Theorie der Gartenkunst. Von C. C. L. Hirschfeld , Koͤnigl. Daͤnischem wuͤrklichen Justizrath und ordentlichem Professor der Philosophie und der schoͤnen Wissenschaften auf der Universitaͤt zu Kiel. Dritter Band . Leipzig , bey M. G. Weidmanns Erben und Reich . 1780 . Vorbericht . B ey den mancherley Schwierigkeiten und Kosten, die mit der Aus- gabe dieses Werks, wie man aus seiner Einrichtung leicht urtheilen kann, verbunden sind, erscheint dennoch dieser Band, bald nach dem zweyten, mit einigen Vorzuͤgen bereichert. Man findet hier nicht blos eine groͤssere Anzahl und Mannigfaltigkeit von Kupferstichen, die von den abgehandelten Materien veranlaßt worden, sondern auch verschiedene neue Vorstellungen von Landhaͤusern, Gartengebaͤuden und Monumenten, die wir der gluͤcklichen Erfindungskraft und dem Geschmack des Herrn Schuricht verdanken, eines jungen Kuͤnstlers in Dresden, dessen Ruhm einst seinen Verdiensten gleichen wird. In keinem Theile der Baukunst herrscht noch eine groͤssere Duͤrftigkeit, als in dem, der die Gar- tengebaͤude betrifft. Die gekuͤnstelten Gebaͤude von Gitterwerk, welche die Franzosen einfuͤhrten, und womit man sich bisher behalf, kommen in keine Betrachtung; und wenn wir einige Werke der Englaͤnder ab- rechnen, so hat die Architectur der Gaͤrten, die an neuen Erfindungen so fruchtbar seyn koͤnnte, noch kaum ihren Anfang genommen. Alles, was sie bisher geliefert hat, betrifft fast nichts als Lustschloͤsser und Landhaͤu- ser; und von den mannigfaltigen andern Gartengebaͤuden findet man selbst bey den beruͤhmtesten Architecturlehrern unter den Italiaͤnern kaum eine Spur, die auf Erfindungen leitete. Herr Schuricht betritt daher eine neue Bahn. Und er hat den Charakter der Gartengebaͤude so gluͤcklich gefaßt, daß man die Reinigkeit, Einfalt, Leichtigkeit und 2 Anmuth Vorbericht . Anmuth der Architectur, die sie erfordern, in seinen Rissen mit Vergnuͤ- gen wahrnehmen wird. Der folgende Band wird noch verschiedene Zeich- nungen von ihm liefern, die diesen an Guͤte der Erfindung gleichen. Auch an Beschreibungen von Gaͤrten, die der Anhang enthaͤlt, ist dieser Band reicher. Sie sind von mir selbst in dem verflossenen Som- mer entworfen, als ich, in Veranlassungen der Gartenkunst, das Ver- gnuͤgen hatte, sowohl in einige benachbarte Provinzen von Deutschland, als auch nach Seeland eine Reise zu unternehmen. Jede Gelegenheit, neue Anlagen zu sehen, oder sie leiten zu helfen, oder daruͤber Rath und Meynung abzugeben, wird fuͤr die Aufklaͤrung der Theorie selbst unter- richtend; man lernt nirgends mehr, man dringt in den Geist der Grund- saͤtze, die allein aus der Natur geschoͤpft werden muͤssen, nirgends mehr ein, als wo die Ueberlegung bey dem Anblick der Gegenden selbst, die verschoͤnert oder verbessert werden sollen, beginnt; und bey der unbegraͤnz- ten Mannigfaltigkeit von Scenen, die zu dem Bezirk der Gartenkunst ge- hoͤren, ist hier Beruf, viel oͤfter in die Natur zu schauen, als der Maler in die Gallerien schaut. Theorie Theorie der Gartenkunst . III Band. A Dritter Theil. Von den Werken der Kunst in Gaͤrten. Erster Abschnitt . Von Lustschloͤssern und Landhaͤusern. Zweyter Abschnitt . Von kleinern Gartengebaͤuden. Dritter Abschnitt . Von Tempeln, Grotten, Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Vierter Abschnitt . Von Ruhesitzen, Bruͤcken und Thoren. Fuͤnfter Abschnitt . Von Statuͤen, Monumenten und Inschriften. S o bald man anfieng auf dem Lande und in den Gaͤrten seinen Aufenthalt zu nehmen, fuͤhrte zuerst die Nothwendigkeit Wohngebaͤude ein. Die Fuͤrsten baueten Lustschloͤsser, und der Adel und der Buͤrger Landhaͤuser, die nach Umfang, Architektur, Einrichtung und Charakter von einer großen Verschiedenheit waren. Man fuͤhrte sowohl in groͤßern als in kleinern Gaͤrten minder betraͤchtliche Gebaͤude ein, sowohl zur Verzierung, als auch zum kurzen Aufenthalt und zum Genuß laͤndli- cher Vergnuͤgungen. Es entstanden kleine Gartengebaͤude, Pavillons, Lusthaͤuser, Lustkabinetre, Vogelhaͤuser u. s. w. Man suchte nicht lange darauf den Bezirk der Ergoͤtzungen, der Einbildungskraft und des Geschmacks zu erweitern, indem man Gebaͤude einfuͤhrte, die zu dieser Absicht behuͤlflich schienen. Man legte Grotten, Einsiedeleyen, Ruinen, Tempel an, nicht sowohl zur Bewohnung, als vielmehr, um mit diesen nachgeahmten Werken die Phantasie zu beschaͤftigen, und die Garten- plaͤtze mehr zu beleben. Man zierte sie mit Inschriften. Zum Ausruhen waren Sitze, zur Verbindung der getrennten Theile Bruͤcken und Thore noͤthig; man er- kannte indessen, daß sie zugleich Mittel der Verzierung werden konnten. Man gieng weiter. Man stellte Statuͤen und Monumente auf. Es ist sichtbar, daß ein Theil dieser Werke der Kuͤnste mehr Nothdurft und Bequemlichkeit, ein anderer Theil mehr Verzierung ist. Zuweilen kann einerley Gegenstand an einem Ort Beduͤrfniß, und an einem andern Orte bloße Verschoͤne- rung seyn. In sehr vielen Faͤllen kann diese so hervorstechend werden, daß man ver- gißt, daß die Nothwendigkeit die erste Veranlassung dazu gab. Die aͤltesten Gaͤrten waren von Werken der Kuͤnste noch sehr entbloͤßt; in einer bemoosten Huͤtte, in einem prachtlosen Landhaͤuschen saͤttigte sich der unverwoͤhnte A 2 Geschmack Einleitung. Geschmack an der reizenden Einfalt der Natur. Sowohl die nach und nach zuneh- mende Ueppigkeit und Prachtliebe, als auch der allmaͤhlig sich verfeinernde Geschmack selbst, haben fast gleichen Antheil an der Einfuͤhrung der Kunst in die Gaͤrten. Da- her die Mischung des Falschen mit dem Wahren, des Unschicklichen mit dem Schick- lichen. Daher hat man mit kuͤnstlichen Gegenstaͤnden einen Gartenplatz eben so oft dem einfach reizenden Gepraͤge der Natur entrissen, eben so oft ihn verunstaltet, als ihm eine Verschoͤnerung mitgetheilt, die seine Wirkung hebt. Ein Theil dieser Gegenstaͤnde war schon in den Gaͤrten der Alten, besonders der Roͤmer, zu sehen, welche Baukunst und Bildhauerey so gerne zur Befriedigung ihrer Prachtliebe brauchten. Andere sind von den Franzosen, andere von den Brit- ten eingefuͤhrt, und zur allgemeinen Nachahmung gekommen. Sowohl die alte, als auch die neue Manier bedient sich der Werke der Kunst, nur mit dem Unterschiede, daß uͤberhaupt betrachtet jene mehr Verschwendung und Unschicklichkeit, diese zwar im Ganzen mehr Sparsamkeit und Auswahl, aber auch doch manche seltsame Ver- irrungen zeigt. Es ist Pflicht, bey diesen Untersuchungen sich zuvoͤrderst vor allem Vorurtheil zu verwahren, und sowohl auf der einen Seite die mancherley bisherigen Abweichun- gen von dem Pfade des guten Geschmacks, die hier sichtbar werden, zu bemerken, als auch auf der andern Seite den richtigen Gebrauch der Werke der Architektur und der Bildhauerkunst bey ihrer Einfuͤhrung in die Gaͤrten zu bestimmen, zu entwickeln, ob und in wie weit sie Mittel der Verschoͤnerung und der Verstaͤrkung der Eindruͤcke der Naturscenen seyn koͤnnen, ihre Lage, Einrichtung und Wirkungen zu zeigen, und neue Aussichten von ihrer Anwendung zu eroͤffnen. Untersuchungen dieser Art hat man bisher unterlassen, indem man es bequemer fand, blos der Mode, bald jener, bald dieser, zu folgen. Es ist Zeit, die Werke der Kunst in den Gaͤrten vor den Richter- stuhl der Vernunft zu einer genauen Pruͤfung vorzuladen. Und da wir hier von man- nigfaltigen Arten von Gebaͤuden, die man in den Gaͤrten theils zu errichten pflegt, theils noch erfinden kann, zu reden haben, so wird diese Untersuchung sich vornehmlich auf ihre Verhaͤltnisse gegen die Gartenkunst und auf einige Erfordernisse der Schoͤn- heit Einleitung. heit und des Geschmacks einschraͤnken, indem es nicht zu dem Plane dieses Werks ge- hoͤrt, von den ersten und wesentlichen Grundsaͤtzen der Baukunst zu handeln. Man wird beynahe versucht, es der Liebenswuͤrdigkeit der Gartenkunst zuzu- schreiben, daß sich die uͤbrigen schoͤnen Kuͤnste so geschaͤftig beweisen, sich mit ihr zu vereinigen. Wir haben die Verbindung der Malerkunst mit ihr gesehen. 1ster B. S. 145-153. Auch die Baukunst sowohl als die Bildhauerkunst bemuͤhen sich, zu ihrer Ausschmuͤckung beyzutragen. Von jener erhaͤlt sie Lustschloͤsser und Landhaͤuser ; kleinere Gar- tengebaͤude von mancherley Art und Bestimmung; Tempel, Grotten, Einsiede- leyen, Capellen, Ruinen; Ruhesitze, Bruͤcken, Thore. Von der Bildhauer- kunst empfaͤngt sie Statuͤen und Monumente. A 3 Erster Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern Erster Abschnitt . Von Lustschloͤssern und Landhaͤusern. M an hat sich vielleicht nirgends mehr, als bey Landhaͤusern und Gartengebaͤuden, von der reinen Schoͤnheit und edlen Einfalt der Architektur entfernt. Nicht blos der falsche Geschmack der Erbauer, sondern auch der Architekten selbst, die sich von den allgemeinen Vorurtheilen blenden ließen, haben daran Antheil. Ei- nige Architekturlehrer haben die Landhaͤuser zu besondern Gegenstaͤnden ihrer Untersu- chung gewaͤhlt, indessen die meisten nur im Vorbeygehen etwas weniges von ihnen be- merken. Zu den ersten gehoͤrt unter uns besonders Paul Decker in seinem Fuͤrstlichen Baumeister, oder Architectura ciuilis, wie großer Fuͤrsten und Herren Palaͤste mit ih- ren Hoͤfen, Lusthaͤusern u. s. w. anzulegen und auszuzieren, u. s. f. Fol. Augsburg, 2 B. 1711. 1716. Seine Zeichnungen von Lustschloͤssern und Landhaͤusern enthalten die aͤußersten Ueberladungen mit Verzierungen, die nur der uͤppigste und ausschweifendste Geschmack ausfinden kann. Das Auge weiß nicht, wo es sich vor der unendlichen Verwirrung hinwenden soll; und die Ver- haͤltnisse, die bey der ersten Anlage des Grundrisses sichtbar seyn mochten, sind durch die Menge der Zierrathen so verdeckt, daß kaum mehr eine Spur von ihnen zu errathen ist. Die Grotten dieses Archi- tekten sind Palaͤste, und seine Springbrun- nen Ungeheuer in der Zusammensetzung. In seinen Orangerichaͤusern haben die Ge- waͤchse kaum vor den Statuͤen Platz; und der gute Mann haͤlt so eifrig auf die Wuͤr- de der Prinzen, daß er sogar uͤber dem aͤu- ßern Rand der Schornsteine die fuͤrstliche Krone ausstellt. Diesen Geschmack in der Architektur fand man vormals nicht blos bey Decker, sondern auch bey andern Bau- meistern; man billigte ihn nicht blos in Deutschland, sondern auch in andern Laͤn- dern. — Doch erhoben sich einige uͤber diese Vorurtheile, z.B. Nette in seinen ade- lichen Land- und Lusthaͤusern: er ist mehr frey von uͤberfluͤßigen Zierrathen; doch sind seine Formen etwas plump, und seine Zeich- nungen uͤberhaupt duͤrftig an Erfindung.— Unter den Franzosen sind es vornehm- lich Blondel (im Cours d’ Architecture. 8. Tom. 2. Paris 1771. S. 243-252. und in der Distribution des maisons de plaisance \&c. 4. 2 Tom. Paris 1737. 1738.) und Briseux, (im Art de bâtir des maisons de campagne \&c. 4. Paris 1743.) welche sich vorzuͤglich mit der Architektur der Land- haͤuser beschaͤftigen. Wer diese Werke be- sitzt, und eine Vergleichung mit den Unter- suchungen, die er hier uͤber diese Materie findet, anstellen kann, der wird sich bald uͤberzeugen, daß ihr Unterricht nach un- serm Plan nicht benutzt werden konnte. Auch Lange Zeit herrschte der Wahn, daß man auch hier eine mit Zierrathen und unendli- chen und Landhaͤusern. chen Kleinigkeiten uͤberhaͤufte Groͤße und Pracht, wobey alle guten Verhaͤltnisse fehl- ten, und Form und Verzierung nicht selten in das Abentheuerliche uͤbergiengen, zeigen muͤßte. Die Lustschloͤsser blieben nicht mehr Gebaͤude, die ein wohl geordnetes Ganzes ausmachten; sie wurden vielmehr ein labyrinthischer Hause von Gebaͤuden, die schlecht zusammenhiengen, wo das Auge von der Menge der Theile zerstreut, und von der Unordnung, worinn sie erschienen, beleidigt ward. Man sah ganze Massen in einer verdruͤßlichen Verwirrung. Ausdehnung, Plumpheit und Unordnung ward selbst der hervorstechende Charakter koͤniglicher Lustschloͤsser. Als die Rohigkeit allmaͤhlig uͤberwaͤltigt ward, und Pracht und Ueppigkeit an ihre Stelle traten, erzwang man seltsame Figuren; und was der Richtigkeit und Schoͤnheit der Formen abgieng, such- te man mit leeren Zierrathen zu ersetzen. Man fuͤllte die Daͤcher nicht weniger, als die Eingaͤnge mit Statuͤen, die mit der Bestimmung des Gebaͤudes in gar keiner Verbindung standen; man schreckte durch seufzende Caryatiden, die ein trauriges Bild der gemarterten Menschheit darstellten. Am meisten fehlte man darinn, daß man den verschiedenen Charakter und die Bestimmung der Gebaͤude ganz aus den Augen setzte. Ein Orangeriehaus, eine Eremitage, wurden mit eben der Groͤße, mit eben dem Reichthum der Verzierung angelegt, als wenn es die ersten Gebaͤude in Residenzstaͤdten gewesen waͤren; es wurden hier hohe und kuͤnstliche Treppenwerke, Saͤulenordnungen, Statuͤen, Bildwerke, Marmor und Vergoldung verschwendet. Noch jetzt sind auch in Deutschland Beyspiele genug von einem solchen ausschweifenden Pomp vorhanden. Es ward fast eine Seltenheit, unter den fuͤrstlichen Lustschloͤssern in Europa Gebaͤude anzutreffen, die mit einer gewissen edlen Einfachheit ein Ganzes ausmachten, die durch Ordnung, Symmetrie, Schoͤnheit der Form und Wahrheit des Charakters einen angenehmen Eindruck auf das Auge des Kenners machten. Pomp ist nicht Wuͤrde, und Ueppigkeit nicht Zierde. Daß Landhaͤuser der Koͤnige und Fuͤrsten sich durch ein Gepraͤge des Ansehens und der Pracht auszeichnen, daß Auch ist, einzelne gute Bemerkungen aus- genommen, die Theorie dieser Architekten oft fluͤchtig und mager, so sehr sie auch den Ruf fuͤr sich haben. Beym Briseux ist ei- ne unendliche Arbeit von Kupferstichen ver- schwendet; fast alle Abbildungen von Land- haͤusern sehen sich einander voͤllig gleich. Blondel zeichnet wenige Landhaͤuser, groͤß- tentheils von einem praͤchtigen und edlen Charakter, vor; nur sind sie nach dem ge- meinen Geschmack noch zu sehr mit Verzie- rung von Statuͤen uͤberladen. — Uebrigens sind von solchen Schriften der Architekturlehrer, welche Anweisung zur Bauart der Landhaͤuser geben, noch solche Werke unterschieden, die blos Risse und Abbildungen von wirklich errichteten Villen enthalten. Von Werken der letztern Gat- tung sind die vorzuͤglichsten hin und wieder in dieser Theorie angefuͤhrt. Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern daß sie dem Auge die Groͤße ihrer Bewohner ankuͤndigen, ist sowohl in den Regeln der Schicklichkeit, als in den Meynungen der verstaͤndigsten Architekturlehrer gegruͤn- det. Allein auch mit der Groͤße verbindet sich gern eine edle Einfalt; und eine reine Schoͤnheit gesellt sich der Pracht nicht blos zur gefaͤlligen Begleitung, sondern selbst zur Unterstuͤtzung bey. Unter Lustschloͤssern verstehen wir hier Gebaͤude außer den Residenzstaͤdten in einer geringern oder groͤßern Entfernung von ihnen auf dem Lande, fuͤr Koͤnige und Fuͤrsten zum Genuß der Ruhe und Annehmlichkeiten des Landlebens errichtet. Ob- gleich auch in manchen Provinzen Wohnungen des hohen Adels auf dem Lande den Namen von Lustschloͤssern fuͤhren, so wollen wir doch, wenigstens zur Bequemlichkeit in der Theorie, hier einen Unterschied machen. Der Adel, der Mann von Stande und Ehrenaͤmtern, der ansehnliche Privatmann, und selbst der Buͤrger haben Land- haͤuser. Allein diese Landhaͤuser verstatten nach der Wuͤrde, dem Charakter, dem Stande, dem Reichthum ihrer Besitzer eine große Verschiedenheit der Ausdehnung, der Pracht, der Zierlichkeit, der Maͤßigkeit und Bescheidenheit. Wir koͤnnen daher praͤchtige, edle, zierliche, und blos bequeme Landhaͤuser unterscheiden. Bey allen diesen Arten von Landhaͤusern sowohl, als bey den Lustschloͤssern, kommt es nach den Gesichtspunkten, woraus wir sie hier betrachten, vornehmlich auf Lage, Anordnung, und Verzierung an. Wir wollen uͤber jedes Stuͤck die noͤthi- gen Bemerkungen machen, welche groͤßtentheils die Architekturlehrer uͤbergehen konn- ten, da sie nur von dem Mechanischen und Wesentlichen der Baukunst zu handeln unternahmen. I. Lage. und Landhaͤusern. I. Lage . 1. S ie fordert zwey wesentliche Stuͤcke, Gesundheit und Anmuth. Worauf man zuerst bey der Anlage eines Lustschlosses und Landhauses zu se- hen hat, ist dieses, daß man eine gesunde von einem heitern Himmel umflossene Ge- gend waͤhle, die weder umherstehende Teiche und Moraͤste hat, noch zu sehr in Tiefen und Gebuͤschen versteckt ist, als daß sie von reinigenden Winden erreicht werden koͤnnte. Auch nicht in sumpfigten Ebenen und Thaͤlern, noch zu nahe bey einer volkreichen Stadt, deren Ausduͤnstungen und Rauch oft eine ganze Gegend verderben. Wenn diese Regel nicht schon dem gemeinen Verstande durch eine unmittelbare Empfindung beygebracht wuͤrde, und wenn außerdem nicht so viele alte und neue Schriftsteller sie wiederholt haͤtten, so koͤnnte man sich vielleicht weniger daruͤber verwundern, daß so oft wider sie gefehlt wird. Ein falscher Geschmack, und eine bejahrte Gewohnheit aus den gothischen Zeiten machen oft mit allem Fleiß einen an sich guten Ort unge- sund. Bald zieht man rings um das Gebaͤude so dichte und hohe Alleen, daß nicht allein ein wesentliches Stuͤck, die Aussicht, verloren geht, sondern auch keine erfrischen- de Kuͤhlung mehr durchdringen kann, und die Luft ohne Bewegung bleibt. Bald wird um die Landhaͤuser ein tiefer Graben von stehendem faulenden Wasser geleitet, dessen Ausduͤnstungen desto schaͤdlicher sind, je leichter sie in die nahen Gemaͤcher ein- dringen; da hingegen, wenn das Wasser fließend waͤre, sowohl der Nachtheil fuͤr die Gesundheit verschwinden, als auch das Auge und die Einbildungskraft mehr Erfri- schung erhalten wuͤrden. Unbegreiflich ist es, wie manche Schriftsteller eine solche verkehrte Anlage sogar als nothwendig empfehlen koͤnnen. „Alle Landhaͤuser und Lustgaͤrten muͤssen, um angenehm zu seyn, mit Graͤben, Mauern, Pallisaden, und dergleichen umgeben seyn.“ So faͤngt ein hollaͤndischer Schriftsteller Les agrémens de la campagne ou remarques sur la construction des mai- sons de campagne, avec fig. 4. Leide. 1750. unter ei- nem blendenden Titel seine Theorie an, und bewundert die aͤltern Landhaͤuser seiner III Band. B Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern seiner Landsleute so offenherzig, daß sein Geschmack mehr Mitleiden als Spott verdient. 2. Nach der Gesundheit der Lage ist die Anmuth zu suchen. Diese wird von der Natur angeboten und von der Kunst erhoͤhet; von beyden kann sie eine unendliche Mannigfaltigkeit erhalten. Die verschiedenen Lagen und Mischungen der Berge, Ebenen, Thaͤler, Wiesen, Waͤlder, Gebuͤsche, Seen und Fluͤsse vervielfaͤltigen schon bis zum Erstaunen die Annehmlichkeit; und der Kunst ist es vergoͤnnt, bald durchs Hineinschaffen, bald durchs Wegnehmen oder Versetzen, die Menge der natuͤrlichen Abwechselungen zu vermehren. Der Trieb zum Vergnuͤgen lockt, die angenehmsten Plaͤtze aufzusuchen, und die Vernunft billigt ihn. Er lehrt uns, keine finstere Ver- tiefungen, keine leeren von Wald und Gebuͤsch entbloͤßte Ebenen zu waͤhlen, wo die Kunst nicht leicht den Mangel des Schattens und des fließenden Wassers ersetzen kann; sondern offene Schauplaͤtze der Natur, Gegenden, aus welchen uns die Schoͤn- heit und Heiterkeit der Schoͤpfung hell und unaufgehalten entgegen lacht, wo keine Einfoͤrmigkeit, keine Einschraͤnkung, wie in dem Kerker der Staͤdte, ermuͤdet, wo Freyheit, Vielheit, Groͤße und Mannigfaltigkeit der Scenen und Aussichten das Auge reizen und den Geist beschaͤftigen. Die Kunst bietet ihren Beystand an, um die Aussichten zu erweitern und zu verschoͤnern, dem Wasser einen Lauf, den Baͤu- men und Gebuͤschen eine Stellung, dem Schatten und Licht eine Vertheilung zu geben, die und Landhaͤusern. die mehr den Reiz des Ganzen erhoͤhen, und ringsumher gleichsam eine neue Schoͤ- pfung hervorrufen. Eine mittelmaͤßige Anhoͤhe ist die vortheilhafteste Lage fuͤr Lustschloͤsser und Land- haͤuser. Das schoͤnste Gebaͤude in einem niedrigen Grunde verliert immer etwas von seinem Ansehen, da es im Gegentheil von einer Hoͤhe sich mit dem ganzen Eindruck seiner Architektur zeigt. Schon in der Ferne reizt es hier mehr das Auge des Reisen- den, und ladet gleichsam mit einem gastfreundschaftlichen Wink zur Annaͤherung ein. Eine solche Lage vermehrt zugleich das Vergnuͤgen des Aufenthalts. Auf dem Gi- pfel eines Huͤgels, oder an dem Abhange eines Berges athmet der Bewohner freyer und vergnuͤgter; indem er die Weite der Landschaft uͤberschaut, sammelt er mehr ent- zuͤckende Bilder, schoͤpft er mehr erhabne Empfindungen, hebt sich leichter uͤber die kleinen Nebel dieses Lebens hinaus; und bey der Fortschreitung der Prospecte, die keine ploͤtzliche und deutliche Auswickelung haben, sondern sich unabsehbar in die Daͤmmerung der Ferne hinziehen, verliert sich sein Geist in suͤße Ahndungen von sei- ner eigenen unbegraͤnzten Fortdauer. Fuͤr alle Landhaͤuser ist die Lage auf einer Anhoͤhe sehr anpassend, die zugleich von der Sorge fuͤr die Gesundheit empfohlen wird, indem sie von einer reinern Luft beherrscht, und vor schaͤdlichen Feuchtigkeiten, die sich nach der Tiefe verlieren, mehr bewahrt ist. Lustschloͤsser und Landhaͤuser der Gutsbesitzer scheinen noch aus besondern Gruͤnden ihre Lagen auf Anhoͤhen zu fordern. Nicht allein erhaͤlt daher der Eindruck von Hoheit und Wuͤrde eine gewisse Verstaͤrkung; sondern es ist auch ein angenehmes Schauspiel, einen Theil seiner eigenen Felder, und die muthigen Beschaͤftigungen seiner gluͤcklichen Unterthanen zu uͤberschauen. In den barbarischen Jahrhunderten des Raubs und der Fehde bauete man die alten Schloͤsser auf die Spitzen der Berge und Felsen, nicht sowohl der Aussicht, als vielmehr der Befestigung wegen. Indessen betrachten wir, indem wir zwischen Wol- ken durchloͤcherte Gemaͤuer und herabhangende Ruinen abgestuͤrzter Thuͤrme erblicken, noch jetzt ihre Lage nicht ohne Erstaunen und Verwunderung. Und wenn man in sehr ausgedehnten Parks noch jetzt zur Nachahmung alte Bergschloͤsser wieder anlegen wollte, so wuͤrde die Kuͤhnheit und eine Art von Wildheit der Lage unstreitig eins der ersten Stuͤcke seyn, worauf man seine Aufmerksamkeit zu richten haͤtte. In einer solchen wilden und furchtbaren Gegend wuͤrde sich kein Gebaͤude von einer edlen und schoͤnen Architektur schicken; die griechische Bauart wuͤrde hier zu zierlich seyn. Ein gothisches Schloß, mit starken plumpen und unfoͤrmlichen Massen, mit Thurmspi- tzen und Mauern, woran die Zeit und die Orcane Merkmale ihrer Wut hinterlassen, wuͤrde allerdings mit einer solchen Lage mehr uͤbereinstimmen. B 2 Noch Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern Noch reizender werden Landhaͤuser auf maͤßigen Anhoͤhen, die am Ufer von schoͤnen Fluͤssen, an Seen, an Einbuchten des Meeres liegen. Denn dadurch ge- winnen sie nicht allein Aussichten voll Bewegung; sondern werden auch selbst im Ge- maͤlde der Landschaft ein uͤberausschoͤner Theil von Prospect. Man hat vorzuͤglich sowohl in Schweden als auch in der Schweiz von Lagen dieser Art einen guten Ge- brauch gemacht. Jetzt ist vielleicht kein Land in Europa, wo man mit Erbauung neuer Landhaͤuser sich so sehr beschaͤftigt, als in dem Gebiete der reichen Genfer an ihrem entzuͤckenden See. Selbst die Einbildungskraft kann sich kaum einen Strich bilden, wo in einem so kleinen Bezirk so viel praͤchtige und zierliche Landsitze und in einer schoͤnern Lage an dem Ufer des Sees bey einander gesammelt stehen. Und noch immer bauen und zieren sie voll Wetteifer diese Gegend, mit einer verschwenderischen Pracht, und mit einem feinen Geschmack, zum Entzuͤcken der Fremden; da hinge- gen auf viele Meilen um Bern, in einer Republik, die nach Genf der Sitz des Lu- xus in der Schweiz ist, seit zwanzig Jahren kein neues Landhaus errichtet ist, und man sich mit den artigen, reinlichen und bequemen Villen begnuͤgt, die meistens in Gaͤrten voll Wein und Obst von maͤßigen Vaͤtern erbauet worden. 3. Reinlichkeit, Ordnung, Geschmack muͤssen nahe um Lustschloͤsser und Landhaͤu- ser am meisten ausgebreitet seyn, und eine Scene darstellen, wo die Kunst, ohne den Schein des Gezwungenen, ohne nichtsbedeutende Spielwerke, sich mit eben so vieler Freyheit, als Anmuthigkeit zeigt. Weil der zunaͤchst angraͤnzende Platz ein Theil von dem Boden ist, worauf das Gebaͤude steht, so darf sich die Regelmaͤßigkeit noch uͤber ihn erstrecken; er darf nach der Figur des Gebaͤudes abgemessen seyn, an den Seiten und Landhaͤusern. Seiten eine vollkommene Gleichheit haben, und in gerader Linie sich nach dem Thore oder Zugang ziehen. Ein gaͤnzlicher Mangel von Regelmaͤßigkeit wuͤrde hier be- fremden. Denn ein Gebaͤude ist ein so wichtiger Gegenstand auf dem Platze, daß es berechtigt ist, den Einfluß seiner Symmetrie auch in die angraͤnzenden Theile auszu- breiten, die noch außer dem Gebiete der Gartenkunst liegen. Selbst die Bildhauer- kunst, die von der Architektur, zur Verzierung des Innern und der Außenseiten der Gebaͤude, als eine gefaͤllige Gehuͤlsinn herbeygerufen wird, darf sich auf den Plaͤtzen zeigen, die Lustschloͤsser, praͤchtige und edle Landhaͤuser umgeben. Sie darf sie mit Statuͤen, mit Blumengefaͤßen, und andern schicklichen Werken zieren, und diese Verzierung so weit fortsetzen, als die Verbindung des Platzes mit dem Gebaͤude uͤber- sehen werden kann. Sie darf sich selbst mit einzelnen Werken bis an das Gebiete des Gartens verlieren, wo die Natur, an deren Werke sich keine Kunst weiter wa- gen darf, anfaͤngt ihre Scenen ohne Regelmaͤßigkeit zu eroͤffnen. — In England tritt man oft aus einem Palaste voll Marmor, Gemaͤlden und Gold, auf einmal in eine wilde Gegend. Dieser Uebergang von der hoͤchsten Pracht der Kunst zu der nachlaͤßigen Einfalt der Natur ist zu ploͤtzlich. Der Zwischenraum, der zwischen beyden Enden liegt, sollte durch gegenseitige Verbindungen von Stufe zu Stufe mehr zusammengezogen seyn. Es ist mehr dem Lauf unserer Ideen gemaͤß, wenn wir bey dem allmaͤhligen Zuruͤckweichen der Kunst nach und nach in die angenehme Unordnung der Natur hineinirren. Man pflegte die Vorplaͤtze vor Landhaͤusern mit Orangen und Springbrunnen zu bereichern. Sie tragen allerdings zur Anmuth und zur Kuͤhlung bey, und Fon- tainen, wenn sie nur nicht mit der gewoͤhnlichen widrigen oder unschicklichen Verzie- rung verunstaltet sind, koͤnnen als Werke der Kunst nahe vor einem Gebaͤude immer Platz haben. Doch vielleicht macht der vormals gar zu allgemeine Gebrauch dieser Auszierungen der Vorplaͤtze, daß man sie jetzt weniger liebt. In heißen Laͤndern, wo die Springbrunnen ihren Ursprung genommen, und wo sie noch am haͤufigsten angetroffen werden, besonders in Italien und Spanien, sind sie eine Art von Be- duͤrfniß, das die noͤrdlichen Reiche nicht kennen. Die zunaͤchst vor Lustschloͤssern und Landhaͤusern liegenden Plaͤtze muͤssen eben so wenig durch Hecken und Alleen, als durch Gebaͤude versperrt werden, so gewoͤhnlich es auch ist, sich durch Vorlagen dieser Art, besonders durch hohe und dickbelaubte Baͤume, einzukerkern. Diese, die nicht allein die Luft dumpfig machen, sondern auch das Ungeziefer, das sie naͤhren, in die Zimmer bringen, rauben zugleich Land- haͤusern einen ihrer ersten Vorzuͤge, die Freyheit der Aussicht. Umzaͤunungen, wie B 3 diese Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern diese sind, hat man in Holland und in Deutschland haͤufig eingefuͤhrt; sie sind zu lange geduldet worden, um noch mehr Nachsicht zu verdienen. 4. Die Absicht, einen ungestoͤrten Genuß des Angenehmen zu haben, befiehlt, ganz nahe und vor den Lustschloͤssern und Landhaͤusern nur Gegenstaͤnde hinzustellen, die einen erfreulichen Anblick geben, und alle zu entfernen, die einen ekelhaften Ein- druck zu erregen faͤhig sind. Nach dieser Regel wird der Erbauer eines schoͤnen Land- hauses es nicht mit einer Menge von Gebaͤuden, die der Landwirthschaft gewidmet sind, als Scheunen, Viehstaͤllen, und dergleichen, unmittelbar umzingeln, und sich dadurch der freyen Aussicht und einer reinen Luft berauben. So sehr das Gegentheil auch von einer fast allgemeinen Gewohnheit in verschiedenen deutschen Provinzen einge- fuͤhrt ist, so sehr ist es doch wider die Beduͤrfnisse unserer Vorstellungskraft und wider den guten Geschmack. Nicht um etwas, das ohnehin nicht geschehen wuͤrde, die Um- setzung der landwirthschaftlichen Gebaͤude, die einmal da stehen, fordern zu wollen, noch vielweniger aus einer unbilligen Verachtung oͤkonomischer Einrichtungen, sondern blos, um dem kuͤnftigen Erbauer eines Landhauses einen nuͤtzlichen Wink zu geben, wird diese Bemerkung eingestreut. Es ist doch bekannt, wie viele adeliche Landsitze die sonderbare Anlage haben, daß aus den gerade vor oder allernaͤchst neben dem Wohnhause liegenden Scheunen und Staͤllen mancherley Unbequemlichkeit, Unrei- nigkeit und ekelhafte Empfindungen entspringen, und daß es oft ertraͤglicher waͤre, in einer engen schmuzigen Gasse der Stadt, als an einem solchen Orte zu wohnen. Nicht einmal zu gedenken, wie viel durch eine solche Umzingelung und widrige Nach- barschaft selbst dem Ansehen des schoͤnsten Landhauses entgehen muß. Und wie wenig Muͤhe wird ein verstaͤndiger Baumeister anwenden duͤrfen, um einen fuͤr die land- wirthschaftlichen Gebaͤude geschickten Platz in einer bequemen Entfernung von dem Wohnsitze auszusuchen? Nichts und Landhaͤusern. Nichts ist unschicklicher und faͤllt schlechter in die Augen, als wenn die benach- barte Gegend des Landsitzes oͤde und verwildert ist, und uͤberall Spuren der vernach- laͤßigten Cultur zeigt, wenn die Wege unverbessert und schmuzig da liegen, und au- ßer der Gefahr und der Unbequemlichkeit noch verdruͤßliche und ekelhafte Bewegungen erwecken. Es giebt so manche schoͤne Landhaͤuser, die das Vergnuͤgen, das sie ge- waͤhren, nicht wenig durch die Beschwerlichkeit des Weges stoͤren, auf welchem man sich zu ihnen durcharbeiten muß. Diese Sache ist doch wohl wegen ihres mannig- faltigen oͤffentlichen Einflusses keine Kleinigkeit; und wenn alle Besitzer der Landguͤ- ter in einer Provinz nur einige Jahre hindurch mit vereinigtem Eifer ihre Aufmerk- samkeit auf diesen Punkt, der zum Theil ihre eigene Ehre betrifft, richten wollten, so koͤnnten viele Gegenden bald die Verbesserung erhalten, die bisher nur noch gewuͤnscht ist. Will man auch nicht auf die Verschoͤnerung sehen, die dadurch einem Lande zu- waͤchset, so sollte doch der ausgebreitete Nutzen eine Anstalt von dieser Art befoͤrdern. Ein Weg in der Nachbarschaft eines Rittersitzes sollte sich doch wohl von der gemeinen Landstraße unterscheiden, und durch mehr Bequemlichkeit, Anmuth und Zierde einen vorlaͤufigen anstaͤndigen Begriff von dem Charakter des nahen Wohn- hauses und von der Wuͤrde seines Besitzers erwecken. Er kann, um mehr Verschoͤ- nerung anzunehmen, nach der Beschaffenheit der Gegend, bald hie, bald da, zur Gewinnung angenehmer Prospecte eine Kruͤmmung machen; und die Veraͤnderung der Auftritte verguͤtet den laͤngern Umweg. II. An- Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern II. Anordnung . L ustschloͤsser unterscheiden sich von Landhaͤusern durch mehr Groͤße, Wuͤrde und Pracht. Landhaͤuser vom ersten Range, zur Bewohnung des hohen Adels be- stimmt, kommen ihnen am naͤchsten; und je mehr Stand und Reichthum der Besitzer herabsteigt, desto mehr muß Groͤße, Pracht und Zierde, in Maͤßigkeit und Beschei- denheit uͤbergehen. Obgleich Lustschloͤsser Wohnungen der Koͤnige und Fuͤrsten sind, so erfordern sie doch nicht den Umfang, die Hoheit und die Pracht der Palaͤste in Residenzstaͤdten. Diese sind hier nicht allein bestaͤndige Wohnungen der Landesregierer und ihrer Fami- lien, sondern auch Gebaͤude, wo der Regent seine großen Geschaͤfte besorgt, wo er seine Raͤthe und Regierungscollegien zusammenruft, wo er fremden Gesandten Gehoͤr giebt, wo sich der Adel und die Staatsbedienten versammeln, wo oͤffentliche Feste ge- geben werden. Ein solches Gebaͤude muß demnach nicht blos einen weiten Umfang haben, sondern auch vorzuͤgliche Groͤße und Pracht in allen seinen innern Theilen zei- gen. Es muß in seinen Außenseiten uͤberall das Gepraͤge der Wuͤrde und Hoheit tragen, und einen Eindruck von Ehrfurcht und Bewunderung rings um sich verbreiten. Allein ein Lustschloß ist von einer andern Bestimmung. Der Landesfuͤrst legt hier gleichsam seinen oͤffentlichen Charakter, den er mitten unter seinem Volke behauptet, nieder; er tritt in die Ruhe des Privatlebens ein. Ein großer Theil des Schwarms, der ihn ermuͤdete, bleibt zuruͤck; er will sich der Zaͤrtlichkeit seiner Familie, den Ver- gnuͤgungen der Freundschaft uͤberlassen; er will sich in der Einsamkeit erholen, durch die sanften Freuden der Natur sich erquicken; er will, um sich als Mensch gluͤcklich zu fuͤhlen, vergessen, daß er Koͤnig ist. Wohnungen zu diesen Absichten bestimmt, duͤr- fen nicht den großen und praͤchtigen Charakter der Residenzschloͤsser tragen. Sie muͤssen indessen immer einen gewissen Theil von Hoheit und Groͤße behalten. Mit den Landhaͤusern des Adels verhaͤlt es sich etwas anders. Er ist mehr fuͤr das Land als fuͤr die Stadt. Er hat gewoͤhnlich seinen bestaͤndigen Aufenthalt bey seinen Laͤndereyen, zu deren Cultur und Wohlstand seine Gegenwart fast unent- behrlich scheint. Er hat hier sein Eigenthum und seine Herrschaft; er giebt seinen Unterthanen Gehoͤr, er spricht ihnen das Recht. Da er auf dem Lande den Sitz sei- ner Herrschaft hat, so darf er schon mit Schicklichkeit hier praͤchtiger bauen, als in der Residenz, wo sein Ansehen sich in das Gepraͤnge des Hofes und der ersten Staats- bedienten verliert, oder doch seine Abhaͤngigkeit mehr bemerkbar ist. Nach diesen Bemer- und Landhaͤusern. Bemerkungen kann der Charakter der Landhaͤuser des Adels in Wuͤrde, mit einer ge- wissen Pracht verbunden, bestehen. Landhaͤuser anderer Besitzer von Stande, die jedoch kein gewisses Eigenthum von Land haben, in dessen Bezirk sie liegen, sind als Wohnungen von Privatpersonen anzusehen, deren Charakter sich durch Zierlichkeit und Feinheit auszeichnet. Groͤße und Pracht sind von ihm entfernt. Buͤrgerliche Landhaͤuser sind auf das Anstaͤndige und Nette eingeschraͤnkt; eine Entfernung von allem Ueppigen und Glaͤnzenden, eine edle Maͤßigkeit und Beschei- denheit macht ihre charakteristische Zierde. Der Reichthum muß sich mit keiner Pracht aufdringen; ein gefaͤlliger Geschmack muß ihre Stelle vertreten. Nach diesen hier angefuͤhrten Unterschieden ist der schickliche Charakter der Lust- schloͤsser gemilderte Hoheit und Groͤße; der Landsitze des Adels, Wuͤrde mit maͤßiger Pracht; der Landhaͤuser der Privatpersonen von Stande, Zierlichkeit und Feinheit; der Landhaͤuser des Buͤrgers, Anstaͤndigkeit, Nettigkeit und Bescheidenheit. Außerdem giebt es einen eigenthuͤmlichen Charakter fuͤr Lustschloͤsser und Land- haͤuser, der allen zukommt, und eine edle Einfalt, Leichtigkeit, Freyheit, Schoͤnheit und Anmuthigkeit in sich faßt. Dieser Charakter ist sowohl in der Bestimmung als in der Lage dieser Gebaͤude gegruͤndet. Man sucht in ihnen einen ruhigen und freyen Genuß der Vortheile des Landlebens und der Annehmlichkeiten der Natur. Und weil diese rings um sie her lachen, so erfordert der Begriff der Schicklichkeit und das Ver- gnuͤgen der Uebereinstimmung, daß solche Wohnungen, in der Verbindung mit so reizenden und heitern Gegenstaͤnden, sich nicht zu merklich von ihrem Hauptcharakter entfernen. Eine elende Huͤtte in einer oͤden Wuͤste befremdet nicht; aber ein schlecht gebauetes Landhaus in einer lachenden Landschaft stoͤrt die Bewegung, die diese er- weckt. Da Gebaͤude gemeiniglich den ersten Eindruck machen, der sich uͤber das Ganze der Landschaft ausbreitet, so sollte man darauf bedacht seyn, daß dieser Ein- druck weder widersprechend noch zu matt sey. Nur durch eine fuͤhlbare Uebereinstim- mung des Charakters des Landhauses mit dem Charakter der Landschaft kann eine ver- staͤrkte angenehme Bewegung erhalten werden. Denn es wuͤrde zu den seltsamsten Verirrungen verleiten, wenn man sichs einfallen ließe, das Gebaͤude und die Gegend in einen Contrast gegen einander setzen zu wollen. Bey der Anordnung eines Landhauses muß der Architekt zuvoͤrderst nicht allein auf den allgemeinen Charakter, der Gebaͤuden dieser Art eigenthuͤmlich zugehoͤrt, son- dern auch auf den besondern Charakter, den er nach den oben angezeigten Unterschie- den seinem Werke zu geben hat, seine Aufmerksamkeit richten. Und die bestaͤndige und genaue Vorstellung von diesem Charakter muß ihn bey der Wahl, bey der Be- III Band. C stimmung, Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern stimmung, bey der Ausbildung, bey der Verbindung, und selbst bey der Verzierung aller innern und aͤußern Theile leiten. Zur Beurtheilung und Anordnung der wich- tigsten von diesen Theilen selbst koͤnnen folgende Bemerkungen behuͤlflich seyn. 1. Nach Voraussetzung alles dessen, was zur Nothwendigkeit eines Wohngebaͤu- des gehoͤrt und zur Bequemlichkeit seiner Einrichtung, die nach den Absichten und Beduͤrfnissen des Bewohners sehr verschieden seyn kann, kommt es bey der Anordnung, in so ferne sie den Regeln des Geschmacks unterworfen ist, zuerst auf die Form an. Je einfacher die Form ist, und je weniger sie daher die Aufmerksamkeit zer- theilt, desto vorzuͤglicher ist sie. Wir finden mehr Vergnuͤgen an einem Quadrat, als an einem Sechseck oder Achteck; die Regelmaͤßigkeit, die in allen gleich ist, kann diesen Unterschied der Wirkung nicht erzeugen, sondern die groͤßere Einfachheit, die ein Quadrat hat. Jede Figur, welche die Aufmerksamkeit zu sehr zwischen Seiten und Winkel vertheilt, hat eine geringere Wirkung, als eine andere, die durch Ein- fachheit einen ungetheilten Eindruck macht. Keine Eigenschaft gehoͤrt mehr zu der Schoͤnheit der Architektur, als diese; die Kunst verliert, so bald sie in schwere und verwickelte Formen uͤbergeht. Die ganze Masse eines Gebaͤudes muß daher eine ein- zige, ungetheilte und vollstaͤndige Figur vorstellen, die angenehm ins Auge faͤllt. Fuͤr Gebaͤude lassen sich keine andere Figuren waͤhlen, als die aus dem Viere- ckigten und Runden bestehen. Die elendeste Figur eines Gebaͤudes, in Absicht ihrer Wirkung auf das Auge, ist das Dreyeck. Das und Landhaͤusern. Das Runde hat unstreitig in Gebaͤuden einen sehr angenehmen Eindruck, weil es ohne alle Winkel einen ununterbrochenen Umkreis beschreibt. Es scheint sich vor- zuͤglich fuͤr kleinere Gebaͤude, deren Umfang nicht so groß ist, daß das Auge ihn nicht gleich auf einmal bequem umfassen koͤnnte, zu schicken; indessen hatten die Tempel des Alterthums, bey ihrer maͤßigen Groͤße, zuweilen diese Form. Das Viereck hat zur Anlegung der innern Theile mehr Bequemlichkeit; auch hat es, wie schon bemerkt ist, eine vorzuͤgliche Einfachheit, bey welcher das Auge die Uebereinstimmung der Außenseiten und die Verhaͤltnisse der Linien gegen einander leicht wahrnehmen kann. Ein in die Laͤnge gezogenes Viereck aber, wobey das Ge- baͤude um drey und noch mehr mal breiter als tief ist, hat nicht die Regelmaͤßigkeit und Einfoͤrmigkeit in den Theilen, als ein Quadrat; man sieht es fuͤr eine verfehlte Figur eines Vierecks an; und die Theile der Außenseiten werden zu weit von einander getrennt. Eine gar zu gedehnte Laͤnge zerstoͤrt außerdem noch die Groͤße des ganzen Gebaͤudes. Bey einem zierlichen oder artigen Landhause wird ein einzelnes Viereck hinrei- chen. Bey andern Landhaͤusern, die mehr Raum und Groͤße erfordern, kann man das Ganze aus mehr Vierecken zusammensetzen, entweder daß man nach dem aͤltern italiaͤnischen Geschmack um die Hauptwohnung noch drey Fluͤgel in ein Viereck her- umzieht, oder, nach der bessern Abaͤnderung der franzoͤsischen Architekten, den einen Fluͤgel weglaͤßt, welcher der Hauptwohnung ( Corps de logis ) gegenuͤber steht. Je- ne Anordnung hat viel Pracht, zumal wenn das Gebaͤude aus mehrern Geschossen be- steht; allein sie hat zugleich ein dunkles und feyerliches Ansehen, das sich besser fuͤr das Ehrwuͤrdige eines Klosters, als fuͤr die Freyheit und Heiterkeit eines Lustschlosses schickt, zumal da alle Aussicht auf den innern Bezirk des Hofes eingeschraͤnkt ist. Die franzoͤsische Anordnung stimmt mit dem Charakter eines Lustschlosses und Land- hauses von einem praͤchtigen und edlen Charakter mehr uͤberein. Sie faͤllt bey dem Eingange mit einer gewissen Pracht und Wuͤrde in die Augen, und verstattet zugleich von allen drey Seiten, am meisten aus der Hauptwohnung und den Enden der bey- den Fluͤgel, eine freye Aussicht auf den Vorplatz. Nur muß der Eingang mit keiner hohen Mauer versperrt seyn; er kann ganz offen bleiben, oder er muß, wenn man Verschließung verlangt, mit einem leichten Gitter im guten Geschmack versehen werden. Inzwischen scheint keine Anordnung mit der Freyheit, Schoͤnheit und Anmu- thigkeit eines Lustschlosses und Landhauses mehr verwandt zu seyn, als diejenige, nach welcher man der Hauptwohnung zwey mit ihr in einer geraden Linie fortlaufende Fluͤ- gel giebt. Durch diese Anordnung faͤllt bey dem Zugange das Gebaͤude mit seiner C 2 ganzen Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern ganzen Vorderseite ungetheilt und vollstaͤndig in die Augen; es zeigt auf einmal die Verhaͤltnisse seiner Theile, die Vollkommenheit seiner Symmetrie und die Schoͤnheit seiner Außenseiten; es reizt und beschaͤftigt schon in der Ferne den Blick, kuͤndigt Freyheit und Heiterkeit an. Und dem Bewohner verstattet es aus den Fluͤgeln nicht weniger, als aus der Hauptwohnung, eine gleiche unverhinderte Aussicht. Die Fluͤgel koͤnnen etwas niedriger als die Hauptwohnung seyn; nur muͤssen sie sowohl mit ihr in einem schicklichen Verhaͤltnisse stehen, als auch eine angemessene Laͤnge ha- ben, wodurch die ganze Außenseite nicht zu sehr gedehnt wird. 2. Die Mehrheit der Geschosse ist nicht nothwendig zur Pracht eines Gebaͤudes erforderlich, wie man zuweilen geglaubt hat. Ein Gebaͤude kann drey und mehr Stockwerke haben, ohne dadurch einen Antheil an Pracht zu gewinnen; so wie hin- gegen ein Gebaͤude, das blos aus dem Erdgeschoß besteht, dennoch ein sehr praͤchtiges und großes Ansehen haben kann, wie verschiedene Beyspiele beweisen. Wenn das Gebaͤude und Landhaͤusern. Gebaͤude auf einer Erhoͤhung liegt, so kann es schon aus den untersten Zimmern eine angenehme Aussicht genießen. Wo Nothwendigkeit oder Bequemlichkeit mehrere Geschosse empfehlen, da muß, zum guten Ansehen der Außenseite, ihre Abtheilung durch Baͤnder und Gesimse deutlich bezeichnet seyn, wenn nicht etwa schon Saͤulen oder Pilaster angebracht sind. Das Ansehen eines Gebaͤudes wird am meisten durch die Anordnung der Au- ßenseiten bewirkt. Sie muͤssen nicht allein ein Werk der Regelmaͤßigkeit, der Ord- nung und Symmetrie darstellen, sondern auch den allgemeinen Charakter der Lust- schloͤsser und Landhaͤuser, Einfalt, Leichtigkeit, Freyheit, Schoͤnheit und Anmuthig- keit an sich tragen. Sie muͤssen, nach den besondern verschiedenen Charaktern der Lustschloͤsser und Landhaͤuser selbst, auch die besondern Empfindungen der Hoheit, der Pracht, der Wuͤrde, der Zierlichkeit, der Feinheit, der Anstaͤndigkeit und Beschei- denheit erregen. Die Außenseite muß am meisten dem Charakter des Gebaͤudes gemaͤß seyn, weil sie zuerst in die Augen faͤllt, und seine Bestimmung ankuͤndigen soll. Sie muß eine edle Einfalt haben, womit die Pracht noch immer vereinbar ist, nicht durch eine große Mannigfaltigkeit und Zerstuͤckung in einzelne Theile zerstreuen; keinen Ueber- fluß von Zietrathen zeigen, welche die Haupttheile bedecken; keine Nebendinge, selbst keine so reiche Verzierung eines wesentlichen Theils, die das Auge von der Betrach- tung des Ganzen abziehen; keine Menge von Winkeln oder hervorragenden Spitzen, die allen Eindruck der Groͤße und Pracht aufheben, und die Wirkung des Ganzen auf eine fuͤhlbare Art vernichten. Eine voͤllige Gleichheit der Theile, wovon sich keiner auszeichnet, giebt ein mageres Ansehen. Die Haupttheile muͤssen sich daher mit ei- ner vorzuͤglichen Schoͤnheit heben, und das Auge an sich locken, ohne es von den an- dern Theilen, die mit zum Ganzen wirken, voͤllig abzuziehen. Der Haupteingang muß die meiste Pracht oder Zierde zeigen; er muß gerade in der Mitte liegen, von welcher das Auge die uͤbrigen Theile durchlaͤuft, und sich an ihrer Uebereinstimmung und Symmetrie ergoͤtzt. Die Fenster sind, außer der Nothwendigkeit, zugleich Mittel der Verschoͤne- rung der Außenseiten, die sonst ein kahles Ansehen haben wuͤrden, zumal wenn sie nicht mit Saͤulen und Pfeilern verziert sind. Die Zahl der Fenster muß sowohl von der innern Bequemlichkeit des Gebaͤudes, als auch von der Verschoͤnerung der Außen- seiten abhaͤngig seyn. Diese haben bey einer gar zu großen Sparsamkeit der Fenster ein leeres und trauriges Ansehen. Die Menge der Fenster aber zerschneidet die Aus- senseiten in gar zu kleine Theile, schwaͤcht dadurch den Begriff der Festigkeit, der bey der guten Wirkung eines Gebaͤudes unentbehrlich ist, und mindert den Eindruck der C 3 Groͤße Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern Groͤße und Simplicitaͤt, der die Seele auf eine so angenehme Art ruͤhrt. Die Groͤße der Fenster muß mit dem Ganzen des Geschosses, worinn sie sich befinden, in einem Verhaͤltnisse stehen, wodurch das Auge ergoͤtzt wird. Am besten nehmen sich die Fenster aus, wenn sie halb so breit, als hoch, sind. Die Figur des Vierecks hat hier einen Vorzug vor dem Runden und vor den Bogen, die gegen die senkrecht herun- terlaufenden und die waagerecht queeruͤberlaufenden Linien der Außenseiten eine eben so seltsame Abstechung, wie eine runde Thuͤr zwischen viereckichten Fenstern, und zu- gleich viele Winkel machen, die man oft wieder mit Muͤhe vergebens zu verbergen sucht. Die Giebel der Fenster, so haͤufig man sie auch antrifft, sind ein uͤberfluͤßiger, und fuͤr die Einfalt der Außenseite sehr unschicklicher Zierrath. Auch die Fluͤgel, die als Nebengebaͤude an den Seiten der Hauptwohnung an- gehaͤngt werden, koͤnnen sehr viel zur Verschoͤnerung der ganzen Außenseite beytragen. Sie sind gleichsam fortlaufende Theile der Hauptmasse; sie muͤssen daher mit ihr die abgemessenste Uebereinstimmung und noch immer Antheil an dem Charakter des Haupt- werks behalten, wenn sie gleich nicht voͤllig eine gleiche Hoͤhe mit ihr erfordern, außer- dem auch weniger Verzierung zulassen. Eine vollkommene Richtigkeit der Verhaͤlt- nisse, Symmetrie, Einfalt, und Entfernung alles Ueppigen und Verschwenderischen, muß bey den Fluͤgeln wahrgenommen werden, wenn sie den Eindruck der Groͤße zu verstaͤrken beytragen sollen. Allein eines der wichtigsten Mittel der Verschoͤnerung der Außenseiten geben die Saͤulenordnungen und Saͤulenlauben, die aus der Baukunst der Alten in die Bau- kunst der Neuern, besonders der Italiaͤner, uͤbergegangen sind. Die und Landhaͤusern. Die Saͤulenordnungen, die zuerst von der Nothwendigkeit eingefuͤhrt, und all- maͤhlig als Gegenstaͤnde der Schoͤnheit von dem Geschmack bearbeitet worden, geben nicht nur den Gebaͤuden uͤberhaupt mehr Leben, Zierde und Wuͤrde, sondern sie ent- halten auch nach Form, Verhaͤltnissen und Verzierungen einen bestimmten, sich un- terscheidenden Charakter. Die korinthische, die ein hohes und schlankes Ansehen, Reichthum von Zierrath, Mannigfaltigkeit und erhabne Pracht hat, wuͤrde sich am besten zu Residenzschloͤssern in großen Staͤdten schicken. Fuͤr Lustschloͤsser scheint sie zu reich und praͤchtig zu seyn. Diesen waͤre vielleicht mehr die roͤmische Ordnung zu empfehlen, die ebenfalls eine ansehnliche, schlanke und schoͤne Gestalt, aber nicht den Reichthum der korinthischen hat; ihre Pracht ist mehr gemaͤßigt. Edle Landhaͤuser aber scheinen sich die ionische, die zwischen dem Ernst der dorischen und der hohen Schoͤnheit der korinthischen in der Mitte steht, mit Recht zuzueignen: denn sie ver- bindet mit Einfalt eine bescheidene Zierlichkeit und eine feine Annehmlichkeit; ihre Gestalt gefaͤllt, ohne zu blenden, und nimmt das Auge mit ihrem sanften Reiz ein. Sie kann selbst an Lustschloͤssern, die aus mehrern Etagen bestehen, vortheilhaft ange- bracht werden, indem sie alsdann uͤber die dorische, die wegen ihrer Staͤrke und großen Einfachheit dem untersten Stockwerk zukommt, sich an dem zweyten Geschoß erhebt, und dem Auge eine angenehme Vergleichung zwischen ihrer lebhaftern Anmuth und dem ernsthaften Wesen ihrer aͤltern Schwester verstattet. Die Saͤulenlauben, welche die Griechen und Roͤmer so gerne bey ihren mei- sten praͤchtigen Gebaͤuden sowohl zur Bequemlichkeit als auch zur Verschoͤnerung an- brachten, koͤnnen entweder als Theile, welche den Seiten der Hauptwohnung ange- haͤngt werden, oder als fuͤr sich bestehende Werke, die ein Ganzes ausmachen, be- trachtet werden. Wir fuͤhren sie hier in dem ersten Gesichtspunkte an. Sie ver- schaffen nicht allein einen vor Regen und Sonnenstrahl beschuͤtzten Spaziergang, und angenehme Sitze in den Stunden der Ruhe; sondern geben auch den Gebaͤuden ein heiteres und praͤchtiges Ansehen. Sie verstatten zugleich uͤber sich offene Gallerien, als neue Plaͤtze des Spaziergangs und der erweiterten Aussicht. Sie schicken sich vorzuͤglich fuͤr Lustschloͤsser und Landhaͤuser von einem praͤchtigen und edlen Charakter; fuͤr die mittlern Arten der Villen enthalten sie zu viel Pracht. Der Raum zwischen den Saͤulen kann mit Statuͤen, und die Wand mit Gemaͤlden belebt werden. Man findet diese schoͤne Saͤulenlauben bey einigen italiaͤnischen Landhaͤusern, besonders des Palladio. Doch ist ihr Gebrauch jetzt selbst in Italien nur selten, und in andern Laͤndern noch weniger eingefuͤhrt. Es ist wahr, daß sie vornehmlich dem waͤrmern Klima, unter welchem sie entstanden, angemessen sind. Da sie indessen doch so viel zur Pracht eines Gebaͤudes beytragen, und in den Sommermonaten uͤberall einen be- quemen Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern quemen und angenehmen Gebrauch anbieten, so waͤre zu wuͤnschen, daß sie besonders bey Lustschloͤssern und edlen Landhaͤusern, fuͤr welche sie sich so sehr schicken, mehr an- getroffen wuͤrden. 3. Das Dach ist zwar ein zur Schoͤnheit entbehrlicher Aufsatz. Aber er ist nun einmal ein nothwendiger Theil, und man muß ihn so gut, als es moͤglich ist, bear- beiten, daß er dem guten Ansehen des Gebaͤudes keinen Eintrag thue. Je niedriger und flacher ein Dach ist, desto mehr Vorzug hat es. Das ein- fache Dach schickt sich am besten fuͤr Landhaͤuser. Das gebrochene Dach oder die Mansarde ist zwar bey großen Landhaͤusern, wegen des Bodenraums, bequem. Allein die Mansarde giebt ein etwas schwerfaͤlliges Ansehen, nicht zu gedenken, daß es sowohl oft Unannehmlichkeit, als auch eine gewisse Unschicklichkeit ist, den Aufent- halt der Bedienten, wozu der Bodenraum gebraucht zu werden pflegt, uͤber den Wohnzimmern der Herrschaften anzulegen. Die und Landhaͤusern. Die schoͤnsten Daͤcher sind die Kupeln, die runden Gebaͤuden zukommen. Sie geben schon in der Ferne einen praͤchtigen Anblick, und fast moͤchte man sie schon aus diesem Grunde empfehlen, wenn runde Gebaͤude nicht schon uͤberhaupt in Ansehung die- ser Figur so viel Schoͤnheit enthielten. Uebertrifft die Hoͤhe der Kupel ihre Breite, so wird dadurch das gute Ansehen vermehrt; denn die Form einer halben Kugel ist zu platt. Kupeln scheinen vorzuͤglich zierlichen Landhaͤusern angemessen, die aus einer runden einfachen Hauptwohnung ohne Fluͤgel oder Nebengebaͤude bestehen, und sich durch Feinheit und Anmuthigkeit auszeichnen sollen. Sie verstatten das von oben einfallende schoͤnere Licht, und nehmen sich inwendig, bey Verzierung mit Bildhauer- werken und Deckengemaͤlden, vortrefflich aus. Auch laͤßt sich zuweilen auf Landhaͤusern ein ganz flaches Dach anlegen, mit einer freyen Gallerie uͤber dem Gebaͤlke, mit welchem sich eigentlich das Gebaͤude endigt, und daher einen erhoͤheten Aufsatz uͤberfluͤßig macht. Die Gallerie ist mit einem Docken- gelaͤnder zu umgeben, das bey der noͤthigen Festigkeit mit Zierlichkeit gebauet seyn muß. Man genießt hier eine freye Aussicht, und schoͤpft in den Stunden des Abends eine angeneh- me Kuͤhlung; daher diese Anordnung sich am meisten zu Landhaͤusern und Gartengebaͤuden schickt, und besonders in heißen Laͤndern, wo außerdem wenig Regen faͤllt, geliebt wird. Thuͤrme scheinen mit der Freyheit und Anmuthigkeit eines Lustschlosses oder Land- hauses nicht recht vereinbar, indem sie fast immer dem Gebaͤude ein plumpes oder doch schweres Ansehen geben. Sie erneuern außerdem das Andenken der rauhen Jahr- hunderte, da sie bald bloße Befestigungswerke, bald Magazine des Raubes, bald Gefaͤngnisse der Schwaͤchern waren. III Band. D III. Ver- Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern III. Verzierung . 1. D ie Verzierungen, die den wesentlichen Theilen der Lustschloͤsser und Landhaͤuser zur Vermehrung der Annehmlichkeit beygefuͤgt werden, koͤnnen hier so wenig gleich- guͤltig seyn, als bey jedem andern Werke der schoͤnen Kuͤnste. Sie muͤssen zuvoͤrderst in keinem leeren Schimmer bestehen, der nur das Auge blendet, nichts Ueppiges noch Ausschweifendes haben. Sie muͤssen eine allgemeine Schicklichkeit zu Gebaͤuden uͤberhaupt haben, aus der Natur der Anordnung zu entspringen scheinen, faͤhig seyn, die Wirkung eines jeden wesentlichen Theils, dem sie zugefuͤgt werden, zu heben, und angenehmer fuͤr das Auge zu machen. Sie muͤssen mit Ueberlegung und Sparsam- keit angebracht werden, damit sie nicht dem Eindrucke der wesentlichen Theile Eintrag thun, nicht die Form verdecken, nicht der Einfalt und der stillen Pracht der Haupt- stuͤcke schaden. Sie muͤssen sowohl dem Stande und Reichthum des Bewohners, als auch dem Charakter der Landhaͤuser angemessen seyn, eine Bedeutung, eine Beziehung haben, die dahin weiset. Sie muͤssen endlich dem besondern Charakter eines Land- hauses gemaͤß seyn, indem die zierliche und artige Ville nicht die Pracht und den Reichthum der Verzierung vertraͤgt, die Lustschloͤsser und Landhaͤuser der ersten Klasse zu fordern berechtiget scheinen. Grundregeln genug, um die Schritte des Kuͤnstlers bey der Verzierung zu leiten, oder sie vielmehr vor Abwegen zu bewahren! In so ferne selbst auf das Vermoͤgen des Besitzers, bey der Ausschmuͤckung seines Landhauses, Ruͤcksicht zu nehmen ist, muß das mehr oder weniger Reiche und Kostbare seinem Gutachten, so wie die ganze Einrichtung zum bequemen Gebrauch, uͤberlassen seyn. Man muß hiebey bemerken, daß man bey Verzierungen viel leich- ter in Ansehung des Ueberfluͤßigen, als des Duͤrftigen, zu fehlen pflegt, und daß man immer sicherer geht, wenn man bey dieser Sache zu wenig, als wenn man zu viel thut. Lustschloͤsser und Landhaͤuser duͤrfen uͤberhaupt nicht den Reichthum und die Pracht der Ausschmuͤckung zeigen, die ihre Bewohner in Stadtpalaͤsten auszubreiten gewohnt sind; sie muͤssen sich mehr der reizenden Einfalt der Natur, der prunklosen Mittelmaͤßigkeit des Lebens naͤhern. So wie die Form und die Anordnung der Außenseiten dem herannahenden Zu- schauer den bestimmten Charakter des Landhauses ankuͤndigen muß, so muß er auch, indem er hineintritt, durch die ganze innere Einrichtung und Ausschmuͤckung diesen Cha- und Landhaͤusern. Charakter ausgebreitet sehen. Jeder Theil muß die Verzierung zeigen, die ihm nicht blos nach einer allgemeinen Schicklichkeit zukommt, sondern die er, nach dem beson- dern Charakter des Landhauses, als eigenthuͤmlich fordern zu muͤssen scheint. Die angenehme Wirkung des Anpassenden der Verzierung und der genauesten Ueberein- stimmung kann noch durch den Reiz der Mannigfaltigkeit erhoͤhet werden. Denn ein Speisesaal verlangt eine andere Verzierung, als ein Schlafkabinet oder Studierzim- mer. Und die Verzierungen selbst sind schon sowohl durch die Materie, als auch durch die Art und Kunst der Bearbeitung verschieden. Die Verzierungen sind theils innere in den Fluren, Saͤlen und Gemaͤchern, theils aͤußere an den Außenseiten des Gebaͤudes. Es moͤgen Gemaͤlde, Laub- und Schnitzwerke, Vasen, Statuͤen, u. s. w. seyn; so muͤssen sie einen Geschmack von Laͤndlichkeit, eine Beziehung auf die Freyheit, Anmuthigkeit und Heiterkeit des Lan- des und der Gaͤrten haben. D 2 2. Wie Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern 2. Wie den Kirchen Vorstellungen der Andacht, und den Palaͤsten der Koͤnige Ab- bildungen großer Thaten des Muths und der Menschenliebe besonders eigenthuͤmlich zukommen: so koͤnnen auch Landschaftgemaͤlde, ohne eben Bildnisse, gesellschaftliche, historische und allegorische Stuͤcke auszuschließen, in den Landhaͤusern den ersten Platz verlangen. Die reiche und mannigfaltige Natur, auch wenn wir sie taͤglich vor Au- gen haben, saͤttigt nicht so sehr, daß sie uns nicht in einer gluͤcklichen Nachahmung wieder gefallen sollte. Die schoͤpferische Kunst des Landschaftmalers weiß der Phan- tasie tausend neue Bilder vorzuzaubern, die sie gerne auffaͤngt, weil sie sich gerne aus ihnen ein frohes Schauspiel erneuert. In Zimmern, mit schoͤnen Landschaftgemaͤl- den bereichert, athmet alles um uns her die liebliche Luft des Landes. Kein Wider- spruch der Eindruͤcke von außen, keine Befuͤrchtung des Mißfaͤlligen, wenn wir aus dem Freyen hereintreten; sondern eine Harmonie der Wohnung mit der Landschaft, die sich dabey durch die Abwechselung bey ihrem Vorrecht, uns immer zu ergoͤtzen, erhaͤlt. Wir freuen uns wieder des anbrechenden Morgens mit Lukas von Uden, der Abendsonne mit Both oder Gille’e. Mit Poͤlemburgs Nymphen durchirren wir Huͤgel und Waͤlder, oder schleichen der Diana unter die kuͤhlenden Schatten zum Bade nach. Bald wohnen wir beym Tenier einem froͤhlichen Dorffeste bey, oder wir sehen den Aerndten, Weinlesen, Wasserfahrten und Jagden des Paul Brill zu. Bald fuͤhrt uns Sachleven auf Berge, die mit den schoͤnsten Thaͤlern abwechseln; bald ergoͤtzen uns die im Gebirge weidenden Heerden des Berchem. Dann reißt uns Ruisdael von den lieblichen Scenen der Natur weg zum Anblick schaͤumender Wasserfaͤlle hin, aber Wilhelm van der Velde beruhigt uns wieder durch stilles Gewaͤsser, worinn sich das sanfte Blau der Wolken und das begrasete Ufer spiegeln. Die Unschuld, die Zufriedenheit, die Spiele, die Sitten der arkadischen Welt er- scheinen uns in diesen Gemaͤlden wieder, und, vereinigt mit den Reizen der Natur, laden sie uns zum Mitgenuß der suͤßesten Empfindungen ein. Es ist fast unmoͤglich, sich der sanften Ruͤhrung zu entziehen, wenn man die gluͤckliche Unschuld in ihrer Freude erblickt; und selbst dem zerstreuten Staͤdter, der zum kurzen Besuch herbey- fliegt, entschleicht bey Dieterichs Hirtenscenen vielleicht der Seufzer: O! Einsamkeit, duͤrft’ ich mich dir ergeben! Hier herrschest du im stillen Hayn; Warum muß ich im Laͤrm der Staͤdte leben? Hier koͤnnt’ ich froh, wie dieser Hirte, seyn! Zachariaͤ. Gemaͤlde und Landhaͤusern. Gemaͤlde von dem angefuͤhrten Inhalt schicken sich nur fuͤr die Waͤnde der Zimmer, wo das Auge sie auch am bequemsten betrachten kann; sie duͤrfen in allen Landhaͤusern einen Platz fordern. In Lustschloͤssern und edlen Landhaͤusern koͤnnen, außer den Waͤnden, auch die Decken der Saͤle und Gemaͤcher mit Gemaͤlden ver- schoͤnert werden, die aber Vorstellungen von einer andern Art, allegorische oder my- thologische, deren Scene der Himmel oder die offene Luft ist, enthalten muͤssen. Veraͤnderungen der Jahreszeiten und der Tageszeiten, natuͤrliche Schauspiele in den Wolken, mythologische Geschichten und allegorische Wesen, die auf Wirkungen der Natur, welche in der Luft wahrgenommen werden, hinzielen, sind hier an ihrem Ort. Man huͤte sich aber an den Decken Blumen, Seethiere, Springwasser und andere Vorstellungen, die an einer solchen Stelle Widerspruch und Ungereimtheit sind, ma- len zu lassen, so viel Beyspiele auch selbst davon in Palaͤsten angetroffen werden. D 3 3. An Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern 3. An den Waͤnden der Zimmer sowohl, als an den Außenseiten der Landhaͤuser, sind Laubwerk und Blumenkraͤnze sehr schickliche Verzierungen; in Stadthaͤusern sind sie es schon weniger, oder vielmehr sollten sie hier mit andern verwechselt werden. Die Wahl der Baͤume, Fruͤchte und Blumen aber muß dem Geist des Klima und des Landes nicht widersprechen. Vasen, so haͤufig man sie auch findet, sind doch wenig bedeutende Zierrathen. Sie gefallen freylich durch die Schoͤnheit und Einfachheit ihrer Form; allein sie haben fast gar keinen bestimmten Gebrauch, und dienen nur als leere Gegenstaͤnde, einen leeren Raum zu fuͤllen. Sollte denn die Kunst so arm seyn, an ihre Stelle in Zim- mern und auf Vorplaͤtzen nichts unterschieben zu koͤnnen, das sowohl mehr Schicklich- keit als Mannigfaltigkeit enthielte? Statuͤen sind schon als Werke der Bildhauerkunst, welche die Architektur zu ihrer Verschoͤnerung zu Huͤlfe zu rufen pflegt, anstaͤndige Verzierungen fuͤr Lustschloͤsser und Landhaͤuser. Sie koͤnnen den Eindruck der Schoͤnheit und Anmuthigkeit des Ganzen sehr merklich verstaͤrken, und muͤssen nicht allein als Werke der Kunst Voll- kommenheit, sondern auch eine Kraft haben, laͤndliche und gartenmaͤßige Vorstellun- gen und Empfindungen zu erwecken. Was sollen demnach hier Statuͤen des Jupi- ters, des Mars, des Herkules, wo wir die Bildnisse der Goͤttinn des Friedens, der Ceres, des Bacchus, der Pomona, der Flora suchen? Auch die Reize der Grazien und Liebesgoͤtter, allegorische Vorstellungen von den verschiedenen Zeiten des Jahres und des Tages, moͤgen hier der Phantasie gefallen. Große Verdienste um die wohlthaͤtigen Kuͤnste des Landbaues und des Gartenwesens, um die Aufheiterung des menschlichen Geistes durch landschaftliche Poesie und Malerey, koͤnnen hier, zu ihrem Ruhm in Statuͤen sichtbar, ihre anstaͤndigen und edlen Wirkungen ver- breiten. Die Mehrheit der Statuͤen wird von dem Charakter des Landhauses sowohl, als von dem Stande und Reichthum seines Besitzers bestimmt. Das Mindere ist auch hier dem Mehrern vorzuziehen. Sowohl in so ferne Statuͤen kostbare Ver- zierungen sind, als auch zum Gewinn einer sichern und staͤrkern Wirkung, duͤrfen ihrer nur sehr wenige seyn. Landhaͤuser der mittlern Klasse koͤnnen sie gern und Landhaͤusern. gern entbehren, und die blos artige und bescheidene Ville scheint gar keine zu vertragen. Ohne Zweifel haben einige Englaͤnder erst von den Italiaͤnern die Mode angenommen, ihre Landhaͤuser mit Statuͤen, Buͤsten, Basreliefs und andern Wer- ken der Bildhauerkunst, besonders aus dem Alterthum, anzufuͤllen. Manche Villen in Italien sehen eher einer Kunstakademie, als einem Landhause aͤhnlich. Indessen kann hier der Ueberfluß von Statuͤen und Bruststuͤcken noch eher entschuldiget werden, da sie uͤbrig gebliebene Zeugen von den schoͤnsten Jahrhunderten eben dieses Landes sind, ehrwuͤrdige Heiligthuͤmer, die an den Geist der großen Maͤnner erinnern, die vormals unter eben diesem Himmel wohnten, deren Afche unter eben diesem Boden ruht. Auch moͤchten hier die mancherley Kunstwerke des Alterthums nicht gerade aus dem Gesichtspunkte der Verzierung, die sich fuͤr ein Landhaus schickt, zu beur- theilen seyn; die Villen sind gleichsam Magazine, wohin alles bequem gebracht wer- den Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern den kann, was nach und nach an Antiken entdeckt wird. Wenn aber einige Brit- ten mehr darauf sehen, um nur ihre Landhaͤuser mit alten, wahren oder eingebildeten, Kunstwerken, die sie mit vielen Kosten herbeyholen, recht voll zu fuͤllen, als ob sich alle diese Verzierungen, zumal in Menge, fuͤr den Charakter eines Landhauses schick- ten; so ist dieses doch wohl nichts geringeres, als eine Uebertreibung. Statuͤen werden sowohl in den Gemaͤchern, besonders in großen Saͤlen, als auch bey dem Eingange und auf den Vorplaͤtzen der Gebaͤude mit der meisten Schick- lichkeit angebracht, weil das Auge sie hier am bequemsten betrachten kann, und weil wir menschliche Wesen auf der Erde, und nicht in der Luft, zu sehen gewohnt sind. Aus diesen beyden Gruͤnden scheinen sie auf den Daͤchern weniger schickliche Verzie- rungen zu seyn, wozu noch die Ungewißheit ihrer Befestigung und die aͤngstliche Vor- stellung ihres Herabstuͤrzens kommt. Immer bleibt der Anblick menschlicher Gestal- ten auf unnatuͤrlichen Plaͤtzen sehr befremdend, auf Ruͤndungen, auf Spitzen, auf Abschuͤssen, wo kein Mensch, ohne Gefahr herabzufallen, sich halten kann. In- zwischen wollen wir nicht laͤugnen, daß nicht allein die Gewohnheit macht, daß man sie auf den Daͤchern gerne duldet, sondern daß sie auch selbst eine gewisse Wirkung von Wuͤrde und Pracht haben; und nach diesem Gefuͤhl hat man sie wahrscheinlich von den Alten nachgeahmt, die sie zuerst bey ihren oͤffentlichen Gebaͤuden, die unter dem Schutz gewisser Gottheiten standen, oder ihnen gewidmet waren, nicht ohne Bey- stimmung ihrer Religionsbegriffe eingefuͤhrt zu haben scheinen. Allein man kann die Beladung der Daͤcher mit Statuͤen und Buͤsten schwerlich weiter treiben, als in den neuern Zeiten die italiaͤnischen Architekten gethan haben. Will man sie indessen auf den Daͤchern der Lustschloͤsser und edlen Landhaͤuser laͤnger beybehalten, so muͤssen es doch nur sehr wenige seyn, und diese muͤssen nicht allein nach der Hoͤhe eine verhaͤlt- nißmaͤßige Vergroͤßerung, sondern auch nach ihren Vorstellungen die genaueste Ueber- einstimmung mit dem Charakter und der Bestimmung des Gebaͤudes haben. Am besten stehen sie auf einem ganz flachen Dache, sowohl weil sie hier mehr Anschein von Befestigung haben, als auch die Einfoͤrmigkeit der Flaͤche mindern. Nichts aber ist widersinniger, als auf ein Landhaus den Jupiter, Mars, Herkules, die Goͤttinn des Sieges und der Gerechtigkeit zu setzen, wie man so haͤufig sieht. — Doch schicken sich diese Verzierungen immer noch besser auf Residenzschloͤsser und Palaͤste in großen Staͤdten, als auf laͤndliche Lustschloͤsser, worinn die Hoheit einen Theil ihres beschwer- lichen Gepraͤnges ablegt, und naͤher zu der gluͤcklichen Mittelmaͤßigkeit des Lebens herabsteigt. Sowohl und Landhaͤusern. Sowohl in dem Innern des Gebaͤudes als auch bey dem Eingange huͤte man sich, die Statuͤen in Nischen zu verstecken, so gemein auch diese seltsame Gewohnheit ist. Eine Statuͤe nimmt sich nie schoͤner aus, als wenn sie frey stehend auf einem Fußgestell gesehen wird. Der Eindruck ihrer Schoͤnheit ist unvollstaͤndig, so lange sie nicht in ihrem ganzen Umriß betrachtet werden kann. Und warum eben die Haͤlfte einer schoͤnen Bildung in einer Mauer vergraben? Warum ein Gebaͤude mit Aushoͤhlungen verunstalten? Blumentoͤpfe, Schilder, Figuren von Thieren und andere Zierrathen von die- sem Schlag auf den Daͤchern, fallen so offenbar in das Unschickliche, daß man dar- uͤber kein Wort mehr verlieren darf; und zum Gluͤck ist dieser sonderbare Geschmack schon an vielen Oertern aus seinem Besitz vertrieben. Da es scheint, daß man auf den Daͤchern, zumal auf den ganz flachen, nicht alle Verzierung entbehren kann, so waͤre es fuͤr Architekten, die mit Geschmack und Beurtheilung eine gluͤckliche Erfin- dungskraft verbinden, eine ruͤhmliche Beschaͤftigung, anstatt der gewoͤhnlichen Zier- rathen neue zu bestimmen, die sowohl den Gebaͤuden uͤberhaupt, als auch den verschie- denen besondern Charakteren, deren sie faͤhig sind, angemessen waͤren. III Band. E Erster Abschnitt. Von Lustschloͤssern und Landhaͤusern. Zweyter Zweyter Abschnitt . Von kleinern Gartengebaͤuden. 1. G ebaͤude wurden zuerst, der Bequemlichkeit wegen, in Gaͤrten angelegt. Man suchte einen Ort, wo man vor dem Regen, dem Winde und der Hitze Schutz finden koͤnnte; man wollte fuͤr die Gesellschaft, fuͤr die Tafel, oder fuͤr die Einsam- keit einen angenehmen Aufenthalt haben; und in entfernten Gaͤrten, wohin man zu- weilen auf einige Tage sich aus der Stadt begab, war eine Wohnung mit einer klei- nen haͤuslichen Einrichtung unentbehrlich. Die urspruͤngliche Bestimmung der Gar- tengebaͤude gieng auf einen nuͤtzlichen Gebrauch. Diese Bestimmung ist nachher fast ganz in eine andere verwandelt worden, da der Geschmack sie als Mittel der Verschoͤnerung betrachten lernte, und ihnen daher Form, Zierlichkeit, Charakter und Lage zu bestimmen anfieng, indem man sich vor- her auf die Bequemlichkeit ihrer innern Einrichtung eingeschraͤnkt hatte. Indessen ist die erste Bestimmung der Gartengebaͤude in der That so wenig entbehrlich, daß sich vielmehr noch immer von ihnen ein nuͤtzlicher Gebrauch mit Man- nigfaltigkeit und Erweiterung machen laͤßt. Nach dieser Bestimmung bleiben sie angenehme Zufluchtsoͤrter, wohin man vor den Unbequemlichkeiten der Witterung flieht, Plaͤtze, wo man die Vergnuͤgungen der Gesellschaft oder der Einsamkeit ge- nießet. Man kann kleinere Gartengebaͤude selbst zur Bewohnung einrichten. Diese Einrichtung ist nicht allein fuͤr Privatpersonen angenehm, sondern auch bey Lust- schloͤssern und Landhaͤusern, deren Besitzer entweder ein starkes Gefolge, oder oft viele Besuche haben, von vorzuͤglicher Bequemlichkeit. Wir haben davon schon ein schoͤ- nes Muster gesehen. Im Park Heschenberg. S. im 2ten B. die erste Beschreibung im Anhang. Das Lustschloß oder Landhaus bedarf alsdann keiner so großen Weitlaͤuftigkeit; und die Herrschaften leiden weder von den Gaͤsten, noch von dem Gewuͤhl der Bedienten Beschwerde. Der Herr der Hauptwohnung behaͤlt seine Ruhe, und der Gast seine Freyheit. Man kann zu dieser Absicht die kleinern Ge- baͤude in einer gewissen Entfernung von der herrschaftlichen Wohnung einzeln in den Gebuͤschen und an andern angenehmen Plaͤtzen zerstreuen. Jede kann sich durch Lage, Form und Auszierung unterscheiden; alle aber muͤssen an Bequemlichkeit und Net- E 2 tigkeit Zweyter Abschnitt. Von kleinern tigkeit uͤbereinstimmen, eine Abtheilung fuͤr die Herren und fuͤr die Bedienten, und ein ruhiges und anmuthiges Schlafgemach haben. Die Groͤße darf nur nach dem Beduͤrfniß und der Bequemlichkeit abgemessen seyn; man braucht wenig Raum, wo man gleich auf einen gruͤnen schattigten Vorplatz austreten kann. Nahe um diese laͤndliche Huͤtten moͤgen bluͤhende Gestraͤuche und die lieblichsten Blumen der Jahres- zeit ihre Wohlgeruͤche aushauchen, der Pfirschbaum und die Weinrebe mag sich an den Fenstern hinaufziehen, und an der Seite des Schlafgemachs in einem Gebuͤsch, wo die Saͤngerinn der Liebe gerne wohnt, eine Quelle rauschen. Jeder Bewohner bleibt hier die Zeit des Tages, so lange es ihm gefaͤllt; die Besuche, die er seinen Nachbarn giebt, sind so viele angenehme Spaziergaͤnge; er verschließt sich wieder zum Lesen und zur Beschaͤftigung; er liebt seine Wohnung, als sein Eigenthum. Die- ses ist ohne Widerspruch ein weit mehr lachendes Gemaͤlde, als ein Gebaͤude mit zwan- zig Fenstern im Vordertheil; alles athmet hier laͤndliche Freyheit und Anmuth. Nicht weniger lassen sich einzelne Gartengebaͤude zu einem besondern Gebrauch, der zwischen Ergoͤtzung und Bequemlichkeit in der Mitte liegt, bestimmen. So kann man dem Vergnuͤgen der Tafel ein besonderes Lusthaus widmen. Es verlangt eine kuͤhle, schattigte Lage, und eine heitre Aussicht. Ist in der Naͤhe eine klare Quelle, ein Gebuͤsch, das von singenden Voͤgeln bewohnt wird, ein beschatteter Vorplatz zum Herumwandeln, desto angenehmer. Der Speisesaal muß hoch und helle seyn, und verziert in einem lebhaften angenehmen Geschmack. Die Kuͤche verberge sich in den Schatten eines nahen Dickigts. Ein anderes Gartengebaͤude kann den Vergnuͤgungen der Musik und des Tan- zes besonders gewidmet seyn. Es verlangt keine praͤchtige Lage, noch weite ergoͤtzen- de Aussichten; keine stark interessirende Naturscenen in der Naͤhe. Eine Verschlies- sung im ruhigen Schatten ist hier am meisten angemessen. Der aͤußere Charakter kuͤndige die Bestimmung des Gebaͤudes an, und die innere Verzierung befriedige die Erwartung, die vor dem Eintritt erregt wird. Ein abgesondertes einzeln liegendes Studierkabinet fordert eine ruhige und ein- same Lage zwischen Heiterkeit und milder Beschattung; denn gar zu viel Helle ist hier eben so unbequem, als zu viel Dunkelheit. Kein Geraͤusch eines starken Wasserfalls, aber kleine sanfte Wasserguͤsse; zur Seite eine Anhoͤhe, wenn es die Lage verstattet, oder hohe Baͤume, die den Flug des Geistes beleben helfen. Immer so viel Aus- sicht auf lebhafte Scenen in der Ferne, als in Zwischenstunden zur Erheiterung noͤ- thig ist. Am Eingang oder auf dem Vorplatz die Statuͤe des Vaters der Kuͤnste, oder eines Philosophen, oder eines Dichters, der Liebling des Besitzers ist, an dessen Feuer sich seine Einbildungskraft erwaͤrmt, dessen Ruhm seine Eifersucht beherrscht. Einfalt Gartengebaͤuden. Einfalt und Ruhe zeichnen sich an dem ganzen Gebaͤude aus, und die sparsame Ver- zierung winke auf die sanften Geschaͤfte der Musen hin. Umher einsame Spazier- gaͤnge, in deren Stille die Seele sich gerne in sich selbst versenkt; keine Scenen, die ihre Aufmerksamkeit von ihr selbst abziehen, die das Nachdenken durch eine Ueberra- schung unterbrechen, oder Empfindungen erregen, die mit dieser Verfassung nicht ver- einbar sind. Weil die Heiterkeit des Morgens die Beschaͤftigungen des Geistes be- guͤnstigt, so wird die Lage gegen Osten vorzuziehen seyn. Ein solches Gebaͤude muß nicht blos bequemen Raum fuͤr eine Bibliothek haben; man kann auch darinn, nach dem Studium und Geschmack des Besitzers, Plaͤtze fuͤr Naturaliensammlungen ab- sondern. Denn die Untersuchung der mancherley Naturmerkwuͤrdigkeiten ist immer eine der interessantesten und anstaͤndigsten Beschaͤftigungen des philosophischen Land- lebens. Ein einzelnes Schlafkabinet verberge sich in die Umhuͤllung eines kleinen liebli- chen Gebuͤsches, woraus suͤße Duͤfte emporathmen, und die naͤchtlichen Seufzer der Nachtigall sich mit zaͤrtlicher Wehmuth erheben. Die Stille verkuͤndige die Ruhe, und nur ein leises Geraͤusch von regelmaͤßigen Wasserguͤssen locke den Schlummer herbey. Kein Glanz, keine Lebhaftigkeit; alles umher in milde Ueberschattung, in den sorglosen Frieden der Natur versenkt. Die Pracht der Blumen, die nur durch Farbe ergoͤtzen, ist hier unbekannt; aber die Nachtviole, die den Tag uͤber unbewun- dert und ungesehen sich vor ihrer eigenen Gestalt zu verbergen schien, spendet nun ihre unerschoͤpflichen Wohlgeruͤche in der geliebten Daͤmmerung aus. Das Silberlicht des Mondes, gebrochen von dem Laube der umstehenden Gebuͤsche, schleicht an die Fen- ster heran, und scheint die Schlummernden zu suchen, um ihre Ruhestelle mit beschei- dener Freundlichkeit zu erheitern. Indessen faͤngt allmaͤhlig die Morgenroͤthe an in Osten aufzugluͤhen, und ihre ersten Strahlen schraͤge in einen Theil des Schlaskabinets spielen zu lassen, das eine solche Lage hat, wobey es nicht auf einmal mit dem vollen blendenden Glanz der aufgehenden Sonne erfuͤllt wird. Nun erheitern sich wieder in den Gemaͤlden an den Waͤnden die landschaftlichen Scenen des Morgens, die Spiele der Liebesgoͤtter und die Flucht der gaukelnden Traͤume. In Gegenden, die das Vergnuͤgen der Jagd geben, lassen sich kleinere Jagd- haͤuser anlegen, die noch von den weitlaͤuftigen Jagdschloͤssern unterschieden sind, wel- che die Fuͤrsten vormals mehr, als itzt, zu erbauen pflegten. Ein Jagdhaus dient nicht eigentlich zur Bewohnung, sondern zu einem Zufluchtsorte, wo man in der Jagdzeit vor ploͤtzlichen Ueberfaͤllen einer boͤsen Witterung Schutz findet, Tafel haͤlt, Erfrischungen einnimmt, und von den Beschwerden ausruhet. Es muß von dem Wild- stande nicht zu weit entfernet seyn, und eine trockene, sonnigte und angenehme Lage E 3 haben. Zweyter Abschnitt. Von kleinern haben. Eine Anhoͤhe, die etwas uͤber die Waldung emporragt, und wovon das Au- ge einen Theil der Jagdplaͤtze uͤberschauen kann, scheint die vortheilhafteste Lage zu seyn. Weil man in dieser Jahreszeit die Erwaͤrmung der Sonne liebt, so muͤssen die Fenster zum reichen Empfang ihrer Strahlen angelegt seyn. Das Gebaͤude ver- langt keine Pracht, nur Bequemlichkeit und einen maͤßigen Grad von Zierlichkeit. Die gemeinen Verzierungen von Hirschgeweih und Jagdhoͤrnern koͤnnen mit feinern Sinnbildern, mit mythologischen Vorstellungen, die auf die Jagd eine Beziehung haben, vertauscht werden. Eine Venus in der ruͤhrenden Stellung, da sie ihren schoͤnen von einem Eber auf der Jagd getoͤdteten Adonis, ein Opfer seiner Unvor- sichtigkeit, beklagt, ist wenigstens eine viel mehr anziehende Vorstellung, als ein uͤber der Thuͤre gemaltes Windspiel. Am meisten interessant muͤssen hier Gemaͤlde seyn, die Handlungen des Mitleidens gegen Thiere vorstellen, und den Menschen von der rohen Jagdlust wieder zu sanftern Gefuͤhlen zuruͤckrufen. Zu den Ergoͤtzungen des Vogelfangs koͤnnen ebenfalls in herbstlichen Revieren besondere Gebaͤude bestimmt werden. Ihre Lage muß einsam, von Gebuͤschen um- schlossen seyn; Baͤume und Straͤucher mit Beeren, welche die Voͤgel lieben, empfeh- len sich hier zu einer Pflanzung, die zugleich das Auge ergoͤtzt. Ein kleiner ruhiger Bach dient nicht blos zur Verzierung, sondern auch zum Beduͤrfniß. Das Gebaͤude kann aus einem einfachen Lustkabinetchen bestehen; es bedarf gar keines Umfangs: denn man verweilt da nur in einigen Stunden, um die kleinen Anstalten zum Fang vorzubereiten, und ihre Wirkung zu belauschen. Das Kabinet muß ein leichtes und luftiges Ansehen haben. Man muß sich auf versteckten Gaͤngen unvermerkt zu ihm heranschleichen koͤnnen. Die Vogelhaͤuser, worinn man allerley lebendiges Gefluͤgel erzieht, sind be- kannt, und waren schon bey den Roͤmern uͤblich. Sie erfordern vornehmlich Gruͤn, frisches Wasser, Schatten, und einen nicht zu feuchten und kalten Ort; man uͤber- zieht sie mit einem Gitter von Drath, das so hoch seyn kann, daß Baͤume darunter bequem emporwachsen koͤnnen. Ein kleiner Springbrunnen erhaͤlt das Wasser frisch, und traͤgt zur Belebung bey. In einem Kabinetchen zur Seite kann man die ver- schiedene Haushaltung der Familien beobachten. Fuͤr einheimische Sangvoͤgel ist ein Vogelhaus doch immer ein unverdientes Gefaͤngniß. Eine reinliche aber nachlaͤßig gebauete Huͤtte oder ein freyes Lusthaͤuschen, das nur Pfeiler anstatt zugemachter Waͤnde, nur ein beschuͤtzendes Dach hat, wuͤrde zu den Belustigungen des Fischfangs dienen. Es kann ein so sorgloses hingeworfenes Werk seyn, daß es gar keine Verzierungen verstattet, daß man schon zufrieden ist, wenn es nur nicht zu sehr gegen alle Richtigkeit der Verhaͤltnisse anstoͤßt. Es muß weg Gartengebaͤuden. weg von dem Ufer des Sees oder Teiches, etwas uͤber das Wasser hin, vorruͤcken, und ein Boot oder einen Kahn zur Seite haben, die nach dem Nutzen zugleich eine Art von Verzierung ausmachen. Das Bad zeige sich nicht frey, nicht an einem breiten Spaziergang, nicht auf einem Rasenplatz, wo es von allen Seiten in die Augen faͤllt; die widersinnigste An- lage, wiewohl man sie antrifft. Es verberge sich vor den Blicken der Neubegierde in eine Vertiefung, in einen Dickigt; eine milde Ueberschattung hange herab, und nur der sanfte Strahl der Abendsonne, gegen welche es seine schoͤnere Lage waͤhlt, streue ihm durch die Gebuͤsche eine liebliche Erheiterung zu. Wohlriechende Straͤu- cher und Blumen mit starken Duͤften umkraͤnzen seine Seiten. Die Architektur sey bescheiden und ohne allen Prunk. Ein niedriges Dach, wenig Fenster oder Oeffnung, an den innern Waͤnden sparsame Verzierung. Keine Vorstellung, wobey sich die Phantasie gegen die Tugend empoͤrt; nur Bilder voll sittsamer Unschuld, oder ein Gemaͤlde der einsamen Nymphe, die vor dem Bade im umschattenden Gebuͤsch ste- hend, schuͤchtern in sich geschmiegt, vor sich selbst erroͤthend, die Hand zuruͤckzurufen scheint, die den Guͤrtel loͤsen soll. Es wird kaum einer Bemerkung beduͤrfen, daß die bisher angefuͤhrten Garten- gebaͤude, vornehmlich in ausgedehnten Gaͤrten und Parks, die eine Mannigfaltigkeit von Gegenden und Anlagen zulassen, Platz haben. Und auch hier werden sie mit viel Ueberlegung und Maͤßigung anzuordnen seyn. Denn ein Garten vertraͤgt nicht im- mer die Gebaͤude, die ein anderer zu fordern scheint. Man muß, ehe man sie waͤhlt, zuerst auf die Lage, den Charakter und die Einrichtung eines Gartens Ruͤcksicht neh- men, und daraus beurtheilen, was sich fuͤr ihn schickt. Kleinere Gaͤrten muͤssen es nicht wagen, die groͤßern in Ansehung des Reichthums der Gebaͤude nachahmen zu wollen; denn nichts ist unertraͤglicher, als einen Platz, der den Schoͤnheiten der Natur gewidmet seyn soll, mit Gegenstaͤnden der Kunst uͤberladen zu sehen. In einem Garten von nicht sehr betraͤchtlichem Umfang koͤnnen drey Gebaͤude schon zu viel seyn. Die gewoͤhnlichen Namen, die man Gebaͤuden dieser Art giebt, Pavillons, Lusthaͤuser, Lustkabinette, Lauben, und die vornehmlich nur einen Unterscheid der aͤu- ßern Groͤße zu bezeichnen scheinen, koͤnnen in dem Wesentlichen ihres Charakters nichts aͤndern. Es ist gleichguͤltig, ob man ein Gebaͤude, das man bey der Jagd braucht, wie es oben beschrieben ward, ein Jagdhaus oder einen Jagdpavillon nennt. Man richtet sich in Sachen, welche die Theorie noch nicht genau bestimmt hat, vielleicht nicht bestimmen mag, nach dem eingefuͤhrten Sprachgebrauch; und man versteht und wird verstanden, ohne sich an die Genauigkeit der Logik und an den Eigensinn einer willkuͤhrlichen Terminologie zu binden. Zweyter Abschnitt. Von kleinern 2. Nicht Gartengebaͤuden. 2. Nicht blos wegen mannigfaltiger Bequemlichkeiten sind Gebaͤude erhebliche Ge- genstaͤnde in Gaͤrten. Sie lassen sich noch aus andern weit mehr interessanten Ge- sichtspunkten betrachten. Sie dienen zuvoͤrderst zur Belebung einer Gegend uͤberhaupt; sie nehmen ihr das Einfoͤrmige und Oede, durch die Idee der Bewohnung und der Gegenwart des Menschen. Diese Idee ist bey dem Anblick der Gartengebaͤude noch mit einem be- sondern Reiz vergesellschaftet. Der Mensch, dessen Anwesenheit angekuͤndigt wird, ist nicht der zur Beschwerde und Sclaverey herabgesetzte Mensch, sondern der Mensch, der hier mit Freyheit, mit Geschmack und Vergnuͤgen wohnt, der sich an den man- nigfaltigen Scenen der Natur behagt. Wenn gleich Gebaͤude Werke von der Hand des Menschen sind, so gehoͤren sie doch mit zur Landschaft, als ein fast unentbehrliches Zubehoͤr. Sie sind zuerst von dem Beduͤrfniß eingefuͤhrt, und werden noch jetzt wegen der vielen Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten des Lebens, die man in ihnen sucht, vervielfaͤltigt. Es giebt nicht leicht eine Lage, wohin sie sich nicht schicken sollten, noch eine Gegend, worinn sie nicht merkwuͤrdige Gegenstaͤnde abgeben koͤnnten. Alle kluge Landschaftmaler ha- ben von dieser Beobachtung, zur Belebung ihrer Gemaͤlde, Gebrauch gemacht. Weil aber die Gaͤrten mehr durch Naturscenen, als durch Werke der Kunst, ergoͤtzen sollen, so muß aller Ueberfluß von Gebaͤuden vermieden werden. Auch wenn sie an sich nicht blos durch edle Einfalt und Schoͤnheit dem wesentlichen Charakter der Gaͤrten gemaͤß, sondern auch geschickt sind, die Wirkungen der besondern Plaͤtze zu erhoͤhen; so schwaͤchen sie doch bald die Eindruͤcke der natuͤrlichen Scenen, wenn sie zu haͤufig sind. Ein Garten darf niemals unter irgend einem Vorwande so uͤbermaͤ- ßig durch Gebaͤude belebt werden, daß er allen Antheil an Laͤndlichkeit und Einsamkeit verliert, und sich dem Ansehen einer Stadt naͤhert. Es ist daher noͤthig, sowohl, daß jedes Gebaͤude in das ihm zukommende besondere Revier gelegt werde, als auch daß ein jedes Revier nicht mehr als hoͤchstens zwey Gebaͤude erhalte, wozu es indessen schon von einer betraͤchtlichen Ausdehnung seyn muß. III Band. F Zweyter Abschnitt. Von kleinern 3. Aus- Gartengebaͤuden. 3. Außerdem, daß Gartengebaͤude uͤberhaupt zur Belebung der Plaͤtze beytragen, wird ihre Wichtigkeit dadurch noch naͤher einleuchtend, daß sie sich theils als Gegen- staͤnde der Schoͤnheit, theils als Mittel zur Bezeichnung und Verstaͤrkung der Cha- raktere der Gegenden, theils als Denkmaͤler betrachten lassen. Als Gegenstaͤnde der Schoͤnheit sind sie faͤhig, dem Auge zu schmeicheln, die Phantasie zu ergoͤtzen, und selbst den Verstand zu unterhalten. Die Schoͤnheit ist bey Gebaͤuden dieser Art unentbehrlich, da ihre Bestimmung selten allein auf beque- men Gebrauch geht, sondern am meisten auf angenehme Wirkungen fuͤr das Auge; ja in vielen Faͤllen hoͤren sie auf Wohnungen zu seyn, und sind blos reizende Ge- genstaͤnde. Und aus welchem Grunde duͤrfte ihnen die Schoͤnheit entstehen? Oder welche Entschuldigung duͤrfte der Architekt erwarten, der sichs einfallen ließe, im Angesichte der schoͤnen Natur und gleichsam in ihrem Schoos Mißgestalten zu er- zeugen? Gartengebaͤude duͤrfen weder durch Groͤße, noch durch Pracht sich auszeichnen. Sie muͤssen aber durch das Gefaͤllige und Reizende ihrer Form, durch die Simplici- taͤt, Freyheit und Leichtigkeit ihrer Anordnung, durch die Uebereinstimmung ihres Charakters mit ihrer Bestimmung, durch das Zierliche und Anmuthige ihrer Außen- seiten recht fuͤhlbare Eindruͤcke machen. Sie muͤssen das Auge sogleich anlocken, es gleichsam an sich zaubern, daß es gerne bey ihnen ruhet, lange in ihrer Beschanung verweilt. Sie muͤssen lebhafte Empfindungen bald von laͤndlicher Ruhe, bald von Einsamkeit, bald von Freyheit, bald von gelassener Behagung, bald von heitrer Freude erwecken. F 2 Zweyter Abschnitt. Von kleinern Obgleich Gartengebaͤuden. Obgleich an der Erzeugung dieser Wirkungen das Innere der Gebaͤude seinen Antheil hat, so ist es doch vornehmlich die Form und die Anordnung der Außenseiten, welche die Eindruͤcke bestimmen. Auch selbst die zum aͤußern Anstrich gewaͤhlte Far- be traͤgt mehr oder minder zur Wirkung bey, unterstuͤtzt oder schwaͤcht sie. Man muß zwischen dem zu Starken und zwischen dem zu Matten den Mittelweg halten. Das Leuchtende und Glaͤnzende schickt sich nicht wohl in einen Garten; zu viel Licht blendet, und zu wenig erhellt nicht genug. Das Hochrothe, wenn es auch an einem Garten- gebaͤude schicklich waͤre, ist schon zu verwerfen, weil es einem kraͤnkelnden Auge schmerzhaft und einem gesunden empfindlich ist. Der gemaͤßigte Eindruck der Farben ist der angenehmste. Vornehmlich hat man bey jedem Anstrich sowohl auf Schick- lichkeit uͤberhaupt, als auch auf Wahrheit der Nachahmung zu achten. Der gruͤne Anstrich der Gebaͤude ist kindisch, noch mehr in Staͤdten. Das Abgeschmackte wird zwar in Gaͤrten, wo das Ganze diese Farbe zeigt, weniger bemerkt. Indessen ist es doch die elendeste Nachahmung, und ein laͤcherliches Unternehmen, einen Pavillon mit einem Wald oder Rasen unter eine Farbe bringen zu wollen. Holz und Stein, als die gewoͤhnlichsten Materien der Gebaͤude, kennen das Gruͤn auf ihrer Oberflaͤche nicht anders, als wenn die Hand eines albernen Menschen sie damit bekleckt. Ein weißer Anstrich ist der Natur nicht entgegen, noch weniger ein grauer; wir finden diese Farbe bey Steinen, und wir moͤgen sie bey Gebaͤuden wiederfinden, die von Stein erbauet sind oder seyn koͤnnten. Das Weiße reizt schon in der Ferne das Auge, und zeichnet sich trefflich zwischen dem dunkeln Gruͤn der Gebuͤsche und Waldung aus; es ist besonders Scenen der Freude gewidmet, und wirft selbst der Einoͤde einen Reiz zu, der sie erheitert. In den meisten Faͤllen wird das Blauweißliche oder das Grau- weißliche vor dem Hellweißen den Vorzug verdienen. Auch das Dunkelbraune kann gewissen Gebaͤuden, als einer alten Einsiedeley, mitgetheilt werden. Doch wird das Dunkelgraue jenem sowohl, als dem Schwarzen, selbst bey Trauerdenkmaͤlern, vor- zuziehen seyn. Denn wo die aͤußere Farbe zu dem Zufaͤlligen gehoͤrt, da muß man forgfaͤltig die Nachahmung zu verbergen suchen. Und jedes Gebaͤude muß mehr durch Form und Anordnung, als durch den Anstrich, charakterisirt seyn. Außer der eigenthuͤmlichen Schoͤnheit der Architektur kann auch die Lage eines Gebaͤudes ungemein viel beytragen, ihm ein vortheilhaftes Ansehen zu geben. Die Lage, die zunaͤchst nach dem Charakter und der Bestimmung der verschiedenen Gar- tengebaͤude gewaͤhlt wird, kann von einer großen Mannigfaltigkeit seyn. Zuweilen koͤnnen sich Gebaͤude auf einer Anhoͤhe und im vollen Lichte zeigen; aber alsdann muͤssen sie sich auch mit vorzuͤglicher Schoͤnheit einer edlen Architektur erheben. Am meisten sind den Gartengebaͤuden malerische Lagen zu geben, die theils von der Beschaffenheit F 3 des Zweyter Abschnitt. Von kleinern des Bodens, theils von seiner Verzierung bestimmt werden. So gewinnen sie an dem Abhang eines sanft aufschwellenden Huͤgels, an dem Ufer eines schoͤnen Wassers, worinn sich der Widerschein bildet, zwischen Umkraͤnzungen der Baͤume und Gebuͤsche, eine malerische Lage. Selbst in der Vertiefung kann sie eine Einsiedlerhuͤtte, ein Bad haben, sowohl halb in eine waldigte Verhuͤllung versteckt, als auch auf einem freyern Platz umflossen mit Wasser, dessen Licht zwischen kleinen Gruppen gebrochen hervor- schimmert. Gebaͤude, die in einer gewissen Entfernung betrachtet werden, nehmen sich fast allezeit weniger schoͤn aus, wenn sie ganz in die Augen fallen, als wenn sie von Straͤuchern und Baͤumen halb bedeckt sind, wodurch sie die Erwartung erregen und laͤnger unterhalten. Wenn hier ein Theil offen liegt, und der zunaͤchst angraͤnzen- de bedeckt ist, wenn die Laͤnge der weißen Vorderseite mit einem Baum von dunklem Laube unterbrochen ist, wenn die untern Waͤnde zwischen den Staͤmmen durchscheinen, indessen der obere Theil sich hinter ihren Kronen verbirgt, wenn die heitre Spitze uͤber eine waldigte Verdickung emporragt, wenn zur Seite auf einen Abhang hinan Baͤu- me von einem feinen Wuchs aufsteigen, oder vom Gipfel, den sie umkraͤnzen, mit ei- ner angenehmen Verdunkelung herabhangen; so sind alle diese Lagen fuͤr das Ansehen der Gebaͤude weit vortheilhafter, als wenn sie sich ganz frey zeigten, sie geben den Ge- sichtspunkten so viele malerische Abaͤnderungen, daß das Auge nicht muͤde wird, bey so reizenden Ansichten zu verweilen. Weil indessen der Wirkung des Ganzen die Schoͤnheiten einzelner Scenen un- tergeordnet seyn muͤssen; so kann sie zuweilen erfordern, daß eine sonst vorzuͤgliche Lage eines Gebaͤudes, die sich mit der allgemeinen Zusammensetzung nicht vertraͤgt, auf- geopfert werde. Sobald mehrere Gebaͤude aus Einem Gesichtspunkte oder in Einer ununterbrochenen Folge sich dem Auge darstellen, so sind die Wirkungen ihrer gegen- seitigen Beziehungen genau zu berechnen. Und wo ein Gebaͤude, das fuͤr sich und abgesondert betrachtet vollkommen ist, und seine ihm zugehoͤrige Scene ziert, doch in der Uebersicht des Ganzen die Zusammenstimmung unterbricht, oder gar durch einen Widerspruch zerstoͤrt; da muß es herabgesenkt, verdeckt, oder wenn die Umstaͤnde es nicht anders verstatten, ganz entfernt werden. Denn die einzelne Scene kann zu- weilen auch ohne ein Gebaͤude ihren Eindruck machen. Es ist uͤberhaupt schwer, mehrere Gebaͤude in Einem Gesichtspunkt mit einander zu verbinden, daß ihre Wir- kungen alle ungetrennt auf ein Ziel zusammenlaufen. Weit eher wird der Garten- kuͤnstler seinen Zweck erreichen, indem er die Gebaͤude mit ihren Scenen nach und nach in einem allmaͤhligen Fortgang erscheinen laͤßt, und den folgenden Auftritt nicht eher eroͤffnet, als bis der vorhergehende seine ganze Wirkung vollendet hat. Durch diese Anordnung wird er mehr der Zerstreuung des Auges und der Verwirrung der Eindruͤ- Gartengebaͤuden. Eindruͤcke zuvorkommen. Wo aber mehrere Gebaͤude auf einmal die Aussicht berei- chern, und die Wirkungen sich durch ihre Vereinigung verstaͤrken sollen, wenn z. B. der Zuschauer auf einem ausgedehnten Rasenplatz oder auf einer Anhoͤhe steht; da muͤssen sie sowohl gegen einander in einer harmonischen Beziehung, als auch mit allen umliegenden Gegenstaͤnden, die unter eben dem Gesichtspunkte liegen, in einer ange- nehmen Verbindung erscheinen. Alle Theile muͤssen einige naͤher, andre entfernter, einige groͤßer, andre kleiner, einige beleuchtet, andre beschattet, zur allgemeinen Wir- kung beschaͤftigt zu seyn scheinen; das Helle und das Dunkle, die Ruhe und die Be- wegung, muͤssen dem Gemaͤlde Reiz und Abwechselung mittheilen. Ein anderes Erforderniß der Schoͤnheit ist, daß die Gebaͤude zwar in Gesichts- punkten als Hauptgegenstaͤnde erscheinen, in andern Richtungen aber wieder ganz vor dem Anblick verschwinden. Auch unvermuthet erblickt koͤnnen sie lebhafte Ueberraschung hervorbringen. Sind sie bloße Zufluchtsoͤrter, und nicht Gegenstaͤnde, die erhebli- cher Wirkungen faͤhig sind, so ist es ohnedies fast besser, sie zu verdecken. Selbst wenn sie sehr wichtig sind, duͤrfen sie nicht das Ansehen haben, als wenn sie mit aͤngstlicher Sorgfalt aufgestellt waͤren, als wenn sie sich dem Anblick aufdringen wollten. Wenn in einem Garten mehrere Gebaͤude angelegt werden, so muͤssen sie sich so- wohl durch Verschiedenheit ihrer Form und ihres Ansehens auszeichnen, als auch alle Symmetrie und Gleichheit in Stellungen gegen einander vermeiden. Denn wenn auch ein Gebaͤude, als ein Werk der Architektur, fuͤr sich Symmetrie verlangt; so darf diese doch nicht auf die Plaͤtze, Abstaͤnde und Stellung mehrerer Gartengebaͤude ausgedehnt werden, wovon jedes, als ein fuͤr sich bestehendes Ganzes, frey und von den andern unabhaͤngig sein eigenes Revier beherrscht. Endlich ist es fuͤr die Wirkung des Ganzen noͤthig, sich zu huͤten, daß man nicht auf eine seltsame Vermischung verschiedener auslaͤndischen Werke der Baukunst ver- falle, nicht in Einem Prospect einen aͤgyptischen Obelisk, einen griechischen Tempel, ein roͤmisches Monument, einen gothischen Thurm, einen chinesischen Pavillon er- scheinen lasse; eine Ausschweifung, die in einigen Parks in England herrscht, und die so auffallend ist, daß man sich verwundern muß, wie sie bisher Nachsicht finden konnte. Welche Wirkungen kann man sich von solchen pralerischen Anstalten, von solchen Werken einer schwelgerischen Nachahmung, an einem Orte versprechen, wo die Natur ihre Reize mit einer edlen Sittsamkeit verbreitet? Wie vertraͤgt sich mit der Einfalt der Gaͤrten ein Bestreben, so mancherley abstechende Arten von Architektur auf einem Platz zu vereinigen? Und welche Verwirrung der Zeiten und Laͤnder, wor- unter fast alle Eindruͤcke der gegenwaͤrtigen Naturscenen verschwinden muͤssen? Man erstaunt bey dem ersten Anblick uͤber eine so ungeheure Zusammensetzung einer zuͤgel- losen Zweyter Abschnitt. Von kleinern losen Einbildungskraft; nur der Macht des Vorurtheils und der Gewohnheit gelingt es, sie ertraͤglich zu machen. 4. Schon Gartengebaͤuden. 4. Schon hin und wieder ist vorher auf den Gesichtspunkt gewinkt, aus welchem Gartengebaͤude als Mittel zur Charakterisirung der verschiedenen Naturplaͤtze erscheinen. Sie verdienen von dieser Seite noch eine naͤhere Betrachtung. Bey einem aufmerksamen Blick in den Landschaften umher bemerken wir schon leicht die einwirkende Kraft der Gebaͤude auf die sie umgebende Gegend. In einem ruhigen Thale mit Wiesen umkraͤnzt, durch welche sich ein kleiner Bach schlaͤngelt, erblicken wir einige hin und her zerstreuete Huͤtten, niedrig, bemoost und nachlaͤßig er- baut, die ein unzertrennliches Eigenthum dieser Lage zu seyn scheinen, ihre Einfachheit und gluͤckliche Sorglosigkeit vermehren. An dem Abhange eines Berges, den auf der einen Seite ein ansehnlicher Wald, auf der andern reiche Saatfelder mit Vieh- triften abwechselnd schmuͤcken, steigen aus den Umhuͤllungen der Fruchtbaͤume einige Spitzen von laͤndlichen Haͤusern empor, die hoch, geraͤumig, und zierlich ins Auge fallen; sie verkuͤndigen mit dem Begriff von Fruchtbarkeit, welchen ihre Gegend er- weckt, Wohlstand und Bequemlichkeit des Lebens. Einige Huͤtten nahe an dem Ufer eines Sees, der in einer versperrten, wilden und unfruchtbaren Gegend liegt, lassen uns doch die Beschaͤftigungen des Fischfangs errathen, und bringen dadurch etwas Leben in die Vorstellung der Einoͤde. Zerfallene Wohnungen, deren durchloͤcherte Waͤnde den Winden offen stehen, verstaͤrken den Begriff von Armuth noch mehr, den weite, kornlose Sandfelder erregen. Der Anblick entdachter Landhaͤuser, die ein verwuͤstender Hagel unbewohnbar gemacht, verdunkelt noch mehr das Gemaͤlde, das die zerstoͤrten Kornfluren darstellen. Erfreuender lacht uns eine in hoher Cultur bluͤ- hende Landschaft entgegen, wenn in ihrer Mitte sich ein Landhaus von edler und rei- cher Architektur erhebt. Ein zerstoͤrtes, von einer Felsspitze herabhangendes, Schloß mit durchloͤchertem Gemaͤuer, wovon ansehnliche Massen herabgestuͤrzt in der Tiefe liegen, vermehrt das Grausen der umherliegenden Wildniß, wo kahle Felsen an Felsen sich thuͤrmen, und von dem Getoͤse des Stroms wiederhallen, der gedraͤngt zwischen den Kluͤften kaͤmpft. Nach einem langen Wege durch stille und einsame Gehoͤlze ist eine Wassermuͤhle, auf die wir unvermuthet in einer dunkeln Vertiefung stoßen, oft schon ein sehr maͤchtiger Gegenstand, die Scene zu erfrischen und den Geist wieder zu beleben. Noch mehr ruͤhrt uns, zumal nach dem Geraͤusch der Staͤdte und offenen Landstraßen, in einem unerwartet sich senkenden Thale der Anblick einer artig gebaue- ten Landwohnung, die in stiller Anmuth da liegt, an einem kleinen Wasser, das sich von einem voruͤberfließenden Bache gesammelt hat; die klare Fluth freuet sich, das Bild der laͤndlichreizenden Huͤtte zu tragen; an den Fenstern zieht sich vertraut der III Band. G spanische Zweyter Abschnitt. Von kleinern spanische Hollunder mit dem Weinstock hinan; nahe Fruchtbaͤume verbreiten eine lieb- liche Daͤmmerung, und vor dem Eingange eine hohe uͤber alle hervorragende Linde, deren Schatten schon die Urvaͤter erfrischte; im Vorhofe verschiedene Geschlechter des Federviehes, die alle in ruhiger Eintracht eine Familie ausmachen, bald im Schatten sich ruhig verbergen, bald im Wasser plaͤtschern, bald im froͤhlichen Gewimmel an die volle Hand des hervortretenden Hausherrn herbeyfliegen, und mit ihren mannigfalti- gen Stimmen und Bewegungen seiner Guͤte danken. Begluͤckter Aufenthalt des Friedens und der Einfalt! Ruͤhrendes Bild der Unschuld, das uns von Edens Se- ligkeit allein uͤbrig blieb! Wer kann so empfindungsleer, von sich selbst so vergessen seyn, den nicht dein sanfter Reiz heranlockte, dem er nicht einen Seufzer voll wehmuͤ- thiger Sehnsucht entfuͤhrte? Eben so, wie in der Landschaft, muͤssen Gebaͤude in den verschiedenen Revieren der Gaͤrten ihre Wirkungen beweisen, nicht bloße Gegenstaͤnde, sondern Gegenstaͤnde von einer bestimmten Bedeutung seyn. Sie muͤssen geschickt seyn, die Charaktere der Gegenden, denen sie zugeordnet werden, nicht blos deutlicher zu bezeichnen, son- dern ihnen auch eine neue Kraft mitzutheilen, die sich schnell uͤber das Ganze verbreitet. Sie muͤssen die Anmuthigkeit, die Heiterkeit, den Ernst, die Melancholie der Auf- tritte, unter welchen sie liegen, erhoͤhen, und jeden Charakter dem Gefuͤhl eindringen- der machen. Eine offene Rotunde z. B. vermehrt auf einem Huͤgel das Luftige einer kleinen Gruppe, die sich um seinen Abhang mit hellen Zwischenraͤumen zieht; eine Capelle hebt das Feyerliche, eine Einsiedeley das Melancholische, ein Tempel das Edle, und eine Huͤtte das Laͤndliche der Scenen. Demnach ist es nothwendig, daß die Gebaͤude zuvoͤrderst mit dem Charakter des Orts, wo sie sich zeigen, uͤbereinstimmen. Was kann widersinniger seyn, als ein buͤrgerliches Haus in einem Park, eine Einsiedeley mitten auf einem weiten offenen Rasenplatz oder an dem Eingange einer Hauptallee, einen edlen Pavillon in einer Wildniß, eine Huͤtte auf einem mit herrlichen Baͤumen gezierten Huͤgel, einen Thurm oder Ruinen an einem lebhaften Bach in einem heitern Blumenrevier, ein Studier- kabinet an der Landstraße, ein Badhaus auf einer Anhoͤhe aufzustellen? Vergehungen dieser Art verletzen so offenbar die wesentlichen Regeln der Schicklichkeit, daß sie nicht anders als mit dem groͤßten Mißfallen bemerkt werden. Der Charakter jeder Scene bestimmt, welches Gebaͤude ihr angemessen ist. Und aus dieser Bestimmung folgt der nothwendige Unterschied der Gebaͤude. So wird Gartengebaͤuden. wird eine kleine luftige Anhoͤhe, bekraͤnzt mit bluͤhenden Gestraͤuchern, ein leichtes, freyes und anmuthiges Lusthaus zur Vermehrung ihrer Heiterkeit; und die sanfte Me- lancholie eines verschlossenen, schattenvollen Reviers eine Einsiedlerhuͤtte verlangen, die sich von dem oͤffentlichen Anblick entfernt. Allein auch die Groͤße und die aͤußere Ver- zierung eines Gebaͤudes muß jedesmal nach dem besondern Charakter der Scene abge- messen seyn. Zuviel Ausdehnung und Reichthum uͤberwaͤltigt oft den Eindruck, den die Naturscene machen soll; zu wenig hebt ihre Wirkung nicht genug. Denn nie- mals darf man vergessen, daß das Gebaͤude und die Gegend nicht als einzeln fuͤr sich bestehende Theile anzusehen sind, sondern zusammen ein Ganzes ausmachen, sich durch ihre Beziehungen auf einander freundschaftlich unterstuͤtzen, und ihre beyderseitigen Wirkungen durch harmonische Vereinigung verstaͤrken sollen. Und daher ist selbst auch in dieser Ruͤcksicht der aͤußere Anstrich der Gebaͤude nichts gleichguͤltiges. Er muß dem Charakter der Scene zustimmen, ihr weder zu viel noch zu wenig Licht zu- werfen, lebhaft seyn, wenn sie Heiterkeit hat, ihrer Milde sich naͤhern, wenn sie sanft ist, und wenn sie ins Dunkle sinkt, sich gleichsam mit ihrem eigenen Schatten huͤllen. Wenn nur die Gebaͤude nach Lage und Charakter, wovon allein die großen Wir- kungen abhaͤngen, mit ihren Scenen uͤbereinstimmen; so darf man nicht zu abgenutz- ten Zierrathen und uͤberfluͤßigen Zusaͤtzen seine Zuflucht nehmen. Dahin gehoͤren vornehmlich Bildhauerarbeiten und Malereyen, die man an den aͤußern Waͤnden an- bringt, z. B. tanzende Figuren an einem Lusthause, Todtenkoͤpfe vor einer Einsiedeley, gemalte Blumen, Voͤgel, Springbrunnen, u. s. f. Dieß sind leere Bezeichnungen und Erklaͤrungen, die nur das Auge des Kindes ergoͤtzen, die Leute ohne Verstand noͤthig haben. Fehlt dem Gebaͤude in Form und Anordnung der Ausdruck seines Charakters, so kann aller Reichthum von solchen Sinnbildern ihn nicht ersetzen. Und traͤgt es schon, wie es soll, das deutliche Gepraͤge seines Charakters; wozu die Ver- schwendung von Erklaͤrungen, die entbehrlich sind, und von Zierrathen, die der Ein- falt widersprechen? Auch ist ihr Eindruck lange nicht so schnell und eindringend, als der Eindruck der Gebaͤude selbst. Nicht selten wird selbst das Auge beleidigt, wenn es da Malereyen findet, wo es nur einen einfachen Anstrich des Steins oder Holzes zu erwarten sich berechtigt haͤlt. Noch unertraͤglicher ist die selbst aus einigen eng- laͤndischen Gaͤrten noch nicht ganz verscheuchte Mode, bloße Bretter aufzustellen, und sie mit Prospecten, Cascaden, Blumen, u. s. f. zu bemalen. Diese Mode herrsch- te in der alten Manier unter dem Schutz so vieler andern abgeschmackten Dinge. Man erinnert sich nicht ohne Unwillen an den Mißbrauch, den der beruͤhmte Blumenmaler Fontenay von seiner Kunst machen mußte, da ihn Ludewig XIV. in dem Garten G 2 zu Zweyter Abschnitt. Von kleinern zu Marly auf die bleyernen Einfassungen der Karpenteiche Blumen malen, und alle Jahr aufs neue ausbessern hieß; noch mehr, da dieser Kuͤnstler, zur Ausfuͤllung einer Luͤcke in einer Hecke, von Blech ausgeschnittene Blaͤtter, die an ein hoͤlzernes Gitter- werk geschlagen worden, wie Buchenlaub bemalen mußte. Es gehoͤrt unstreitig ein schoͤpferischer Erfindungsgeist dazu, um diesen Einfall zu uͤbertreffen. Doch zu unsern Gebaͤuden zuruͤck. Um eine sichere und augenblickliche Wir- kung beweisen zu koͤnnen, muͤssen sie mit der Scene, wozu sie gehoͤren, sich verbinden, nicht sich abhaͤngig machen, nicht als fuͤr sich bestehende Gegenstaͤnde erscheinen. Sie muͤssen mitten in dem Auftritt liegen, oder doch von einem betraͤchtlichen Theil seines Bezirks umgeben seyn. Auf einer Ecke oder auf der Spitze einer Anhoͤhe scheinen sie sich von der Scene entfernen zu wollen, und man sieht sie leicht als Ge- genstaͤnde an, die nicht dazu gehoͤren. Indessen sind zuweilen einige Baͤume oder ein kleines Gebuͤsch zur Zusammenziehung der getrennten Theile schon behuͤlflich. Bey der Verbindung der Gebaͤude mit ihren Revieren ist vornehmlich darauf sorgfaͤltige Ruͤcksicht zu nehmen, daß sie gerade die Lage erhalten, wodurch ihre Wir- kung am meisten gewiß und deutlich empfunden wird. Denn ein Gebaͤude kann mit der Scene zusammenhaͤngen, ohne eben den Ort einzunehmen, der ihm doch zugehoͤrt, und wovon ein staͤrkerer Eindruck zu gewinnen waͤre. Diese Regel hat ohne Zweifel ihre Richtigkeit; allein ihre gluͤckliche Anwendung haͤngt in jedem vorkommenden Fall von der gesunden Beurtheilungskraft des Gartenkuͤnstlers ab. In Ruͤcksicht auf das Ganze eines ausgedehnten Parks, der mehrere Gebaͤude zulaͤßt, haben sie noch den Vortheil, daß sie dem Auge die Unterscheidung der ver- schiedenen einzelnen Gegenden und Anlagen erleichtern. Denn oft koͤnnen Gruppen, Hayne, Gewaͤsser und Rasenplaͤtze sich im Ganzen so fest an einander anschließen, daß dadurch der Unterschied der Plaͤtze undeutlich wird. Gebaͤude helfen am besten dieser Unbequemlichkeit ab. Sie kuͤndigen sich dem Auge so hervorstechend an, sie bezeichnen den Ort so kenntbar, sie praͤgen dem Gedaͤchtnisse die Merkmale ihrer Verschiedenheit so deutlich ein, daß keine Vermengung der verschiedenen Theile in der Zusammensetzung mehr zu besorgen ist. Bey allen einzelnen Scenen muß man jedoch von der Kraft der Gebaͤude nicht mehr erwarten, als was sie leisten koͤnnen. Sie machen freylich fast immer den er- sten Eindruck, der sich mit vorzuͤglicher Lebhaftigkeit verbreitet; allein die Scene selbst muß Gartengebaͤuden. muß von einem solchen Charakter, von einer solchen Abbildung seyn, daß sie ihren Eindruck freundschaftlich begleitet und unterstuͤtzt. Gebaͤude koͤnnen zwar die Cha- raktere der Naturplaͤtze verstaͤrken; sie koͤnnen sie aber niemals umaͤndern. Ein edler Pavillon kann keine Wuͤste in ein Lustgefilde verwandeln. Noch andere weniger betraͤchtliche Vortheile lassen sich den Gebaͤuden abge- winnen. Sie dienen oft zur Unterbrechung der Aussicht, und verhindern die Zer- streuung des Auges, das auf den innern Bezirk eingeschraͤnkt werden soll. Sie ver- decken oft widrige Prospecte, z. B. auf eine leere Ebene, auf Sandfelder, auf Torf- moore, auf kahle Hoͤhen, wovon der Blick abgezogen wird, und sich dagegen mit dem Genuß ihrer Schoͤnheit unterhaͤlt. Und diese Wirkungen koͤnnen zugleich von nahe umherstehenden Baͤumen, welche die Ausdehnung vergroͤßern, unterstuͤtzt wer- den. Gruppen von Baͤumen und Gebuͤschen koͤnnen indessen zu eben dieser Absicht gebraucht werden; auch ist ihre Anlage weniger kostbar. Allein wenn sich von einem Gebaͤude, seiner Hauptbestimmung unbeschadet, zugleich diese Vortheile als gefaͤllige Umstaͤnde gewinnen lassen; so duͤrfen sie nicht vernachlaͤßigt werden, zumal da sie ge- wisser und von einer bestaͤndigern Dauer sind, weil sie der Veraͤnderung der Jahres- zeit, welche die Baͤume entblaͤttert, nicht unterworfen sind. Zu allen den bisher entwickelten Vortheilen der Gartengebaͤude kommt noch die Bequemlichkeit ihrer Anwendung. Sie sind mehr in der Gewalt des Menschen, als die Gegenden, welche die Natur schaffen muß, und die Kunst fast immer nur mit vieler Muͤhe, und nicht selten mit verfehlter Erwartung, bearbeitet. Der Gar- tenkuͤnstler ist, als Architekt, weniger eingeschraͤnkt. Er kann Formen und Cha- raktere bilden; er kann Lagen und Verbindungen geben, wie er will. G 3 Zweyter Abschnitt. Von kleinern 5. Noch Gartengebaͤuden. 5. Noch mehr laͤßt sich die Anwendung der Gebaͤude erweitern, indem sie zu Denk- maͤlern bestimmt werden. Sie sind alsdann in der Architektur ungefaͤhr das, was in der Bildhauerkunst Statuͤen, Urnen und andere Monumente sind. Durch diesen Gebrauch erhalten die Werke der Baukunst eine neue Bestimmung, und werden zu- gleich veredelt, indem sie moralische Wirkungen auf die Seele des Anschauers be- weisen. Sie koͤnnen dem Andenken einer Sache oder einer Person gewidmet werden. Allein diese Sache oder diese Person muß nicht allein eine gewisse Wuͤrde und Wich- tigkeit haben, sondern auch in dem Bezirk der Vorstellungen und Bewegungen liegen, die den Gaͤrten eigen sind. So hat man in England im Park zu Hagley Popens und Thomsons Andenken an Stellen, die sie gern besuchten, wo sie sich oft den Ent- zuͤckungen der Natur uͤberließen, Gebaͤude mit Wahrheit und Schicklichkeit ge- widmet. Die Vorstellung und Empfindung, die durch diese Denkmaͤler erweckt wird, kann ernsthaft oder munter, melancholisch oder heiter seyn. Eine Begebenheit, de- ren Wiedererinnerung eine suͤße Schwermuth erregt, kann hier mit eben so vielem Rechte Platz finden, als eine andere, die das Gemuͤth mit Lustigkeit erfuͤllt. Das Gebaͤude muß, um seine Wirkung nicht zu verfehlen, durch seine ganze Anordnung und Lage stark charakterisirt seyn; seine Bedeutung muß nicht allein un- zweifelhaft seyn, sondern auch ohne langes Nachdenken empfunden werden. So schwer es auch ist, so viel Scharfsinn und Genie es auch erfordert, so muß der Kuͤnst- ler sich doch bestreben, diese Verstaͤndlichkeit durch den Charakter des Gebaͤudes selbst auszudruͤcken. Er kann diesen Ausdruck des Charakters durch aͤußere Sinnbilder unterstuͤtzen. Von ihnen ganz allein alles erwarten, muß er gemeinen Koͤpfen uͤber- lassen, die unfaͤhig, ihrem Werke den Charakter der Wahrheit und der Uebereinstim- mung aufzupraͤgen, zu erklaͤrenden Zusaͤtzen ihre Zuflucht nehmen muͤssen. Bey den Alten waren einige Tempel bloße Denkmaͤler, und zum Theil als sol- che haben die Englaͤnder sie in ihre Parks eingefuͤhrt. Da die nachgeahmten Tem- pel bey uns keinen bestimmten Gebrauch haben, indessen sich besonders durch einen gewissen Charakter des Edlen und Ehrwuͤrdigen auszeichnen, so scheinen sie gerade die Art von Gebaͤuden zu seyn, die sich am besten als Denkmaͤler gebrauchen laͤßt. Wir werden uns davon bey der naͤhern Untersuchung der Tempel uͤberzeugen. Zu Zweyter Abschnitt. Von kleinern Zu dieser Gattung von Gebaͤuden, die als Denkmaͤler aufgestellt werden, ge- hoͤren noch besonders die Mausoleen oder Trauergebaͤude, die eben nicht nothwendig beygesetzte Leichname aufbewahren duͤrfen. Sie muͤssen eine stille Ernsthaftigkeit und melancholische Feyerlichkeit in ihren Außenseiten zeigen, und in der hoͤchsten Ein- falt, frey von jeder Verzierung seyn, die nichts zum Ausdruck ihres Charakters bey- traͤgt. Wenige ausgewaͤhlte Sinnbilder koͤnnen auch bey diesen Gebaͤuden von einer sehr schnellen Wirkung seyn, wie in diesem Beyspiel. Bey Gartengebaͤuden. Bey groͤssern Trauergebaͤuden muͤssen reiche Saͤulengaͤnge, die zu viel Pracht und Lebhaftigkeit geben, vermieden werden. Einige Saͤulen beym Eingange sind schon zureichend; und die einfache toscanische Ordnung scheint hier am meisten ange- messen. Dichte Mauern ohne Oeffnung, die Sparsamkeit der Beleuchtung, die einfoͤrmige Gestalt der Außenseiten, der dunkle Anstrich tragen nicht wenig zu dem schicklichen Charakter dieser Gebaͤude bey. III Band. H Dritter Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Dritter Abschnitt . Von Tempeln, Grotten, Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. I. Tempel . 1. D ie Tempel in den heutigen Gaͤrten sind Werke der Nachahmung. Wir muͤssen daher zuerst sehen, wie sie im Alterthum eingerichtet waren, so weit es zu un- serer Absicht noͤthig ist. Die Tempel der Alten waren entweder ins Gevierte gebauet, und zwar so, daß ihre Laͤnge gemeiniglich zweymal so viel, als ihre Breite, betrug; oder sie waren runde Gebaͤude mit einem Gewoͤlbe oder Kupel. Die Tempel der ersten Form waren vor- nehmlich bey den Griechen gebraͤuchlich, obgleich auch von der andern bey ihnen Bey- spiele angetroffen wurden. Die Roͤmer liebten am meisten die runden Tempel. Sie hatten zuweilen dazu einen allegorischen Grund, z. B. bey der Sonne, deren Runde dadurch angedeutet ward. Die Saͤulenordnungen, worauf die Tempel ruhten, gaben ihnen nicht allein Festigkeit, sondern auch ein edles Ansehen. Weil eine, zuweilen mehrere, Außen- seiten dieser Gebaͤude mit einem Vordache versehen waren, das durch Saͤulen getra- gen ward; so konnten diese nicht entbehrt werden. Einige Tempel der Griechen hatten nur an der Vorderseite eine mit einem Vordach bedeckte Halle; und diese be- stand bald aus vier, bald aus sechs Saͤulen. Zuweilen hatte zugleich die hintere Seite einen Eingang mit einer Halle. Andre Tempel waren auf allen vier Seiten mit Saͤulen umgeben, die ein um das ganze Gebaͤude laufendes Vordach unterstuͤtz- ten. Man fuͤhrte, zur Vergroͤßerung des Ansehens, zuweilen zwo Reihen Saͤulen um den ganzen Tempel herum. Diese Saͤulenlauben wurden von den Griechen, und nachher von den Roͤmern so sehr geliebt, daß sie nicht allein bey ihren oͤffentlichen Gebaͤuden, sondern auch bey vielen Privathaͤusern sie anbrachten, sowohl der Schoͤnheit, als auch des Nutzens wegen. Sie dienten, wenn sie bedeckt waren, zur Beschirmung gegen Regen und gegen Sonnenstrahl. Im Winter erwaͤrmte man sich in den Hallen, die gegen Mittag angelegt waren. Man fand unter ihnen einen bequemen Spaziergang und einen Ort sowohl zur Berathschlagung und zu Geschaͤften, als auch zu freundschaftlichen Unter- Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Unterredungen. Die Geraͤumigkeit und Laͤnge vermehrte nicht blos ihre Bequemlich- keit, sondern auch ihre Schoͤnheit. Auf dem Gebaͤlke sah man oft Statuͤen, die nicht weniger die Zwischenraͤume zierten, so wie Gemaͤlde die Waͤnde belebten. Die Tempel der Griechen erhielten schon fruͤhzeitig einen großen Theil ihres schoͤnen An- sehens von diesen Saͤulenlauben. Der Gebrauch der Saͤulenordnungen war nicht gleichguͤltig. Im Anfang waͤhlte man die dorische Ordnung, wegen der hohen Einfalt und des stillen Ernstes, der ihr eigen ist, und der sich nach der Meynung der aͤltern Baumeister am besten zu Gebaͤuden dieser Art zu schicken schien. Nachher ward die ionische, und seltener die korinthische, die zu viel Ueppigkeit fuͤr die Wuͤrde der Tempel zu haben schien, ge- braucht. Indessen giebt Vitruv lib. 1. c. 2. eine Anleitung, wie die Saͤulenordnungen, nach dem Unterschied der Gottheiten, zu waͤhlen sind. Fuͤr Tempel der Minerva, des Mars und des Herkules bestimmt er die ernsthafte und starke dorische Ordnung; die feine und zaͤrtliche korinthische widmet er der Venus, der Flora, der Proserpina und den Nymphen; die ionische aber, die zwischen der Einfalt der dorischen und dem Schmucke der korinthischen die Mitte haͤlt, spricht er der Juno, Diana und dem Bacchus zu. So wenig auch diese feine Vorschrift immer zur Anwendung gekommen ist, so scheint sie doch eine Erfindung der Griechen zu seyn. Eben dieses gilt von einer andern, die den Tempeln des Jupiters, Mars und Herkules grauen und roͤthlich- ten Marmor, der Flora und der Grazien aber weißen und glaͤnzenden bestimmt. Der Charakter der alten Tempel war eine edle Einfalt und stille Groͤße in den Formen, eine Schoͤnheit, die aus den einfachen Verhaͤltnissen der Haupttheile und aus der freyen und natuͤrlichen Anordnung entsprang, und ein zustimmendes aͤußeres An- sehen von Pracht ohne Ueppigkeit, das vornehmlich durch die Ordnungen und die Saͤulenlauben hervorgebracht ward. Nur wenige Tempel zeichneten sich durch einen großen Umfang aus; aber die ganze Schoͤnheit der Architektur war fast in allen aus- gepraͤgt. Es waren darinn keine Versammlungen gewoͤhnlich, außer zuweilen bey gewissen oͤffentlichen Feyerlichkeiten; viele waren gar nicht zu Opfern und andern got- tesdienstlichen Handlungen bestimmt, sondern bloße Denkmaͤler. Die Lage der Tempel erhoͤhete ihr Ansehen, das ihnen schon die Architektur gab. Sie standen frey, von andern Gebaͤuden abgesondert, und hatten ringsumher einen schoͤnen Platz, der oft mit Statuͤen geziert war. Sie waren gemeiniglich auf einer Erhoͤhung, oder auf einem kleinen Huͤgel errichtet, und hatten, zuweilen auf allen Seiten umher, zuweilen blos am Eingange, ein praͤchtiges marmornes Treppenwerk, worauf man zu ihnen hinanstieg. Nach einer Bemerkung des Vitruv lib. 2. c. 7. sollte man H 2 selbst Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, selbst die besondern Lagen der Tempel nach der Verschiedenheit des Charakters der Gottheiten bestimmen: Jupiter, Juno und Minerva sollten, als die vornehmsten Schutzgoͤtter, die ihnen geweiheten Gebaͤude an dem erhabensten Orte; Merkur am Markte; Apoll und Bacchus beym Theater; Ceres außerhalb der Stadt; und Neptun am Ufer des Meeres haben. Alle Verzierungen der Tempel, aͤußere und innere, sie mochten halb erhobene Bildwerke, Statuͤen, Gemaͤlde seyn, sie mochten aus Geschichte oder Allegorie be- stehen, hatten doch immer eine harmonische Beziehung auf die Natur, die Eigen- schaften oder Thaten der Gottheiten. In diesem Geschmack war z. B. zu Rom auf dem palatinischen Berge der beruͤhmte Tempel des Apoll verziert, den August er- richten ließ. In der Halle umher glaͤnzten Statuͤen, die auf die wohlthaͤtigen Wir- kungen des Gottes winkten; an der Vorderspitze des Gebaͤudes zeigte sich der goldene Wagen der Sonne; die elfenbeinernen Thuͤren und die marmornen Waͤnde enthielten Gemaͤlde, die den Apoll angiengen; er selbst erschien im Innern, eine herrliche Sta- tuͤe, und ruͤhrte voll Entzuͤcken die Leyer; zwo Bibliotheken, eine mit griechischen, die andere mit roͤmischen Werken, verkuͤndigten seine goͤttliche Macht. — Selbst die Verzierung sowohl, als die Hoͤhe der Altaͤre, war bestimmt und andeutend. Die Zweige oder das Laubwerk des Lorbeers, des Epheu, der Fichte, der Cypresse, des Oelbaums, der Myrte kuͤndigten das Heiligthum des Apoll, des Bacchus, des Pan, des Pluto, der Minerva, der Venus an; und hoͤher erschien der Altar des Jupiter, da hingegen der Vesta und dem Neptun ein niedriger zugetheilt ward. 2. Schon Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. 2. Schon die Roͤmer fuͤhrten Tempel in ihre Gaͤrten ein. In den sallustischen Gaͤrten war der Venus, und in den Gaͤrten des aventinischen Berges dem Silvan ein Tempel gewidmet. Dieser Gebrauch ist ohne Zweifel in den spaͤtern Zeiten ge- meiner geworden, als die Liebe zur Pracht bis zur Ausschweifung stieg, und die Gar- tenplaͤtze mit allen Arten von Gebaͤuden uͤberfuͤllte. Unter den neuern Nationen sind es die Britten, die Gebaͤude in Form der Tempel des Alterthums zuerst in die Gaͤrten wieder eingefuͤhrt haben. Als der neue Geschmack sich zu verbreiten anfieng, dachte man auf Erfindungen, wodurch den Na- turplaͤtzen ein mehr edles Ansehen, als durch die gewoͤhnlichen Lusthaͤuser, mitgetheilt werden koͤnnte. Und man mußte bey dieser Absicht bald auf die Nachahmung der Tempel fallen, da um eben diese Zeit, durch die Reisen der Kunstkenner nach Grie- chenland und dem uͤbrigen Orient, aus den Ruinen des Alterthums ein hellerer Tag hervorzubrechen anfieng, der die Geister nicht aufklaͤren konnte, ohne sie zugleich mit Bewunderung zu erfuͤllen. Man hat in verschiedenen englaͤndischen Parks Tempel nach der Bauart der Alten aufgestellt. Keine aber sind bis jetzt von dieser Seite beruͤhmter, als die Gaͤr- ten zu Stowe und zu Kew. Wir wollen die wichtigsten von ihnen etwas naͤher betrachten, ohne zugleich auf die Menge der uͤbrigen Gebaͤude, womit sie angefuͤllt sind, Ruͤcksicht zu nehmen. Beyde haben etwas Eigenthuͤmliches. Die Tempel zu Kew zeichnen sich, nach der Architektur betrachtet, durch eine hoͤhere Schoͤnheit aus; zu Stowe sind sie mit reichen und wohl bearbeiteten Scenen mehr verbunden. a. Tempel zu Stowe. Stowe liegt in Bukinghamshire, 60 engl. Meilen von London, und andert- halb Meilen von Bukingham. Man kann hier die Manier des beruͤhmten Kent sehen, welcher der wahre Schoͤpfer dieses Gartens ist. — Uebrigens habe ich mich bey der folgenden Beschreibung mehrerer Quellen bedient, und eigene Bemerkungen unter- gestreut; doch bey den Scenen besonders die schoͤne Schilderung des Hrn. Whately zum Grunde gelegt. Der ganze weite Raum, der den Garten zu Stowe umfaßt, ist in eine große Menge von Auftritten vertheilt, wovon jeder von Geschmack und Erfindungskraft zeugt. Unter den Tempeln erscheint zuerst eine offene ionische Rotunde S. 1ster B. S. 189. auf einem kleinen von allen Nebenumstaͤnden gaͤnzlich abgesonderten Huͤgel. Ihre Lage ver- H 3 spricht Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, spricht einen welt ausgedehnten Prospect, und es sind auch hier die meisten von den Gegenstaͤnden des Gartens, die auf dieser Seite liegen, sichtbar. Allein sie sind in dieser Aussicht nicht nur des Zusammenhangs, sondern auch des Contrastes beraubt. Ein jeder gehoͤrt besonders zu irgend einem andern Revier. Blos der See erscheint als ein Hauptgegenstand. Eine breite Strecke davon ist so nahe, daß sie ununter- brochen durch die am Ufer stehenden kleinen Gruppen uͤbersehen werden kann. Die Rotunde besteht aus zehn Saͤulen, die ein rundes erhabenes mit Bley gedecktes Dach tragen, unter welchem eine mediceische Venus von Bronze auf einem etwas erhoͤhe- ten Fußgestell steht. Dieses zierliche Gebaͤude faͤllt mit der Statuͤe zwischen den weis- sen Saͤulen schon in der Ferne von allen Seiten vortrefflich in die Augen; die Lage koͤnnte nicht gluͤcklicher seyn, als auf diesem sanftaufschwellenden Huͤgel, den man un- merklich besteigt. Der Tempel des Bacchus ist von dorischer Ordnung. Man steigt zu ihm auf einigen Stufen, zwischen zwey Sphinxen hinauf, die am Eingang liegen. Die Ge- maͤlde stellen das Erwachen des Gottes vor. Auf beyden Seiten des Tempels stehen zwo Statuͤen, die lyrische und die satyrische Poesie. Die Scene bey diesem Gebaͤude hat einen Charakter, welcher dem, der um die Rotunde herrscht, ganz entgegengesetzt ist, obgleich der Bezirk und die Gegenstaͤnde in beyden beynahe eben dieselben sind. Allein hier kommen alle Theile zusammen, um ein Ganzes zu machen. Der Boden senkt sich von allen Seiten stufenweise gegen den See herab. Die Waldungen auf dem entgegengesetzten Ufer oͤffnen sich, um den Tempel der Venus zu zeigen; sie steigen von dem Rande des Wassers bis zu der Hoͤhe hinauf, worauf er steht, und schließen sich hinter ihm wieder zusammen. Indem der Tempel der Venus in diesem Prospect ein wenig von der Seite er- scheint, und also ein perspectivisches Ansehen bekoͤmmt, so wird er ein weit schoͤnerer Gegenstand; und ob er sich gleich in einer groͤßern Entfernung zeigt, als vorher aus einem andern Gesichtspunct, so ist er doch hier wichtiger, weil er allein in die Augen faͤllt. Das Wasser, der Boden und die Waldungen locken das Auge dahin; und die Landgegend schimmert nicht sowohl aus einer entlegenen Ferne hervor, sondern er- scheint vielmehr nahe und erhaben uͤber dem Walde, und ist mit dem Garten durch Baumklumpen verbunden. Der ganze Auftritt zusammengenommen macht eine sehr belebte Landschaft aus. Die Schoͤnheit des Gebaͤudes, der Widerschein seines Bil- des in dem See, die durchsichtige Klarheit dieses Gewaͤssers, der malerische Reiz seiner Figur, erhoͤhet von kleinen umhergepflanzten Gruppen von Baͤumen, alle diese Um- staͤnde, die untereinander um den Vorzug der Schoͤnheit streiten, und sich wieder ver- einigen, um das Ganze zu heben, werfen uͤber dieses Gemaͤlde einen außerordentlichen Glanz. Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Glanz. Der Tempel der Venus selbst besteht aus drey Fluͤgeln, die durch sechs Schwibbogen von ionischer Ordnung mit einander verbunden sind, und macht einen halben Zirkel. Diese Form sowohl, als die innere Verzierung, die in Gemaͤlden aus Gedichten des Spenser besteht, weicht von der Vorstellung eines Tempels im antiken Geschmack zu merklich ab. Indessen hat man von dem Orte dieses Gebaͤudes wieder vortreffliche Aussichten. Sie laufen alle an dem Abhange der Wildbahn herab. Diese steigt an der Anhoͤhe hinauf, und weil hier der Gipfel mit einer hohen Waldung gekroͤnt ist, so wird sie dadurch weit ansehnlicher. Die Huͤgel, welche den allgemei- nen Abhang unterbrechen, senken sich von dieser Seite viel weiter herab, als auf ir- gend einer andern; und dadurch erhalten sie hier einen Werth, den sie vorhin nicht hatten. Besonders scheint der Huͤgel, worauf die Rotunde steht, eine stolze Lage abzugeben, und das Gebaͤude selbst hat das Ansehen, einer so freyen Gegend ganz an- gemessen zu seyn. Im Gegentheil ist hier der Bacchustempel, der einen so praͤch- tigen Prospect hat, nur ein einsamer Gegenstand, der voͤllig mit Gebuͤschen umringt ist. Der auf den Gipfel gepflanzte und an einer Seite des Berges herablaufende Wald zeigt sich hier, als ob er sehr dichte waͤre; er scheint hoͤher zu seyn, als er wirk- lich ist. Auch die Wildbahn hat einen großen Umfang, und weil ein Theil der Be- graͤnzung versteckt ist, so wird dadurch die Vorstellung von einer noch groͤßern Aus- dehnung erzeugt. Es ist zwar nur ein kleines Stuͤck von dem See sichtbar, allein er ist hier kein Gegenstand, sondern nur ein Theil des Auftritts. Und da sein Ende von keiner Seite in die Augen faͤllt, so hat er kein kleines Ansehen. Haͤtte man einen groͤssern Theil des Wassers zeigen wollen, so wuͤrde er dem Charakter der Gegend nachtheilig gewesen seyn: denn dieser ist sittsam und gemaͤßigt, weder feyerlich noch lustig; er ist groß und einfach, aber zugleich schoͤn. Mehr im antiken Styl ist der Tempel der alten Tugend, S. 1ster B. S. 208. der eine gluͤckliche Lage auf einer kleinen Anhoͤhe hat. Er ist ein schoͤnes, rundes Gebaͤude mit einer Kupel, und einer Saͤulenlaube von ionischer Ordnung umgeben, verschlossen von allen Seiten. Eine Treppe von zwoͤlf Stufen fuͤhrt durch zwo Thuͤren hinein, wovon die eine gegen Mittag, die andere gegen die Morgenseite sich eroͤffnet. Jede hat die In- schrift: Priscae Virtuti! Das Innere des Gebaͤudes ist mit Bildwerk artig ausgezie- ret, und in vier Nischen erblickt man in Lebensgroͤße die Statuͤen von den groͤßten Maͤnnern Griechenlands, verewigt durch den Ruhm der Gesetzgebung, der Philo- sophie, der Dichtkunst und der Heldentugend. Man lieset uͤber einem jeden eine er- zaͤhlende Inschrift, die das Verdienst richtig bestimmt. Lycur- Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Lycurgus Qui summo cum consilio, inventis legibus omnemque contra corruptelam munitis optime, pater patriae libertatem firmissimam et mores sanctissimos, expulsa cum divitiis avaritia, luxuria, libidine, in multa saecula civibus suis instituit. Socrates Qui corruptissima in civitate innocens, bonorum hortator, unici cultor Dei, ab inutili otio et vanis disputationibus, ad officia vitae et societatis commoda, philosophiam avocavit, hominum sapientissimus. Homerus Qui poetarum princeps, idem et maximus, virtutis praeco et immortalitatis largitor divino carmine ad pulchre audendum et patiendum fortiter, omnibus notus gentibus, omnes incitat. Epaminondas Cuius a virtute, prudentia, verecundia, Thebanorum respublica libertatem simul et imperium, disciplinam bellicam, civilem et domesticam accepit, coque amisso, perdidit. Auch Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Auch die Thuͤren sind inwendig mit Inschriften versehen, die der ehrwuͤrdigen Scene angemessen sind, und auf Erweckung patriotischer Gesinnungen, der Liebe des Vaterlandes, der Tugend und des Nachruhms hinzielen. Eine von diesen Thuͤren hat die Ueberschrift: Carum esse civem, bene de republica mereri, laudari, coli, diligi, glo- riosum est; metui vero, et in odio esse, invidiosum, detestabile, imbecillum, caducum. Ueber der andern findet man diese Worte: Iustitiam cole et pietatem, quae cum sit magna in parentibus et propin- quis, tum in patria maxima est. Ea vita via est in coelum, et in hunc coetum eorum, qui iam vixerunt. Allein der schoͤnste Tempel in diesem Garten ist der Tempel der Eintracht und des Sieges. Er ist in der ionischen Ordnung, laͤnglich, nach dem Tempel der Minerva zu Athen erbauet; daher er auch der griechische Tempel heißt. Man steigt zu ihm auf funf- zehn Stufen in eine praͤchtige Saͤulenlaube von acht und zwanzig Saͤulen hinauf, die um das ganze Gebaͤude herumgeht, und deren Decke mit Bildwerk ausgeziert ist. Der Giebel stellt in halb erhabener Arbeit die vier Welttheile vor, wie sie Großbri- III Band. J tannien Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, tannien die vornehmsten Producte uͤberreichen, die jedem eigen sind. Auf dem Gi- pfel des Vordertheils stehen drey Statuͤen; eben so viele uͤber dem Hintertheil. In den Fries ist die Inschrift gegraben: Concordiae et Victoriae. Auf beyden Seiten der Thuͤre, die in Blau und Gold gemalt ist, sind an der Wand zwey große Medaillons, in deren einem man die Worte: Concordia foederatorum in dem andern die Worte: Concordia civium erblickt. Ueber der Thuͤre selbst ist diese Stelle des Valerius Maximus einge- graben: Quo tempore salus eorum in ultimas angustias deducta, nullum ambi- tioni locum relinquebat. Das Innere des Tempels zeugt von einer großen Simplicitaͤt. Man erblickt darinn vierzehn leere Nischen, die von einer andern unabhaͤngig sind, worinn man eine Sta- tuͤe mit der Inschrift sieht: Libertas publica. Ueber der Nische findet man diese Stelle aus dem Valerius Maximus : Candidis autem animis voluptatem praebuerint in conspicuo posita, quae cuique magnifica merito contigerunt. Ueber den Nischen, die nicht haͤtten leer bleiben sollen, sind eben so viele Medaillons, worinnen die Siege der Englaͤnder uͤber die Franzosen in halb erhabener Arbeit vorgestellt sind. Dieser Tempel wuͤrde, nach seinem besondern Charakter betrachtet, sich besser in den Park des Koͤnigs schicken, noch besser auf einen schoͤnen Platz in der Residenz, als ein oͤffentliches Nationalgebaͤude. So erhebend die Vorstellung der Eintracht ist, so niederschlagend ist auf der andern Seite der Gedanke, daß diese Eintracht eine Folge der Uebermacht und eine Wirkung der Siege ist. Gar zu bald haͤngt sich an die Idee des Sieges das traurige Bild von Thraͤnen, von Blut, von Verwuͤstung. Und Vorstellungen dieser Art vertragen sich nicht wohl mit der gluͤcklichen Ruhe des Landlebens und mit dem Frieden der Natur. Inzwischen kann nichts reizender seyn, als die Scene, worinn dieser praͤchtige Tempel liegt. Ein Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Ein breiter Spaziergang fuͤhrt in das griechische Thal, das einen weit erhab- nern Auftritt ausmacht, als irgend einer in diesem Garten seyn kann. Nachdem es sich in eine ansehnliche Breite erweitert hat, so faͤngt es an sich zu kruͤmmen; es wird schmaͤler und zugleich tiefer, und endlich verliert es sich in ein dichtes Gebuͤsch hinter einigen erhabenen Ulmen, hinter welchen sich sein wahres Ende versteckt. Angeneh- me Waͤlder und Haine neigen sich uͤberall an den Abhaͤngen herab; und der offene Raum ist mit abgesonderten Baͤumen uͤberpflanzt. So wie das Thal tiefer wird, so laufen diese freyer von seinen Seiten herab, uͤberkreuzen die Tiefe, oder ziehen sich laͤngst an ihrem Rande dahin, und kommen zuweilen in solche Gruppen und Figuren zusammen, welche die Abwechselungen der groͤßern Waldungen vervielfaͤltigen. Diese sind bald dichte Gebuͤsche, bald offene Haine. In dem einen steigen die Baͤume in hohe Staͤmme auf; in einem andern bedecken sie mit ihren Aesten den Boden; und durch sie erscheinen kleine Oeffnungen. Mitten in dieser Scene steht der Tempel auf einer natuͤrlichen und bequemen Anhoͤhe von einem großen Umfange, gleich bey der Kruͤmmung des Thals, so daß man beyde Seiten uͤbersehen kann. In einer gewissen Gegend zeigt sich seine majestaͤtische mit sechs ionischen Saͤulen gezierte Vorderseite ge- rade vor dem Gesichte. In einer andern zieht sich die schoͤne Saͤulenordnung in ein Perspectiv zuruͤck. Der Tempel faͤllt von allen Seiten ins Auge; und indem er sei- nen eigenen anstaͤndigen Charakter allen benachbarten Gegenstaͤnden mittheilt, so ver- breitet er eine gewisse Ehrfurcht uͤber das Ganze. Allein er erweckt keine Traurigkeit, keine Melancholie: die Empfindungen, die er einfloͤßt, sind vielmehr sanft; aber voll Ehrfurcht, Bewunderung und Feyerlichkeit. Man sieht kein Wasser, die Aus- sicht zu beleben; keinen entfernten Prospect, sie zu bereichern. Die Theile des Auftritts sind groß; die Erfindung ist erhaben, und die Ausfuͤhrung gluͤcklich. Die Scene ist unabhaͤngig von allen zufaͤlligen Umstaͤnden, und ruhet auf ihrer eigenen Groͤße. b. Tempel zu Kew. Ein bekannter Ruhesitz und Garten des Koͤnigs von England, nahe bey London. Die Tempel, die man hier findet, sind aus Chamber’s Werk: Plans, Elevations etc. of the Gardens and Buildings at Kew, fol. London 1763. Man sehe auch 1sten B. S. 55. Der Garten zu Kew umfaßt keinen sehr betraͤchtlichen Umfang, der eine große Mannigfaltigkeit von natuͤrlichen Scenen verstattete. Allein außer dem Reichthum J 2 von Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, von einheimischen und auslaͤndischen, besonders nordamerikanischen Baͤumen, Straͤuchern und Pflanzen, die hier ein vortreffliches Gedeyen haben, geben ihm seine Tempel einen merkwuͤrdigen Vorzug. Man hat durch diese den Mangel der natuͤr- lichen Abwechselungen, die dem Orte fehlen, zu ersetzen gesucht. Denn in dem In- nern laufen die Prospecte nur in der Naͤhe herum, nur auf ein Wasserstuͤck, auf die Baͤume, Buͤsche und kleine Anhoͤhen; und man muß einen Thurm besteigen, um eine Aussicht aufs Land zu genießen. Die Tempel moͤgen fuͤr den eingeschraͤnkten Raum zu gehaͤuft seyn, sie moͤgen nicht immer ihnen zugehoͤrige Scenen haben, wo- durch sie sich mehr von einander absondern, und ihre Wirkungen, die sich nun in einander verlieren, bestimmter und staͤrker beweisen wuͤrden; dennoch haben diese Ge- baͤude so viel Schoͤnheit der Architektur, sie ahmen die antike Form mit so viel Ge- schmack nach, daß sie unter den neuern Werken dieser Art eine vorzuͤgliche Aufmerk- samkeit verdienen. Wenn ein Koͤnig, der so viel feinen Geschmack in der Baukunst und zugleich so viel Kenntniß der Botanik besitzt, dessen sanfte Seele den Eindruͤcken der Naturscenen nicht weniger, als den Gefuͤhlen der Menschenliebe, der Zaͤrtlichkeit und der Freundschaft offen steht, der mit der Wuͤrde des Monarchen das Gluͤck eines Privatmannes zu vereinigen weiß, und wenn ihm die oͤffentlichen Geschaͤfte erlauben vom Thron zu steigen, sich in ein Haus voll Einfalt und bescheidener Zierlichkeit S. Abbildung des Hauses zu Kew im 2ten B. verbirgt, nur stolz, Gemahl und Vater zu seyn, wenn dieser Koͤnig einer Nation vorsteht, die ihre Neigung zum Freyen und Edlen selbst in ihren Landsitzen zu ver- breiten gewohnt ist; so sollten ihm zu seinen Lustoͤrtern die besten Plaͤtze des Landes ge- hoͤren, um sie noch mehr zum Ruhm der Kunst mit den Denkmaͤlern seiner Erfindung zu verschoͤnern. Die schoͤnsten Gebaͤude im Garten zu Kew sind die Tempel des Sieges und der Sonne. Der erste ist zum Andenken des beruͤhmten Sieges errichtet, den 1759 bey Minden die brittische alliirte Armee unter den Befehlen des Herzogs Ferdinand von Braunschweig uͤber die franzoͤsische unter dem Marschall von Contades erhielt. Der Tempel erhebt sich auf einem Huͤgel, und ist ein vollkom- men und praͤchtig ausgefuͤhrtes Gebaͤude. Es ist ein zirkelfoͤrmiger Peripteros von konischer Ordnung, und die Saͤulen haben Streifen. Der Fries ist mit Laubwerk geziert, und rings um die Attike schlingt sich ein Kranz von Lorbeerblaͤttern. Die Zelle oder das innere Gemach, woraus man einen artigen Prospect hat, ist mit fei- nen Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. nen Stuccaturarbeiten ausgeziert, die Siegeszeichen vorstellen. Dieses edle Gebaͤude ist nach Chamber’s Zeichnung und unter seiner Aufsicht aufgefuͤhrt. Der Tempel der Sonne liegt in einem offenen Hain. Er ist ebenfalls ein zirkelfoͤrmiger Peripteros, mit einer Attike versehen, und von korinthischer Ordnung. Die Saͤulen sind gestreist. Das Gebaͤlke ist reich, und von dem beruͤhmten Tempel zu Balbeck nachgeahmt. Ueber jeder Saͤule ist in dem Fries eine Leyer mit einem Lorbeerzweig in erhabener Arbeit abgebildet. Außerhalb rings um den obern Theil der Zelle laͤuft ein Kranz von Fruͤchten und Blumen. Das Innere bildet einen im reichen Geschmack ausgefuͤhrten und vergoldeten Saal. In dem Mittelpunkt der J 3 Decke Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Decke ist die Sonne vorgestellt, und in den Friesen erscheinen in zwoͤlf mit Lorbeer- zweigen umkraͤnzten Abtheilungen die Zeichen des Sonnenkreises in erhabener Arbeit. Der Tempel ist unter Chamber’s Aufsicht erbauet. Der Tempel des Aeolus erscheint auf einer Anhoͤhe. Er ist seiner Figur nach ein Monopteros. Die Ordnung ist zusammengesetzt; doch die dorische die herrschen- de. Innerhalb der Saͤulen ist eine große Nische in einem halben Zirkel, die zum Sitzen Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Sitzen dient. Das Gebaͤude ist zum Umdrehen eingerichtet, und seiner Groͤße un- geachtet kann man es sehr leicht mit einer Hand nach einer andern Seite wenden. Indem man in einen abgelegenen einsamen Gang einschlaͤgt, trifft man den Tempel des Pan an. Er ist ein Monopteros und von dorischer Ordnung; seinem Profil nach von dem Theater des Marcellus zu Rom nachgeahmt. Die Metopen sind Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, sind mit Stierschedeln und Opferschalen verziert. Er ist auf einer Seite verschlossen, und so eingerichtet, daß er zu einem Ruhesitze dient. Nicht Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Nicht weniger ist der Tempel der Einsamkeit ein schoͤnes Gebaͤude, mit einer achteckichten Zelle und zwey Fenstern, die sich auf den Seiten der Thuͤre zeigen. 3. Die Tempel gehoͤren ihrer Form und ihres Charakters wegen zu den anstaͤndig- sten und schoͤnsten Gebaͤuden, und sie verdienen die Nachahmung, die man in den Gaͤrten von ihnen zu machen angefangen hat. Allein diese Nachahmung muß in den Graͤnzen der Wahrheit bleiben, und von allen Ausschweifungen frey seyn. Die Tempel der Alten hatten, wie wir gesehen haben, eine bestimmte Bauart. Sie machen immer eine besondere Gattung von Gebaͤuden aus, wovon die Muster in Beschreibungen und in Ruinen vor Augen liegen, und wovon die Nachahmung nicht abweichen darf. Nichts wird gewoͤhnlicher, als Gebaͤude Tempel zu nennen, deren Form und Anordnung diesem Namen widerspricht. Der Tempel der Hirten- muse zu Stowe ist eine gluͤckliche Erfindung; das Gebaͤude ist leicht, nachlaͤßig und III Band. K ange- Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, angenehm; allein die Form ist nicht im antiken Geschmack. Der Tempel der Freundschaft in eben diesem Garten sieht mehr einer Capelle aͤhnlich, und der Tem- pel der Damen einem Pavillon. Das erste Gesetz bey dieser Art von Nachahmung verlangt, daß die Form und der Charakter der antiken Tempel getreu beybehalten werden. Daher ist es eine sehr unrichtige Meynung, daß der Architekt sich hier jede Verschoͤnerung erlauben duͤrfe, daß ein Tempel gerne alles annehme, was nur die Einbildungskraft Praͤchtiges und Reiches erfinden kann. Nach diesem Charakter, dessen wesentliche Bestandtheile Schoͤnheit und Wuͤr- de sind, gehoͤrt ein Tempel nur zu Scenen, die diesem Charakter beystimmen. Ein edler Tempel in einer Wildniß oder in einem niedrigen Buschwerke wuͤrde eine sehr unschickliche Lage haben. Es giebt so viele andere Arten von kleinen Gartengebaͤuden, von Cabinetten, Lusthaͤusern, Pavillons, u. s. w. die sich mit den Gegenden immer auf eine abwechselnde und angemessene Weise verbinden lassen, daß man Tempel nur fuͤr reiche und edle Plaͤtze sparen sollte, worinn sie mit Uebereinstimmung ihre Wir- kungen verbreiten koͤnnen. Von Anhoͤhen, die uͤber praͤchtige Aussichten herrschen, an Stellen, die ein Gefuͤhl von feyerlicher Ruhe, von Ehrfurcht, von Bewunderung einfloͤßen, wo die Eindruͤcke der Naturscenen eine Veredelung erhalten sollen, erblickt man sie mit Vergnuͤgen. Und in ausgebreiteten Parks, die eine Mehrheit der Auf- tritte von dieser Art zulassen, kann ihre Anzahl steigen, doch mit Abwechselung der Groͤße, der Lage, und der besondern Bestimmung. Kleine Lustplaͤtze, die blos laͤnd- lich sind, sich auf einfaͤltige Anmuth einschraͤnken, Gaͤrten, die weder nach ihrem Umfang, noch nach ihrer besondern Bestimmung irgend einen hoͤhern Charakter zu- lassen, vertragen auch keine Tempel, und nur ein feister und schwelgerischer Geschmack buͤrdet sie ihnen zum Pomp auf. Die Anwendung der Tempel sollte nicht weniger bestimmt seyn, als es ihre Bauart ist. Die runden Tempel scheinen fuͤr Gaͤrten am meisten angemessen. Ihre Form fuͤhrt bey aller Wuͤrde eine gewisse Leichtigkeit, Freyheit und Anmuth mit sich, die sie vorzuͤglich Revieren empfiehlt, wo die Natur ihre Reize enthuͤllet. Die laͤnglicht oder ins Gevierte gebaueten Tempel erhalten, sowohl von dieser Form, als auch von ihrem weitern Umfang und von der groͤßern Anzahl der Saͤulen, mehr Feyerliches und Ehrwuͤrdiges. Bey ihrer Anwendung wird man diesen Unterschied nicht ganz vernachlaͤßigen duͤrfen. Wenn die Nachahmung den wesentlichen Erfordernissen Genuͤge geleistet hat, so darf sie sich durch zufaͤllige oder geringere Umstaͤnde nicht weiter fesseln lassen. Die Tempel Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Tempel sind nicht mehr gottesdienstliche Gebaͤude fuͤr uns; sie verlangen daher in dem Innern keine Anordnung, als sie im Alterthum hatten. Sie koͤnnen, wie wir an den Tempeln zu Kew bemerkt haben, in den innern Theilen zur Bewohnung, oder zum angenehmen Aufenthalt, nach dem Gebrauch unsers Zeitalters, eingerichtet wer- den. Was vormals Zelle, geweiheter Ort, Sitz der Gottheit war, kann jetzt ein Saal seyn. Nach dieser Veraͤnderung der innern Einrichtung wird auch die Erleuch- tung noͤthig, die in den alten Tempeln vermieden ward, oder doch gering war, um die Ehrfurcht und Feyerlichkeit des Ortes zu vermehren. Denn die laͤnglichten Tem- pel hatten insgemein keine Fenster und kein anderes Licht, als das durch die Thuͤren hereinfiel; nur eine Lampe streute durch das heilige Dunkel einen duͤrftigen Schein. Bey den runden Tempeln leuchtete indessen ein reicheres Licht von oben durch eine Oeff- nung herein. Allein es giebt auch hier Ausnahmen; denn zuweilen kann es die be- sondere Bestimmung eines neuern Tempels erfordern, daß er inwendig des Lichts beraubt werde, oder sein Tag in eine sanfte Daͤmmerung dahinsinke. Ein Tempel den Gottheiten des Todes gewidmet, wuͤrde eine sehr fehlerhafte Anordnung haben, wenn seine Zelle mit vielen Fenstern versehen waͤre. Wenn den schoͤnen Kuͤnsten noch jetzt verstattet ist, durch Vorstellungen aus der alten Mythologie zu unterhalten, so darf auch die Baukunst davon nicht ausgeschlossen werden. Nicht allein ergoͤtzen uns die uͤbrig gebliebenen Gemaͤlde, Statuͤen und halb erhobene Werke des Alterthums, durch den Reichthum und die Mannigfaltigkeit der mythologischen Fabel; sondern auch die neuern Kuͤnstler haben bis jetzt sehr oft mit Gluͤck aus dieser Quelle geschoͤpft. Gebaͤude, deren Charakter sich auf Mythologie bezieht, haben daher eben die Zulaͤßigkeit, als ein neueres Gemaͤlde, oder eine neuere Statuͤe von dieser Art. Es ist wahr, Tempel, die noch jetzt einer Gottheit oder ei- nem Helden des Alterthums gewidmet werden, haben kein religioͤses noch National- interesse mehr fuͤr uns; selbst keine Aehnlichkeit zwischen jener und unserer Zeit, zwi- schen jenem und unserm Lande. Allein außerdem, daß die Schoͤnheit dieser Gebaͤude ihnen uͤberall eine Art von Buͤrgerrecht erwirbt, uͤberall mit Vergnuͤgen wahrgenom- men wird, so versetzt uns ihr Anblick in ein Weltalter, wo die Einbildungskraft unter den anmuthigsten Bildern umherschwaͤrmt, wo der Geschmack sich naͤhrt und die Liebe zur Kunst sich begeistert. Wir sinnen nach, wir vergleichen, wir bleiben an einem Bilde haͤngen, das uns zu gehoͤren scheint; wir sondern aus der allgemeinen Masse der mythologischen Vorstellung einen Begriff ab, der fuͤr jedes Zeitalter, fuͤr jeden empfindsamen Beobachter interessant ist; wir werfen die Huͤlle der Fabel ab, und er- blicken die nuͤtzliche unterrichtende Wahrheit, die darunter verkleidet lag. K 2 Wenn Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Wenn sich Tempel diesen Wirkungen naͤhern sollen, so erhellet noch mehr die Nothwendigkeit eines deutlichen Ausdrucks ihres Charakters. Demnaͤchst muß der mythologische Charakter der Gottheiten, denen sie gewidmet werden, eine Verwandt- schaft mit den Vorstellungen und Bewegungen haben, die einem Garten eigen sind. So schoͤn die Architektur des Tempels der Bellona zu Kew ist, so wenig erwartet man ein Monument dieser Goͤttinn in einem Garten. Mehr angemessen sind hier die Tempel der Sonne und des Pan; zu Stowe die Tempel der Venus, der Mutter der Erzeugungen, und des Bacchus. Auch Diana, Ceres, Flora, Pomona, Apollo, die Musen, die Grazien koͤnnen noch immer in den heutigen Gaͤrten ihre Tempel sparsam und immer in Scenen errichtet finden, die ihrem Charakter zustim- men. Was ihrer Zulaͤßigkeit einen Grund mehr ertheilt, ist dieses, daß sie zugleich einer allegorischen Bedeutung faͤhig sind, indem sie auf Kraͤfte, Wirkungen und Ei- genschaften hinwinken, die dadurch vorgestellt werden. Allein da diese Gattungen von Tempeln fast nur fuͤr Kenner der Mythologie und fuͤr Leute von Geschmack verstaͤndlich sind, so laͤßt sich die Anwendung dieser Ge- baͤude noch auf eine Art erweitern, die mehr Deutlichkeit mit sich fuͤhrt. Es giebt ge- wisse Wirkungen des Landlebens und der Gaͤrten, denen man Tempel widmen kann. Der Tempel der Heiterkeit, der Ruhe, der Vergessenheit der Sorgen, der Selbstbetrachtung, u. a. sind sehr schickliche, und fast noch gar nicht gebrauchte Ge- genstaͤnde in Gaͤrten. Solche Gebaͤude stimmen den ihnen zugeordneten Scenen sehr deutlich zu; und durch Anordnung, Verzierung und Lage werden sie eine neue Quelle der Mannigfaltigkeit. Sie ehren die Natur, indem sie das Andenken ihrer Wirkun- gen erhalten; und erregen davon dem empfindenden Beobachter, so oft er sich ihnen naͤhert, oder in ihnen verweilt, neue Gefuͤhle. Auch die verschiedenen Zeiten des Jahres und des Tages koͤnnen ihre Tem- pel haben, zur Erhoͤhung der Eindruͤcke der Scenen, die ihnen vorzuͤglich gewidmet werden, und zur Gewinnung eines reichern Genusses der Annehmlichkeiten, die einer jeden eigenthuͤmlich sind. Gebaͤude von dieser Erfindung tragen so viel zur Vermeh- rung der Abwechselung und zur Charakteristik der Plaͤtze bey, sie bieten dem Genie des Kuͤnstlers so viel Gelegenheit zu neuen Beschaͤftigungen an, daß ihre Einfuͤhrung eine besondere Empfehlung verdient. Der Tempel des Fruͤhlings erhebe sich an ei- nem warmen und hellen Ort, in einem angenehmen und gefaͤlligen Styl, mit lachen- den Bildern umgeben, welche das Erwachen der Natur ankuͤndigen, und mit jungen Blumen, zwischen welchen die zuruͤckkehrenden Weste ihre muthwilligen Spiele wie- der Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. der beginnen. Auf der Spitze des anmuthigsten und heitersten Huͤgels steige der Tem- pel des Morgens, leicht, luftig und reizend erbauet, dem Glanz der heraufglimmen- den Morgenroͤthe entgegen, umkraͤnzt von nahen Gewaͤssern und Gebuͤschen, welche die praͤchtigen Schauspiele des umherwallenden Lichts vervielfaͤltigen. Zwischen glaͤn- zenden Blumen und Pflanzen, die mit schwelgerischem Wachsthum emporschießen, zwischen Gebuͤschen von Obstbaͤumen, deren reifende Fruͤchte mit mannigfaltigen Ge- stalten und Farben von Zweig zu Zweig sich im reizenden Gemisch verbreiten, hebe sich reich und edel der Tempel des Sommers empor. Auf einem Abhange, den der brennende Strahl nicht trifft, ziehe sich der Tempel des Mittags in den Schatten hoher und dickbelaubter Baͤume hin, zwischen welchen kleine Wasserguͤsse rauschen; er kuͤndige das Vergnuͤgen der Kuͤhlung an, und errege Sehnsucht nach Ruhe. Auf einem mit Weinreben, mit Quitschern und andern beerentragenden Baͤumen und Straͤuchern bekraͤnzten Huͤgel, zwischen Gebuͤschen, die das Vergnuͤgen des Vogel- fangs gewaͤhren, erscheine der Tempel des Herbstes, von der milden Heiterkeit des Lichts umflossen. An dem westlichen Abhange einer Anhoͤhe, an deren Fuß sich ein klares Wasser hinschlaͤngelt, ruhe zwischen luftigen Gruppen wohlriechender Gestraͤu- che der Tempel des Abends nachlaͤßig und einsam. 4. Diese Bemerkungen haben keine andere Absicht, als dem Gartenkuͤnstler blos die Bahn zu Erfindungen zu zeigen, die er zu einem neuen Ruhm selbst betreten kann; denn hier ist die Quelle fast unerschoͤpflich. Es laͤßt sich eine Mannigfaltigkeit von Anlagen und Verzierungen gewinnen, die nur von einer gesunden Beurtheilungskraft beherrscht werden duͤrfen, um noch immer jedem eigenthuͤmlichen Charakter der ver- schiedenen Zeiten des Jahres und des Tages getreu zu bleiben. Und dieser Charakter kann nicht blos durch die umliegende Scene angedeutet werden, sondern auch durch das Eigenthuͤmliche der Architektur, und durch Verzierungen von einer bestimmten Bezeichnung. Sinnbilder, die andeuten und die Ungewißheit aufheben, sind hier anstaͤndiger als Inschriften, und bieten sich mannigfaltiger an; und die Verzierungen erhalten unstreitig einen groͤssern Werth, wenn sie zugleich allegorische Bilder sind. Sie schicken sich an verschiedenen Theilen der Gebaͤude, am meisten an der Vorderseite und in dem Fries. Sie muͤssen das Verdienst der Einfalt und der Deutlichkeit haben, K 3 aus Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, aus wenigen und einfachen, aber auf die zu bezeichnende Sache sich nahe beziehenden Zeichen bestehen. Sie koͤnnen in kleinen Gemaͤlden, noch besser aber in halb erhobe- nen Arbeiten, die fuͤr die Außenseiten der Gebaͤude schicklicher sind, vorgestellet wer- den. Hier sind einige Sinnbilder der Alten, die in diesem Theil der Erfindung so gluͤcklich waren; sie verdienen bey den angezeigten Tempeln eine Nachahmung. Auf einer bis jetzt erhaltenen Urne Winkelmanns Versuch einer Allegorie, besonders fuͤr die Kunst. 4. 1766. S. 68. erscheinen die Jahrszeiten in weiblichen Figuren, ohne Fluͤgel, in Stufen des Alters, nach dem Fortgang der Zeit im Jahre. Der Winter, mehr als die andern bekleidet, gehet voran, traͤgt einen Haasen und einen Wasservogel an einer Stange, und schleppt einen Frischling nach sich; der Herbst mit Zuͤgen einer juͤngern Person, und leichter als jene bekleidet, haͤlt eine Ziege bey dem vordern Beine, und traͤgt Fruͤchte in einem Korbe; der Sommer ist sehr leicht bekleidet und haͤlt einen Kranz; und der Fruͤhling, mit Zuͤgen und Geberden eines unschuldigen Maͤdchens, haͤlt in ihrem Gewande vor der Brust ausgeschaalte Erbsen als Fruͤchte dieser Jahreszeit. Allein die Sinnbilder der Jahreszeiten waren bey den Alten nicht einfoͤrmig. Der Winter zeigte sich zuweilen in einem Genius, der einen Tannzapfen in der Hand haͤlt. Das Bild des Herbstes war Ceres, einen Korb auf dem Kopf tragend, zuweilen neben ihrer Figur eine Ameise, die eine Korn- aͤhre fortschleppt, oder ein Genius, der in der rechten Hand eine Weintraube, in der linken einen Haasen traͤgt. Den Sommer und Fruͤhling stellte oft eine Venus mit einer Myrte und Rose vor. Der Sommer besonders zeigte sich in dem Bilde einer Figur, im Laufen mit zwo brennenden Fackeln in den Haͤnden, die sie gerade in die Hoͤhe haͤlt. Der Fruͤhling besonders erschien als ein Genius, juͤnger und zaͤrter als die andern, in der einen Hand ein Blumenstrauß, in der andern ein Milchlamm. Apoll mit einem Hahn auf der Hand deutete den Morgen an; und den Abend Dia- na, in einem mit zwey Ochsen bespannten Wagen, die bergab gehen, um sie zu ih- rem Endymion zu bringen. Andre Sinnbilder zeugten von eben dieser Richtigkeit und Feinheit. So ward z. B. die Ruhe unter einer sitzenden Figur vorgestellt, die einen Arm nachlaͤßig an das Haupt legt. Bacchus und eine tanzende Bacchante, welche die Cymbeln zusammenschlaͤgt, und zwischen ihnen ein junger Satyr, der eine Urne mit zwo Handhaben auf der Schulter traͤgt, und mit der andern Hand eine um- gekehrte Fackel haͤlt, war ein zusammengesetztes sehr bedeutendes Bild, das zum Ge- nuß der Freude aufmunterte, ehe das Licht des Lebens verloͤscht und unsere Asche bey- gesetzt wird. Winkelmanns Anmerkungen uͤber die Baukunst der Alten. 4. 1762. S. 62. — Diese Beyspiele lehren das Zutreffende und Liebliche der Sinn- Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Sinnbilder, die ein Architekt von Genie mit neuen Erfindungen in dem Geist der Griechen vermehren wird. 5. Nach Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, 5. Nach ihrem Beyspiel koͤnnen wir auch Tempel zu Denkmaͤlern anwenden, in- dem wir sie Maͤnnern von vorzuͤglichen Verdiensten in unsern Gaͤrten widmen. Kei- ne Arten von Gebaͤuden scheinen sich dazu mehr zu schicken, als diese. Sie erhalten dadurch eine naͤhere Bestimmung, die ihrem Charakter so wohl ansteht, und einen Theil der Wuͤrde wieder, die sie im Alterthum hatten, wo sie, nach den Goͤttern, auch den Helden, den Patrioten und den Weisen heilig waren. Sie stellen weit ed- lere und angenehmere Denkmaͤler vor, als Urnen und andere Monumente der Sterb- lichkeit. Sie sind in der Macht eines jeden Eigenthuͤmers, der dadurch seine Gar- tenreviere zu dem Rang der heiligen Oerter erheben kann, wo dem Verdienste geopfert wird, Oerter, die bey den Griechen so haͤufig waren, und selbst in unsern groͤßten Staͤdten so selten sind. Die Tempel der Freundschaft, der beruͤhmten Britten, der alten Tugend zu Stowe, gehoͤren als die ersten Muster in diese Klasse. Allein in eben diesem Garten ist der Tempel der neuen Tugend, der mit einer zerbrochenen Statuͤe und zerstoͤrten Arcade, mit Epheu und Brombeerstrauch bewachsen in Ruinen liegt, ein ungerechter Vorwurf fuͤr unser Zeitalter, und hier um so weniger schicklich, da er mit dem Gebaͤude, das die Brustbilder so vieler edlen Maͤnner Großbritan- niens enthaͤlt, im Widerspruch steht. — Denkmaͤler, zur Ehre der Helden und der Gesetzgeber, der Maͤnner, deren Bestrebungen zunaͤchst die Gluͤckseligkeit der buͤrger- lichen Gesellschaft betrafen, deren Verdienst mehr in einer erhabenen Thaͤtigkeit, als in einer stillen Erfindsamkeit bestand, gehoͤren fuͤr die oͤffentlichen Plaͤtze in Staͤdten. In Gaͤrten aber suchen wir vornehmlich Monumente fuͤr solche Gattungen des Ver- dienstes, die mit diesen Scenen in einer gewissen Verwandtschaft stehen, Tempel zum Andenken der Maͤnner, deren Geist uͤber die Naturkenntniß, und die mannigfaltigen Theile des Landbaues und der nuͤtzlichen Gartencultur einen neuen Tag verbreitete, die den Menschen die Schoͤnheiten der Schoͤpfung bald in begeisternden Gesaͤngen, bald in nacheifernden Gemaͤlden empfinden lehrten. Das Eigenthuͤmliche eines je- den Verdienstes giebt Veranlassung sowohl zu angemessenen Lagen der Gebaͤude, als auch zu ihrer Verzierung. Sinnbilder bieten hiezu wieder ihre gefaͤllige Huͤlfe an; indessen sind hier Inschriften ein leichteres und kuͤrzeres Mittel der Bezeichnung. Der bloße Name in dem Fries ist schon hinreichend; er laͤßt keinen Zweifel mehr uͤbrig, er entscheidet auf den ersten Blick. Nach allen diesen Vorschlaͤgen zur Anwendung der Tempel wollen wir jedoch den Gartenbesitzern gerne verstatten, Gebaͤude dieser Art zuweilen, blos der Nachah- mung Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. mung der aͤußern Form wegen, anzulegen, ohne sie gewissen Wesen, Personen oder Begebenheiten zuzuordnen. Sie sind alsdann als Lustgebaͤude anzusehen, die mit den Tempeln des Alterthums keine weitere Aehnlichkeit als die Außenseite haben; in ihrer innern Einrichtung sowohl als in ihrer Verzierung findet jede Abwechselung Platz, jede Art der Anordnung, wenn sie nur nicht den allgemeinen Regeln des guten Archi- tekturgeschmacks widerspricht; der Zweck ist erreicht, wenn das Gebaͤude nur als ein angenehmer Gegenstand ins Auge faͤllt. 6. Uebrigens ist es wohl ohne Beweis klar, daß bey der Nachahmung fremder Bauarten die griechische einen großen Vorzug verdient. Es ist wahr, daß sie in III Band. L gewissem Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, gewissem Verstande fuͤr uns fremde ist. Allein sie ist seit Jahrhunderten in dem Be- sitz des Beyfalls der Kenner; ihre Schoͤnheiten sind unzweifelhaft und entschieden; sie gefallen allen Nationen, sobald sich bey ihnen die Gefuͤhle fuͤr das Edle und Große entwickeln; und nur einer geschmacklosen Rohigkeit der Sitten und einer barbarischen Prachtliebe gelang es auf einige Zeit, die Empfindlichkeit fuͤr ihre stille Einfalt zu er- sticken. Die Verhaͤltnisse, die Form, die Anordnung, die Verzierung, alles was zur Schoͤnheit der Architektur gehoͤrt, zeigten die Griechen durch Muster, die wir noch in Ruinen bewundern. Man hat in den neuern Zeiten des reinen Geschmacks nach ihnen gebauet, wie die Bildhauer nach ihnen geformt, und die Dichter nach ihnen gesungen haben. Alle Voͤlker, die auf Geschmack Anspruch machen, sehen die Baukunst der Griechen als ihr Eigenthum an, die uns naͤher scheinen, weil unter ihren Denkmaͤlern sich schon die Jugend bildet, und an ihrem Lichte unsere feinern Wissenschaften und Kuͤnste so oft ihre verloschene Fackel wieder anzuͤnden; mit deren Geist und Tugenden wir in einer Art von vertraulicher Verbindung stehen. Doch versteht es sich, daß die Nachahmung in keine sclavische Nachfolge uͤbergehen, und nichts mehr aufnehmen darf, als was nach unserm Klima, nach unserer ver- aͤnderten Lebensart, und nach unsern verschiedenen Beduͤrfnissen einer Anwendung faͤ- hig ist. Allein, bald nach der Einfuͤhrung des neuen Gartengeschmacks, fiel man auf die Nachahmung so seltener und fremder Bauarten, daß es schien, als wenn sie die Stelle der abentheuerlichen Wasserkuͤnste, der wasserspeyenden Drachen und Loͤwen, der in Alleen aufgestellten Wallfische, die man eben zu verdraͤngen anfieng, wieder ersetzen sollten. Die chinesische Baukunst machte den Anfang. Alles sollte à la chinoise seyn, Lusthaͤuser, Tempel, Bruͤcken. Man taͤuschte sich durch den sonder- barsten Wahn, daß Gaͤrten in England und Frankreich, blos mit den einheimi- schen Gewaͤchsen und Baͤumen dieser Laͤnder bepflanzt, chinesische Gaͤrten seyn koͤnn- ten; und wers nicht glauben wollte, der ward auf ein Gebaͤude verwiesen, das da stand, und chinesisch hieß. Deutschland fieng an, auch hier der Mode zu folgen, und wir haben wirklich einige kleinere und groͤßere Gaͤrten voll Spielwerke mit chine- sischen Gebaͤuden, und wenn die Nachaͤffung sich um einige Grade weiter verbreitet, so wird bald der beeisete Nord die luftigen Pavillons der heißesten Zone zeigen. Man fragt vergebens nach einem Grund, weil die Nachaͤffung keinen Grund kennt; und nie hat man einen Kenner die Vorzuͤge der chinesischen Baukunst fuͤr unsere Gaͤrten entwickeln gesehen. Sie ist doch weit von der wahren und edlen Einfalt der griechi- schen Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. schen entfernt; ihr fehlt Schoͤnheit und Wuͤrde der Form; sie ist aber dagegen mit einer Menge kleiner unbedeutender Zierrathen, die zuweilen in das Ekelhafte fallen, uͤberhaͤuft. Und nicht wenig Gebaͤude dieser Art, die man in den Gaͤrten sieht, sind bloße Ideale, die nach keinen aͤchten Originalmustern entworfen wurden. Verschiedene chinesische Gebaͤude sind nach Willkuͤhr besonders vorgezeichnet von den englaͤndischen Architekten, Will. and John Halfpenny in New Designs for Chi- nese Bridges, Temples, Garden-Seats, Summer-Houses etc. 8. London 1751. Und welches Interesse, diese Werke von einem entfernten und von uns so weit unterschie- denen Volke aufzunehmen, dessen Charakter, Geschmack, Lebensart keine wuͤrdige Beyspiele fuͤr uns eroͤffnet, das seine schoͤne Kuͤnste seit Jahrhunderten noch in der Kindheit erhaͤlt! Man sieht, daß blos eine blinde Liebe zu dem Auslaͤndischen und Seltsamen die chinesische Baukunst in die neuern Gaͤrten eingefuͤhrt hat, und daß die Vorurtheile der Mode sie beschuͤtzen. Und welcher Widerspruch mit dem Lande und dem Klima! Welche Verwirrung der Bewegungen, wenn uns eine Pagode, eine Bruͤcke, ein Schiff nach Asien versetzt, indeß uns der Anblick der umher bepflanzten Scene, Baͤume und Lust uͤberzeugen, daß wir auf deutschem Boden stehen? Es ist vergebens, hier eine Taͤuschung zur Absicht zu haben; der verraͤtherische Widerspruch des Reviers wird sie bald entdecken, und Widerwille oder gar Ekel sich an dem un- gluͤcklichen Versuch raͤchen. Allein die eltle Ueppigkeit unsers Zeitalters glaubte mit der chinesischen Baukunst sich noch nicht befriedigen zu koͤnnen. Sie fuͤhrte selbst aͤgyptische, maurische, gothische, tuͤrkische und andere Bauarten ein, und wenn es so fortgeht, so wird die Nachahmung sich bis zu den Staͤllen der Kamtschadalen verbreiten. Und bey allen diesen verschiedenen auslaͤndischen Gebaͤuden ist nichts mehr auffallend, als ihre Vermischung in einem einzigen Garten, ohne Ordnung und Plan durch einander geworfen. Man vereinigt Gebaͤude und Gebraͤuche so sehr verschie- dener Laͤnder auf einem Platz, und bringt ein so groteskes Gemaͤlde hervor, daß die wildeste Einbildungskraft, uͤber alle Schranken der Wahrscheinlichkeit hinaussprin- gend, es nicht verwirrter zusammenhaͤufen kann. Eine christliche Kirche steht neben einer Moschee, ein griechischer Tempel bey einem chinesischen, ein Obelisk bey ei- nem maurischen Werk, gothische Ruinen bey einer Pagode; Asien und Europa sind in einander geschmolzen; die alte und die neue Welt sind gepluͤndert, um einen kleinen Fleck mit dem widersinnigsten Gemisch von Gebaͤuden zu uͤberladen, und ihn in einen Schauplatz der sonderbarsten Prachtsucht zu verunstalten. O! Natur, o! Einfalt, sanfte Huldgoͤttinnen der Gaͤrten, wenn euch ein falscher Stolz von unsern L 2 Lust- Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Lustplaͤtzen verdraͤngt, wo werdet ihr anders seyn, als hinter der Huͤtte des Landmanns im Veilchenthal? II. Grotten . 1. G rotten, die jetzt in unsern Gaͤrten zu den Werken der Nachahmung gehoͤren, wa- ren in dem ersten Weltalter Wohnungen der Menschen, wie sie es noch bey Voͤlkerschaften sind, die in der Kindheit leben. Allein diese Hoͤhlen in Baͤumen, in Bergen und Felsen, die Grotten der Natur, verloren bald das Gemeine und Rauhe, das sich in ihre Vorstellung zu mischen pflegt, als die Griechen anfiengen, sie ihren Nymphen zu weihen. Sie heißen daher Nymphaͤen. Eine von solchen Grotten lag vier Stunden von Athen an der See- kuͤste Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. kuͤste bey Vary, und war sehr beruͤhmt. Chandler, Reisen in Griechenland. Aus dem Engl. 8. 1777. 32stes Cap. Er trat die Reise 1765 an. der ihre Reste vor verschie- denen Jahren besuchte, versichert, sie sey eine außerordentliche Merkwuͤrdigkeit, von einer Art, wie sie noch kein Reisender beschrieben hat. Sie liegt an der Seite des Berges. Man steigt durch eine Oeffnung hinab. In dem Platz vor der Treppe befindet sich eine griechische Inschrift, die sehr schwer zu lesen ist. Sie ist in den vorher geebneten Felsen gehauen, und sagt, daß Archidamus von Pheraͤ die Hoͤhle fuͤr die Nymphen gemacht. Gegenuͤber ist eine kleine Nische oder Aushoͤhlung mit einigen Buchstaben, Theilen eines Worts, das bedeutet, man habe hier das Ge- schenk hinzulegen. Von diesem Platz suͤhren zwey Wege hinab in die Hoͤhle. Geht man auf den engen Stufen hinunter, die in den Felsen eingehauen sind, so findet man linker Hand in sehr alten Buchstaben die Inschrift: Archidamus der Pheraͤer. Ist man unten und wendet das Gesicht nach der Treppe, so hat man am aͤußersten Ende zur Rechten einen Ithyphallus, das Symbol des Bacchus, und dabey eine Isis, die aͤgyptische Ceres. Unter schmalen Nischen an zwey Stellen steht: des Pan. An der andern Seite der Treppe sind noch zwo Nischen, und unter jeder: des Apollo; bringe dar! Bey dem Bilde der Isis lag ein Stein auf beyden Seiten mit Inschrift, und ehedem so aufgestellt, daß beyde sichtbar waren. Auf einer Seite stand: Archidamus der Pheraͤer und Chollidenser machte diese Wohnung fuͤr die Nymphen; und auf der andern Seite: Archidamus der Pheraͤer pflanzte den Garten fuͤr die Nymphen. Auf den Stufen, die an der Seite des Felsen tiefer hin- ablaufen, kommt man in die untere Grotte durch einen engen Gang, den man in der Abtheilung gelassen, und den Versteinerungen sehr malerisch gemacht haben. Sie ist von zirkelfoͤrmiger Gestalt, die Seiten mit phantastischem Steinansatz, und die Decke mit spatartigen Zapfen uͤberzogen. Von diesen wachsen einige zugespitzt von unten herauf, andere haben schon die von oben herabhangenden erreicht und sich mit ih- nen vereinigt. Unten ist ein Brunn von sehr kaltem und klarem Wasser. — Zwo andere beruͤhmte Grotten der Nymphen waren die zu Ithaka und Heraklea; jene war inwendig dunkel, aber merkwuͤrdig wegen eines immerfließenden Wassers, stei- nerner Gefaͤße und honigtragender Bienen; diese war lang und weit, durchflossen von einem kalten und krystallhellen Wasser; beyde hatten zwo Eingaͤnge, einen gegen Norden, den andern gegen Suͤden. In die Hoͤhle zu Ithaka stiegen Menschen nur die nordliche Oeffnung hinab; die suͤdliche ward fuͤr heilig und fuͤr den Weg der Goͤtter gehalten; die andere Hoͤhle hatte ebenfalls einen Weg fuͤr hoͤhere Wesen. — Man glaubte, daß die Nymphen ein vorzuͤgliches Vergnuͤgen an Quellen faͤnden; und daher L 3 hatten Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, hatten gemeiniglich ihre Wohnungen eine Quelle oder einen Wasserbrunnen. Eine verdickte, oben und an den Seiten ausschwitzende Feuchtigkeit gab den Grotten nicht selten ihre Form; oft war die Quelle mit Steintheilchen geschwaͤngert, die sie ansetzte, und ihren Weg mit einem Ueberzug bezeichnete. Den Gestalten, die sich durch diese Zufaͤlligkeit bildeten, theilte die Phantasie Leben und Bedeutung zu. Der Landmann, der Jaͤger und der Hirte begaben sich in diese Hoͤhlen, um den Nymphen Geschenke zu bringen, die auf ihre Natur und die Gegenstaͤnde ihrer Aufsicht eine Beziehung hatten. Sie opferten ihnen bald ein Lamm oder eine Ziege, bald Fruͤchte, bald Milch, Oel und Honig. Ihre fromme Einfalt glaubte, daß ihre Schutzgoͤttinnen, obgleich unsichtbar, hier gegenwaͤrtig waͤren, und die dargebrachten Geschenke ihre Gunst erwerben koͤnnten. Man umwand ihre Statuͤen mit Kraͤnzen, und weihete ihnen kleine Gaͤrten, die oft aus einem Stuͤckchen Erde bestanden, bepflanzt mit sol- chen Kraͤutern und Blumen, wovon man glaubte, daß sie den Goͤttinnen gefielen. Diese unterhielten sich in ihren Wohnungen mit angenehmen Erzaͤhlungen, beschaͤf- tigten sich mit kuͤnstlichen Arbeiten, und machten Purpurkleider. Pan und Bac- chus, der sie in Gesaͤngen unterrichtete, waren ihre gewoͤhnlichen Gesellschafter; man sah ihre Bildnisse zuweilen in den Grotten aufgestellt. Um Mittag verstummte die Floͤte der Hirten, um nicht den Schlummer des Pan zu unterbrechen, der um diese Zeit in den Hoͤhlen zu ruhen pflegte. Dieses Bild von den Grotten der Nymphen hat die Anmuth, womit die Griechen alles zu beleben wußten. Sie waren heilige Oerter; aber frey von allem Schrecklichen. Sie waren noch keine Theile von Gaͤrten, die uͤberhaupt bey dieser Nation nicht weit uͤber die Graͤnzen der ersten Rohigkeit hinausruͤckten; aber sie wa- ren einzelne Werke, die von ihrer Lage an Seen und Fluͤssen, in Bergen und Waͤl- dern einen vollkommen laͤndlichen Charakter erhielten. Und die Zuruͤckerinnerung an ihre urspruͤngliche Einrichtung kann den Gartenkuͤnstler zu anmuthigen Erfindungen leiten, die das Gepraͤge ihrer alten ehrwuͤrdigen Einfalt tragen, und doch unsern Gaͤr- ten angemessen sind. 2. Nicht uͤberall so heiter ist das Bild der Grotten in den spaͤtern Jahrhunderten, als es unter den Nymphen der Griechen war. Denn in den Zeiten der Fehde und des Raubes wurden sie bald Wohnungen der Raͤuber, bald Zufluchtsoͤrter der Un- gluͤcklichen. — Zuweilen aber nahmen Helden darinn ihren Aufenthalt, und die Hoͤh- len vertraten die Stelle befestigter Schloͤsser, die man nicht so leicht erbauen konnte, als Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. als sich eine Oeffnung in einen Felsen oder in einen Berg finden ließ; zuweilen ruhe- ten sie in Zeiten des Friedens darinn aus, wenn sie von der Jagd ermuͤdet waren. Solche Hoͤhlen sieht man noch jetzt in verschiedenen Laͤndern; und da sie oft nach ihrer innern Bildung und Einrichtung merkwuͤrdige Naturscenen sind, so haben sie beson- ders von dieser Seite die Aufmerksamkeit der Reisenden erregt. Vornehmlich sind die noͤrdlichen und westlichen Gegenden von Schottland an Hoͤhlen dieser Art reich. Pennant Reise durch Schottland und die he- bridischen Inseln. 1ster Th. Aus dem Engl. 1779. S. 278. sah verschiedene davon auf der westlichen Kuͤ- ste der Insel Arran. Die merkwuͤrdigste Hoͤhle darunter ist die Hoͤhle des Fin- mac-cuil oder Fingals, des Sohns des Cumhals und Vater des Ossians, der sich nach den Ueberlieferungen hier der Jagd wegen aufhielt. Eine von diesen Hoͤh- len ist hundert und zwoͤlf Fuß lang, und dreyßig hoch, und laͤuft oben spitzig zu, wie ein gothisches Gewoͤlbe. Gegen das Ende zu theilt sie sich in zwo andere Hoͤhlen, die weit in den Felsen hineingehen, und an jeder Seite verschiedene kleine, einander gegenuͤberstehende, Loͤcher haben. In diese waren Queerbalken gelegt, auf welchen die Toͤpfe gestellt wurden, worinn die Helden ihr Wildpret sotten; oder woran sie, nach der Art der damaligen Zeiten, die Beutel aufhiengen, die aus den Haͤuten der Thiere, die sie auf der Jagd toͤdteten, gemacht waren, und die mit Fleisch angefuͤllt wurden, das darinn eine hinlaͤngliche Waͤrme erhalten konnte. Denn die alten Hel- den aßen ihr Fleisch halb roh, da sie den Saft fuͤr die beste Nahrung hielten. Auf der Vorderseite der Scheerwand zwischen diesen Nebenhoͤhlen sind verschiedene sehr rauhe Figuren in Stein ausgehauen; sie stellen Menschen, Thiere, und ein großes Schlachtschwerd vor. Es sind noch hier nahe dabey verschiedene Hoͤhlen, die fuͤr den Stall, die Keller und das Hundebehaͤltniß des großen Mac-cuil ausgegeben wer- den. — Allein die wichtigste Merkwuͤrdigkeit, ein Wunder der Natur, das so lange unbekannt geblieben, ist die Fingalshoͤhle auf der kleinen Insel Staffa. S. 338. Die Beschreibung ist von Joseph Banks, und zugleich mit einer Ab- bildung dieser außerordentlichen Hoͤhle ver- sehen. — Beruͤhmter als diese, und am meisten vor allen gepriesen ist die Grotte zu Antiparos, die Tournefort ( Voyage du Levant Tom. I. Lett. V. ) beschreibt, und worinn der franzoͤsische Gesandte Nointel 1673 mit einem Gefolge von einigen hun- dert Personen unter so vielem Pomp die Weihnachtsmesse feyerte. Allein Neugie- rige muͤssen auf die muͤhsamste Art und mit vieler Lebensgefahr hinunter kriechen. Der Baron von Riedesel ( Remarques d’un Voyageur moderne au Levant 1773. Chap. 3.) fand darinn wenig Seltenes. Die neueste Abbildung, wie auch eine natuͤrliche und weniger begeisterte Beschreibung von dieser Hoͤhle trifft man in dem 4ten Heft von Voyage pittoresque de la Grèce an. Das ganze Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, ganze Ende dieser Insel ruhet auf Reihen von natuͤrlichen Basaltpfeilern, die groͤßten- theils uͤber funfzig Fuß hoch sind, und in natuͤrlichen Saͤulengaͤngen stehen, die sich nach dem Laufe der Buchten und Landspitzen richten. Sie ruhen auf einem festen Grunde von unfoͤrmlichen Felsen. Ueber sie ist die Lage, die an den Boden oder die Oberflaͤche der Insel reicht, von ungleicher Dicke, so wie das Land in Huͤgel aufsteigt, oder in Thaͤler abfaͤllt. Jeder Huͤgel, der unten uͤber die Saͤulen herabhaͤngt, macht einen großen Fronton. Verschiedene davon sind uͤber sechzig Fuß von der Grundflaͤche bis an die Spitze dick, und erhalten, durch den Abfall des Huͤgels an den Seiten, fast die voͤllige Gestalt der Frontons, die in der Baukunst uͤblich sind. Die Fin- galshoͤhle selbst ist vermuthlich die praͤchtigste, die je von einem Reisenden beschrieben ward. Man kann sich kaum einen groͤßern Anblick vorstellen, als einen solchen Raum, der an jeder Seite von Saͤulengaͤngen unterstuͤtzt wird. Sein Dach besteht aus den untern Theilen von abgebrochenen Saͤulen, aus deren Winkeln eine gelbe tropfsteinartige Materie ausgeschwitzt ist, welche die Winkel genau bestimmt. Ihre Farbe zeigt eine ungemeine Mannigfaltigkeit und Schoͤnheit. Die ganze Hoͤhle er- haͤlt Licht von außen, so daß man bis an ihr tiefstes Ende hineinsehen kann. Die Luft, die durch die bestaͤndige Ebbe und Fluth in Bewegung gesetzt wird, ist rein und voͤllig frey von den feuchten Daͤmpfen, die sonst gewoͤhnlich die natuͤrlichen Hoͤhlen erfuͤllen. Die ganze Laͤnge dieser Hoͤhle von dem Felsen außerhalb derselben ist drey- hundert ein und siebenzig Fuß; ihre Breite bey dem Eingange drey und funfzig, und an dem innern Ende zwanzig Fuß; die Hoͤhe des Bogens bey dem Eingange hundert und siebzehn, und an dem innern Ende siebzig Fuß; die Tiefe des Wassers am Ein- gange betraͤgt achtzehn Fuß, und macht die Hoͤhle unbewohnbar, die jedoch eine so praͤchtige und wunderbare Naturscene ist, daß sie hier eine Anfuͤhrung verdiente. 3. Als sich unter den Christen die Liebe des Einsiedlerlebens verbreitete, wurden die Hoͤhlen Wohnungen der Heiligen, die sich darinn, von dem Anblick einer suͤndigen Welt entfernt, den Betrachtungen des Himmels widmeten. Sie bildeten sich in den Felsen Altaͤrs, Capellen, Kuͤche, Schlafstellen und andere Plaͤtze des Beduͤrfnisses und der Bequemlichkeit. Alles war voll Einfalt, entfernt von Weichlichkeit oder Pracht. Die Armuth und die Andacht waren die beyden einzigen Gesellschafterinnen des Heiligen. Sein strenges und enthaltsames Leben erwarb ihm oft die Aufmerk- samkeit der ganzen Gegend; seine Hoͤhle ward ein heiliger Ort, dem man sich nicht ohne Ehrfurcht naͤhern durfte, und den zuweilen der Aberglaube als einen Sitz der Wunder- Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Wunderthaͤtigkeit ansah. Man bemerkt in vielen Laͤndern solche Hoͤhlen, die noch den Namen der Heiligen fuͤhren, die sie ehemals bewohnten. So ist die St. Beatushoͤhle in der Schweiz: sie liegt an der Nordseite des Sees von Thun im Canton Bern, und soll die Wohnung dieses Heiligen gewesen seyn, den man fuͤr den ersten Bekehrer der Helvetier haͤlt. Der Eintritt in die Hoͤhle liegt in der Mitte eines sehr hohen und steilen Felsens, in welchen sie fast ge- rades Weges uͤber hundert Schritte hineingeht. Der Eingang ist sehr geraͤumig; man begegnet einem hervorfließenden ziemlichen Bach von ungemein kaltem und klarem Wasser. Der Grund der Hoͤhle ist von Tuff, der aus dem Niedersatze des Wassers entstanden, und aus sehr artigen wellenfoͤrmigen Lagen zusammengesetzt ist. Oben aber ist das Gewoͤlbe mit weißen traubenartigen Tropfsteinen ausgeziert. Außer der Hoͤhle sieht man verschiedene Arten von Incrustationen. Allein eine weit mehr bewundernswuͤrdige Grotte von dieser Classe ist die St. Georghoͤhle Carters Reise von Gibraltar nach Malaga im Jahr 1772. Aus dem Engl. 8. 1779. 1ster Theil, 3tes Kap. in dem Felsen von Gibraltar. Der Mund der Hoͤhle ist von außen enge, aber von innen sehr geraͤumig, und ein angenehmer kuͤhler Aufenthalt fuͤr Ge- sellschaften, die oft aus der Stadt kommen, um hier den Tag zuzubringen. Man steigt etwa hundert Schritte in die Hoͤhle hinunter. Die Decke ist wenigstens sechzig Fuß hoch, und ruhet auf einem vortrefflichen Schwibbogen, dessen Basis eben so viele Ellen haͤlt. So weit eine freye Luft in der Hoͤhle herrscht, und die Sonne durch- dringt, ist sie mit Buͤscheln von breitblaͤttrigem Epheu geziert. Das Wasser dringt das ganze Jahr uͤber an verschiedenen Stellen durch, und troͤpfelt herab. Diese Tro- pfen bilden an der Decke der Hoͤhle haͤngende Krystallirungen und Eiszapfen von Stein, von tausend verschiedenen Gestalten. Weiter hinein, wo die Feuchtigkeit viel groͤßer ist, gehen die Versteinerungen bis an den Boden herunter, und bilden Saͤulen, wel- che die Hoͤhle auf immer bey zufaͤlligen Erschuͤtterungen des Erdbebens unterstuͤtzen werden. Diese Saͤulen weichen nach der sonderbaren Wirkung ihrer Natur von allen Regeln der menschlichen Baukunst ab. Die Capitaͤle und Fußgestelle entstehen zuerst, und die Schaͤfte, ein Werk von Jahrhunderten, kommen allmaͤhlig durch den An- wachs des Marcasit hinzu. Unten, wo die Stufen aufhoͤren, ist eine Oeffnung von beynahe funfzig Fuß Tiefe, und dem Ansehen nach sehr lang, wo die versteinerten Pfeiler von erstaunlicher Schoͤnheit und Regelmaͤßigkeit sind, und einen bezaubernden gothischen Tempel bilden, dessen Seitengaͤnge und Capelle ganz deutlich zu unter- scheiden III Band. M Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, scheiden und von bewundernswuͤrdiger Symmetrie sind. Schon Pomponius Mela erwaͤhnt dieses merkwuͤrdigen Naturwunders. B. 2. K. 6. 4. Diese vorgelegten Beschreibungen zeigen nicht allein den urspruͤnglichen Ge- brauch der Grotten, sondern auch vornehmlich die Art, wie die Natur sie zu bilden pflegt. Bey Werken, die in der Nachahmung sich so weit von ihrem wahren Cha- rakter verloren haben, ist nichts noͤthiger, als sie auf die erste Einrichtung der Natur zuruͤckzuweisen. Wir sehen, daß Grotten ihre natuͤrliche Heimath in bergichten und felsichten Landschaften haben; man findet sie am meisten bey uns, in den Wildnissen des Har- zes, Die bekannteste unter den groͤßern Hoͤhlen ist die Baumannshoͤhle, die eine große Aehnlichkeit mit der Grotte von An- tiparos hat, in Ansehung sowohl ihrer Bil- dung, als auch der Tropfsteinzapfen. Sie besteht aus verschiedenen Gewoͤlbern, die zum Theil ein großes Ansehen haben, und mit weißem Tropfstein und Zapfen beklei- det sind. Diese Grotte verdiente einen Dichter. auswaͤrts in den Gebirgen der Schweiz, in den Hoͤhen von Norwegen, und in den Felsen von Schottland. Sie koͤnnen demnach nur in einem Revier na- tuͤrlich seyn, das aus Bergen oder Felsen besteht, die Aushoͤhlungen und Kluͤfte durch zufaͤllige Wirkungen, oder der Hand des Menschen, sie zu bilden, verstatten. Obgleich der Gartenkuͤnstler sonst von Felsen S. 1sten B. S. 192. 193. wenig Gebrauch machen kann, so werden sie doch in Ruͤcksicht auf Grotten schon nutzbarer. Sie entfernen sich schon um einige Grade von der Wildniß, indem sie das Gepraͤge von irgend einer Bewoh- nung annehmen; in ihrer Vorstellung verschwindet das Oede, das ihr sonst anhaͤngt. Die Gegenwart des Menschen rechtfertigt einige Cultur, die wenigstens in der Min- derung ihrer Rauhigkeit sichtbar wird, ohne eitle Bestrebung, ihren Charakter um- schaffen zu wollen. Sie koͤnnen mit Graͤsern und rankenden Pflanzen bekleidet wer- den; an einigen Stellen mag ein kleines Buschwerk von angenehmem Gruͤn aufschies- sen; nahe umher moͤgen sich einige Baͤume mit gesundem Wachsthum erheben. Alle diese Umstaͤnde zerstoͤren nicht den Charakter der Felsen, sie mildern ihn nur, sie helfen der Einfoͤrmigkeit ab, erfrischen die Trockenheit der Gestalt, und stimmen uͤbri- gens noch immer mit dem natuͤrlichen Ansehen einer Grotte zusammen. Durch Aus- rottung der lebhaft gruͤnenden Gebuͤsche und durch Umherpflanzung solcher Baͤume, die ein dunkles und trauriges Laubwerk haben, kann der Kuͤnstler auf eine entgegen- gesetzte Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. gesetzte Art das kahle und finstere Ansehen der Felsen vermehren. Er kann ihnen Leb- haftigkeit geben, indem er das Wasser in kleine Guͤsse vertheilt, und ihre Wildheit erhoͤhen, indem er es in einen brausenden Strom vereinigt. Seine Macht erstreckt sich noch weiter. Er kann in ihr Inneres dringen, und Oeffnungen hauen, die be- queme Sitze und selbst geraͤumige Wohnplaͤtze geben. Eine von der Kunst angelegte Grotte muß zuvoͤrderst eine Lage haben, wie wir sie in der Natur zu sehen gewohnt sind, an Bergen, an Felsen, zwischen rohen Klip- pen und Wasserguͤssen, in versteckten Winkeln. Nichts ist unnatuͤrlicher, als nach- geaͤffte Grotten in Ebenen, auf freyen Plaͤtzen, wo sie gleich das Auge an sich ziehen, oder in gerader Linie gegen ein Blumenbett hervorstechend. Weil Grotten nicht allein schon an sich Seltenheiten in der Natur sind, sondern auch nur wenig Gaͤrten sich solchen Lagen zu naͤhern pflegen; so duͤrfen auch angelegte Grotten nicht zu haͤufig seyn. Ein Garten kann der Grotten sehr leicht entbehren; und einige Gattungen von Gaͤrten scheinen sie kaum zu vertragen. Sie muͤssen eine etwas versteckte und dunkle Lage haben, die sie nicht leicht ent- deckt; kein geschmuͤckter Eingang, keine reiche Verzierung der Vorplaͤtze darf sie an- kuͤndigen. Nur ist es nicht noͤthig, daß der Ort ganz versperrt und aller Aussicht beraubt sey; er kann Oeffnungen zu Prospecten in die Ferne, aufs Meer, auf entle- gene Waldungen haben; allein das Revier, das unmittelbar die Grotte umgiebt, muß verwildert und eingeschlossen seyn. In der Anlage muß eine hoͤchst einfaͤltige, nachlaͤßige und rohe Zusammen- setzung herrschen; alles muß scheinen, von der wilden Hand der Natur selbst gebildet zu seyn. Je groͤsser die Einfalt ist, desto natuͤrlicher ist das Ansehen der Grotten. Ihre innere Verzierung erhalten sie von der Bildung des Felsen selbst und von den zu- faͤlligen Wirkungen des herabtraͤufelnden und durchfließenden Wassers. Sie verwer- fen jede Einrichtung, jeden Zierrath, der seiner Natur nach nicht in ihrem Schooße anzutreffen ist. Ihre aͤußere Gestalt muß ein Gepraͤge von Einfalt und Rohigkeit haben. Ein unordentlicher Steinhaufen, eine zerborstene Felswand, eine Erhoͤhung von einzelnen Massen, die sich durch die Gewalt der Zeit getrennt zu haben scheinen, hie und da uͤberwachsen mit Moos und Gestraͤuch, oder mit Epheu und wildem Wein bekleidet, die zwischen den Ritzen herumklettern, oben mit Erde bedeckt, woraus einige unan- sehnliche Baͤumchen sich duͤrftig naͤhren, und ihre kraftlosen Zweige uͤber dem Eingan- ge herabhaͤngen lassen, kleine Wasserguͤsse, die auf den Seiten zwischen Gebuͤsch herab- irren — alles dieses traͤgt zur malerischen Schoͤnheit der Außenseite der Grotten am meisten bey. M 2 Obgleich Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Obgleich Gartengrotten Nachahmungen der natuͤrlichen Hoͤhlen sind, so muß man doch in so weit auf eine bequeme Einrichtung bedacht seyn, daß sie sowohl die noͤ- thige Reinlichkeit haben, als auch der Gesundheit nicht durch eine dumpfe Luft schaden. Sie muͤssen nicht feucht, noch der Reinigung der Luft verschlossen seyn; sie lassen oh- nedieß oft genug das Vergnuͤgen der Kuͤhlung von der Gefahr des Fiebers begleiten. Wenn sie eng, niedrig und finster sind, so hoͤren sie auf, Plaͤtze eines angenehmen Aufenthalts zu seyn. Allein wie erfrischend sind sie nicht, wenn sie aus hohen, trock- nen und luftigen Felsen bestehen, mit freyen und geraͤumigen Gewoͤlben, mit Oeffnun- gen, die Licht und Aussicht verstatten! Sie dienen zwar nicht mehr zur bestaͤndigen Wohnung; indessen bieten sie durch Vereinigung der Felsen, der kleinen Quellen und Wasserguͤsse, und der schattigten Lage fuͤr gewisse Stunden eine erquickende Kuͤhlung an. Außerdem koͤnnen sie mit ihren Nebenumstaͤnden eigene Scenen bilden, zumal an Plaͤtzen des Sommers. Sie gehoͤren Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. gehoͤren uͤbrigens nicht sowohl in das Revier des Angenehmen, als vielmehr zu dem Romantischen, als ein vorzuͤgliches Eigenthum dieser Gattung. Man kann dem Eindruck der Grotten, in so ferne sie in Gaͤrten Gegenstaͤnde sind, zu Huͤlfe kommen, indem man ihnen einen bestimmten Charakter giebt, der sich auf einen Gebrauch bezieht, den man vormals von ihnen machte. Man kann sie einer Nymphe, einem Nationalhelden aus der aͤltesten Zeit, oder einem Heiligen des Landes widmen, wodurch sie bey der Wirkung, die sie schon als besondere Na- turscenen haben, noch eine Kraft zur Erweckung interessanter Erinnerungen oder er- goͤtzender Phantasien gewinnen. 5. Es bedarf nur wenig Beyspiele von wirklichen Ausfuͤhrungen, um diesen Be- merkungen uͤber die wahre Anlage der Grotten sowohl etwas mehr Nachdruck als Er- weiterung zu geben. Dazu moͤgen mit ihren Scenen die Grotten in den Leasowes, zu Stowe und zu Twickenham dienen. In den Leasowes In Shropshire zwischen Birmingham und Stourbridge. S. Heely Briefe uͤber die Schoͤnheiten von den Leasowes u. s. f. 20ster Br. fuͤhrt ein einsamer Weg nach einer Grotte von natuͤrlich scheinenden, aber durch die Kunst ausgehoͤhlten Felsen, worinn eine Cascade rauscht. Sie ist dick mit Buschwerk eingefaßt, wovon einiges uͤber den Rand des Felsen haͤngt, und mit immergruͤnenden Baͤumen und Waldbaͤumen vermischt ist. Um den Cha- rakter einer Grotte noch staͤrker auszudruͤcken, hat man einen rauhen steinernen Sitz unter wilden Wurzeln sehr schicklich angebracht; ein Zusatz, daraus vielleicht nicht viel gemacht wird, der aber doch eine angenehme Wirkung hat. Eine schickliche In- schrift bezeichnet diese Grotte: Intus aquae dulces, vivoque sedilia saxo, Nympharum domus. Der Ellernhain zu Stowe Betrachtungen uͤber das heutige Gartenwesen, S. 274. giebt einen einsamen Aufenthalt mitten in ei- nem Schatten ab, den selbst die Strahlen des Mittags nicht ausklaͤren koͤnnen. Das Wasser scheint ein stillstehender Teich zu seyn, der sein Ufer durchfrißt, und eine ganz besondere Farbe hat; denn er ist nicht schlammigt, sondern nur dunkel, und wirft das schwaͤrzliche Bild der Roßkastanien und Ellern zuruͤck, die zunaͤchst um den Rand ste- M 3 hen. Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, hen. Die Staͤmme der letztern, die in großer Menge aus einer Wurzel hervor- schießen, druͤcken einander nieder, und schweben uͤber dem Wasser. Ungestalte Ul- men und hoͤckerichte Tannen stehen haͤufig in der Waldung, welche die Tiefe umgiebt; Staͤmme abgestorbener Baͤume trauren darunter, der Sumach, der Taxbaum, nebst Hollunder und Haselstraͤuchern machen den Unterwuchs aus; einige wenige Linden und Kirschlorbeern sind mit untergemischt. Der Wald ist meistens vom dunkelsten Gruͤn; und das Laubwerk wird durch Epheu verdickt, der sich nicht nur an den Baͤumen hin- aufschlaͤngelt, sondern auch uͤber die Abfaͤlle des Bodens hinuͤberlaͤuft. Diese sind abschuͤßig und steil. Der Kiesweg ist mit Moos bedeckt. Am Ende dieser Scene erscheint die Grotte. Sie ist mit zerbrochenen Feuersteinen und Kieseln bekleidet, und erhaͤlt, durch die Einfachheit ihrer Materialien und die Dunkelheit ihrer Farbe, den ganzen Charakter ihrer Lage. Popens Grotte zu Twickenham Bemerkungen eines Reisenden durch Deutschland, Frankreich, England und Hol- land. 8. 2ter Th. 1775. 53 Br. ist beruͤhmt, weil sie der Dichter nicht blos anlegte, sondern auch besang. Ueber dem Eingange an der Nordseite lieset man diese in einen Stein gehauene Inschrift: Secretum iter et fallentis semita vitae. Um den abschuͤssigen Eingang stehen Ruͤstern und Linden, die ihn beschatten, und an den Seiten sind Topfsteine und große Stuͤcken Feuersteine in kleinen Huͤgeln aufgesetzt, und uͤberzogen mit Moos und Kraͤutern, die an schattigten Felsen wachsen. Die Grotte ist gewoͤlbt, laͤuft ohngefaͤhr eilf Schritte vorwaͤrts nach Suͤden, und theilt sich alsdenn in Seitengaͤnge und kleine Kammern. Die zur Rechten machen eine Art von Irrgang, die zur Linken oder gegen Morgen aber endigen sich in ein paar geraͤu- mige Zimmer. Die Waͤnde der Grotten sind mit mancherley Arten von Steinen uͤberzogen. Die suͤdliche Thuͤre fuͤhrt auf einen gruͤnen Rasen, der das Ufer der Themse ist, etwa fuͤnf und zwanzig Schritte bis ans Wasser abschuͤssig herunter laͤuft, und von hohen babylonischen Weiden beschattet wird. — Allein diese Grotte hat doch Verzierungen, die nicht die Strenge der Kritik aushalten, als eine gemalte Decke, allerhand mit Steinen ausgelegte Figuren an den Waͤnden, und in den Nischen an- tike Bildsaͤulen. Es ist so schwer, selbst in den besten Gaͤrten eine Grotte anzutreffen, die nicht, durch irgend einen uͤppigen Zierrath oder einen unschicklichen Zusatz der Kunst, gegen die wahre Einfalt fehlte; und doch ist in allen Grotten der Natur nichts mehr hervorstechend, als ihre Einfalt. 6. Allein Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. 6. Allein gewiß ist es auch, daß die alte Manier keine Werke so sehr verstellt hat, als die Grotten, und daß es daher selbst Maͤnnern von Geschmack zuweilen eine kleine Ueberwindung kostet, sich von der herrschenden Kunst loszureißen, und sich wieder in die einfaͤltige Natur hineinzufinden. Man wollte nicht blos einige Bequemlichkeit haben; sondern man suchte auch eine Einrichtung und Auszierung, wie man sie in den Wohnhaͤusern zu finden gewohnt war. Man vergaß dabey, daß Grotten auf- hoͤrten, diesen Namen zu verdienen, so bald sie zu regelmaͤßigen Zimmern geformt wuͤrden; daß sie keine Haͤuser, sondern nur Werke der Nachahmung seyn sollten, wo- zu die Muster nicht deutlicher vor Augen liegen konnten. Nicht weiter aber konnte man von der Natur abirren, als da man das Vorurtheil saßte, daß Grotten sich nach dem Stande der Gartenbesitzer richten, mit ihm sich an Reichthum und Pracht heben muͤßten. Durch diesen Wahn hoͤrten sie ganz auf, Nachehmungen wirklicher Na- turscenen zu seyn; sie schweiften in die Kunst hinuͤber, wurden nicht blos Haͤuser, sondern zuweilen kleine Palaͤste. Sie bekamen die genaueste Regelmaͤßigkeit, hohe Treppenwerke, reiche Zusammensetzungen, Saͤulen, Colonnaden, Statuͤen, Gemaͤl- de, eine unermeßliche Ueberladung von Verzierungen, alles was die Kunst erfinden konnte, und nichts, was ihnen nach dem Vorbilde der Natur gehoͤrte. Es sind nicht blos die beruͤchtigten Grotten zu Meudon und St. Clou, die von Symmetrie strotzen. Man sieht noch jetzt in so vielen Gaͤrten der Fuͤrsten Gebaͤude dieser Art, die den Namen von Grotten fuͤhren, womit sie nichts gemein haben, und auf Plaͤtzen prangen, wohin sie nur von einer Fee hingezaubert zu seyn scheinen. Die Architek- turlehrer, die so selten Kenntniß der aͤchten Regeln der Gartenkunst hatten, womit sie sich doch fast alle beschaͤftigten, beeiferten sich, diesen falschen Geschmack zu unterstuͤtzen. Decker belastete sogar das Dach seiner Grotten mit Statuͤen, die kaum neben einan- der Platz hatten. Vergebens suchte man durch Muscheln, Corallen, Crystallen und andere kostbare Spielwerke, die in dem Innern verschwendet wurden, das Unnatuͤr- liche zu verbergen, das unter den muͤhsamsten Kleinigkeiten nur desto deutlicher durch- schien; man verfiel mitten unter den Auszierungen, die den Palast in eine Grotte wie- der verwandeln sollten, aus einer Laͤcherlichkeit in die andere. Man bildete an den Decken schwebende Froͤsche, und an den Waͤnden kletternde Fische; und wenns recht herrlich zugieng, so erschien der ehrwuͤrdige Neptun in voller Pracht, aus tausend flimmernden Steinchen zusammengesetzt; oder man belustigte die Herren und Damen mit unvermutheten Vexirwassern, die von schalkhaften Krebsen gespruͤtzt wurden. Es ward kein Witz, keine Muͤhe, keine Summe gespart, um den Zuschauer durch die Aus- Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Ausschweifungen des Unnatuͤrlichen und Abgeschmackten in Erstaunen zu setzen. Um sich davon wieder zu erholen, erfrische man sich bey der hier folgenden Vorstellung in der Grotte der Natur. III. Einsiedeleyen . 1. D ie Einsiedeleyen, die man zuweilen in den Gaͤrten anlegt, sind, eben so wie die Grotten, Werke der Nachahmung, nicht sowohl zur Bewohnung, als viel- mehr zum kurzen Genuß der Ruhe und der Einsamkeit, und zur Verstaͤrkung der Ein- druͤcke bestimmt, die stille und melancholische Reviere machen sollen. Sie sind von Grotten, denen sie aͤhnlich scheinen, noch in wesentlichen Stuͤcken unterschieden. Beyde haben eine verborgene Lage mit einander gemein; beyde sind in Bergen, in Felsen, Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Felsen, in Wildnissen einheimisch. Allein die Grotte kann zuweilen eine sehr natuͤr- liche Lage am Wasser haben; die Einsiedeley scheint mehr fuͤr Waldung und oͤde Wild- niß in Bergen zu gehoͤren. Die Grotte ist eine Nachahmung der Hoͤhlen, wie sie die Natur bildet; die Einsiedeley ist eine Huͤtte, ein einfaͤltiges Haus, von der Hand des Menschen gebauet, oder wenn sie zuweilen in Felsen liegt, so ist dieser doch zu einem sich der Regelmaͤßigkeit naͤhernden Zimmer bearbeitet, welches die Grotte nicht seyn kann, ohne in das Unnatuͤrliche uͤberzugehen. Ein Werk, von Holz erbauet und mit Schiefer gedeckt, wuͤrde eine sehr unnatuͤrliche Erscheinung fuͤr eine Grotte seyn, aber nicht fuͤr die Einsiedeley. Beyde trennen sich in Absicht auf die Bauart und die Ma- terialien; aber sie kommen beyde in der Einfalt wieder zusammen. Die Grotte laͤßt in der Vorstellung den Aufenthalt mehrerer Bewohner zu; die Einsiedeley ist auf einen Einzelnen eingeschraͤnkt, indem mit zwo Personen schon die Geselligkeit anfaͤngt. Aus diesem Grunde koͤnnen mehrere Grotten dicht neben einander liegen, ohne unnatuͤrlich oder unschicklich zu werden; eine Vereinigung mehrerer Einsiedeleyen aber, die sich an einander draͤngten, wuͤrde ihren Eindruck durch die Vorstellung der Geselligkeit schwaͤchen. Endlich ist die Grotte, wie schon bemerkt ist, ein Eigenthum des Ro- mantischen; die Einsiedeley gehoͤrt fuͤr die einsame und sanft melancholische Gegend, der sie ungemein angemessen ist. III Band. N 2. Eine Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, 2. Eine Einsiedeley laͤßt uns nicht allein die Wirkungen des melancholischen Re- viers, S. 1sten B. S. 211-213. worinn sie liegt, besser empfinden, sondern unterhaͤlt uns zugleich mit der Erinnerung jener Zeiten, wo die fromme Einfalt die Welt verließ, um den Himmel in der Wuͤste zu finden. Es ist wahr, diese Erinnerung wird durch die Vorstellung von Irrthum und Schwaͤrmerey getruͤbt; aber wo ist das Zeitalter, das nicht irrte oder schwaͤrmte? Unter allen Wendungen, die das Klosterwesen genommen, ist viel- leicht keine, die so wenig schaͤdlicher Misbrauch war, als das Fliehen in einsame und oͤde Gegenden. Hier ward das Leben der Moͤnche doch nuͤtzlich, indem sie das Land baueten, und so viele Einoͤden fruchtbar und gesund machten. Die Wuͤste ertoͤnte nicht blos von ihren Gebeten, sondern auch von der Axt in ihren Haͤnden; der be- nachbarte Landmann holte bey ihnen nicht blos einen Segen, sondern auch Anweisung fuͤr seinen Beruf. Ein Leben, das sich alle Freuden der Welt, alle Bequemlichkei- ten der Gesellschaft versagte, das zwischen Arbeit, Bußuͤbungen und Betrachtungen getheilt war, sahe nur der Himmel, der es belohnen sollte. In einer gluͤcklichen Ein- foͤrmigkeit, ohne Beduͤrfniß und ohne Leidenschaft, walleten die kurzen Tage der Pruͤ- fung dahin; der Abend beleuchtete eben die ruhige Stirne des Einsiedlers, wie sie die Morgenroͤthe geweckt hatte: denn sein Gott wohnte bey ihm in der Zelle. Er hatte alle Anspruͤche an dieser Welt fuͤr die Hoffnungen in jener vertauscht; ihm nur schweb- te immer sein Geist mit dem Frieden der Zuversicht entgegen. Wenn sein Abend herandaͤmmerte, so horchte er voll stiller Erwartung auf die Stimmen der Engel, die ihn zu sich riefen; das Crucifix in der Hand, gieng er mit feyerlicher Heiterkeit von hier, und hinterließ einem betenden Bruder seine Zelle und das Andenken seiner Froͤmmigkeit. — Diese Erinnerung erwacht bey dem Anblick der Einsiedeleyen wie- der; und sie hat eine Kraft zu Ruͤhrungen, die ein Herz, das nicht allein fuͤr die Welt empfindet, gerne bey sich unterhaͤlt. Ich weiß nicht, warum wir nicht solche Bilder wieder erneuern sollen, die Veranlassung zu sanften und der menschlichen Wuͤrde so angemessenen Empfindungen sind. Es ist schon eine Aeußerung von Tu- gend, wenn uns die Denkmaͤler der Tugend erwaͤrmen; und man naͤhert sich schon um einige Schritte der Froͤmmigkeit, wenn man den Ort ehrwuͤrdig findet, wo ein frommer Mann in der Anbetung liegt. 3. Die Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. 3. Die ersten Eremiten baueten oft in Felsen, und noch in den neuern Zeiten ha- ben sie darinn oft ihre Wohnungen angelegt. Ein sehr merkwuͤrdiges Werk dieser Art, das von einem Waldbruder bewohnt wird, sieht man in der Schweiz zwischen Bern und Freyburg eine Stunde von dieser Stadt. Die Gegend umher ist eine wahre melancholische Einoͤde; man erblickt weder Doͤrfer noch Landhuͤtten; man sieht nichts als Waͤlder und Felsen, und in der Tiefe rauschet die Sane in einem urge- stalten, von Steinen erfuͤllten, Bett voruͤber. Die tiefe Einsamkeit und die Ernst- haftigkeit der Natur floͤßt der Seele ein gewisses ruhiges und schwermuͤthiges Wesen ein. Diese Gegend ist fuͤr die Wirkung der Einsiedeley, die sie beruͤhmt macht, uͤber- aus guͤnstig. An dem rechten Ufer des Flusses liegt eine Reihe von Felsen, deren Hoͤhe auf vierhundert Fuß betraͤgt; sie sind voll Spaltungen, auch ungemein steil. Ein Theil dieser Felsen zieht sich naͤher nach der Sane hin; und hier hat vor etwa hundert Jahren ein Einfiedler sich so vielen Raum ausgehauen, als er zu einem Lager N 2 und Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, und zu seiner Beschirmung vor dem Wetter noͤthig hatte. Sein Nachfolger Der Name dieses Mannes verdient aufbehalten zu werden. Er hieß Jean dy Pré von Gryers, und verungluͤckte in der Sane 1708. wollte sich mit dieser engen Wohnung nicht begnuͤgen. Er unternahm es, die Einsiedeley zu erweitern, und nach einer Arbeit von fuͤnf und zwanzig Jahren, die er mit einem Untergebenen unablaͤßig betrieb, brachte er eine Kirche mit einem Thurm, eine Sa- cristey, ein Refectorium, eine Kuͤche, einen großen Saal, zwo Seitenkammern, zwo Treppen, und unten einen Keller, alles in den Felsen gehauen, zu Stande. Die Kirche haͤlt in der Laͤnge drey und sechzig, in der Breite sechs und dreyßig, und in der Hoͤhe zwey und zwanzig Fuß. Die Sacristey auf eben dieser Seite ist zwey und zwanzig Fuß lang und breit, und vierzehn hoch. Der Thurm der Capelle oder Kirche hat eine Hoͤhe von siebzig und eine Breite von sechs Fuß; er reicht bis oben an den Felsen. Zwischen der Kirche und dem Refectorium ist ein Vorzimmer, vier und vierzig Fuß lang und vier und dreyßig breit. Das Refectorium ist ein und zwanzig Fuß lang. Auf der Seite ist die Kuͤche mit ihrem Camin, dessen Roͤhre eine Hoͤhe von neunzig Fuß haͤlt. Von da kommt man in einen großen Saal, neunzig Fuß lang und zwey und zwanzig breit; er ist, wie die uͤbrigen Gemaͤcher, mit großen Fen- stern gegen den Fluß zu versehen. Sieht man daraus in den tiefen Fluß hinab, so wird man vom Schauer ergriffen. Noch sind zwey andere Gemaͤcher da, zusammen vier und funfzig Fuß lang. Auf der Seite des großen Saals ist eine verborgene Treppe. Man muß uͤber dieses Wunder eines eisernen Fleißes erstaunen, wenn man sieht, wie geschickt alles dieses in dem Felsen ausgefuͤhret worden. In dem Keller befindet sich eine reiche Wasserquelle; und in einem kleinen Vorwerk ist ein Gaͤrtchen mit Kraͤutern und Blumen angelegt. Allein nicht immer verbargen sich die Einsiedler in abgelegenen Thaͤlern und fel- sichten Gruͤnden; sie suchten oft ihre Sitze in den Waͤldern und Felsen der Gebirge aus. Auch eine große Hoͤhe giebt Einsamkeit, und eine Aussicht auf weite und herr- liche Landschaften, tief in die Ferne hin, vertraͤgt sich mit der Bestimmung der Ein- siedeley, wenn diese nur dem Blick des Menschen sowohl als dem Geraͤusch entzogen ist, und sich in ihren abgesonderten Bezirk verschließt. Der Rigiberg im Canton Schweiz hat die schoͤnsten Aussichten, und seine beruͤhmte Einsiedeley dennoch eine angemessene Lage. Dieser große, hohe und fruchtbare Berg, der einen Umfang von zehn Stunden hat, ist fast von allen Seiten mit Wasser umgeben; sein suͤdlicher Fuß wird an zwey Orten von dem Vierwaldstaͤttersee, der nordliche von dem Lauwer- zersee, und der westliche von dem Zugersee bespuͤlt. Bey dem Flecken Brunnen wird er durch Wasser von andern Bergen abgeschnitten. In der Ferne scheint er rauh und Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. und wild; in der Naͤhe sieht man das Gegentheil; viele Fremde besuchen ihn wegen seiner unvergleichlichen Aussicht. Man besteigt ihn auf verschiedenen Wegen. Nur wenige hundert Schritte uͤber Art zieht sich der Weg sehr steil hinauf; doch wird er einigemal durch kleine Ebenen unterbrochen. Er geht meistens durch Waͤlder und dazwischen liegende Weiden, wo man große Heerden von Vieh erblickt. Man braucht beynahe vier kleine Stunden, um oben die Capelle oder Einsiedeley zu ersteigen, zu welcher im Sommer viele Wallfahrten geschehen. Der oberste Gipfel dieses Berges, der außerdem noch verschiedene Hoͤhlen enthaͤlt, gewaͤhrt eine der praͤchtigsten Aussich- ten auf dieser Erdkugel. Da dieser Berg unter den hohen Bergen Helvetiens von Mitternacht gegen Mittag einer der ersten ist; so breitet sich die Aussicht sowohl auf die noch hoͤhern Berge der Cantons Schweiz, Lucern, Uri und Unterwalden, als auch uͤber die anmuthigen und fruchtbaren Gefilde des Lucerner und Zuͤrcher Gebiets, in das Aargau und weiter aus, und bey heller Luft fallen zehn verschiedene Seen auf einmal in die Augen mit einer Wirkung, die keine Sprache beschreibt. — Eine andre Einsiedeley von einer uͤberaus merkwuͤrdigen Lage und Einrichtung ist das so genannte Korkkloster auf dem Felsen Cabo di Rora bey Lissabon, das Baretti Reise durch Portugall, Spanien, u. s. f. 1ster B. 28ster Br. beschreibt. Zu dieser Einsiedeley fuͤhrt nur ein einziger Weg durch einen Bogen, den die Natur in einem Felsen gemacht hat. Er steht ungefaͤhr zweyhundert Fuß niedriger, als die Einsiedeley; sonst ist es nirgends moͤglich hinanzuklettern. Man kann sich diesen Ort nicht sonderbarer, wilder, romanmaͤßiger denken. Zuerst kommt man auf einen unregelmaͤßigen Platz, der ohngefaͤhr vierzig Ellen ins Gevierte haͤlt. Vor demselben liegt ein hoher, hin und wieder durchloͤcherter Felsen, und aus diesen Loͤchern und Kellern besteht die ganze Einsiedeley. Die Kirche ist eine beson- dere Hoͤhle, die Sacristey wieder eine andre; der Beichtstuhl, die Kuͤche, das Schlaf- und das Speisezimmer, alle Zellen sind eben so viele Hoͤhlen, und andre Oeffnungen dienen zur Thuͤre und zu den Fenstern. Keine Hoͤhle aber unter allen kann geraͤumig genannt werden. Die Natur hat hier allerdings einen sonderbaren Ort gebildet, denn die Kunst hat fuͤr die jetzigen Bewohner sehr wenig gethan. Das Erdbeben wuͤtete hier entsetzlich, konnte aber nichts ausrichten. Diese Wohnungen koͤnnen nicht an- ders, als mit dem Berge selbst, uͤber den Haufen fallen. Was diesen von der Na- tur gebaueten Ort noch sonderbarer macht, ist dieses, daß alle Waͤnde und Fußboͤden mit Kork oder Pantoffelholzrinde bedeckt sind, wodurch die schaͤdliche Feuchtigkeit ab- gehalten wird. Die Einsiedler steigen durch eine Reihe sehr unregelmaͤßiger Stufen zu ihrem Wasserbehaͤltnisse und zu ihrem kleinen Stuͤck Gartenland hinab, das da- durch gewaͤssert wird. Sie nennen die vielen kleinen Fußsteige ihre Spaziergaͤnge; N 3 und Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, und wenn man die Unbequemlichkeit wegnimmt, so ist es wirklich ein angenehmer Gang, der von Baͤumen und Buschwerk beschattet wird. Mitten in der Hoͤhle, die den Speisesaal vorstellt, liegt ein großer Stein, der statt des Tisches dient, wenn man des Wetters wegen einen bedeckten Ort zum Speisen suchen muß. Die Aussicht aus dieser Einsiedeley, die zwischen Felsen, Baͤumen und Gebuͤschen eine angenehme Lage hat, ist erstaunlich weit, und erstreckt sich uͤber eine große Flaͤche des Meeres, uͤber alle Doͤrfer und Flecken an der Muͤndung des Tagus, uͤber das koͤnigliche Klo- ster zu Mafra, und eine Menge einzelner auf dem Lande umher zerstreuter Wohnun- gen, uͤber eine lange Reihe theils felsichter und unfruchtbarer, theils bewohnter Berge. Einige davon sind mit Eichen, Fichten und Pantoffelbaͤumen besetzt; auf andern sieht man Weinberge, Oelbaͤume, Pomeranzen, Citronen und unzaͤhlige Gewaͤchse von mancherley Art. 4. Weil Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. 4. Weil man in Gaͤrten keine weitlaͤuftigen Gebirge, und selten rauh verwilderte Berge hat, worinn sich nachgeahmte Einsiedeleyen verbergen koͤnnten; so legt man sie am besten in verwachsenen Winkeln und in schattigten Vertiefungen an, wo sie den Charakter der Einsamkeit, den sie verlangen, leichter gewinnen. Denn nichts kann ihrer Natur und Absicht mehr widersprechen, als wenn man sie auf kleine offene Huͤ- gel oder auf freye Rasenplaͤtze, wo sie von allen Seiten erblickt werden, verlegt; eine Anlage, die nicht unschicklicher seyn kann, ob man sie gleich noch oft genug antrifft. Eine sehr gluͤckliche Lage ist es, wenn sie sich an einen Berg oder an eine Felsenwand lehnen; und oft wird man in der Nachbarschaft des Gartenreviers, in einer angraͤn- zenden Wildniß, einen mehr angemessenen Ort fuͤr sie finden, als in dem Bezirk des Gartens selbst. Die zunaͤchst umliegende Gegend oder die Scene muß nichts Praͤch- tiges, nichts Reizendes noch Geschmuͤcktes haben; sondern nachlaͤßig und bescheiden seyn, in stiller Einfalt, ohne Lebhaftigkeit und ohne auffallende Schoͤnheit. Ein ru- higes Gewaͤsser oder eine Quelle mit leisem Gemurmel ist dem Charakter dieser Scene sehr gemaͤß. Man kann durch umhergepflanzte Baͤume von tief herabhangenden Zweigen und dunklem Laubwerk, durch dicke Gebuͤsche ihre Einsamkeit verstaͤrken, und ihr Ansehen finsterer machen. Das Gebaͤude mag aus Stein oder Holz bestehen; nur muß die Zusammen- setzung die hoͤchste Einfalt und Nachlaͤßigkeit zeigen. Keine Kunst, viel weniger ein Anschein von Pracht; selbst die Vernachlaͤßigung der Verhaͤltnisse der Baukunst ist hier eher ein Verdienst, als ein Fehler. Das ganze Ansehen muß Einfalt, Duͤrf- tigkeit, Verlaͤugnung ankuͤndigen. Ein Dach von Stroh oder Schiefer, rohe Pfei- ler, die es tragen, ein Gemaͤuer oder eine von leimigter Erde aufgefuͤhrte Wand, woran man die Spuren der Zeit und des Wetters, beschaͤdigte Stellen und Ueberzuͤge von Moos wahrnimmt, eine Thuͤr, die, ohne Zierde zwischen den Pfosten, blos die Oeffnung schließt, Fenster mit truͤben oder bemalten Glasscheiben — Alles dieses bezeichnet die aͤußere Gestalt der Einsiedeley. Die innere Einrichtung ist auf Reinlichkeit und unentbehrliche Bequemlichkeit eingeschraͤnkt; daher keine Merkmale eines verfeinerten Geschmacks, keine Einladung zur Weichlichkeit und zu irgend einer Art von wolluͤstiger Behagung, keine reiche Ver- zierungen mit Gemaͤlden und ausgelegter Arbeit, die wider den Begriff der Duͤrftig- keit oder Maͤßigkeit streiten. Ueberall Einfalt, Bescheidenheit, Ernst; alles, was lachend und froͤlich ist, toͤdtet den Eindruck, den das Ganze machen soll. Eine Bank, Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Bank, eine Ruhestelle in dem einen Winkel, ein Capellchen in dem andern, eine Nische mit dem kunstlosen Bildniß eines Schutzheiligen, an der Wand einige Spruͤ- che, die in Worten voll Einfalt die hohe Weisheit des Lebens lehren, oben uͤber die Thuͤre hinaus ein Gloͤckchen, das die Stunde des Gebets verkuͤndigt — machen die anstaͤndige Verzierung einer Einsiedeley aus, die aus dem Moͤnchsleben nachgeahmt ist. Andere Einsiedeleyen, die sich nicht ganz an diesen Charakter halten, muͤssen doch eine innere Einrichtung und Auszierung haben, die sich zum Genuß der Ruhe schickt, und das ernste Nachdenken unterhaͤlt. Und dazu sind Inschriften, die den Geist auf wichtige Betrachtungen leiten, von vorzuͤglicher Kraft. Einsiedeleyen muͤssen eine gewisse Dunkelheit haben, entweder durch wenig Fen- ster und Oeffnungen, oder durch starke Beschattungen von Baͤumen. In Gebaͤuden, die eine Empfindung von feyerlicher Ruhe oder eine Art von heiligem Schauer erregen sollen, wird diese Wirkung am sichersten von der Verdunkelung erhalten; auch hilft hier der ploͤtzliche Uebergang vom Licht zur Finsterniß; wir fuͤhlen es sogleich, daß wir an einen Ort von einer andern Bestimmung gekommen sind. Selbst die aͤußere und innere Farbe ist, dieser Eindruͤcke wegen, nicht gleich- guͤltig; sie muß den Ernst des ganzen Werks unterstuͤtzen, und entweder braun oder dunkelgrau seyn. Nichts ist mehr widersprechend, als eine Huͤtte der Melancholie oder der einsamen Betrachtung mit einer hellgruͤnen oder weißen Farbe zu bekleiden. Man glaubt zuweilen, daß man fuͤr Einsiedeleyen, als Gegenstaͤnde, die nur durch ihr Ansehen einen Eindruck machen sollen, genug gethan habe, wenn nur das Aeußere den Charakter der Eremitagen traͤgt, und daß die innere Einrichtung alle Schoͤnheit eines Prachtsaals vertrage. Allein, ohne zu gedenken, daß diese Einrich- tung das Aeußere und das Innere des Gebaͤudes in einen Widerspruch setzt, so unter- bricht sie doch beym Hereingehen und beym Heraustreten jedesmal den Eindruck, und macht, daß zuletzt die umliegende Scene selbst ihre Wirkung verliert. Es ist keine Nothwendigkeit da, die eine solche Anlage rechtfertigte; und die kleine Ueberraschung, die das erstemal bey dem Eintritt entsteht, ist zu voruͤbereilend und unbedeutend, als daß sie die Wirkungen, die daruͤber verloren werden, wieder ersetzen koͤnnte. Ehe man eine Einsiedeley anlegt, muß man den besondern Charakter und die besondere Bestimmung des Gartens betrachten. Denn gewisse Arten von Gaͤrten vertragen diese Gebaͤude nicht. In einem heitern Lustgarten, in einem Fruͤhlings- garten, in einem Garten bey Gymnasien und Akademien wuͤrde eine Einsiedeley sehr unschicklich seyn. Aber sehr gut steht sie in einem Garten bey Kloͤstern, bey Capellen, bey Begraͤbnißoͤrtern, in jedem einzelnen Garten von einem einfachen Charakter des Ernstes Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Ernstes oder der Melancholey; und wo ein Garten sich in eine Folge von vielen ver- schiedenen Scenen ausbreitet, da kann sie auch die ihrige zur Verstaͤrkung ihrer Wir- kung besonders einnehmen. 5. In Gaͤrten, die mit Geschmack angelegt sind, findet man auch Einsiedeleyen, die wenigstens in den wesentlichen Stuͤcken die Anordnung haben, welcher diese Art von Gebaͤuden folgen muß. Die Eremitage des H. Augustin zu Stowe ist bekannt. Sie liegt an einem abgelegenen und dunkeln Orte des Gartens, und ist ganz von Gebuͤsch eingehuͤllt. Sie ist eine kleine viereckigte, von Wurzeln und Staͤmmen aufgefuͤhrte, mit Stroh gedeckte Huͤtte. Ihre aͤußern Verzierungen bestehen blos in Kreuzen an den vier Ecken und oben auf der Spitze des Dachs. Einige Baͤnke in den Winkeln machen ihre ganze Auszierung. Die sich verbergende Lage verraͤth eine gluͤckliche Eingezo III Band. O genheit, Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, genheit, und ihr ganzes Ansehen kuͤndigt eine fromme Armuth an. Nur Schade, daß die Inschriften in das Unanstaͤndige ausarten, und allen Eindruck des Ehrwuͤr- digen zerstoͤren. Die Einsiedeley in dem beruͤhmten Park zu Hagley S. Heely Briefe u. s. f. 9ter Br. besteht aus alten Stur- zen und zusammengefuͤgten Wurzeln, deren Zwischenraͤume mit Moos ausgefuͤllt sind. Der Fußboden des Vorhauses ist mit kleinen Kieseln artig gepflastert, und rings um- her geht ein Sitz von Stroh. Die Thuͤre fuͤhrt in ein Zimmer, das ungefaͤhr in eben dem Geschmack angelegt ist. Alles hat ein armseliges Ansehen, und verraͤth eine Verachtung des Ueberflusses in der Welt, wie es sich fuͤr den Bewohner einer solchen Einsiedeley schickt. Man findet hier eine sehr passende Inschrift, die aus dem Mil- ton genommen ist: „Moͤchte ich doch in meinem entkraͤfteten Alter eine ruhige Einsiedeley, ein schlechtes Kleid und eine bemooste Zelle finden, wo ich sitzen, und uͤber je- den Stern des Firmaments, uͤber jedes vom Thau befeuchtetes Gras nach- denken kann, bis ich eine vieljaͤhrige Erfahrung und dadurch gleichsam einen prophetischen Geist erreiche. Dieß Vergnuͤgen gewaͤhre mir, Melancholie, so will ich gerne mit dir meine Tage beschließen.“ Il Penseroso. Aus der Thuͤr dieser moosichten Zelle hat man zwey perspectivische Durchsichten uͤber das entfernte Land, wovon eine uͤber die gegenuͤberstehenden Baͤume wegsteigt, die an- dere unter ihnen durchschleicht. Alles uͤbrige ist eingeschlossen. Vor sich hat man einen Theil von einem tiefen waldigten Thal, worinn ein Wasserstuͤck liegt, das von dicken Baͤumen umschattet wird. 6. Um eine Abwechselung zu erhalten, koͤnnen die gewoͤhnlichen Einsiedeleyen auch mit andern Arten von Wohnsitzen der Melancholie oder einsamen Betrachtung ver- tauscht werden. Man darf sie nicht blos einem merkwuͤrdigen Eremiten der katholi- schen Kirche widmen, sondern auch dem Andenken irgend eines alten Philosophen, der die Einsamkeit liebte. So kann man dem Pythagoras eine Huͤtte weihen. Unter allen Weltweisen des Alterthums scheint keiner sich besser, als er, auf die Vor- zuͤge des Landlebens verstanden zu haben; ehrwuͤrdig und einnehmend war die Lebens- art, die er seine Schuͤler beobachten ließ. Mit dem Aufgang der Sonne standen sie auf; sie erheiterten sich durch eine angenehme Musik, giengen in Waͤldern und einsa- men Gegenden spazieren, wo die Stille und die Gegenstaͤnde der Natur die Seele ruͤhrten, Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. ruͤhrten, und sie zu einer erhabenen Begeisterung hinrissen. Sie theilten einander ihre Beobachtungen mit; und jeder Abend ward mit sittlichen Betrachtungen und stiller Selbstpruͤfung beschlossen. Man hat in den brittischen Parks angefangen, Tempel der Druiden anzule- gen. Es ist eine schickliche Idee, diesen Weisen der Celten, die in dem tiefsten Schatten der Waͤlder die Geheimnisse des Gottesdienstes lehrten, Gartengebaͤude zu widmen. Allein es ist zugleich zu bedauern, daß wir so wenig zuverlaͤßige Nachricht von der Bauart ihrer heiligen Plaͤtze haben; denn die Ueberbleibsel, die man davon in einigen Laͤndern, vornehmlich in Schottland antrifft, geben, von der Zeit verun- staltet, nur einen sehr unvollkommenen Begriff. Ohne Zweifel war ihre Baukunst noch nicht uͤber die Graͤnzen der ersten Rohigkeit geschritten; und ein wilder Haufen von aufgeworfenen Steinen, mit Erde und Moos verbunden, und von hohen Eichen uͤberschattet, war das ganze Werk, das den geweiheten Ort einschloß. Man darf hier nichts von Zierlichkeit noch Richtigkeit der Verhaͤltnisse suchen; vielweniger eine Annaͤherung zu der Architektur der Alten. Diese Werke gehoͤren indessen zu der ehr- wuͤrdigen und einfaͤltigen Gattung von Gebaͤuden, wie die Einsiedeleyen, und der Name von Tempel, der mehr ankuͤndigt, als was sie waren, scheint ihnen weniger zu gehoͤren. Inzwischen fuͤhrt Young Tour through the East of England. Vol. IV. S. 16-19. Deutsche Uebers. 4ter Th. S. 268. 269. einen solchen Druidentempel in dem Park zu Halswell bey Bridgewater an, von dessen Bauart er zu wenig und nichts mehr sagt, als daß er in dem gehoͤrigen Styl von Baumrinden sey. Allein das Re- vier um diesen Tempel hat einen Charakter, der nicht gluͤcklicher ausgewaͤhlt seyn koͤnnte. Man tritt in einen Hain von praͤchtigen Eichen, die einen einsamen, wil- den Platz beschatten, wo eine klare Quelle am Fuß eines Felsen entspringt, der mit Buschwerk verwachsen ist, und ein kuͤhnes Ansehen hat. Das Wasser schlaͤngelt sich durch den Hain in vielen Kruͤmmungen fort. Wenn man um die Ecke herumkommt, so wird man im dicksten Schatten eine Bruͤcke gewahr, und gelangt zu dem Drui- dentempel. Der Anblick ist ganz melancholisch und eingeschraͤnkt. Das Wasser schleicht ruhig vorbey, einen kleinen Fall ausgenommen, der aber dem stillen Ein- druck, den diese Scene macht, nicht schadet. In einiger Entfernung veraͤndert sich der ganze Charakter der Scene wieder. Der Wald erweitert sich zu beyden Seiten des Wassers. Wildbahnen von dem frischesten Gruͤn, einzelne duͤnne stehende Baͤu- me, ein schoͤner Strom, Blicke in entfernte Gegenden, zierliche Gebaͤude, alles O 2 dieses Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, dieses giebt wieder Heiterkeit, so wie man nach und nach aus dem finstern Auftrin herauskoͤmmt. IIII. Capellen . D iese Werke scheinen fast zu wichtig, um blos Werke zur Nachahmung zu seyn; so wie man in einigen brittischen Parks gothische Kirchen errichtet hat, die zu viel Kosten erforderten, als daß man sie blos als uͤberfluͤßige Denkmaͤler einer uͤberlebten Baukunst wieder haͤtte aufstellen sollen. Es giebt Gegenden, die sowohl durch ihre Abgelegenheit und Stille, als auch durch die Dunkelheit ihrer Lage zwischen Bergen und Felsen, und durch den erhabenen Charakter ihrer Baͤume die Seele auf eine ernsthafte und feyerliche Art ruͤhren. Man findet sie in der Natur, und man kann sie durch Lage und Baumwerk nachbil- den. In solchen Revieren uͤbergiebt sich der Geist gerne den Betrachtungen uͤber seine Bestimmung, uͤber die Zukunft und uͤber das hoͤchste Gut, Betrachtungen, die ihn desto Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. desto staͤrker ruͤhren, je mehr sie von der Scene unterstuͤtzt und vor aller Zerstreuung verwahrt werden. Eine Capelle ist Betrachtungen dieser Art sehr zustimmend. Schon ihr bloßer Anblick erweckt eine heilige Ehrfurcht, und ihre Einrichtung muß diese Be- wegung unterhalten. Ein solches Gebaͤude ist dem Gebete, der einsamen Betrachtung, den ruͤhrend- sten Empfindungen uͤber das Wesen und die Absichten der Gottheit und uͤber die er- habenste Bestimmung des Menschen gewidmet. Man tritt hinein, um seinem Gott naͤher zu seyn, um aus der Fuͤlle aller empfundenen Reize seiner Schoͤpfung sich nun zu ihm selbst zu erheben, zu dem geistigen Anschauen seiner unwandelbaren Schoͤnheit und Guͤte. Der Charakter einer Capelle muß aus hoher Einfalt und stiller Wuͤrde bestehen. Alle Pracht, alle Ueppigkeit der Verzierung muß hier entfernt seyn. Ein hohes Ge- woͤlbe mit wenigen allegorischen Bildern, ein Altar mit einem Gemaͤlde, das die An- betung unterstuͤtzt, an der Wand eine Inschrift, welche die Heiligkeit des Orts em- pfinden lehrt, eine gemaͤßigte Erleuchtung des ganzen innern Bezirks, simples und ehrwuͤrdiges aͤußeres Ansehen, eine schattenreiche Lage umschlossen von emporsteigen- den Baͤumen, dieß alles scheint einer Capelle am meisten angemessen. In Klostergaͤrten sind Capellen sehr schickliche Gebaͤude, und vertreten die Stelle der Tempel, der Pavillons und Lusthaͤuser, die man hier nicht erwartet. Allein auch in andern Gaͤrten von einer großen Ausdehnung und einer Folge verschiedener Scenen kann, in einer besonders dazu geschickten abgelegenen und feyerlichen Gegend, eine Capelle errichtet werden. Nach einer Reihe von vielen angenehmen und heitern Auf- tritten kann der Garten allmaͤhlig zu Scenen voll Ernst und feyerlicher Einsamkeit uͤbergehen; die Bewegungen koͤnnen gleichsam von Schritt zu Schritt an Wuͤrde steigen. Nur muß hier kein ploͤtzlicher Uebergang gesucht, noch eine Capelle blos als ein Gegenstand des Contrastes angebracht werden. Sie ist nach ihrer Bestimmung ein Werk, das sich zwar mit den eigentlichen Bewegungen der Gartenauftritte ver- traͤgt, das aber doch ihr eigenes, von allen uͤbrigen Scenen abgesondertes, Revier zu verlangen scheint. Bey großen Landsitzen kann eine solche Capelle der gewoͤhnliche Ort des Gottesdienstes fuͤr den Gutsbesitzer und seine Hofhaltung werden, und die Ab- gelegenheit einer Kirche ersetzen. O 3 V. Rui- Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, V. Ruinen . 1. R uinen als Werke der Nachahmung in Gaͤrten betrachtet, haben bey dem ersten Anblick so viel Auffallendes, daß man sich mit Recht daruͤber verwundern zu duͤrfen scheint, wie man sie mit Bedacht anlegen kann. Es scheint ein Eingriff in die Vorrechte der Zeit zu seyn, deren Wirkung sich ohne unsere Beyhuͤlfe in der Ver- schlimmerung und Aufloͤsung der Dinge zeigt; eine uͤbel verstandene Anwendung der Kunst zu bauen, die durch Schoͤpfung und nicht durch Zerstoͤrung sich anzukuͤndigen pflegt; eine Verletzung der Annehmlichkeiten der Natur, die sich wundern muß, mit- ten in ihrem Schooße klaͤgliche Steinhaufen von der Hand des Menschen, die sie sonst wegzuschaffen beschaͤftigt war, hingeworfen zu sehen. In der That, so lange man noch nicht angefangen hatte, von allen Gegenstaͤn- den der Landschaft die Wirkungen zu berechnen, die sich zur Erweiterung und Verstaͤr- kung der Gartenempfindungen vortheilhaft anwenden lassen; so lange konnte man nicht auf eine kuͤnstliche Nachahmung der Ruinen fallen. Sie sind daher erst in den neuern Gaͤrten der Englaͤnder in Gebrauch gekommen. Bey einer naͤhern Betrachtung verschwindet das Unschickliche, das man in der Anlage nachgeahmter Ruinen zu bemerken glaubt. Wirkliche Ruinen sind an sich nichts Unnatuͤrliches auf einem Gartenplatz, und von der Kunst nachgeahmte Ruinen koͤnnen voͤllig das Ansehen und daher auch die Wirkung wahrer Ruinen erhalten. Weil Gaͤrten doch nichts anders, als Nachahmungen aller Arten von wirklichen Ge- genden sind, so koͤnnen auch Ruinen in ihrem Bezirk eine Stelle einnehmen. 2. Vornehmlich aber sind es die Wirkungen der Ruinen, die ihre Nachahmung nicht allein rechtfertigen, sondern selbst empfehlen. Zuruͤckerinnerung an die vergan- genen Zeiten und ein gewisses mit Melancholie vermischtes Gefuͤhl des Bedauerns, sind die allgemeinen Wirkungen der Ruinen. Allein diese Wirkungen koͤnnen von dem besondern Charakter und der vormaligen Bestimmung, von dem Alter, von der oft deutlichen, oͤfters ungewissen Einrichtung und Gestalt, von den hie und da halb vertilgten Aufschriften eines verfallenen Gebaͤudes, von der Lage und von andern Um- staͤnden, die auf Begebenheiten und Sitten hinwinken, mannigfaltige Modificationen anneh- Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. annehmen. So erwecken die Ruinen eines Bergschlosses, eines Klosters, eines alten Landsitzes sehr abgeaͤnderte Bewegungen, besonders abgeaͤndert durch die Betrachtung der Zeit und anderer Umstaͤnde, die an sich so vielfaͤltig unterschieden seyn koͤnnen. Man kehrt in Zeiten zuruͤck, die nicht mehr sind. Man lebt auf einige Augenblicke wieder in den Jahrhunderten der Barbarey und der Fehde, aber auch der Staͤrke und der Tapferkeit; in den Jahrhunderten des Aberglaubens, aber auch der eingezogenen Andacht; in den Jahrhunderten der Wildheit und der Jagdbegierde, aber auch der Gastfreundschaft. Allein außer einem Bergschlosse, einem Kloster, einem alten Land- sitz koͤnnen noch Ruinen von andern Arten von Gebaͤuden ihre besondern Wirkungen verbreiten. Bey allen Ruinen aber stellt der Geist unvermerkt eine Vergleichung zwischen ihrem vormaligen und ihrem jetzigen Zustande an; die Erinnerung an Be- gebenheiten oder Sitten der Vorwelt wird erneuert; und die Einbildungskraft nimmt aus den vorliegenden Denkmaͤlern Veranlassung weiter zu gehen, als der Blick reicht, sich in Vorstellungen zu verlieren, die eine geheime, aber reiche Quelle des Vergnuͤ- gens und der suͤßesten Melancholie enthalten. Dies sind die Wirkungen der wahren Ruinen; und wenn die nachgeahmten mit einer gluͤcklichen Taͤuschung angelegt sind, so koͤnnen sie fast eben diese Wirkungen haben. Und durch diese Wirkungen werden die Ruinen eine schaͤtzbare Gattung, Werke von einem eigenthuͤmlichen Charakter; sie erregen Vorstellungen und Empfin- dungen, welche die Gebaͤude selbst, wenn sie noch vollstaͤndig vorhanden waͤren, nicht hervorbringen wuͤrden. 3. Aus diesen Wirkungen der Ruinen laͤßt sich auch die Anlage bestimmen, die man ihnen zu geben hat. Die wichtigste Kunst ist, ihnen das Ansehen der Kunst zu nehmen, ihnen eine Anordnung, eine Verbindung oder eine Unterbrechung zu geben, wodurch sie alt und wirklich von der Hand der Zeit oder von der Macht der Witterung gebildet scheinen. Zu dieser Absicht ist noͤthig, daß sich Maffen von einer betraͤchtli- chen Groͤße zeigen, und daß, so zertrennt und zerstoͤrt auch alles ist, sich doch einige Verhaͤltnisse der Stuͤcke, wiewohl undeutlich, erkennen lassen. Kleine unbetraͤchtliche Steine haben so wenig Wirkung, als Truͤmmer, denen man es gleich ansieht, daß sie nur zusammengeworfen sind, nicht aber als Theile eines zerfallenen Ganzen zusam- men gehoͤren. Die Verbindung aller Theile mag aufgehoͤrt haben, weil die Tren- nung eine natuͤrliche Wirkung der Zeit ist; nur muͤssen die Theile, noch dem Orte nach, eine gewisse Verbindung behalten haben, nicht so weit von einander zerstreut liegen, Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, liegen, daß das Auge sie erst muͤhsam zusammensuchen muß, oder daß gar der An- schein einer Auseinanderwerfung von der Hand des Menschen verraͤth. Inzwischen ist die Trennung aller Theile nicht unumgaͤnglich noͤthig; ganze Stuͤcke von Gemaͤuer koͤnnen noch vollstaͤndig seyn, noch zusammenhaͤngen, noch den vormaligen Gebrauch sehen lassen. Und dieses wird durch die Absicht, eine bestimmte Gattung von Wir- kung zu erzeugen, zuweilen nothwendig gemacht. Alsdann muß die vormalige Be- stimmung des Gebaͤudes in irgend einer Spur noch sichtbar seyn. Daher kein wilder Steinhaufen, der gar keine Bedeutung hat, sondern erhaltene, oft noch zusammen- haͤngende Theile, welche die vorige Gestalt und Einrichtung des Ganzen erkennen lassen. Auch muͤssen die Truͤmmer und die Lage in keinem Widerspruch stehen; der Ort mag noch so ungleich, so verwildert seyn, so muß er doch keine Unwahrscheinlichkeit enthal- ten, daß ein solcher Bau, wovon die Reste da liegen, nicht nach seinem Umfang und nach seiner Bestimmung haͤtte ausgefuͤhrt seyn koͤnnen. Wenn kuͤnstliche Ruinen ihre Wirkung nicht verfehlen sollen, so muß die Taͤu- schung beschleunigt und der Seele kein Anlaß verstattet werden, erst lange nachzusinnen, die Wirklichkeit oder die Nachahmung zu untersuchen, oder Zweifeln Raum zu geben. Bey dem Nachdenken wird die Taͤuschung schwach, und mit der Entdeckung der Nach- ahmung verschwindet sie unaufhaltsam dahin. Sie wird vornehmlich erhalten, wenn die Ruinen eine unzweifelhafte und gewisse Andeutung haben; die vormalige Bestim- mung und die Einrichtung des Gebaͤudes, das sie zuruͤckließ, sogleich zu erkennen ge- ben. Ein halb versunkenes Basrelief, eine zerbrochene Statuͤe, ein Capitaͤl einer zertruͤmmerten Saͤule, ein Gesimse, eine Inschrift an einem hervorragenden Stein, sind sehr oft dazu schon hinlaͤngliche Mittel. Um Ruinen einen Schein des Alterthums und ein Gepraͤge der Wahrheit zu geben, kann man zuweilen zu einem dunkeln und matten Anstrich der Materialien seine Zuflucht nehmen. Weil aber Steinmassen mehr, als Holzwerk, zu Ruinen gehoͤren, so muͤssen sie zertruͤmmert, zerloͤchert, zerrieben oder sonst auf irgend eine Art von der Gewalt der Witterung beschaͤdigt vorgestellt werden. Denn Steine, als Ruinen, vertragen keinen Anstrich, der bey Gebaͤuden angebracht doch von der Zeit wieder abgerieben wird; aber eine matte und etwas beschmuzte Gestalt nimmt selbst der reinste Marmor an, der lange dem Regen, dem Schnee und Winde unbeschirmt ausgesetzt ist. Noch mehr traͤgt die Verbindung oder Unterbrechung der Ruinen mit Gras, mit Buschwerk und einzelnen Baͤumen bey, ihnen ein natuͤrliches Ansehen zu geben. Die Natur scheint die Plaͤtze, die ihr die Baukunst geraubt hatte, mit einer Art von Triumph sich wieder zuzueignen, so bald sie, verlassen von dem Bewohner, veroͤden. Nichts Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Nichts giebt einen sichtbarern Beweis von der Laͤnge der Zeit, als wenn der Ort, den ein Gebaͤude zierte, mit Moos, mit Gras und gruͤnem Gestraͤuch uͤberzogen ist. Eine Menge von Epheu, der aus dem Innern einer zerbrochenen Thurmspitze hervorwaͤch- set, ein Kirschbaum, der einsam und gekruͤmmt zwischen einem zerfallenen Gemaͤuer bluͤhet, Gestraͤuche, die aus den Fenstern herabhangen, ein Bach, der zwischen den Steinen einer halb kenntlichen Treppe herabmurmelt — alle diese Veraͤnderungen, welche oft die wirklichen Ruinen begleiten, kuͤndigen sehr lebhaft die Macht der Zeit an, und sind zugleich Zubehoͤr und Verzierung der Ruinen, welche die Kunst anlegt. Andere Zufaͤlligkeiten koͤnnen einen noch weit mehr ruͤhrenden Contrast zwischen den Ruinen und der vorigen Herrlichkeit der Gebaͤude machen. Welche Empfindungen von Wehmuth, von Melancholie und Trauer bemaͤch- tigten sich nicht zuweilen der reisenden Bewunderer des Alterthums, wenn sie, in den ehemals praͤchtig bebaueten Gegenden Griechenlands, Schlafstellen der Hirten und Hoͤhlen der wilden Thiere zwischen den Ueberbleibseln der Tempel fanden! Chand- ler Reisen in Kleinasien, 43stes Kap. beschreibt einen solchen feyerlichruͤhrenden Auftritt, als er die Ruinen von dem Tempel des Apollo zu Ura, nicht weit von Miletus, sah. Die Saͤulen waren noch so ungemein schoͤn, die Marmormasse so groß und edel, daß es vielleicht unmoͤglich ist, sich mehr Schoͤnheit und Majestaͤt in Truͤmmern zu denken. Als es Abend ward, breitete sich eine große, in ihre Huͤrde zuruͤckkehrende Ziegenheerde mit laͤutenden Schellen uͤber den Ruinenhaufen aus, und kletterte umher, die Buͤsche und Baͤume abzunagen, die zwischen den ungeheuern Steinen wachsen. Die ganze Masse ward mit einer Mannigfaltigkeit reicher Tinten von der untergehenden Sonne erleuchtet, und warf einen sehr starken Schatten. Das Meer in der Ferne war eben und glaͤnzend, und von einer bergichten Kuͤste mit felsichten Inseln begraͤnzt. — Allein wir duͤrfen Zu- faͤlligkeiten bey Ruinen nicht so weit her suchen. Eine Eule, die in einem zerstoͤrten Thurm wohnt, eine Familie von Kraͤhen, die sich zwischen altem Gemaͤuer haͤuslich niedergelassen hat, eine kleine Huͤrde fuͤr Schafe sind keine seltene Erscheinung bey Ruinen; sie verstaͤrkt den Begriff von dem Oeden eines Orts, den der Mensch schon lange verlassen hat. Aber wo auch solche Zufaͤlligkeiten fehlen, da wird doch eine Verwilderung in Gras, Moos, Epheu und andere rankende Gewaͤchse, eine Unter- brechung mit dickem Gestraͤuch, eine Verschließung mit ungestalten Baͤumen das Na- tuͤrliche der Ruinen vermehren koͤnnen. 4. Home III Band. P Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, 4. Home Grundsaͤtze der Kritik, 24stes Kap. verlangt, daß man Ruinen nach der gothischen und nicht nach der griechischen Baukunst anlegen soll, weil man in jenen den Triumph der Zeit uͤber die Staͤrke sieht, ein melancholischer, aber nicht unangenehmer Gedanke; griechische Ruinen aber erinnern uns mehr an den Triumph der Barbarey uͤber den Geschmack, ein finstrerer und niederschlagender Gedanke. Allein ein noch mehr wichtiger Grund fuͤr gothische Ruinen, der dem Lord nicht einfiel, ist der, daß diese in unsern Laͤndern allein eine Wahrscheinlichkeit haben, die den griechischen entgeht. Wir wissen, daß Gothen unter unserm Himmel gebauet, oder doch ihre Bauart ausgebreitet haben. Allein die Baukunst der Griechen ist noch nicht so allgemein in dem noͤrdlichen Europa geworden, daß deren Ueberbleibsel wahrscheinlich seyn koͤnnten. Ruinen muͤssen alle Taͤuschung verlieren, sobald sich der Gedanke erhebt, daß die Gebaͤude selbst, wovon sie Reste vorstellen sollen, hier nie vorhanden waren, noch vorhanden seyn konnten. Man sieht demnach die große Un- schicklichkeit ein, in unsern Gaͤrten Ruinen von alten Tempeln anzulegen, wie man sehr unbedaͤchtig versucht hat. Gerne lassen wir uns zu ihnen, auf den Grund und Boden des Alterthums, in der angenehmen Gesellschaft eines Riedesels und Chand- lers fuͤhren. Aber in einem englaͤndischen Park die erkuͤnstelten Ueberbleibsel eines Gebaͤudes, das in Griechenland stand, und dessen Reste nur da gesucht werden koͤn- nen, welcher Widerspruch des Gegenstandes und des Orts! Der Betrug entdeckt sich bald; und Widerwille verfolgt den verungluͤckten Versuch. Vorausgesetzt demnach, daß die Ruinen der in dem Lande bekannten oder uͤblich gewesenen Bauart nicht widersprechen, so muͤssen sie die Lage haben, die sie nach ih- rem Charakter erfordern, und wo sie ihre Wirkungen unverfaͤlscht beweisen koͤnnen. In oͤden Vertiefungen, an duͤrren felsichten Anhoͤhen, scheinen sie am meisten natuͤr- lich; nicht aber an heitern Gewaͤffern, in anmuthigen Hainen, in Blumenrevieren, uͤberhaupt in Scenen von einem lebhaften und muntern Charakter. Sie koͤnnen des Contrastes wegen zwar auf solche Scenen folgen; sie muͤssen aber nie zwischen ihnen liegen oder ein Theil von ihnen seyn, wodurch nur ein unangenehmes Gemisch entste- hen wuͤrde. Denn Ruinen sind ein Zubehoͤr der einsamen, sanftmelancholischen, ernsthaften und feyerlichen Gegend; sie machen daher ein Gegentheil von der belebten und heitern Gegend, mit welcher sie nicht zu gleicher Zeit und von eben demselben Platz wirken koͤnnen, ohne eine Verwirrung der Eindruͤcke zu veranlassen. Ein Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. Ein Revier von einem solchen einfachen Charakter, eine einsame und melancho- lische Gegend, oder eine Scene des Herbstes oder des Abends in einem sehr ausge- dehnten Garten, ein Klostergarten, wird gerne Ruinen aufnehmen. Sie verstaͤrken den eigenthuͤmlichen Charakter dieser Plaͤtze, und geben dem Ganzen einen Ton von Ernst und Melancholie. Eben deswegen koͤnnen sie nicht zu einer Absicht dienen, die mit ihrer Natur und Wirkung in einem Widerspruche steht; sie koͤnnen nicht, wie man seltsam genug versucht hat, zu Speisezimmern, zu Musiksaͤlen eingerichtet werden; sie koͤnnen keine Wohnungen des Vergnuͤgens seyn, da von außen alles Hinfaͤlligkeit und Melancholie ankuͤndigt. Auch kein kuͤnstlich zubereiteter, kein geschmuͤckter Zugang zu ihnen. Sie duͤr- fen sich nicht dem Auge entgegen draͤngen; sie muͤssen sich gleichsam in ihre eigene Dunkelheit und Trauer zu verbergen scheinen. Nach steilen und verwilderten Wegen, in kleinen felsichten oder bebuͤschten Einoͤden unerwartet erblickt, erregen und beschaͤfti- gen sie die Phantasie auf eine fuͤhlbare Art. Außerdem koͤnnen Ruinen oft durch ihre Lage und Verbindung mit Gebuͤsch und Baͤumen eine weit mehr malerische Scene bilden, als ganz neue oder doch vollkommen erhaltene Gebaͤude. Sie verstatten eine weit groͤßere Mannigfaltigkeit von Gestal- ten; ihre Untermischung mit gruͤnen Gestraͤuchen vervielfaͤltigt ihr Ansehen; ihre Far- be ist sanfter, und vereinigt sich leichter mit den umliegenden Gegenstaͤnden; ihr Man- gel an Symmetrie erleichtert diese Verbindung; und selbst ihre Zufaͤlligkeiten sind ab- wechselnder. Ohne Zweifel war es auch das Gefuͤhl dieser Vorzuͤge, das viele große Landschaftmaler bewegte, lieber Ruinen, als ganze Gebaͤude, in ihre Landschaften uͤberzutragen. Schwerer bleibt es immer fuͤr den Gartenkuͤnstler, Ruinen auf eine vollkommen taͤuschende Art nachzuahmen; und weil so viele Versuche selbst unter den Haͤnden der Kenner mißlingen, so moͤchte man fast veranlaßt werden, ihre Fortsetzung lieber abzu- rathen, als zu empfehlen. Zuweilen kann ein Gartenkuͤnstler wirkliche Ruinen von einer betraͤchtlichen Groͤße und einem bedeutenden Charakter in seinem Bezirk vorfinden; ein solcher zufaͤlliger Vortheil ist freylich selten: allein er ist von einem weit groͤßern Werth, als die gluͤcklichste Kunst der Nachahmung. Indessen wollen wir zuerst von diesen ein brittisches Beyspiel sehen, das den Fortgang des guten Geschmacks bewei- set, und darauf zwo Beschreibungen von wahren Ruinen in England, die als Muster dienen koͤnnen, folgen lassen. Die Mehrheit der Beyspiele und Beschreibungen ist nirgends noͤthiger, als in Sachen, welche die Gartenkunst betreffen, sowohl um die P 2 Ein- Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, Einfoͤrmigkeit des Begriffs zu verhuͤten, als auch um die Einbildungskraft junger Kuͤnstler und Liebhaber zu befruchten. 5. Die Ruinen in dem Park zu Hagley Heely Briefe u. s. f. 8ter Br. zeigen sich, sobald man sie erblickt, in einem ehrwuͤrdigen feyerlichen Ansehen zwischen Baͤumen, uͤber welche ihre gothische Spitze hervorragt. Bey dem ersten Anblick dieses Gegenstandes stutzt man, und kann dem Eindruck nicht widerstehen; man verfaͤllt in Nachdenken, und die Neube- gierde wird gereizt, die Geschichte dieses Gebaͤndes kennen zu lernen. Ein Liebhaber der Alterthuͤmer wird voll Ungeduld seyn, um zu wissen, in welchen Zeiten und von wem dieses Schloß aufgefuͤhrt worden; was fuͤr Belagerungen es ausgehalten, wie viel Blut dabey vergossen worden; er wird beklagen, daß die alles verzehrende Zeit es so geschwind vernichtet hat. Dieses alte Gebaͤude ist so meisterhaft aufgefuͤhrt, um einen solchen Eindruck zu machen. Ob es gleich erst von dem letztverstorbenen Besitzer angelegt worden, so sieht es, so nahe man auch kommt, doch aus, als wenn es vor einigen hundert Jahren ein festes Schloß gewesen. Diese gothischen Ruinen sind sehr weislich am Rande der groͤßten Anhoͤhe des ganzen Landsitzes angebracht, und man hat von hier eine graͤnzenlose Aussicht, insonderheit aus einem Zimmer in dem Thurm, der mit Fleiß noch in einem guten Stande erhalten ist. Um die Absicht der Anlage vollkommen zu erreichen und allen Verdacht zu vermeiden, daß es keine wirk- liche Ruinen sind, so liegen allenthalben große Steine und Felsenklumpen in groͤßter Unordnung umher, als wenn sie nach und nach von der Mauer herabgestuͤrzt waͤren. Um den Begriff von dem Alterthum des Gebaͤudes noch mehr zu bestaͤrken und feyer- licher zu machen, ist an den Mauern und Thuͤrmen so viel Epheu angebracht, daß man es unmoͤglich ansehen kann, ohne es wirklich fuͤr so alt zu halten, als es scheint. Mit dem Park zu Sandbec Reise durch die oͤstlichen Provinzen von England, 3ter Th. 6ter Br. sucht man nach Youngs Bericht die wahren Ruinen der alten Abtey Roche in Verbindung zu bringen. Es wird in der Absicht ein neues Stuͤck angelegt. Der Platz dazu besteht aus einem engen, krummen mit Holz bewachsenen Thale, wodurch sich ein Bach schlaͤngelt, der uͤber die abgefallenen Steinklumpen, die von dem zu beyden Seiten des Thals stehenden steilen Felsen her- unterbrechen, fortrauscht. In der Mitte stehen die Ruinen der Abtey, von welcher nur noch einige große Stuͤcke Mauer und wenige gewoͤlbte Bogen uͤbrig sind. Zwi- schen dem abgebroͤckelten Gemaͤuer wachsen Baͤume heraus, die ihre Aeste zwischen den Einsiedeleyen, Capellen und Ruinen. den verfallenen Saͤulen ausbreiten. Die Waͤnde sind zum Theil mit Epheu bedeckt, der an manchen Stellen zwischen dem Gestraͤuche in natuͤrlichen Festonen von der Mauer herabhaͤngt. Die Oberflaͤche des Thals ist halb mit Dornen und Brombee- ren bedeckt; nur hie und da hebt sich ein alter Klumpen Mauer hervor. Der zwi- schen den Steinen murmelnde Bach, die steilen Felsen, deren Haupt vom Walde ge- schwaͤrzt ist, verbreiten eine feyerliche Melancholie uͤber die ganze Scene. Alles ist wild und finster, und vereinigt sich, eine sanfte Schwermuth einzufloͤßen. Von den herrlichen Ruinen der Abtey Tintern Betrachtungen uͤber das heutige Gartenwesen, S. 162. giebt einer der groͤßten Ken- ner, Whately, eine genaue Beschreibung, worinn sie nicht blos als ein Gegenstand der Neubegierde, sondern auch als ein vorzuͤgliches Muster der Nachahmung erschei- nen. Der urspruͤngliche Bau der Kirche ist vollkommen bezeichnet. Fast alle Mauern sind noch ganz; blos das Dach ist eingefallen; die meisten von den Saͤulen, welche die Fluͤgel von einander absonderten, stehen noch; und von den umgefallenen ist noch das Fußgesimse uͤbrig, ein jedes vollkommen an seinem gehoͤrigen Orte. In der Mitte des Schiffs steigen vier erhabene Schwibboͤgen, auf welchen ehemals der Thurm ruhete, hoch uͤber alles uͤbrige hinauf; und ob sie gleich alle wegen der abge- fallenen Steine jetzt sehr schmal sind, so haben sie doch noch ihre voͤllige Form. Selbst die Figuren der Fenster sind nur wenig geaͤndert. Einige davon aber sind ganz mit Gebuͤschen von Epheu uͤberwachsen, andere nur zum Theil davon uͤberschattet, und die, welche noch am deutlichsten in die Augen fallen, sind mit den zarten Ranken des Gewaͤchses und mit anderm laufenden Laubwerk eingefaßt, das an den Seiten und Ab- theilungen hinaufklettert, hier sich rund um die Pfeiler schlaͤngelt, an den Mauern haͤngt, und bey dem einen Fluͤgel sich oben so dichte in einander windet, und einen so großen Raum einnimmt, daß die untere Gegend ganz davon verfinstert wird. Die uͤbrigen Fluͤgel und das große Schiff stehen unter freyem Himmel. Der Fußboden ist ganz mit Rasen uͤberzogen; und die Sorgfalt, ihn vor Unkraut und Gebuͤschen zu verwahren, ist jetzt seine vornehmste Erhaltung. Grabsteine von Moͤnchen und Denk- maͤler schon lange vergessener Wohlthaͤter erscheinen uͤber dem Grase; aus diesem ra- gen zugleich die Fußgesimse der eingefallenen Pfeiler hervor; verstuͤmmelte Bilder, von Zeit und Wetter unkennbar gemachte Statuͤen, gothische Capitaͤle, ausgeschnitz- te Karniese und verschiedene andere Truͤmmer sind uͤberall herumgestreut, oder liegen in einem Haufen uͤbereinandergethuͤrmt beysammen. Andere beschaͤdigte Theile, die zwar nicht voͤllig mehr zusammengefuͤgt sind, und ihren Zerfall beginnen, befinden sich noch an ihren urspruͤnglichen Oertern; und eine sehr verstuͤmmelte Treppe, die P 3 auf Dritter Abschnitt. Von Tempeln, Grotten, ꝛc. auf einen Thurm fuͤhrte, dessen ehemaliges Daseyn sie nur noch bezeichnet, schwebt in einer erstaunlichen Hoͤhe, unbedeckt und unzugaͤnglich. Kurz, nichts ist vollkommen; von einem jeden Theile aber sind noch deutliche Spuren uͤbrig; alle sind augenschein- lich gewiß, aber auch alle sind ein Raub der Verwuͤstung. Sie erwecken auf einmal alle Begriffe, die in einer Wohnung der Andacht, der Einsamkeit und der Zerstoͤrung in uns aufsteigen koͤnnen. Vierter Vierter Abschnitt . Von Ruhesitzen, Bruͤcken und Thoren. I. Ruhesitze . R uhesitze sind ein Beduͤrfniß, um sich wieder von der Ermuͤdung zu erholen, die das Umherwandeln verursacht. Sie muͤssen also in gewissen Entfernungen von einander, weder zu haͤufig, noch gar zu sparsam, vertheilt werden; ihre Anzahl rich- tet sich nach dem groͤssern oder geringern Umfang der Plaͤtze. In Gaͤrten des Volks, wo sich zahlreiche Gesellschaften versammeln, muß schon fuͤr ihre Mehrheit gesorgt werden. Die Bequemlichkeit verlangt, daß Ruhesitze an kuͤhlen und schattigten Stellen, unter einem Dach von Laubwerk, an der Seite einer Anhoͤhe, nicht aber, wie man in den alten Gaͤrten so haͤufig sah, an ganz freyen, sonnereichen und sandigten Plaͤtzen angelegt werden, wo kein Mensch zu sitzen wuͤnschen kann. Allein Ruhe und Bequemlichkeit ist nicht alles; Gartensitze sollen zugleich durch das Vergnuͤgen der Aussicht unterhalten, zu deren Genuß man im Sitzen mehr Muße hat, als im Gehen, vorausgesetzt, daß die Scene nach ihrem Charakter einen Pro- spect verstattet. Wir freuen uns, die Erquickung der Ruhe an einem Platze zu ge- nießen, wo das Auge sich in weiten oder doch mannigfaltigen Aussichten weidet, und die Phantasie Beschaͤftigung findet. Verschiedene Scenen sind von der Art, daß sie, um ganz genossen zu werden, den Zuschauer in der Naͤhe bey sich verlangen, z. B. Blumenreviere, kleine Gruppen von seltenen Pflanzen, ein Bach mit spielenden Guͤssen. Eine Bank lade zum Ge- nuß dieser kleinen Lieblichkeiten ein, die man im Gehen leichter uͤbersieht, zumal wenn das Auge zugleich von groͤssern und praͤchtig zusammengesetzten Auftritten gerufen wird. In vielen Faͤllen kann ein Sitz ein sehr willkommener Wink zur Aufmerksam- keit auf eine ergoͤtzende Aussicht oder Scene seyn, und zur Anzeige des Gesichtspunktes dienen, Vierter Abschnitt. Von Ruhesitzen, dienen, woraus sie mit der ganzen Fuͤlle ihrer Wirkungen erscheinen. Wir empfin- den alsdann zugleich ein Vergnuͤgen, indem wir bemerken, daß selbst die Stellung einer Bank fuͤr diese Absicht uͤberlegt war. Eine kleine Rasenbank oder eine Erderhoͤhung, Der die Natur das Moos zum Teppich schenkt, v. Haller. war die gewoͤhnliche Art von Sitzen, die man in der ersten Einfalt der Gaͤrten kannte; der Landmann hat sie noch, und noch verdienen sie in Plaͤtzen von einem solchen einfa- chen und ungeschmuͤckten Charakter erhalten zu werden, obgleich Gewuͤrm und Feuch- tigkeit sie etwas unbequem machen. Steine geben zwar dauerhafte Sitze, doch sind sie unter einem regnichten und kaͤltern Himmel zuweilen der Gesundheit schaͤdlich. Baͤnke und Sitze von Holz ver- dienen den Vorzug, weil sie nicht die Unbequemlichkeit der Rasen und der Steine ha- ben, leichter zu verfertigen und zu versetzen sind, eine angenehme Form und einen schicklichen Anstrich annehmen. Je einfacher und leichter die Form der Baͤnke und Stuͤhle ist, desto besser; Verzierung waͤre hier Verschwendung. Zum Anstrich schickt sich weder das Rothe, noch das oͤfter gewaͤhlte Gruͤn, sondern das Graue oder das Weiße, welches letzte mit dem Gruͤn der Baͤume und der Rasen einen anmuthi- gen Contrast bildet. Zu einer groͤssern Bequemlichkeit kann man gemeine Baͤnke oder Stuͤhle zu- weilen mit bedeckten Sitzen abwechseln lassen. Die Waͤnde halten den Wind, und das Dach den Regen ab. Ein halber Zirkel scheint fuͤr sie die angenehmste Figur zu seyn. Die Architektur Morris hat in seiner Architecture einige bedeckte Ruhesitze vorgezeichnet, die so, wie man sie in verschiedenen englaͤndischen Parks sieht, ein gar zu festes und schweres Ansehen haben. muß leicht, einfaͤltig und gefaͤllig seyn; weder etwas Plumpes noch Praͤchtiges haben. Man kann solche bedeckte Sitze mit einer Inschrift oder einem Denkspruch zieren, die das Nachdenken wecken und der Seele bey der Ru- he des Koͤrpers eine nuͤtzliche Beschaͤftigung anbieten; sie koͤnnen demnach einen mo- ralischen Inhalt haben: aber fast unentbehrlich ist es, daß sie auf den besondern Cha- rakter der Aussicht oder der Scene sich beziehen, und dadurch veranlaßt zu seyn scheinen. Bruͤcken und Thoren. III Band. Q II. Bruͤ- Vierter Abschnitt. Von Ruhesitzen, II. Bruͤcken . B ruͤcken sind Mittel zur Verbindung der durch Wasser getrennten Theile. Sie muͤssen also nur da angelegt werden, wo entweder eine offenbare Nothwendig- keit sie erfordert, oder wo sie doch ein scheinbares Beduͤrfniß des Uebergangs sind. Ihr Gebrauch schraͤnkt sich eigentlich auf laufende Gewaͤsser ein, die einen unun- terbrochenen Fortgang haben, auf Stroͤme, Fluͤsse und Baͤche. Bey Teichen und Seen, oder bey Ecken von solchen stehenden Wassern, sind Bruͤcken unnoͤthig, weil man durch einen Umgang an den Seiten zu dem gegenuͤberliegenden Ufer gelangen kann, und sie haben an solchen Stellen immer eine widrige Wirkung. Bruͤcken duͤrfen demnach auch in Gaͤrten nur uͤber laufendes Gewaͤsser fuͤhren, uͤber kleine Fluͤsse, Baͤche, Waldwasser. Außer der noͤthigen Festigkeit und Bequemlichkeit muß ihre Bauart eine ge- wisse Leichtigkeit und Bescheidenheit haben. Sie vertragen-hier nicht den Pomp der Schwibbogen und Saͤulenordnungen, noch reiche Sculpturverzierungen. Bey Baͤ- chen, woruͤber gemeiniglich die Bruͤcken der Gaͤrten fuͤhren, ist gar kein Grund, sie hoch emporschwebend anzulegen; auch sind die Schwibbogen eben keine reizende Ver- zierung; die Hoͤhe ist hier selten angenehm, und eine maͤßige und leichte Woͤlbung verdient fast immer den Vorzug. Die Einfachheit ist am meisten bey Bruͤcken zu empfehlen. Ein Werk von dieser Art ist schon gut, wenn es die beyden Ufer verbin- det und einen sichern und gemaͤchlichen Uebergang giebt. Und in manchen bebuschten Revieren ist ein Steg von einigen Brettern mit einer gemeinen Lehne schon so anmu- thig, daß ein gesunder Geschmack nichts Reichers verlangen kann. Indessen darf zuweilen der Charakter der Scene, zu welcher eine Bruͤcke fuͤhrt, entscheiden, ob diese ganz einfaͤltig oder etwas geschmuͤckter mit einer gewissen Bedeutung vorbereiten soll. So wuͤrde z. B. zu einem Tempel eine hoͤlzerne Bruͤcke von einer zierlichen Form, zu Ruinen eine eingefallene steinerne leiten. Gemauerte Bruͤcken haben fast immer ein zu schweres Ansehen. Feldsteine haben den Vorzug, daß sie weniger kuͤnstlich und mehr nachlaͤßig scheinen. Der Zu- gang zu einer Grotte oder zu einer Einsiedeley verlangt oft keine andere Bruͤcke, als einige gemeine Steine, sicher und bequem hingelegt. Bruͤcken von Holz haben ein leichteres und anmuthigeres Ansehen, als die gemauerten, und sind zugleich einer groͤssern Mannigfaltigkeit der Formen faͤhig. Ein weißlicher, noch mehr ein grauer Anstrich ist ihnen angemessen. Wenn in einem Garten mehrere Bruͤcken erfordert werden, so muß man der Einfoͤrmigkeit ihres Ansehens, sowohl durch Vermeidung einer gerade fortlaufenden Reihe, als auch durch die Verschiedenheit ihrer Bauart, zuvor zu kommen wissen. Durch Bruͤcken und Thoren. Durch Bauart und Form koͤnnen Bruͤcken, die Gegenstaͤnde der Nothwendigkeit sind, zugleich Gegenstaͤnde der Schoͤnheit oder der Verzierung werden. Sie vermehren die Abwechselung und helfen gute Prospecte bilden. Sie geben schon eine gewisse Anmuth und Lebhaftigkeit, wenn sie frey liegen; allein sie gewinnen eine schoͤnere Wirkung, wenn sie halb verdeckt neben einem Gebuͤsche oder in einem waldigten Grunde erscheinen, oder wenn sie hoͤher angelegt sich gegen die Seite eines Huͤgels oder eines dunkeln Wal- des zeigen, oder zwischen den Staͤmmen luftiger Gruppen durchschimmern. Die Be- wegung des Wassers, das man unter ihnen fortspielen sieht, scheint ihnen eine Art von Beweglichkeit mitzutheilen. In sehr anmuthigen Revieren, wo man gerne verweilt, koͤnnen Bruͤcken, die zunaͤchst nur zum Uebergange bestimmt sind, zugleich zu Ruhesitzen eingerichtet werden. Eine kleine Bank, auf welcher man sich niederlassen und die Scene genießen kann, giebt einer Bruͤcke in dieser Lage oft einen Werth, der sie uns wichtiger macht, als sie nach ihrer urspruͤnglichen Bestimmung ist. Man betrachtet mit einer sanften Beha- gung bald die Bewegung, die Eile, den kleinen Ungestuͤm des sich fortdraͤngenden Wassers, bald die Spiele der durchschluͤpfenden Forelle, bald die umliegenden Gebuͤsche, ihre Schatten und ihre Wiederscheine im Bache, bald die nahen Haine oder Huͤgel, die sich auf den Seiten emporheben; man hoͤrt den Gesang der Waldvoͤgel in das Ge- murmel des Wassers fallen; man genießt eine liebliche Kuͤhlung und den Duft der Kraͤu- ter; und oft vereinigen sich hundert kleine Umstaͤnde, um in einem solchen Revier die Seele mit den suͤßesten Empfindungen, die sie da nicht erwartete, zu uͤberraschen. III. Tho- Vierter Abschnitt. Von Ruhesitzen, III. Thore . T hore oder Portale in Gaͤrten koͤnnen theils bey dem Haupteingang in einen Park oder Garten, theils in den verschiedenen abgesonderten Revieren als Mittel der Verbindung gebraucht werden. Sie sind aber nicht immer noͤthig. Oft ist es weit angenehmer, wenn, ohne einen besonders bezeichneten Eingang, der Garten gleich bey dem Lustschlosse oder Landhause anfaͤngt; und wenn die verschiedenen Theile eines Gar- tens sich durch ihren eigenen Charakter merklich unterscheiden, oder durch weniger auf- sallende Uebergaͤnge verbunden werden. Indessen wird man z. B. bey Gaͤrten in Staͤdten, die von den Gebaͤuden durch einen dazwischen liegenden Hof abgesondert sind, bey Thiergaͤrten, in weitlaͤuftigen Parks bey manchen Gelegenheiten Thore anzulegen berechtigt seyn. Einfachheit ist das hoͤchste Gesetz fuͤr diese Werke der Baukunst. Sie duͤrfen weder kuͤnstliche Formen, noch reiche Verzierungen haben, so sehr sie auch ein falscher Geschmack damit zu uͤberladen pflegt. Die toscanische Ordnung, die einfachste und entbloͤßt von allem Schnitzwerk, schickt sich fuͤr Gartenthore am besten. Bey der noͤ- thigen Festigkeit hat der Architect doch zu sorgen, daß sie kein plumpes, sondern viel- mehr, so weit als es die Natur des Werks erlaubt, ein leichtes und gefallendes Anse- hen erhalten. Der Charakter des Gartens kann zuweilen dem Hauptportal, zumal wenn es von dem Wohngebaͤude aus gesehen wird, einige kleine Verzierungen verstat- ten; doch muͤssen sie nicht zu merklich von der Einfalt des Werks abweichen, und außerdem in einem gartenmaͤßigen Styl seyn; nichts ist unschicklicher, als hier Schil- der und Wappen der Besitzer auszuhaͤngen. Bey den Haupteingaͤngen der Gaͤrten haben Thore die meiste Schicklichkeit, und es ist nicht schwer, ihre gute Anlage zu bestimmen. Allein sie mitten in den verschiedenen Revieren der Gaͤrten so anzulegen, daß sie nicht uͤberfluͤßig und unschick- lich, sondern so sehr sie auch entbehrlich seyn moͤgen, ihrem Ort doch zu gehoͤren schei- nen, ist schon wichtiger und erfordert eine reife Ueberlegung. Indessen sind sie hier auch nur in wenig Faͤllen nothwendig, und uͤberhaupt eben keine Gegenstaͤnde, die zur Verzierung einer Scene nachgeahmt werden koͤnnten. Man sieht sie daher mit Wi- derwillen, wo keine scheinbare Nothwendigkeit ihre Gegenwart rechtfertigt. Uebri- gens fallen Gartenthore anmuthiger ins Auge, wenn sie zum Theil, wenigstens auf einer Seite, mit uͤberragendem Gebuͤsch und Baͤumen bedeckt sind, als wenn sie ganz frey da liegen. Ein Bruͤcken und Thoren. Ein Thor in dem aͤchten Geschmack erbaut, ist weniger kostbar, und hat doch immer ein edleres Ansehen, als die eisernen Gitterwerke, die man in den alten Gaͤrten so haͤufig fand, und die oft aus so seltsam verwickelten Formen bestanden. Man ver- schwendete sie um Blumenbette, um Statuͤen, und nicht selten an dem Ende des Gar- tens zur Bezeichnung eines Ausgangs, der nicht vorhanden war. Auch geben offene Portale eine weit angenehmere Perspectiv, als Gitterwerke, welche die Gegenstaͤnde nur in kleine Theilchen zerstuͤckt, verwirrt und unkenntlich durch- schimmern lassen. Q 3 Fuͤnfter Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Fuͤnfter Abschnitt . Von Statuͤen, Monumenten und Inschriften. I. Statuͤen . 1. A uch die Bildhauerkunst hat nicht unterlassen, an der Verzierung der Gaͤrten, wie die Architectur, Antheil zu nehmen. Statuͤen und Monumente sind ihre Werke, jene in den alten, diese in den neuern Gaͤrten haͤufiger. Statuͤen mußten bald zu den Verzierungen der Gaͤrten gerechnet werden, da man anfieng, diese als Schauplaͤtze der Pracht, oder als Scenen der Kunst zu behan- deln, worinn die Bildhauerey nicht weniger, wie die Architectur, ihren Glanz aus- breiten duͤrfte. Der Roͤmer fuͤhrte Statuͤen in die Gaͤrten ein, mehr aus unuͤberle- gender Prachtsucht; der Franzose mehr aus Wahn, daß, was Gebaͤude ziert, auch Gartenplaͤtzen zukomme. Ohne Zweifel hatten die Roͤmer zuerst Statuͤen in den Gaͤrten der Griechen gesehen, unter welchen schon Alkamenes eine von ihm verfertigte Venus in seinem Garten zu Athen aufstellte, die nachher der Kaiser Hadrian in seine beruͤhmte Ville versetzte. In den letzten Zeiten der Republik und unter den Kaisern, als die Liebe der Kunstwerke ein Theil des herrschenden Luxus ward, brachten die Roͤmer von der Menge der Statuͤen, die aus Griechenland nach Italien kamen, auch viel in ihre Gaͤrten. Sie gaben hier ihre Gastmale und Feste; sie stellten daher alles auf, was sie nur Praͤchtiges finden konnten. Man sah hier fast alle Arten von Gebaͤuden und Kunstwerken, und zwar in einem solchen Ueberfluß, daß Juvenal die Gaͤrten seiner Zeit mit einem Beywort belegte, das ihnen die uͤbermaͤßige Pracht vorwarf, worun- ter alle Einfalt der Natur verschwinden mußte. Contentus fama jaceat Lucanus in hortis Marmoreis . Doch in den aͤltesten Zeiten herrschte mehr Maͤßigkeit. Man begnuͤgte sich mit einer Statuͤe des Priap in der Mitte der Gaͤrten. Pomosisque ruber custos ponatur in hortis, Terreat ut saeva falce Priapus aves. Tibullus . Colu- Monumenten und Inschriften. Columella de cultu hort. erinnert, daß man nicht die Kunstwerke eines Daͤdalus, Polyclet oder anderer beruͤhmter Bildhauer suchen, sondern sich begnuͤgen solle, den Priap ganz einfaͤltig gearbeitet aufzustellen. Doch folgte man nicht immer dieser Vorschrift. Man machte zu Augusts Zeiten den Priap von Marmor. Custos es pauperis horti, Nunc te marmoreum pro tempore fecimus. Virg. Ecl. 7. Und in den Servilianischen Gaͤrten zu Rom standen die Statuͤen der Ceres und der Flora, die Werke des Praxiteles waren. Auch die Statuͤen der Satyren, als Schutzgoͤtter der Gaͤrten, sah man nach einer Nachricht des Plinius Hist. nat. lib. XIX. c. 4. aufge- stellt. Alle diese Statuͤen hatten doch in den Gaͤrten der Alten einen Grad von Schicklichkeit, der ihnen in den Gaͤrten der Neuern abgieng; sie waren den Gotthei- ten gewidmet, unter deren besonderm Schutz, nach der allgemeinen Meynung, die Oerter, die Pflanzen und die Fruͤchte standen. Mit einer gleichen Schicklichkeit stellten die Alten, nach einer Bemerkung des Vitruv, lib. VII. c. 5. in die Zimmer, wo sie sich im Fruͤhling, im Sommer und im Herbste aufhielten, solche Bilder, die auf jede dieser Jahreszeiten immer eine gewisse Beziehung hatten. 2. Als in den neuern Zeiten die Gartenkunst von den Haͤnden des Le Notre ihre Bildung empfieng, so konnten, nach dem Geist, worinn dieser Mann arbeitete, die Statuͤen nicht in seinen Entwuͤrfen fehlen. Vielmehr fieng man an, sie als ein Be- duͤrfniß der Gaͤrten anzusehen. Die Plaͤtze, die er verkuͤnstelte, wurden damit bis zum Ekel uͤberladen. Denn es war nicht etwa eine Flora am Blumenbette, oder ein Bacchus am Traubengelaͤnder, die man hie und da aufgestellt sah; sondern alles, was Athen und Rom an großen und kleinen Gottheiten gekannt hatte, ward in neuen Bildern wieder erweckt, nicht zur Auszierung, sondern zur Anfuͤllung der Garten- plaͤtze. Die eifrigsten Vertheidiger der symmetrischen Manier konnten sich doch zu- weilen nicht enthalten, die Unschicklichkeit eines solchen Ueberflusses zu bemerken. Selbst Blondel, Jaques François Blondel, im Cours d’ Architecture \&c. 8. Paris, im 4ten B. 1773. der den alten Geschmack seines Vaterlandes erhob, und doch den Dufreny lange vor Kent zum ersten Gartenkuͤnstler in der neuen Manier ma- chen wollte, gesteht, daß die Menge der Statuͤen zu Versailles das Auge belaͤstigen. Diese Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Diese verschwenderische Zusammenhaͤufung der Statuͤen ward nicht blos in Frank- reich Mode, sondern auch in andern Laͤndern nachgeahmt. Italien folgte desto williger, da es nicht blos so viele Reste der alten Bildhauerkunst aus seinem Schoos hervorzog, sondern auch zuerst sich mit den Werken der neuern Kuͤnstler bereichert sah. In einem Lande, wo Kirchen und Palaͤste mit den Meisterwerken der Kuͤnste ange- fuͤllt sind, wo der Marmor unter einem heitern Himmel laͤnger sich unbeschaͤdigt in seiner Schoͤnheit erhaͤlt, mußten die Gaͤrten bald oͤffentliche Sammelplaͤtze von Sta- tuͤen und Buͤsten werden. Unter den uͤbrigen Nationen, die gute Kunstwerke dieser Art mit vielen Kosten aufkauften, besaßen die Englaͤnder den groͤßten Vorrath; und doch hat sich keine weniger bemuͤhet, sie in den Gaͤrten auszustellen. Maͤßig war der Hollaͤnder, weil er, bey dem Reichthum seiner Gemaͤlde, weniger auf Statuͤen rechnete, sie weder holen zu lassen Enthusiasmus oder Stolz hatte, noch sie von eigenen Kuͤnstlern erschaffen sah. In Deutschland und Norden suchte man die Gaͤrten mit Statuͤen, wie mit Taxusbaͤumen, zu bepflanzen; man hatte, einige Ausnahmen in fuͤrstlichen Gaͤrten jetzt nicht gerechnet, weder antike noch neue Werke im guten Ge- schmack; und verschwendete fuͤr gemeine Kloͤtze betraͤchtliche Summen. Von dem reichsten Landbesitzer bis auf den kleinsten Kraͤmer in den Flecken, herrschte unter uns der Wahn, daß Klumpen, die man mit dem Namen Statuͤen beehrte, erfordert wuͤrden, um einen Garten recht schoͤn nennen zu koͤnnen. Daher so viele unertraͤgliche Puppenspiele und unfoͤrmliche Kloͤtze, ein Herkules einen halben Fuß hoch niedlich aus Bley gebogen, ein Bacchus aus einem Eichenstamm wie ein baumhoher und betrunkener Landknecht gebildet, und andere ekelhafte Vorstellungen mehr, die man zuweilen wider Vermuthen in den Gaͤrten des Adels antraf. Wenn man bedenkt, wie wenig erhebliche Werke des Meißels Deutschland von eigenen Kuͤnstlern selbst an seinen vornehmsten Hoͤfen aufzuweisen hat, wie weit wir, in der Verewigung unserer einheimischen Verdienste durch trefliche Statuͤen von der Hand der Nation gearbeitet, gegen Italien und Frankreich noch zuruͤckstehen; so darf man sich eben nicht wun- dern, daß von den so genannten Statuͤen, die man in unsern Gaͤrten fuͤr unentbehrlich hielt, die meisten nur gemeine aus Stein oder Holz grob gehauene Kloͤtze waren, ohne Schoͤnheit, ohne Ausdruck und selbst oft ohne die geringste Zeichnung. Der Ken- ner wuͤrde vielleicht der Verschwendung verziehen haben, wenn er nur Werke gefunden haͤtte, die der Kunst Ehre machten; denn Statuͤen von dieser Classe lassen sich ohne einen betraͤchtlichen Aufwand nicht aufstellen. Vornehmlich aber verstieß der aͤltere Geschmack mit seinen Statuͤen sowohl ge- gen die Einfalt, als auch gegen den Charakter der Gaͤrten. Es gab Gaͤrten, worinn man es fuͤr eine vorzuͤgliche Schoͤnheit zu halten schien, daß eine Statuͤe die andere beruͤhre, Monumenten und Inschriften. beruͤhre, und wo die gedraͤngte Menge machte, daß man den Ort vergaß, und sich in eine Gallerie versetzt glaubte. Dieses Uebermaaß widerspricht den ersten Regeln der Schicklichkeit und der Simplicitaͤt, wenn auch uͤbrigens die Statuͤen vom schoͤnsten Styl sind, und selbst zwischen ihnen und dem Orte kein Widerspruch bemerkt wird. Das andere Vergehen stieß gegen den Charakter der Gaͤrten, und war noch gewoͤhnli- cher. Es wurden Statuͤen aufgestellt, die nicht allein gar keine Verwandtschaft mit den Vorstellungen und Empfindungen haben, die ein wohlangelegter Garten erwecken soll, sondern die sogar jeden Eindruck der Naturscenen stoͤren helfen. Einem begei- sterten Liebhaber mag es gleichguͤltig scheinen, ob er ein Werk aus dem besten Zeitalter der Kunst in einem Cabinet, oder in einer Gallerie, oder auf einem offenen Platz be- trachten kann. Aber hier muß doch die Sache aus ihrem wahren Gesichtspunkt an- gesehen werden. Es ist nicht zu begreifen, was die Bildsaͤulen des Jupiters, Ne- ptun, Mars, Herkules, der Juno, Minerva und verschiedener andern, deren ausfuͤhrlichste Mythologie noch immer in einer weiten Entfernung von der Natur und der Bestimmung eines Gartens liegen bleibt, an einem solchen Orte bedeuten sollen. Eine geringe Betrachtung wird sie zu den unuͤberlegten Zierrathen hinstellen, die auch eine allgemeine Mode, der Beyfall des Haufens und der Schriftsteller Man kann sich leicht vorstellen, daß die meisten Architecturlehrer, von Vorur- theil und Mode hingerissen, auch Statuͤen vorschlugen, die sich gar nicht in Gaͤrten schicken. Allein man kann fast nichts selt- sameres lesen, als was Miller daruͤber vortraͤgt in seinem großen Gaͤrtnerlexicon, (2ter Theil S. 303. u. s. w. Nuͤrnberg 1751.) einem Werke, das, bey seinen unlaͤugbaren wichtigen Berdiensten um die botanische und oͤkonomische Gaͤrtnerey, in allen Ar- tikeln, welche die Lustgaͤrten betreffen, den kleinen gezierten Geschmack bis zur Ver- wunderung beguͤnstigt. nicht recht- fertigen kann. So hat, um nur ein Beyspiel von einer aͤhnlichen Ausschweifung an- zufuͤhren, der ludovisische Garten zu Rom, der fuͤr einen der schoͤnsten in Italien gehalten wird, noch jetzt Statuͤen, die gefangene barbarische Koͤnige und selbst den Nero vorstellen. Man hat diesen falschen Geschmack noch in andern Wendungen ge- zeigt; man hat mehr als einmal den Neptun in einer Allee, und den Vulkan bey einer Fontaine hingestellt, und ist gerade in den Fehler gefallen, den Horaz ruͤgt: Qui variare cupit rem prodigialiter unam, Delphinum silvis appingit, fluctibus aprum. Es ist nicht der Muͤhe werth, sich bey solchen Auswuͤchsen einer ungesunden Kunst weiter aufzuhalten. Man fuͤhlt es schon zum Ekel, wie elend sie sind; und man sieht sie noch zu oft, um hier die Erinnerung an sie wiederholt zu wuͤnschen. 3. Man III Band. R Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, 3. Man muͤßte in der That einen sehr unvollkommenen Begriff von den mannig- faltigen Wirkungen der Naturscenen haben, wenn man die Statuͤen fuͤr Werke hielte, die in den Gaͤrten nicht entbehrt werden koͤnnten. Ohne sie beweisen die schoͤnsten Ge- genden die ganze Macht ihres Eindrucks; und das duͤrftige Revier kann durch sie nur eine Nebenwirkung, als einen schwachen Ersatz der Anmuth, gewinnen, die ihm die Natur verweigert hat. Statuͤen zeigen die Vollkommenheit des menschlichen Genies, und eine gewisse Pracht, die mehr den Gebaͤuden, als den Plaͤtzen zukommt, wo die Natur ihre Reize verbreiten will; und es scheint, daß sie sich von den Wohnungen verloren, und in fremde Reviere verirrt haben, wo man sie nicht erwartete. Weil sie indessen durch die Laͤnge der Zeit nun einmal eine Art von Buͤrgerrecht in den Gaͤrten erhalten haben, so ist es der Klugheit gemaͤßer, zu zeigen, wie man einen guten Ge- brauch von ihnen machen kann, als sie ganz zu verbannen. Doch giebt es einige Ar- ten von Gaͤrten, mit deren Charakter sie sich nicht wohl zu vertragen scheinen, weil sie zu viel Lebhaftigkeit und Glanz mittheilen. Dahin gehoͤren Gaͤrten von einem blos laͤndlichen oder einfachen Charakter, Gaͤrten des Landmanns und des Buͤrgers, Gaͤr- ten bey Kloͤstern und Begraͤbnißoͤrtern. Im Gegentheil haben sie mehr Schicklichkeit in Gaͤrten, die eine hoͤhere Verzierung und Lebhaftigkeit, reiche und edle Scenen, Lust- gebaͤude, Tempel und andere Werke der menschlichen Kunst verstatten. Es ist nicht zu laͤugnen, daß in solchen Gaͤrten gute Statuͤen schon anstaͤndige Verzierungen ausmachen. Sie beleben die Plaͤtze, und haben etwas gesellschaftli- ches; sie beschaͤftigen das Auge und die Einbildungskraft; sie dienen zur charakteristi- schen Bezeichnung der Scenen sowohl, als der Tempel und anderer Gebaͤude. Allein sie sollen als so kostbare Arbeiten des Genies, als Werke von einem so kraͤftigen Aus- druck, mehr als bloße Verzierungen seyn. Sie sind sichtbare Gestalten von Gedan- ken, Empfindungen, Leidenschaften und Charakteren; Gestalten, die den Menschen schon deswegen interessiren, weil er sich selbst darinn erblickt. Sie veranlassen nicht blos Nachdenken, sondern wirken auch Empfindungen. Es giebt keine Bewegung, die sie nicht ausdruͤcken, keine, die sie nicht in dem Anschauer erregen koͤnnten. Sie haben eine schnelle und fast uͤberall eindringende Wirkung. Allein um diese zu errei- chen, muͤssen sie mit der verhaͤltnißmaͤßigen Groͤße Richtigkeit in der Zeichnung, Geist in der Bearbeitung, einen bestimmten und deutlichen Charakter, Wahrheit und Staͤr- ke des Ausdrucks vereinigen. Es muͤssen Statuͤen seyn, und keine Termen, die halb Bilder, halb Saͤulen, nur eine unvollkommene Gestalt, womit wahrscheinlich die Kunst den Anfang machte, darstellen, und die Taͤuschung so leicht verfehlen. Auch kann Monumenten und Inschriften. kann es eben so wenig gleichguͤltig seyn, ob die Figuren groß oder klein sind, wenn man nicht, wie man noch in manchen Gaͤrten sieht, aus Statuͤen ein bloßes Mario- nettenspiel machen will. 4. Aber welche Vorstellungen soll man waͤhlen? Ist die alte Mythologie, diese fruchtbare Naͤhrerinn der Kuͤnste, hier ganz zu verbannen? Nicht schlechterdings. Wer kann sich beleidigt finden, wenn er die Gottheiten der Gaͤrten und des Vergnuͤ- gens unter den Alten wiedersieht, wenn er in einer Blumenscene die Flora, den Bac- chus bey einem Weingelaͤnder, in einem waldigten Revier die Diana, die Pomona in einer Pflanzung von Fruchtbaͤumen, an einem zum Baden bequemen Ort eine Gruppe der Venus und ihrer Nymphen, oder den tanzenden Faun in einem ver- wilderten Gebuͤsche erblickt? Allein solche Statuͤen sind doch wenig mehr zu empfehlen, weil sie durch die so oft wiederholten Nachbildungen und den gar zu haͤufigen Gebrauch in den Gaͤrten fast alle Kraft angenehmer Eindruͤcke verloren haben. Und als schuͤtzen- de Gottheiten betrachtet, ist fuͤr uns ihr Interesse dahin. Naͤher scheinen uns anzugehen, wiewohl sie nicht weniger verbraucht sind, die allegorischen Statuͤen, die Goͤttinn des Friedens, den Oelzweig oder die Kornaͤhre tragend, oder ihren Schoos voll Fruͤchte, die Goͤttinn des Ueberflusses mit dem Fuͤll- horn, die Froͤhlichkeit mit der Myrte, die Freude mit den Rosen in der Hand, und die angenehmern Jahreszeiten, deren Bilder so sehr geschickt sind, die ihnen ge- widmeten Scenen und Gebaͤude zu bezeichnen. Mehr noch interessiren uns Vorstellungen von Menschen, die wirklich gelebt ha- ben, in der Gestalt, die ihnen eigen war, und die so ganz ihren Charakter darstellt; Vorstellungen von Menschen, die uns durch die Groͤße ihres Geistes oder Herzens, durch den Glanz ihrer Talente oder durch die Wohlthaͤtigkeit ihrer Handlungen ehr- wuͤrdig sind; die uns durch ihre Schriften zur Weisheit und durch ihre Geschichte zur Tugend erheben, die großen Dichter und Weisen der Vorwelt. Einen kleinen Lust- wald zu Sanssouci, wo der koͤnigliche Philosoph unter erhabenen Betrachtungen ru- hend die Lorbeern des Helden vergißt, beleben hin und wieder antike Statuͤen griechi- scher und roͤmischer Weltweisen. Wer empfindet nicht das Anstaͤndige und Feyer- liche einer solchen Scene? Am meisten aber muͤssen uns Statuͤen, die der Patriotismus dem nationalen Verdienst errichtet, interessant seyn; die Bildnisse der Maͤnner, die mit uns zu einer Nation gehoͤren, deren Zierde sie waren; Maͤnner, denen wir Aufklaͤrung, Freyheit, R 2 Wohl- Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Wohlstand, Vergnuͤgen verdanken. Allerdings hat das Verdienst auf eine solche Art von Belohnung Anspruch. Der Nachkoͤmmling verweilt vielleicht vor dem Bild- nisse, uͤberdenkt eine ganze Reihe von edlen oder großen Thaten oder Bestrebungen, wird geruͤhrt, zur Nacheiferung hingerissen, vergießt wohl selbst eine Thraͤne, die den aufkeimenden Entschluß befruchtet; vielleicht giebt auch die Einsamkeit, die hier mehr als anderswo herrscht, seiner Betrachtung mit der Ruhe mehr Staͤrke, und beschleu- nigt die Thaͤtigkeit. Wenn dieses auch nicht immer die Wirkung der Bildnisse ver- dienstvoller Maͤnner ist, so kann sie es doch seyn, und ist es oft gewesen, wo, anstatt eines fluͤchtigen Begaffers, ein empfindsamer Betrachter hinzutrat. Man weiß, wie oft die edlen Juͤnglinge des Alterthums von den Statuͤen ihrer beruͤhmten Vorfahren begeistert wurden, wie viel man damals auf diese Wirkungen rechnen durfte, wie nach- druͤcklich die Philosophen sowohl als die Vaͤter auf diese Bildnisse hinwiesen, auf diese Ora ducum et vatum, sapientumque ora priorum, Quos tibi cura sequi, quos toto pectore sentis. Statius l. 2. car. 2. Indessen gehoͤren den Statuͤen der Helden, der Gesetzgeber, der Erretter und Aufklaͤrer des Vaterlandes, mehr freye, als verborgene Scenen; sie sind schicklicher auf oͤffentlichen Plaͤtzen in den Staͤdten, um die Schloͤsser der Regenten, um die Pa- laͤste der Großen her, wo die Wuͤrde des Orts ihrem Charakter beystimmt, und sie dem Volke mehr ins Auge fallen. In den Gaͤrten, vornehmlich der Privatpersonen, wuͤrden Statuͤen der Landschaftmaler, der Dichter, welche die Schoͤnheit der Schoͤ- pfung besangen, der Philosophen, die uns uͤber die Weisheit der Natur und uͤber den Gebrauch des Lebens unterrichteten, mehr an ihrer Stelle seyn. Sollte dieser Gedan- ke irgendwo eine Anwendung finden, so wird der Deutsche doch wohl so patriotisch ge- sinnt seyn, dem einheimischen Verdienst vor dem auswaͤrtigen den Vorgang zu goͤnnen. Dadurch wuͤrden unsere Gaͤrten, die so lange Nachahmungen der Mode und so selten Werke unsers Genies sind, nicht allein einen Theil von einem eigenen Nationalcha- rakter, sondern auch eine Kraft zu weit lehrreichern Unterhaltungen gewinnen, als alle die gewoͤhnlichen Kopien von Statuͤen des Alterthums nicht geben koͤnnen. Aber so- dann muͤßte auch ein Andreas von Schluͤter und ein Balthasar Permoser nicht mehr so selten unter uns auftreten. 5. In Absicht auf die gute Wirkung der Statuͤen haͤngt viel von dem Ort und der Stellung ab, die man ihnen giebt. Zunaͤchst Monumenten und Inschriften. Zunaͤchst um das Wohngebaͤude werden Statuͤen am besten in einer symmetri- schen Ordnung aufgestellt, wegen des Werks der Architectur, zu welchem sie als Kin- der einer verschwisterten Kunst gehoͤren; in dem Garten selbst aber koͤnnen sie am vor- theilhaftesten hin und wieder einzeln vertheilt werden, nachdem es der Ort und die An- lagen erfordern. Wenn man Statuͤen auf freye offene Plaͤtze stellt, wie man in Gaͤrten fast im- mer zu thun pflegt, so erkennt man bald, daß sie blos des Pomps wegen da stehen. Da sie immer dem Anblick ausgesetzt sind, so ermuͤden sie zuletzt durch die ewige Un- beweglichkeit, die ihnen eigen ist. Und wenn eine gewisse Anzahl auf einmal in die Augen faͤllt, so geben sie zwar ein verwirrtes Ansehen von Pracht, aber keine Folge von angenehmen Bewegungen. Eine weit vortheilhaftere Wirkung beweisen Statuͤen, wenn man sie einzeln in Scenen aufstellt, mit deren Charakter sie uͤbereinstimmen. Hier gewinnt eine Sta- tuͤe, wo sie seltener gesehen wird; wo die Schoͤnheit keine Nebenbuhlerinn hat, wo sie sich ganz ohne Theilung ihrem Liebhaber uͤbergeben kann. Er bleibt stehen, macht Gesellschaft mit ihr, denkt oder fuͤhlt mit ihr, uͤberlaͤßt sich einer ganzen Folge von stillen Ideen und Empfindungen, die sie zu erwecken saͤhig ist; die Seele wird be- schaͤftigt und nicht blos das Auge, das wichtigste Verdienst eines Kunstwerks. Eine Statuͤe in einer dunkeln Waldung, in einem abgesonderten Revier, un- vermuthet erblickt, giebt oft eine angenehme Ueberraschung. Auch nimmt sie sich zwi- schen Baͤumen und Gebuͤschen, in kleinen Gruppen und Hainen weit schoͤner aus, als auf nackten Plaͤtzen; sie scheint hier zu wohnen oder sich zu verbergen; der weiße Mar- mor ist zwischen den braunen Staͤmmen und den Umwoͤlbungen des Laubwerks sehr malerischer Ansichten faͤhig; und die Veraͤnderung, welche der Wachsthum der Baͤu- me und ihre zunehmende und wieder abnehmende Belaubung hervorbringt, giebt der Scene eine immer neue Abwechselung. Eine solche gluͤckliche Stellung hat in dem Park zu Hagley eine Statuͤe der mediceischen Heely Briefe, 7ter Br. Venus. Sie steht in einem auf baͤurische Art gewoͤlbten Winkel einsam, an einem abgelegenen Ort, in einem Dickigt von Baͤumen und Straͤuchern. Gegenuͤber stehen die angenehmsten Gruppen von Lorbeern und andern immer gruͤnen- den Baͤumen, und haͤngen damit zusammen. Sie machen den Fuß eines praͤchtigen Waldes aus, der sich hinterwaͤrts mit aller Schoͤnheit den Huͤgel hinanzieht. In der blumichten Vertiefung und unter dem Lorbeerhain sind laͤndliche Sitze, als wenn R 3 die Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, die Natur sie hier von Felsen gebildet haͤtte, mit aller Simplicitaͤt angebracht. Von einer andern Seite zeigt sich die reizende Venus abermals, gleichsam schuͤchtern, als wollte sie sich in ihrer laͤndlichen Hoͤhle verstecken, oder als wenn sie eben aus dem Wasser gestiegen waͤre. In einer hohlen Vertiefung, die in einer daruͤber liegenden steilen Anhoͤhe angebracht, und nur grob mit Glasschlacken und unregelmaͤßigen Stei- nen verziert ist, entdeckt man eine Cascade, die mit Gewalt hervorbricht, und schaͤu- mend uͤber steile Absaͤtze herabstuͤrzt, bis sie sich unter den Wurzeln eines hohen Baums in eine Oeffnung verliert, und nicht mehr gesehen wird. Die sanft ansteigenden Ab- haͤnge sind mit Rosen, Geisblatt und andern Straͤuchen, wie auch mit Pflanzen ge- ziert, die in verschiedenen Monaten bluͤhen, und eine ununterbrochene Flor dar- stellen. Wo eine Mehrheit von Statuͤen aufgenommen werden kann, da wird Mannig- faltigkeit in ihren Vorstellungen, Ausdruͤcken und Stellungen erfordert. Einige ver- langen nach dem Charakter, den sie vorstellen, Ruhe, Nachdenken, stilles Versinken in große Empfindungen; andre Bewegung, Anstrengung, Handlung. Einige ste- hend, andere sitzend; einige tanzend, wie die Dryaden; andere ruhend, wie baden- de Nymphen in einem klaren Wasser unter einer Felsenwand. Einige in einer zei- genden, andere in einer beobachtenden, einige in einer bewundernden, andere in einer gefuͤhlvollen Stellung, wodurch sie gleichsam die statuͤenartige Steifigkeit verlieren und an Taͤuschung gewinnen. Vorstellungen ohne Geist und Leben schicken sich nicht an einem Orte, wo die ganze Natur zur Beobachtung und Empfindung auffordert. Die Statuͤen sollen die Scene beleben; sie muͤssen daher lauter Natur scheinen, und gleichsam die Rolle denkender und empfindender Wesen spielen. — Auch die bloße Weglassung der Postamente kann zuweilen die Taͤuschung befoͤrdern helfen. Indem die Statuͤen auf einem Fußgestell stehen, so haben sie mehr das Ansehen einzelner Kunstwerke, ohne merkliche Verbindung mit der Scene. 6. Gewoͤhnlich werden Statuͤen einzeln in den ihnen zukommenden Revieren ver- theilt. Die meiste Zeit ist eine einzige hinreichend, den Eindruck der Scene zu heben oder zu veredeln. Auch muß im Ganzen aller Ueberfluß, der sich nicht mit der Ein- falt der Gegenstaͤnde der Natur vertraͤgt, vermieden werden. Und selbst die Kost- barkeit schoͤner Werke dieser Art kann den sparsamern Gebrauch empfehlen. Indessen Monumenten und Inschriften. Indessen koͤnnen doch zuweilen ganze Gruppen von Statuͤen in einem dazu ein- gerichteten Revier mit einer guten Wirkung angelegt werden. Dieß giebt sodann eine Scene, die durch eine hoͤhere Lebhaftigkeit und durch den Reichthum der Kunst sich von den gewoͤhnlichen unterscheidet, oft des Contrastes wegen angelegt, noch mehr aber um eine Folge von Ideen und Empfindungen zu gewinnen, die sich sonst nicht erhalten lassen. Anlagen von diesem Charakter uͤberraschen, beleben, reißen zur Bewunde- rung oder versetzen die Seele des Zuschauers in andere Zeiten und in entfernte Gegen- den hin. Zu dieser Classe gehoͤren alle Nachahmungen von Plaͤtzen und Scenen, die in andern Laͤndern ihre Heimath haben, oder blos in der Mythologie und in den Phan- tasien der Dichter vorhanden sind. Die ersten Werke in diesem Geschmack entstanden ohne Zweifel in dem beruͤhmten Landsitz des Kaisers Hadrian zu Tivoli, als er dar- inn die merkwuͤrdigsten Gegenden Griechenlands nachahmte. S. 1ster B. S. 19. Und in den neuern Zeiten sind die elysaͤischen Felder zu Stowe ein sehr gepriesenes Muster geworden, das hier eine Beschreibung Diese Beschreibung ist theils aus dem Whately, theils aus einem eigenen Werke von diesem Park: Stowe: a descri- ption \&c. (1ster B. S. 69.) wovon ich hier gelegentlich die neue verbesserte Ausgabe von 1773 anzeige. verdient. Die elysaͤischen Felder werden von einem angenehmen Bache durchstroͤmt. Die Baͤume stehen so zerstreut und duͤnne, daß sie ganz licht und luftig sind. An dem einen Ende oͤffnen sie sich gegen ein groͤsseres Wasser und eine ausgedehntere Flur. Die Einfassung ist sehr oft unterbrochen, um weit entlegene Gegenstaͤnde zu zeigen, die durch die Art, wie sie erscheinen, ein weit entfernteres Ansehen bekommen. Der Eingang ist unter einem dorischen Schwibbogen, der auf eine Oeffnung durch die Baͤume trifft. Inwendig stehen die Tempel der alten Tugend und der brittischen Helden; der eine liegt hoch, der andere tief in dem Thale, nahe bey dem Wasser. Beyde sind mit den Bildern der Maͤnner geziert, die sich durch ihre Verdienste im Kriege, im Staat oder in der Gelehrsamkeit am meisten beruͤhmt gemacht haben. Der Tempel der unsterblichen Britten hat die Gestalt eines halben Zirkels, und ent- haͤlt eine Folge von sechszehn Nischen, wovon jede mit einem Brustbild geziert ist. Die Mitte der Kruͤmmung ist mit einer Pyramide geschmuͤckt, worinn sich in einer Nische eine schoͤne Buͤste des Mercur zeigt, uͤber welcher diese Inschrift aus dem Vir- gil steht: Campos ducit ad Elysios. Unten Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Unten ist in eine Platte von schwarzem Marmor diese Stelle aus eben dem Dichter gegraben: Hic manus ob patriam pugnando vulnera passi, Quique pii vates, et Phoebo digna locuti, Inventas aut qui vitam excoluere per artes, Quique sui memores alios fecere merendo. Man erblickt die Brustbilder von Alexander Pope, Thomas Gresham, Igna- tius Jones, John Milton, William Shakespear, John Locke, Isaac New- ton, Franz Bacon, Koͤnig Alfred, Edward Prinzen von Wales, der Koͤniginn Elisabeth, Koͤnig Wilhelm III. Walter Raleigh, Franz Drake, John Hamp- den und John Barnard. Unter jeder Buͤste ist eine Inschrift, welche die Thaten und Verdienste dieser Personen erzaͤhlt. Diese Folge von Nischen, unter welchen drey große Stufen herumlaufen, stoͤßt an ein Gebuͤsch von Lorbeerbaͤumen, wovon die Zweige sich heruͤberbiegen, und eine Art von Krone uͤber eine jede Buͤste bilden; eine Scene, wie sie Virgil schildert: Inter odoratum lauri nemus. Der zwischen dem Gebaͤude und dem Wasser liegende Strich ist ein sanfter Abhang mit Rasen bedeckt, etwa zwey Ruthen breit. — Den Werth der Tapferkeit in den elysaͤischen Feldern zu bestimmen, und sie mit Vorstellungen solcher Maͤnner anzu- fuͤllen, die sich am meisten um das menschliche Geschlecht verdient gemacht haben, ist ein sowohl dem Ort, als den Fabeln der Dichter angemessener Gedanke; und die Menge der Bilder, welche hier aufgestellt werden, harmonirt mit dem Charakter. Einsamkeit ist niemals unter die Reizungen von Elysium gerechnet worden; man hat es vielmehr allezeit als die Wohnung der Freude geschildert. In dieser Nachahmung stimmt ein jeder Umstand mit diesem eingefuͤhrten Begriff uͤberein. Die Lebhaftigkeit des Bachs, der durch das Thal fließt, der Schimmer von einem andern, der sich je- nem naͤhert, um sich mit ihm zu vereinigen, das von dem Wasser zuruͤckgeworfene muntere Gruͤn des Grases und die darinn sich spiegelnden Brustbilder der brittischen Helden, die Verschiedenheit der Baͤume, der Glanz ihres Laubwerks, ihre Ordnung, wodurch sie sich alle deutlich von einander unterscheiden, indem sie uͤber die kleinen Un- gleichheiten des Bodens hie und da herum zerstreut sind, die Mannigfaltigkeit sowohl der innern als aͤußern Gegenstaͤnde, welche die Scene verschoͤnern und beleben; dieses alles zusammen genommen giebt ihr eine Munterkeit, die sich die Einbildungskraft kaum vorstellen kann. So Monumenten und Inschriften. So vortrefflich auch diese Anlage zu Stowe ist, so lassen sich doch, wo man etwa eine aͤhnliche Nachahmung von den elysaͤischen Feldern machen will, noch ver- schiedene Umstaͤnde verbessern. Die Idee von Elysium ist zugleich erhaben und rei- zend, und stimmt sehr gluͤcklich mit den herrlichsten Wirkungen eines heitern Gartens zusammen. Zuvoͤrderst muß zu einer solchen Anlage eine Gegend ausgesucht werden, die lachende Anmuth mit Ruhe verbindet. Eine Gegend, die kein Sturm erschuͤttert, die nur sanfte Winde erfrischen; ein weites, freyes, huͤgelichtes Gefilde; keine Gebirge, nur die Graͤnze mit kleinen Bergen umschlossen, zwischen welchen sich Aus- sichten in die entferntesten Landschaften eroͤffnen, und die Vorstellung von Fortgang, von Unermeßlichkeit geben; liebliche Zusammensetzung von frischem Rasen, von spielenden Baͤchen, von hellgruͤnenden und lange bluͤhenden Gebuͤschen, von luftigen Gruppen ho- her, edler und seltener Baͤume, die angenehme Durchsichten zwischen ihren Staͤmmen verstatten; Huͤgel mit einem dicken Gemisch stark duftender Kraͤuter und Blumen mit glaͤnzenden Farben bepflanzt; keine Wasserfaͤlle, welche die Ruhe unterbrechen, keine Tempel, noch andere Gebaͤude, die den Begriff der Einschraͤnkung oder Verschließung erregen; keine Thiere, die viel Bewegung und Geraͤusch verursachen, und die feyerliche zu den suͤßesten Empfindungen des Vergnuͤgens einladende Stille stoͤren; nur etwa ei- nige kleine Voͤgel, die hie und da sich in der Daͤmmerung des Laubes wiegen, und die sanftern Melodien der Liebe durch duftende Gebuͤsche hinathmen. Der Eingang sey wild verwachsen, uͤberschattet, von Baͤumen mit schwaͤrzlichem Laub verdunkelt und oͤde; er lasse nichts angenehmes erwarten, verwildere immer tiefer; und auf einmal breche das helle, lachende, entzuͤckende Elysium hervor. Devenere locos laetos, et amoena vireta Fortunatorum nemorum, sedesque beatas, Largior hic campos aether, et lumine vertit Purpureo — Virgil. Aen. VI. Die Bildnisse der gluͤckseligen Bewohner dieser Gefilde muͤssen nicht alle auf einmal in die Augen fallen, sondern nach und nach, zwischen Blumenhuͤgeln, Gruppen von bluͤ- henden Straͤuchern und Hainen; immer an einem Ort, in einer Stellung, mit einem Ausdruck, der dem Charakter gemaͤß ist; bald in einsamen Entzuͤckungen, bald in ge- sellschaftlichen Unterredungen. Keine Buͤsten, die nur eine halbe Wirkung haben, sondern Statuͤen in Lebensgroͤße. Nicht ganz im Freyen, wodurch der Marmor zu III Band. S viel Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, viel Licht erhaͤlt, sondern zwischen Baͤumen, wo eine angenehmere Erleuchtung von oben einfaͤllt. So reizend auch Scenen von dieser Classe fuͤr Personen sind, die Kenntniß der Dichterfabel mit feiner Empfindung begleiten, so muß man doch gestehen, daß ihre Wirkung fuͤr Zuschauer vom gewoͤhnlichen Schlag verloren geht. Die Einbildungs- kraft der meisten Menschen ist so schwer, daß sie fast keiner Beweglichkeit faͤhig scheint; ihre Begriffe von der Fabel des Alterthums find so unzulaͤnglich und so schwankend, ihre Bekanntschaft mit den Vorstellungen der Dichter ist so gering, daß auch die gluͤck- lichsten Nachahmungen der Gartenkunst, ohne den innern Sinn zu beruͤhren, vor ihnen voruͤberschwinden, und nur ein bloßes Schauspiel fuͤr das Auge bleiben. Und doch erfordern gerade am meisten Scenen dieser Art, um genossen zu werden, eine gewisse Empfaͤnglichkeit des Gefuͤhls, eine gewisse Schnelligkeit der Phantasie, die zuvor- kommt, die das zu ersetzen weiß, was der Nachahmung an Vollstaͤndigkeit abgieng. Denn der Charakter der Oerter und ihrer Verzierungen kann nie so vollkommen dar- gestellt, nie so taͤuschend werden, als die Beschreibung der Dichter ist. Die Plaͤtze, die Baͤume und uͤbrigen Gegenstaͤnde sind fast keine andern, als die wir sonst zu sehen gewohnt sind; vieles beruht auf Sitten und Gebraͤuchen, die nicht mehr auf unsere Zeiten passen; vieles muß von dem Genie des Himmelsstrichs und von Zufaͤlligkeiten der Natur erhalten werden, die nie in unserer Gewalt sind. Bey einer solchen Unzu- laͤnglichkeit der Mittel ist die Ausfuͤhrung des Unternehmens immer schwer, und der Gartenkuͤnstler hat schon alles gethan, was seine Kunst vermag, wenn er die Nachah- mung bis zu einem gewissen Grad der Taͤuschung fuͤr empfindende Kenner gebracht hat, indessen der große Haufe nur angaffend vor seinem Werke voruͤbergeht. 7. Um diesen Unbequemlichkeiten der Vorstellungen aus der Mythologie und Dich- terfabel des Alterthums auszuweichen, kann der Gartenkuͤnstler sich an Scenen aus seiner Zeit oder aus seiner Nation wenden, die nicht allein eine allgemeine Verstaͤnd- lichkeit, sondern auch noch uͤberdieß ein staͤrkeres Interesse haben. Er ist hier an keine Vorbildung gefesselt; er erfindet selbst und ist Herr uͤber seine Erfindungen; die An- ordnung ist ganz in seiner Gewalt; die Scene liegt gleichsam schon auf seinem Boden da. Er darf nicht zu entlegenen Huͤlfsmitteln seine Zuflucht nehmen; er hat alles in der Naͤhe, er kann den geraden Weg waͤhlen, und seiner gluͤcklichen Annaͤherung zu der Empfindung oder dem Geiste des Zuschauers versichert seyn. Ein Monumenten und Inschriften. Ein treffliches Muster einer solchen nationalen Scene ist das Normannsthal in dem koͤniglichen Park zu Friedensburg, nicht weit von Copenhagen, wie man unten sehen wird. S. Beschreibung dieses Parks im Anhange dieses Bandes. II. Monumente . 1. M onumente oder Denkmaͤler sind sehr wirksame Mittel, das Andenken einer Pex- son oder einer Begebenheit fuͤr die Nachkommenschaft zu erhalten. Wir fin- den sie daher fast bey allen Voͤlkern, sowohl bey denen, die noch wenige Fortschritte in der Cultur gethan hatten, als auch bey denen, unter welchen die Kuͤnste und Wissen- schaften bluͤheten. Wo die Schrift noch nicht erfunden war, da sah man sich noch S 2 mehr Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, mehr genoͤthiget, durch Denkmaͤler, so roh sie auch waren, das Andenken irgend einer That oder Person zu erhalten. Ein bloßer wilder Steinhaufen kuͤndigte den Ort an, wo eine denkwuͤrdige Begebenheit vorgefallen war, welche die Voͤlkerschaft interessirte, wo eine Schlacht geliefert, wo Buͤndniffe geschlossen und feyerliche Versammlungen gehalten worden; oder er bezeichnete die Stelle, wo die Ueberbleibsel eines National- helden ruheten. Man findet noch in verschiedenen Laͤndern, besonders in Norden und in Schottland, Beyspiele von solchen Denkmaͤlern, die aus bloßen rohen, zusam- mengehaͤuften Feldsteinen bestehen, die in laͤngst verflossenen Jahrhunderten zum An- denken einer Nationalbegebenheit der gefallenen Helden errichtet sind. Bey Nationen, die mit der Schaͤtzung des Verdienstes die Cultur der schoͤnen Kuͤnste vereinigten, mußten die Denkmaͤler, die sie errichteten, zugleich von der Seite des Geschmacks wichtig werden. Die Aegypter, die Phoͤnizier, die Hetrurier, hatten schon schaͤtzbare Werke dieser Art; allein die Griechen besaßen sie in einer Menge und Schoͤnheit, als vor ihnen noch keine, von den Kuͤnsten aufgeklaͤrte, Na- tion sie gesehen hatte. Schon fruͤh belohnten sie Staͤrke und Tapferkeit mit Statuͤen und andern oͤffentlichen Ehrenmaͤhlern; allein nicht blos den Sieger in den feyerlichen Spielen, nicht blos den Helden, sondern auch den Patrioten, der die Tyrannen ver- jagte, und zuweilen auch die Philosophen und Dichter, die das Vaterland erleuchteten. Alle Staͤdte, alle oͤffentliche Plaͤtze, sogar die Landstraßen Griechenlands waren mit einer Menge von herrlichen Denkmaͤlern des Verdienstes ersuͤllt, die uns noch jetzt aus der Beschreibung des Pausanias entgegenglaͤnzen, und deren Reste noch jetzt der Stolz der Kuͤnste und die Bewunderung des Kenners sind. Die Grabmaͤler waren nicht verborgen, wie bey uns, sondern an den Landstraßen dem oͤffentlichen Anblick aus- gestellt. Verschiedene Plaͤtze, wo sich das Volk zu Spaziergaͤngen versammelte, wa- ren mit den Bildnissen der weisesten und tapfersten Maͤnner der Nation verschoͤnert. Sogar einige Gebaͤude waren blos zur Aufbewahrung ruͤhmlicher Denkmaͤler aufge- fuͤhrt. Nirgends konnte der Grieche sein Auge hinwenden, ohne der Statuͤe eines Helden, eines Patrioten, eines Weisen zu begegnen; und diese feyerlichen Denkmaͤler der Tugend, die ihn uͤberall umgaben, die vom ganzen Vaterlande gebilligt, verehrt, und nicht selten auf oͤffentliche Kosten aufgefuͤhrt worden, welche starke und dauernde Eindruͤcke zu edlen Erinnerungen und Nacheiserungen mußten sie nicht einpraͤgen! Es konnte nicht fehlen, der Buͤrger mußte da fuͤr das Vaterland und fuͤr die Tugend em- pfinden lernen, wo er von allen Seiten dazu aufgefordert ward. — Auch die Roͤmer belohnten schon in den aͤltesten Zeiten Verdienste mit oͤffentlichen Denkmaͤlern, die aber mehr Monumenten und Inschriften. mehr Geschmack und Verfeinerung der Bearbeitung gewannen, als sie mit den Kuͤn- sten der Griechen vertrauter wurden. Nicht blos der Senat zu Rom widmete dem Andenken seiner Helden und Patrioten Ehrenmaͤler an feyerlichen Plaͤtzen, sondern auch die andern Staͤdte des Reichs erhielten die Freyheit, ihren Wohlthaͤtern Statuͤen und Brustbilder zu errichten; selbst Privatbuͤrger konnten, mit Erlaubniß des Gerichts, das dazu den Ort anwies, Personen aus ihrer Familie ein Denkmal weihen, oder es in ihrem Testamente verordnen. Man erinnert sich, wie sehr sich die Roͤmer von den ehrwuͤrdigen Monumenten ihrer Vorfahren nicht blos geruͤhrt, sondern zur thaͤti- gen Nacheiferung begeistert fuͤhlten. Der juͤngere Plinius erklaͤrt sich bey Erwaͤhnung einer Bildsaͤule, die Trajan dem Andenken des jungen Cottius aufzu- richten befohlen, uͤber die Kraft der Denk- maͤler auf eine Art, die mau nicht ohne Theilnehmung lesen kann. Quo quidem ho- nore, quantum ego interpretor, non mo- do defuncti memoriae, et dolori patris, verum etiam exemplo prospectum est; acuent ad bonas artes juventutem ado- lescentibus quoque (digni sint modo) tanta praemia constituta; acuent princi- pes viros ad liberos suscipiendos, et gau- dia ex superstitibus, et ex amissis tam gloriosa solatia. Erit ergo pergratum mihi, hanc effigiem ejus intueri, subinde respicere, sub has consistere, praeter hanc commeare. Etenim si defunctorum imagines domi positae dolorem nostrum levant, quanto magis eae, quibus in ce- leberrimo loco, non modo species et vultus illorum, sed honor etiam et gloria refertur? Lib. 2. Ep. 7. Bey den neuern Nationen hat man von einem so kraͤftigen Mittel, zu Verdien- sten aufzumuntern, indem man ihr Andenken erhaͤlt, nur selten Gebrauch gemacht. Es sind nur einige Regenten, nur einige Helden oder Staatsmaͤnner, denen hie und da in Residenzstaͤdten an oͤffentlichen Plaͤtzen eine Statuͤe errichtet steht, nur hie und da eine Buͤste auf einem Saal oder ein Grabmal in einer Kirche. Wie viele Sum- men sind nicht fuͤr unendlich oft wiederholte Copien der Gottheiten des Alterthums, womit wir unsere Staͤdte und Gaͤrten fuͤllten, verschwendet worden, und wie wenig hat man daran gedacht, einen Theil dieses Aufwandes den wahren Wohlthaͤtern des menschlichen Geschlechts und den verdienstvollen Maͤnnern aus unserer eigenen Nation zu widmen! Dieses gilt allerdings von Deutsch- land. In Norden ist eine herrliche An- stalt dieser Art, die noch kein Land hat, angefangen. Man sehe unten im Anhan- ge die Beschreibung von Jaͤgerspreis. Nichts sollte den Fuͤrsten heiliger seyn, als gemeinnuͤtzige Verdienste durch oͤffentliche Monumente zu belohnen, und dadurch an Plaͤtzen, wo oft große Ver- S 3 samm- Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, sammlungen sind, wo das Volk verweilt, begeisternde Erinnerungen zu verbreiten. Ein Denkmal, dem weisen und edlen Mann errichtet, ist nicht blos ein Triumph, den man der Tugend verstattet; es ist zugleich eine oͤffentliche Aufforderung zu einer aͤhnlichen Tugend, nicht blos an die Zeitgenossen, sondern auch an die Nachkommen- schaft gerichtet. 2. Wenn wir nach dem Beyspiele der Alten die Kraft der Denkmaͤler mehr schaͤtzen lernten, so wuͤrden selbst manche Gegenden in den Gaͤrten, mit dem Genuß der laͤnd- lichen Annehmlichkeiten, die Erweckung des Andenkens an ein schoͤnes oder nuͤtzliches Verdienst, und die Unterhaltung moralischer Empfindungen verbinden koͤnnen. Es kostet wenig Ueberlegung, um auf eine mit dem guten Geschmack uͤbereinstimmende Weise einen Garten, den Aufenthalt des Vergnuͤgens, zugleich hie und da zu einer Schule der Weisheit einzurichten; und dazu sind Monumente des Verdienstes weit geschickter und anstaͤndiger, als der kindische Einfall in den Gaͤrten zu Versailles, durch Fontainen aͤsopische Fabeln vorzustellen, deren Bedeutung man jedoch erst durch Inschriften in der Naͤhe aufzuklaͤren sich genoͤthigt fuͤhlte. Unter den verschiedenen Gattungen von Denkmaͤlern schicken sich einige mehr fuͤr oͤffentliche Plaͤtze in den Staͤdten, andere mehr fuͤr Gaͤrten. Regenten, Helden, Staatsmaͤnner, große Wohlthaͤter der menschlichen Gesellschaft, Verdienste von ei- nem allgemeinen Einfluß in den Staat, haben einen Anspruch auf oͤffentliche Monu- mente in den Residenzstaͤdten, wo sie auf Kosten der Nation errichtet, oder doch ihrem Auge ausgestellt sind. In Gaͤrten aber schicken sich mehr Denkmaͤler, die der Pri- vatmann stiften kann, Denkmaͤler, nicht sowohl fuͤr die glaͤnzenden, als vielmehr fuͤr die angenehmen Gattungen des Verdienstes, und zwar solche, die mit gartenmaͤßigen Vorstellungen eine gewisse Verbindung haben, oder sich auf Naturscenen und ihre Veredelung beziehen. Man kann hier die Monumente Philosophen, Dichtern, Kuͤnstlern, nuͤtzlichen Buͤrgern oder Freunden, lebenden sowohl als verstorbenen, widmen. Sie koͤnnen nicht weniger Denkmaͤler des Vergnuͤgens, als der Trauer seyn. Sie erfordern alle- mal eine ihrem Charakter angemessene Scene. Ein Monument, irgend einer frohen Begebenheit, irgend einer Empfindung oder Wiedererinnerung von der angenehmen Art geweihet, reize von einem schoͤnen Huͤgel das Auge; ein Denkmal des Schmerzes oder Monumenten und Inschriften. oder der Melancholie verberge sich bescheiden in der oͤden Vertiefung oder zwischen Um- huͤllungen dunkler Gebuͤsche, oder unter einer Felsenwand. Die Wirkungen der Monumente koͤnnen sehr abwechselnd seyn, nach der Ver- schiedenheit der Personen oder Sachen, deren Andenken sie erneuern. Sie erwecken interessante Erinnerungen oder Empfindungen der Verehrung, der Freundschaft und der Liebe; Bewegungen eines sanften Vergnuͤgens, oder einer suͤßen Schwermuth. Man verweilt, wenn die Schoͤnheiten der Natur unser Auge gesaͤttigt haben, gerne bey Monumenten, wo das Herz Nahrung findet. Die Monumente, die ein Gartenbesitzer aus dem Zirkel seiner Familie oder Freunde waͤhlt, haben fuͤr ihn und fuͤr die, welche mit ihm ein gleiches Interesse ver- bindet, die meiste Kraft. Allein in einem solchen Fall ist doch auch auf den entfern- tern Zuschauer so weit Ruͤcksicht zu nehmen, daß er, wo er auch nicht mit empfinden kann, Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, kann, doch durch eine wuͤrdige Vorstellung, entweder von der Seite des Gegenstandes, oder von der Seite des Geschmacks in dem Denkmal selbst, unterhalten werde. Die verschiedenen Arten der Denkmaͤler koͤnnen bald zur Baukunst, bald zur Bildhauerkunst gehoͤren. Zu jener die Gebaͤude, und besonders die Tempel, wovon oben gehandelt ist, die Pyramiden, die Pfeiler, die Ehrenpforten, die Triumphboͤgen; zu dieser die Statuͤen, die Obelisken, die Saͤulen, die Urnen, die Grabmaͤler, u. s. w. In einigen Werken vereinigen sich beyde Kuͤnste. Einige Denkmaͤler sind einfach, wie eine Statuͤe, oder eine Urne, oder eine Saͤule; andre zusammengesetzt, wie ein Grabmal mit einer Gruppe von Figuren, oder eine Urne mit einer daran sich lehnen- den klagenden Statuͤe. Aus allen diesen kann uͤberhaupt der Kuͤnstler nach dem Cha- rakter und der Wichtigkeit seines Gegenstandes Denkmaͤler waͤhlen. Doch giebt es unter diesen Monumenten einige, welche, weil sie einen Charak- ter von Pracht, Groͤße und Hoheit haben, zur Verehrung erhabener und glaͤnzender Verdienste vorzuͤglich geschickt sind, und daher mehr in Residenzstaͤdten, als in Gaͤr- ten, Platz finden koͤnnen. Dahin gehoͤren die Ehrenpforten, Triumphbogen, Sta- tuͤen zu Pferde, Obelisken und andere hohe Saͤulen. Man hat sie in einige koͤnigliche Parks und Gaͤrten von großem Umfang und einem edlen Charakter eingefuͤhrt; sie schicken sich allerdings da besser, als in Gaͤrten von Privatpersonen; allein sie gehoͤren doch mehr auf oͤffentliche Plaͤtze in den Staͤdten, in der Naͤhe der Residenzschloͤsser oder anderer praͤchtiger Gebaͤude, wo sie schon durch ihren eigenen Charakter den Ein- druck von Wuͤrde und Erhabenheit verstaͤrken koͤnnen. Sie kuͤndigen eine solche Art von Pracht an, die sich nicht uͤberall mit der Simplicitaͤt der Gaͤrten vertraͤgt. Ein Obelisk kann oft gegen eine Waldung oder gegen einen See eine treffliche Wirkung machen. Allein ein Triumphbogen in einem Garten ist beynahe das, was eine gruͤne Laube mitten auf dem Markte seyn wuͤrde. Das Ungewoͤhnliche kann Aufsehen ma- chen oder ein kurzes Erstaunen erregen; aber nie den wahren Geschmack befriedigen. Eine Pyramide ruft uns in die Zeit der Aegypter zuruͤck; ein altes Monument soll zur Bezeichnung einer neuen Sache dienen; man sieht nichts Eigenthuͤmliches, man sieht eine bloße Nachahmung, deren Wirkung mit der Absicht, die man zu erreichen sucht, nicht immer gluͤcklich zusammenstimmt; da im Gegentheil eine einfache Saͤule, die jedes Land haben kann, ein weit schicklicheres Mittel seyn wuͤrde. Urnen und Grabmaͤler koͤnnen schon aus dem Grunde in dunkeln und melancho- lischen Revieren der Gaͤrten schickliche Gegenstaͤnde seyn, weil sie dem Charakter und den Wirkungen dieser Gegenden so natuͤrlich zustimmen. Allein sie verstaͤrken nicht blos uͤberhaupt den Eindruck der melancholischen Gegend, sondern erwecken auch Ideen und Empfindungen, welche die melancholische Gegend fuͤr sich nicht so bestimmt hervor- Monumenten und Inschriften. hervorbringen kann. Sie machen den Anschauer schon auf den ersten Blick aufmerk- sam; er wird unter einer bangen Ahndung herbeygelockt; Verehrung, Liebe, Verbin- dung, Trennung, Thraͤnen, Sehnsucht, Schmerz, alle diese ruͤhrenden Vorstellun- gen draͤngen sich seiner Seele entgegen; er tritt naͤher, sieht, lieset; er hoͤret die stumme Klage der Freundschaft, und stimmt bald mit ein; und indem er in das sym- pathetische Gefuͤhl dahinfließt, empfindet er wieder, was auch er einst verlor, und was vielleicht bald sein Freund oder seine Gattinn an ihm selbst verlieren wird; ein Gemisch von melancholischem Schauer, von sanfter Wehmuth, von zaͤrtlichem Verlangen, und von dunklen Hoffnungen durchwallet sein Herz; und mit einem Seufzer, der die ganze Fuͤlle seiner Bewegungen verraͤth, schleicht er davon. Mehr noch muͤssen sol- che wirkliche Denkmaͤler in Gaͤrten ruͤhren, als Poussins beruͤhmtes Gemaͤlde Ar- cadien, Du Bos in den Reflexions critiques sur la Poésie \& la Peinture. Tom. I. ch. 6. das mitten in einer reizenden Landschaft das Grabmal einer jungen Schaͤ- ferinn vorstellt, die in der Bluͤthe ihres Alters gestorben ist. Die Grabschrift besteht blos aus diesen Worten: Et in Arcadia ego! Aber diese kurze Inschrift erweckt die ernsthaftesten Betrachtungen in zween Juͤnglingen und zwo Maͤdchen, die mit Blu- menkraͤnzen geschmuͤckt sind, und, wie es scheint, dieses traurige Denkmal von ohn- gefaͤhr an einem Orte angetroffen haben, wo sie keinen solchen Gegenstand aufsuchten. Einer von ihnen laͤßt die uͤbrigen diese Inschrift bemerken, indem er mit dem Finger dahin zeigt, und man nimmt in ihren Gesichtern, durch den Schmerz, der sich ihrer bemaͤchtigt, nun nichts mehr, als die letzten Ueberreste einer sterbenden Freude wahr. Man glaubt die Betrachtungen zu hoͤren, die diese jungen Personen uͤber den Tod ma- chen, der weder des Alters, noch der Schoͤnheit schont, und vor dem die gluͤcklichsten Himmelsgegenden keine Freystaͤtte haben. Dem Kuͤnstler steht bey dem Bau eines Monuments eine Menge von Formen zu Gebot, wenn sie nur sowohl an sich in einem richtigen Geschmack sind, als auch sich zu dem Charakter seines Werks schicken. Die Erfindung aller Theile des Baues, die ganze Ausfuͤhrung und selbst die Verzierung, muß nach dem mehr oder weniger Wichtigen, nach den Regeln der Schicklichkeit, und nach der besondern Art und Be- stimmung des Werks genau beurtheilt und abgemessen werden. Die ganze aͤußere Gestalt muß auf eine gefaͤllige Weise das Auge an sich ziehen. Es muß einen deut- lich ausgedruckten Charakter haben, der den Anschauer nicht lange uͤber die Bedeutung zweifelhaft laͤßt; und dieser Charakter muß schon begriffen werden koͤnnen, ehe noch die Lesung einer Inschrift die Aufklaͤrung vollendet. Eine Urne, ein Grabmal ist schon durch III Band. T Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, durch sich verstaͤndlich; allein eine bloße Saͤule, die einer Verschiedenheit der Bezeich- nung faͤhig ist, bedarf schon eines kleinen aufklaͤrenden Zusatzes, einer Aufschrift oder eines Sinnbildes. Ein Schmetterling, worunter schon die Alten die Unsterblichkeit der Seele sehr richtig vorstellten, Psyche, die mit gestuͤtztem Haupte sich an den Fuß einer Saͤule lehnt, eine sitzende Figur, die mit beyden Haͤnden ihre Knie umfasset, ein Genius, der eine Fackel ausloͤscht, u. a. sind weit anstaͤndigere Sinnbilder bey Trauermonumenten, als ein ekelhafter Todtenkopf. Ein bloßer Blumenkranz ist zu- weilen schon eine hinlaͤngliche Bezeichnung auf einer Saͤule, die einer frohen Erinne- rung gewidmet ist. Bey keinem Kunstwerke ist alles Ueberfluͤßige in der Verzierung sorgfaͤltiger zu vermeiden, als bey Monumenten. Nichts schadet mehr der stillen Groͤße und der ernsthaften Einfalt, die das Wesentliche ihres Charakters ausmachen. Ein Trauerdenkmal scheint fast gar keine Verzierung zu vertragen. Je einfacher ein Monument ist, desto weniger kann es das Auge zerstreuen, desto sicherer und schneller ist sein Eindruck. Das Auge muß es auf einmal umfassen koͤnnen, nichts haben zum Aufsuchen, noch zum Herumirren. Zwo Inschriften widersprechen schon dem Ge- setze der Einfachheit, und eine ganz vollstaͤndige Saͤule, die auf ihrer Spitze noch eine Urne traͤgt, ist beynahe schon eine uͤberfluͤßige Zusammensetzung. 3. Nachdem in der neuen Manier der Kunst die Bewegungen, die Gaͤrten zu er- regen faͤhig sind, vervielfaͤltigt worden, hat man auch edle Monumente einzufuͤhren angefangen. Schon lange haben die Britten ihren Dichtern und andern verdienten Maͤnnern der Nation Urnen, Saͤulen und, wie schon bemerkt ist, Gebaͤude zu Denk- maͤlern in ihren Parks gewidmet. Man trifft davon jetzt fast uͤberall Beyspiele an. Angenehm ist die Erinnerung, daß eines der ersten davon eine Denksaͤule der kindli- chen Liebe war, die Pope seiner Mutter in seinem bekannten Garten in Twickenham setzte, und die noch steht. Es ist eine vierseitige abgestutzte Saͤule; sie haͤlt funfzehn Fuß in die Hoͤhe, außer dem Postament von fuͤnf Fuß, und ist mit dieser Inschrift geziert: Ah Editha, matrum optuma, mulierum amantissima, vale! Das Monument steht auf einer kleinen Erhoͤhung von Rasen, und ist ringsumher mit Fichten, Ulmen und Cypressen umschlossen; der Eingang ist ein mit Moos bekleideter und von hohen Baͤumen uͤberschatteter Platz. Deutsch- Monumenten und Inschriften. Deutschland hat in verschiedenen Gaͤrten sehr anstaͤndige Denkmaͤler in einem aͤchten Geschmack. Ein solches neulich gesetztes Monu- ment befindet sich in dem Garten des adeli- chen Gutes Rastorf, zwo Meilen von Kiel, wovon Herr Magister und Prediger Mielck zu Preetz 1779 in 8 eine Beschreibung gege- ben hat. — Es bedarf indessen wohl kei- ner Erinnerung, daß man hier keine Be- schreibung der vornehmsten Denkmaͤler, sondern vielmehr nur einige wenige Bey- spiele erwarten kann. Doch unter unsern Dichtern ist Gellert noch der erste, dem Oeser in einem Garten bey Leipzig Gellerts Monument. 8. Leipzig 1774. woraus die folgende Beschreibung gezo- gen ist. ein Monument errichtet hat, das dieses vor- trefflichen Kuͤnstlers so wuͤrdig, als des Mannes ist, dessen Asche die ganze Nation verehrt. Gellert gab zuerst der deutschen Poesie Leichtigkeit, Feinheit, Gefaͤlligkeit, verbunden mit Einfalt und Unschuld, das, was man Grazie nennt. Man kann ihn daher mit Recht als den Vater der deutschen Grazien ansehen; aber er starb ihnen ab, da sie noch Kinder waren, und hinterließ ihre voͤllige Ausbildung andern Haͤnden. Diese Idee, die ein so wahres und gemaͤßigtes Lob auf Gellert und den wesentlichen Hauptzug aus seinem schriftstellerischen Charakter enthaͤlt, leitete den Kuͤnstler. Er versammlet um die Urne des Dichters die drey Grazien; aber sie sind noch Kinder, kleine holdselige Kinder, die auf die Zukunft, wenn sie ihre Reize erst ganz entwickelt haben, die liebenswuͤrdigsten Geschoͤpfe versprechen. Sie betrau- ren ihren Vater und ehren sein Andenken. Zwo der kleinen Goͤttinnen haben sich wehmuͤthig uͤber seine offene Urne hingeworfen, die auf einer unvollendeten Saͤule steht. Unter ihnen beugt sich die dritte, am Fuße der Urne knieend, zu seinem medaillenfoͤr- migen Bildnisse nieder, das, in Lorbeerlaube angeknuͤpft, an der Saͤule herabhaͤngt, und giebt ihm durch ihr Attribut, die Rose, seine letzte Zierde. Der Ausdruck des Schmerzes ist der Wuͤrde solcher Kinder gemaͤß, die uͤber gemeine Kinder erhaben sind. Kein wilder Ausbruch der Thraͤnen entstellt ihr Antlitz, und ihre Traurigkeit scheint ihre Reizungen zu erheben. — Das ganze Werk ist von vortrefflichem saͤch- sischen Marmor, der dem von Paros voͤllig gleich ist, und das Saͤulenstuͤck kanelirt; der Ring am Schaftgesimse hat, wie an der Saͤule des Antonin und Trajan zu Rom, die Gestalt eines Lorbeerkranzes, und dieses Stuͤck von unverjuͤngter Dicke ru- het mit seinem Untersatze auf der Mitte einer viereckigten Stufe. An der dem Bild- nisse entgegengesetzten Seite lieset man auf einer ihm an Groͤße, Form und Verzierung gleichen Tafel: Gellerts Andenken. Die Figuren sind etwas uͤber Lebensgroͤße von Kindern; die drey Fuß und sechs Zoll hohe Urne ist, wie der Saͤulenstamm, drey Fuß und drey Zoll im Diameter; mit den Figuren ist die Urne fuͤnf, das Saͤulenstuͤck mit der Stufe acht, und also der ganze Bau dreyzehn Fuß hoch. — Siehe Tab. I. T 2 Wir Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Wir haben keine Westmuͤnster-Abtey, wo die Asche der ersten Maͤnner der Nation neben der Asche ihrer Koͤnige ruht. Wir haben nicht einmal, wie Frank- reich, eine Akademie, die den Genies vom hoͤchsten Range eine Statuͤe zu bewirken weiß. Die Verdienste der Wissenschaften und Kuͤnste sehen noch unter uns keine An- stalt zu ihrer oͤffentlichen Verehrung; manche große Gelehrte und Dichter, deren Werke die benachbarten Nationen mit Bewunderung lesen, haben kaum einen Grab- stein mit ihrem Namen. — Aber in unsern Gartenrevieren ist Raum und Macht, uns selbst zu ehren, indem wir zur Ehre unserer verdientesten Maͤnner Denkmaͤler setzen. Welcher Fuͤrst, welcher Große, oder welcher Privatmann will den Anfang machen? — Haller, der uns zuerst die großen Schauspiele der Natur schilderte, die sein Vaterland enthaͤlt, verdient schon als Dichter eines der ersten Monumente in Scenen, die dem erhabenen Charakter seiner malerischen Poesie zustimmen. Ihm, aus dessen ewigen Liedern Der Aare Ufer uns duften und vor dem Angesicht prangen; Der sich die Pfeiler des Himmels, die Alpen, die er besungen, Zu Ehrensaͤulen gemacht; Kleist im Fruͤhling. ihm sey dieses Denkmal gewidmet, das auf einem hohen Felsen steht, in einer schwei- zer Landschaft mit Viehweiden und Doͤrfern, und den Alpen in der Ferne. Siehe Tab. II. Ihm folge hier Hagedorn, der uns so oft zu den Freuden des Landlebens lockte, und dessen Lied rein und heiter dahin floß, wie der Quell, der sich unter seinem Denk- mal hervorgießt, das in einem luftigen Waͤldchen auf einer Wiese ruht. Siehe Tab. III. Hier ist ein Monument fuͤr einen andern Dichter, der uns die Schoͤnheit der Natur besang, fuͤr einen Mann, der als Menschenfreund lebte, und als Held fuͤr das Vaterland fiel. Siehe Tab. IV. Wer setzt es unserm Kleist, dem Saͤnger des Fruͤhlings? Ihm, der sich im Leben begluͤckter fuͤhlte, als Achill und Hannibal; denn Er sah auf blumigter Flur das Winken schattigter Erlen, Den Schmuck des lachenden Hains, die weißen Birken voll Laub, Den Thaldurchirrenden Bach. Eine Stelle des Dichters von sich selbst. Traurend Monumenten und Inschriften. Traurend legt sich hier Herkules auf seine Urne, um welche diese Worte stehen: Ihr Winde, wehet sanft! die heilge Asche ruht. Worte des Dichters. Ein kleiner Liebesgott bekraͤnzt seine Leyer. Das Denkmal steht unter duͤster herab- hangenden Baͤumen, an einem etwas erhabenen Orte, wovon man die weite Land- schaft uͤbersieht. Nicht weniger erhebe sich in unsern Gaͤrten ein Monument fuͤr Hagedorn, den Bruder des Dichters, den scharfsinnigen Kunstgelehrten und den gluͤcklichen Kuͤnstler, der die Schoͤnheit der Natur und der Landschaftgemaͤlde so gruͤndlich zu entwickeln wuß- te. Er verstand das große Geheimniß, die Kunst in der Natur zu finden. Bald fuͤhlte er, S. seine Betrachtungen uͤber die Ma- lerey. 8. 2 Th. Leipzig 1762. S. 5. von Horaz und Chaulieu begleitet, das unschuldige Vergnuͤgen des Landlebens, bald betrachtete er mit mehrerer Ruͤcksicht auf den liebenswuͤrdigen Schoͤ- pfer, mit den angenehmen Beschreibungen eines Thomsons und Sulzers, die Schoͤnheit der Natur, und fand sie darauf zu Hause in den Gemaͤlden des Swane- velts und Thomans wieder. In seinen Betrachtungen durchwandert der Kenner mit Vergnuͤgen die Mannigfaltigkeit der Scenen, die uns in der Natur entzuͤcken, und der reizenden Nachbildungen, die uns die Landschaftmaler davon darstellten. Sein Denkmal steht hier vor einem duͤstern Walde auf einem freyen Platze, wovon man eine große Landschaft und in der Ferne Dresden erblickt. Siehe Tab. V. Doch duͤrfen wir mit Monumenten fuͤr unsere verdienten Maͤnner nicht immer erst warten, bis wir sie beweinen; wir koͤnnen sie ihnen, wenn ihr Ruhm entschieden ist, schon bey ihrem Leben widmen. Denkmaͤler fuͤr das noch lebende Verdienst haben außerdem noch eine Heiterkeit, die den Trauermonumenten abgeht, und sind dadurch den Bewegungen eines anmuthigen Gartens vorzuͤglich angemessen. Keine Idee kann wohl natuͤrlicher seyn, als dem groͤßten Idyllendichter der neuern Zeit, der uns mit so vieler Einfalt und Naivitaͤt die Unschuld und suͤßen Freuden des arkadischen Weltalters empfinden lehrte, der die kunstlosen Reize der Natur nicht blos in seinen Gedichten, sondern auch durch seine Radiernadel vor uns hinzuzaubern wußte, unserm Geßner, ein Monument zu weihen. Hier ist ein Entwurf dazu, der eine Ausfuͤh- rung erwartet. Siehe Tab. VI. T 3 Das Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Das Denkmal ist in einer Felsenhoͤhle an einem Bache errichtet. Einige we- nige Baͤume stehen davor, Epheu schlingt sich um sie herum, und an den Felsen waͤchst die Weinrebe empor. Die Hirtenmuse an einem Altar, auf welchem eine Floͤte und eine Radiernadel mit Blumen umwunden liegt, lehrt einen Genius die Em- pfindungen der reinen Liebe, indem sie auf die vor ihm sitzenden Tauben zeigt; ein Satyr und ein junger Faun hoͤren aufmerksam zu. — Trauerdenkmaͤler sind ein Eigenthum der melancholischen Scene; außerdem finden sie in Gaͤrten bey Kloͤstern und Begraͤbnißplaͤtzen eine schickliche Anwendung. Wenn es die Absicht des Gartenkuͤnstlers fordert, den Schauer einer solchen Scene zu verstaͤrken; so koͤnnen Monumente dieser Art in einer dunkeln Felshoͤhle, die selbst in besondern Faͤllen zu Begraͤbnißoͤrtern dienen kann, mit einer guten Wirkung errichtet werden. 4. Man Monumenten und Inschriften. 4. Man wird leicht empfinden, wie viel alle die bisher angefuͤhrten Werke der Kunst und der Nachahmung in Gaͤrten, wenn sie in den ihnen angemessenen Plaͤtzen mit Ueberlegung, Geschmack, und besonders einer weisen Sparsamkeit angebracht werden, nicht allein zur Verstaͤrkung der Wirkungen der Naturscenen, sondern auch zur Hervorbringung neuer Bewegungen beytragen koͤnnen. Die noͤthigste Vorsich- tigkeit aber bey ihrer Anwendung bestehet darinn, daß man sie nie zu Hauptwerken in den Gaͤrten mache, sondern sie allemal den Naturrevieren unterordne, daß man sie nie ohne Unterschied zusammenhaͤufe, und daß man nie ein einzelnes Werk zugleich mit allen Nebenumstaͤnden, die sich bey der Gattung zufaͤllig befinden koͤnnen, erscheinen lasse. Selbst die anstaͤndigsten und schaͤtzbarsten Werke der Kunst koͤnnen zuweilen in besondern Faͤllen ganz verwerflich werden; und was einen Garten von einem ge- wissen Charakter ziert, kann fuͤr einen andern Verunstaltung seyn. Nirgends findet der Gartenkuͤnstler mehr, selbst zu sehen, selbst zu beurtheilen, zu vergleichen, auszu- waͤhlen, oder zu verwerfen, als wo es auf den Gebrauch der Werke der Kunst an- kommt. Auch bedarf es wohl keines Beweises, wie weit die angezeigten Gegenstaͤnde der Kunst und der Nachahmung, die wichtige Vorstellungen und Empfindungen zu erwe- cken Kraft haben, uͤber die leeren und kleinen Verzierungen erhaben sind, die der alten Manier eigen waren. Unter allen schoͤnen Kuͤnsten vertragen die Gaͤrten, ihrer Na- tur nach, am wenigsten kuͤnstliche Verzierungen, und doch sind sie gerade die, welche der vormals herrschende Geschmack damit am meisten gemißhandelt hat. Es ist fast kein Spielwerk des kleinen Witzes, kein Auswurf eines phantastischen Kopfs, den man nicht in die Gaͤrten aufgenommen, und als wenn er da recht an seiner Stelle waͤre, hartnaͤckig zu beschuͤtzen gesucht haͤtte. Die Natur hat oft diesen Tyranneyen so sehr weichen muͤssen, daß kaum eine Spur von ihr uͤbrig blieb. Einige Spielwerke vom kleinen Kram waren so abgeschmackt, daß der verstaͤndige Mann davon sein Auge mit Verdruß wegwenden mußte, daß sie hoͤchstens nur eine Belustigung fuͤr Kinder abge- ben konnten. Dahin gehoͤren z. B. die Parterre von bunt gefaͤrbten Steinchen, Por- zellanstuͤcken, Glasscheiben, Marmortaͤfelchen, Muscheln, woraus man auf dem Sandboden allerley Figuren zusammensetzte; das Pflaster der Gaͤnge mit schwarzen und weißen Kieseln, die Bildungen von Laubwerk oder Thieren vorstellen sollten; die Vexierwasser; die Maschinen, welche den Schall der Posaunen, oder den Knall der Raketen nachahmten; die Wasserorgeln und andere kuͤnstliche Possen mehr. Man kann nicht behaupten, daß dieser Geschmack jetzt uͤberall verdraͤngt ist. Noch jetzt sehen Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, sehen wir in Deutschland, in so manchen Gaͤrten der Fuͤrsten, eine Menge von leeren Vasen aufgestellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt sind besonders die Gaͤrten Ita- liens mit phantastischen Spielwerken und seltsamen Spitzfindigkeiten angefuͤllt. Hier sind nur einige Beyspiele dieser Art aus dem beruͤhmten Garten des großherzoglichen Lustschlosses Pratolino bey Florenz, Aus Jagemanns Briefen uͤber Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br. einem Garten, wovon die Italiaͤner mit Entzuͤcken reden. Man lese und urtheile selbst. Ohne des Riesen zu gedenken, in dessen Bauch sich eine Grotte befindet, noch des Jupiters, dessen glaͤnzender Donnerkeil Wasser spritzt, verweilen wir zuerst bey den Kuͤnsten der langen Grotten, an der Seite des Schlosses. Eine davon, mit dem Namen Galatea bezeichnet, hat in der Mitte ein sogenanntes Meer von hellem Wasser, aus welchem sich Felsen erheben, die mit Corallen und Meerschnecken bedeckt sind. Unvermuthet erscheint ein Triton, der auf einer Seemuschel blaͤset. Sogleich eroͤff- net sich ein Fels, und Galatea kommt hervor, auf einer vergoldeten Muschel sitzend, von zween Delphinen gezogen, die aus ihren Rachen Wasser ausspeyen. Zwo an- dere Muscheln, aus deren Mitte hohe Wasserstrahlen hervorspritzen, begleiten sie auf beyden Seiten bis ans Ufer. In einer andern Grotte siehet man auf großen Wasser- schalen zwo erzene Harpyen, die Wasser ausspeyen, noch zwo andere, die mit mosai- scher Arbeit bekleidet sind, und einen Knaben mit einer Weltkugel, die vom Wasser umgedrehet wird; zu seinen Fuͤßen sind in einem kleinen Teiche Enten, die sich ins Wasser tauchen und trinken. Eine andere Grotte stellt eine Badstube vor, die rings- um mit Spiegeln bedeckt ist. Indeß man sich auf allen Seiten erblickt, weicht der Boden unter den Fuͤßen, und man wird ganz naß. Fast in allen Grotten sind be- triegerische Sitze an den Waͤnden angebracht; setzt man sich nieder, so spritzt ein Wasserstrahl unter den Fuͤßen gerade empor. Weiter sieht man in den Grotten Schaͤ- fer mit ihren Heerden, Wassermuͤhlen im vollen Gange, kleine Bildsaͤulen, die hin und her gehen, singende Voͤgel, ein Frauenzimmer, das, mit einem Eimer in der Hand, aus einer sich oͤffnenden Thuͤr hervorkommt, und unter dem Schall eines Du- delsacks, den ein naher Hirte blaͤst, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo sie Wasser schoͤpft, worauf sie ihren Weg zuruͤckkehrt. Man nennt diese Dame Sa- maritana. Diesem Kunststuͤcke gegenuͤber ist eine Festung, die von einer großen Menge Soldaten von außen bestuͤrmt und von innen vertheidigt wird. Kanonen und Flinten spritzen Wasser aus. Man hoͤrt die Trommel schlagen und ein gewaltiges Geraͤusch, alles wird durchs Wasser in diese Bewegung gesetzt. — Unter der Treppe, wo man in den Garten von Seiten des Schlosses hinabsteigt, steht in einer Grotte die Bild- Monumenten und Inschriften. Bildsaͤule der Fama mit einer vergoldeten Posaune, ein trinkender Drache, ein Bauer, der eine Schale darreicht. Wenn das Wasser zu spielen anfaͤngt, so blaͤst die Fama die Posaune, und schwingt die Fluͤgel; die Schale wird mit Wasser angefuͤllt, der Bauer reicht sie dar, und die Schlange taucht ihren Kopf hinein und trinkt. In einer der Fama gegenuͤberstehenden Grotte sitzt Pan, der durch die Bewegung des Wassers aufsteht, auf der Floͤte blaͤst, den Kopf bewegt, und sich wieder niedersetzt. Orgeln, Stockuhren, Glockenspiele, alles vom Wasser getrieben, Bildsaͤulen, die sich unvermuthet umdrehen und den Zuschauer bespritzen, Theater, in deren Mitte sich Wasserbecken erheben, und aͤhnliche Erfindungen in diesem Geschmack wechseln in die- sem Garten zur Verschwendung ab. — Nach diesen kleinen Kuͤnsten von seltsamen Wasserspielen erhole man sich wieder an der edlen Naturscene in dieser Vorstellung. III Band. U III. In- Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, III. Inschriften . 1. I nschriften (Aufschriften) machen Zusaͤtze bey Gebaͤuden oder Denkmaͤlern aus, die ihren Ursprung oder ihre Bestimmung erklaͤren. Sie dienen demnach, die Un- gewißheit der Bedeutung aufzuheben, und die Wißbegierde, die bey der Annaͤherung gereizt wird, auf einmal zu befriedigen. Ihre wesentlichen Eigenschaften sind, daß sie kurz und deutlich, dem Gegen- stande angemessen, und aus seiner Natur und Bestimmung von selbst entsprungen zu seyn scheinen muͤssen. Man kann sich kurzer Saͤtze in Prose, oder noch besser kurzer Verse, die sich leichter dem Gedaͤchtniß einpraͤgen, bedienen. Die Ausdruͤcke muͤssen kurz, stark und ungeschmuͤckt seyn. Nichts empfiehlt sich mehr zu Inschriften, als Einfalt und Nachdruck. Einige Werke der Baukunst, Saͤulen und andere Monumente wuͤrden oft ohne eine Aufschrift unverstaͤndlich seyn. Allein hier, wo die Nothwendigkeit sie zuerst ein- gefuͤhrt hat und noch oft erfordert, muͤssen sie auch am meisten sich der Kuͤrze befleißi- gen; zuweilen sind einige Worte oder ein paar Verse schon hinreichend, die Bestim- mung des Gegenstandes, worauf sie sich geschrieben oder eingegraben befinden, deut- lich zu machen. Ein Gebaͤude oder ein Denkmal vertraͤgt nicht mehr, als Eine Inschrift, weil seine Bestimmung nur einfach ist, und zu ihrer Andeutung schon Eine zureicht. Das Werk ist nicht fuͤr die Aufschrift, sondern die Aufschrift fuͤr das Werk da; und meh- rere Inschriften an einem Denkmal, so schoͤn auch jede seyn mag, geben eine uͤppige Verzierung, die mehr zur Verwirrung, als zur Deutlichkeit wirkt. Indessen koͤnnen zuweilen, auch außer Gebaͤuden und Monumenten, Inschrif- ten hin und wieder in einem Garten an Ruhesitzen, an Baͤnken, an Portalen u. s. w. hingestreut werden. Sie hoͤren alsdann auf, nothwendige Erklaͤrungen zu seyn, und entfernen sich also etwas von ihrer ersten Bestimmung. Sie koͤnnen in diesem Fall, da sie keine Bezeichnung mehr abgeben, schon etwas laͤnger oder ausfuͤhrlicher seyn; doch duͤrfen sie weder in weitlaͤuftige Beschreibungen, noch in trockene Erzaͤhlungen, zwey sehr gewoͤhnliche Fehler, ausarten. Sie koͤnnen bald auf die besondern Schoͤn- heiten der Scenen hinwinken, bald eine nuͤtzliche Lehre ins Gedaͤchtniß zuruͤckrufen, oder eine Empfindung ausdruͤcken, die dem eigenthuͤmlichen Charakter des Ortes an- gemessen und durch ihn selbst veranlaßt ist. Sie duͤrfen daher nicht muͤhsam gesucht scheinen, Monumenten und Inschriften. scheinen, noch sich im Ganzen durch eine Vermischung der Zeiten und Sprachen, woraus sie entlehnt sind, widersprechen. Vornehmlich muͤssen sie, wenn sie moralisch sind, einen wichtigen Gedanken oder eine wahre und edle Empfindung ausdruͤcken; wenn sie auf den Charakter des Auftritts weisen, treffend und stark seyn. Wenn die Inschriften gluͤcklich erfunden und an ihren Plaͤtzen schicklich ange- bracht sind, so beweisen sie immer eine gute Wirkung. Sie sind freylich entbehrlich, indem die Eindruͤcke eines Gartens sehr schwach seyn muͤßten, wenn sie erst einer sol- chen Unterstuͤtzung beduͤrftig waͤren. Allein sie halten doch oft den fluͤchtigen Lust- wandler an; sie reizen das Nachdenken zu einer Zeit, da man sich blos den sinnlichen Bewegungen uͤberlaͤßt, sie unterhalten in der Einsamkeit, beleben die Einbildungskraft, wecken die Empfindlichkeit, oder streuen nuͤtzliche Erinnerungen uͤber den Pfad des Vergnuͤgens oder uͤber den Sitz der Ruhe aus; und fast immer sind sie doch wichtig als Veranlassung zu einer Folge von Ideen und Empfindungen, welchen sich die Seele vielleicht ohne sie nicht so leicht uͤberlassen haͤtte. Zum klugen Gebrauch der Inschriften gehoͤrt, daß sie uͤberhaupt in einem Gar- ten nur uͤberaus sparsam angebracht werden. Nicht jede Scene verlangt so wenig, als jedes Gebaͤude, eine Inschrift; und wenn sich ihre Zahl zu sehr vermehrt, so ver- lieren sie zuletzt ihre Wirkung, weil sich die Aufmerksamkeit auf sie vermindert. Es ist angenehm, an diesem oder jenem Orte eine hingestreute Inschrift zu finden; aber es wird beschwerlich, wenn sich eine Menge dem Auge zudraͤngt. Ein Gartenkuͤnstler, der uͤberall, wo man ruhen will, zum Lesen auffordert, der jede Bank, jedes Bret mit einer Inschrift bekleckt, ist eben so unertraͤglich, als ein dreister Schwaͤtzer, der uns seine Einfaͤlle oder seine Belesenheit unaufhoͤrlich aufdringen will. Man kann Inschriften aus verschiedenen Quellen, besonders aus den Dichtern des Alterthums oder seiner Nation, oder aus eigener Erfindungskraft schoͤpfen. Es ist bekannt, wie vortrefflich sich die Sprache der Alten zu Inschriften schickt, und wie oft ihre Schaͤtze in dieser Absicht genutzt sind. Indessen sollten doch, in den meisten Faͤllen, die Inschriften in der bekannten Sprache des Landes abgefaßt seyn, weil in einer alten oder auslaͤndischen Sprache ihre Wirkung fuͤr den groͤßern Haufen verloren geht. Es ist sonderbar, wenn man in einem Garten ein Gemenge von lateinischen, englischen, franzoͤsischen und deutschen Aufschriften zusammenwirft. Der ver- nuͤnftige Britte schreibt sie in seiner Sprache, wenn er nicht aus Roms Dichtern schoͤpft. Nur der Deutsche kann seine eigene Sprache, seine eigene Dichter uͤberse- hen; und scheint mit sich zufriedener, wenn er englaͤndische oder franzoͤsische In- schriften ausstellt. U 2 2. Weil Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, 2. Weil Beyspiele sowohl unterrichten, als auch unterhalten, so wollen wir hier zuvoͤrderst einige lateinische Inschriften sehen, die sich in verschiedenen brittischen Parks befinden, und wovon die meisten bekannte Stellen aus roͤmischen Dichtern sind. Die Inschriften in den Leasowes oder Hirtenfeldern sind schon lange, sowohl der Schoͤnheit ihrer Poesie, als der gluͤcklichen Anwendung wegen, geschaͤtzt, die das Genie des vortrefflichen Schenstone von ihnen zu machen wußte, obgleich darunter einige in englaͤndischer Sprache zu weitlaͤuftig sind. Auf einer Urne, die er dem Andenken einer jungen Verwandtinn weihete, steht diese ruͤhrende Inschrift: Peramabili suae consobrinae, M. D. Ah Maria! puellarum elegantissima. Ah flore venustatis abrepta! Vale! Heu quanto minus est cum reliquis versari, quam Tui meminisse. In einem einsamen und waldigten Thale, wo sich eine schoͤne Cascade zeigt, findet man im Ruͤcken einer Bank diese Stelle: — — lucis habitamus opacis Riparumque toros et prata recentia rivis Incolimus. — An einem Orte, wo man ein schoͤnes Thal ganz uͤbersieht: Huc ades, o Meliboee! caper tibi salvus et hoedi, Et si quid cessare potes, requiesce sub umbra. Indem man durch ein laͤndliches Thal, unter dem Schatten dicker Birken, zu einem finstern Winkel hinaufkommt, trifft man an einer Bank diese Worte an: — — me gelidum nemus Nympharumque leves cum Satyris chori Secernunt populo. In Monumenten und Inschriften. In einem verborgenen Aufenthalt, der angenehme Schatten, große Baͤume und kla- res Wasser hat, wo das Ohr durch das Saͤuseln eines benachbarten Hains und das entfernte Geraͤusch eines fallenden Bachs gereizt wird, findet man diese zaͤrtliche Ein- ladung: Nerine Galatea! thymo mihi dulcior Hyblae, Candidior cygnis, hedera formosior alba! Cum primum pasti repetent praesepia tauri, Si qua Tui Corydonis habet te cura, venito. In einer andern Gegend kommt man an einen reizenden Sitz, unter Schatten auf ei- nem Felsen, wo man aus der Finsterniß einen angenehmen Prospect uͤber die abwech- selnde Landschaft hat; man sieht auf die Leasowes, auf das Wohnhaus, auf die mit Wald umgebenen Rasen und auf schimmerndes Wasser hinab; die Hauptzierde dieser Aussicht ist Grange, ein Landsitz zwischen Pflanzungen. An diesem Sitze lieset man: — — Hic latis otia fundis Speluncae, vivique lacus, hic frigida Tempe, Mugitusque boum, mollesque sub arbore somni. An einem Tempel des Pan, der mit einer Schalmey und der siebenroͤhrigten Pfeife der Alten geziert ist: Pan primus calamos cera conjungere plures Edocuit; Pan curat oves, oviumque magistros. Bey einem Sitz, der Thomsons Andenken gewidmet ist: Quae tibi, quae tali reddam pro carmine dona? Nam neque me tantum venientis sibilus austri, Nec percussa juvant fluctu tam littora, nec quae Saxosas inter decurrunt flumina valles. Auch der beruͤhmte Park zu Hagley hat einige aus den roͤmischen Dichtern gluͤcklich entlehnte Inschriften, wovon diese zum Beyspiel dienen moͤgen. In einem einsamen Eichenwald lieset man, bey einem rauschenden Bach, diese philosophische Lehre des Dichters: Inter cuncta leges et percunctabere doctos, Qua ratione queas traducere leniter aevum, Quid minuat curas, quid te tibi reddat amicum, U 3 Quid Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Quid pure tranquillet, honos an dulce lucellum, An secretum iter, et fallentis semita vitae. In einer anmuthigen Vertiefung, die gleichsam mit Baͤumen gewoͤlbt ist, geht man dicht bey einer Quelle vorbey, die zwischen Steinen hervordringt und in den Fluß faͤllt; etwas weiter hin rieselt ein Bach mit angenehmem Geraͤusch uͤber Felsen fort, vereinigt sich mit dem Flusse, gewinnt noch einen Fall und verliert sich ins Gebuͤsche. Hier lieset man: Hic gelidi fontes, hic mollia prata Lycori, Hic nemus, hic ipso tecum consumere in aevo. Ein Sitz von Moos in einem Hain ist mit hohen, weit ausgebreiteten Baͤumen uͤber- woͤlbt. Die Baͤnke haben im Ruͤcken Gebuͤsche, Epheu und Moos. Gegenuͤber hat man einen zwischen Epheu senkrecht hinabstuͤrzenden Wafserfall, der unten uͤber Steine wegrauscht, und sich in das Gestraͤuch verliert. Dieser schoͤne Sitz hat die Ueberschrift: — — Ego laudo ruris amoeni Rivos et mosco circumlita saxa nemusque. An einem andern Orte hat man den Anblick einer schoͤnen Cascade vor sich, die durch einen Felsen in zween Absaͤtze getheilt wird, und in einen Strom faͤllt, woruͤber eine Bruͤcke geschlagen ist. Hoͤher hinauf ist eine wilde Gegend, weiter hin eine offene Wildbahn, und zuletzt ein gruͤner Huͤgel, worauf ein runder Tempel steht. Alle diese Gegenstaͤnde sieht man durch einen dicken Wald, welcher der ganzen Scene ein feyerliches finsteres Ansehen giebt. Hier lieset man die uͤberaus anpassende Inschrift: Viridantia Tempe, Tempe, quae silvae cingunt superimpendentes. Weiter hin umgiebt eine Bank die Haͤlfte einer ehrwuͤrdigen Eiche, die in einem tie- fen einsamen Thale steht. Es ist mit allerley Baͤumen, Eichen, Buchen, Eschen, durch einander angefuͤllt; einige sind sehr alt, und ihre nackenden Wurzeln ganz in einander gewachsen; andere hoch, schmal und gerade; zwischen ihnen schlaͤngeln sich Baͤche in steilen Gaͤngen fort. Das Geraͤusch derselben, das Girren der Holztauben, welches sich mit den durchdringenden Toͤnen der kleinen Voͤgel vermischet, die feyerliche Einsamkeit und Dunkelheit des Platzes, machen einen so angenehmen Eindruck auf das Gemuͤth, daß es alle Sorgen vergißt, und sich der Ruhe und dem Vergnuͤgen uͤberlaͤßt. Die Bank fuͤhrt diese Inschrift: Libet Monumenten und Inschriften. Libet jacere modo sub antiqua ilice, Modo in tenaci gramine; Labuntur altis interim rivis aquae, Queruntur in silvis aves. Fontesque lymphis obstrepunt manantibus, Somnos quod invitet leves. Der Tempel der Venus zu Stowe ist mit dieser Inschrift aus dem Catull geziert: Nunc amet, q́ui nondum amavit; Quique amavit, nunc amet. Eine Menge von aͤhnlichen gluͤcklichen Aufschriften, aus den alten Dichtern ent- lehnt, trifft man in andern Parks von England an. 3. Allein deutsche Inschriften sind fuͤr deutsche Gaͤrten doch vorzuͤglich zu em- pfehlen, zumal wenn sie nicht eben bey Gebaͤuden und Monumenten, denen oft latei- nische besser zu stehen scheinen, angebracht, sondern nur an Sitzen, Portalen, oder anderswo zur angenehmen Beschaͤftigung des Geistes oder des Herzens hingestreuet werden. Wer sie nicht aus sich selbst zu schoͤpfen weiß, der kann seine Zuflucht zu unsern besten Dichtern nehmen, bey welchen hin und wieder Stellen vorkommen, die sich mit Gluͤck als Inschriften gebrauchen ließen. Hier sind einige Beyspiele davon, die man leicht mit aͤhnlichen vermehren kann, und deren Anfuͤhrung an diesem Ort eine Veranlassung zur Aufmerksamkeit auf unsere eigene Schaͤtze seyn mag. Es gehoͤrt nur eine sehr maͤßige Beurtheilung dazu, um einzusehen, bey welchen Scenen und Plaͤtzen sie eine Anwendung finden koͤnnten. Das Vergnuͤgen folget nur Sanften Trieben der Natur. Stille Lanben sind sein Haus, Seine Pracht ein frischer Strauß; Einfalt und Gemaͤchlichkeit Sein gewoͤhnliches Geleit. O! wie schoͤn ist alles hier! Dorimene kam zu mir In der Laube Schatten; Wo die Geißblattranken bluͤhu, Und mit duftendem Jasmin Sich begatten. Immer Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Immer rinnet diese Quelle, Niemals plaudert ihre Welle. Komm, Wandrer, hier zu ruhn! Komm, lern an dieser Quelle Stillschweigend Gutes thun! Weil ich nicht praͤchtig schmausen kann, Sollt’ ich nicht froͤhlich schmausen koͤn- nen? Will Flora fuͤr mein Haar mir holde Rosen goͤnnen, Was geht der Fuͤrsten Pracht mich an? Wie sanft, wie ruhig fuͤhl ich hier Des Lebens Gluͤck, nicht seine Sorgen! Und sonder Ahndung leuchtet mir Willkommen jeder Morgen. Hier seh ich, was ich nimmer sahe, Die Hoͤlle fern, den Himmel nahe, Hier trotz ich ihr, hier preiß ich ihn; Hier, wo wir nur in Huͤtten wohnen, Seh ich nicht Perlen und nicht Kronen, Doch seh ich Veilchen und Jasmin. Um Reichthum thu ich keine Bitte, Wenn auf mein Land und meine Huͤtte Nur Regen trieft und Sonne scheint; Was noͤthig ist, hab ich zum Leben, Will mir der Himmel mehr noch geben, So geb er mir noch einen Freund. Laß andre nur nach Reichthum streben, Ihn nimmt und giebt der Zufall nur; Mir ist ein Baum und Bach gegeben, Und diese gab mir die Natur. Laß andre weit und praͤchtig wohnen, Ich habe doch noch groͤßern Raum; Sie liegen auf erhabnen Thronen, Ich unter einem hohen Baum! Mich entzuͤcket der Wald, mich der ent- bluͤhte Baum, Mich der tanzende Wiesenquell, Mich der Morgengesang oder das Abend- lied Meiner Freundinn, der Nachtigall. Wann der bethaute Morgen lacht, Wann von den Fittigen der Nacht Die Stunden kuͤhler sind; Spricht mir die Weisheit liebreich zu; O! Sterblicher, was sorgest du, Und wuͤnschest in den Wind? Der dich gemacht, sorgt auch fuͤr dich! Nicht auf die Erde schraͤnket sich Der Plan des Himmels ein. Dieß Leben ist ein Augenblick, Ein Fruͤhlingstraum das laͤngste Gluͤck; Du sollst unsterblich seyn! O! Wald, o! Schatten gruͤner Gaͤnge! Geliebte Flur voll Fruͤhlingspracht! Mich Monumenten und Inschriften. Mich hat vom staͤdtischen Gedraͤnge Mein guͤnstig Gluͤck zu euch gebracht; Wo ich, nach unruhvollen Stunden, Die Ruhe, die dem Weisen lacht, Im Schooße der Natur gefunden. Die Anmuth praͤchtiger Natur Vergnuͤgt mich auf beblumter Flur, Auf Huͤgeln und im dunkeln Haine. Ich jauchz’ an stiller Musen Brust So froͤhlich, als bey Cyperns Weine; Ja, wenn ich Thoren einsam scheine, Vertraut sich mir die reinste Lust. Du hast mit Schoͤnheit, die entzuͤckt, Das Antlitz der Natur geschmuͤckt, O! aller Schoͤnheit reiche Quelle! Dir geht kein Wesen vor! Die reinste Liebe schwelle Mein ganzes Herz zu dir empor! Die guͤtige Natur verlangt nicht unsre Plage. O! ruhten wir an ihrer Brust, Und ließen ihr die Wahl der bessern Lust, Wie heiter floͤssen unsre Tage! Die Freude, welche sie mit milder Hand bereitet, Reizt ungekauft, ermuͤdet nicht, Ist ruhig, rein, sanft wie das Mor- genlicht, Das uͤber frische Rosen gleitet. O! wie begluͤckt ist der, den nie sein Herz verdammt, Und den kein leerer Stolz, kein Durst nach Gold entflammt! Der, wenn die ganze Welt in Lastern um ihn brennet, Sich kalt erhaͤlt, nach keinen Wuͤrden rennet; Und, fern vom Laͤrm der Falschheits- vollen Stadt, Frey unter Linden ruht, die er gepflanzet hat! Noch rinnt und rauscht die Wiesen- quelle, Noch ist die Laube kuͤhl und gruͤn; Noch scheint der liebe Mond so helle, Wie er durch Adams Baͤume schien — O! wunderschoͤn ist Gottes Erde, Und werth, darauf vergnuͤgt zu seyn! Drum will ich, bis ich Asche werde, Mich dieser schoͤnen Erde freun. III Band. X Schoͤn Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Schoͤn ist, Mutter Natur, deiner Erfin- dung Pracht Auf die Fluren verstreut, schoͤner ein froh Gesicht, Das den großen Gedanken Deiner Schoͤpfung noch einmal denkt. Die gruͤne Nacht belaubter Baͤume Lockt uns in anmuthsvolle Traͤume, Worinn der Geist sich selber wiegt; Er zieht die schweifenden Gedanken In angenehm verengte Schranken, Und lebt mit sich allein vergnuͤgt. Freund, lege deinen Unmuth ab, Der macht sich aus der Welt ein Grab, Der ihre Lust nicht will genießen; Waͤr unser Herz von Ekel leer, So wuͤrde bald ein Wollustmeer Von jedem Huͤgel in uns fließen. O! Land, der Tugend Sitz, wo zwischen Trift und Auen Uns weder Stolz noch Neid der Sonne Licht verbauen; Und Freude Raum erblickt; wo Ehrgeiz und Betrug Sich nicht dem Strohdach naht, noch Gift dem irdnen Krug; Wo Redlichkeit ein Ruhm, und Treu ein Erbtheil ist, Wie in Arcadien! Wunderseliger Mann, welcher der Stadt entfloh! Jedes Saͤuseln des Baums, jedes Ge- raͤusch des Bachs, Jeder blinkende Kiesel Predigt Tugend und Weisheit ihm. Jedes Schattengestraͤuch ist ihm ein hei- liger Tempel, wo ihm sein Gott naͤher voruͤberwallt; Jeder Rasen ein Altar, Wo er vor dem Erhabenen kniet. Nur der ist ein Liebling des Himmels, der, fern vom Geraͤusche der Thoren, Am Bache schlummert, erwachet und singt. Ihm malet die Sonne Den Ost mit Purpur, ihm haucht die Wie- se, die Nachtigall singt ihm; Ihm folget die Reue nicht nach, nicht durch die wallenden Saaten, Nicht unter die Heerden im Thal, nicht an sein Traubengelaͤnder. Mit Arbeit wuͤrzt er die Kost, sein Blut ist leicht, wie der Aether; Sein Schlaf verfliegt mit der Daͤmmrung, ein Morgenluͤftchen verweht ihn. Wir Monumenten und Inschriften. Wir wollen unser Lebenlang Uns sanften Freuden weihen! Der Wiese Duft, der Waldgesang Soll immer uns erfreuen! Uns gruͤnen Saaten, Trift und Hain, Uns rauschen Wasserfaͤlle; Uns malt des Himmels Widerschein Roth, weiß und blau die Quelle. Aus Blumenkelchen laͤchelt uns Der suͤße Blick der Freude; Wir sehen ihn, und freuen uns, Wie Laͤmmer auf der Weide. Es danket unser frohe Blick Dem Gott, der uns ins Leben Gerufen, und so manches Gluͤck Aus Vaterhuld gegeben. Des Mondes silbern Bild Ist ruhig, lieblich, mild; Er laͤchelt jedem Ruh Und suͤße Stille zu. Die Weisheit gleichet ihm, Nie wild und ungestuͤm, Die jedem, der sie liebt, Auch gleiche Sanftmuth giebt. Wie Gottes Sonne sich zum Untergan- ge neigt, So neige sich dereinst mein Leben! Mein Gang durch diese Welt ist blu- micht, still und eben; O! moͤchte Gott es geben, Daß sich am Ziel kein rauher Abweg zeigt! Gern senket sich mit schweigendem Ge- fieder Der Schlaf zur stillen Huͤtte nieder; Er liebt ein schattigt Thal, wo Zephyr lauscht, Und sanft die Silberquelle rauscht. Froh ist mein Abend, froh mein Mor- gen! Der Fuͤrsten schwere Sorgen Und Tyranney, Die Hoffart mit dem duͤrren Neide, Des Lasters wilde Freude, Gehn fern von mir vorbey. Komm in die kuͤhle Nacht der Sommer- laube, Wo lieblicher Jasmin bey Rosen bluͤht, Und feuriger der Saft der rheinschen Traube Im Deckelglase gluͤht! X 2 Manch Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Manch Rosenblaͤttchen schwimmt herab- gerissen Im edlen Wein, und ruft uns war- nend zu; „Eil, Juͤngling, deine Tage zu genießen! „Denn sterblich bist auch du.“ Still ist diese Gegend; Ruhe wohnet Ringsumher; der Liebe Goͤttinn thronet Hier am liebsten. Eine Schaͤferinn, Die an Liebreiz nicht der Goͤttinn weichet, Daphne mit den blauen Augen schlei- chet Oft in diese stille Schatten hin. Und der Friede wallt auf allen Wegen Der geliebten Schaͤferinn entgegen, Unschuld folget ihren Schritten nach; Zephyr haucht durchs junge Laub gelin- der, Laute Wasserguͤsse rauschen minder, Und das Lied der Nachtigall wird wach. An Phillis. Erkenne dich im Bilde Von dieser Flur: Sey stets, wie dies Gefilde, Schoͤn durch Natur! Erwuͤnschter, als der Morgen, Hold, wie sein Strahl; So frey von Stolz und Sorgen, Wie dieses Thal! Ich will mich stets, bey jeder kleinen Gabe, Die mir der Himmel giebt, erfreun; Ich will den Weg, den ich zu laufen habe, Mit Blumen mir bestreun. Sollt’ ich mich nicht des Lebens freun? Ich athme hier im Klee Der Kraͤuter Suͤßigkeiten ein, Bevor ich sie noch seh. Euch Thaͤler, und euch Hoͤhen, Die jetzt der Sommer schmuͤckt, In stiller Ruh zu sehen, Ist, was mein Herz entzuͤckt. Schoͤn seyd ihr, Wald und Weiden! Und die bethaute Flur! Wie groß sind deine Freuden, O! reizende Natur! Willst du frey und lustig gehen, Durch dieß Weltgetuͤmmel; Mußt du auf die Voͤgel sehn Wohnend unterm Himmel; Jedes Monumenten und Inschriften. Jedes huͤpft, und singt, und heckt Ohne Gram und Sorgen, Schlaͤft, vom gruͤnen Zweig bedeckt, Sicher bis zum Morgen. Keines bebt im Sonnenstrahl Vor den fernen Stuͤrmen; Koͤmmt ein Sturm, so wirds im Thal Baum und Fels beschirmen. Taͤglich bringt es seinen Dank Gott fuͤr jede Gabe, Flattert einstens mit Gesang Still und leicht zu Grabe. Geliebtes Land, dein aufgeklaͤrter Him- mel, Der sanft und rein um stille Fluren fließt, Empfange mich vom Laͤrm und vom Getuͤmmel Der weiten Stadt, wo Unmuth mich umschließt! Rund herum ist Freude, Freude dort am Huͤgel, Und im Thale Freude, Freude in Gebuͤschen, Freude auf den Baͤumen, Alles lebt und fuͤhlet; O! wie schoͤn, o! wie schoͤn Ist der May! Hier, Freund, verstummt der letzte Laut Vom tollen, staͤdtischen Getuͤmmel; Wohin dein Fuß sich lenkt, wohin dein Auge schaut, Liegt schoͤnre Bahn vor dir, glaͤnzt dir ein heitrer Himmel. Die reine Luft, die deinem Kinn Liebkosend hier entgegen schwebet, Wie still ist sie! Kein Laut von Unsinn ist darinn, Kein Dampf, der auf dem Haupt ge- draͤngter Staͤdte schwebet. Wann von der Flur die satten Heerden ziehen, Und keines Schaͤfers Rohr im Thale mehr erklingt, Und nun im Hain dein Lied, in sanften Melodien, Den Tag hinab zur Ruhe singt; Und eine Schaar bewundernder Gespie- len, Von deiner Kunst entzuͤckt, auf nahen Aesten lauscht; X 3 Wann Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Wann alles schweigt, und selbst das Laub, dein Lied zu fuͤhlen, In jedem Wipfel leiser rauscht; Wann sie dann kommt, die meine Seele liebet, Wann sie dann kommt und auch auf deine Lieder hoͤrt, Bey jedem Wechsellaut dir frohen Bey- fall giebet, Mit Laͤcheln jeden Schlag beehrt: Dann, Nachtigall, o! dann laß deine Toͤne Entzuͤckender, als sonst, und wollust- voller seyn. Es floͤße dein Gesang der muntern Do- rimene Die angenehmste Schwermuth ein! Einwohnerinn in diesen Straͤuchen, An diesem kuͤhlen Wasserfall, Du mußt noch nicht von dannen wei- chen, Du kleine, suͤße Nachtigall. Bald kommt Philinde aus der Ferne: Wie suͤß die singet, singst du nicht. Lern von ihr singen; von dir lerne Sie lieben; denn dieß kann sie nicht. Ja! alles, was ich seh, sind Gaben vom Geschicke, Die Welt ist selbst gemacht zu ihrer Buͤr- ger Gluͤcke; Ein allgemeines Wohl beseelet die Natur, Und alles traͤgt des hoͤchsten Gutes Spur. O! selig, wer in Ruh, mit selbst ge- zognen Stieren, Den angestorbnen Grund von eignen Aeckern pfluͤgt, Wen reine Wolle deckt, belaubte Kraͤnze zieren, Und ungewuͤrzte Speis aus suͤßer Milch vergnuͤgt; Wer sich bey Zephyrs Hauch, an kuͤhlen Wasserfaͤllen, Zum unbesorgten Schlaf auf weiche Ra- sen streckt; Wen nie in hoher See das Brausen wil- der Wellen, Noch der Trompeten Schall in bangen Zelten weckt; Wer seinen Zustand liebt, und niemals wuͤnscht zu bessern, Gewiß! der Himmel kann sein Gluͤcke nicht vergroͤssern. Gott zeigt in seiner Schoͤpfung Werke Sich uͤber unserm Haupt, sich auf der Erde groß; Er Monumenten und Inschriften. Er gab der Sonne Glut, den Elephan- ten Staͤrke, Den Blumen Duft, und Sammt dem Moos. Was nuͤtzt die Rose, wenn man sie nicht bricht? Man geht unfuͤhlend vorbey, Fragt nicht, wie schoͤn sie sey; Sie stirbt, der Juͤngling beklaget sie nicht! O! Chloe, in dem Schatten hier Genieß mit mir dein Leben! Die Goͤtter koͤnnen dir und mir Kein groͤßer Gluͤcke geben. Der Baum, der uns jetzt Schatten giebt, Wird bald den Lenz betrauern; Doch soll auch unsre Zaͤrtlichkeit Des Lebens Winter dauern. Was brauchen wir des Gluͤckes Gunst Mit seinen Guͤtern allen? Die Liebe lehrt uns ja die Kunst, Uns ewig zu gefallen. Willkommen schoͤner Morgen! Waͤr ich nicht fruͤh erwacht, So bliebst du mir verborgen Mit deiner ganzen Pracht. Rings um mich her ist Freude, Im Feld und auf der Weide; Schoͤn ists, wohin ich seh, Im Thal und auf der Hoͤh! Unmuth ist oft bloßer Wahn; Laßt uns ewig ihm entfliehn! Selbst auf unbesuchter Bahn Findet man ein Beilchen bluͤhn; Gluͤcklich, wer es dankbar pfluͤckt, Und nicht achtlos niederdruͤckt. O! Freund! dem unterm niedern Dach Die selge Zeit verfließt, So wie der sanfte Silberbach Sich durch die Au’ ergießt! Du siehst die Flur sich ihre Brust Mit Perlen uͤberziehn, Du siehst voll jugendlicher Lust Des Himmels Wange gluͤhn. Du fuͤhlst, wie Zephyrs linder Hauch Den schwuͤlen Mittag kuͤhlt, Indem er hier mit Baum und Strauch, Und dort mit Aehren spielt. Du trinkst den suͤßen Traubenmost Und schoͤpfest frischen Muth; Dein Fuͤnfter Abschnitt. Von Statuͤen, Dein Feldbau wuͤrzet dir die Kost, Und schafft dir leichtes Blut. Du schlaͤfst, wo dir ein Platz gefaͤllt, Zufriednes Herzens ein. Dein ist die ganze schoͤne Welt, Der ganze Himmel dein! O! Schoͤpfer! was ich seh, sind deiner Allmacht Werke, Du bist die Seele der Natur! Der Sterne Lauf und Licht, der Sonne Glanz und Staͤrke Sind deiner Hand Geschoͤpf und Spur. Blumen, holde Fruͤhlingskinder, Kommet dieses Jahr geschwinder! Meine Chloe faͤnget dann Ganz gewiß zu lieben an. Wer deine Freuden kennt, einfaͤltige Natur! Wuͤnscht keine Schaͤtze, wuͤnscht sich eine Huͤtte nur, Und einen kuͤhlen Quell, und einen klei- nen Wald, Worinn das Abendlied der Nachtigall erschallt. Die Luft ist blau, das Thal ist gruͤn, Die kleinen Mayenglocken bluͤhn, Und Schluͤsselblumen drunter; Der Wiesengrund Ist schon so bunt, Und malt sich taͤglich bunter. Drum komme, wem der May ge- faͤllt, Und freue sich der schoͤnen Welt, Und Gottes Vaterguͤte, Der diese Pracht Hervorgebracht, Den Baum und seine Bluͤte! Der Hirte zu dem Hoͤfling. Du schlaͤfst auf weichen Betten, ich schlaf auf weichem Klee; Du siehest dich im Spiegel, ich mich in stiller See; Du trittst auf Fußtapeten, ich tret auf sanftes Gras; Dich traͤnken theure Weine, mich traͤnkt ein wohlfeil Naß; Du wohnst in bangen Mauern, ich wohn auf freyer Flur; Dir malt die Kunst den Fruͤhling, mir malt ihn die Natur; Du Monumenten und Inschriften. Du bist oft siech vor Wollust, ich bleibe stets gesund; Dich schuͤtzt vor Geld ein Schweizer, mich schuͤtzt mein treuer Hund; Du schlummerst ein bey Saiten, ich bey dem Wasserfall; Du hoͤrst Castrat und Geiger, ich Lerch und Nachtigall; Dich sieht der heiße Mittag, mich sieht der Morgen wach; Dein Maͤdchen glaͤnzt von Schminke, mein Maͤdchen glaͤnzt vom Bach. Kommt, des schoͤnen Mayen, Schwestern, euch zu freuen, Mit Gesang und Tanz! Durch das Gruͤn der Linde Lispeln laue Winde, Schimmert Mondenglanz. O! genießt des Lebens! Sollen euch vergebens So viel Freuden bluͤhn! Laßt das Haar uns kraͤnzen, Und in raschen Taͤnzen Unsre Wangen gluͤhn! In Wiesen und Flur Giebt uns die Natur Die schoͤnsten Blumen zu pfluͤcken; Drum will ich zum Tanz Mit einem Kranz Die blonden Haare mir schmuͤcken. Doch sollt’ ich nicht den, Der alles so schoͤn Erschuf, erst bruͤnstig erheben? Durch Jubelgesang Preiß ihn mein Dank, Doch mehr mein kuͤnftiges Leben! O! du bist selig, o! du Weiser, In deiner ungestoͤrten Ruh! Viel seliger, als alle Kaiser, Und alle Koͤnige bist du! Am Morgen meiner Lebenszeit Bluͤh ich der Rose gleich; Noch ist mein Herz von Froͤhlich- keit Und suͤßen Wuͤnschen reich. Doch oͤffn’ ich dieses der Begier, Der Wollust falschen Scherz: So trifft mich ihre Glut, in ihr Verwelkt ein edles Herz. Wie selig ist, wer ohne Sorgen Sein vaͤterliches Erbe pfluͤgt! III Band. Y Die Fuͤnfter Abschn. Von Statuͤen, Monumenten und Inschr. Die Sonne laͤchelt jeden Morgen Den Rasen an, auf dem er liegt, Sie laͤchelt ihm, sie geht ihm unter; Und nun willkommen, suͤße Nacht! Er singt sich in den Schlaf, und munter Erwacht er, wenn die Sonn’ erwacht. O! laßt, beym Klange suͤßer Lieder, Uns laͤchelnd durch dies Leben gehn; Und, sinkt der letzte Tag hernie- der, Mit diesem Laͤcheln stille stehn! Anhang . Anhang. Beschreibungen von Gaͤrten . I. Beschreibung von Friedensburg. II. Beschreibung von Jaͤgerspreis. III. Beschreibung von Marienlust. IV. Beschreibung von Sophienberg. V. Beschreibung von Friedrichsberg. VI. Beschreibung einiger Landsitze in Seeland; besonders von Bernstorf. VII. Beschreibung von Schwansee. VIII. Beschreibung von Brese. IX. Beschreibung des fuͤrstlichen Gartens vor Zelle. I. Friedensburg . Dieses Koͤnigl. Lustschloß gehoͤrt Ih- ro Majestaͤt der verwitweten Koͤniginn Juliana Maria, und liegt fuͤnf Meilen von Copenhagen. D ie Ehrfurcht, womit man sich den Wohnungen der Koͤnige naͤhert, hat zu Frie- densburg ein seltenes Vorrecht; sie darf mit der natuͤrlichen Freyheit des Le- bens vereinigt bleiben. Kein steifes Ceremoniel, kein sclavischer Zwang fordert hier Verstellung oder Verlaͤugnung. Die Ehrerbietung und der Anstand folgen blos den Gesetzen der Natur, und die Feinheit der Sitten wird von dem guten Geschmack gelei- tet. Man ist hier frey und heiter, wie die schoͤne Landschaft, die ringsumher reizt. Der Hof hat nur Wuͤrde, kein leeres Gepraͤnge. Er hat keine Leibwache, aber die Liebe des Volks, das ihn mit vergnuͤgten Blicken umringt. Der Unterthan aus den entferntesten Gegenden glaubt hier noch in seiner Heimath zu verweilen; und der Frem- de faͤngt an, sein Vaterland nicht mehr zu vermissen. Die Heiterkeit des Geistes und die anstaͤndige Freyheit der Sitten, die hier uͤberall herrschen, sind natuͤrlich; denn sie sind Wirkungen der mildesten Monarchie und der persoͤnlichen Leutseligkeit der Koͤniglichen Herrschaften. Friedensburg ist sowohl des Sommeraufenthalts des Hofes, als auch der mannichfaltigen Schoͤnheiten der Natur, und der Anlagen des ausgebreiteten Gartens wegen, das erste der Koͤnigl. Lustschloͤsser. Zwar genießt es nach seiner Lage nicht, wie Marienlust, Sophienberg, Charlottenlund, Friedrichsberg, der herrli- chen Aussichten auf das Meer; allein es hat dafuͤr einen Reichthum von abwechseln- den Annehmlichkeiten der laͤndlichen Natur. Die Gegend umher traͤgt das reizende Gepraͤge der Fruchtbarkeit und der Cultur; die schoͤnsten Waͤlder, in deren weiten Zwischenraͤumen Kornfluren und Wiesen ruhen, erheben von allen Seiten ihre stolzen Haͤupter; und von Norden nach Westen wallet in der Tiefe zwischen gruͤnen Anhoͤhen und Waldungen der ausgebreitete Essomersee. Diese Gegend verdiente es, von Friedrich dem Vierten zuerst zum Auf- enthalt gewaͤhlt zu werden. Er vollendete den Bau des Schlosses in dem Jahre 1720, als hier der Friede mit Schweden unterschrieben ward, und gab ihm den Namen von einer Begebenheit, die fuͤr das Herz eines Koͤnigs, der Vater seiner Voͤlker ist, mehr als hundert Eroberungen gilt. Das Monument auf dem Schloßplatze ist zu- gleich ein Ehrendenkmal fuͤr Koͤnige, die den Frieden lieben. An einer mit Kraͤnzen Y 2 gezierten Anhang. Beschreibungen gezierten Saͤule, die sich in der Mitte des Platzes erhebt, erscheint unten auf der Vor- derseite die Goͤttinn des Friedens in weißem Marmor. Man lieset unter der Statuͤe an dem weißen marmornen Fußgestell der Saͤule diese Inschrift mit goldenen Buch- staben: Paci statuam arcem quodque reliquum fuit vitae dedicavit Fridericus quartus Anno MDCCXX. und auf der Seite nach dem Schlosse: Pacis huc usque continuae Regis Christiani septimi moderamine firmatae statori et conservatori DOM . dicat Iuliana Mar a Anno MDCCLXXV. Das Schloß, das vor einigen Jahren erweitert worden, erhebt seine Kupel zwischen den umherlaufenden Fluͤgeln mit einem freyen und edlen Ansehen. Eine Vorstellung des Hauptgebaͤudes s. im 2ten Band der Theorie der Garten- kunst, S. 4. Es hat eine Menge von schoͤnen Gemaͤchern, die praͤchtig ausgeziert und mit Gemaͤlden von den groͤßten Meistern bereichert sind. Die schoͤnern Aussichten verbreiten sich in den Garten, und verlieren sich zwischen den weiten Alleen, die des Prospects wegen in gerader Linie ablaufen, bald uͤber den Essomersee, bald uͤber die Feldgegenden, unter abwechselnden Reizen in die Ferne hinaus. Hier ruhete Friedrich der Fuͤnfte in den unvergeßlichen Jahren seiner gluͤck- lichen Regierung, und machte dieses Lustschloß zur gewoͤhnlichen Sommerwohnung des koͤniglichen Hauses. Seine sanfte Seele ergoͤtzte sich hier an den Freuden der Natur und an dem hoͤchsten Gluͤcke eines Koͤnigs, den suͤßen Empfindungen, die ihm die reinste von Lustschloͤssern. reinste Liebe seiner Voͤlker erregte. Ihm, der tausend nuͤtzliche Anstalten aufleben, und alle Kuͤnste seines Vaterlandes bluͤhen hieß, Ihm verdankt der Garten seine Er- weiterungen und Verschoͤnerungen. Noch scheint Sein Geist, wenn Seine Koͤni- ginn hier wandelt, in heiliger Stille uͤber diese ehrwuͤrdige Eichen zu schweben, die Er liebte, die Seine Juliana liebt. Sie wohnt hier gerne, und gerne wohnt der Friede und die Gluͤckseligkeit bey Ihr. An jedem Tage erfreut Sie diese reizenden Spaziergaͤnge mit Blicken, die alles um Sie her erheitern, und mit einem Geschmack, welcher der Guͤte Ihres Herzens gleicht, faͤhrt Sie fort, die Natur mit neuen Ver- schoͤnerungen zu beleben, die noch in den weitlaͤuftigen Revieren dieses Parks Raum haben. Das Lustschloß hat die vortheilhafte Lage, daß es gleich an einem sehr ansehnli- chen Wald liegt, der aus allen Arten von den schoͤnsten Baͤumen besteht, welche die Natur unter diesem Himmelsstrich wild wachsen laͤßt, besonders aus ehrwuͤrdigen Ei- chen und Buchen. Der Wald ist so ausgedehnt, daß man ihn mit mehrerem Rechte eine Sammlung von Waͤldern, die an einander haͤngen, nennen koͤnnte. Durch diesen Wald, der schon von der Hand der Natur mit allen Mannigfaltigkeiten von waldigten Scenen bereichert, der mit freyen und heitern Rasenplaͤtzen geziert ist, der hin und wieder sanfte Erhoͤhungen und Senkungen des Bodens, an der Seite nach dem Essomersee aber tiefe Abhaͤnge hat, sind die Verschoͤnerungen ausgebreitet. Und durch diese Vorzuͤge der urspruͤnglichen Bildung hat nicht nur das Ganze ein un- gezwungenes und laͤndliches Ansehen, sondern auch eine gewisse Pracht der Natur und eine Wuͤrde erhalten, die den Parks der Koͤnige gehoͤrt, und die keine Kunst hervor- zwingt. Auch sind hier keine Versuche gewagt, denen das Clima widerspricht, noch taͤndelnde Anlagen, welche die Wirkung der natuͤrlichen Groͤße, die hier herrschen soll, nur stoͤren wuͤrden. Das Ganze ist frey und edel, wie die Natur, oder wie eine Koͤ- niginn, die ihre Wuͤrde kennt. Der ganze Wald ist ringsumher mit einer großen Einhegungsallee, deren frey wachsende Baͤume aus Roßkastanien und Linden abwechselnd bestehen, umgeben. Aus der Einhegungsallee auf der westlichen Seite erhebt sich eine Kastanienallee, die mitten durch den Park nach Osten gehet; sie hebt sich und senkt sich, hat frey wach- sende Baͤume mit schoͤnen Laubdecken, bildet anmuthige Prospecte, die auf dunkle Hintergruͤnde fallen, vereinigt Licht und Schatten in wechselnden Spielen, die Nacht und den Tag in sanfter Harmonie. Von der Gartenseite des Schlosses laufen sechs große gerade Hauptalleen mit weiten Prospecten den Wald hinab, und verlieren sich unten in die Einhegungsallee. Und zwischen diesen Hauptalleen streckt sich gerade vom Schloß ab eine breite Schloßallee. Dieß sind die Abtheilungen des Ganzen, zwi- Y 3 schen Anhang. Beschreibungen schen welchen die Haine, Lustgebuͤsche, Wildnisse, Spaziergaͤnge, alle Anpflanzungen und Scenen, mit Waldstuͤcken abwechselnd, liegen. Die Schloßallee geht nach Norden, und theilt den Wald und den ganzen Park in zwey große Reviere, in das Ostrevier, das sich von Norden nach Osten zur Rech- ten erstreckt, und in das Westrevier, das sich von Norden nach Westen zur Linken verbreitet. Zwischen dem Schlosse und dem Anfange des Waldes, wo die Schloßallee mit allen Hauptalleen anfaͤngt, außer daß die aͤußerste Allee zur Rechten, oder die soge- nannte Reitallee schon unmittelbar bey dem Schloßgebaͤude anhebt, verbreitet sich ein uͤberaus ansehnlicher Vorplatz. Er ist nahe an dem Schlosse mit zwey Vasen und vier schoͤnen Statuͤen, welche die Jahreszeiten vorstellen, von Wiedewelt gezieret. Die beyden Vasen Diese und die folgenden Werke der Bildhauerkunst, die hier genauer angezeigt werden, sind von dem beruͤhmten Bild- hauer, dem Justizrath und Professor, auch Director der Academie der Kuͤnste zu Co- penhagen, Herrn Wiedewelt. Man hat von dem groͤßten Theil Abbildungen in Fol. gestochen, unter dem Titel: Monumenta Fredensburgica jussu Friderici V. erecta, ohne Beschreibung. Allein diese Werke verdienten durch einen gluͤcklichern Grab- stichel zum Ruhm der nordischen Kunst den Auslaͤndern bekannt gemacht zu werden. sind von weißem italiaͤnischen Marmor, und stehen auf Fuß- gestellen von nordischem Marmor. Sie sind mit Blumen umkraͤnzt und behangen; und auf der einen sind die Bildnisse des Socrates und des Diogenes, auf der an- dern die vom Anacreon und der Sappho medaillenfoͤrmig vorgestellt. Die Figuren der Jahreszeiten sind in voͤlliger Lebensgroͤße: Flora mit einem Blumenkranz; Ce- res mit Kornaͤhren und Sommerfruͤchten; ein junger Bacchus mit Trauben; ein Greis im Gewand eingehuͤllt, bey einem Feuertopf. Der Vorplatz ist darauf mit zwey großen Rasen bekleidet, die ringsumher mit Blumenstuͤcken umkraͤnzt sind. In gerader Linie von diesem Vorplatze hat man eine praͤchtige Aussicht in die große Schloß- allee hin. Auf den beyden Ecken des Waldes, wo sie anfaͤngt, wird das Auge von zwey großen Werken der Bildhauerkunst gereizt, welche die beyden Koͤnigreiche, zur Rech- ten Norwegen, zur Linken Daͤnnemark abbilden. Sie sind in sitzenden weiblichen Figuren von weißem italiaͤnischen Marmor, das Gesicht nach dem Schlosse gekehrt, vorgestellet, und ruhen auf erhabenen Sitzen, mit einem auf den Seiten fortlaufenden Dockengelaͤnder von roͤthlichem nordischen Marmor. Das ganze laͤngliche Fußge- stell mit den Gelaͤndern und den Sitzen in der Mitte ist zwey und sechzig Fuß lang. Der obere Theil des Gelaͤnders ist mit den Wappen des Koͤnigs, mit Blumenkraͤn- zen, von Lustschloͤssern. zen, Fruchthoͤrnern und andern Sinnbildern, alle ebenfalls von weißem italiaͤnischen Marmor, geziert. Der Anfang des Parks, so nahe im Angesichte des Schlosses, konnte nicht anstaͤndiger und praͤchtiger verziert werden. Die Figuren, die acht Fuß halten, haben mit den erhabenen Sitzen ein gutes Verhaͤltniß gegen die Hoͤhe des Waldes, und der weiße Marmor macht gegen das dunkle Gruͤn der feyerlich empor- ragenden Baͤume einen herrlichen Contrast. Bey diesen Monumenten der Meisterhand eines Wiedewelt faͤngt die Schloß- allee an sich zu verbreiten. Sie besteht eigentlich aus zwo breiten Alleen, mit erwach- senen Linden und jungen Tannen abwechselnd. Diese beyden Alleen lassen in der Mitte einen sehr breiten und langen Platz liegen, der mit verschiedenen großen Rasen von abwechselnden Formen geschmuͤckt ist, und auf welchen sich vier ansehnliche Gruppen mit Vorstellungen aus der alten Dichterfabel und andre Zierden der Bildhauerkunst von Wiedewelts Erfindung erheben. Das Auge hat einen praͤchtigen Prospect uͤber diese verzierten Rasenplaͤtze hin, und wo sie sich endigen, uͤbersieht es in der Feldgegend einen huͤgelichten Vorgrund von Kornfeldern, zur Linken eine breite Strecke des Esso- mersees, und uͤber ihn hinaus Waͤlder, die sich in ihren dunkeln Schatten huͤllen, zur Rechten heitre Landschaften in der Ferne, die dagegen eine reizende Abwechselung bilden. Zwischen der Außenlinie der beyden Alleen und einer Hecke, welche die Ein- fassung des Waldes macht, geht auf jeder Seite noch ein Weg mit abaͤndernden Pro- specten hinab. Und auf beyden Seiten dieses Reviers hinab bilden die emporsteigen- den Gipfel der Waldbaͤume einen erhabenen Anblick. Die Schloßallee macht, wie bemerkt ist, eine natuͤrliche Abtheilung dieses koͤ- niglichen Parks. Zuerst Das Ostrevier . 1. Die Gegenden von der rechten Seite des Vorplatzes vor dem Schloß bis an den Wald. Unmittelbar vom Schlosse verbreitet sich auf der Rechten des Vorplatzes ein Luststuͤck mit niedrigen Hecken, uͤber welche die Aussicht aus dem Schlosse bequem hinstreicht; in seinem Bezirk laufen Gaͤnge umher, und in den Zwischenraͤumen sieht man bald Plaͤtze mit Erdbeeren, bald Gruppen von kleinen Statuͤen. Ein breitet Gang zur Rechten, der in eine gerade Hauptallee fuͤhrt, ist mit Lorbeerbaͤumen besetzt. Um Anhang. Beschreibungen Um den untern Theil des Luststuͤckes windet sich eine Allee von Linden in einem halben Zirkel, und stoͤßt auf die linke Seite der aͤußersten Hauptallee dieses Ostreviers, oder der Reitallee, die weiter oben bey der Kirche des Schlosses anfaͤngt, und sich nach un- ten hinab mit einer sehr malerischen Durchsicht fortzieht. An die Lindenallee, welche den halben Zirkel unten an den Hecken umschreibt, stoßen zwo andere Partien. Die zur Rechten besteht aus vier Rasenstuͤcken, die mit niedrigen Hecken, zwi- schen welchen Gaͤnge laufen, eingefaßt sind. Zwo kurze Alleen von Linden kommen von der Gegend des Schlosses durch diese Partie. Das obere Ende nach dem Schlosse ist mit einer Reihe Statuͤen in lebhaften und fliegenden Stellungen geziert, die auf Fußgestellen vor einem kleinen Rasenrand stehen, an welchen sich ein Gang herum- windet. Die untere Seite draͤngt sich an den Wald, hat auf jeder Ecke eine Saͤule, und in der Mitte ein treffliches Werk der Bildhauerkunst von Wiedewelts Erfin- dung, das auf einem kleinen runden erhoͤheten mit Linden umkraͤnzten Rasenplatz stehet. Es stellet in einer Gruppe von sechs halb erhobenen Figuren, auf einer weißen Mar- mortafel, mit beystimmenden Verzierungen, das Fest der Weinlese im antiken Ge- schmack vor. Die Tafel ist an einem aus rohen nordischen Marmorbloͤcken zusam- mengesetzten Werk, das mit einer weißen marmornen Vase gekroͤnt ist, befestigt. Beyde Lindenalleen laufen auf dieses Monument hin. Hinter dieser Partie erscheint eine anmuthige waldigte Scene mit offenen Grasplaͤtzen. Die andere Partie liegt zur Linken, und wird von dieser durch eine hinablaufen- de Hauptallee, die hier anfaͤngt, getrennt. Sie ist ein schoͤner runder Platz mit einer niedrigen Hecke umzogen. In der Mitte liegt eine Erhoͤhung, worauf sich eine hohe marmorne Saͤule ( columna rostrata ) erhebt, die unten nahe am Saͤulenfuß auf zwo Seiten in einer runden mit Lorbeerblaͤttern umkraͤnzten Tafel Inschriften mit goldenen Buchstaben zeigt. Auf der Seite nach dem Schlosse: Fortissima Consilia Tutissima Auf der andern Seite: Anno MDCCLXII. Unten an dieser Erhoͤhung laufen zwey niedrige Absaͤtze herum, die mit einer einfa- chen Reihe von Linden, zwischen welchen kleine Rosengebuͤsche bluͤhen, umgeben sind. Auf von Lustschloͤssern. Auf dem obern Absatz dienen zwey mit allegorischen Sinnbildern, als dem Hintertheil eines Schiffs und einem Eichenkranz, geschmuͤckte Bildhauerwerke von Marmor den Seiten der Denksaͤule, wo sie keine Inschrift hat, zur Zierde. Kleine Rasenstuͤcke verzieren den Platz umher. Hinter der Saͤule, fast unter dem Schatten des anlie- genden Waldes, ruhen zwey Lusthaͤuser, die vorne offen sind, mit der Durchsicht zwi- schen den Baͤumen nach dem Schlosse hin, und wo zuweilen der Hof Tafel haͤlt. In dem Durchgang zwischen den Lusthaͤusern nach dem Walde sieht man eine andre Saͤule ( columna miliaria ) von nordischem Marmor, oben mit einer Kugel geziert. Alle diese Werke der Kunst sind von Wiedewelt. Der Waldplatz hinter dieser Partie ist voll Anmuth. Von den schoͤnsten Grasplaͤtzen, auf welchen einige Zelte liegen, er- heben sich hohe und dickbelaubte Buchen, bald einzeln, bald in Gruppen, mit maleri- schen Durchsichten zwischen den Staͤmmen, und mit reizenden Schauspielen der um- herschwebenden Lichter und Schatten. Hundert Waldsaͤnger in der Hoͤhe stimmen ein frohes Concert an; die abwechselnden Gesaͤnge ertoͤnen von Gipfel zu Gipfel, und wer- den aus den niedrigen Gebuͤschen mit neuen Melodien beantwortet. 2. Die Gegenden von dem obersten Waldstuͤck an zwischen der aͤußersten Hauptallee (Reitallee) und der Einhegungsallee hinunter. Wendet man sich aus der beschriebenen Partie weiter nach Osten, so kommt man bald in die aͤußerste Hauptallee dieses Reviers, oder die Reitallee. Sie faͤngt von der Ecke des Schlosses, der Kirche zur Rechten, an, hat drey Wege, wovon der in der Mitte mit freywachsenden schattenreichen Linden besetzt ist, und die beyden auf der Seite mit einer niedrigen Hecke eingefaßt sind, die sie von dem anliegenden Wald absondert. Diese Allee verwildert, wie die uͤbrigen Hauptalleen, gegen ihren Aus- lauf in die Waldgegend, und endigt sich in die untere Einhegungsallee. An dieser Reitallee verbreitet sich nach Osten hin das oberste Waldstuͤck in seiner natuͤrlichen Schoͤnheit. Es ist sehr ansehnlich; hohe Buchen erheben ihre reichbe- laubten Gipfel, und zwischen ihnen liegen Grasplaͤtze, Teiche, eine Reitbahn, und eine junge Eichenpflanzung. Das Ende dieses Waldstuͤcks hat einen vorzuͤglichen Reiz. Man erblickt eine große Gruppe von hohen, geraden, schlanken Buchen, die mit den schoͤnsten Rasenplaͤtzen umgeben ist. Einige dieser Rasen zur Rechten nach den Schloßgebaͤuden sind mit Blumen umkraͤnzt; die aͤußersten nach der Einhegungs- allee schmiegen sich mit ihrem ungeschmuͤckten Gruͤn in sanften Abhaͤngen dahin. III Band. Z An Anhang. Beschreibungen An dem untern Rande dieses Waldstuͤckes windet sich ein langer sehr anmuthiger Gang herum, der zur Rechten mit einer einfachen Reihe von jungen Tannen besetzt ist. Man hat, indem man diesen reizenden Spaziergang verfolgt, zur Linken sehr abwech- selnde Auftritte. Man sieht gleich eine Allee von Tannen hinablaufen, in deren Mit- te sich eine schoͤne sehr gerade freystehende Eiche erhebt. Hierauf folgt ein dunkler un- durchsichtbarer Dickigt von Tannen. Eine zwote Allee mit Linden und Tannen ab- wechselnd geht wieder hinab, und eroͤffnet den Anblick einer Statuͤe. Es folgt ein finstrer Dickigt von Tannen. Eine dritte Allee von Roßkastanien und Tannen senkt sich hin; und ein neuer Dickigt von Tannen erscheint. Eine vierte Allee von Linden und Tannen zeigt sich. Und ein schoͤner freyer Grasplatz mit einigen hohen Buchen und einer kleinen jungen Pflanzung von Eichen folgt. Eine fuͤnfte Allee wechselt mit Linden und Tannen; und nun bricht ein junger uͤberaus anmuthiger Eichenhain mit schlaͤngelnden Gaͤngen, und untermischt mit einigen hohen Buchen und alten Eichen von Rasensitzen umgeben, hervor. Alle diese fuͤnf kurze Alleen oder kleine Baum- gaͤnge, die zur Linken ablaufen, fuͤhren in die sogenannte Pleßische Plantage. Sie geben eben so viele reizende Abwechselungen des Offenen mit dem Verschlossenen, des Heitern mit dem Dunkeln. Die Dickigte sind wohl angelegt und von einer gluͤckli- chen Wirkung. Aus der Heiterkeit der Oeffnung und der Gebuͤsche in der Pleßischen Plantage kehrt das Auge auf diese finstre Gruppen, die keinen Eingang verstatten, und selbst dem Licht des Tages das Einschauen versagen, zuruͤck, und bemuͤhet sich ver- gebens, eine Durchsicht zu erschleichen. Eine neue Abaͤnderung der Ansichten erscheint, wenn man durch diese fuͤnf kurze Alleen hinabwandelt. Die erste hat zur Rechten den Tannendickigt, der in der Mitte sich zu einem freyen Grasplatz mit einer Gruppe von Buchen oͤffnet; zur Linken geht durch die einfache Reihe der Tannen die Durchsicht auf die Staͤmme der Waldbaͤume, deren hohe Belaubung herabschattet. Bey dem Eingange in die zwote Allee daͤmmern die Dickigte der Tannen auf beyden Seiten; zur Rechten laͤuft zwischen den Dickigten ein Nebenweg, mit schoͤnen Roßkastanien und Tannen eingefaßt, hinab; zur Linken winkt eine einsame Linde in einer Grasvertiefung. In der dritten Allee schwebt auf beyden Seiten das ewige Dunkel der Dickigte. Die vierte hat zur Rechten eine Gruppe von Tannen, zur Linken dunkelt der Dickigt; gegen das Ende laufen zwey Se itenwege in die Pleßische Plantage, der zur Rechten mit Tannen und der Aussicht auf eine große Vase, der zur Linken mit Tannen und Roßkastanien und dem Anblick einer Statuͤe. In der fuͤnften sieht man auf beyden Seiten junge Eichen gruͤnen; ein schlaͤngelnder Gang leitet zur Rechten in einen Hain von diesen Baͤumen; zur Lin- ken erscheint ein langer Gang, der vor dem Eingange in die Pleßplantage, wodurch er fuͤhrt, von Lustschloͤssern. fuͤhrt, eine Gruppe von Eichen zur Seite hat. Diese letzte Allee geht, dem Eichen- hain zur Rechten, fort, an der obern Ecke der Pleßplantage weg, die zur Linken bleibt, rechts der Statuͤe der Flora vorbey, und faͤllt in die Einhegungsallee. Gegen das Ende des obersten Waldstuͤckes biegt man zur Linken an der Seite einer jungen Eichenpflanzung zwischen zwo kleinen Erderhoͤhungen, worauf bejahrte Baͤume stehen, ein, hat zur Rechten einen kleinen Rasen, und kommt in die Planta- ge des Kronprinzen. Sie besteht aus einer jungen Anpflanzung von verschiede- nen Baͤumen, Straͤuchern, Pflanzen, Kuͤchengewaͤchsen und Blumen. Hier sam- melt der hoffnungsreiche Prinz, selbst in den Stunden Seiner Erholung, noch im- mer Kenntnisse, die vergnuͤgen, und Vergnuͤgungen, die unterrichten; hier lernt Er einen Geschmack an der reinen Einfalt der Natur empfinden, der auch Koͤnigen wich- tig ist, weil er die Ruhe der Seele unterhaͤlt. Er sieht hier, auch in dem kleinen Bezirk, die unablaͤssig fortschreitende Wirksamkeit der Natur, wie alle Kraͤfte nach unveraͤnderlichen Gesetzen fortstreben, wie sie alle auf Zwecke hineilen, worinn sich Weisheit und Guͤte begegnen; Er siehts und fuͤhlt es, daß in der hoͤhern Sphaͤre der Ordnung es Fuͤrsten am wenigsten verstattet seyn kann, ihren Platz zu fuͤllen, ohne einen wohlthaͤtigen Gebrauch ihrer Kraͤfte. Weiter unten, ganz am Ende des obersten Waldstuͤckes, wo die schoͤnen Rasen sich senken, tritt man in einen uͤberaus anmuthigen jungen Eichenhain, durch welchen der Weg schlaͤngelt, und ebenfalls in die Plantage des Kronprinzen leitet. Wenn man sie durchgeht, so kommt man wieder in einen angraͤnzenden Hain von Eichen, der an eine juͤngere Pflanzung von diesen Baͤumen stoͤßt, die man auf dem Spaziergang an dem Rande des obern Waldstuͤckes sah. Er ist viel groͤßer, als alle, die bisher auf unserm Wege erschienen sind. Sein Anblick erfreuet, und haͤlt auf. Die geraden Staͤmme steigen mit einem frischen Wachsthum empor. Man sieht die sich zusammenwoͤlbenden Gipfel eine liebliche Daͤmmerung bilden, wodurch hie und da ein Sonnenblick faͤllt, um das lebhafte Gruͤn des Bodens noch mehr zu verschoͤnern. Der lange fortschlaͤngelnde Gang fuͤhrt nach einer Laube, einem gelieb- ten Sitz der Koͤniginn; sie ist aus einem natuͤrlichen Gewebe der Zweige und des Laubwerks junger Baͤume gebildet, und hat vor sich einen geraden breiten Gang, der aus dem Haine fuͤhrt. Zur Rechten geht der windende Gang fort, und geht aus die- sem reizenden Hain, oben in der Hoͤhe der Pleßplantage, bey der Statuͤe der Flora heraus. Man uͤberschaut von der Hoͤhe die Mitte dieser Plantage mit ihren Verzierun- gen, die hier oben in der eben erwaͤhnten Statuͤe der Flora, unten in der Statuͤe der Z 2 Diana, Anhang. Beschreibungen Diana, und in einer großen Vase zwischen beyden bestehen, die mit Genien geschmuͤckt ist, die Blumenkraͤnze und Fruͤchte halten. Die Pleßplantage ist ein weit ausgedehntes Revier, von den hohen Baͤumen des Waldes und der Alleen umgeben. Es ist in niedrige Heckengebuͤsche von Haseln und Ellern vertheilt, zwischen welchen auf allen Seiten laͤngere und kuͤrzere gerade We- ge gehen, die mit vielen Ausgaͤngen in die anliegenden Gegenden fuͤhren. Die Zwi- schenraͤume in den Hecken sind Dickigte, von allen Arten einheimischer Baͤume, als Birken, Ellern, Quitschern, Eschen, Weiden, Tannen, Haseln und andern zusam- mengepflanzt, wodurch das ganze Stuͤck ein waldigtes Ansehen erhaͤlt, und die ver- schiedenen durch einander spielenden Farben des Gruͤns dem Auge eine angenehme Sce- ne vorbilden. Das Wild und die Voͤgel finden in den verschlossenen Zwischenraͤumen einen sichern Aufenthalt. Die laͤngste Allee, die aus dieser Plantage fuͤhrt, liegt zur Rechten, wenn man von der Statuͤe der Flora herabkommt, und stellt eine reizende Aussicht dar. Sie wechselt mit Linden und Tannen, geht queer uͤber die Kastanienallee, welche die Mitte des ganzen Parks durchlaͤuft, und faͤngt hier an mit Roßkastanien von einem schoͤnen schlanken Wuchs und mit jungen Tannen abzuaͤndern, zieht sich zwischen der Wildniß des Waldes fort, und faͤllt auf einen großen runden Platz, uͤber welchen sie weiter fort- geht, und sich unten in die Einhegungsallee verliert. Der eben gedachte runde Platz in dieser Allee hat eine erhoͤhete Lage mit vier Aufgaͤngen, und ist zu einem Gebaͤude bestimmt, das hier einen treflichen Prospect geben, und zugleich selbst genießen wird. Zwo kleine Alleen von schoͤnen Ahorn laufen auf beyden Seiten hin. Die zur Rech- ten, indem man von der Pleßplantage kommt, geht zwischen dem Wald in die Einhe- gungsallee. Und die zur Linken hat um ihre Mitte zwey Tannenhaine zur Seiten, und faͤllt in die aͤußerste Hauptallee oder Reitallee. Die Winkel, die man von diesem runden Platz zwischen den vier Zugaͤngen uͤbersieht, sind mit jungen Hainen von Ei- chen bepflanzt, und hinter ihnen macht rings umher der Wald einen trefflichen Umzug. Von der Statuͤe der Flora in der Pleßplantage an erstrecken sich zwischen der beschriebenen Allee, die aus diesem Revier abgeht, und zwischen der Einhegungsallee noch drey Gegenden in der Laͤnge hinab. Die erste geht bis an die Kastanienallee, welche die Mitte des Parks durchstreicht, und ist ein wildes Waldstuͤck, besonders mit jungen Eichen und vielem Untergebuͤsch untermischt. Die zwote erstreckt sich bis an die Ahornallee, und ist ebenfalls eine Wildniß ohne Gaͤnge. Auch die dritte ist ein waldigtes Stuͤck, das vornehmlich aus jungen dicht an einander gedraͤngten frischen Buchen besteht, und unten nach der Ecke der Einhegungsallee, wohin es sich zieht, in von Lustschloͤssern. in eine freye Grasvertiefung uͤbergeht, um welche schoͤne Tannen mit dem vollen aus- gebreiteten Unterwuchs ihrer Zweige stehen. Auf der andern Außenseite, nach dem Ausgang der aus der Pleßplantage ablaufenden Allee hin, ist dieses Stuͤck mit einem jungen Eichenhain umgeben, der sich nach dem runden Platz zwischen den beyden Ahornalleen, wie schon bemerkt ist, hinauf verbreitet. Diese Gegend hat noch einen Rasensitz, der auf den Seiten verschlossen ist, vorne die Aussicht auf die umliegenden Gebuͤsche und die ersten Staͤmme des anstoßenden Eichenhains, und hinter sich einen natuͤrlichen Bogengang hat, den die jungen Waldbaͤume woͤlben. Schlaͤgt man aus dieser Gegend unten in die Einhegungsallee ein, so kommt man bald neben einem steinernen, viereckigten hohen Gebaͤude vorbey, das seine Spitze in die dichten Gipfel emporragender Buchen erhebt. Dieß ist eine Wassermuͤhle, die das Wasser nach dem Schlosse durch Roͤhren hinauftreibt. Das Gebaͤude macht we- gen seines rohen gothischen Ansehens und in dieser einsamen Lage, wo es ein ganz un- erwarteter Gegenstand ist, eine der Gegend so sehr zustimmende Wirkung, daß es an- faͤnglich scheint, als wenn es blos dieser Absicht wegen angelegt waͤre. Man kommt von hier in ein schoͤnes Waldstuͤck, das aus sehr hohen und vortrefflichen Buchen be- steht, worunter freye Grasplaͤtze gruͤnen und windende Wege umhergehen; man sieht hier zugleich zur Rechten den Ausgang der Reitallee verwildern. Ein schlaͤngelnder Pfad leitet in die diesseitigen Gegenden hinauf, die zwischen der langen von der Pleß- plantage ablaufenden Allee und der Reitallee liegen. Man gelangt bald an den klei- nen Tannenhain, der an der linken Ahornallee daͤmmert, und hat zur Rechten das er- freuende helle Gruͤn junger Wallnußbaͤume, zwischen welchen einige hohe und schlanke Birken ihre leichten Blaͤtter dem Spiel der Luft uͤberlassen. Man geht uͤber die Ahornallee in den andern groͤßern Tannenhain, an dessen Rande der Pfad wegschlaͤn- gelt, und in eine gemischte Pflanzung von Eichen, Wallnußbaͤumen und Haselgebuͤ- schen bringt. Zur Rechten dieser Pflanzung liegt wieder ein kleiner Hain von Tan- nen, eine andre vermischte Baumpflanzung und daran ein wildes Waldstuͤck mit Gras- plaͤtzen. Der schlaͤngelnde Gang faͤllt auf zwey Ausgaͤnge in die große Kastanienallee, die den Park durchstreicht. Queer uͤber diese Allee kommt man in einen kurzen Weg von Linden und uͤber sie hinaus sirebenden Tannen. Auf beyden Seiten liegen ansehnliche Waldstuͤcke mit ho- hen und niedrigen Baͤumen, Buschwerk und kleinen Zwischenpflanzungen. Zur Lin- ken, indem man den geraden Weg verfolgt, senkt sich eine Vertiefung mit Rasensitzen in einem halben Zirkel, umgeben von Linden und Tannen, und hinten von Eichen aus der Vorwelt uͤberschattet. Man schaut von diesem Sitz gerade vor sich zwischen vor- stehenden hohen Buchen in eine waldigte Verdunkelung. Z 3 Man Anhang. Beschreibungen Man kommt in die untere Gegend der Pleßplantage zuruͤck, und sieht, daß die in der Ferne schimmernde Statuͤe die Diana in diesem Revier ist. Aus der Pleß- plantage, die von dieser Seite offen an der Reitallee liegt, kann man entweder durch diese zum Schloß zuruͤckkehren, oder durch eine der fuͤnf kleinen Alleen sich wenden, die, wie oben beschrieben ist, aus dem obersten Waldstuͤcke hier hinab laufen. 3. Die Gegenden zwischen der Reitallee und der naͤchsten Hauptallee zur Linken. Die Hauptallee, die zur Linken hin auf die aͤußere Hauptallee oder Reitallee folgt, ist von Linden, hat einen Rasen in der Mitte, und die Aussicht in die gruͤnende Land- schaft hinaus. Sie ist unter den Hauptalleen des Ostreviers die mittlere. Hinter der Partie mit dem Monumente des Festes der Weinlese liegt, wie schon bemerkt ist, ein vortrefflicher Waldplatz mit hohen Buchen und natuͤrlichen Rasen. Aus der Reitallee biegt links eine Allee, mit Linden und Tannen besetzt, in die Gegend ein, die wir jetzt besuchen. Man sieht in der Mitte dieser Allee ein Werk der Bildhauerkunst schimmern; zu beyden Seiten des Weges erscheint der Wald in seiner Wildniß. Man kommt bald auf einen runden Platz mit Linden und Tannen umkraͤnzt. Von diesem Platz laufen zwo kurze Alleen, ebenfalls von Linden und Tannen, zwischen der Waldung ab. Die zur Linken geht in die naͤchste Hauptallee. Die zur Rechten laͤuft in die Reitallee und eroͤffnet zugleich eine reizende Durchsicht zwischen zwo Ellern- hecken, deren Zwischenraͤume mit Baͤumen von dieser Art und mit Quitschern ange- fuͤllt sind, in die Mitte der Pleßplantage hin, wo die Statuͤe der Diana im Vor- grunde, und im dunkeln Hintergrunde die Flora erscheint. Die beyden Ellernge- buͤsche, die noch vor der Reitallee liegen, machen einen halben Zirkel. Indem man darinn herumschleicht, erblickt man oben einen Eingang zu einem halbrunden heiter liegenden Rasensitz, in dessen Mitte eine einsame Linde ihre Zweige herabhaͤngen laͤßt; wozu man durch eine kleine Pflanzung von Tannen, und demnaͤchst neben einer schoͤ- nen Buche tritt, die ebenfalls einen Grassitz an ihrem Fuß anbietet. Unten im Ge- buͤsch ist ein Eingang zu einem aͤhnlichen Rasensitz; in dem Mittelpunkt erblickt man eine Linde; allein zwey nahe stehende junge Quitschern unterbrechen die Uebereinstim- mung mit dem obern Sitz; große Buchen werfen von ihrem dichten Gipfel kuͤhlende Schatten herab. Ueber von Lustschloͤssern. Ueber den runden Platz, woran wir einen Seitenspaziergang machten, geht die Allee weiter hinaus. Zur Linken hat man einen angenehmen, dichten, duͤsternden Hain, besonders von Tannen. Man kommt uͤber die große durch den Park hinuͤber- streichende Kastanienallee, und blickt zu beyden Seiten auf dicke Wildnisse, von ver- schiedenen Baumarten, vornehmlich Tannen, zusammengepflanzt. Ein runder er- hoͤheter Platz erscheint, worauf sich die colossalische Gruppe der Bildhauerkunst, die schon in der Ferne den Prospect belebte, erhebt. Die obere Erhoͤhung des Platzes ist mit einer einfachen Reihe von Linden besetzt; und unten wechseln sie mit Tannen ab, mit welchen sie die Rundung umlaufen. Weiter uͤber diesen Platz hinaus hat das Auge, in dieser noch immer fortlaufen- den und sich allmaͤhlig senkenden Allee, die sich in die einhegende Graͤnzallee verliert, zur Linken eine dicke Wildniß von mancherley Baͤumen, besonders jungen Eichen, mit vielem Untergebuͤsch; darauf erscheint eine heitere Oeffnung uͤber einen kleinen niedrig liegenden Rasen; allein unmittelbar darauf stoͤßt ein so verschlossener, in sich verwickel- ter, naͤchtlicher Dickigt, von Tannen geschwaͤrzt, daß alle Schaͤrfe des Sonnenblicks ihn nicht durchdringt. Zur Rechten wird der Spazierende von einem angenehmen jungen Eichenhain, und bald darauf von einem finstern Dickigt von Tannen, uͤber welchen emporsteigende Birken ihre Zweige malerisch hangen lassen, ergoͤtzt. Oben in diesen jungen Eichenhain ladet bald ein Seitenpfad ein, der gerade hin- durchfuͤhrt, und neben einem angenehmen mit Baͤumen verzierten Grasplatz, der zur Rechten liegt, sich links in eine reizende Wildniß von Tannen, Eichen, Haseln und andern Baͤumen, zwischen welchen erhabene Eichen und Buchen und Birken den Wol- ken entgegensteigen, einschmiegt, sich zwischen nahe andraͤngenden Gebuͤschen von Jas- min und Syringen, die den Spazierenden mit ihren Wohlgeruͤchen begruͤßen, herum- windet, lange zur Irre verfuͤhrt, und lange ergoͤtzt. Man ermuͤdet nicht, mit ihm fortzulaufen, und verweilt kaum auf dem kleinen Ruhesitz, der sich hinter einer Tanne und jungen schwesterlich vertrauten Eichen zu verstecken scheint; so anziehend ist diese Wildniß, die sich weit verbreitet, selbst oben bis an die große Kastanienallee zuruͤck, und da, wo diese uͤber die Reitallee streicht, einen Ausgang hat. Ganz unten in der Allee, die wir bisher verfolgten, laͤuft in diese Wildniß noch ein andrer schlaͤngelnder Gang hinein. Beyde Gaͤnge streichen uͤber einen breiten Weg, der von der Reitallee abgeht, diese Wildniß durchlaͤuft, und sich unten durch ein freyes Waldstuͤck in die Einhegungsallee verliert. Von der untern Gegend der Reitallee bis zu dem Auslauf jener Hauptallee, zwischen welchen beyden wir bisher herumwandeln, verbreitet sich ein sehr großes und schoͤnes Anhang. Beschreibungen schoͤnes Waldstuͤck in natuͤrlicher Wildniß. Die Hauptallee selbst laͤuft blos zwischen der Waldung fort, und bald fangen ihre beyden Gaͤnge an, in einen ungebahnten Grasplatz zu verwildern. 4. Die Gegenden zwischen der mittlern Hauptallee und der aͤußern Hauptallee. Die Aussicht durch diese aͤußere Hauptallee, die von Linden mit einem Rasen in der Mitte ist, geht in die gruͤnende Landschaft hinaus. Indem man die mittlere Hauptallee hinabwandelt, hat man zuerst auf beyden Seiten die schoͤnen Waldstuͤcke, die in dieser Gegend hinter den beyden Partien, die oben beschrieben sind, liegen. Man erblickt zur Rechten eine kleine Seitenallee nach der Reitallee hinuͤber, mit der weiten perspectivischen Aussicht auf die Mitte der Pleßplantage und ihre Verzie- rungen. In dieser Gegend gleich zur Linken erscheint ein breiter Gang zwischen zwey dun- keln Tannenhainen hin. Queer durch streicht eine kleine Allee, die oben von der Par- tie mit der Denksaͤule ablaͤuft, mit Tannen und Linden, die sich bald nachher zu beyden Seiten an den Tannenhain draͤngen; sie faͤllt gleich darauf in die mittlere große Kasta- nienallee. Der erwaͤhnte breite Gang laͤuft weiter zwischen zwey andern finstern Tan- nenhainen in die aͤußere Hauptallee ab. Verfolgt man ferner die mittlere Hauptallee, so tritt man in die große Kasta- nienallee, die hier zu beyden Seiten sehr reizende Perspective bildet, besonders zur Lin- ken seitwaͤrts sich in eine liebliche Daͤmmerung verliert, mittelst einer Wendung, die sie dort in der Tiefe macht. Geht man ganz diese mittlere Hauptallee hinunter, so hat man auf beyden Sei- ten sehr angenehme dichtbewachsene Waldstuͤcke von allerley Baͤumen, zur Rechten noch besonders mit jungen Eichen und zur Linken mit Tannen zugepflanzt. Man kommt von hier in die Einhegungsallee, und biegt gleich links in einen anmuthigen schlaͤngelnden Pfad ein. Immer sich windend, mit Jasmingebuͤschen besetzt, fuͤhrt er durch eine reizende Wildniß von allerley Baͤumen. Er bringt auf den sogenannten Schneckenberg. Dieß ist ein schoͤner runder Berg, mit sanften Abhaͤngen umgeben, und mit eini- gen sehr hohen Buchen bekroͤnt. Er ist ringsumher von den herrlichsten Baͤumen und Gebuͤschen des Waldes umschlossen. Man kann sich keinen schoͤnern Umzug von Waldung, von Lustschloͤssern. Waldung, keine mehr malerische Woͤlbungen der Gebuͤsche vorstellen. Alles ist dicht und verschlossen, und doch dabey frey und anmuthig. Nur eine einzige geringe Oeff- nung verstattet die Aussicht auf einen huͤgelichten Vorgrund der Feldgegend hinaus. Nach der nordlichen Seite, wo unten zur Linken ein kleines heiteres Rasenstuͤck hervor- bricht, ist der Berg steil abfallend; man sieht in eine buͤschigte Tiefe hinab. Diese Tiefe, die Hoͤhe der Baͤume auf dem Berge, der schattenvolle waldigte Umzug, und die feyerliche Einsamkeit die hier herrscht, vereinigen sich, einen Sitz der ernsten Be- trachtung zu bilden. Unten am Berge auf der suͤdlichen Seite fuͤhrt der schlaͤngelnde Gang am Ge- buͤsche weiter durch ein Waldstuͤck, und biegt zur Linken in eine große angenehme Wild- niß, besonders von Tannen. Ueberall tiefe Schatten und Kuͤhlung; uͤberall Gesaͤnge von tausend Waldbewohnern, die das Gluͤck der Freyheit in dieser ungestoͤrten Ruhe besingen. Verschiedene Gaͤnge winden sich in dieser Wildniß herum; einige laufen in die aͤußere Hauptallee hinein; ein gerader Weg fuͤhrt oben hinauf, und bringt un- vermuthet mit einer Ueberraschung in die große mittlere Kastanienallee. Ein andrer Weg fuͤhrt oben vom Berge ab, und laͤuft auf dem Rande andrer anliegenden Hoͤhen in der Waldung fort; man sieht uͤber sich dickbelaubte Baͤume den Wolken entgegen steigen, und an den Abhaͤngen zur Rechten blickt man in eine waldig- te Tiefe hinab. Dieser Weg bringt in die vorher erwaͤhnte Wildniß, oder, wenn man will, in die aͤußere Hauptallee, oder daruͤber in die reizenden Spaziergaͤnge, die in dem Waldstuͤck an der Schloßallee herumleiten. 5. Die Gegenden zwischen der aͤußern Hauptallee und der Schloßallee. Diese aͤußere Hauptallee hat zur Linken noch besondere Gegenden, die an die Schloßallee angraͤnzen, und sich nach unten hinabziehen. Gleich oben liegt zur Linken ein durchgepflanztes Waldstuͤck, worinn ein Teich erscheint. Von da laͤuft ein windender Weg durch dieses ansehnliche Waldstuͤck, geht schraͤg uͤber die mittlere große Kastanienallee, und nachdem er eine sehr angenehme Un- terhaltung zwischen abwechselnden Waldscenen gegeben, so biegt er ganz unten in den Grasplatz ein, der in der Schloßallee am Ende liegt; und geht, indem er hier die rei- zende Aussicht auf einen Theil des Essomersees und die hinter ihm sich verduͤsternden Waͤlder eroͤffnet, in das Westrevier uͤber. Von diesem langen Weg laufen zur III Band. A a Rechten Anhang. Beschreibungen Rechten sich fortschlaͤngelnde Nebengaͤnge nach den uͤbrigen Gegenden dieses ausgebrei- teten Waldstuͤcks hin, das unten nach Norden mit dem Berge eine starke Senkung gewinnet. Mannigfaltiger und reizender koͤnnen nicht leicht Waldgaͤnge seyn, als diese; heitre Gebuͤsche erfrischen das Auge, und junge Buchen, die in der ersten Schoͤnheit ihres Wuchses bluͤhen, spielen in den blinkenden Lichtern, die sich zwischen der zarten Belaubung ihrer Haͤupter herabstreuen. Westrevier . Das Luststuͤck mit den niedrigen Hecken auf dieser Seite des Vorplatzes ist dem zur Rechten gleich; es hat inwendig fast eben die Auszierung, und unten windet sich um dieses Stuͤck eine Lindenallee, die an die aͤußerste Hauptallee in dem Westrevier stoͤßt. In diesem Westrevier laufen drey Hauptalleen vom Schlosse herunter, die sich unten tief senken. Die Aussicht faͤllt auf den tiefen Essomersee; das Auge steigt von dem Wasser zu den hinten anliegenden dunkeln Waͤldern wieder herauf. Die Helle des Wassers, die Dunkelheit der Waͤlder, die blaue Reinigkeit des Himmels uͤber ihnen, geben praͤchtige Gegenstellungen. Die Veraͤnderung der Luft, die Be- weglichkeit der umherziehenden Wolken, ihre Verdunkelungen oder ploͤtzliche Aufhellun- gen erfrischen diese Prospecte mit dem Reiz der Abwechselung. 1. Die Gegenden zwischen der Schloßallee und der naͤchsten aͤußern Hauptallee. Die Aussicht dieser aͤußern Hauptallee ist praͤchtig; sie faͤllt auf den Essomer- see, und erhebt sich aus seiner Tiefe zu der Waldung empor, die sein Ufer kroͤnt. Diese Allee, die aus Roßkastanien und Linden mit einem Rasen in der Mitte besteht, hat bald seitwaͤrts schoͤne Buchen. Der breite Weg, der dahin einschlaͤget, ist mit Linden besetzt, die in natuͤrlicher Freyheit neben den Waldstaͤmmen und Gebuͤschen wachsen; er streicht eine ansehnliche gerade Laͤnge fort. Der Spaziergang ist reizend, und von allen, die wir bisher betraten, verschieden. Zur Linken laͤuft ein mit jungen Tannen auf einer Graserhoͤhung besetzter Weg schlaͤngelnd zwischen anliegenden Wild- nissen, von welchen einige aufsteigende Lerchenbaͤume den Blick erfreuen; er geht uͤber die Hauptallee weiter fort. Indem von Lustschloͤssern. Indem der angefangene Weg auf der rechten Seite fortschreitet, wechselt er mit jungen Tannen ab, die sich an die Wildniß des Waldes draͤngen. Er fuͤhrt auf eine mit Linden und Syringen umkraͤnzte Rundung, von da uͤber die mittlere große Kasta- nlenallee, weiter uͤber einen andern mit Rasensitzen und Linden eingefaßten Platz, und geht darauf gerade zwischen Baͤumen dieser Gattung, die auf der gruͤnen Grasein- fassung der anliegenden Waldstuͤcke stehen, lange fort. Er kommt unten uͤber eine neue mit jungen Roßkastanien bepflanzte Allee, die aus dem untersten Grasplatze der Schloßallee anfaͤngt, und laͤuft auf einen entfernten Irrgarten zu, in dessen Mitte sich ein offenes Lusthaus von Gitterwerk auf einem Huͤgel erhebt, der mit Statuͤen be- setzt ist. Von diesem Irrgarten schleicht unten rechts ein Pfad durch eine anmuthige Wildniß der Natur von mancherley Baͤumen ab, senkt sich und wendet sich wieder zwi- schen ehrwuͤrdigen Eichen und Grasplaͤtzen hinauf in die junge Kastanienallee, die bey dem Ende der Schloßallee abgieng. Auf der westlichen Seite des Irrgartens geht aus einer Lindenallee, die ihn um- laͤuft, ein Weg in einen großen dunkeln Tannenhain, der sich am Anhang des Berges herabsenkt. Der Weg bringt in das untere Ende der aͤußern Hauptallee dieses Re- viers. Will man sie von hier hinaufgehen, so hat man zur Linken bald das Lusthaus in der Hoͤhe des Irrgartens, bald schoͤne Seiten des Waldes im Gesicht, vornehmlich Buchengebuͤsche in ihrer heitern Jugend. 2. Die Gegenden zwischen der aͤußern Hauptallee nach der Seite der Schloß- allee und zwischen der mittlern Hauptallee hinab. Indem man diese mittlere Hauptallee betritt, so erblickt man gleich oben die Partie mit dem Obelisk, der Friedrichs V. Andenken geheiligt ist. Der Eingang ist von Wiedewelt, dessen Meißel diese ganze Scene verschoͤnert hat, mit einem Wer- ke der Bildhauerkunst von weißem Marmor geziert, das auf der einen Seite den Tem- pel der Tugend, auf der andern den Tempel der Ehre halb erhoben darstellt. Der Platz hat eine runde Form, und liegt etwas in der Tiefe. Rings umher zieht sich ein gemauerter Graben mit Wasser, woruͤber eine Bruͤcke geht; um den Rand des Grabens glaͤnzt ein Kranz von Blumenstuͤcken; zwischen ihnen und einer kleinen Ra- senerhoͤhung lauft ein Gang herum; auf der Rasenerhoͤhung windet sich wieder ein schmaler Pfad herum, mit einer einfachen Reihe von Linden mit Malven verbunden, A a 2 zwischen Anhang. Beschreibungen zwischen welchen marmorne Dockengelaͤnder angebracht sind; in dem obern Winkel liegt eine Laube. In der Mitte des Platzes ist eine Erhoͤhung, zu welcher Rasenstufen gehen. Hier erhebt sich der Obelisk von nordischem Marmor mit dem Bildniß Friedrichs V. auf einer runden weißen italiaͤnischen Marmortafel. Auf der an- dern Seite des Obelisk lieset man die Inschrift: Prudentia et Constantia und diese: Anno MDCCLXIII. Hinter dieser Partie windet sich unten ein trefflicher Tannenhain herum; und durch ihn geht ein breiter Gang, der den Anblick einer andern den Grazien gewidmeten Saͤule in einer unmittelbar anliegenden Partie eroͤffnet. Diese Partie ist von einem Teiche umgeben; hieruͤber fuͤhrt eine Bruͤcke, deren Gelaͤnder sich um den ganzen innern Platz fortlaufend verbreiten; rings um den Teich stehen Tannen. In der Mitte dieser Par- tie erhebt sich die Saͤule. Der Schaft ist von blaͤulichem nordischen Marmor, und mit Kraͤnzen von Rosen und Myrten behangen. Das korinthische Capital ist von weißem Marmor, und daruͤber erhebt sich eine vergoldete Vase. Unten am Saͤulen- fuß erscheint eine runde Tafel von weißem italiaͤnischen Marmor, mit den drey sich umarmenden Grazien in halb erhobener Bildung. Dieses Wiedeweltische Werk wird auf beyden Seiten von zwey kleinen mit den Bildnissen des Mercur und der Ve- nus geschmuͤckten Monumenten zur Verzierung begleitet. Man sieht, wenn man die mittlere Hauptallee hinuntergeht, diese beyden Par- tien zur Rechten glaͤnzen, und dagegen den dunkeln Tannenhain contrastiren. Ein Weg zur Rechten, mit einer einfachen Reihe von Tannen besetzt, sondert die untere Partie von dem Walde, und kehrt auf der andern Seite oben in den Tannenhain wie- der hinauf. Ein großes mannigfaltig bewachsenes Waldstuͤck erscheint beym Fortgang in der mittlern Hauptallee. Man erblickt weiter zur Rechten einen kleinen runden Platz, aus welchem ein Weg zwischen jungen Tannen, hinter welchen Linden sich an die Gebuͤsche anschließen, neben der schattenvollen Wildniß des Waldes sich fortschlaͤn- gelt und auf die aͤußere Hauptallee auslauft. Zur Linken sieht man zwey Gaͤnge in die jenseitigen Gegenden hinlaufen. Vor sich hat man die sich immer mehr verschoͤnernde Scene des Essomersees in der Tiefe; man erblickt ein freyes Stuͤck Kornland, das nahe vom Ufer an sich in die von Lustschloͤssern. die umschließende Waldung hinauf erhebt, und dessen Helle mit den dunkeln Massen der Waͤlder einen schoͤnen Contrast bildet. Man kommt uͤber die große mittlere Ka- stanienallee, und hat zur Rechten einen jungen Eichenhain auf hellem Grasboden; zur Linken contrastirt ein dunkler rasenleerer Tannenhain, der indessen eine breite Oeff- nung zum Anblick eines hohen Lusthauses macht. Unten in den Eichenhain schlaͤngelt sich ein Gang, fuͤhrt durch, und kommt gleich wieder in einen andern Hain von Eichen, der von umliegenden Gebuͤschen, Tau- nenklumpen und den hohen Baͤumen der Waldung ein dunkles und einsames Ansehen gewinnt. Er geht heraus und fuͤhrt uͤber die untere aus der Schloßallee ablaufende Kastanienallee, die hier zur Linken in der Tiefe die Ansicht des Sees unter einer Woͤl- bung der Baͤume gewaͤhrt, in ein wildes Gebuͤsch hin, woraus er gleich in einen gro- ßen schoͤnen Tannenhain bringt, der sich an dem Abhange des Berges hinabzieht. Indem man an seiner diesseitigen Graͤnze hinabgehen will, macht ein Theil des Sees, der hinter dem buschigten Vorgrund auf dieser Seite heraufschimmert, mit seinen hin- ter ihm sich erhebenden Waldungen eine praͤchtige Scene. Zur Rechten laufen aus diesem Hain verschiedene Wege in die angraͤnzenden obern Gegenden hin. Auf dem geraden Wege an dem diesseitigen Rande des Hains hinab, hat man in der Tiefe vor sich am Gebuͤsche eine rohe steinerne Saͤule mit einer Buͤste, und vor ihr einen Stuhl von wilden Feldsteinen. Nahe vor der Saͤule geht links ein Pfad ab, und man hat gleich wieder zur Rechten einen kleinern Tannenhain, der sich auf die Anhoͤhe hinauf- hebt. Bey der Saͤule laͤuft unten ein Pfad hieher. Man hat bald zur Rechten wie- der den Anblick einer rohen Felsensaͤule, die sich von einem nachlaͤßig zusammengesetzten Unterwerk erhebt. Hier winkt dem Spazierenden ein herrlicher Ruhesitz. Man hat ganz nahe das Ufer des Sees, mit einer reizenden Uebersicht auf die jenseitigen Wal- dungen. Die Wellen erheben aus der Tiefe ihr Geraͤusch, und aus den Wolken stim- men die Gipfel der Buchen ein, um ein majestaͤtisches Concert zu beginnen. Von hier schlaͤngelt sich ein Gang am Rande des Berges weg, und wendet sich links wieder in den letzten Tannenhain hinauf, worauf man in die untere Kastanienallee zuruͤckkeh- ren kann. Geht man ganz unten am Rande des großen Tannenhains fort, so hat man zur Linken eine Wildniß von allerley Gebuͤschen und das Geraͤusche des Sees, der zuweilen an eroͤffneten Stellen hervorschimmert. Der Weg verwildert an der Ecke des Tannenhains zur Linken in die rohen Waldgegenden hinab. Geht man wieder herauf, zur Rechten dem Tannenhain vorbey, so hat man auf der andern Seite wie- der eine dicke Wildniß von Gebuͤschen. Auf der obern Ecke des Hains daͤmmert ein sehr dunkler Weg hinab, mit jungen Tannen bepflanzt, zwischen hohen schattenvollen Baͤumen, schlaͤngelt am Fuß des Berges hinab, und sinkt in den Ausgang der aͤußern A a 3 Haupt- Anhang. Beschreibungen Hauptallee. Aus dieser steigt man wieder hinauf, und kommt zunaͤchst in die untere Kastanienallee, die aus dem Ende der Schloßallee ablaͤuft; man biegt rechts in sie hinein. Sie geht zwischen sehr anmuthigen Gegenden fort, und senkt sich da, wo sie die vorhin bemerkte gewoͤlbte Durchsicht nach dem See bildet, in die Einhegungs- allee hinab. 3. Die Gegenden zwischen der mittlern Hauptallee und zwischen der aͤußern und letzten (westlichen) Hauptallee. Der Rand des Waldes bis zu der Partie mit dem Obelisk ist mit einer Reihe von Statuͤen besetzt, die unter dem Schatten der Baͤume stehen. Die aͤußere Hauptallee, die aus Linden besteht, giebt bey ihrem Eintritt einen taͤuschenden Prospect: ihr langer Rasen, der im Entfernen sich schmaͤlert, scheint mit seiner Spitze gerade auf das Wasser des Sees zu fallen. Jenseits glaͤnzen heitere Gefilde, und hinter ihnen erhebt sich die Finsterniß der Waldung, woruͤber sich der blaue Himmel faͤrbt. Gleich zur Rechten nach dem Eingang in die aͤußere Hauptallee verbirgt sich der Fasanenhof, ein von allerley Gefluͤgel belebtes Revier, unter dem Schatten alter Baͤu- me; eine dichte Lindenallee liegt vor ihm auf dieser Seite. Ein windender Gang, mit jungen Tannen besetzt, laͤuft zur Rechten in den Wald hinein. Er erhebt sich und senkt sich, fuͤhrt uͤber einen geraden Weg, der zu beyden Seiten fortgeht, und rechts uͤber einen kleinen runden Platz streicht, tritt hier in einen hinabschlaͤngelnden breitern Weg mit Linden und kleinen Tannen besetzt, und bringt in das Normannsthal. Dieß ist eine der interessantesten Scenen des ganzen Parks. Eine kleine Lin- denallee fuͤhrt in ein Thal herunter, das rund, und in vier Rasenstuͤcken vertheilt ist. Zwischen ihnen liegt in der Mitte eine Rasenerhoͤhung, worauf sich eine Saͤule von nordischem Marmor, mit Kraͤnzen umwunden und oben mit einer vergoldeten Ku- gel geziert, erhebt. Um das Thal laufen drey erhoͤhte Absaͤtze uͤber einander in der Runde herum; ihre Abhaͤnge sind schoͤne Rasen. Jeder Absatz hat einen bequemen breiten Gang, auf beyden Seiten mit Linden besetzt. Auf dem untersten stehen zwey offene Lusthaͤuser der Saͤule gegenuͤber. Ringsumher ist ein schoͤner woͤlbender Umzug der Waldbaͤume, die hoch uͤber die jungen Linden emporsteigen. Die oberste Hoͤhe ist zur Rechten durch einen Tannendickigt verschlossen; zur Linken stoͤßt an sie ein Wald- von Lustschloͤssern. Waldstuͤck von alten und jungen Buchen, mehr frey und heiter. Allein was diese Scene interessant macht, das ist ihre Ausstaffirung. Sie ist mit einer Menge Sta- tuͤen Die Statuͤen sind von dem Koͤnigl. Hofbildhauer, Herrn Grund, gearbeitet. Man hat sie in Kupfer gestochen, unter dem Titel: Abbildung des Normannsthals in dem Koͤnigl. Lustgarten zu Friedensburg. Herausgegeben von Joh. Gottfr. Grund, Koͤnigl. Hof-Bild- und Steinhauer. Fol. Kopenhagen, 1773. mit einer kurzen Be- schreibung, daͤnisch und deutsch. Die Fi- guren sind von Heckel gut gestochen. Allein das Ganze muß man in keiner Kunstvor- stellung, worinn es immer verliert, son- dern auf dem Platze selbst schen. Seit der Ausgabe dieser Abbildung hat sich die Zahl der Statuͤen schon merklich ver- mehrt. in natuͤrlicher Lebensgroͤße angefuͤllt, die rings umher auf den drey Absaͤtzen zwischen den Linden stehen, das Gesicht nach der Saͤule in der Mitte des Thals ge- richtet. Die Statuͤen sind von weißem Sandstein gearbeitet, und stehen auf kleinen Fußgestellen. Sie machen eine wichtige Nationalgruppe; denn sie stellen Untertha- nen des Koͤnigs, Einwohner beyderley Geschlechts, aus allen Stiften und Inseln von Norwegen in ihren verschiedenen Trachten, Beschaͤftigungen und Lustbarkeiten vor. Man sieht hier Arbeiter des Feldes und des Waldes, Fischer, Jaͤger, See- fahrer, Musicanten, Taͤnzer, Anwerber, Braͤute, Hausfrauen, Maͤtter, alle mit wahrem Ausdruck der Gesichtsbildung, mit ihren Werkzeugen und Putzzierrathen. Die Gesellschaft besteht schon aus vier und sechszig Personen, und wird noch jaͤhrlich vermehrt; man faͤngt schon an die oberste Gallerie zu besetzen. Gleich der Eingang kuͤndiget Froͤhlichkeit an; man sieht zur Rechten zwo tanzende Figuren, und zur Lin- ken zwey Musicanten mit einer Trommel und einer Violin. Diese Scene ist uͤberaus reizend. Der weiße Schimmer der vielen Statuͤen ist zwischen dem heitern Gruͤn der Rasen und der Linden, um welche sich rings umher die hohen dunkeln Laubdecken der Waldung ziehen, von einer trefflichen Wirkung, zumal wenn man hereintritt, oder bey der Annaͤherung von der linken Seite den Schein der Scene durch die leichte Daͤmmerung der Baͤume brechen sieht. Die Anlage hat Neuheit und zugleich eine große Mannigfaltigkeit; sie hat Wahrheit mit Nationalinteresse vereinigt. Das Thal liegt einsam und verschlossen; und ist doch so gesellig. Man geht von einer Person zur andern, glaubt sich mit ihr in eine Unterredung einzulassen, zu fragen, woher sie kommt, und wer sie ist, was sie daheim macht, was dieses Werkzeug, die- ser Zierrath bedeutet; man sieht auf die Inschriften am Fußgestell, die das Vater- land angeben. Man macht eine angenehme Bekanntschaft, und unterhaͤlt sich mit einer Gesellschaft aus einer der schaͤtzbarsten Nationen in Europa, beruͤhmt durch die Einfalt ihrer Sitten und durch die Liebe und Treue gegen ihren Koͤnig. Und sie fand Anhang. Beschreibungen fand einen Koͤnig, der sie belohnte! Welcher Triumph fuͤr eine Nation, wenn ein Monarch, wie Friedrich V. war, die Bildnisse seiner geliebten Unterthanen vor Seinem taͤglichen Anblick, und selbst mitten in den Scenen Seines Vergnuͤgens auf- zustellen wuͤrdigt, wenn Er die Pracht Seines Palastes verlaͤßt, um sich im Thal mit der Vorstellung ihrer Beschaͤftigungen und Lustbarkeiten zu ergoͤtzen, wenn Seine wuͤrdige Koͤniginn Seinen menschenfreundlichen Schritten folgt, noch jetzt diesen Schauplatz nordischer Tugenden liebt, noch jetzt die schaͤtzbare Nationalgesellschaft sich mit neuen Ankoͤmmlingen vermehren laͤßt! Aus dem Normannsthal laͤuft unten eine Lindenallee, hinter welcher allerley einheimische Straͤucher mit wohlriechenden Blumen gepflanzt sind, in die Einhegungs- allee hinab. Vor dem Eingang in das Normannsthal geht die große mittlere Kastanien- allee mit ihren schoͤnen Staͤmmen und sich verbreitenden Zweigen queer voruͤber, und laͤuft zur Linken uͤber die ganz nahe aͤußere Hauptallee an dem Abhange des Berges hinab, in die Einhegungsallee. Wendet man sich rechts in diese Kastanienallee, so kommt man bald zur Linken in einen schmalen Pfad. Er ist windend, abwechselnd, reizend, und fuͤhrt neben ei- nem Sitze unter einer Eiche in die Partie, in deren Mitte sich ein schoͤnes Lusthaus, in Form eines runden Tempels, von offenem Gitterwerk, erhebt. Die Lage dieses Gebaͤudes ist entzuͤckend. Auf beyden Seiten laufen zwo kleine Alleen ab, mit Linden und Lerchenbaͤumen abwechselnd, wovon die zur Rechten in die mittlere Hauptallee geht. Hinter sich hat man eine Allee von Linden und Tannen, mit einer Durchsicht bey dem oben liegenden Fasanenhof hinauf; und vorne gerade aus eine herrliche Aussicht auf den See, in welchen die von oben herablaufende Allee von Linden und Tannen sich un- mittelbar hineinzustuͤrzen scheint; und hinter dem hellen Wasser schwaͤrzen sich die gro- ßen Massen der Waldung. Von diesem Platz sieht man auf allen vier Seiten zwi- schen den Zugaͤngen dunkle Tannenhaine ruhen. Verfolgt man die Allee zum Wasser hinab, so kommt man gleich zur Rechten in einen Weg, an dem aͤußern Rande eines von diesen Tannenhainen hin. Man er- blickt die Buͤste Friedrichs IV. in weißem italiaͤnischen Marmor, auf einem ho- hen Fußgestell von nordischem Marmor. Von dieser Buͤste, deren weiße Farbe eine gute Wirkung vor dem Dunkeln der Baͤume macht, fuͤhrt ein gerader Weg hinab in eine Wildniß von Tannen, zwischen welchen die heitern Blaͤtter junger Ahorne trefflich contrastiren. Der lange, gerade, dunkle, immer naͤchtliche Weg faͤllt unerwartet auf eine Partie voll Glanz und Schoͤnheit. Es eroͤffnet sich ein großer Platz, der sich von dem Walde nach dem See hinabsenkt, dessen helle Massen aus der Tiefe heraufstrahlen. Der von Lustschloͤssern. Der Platz ist oben mit Rasen, Blumen und heitern Lindengaͤngen geziert. Unten liegen zwey Lusthaͤuser. Sie stehen auf dem Rande der Anhoͤhe, ehe der Berg sich voͤllig senkt. Durch die Oeffnung der Einhegungsallee bricht hier eine uͤberaus erfri- schende Aussicht hervor. Das Auge uͤberschauet die ganze Breite des Sees, seine Waͤlder mit den heitern Grasplaͤtzen und Kornfluren, die in den Zwischenraͤumen aus der Finsterniß der Waldung hervorlachen, die weiten Felder, die sich zur Linken hin- strecken; eine Aussicht, welche die Seele mit neuen Empfindungen belebt, indem sie ihr das Vergnuͤgen der Freyheit und der Ausdehnung gewaͤhrt. Dieß ist in der That der Ruhm von Friedensburg, daß es alle Annehmlich- keiten des Landlebens in sich vereinigt. Die vielen Scenen sind in bestaͤndiger Abwech- selung; die wilden und die bepflanzten Plaͤtze, das Offene und das Verschlossene, das Heitere und das Dunkle, die geraden Alleen und die schlaͤngelnden Gaͤnge, die Haine und die Waldstuͤcke, die Rasen und die Dickigte, alles aͤndert ab, und aͤhnliche Auf- tritte erscheinen immer unter neuen Gestalten. Alle Arten von Waldsaͤngern wohnen in diesen sichern Revieren, und beleben fast jeden Baum und jeden Busch mit ihren Liedern; wilde Tauben flattern uͤberall umher oder girren von den hohen Aesten; und das junge Wild streicht sorglos uͤber die beschatteten Wege dahin. Die Freyheit um- armt hier die Liebe der Natur. Eine reine und gesunde Luft weht uͤber ihren Haͤu- ptern; Wasser, Waͤlder, weitlaͤuftige Spaziergaͤnge locken; Schatten und Kuͤhlung schweben aus den Gipfeln der Eichen herab; die frischen Duͤfte der gemaͤheten Gras- plaͤtze durchwallen die labyrinthischen Gaͤnge; und die spaͤte Helle der Sommerabende, die dieser Himmelsgegend eigen ist, verlaͤngert jeden Genuß der stillen Freuden der Natur. 4. Die Gegenden zwischen der aͤußersten (westlichen) Hauptallee und zwischen der Einhegungsallee. Oben unmittelbar am Schlosse bey dem Cabinet der Koͤniginn auf der west- lichen Seite liegt ein kleiner Garten, der einer stillen Ruhe gewidmet ist. Er besteht aus Blumen, kleinen Rasen und Baͤumchen, und ist mit vielen trefflichen Werken der Bildhauerkunst von italiaͤnischem und nordischem Marmor geziert. Er hat liegende Figuren, schlafende Kinder, feine Gruppen von Bildern, Vasen von man- cherley Formen und Verzierungen, Sitze von Marmor, Saͤulen, eine Cascade. Man sieht hier wieder vortreffliche Denkmaͤler von Wiedewelt, einem Kuͤnstler, den III Band. B b Norden Anhang. Beschreibungen Norden gegen die groͤßten neuen Meister der suͤdlichen Laͤnder, wo die Kuͤnste zuerst aufbluͤheten, aufstellen darf. Das herrlichste Werk dieses Kuͤnst- lers und der nordischen Kunst uͤberhaupt ist noch nicht vollendet, das Trauermonu- ment Friedrichs V. das unter den koͤnigli- chen Begraͤbnissen der Kirche zu Rothschild errichtet werden soll. Von ihm find vornehmlich folgende Stuͤcke schaͤtzbar. Unten bey der Treppe zwey liegende Sphynxe; vier brennende Vasen auf den Ecken des Gelaͤnders; vier Vasen mit den Fruͤchten der Jahreszeiten belegt; eine Vase mit ei- nem Satyrkopfe; und außer diesen noch vier Vasen, welche den verschiedenen Styl der Kunst unter den Voͤlkern zeigen, bey welchen sie im Alterthum am meisten bluͤhe- ten. Die aͤgyptische Vase ist von schwarzem Marmor mit dem Kopf der Isis und einem Sistrum; das Fußgestell von nordischem Marmor stellet einen Altar vor, der mit Hieroglyphen bezeichnet ist. Die hetrurische Vase zeigt vorne den Kopf des he- trurischen Koͤnigs Arminus; sie ist von schwarzem Marmor, das Fußgestell aber von nordischem in Form eines Altars. Die griechische Vase ist mit ihrem Fußge- stell von weißem Marmor; sie ist mit den Bildnissen des Jupiters und der Juno in halb erhobener Arbeit geziert; das Fußgestell ist ein runder Altar. Die roͤmische von weißem Marmor ist eine Zusammensetzung von dem spaͤtern Styl in der Kunst, um die Abweichung der schoͤnen Formen zu zeigen; das Fußgestell ist ein Altar, mit der Inschrift: Marti sacrum, Patriae custodi. Auf den beyden Enden eines mar- mornen Dockengelaͤnders mitten in diesem kleinen Garten liegen zwey schlafende Kinder von weißem Marmor; die Unschuld kann nicht ruhiger schlummern. Am Ende des Gartens liegt die kleine Cascade von nordischem Marmor, felsenfoͤrmig gemacht. Das Wasser breitet sich uͤber einen Felsen und gießt sich uͤber einige ausgehauene Tritte hinunter in ein Baßin; in dem Gestein sind Wassergewaͤchse, Fische, Froͤsche auf eine malerische Art gruppirt; an den Seiten des Baßins stehen Vasen mit Schlangen gedeckt. Hinter diesem Garten liegt unten in der Tiefe ein andrer kleiner Garten, wohin eine Treppe mit zwey Gaͤngen hinabfuͤhrt, in deren Mitte sich eine Nische mit einem Grottenwerk eroͤffnet. In diesem Garten erhebt sich ein gemauerter Berg mit vielen Absaͤtzen und Aufgaͤngen, zwischen welchen sich Oeffnungen zeigen; er ist oben mit ei- ner Gruppe Bildhauerarbeit und gruͤnenden Buͤschen geziert, unten ist er von einem Wassergraben umgeben, den eine niedrige Hecke umzaͤunt, und woruͤber eine Bruͤcke fuͤhrt. Der Berg wird von einer zahlreichen Colonie von Enten bewohnt. Die Seiten des Gartens sind mit Obstbaͤumen besetzt. An diesen Garten stoͤßt noch ein Platz mit Fruchtbaͤumen und Erdbeerbeten be- reichert. Ein von Lustschloͤssern. Ein Gelaͤnder von Gitterwerk, woran sich die Zweige der Obstbaͤume verbreiten, dient diesen drey Plaͤtzen auf der Seite des Parks zu einer besondern Abzaͤunung. Und auf eben dieser Seite laͤuft oben vom Schlosse an neben ihnen eine Allee von Lin- den herunter, die der Anfang der aͤußersten Hauptallee dieses Westreviers ist. Oben aus dieser aͤußern Hauptallee laͤuft, in der Gegend des Fasanenhofes, zur Linken ein Weg ab, und windet sich rechts zwischen Waldstuͤcken fort. Er fuͤhrt auf einen großen Platz, von welchem zur Rechten ein Weg in die aͤußerste Hauptallee wei- set, und ein andrer zur Linken in den Ausgang des Parks auf der Suͤdseite faͤllt. Der Platz ist mit Lindengaͤngen und einigen bejahrten Waldbaͤumen geziert, und hat zur Linken einen Teich. Man geht gerade durch, zur Linken neben einem kleinen Luststuͤck vorbey, woraus schoͤne Lerchenbaͤume emporsteigen, laͤßt auf dieser Seite noch eine Lau- be liegen, und kommt zum Berge der Koͤniginn. Unten an dem Sitze auf dieser Hoͤhe laͤuft gerade ein Weg in die waldigten Ab- haͤnge hinab. Er fuͤhrt zunaͤchst durch einen Hain von Tannen, der sich in die Ein- hegungsallee endigt. Man geht unten in dieser fort, uͤber die Stelle, wo die große mittlere Kastanienallee anfaͤngt, und sich zur Rechten hinaufzieht, verfolgt den Weg am Fuß des waldigten Berges, und genießt, indem man sich dem Schiffhause naͤhert, den Anblick einer schoͤnen Wiese, an deren Graͤnze die blinkenden Wellen des Sees spielen, mit dem man hier in der Tiefe ist. Das Schiffhaus ist zum bequemen Ein- steigen in das große Lustschiff und die kleineren Boͤte erbauet, die hier zum Vergnuͤgen der Wasserfahrten liegen. Man uͤberschaut hier die ganze praͤchtige Strecke des Sees, der fast immer wallet, und eine belebte Scene darstellet, mit seinen weiten Ufern und den jenseitigen Waldungen und Landschaften. Von dem Schiffhause geht man weiter durch die Einhegungsallee, und kehrt rechts in einen schlaͤngelnden Weg den Berg hinauf. Er fuͤhrt, lange herumirrend, immer schattigt und kuͤhl, unter dem Geraͤusch der hier unsichtbaren See, durch die waldigte Wildniß, fast immer durch junge Buchengebuͤsche mit alten Baͤumen unter- mischt, steigt allmaͤhlig und leitet oben etwas seitwaͤrts zur Rechten in einen verborge- nen Winkel, wo eine gruͤne Laube zum Ruhen einladet. Der Winkel liegt auf einem steilen Absatz des Berges, wovon man eine anmuthige Aussicht in die Einhegungsallee hinab hat. Indem man in den vorigen Weg zuruͤckkehrt, sieht man zur Linken einen Pfad zu dem Normannsthal hinlaufen. Der angefangene Weg steigt hoͤher fort, geht uͤber die große mittlere Kastanienallee nach dem gegenuͤber liegenden Waldstuͤck, und windet sich hier fort, nach der Hoͤhe von dem Berge der Koͤniginn wieder hinaus. B b 2 Hier Anhang. Beschreibungen Hier laß uns ruhen, laͤndliche Gartenmuse, und die letzte Scene voll neuer Schoͤnheiten betrachten. Schau, welch ein erhabener und feyerlicher Sitz auf dieser Hoͤhe! Unter einer Buche, die Jahrhunderte ihres Lebens zaͤhlt, die mit ihren ausge- breiteten starken Aesten sich fast in der Hoͤhe dem Blick entzieht, der ihr nachstrebt, ru- het eine von Linden geflochtene Laube. Ringsumher hat sie eine Umkraͤnzung des klei- nen runden Vorplatzes mit einem niedrigen Gebuͤsch von Ligustrum. Hinter dem Ge- buͤsch sind die Abhaͤnge dieser Hoͤhe in drey Absaͤtze getheilt, die herumlaufen; der ober- ste und mittlere sind mit Malven geschmuͤckt; und aus dem untersten erheben sich Ler- chenbaͤume herauf. Praͤchtiger kann keine Aussicht uͤber die Kronen hinwallender Waldungen seyn, als hier. Das Auge stuͤrzt gleich in den waldigten Vorgrund hinab, woraus sich die Haͤupter von mancherley Baͤumen mit mannigfaltigem Gruͤn und Gestalten erheben. Ein seltsames, uͤberraschendes Gemisch von Formen und Farben; die Spitzen der Tannen mit den breiten Woͤlbungen der Buchen, das flatternde Laub der Birken mit den festen Blaͤttern der Eichen. Das Auge erhebt sich wieder aus dem Vorgrunde, um bald uͤber steile Spitzen, bald uͤber wellenfoͤrmige Erhebungen des obern Laubwerks dahin zu schweben. Ein Strich von dem Ende des Sees schimmert hinter den un- geheuern Massen der waldigten Scenen herauf, um sie zu erfrischen, und in dieß große Waldgemaͤlde eine milde Erheiterung einzustreuen. Gleich hinter dem Strich vom Wasser steigen wieder die jenseitigen Waldungen empor, und verbreiten ihren naͤchtlichen Schatten in langen Strecken fort. Und welche neue Feyer fuͤr diese Scene, wenn die Koͤniginn hier in den mil- den Augenblicken ruhet, wo das untergehende Licht des Tages uͤber die Waͤlder dahin- gleitet, und die goldenen Strahlen sich zwischen den dunklen Massen der belaubten Spitzen brechen. Die stolzen Gipfel der Waͤlder wallen uͤber einander dahin; ein lautes Geraͤusch scheint ihre Belebung anzukuͤndigen; sie scheinen sich zu neigen, sich von dem Blicke der Koͤniginn begruͤßt zu fuͤhlen. Indessen schaut Ihr erhabenes Auge mit ruhiger Behagung uͤber die Waͤlder hin, zu fernen Landschaften, die hinter ihrem Schatten bluͤhen, hinaus, zu den gluͤcklichen Landschaften, wo jede Huͤtte sich allmaͤhlig bereitet, Ihr das Abendopfer zu weihen. II. Jaͤ- von Lustschloͤssern. II. Jaͤgerspreis . Dieses Lustschloß gehoͤrt Sr. Koͤnigl. Hoheit dem Erbprinzen Friedrich; und liegt sechs Meilen von Kopenhagen. J aͤgerspreis liegt in einer uͤberaus angenehmen, fruchtbaren und waldigten Land- schaft. Sie ist von dem großen Meerbusen Isefioͤrd umgeben, der sie bis auf die suͤdliche Seite, wo sich das Land mit seinen Fluren und Waͤldern verbreitet, ganz mit Wasser umschließet. Dieser Meerbusen theilet sich um diese Landschaft her in seine beyden Hauptarme; der kleine oder Rothschilder liegt auf der oͤstlichen Seite, und erstreckt sich bis Rothschild; der große verbreitet sich auf der Westseite in ein ansehn- liches Gewaͤsser, das eine Breite von mehr als einer Meile hat, und geht bis Holbek und andere Gegenden, wo er einige andre Namen erhaͤlt. Man darf diese Lage nur beruͤhren, um die Phantasie zur Vorstellung der praͤchtigen Aussichten zu wecken, die sich um Jaͤgerspreis eroͤffnen. Das Schloß ist alt, aber geraͤumig, mit einer Menge von Zimmern, die zum Theil mit Gemaͤlden geziert und sehr praͤchtig meublirt sind. Aus den obern Stock- werken genießt das Auge die vortrefflichsten Prospecte auf die Gewaͤsser des oͤstlichen und des weiten westlichen Meerbusens und auf die Reichthuͤmer der Landschaft umher. Unmittelbar vom Schlosse verbreiten sich zunaͤchst sowohl auf der oͤstlichen als auf der nordlichen Seite große und freye Rasenplaͤtze, die mit mancherley Blumen umkraͤnzt sind. Die Rasen auf der Ostseite laufen auf gruͤne Lauben, die mit Linden umgeben sind, zwischen welchen Blumen bluͤhen; zur Linken zieht sich ein schattenrei- cher anmuthiger Bogengang von Ypern und Linden, hinter welchem ein Teich ruhet. Die Rasen auf der nordlichen Seite haben, außer ihrer Umkraͤnzung mit Blumen, eine Blumengruppe auf einer Erhoͤhung; sie sind außerdem mit vier schoͤnen Vasen mit den Sinnbildern der Jahreszeiten auf Fußgestellen ruhend, und mit einer feinen marmornen Saͤule verziert, deren Schimmer auf dem frischen Gruͤn eine sehr anmu- thige Wirkung macht. Der ganze Platz ist mit schoͤnen Linden umgeben, zwischen welchen die stolzen Malven ihre farbigten Haͤupter erheben. B b 3 In Anhang. Beschreibungen In beyde Gegenden, gegen Osten sowohl als gegen Norden, laufen von diesen Rasenplaͤtzen gerade Alleen ab, welche in die freyeren Anlagen, in die Spaziergaͤnge und in die Waͤlder fuͤhren. Auf der oͤstlichen Seite streicht das Auge in die Landschaft durch eine hohe wal- digte Allee, die sich zwischen anliegenden Waͤldern erhebt, und von Eschen, Weiden, Ellern, Linden, Haseln und andern Geschlechtern dicht bepflanzt ist. Auf der rechten Seite liegt ein junger Hain von Eichen, auf der linken ein anderer von Tannen mit geraden Alleen und schlaͤngelnden Gaͤngen abwechselnd; und ganz nahe an sie graͤnzen noch andre Waͤlder, die durch eine Ahornallee mit den nordlichen Waͤldern, die aus alten ehrwuͤrdigen Eichen mit Buchen und Untergebuͤsch untermischt bestehen, verbun- den werden. Die auf der Nordseite liegenden Waͤlder sind groß, frey, voll natuͤrlicher Schoͤnheit, hie und da mit Grasplaͤtzen und Aussichten erheitert, und mit windenden Gaͤngen durchschnitten, worinn angenehme Rasensitze liegen. Und zwischen diesen Waͤldern sind Alleen von Ahorn, von Linden, und von Eichen gepflanzt, die sich an die Waldbaͤume schließen, ein veraͤndertes Gruͤn und reizende Spaziergaͤnge geben. Die angepflanzten Baͤume stehen auf natuͤrlichen Rasen, und wachsen in ihrer gluͤckli- chen Freyheit. Man findet uͤberall eine schoͤne, sich selbst uͤberlassene Natur; alles ist ausgedehnt, frey und unverstellt. Ein Schein von Wildniß, der uͤber das Ganze herrscht, ist an einem Orte von einer solchen Bestimmung, wie dieser hat, uͤberaus schicklich. Er verlangt Groͤße und keine kuͤnstliche Verzierungen; die Verwilderung in Dickigte, die Dunkelheit und die Einsamkeit der Waͤlder vereinigen sich zur Ver- staͤrkung der Eindruͤcke, die hier die Seele empfangen soll. Jaͤgerspreis ist ein Park von einem feyerlichen Charakter, den großen und hei- ligen Bewegungen gewidmet, die aus der Gegenwart der Denkmaͤler sowohl des ho- hen Alterthums, als auch der ehrwuͤrdigen Maͤnner dieser Reiche, nur entspringen koͤnnen. Man sieht hier Grabmaͤler, wo die Gebeine der alten Helden Nordens ruhen, in Kammern von Steinen, die der Zeit eben so unbezwingbar waren, als ihr Muth ihren Feinden war. Indem man diese Oerter betritt, so empfindet die Seele das Ehrwuͤrdige jener Zeiten, wo edle Einfalt des Herzens und feste Maͤnnlichkeit der Tu- gend bey rohen Sitten wohnte. Eines von diesen Grabmaͤlern ruhet in einem Walde auf der Nordseite. Es bestehet aus Feldsteinen, in der Hoͤhlung eines Huͤgels, wel- che fuͤr zwanzig stehende Personen Raum hat; uͤber dem Huͤgel breiten zwey alte krum- me von Lustschloͤssern. me Eichen, deren Ansehen sich so wohl zu dieser Scene schickt, ihre unfoͤrmlichen Aeste aus; und rings umher bilden Eichen, Buchen, Ellern und Haselgebuͤsche mit dichten Laubdecken eine schattenvolle Verschließung. Eine Marmortafel, die zwischen den beyden Eichen steht, sagt in einer lateinischen Inschrift, daß dieser Begraͤbnißplatz, der die Gebeine von vier Sterblichen seit acht Jahrhunderten verwahrte, von Frie- drich dem V. im Julius 1744 zuerst eroͤffnet worden. Man hat diesen Huͤgel zugleich zu einem Ruheplatz uͤber dem Begraͤbnisse eingerichtet; er ist mit einer Be- kleidung von Rasen mit Aufgaͤngen und Sitzen versehen, und durch eine ausgehauene Oeffnung der Hoͤlzung hat das Auge die Aussicht auf Wiesen, auf einen Theil des oͤst- lichen Meerbusens und in die weite Landschaft hinaus. Ein andres altes Begraͤbniß ist mit dem Namen von Julianenshuͤgel ausge- zeichnet, und liegt frey auf der Westseite, wohin vom Schlosse eine Lindenallee fuͤhrt. Der ganze Platz ist mit einem Gelaͤnder und mit Baͤumen umgeben. In diesen Huͤ- gel geht eine mit rohen Feldsteinen gebildete Hoͤhle, die sich etwas kruͤmmt; sie ist sie- ben und zwanzig Fuß lang, und so hoch, daß eine Person darinn stehen kann. Im Hintergrunde der Hoͤhle brennt eine Lampe, die einen feyerlichen Schein durch die Dun- kelheit dieses Gewoͤlbes streut. Ueber dem Eingang lieset man die Inschrift: Dem Andenken der besten Mutter ist dieses uralte Denkmal (gefunden im Jahr 1775) geheiligt vom Erbprinz Friedrich. Der Huͤgel besteht aus zwey Absaͤtzen oder Abtheilungen. Man steigt beym Eingan- ge der Hoͤhle zu beyden Seiten auf eine Rasentreppe zu der ersten Hoͤhe, auf welcher ein runder Gang herumfuͤhrt. Hier stehen um den aͤußern Rand des Ganges zwischen Malven sieben runde und einfache Saͤulen, die, wie die Inschriften der Namen zeigen, alten daͤnischen und norwegischen Koͤnigen, Skiold, Frode den Fredegode (Friedliebenden), Dan Mykillati (Praͤchtigen), Harald Haarfager (Schoͤn- haar), Gorm den Gamle (Alten), Harald Hyldetand, und dem Stammvater des oldenburgischen Hauses, Wittekind, gewidmet sind. Diese Saͤulen geben durch die Inschriften, die sie zu Denkmaͤlern bestimmen, und durch die Einfachheit ihrer Form, die ihnen an diesem Orte zukommt, eine sehr gluͤckliche und anstaͤndige Verzierung. Die obere Haͤlfte des Huͤgels ist mit Baͤumen bepflanzt, und ebenfalls am Rande mit Blumen umkraͤnzt. Auf der Spitze liegt ein runder Platz, inwendig mit Sitzen, und rings umher von einer Rasenerhoͤhung eingeschlossen. Man genießt von dieser Hoͤhe eine weite herrliche Aussicht. Zunaͤchst wird das Auge rings umher von einer sehr angebaueten, fruchtbaren, bluͤhenden Landschaft, die mit allen abwech- selnden Schoͤnheiten der Natur angefuͤllt ist, entzuͤckt. Auf der Westseite erscheint der Anhang. Beschreibungen der lange und weite Meerbusen, Isefioͤrd, der, indem der Blick auf die jenseitigen Ufer hinreicht, in der Aussicht einen großen glaͤnzenden Kranz von Wasser bildet. Zur Linken auf der suͤdlichen Seite ruhen Waldungen in der Landschaft; weiter zuruͤck zeigt sich das Schloß mit den Gebaͤuden von Jaͤgerspreis und mit den woͤlbenden Gi- pfeln der Waͤlder von Eichen und Buchen, zwischen welchen die hohen Spitzen des Tannenhains hervorstechen. Nach Osten verbreitet sich der Blick uͤber Waͤlder, streicht durch eine eroͤffnete Durchsicht auf den rothschilder Meerbusen hin, und von da verliert er sich in die dahin daͤmmernde Ferne der Landschaft. Auf der noͤrdlichen Seite stre- cken sich die weiten Flaͤchen der Landgegenden mit einzelnen Haͤusern, Einzaͤunungen, Gebuͤschen und Baͤumen hin. Die Aussicht ist zu reich fuͤr eine Beschreibung sowohl, als fuͤr ein Gemaͤlde. Von diesem Huͤgel kann man auf verschiedenen Wegen in die stille Dunkelheit der Waͤlder kehren. Hier eroͤffnen sich Scenen, die das Auge reizen, und die Seele mit einer feyerlichen Ehrfurcht erfuͤllen. Man glaubt auf einmal in die geheiligten Haine Griechenlands versetzt zu seyn. Das Innere der Waͤlder und die freyen Alleen sind mit schimmernden Monumenten erfuͤllt, die der Koͤnigliche Prinz, dessen ed- ler Geist hier wirkt, den verdientesten Maͤnnern Seines Vaterlandes in nordischem Marmor von der Erfindung Seines Wiedewelt errichten laͤßt. Welche neue und ehrwuͤrdige Scene! Ein Prinz in Norden schafft hier ein Werk, das Griechenland in den heitersten Zeiten der Vernunft und der Kuͤnste nicht auf die Art hatte; denn Er ehrt alle Gattungen von Verdiensten, nicht blos die Helden und die Sieger, die vornehmlich in dem Marmor der Griechen wieder auflebten, sondern auch den weisen Staatsmann, den Erfinder, den Aufklaͤrer der Wissenschaften, den Lehrer des Volks, den Retter seiner Mitbuͤrger, den Befoͤrderer jeder gemeinnuͤtzigen Anstalt, die ohne Schimmer in sich selbst gehuͤllt, oft unbemerkt vor dem Auge der Fuͤrsten voruͤber- schwindet, und selbst die, welche durch maͤnnliche Tugend in weiblicher Brust den Ruhm ihres Geschlechts erhoͤheten. Auch bey allem Eifer Britanniens, seine Parks zu veredeln, hat es noch keine Unternehmung dieser Art; die einzelnen Tempel oder Monumente zum Andenken verdienter Britten, die hie und da errichtet sind, selbst die bekannten elysaͤischen Felder zu Stowe, sind nicht das, was Jaͤgerspreis zeigt. Der Kenner findet hier die erste Ausfuͤhrung eines Werks, das vielleicht kaum in diesem Geschmack gedacht ward, und das den Gaͤrten einen Adel giebt, den ihnen das ganze Goͤtterchor, das Ludewig XIV. aus dem mythologischen Himmel herab- rief, nicht geben konnte. Allein von Lustschloͤssern. Allein nicht blos den Werth der Neuheit, auch das Verdienst des Na- tionalen hat die Errichtung der Monumente zu Jaͤgerspreis. Man sieht hier das Andenken der verdientesten Personen aus der Nation, von entfernten Jahrhunderten bis auf das gegenwaͤrtige, erneuert. Man hat eine strenge Wahl beobachtet. Es sind Verdienste von der ersten Groͤße, und von einem so bekannten und entschiedenen Werthe, daß selbst der Neid, indem er hin- schielt, stumm voruͤbergeht. Seit drey Jahren, da dieses Werk seinen An- fang nahm, dessen Fortsetzung noch von der gluͤcklichsten Begeisterung beguͤn- stigt wird, sind hier nun dreyßig Denkmaͤler errichtet, und ihre Anzahl wird noch wohl auf eben so viel vermehrt werden. Welcher Ruhm fuͤr die Na- tion, die ihre Verdienste von allen Classen und aus allen Staͤnden hier vere- wigt sieht, von einem Prinzen, dessen Geist sie alle kennt, und dessen Edelmuth sie alle schaͤtzt! Und welche Begeisterung fuͤr die Nachkommen, die hier die Denkmaͤler ihrer wuͤrdigen Vorfahren erblicken, vor ihnen mit stum- mer Ruͤhrung stehen bleiben, das Feuer der Nacheiferung bey sich auflodern fuͤhlen, und mit dem edlen Entschluß, auch einst zu seyn, was sie waren, zuruͤckkehren! Auch der Patriot, der mit den verewigten Namen in keiner andern Verbindung steht, als durch das Interesse seiner Nation, der sie an- gehoͤren, wird bey dem Anschauen ihrer Monumente erwaͤrmt. Man hat hier diese Wirkungen in der That bemerkt. Man hat oft gesehen, wie selbst in den Augen der Damen eine sanfte Ruͤhrung hervorbrach, wie sie das Edle in diesen Anstalten empfanden, und sich mit Wehmuth an die Perso- nen oder an ihre Verdienste erinnerten. Die vaterlaͤndische Geschichte wird ein Lieblingsstudium; man wuͤrde vor sich selbst erroͤthen, die Personen, de- ren Ehrenmaͤler hier stehen, nicht zu kennen, oder sie vergessen zu haben. Und selbst der Fremde giebt seinen Beyfall, und gesteht, daß ein Prinz, der große Maͤnner seiner Nation zu ehren weiß, das Vorrecht hat, sie zu besitzen. Gewiß konnte der Prinz, der alle schoͤnen Kuͤnste Seines Vater- landes begeistert, ihnen keine wuͤrdigere Bestimmung geben, als da Er sie zur Verewigung der Nationalverdienste rief. Die Monumente sind Saͤulen von einer edlen Einfalt, die der Schoͤnheit bey Werken des Geschmacks zu- gehoͤrt. Die Formen sind richtig, frey und in jedem Denkmal abwechselnd; einige haben eine charakteristische Bezeichnung, die auf das Persoͤnliche des III Band. C c Verdien- Anhang. Beschreibungen von Lustschloͤssern. Verdienstes hinwinkt. Die Saͤulen sind mit den Namen der Personen, und nach den Gesetzen des Geschmacks, mit wenigen, aber richtig gewaͤhlten Sinn- bildern, die bey Werken dieser Art von einer großen Kraft sind, bezeichnet. Bey aller Mannigfaltigkeit der Formen und der Sinnbilder ist die Simplicitaͤt sorgfaͤltig beybehalten. Hier sind einige Monumente Alle Monumente werden von Cle- mens jetzt in Kupfer gestochen, und kuͤnftig mit historischen Erlaͤuterungen, welche die Thaten und Verdienste der Personen betreffen, in einem besondern Werke herauskommen. als Beyspiele: Absalon, der beruͤhmte Bischof und Feldherr; Tycho Brahe, der große Astronom; Peter Colbioͤ- rensen, Diese Maͤnner sind aus der daͤ- nischen Geschichte bekannt genug; Peter Colbioͤrensen moͤchte es vielleicht weniger seyn. Dieser patriotische Normann that sich bey der Belagerung von Friedrichs- hall unter Karl XII. nicht nur durch außerordentlichen Eifer und Muth her- vor, sondern er munterte auch, um die Festung zu retten, seine Mitbuͤrger zur Anzuͤndung der Stadt auf, und steckte zuerst sein eigenes Haus in Brand. Der nordische Alexander ward dadurch genoͤthigt, noch vor dem Abend die Stadt mit großem Verlust zu verlassen. Col- bioͤrensen war Kaufmann, und starb als Obrister. — Der Kuͤnstler hat den Mar- mor so taͤuschend zu bearbeiten gewußt, daß man bey der Annaͤherung in der That verbranntes Holz und zerbrochene Mauersteine zu sehen glaubt. der edelmuͤthige Patriot; Ulrich Friederich Gyldenloͤve, der mu- thige Eroberer von Marstrand; Friedrich Danneskiold Samsoe, General- admiral und Verbesserer des Seewesens; Johann Hartwig Ernst Bernstorf, der unvergeßliche Staatsminister, dessen kluge Unterhandlungen Holstein das Gluͤck vorbereiteten, unter der daͤnischen Regierung aufzubluͤhen. Die Anhang. Beschreibungen von Lustschloͤssern. Anhang. Beschreibungen von Lustschloͤssern. Anhang. Beschreibungen von Lustschloͤssern. Anhang. Beschreibungen von Lustschloͤssern. Die Saͤulen sind in dem jungen Eichenhain und in dem Tannenwald auf der Ostseite des Schlosses, in dem großen Walde voll alter Eichen gegen Norden, und in den Alleen und Spaziergaͤngen bis an das Ende des Parks in den Fasanengarten hinab, uͤberall zerstreut. Sie stehen einzeln und abge- sondert, damit jede ihre Wirkung vollenden koͤnne, ehe eine andre erscheint. Man erblickt sie fast immer an schattigten Plaͤtzen, auf kleinen Erderhoͤhungen, unter der Daͤmmerung bejahrter Eichen oder Buchen. Der Schimmer des Marmors, der durch die Belaubung bricht, und das heilige Dunkel, worinn sich zuweilen die Monumente verbergen, bis das Auge sie ploͤtzlich erblickt, lassen abwechselnd ihre Eindruͤcke zur Seele dringen. Alles ist still, einsam, feyerlich. Die Wirkungen dieser Scenen sind groß und immer zutreffend; aber nur eigene Empfindung faßt sie, keine Beschreibung kann sie uͤberliefern. Das Gefuͤhl der Kenner ist hier Richter und Lobredner zugleich; alle sind hier zur warmen Verehrung des Prinzen vereinigt, der selbst an dem Orte Seines laͤndlichen Vergnuͤgens die Tugenden und die schoͤnen Kuͤnste zu Be- gleiterinnen hat, und der Seine Haine und Spaziergaͤnge nur liebt, wenn sie von den Ehrensaͤulen der Verdienste Seines Vaterlandes glaͤnzen. III Band. D d III. Ma- Anhang. Beschreibungen III. Marienlust . Dieses koͤnigliche Lusthaus gehoͤrte Ihrer Koͤnigl. Majestaͤt, der verwittweten Koͤniginn, Juliana Maria, und ist von Ihr Sr. Koͤnigl. Hoheit, dem jetzigen Kronprin- zen, Friedrich, geschenkt. Es liegt ganz nahe bey der Stadt Helsingoͤr und dem Schlosse Kronenburg, fuͤnf Meilen von Kopenhagen. Man hat von Marienlust zwey Kupferstiche, einen kleinen von Quist, der blos das Ge- baͤude zeigt, und einen groͤssern von W. A. Muͤller (1767), der außer dem Lusthause den Huͤgel und den Garten vorstellt. E ine vortrefflichere Lage, als dieses koͤnigliche Lusthaus in der westlichen Gegend der Stadt Helsingoͤr genießt, dichtet kaum ein Thomson aus der reichsten Phan- tasie hervor, findet kaum ein Tavernier, der die herrlichsten Lustplaͤtze aller Welt- theile durchwanderte. Das Gebaͤude ist schoͤn und erst vor zwanzig Jahren erbauet. Es ruhet an ei- nem Huͤgel, und besteht aus zwey Stockwerken zur Bewohnung; denn das Erdge- schoß, das nur auf der Vorderseite ganz sichtbar und mit einem Ausgang unter einer Arcade versehen ist, dient zu den Beduͤrfnissen der Tafel in geraͤumigen und hellen Ab- theilungen. An der Vorderseite des zweyten Stockwerks befindet sich unter einer zwo- ten Arcade ein anmuthiger Sitz, besonders zum Genuß der Aussicht uͤber den Garten oder den Vorplatz. Auf der Hinterseite des Gebaͤudes ist die Anlage so gebildet, daß man zu dem obersten Stockwerk faͤhrt. Das Dach ist flach und mit einer Gallerie umgeben, deren Vorderseite vier schoͤne Vasen zieren. Das ganze Gebaͤude ist von Stein aufgefuͤhrt und mit einem grauen Anwurf uͤberkleidet. Die Zimmer dieses Lusthauses sind nach richtigen Verhaͤltnissen vertheilt und eingerichtet; in dem untern Stockwerke befinden sich vier, außer einigen Cabinetten; allein die schoͤnsten sieht man in dem obersten Stockwerk, mit Geschmack verziert und mit Gemaͤlden uͤber den Thuͤren von Mandelbergs Pinsel geschmuͤckt. In der Mitte dieses Stockwerks liegt ein großer, viereckigter, heitrer, schoͤner Saal, der die herr- lichsten Prospecte eroͤffnet und sie in zwey hohen Wandspiegeln wiederscheinen laͤßt, die oben mit den Bildnissen Friedrichs des Fuͤnften und Julianens, wie halb erhobene Arbeit medaillenfoͤrmig von Pilo gemalt, bekroͤnt sind. Das Auge vergißt bald die reizenden Wiederscheine von Meer und Landschaft, und bleibt verweilend an den geliebten Bildnissen mit stummer Entzuͤckung hangen. Zur Linken stoͤßt an die- sen Saal ein laͤnglicher Speisesaal; zur Rechten liegen zwey Zimmer. Der von Lustschloͤssern. Der Huͤgel, woran sich das Gebaͤude lehnt, ist in verschiedene Absaͤtze zertheilt, mit Aufgaͤngen versehen, und mit Statuͤen und Vasen verziert. Ihn kleiden einige Baͤume, die schon die Vorwelt wachsen sah, andre, besonders Linden, sind vor eini- ger Zeit angepflanzt, und davon uͤberall beschattete Spaziergaͤnge gebildet, die mit angenehmen Ruheplaͤtzen abwechseln. Das Gebaͤude steigt mit dem Huͤgel zu einer gleichen Hoͤhe; aber die Baͤume ragen noch uͤber das flache Dach empor, und bilden einen schattigten Hintergrund, der von den Gesaͤngen der Voͤgel wiederhallt. Vor dem Angesichte des Lusthauses verbreitet sich der Garten oder vielmehr der Vorplatz, dessen Heiterkeit die angenehmen Eindruͤcke des Huͤgels und des Gebaͤudes unterstuͤtzt. Er ist ein Luststuͤck von gruͤnen Rasen und Blumen, mit Statuͤen und Vasen unterbrochen; rings umher laufen kuͤhle Spaziergaͤnge unter Linden. Die symmetrische Vertheilung und Verzierung dieses Vorplatzes ist hier in einer so unmit- telbaren Verbindung mit dem Gebaͤude selbst schicklich; der Raum verstattet keine freyen Anlagen, und man sucht sie ohnedies nicht an einem Ort, wo man die praͤch- tigsten Gegenstaͤnde der Natur und der menschlichen Kunst, die sich uͤber jede Ver- schoͤnerung von Anpflanzung erheben, in der Aussicht genießen soll. Diese großen Gegenstaͤnde der Natur und der Kunst sind es, welche die Herr- lichkeit von Marienlust ausmachen. Erhabener und feyerlicher mag die allmaͤchtige Natur Scenen bilden koͤnnen; aber an Einem Platz hat sie nicht Scenen in der Aus- sicht vereinigt, die diesen gleichen. Besteige den Huͤgel oder das flache Dach, und erwarte ein Entzuͤcken, das die ganze Seele erweitert und dich uͤber dich selbst erhebt. Zur Rechten verbreitet sich der Blick uͤber die Ostsee; die Insel Hween, die sich aus ihren blauen Wellen erhebt; die ansehnliche Stadt Helsingoͤr; hinter ihr unzaͤhlbare Masten von Schiffen aller Nationen, die durch den Sund gehen; das praͤchtiggothi- sche Schloß Kronenburg, das auf seiner Anhoͤhe, wovon es uͤber die Meerenge ge- bietet, mit seinen Thuͤrmen, starken Mauern und unbezwingbaren Bollwerken, wo tau- send Donner auf den ersten Wink ausbrechen, in einer solchen heroischen Landschaft von einer weit groͤssern Wirkung ist, als der zierlichste Palast, das an die Helden der Vor- welt zuruͤck erinnert, und noch jetzt durch die Vorstellung von Staͤrke und Herrschaft erhebt. Weiter herauf nach der Mitte uͤberschauet das Auge den ganzen Oeresund, der das baltische Meer dem Ocean uͤbergiebt; die langen Strecken der Kuͤste von Schweden; und auf ihr die Stadt Helsingburg mit ihren Haͤusern und dem Thurm uͤber sie hinaus, der, als der Ueberrest der verwuͤsteten Festung, einsam auf dem Ber- ge trauert. Zur Linken hin erscheinen auf der Spitze der jenseitigen Kuͤste von Scho- nen die Kulla-Berge; man uͤbersieht ferner auf dieser Seite den Codanschen Meer- D d 2 busen, Anhang. Beschreibungen busen, den Eingang in den Ocean; und tiefer links die diesseitigen fruchtbaren und mit schoͤner Waldung bekleideten Ufer von Seeland. — Doch diese Aussichten, die einzigen von dieser Art in Europa, uͤbersteigen alle Beschreibung; man muß sie schauen, um ihre Groͤße zu fuͤhlen. Man vergißt in ihrem Genuß Schoͤnheiten, die sonst bezaubern und hier verschwinden; man vergißt den anmuthigen Vorgrund, wo umhergrasende Heerden zwischen den gruͤnen Abhaͤngen ein sanftes Landschaftgemaͤl- de vollenden, die Wiesen und die zerstreueten Gaͤrten und Haͤuser in der Tiefe, die frohen Lieder der Voͤgel in den Baͤumen, welche die Spitze des Huͤgels kroͤnen. Das Auge schweift uͤber Meere und Landschaften hinaus, und die Einbildungskraft schwelgt in der unermeßlichen Groͤße dieser Scenen. Bey aller ihrer Ausdehnung sind sie doch dem Auge nahe, das sie gleich sieht, ohne sie muͤhsam in der Ferne suchen zu duͤrfen; und auf der Hoͤhe, wovon man sie genießt, erkauft man sie weder durch Ermuͤdung, noch durch Schwindel. Sie sind groß, ohne schrecklich zu seyn; praͤchtig, und doch immer unterhaltend. Die wech- selnden Lichter des Himmels, sein heiteres Blau oder die abaͤndernden Gemaͤlde der Wolken, der Schlaf des Meeres oder sein brausendes Erwachen, seine aufschaͤumen- den, sich aufthuͤrmenden, sich gewaltsam fortschlagenden Wellen, das Getoͤse der Winde, das Geschrey der sich umherwaͤlzenden Seevoͤgel, die unaufhoͤrlichen Bewe- gungen von Schiffen, deren in jedem Jahre sieben bis achttausend, und zuweilen an einem Tage drey bis vierhundert diese Straße durchsegeln — alle diese Zufaͤlligkeiten geben diesen Scenen Leben und Abwechselung, und begleiten ihre Groͤße mit neuen Wirkungen. Keine Meerenge in allen entdeckten Weltgegenden erfreuet sich solcher praͤchti- gen Durchzuͤge von Schiffen, als diese nicht selten auf einmal hat. Oft versammeln sich an vierhundert Segel, die auf einen guͤnstigen Wind zum Durchgang warten, und deren ruhende Masten einen meilenlangen Wald zu bilden scheinen. Der Wind erhebt sich, die Segel schwellen in die Luft, die Flaggen aller Nationen flattern, eine schwimmende Stadt naͤhert sich mit majestaͤtischer Pracht, die Begruͤßungen ihrer Kanonen, die dem Schlosse Kronenburg huldigen, erschallen von allen Seiten, der Donner hallt von beyden Ufern wieder, die maͤchtigsten Elemente, das Wasser und das Feuer, scheinen in einen Kampf zu gerathen, der dicke Dampf steigt aus den weißschaͤumenden Wellen empor, und zerfliegt von den Spitzen der Masten den Wol- ken zu; das stolze Gefuͤhl der daͤnischen Herrschaft uͤber den Sund erhebt die Brust des Patrioten. Von von Lustschloͤssern. Von einer sanftern Feyerlichkeit ist in den heitern und stillen Abenden der Som- mermonate der Untergang der Sonne, von Marienlust betrachtet. Indem sie zur Linken uͤber die Waldungen des Ufers von Seeland dahin sank, und den West mit gluͤhendem Golde uͤberstroͤmte; so streute sie ihren Abglanz uͤber die weiten Flaͤchen des Codanschen Meerbusens. Das Meer ruhete, um die feyerliche Pracht dieser Scene vollenden zu helfen. Ein Strom von Purpur, der von dem Rande der Son- nenbahn abfloß, verbreitete sich in der ganzen Strecke zwischen den Kuͤsten beyder Koͤnigreiche, wo das Meer in die Unendlichkeit hinwallet; die hoͤhere Gegend des Himmels ließ ihre blaͤuliche Farbe allmaͤhlig in ein sanftes Grau hinuͤberschmelzen; und auf dem Wasser erschienen wechselnde Gemaͤlde, worinn das Gelbe mit dem Ro- senfarbigen spielte. In dem Purpur am Horizont standen unbeweglich die stolzen Segel einiger großen Schiffe; andre, mehr entfernt, waren halb in den Duft ver- schwunden. Das Abendgelaͤute in Helsingoͤr fieng an, durch die schweigende Ge- gend zu ertoͤnen. Feyerlicher war nie die Natur zur Ruhe gegangen. Unter den Eindruͤcken solcher Scenen sucht der liebenswuͤrdige Prinz, der jetzt die Hoffnung und einst das Gluͤck dieser Reiche ist, Seine Empfindungen zu bilden, und die beyden ersten Gefuͤhle, welche die Seele der Koͤnige adeln, das Gefuͤhl der Groͤße und das Gefuͤhl der Milde, in Seiner jungen Brust zu beleben. Juliana an Seiner Seite winkt auf diese Scenen voll Bedeutung hin; und der kuͤnftige Herr- scher gelobt Ihrem Wink, gelobt, einst groß und milde durch sich selbst zu seyn, wie Sie seyn wollte und ward, die zu seyn berechtigt ist, Lehrerinn der Koͤnige durch Geist und Beyspiel. D d 3 IV. So- Anhang. Beschreibungen IV. Sophienberg . Ein koͤnigliches Lustschloß am Ufer der Ostsee, zwo Meilen von Kopenhagen. S ophienberg hat eine Lage, als einem koͤniglichen Lustschloß zukoͤmmt. Es steht frey auf einer Anhoͤhe, deren Fuß von den Wellen der Ostsee bespuͤlt wird; die Abhaͤnge des Huͤgels nach dem Wasser hinab sind in verschiedene Absaͤtze zertheilt und mit Rasenstuͤcken verziert. Die weite Aussicht uͤber das Meer und die Menge der hin und her segelnden Schiffe, das Geraͤusch der Wellen, die langen Strecken der fruchtbaren und bebaueten Kuͤsten, die sich auf beyden Seiten des Schlosses verbreiten, zur Linken mit einer ansehnlichen Bucht der See, mit Waldungen und Fischer- wohnungen, fuͤllen die Seele mit den Empfindungen der Groͤße und einer hohen Wonne. Der Meerprospect von diesem Lustschloß hat etwas Eigenthuͤmliches. Die Ostsee erscheint in ihrer ganzen graͤnzenlosen Ausdehnung. Denn die benachbarte Meerenge des Oeresunds verbirgt sich in dieser Aussicht ganz zur Seite; und die gegenuͤber liegenden Kuͤsten von Schonen kruͤmmen sich so sehr, daß sie in der Ferne einem Meerbusen aͤhnlich scheinen. Die Schiffe, die aus der Nordsee oder dem Codanschen Meerbusen (Cattegat) sich herum wenden, scheinen in der That wie durch eine Zauberkunst sichtbar zu werden. Man sieht sie heraufkommen, als wenn sie selbst aus der Tiefe des Meeres aufstiegen. Die Menge von Schiffen aller Nationen, die aus dem Oeresund kommen und dahin gehen, macht diese Gegend des Meeres ungemein belebt. Man sieht die Segel auf allen Seiten den Wolken entgegenflattern; schwimmende Palaͤste waͤlzen sich auf den blauen Wellen daher und verschwinden; jeder Augenblick stellt durch die Verschiedenheit der Groͤße und der Bauart der Schiffe, durch ihre Annaͤherung und Entfernung, durch die Abwechselung der Fahrt, die bald sanft dahingleitend, bald fortfliegend ist, ein immer veraͤndertes Schauspiel vor Augen. Das Schloß genießt dieser erfreuenden Prospecte, deren Europa nur wenige hat, in der Naͤhe, indem die meisten Schiffe, zur Sicherheit der Fahrt, diesseits der Insel Hween voruͤ- bersegeln. Das Lustschloß liegt gegen Morgen, und hat durch diese Lage zugleich alle die großen Schauspiele vor Augen, welche die aus dem Meere aufgehende Sonne bildet. Welche von Lustschloͤssern. Welche Schauspiele! Allmaͤchtige Natur! Sie erhebt sich, deine Koͤniginn, und ein vorlaufender Schimmer, der ihre Annaͤherung verkuͤndigt, erheitert den oͤstlichen Himmel und die um ihn wallenden Wellen, die ihn zu bespuͤlen scheinen. Flim- mernde Lichter zuͤnden sich immer mehr und immer heller am Horizont an, und wer- fen uͤber die weißen Flaͤchen hin lange Streifen. Die wechselnden Gemaͤlde, die das steigende Licht in den kleinen Gewoͤlken bildet, die hin und wieder noch am Himmel zu schlummern scheinen, spiegeln sich in der klaren Fluth; und allmaͤhlig sich erhebende Luͤfte fangen an, ihren Stand und ihre Gestalten zu veraͤndern. Und nun steigt sie empor, die Sonne, in der ganzen Herrlichkeit ihres Lichts. Ein blendendes Feuer schießt uͤber das Meer heruͤber; die Wellen dieses Bezirks fangen an zu gluͤhen; Glanz und Schimmer zerstreuen sich seitwaͤrts uͤber die ungeheuern Flaͤchen dahin; uͤberall empfangen die weißen Segel die Begruͤßungen des Lichts; und in der Ferne am Horizont werden ungesehene Masten wieder sichtbar. Von der erleuchteten Hoͤhe der umliegenden Ufer erschallt das Gebruͤll der Heerden, und in ihrer Tiefe erneuern sich wieder die Geschaͤfte zufriedener Fischer. Man wird gereizt, nicht blos die erha- bene Schoͤnheit, sondern auch die Gluͤckseligkeit zu empfinden, die dem Auge in diesen Aussichten begegnet. Tutus bos etenim rura perambulat; Nutrit rura Ceres, almaque Faustitas; Pacatum volitant per mare navitae; Culpari metuit fides. Hora#. Lib. IV. Od. V. Das Lustschloß ist Im Jahr 1744. Eine Abbildung davon ist im 2ten B. dieses Werks S. 11. in einem sehr edlen Geschmack gebauet, und hat ein großes und praͤchtiges Ansehen. Es macht ein laͤngliches Viereck von zwey Stock- werken und mit zwey Fluͤgeln; das mittlere Hauptgebaͤude ist mit einer Kupel ge- kroͤnt. Der weiße Anwurf des Gebaͤudes und das blaue Dach machen es nicht we- niger, wie die Lage, zu einem vortrefflichen Gegenstande im Prospect, besonders fuͤr das Auge der Voruͤbersegelnden. Die Vorderseite des Schlosses hat drey Thuͤren, wovon die mittlere, als der Haupteingang, in einen schoͤnen Saal fuͤhrt. Ueber ihm, in der Mitte des obern Stockwerks, liegt ein anderer praͤchtiger Saal, mit Blumenmalereyen geschmuͤckt, vorne mit der freyen Aussicht auf das Meer und hinten auf den Garten, den angraͤn- zenden Lustwald und die benachbarten Waldungen, aus welchen das weiße Landhaus von Anhang. Beschreibungen von Kokkedahl anmuthig hervorschimmert. Die Zimmer des Schlosses haben eine gute Vertheilung; sie sind geraͤumig, heiter und mit Geschmack verziert. Aus dem obern Stockwerk, das zur Bewohnung der Herrschaft dient, steigt man auf zwey Altane, die auf beyden Seiten der Kupel liegen, einer entzuͤckenden Aussicht entgegen. Gleich hinter dem Schlosse liegt ein kleines Luststuͤck von Blumen, mit Obst- baͤumen abwechselnd, welche die schoͤnsten Fruͤchte liefern; zur Rechten und zur Lin- ken machen schattigte Lindengaͤnge die Graͤnze. Unmittelbar aus dieser Partie fuͤhrt eine Thuͤr in einen kuͤhlen und reizenden Lustwald, meistens von Buchen, zwischen welchen Eschen und andere Baͤume angepflanzt sind. Man sieht hier besonders vor- treffliche Buchen, von einer mehr als gewoͤhnlichen Hoͤhe und mit einem Reichthum uͤberschattender Zweige. Auf beyden Seiten des Waldes, der uͤber vier Morgen Landes enthaͤlt, ruhen Wiesen mit Ellerngebuͤschen. Durch den Wald gehen kruͤm- mende Wege; eine Allee von Roßkastanien fuͤhrt durch ihn nach Kokkedahl, und aus ihr laͤuft eine kurze Nebenallee nach Hirschholm ab. Der Boden hat einige Erhoͤhungen und freye Grasplaͤtze; er hat viel Quellwasser, das zu fließenden Baͤ- chen genutzt werden kann. Die Schoͤnheiten dieses Orts gehoͤren der Natur; sie sind etwas wild, aber unverstellt, und erwarten noch ihre Ausbildung und Erweite- rung von der Hand des Geschmacks, wenn das Lustschloß, das jetzt nur besucht und nicht bewohnt wird, einst zu einem ordentlichen Aufenthalt fuͤr eine Person von der Koͤniglichen Familie geweihet werden sollte. V. Frie- von Lustschloͤssern. V. Friedrichsberg . Ein koͤnigl. Lustschloß, eine Viertel- meile von Kopenhagen. Im 2ten Th. des daͤnischen Vitruv findet man sowohl einen Grundriß des Gartens, als auch Abbil- dungen des Schlosses. D er Garten bey diesem Schlosse ward zu einer Zeit angelegt, als die Symmetrie noch uͤber alle Gaͤrten in Europa herrschte. Allein die Symmetrie, die auch hier die Anlagen vorschrieb, wird doch etwas wieder durch die hohen Baͤume gemil- dert, die in den Zwischenraͤumen der Hecken sich erheben, und aus Tannen und eini- gen sehr bejahrten und astreichen Roßkastanien bestehen, die schattigte Lauben bilden, welche hin und wieder von kleinen Grasplaͤtzen umgeben sind. Der Garten besteht aus einer Ebene, aus lauter geraden Alleen von Linden, aus Hecken, Teichen und runden Rasenstuͤcken, alles dem strengen Gebot der Regelmaͤßigkeit unterworfen. Von der Nordseite des Schlosses geht eine Terrasse mit sechs Absaͤtzen, an welchen auf beyden Seiten sechs schattenreiche Lindenalleen mit Rasenstuͤcken liegen, die sich von der Anhoͤhe mit hinabsenken, nach dem Garten in die Tiefe hinunter. Sollte dieser Garten, der wegen seiner niedrigen Lage wenig erfrischende Aus- sichten verstattet, keine neue Umbildung von dem reinern Geschmack zu erwarten ha- ben; so koͤnnte doch das große Stuͤck auf der gegenuͤber liegenden Mittagsseite des Schlosses vortreffliche Anlagen mit geringen Kosten annehmen. Dieses Stuͤck hat etwa eine kleine halbe Meile im Umkreis. Es liegt hoch und hat sanfte Abhaͤnge und einen sehr fruchtbaren Boden, wie man an den schon angebrachten Pflanzungen von Linden und andern Baͤumen, und den schoͤnen Grasplaͤtzen sieht. Man genießet hier die herrlichsten Aussichten auf die Landschaften umher, auf die Ostsee, die Insel Amak, das jenseitige Meer und die dort segelnden Schiffe, die Stadt Kopenhagen und besonders das praͤchtige Residenzschloß Christiansburg. Hier koͤnnten durch neue Anpflanzungen und einige edle Gebaͤude bald sehr interessante Scenen von dem Geschmack gebildet werden. Das Schloß, ein laͤngliches Viereck mit zwey auf beyden Seiten hervortreten- den Fluͤgeln, ist ein schoͤnes Werk der Architectur; die Zimmer sind mit Vergoldun- gen III Band. E e Anhang. Beschreibungen gen und Gemaͤlden geziert; und der Hof ist von niedrigen Gebaͤuden mit offenen Ar- caden in der Runde umschlossen. Das Hauptgebaͤude hat einen Altan, wovon man die weitesten und erhabensten Aussichten genießt. Auf der Mittagsseite erblickt man die See zwischen Seeland und Amak, und uͤber diese Insel hinaus das Meer; die Landzunge Stevensklint; einen Theil der Landschaft, bis nach der Stadt Koͤge, die vier Meilen entfernt ist; und nahe im Vorgrunde das Dorf Walby. Gegen Abend durchschauet das Auge die weiten Ebenen der Landschaften, bis zu den Kirch- thuͤrmen von Rothschild, eine Entfernung von vier Meilen. Gegen Mitternacht erscheinen uͤber den Garten hin die Flaͤchen der bebauten und belebten Landschaft, das edle Landhaus Bernstorf auf seiner Hoͤhe, hinter ihm die weiten und schoͤnen Wal- dungen des großen Thiergartens, naͤher nach Osten das koͤnigliche Lustschloß Char- lottenlund aus dem Walde hervorragend, und ein Theil der Villen, welche die Ufer der See verschoͤnern. Auf der Morgenseite streift der Blick uͤber die Stadt Kopen- hagen, ihre schiffvolle Rhede und uͤber die Insel Salzholm; weiter hinaus nach der Kuͤste von Schweden die Staͤdte Landskrone und Malmoͤe, fuͤnf Meilen entfernt, und verschiedene Kirchthuͤrme. Alle diese herrliche Aussichten, die so viel Groͤße und so viel Leben haben, stellen sich frey und deutlich dem unbewaffneten Auge auf dieser Hoͤhe dar. Allein Friedrichsberg ist auch selbst auf seiner erhabenen Lage ein vor- trefflicher Prospect, indem man das Schloß sowohl auf der Landreise, als auch be- sonders von der See aus, weit in der Ferne mit einer großen Wirkung sich erhe- ben sieht. VI. Be- von Landhaͤusern. VI. Beschreibung einiger Landsitze in Seeland; besonders von Bernstorf. M an kann keine schoͤnere Natur sehen, als in Seeland. Das Auge wird von Gegenden und Aussichten entzuͤckt, die jedes Landschaftgemaͤlde vollenden, und nach den Vergnuͤgungen des Landlebens eine heiße Sehnsucht entzuͤnden. Fruchtbare Felder, Wiesen, Anhoͤhen, Seen und Doͤrfer liegen mit Waͤldern, die voll maleri- scher Schoͤnheiten sind, mit den herrlichsten Aussichten auf das schiffvolle Meer und mit den Fischerwohnungen am Ufer, in einer reizenden Abwechselung vor Augen. Die Natur hat hier Anlagen zu Gaͤrten gebildet, die keine Kunst hervorbringt. Die Ufer des Meeres bieten auf ihren Anhoͤhen, und in den Waldungen, womit sie bekleidet sind, die trefflichsten Lagen an. Man sieht leicht Waͤlder von einem groͤßern Umfang, aber selten von der Schoͤnheit, die den seelaͤndischen eigen ist. Die Ei- chen und Buchen, woraus sie bestehen, sind von dem schoͤnsten Wuchs; das Laub- werk hat eine vorzuͤgliche Lebhaftigkeit und Dauer des Gruͤns. Die Waͤlder haben reiche Grasplaͤtze und eine unglaubliche Menge von Wild und mancherley Gefluͤgel; sie steigen auf Anhoͤhen, senken sich in Tiefen hinab, und enthuͤllen oft mitten in ih- rem Schoos die anmuthigsten Seen und Teiche, in deren frischem Wasser alle Arten von Fischen spielen. Auch aus den Ebenen glaͤnzen dem Auge schoͤne Landseen entge- gen. Diese natuͤrlichen Vorzuͤge werden noch durch die gesunde, von den Winden des Meers gereinigte, Luft erhoͤhet. Wo die Natur schon solche Gaͤrten oder solche gartenmaͤßige Anlagen schafft, da erwacht bald der Trieb zum Genuß der Annehmlichkeiten des Landlebens. In der That hat Seeland viele Gegenden mit Landhaͤusern bebauet, und diese Lagen sind uͤberaus gluͤcklich gewaͤhlt. Der groͤßte Theil der Landhaͤuser liegt am Meer. Man kann sich keine Lustreise gedenken, die mehr heiter, mehr abwechselnd an reizenden Auftritten waͤre, als die Fahrt von Kopenhagen an dem Ufer der Ostsee hin nach Helsingoͤr; und ich wuͤßte keine andere, die hier um den Vorzug streiten duͤrfte, als die entzuͤckenden Ufer des Genfersees, wiewohl diese von einem andern Charakter sind. Außer den Aussichten, welche das segelvolle Meer darstellt, hat man zur Linken diese Menge von anmuthigen Landhaͤusern, bey welchen der Weg voruͤber laͤuft. Sie sind fast alle in einem guten, zum Theil angenehmen Geschmack gebauet, und ruhen zer- streut an den Anhoͤhen umher, zwischen kleinen Gaͤrten mit Blumen und Fruchtbaͤu- E e 2 men, Anhang. Beschreibungen men, und zwischen umliegenden Gebuͤschen; ein uͤberaus malerischer Anblick, der das Auge des Reisenden auf viele Stunden lang ergoͤtzt. Sie liegen nicht so gedraͤngt, wie die Gartenhaͤuser vor Hamburg und an andern Orten, wo sie gleichsam eine fort- laufende Stadt bilden, sondern abgesondert, wodurch die Vorstellung von laͤndlicher Einsamkeit mehr unterhalten wird. Je weiter man sich von Kopenhagen entfernt, desto weniger haͤufig erblickt man diese artigen Landhaͤuser; doch verschwinden sie nicht ganz, und wo sie auch seltener erscheinen, da unterhaͤlt der Reiz der Landschaft das Auge auf die angenehmste Art. Der Weg geht bald nahe am Strande fort, bald erhebt er sich auf die Hoͤhen, laͤuft zwischen fruchtbaren Kornfeldern, Weiden, Gebuͤ- schen, oft im Schatten angraͤnzender Waͤlder dahin; keine Beschreibung faßt alle die reichen Abwechselungen der Aussichten, alle die feinen Nuͤancen, die dem aufmerksa- men Blick in der Schoͤnheit dieser Landschaft begegnen. So stellt sich z. B. bey der Papiermuͤhle zwischen Charlottenlund und Sophienberg das lange Ufer, das man vor sich sieht, mit seinen heitern Huͤgeln, mit seinen Erhebungen und Senkungen, mit den anmuthigen Waͤldern, die sich an seine linke Seite hinschmiegen, in einer Schoͤnheit dar, die selbst der gluͤcklichste Landschaftmaler nur schwach nachbilden wuͤrde. Man hat den vollen Genuß dieser Aussicht unten am Wasser bey der Bruͤcke. Et- was weiter auf der Hoͤhe sieht man zur Linken die Aue des koͤniglichen Thiergartens, deren Wasser die Muͤhle treibt, in einer tiefen und großen Wiese von einem uͤberaus frischen Gruͤn, und mit herrlichen Waldungen umkraͤnzt, sich glaͤnzend daherwaͤlzen; eine Scene, die mit einer hohen Wonne uͤberrascht. Bald geht der Weg wieder in der Tiefe am Meere fort, und auf der andern Seite am Fuße von einer Reihe gruͤner Huͤgel, die wellenfoͤrmig fortlaufen, und sich nachher allmaͤhlig herumwenden, mit ihrem Gipfel aber an die Waldung des Thiergartens stoßen. Indem man weiter auf der Hoͤhe des Ufers faͤhrt, zwischen reichen Kornfluren und Weideplaͤtzen, die von Waͤldern begraͤnzt werden; so schauet man mit einer erhabenen Wollust hier auf das im Grunde wallende Meer hinab, und jenseits zu den Kuͤsten von Schonen hinuͤber. Je mehr man sich dem Sunde naͤhert, destomehr wird das Auge sowohl von den un- zaͤhligen Segeln, die sich dort versammeln, als auch von den anmuthigen Fischerdoͤr- fern am Strande unterhalten, durch welche der Weg laͤuft. Man erblickt hier mit Vergnuͤgen ein muthiges und fleißiges Volk, das uͤberall seine Netze fuͤr den Reich- thum des Fischfangs ausbreitet; man sieht das Ufer voll Kaͤhne und Fischergeraͤth- schaft, und in den blinkenden Wellen umher die kuͤhne Jugend sich mit Schwimmen belustigen. Von den Landhaͤusern, die diese reizende Lage am Meer haben, sind einige noch mit besonderm Vortheil in Waͤldern auf den Anhoͤhen des Strandes angelegt. So von Landhaͤusern. So ruhet das koͤnigliche Lusthaus Charlottenlund in der kuͤhlen Nacht eines Waldes von Eichen und Buchen, mit Ellern, Zitterespen und Haseln durchpflanzt. Man sieht hier zuweilen in den Morgenstunden das Meer ein romantisches Schauspiel bil- den. Indem es unten aus der Tiefe zwischen einer Oeffnung der hinablaufenden Alleen und Waldbaͤume hervorbricht, so vermischt sich die ungeheure Masse des ent- fernten Hintergrundes mit der weißen Luftfarbe so taͤuschend, daß das Meer sich an den Himmel hinaufzuheben scheint. Allein der Wald selbst liegt, einige wenige Gaͤn- ge ausgenommen, noch ganz in seiner natuͤrlichen Wildniß, und erwartet von der Nachhuͤlfe des reinern Geschmacks noch Scenen, die wegen seiner reichen Beschattun- gen, der einsamen und ruhigen Lage, der schoͤnen Wiesen von abwechselnder Form und Groͤße, die in seinem Bezirke ruhen, der sanften wellenfoͤrmig aufschwellenden Gras- plaͤtze mit anmuthigen Gruppen von Gebuͤschen verziert, der kleinen Teiche, und der voͤrtrefflichen Aussichten, welche ringsumher die Landschaft verstattet, sich hier leicht bilden ließen. Denn noch ist hier eine unverstellte Natur; und wenn das sich ver- sammelnde Wasser gereinigt und erweitert, wenn Plaͤtze zu bestimmten Scenen abge- sondert, wenn ihre Charaktere durch neue Anpflanzung und durch beystimmende Werke der Kunst erhoͤhet wuͤrden, mit welchen schoͤnern Wirkungen wuͤrde nicht dieser Sitz sich aus den rohen Wildnissen erheben! — Eine aͤhnliche Lage im Walde auf einem Berge mit der Aussicht auf das Meer haben zwischen Sophienberg und Hel- fingoͤr besonders die edlen Landhaͤuser Kokkedahl und Eenrom. Man kann sich keine angenehmere Waldsitze gedenken, nach den Anlagen der Natur. Kokkedahl hat ein schoͤnes Gebaͤude, ein laͤngliches Viereck von Einem Stockwerk, mit einem weißen Anstrich und einem blauen Dach; es genießt von seiner Hoͤhe die heitersten Aussichten uͤber fruchtbare Landschaften, uͤber eine lange Reihe von Waldungen, die das Ufer bekraͤnzen, und eine große Bucht hinab, welche die See hier macht. Die Lage ist hoch, die Abhaͤnge sind Viehtriften, Kornfelder und Wald; allein der Gar- ten selbst ist noch ein Heckenstuͤck in der alten Manier; doch hat er reizende Durchsich- ten auf das Meer. — Ein uͤberaus ansehnlicher und reizender Wald ist es, der zwi- schen Freudenlund und Eenrom liegt, man mag auf den hohen und schlanken Wuchs der Baͤume, oder auf den Kranz von waldigten Bergen, die gegen einander aufstei- gen, oder auf das breite und tiefe Thal, das zwischen ihnen bluͤhet, oder auf das an- sehnliche Gewaͤsser, das sich auf der andern Seite zwischen den bewachsenen Hoͤhen herumwindet, oder auf die anmuthig verzierten Abhaͤnge nach dem Meere hinunter- sehen. Die Waͤlder haben eine so reiche Woͤlbung von Laubdecken, sie steigen mit ei- nem solchen Reiz gegen einander auf, und bilden mit dem Thale und mit dem Wasser ein so praͤchtiges Ganze, daß die Einbildungskraft sich keinen schoͤnern Waldsitz ge- E e 3 denken Anhang. Beschreibungen denken kann. Und doch ist dies alles blos ein Werk der sich uͤberlassenen Natur, das sie in ihrer heitersten Laune gebildet zu haben scheint, und woran keine Kunst Antheil hat. Das Gebaͤude von Eenrom ist ein einfaches, laͤndliches Landhaus. Es liegt in den Umschattungen des Waldes. Auf der westlichen Seite hat es in einer großen Vertiefung einen Fischteich, in der Mitte mit einem offenen Pavillon zum fischen. Die Vorderseite hat die Aussicht auf das Meer, auf die nahe Insel Hween, und auf die Kuͤste von Schweden, wo Landskrone mit den Gebaͤuden sich hell dem unbe- waffneten Auge zeigt. Unmittelbar vor dem Gebaͤude bluͤhet ein Blumengarten mit Obstbaͤumen; und darauf folgt eine Terrasse mit bluͤhenden Straͤuchern geziert, und mit freyen Rasensitzen und schattigten Lauben versehen, wo man unter dem Rauschen der nahen Wellen sich an den Meerprospecten ergoͤtzt; am Fuß der Abhaͤnge ruhet ein Dorf in den Umhuͤllungen seiner Fruchtbaͤume. Andre Landhaͤuser, die vom Meer entfernt sind, haben doch eben diese reizende Lage auf waldigten Hoͤhen. Schatten, Ruhe und Aussichten, diese angenehmen Vortheile des Landlebens, sind besonders das Eigenthum einer solchen Lage. So er- hebt sich das koͤnigliche Lustschloß Selleroͤd in der nordlichen Gegend von Kopenha- gen auf seiner weit umher sehenden Anhoͤhe. Man schaut auf eine praͤchtige Samm- lung von Waͤldern herab, und hinter ihnen verbreiten sich die fruchtbaren Landschaften, deren Graͤnze sich in den dunklern Schatten ferner Waldungen am Horizont verliert. Die naͤhern Waͤlder, die das Auge alle uͤbersieht, heben und senken sich an kleinen an- muthigen Bergen. Zwischen den Waͤldern liegen Kornfelder und Weiden, von Heerden belebt, Plaͤtze von mannigfaltigem Gruͤn und Gestalten, die sich hier in einen schattigten Winkel hinein schmiegen, dort wieder frey hervorlaufen, und deren hellere Farbe gegen die Daͤmmerung der Eichen und Buchen anmuthig contrastirt. Nicht leicht wird man eine praͤchtigere Gruppe von Waͤldern antreffen, die alle in Einem Prospect vereinigt liegen. Eine aͤhnliche schoͤne Lage hat in der westlichen Gegend von Kopenhagen auf der waldigten Hoͤhe zu Friedrichsthal das edle Landhaus, das sich zugleich durch seine Architectur dem Auge empfiehlt. Von seiner Anhoͤhe senkt sich ein Garten in Terrassen mit Rasen und Alleen zu den Seiten herab. Ringsumher liegen reizende Waͤlder und Huͤgel, und hinter ihnen schlaͤngelt sich ein ansehnlicher fischreicher Land- see herum. Gegen das Gebaͤude steigt aus der Tiefe, die von dem Geraͤusch eines Bachs und von der Bewegung einer Muͤhle belebt wird, ein schoͤner Huͤgel empor, der eine uͤberaus anmuthige Verzierung verstattet. Die Buchenwaͤlder haͤngen umher von den Bergen zum Thal hinab, und die Landschaft hat einen so zauberischen Reiz, daß man sich in eine schweizer Landschaft versetzt zu seyn glaubt. An dem niedrigen Ufer von Landhaͤusern. Ufer des Sees ruhen noch verschiedene artige Landhaͤuser, die auf der einen Seite den frischen Anblick des Wassers, und auf der andern die kuͤhlen Ueberschattungen der auf- steigenden Waͤlder genießen. — Nicht weit von Friedrichsthal liegt das reizende Dorf Lyngbye, ebenfalls an einem fischreichen See und an einem niedrigen Walde, wo das Auge wieder von verschiedenen feinen Landhaͤusern, die ansehnlichen Familien zugehoͤren, ergoͤtzt wird. In Landschaften, die mit allen Schoͤnheiten der Natur so sehr bereichert sind, duͤrfte die Kunst nur wenig beytragen, um diese Schoͤnheiten zu erhoͤhen und zu ver- vielfaͤltigen, um durch Mannigfaltigkeit der Anpflanzungen und durch Feinheit der Anlagen, durch ausgewaͤhlte und bestimmte Scenen, durch ihre Veredelung mit zu- stimmenden Gebaͤuden und andern Gegenstaͤnden, neue Schauspiele zur Unterhaltung des Geschmacks, zur Ergoͤtzung der Einbildungskraft, und zur Erweckung einer Folge von staͤrkern und interessanten Empfindungen zu bilden; denn dieß ist das Geschaͤfte der schoͤnen Gartenkunst. Man sieht in den Gaͤrten noch hin und wieder die Spuren der alten symmetrischen Manier; doch hebt sich der bessere Geschmack uͤber sie empor. Zu Seelust, eine Stunde von Kopenhagen am Strande, ist eine neue Anlage an- gefangen, die viel verspricht, weil sie mit Geschmack entworfen ist. Allein eine schon vollendete Pflanzung sieht man zu Bernstorf, Der bekannte Landsitz des Koͤniglichen Staatsministers, geheimen Raths, Mini- sters der auslaͤndischen Affairen, Directeurs der deutschen Kanzeley, Ritters vom Ele- phantenorden, ꝛc. ꝛc. Herrn Grafen von Bernstorf. weiter in der Hoͤhe hinauf, in der nordlichen Gegend der Stadt, eine halbe Meile von ihr entfernt. Dieses praͤchtige Landhaus Eine Abbildung davon s. im 2ten Bande dieses Werks, S. 129. vereinigt mit der gluͤcklichsten Lage zugleich die ganze Schoͤnheit der Architectur, und gehoͤrt schon von dieser Seite zu den besten Ge- baͤuden dieser Art. Es steht da auf seiner Anhoͤhe, mit einer Aussicht, erhaben und frey, wie der weit umherschauende Blick des Ministers, der hier seine großen Geschaͤfte ausfuͤhrt. Auf der Nordseite des Gebaͤudes, das am Eingang mit der edlen Inschrift: Honesto inter labores otio sacrum bezeichnet ist, verbreitet sich der Prospect uͤber fruchtbare Gefilde hinab zu den herrli- chen Waldungen des koͤniglichen Thiergartens. Gegen Suͤden erscheint die Stadt Kopenhagen mit ihren stolzen Thuͤrmen, mit ihrer Rhede, die mit den Schiffen aller Nationen angefuͤllt ist, und mit der weiten Aussicht in das Meer hinaus, das durch kommende und sich entfernende Segel eine erhabene und immer belebte Scene darstellt. An die westliche Seite graͤnzt ein kuͤhler Wald; und auf der oͤstlichen liegt unmittelbar an Anhang. Beschreibungen an dem Gebaͤude der Garten, der sich in sanften Abhaͤngen hinabzieht. Die Vor- derseite gegen Norden ist frey von der gewoͤhnlichen Versperrung mit Baumpflanzung; Grasplaͤtze, die hier mit ihrem frischen Gruͤn ergoͤtzen, vereinigen sich bald mit nahen Kornfluren, um ein laͤndliches Gemaͤlde darzustellen, das um so viel heitrer ist, da die wirthschaftlichen Gebaͤude mit einer gluͤcklichen Anordnung, die noch wenige Landsitze kennen, in einer Entfernung angelegt sind. Dieses Landhaus ist zugleich ein sehr in- teressanter Prospect in der Landschaft; man sieht es frey von allen Seiten, und in einer weiten Ferne. Die erwaͤhnte Pflanzung des Gartens besteht aus einer großen Man- nigfaltigkeit von einheimischen und auslaͤndischen, besonders nordamerikanischen Baͤumen und Straͤuchern, Hier ist ein Verzeichniß von den Baͤu- men und Straͤuchern, die ich dort fand, und die noch vermehrt werden. Diese Sammlung ist, so viel ich weiß, die erste und noch bis jetzt die vollstaͤndigste in Daͤn- nemark. Man steht daraus zugleich, was unter diesem Klima sehr gluͤcklich fortkommt, und Kenner werden bald die weichlichern Geschlechter von den haͤrtern unterscheiden. Acer Pseudo-Platanus. — — Platanoides. Aesculus Hippocastanum. — Pavia. Amorpha fruticosa. Annona glabra. — triloba. Azalea viscosa fl. rubro — — — albo. Berberis vulgaris. Bignonia Catalpa. — radicans. Chionanthus Virginica. Clethra alnifolia. Cercis Siliquastrum. — Canadensis. Cytisus Laburnum. Calycanthus floridus. Colutea arborescens. Crataegus aria. — — torminalis. — — oxyacantha fl. simpl. — — — — fl. pleno. — — — — fl. pleno rubro. — — crus galli. — — coccinea. — — viridis. Cornus alba. — mas. Ceanothus americanus. Cephalanthus occidentalis. Celtis australis. Celastrus scandens. Elaeagnus angustifolia. Evonymus latifolius. — europaeus. Gleditsia triacanthos. — acanthos. Hamamelis Virginiana. Hydrangaea arborescens. Hibiscus. Ilex aquifolium. Itea Virginiana. Lirio- die zu reizenden Lustgebuͤschen mit Spaziergaͤngen schon vor von Landhaͤusern. vor mehrern Jahren angepflanzet sind, und durch einen uͤberaus gluͤcklichen Wachs- thum sich zu reichen Beschattungen ausgebildet haben. Man sieht Baͤume und Straͤucher, die man fuͤr das seelaͤndische Clima zu weichlich halten sollte, und die hier im Freyen, auf einer Hoͤhe, eine halbe Meile vom Meer, schon viele Winter ausgedauert haben. Ein anderer Beweis von der Guͤte des hiesigen Clima, das man auswaͤrts fuͤr so rauh haͤlt, ist dieser, daß zu Char- lottenlund nahe am Strande die aͤchten Kastanien zur vollkommenen Reife kommen. In dem Fruchtgarten auf Bernstorf wer- den schon lange die feinsten franzoͤsischen Obstsorten zu einer solchen Vollkommenheit gezogen, daß sie von denen, die aus Frank- reich kommen, nicht zu unterscheiden sind; dieser Garten hat zuerst in Seeland erheb- liche Versuche dieser Art mit Gluͤck gemacht. Auf Falster, dieser fruchtbaren mit allen Arten von Getraide und Obst so sehr ge- segneten Insel, die man nicht ohne die leb- hafteste Die Anlage ist mit einem feinen Geschmack gemacht. Die Baͤume Liriodendron tulipifera. Liquidamber styraciflua. Ligustrum vulgare. Lonicera caprifolium. — alpigena. — Diervilla. — symphoricarpos. Lycium barbarum. Myrica cerifera Mespilus Pyracantha. — cotoneaster. — arbutifolia. — amelanchier. Prunus Virginiana. — Padus. — Cerasus. — — fl. pleno. — Lauro-Cerasus. Potentilla fruticosa. Platanus occidentalis. Philadelphus coronarius. — — inodorus. Pyrus Cidonia. Ptelea trifoliata. Robinia caraganna. — hispida. — pseudo-acacia. Rhus Cotinus. Rubus odoratus. Rhamnus catharticus. Rhamnus frangula. — paliurus. Rosa; viele Arten und Varietaͤten. Staphylea pinnata. — trifolia. Spiraea hypericifolia. — salicifolia. — opulifolia. Syringa vulgaris fl. caerul. — — fl. albo. — Persica. Salix Babylonica. Sorbus aucuparia. Viburnum opulus. Zanthoxylum, clava Herculis. III Band. F f Anhang. Beschreibungen Baͤume und Straͤucher sind so geordnet, daß sie ein angenehmes Ganze bilden. Bald erscheinen sie in einem mannigfaltigen Gemisch von Blaͤttern und Bluͤten; bald stellen sie einzelne Scenen dar, als eine glaͤnzende Gruppe von allen Arten von Rosen, oder eine Sammlung von Gebuͤschen mit lauter weißen nach und nach hervorbrechenden Blumen, die einen kleinen Rasen umkraͤnzen, den niedrige Bluͤmchen von eben dieser Farbe zieren. Man erblickt hier vom Fruͤhling bis in den Herbst bluͤhende Straͤu- cher, die besonders in den angenehmen Monaten die Gegend umher mit ihren Wohl- geruͤchen fuͤllen. Die ganze Anlage ist so heiter, daß sie bald die Einbildungskraft reizt, in lieblichen Bildern umher zu irren, und die besondere Pflege eines unserer lie- benswuͤrdigsten Dichter Herr Friedrich Leopold, Reichsgraf von Stolberg, Herzoglicher Holsteini- scher Oldenburgischer Oberschenk und Minister. verdient, der uns die Schoͤnheit der Natur mit so feuriger Empfindung vorsang, und der hier zur Freude der Natur den Gaͤrtner mit dem Dich- ter vereinigt. VII. Schwansee . Ein Park in dem adelichen Gute die- ses Namens im Herzogthum Mecklenburg an der Ostsee, nicht weit von Travemuͤnde, dem Herrn Grafen von Brockdorff, koͤnig- lichen daͤnischen geheimen Rath und Kam- merherrn, Verbittern des adelichen Klosters zu Itzehoe, Rittern vom Dannebrogorden, Erbherrn auf Kletkamp, Roluͤbbe u. s. w. zugehoͤrig. D as herrschaftliche Wohngebaͤude dieses angenehmen Landsitzes, das erst vor eini- gen dreyßig Jahren neu aufgefuͤhrt worden, ist ein dauerhaftes, in einem ein- fachen, aber sehr reinen Geschmack der Architectur vollendetes Werk. Es macht ein ins Laͤngliche gezogenes Viereck, und besteht aus drey Stockwerken, wovon das nie- drige Erdgeschoß zur Wohnung der Bedienten, zur Kuͤche, Keller und andern haͤus- lichen Einrichtungen vortheilhaft eingerichtet ist. In dem zweyten und dritten Stock- werk sind die Wohnzimmer der Herrschaft und der Fremden. In dem zweyten liegen zwey große und schoͤne Saͤle, die durch eine Thuͤre, welche den Mittelpunkt des Ge- baͤudes ausmacht, mit einander verbunden sind. An jedem dieser Saͤle liegen auf je- der hafteste Freude durchreiset, sah ich nach einem kalten und regenvollen Fruͤhling am Ende des Julius nahe am Strande den schwarzen Maulbeerbaum schon mit reifen- den Fruͤchten bedeckt. von Landhaͤusern. der Seite zwey Zimmer. Die Gemaͤcher sind in beyden Stockwerken hoch, hell, ge- raͤumig, und zum Theil von dem jetzigen Besitzer mit Geschmack noch mehr verziert. Eine große und schoͤne Windeltreppe fuͤhrt aus dem Erdgeschoß zu den uͤbrigen Stock- werken; eine geheime Nebentreppe dient zur Bequemlichkeit. Außer der vortheil- haften Einrichtung des ganzen Gebaͤudes hat man auf allen Seiten eine reizende Aussicht. Seine Lage kann in Ansehung der reinen Luft sowohl, als auch der Prospecte, nicht gluͤcklicher seyn. Es steht frey auf einer Anhoͤhe, am Ufer der Ostsee, wovon es jedoch uͤber siebenhundert Schritte noch entfernt ist; und es wird zugleich fuͤr die Voruͤbersegelnden ein noch wichtigerer Gegenstand im Prospect seyn, wenn es einst einen lebhaftern Anstrich erhaͤlt. Die See bildet hier zwischen den holsteinischen und mecklenburgischen Kuͤsten einen Meerbusen, der etwa eine Breite von drey Meilen hat. Die ganze Seeaus- sicht in der Laͤnge beschreibt einen großen und praͤchtigen Zirkel von Wasser, und uͤber das Meer hinaus verlieren sich die Landschaften in eine dunkelblaue Ferne, die uns von Anhoͤhen geschaut so sehr gefaͤllt, weil sie das Gefuͤhl von Ausdehnung lebhaft verstaͤrkt, und zugleich der Phantasie Veranlassung giebt, sich uͤber das Unabsehbare zu beschaͤfti- gen. Der Blick reicht gemaͤchlich zu dem holsteinischen Ufer hinuͤber. Man er- blickt zur Rechten hin einige schoͤne Waldungen, Landguͤter und Doͤrfer, Neustadt und weiter hinauf die Insel Fehmern. Zur Linken erscheint Travemuͤnde. Alle Schiffe, die aus der Ostsee nach Luͤbeck fahren und wieder zuruͤckgehen, sind ganz in diesem Prospecte sichtbar, und man genießt aus den Gemaͤchern, besonders aus dem hintern Saale, den reizenden Anblick der stolzen Segel, die zwischen den blauen Wellen und der hellen Luft emporflattern. Eine Lindenallee mit weit von einander gepflanzten Baͤumen, die durch diese Stellung eine freyere Aussicht verstatten, laͤuft auf vierhundert und funfzig Schritte zu dem Wasser hinab. An den Seiten dieser Allee liegen Weideplaͤtze; zur Linken erscheint ein Dorf, und auf einer Anhoͤhe ein kleiner Tannenwald; zur Rechten ist das Feld von zerstreutem Gehoͤlz und Gebuͤschen begraͤnzt. An dem Ausgange der Allee uͤberrascht zuweilen bey einer Windstille eine angenehme Zufaͤlligkeit das Auge, indem sich das niedrige Ufer ganz verbirgt, und die Schiffe, wie durch einen Zauber herbey gefuͤhrt, zwischen den Baͤumen zu liegen scheinen. Allein ein hoͤheres Schauspiel ergoͤtzt hier noch oͤfter, wenn in den stillen Sommerabenden die uͤber das Meer hin untergehende Sonne ihre Pracht verbreitet, wenn ihre mildern Strahlen in den umherschwebenden Gewoͤlken am Himmel immer abaͤndernde Gemaͤlde bilden, deren Wiederscheine auf den klaren Flaͤchen aufglimmen, entzuͤcken, und verloͤschen, wenn sie, indem die weißen Segel in den geroͤtheten Fluthen F f 2 dahin Anhang. Beschreibungen dahin gleiten, allmaͤhlig uͤber das jenseitige Ufer, das sie mit einem falben von dem aufsteigenden Duft sanft gebrochenen Schimmer uͤbergießt, in Holsteins gluͤcklichen Gefilden niederzusinken scheint; ein Schauspiel, das in den Gemaͤchern auf der Abend- seite nicht vergebens zur Empfindung seiner Wonne ruft. Man hoͤrt indessen das Ge- murmel des Meeres, auch bey geringer Lust, vom Ufer heraufsteigen, und die Seele zur ruhigen Behagung in der Abendfeyer einladen. Auf der Westseite des Wohngebaͤudes liegen Rasenstuͤcke mit Blumen um- kraͤnzt; und gegen Norden verbreitet sich der Park. Er eroͤffnet sich mit drey schoͤ- nen Pflanzungen von Linden in der Ordnung des Quincunx, neben welchen Eingaͤnge von den Blumenstuͤcken, von der Seite des Wohngebaͤudes und von dem Hofplatz hineinfuͤhren. Die Natur hat zuerst fuͤr die Anlage durch einen Wald gesorgt, der zwar in der Ebene liegt, aber aus vortrefflichen Eichen, Buchen und Eschen, mit vielem di- cken Untergebuͤsch, besteht, zwischen welchen Linden und Roßkastanien angepflanzt sind. Durch diese Grundlage hat das Ganze nicht allein viel Schatten und angeneh- me Wildnisse erhalten, aus welchen einheimische bluͤhende Gestraͤucher ihre Wohlge- ruͤche verbreiten; sondern man hoͤrt auch uͤberall die frohen Gesaͤnge der Waldvoͤgel, die ihren Aufenthalt preisen. Beym Eingange von dem Hofplatz tritt man in eine lange natuͤrliche Allee, die zwischen den Waldbaͤumen, mit einem Rasen in der Mitte, dessen regulaͤre Laͤnge hie und da durch kleine bluͤhende Straͤucher anmuthig wird unterbrochen werden, hinauf laͤuft, und oben von einem offenen Pavillon begraͤnzt wird. Aus diesem Gange, welcher der laͤngste in dem Park ist, biegt man bald zur Rechten zwischen Obstbaͤu- men in einen dunklen Weg, aus welchem auf beyden Seiten andre Pfade unter einer angenehmen Daͤmmerung der umherhangenden Laubdecken ablaufen, und verfolgt ihn, bis er sich oben aus einem schattenvollen Winkel in einen geraden Gang mit einer freyern Aussicht wendet. Nicht weit nach der Wendung fuͤhrt er uͤber einen kleinen Bach, und von hier zur Rechten nach einem herrlichen Sitz in einer Laube hin. Man hat in diesem Schattensitz gerade vor sich einen kleinen Teich, in welchem das abfließende Wasser rauschet, zur Rechten ein Fortunaspiel und zur Linken eine Kegelbahn. Gerade uͤber den Teich hin eroͤffnet sich zwischen den Baͤumen eine lange weite Aussicht, die jenseits der Graͤnzlinie des Parks uͤber eine Wiese streicht, und sich, durch eine in einem entfernten Gebuͤsch gemachte runde Oeffnung, auf das Meer hin verliert. Man wird hier in einer gewissen Zeit des Sommers von einem zaube- rischen Schauspiel uͤberrascht. Indem die Sonne untergeht, so erscheint ihre feurige Kugel gerade in dieser Oeffnung des Gebuͤsches mit einer Wirkung, die jedes Auge entzuͤckt. von Landhaͤusern. entzuͤckt. Der Anblick des Meeres verschwindet, und das Feuer nimmt ganz die Stelle ein, die eben vorher das Wasser fuͤllte. Wenn in einem solchen Augenblick zugleich ein Schiff diese Oeffnung voruͤber segelt, und unmittelbar in der brennenden Scheibe zu stehen scheint, so ist dies ein Zauber, der zur lebhaftesten Verwunderung hinreißt. Zufaͤlligkeiten dieser Art sind selten; man darf sie aber bemerken, weil Zu- faͤlligkeiten, so schnell sie auch voruͤberfliehen, einen uͤberaus wichtigen, bald reizenden, bald romantischen, bald majestaͤtischen Theil in landschaftlichen Schoͤnheiten aus- machen. S. 1ster Band, S. 207. 208. Von diesem Sitze wandelt man, unter den Ueberschattungen der hohen und schoͤnen Waldbaͤume, die immer Kuͤhlung herabsaͤuseln, nach der Gegend des offenen Pavillon weiter, und findet vorher unter einer Buche eine Bank, wovon man vor sich in drey schattigte Gaͤnge von einander verschiedene Prospecte hat. Nahe vor dem Pavillon laufen schlaͤngelnde Gaͤnge, die von dem jetzigen Besitzer angeleget worden, in einen anliegenden wilden Wald, der sich zwischen Kornfluren fortzieht; er hat sanfte Erhebungen und Senkungen des Bodens, treffliche Baͤume und Gebuͤsche, und aus dem Schatten anmuthige Durchsichten, bald auf die Feldgegenden, bald auf das Meer hinaus; man wird durch die Abwechselung der innern und aͤußern Prospecte, und durch das Geraͤusch der See ergoͤtzt, die fast immer dem Blicke entzogen ist, und nur in einigen wohl gewaͤhlten Durchschnitten der dunklen Buͤsche mit einem unerwarte- ten Lichte hervorbricht; man wird nicht muͤde, diese reizenden Spaziergaͤnge zu verfolgen. Der Pavillon, zu dem wir zuruͤckkehren, steht auf einer Rasenerhoͤhung, und macht hier die Graͤnze des Parks. Er hat hinter sich eine Sammlung von Feldern, die mit Getraide und mit Klee besaͤet sind, oder zu Weiden dienen, und auf der oͤstli- chen Seite einen Kranz von Waͤldern, worinn die gedachten schlaͤngelnden Spazier- gaͤnge laufen; und vor sich die lange Waldallee mit dem Rasen nach dem Hofplatze zuruͤck. Etwa in der Mitte hat der Rasen eine Erweiterung in der Runde, und von diesem Platz blickt das Auge in acht verschiedene Spaziergaͤnge hinein, die bald kuͤr- zer, bald laͤnger, bald heiter, bald dunkel sind, bald am Ausgange freye Durchsich- ten eroͤffnen, bald sich verschließen. Diese Abwechselung des Hellen und des Finstern, des Offenen und des Versperrten sowohl, als auch die Verschiedenheit der Ruhepunkte, worauf das Auge geleitet wird, und wozu zuweilen eine Statuͤe dient, die aus dem dunklen Hintergrunde hervorscheint, mildert wieder auf gewisse Weise das Einfoͤrmige der geraden Linie, welche die Gaͤnge halten. An dem Rasen sieht man im Fortgange noch verschiedene angenehme Durchschnitte und Gaͤnge, die seitwaͤrts in die Schatten des Parks einladen. F f 3 Von Anhang. Beschreibungen Von der rechten Seite des Pavillon leitet ein Lindengang an der Graͤnze des Parks herum. Man laͤßt zur Rechten einen schoͤnen Rasenplatz liegen, und hat zur Linken eine Pflanzung von Quitschern, Tannen, Ellern und Birken, woruͤber die hoͤhern Gipfel der Eichen und Buchen emporragen; anmuthige Aussichten in die seitwaͤrts hineinlaufenden Gaͤnge beschaͤftigen das Auge. Dieser Weg geht nachher in eine na- tuͤrliche Waldallee, uͤber eine leicht gebauete weiße Bruͤcke, worunter ein kleiner Bach mit einem Guß voruͤber rauscht. Baͤche sind in einem Park von einem sanften laͤndlichen Charakter so anmuthig, daß sie immer genutzt und vergroͤßert zu werden verdienen. Sie beleben und erfri- schen, und sind weit mehr werth, als stehende Teiche, die man in Lustwaͤldern noch so haͤufig sieht, die in ihrem Schlamm das Ungeziefer naͤhren, und kein Spiegel der Baͤume mehr sind. Sie sind mehr werth, als Wasserkuͤnste, die dem Freyen und Edlen eines Waldes widersprechen, und die man doch mit der widersinnigsten Wir- kung hie und da noch in Waͤldern, und oft ganz wider die Natur zu verungluͤckten Wasserfaͤllen verunstaltet, auf ebenen Plaͤtzen anzulegen wagt. Was kann schoͤner seyn, als ein Bach, der mit seinem reinen Wasser sich durch die Gebuͤsche hinwindet, hier fortrauscht, dort sanft dahinschleicht? Der Bach bleibt uͤberall eine schoͤne Natur; man wird nirgends von ihm beleidigt; er gefaͤllt besonders in Scenen, wo das Auge gerne verweilt, und seine Annehmlichkeit mit Muße genießen kann. Allein Wasser- kuͤnste werden in der Naͤhe des Meers, wo sein Geraͤusch die Empfindung des Erha- benen erregt, noch unertraͤglicher. Was sind die kleinen Kuͤnsteleyen gegen das große Schauspiel des wallenden Meers? das duͤrftige Geplaͤtscher gegen das majestaͤtische Getoͤse der aufbrausenden und niederstuͤrzenden Wellen? Die staͤrkere Wirkung ver- schlingt die schwaͤchere; und die verschiedenen Modificationen der Bewegung des Wassers fallen in einen Widerspruch. — Hier aber ergoͤtzt uns ein Bach mit seinem natuͤrlichen Lauf. Man sieht in der erwaͤhnten Waldallee, bald seitwaͤrts zur Linken, auf einen runden von Roßkastanien eingefaßten Lustplatz hin, der ringsumher von den Wald- baͤumen umschlossen ist. Weiter hinauf erscheint auf eben dieser Seite noch ein dunk- ler Gang, in dessen Mitte der bejahrte Stamm einer hohen Eiche, deren Aeste sich oben in der allgemeinen Laubmasse der umstehenden Baͤume verbergen, die Durchsicht anmuthig unterbricht. Die Waldallee fuͤhrt zu den Blumenstuͤcken auf der Abendseite des Wohngebaͤudes zuruͤck, das durch seinen Park noch mehr gewinnt, um die Som- mertage einer durch die gegenseitigen Empfindungen der Zaͤrtlichkeit und durch eine ru- hige Weisheit des Lebens begluͤckten Familie zu erheitern. VIII. Bre- von Landhaͤusern. VIII. Brese . Ein Park in dem Freyherrlichen Gute Brese, im Fuͤrstenthum Luͤneburg, eine Meile von der Stadt Dannenberg, dem Herrn Baron von Grote, Churcoͤllnischen wirklichen geheimen Rath und Minister beym Niedersaͤchsischen Kreise, Ritter vom Stanislausorden, u. s. w. zugehoͤrig. Ver- schiedene Anlagen, die in dieser Beschreibung als vollendet vorkommen, wurden im May dieses Jahres, als ich das Vergnuͤgen hatte, zu Brese zu seyn, verabredet, und werden naͤchstens ihre Ausfuͤhrung erhalten. V on dem herrschaftlichen Wohngebaͤude geht der Eingang in den Garten, durch eine Colonnade von ionischer Ordnung, uͤber eine Bruͤcke hin, die von nahe um- herstehenden Eichen, Eschen, Linden und Ruͤstern beschattet wird, die von der Hand lange vermoderter Vorfahren gepflanzt wurden. Gleich beym Eintritt erblickt man vor sich eine lange gerade Allee von Linden; sie durchschneidet oben eine dunkle Tannenallee, und laͤuft darauf durch einen Ellern- wald, und von da in eine juͤngere Lindenallee eine sehr weite Strecke fort. Zur Rech- ten graͤnzt an diese Lindenallee zuerst ein Theil der neuen Anlage, wohin eine artige Bruͤcke uͤber einen dazwischen fließenden Bach fuͤhrt, der mit verschiedenen lauten Wasserguͤssen belebt ist. In der Mitte wird die Allee von einer andern, die aus dem Kuͤchengarten zur Linken queer herauflaͤuft, durchschnitten; von dieser Mitte an wird das Auge von zwey großen schoͤnen Rasenstuͤcken ergoͤtzt, die sich bis an den Schatten der Tannenallee hinaufziehen, gegen welche ihr helles Gruͤn anmuthig contrastirt; diese Rasenstuͤcke sind auf allen Seiten von Baͤchen mit Wasserguͤssen umflossen. Außer dieser Lindenallee, die vor dem geraden Blick des Eintretenden liegt, er- oͤffnen sich beym Eingange zur Linken und zur Rechten zwey Gaͤnge. Auf diesem, der in die neue Anlage fuͤhrt, blickt man zwischen einer breiten Oeffnung von hohen schattenreichen Baͤumen uͤber den Fluß hin, der doch selbst in diesem Prospect nicht sichtbar ist, auf eine Gruppe von Roßkastanien, die sein jenseitiges Ufer ziert, und hinter den Baͤumen schimmert ein schoͤner Rasenplatz hervor. Zur Linken wendet sich ein Gang unter hohen bejahrten Eichen und Ulmen, dem Kuͤchengarten zur Linken, und zur Rechten einem uͤbrig gebliebenen Heckenstuͤck der al- ten Manier vorbey, in eine junge Allee von Wallnußbaͤumen, die nach einigen Ein- biegungen oben in den Eingang der dunklen Tannenallee einschlaͤgt. Indem man zwi- schen den Wallnußbaͤumen hinaufwandelt, hat man zur Linken einen Obstgarten, und zur Anhang. Beschreibungen zur Rechten eines von den beyden erwaͤhnten Rasenstuͤcken; das andere winket zwischen den Staͤmmen der Lindenallee freundlich hervor. Bey dem Eintritt in die Tannenallee schleicht zur Linken ein Pfad nach dem Nachtigallenwinkel hin. Zur Rechten eroͤffnet sich ein breiter langer Gang, auf den das schwarze Gruͤn der hohen Tannen, die hin und wieder mit Roßkastanien unter- mischt sind, eine feyerliche Dunkelheit herabwirft. Die Seele sinkt in Ruhe und eine ernsthafte Verfassung dahin. Nur sparsam durch die finstere Ueberwoͤlkung einfallen- de Lichter unterbrechen hie und da die Nacht, worinn sich der Blick verliert, bis er im entfernten Hintergrunde auf einem freyen Gebuͤsch in einer erquickenden Heiterkeit wieder ruhet. Zur Linken dieses erhabenen Ganges vermehrt seinen Ernst ein naher Teich, der sich bis an seine Mitte hin unter dicken Ueberschattungen eines angraͤnzen- den Ellernwaldes, der sich weiter hinauf mit Eichen vermischt, erstreckt, und zur Rechten ist durch ein hinter den Baͤumen angepflanztes Gebuͤsch die Durchsicht auf den anliegenden Rasen, dessen freyer Anblick hier die Wirkung dieser Scene nur unter- brechen wuͤrde, fast ganz verschlossen. Gegen das Ende der Tannenallee, wo eine Bank zum Ruhen einladet, erblickt man uͤber ihr an einem Baum eine Tafel mit dieser Inschrift: Mit meiner Mutter ist mein Vater hier gesessen: Hier will ich ruhig auch des Lebens Muͤh vergessen, Stets euer eingedenk, stets dankbar euch noch seyn, Und euch, ihr Liebsten, oft hier stille Thraͤnen weihn. Diese simple Poesie ruͤhrt, weil sie eine edle Gesinnung ausdruͤckt, die jedes wohlge- stimmte Herz nachempfinden kann; sie ruͤhrt besonders an diesem Orte, wo Ver- schlossenheit und Schatten die Seele zum Gefuͤhl rufen. Nach einer Zuruͤckerinne- rung an die Vorfahren, die diese Baͤume pflanzten, die unter diesen Baͤumen ruhten, kommt man immer mehr der neuen Anlage naͤher. Verschiedene Wege laufen hier seitwaͤrts nach verschiedenen Gegenden ab, die, obgleich sie außerhalb der Linie der neuen Anlage liegen, doch mit abwechselnden Auf- tritten und Spaziergaͤngen bereichert sind. Ein Blick in die dunkle Tannenallee zuruͤck erneuert die ernsthafte Empfindung, die der Eingang erweckte; und gleich darauf tritt man zur Rechten in die neue Anlage, und wird von dem Geraͤusch eines lebhaften Wasserfalls empfangen, der sich zur Seite des Weges hervorstuͤrzt, ohne daß man seinen Ursprung errathen kann. Man schaut in eine lange Pflanzung von lauter jungen edlen Obstbaͤumen hin; der Blick geht von da weiter uͤber einen Rasen, zwischen den weißen Bogen, worauf ein von Landhaͤusern. ein erhabenes Architecturwerk ruhet, hindurch, und verliert sich in die Dunkelheit ei- nes fernen Waldes, der jenseits der Gartenlinie liegt. An beyden Seiten dieser Obstallee verbreiten sich in einen weiten Umfang die neu angelegten reizenden Gebuͤsche mit mannigfaltigen Straͤuchern und Baͤumen, zwi- schen welchen schlaͤngelnde Gaͤnge laufen. Nahe am Eingange fuͤhrt eine Bruͤcke zur Rechten in diese Gebuͤsche, wo bald ein schmaler Gang sich seitwaͤrts nach einer Bank unter einer Eiche windet, worauf man dem Wasserfall gerade gegenuͤber sitzt, ihn sieht, wie er zwischen bluͤhenden her- uͤberhaͤngenden Straͤuchern hervorschaͤumt, und von seinem hellen Geraͤusch, worein die Waldvoͤgel ihren Gesang mischen, unterhalten wird. Rings umher ist die Aus- sicht verschlossen; das Auge ruhet uͤberall zwischen den gruͤnen Vorhaͤngen der Gebuͤsche, deren leichte Spitzen unter dem sanften Hauch der Winde auf und nieder wallen. Man hoͤrt durch den angraͤnzenden Ellernwald die Nachtigallen lauter schlagen; man verweilt, ohne es zu wissen, und vergißt beynahe ganz, von der Schwelgerey an dieser lieblichen Scene aufzustehen. Das Wasser theilt sich hier nach seinem Fall in zwey Baͤche, wovon der linke an der Obstpflanzung hinunterlaͤuft, der rechte die neue Anlage auf dieser Seite um- schlaͤngelt, sich aber ungefaͤhr in der Mitte seines Laufs wieder theilt, und einen Bach bildet, der durch den innern Bezirk der Gebuͤsche rauscht; dieser Bach sowohl, als je- ner an der Obstallee, ergießen sich beyde nachher in den Canal. Von diesem Sitz am Wasserfall irrt man zur Rechten in den Gebuͤschen umher. Sie sind von allen Arten von einheimischen Straͤuchern, mit Baͤumen untermischt, angepflanzt; und hie und da vermehren auslaͤndische Hoͤlzer die Mannigfaltigkeit des Gruͤns und der Bluͤthen. Kleine Rasenstuͤcke, mit Erdbeeren bepflanzte Plaͤtze, Grassitze liegen in dem Innern der Gebuͤsche zerstreut. Indem man hier umflossen vom Wohlgeruch des Laubes und der Bluͤthen, und bald von einem auffliegenden Vogel geweckt, bald von den Liebesliedern der Waldsaͤn- gerinnen wieder eingewiegt, in suͤßen Traͤumen dahin schwaͤrmt, wird man zur Linken auf einen runden Platz geleitet, wo aus einer Rasenvertiefung, von Linden umkraͤnzt, ein schoͤner Meleager, auf einem Fußgestell stehend, den Ankommenden entgegenblickt, das Gesicht nach der Waldung hinter der Tannenallee hin gerichtet. Die gute Wir- kung dieser Statuͤe, die voͤllig nach der bekannten Antike in Rom gearbeitet ist, beru- het nicht blos auf ihrer eigenen Schoͤnheit, sondern auch auf ihrer Stellung; sie steht hier einsam, und beschaͤftigt um desto mehr die Aufmerksamkeit des Spazierenden; und aus hoͤhern Standpunkten sieht man sie zwischen den Gebuͤschen mit einem anlo- ckenden Reiz durchschimmern. Unmittelbar an diesem Platz, den noch zwo natuͤrliche III Band. G g Lauben Anhang. Beschreibungen Lauben zieren, liegt halb im Gebuͤsche verhuͤllt ein kleiner Pavillon, offen gebaut, und mit einer weißen Kupel bekroͤnt, die aus verschiedenen Gesichtspunkten gesehen zwischen den gruͤnen Umwoͤlkungen des Laubwerks mit einer angenehmen Wirkung emporragt. Man sieht aus dem Pavillon uͤber die Gebuͤsche hinweg, durch eine eroͤffnete Gruppe von Ellern, die Thuͤrme der Stadt Dannenberg, eine Meile entfernt. Aus dieser verschlossenen Partie kehrt man zuruͤck, und sieht indessen die Spitze der finstern Tannenallee einen trefflichen Contrast gegen die diesseits liegenden heitern Lustgebuͤsche bilden. Zur Rechten schlaͤngelt sich ein Weg bis zu einer Bruͤcke, die uͤber den kruͤm- menden Bach, der von dem oben die Lustgebuͤsche umfließenden Wasser ablaͤuft, zu ei- ner der lieblichsten Scenen fuͤhrt, die nur die Phantasie schaffen kann. Der Bach ist in bestaͤndiger Bewegung durch drey Wasserguͤsse und durch aufsprudelnde Quellen, die ihn beleben. Die kleine weiße Bruͤcke, worunter der Bach in ihrem spielenden Wiederschein dahinhuͤpft, stoͤßt unmittelbar auf eine Rasenerhoͤhung. Auf dieser la- det sogleich eine von bluͤhenden Straͤuchern umgebene Bank ein, zu ruhen, und auf die Spiele des Baches, auf die Bruͤcke und die uͤbrigen Gebuͤsche herabzuschauen. Nach dem Uebergang uͤber die Bruͤcke leitet zu beyden Seiten ein Gang in ein Revier von meistens auslaͤndischen Baͤumen und Straͤuchern und den schoͤnsten Blumen, die in angenehmer Vermischung umher auf kleinen mit Gras eingefaßten Erhoͤhungen dicht gepflanzt stehen. Um diese mit einem Zauberreiz bluͤhenden Huͤgel winden sich schlaͤngelnde Gaͤnge; in der Mitte ein runder Rasenplatz, worauf die mediceische Ve- nus in liebenswuͤrdiger Schuͤchternheit steht; sie, die, indem sie jetzt den May mit den suͤßesten Empfindungen begleitet, nie mehr begluͤckt, als wenn sie die Bescheiden- heit mit der Schoͤnheit verschwistert. Alle Geschoͤpfe umher scheinen die Gegenwart der Goͤttinn zu empfinden; aus zwey Vogelhaͤusern von Gitterwerk, in deren einem ein Springbrunn plaͤtschert, und deren weiße Spitzen uͤber die Gebuͤsche sich reizend erheben, ertoͤnt ein Concert von wetteifernden Liedern der Liebe; und, gluͤcklicher durch Freyheit und muthiger im Gesang, flattern andre Voͤgel umher, wiegen sich auf den bluͤthenvollen Straͤuchern oder schwaͤrmen neugierig um das Gitterwerk, das, wie ein feindseliges Kloster, vielleicht eine noch unbegluͤckte Braut des letzten Fruͤhlings ver- schließt; alles lockt, alles ist Freude und Selbstgenuß. Es webet, wallt und spielet Das Laub um jeden Strauch, Und jede Staude fuͤhlet Des lauen Zephyrs Hauch. Was von Landhaͤusern. Was hier vor Augen schwebet, Gefaͤllt und huͤpft und singt; Und alles, alles lebet, Und alles scheint verjuͤngt. v. Hagedorn. Ein tausendfaͤltig gemischter Duft verbreitet sich aus diesem Lustrevier uͤber die benach- barten Gegenden hinaus, und kuͤndigt den Sitz einer Goͤttinn an. Dieser zauberi- sche Platz ist rings umher von den uͤbrigen Lustgebuͤschen umschlossen; um seinen run- den Umkreis schlaͤngelt sich ein Gang. Er hat, außer dem Sitz nahe bey der Bruͤcke, noch einen andern auf einer Erhoͤhung, wo man gerne ruhet und sich mit der Wollust dieser Scene traͤnkt. Die große Mannigfaltigkeit der auslaͤndischen, besonders nord- amerikanischen Gewaͤchse, bezaubert, und ihr gluͤcklicher Wachsthum geht bis zum Erstaunen. Hinter dieser reizenden Scene hinauf liegen noch zwey kleine Rasenplaͤtze; auf einem steht auf einer gruͤnen Erderhoͤhung ein glaͤserner Bienenkorb, worinn man die Aemsigkeit der nuͤtzlichsten Republik nicht ohne Vergnuͤgen belauscht. Aus diesen schoͤnen Lustgebuͤschen kann man sich dem Canal auf verschiedenen Gaͤngen naͤhern; der angenehmste laͤuft an dem schlaͤngelnden Bach hinab, der auf beyden Seiten mit einem kleinen Rasenufer verziert ist. Wo er in den Canal faͤllt, hat er noch eine kleine flache Bruͤcke, ohne Lehne, mit vier Vasen besetzt. Er durch- schneidet den Canal, und geht aus diesem mit verstaͤrktem Wasser in einen Fluß uͤber, der auf der noͤrdlichen Seite durch eine andre große Gegend des Gartens fließt. Man wird diesem Canal gerne vergeben, daß er Canal ist, ein regulaͤres Wasser- behaͤltniß, das sich in einer langen Strecke hinaufzieht. Ein vorhandener wasserrei- cher Graben, der nicht verlegt werden konnte, und die Beschaffenheit des Platzes, der hier nicht wohl einen schlaͤngelnden Bach zu verstatten schien, machten ihn nothwendig; und seine Anlage ist von den gewoͤhnlichen Fehlern der Canaͤle frey. Er hat ein rei- nes und helles Wasser, worinn Fische gehen; er wird, außer daß zwey Baͤche, wo- von einer durch ihn hindurch in einen Fluß uͤbergeht, sich in ihn ergießen, von kleinen Wasserguͤssen und sprudelnden Quellen belebt. Seine Ufer sind mit Rasen bekleidet; zu beyden Seiten laufen bequeme Gaͤnge; ihre Außenlinien sind mit einer einfachen Reihe von schoͤnen schwarzen Pappeln besetzt, deren immer schwankende Zweige und Blaͤtter das rege Wasser durch Wiederscheine beleben, und die Erfrischung der Scene vermehren helfen. G g 2 An Anhang. Beschreibungen An dem untern Ende des Canals erhebt sich ein hoher Obelisk, der, wie eine Inschrift lehrt, dem Andenken des churhannoͤverischen unsterblichen Ministers, von Muͤnchhausen, gewidmet ist. Bey diesem Obelisk, an dessen Fuß ein kleiner Wasser- guß aus einer steinernen Vorlage hervorrauscht, uͤberschaut man den ganzen Canal seiner Laͤnge nach; man sieht uͤber den linken Gang hin zwo Bruͤcken, die uͤber die beyden Baͤche gehen, die sich in den Canal ergießen. Die Aussicht endigt sich auf einen großen Pavillon, der in einer malerischen Lage vor einem Ellernwalde ruht. Nachdem man auf dem linken Gang uͤber die zwote Bruͤcke, die am Canal liegt, gekommen ist, sieht man zur Linken wieder in die beym Eingange erwaͤhnte Obstallee hinauf. Die Baͤume sind auf einer Erderhoͤhung, deren Rand mit Gras eingefaßt ist, gepflanzt, und zwischen ihnen zeigen sich Rosen, Malven und andre Stauden, die, indem die Fruͤchte ihrer Suͤßigkeit entgegen reifen, das Auge mit der Mannigfaltigkeit der Blumenfarben wieder ergoͤtzen. Auf diesem Wege fuͤhrt bald ein andrer Gang in das große Luststuͤck hinein, das an dieser Seite der Obstallee liegt, und aus einem ansehnlichen Rasen besteht, umkraͤnzt mit anmuthigen Gebuͤschen, worinn gebogene Gaͤnge umherlaufen. An dem obern Ende des Canals sprudelt eine Quelle und veranlaßt einen kleinen Wasserguß. Von diesem Standpunkt, wo man den ganzen Canal hinabsieht, macht der Obelisk eine gute Wirkung, indem sich im Hintergrunde dunkle, hohe, uͤber ihn emporragende Baͤume zeigen, und er selbst im Wasser seine laͤngliche Gestalt herauf- spiegelt. An diese obere Graͤnze des Canals stoͤßt ein ziemlich großer Rasen, um welchen die Gaͤnge mit der einfachen Besetzung der Pappelbaͤume auf beyden Seiten in einem halben Zirkel auslaufen, und sich wieder nach dem großen Pavillon hinwenden, der vor dem Ellernwald liegt. Von diesem Platze hat man den Prospect uͤber den Canal auf den Obelisk zuruͤck, und hinter dem Pavillon ein Rasenstuͤck in einem halben Zir- kel, mit Baͤumen bekraͤnzt. Zur Rechten dieses Pavillons verbreitet sich wieder ein schoͤner Rasen, worauf eine artige Baumgruppe, die zugleich mit Blumen verziert ist, das Auge an sich lockt. Der Rasen laͤuft zur linken Hand an ein Lustgebuͤsch hin, zur Rechten an eine junge schlaͤngelnde Tannenallee, die nach dem Eingange am Wasserfall fuͤhrt, und oben an eine dichte Gruppe von Eichen. In dem obern Winkel erhebt sich zwischen dem Ge- buͤsch die Buͤste einer Waldgottheit. Naͤher nach dem Pavillon herauf eroͤffnet sich, zur Rechten der eben erwaͤhnten jungen Tannenallee, ein Rasenplatz in einer sehr an- muthigen Lage mit dem schoͤnsten Gruͤn; er schmiegt sich an ein vortreffliches Ellern- gebuͤsch, das bald mit malerischen Gruppen vorspringt, bald wieder in die dunklere Masse von Landhaͤusern. Masse des Gehoͤlzes zuruͤckweicht; tiefer im Hintergrunde hinauf woͤlben Eichen, El- lern, Birken und andere Baͤume einen herrlichen waldigten Umzug. An der jensei- tigen Graͤnze dieses Rasens, zwischen den Ellerngebuͤschen, erscheint eine laͤndliche Huͤtte mit einem strohernen Dach und einem weißen Anwurf der Waͤnde, die Woh- nung des Thierwaͤrters; denn dieser Rasen ist der Anfang des Thiergartens, und man genießt oft den erfreuenden Anblick, hier das Wild weiden zu sehen. Hinter dem Pavillon windet sich durch den anliegenden Ellernwald links ein Weg nach dem Thiergarten, und rechts ein andrer nach dem Ottonisberge. Nach verschiedenen Kruͤmmungen des Weges steigt man unmittelbar aus dem Ellernwald auf den Berg hinauf, der auf dieser Seite die Graͤnze des Gartens macht, und durch Fleiß und Kunst aus der Ebene erhoͤhet ist. Wo er in windenden Gaͤngen bestiegen wird, ist er mit einheimischen und auslaͤndischen Baͤumen und Straͤuchern dicht bepflanzt, die nicht allein sein Ansehen vergroͤßern, sondern auch besonders dazu dienen, die Aussicht auf eine Weile zu verschließen. Man steigt in den Umhuͤllun- gen der Gebuͤsche fort, bis man die Spitze erreicht, sich auf einmal unter den Ruinen eines Tempels befindet, und zugleich von einem fast unermeßlichen Prospect in die Landschaft hinaus uͤberrascht wird. Die Aussicht streicht zuerst uͤber eine ausgebrei- tete Masse von Wiesen, die zur Rechten in niedrige Gebuͤsche verwildern; uͤber ihnen hin die Stadt Dannenberg mit dem Schlosse, der Kirche und dem Thurm der Ca- pelle; weiter hinaus auf der unsichtbaren Elbe die Masten der Schiffe, die durch die Landschaft zu schwimmen scheinen; und hoͤher rechts am Horizont die mecklenburgi- schen Berge, die von dieser Seite den Gesichtskreis begraͤnzen. Außer einzelnen Landhuͤtten unterscheidet man in diesem Prospect mit bloßem Auge sieben Doͤrfer. Nach der Mitte hin erblickt man bey Hitzacker zwey hohe Berge, und auf dem einen Ruinen; und ganz zur Linken erscheint ein Strich der luͤneburger Heyde, welche die traurige Vorstellung von Unfruchtbarkeit gegen den heitern Anblick der angraͤnzenden großen Wiesenmasse contrastiren laͤßt. Tief im Vorgrunde, links an der Seite des Ellernwaldes, sieht man unter sich ein niedriges Gebuͤsch, das sich hier an den Fuß des Berges schließt; unmittelbar daran liegt ein See, der beynahe die Haͤlfte des Berges umspuͤlt, indem er hier in seine groͤßte Breite ausfließt. Die Seite des Berges nach dem See hinab ist steil, mit Einschnitten abwechselnd, mit Gras und niedrigem Gestraͤuch bewachsen. Der See ist, so wie der Berg, eine Anlage der Kunst, und dennoch hat er ein natuͤrliches und großes Ansehen. Er ist durch Enten, Schwaͤne und ein Fahrzeug belebt, zu welchem man, auf der Seite des Gartens hin, auf einem bequemen Gange hinabsteigt, wenn man nicht auf dem Wege, den man aus dem Ellernwald gekommen ist, zuruͤckkehren will. Zwo Infeln verschoͤnern den See. G g 3 Die Anhang. Beschreibungen Die kleinste erhebt sich nahe am Fuß des Berges mit einer artigen Gruppe von Ellern. Die groͤßere erscheinet weiter hin, und ist mit niedrigen Straͤuchern und Blumen ge- ziert, die ihre Gestalten im Wasser spiegeln. Sieht man von dem Berge gerade uͤber den See hin, so erblickt man links eine Reihe von Ellern und Buschwerk, die seine Ufer beschatten; gerade uͤber ihn hinaus, nachdem seine Begraͤnzung durch ein Am- phitheater von Baͤumen verdeckt ist, unter welchen er noch fortzugehen scheint, eine Reihe von Eichen, die sich rechts nach dem Wohngebaͤude hinaufziehen, und da, mit andern Klumpen vereinigt, eine dunkle Verschließung bilden; zwischen den Staͤmmen dieser Eichen bricht ein weites helles Kornfeld hervor, das links von einem dunkeln Walde begraͤnzt wird, der sich gegen die Mitte des Feldes zu in duͤnnere Gebuͤsche und Baumgruppen ausspreitet, und die Aussicht auf ein entferntes Dorf verstattet. Von dem Berge uͤbersieht man zugleich den Fluß mit seiner Bruͤcke, die Weide nebst der Meyerey, die Menagerie, und einen Theil des herrschaftlichen Wohnhauses zwischen den Baͤumen, den Obelisk, einige Haͤuser von dem Dorfe Brese, hinter welchem hohe Eichen emporsteigen, und den Gesichtskreis malerisch verschließen; und naͤher her einige Partien von den Lustgebuͤschen. — Auf dem Berge selbst, von welchem man alle diese herrlichen Aussichten genießt, ist ein Tempel, ein Monument der kind- lichen Ehrfurcht, von dem jetzigen Besitzer dem Andenken seiner Aeltern gewidmet. Und von dieser Bestimmung fuͤhrt der Berg den Namen des Ottonisbergs, und der See den von Wilhelminensee. Allein dieser Tempel liegt halb in Ruinen, welche die Form des beruͤhmten Tempels bey Tivoli zeigen, und von Gestraͤuchen, die in den traurigen Resten verwildern, hier an den Saͤulen herabhaͤngen, da an einem halb zer- stoͤrten Gebaͤlke herauf klettern, ein natuͤrliches und sanft melancholisches Ansehen ge- winnen. Ueber dem Eingange liest man die Inschrift: Pietati! Das Ganze macht einen ruͤhrenden Eindruck, und selbst in der Fern sind die Ruinen dieses Tempels ein interessanter Gegenstand im Prospect, zumal wenn die Strahlen der entweichenden Sonne an die Saͤulen eine sanfte Uebergoldung hinstreuen und die wechselnden Lichter in den Gestraͤuchen spielen. Man steigt, wie erwaͤhnt ist, von dem Berge in ein Fahrzeug, und rudert uͤber den See; oder man kehrt den Weg zuruͤck, nach dem Pavillon, der vor dem Ellern- walde liegt. Von der linken Seite dieses Gebaͤudes schlaͤngelt sich ein Gang, zwischen den angepflanzten Lustgebuͤschen, auf eine runde Erhoͤhung, worauf sich eine Gruppe von schoͤnen Fruchtbaͤumen erhebt. An den aͤußern Baͤumen, die einen runden Kreis beschreiben, schlingen sich von Baum zu Baum schoͤn bluͤhende Geisblaͤtter, und bil- den anmuthig herabhaͤngende Festonen; und in der Mitte hat jeder Fruchtbaum einen Rosenstrauch, der seinen untern Stamm umarmt. Auf von Landhaͤusern. Auf diesem Wege laͤßt man den Berg zur linken Hand liegen, und tritt, an dem Ufer des Sees, in eine Reihe von Gruppen von Straͤuchern und Blumen ge- pflanzt, zwischen welchen der Spaziergang sich hinwindet, bis dahin, wo der Fluß sich in den See gießt. Man schleicht bald am Wasser, bald entfernt man sich wieder davon, nach dem verschiedenen Abstande der Gruppen, nach deren Richtungen sich der Weg bequemt. Zur Rechten bleibt ein ansehnlicher Rasen liegen, der mit verschie- denen Baumgruppen auf kleinen Erderhoͤhungen verziert ist. Von dem See wendet sich der Weg, an dem Fluß hinauf, zu einer mit Roß- kastanien bepflanzten Anhoͤhe, von welcher eine Bruͤcke uͤber den Fluß geht, und un- mittelbar auf einen von der Kunst gebildeten Huͤgel stoͤßt, der mit einigen Tannen be- setzt und mit einem Sitze versehen ist. Will man nicht hinuͤber gehen, so kann man rechts in einen schlaͤngelnden Weg einschlagen, der mit einheimischen und nordameri- kanischen Straͤuchern zu beyden Seiten auf Erhoͤhungen umpflanzt ist. Man stoͤßt auf kleine Huͤgel, die mit Gras geschmuͤckt sind, oder mit Steinen natuͤrlich beworfen ein verwilderndes Ansehen haben. Der Weg faͤllt auf den Rasenplatz vor dem großen Pavillon. Von hier geht man an dem linken Ufer des Canals hin, und biegt bald wieder in einen Gang zwischen einigen Obstbaͤumen ein, die das Ende der großen Obst- allee machen, die sich beym Eingang am Wasserfall anfieng. Man kommt nun auf den großen Rasen, den man ebenfalls schon beym Eintritt erblickte, und sieht nun naͤher den Gegenstand, der aus entfernten Gesichtspunkten zu- weilen unkenntlich reizte, ein Mausoleum, das der jetzige Besitzer zu seinem Begraͤb- niß bestimmt hat. Es ist ein erhobenes Werk von schoͤner und einfacher Architectur, auf Bogen ruhend, unter welchen die Aussicht aus entferntern Standpunkten hindurch- geht, und mit einem Aufgang versehen. Die Lage auf einem großen Rasenplatz ist frey und heiter, und die ganze Anordnung den gemeinen finstern Vorstellungen entge- gen, die man in den neuern Zeiten zu unterhalten gewohnt ist. Man weiß, wie sehr die Griechen den Gedanken des Todes mit anmuthigen Bildern aufzuheitern wußten. Diese Anlage hat einen Theil von jener Heiterkeit, worinn die weisesten Maͤnner die unvermeidliche Aufloͤsung der Huͤtte des Menschen darstellten, und fuͤhrt den Geist leichter zu der Vorstellung von Elysium hinuͤber. So heiter auch an sich diese Scene ist, so ist sie doch von den angraͤnzenden durch ein Gebuͤsch, das sie umkraͤnzt, ab- gesondert. Will man vor diesem Revier voruͤbergehen, so verfolgt man rechts einen schma- len sich kruͤmmenden Pfad, der durch eine ziemlich ansehnliche Pflanzung von weißen Maulbeerbaͤumen leitet, die auf den Seiten mit einem Lustgebuͤsch von mancherley einheimischen Straͤuchern umschlossen ist, und sich mit einer kleinen Gruppe von Obst- baͤumen Anhang. Beschreibungen baͤumen endigt. Beym Ausgang befindet man sich an dem Fluß, wo er aus dem Canal hervorgeht, und sieht gerade uͤber ihn hin einen Platz mit einer aͤhnlichen Grup- pe von Obstbaͤumen bepflanzt. Man wandelt mit der Wendung des Flusses hinauf, und sieht ihn mit Vergnuͤ- gen zwischen seinen Rasenufern dahin fließen. An beyden Seiten erscheinen Baum- gruppen bald von Roßkastanien, bald von Ahorn, bald von Pappeln; und hin und wieder spiegeln naͤher gepflanzte Blumen ihre Farben in dem klaren Wasser. Man kommt wieder an die Bruͤcke, die uͤber den Fluß fuͤhrt, und kann entwe- der auf den Sitzen, die darauf angelegt sind, oder auf dem Huͤgel, wohin sie bringt, ruhen, von allen Seiten eine schoͤne Aussicht genießen, den Fluß, den See, die um- liegenden Lustgebuͤsche und Rasen uͤberschauen, den Blick sich ringsumher uͤber das Ganze verspreiten, oder an der Schoͤnheit einer einzelnen Scene schwelgend haͤngen lassen. Fast um die Mitte des Huͤgels windet sich ein Gang; und ein niedriger Weg geht an seinem Fuß unter der Bruͤcke hindurch, am Ufer des Flusses, nach dem See hin. Von dem Huͤgel uͤbersieht man ein großes Stuͤck Landes, das der Fluß diesseits der Laͤnge nach von den bisher beschriebenen Lustgebuͤschen absondert, und das noch in dem Bezirk des Parks liegt. Es wird, in der Laͤnge hin, wieder von einem mit Gras uͤberwachsenen Graben getheilt, dessen fließendes Wasser sich in den See ergießt, wohin sich dieses Revier von dem herrschaftlichen Landhause an erstreckt. Die nord- liche Seite ist mit der, oben bey der Aussicht vom Berge bemerkten, Reihe von Ei- chen besetzt, die hier die Graͤnze des Gartens machen, und unter welchen vom Land- hause an ein Weg, neben drey Fischbehaͤltnissen vorbey, mit Schattensitzen abwech- selnd, herumlaͤuft, sich um den See und den Berg wendet, und oben, in dem daran stoßenden Ellernwald, sich in den Thiergarten verliert. Das diesseits zwischen dem Fluß und dem Graben liegende Stuͤck ist mit Baumgruppen und niedrigen Gebuͤschen, zwischen welchen sich Gaͤnge schlaͤngeln, bepflanzt; die jenseitige Haͤlfte aber ist eine ansehnliche fruchtbare Weide in zwey Abtheilungen, worauf man weiße Kuͤhe und Schafe frey herumirren sieht: einer der angenehmsten laͤndlichen Auftritte, der in dem Bezirk eines Gartens, wie dieser ist, mit seiner Bestimmung so gluͤcklich zusammen- trifft. Ueber die Weide hin, nach der Seite des herrschaftlichen Wohnhauses zu, das in diesem Prospect fast ganz von hohen Baͤumen umhuͤllt ist, erblickt man unter dem Schatten bejahrter Eichen die Meyerey, ein fast mehr der Schoͤnheit der An- sicht, als der Nothwendigkeit wegen angelegtes Gebaͤude von einem sehr einfachen laͤndlichen Ansehen, in einer anmuthigen Lage. Von dem Huͤgel am Fluß fuͤhrt da- hin eine uͤber den Graben gehende Drehbruͤcke, und ein Weg mit einem niedrigen weißen Gelaͤnder versehen, der zugleich die Abtheilung der Weide macht. Dieß von Landhaͤusern. Dieß sind die vornehmsten Gegenden und Scenen auf diesem ausgebreiteten Gartenplatz, der, ohne die umherlaufenden Alleen und wilden Spaziergaͤnge, an sich uͤber drey und funfzig Morgen Landes enthaͤlt, und nicht blos ein Werk des feinen Ge- schmacks und der erfindungsreichen Einbildungskraft des Besitzers, sondern auch einer muͤhsamen und standhaften Arbeitsamkeit ist. Denn da, wo jetzt alle diese Anlagen reizen, sah man vorher nichts als Moraͤste, von Ungeziefer bewohnt; selbst die Erde war den Gewaͤchsen unguͤnstig, und mußte erst zur Fruchtbarkeit bereitet werden. Das ganze Werk ist erst seit drey Jahren mit einem Eifer angefangen, der noͤthig war, um einen so gluͤcklichen Erfolg zu beschleunigen. Und da schon die Jugend die- ses Gartens so bluͤhend ist, so kann man mit Zuversicht nach einigen Jahren weit schoͤnere Wirkungen erwarten, wenn alle Anlagen vollendet und die neuen Anpflan- zungen zu ihrer ganzen Ausbildung angewachsen sind. In der That erstaunt man, hier nicht blos ein treffliches Werk von so wenigen Jahren zu finden, sondern auch eine solche reiche Sammlung von den herrlichsten Waͤldern, Wiesen und Kornfeldern, die man um diesen Sitz sich verbreiten sieht, nachdem man aus den oͤden Sandwuͤsten der luͤneburger Heide hergekommen ist. Welch ein auffallender Contrast! dieser Lustort, und dagegen die angraͤnzende mei- lenlange Strecke, wo das Auge vergebens nach einer Huͤtte des Menschen in der Fer- ne umhersucht, wo es fast immer mit truͤbern Vorstellungen von Unfruchtbarkeit und Mangel zuruͤckkehrt! Obgleich der Garten nur aus einer Ebene besteht, und nur den einzigen ange- legten Berg am See hat, so ist doch durch die Mannigfaltigkeit der Anpflanzung und hie und da durch kleine Erhoͤhungen, besonders den Huͤgel am Fluß, ihre natuͤrliche Einfoͤrmigkeit fast ganz verdraͤngt. Die Baͤche, die ein helles und trinkbares Wasser haben, und worinn Fische spielen, die kleinen Wasserguͤsse und sprudelnden Quellen, die weißen Bruͤcken, die im guten Geschmack leicht und anmuthig gebauet sind, die Menge von schoͤnen Rasen, und die unzaͤhlbaren Geschlechte von Sangvoͤgeln, fuͤr welche die ganze Landschaft einen erwuͤnschten Aufenthalt anbietet, alles dieses vereinigt sich, die Empfindung von Leben und Bewegung zu verbreiten. Dennoch hat alles eine sanfte Laͤndlichkeit und den einnehmenden Reiz der Natur. Nach dem Eingange ist die Graͤnze des Gartens nirgends sichtbar; die Aussichten laufen in Kornfluren, Wiesen und Waͤlder hinaus, oder die Gaͤnge verlieren sich in die anmuthigsten wilden Spazierwege, die auf manche Stunden weit in den anliegenden Gegenden um- herfuͤhren. III Band. H h Mit Anhang. Beschreibungen Mit Vergnuͤgen bemerkt man in den Anlagen die Anpflanzungen von schoͤnen Obstbaͤumen, die in manchen Gaͤrten dieser Art aus einem seltsamen Vorurtheil ver- draͤngt werden. Schon deswegen, weil sie durch die Blaͤtter die Mannigfaltigkeit vermehren helfen, verdienen sie mit Recht ihre Stelle, und sie machen sich fast unent- behrlich durch die Schoͤnheit der Bluͤte und durch die angenehmen Erwartungen ihrer Fruͤchte, die mit der allmaͤhligen Reifung so lange den Baum zieren, bis er als ein geliebter Wohlthaͤter seine Geschenke giebt. Auf verschiedenen Grasplaͤtzen trifft man laͤndliche Spiele an, womit sich der Liebhaber belustigen kann, als Caroussel, Schaukel, Wurfspiel, Wippen; sie veran- lassen Leibesuͤbungen, die schon die Roͤmer in ihren Gaͤrten liebten. Außerdem hat man Belustigungen mit Wasserfahrten, mit Fischen und mit Jagen in der umliegen- den Landschaft, die eine Menge von mancherley Wild naͤhrt. Indessen, wer an Ergoͤtzungen dieser Art keinen Geschmack findet, der hat noch außer der eigentlichen Graͤnze des Gartens eine Menge von weiten Spaziergaͤngen, auf welchen er zur Bewegung und zum Genuß eines mannigfaltigen Vergnuͤgens um- herschweifen kann. Schon sind die umliegenden ausgedehnten Gegenden auf der suͤd- lichen Seite des Gartens mit ihm durch Spaziergaͤnge verbunden, die eine Folge von anmuthigen immer abwechselnden Naturscenen, mit bescheidenem Geschmack unter- stuͤtzt, erscheinen lassen; und die Verschoͤnerungslinie wird sich noch durch manches un- gebahnte Revier erstrecken. Wir wollen aus der Menge dieser Spaziergaͤnge nur ei- nige verfolgen. Geht man vom herrschaftlichen Wohnhause weg queer durch die dunkle Tannen- allee, so kommt man uͤber eine Bruͤcke in eine gerade sehr lange Allee von Linden, die durch die Wegnehmung eines Rasens, der in der Mitte hinauflief, ein viel groͤßeres Ansehen gewonnen hat, und sich mit Quitschern endigt. Zu beyden Seiten erblickt man abwechselnd Feld und Wiesen, die von Waldungen begraͤnzt werden. Bald zur Rechten wird man von einer unerwarteten Durchsicht auf ein sehr langes schmales Wiesenstuͤck, das sich zwischen Ellern und Birken hinstrecket, und wo oft Rehe wei- den, uͤberrascht. Auf dieser Seite folgen noch zwo andre solcher anmuthigen Oeffnun- gen von Wildbahnen. Man wandelt nachher unter dem Schatten, womit zu beyden Seiten anstoßende hohe und dichte Gehoͤlze den Lindengang uͤberdaͤmmern. Die Laͤn- ge dieser Allee verursacht, daß die Aussicht nach beyden Enden zu in eine tiefe Dun- kelheit dahin sinkt. Sie laͤuft uͤber den Fahrweg von Dannenberg, der sich links zwischen Eichen nach Brese schlaͤngelt. Indem man den Fahrweg uͤberschreitet, kommt man uͤber eine Bruͤcke in einen Gang zwischen Quitschern; zur Linken eine rei- zende von Landhaͤusern. zende Wiese von weitem Umfang, von schoͤnen Gehoͤlzen bekraͤnzt, mit einzelnen Baͤu- men und Gruppen unterbrochen, zur Rechten ein anmuthiger Wald von Ellern und Eichen; weiter hinauf, wo die Wiese aufhoͤrt, tritt an ihre Stelle ein Wald, der mit dem zur Rechten den Weg uͤberschatten hilft. Diese lange Allee endigt sich auf das Feld. Am Ausgang zur Rechten laͤuft ein Weg ins Gebuͤsch, der wieder auf den Eingang des dannenberger Weges fuͤhrt. Zur Linken irrt ein Gang durch die Aus- senlinien des Gehoͤlzes fort, mit einer schoͤnen Aussicht auf die sich rechts erhebenden Kornfelder, von Klumpen und einzelnen Baͤumen verziert, und dem Anblick des Dorfs Yameln. Nach langem Umherirren kommt man wieder auf die Fahrstraße von der Stadt Luͤcho, die mit alten ehrwuͤrdigen Eichen, die schoͤne perspectivische Durch- sichten bilden, besetzt ist, und zur Linken nach Brese geht. Aus dem Rehwinkel, einem buschigten Revier auf der suͤdlichen Seite des Gar- tens, der seinen Namen von dem haͤufigen Aufenthalt des Wildes fuͤhrt, leitet einer der Gaͤnge nach dem Kaninchenhuͤgel. Dieser liegt in dem bebuschten Winkel einer Wiese, an einem Teiche, dessen Wasser ihn ringsumher umfließt. Er ist außerdem mit einem, in sehr artigem laͤndlichen Geschmack gebaueten, Knoͤppelgelaͤnder von un- geschaͤlten Birkenholz umschlossen, das in der Ferne so weiß scheint, als wenn es ei- nen Anstrich erhalten haͤtte. Die Bruͤcke, die nach der Wiese fuͤhrt, und gerade vor dem Eingang ein Sitz unter einer Eiche, sind von eben dieser anmuthigen Bauart. Verschiedene Wege fuͤhren nach dem Thiergarten, wovon, wie schon angezeigt ist, ein schoͤner Theil von Rasenstuͤck mit dem Ellerngehoͤlz im Bezirk des Gartens liegt. Der Thiergarten enthaͤlt uͤber neun Morgen Landes, und bietet an seinem Rande sehr anmuthige Spaziergaͤnge an, die sich zwischen schoͤnen Alleen von Eichen und Ellern hinwinden. Er besteht aus dicken Waldungen und Gebuͤschen, zwischen welchen sich reiche Grasplaͤtze verbreiten. Man hat auf dem Spaziergange bald ei- nige weite Durchschnitte durch die Waldung, besonders die drey angenehmen Durch- sichten wieder, die man von der langen Lindenallee aus sah, bald ein breites Stuͤck Feld, umschlossen von hohen Ellern, deren Gipfel von emporragenden Tannen noch mehr verduͤstert werden, bald gerade vor sich die Aussicht auf gruͤnende Fluren. Am Ausgang dieses reizenden Spazierganges, wobey man oft durch ein aufspringendes Reh uͤberrascht wird, erblickt man vor sich den Eiskeller auf einem bepflanzten Berg, wovon man wieder eine schoͤne Aussicht zuruͤck auf die Waͤlder der Spaziergaͤn- ge genießt. Bey dem Eingange in die dunkle Tannenallee, wenn man aus der Wallnuß- allee koͤmmt, schleichen windende Gaͤnge nach dem Nachtigallenwinkel, der aus ei- H h 2 nem Anhang. Beschreibungen nem Wald von Eichen, Ellern, Haselgestraͤuchen und anderm dicken Untergebuͤsch besteht, Wo Philomel auf jedem Zweige scherzt. v. Haller. Man hat in diesem dickbuschigten Revier, das uͤberall von den suͤßesten Gesaͤngen wi- derhallt, zur Seite sehr weite perspectivische Durchschnitte, zwischen den naͤhern hel- lern Baͤumen und den entfernten dunklen Gebuͤschen, uͤber glaͤnzende Wiesen und Kornfelder hin, dann wieder auf einen daͤmmernden Hintergrund, wo das Auge aus- ruhet. Die Abwechselungen von finstern und heitern Stellen, von Oeffnungen und Verschließungen, von vorspringenden und zuruͤckweichenden Baͤumen, die mannig- faltigen Spiele der Lichter und der Schatten, die ungewissen taͤuschenden Erscheinun- gen in der Ferne, bilden ein Schauspiel, das man sehen, aber nicht beschreiben kann. Noch unbeschreiblicher ist diese Scene bey der stillen Abendfeyer, wenn der Mond durch die dunklen Gipfel der hohen Ellern strahlt, und auf die niedrigen Laubdecken der Gebuͤsche umherschwebende Schimmer eines mildern Lichtes verstreut; wenn alles ruht, selbst die obern Blaͤtter kaum wanken; wenn die lauten Jubel der Nachti- gallen in steigenden Accenten frohlocken, dann in sanftere Toͤne herabschmelzen, wie- der in ein schmetterndes Gewirbel ausbrechen, und darauf in schmachtenden Seufzern sinken und verstummen; wenn bey diesem gemischten Concert das Herz bald mit der Wonne der begluͤckten Zaͤrtlichkeit, bald mit den Unruhen der Liebe, bald mit der suͤ- ßen Schwermuth ungewisser Hoffnungen sympathisirt. Man kann aus diesem ziemlich weiten Revier in verschiedene Alleen und Spa- ziergaͤnge einschlagen; einer der angenehmsten fuͤhrt nach dem Borkhause. Fast alle diese Spaziergaͤnge laufen uͤber Daͤmme, denen die Zeit schon lange das Ansehen der kuͤnstlichen Erhoͤhung genommen hat, und die mit bejahrten Eichen, Ellern und ver- schiedenen Arten von Gebuͤschen, besonders Haseln, bekleidet sind. Der Gang nach dem Borkhause wechselt bestaͤndig in angenehmen Wendungen ab. Gleich anfangs zur Rechten hat man eine weite herrliche Wiese, rund umher von Eichenwaͤldern be- kraͤnzt, und mit einzelnen Eichen und kleinen Ellerngebuͤschen unterbrochen; zur Lin- ken ein anschließender Wald von Buchen und Eichen. Man kommt ganz nahe an einem aufgesetzten Faden Holze vorbey; und indem man sorglos weiter schreiten will, oͤffnet sich darinn eine Thuͤre, und man sieht wie vom Zauber auf einmal eine Huͤtte entstehen, aus welcher ein voͤllig gekleideter Einsiedler hervortritt und gastfreundschaft- lich bittet, auf eine Weile bey ihm einzukehren. Seine Huͤtte ist, wie schon der Name Borkhaus anzeigt, voll Einfalt und Duͤrftigkeit; ein Tisch, ein paar Stuͤhle, ein von Landhaͤusern. ein Ruhebett, alles von Holz ohne einen Polster fuͤr den weichlichen Gast, macht die ganze Ausmeublirung. Hinten hinaus geben zwo rohe Lucken die Aussicht auf eine uͤberaus große Plaͤne von Kornfeldern, die ringsumher von lauter Eichenwaͤldern um- geben ist; aus der Thuͤre sieht man auf einen Fischteich und nahe stehende Gebuͤsche, die den Anblick der oben erwaͤhnten weiten Wiese verbergen. Von dem Borkhause hat man auf seinem weitern Gang lange diese Wiese auf der rechten Seite, und auf der linken jene fast unermeßliche Ebene von Kornfluren, umkraͤnzt von entfernten dunkeln Waͤldern, eine herrliche Aussicht, die man zuerst aus dem Borkhause genoß, und wodurch die ganze Seele zur Freude sich erweitert fuͤhlt. Der Weg laͤuft auf einer Erhoͤhung, immer schlaͤngelnd, immer bald von hohen Baͤu- men, bald von niedrigen Gebuͤschen uͤberschattet. Bald zur Rechten, wo jene Wiese aufhoͤrt, erscheint eine Pflanzung von weißen Maulbeerbaͤumen. Unter den immer abwechselnden Ansichten der Waͤlder, die sich bey dem Fortgang zu bewegen, sich hinterwaͤrts tiefer in ihre eigene Nacht hineinzuziehen scheinen, kommt man an das Mooshaus. Dieß ist ein ganz rohes, hoͤchst einfaches Werk, das anstatt der Thuͤre nur eine Oeffnung, anstatt der Fenster nur Lucken hat; mit einem Dach vor Regen und Son- ne beschirmt, und mit einer Bank zum Sitzen versehen. Vor sich hat man die Aus- sicht auf die oft erwaͤhnte weite Ebene der Kornfelder, deren Helle von den umschlies- senden Waͤldern gebrochen wird; zur Rechten waͤlzt sich ein Waldbach vorbey, und uͤber ihn hin erblickt man eine schoͤne Wiese mit einzelnen Baͤumen und Gebuͤschen um- zingelt. Der groͤßte Theil der Wiese erscheint sehr anmuthig durch eine Gruppe von Baͤumen, die auf dem jenseitigen Ufer am Bache stehen. Ueber dem Eingang der Huͤtte werfen einige sehr alte Eichen eine wohlthaͤtige Ueberschattung herab. Zur Lin- ken liegt jene Maulbeerpflanzung, mit wilden Klumpen von Eichen; und hinter dem Mooshause ein dichtes Buschwerk, woraus der Waldbach hervorbricht. Diese Huͤtte bietet dem Spazierenden nicht allein eine erwuͤnschte Ruhe an, sondern ist auch in die- ser Gegend ein sehr angemessener Gegenstand. Die Inschrift am Eingange: Felix, qui potuit rerum cognoscere causas; Fortunatus et ille, deos qui novit agrestes! scheint nirgends mehr, als fuͤr diese Lage zu gelten, welche den Werth der Ruhe des Landlebens und der philosophischen Betrachtungen, wozu sie den Weisen leitet, ganz empfinden laͤßt. Man wird nicht ohne einige Betrachtungen dieser Art den Sitz im Mooshause verlassen, und indem man weiter den anmuthigen Spaziergang unter schattenreichen H h 3 Baͤumen Anhang. Beschreibungen Baͤumen verfolgt, hat man lange zur Linken jenes Kornfeld, zur Rechten den schoͤnen Waldbach, der bald nahe fließt, bald seitwaͤrts umirret, bald von uͤberhaͤngenden Straͤuchen ganz verdunkelt ist, bald im gebrochenen Sonnenschein dahin wallt. Ue- ber den Bach erblickt man, in abwechselnden Durchsichten durch die Gebuͤsche, ein- zelne Theile der Wiese, die man zuerst im Mooshause entdeckte. Endlich hoͤrt die angenehme Begleitung des Bachs auf, indem er sich rechts in die Gebuͤsche ganz ver- liert. Noch immer bleibt zur Linken das Kornfeld, und auf der rechten Hand tritt wieder eine reizende Wiese hervor, die mit Waldung umschattet, und in ihrem Um- fange hier mit einzelnen Eichen, dort mit kleinen Gruppen dieser Baͤume malerisch geziert ist. Indem die Seele sich den angenehmen Empfindungen uͤber die Schoͤnheit dieser laͤndlichen Auftritte uͤberlaͤßt, so wird sie aus ihrer sanften Behagung auf einmal durch das starke Geraͤusch eines angelegten Wasserfalls geweckt, den das Auge nirgends fin- det. Man hoͤrt ihn mehr, je weiter man wandelt; man glaubt ihn jetzt sehen zu muͤssen, und doch verbirgt er sich; man tritt in seine Naͤhe auf einen runden erhoͤheten Platz, unter emporsteigenden ehrwuͤrdigen Eichen, und noch immer ist er blos dem Ohr durch sein Getoͤse gegenwaͤrtig. Indem man in den einfachlaͤndlichen der Natur gewidme- ten Tempel, der auf diesem Platze steht, eintritt; so sieht man auf einmal den schoͤnen Wasserfall von der gegenuͤber liegenden Anhoͤhe aus der waldigten Verdunkelung in eine nahe Tiefe uͤber fuͤnf Absaͤtze hinabschaͤumen, eine Scene, deren Schoͤnheit durch die Ueberraschung des Auges noch empfindbarer wird. Der Ursprung des Wasserfalls ist hier noch immer unsichtbar, denn er stuͤrzt sich unter einem Buschwerk aus einem ansehnlichen Waldbach hervor, der von jenem obern Bach beym Mooshause abfließt, und von dem Tempel aus nicht gesehen wird. Ringsumher ist dieses Revier von ho- hen Baͤumen und dicken Gebuͤschen umschlossen; nur zur rechten Seite eine Aussicht auf die zuletzt erwaͤhnte Wiese und ihren dunkeln waldigten Hintergrund. Das Wasser eilt seitwaͤrts unter der Dunkelheit der Gebuͤsche fort, um eine nahe Muͤhle in Bewe- gung zu bringen, die dieser anmuthigen Einoͤde ein neues Leben giebt. Der Eindruck dieser Scene, als ich sie zum erstenmal sah, versetzte mich in eine schwermuͤthige Be- geisterung. Es athmete eben der suͤßeste Abend des May; das frische Laub und die Kraͤuter gossen einen Reichthum von Wohlgeruͤchen aus; der Himmel war milde, ru- hig, und noch von dem letzten Lichte der Abendroͤthe uͤbergoldet; wir wurden von der holden Musik einiger Waldhoͤrner in der Ferne empfangen, deren Kraft in einer sol- chen Gegend und an einem solchen Abend uͤber allen Ausdruck bezaubernd ist; der Wasserfall rauschte, und die jungen Braͤutigams der Nachtigallen floͤteten in das rauhe Concert wetteifernd ihre verliebten Melodien. Von von Landhaͤusern. Von der Scene des Wasserfalls leitet ein weiter anmuthiger Weg, an einem Waldbach zur Linken, und zur Rechten an einer Wiese, durch einen Wald von Eichen und Ellern, und von da weiter nach verschiedenen Kruͤmmungen durch Gebuͤsche zu der Einsiedeley hin. Verschlossener, einsamer und angemessener kann fuͤr ein Gebaͤu- de von diesem Charakter keine Lage von der Natur bestimmt seyn. Sie ist auf allen Seiten von Waldung und nahen Gebuͤschen umschlossen, die sich heranzudraͤngen schei- nen, um diesen Ort vor jedem Anblick zu verbergen; die wenigen schmalen daͤmmern- den Durchsichten endigen sich immer wieder auf andere Verdunkelungen; und die Gruppen, die bald vorspringen, bald sich zuruͤckziehen, machen nur Oeffnungen, um die Finsterniß der hintern Vorhaͤnge desto mehr zeigen zu koͤnnen. An diesem Platze ruhet die von Wurzeln und Moos erbaute und in dem wahren Charakter ausgefuͤhrte Einsiedeley, in einer kleinen Niedrigung zwischen Eichen, die ihre Zweige herabhaͤn- gen lassen, und selbst ihre bejahrten Staͤmme uͤber sie hinbeugen. Zehn Fuß von ih- rem Eingang fließt jener Waldbach, der hier stille, ohne alles Geraͤusch, voruͤber- schleicht; nichts als die Klage eines verirrten Vogels und das melancholische Gesaͤusel der Winde in den Gipfeln und in den Gebuͤschen; uͤberall tiefe Ueberschattungen des vorhaͤngenden Laubwerks. Die Seele empfindet hier ganz den Eindruck der Stille und der ruhigen Abgezogenheit von der Welt; selbst alle lachenden Scenen der Natur sind zuruͤckgeschwunden, um ihr Nachdenken nicht zu unterbrechen. Sie muß hier mit sich allein seyn, sich ganz mit einem ernsten Nachsinnen beschaͤftigen; fuͤhlen, daß sie ein geistiges, uͤber die Koͤrperwelt erhabenes Wesen ist, sich gewoͤhnen, zu den rei- nen Betrachtungen emporzusteigen, die einst auf einem andern Platz ihre laͤngere Gluͤckseligkeit bestimmen sollen. Die Duͤrftigkeit der Einsiedeley ist nur ein Spiegel von der gluͤcklichen Entbehrlichkeit, die allein der Weise kennt, der nicht traͤumt, hier immer wohnen zu wollen; der Altar, die Buͤcher der Andacht, das Kreuz, das aus dem bemoosten Dach sich im Eichenlaube verbirgt, sind nur Veranlassungen zu Ge- danken, welche die Seele heben und zugleich staͤrken; und die Daͤmmerung der Ge- buͤsche, unter welchen der Bach, ein Bild von dem Frieden des Lebens, dahinschleicht, laͤßt doch jenseits Aussichten erwarten, die mit allem ihren Reiz nicht denen gleich kom- men, welche die kuͤnftige Welt der Tugend durchstrahlen. IX. Der Anhang. Beschreibung des fuͤrstlichen IX. Der fuͤrstliche Garten vor Zelle. Dem Durchl. Prinzen Ernst von Meck- lenburg-Strelitz, Koͤnigl. Großbritanni- schen und Churbraunschweigischen Gene- rallieutenant und Gouverneur zu Zelle zu- gehoͤrig. Er liegt ganz nahe vor der Stadt. B eym Eingang des Gartens hat man gleich das laͤndliche Lustschloß vor sich, zu welchem auf der rechten Seite die Zufahrt zwischen einer niedrigen Pflanzung geschieht. Zur Linken des Gebaͤudes tritt man in einen uͤberaus anmuthigen, langen, schlaͤngelnden Gang, zu beyden Seiten mit einheimischen und auslaͤndischen Baͤumen, Straͤuchern und Blumen, auf einem mit Gras bekleideten Boden, bepflanzt. Die Baͤume zeigen sich bald einzeln in der Schoͤnheit ihres Wuchses und ihres Laubes; bald sammeln sie sich zu dichten Gruppen, und reizen das Auge durch eine mannigfal- tige Mischung des Gruͤns. Auf diesem Gange sieht man zur Rechten einen sehr großen laͤnglichen Weide- platz bald durch die Gebuͤsche hindurch schimmern, bald in ihren Oeffnungen sich freyer verbreiten. Dieses ansehnliche ringsumher mit einem niedrigen Gelaͤnder umgebene Rasen- stuͤck, das unmittelbar vor dem Gebaͤude anfaͤngt, macht den Mittelpunkt des Gartens, um welchen die uͤbrigen Anlagen sich herumwinden. Das Auge wird von dem laͤnd- lichen Anblick einiger Kuͤhe ergoͤtzt, die hier umherweiden oder im Grase hingestreckt ruhen. Naͤher nach dem Lustschloß hin erhebt sich ein von der Kunst gebildeter Berg, und außerdem sieht man von dieser Seite die Flaͤche noch von zwo Gruppen, einer groͤs- sern von Baͤumen, die etwa in der Mitte des Platzes liegt, und einer kleinern von Straͤuchern verziert. Zur Linken des Ganges blickt man zuweilen, zwischen den Gebuͤschen und Grup- pen hindurch, auf angraͤnzende Felder und Weiden, die fast die Haͤlfte des Gartens umgeben, und von ihm nur durch eine niedrige Hecke abgesondert sind. Gegen das Ende der großen Grasweide wenden sich allmaͤhlig die Lustgebuͤsche, und der Weg erhebt sich zu einer kleinen anmuthig bepflanzten Erhoͤhung, wovon man, gerade uͤber die ganze Laͤnge des Weideplatzes, nach dem Lustschloß hinaufblickt. Von hier aus umgeben fast lauter anstoßende Gaͤrten die Graͤnze der Anlage, nur durch die fort- Gartens bey Zelle. fortlaufende niedrige Hecke von ihr getrennt; und ein bedeckter Gang leitet links zu ei- nem chinesischen Pavillon im Gebuͤsch. Er hat eine einsame und angenehme Lage; die Aussicht, die ringsumher durch die vorhaͤngenden Laubdecken begraͤnzt ist, faͤllt ge- rade aus auf einen kleinen Rasen und einen wohl angelegten ruhenden Teich, mit bun- tem Gras an den Ufern umwachsen, und von heruͤberneigenden dick beschattenden Baͤu- men umzingelt; ein anmuthiges Revier voll Schatten und Kuͤhlung, dessen stille Ein- falt die Seele vermuthlich noch mehr ruͤhrte, wenn einer blos laͤndlichen Huͤtte vergoͤnnt waͤre, den Platz des chinesischen Pavillon einzunehmen. Zur Linken trifft man bald wieder einen Sitz mit der Aussicht, zwischen umherhaͤngenden Schatten, auf das nahe Wasser; und dem Pavillon gegenuͤber steht an dem diesseitigen Ufer unter Gebuͤschen eine laͤndliche Bank von unbeschaͤlten Birken, deren Einfachheit sich hier so wohl zu der Scene schickt. In dem Revier um den Teich schlaͤngeln sich verschiedene Gaͤnge unter hohen Ellern und andern Baͤumen mit Strauchwerk untermischt; und zur Rechten schimmert in die Außenlinie dieser Partie, die eine der schoͤnsten des Gartens ist, ein Theil des großen Weideplatzes hinein. Man uͤbersieht seine diesseitige Flaͤche ganz, indem man aus den Gebuͤschen sich rechts herauswindet; und nach dem Berge fuͤhrt zwischen Baͤumen ein schlaͤngelnder Weg, der, umgeben von einem Gelaͤnder, zugleich eine Weide fuͤr Pferde von jener, die fuͤr Kuͤhe gruͤnt, absondert. Auf der linken Seite des Weges sieht man hier wie- der eine artige Gruppe uͤber den Rasen aufsteigen. Der Berg hat eine sanfte Erhoͤ- hung. Der Pfad schlaͤngelt sich herum, hebt sich links allmaͤhlig, und laͤuft auf dem andern Abhange nach dem Gebaͤude wieder hinab. Man genießt eine herrliche Aus- sicht auf der Hoͤhe, die uͤber die ganze Anlage und die angraͤnzende Landschaft gebietet; das Auge uͤbersieht in der Naͤhe ringsumher den ausgebreiteten Weideplatz, der fuͤr das Ganze des Gartens hier fast zu groß scheint, die Gruppen von Baͤumen und Straͤuchern, die kleine Heerde, und an dem Rand hin die obern Woͤlbungen der umliegenden Lust- gebuͤsche; und weiter hinaus erstreckt sich der Prospect uͤber die Stadt Zelle, die wei- ten Landschaften umher, worinn die Aller stroͤmt, und selbst bey heiterm Wetter zu den ehrwuͤrdigen Tannengebirgen des Brocken hinauf. Man erwartet zum ruhigen Ge- nuß dieser schoͤnen Aussichten noch einen im laͤndlichen Styl gebaueten Tempel, der diese Anhoͤhe zieren wird, die ein sehr geliebter Platz ist, zu welchem gleich aus dem Lust- schlosse ein kurzer Pfad hinauf fuͤhrt. Der Berg ist gruͤn bewachsen, und nur mit sehr niedrigen Straͤuchern hie und da verziert. Indem man an seinen Fuß hinabsteigt, bemerkt man in seiner Mitte einen hohen, gewoͤlbten, von Backsteinen gemauerten Durchgang, der den Vortheil einer angenehmen Durchsicht auf die gegenuͤber liegen- III Band. J i den Anhang. Beschreibung des fuͤrstlichen den Gebuͤsche, die er von dem Gebaͤude aus gewaͤhrt, durch einen verraͤtherischen Wink von der kuͤnstlichen Anlage des Berges, etwas mindert. Will man nicht in den Weg, der in die Weide zu dem Berg hinauf fuͤhrt, ein- biegen, so locken auf der andern Seite drey schlaͤngelnde Gaͤnge, mit schoͤnen Baͤumen, bluͤhenden Straͤuchern, Stauden und Blumen untermischt umgeben, mit einem wett- eifernden Reiz, in ihnen weiter hinauf zu irren. Mit Vergnuͤgen sahen wir, wie das Geisblatt und andre kletternde Pflanzen von schoͤner Bluͤthe hie und da die Staͤmme der Kastanien, Linden und andrer groͤßern Baͤume freundlich umarmten, wie die blauen und weißen Syringen ihre Buͤsche uͤberdeckten, und unter dem dunkeln zum Boden herabstroͤmenden Laubwerk Iris und Narcissen sich bescheiden zu verbergen schienen, indessen die Tulpe mit ihrer stolzen Pracht sich freyer zum Anblick hervordraͤngte. Diese drey Gaͤnge irren oben nach einem schoͤnen Rasen hinauf, und ehe sie dahin aus- laufen, wird man noch in den Lustgebuͤschen von einem kleinen, runden, gruͤnen Platz angelockt, um hier in einer uͤberaus lieblichen Scene zu ruhen. Man sieht um sich her ein angenehmes Gemisch von Baͤumen, die sich noch ihrer schoͤnen Jugend freuen; blinkende Lichter und halbe Schatten spielten umher auf den wankenden Blaͤttern, und mit matten Seufzern entschlummerten allmaͤhlig die Nachtigallen in den Traum der Liebe. In diesem Zauber genossen wir den sanften Eindruck dieser Scene, die noch eine ihrem Charakter zustimmende Statuͤe aufzunehmen faͤhig schien, und schlichen mit Unterhaltungen von ihrem suͤßen Reiz ins Freye hinaus, dem erwaͤhnten Rasen zu. Er ist von einer angenehmen laͤnglichen Form, mit einzelnen Baͤumen und Strauch- gruppen verschoͤnert. Die Gaͤnge um seinen Umkreis sind von Lustgebuͤschen umkraͤnzt. Oben an dem Rasen liegt ein Haus von einfacher Bauart, mit einem weißen Anstrich der Waͤnde und einem strohernen Dache; es besteht fast nur aus einem einzigen großen Zimmer, das zur Aufnahme einer Bibliothek bestimmt ist. Die einsame Lage dieses Gebaͤudes macht es seinem Gebrauch sehr angemessen. Hinten liegt eine kleine Me- nagerie und ein Taubenhaus; zur Linken schleicht ein verdeckter Pfad nach einem ein- geschlossenen Blumengarten und einem Glashause; und von da schlaͤngelt sich, an dem obern Rande des Weideplatzes weg, nach dem Lustschlosse zu ein umpflanzter Gang, an welchem ein anmuthiger Sitz unter Schatten nicht vergebens einladet. Die Baͤume dieses Gartens, worunter uͤberaus viele auslaͤndische sich erheben, sind von einer besondern Schoͤnheit der Form; und alle Plaͤtze, wo sie entweder einzeln, oder in Gruppen, oder in Verbindung mit Straͤuchern bluͤhen, sind ein reich mit Gruͤn Gartens bey Zelle. Gruͤn bekleideter Boden. Die kiesichten Gaͤnge sind fest, bequem, und in der Mitte etwas erhoben; und ihnen zur Seite bieten Baͤnke, einige von unbeschaͤlten Birken geflochten, die ein laͤndliches Ansehen haben, angenehme Ruhesitze an. Der Garten ist seit zehn Jahren angepflanzt, und scheint jetzt seine schoͤnsten Tage erreicht zu haben. Die ganze Anlage ist in einem sehr reinen und anmuthigen Geschmacke. Sie hat keine große Mannigfaltigkeit; allein das Einfache und Laͤndliche, das ihren Charakter ausmacht, und woruͤber sich eine liebliche Hei- terkeit verbreitet, hat so viel Reiz, die Anordnung ist so frey und so natuͤrlich, daß man vergißt, etwas mehr zu wuͤnschen, als was man genießt. Es ge- hoͤrte ein feiner Geschmack dazu, diese Einfachheit nicht blos vorzuziehen, son- dern sie auch gegen jeden kuͤhnen Einfall der Mode zu schuͤtzen. Und noch mehr als Feinheit des Geschmacks, auch eine liebenswuͤrdige Unschuld der Seele war es, von welcher der Prinz die Kunst lernte, sich an dieser ungeschmink- ten Schoͤnheit der Natur zu ergoͤtzen. J i 2 Verzeich- Verzeichniß der Kupferverzierungen . Nr. 1. Ein großes Landhaus von Blondel, aus seiner Distribution des Maisons de Plaisance. Seite 5. Nr. 2. Ein kleineres Landhaus von demselben. Seite 8. Nr. 3. Lustschloß Wansted in Essex, nach Campbells Erfindung und Ausfuͤhrung. Aus dem 1sten Th. des Vitruvius Britannicus (or the British Architect contai- ning the Plans, Elevations and Sections of the regular Buildings, both pu- blick and private in Great Britain. With variety of new designs; in 200 large Folio-Plates by Colen Campbell, Esq. London, fol. 1 u. 2ter Th. 1717. 3ter Th. 1725.) Seite 10. Nr. 4. Lustschloß nach Campbells Zeichnung. Eben daher. Seite 12. Nr. 5. Buckinghamhouse in St. James-Park. Eben daher. Seite 14. Nr. 6. Landhaus zu Cholmondeley in Cheshire. Vitr. Brit. 2ter Th. Seite 15. Nr. 7. Lustschloß Hopton in der Grafschaft Linlithgon in Schottland. Eben daher. Seite 18. Nr. 8. Landhaus zu Chevening in Kent, von der Erfindung des Inigo Jones. Eben daher. Seite 20. Nr. 9. Landhaus zu Chester-Leestreet in der Grafschaft Durcham, nach Campbells Erfindung. Eben daher. Seite 22. Nr. 10. Landhaus zu Ambresbury in Wiltshire, nach Inigo Jones Erfindung. Vitr. Brit. 3ter Th. Seite 24. Nr. 11. Lustschloß zu Stocke in Northamptonshire, von Inigo Jones erbaut. Eben daher. Seite 25. Nr. 12. Landhaus zu Mereworth bey Maidstone in Kent. Eben daher. Seite 27. Nr. 13. Landhaus zu Stourhead in Wiltshire, von Campbells Erfindung. Eben da- her. Seite 29. Nr. 14. Landhaus zu Atherton in Lancaster. Eben daher. Seite 31. Nr. 15. Verzeichniß der Kupferverzierungen. Nr. 15. Erfindung von Hrn. Schuricht in Dresden. Ein Landhaus, das aus einem Souterrein, Parterre und Entresol besteht. Die Fenster des ersten gehen in den Garten. Das ganze Haus liegt halb auf einer Terrasse, und braucht also auf der Hofseite nur drey Stufen vor der Colonade. Aus dieser tritt man in einen Vor- saal 1. Auf den Seiten 2 und 3 liegen Vorzimmer. An 2 liegt eine Treppe, die ins Souterrein und Entresol fuͤhrt, das durch das Dach erleuchtet ist, und zu Ge- finde- und Vorrathskammern dient. 4. Schlafzimmer. 5. Wohnzimmer. 6. Schreibekabinet. 7. Gartensaal oder Speisezimmer, aus welchem man auf einer Freytreppe in den Garten hinuntergeht. 8. 9. Spielkabinette. 10. Besuchzim- mer. 11. Wohnzimmer. 12. Cabinet. Im Erdgeschoß liegen die Officen, Speise- und andre Gewoͤlber. Seite 34. Nr. 16. Erfindung von eben demselben. Ein Gartenhaus auf einem erhabenen Un- terbau, auf welchen eine Freytreppe fuͤhrt. Es besteht aus einem kleinen von oben erleuchteten Saale, der zwey kleine Seitenkabinets neben sich hat, deren eins zum Vorzimmer, das andre zur Passage dient; im letztern geht ein Treppchen ins Souterrein. Aus dem Saal tritt man auf einen Saͤulengang, unter dem der Haupteingang ins Erdgeschoß fuͤhrt, welches aus einem großen mit Pfeilern un- terstuͤtzten Saal oder Bade besteht. Seite 40. Nr. 17. Erfindung von eben demselben. Eine Laube mit einer auf freystehende Saͤu- len gesetzten halben Kupel. Seite 42. Nr. 18. Erfindung von eben demselben. Ein Lusthaus mit zwey an Form verschie- denen Gemaͤchern, und zwey kleinen von oben erleuchteten Degagements zu unter- schiedenem Gebrauch. Der Eingang ist ein von freystehenden Saͤulen unterstuͤtztes Kugelgewoͤlbe, welches auf einer Freytreppe eine halbrunde Vorlage macht. In den zwo mittelsten Saͤulenweiten sind Bildsaͤulen aufgestellt. Seite 44. Nr. 19. Erfindung von eben demselben. Ein kleines Lustkabinet mit vier in die Mauer eingelassenen Baͤnken und einem Buͤfet, worinn eine kleine Springquelle zur Kuͤhlung angebracht werden kann. Die runden Loͤcher in den Ecken sind Ab- fallroͤhren des Wassers vom platten Dache. Seite 48. Nr. 20. Erfindung von eben demselben. Ein kleines Lustkabinet, durch zwey große Glasthuͤren erleuchtet, inwendig mit einem Spiegelgewoͤlbe bedeckt. Der Aufsatz des Dachs koͤnnte, um es noch heller und durchsichtiger zu machen, zu einem Ober- licht mit einem horizontalaufliegenden Fenster gebraucht werden. In die vier Ni- schen koͤnnte man Statuͤen oder Tische, und in die Einschnitte der Mauer Baͤnke setzen. Seite 54. J i 3 Nr. 21. Verzeichniß der Kupferverzierungen. Nr. 21. Erfindung von Hrn. Schuricht. Ein kleines Trauergebaͤude. Seite 56. Nr. 22. Ein Mausoleum oder Begraͤbnißgebaͤude aus Morris Architecture . Seite 57. Nr. 23. Tempel von der Erfindung des Hrn. Brandts, im Styl des Pantheons zu Rom. Seite 60. Nr. 24. Tempel der Eintracht und des Sieges zu Stowe. Aus der neuen Ausgabe des Werks: Stowe: a Description etc. 1773. Seite 65. Nr. 25. Tempel des Sieges zu Kew. Seite 69. Nr. 26. Tempel der Sonne, eben daselbst. Seite 70. Nr. 27. Tempel des Aeolus, eben daselbst. Seite 71. Nr. 28. Tempel des Pan, eben daselbst. Seite 72. Nr. 29. Tempel der Einsamkeit, eben daselbst. Seite 73. Nr. 30. Erfindung von Hrn. Schuricht. Ein Lustgebaͤude in Form eines Tempels. Seite 79. Nr. 31. Erfindung von Hrn. Brandt. Ein Lustgebaͤude in Form eines Tempels. Seite 81. Nr. 32. Landhuͤtte von der Erfindung des Hrn. Schurichts. Seite 84. Nr. 33. Grotte von Hrn. Brandts Erfindung. Seite 92. Nr. 34. Grotte von eben demselben. Seite 96. Nr. 35. Einsiedeley. Erfindung aus dem Détail des nouveaux Jardins . Seite 97. Nr. 36. Eine Einsiedlerscene von Hrn. Brandt. Seite 99. Nr. 37. Einsiedeley von demselben. Seite 102. Nr. 38. Einsiedeley. Erfindung aus dem Détail des nouveaux Jardins . Seite 105. Nr. 39. Einsiedeley. Erfindung aus dem Détail des nouveaux Jardins . Seite 108. Nr. 40. Erfindung von Hrn. Schuricht. Eine vor einem Gebuͤsch mit einer Vorlage erbauete Ruhebank, da die Durchschnitte des erstern mit ihren Gegenstaͤnden auf die Oeffnungen der Mauer treffen, welche, wie im Grundrisse angedeutet worden, auf den innern Seiten und oben mosaisch verziert sind. Das Ganze liegt auf einer natuͤrlichen Terrasse, mit einer vorgelegten Treppe. Seite 121. Nr. 41 und 42. Zwey Portale in dem Park zu Stowe. Aus dem oben erwaͤhnten Werk. Seite 125. Nr. 43. Verzeichniß der Kupferverzierungen. Nr. 43. Trauerdenkmal von Hrn. Brandts Erfindung. Seite 143. Nr. 44. Tab. I. Gellerts Monument von Hrn. Oeser. Seite 147. Nr. 45. Tab. II. Hallers Monument von Hrn. Schuricht. Seite 148. Nr. 46. Tab. III. Hagedorns, des Dichters, Monument von eben demselben. Seite 148. Nr. 47. Tab. IV. Kleistens Monument von eben demselben. Seite 148. Nr. 48. Tab. V. Hagedorns, Chursaͤchsischen geheimen Legationsraths und General- Directors der Kunstacademien zu Dresden und Leipzig, Monument, von eben demselben. Seite 149. Nr. 49. Tab. VI. Geßners Monument von eben demselben. Seite 149. Nr. 50. Trauermonument in einer felsichten Begraͤbnißhoͤhle, von Hrn. Brandt. Seite 150. Nr. 51. Landschaftsstuͤck von eben demselben. Seite 153. Nr. 52 und 53. Absalon und Tycho Brahe Monument, von Clemens. Seite 203. Nr. 54 und 55. Colbioͤrensen und Guͤldenloͤve Monument, von eben demselben, Seite 205. Nr. 56 und 57. Danneskiold und Bernstorfs Monument, von eben demselben. Seite 207. Druck- Druckfehler . Im zweyten Bande . Seite 36 Zeile 6 lies durch fuͤr doch. Seite 41 Zeile 1 lies Hirtinn fuͤr Hirten. Seite 45 Zeile 29 ist hinter dem Worte, Beschaffenheit, einzuschalten: der Landschaft. Seite 107 Zeile 5 ist das Semicolon in ein Comma zu verwandeln. Seite 110 Zeile 7 lies Bodens fuͤr Bodes. Seite 119 Zeile 6 lies Gegenstaͤnde fuͤr Gestaͤnde. Seite 140 Zeile 25 lies neue fuͤr neuen. Seite 153 Zeile 16 ist vor dem Worte, haben, einzuschalten: zu. Seite 167 in der Note lies Zachariaͤ’s fuͤr Zacharaͤ’s. In diesem dritten Bande . Seite 3 Zeile 9 ist das erste Comma wegzustreichen. Seite 53 Zeile 14 lies zufaͤllige fuͤr gefaͤllige. Seite 74 Zeile 8 lies seinem fuͤr diesem. Seite 99 Zeile 6 lies ungestalten fuͤr urgestalten. Seite 109 Zeile 15 ist vor dem Worte, simples, einzuschalten: ein. Seite 112 Zeile 2 lies eine fuͤr einer. Seite 140 Zeile 9 ist hinter dem Worte, Nationalbegebenheit, einzuschalten: oder. Seite 226 in der zweyten Note die vorletzte Zeile lies Gruͤnhaus fuͤr Roluͤbbe.