist der Soldan ein wenig weiter auß dem Heer- Lager/ um sich mit seinem Hof-Gesinde und General-Stab gleichfalls nieder zulassen/ biß auf eine halbe Welsche Meile hin- auf uͤber besagtes Waͤsserlein gerucket/ zu einem uͤber auß lusti- gen Platz/ und hat daselbst allen seinen fuͤrnebmen Rittern/ Obersten/ und tapffern Mamelucken/ ein solches Banquet spen- di ret/ deßgleichen in der Welt nicht viel gesehen/ oder gehoͤrek worden. Auf den lieblich-gruͤnen Matten der Auen wurden die herꝛ- liche Tafeln nach Mahometischer Weise an der Erden außge- breitet/ und mit den allerkoͤftlichsten Tapezereyen/ die Wunder- kuͤnstlich gewuͤrcket waren/ bedecket. Rings umher lagen theure Tuͤcher/ so von Gold und Silber glaͤntzeten/ wie die Sonne. Jn den Teppichten sahe man alle Schlachten/ Victori en und Prang- Zuͤge so kuͤnstlich eingewuͤrcket/ daß alle/ die es vorhin nie gese- hen/ daruͤber erstauneten. Solches edle Teppich-Werck erstre- ckete sich eine gute Welsche Viertel-Meilweges lang/ und hun- dert Schube in die Breite. Uber selbige Teppichte waren noch 2. andere Reyhen Tisch-Tuͤcher von schoͤnem herꝛlichem Da- mast gedecket. Jedes Stuͤck hatte 20. Schuhe in der Laͤnge. Diese lagen also fein ordentlich uͤber bemelte Tapeten außgebreitet/ daß von der Tapezerey an einem Ort nicht mehr/ dann am an- dern/ gesehen worden/ auch in der Mitten nicht mehr Platzes/ noch Raums/ weder auf den Seiten/ gewesen. Dann von einem Stuck biß zu dem andern ist allemahl 20. Schuhe breit Raum uͤberblieben/ und alles mit so richtigem Unterscheid gerichtet/ daß es an allen Seiten ordentlich eingetroffen. Dann wie/ beschrie- bener Massen/ die Tapezerey und Teppichwerck sich 100. Schuhe breit außstreckten; Also waren 40. Schuhe bedeckt mit Tuͤchern von Damast/ und die uͤbrige 60. Schichtweise ledig/ welches die 2. Seiten und Mitten 20. Schuhe zugleich gemacht. Ferner waren auf diese Damastene Tuͤcher koͤstliche Salvet en und Hand-Tuͤchlein geleget/ von sehr reiner/ Schnee-weiser Seiden auß India, gar sauber und rein gesteppet/ auch an den Enden mit anderer Seyden/ und klarem Gold/ verbremet und behaͤnget. Die Tafeln waren uͤberzogen mit trefflichen Him̃el- Decken von keiner Jndianischer Seyden/ Arabischer Sarsch, guͤl- denem Tuch auß Damasco, und von lauter geschlagenem Gold auß Thracien/ von Carmosin auß Syrien/ und von andern Seydenwerck mancherley schoͤner Farben/ allenthalben mit guͤldenen Romans II. Buch. guͤldenen Frantzen/ Quaͤsten und Leisten herꝛlichst besetzet. Und/ welches das Wunder vermehrete/ war dieses/ daß man aller Egyptischen Soldan en Ruͤstungen und Waffen darinn gestep- pet und gewuͤrcket schauete. Dreissig Schritte von diesen Tafeln und Tapezereyen stun- den zu beyden Seiten aufgerichtet herꝛliche Creden tz-Tische/ mit den zugerichten Tafeln sich in gleicher Welte erstreckend/ darauf ein grosser Schatz von Gold- und Silber-Geschir ꝛ / wie auch an- dern Creden tz-Geschirren von Crystall/ und sonst andern wun- derlich-gearbeiteten Trinck-Bechern/ in Bereitschafft stunden/ der Gaͤste/ darunter uͤber 2000. Ritterliche Personen gewesen/ Durst zu laben. Unfern darvon sahe man viel Koͤrbe von silbern- gezogenem Drath gearbeitet/ und nach der Form unserer hoͤltzer- nen Koͤrbe geflochten/ allesamt um den Rand verguͤldet/ kleine und grosse/ mit und ohne Handhaben. Neben diesen zierlichen Koͤrben waren gesetzet viel Kaͤsten oder Druhen/ von klarem ge- triebenem und gegossenem Silber/ auch sonst andere grosse Tru- hen und Laden von wunderbarlicher Kunst und Materie, welche allesamt gefuͤllet gewesen/ entweder mit Schnee-weissem Brodt und Zucker-Kuchen/ oder mit Wunder-seltsamen Obst und Fruͤchten/ die so wol/ als das Brodt/ von reinem klarem Zucker/ mit theuren wol-riechenden Wassern dermassen ge temperi ret/ daß der anmuthige Geruch die gantze Luft-Aue durchwehete/ und kein Appetitus was lieblichers fuͤr die Schleck-Maͤuler haͤt- te ersinnen moͤgen. So war auch das Zucker-Obst mit solchem Fleiß gemacht/ gleich waͤre es natuͤrlich also gewachsen. Auf den Damasten/ weissen und außgebreiteten Tafel- Tuͤchern/ sind ordentlich nach einander/ so lang die Tafeln ge- setzet waren/ 14. Castelle, oder Schloͤsser/ ziemlich grosser Form/ und von reinem lauterm Zucker kuͤnstlich formi ret/ gestanden; Bedeutende die 14. Koͤnigreiche/ welche dazumahl der Soldan beherꝛschete. Selbige waren mit allerley seltsamen alten Histo- rien/ Conterfeiten/ und anderm Bildwerck/ wunderbarlich er- haben/ getrieben/ und außgestrichen. An einem jedwedem sol- chem Castell ist deß Soldans Nam/ Campson Chiauri, mit guͤl- denen Buchstaben verzeichnet gewesen/ in gewissen Zetteln/ die auf sonderliche silberne Helmen/ darunter deß Soldans Wa- pen stund/ gemacht; Und auf der andern Seiten eines solchen Zucker-Schlosses schauete man den Namen deß Koͤnigreichs/ welches durch selbiges Castell bedeutet werden solte/ ebenmaͤssig mit guͤldenen Litter n geschrieben. Oben auf dem Castell stund gleich Deß Academi schen gleich wie ein Hut aufgesetzet die Koͤnigl. Krone deß Soldans/ welche an Gold mit dem Glantz der Sonnen in die Wette spie- lete/ jedweder Thurn/ oder Castell, war 15. Schuhe hoch/ in der Dicke wie ein ziemlich grosses Wein-Faß/ und am Fundament gar dick und breit/ fast auf die Form eines Kegels/ oder Feuer- Spitzen/ die unten dick/ und oben allgemach sich verlieret/ also/ daß das Castell in der Hoͤhe sich zuspitzete. Solche Schloͤsser stunden fein ordentlich uͤber die Tafeln/ 7. und 7. Schicht- Weise/ eins um das andere eingetheilet und auf gesetzet. Auf jetzt-besagten Damastenen Tisch-Tuͤchern sahe man in gleicher Ordnung aufgestellet 14. Manns-Bilder in ihrer Ruͤstung/ und uͤbergehaͤngten Pantzern/ so biß auf die Arme reicheten/ 7. auf jeder Seiten/ von reinem Schnee-weissem Saltz gemacht. Diß solten so viel Ehren-Holden seyn. Sie hat- ten in den Haͤnden gewisse Zettel/ mit etlichen Reimen bezeich- net. Jnhalts/ der Soldan solte auf den Groß-Tuͤrcken Selim tapffer angehen/ und einen Haupt-Streich wagen/ in Erinne- rung seiner grossen Macht und Gewalt/ als deß groͤsten und herꝛlichsten Koͤnigs unter der Sonnen. Mit welchem letzten Ruhm der Warheit nicht zu nahe geschehen ist/ sintemahl er da- mahls an Reichthum/ Gewalt/ Menge deß Volcks/ der Staͤdte und Laͤnder/ seines Gleichen wenig gehabt. Fein ordentlich fand man gleicher Gestalt 14. grosse Saltz- Faͤsser gestellet/ von lauter reinem Gold wunderbarlichst ge- macht/ mit Buchstaben/ uñ gegossener Arbeit/ auf jeder Seiten 7. Jngleichem 14. kostbarliche Messer-Futter/ und in einem jeden Futteral 14. schoͤne Messer/ daran die Schalen/ oder Heffte/ von lauter reinem Gold und Silber/ worauf auch sonst allerley wundersamst-erhabene Arbeit gegossen war/ alles voller Histo- rien/ und seltzamen Geschichten der alten Heydnischen Koͤnigen selbiger Landen. Mitten zwischen den Tafeln hat man gesehen 14. grosse Kuͤhl- oder Schwenck-Kessel von reinem Silber/ Kunstreichst gemacht/ und von vielen fremden Thieren/ darauf die Kessel ruheten/ erhaben/ nach Art und Manier der alten Roͤ- mischen. Jn einem jeden Kuͤhl-Kessel befanden sich 14. grosse silberne/ sehr wol außgearbeitete Flaschen/ darauf entweder ge- gossen/ oder außgestochen/ alle die Bildnuͤssen der Koͤnige/ so biß auf diesen Soldan regieret hatten; Welche Figur en von eines Jedwedem Verhalten im Regiment/ wie auch von der Art sei- nes Todes/ gewisse Bedeutungen außbildeten. Wiewol dannoch bey jedem Bild zum Uberfluß ein Zettel hafftete/ darauf solches auch mit Buchstaben verzeichnet war. Be- Romans II. Buch. Benannte Flaschen waren alle mit lieblichen zubereiteten Wassern gefuͤllet/ dann der Soldan, und seine Herꝛlichen/ tran- cken keinen Wein/ sondern lauter solche wol-riechende und lieb- lichst-gewuͤrtzete Juleb-Saͤffte/ so den Wein in suͤsser Anmuth uͤbertraffen. Auf diesen Flaschen stunden oben 14. Scheiben von Gold und Silber/ in derer Mitten ein reiner Spiegel von Chrystall versetzet/ welcher mit seinem hellen Schein die gantze Aue durch glaͤntzete. Rings umber waren auch Schrifften/ welche anzeigeten/ was ein jeder Koͤnig fuͤr Nutzen und From̃en dem Koͤnigreich geschafft/ fuͤrnemlich die Jenige/ von welchen dieser Soldan Campson entsprossen. Auf etlichen erblickete man sonst viel andere schoͤne Sachen/ von lieblicher Bildung. Hundert Schritte ungefaͤhr von dieser Creden tz hatte man die Hof-Kuͤche aufgeschlagen/ und darinn das Essen auf man- cherley seltzame Weise zugerichtet/ mit unbeschreiblichem Fleiß. Allda waren Leute geordnet/ die nichts anders/ dann nur staͤts Holtz unterlegeten/ und das Feuer schuͤreten; Andere aber dar- auf beschieden/ daß sie das Feuer mit Butter und andern Feistig- keiten begossen/ damit die Speisen vom Rauch nicht unge- sch mack wuͤrden. Alle Koch-Speissen wurden mit Zucker/ Ro- sen-Wasser/ und andern Specereyen/ aufs Lieblichste gewuͤrtzet; Jngleichem mit Mandeln/ Rostnen/ Pigniol en/ oder Welschen Dahn-Zaͤpfflein/ auch sonst andern dieser Orten nicht viel be- kandten Fruͤchten mehr gespicket/ oder gefuͤllet/ wovon die Koͤche mancherley seltzame Geruͤchte reinlich und sauber bereiteten. Solcher auf Unterhaltung deß Feuers bestelleter Leute zehlete man/ samt den Koͤchen/ 200. Personen. Jhre Kleidung war von reinem Scharlach/ hinten und vornen mit weissen Sternen besetzet. Jhnen war von allerband Rarit aͤten und Delicatess en die Fuͤlle zur Hand geschafft/ und unter andern zwar die seltzam- sten Voͤgel/ so in der Welt zu finden seyn moͤchten/ ingleichem allerhand Wildpret. Etliche grosse Thiere wurden gantz in einem Stuck gebra- ten/ und andere Kleinere hinein geschoben/ welche gleichwol allenthalben mit den Koͤpffen herfuͤr rageten. So hatte man gleichfalls manchen grossen Vogel mit kleinern gefuͤllet/ welche ebener Massen die Koͤpffe herauß stecketen/ damit man eines Jedwedern Geschlecht gleich alsobald daran moͤchte erkennen. Unter den Thieren fande man einen gewaltig grossen Farren/ daran beydes Hoͤrner und Fuͤsse noch gantz sassen/ und allein die Haut/ samt dem Eingewaͤyde/ weggenommen war/ am Brat- Spieß Deß Academi schen Spieß stecken. Die Hoͤrner waren uͤberguͤldet/ die Klauen mit Silber uͤberzogen/ der Bauch mit mancherley Arten von Voͤ- geln und Thieren gefuͤllet/ wie die hin und wieder herfuͤr gucken- de Koͤpffe anzeigeten. Fast auf denselbigen Schlag/ wie zu Bo- nonien in Welschland geschehen/ als Kaͤyser Carl der V. vom Papst gekroͤnet worden/ auch sonst an anderer hohen Potenta- ten Kroͤnungs-Festen gebraͤuchlich ist. Dieses grosse Egyptische Thier aber steckete an einem großmaͤchtigen eysernen Spieß/ das seine Raͤder/ und andere kuͤnstlich-verborgene Gewerde hatte/ vermittelst deren es sich selbsten/ ohne Menschliche Huͤlffe/ staͤts herum wendete. Von wegen der vielen kleinern Thieren/ so dem Ochsen einverleibet waren/ schien derselbe so abentheuer- lich-groß und ungeheuer/ daß der Soldan selbst/ nebst andern sei- nen Fuͤrsten und grossen Herren/ diesen Wunder-Braten zu be- sichtigen/ in die Kuͤchen kam/ und seine Verwunderung uͤber die- sen so maͤchtig-aufgeblasenen Ochsen gnugsam blicken ließ. Ge- staltsam nicht allein alle gegenwaͤrtige/ zu solchem Banquet er- bettene Fuͤrsten und Ritter/ sondern auch die/ mit darzu geladene/ fremde Gesandten/ als deß Groß-Tuͤrcken/ deß Persers/ Mo- gols/ Abyssinischen Koͤnigs/ Tartarischen Chams/ und anderer so wol Christ- als Un-Christlicher und Heydnischer Potenta- ten/ oder solche Personen/ die an derselben Hoͤfen vormahls ge- dienet/ und bey dieser Kuͤchen bald zu- bald abritten/ als sie sol- chen herꝛlichen Pracht und Zubereitung derselben gesehen/ sich hefftigst verwundert/ und gesagt/ sie achteten diese Kuͤche fuͤr die Herꝛlichste und Theureste deß gantzen Erdbodens/ sintemahl man allda die wol-riechende koͤstlich sie Wasser/ deßgleichen Zi- beth/ Biesem/ Ambra, Balsam/ und andere Mixtur en roͤche und schmeckete. Nachdem endlich der Soldan mit den begleitenden Herren und Fuͤrsten wiederum auß der Kuͤchen gangen/ fiengen die Trompeten/ Posaunen und Heer-Paucken an zu spielen/ und erhub sich ein solches Getummel/ ein solcher Lermen/ daß/ weil das grobe Geschuͤtz zugleich mit einander donnerte/ es nicht an- ders schallete/ als ob der gantze Himmel/ mit allen seinen Blitz- Strahlen und Wetter-Streichen wider den Erdboden in voller Schlacht begriffen waͤre. So offt die Stuͤcke eine Salve gaben/ wurden gleich darauf tausend Raquetlein angezuͤndet/ und ge- worffen. Wie dieses ungestuͤmme Freuden-Gewitter sein Ende hatte/ erhub sich eine andere wunderbarliche Art von kleinen Paucken und Trummeln/ biß der Soldan an den Ort gelanget/ wo Romans II. Buch. wo die Tafeln zubereitet waren/ da sich alsobald eine neue Music von allerhand seltzamen/ und wunderlich in einander gestim̃ten Instrument en hoͤren ließ/ als von allerley Orgel Wercken/ und anderm unterschiedlichem Klingspiel/ von Trompeten/ Pfeiffen/ Krum̃-Hoͤrnern/ Trummeln/ Geigen/ Psaltern/ Harpffen/ Zin- cken/ Cythern/ und sonst anderm bey uns nicht gebraͤuchlichem Saͤytenspiel. Als nun der Soldan sich oben an zur Tafelgesetzet/ musten der Fuͤrst auß Caramannien/ und der junge Printz von Cap- padocia, neben ihm sitzen/ welche Beyde von ihren Eltern an sei- nen Hof geschickt waren/ sich in seiner Koͤnigl. Huld zu conser- vi ren/ und etwan durch eine ansehnliche Heyrath mit ihm zu befreunden. Ein wenig besser hinab sassen/ der oberste Herꝛ/ oder Statthalter von Damasco, der Stadt-Oberste von Tri- poli, naͤchst diesen die andere grosse Herren/ welche allesamt deß Soldans Vasall en und Lehns-Verwandte/ in feiner Ordnung. Nachdem also alle 4. Seiten der Tafeln wol besetzet waren/ zeh- lete man auf einer Jedweden 500. Gezelte/ und sassen 2000. Personen zur Tafel. Umher stunden gleichfalls biß in 2000. fuͤrnehme Bediente und ansehnliche Leute zur Aufwartung/ ohne die ab- und zutrettende Diener/ derer Zweifels-frey auch keine geringe Menge gewesen. So bald alles gesetzt/ (oder vielmehr/ nach selbiger Landes- Art gelagert/) hat der Herꝛ auß Damasco dem Soldan ein gros- ses guͤldenes Becken vorgehalten/ der Fuͤrst auß Cappadocia aber ihm Wasser uͤber die Haͤnde gegossen/ auß einem stattlichen Gießfaß von lauterm Gold/ welches mit allerley Edelgesteinen versetzet/ und der Fuͤrst auß Caramannia die Hand-Quehle ge- reichet. Nach dem Haͤnde-Waschen/ creden tzte ihm zufoderst der Fuͤrst auß Lybien/ den er vorhin hatte zum Obersten der Ge- praͤnge und Ceremoni en vorgesetzet/ darvon er zwar gessen/ was ihm geschmecket/ jedoch nichts noch genossen/ das nicht erstlich mit Zucker und mancherley schoͤn riechenden Wassern bestreuet/ oder besprenget waͤre. Wann er seinen Theil zu sich genom̃en/ hat er hernach die Speisen den andern neben ihm sitzenden Fuͤr- sten vorschieben lassen. Was er getruncken/ ist allbereit oben vermeldet. Jndem er also uͤber der Tafel saß/ war Jedermann gantz still/ und gab den Musicali schen Instrument en Gehoͤr/ welche aber/ nach gehaltener Mahlzeit/ durch den Herꝛn von Damasco Y y y von Deß Academi schen von der Tafel hinweg geschafft/ und hiernaͤchst allerley natuͤr- liche Fruͤchte und Obst aufgetragen. Alsdann hat man allererst angefangen uͤber der Tafel zu reden/ und zu sprachen/ aber meh- rentheils/ von der herꝛlichen Macht und Gewalt deß Soldans/ von den Syrischen Geschichten/ und selbigem gantzen Reich. Hernach fiel auch etwas vor/ von dem vorgenommenen Zug wi- der die Tuͤrcken/ wie die umligende Laͤnder fuͤr dessen Einbruch am besten zu schirmen/ und ihm im Feld mit offentlicher Schlacht-Ordnung vortheilhafftig zu begegnen? Solchem Ge- spraͤch hat der Soldan mit Fleiß zugehoͤret/ und eines Jeden Meynung darauß vermercket/ insonderheit aber genaue Ach- tung darauf gegeben/ welche mit seinem heimlichen Vorsatz uͤbereinstim̃ten/ oder nicht. Solches eines Jedweden Gutduͤn- cken desto gewisser zu erfahren/ hat er den Fuͤrsten auß Lybia an- gestifftet/ rund um die Taseln her zu gehen/ und unvermerckt aufzumercken. Dieser verfuͤgete sich hernach wieder zu ihm/ und zeigete an/ was sie von bevorstehendem Krieg handelten/ nemlich/ Se-Maj. muͤsten den Groß-Tuͤrcken nothwendig an- greiffen/ und bestreiten/ in Betrachtung/ daß die Tuͤrcken noch niemahls sich haͤtten in dero Landen feindlich lassen antreffen/ solche Kuͤhnheit muͤste gestrafft seyn/ oder diese Fluth wuͤrde tieffer einreissen. Worauf der Soldan kurtz geantwortet: Die Zeit bringet Rosen! Alle gute Dinge wollen Weil und Gele- genheit haben. Wir muͤssen aber von den Aufwaͤrtern auch einige Mel- dung thun: Zwischen beyden Tafeln/ da man obberuͤhrte Kuͤhl-Kessel fand/ stunden in schoͤner Ordnung 300. Knaben/ allesamt in Schnee-weissen Damastenen Kleidern/ mit Golo durchsteppet/ ihre Hosen waren mit gezogenem Gold verbre- met/ und Tuͤrckischem Sammet unterzogen. Jn ihren Haͤn- den hielten sie grosse guͤldene Schaalen/ Pocal/ und Becher/ eines hohen Werths. Etliche der andern Aufwarter diene- ten auf mit andern guͤldenen Gefaͤssen/ daran Hand. Griffe waren. Unter besagten Knaben sahe man hundert/ deren Jeder ein grosses guͤldenes Becken von Gold oder Silber vor sich in den Haͤnden hatte/ darinn man uͤber der Tafel pflegete Wasser zu reichen/ und uͤber der Schulter ein herꝛliches Hand- Tuch haͤngen/ so allenthalben mit Gold und seydenen Fran- sen besetzet. Noch andere 100. Knaben trugen dem Soldan Obst und Fruͤchte auf/ waren fuͤrnehmer Herren/ in seinen Landen und Staͤdteu/ Romans II. Buch. Staͤdten/ Kinder/ alle in guͤldenen Stuͤck gekleidet. Alles/ was diese am Leibe trugen/ das blinckte von Silber und Gold/ außbenommen die Schuhe/ welche von Karmasin- Sammet waren/ darauf ein hell-funcklender Stern saß. Abermahl andere hundert Personen/ so auf das Brodt ver- ordnet/ traten auf/ in Leib-Roͤcken von weissem Sammet/ hinten und vornen uͤberall mit guͤldenen Sternen bespickt. Von der lincken Achsel stoltzierten ihnen guͤldene Ketten her- unter/ und zogen sich durch den rechten Arm hin. Etliche aber trugen an statt der Ketten Schnuͤre von Agtstein um den Halß. Auf allen 4 Seiten der Tafeln/ stunden 400. alte/ graue/ ansehnliche und gravit aͤtische Maͤnner/ allesamt mit langen Schnee-weissen Baͤrten gezieret/ dieselbe trugen Aufsicht/ daß nicht etwas auf der Tafel mangelte/ und ertheileten ei- nem jedweden Diener Befehl/ was er thun oder lassen solte. Diese Ehr-wuͤrdige Alten/ welche gleichsam das Marschalls- Amt versahen/ præsenti rten sich in sehr grosser Gravitaͤt/ und hoch-ansehnlichem Schmuck. Jedweder commandi rte mit einem Stab in der Hand/ stund in einer langen Schau- ben/ so biß auf die Fuͤsse reichte/ daran der Uberzug von gruͤ- nem/ mit Gold-gesteptem Sammet/ der Unterzug aber von Mardern war. Das Haupt deckten sie mit einem Baret von braunem Sammet/ mit Sternen umher gestept/ und mit einer Schnur außerlesener grosser/ gewaltig-schoͤner Perlen eingefasset. Der mehrere Theil hatte grosse guͤldene Ketten um den Halß/ daran herꝛlich-kostbare Kleinodien hiengen/ und um die Arme schoͤne Schnuͤre von Corall- und Agtstein/ sehr hohen Werths. Derer die das Essen zu Tisch getragen/ sind auf einer Seiten der Tafel 100. gestanden/ und einig und allein hierauf bescheiden/ daß sie die Geruͤchte aufsetzen/ und herab hebten. Die hatten alle Leib-Roͤcke von Karmasin-Sammet/ hinten und vornen mit guͤldenen Sternen bestuͤckt. Jhre Hosen wa- ren von Asch-farbenem Sammet/ mit Gold verbraͤmet/ dar- auf etliche Buchstaben Zieser-Weise gesteppet/ so den Namen ihres Herꝛn bedeuteten. Diese/ ob sie gleich fast allesamt bruͤstig und erwachsene Gesellen waren/ warteten dannoch ohne Biret mit blossem Haupt vor der Tafel auf/ trugen an den Ohren uͤberauß grosse Perlen/ und andere Edelgesteine/ welche ihnen doch bey weitem keinen solchen zierlichen Y y y 2 Schmuck/ Deß Academi schen Schmuck gaben/ weder ihre selbst-eigene Gestalt/ dann es waren alle außerwaͤhlt-schoͤne wolgebildete Juͤnglinge/ von gerader/ grosser/ und hoch-ansehnlicher Person/ fast wie hal- be Riesen. Der andern/ die das Essen auß der Kuͤche holeten/ sind gleichfalls 400. gewesen/ auf das Beste gekleidet/ in gelb und braun/ auf einer jeden Farbe sassen Sterne von allerley Far- ben. Doch kamen diese nicht bey die Tafel/ dann jene 400. Juͤnglinge/ worvon jetzt gesaget/ haben die Speisen von ih- rer Hand genommen/ ehe sie fuͤr die Tafeln gelanget/ und diese von Jenen wiederum die ledige Schuͤsseln/ so vordem Soldan aufgehoben/ empfangen, um solche nach der Kuͤchen zu tragen/ woselbst gewisse Leute veordnet gewesen/ die also- bald das Gold- und Silberwerck an den Schuͤsseln und Plat- ten gereiniget/ und wiederum außgeputzet. Als Cavina hiermit beschlossen/ da muste ein Jeder bekennen/ daß dieser Soldan ein rechtes Pracht-Kind muͤsse gewesen seyn. Nachdem solcher Gestalt das Hoch-Fuͤrstl. Mahl vollzogen/ wurden die beyden Verlobten zu Bette gefuͤhret/ und darauf nahmen 2. Tage hernach Con- dado und die Ubrigen ihren Abschied von hinnen/ nachdem sie den Printzen Alexium und seine Crusada von deß Tripolitanischen Bassa Geld 5000. Kronen verehret. Sie nahmen in deß Condado Schiff ihren Lauff nach Tursis, welchen Ort sie auch in 4. Wochen gluͤcklich erreichten/ und weil der Eltern Consens bald erlanget ward/ hielte Condado mit der Lucretia, und Parmenio mit der Taranta auch Beylager/ und tilge- ten also die eingewurtzelte Feindschafft ihrer Eltern dardurch auf einmahl. Condado hat hernach allemahl grosse Pension von dem Catholis. Koͤnig/ als Admi- ral uͤber eine Esquadre Kriegs-Schiffe zur See be- kommen/ und seinen Namen im Mittellaͤndis. Meer sehr außgebreitet. Klingenfeld aber und die Ubrigen verfuͤgten sich mit der Zeit auch wieder zu den Jhri- gen/ und machten also diesen Academi schen Roman ein ENDE . Register der fuͤrnehmsten Sachen/ welche in diesem Academi schen Roman zu finden seynd. A. A Bderamines ein unkeuscher Mensch/ pag. 1008 . Academi en oder hohe Schulen/ ob es besser seye/ wann keine waͤren? 9 . von ihrem Uhrsprung/ 11 . die zu Babel und Ninive/ 12 . bey den Juden/ 12 . zu Abel/ 14 . zu Salomons Zeiten/ ibid. bey den alten Teutschen/ 18 . der Heyden/ 19 . der Juden nach der Babylonischen Gefaͤngnuͤß/ 22 . warum sie gestifftet worden/ 24 . der Heyden sollen von den Juͤdischen entsprossen seyn/ 19 . seqq. in Teutsch- land/ 151 . seqq. ausser Teutschland/ 152 . Kaͤy- serl. Confirmation der zu Helmstadt/ 156 . zu Lun- den in Schonen/ 153 . in Franckreich/ 162 . in Jtalien/ 164 . in Spanien/ 165 . Ungeschickte werden offt daselbst crei ret und belohnet/ 225 . welches aber ein rechter Diebstahl/ 227 . suͤnd- und schaͤdlich/ 229 . Gradus und Wuͤrden dersel- ben/ 863 . ihre Privilegi en und Macht uͤber der Studenten Verbrechen/ 888 . etlicher Nation en daselbsten Freyheiten/ 890 . Academi en oder Collegia gelehrter Leute/ besonders in jtalien/ 721 . Adrianus, Kaͤyser/ hat ein fuͤrtrefflich Gedaͤchtnuͤß/ 670 . lustige Geschicht von demselben/ 67 . Alexander M. hat den Poeten Pindarum hochgehal- ten/ 718 . wie auch deß Homeri Schrifften/ 727 . hat trefflich gestudiret/ 725 . A l te/ denen stehet das Lernen auch wol an/ 732 . Y y y 3 Alter Register aller Alter/ Exempel derer/ welche im Alter gestudiret ha- ben/ pag. 873 . Amtmann/ wird wegen seiner Unzucht gestrafft/ 51. seqq. Amurath ein grosser Liebhaber der Jagd/ 737 . Antigonus ein Liebhaber der Studi en/ 726 . dessen Brieff an den Zenon/ ibid. Aristoteles solle seine Weißheit von einem Juden ge- lernet haben/ 20 . Artaxerxes Brieff wegen deß gelehrten Hippocrates, 727 . dessen Liebe zu den Gelehrten/ ibid. Auferziehung junger Printzen/ wie sie anzustellen/ 742. seqq. B. B Accalaureus was und wer? 867 . Bacchant en wer/ 842 . Banditen/ 131 . 135. seqq. Banquet deß Egyptischen Sultans/ 1066 . Baͤume so einen Hall oder Stimme von sich geben/ 198 . Betrug mit Betrug meisterlich bezahlet/ 326 . Bettler ihre Stuͤcklein/ 894 . 899 . List eines zu Gent/ 898 . grosses Mitleyden etlicher Personen mit ihnen/ ibid. kluge Antwort eines Bettlers/ 897 . Birck-Huͤhner wie sie außgespaͤhet werden/ 741 . Bonna Galeacii, Hertzogs in Maͤyland Wittib/ uͤber- listet einen Secretarium, 970 . Buͤcher/ ob die/ welche auß andern Buͤchern etwas zusammen tragen/ nur Compilatores zu neñen? 79 . ob und wiefern solches zu thun erlaubet sey/ ibid. Discurs von Buͤchern/ 807 . werden theils wol be- schencket/ 816 . Liebhaber derselben/ 817 . 819 . vom rechten Gebrauch derselben/ 817 . Alphonsus ein merckwuͤrdigen Sachen. ein grosser Liebhaber derselben/ 821 . sollen Zoll-frey seyn/ laut eines Frantzoͤsischen Arrest s/ 910 . con- fisci rte/ ibid. Buchdruckerey/ wo solche solten angestellet werden/ 909 . Buch-Haͤndler uͤbernehmen die Studenten/ ibid. ihre Vortheile/ 910 . Buhlern und unzuͤchtige Stuͤcklein/ such Venereus, item, Liebes-Stuͤcklein und Studenten. C. C . Jul. Cæsar wie hoch erdie Studi en gehalten/ 728 . Callmaͤuser wer? 844 . 857 . Candidatus woher dieser Name/ 864 . Medicinæ ein schlechter Lateiner/ 224 . Canterus ein gelehrter Knab/ 188 . Caranuel stellet sich einfaͤltig/ war aber sehr gelehrt/ 243 . Cato l er nete erst im Alter/ 729 . Cavin ein Student/ wird verfuͤhret/ 27. seqq. Censo r es Librorum was sie betrachten sollen/ 82 . Cerebacchius ein Muster eines unmaͤssigen Studen- tel/ 209 . 179. seqq. u.a.w. antwortet mit lauter Lcteinischen Versen/ 209 . gibt durch essen und trncken sich zu erkennen/ 957 . Chri st en/ ihr Ansehen bey dem grossen Mogol/ 832 . Chri st off Schmid/ sonsten Kuͤnzel/ von Rothenacker/ einselbst-Gelehrter/ 654 . Colle g ia oder Zusammenkunfften gelehrter Leute/ 72 . in F ranckreich/ ibid. der Frucht-bringenden Ge- sellchafft/ ibid. in Jtalien/ ibid. in Engelland/ 78 . Nauræ Curiosorum, 81 . Comies Palatini, ob die/ so sie mit einem Gradu ho- nois begaben/ so gut/ als andere? 866 . Com p ilatores, welche mit Recht also zu nennen/ 79 . Y y y 4 Con- Register aller Concilium zu Trient, dessen Gesaͤtze wider die unwuͤr- dige Wuͤrden der hohen Schulen/ 231 . Condado raͤyset endlich nach vielen herumschweiffen wieder nach Hauß in Calabrien/ wird gefangen/ macht sich aber wieder loß/ 896. seqq. mußhart arbeiten/ und wird neben seinen Camerader ver- theilet/ 1022 . Confisci rte Buͤcher/ 910 . Cujacius ein selbst-Gelehrter/ 653 . Cynea hat ein fuͤrtrefflich Gedaͤchtnuͤß gehabt/ 670 . Cyrus hat ein herꝛliches Gedaͤchtnuͤß gehabt/ 670 . D. D Anckbarkeit gegen den Lehrmeistern/ 393. seqq. gegen Christo/ als den besten Lehrmeister/ 394 . Dauphin wird gelehrt/ 724 . Demosthenes der fuͤrtreffliche Redner bleibet tecken in seiner Rede/ 677 . Deponi ren so viel als Haͤnseln/ 859 . macht nicht ge- schickt/ 843 . Diebs-Grifflein/ 258 . such auch Gaudiebe. Dinten-Fresser wer? 844 . 857 . Dionylius hat den Plato hoch gehalten/ 718 . Discipul, such Lehrlinge. Discurs, such Frage. Disputant en/ was sie zu beobachten/ 410 . grobe 411 . unerfahrne und Exempla, 413 . 420 . Disputation deß Cerebacchii de Jure Potandi, sehr laͤcherlich/ 975. seqq. Doctor, was von einem erfordert werde/ 256 . was und wer? 869 . Doctorat, was fuͤr Ceremoni en bey eines Juristen Doctorat fuͤrgehen/ 884 . Dohm-Herren bey den Evangelischen/ 494 . E. Echo merckwuͤrdigen Sachen. E. E Cho/ wunderlicher zu Simonetta/ 199 . zu Sy- racusa/ 201 . zu Charenton/ 203 . und anderswo mehr/ 204. seqq. so sich verlohren/ 203 . Ehebruch wird gestrafft/ 51 . Einbildige und Aufgeblasene verachten gern andere/ 419 . Examen, laͤcherliches eines Rector s/ 768 . F. F Alcken- und Raiger-Lust/ 749 . Falsche Spieler/ 747 . Ferdinand/ Kaͤyser/ dessen hochloͤbl. Lebens-Art/ 737 . Frage und Discurs, was einem fuͤrnehmen Menschen baß anstehe/ die Exerciti en und Staats-Sachen/ oder die Studi en? 386. seqq. von denen/ welche die Tugend-Schulen unter den Christen wol wissen/ aber dieselbe nicht zu lernen begehren/ 387 . ob es besser seye/ von allen etwas/ oder eine Sache allein vollstaͤndig zu wissen? 437 . wer in Strittigkeiten der Gelehrten wol Richter seyn koͤnne? 443 . ob die Lesung der Buͤcher oder die lebendige Stimme dienlicher seye andere zu unterrichten? 445. seqq. wie die Studenten weyland gelebet/ 479 . welches am noͤthigsten seye zu Kuͤnsten zu gelangen/ ein grosser Verstand oder grosse Muͤhe? 510 . woher es komme/ daß die Menschen nach verbottenen Dingen so sehr begierig seyen/ 529 . welches besser seye/ ein gutes Judicium und Verstands-Urtheil/ oder eine gute Gedaͤchtnuͤß? 542 . was an einer Manns-Person mehr zu schaͤtzen/ ein fertiger Ver- stand und gutes Judicium, oder eine unerschrocke- ne Hertzhafftigkeit? 561. seqq. ob es besser seye/ zu erst oder zu letzt von einer Sache reden? 584 . Y y y 5 ob Register aller ob ein Reicher oder Armer geschickter zum Studi- ren? 625 . seltzame Rechts-Fragen/ 682 . Fanta- stische/ pag. 862 . Fressen und Sauffen/ darvon wird pro \& contra discurri ret/ 408 . Fresser/ unterschiedliche Exempel seltzamer/ 950 . Freyheiten der Studenten/ 95 . 97 . Friderichs/ Kaͤysers/ Brieff an Andreas Canter einen sehr gelehrten Knaben/ 188 . Fruchtbringender Gesellschafft Anfang/ 72 . Frauen/ gelehrte/ such Weiber. Fuͤrnehmen Leuten/ ob das Studi ren wol anstehe? 724 Furst/ einer wil lieber das sein Printz gehenckt/ als ein Theologus werden solle/ 493 . G. G Audiebe/ 27 . 43 . ihre Stuͤcklein/ 30. seq. Hoch- zeit und seltzame Possen/ 33 . ihre Degen-Maͤn- ner/ 48 . Gedaͤchtnuͤß ist ein herꝛlicher Schatz/ 666 . Exempel derer/ welche ein fuͤrtrefflich Gedaͤchtnuͤß gehabt/ 670. s. 871 . 875 . kan bald Schaden leyden/ 674 . 676 . Exempel hiervon/ 675 . derer/ so ein schwa- ches Gedaͤchtnuͤß gehabt/ 676 . Schroͤcken und Entsetzen ist ihr sehr schaͤdlich/ ibid. derselben kan geholffen werden/ 677 . 877 . Unterscheid zwischen der Gedaͤchtnuͤß und Reminiscens oder Wieder- gedaͤchtnuͤß und Erinnerung/ 679 . Gefaͤngnuͤß wie ein Ohr formi rt/ 201 . Gefangene sind boͤß/ empfangen doch viel Allmosen/ 1041 . Geitziger/ Grab-Schrifft desselben/ 775 . Gelehrte/ ob sie den Tapffern und Kriegs-Leuten fuͤr- zuziehen? 702 . stellen sich offt einfaͤltig/ 241 . Exempel derer/ so von sich selbst gelehrt worden/ 653. merckwuͤrdigen Sachen. 653 . seynd von hohen Herren hochgehalten wor- den/ 717 . 721 . auch nach ihrem Tod/ 722 . wie auch dero Schrifften/ 721 . Generalen und Kriegs-Verstaͤndige/ so gelehrt/ 725 . Gespenst/ sehr laͤcherlich/ 1035 . Gleichheit/ Exempel Zweyer welche einander gantz gleich gewesen/ 303 . Gesicht/ eines Dieners/ der seinen Herꝛn in der Stu- ben gesehen/ da er doch zu Bette lag/ 368 . welches ein grosses Ungluͤck bedeutete/ ibid. Grab Schrifft eines Schwelgers/ 450 . eines Geitzi- tzigen/ 775 . eines nassen Bruders/ 772 . Gradus oder Wuͤrden auf hohen Schulen/ 863. seq. werden offt Ungeschickten mitgetheilet/ 865 . Grammatici Puri, ihre artliche Beschreibung/ 848 . Gymnasia, der Fuͤrnehmsten etliche/ 167 . H. H aͤnßlen was? 859 . Hagemann ein Teutscher Kauffmann und dessen Begebnuͤß/ 126 . Hahnreyen-Orden/ 139 . Hall oder Thon/ wie er in einem Bild koͤnne gemacht und erwecket werden/ 94 . Herren/ grosse/ wie ferne sie sich der Jagd ergeben sollen/ 736 . Hertz/ Exempel derer ihr Hertz rauh haͤrig gewesen/ 567 . Hertzhafftigkeit/ ob sie dem Verstand oder Judicio vorzuziehen/ 561. seq. was sie seye? 565 . Hippocrates ward sehr hochgehalten/ 727 . Hohe Schulen/ such Academi en. Homerus und dessen Schrifften werden hochgehal- ten/ 727 . von Alexander M. 720 . wie auch deß Aristotelis, 728 . Hosen- Register aller Hosen-Possen deß Trolls/ 902. seqq. Huren-Liebe/ wider dieselbe/ 137 . J. J Acobus Koͤnig in Engelland/ soll von Natur keinen blancken Degen haben sehen koͤnnen/ 735 . war- um? ibid. Jagen/ wie weit sich grosse Herren demselben ergeben sollen/ 734 . Liebhaber desselben/ 737 . ist offt schaͤdlich gewesen/ 739 . Jesuiter/ wie viel Collegia, Residenti en und Haͤuser derselben im Anfang dieses Seculi gewesen/ 167 . Judicium oder Beurtheilungs-Krafft wird herauß gestrichen/ 568 . Jungfern/ Brieff an eine hochmuͤthige/ und Antwort derselben/ 609 . eine stoltze wird haͤßlich betrogen/ 261 . die Lateinisch verstanden/ 276. seqq. Juͤngling/ so sehr gelehrt/ 870 . Jurist/ wie lang ein Studiosus Juris studi ren solle/ biß er den Gradum Doctoratus erlangen koͤnne/ 883 . wie neue Studiosi Juris genennet werden/ ibid. ihr Examen, ibid. Ceremoni en bey ihrem Doctorat, ib K. K Eusch heit/ Caroli VIII. Koͤnigs in Franckreich/ 1010 . Kind-Betterin/ unter den Barbarn wol gehalten/ 1006 . Kirchen-Raͤuber und Verderber werden gestraffet/ 833 . Exem- pel derer/ welche gern und offt/ oder wenig darein gehen/ 834 . werden von den Japonesern zu Lust-Haͤusern mißbrauchet/ 837 . sollen uns zu allem Guten anmahnen/ wie den Kaͤyser Otto, 838 . bauen die Christen nicht gern/ 830 . bie zu Constan- tinopel/ ibid. Epheso/ und ihre Verwuͤstung/ 831 . die Christen halten sie nicht rein und sauber/ 833 . Klingenfeld/ ein Student/ und dessen seltzame Begebnuͤsse/ 1. sqq. bat mit einem stoltzen Eysenfresser zu thun/ 7 . wird nach vie- lem Herumschweiffen in einem See-Gefechte gefangen/ 990 . wird von einem Aga einem Wund-Artzt untergeben 991 . bittet vergebens um seine Freyheit/ 992 . uͤber ihn wird eine Actio Juris angestellet/ aber durch einen Duell decidi ret/ 993. seq. wird merckwuͤrdigen Sachen. wird durch Hagemann erloͤset/ und fordert den Corsaren auß 1001 . offenbaret dem Bassa seinen Stand/ 1003 . gehet nach Alexandretta zu Schiff/ 1004 . Kostgaͤnger/ so wunderlich verlohren/ und wieder gefunden worden/ 646 . Kriegs-Helden und tapfferer Maͤnner Exempla, 711. seqq. Ver- staͤndige/ so gelebrt/ 725. seqq. Kronen/ unterschiedliche Arten derselben bey den Roͤmern/ samt den Exempeln/ welche sie darmit deschencket/ 705 . wer am meisten derselben bekommen/ 711 . Kuͤnsten und Wissenschafften stehen Fuͤrnehmen auch wol an/ 724 . Exempel hiervon/ ibid. Kunst-Kammern/ wo dieselben da und dorten zu finden/ 59 . Kuͤnzel/ Bauer von Rotten Acker/ ein Selbst Gelehrter/ 854 . L. L And/ ein jegliches Land hat sein besonders Laster in sich/ 145 . Laster/ eines jeglichen Landes besonders/ 145 . Lehrlinge/ oder Discipul, ihre Danckbarkeit gegen ihren Lehr- meistern/ 393 . ihre Undanckbarkeit/ 394 . ihr Gehorsam auch lange Zeit nach den Lehr-Jahren/ 395 . Lehrmeister/ Danck und Undanck gegen denselben/ 393 . 394 . Ge- horsam gegen denselben lange Zeit nach den Lehr-Jahren/ 395 . Lehrer und Prediger gelten heut zu Tag nicht so viel mehr/ als weyland Ambrosius, 832 . Leich-Abdanckungen/ so seltzam/ 765 . 781 . LEOPOLDUS I. dessen Gelehrtheit/ 724 . Licentiat en/ was/ 869 . seynd zweyerley/ ibid. Liebes-Begebenheit zu Orleans, 322 . Li deß Venerei, Brandtenwein im Gefaͤngnuͤß zu bekom̃en/ 102 . Lucius Dentatus, ein Muster eines tapffern Kriegs Heldens/ 711 . Lunden/ hobe Schul in Schonen/ und derer Anfang/ 153 . Lust zu dem Lehrnen/ Exempel hiervon/ 389. seqq. auch etlicher im hohen Alter/ 391 . M. M Agister, was und wer/ 868 . Mantel-Tausch eines reichen Kanffmanns mit einem Bett- ler/ 898 . Memnon s-Bildnuͤß gibt einen Musicali schen Hall von sich/ 194 . wie solcher konne gemachet werden/ ibid. Messer-Sch l ucker/ 953 . Muretus, ein Seibst-Gelehrter/ 653 . O. O H r/ Kunst-Ohr oder Gefaͤngnuͤß zu Syracusa, in Gestalt ei- lies Ohrs/ worinnen ein merckwuͤrdiger Echo, 209 . Olearii Register aller Olearii Raͤyß-Beschreibung/ dessen Kupffer von Venereo er- klaͤret/ 1028 . P. P Apst Clemens deß VII. Geld-Fischerey/ 495 . viere von den Paͤpsten seynd Doctores Juris gewesen/ 866 . Pariß/ die hohe Schul daselbsten/ 162 . verschiedene Tumulr en alldorten/ ibid. Paß/ eines Frantzoͤsischen Capitain s hilfft nicht/ 1018. seq. Pastete/ statt derselben wird ein Kind weggenommen/ 379 . Patina, eine gelehrte Jungfer zu Padua, 270 . Pedant en und ungeschickte Lehrmeister/ 854. seq. einer wird wol bezahlet/ 836 . Pedellen/ wer und ihr Amt/ 910 . Pennalismus wird in etwas beschrieden/ 914 . dessen Absch a f- fungs- Formul zu Jena/ 915 . zu Giessen/ 932 . Pestilentz/ wunderliche Cur darwider/ und merckwuͤrdige Verse hiervon/ 146. seq. Pferd/ so Geld hosteret/ s.v. 905 . Troll reitet einem Fuhrmann solches hinweg/ 908 . Philippus, Vatter Alexandri M. warum er den Goͤttern gedan- cket/ 725 . Philosophi, ungeschickte/ 854 . Philosophia Experimentalis, 77 . Pica, oder schwangere Lust/ Exempel/ 954 . Pindarus ist hoch geachtetworden/ 718 . P lu to ist hoch gebalten worden/ 718 . in den Juͤdischen Gesetzen umgethan gewesen/ 20 . Pompejus M. ehrete den Posidonium hoch/ 717 . Posidonius wird hoch gehalten/ 717 . Præceptores, such Lehrmeister. Prediger/ such Lehrer. Privilegi en der Studenten/ 97 . 885 . der Vexation halber/ 912. s. Professor, welcher 20 . Jahr uͤber das 1. Cap. Esaiæ gelesen/ 829 . sind unterschiedliche derselben/ 839 . Promotiones Academicæ possierliche/ 965. seq. Pythagoras soll ein gehohrner Jud gewesen seyn/ 19 . dessen Schule/ ibid. 389 . R. R Ector und Pro-Rector, was auf hohen Schulen/ 848 . ihr Amt/ Macht und Wuͤrde/ 841. seq. Rechts-Gelehrten/ such Jurist en. Reden/ Bilder/ so gleichsam reden kunten/ 194 . Steine und Thuͤrne deß gleichen/ 196. seq. Redlichkeit/ ein Lied darvon/ 923 . wird auch unter den Barbarn und Heyden gefunden/ Exempel hiervon/ 1004. seq. Redner/ merckwuͤrdigen Sachen. Redner/ stattliche seynd auch stecken geblieben/ 677 . Regierung/ angemassete Tyrannische thut nicht lang gut/ 638 . wird an Christierno II. erwiesen/ ibid. an Erico, 942 . Ring/ Discurs von solchen/ 1051. seqq. Roͤmer/ haben ihre tapffete Soldaten geehret und gekroͤnet/ 783 . Romana, ein Muster eines verschlagenen Weibes-Bildes/ 264 . S. S Chmidt/ raͤchet sich an einem Studenten/ 325 . Schoͤuickel gibt der Stadt Leipzig eine betruͤgliche Caval- lier s- Parole, 972 . Schule/ groffe Ungiuͤckseeligkeit/ wo keine sind/ 386 . in die Tu- gend-Schule geben wenig/ 387 . Hohe/ such Academi en. Schul-Fuͤchse/ was und wer/ 844. seqq. 857 . Schulmeister/ die gerne darein schlagen/ 846 . 857 . Scipio hat ein fuͤrtrefflich Gedaͤchtnuͤß gehabt/ 570 . dessen Hoͤf- lichkeit/ 1008 . Simel/ wer der gewesen/ dessen Zach. XII, 13 . gedacht wird/ 22 . Simonides, dessen fuͤrtrefflich Gedaͤchtnuͤß/ 678 . Soldaten/ wie sie bey den Roͤmern gehalten worden/ 715 . wie die Feige gestraffet worden/ 715 . Staͤdte/ allwo Studenten sich aufhalten/ sind gluͤckseelig wor- den/ 96 . Staͤrcke/ Potocovii, 970 . Stipendia, wie es mit denselben daher gehe/ 190 . Straffen/ so der Gesellschafft/ als Sclaven/ angethan worden/ 1019 . deter/ so sich bey den Roͤmern im Krieg nicht wol gehal- ten/ 715. seq. auf Wasser und Brodt/ 1033 . Steine/ so gleichsam haben reden koͤnnen/ 196 . Studenten/ seynd weyland zu den Fuͤssen ihrer Lehrer geseffen/ 23 seynd schon von Rebucad Nezar mit gnaͤdigen Augen angese- hen worden/ 95 . dero alte Freyheiten/ ibid. andere ibid. seqq. ihre Tumult en zu Pariß/ 162 . wie sie sich verhalten sollen 184 Tugend hat sie jederzeit befoͤrdert/ 186 . Formul ihres Eydes/ den sie schwoͤren muͤssen/ 300 . Possen/ wegen Gleichheit zweyer derselben/ 303 . einer wird ein Falschspieler/ 311 . Buhlschafft/ so uͤbel abgelauffen/ 322. seqq. 326 . 349 . 350 . eines List/ Geld zu practici ren/ 353 . dieben ein Schwein listiglich/ 354 . ihre Haͤn- del und Schlaͤgereyen/ 357. s. Begebnuͤß zwischen einem Com- mendant en und ihnen/ 361 . eines Magnifici und ihnen/ 365 . Duelli ren/ 366 . Buhler-Possen/ 369 . 380 . unzuͤchtige/ 370 . 376 ihr Promovi ren/ oder Stehlen/ 379 . Arme sollen unterhalten werden/ 425 . Straffe/ die solches unterlaffen/ 265 . halten sind offt schlecht auf hohen Schulen/ 464 . Arme thun offt mehr gut/ Register aller merckw. Sachen. gut/ als Reiche/ 465 . wie sie weyland in allen 4. Facult aͤten ge- lebet/ 479 . Gebett eines/ der eine hoͤhere Facult aͤt antretten wil/ 486 . woher sie ihren Namen haben/ 842 . was von einem erfordert werde/ 860 . sollen fleissig seyn/ aber nicht nur zum Schein wie Jener/ 861 . ihre naͤchtliche Haͤndel/ 960 . fordern den Klingenfeld auß/ 961 . wie es abgelauffen/ ib. s. Schmauß/ 662 . Nacht- Music. 963 . Melancholie uͤber seine Liebste/ 964 . Jungen/ und Klag uͤber sie 913 . Studi ren/ Exempel derer/ so spat darzu kommen/ 393 . T. T Empel/ such Kirchen. Teutsche/ so etwas auß den Buͤchern zusam̃en tragen/ ob sie von den Engellaͤndern deß wegen mit Recht Compilatores genennet werden? 79 . werden von andern Teutschen verachtet/ 81 . Theologie, die studi ren offt die Unge- schickteste/ 489 . 495 . derer schaͤmen sich die Hohe bey den Evange- lischen/ anders/ als bey den Roͤmisch-Catholischen geschiehet/ 491 . Exempel hiervon/ 493 . Thiere/ was Gutes man von denselben lehrnen koͤnne/ 659 . Traum/ ein nachdencklicher/ so erfuͤllet wor- den/ 368 . Troll/ ein Ebentheuerlicher Kund/ und wie seltzam er zu Klingenfeld kom̃en/ 84. s. dessen laͤcherliche Vertheidigung sei- nes Herꝛn/ deß Pr. von Tursis, 110 . macht dem Cerebacchio eines an/ 249 . wird mit baarer Muͤntze bezahlet/ 317 seine Ankunfft uñ Auferziehung/ 466 . geraͤth unter schlim̃e Pursch/ 747 wird wun- derlich ein Rector, 767 . dessen possierliche Sermon en/ 765 . No- menclatur- Buch/ samt andern seltzamen Authoribus, 473. s. fer- nere seltzame Begebenheiten/ 483. s. seine Possen vor dem Richter zu Basel/ 944 . Cavina defendi ret ihn/ 947 . dessen Handel wird an den Rectorem Magnificum temitti ret/ 948 . Haͤndel mit einem Corporal, 1030 . Tuͤrcken halten ihre Moscheen oder Kirchen heiliger und reiner als die Christen/ 833 . 837 . Tursis, der Printz wird endlich erkandt/ 12 dessen Geschicht zwischen seinem Ge- schlecht und dem Trepalda, 397 . Tugend/ ist den Studenten befoͤrderlich/ 186 . in diese Schul gehen wenig/ 387 . Tyranney/ so grausamlich gestrafft werden/ und Exempel hiervon/ 1013. sq. V. Vantenay/ dessen Liebes-Begebnuͤß/ 553 . Venereus/ ein Muster eines Buhleris. Studentens/ 434 . 499 . 514 . u.a.w. Virgilius/ der Poet/ wird hoch gehalten/ 718 . Vngelehrte werden aufhohen Schulen befoͤrdert/ 225 . seynd dem gemeinem Wesen sehr schaͤdlich/ 229 . anderer Meynung bestaͤtti- get solches/ 231 . W. Weiber und Weibes-Personen/ so gelehrt gewesen/ 278 . an verschiedenen Orten/ 28 . wer sie alle uͤbertroffen/ 292 . werden ziemlich durchhaͤchelt/ 603 . ob sie edler/ als die Maͤnner/ ib. werden vertheidiget/ 605 . Wuͤrth/ ein Listiger/ machet sich bezahlet/ 348 . X. Xenophon/ wie er ein ge- lehrter Mann worden/ 286 . Z. Zacharias/ der Prophet/ c. 12 / 13 . erklaͤret/ 21 . Nota: Der guͤnstige Leser wolle p. 22 l. 8. zu dem 12. Cap. Zach. den 13. Vers lesen/ als: Das Geschlecht Simet besonders/ und ihre Weiber besonders.