S ammlung N euer O den und L ieder. Dritter Theil. Hamburg , bey Johann Carl Bohn . 1752 . W eil die Sammlungen neuer Oden und Lieder, wovon der erste Theil in der Bohnischen Handlung 1742. und der zweyte 1744. her- ausgekommen ist, abermals unter der Presse sind, und die Liebha- ber derselben mich ersucht haben, annoch einen dritten Theil dazu zu fuͤgen: So habe ich, solches Verlangen zu erfuͤllen, mich dazu be- reden lassen. Wir leben gegenwaͤrtig in einer Zeit, da die Lieder bey uns eben so stark zur Mode geworden sind, als bey andern Voͤlkern. Und warum sollten wir auch denenselben den Vorzug las- sen, da unsere Sprache, Dichter und Tonkuͤnstler gleiche Staͤrke besitzen? Der Vorwurf, daß unserer Sprache eine gewisse Haͤrte und Rauhigkeit eigen waͤre, ist gar nicht gegruͤndet. Wenn der Dichter nur die Tonkunst versteht; so wird er die Woͤrter und Aus- druͤcke schon zu sinden wissen, die dahin gehoͤren. Allein die mei- * sten sten Dichter lieben zwar die Tonkunst, aber sie kennen dieselbe nicht. Wie kann es also anders moͤglich seyn, als daß mehrentheils unsing- bare Oden herauskommen muͤssen? Je kuͤrzer die Zeilen, naͤmlich in Arien, je mehr Selbstlauter, je besser zur Tonkunst. Schoͤne Beyspiele sind unter andern zu finden in den Oden und Liedern, welche unser deutscher Horaz 1747. in fuͤnf Buͤchern dem Drucke uͤberlassen hat. Aus diesen Oden und Liedern sind also diejenigen, die in diesem dritten Theile den Beschluß machen. Die noch uͤbrig sind, bestehen theils in Erzehlungen, theils in Horazianischen und Anakreontischen Liedern. Von welchen ein jedes Stuͤck einige Blaͤt- ter erfordert haben wuͤrde, wenn es haͤtte sollen in die Musik gesetzt werden, welches aber gerade unserem Zwecke entgegen waͤre. Die Melodien habe ich den Liedern so angemessen, wie es die Ueberschrift und der Jnhalt mit sich gebracht haben. Ueberhaupt, ich habe auf den ganzen, und nicht auf den einzeln Ausdruck jeder Ode gesehen. Das Gefaͤllige, das Reizende, das Scherzende, das Taͤndelnde, das Verliebte, das Lustige ist in den Melodien mein Vorwurf gewesen. Hamburg, den 26 Febr. 1752. Goͤrner. Jnhalt Jnhalt des dritten Theils. I. Die Freundschaft. Seite 3 II. Aufmunterung zum Vergnuͤgen. 〃 4 III. Elpin. 〃 6 IV. Die Schoͤnheit. 1744. 〃 8 V. Der Wink. 〃 10 VI. Die Verliebten. 〃 11 VII. Hoheit und Liebe. 〃 12 VIII. Der Wunsch. 〃 14 IX. Phryne. 〃 16 X. Doris und der Wein. 〃 18 XI. Der May. 〃 20 XII. Die Rose. 〃 23 XIII. Die Schule. 〃 24 XIV. Burgunder-Wein. 〃 27 XV. Leichen-Carmen. 1740. 〃 28 HORATIVS . Condisce modos, amanda Voce quos reddas. Minuentur atrae Carmine curae. I. Die Freundschaft. D u Mutter holder Triebe, O Freunschaft! dir zur Ehre, Dir, Freundschaft, nicht der Liebe, Erschallen unsre Choͤre, Und Phyllis stimmt mit ein: Doch sollte das Entzuͤcken Von Phyllis Ton und Blicken Nichts mehr als Freundschaft seyn? A 2 II. Aufmunterung zum Vergnuͤgen. E rlernt von muntern Herzen Die Kunst begluͤckt zu scherzen, Die Kunst vergnuͤgt zu seyn. Versucht es. Lasst uns singen, Das Alter zu verjuͤngen, Die Jugend zu erfreun. Macht neue Freundschafts-Schluͤsse! Jhr Kinder, gebt euch Kuͤsse! Jhr Vaͤter, gebt euch Wein! A 3 III. Elpin. W eil nach des Schicksals bestem Schluß Die junge Welt sich lieben muß, So ward Elpin verliebt. Auch er fand, daß es artig sey, Wenn man, bey suͤsser Schmeicheley, Den Schoͤnen Kuͤsse giebt. Noch hatt er nur um Pfand gekuͤsst; Was feuerreich im Kuͤssen ist War ihm nur halb bewusst: Doch wann er bey der Chloe stund, Ward er bald roth wie Chloens Mund, Bald weiß wie ihre Brust. Er untersucht sich tausendmal Und spuͤret Lust und spuͤret Qual, So oft er sich befragt. Einst, als er seufzt und ihr sich naht, Wird ihm der Kuß, um den er bat, Und auch die Hand versagt. Er flieht und eilet in den Wald Und klagt, in trauriger Gestalt, Den Eichen was ihn druͤckt. O wuͤsst er, was ihr Herz gewinnt! Doch alles, was sein Witz ersinnt, Wird durch die Furcht erstickt. Nach langen Klagen schlaͤft er ein; Die Liebe will ihm guͤnstig seyn, Der er die Traͤume weiht. Mit ihren Fluͤgeln weckt sie ihn Und spricht: Jch wuͤnsche dir, Elpin, Nur List und Wachsamkeit. IV . Die Schoͤnheit. W ie lieblich ist des heitern Himmels Wonne, Der reine Mond, der hellen Sterne Heer, Aurorens Licht, der Glanz der guͤldnen Sonne! Und doch ergetzt ein schoͤn Gesicht weit mehr. Der Tropfen Kraft, die Wald und Feld verjuͤngen, Belebt sie kaum, wie uns ein froher Kuß, Und nimmer kann ein Vogel suͤsser singen, Als uns ein Mund, den man verehren muß. Eleonor! auf Deren zarten Wangen Der Jugend Bluͤht in frischen Rosen lacht, Und Zaͤrtlichkeit, Bewundrung und Verlangen Dir, und nur Dir so zeitig eigen macht; Ob Psyche gleich die Liebe selbst regierte, Als sie, mit Recht, des Gottes Goͤttinn hieß; So glaub ich doch, daß ihn nichts schoͤners ruͤhrte, Als die Natur in Deiner Bildung wies. Dein Auge spielt und Deine Locken fliegen Sanft, wie die Luft im Strahl der Sonne wallt; Gefaͤlligkeit und Anmuth und Vergnuͤgen Sind ungetrennt von Deinem Aufenthalt. Dir huldigen die Herzen muntrer Jugend, Das Alter selbst beneidet deinen Witz. Es wird, in Dir, der angenehmsten Tugend, Und nirgend sonst der angenehmste Sitz. Man schmeichelt mir, daß, in zufriednen Stunden, Eleonor auch meine Lieder singt, Und manches Wort, das viele nicht empfunden, Durch Jhre Stimm’ in aller Herzen dringt. Gewaͤhre mir, den Dichter zu begluͤcken, Der edler nichts als Deinen Beyfall fand, Nur einen Blick von Deinen schoͤnen Blicken, Nur einen Kuß auf Deine weisse Hand. 3 Th. B V. Der Wink. J st gleich dein Wink verstohlen: So find ich doch mein Gluͤcke Jn jedem deiner Blicke, Der meine Hoffnung naͤhrt. Laß ihn oft wiederholen, Dir fehle nur die Stunde, Jn der von deinem Munde Ein Kuß mir mehr erklaͤrt. VI . Die Verliebten. J hr, deren Witz die Sehnsucht uͤbt Und immer seufzet, harret, liebt, Wie spaͤt erreicht ihr, unbetruͤbt, Der Liebe Freuden! Furcht, Knechtschaft, Unruh und Verdacht, Der wuͤste Tag, die oͤde Nacht Sind, bis die Lieb’ euch gluͤcklich macht, Nicht zu vermeiden. Wie groß muß ihr Vergnuͤgen seyn! Wie sehr muß ihr Genuß erfreun, Wenn edle Seelen ihre Pein So willig leiden! B 2 VII . Hoheit und Liebe. M onarch im Reiche stolzer Thoren, Dich, hohes Gluͤck, verehr ich nicht! Mir ward in Phyllis mehr gebohren, Als alles, was dein Tand verspricht. Der Traum der Wachenden, die Ehre, Der Sclaven-Stand der Eitelkeit, Schliesst dein Gefolg an Hoͤf’ und Heere, Bis es der letzte Schlaf befreyt. Das Recht, mein Herze zu entzuͤcken Und meiner Wuͤnsche Ziel zu seyn, Raͤum ich nur einer Phyllis Blicken, Nur Jhrer seltnen Schoͤnheit ein. Wie stolz war ich, Sie zu gewinnen! Auch dieser Ruhm verewigt sich. Beneidet Sie, ihr Koͤniginnen! Und, Koͤnige! beneidet mich. O Phyllis, Seele meiner Lieder! Mich reizt kein himmelhoher Flug. Mich liebest Du, Dich lieb ich wieder. Sind wir nicht beyde froh genug? An treuer Brust, an treuer Seiten Macht uns die Liebe groß und reich. Ach sey, an wahren Zaͤrtlichkeiten, Unendlich jener Taube gleich! Den Adler sah die Turteltaube, Die in der Stille girrt und liebt, Wie ihn Gewalt und Muth zum Raube Jn koͤniglichen Thaten uͤbt. Sie sah ihn Sieg und Ehre finden, Dem Kranich stolz entgegen ziehn, Sich heben, kaͤmpfen, uͤberwinden, Und alle Voͤgel vor ihm fliehn. Sie sprach: Jch will dich nicht beneiden: Sey immer groß und fuͤrchterlich. Gepruͤfter Liebe suͤsse Freuden! Nur ihr allein begluͤcket mich. Mir will ich keinen Sieg erwerben, Als den mein Gatte mir gewaͤhrt. Mit ihm zu leben und zu sterben Jst alles, was mein Wunsch begehrt. VIII . Der Wunsch. D u holder Gott der suͤssten Lust auf Erden, Der schoͤnsten Goͤttinn schoͤner Sohn! Komm, lehre mich die Kunst, geliebt zu werden; Die leichte Kunst zu lieben weiß ich schon. Komm ebenfalls und bilde Phyllis Lachen, Cythere! gib ihr Unterricht; Denn Phyllis weiß die Kunst verliebt zu machen; Die leichte Kunst zu lieben weiß sie nicht. IX . Phryne. A ls Phryne mit der kleinen Hand Noch um der Mutter Busen spielte, Nichts als den keimenden Verstand Und den Beruf der Sinnen fuͤhlte; Da kam ihr schon, an jener Brust, Das erste Lallen erster Lust. Sie hatte kaum das Fluͤgel-Kleid Und einen bessern Putz empfangen; So scherzten Witz und Freundlichkeit Jn beyden Gruͤbchen ihrer Wangen; So stiegen aus der zarten Brust Die regen Seufzer junger Lust. O wie begluͤckt schien ihr das Jahr, Das nun sie in Gesellschaft brachte, Wo sie so oft die Schoͤnste war, So reizend sprach und sang und lachte! Wie wuchsen sie und ihre Brust, Und die Geschwaͤtzigkeit der Lust! Sie ward mit Anstand stolz und frey, Und ihre Blicke pries die Liebe; Der Spiegel und die Schmeicheley Vermehrten taͤglich ihre Triebe, Und ihr gerieth, bey reifer Brust, Die sanfte Sprache schlauer Lust. Die Oper, das Concert, der Ball Erhitzten ihren Muth zum Scherzen. Nur Phryne wies sich uͤberall, Als Meisterinn der jungen Herzen, Und fasste, mit belebter Brust, Die ganze Rede-Kunst der Lust. Doch wahre Sehnsucht nimmt sie ein; Die Stolze laͤsst sich uͤberwinden. Jhr Scherz verstummt, ihr Muth wird klein, Sie lechzt, und kann nicht Worte finden. Denn ach! es wallt in ihrer Brust Das Unaussprechliche der Lust. 3 Th. C X. Doris und der Wein. O Anblick, der mich froͤhlich macht! Mein Weinstock reift und Doris lacht, Und, mir zur Anmuth, wachsen beyde. Ergetzt der Wein ein menschlich Herz, So ist auch seltner Schoͤnen Scherz Der wahren Menschlichkeit ein Grund vollkom̃ner Freude. Was die Empfindung schaͤrft und uͤbt, Was Seelen neue Kraͤfte giebt, Wird unsre heisse Sehnsucht stillen. Wie reichlich will die mildre Zeit, Die sonst so sparsam uns erfreut, Den tiefsten Kelch der Lust fuͤr unsre Lippen fuͤllen. Der Wein, des Kummers Gegengift, Die Liebe, die ihn uͤbertrifft, Die werden zwischen uns sich theilen. Wer mir der Weine Tropfen zaͤhlt, Nur der berechnet unverfehlt Die Kuͤsse, die gehaͤuft zu dir, o Doris! eilen. Weil deine Jugend lernen muß, So laß dich meinen oͤftern Kuß Die Menge deiner Schaͤtze lehren. Gib seinem treuen Unbestand Stirn, Augen, Wangen, Mund und Hand, Und laß ihn ieden Reiz, der dich erhebt, verehren! Uns klopft ein Vorwitz in der Brust, Der stumme Rath ererbter Lust, Der Liebe Leidenschaft zu kennen. O lerne meine Holdinn seyn! Jch schwoͤre dir, bey Most und Wein, Mich soll auch Most und Wein von keiner Do ris trennen. Es moͤgen kuͤnftig Wein und Most Des traͤgen Alters Ernst und Frost Durch feuerreiche Kraft verdringen! Alsdann ertoͤnt fuͤr sie mein Lied; Jtzt, da die Jugend noch verzieht, Will ich allein von dir, auch in der Lese, singen. C 2 XI . Der May. D er Nachtigall reizende Lieder Ertoͤnen und locken schon wieder Die froͤhlichsten Stunden ins Jahr. Nun singet die steigende Lerche, Nun klappern die reisenden Stoͤrche, Nun schwatzet der gaukelnde Staar. Wie munter sind Schaͤfer und Herde! Wie lieblich bebluͤmt sich die Erde! Wie lebhaft ist itzo die Welt! Die Tauben verdoppeln die Kuͤsse, Der Entrich besuchet die Fluͤsse, Der lustige Sperling sein Feld. Wie gleichet doch Zephyr der Floren! Sie haben sich weislich erkohren, Sie waͤhlen den Wechsel zur Pflicht. Er flattert um Sprossen und Garben; Sie liebet unzaͤhlige Farben; Und Eifersucht trennet sie nicht. Nun heben sich Binsen und Keime, Nun kleiden die Blaͤtter die Baͤume, Nun schwindet des Winters Gestalt; Nun rauschen lebendige Quellen Und traͤnken mit spielenden Wellen Die Triften, den Anger, den Wald. Wie buhlerisch, wie so gelinde Erwaͤrmen die westlichen Winde Das Ufer, den Huͤgel, die Gruft! Die jugendlich scherzende Liebe Empfindet die Reizung der Triebe, Empfindet die schmeichelnde Luft. Nun stellt sich die Dorfschaft in Reihen, Nun rufen euch eure Schallmeyen, Jhr stampfenden Taͤnzer, hervor. Jhr springet auf gruͤnender Wiese, Der Bauerknecht hebet die Liese, Jn hurtiger Wendung, empor. C 3 Nicht froͤhlicher, weidlicher, kuͤhner Schwang vormals der braune Sabiner Mit maͤnnlicher Freyheit den Hut. O reizet die Staͤdte zum Neide, Jhr Doͤrfer voll huͤpfender Freude! Was gleichet dem Land-Volk an Muth? XII . Die Rose. S iehst du jene Rose bluͤhen, Schoͤnste! so erkenne dich: Siehst du Bienen zu ihr fliehen, Phyllis! so gedenk an mich. Deine Bluͤhte lockt die Triebe Auf den Reichthum der Natur, Und der Jugend suͤsse Liebe Raubt dir nichts, und naͤhrt sich nur. XIII . Die Schule. D urch tiefe Seufzer bloͤder Lust Erklaͤrte Damie alle Triebe Seiner Liebe; Doch ruͤhrt er nicht der Schoͤnen Brust. Es konnt ihm durch sein Gold ja gluͤcken; Doch spart’ er dieses, und verlohr: O der Thor! Man muß ihn in die Schule schicken. Ach liebte meine Phyllis mich! Seufzt Damon, seine Zaͤrtlichkeiten Anzudeuten. Und Phyllis sagt: Erklaͤre dich! Allein, bey ihren suͤssen Blicken, Bringt Damon weiter nichts hervor: O der Thor! Man muß ihn in die Schule schicken. Am Abend weid’ ich bey dem Bach; Mein Polydor! scherzt Adelheide; Wo ich weide, Da, rath ich, schleiche mir nicht nach. Sie nicht so straͤflich zu beruͤcken, Verspricht und haͤlt ihr Polydor: O der Thor! Man muß ihn in die Schule schicken. Ein Schwindel, aber nur zum Spaß, Befiel Dorinen, als ihr Lehrer Und Verehrer, Der steife Cleon, bey ihr saß. Unwissend selbst sie zu erquicken Rief er die Mutter schnell hervor: O der Thor! Man muß ihn in die Schule schicken. Bis hieher ist dieses eine freye Nach- ahmung der Couplets, welche Marivaux seiner Ecole des Meres hinzugefuͤget hat, die im vierten Bande des Nouveau Théatre François befindlich ist. 3 Th. D Melander, den die Schreibsucht quaͤlt, Glaubt, weil der Reim ihm treu verbleibet, Daß er schreibet, Und daß ihm keine Muse fehlt. Auch er kann den Apoll entzuͤcken; Auch er singt mit in seinem Chor: O der Thor! Man muß ihn in die Schule schicken. Ein Witzling liest den Arouet, Und raͤth ihm, Worte, Reime, Zeilen Mehr zu feilen, Vor allen in dem Mahomet. Wie uͤbt er sich an Meisterstuͤcken! Wie steigt sein leichter Ruhm empor: O der Thor! Man muß ihn in die Schule schicken. Ein Neuling, der verrufen darf, Was Lehrer, die entscheiden koͤnnen, Wahrheit nennen, Glaubt nichts, als was sein Wahn entwarf. Sein Wahn wird einst die Welt begluͤcken; Nun denkt sie edler, als zuvor: O der Thor! Man muß ihn in die Schule schicken. Ein Arzt, der sich zum Doctor prahlt, Verlaͤsst Paris, um Deutschlands Kreisen Sich zu weisen, Wagt, martert, wuͤrgt, und wird bezahlt, Nur er, den tausend Kuͤnste schmuͤcken, Stellt sichtbar den Galenus vor: O der Thor! Man muß ihn in die Schule schicken. XIV. Burgunder-Wein. D amit ich singen lerne, Soll mir der Saft der Reben Jtzt Muth und Toͤne geben Und neue Kunst verleihn. Mich reizen deine Sterne, Jhr Einfluß wirket Wunder, O feuriger Burgunder, O koͤniglicher Wein! D 2 XV. Leichen-Carmen. H err Jost ist todt, der reiche Mann: Waͤr er nicht reich gewesen; Wir wuͤrden, falls ich rathen kann, Auf Jhn kein Carmen lesen. Sein hocherleuchteter Papa Pflag Jhn oft selbst zu wiegen; Die tugendvolle Frau Mama Erzog Jhn mit Vergnuͤgen. Er war ein rechter Springinsfeld Jm ersten bunten Kleide, Und ward daher der jungen Welt Und auch der Muhmen Freude. Nur sieben Jahre war Er alt, Da wusst Er fast zu lesen; Und hieraus sieht ein jeder bald, Wie klug das Kind gewesen. Man hielte Seiner Jugend zart Wohl zehn Jnformatores; Die lehrten Jhn, nach mancher Art, Die Sprachen und die Mores. Es lernte Jost ohn Unterlaß, Daß Jhm der Kopf fast rauchte: Kein Mutter-Kind studirte baß Was es zu wissen brauchte. Da eilt Er mit der jungen Magd Jn manche Classen eben, Und fuͤhrte, mit ihr, unverzagt, Ein exemplarisch Leben. Er glich dem edlen Garten-Klee, Der zeitig aufwaͤrts steiget, Und nicht der traͤgen Aloe, Die spaͤte Bluͤhten zeiget. D 3 Doch, weil Er viel zu sinnreich war, Um nur gelehrt zu werden; So riß Jhn bald der Eltern Paar Aus allen Schul-Beschwerden. Sie sagten: Sohn! Seyd unser Trost! Vermehrt, was wir erworben! Dann seyd Jhr nicht der erste Jost, Der reich und stolz verstorben. Sogleich verging Jhm aller Dunst Lateinscher alten Spruͤche. Er fasste durch die Rechenkunst Die allerschwersten Bruͤche. O Einmal Eins! dich sah Er ein, So wie ein rechter Falke. Durch Handlung wirst du gluͤcklich seyn, Verkuͤndigt ihm Herr Halke. Johannes Halke hatte Recht: Wer prophezeyt behender? Die ihr mir etwa widersprecht, Lest den Natur-Calender! Seht, seht auf unsern Ehrenmann, Den wir so schoͤn begraben; Wer sonst kein Beyspiel haben kann, Wird es an diesem haben! Der Wohlerblasste ging auch, traun! Auf nicht zu lange Reisen; Theils um die Fremde zu beschaun, Theils um Sich ihr zu weisen. Jn Frankreich war Er ein Baron, Jn Holland Heer van Josten, Und zeigte Seines Vaters Sohn Jn Suͤden, Westen, Osten. Er kannte wirklich weit und breit Geheime Staats-Jntrigues, Und wusste ganz genau die Zeit Des dreyssigjaͤhrgen Krieges. Herr Jost bewies, als Knabe schon, Bey vier Zusammenkuͤnften, Der Sechste Carl sey nicht ein Sohn Von Kaiser Carl dem Fuͤnften. Er kam zuruͤck und ließ sich sehn, Wo man Jhn sehen sollte. Nun hieß Er iedem klug und schoͤn, Der Jhn so nennen wollte. Doch rieth man Jhm mit gutem Fug, Den ritterlichen Degen, Den Er an Seiner Seite trug, Nur Sonntags anzulegen. Das Werk der Handlung wohlgemuth Ward nun von Jhm begriffen. Jhm traͤumte nur von Geld und Guth, Von Frachten und von Schiffen. Gelehrte sucht’ Er weiter nicht, Als etwa bey Processen; Sonst macht’ Er ihnen ein Gesicht, Als wollt’ Er alle fressen. Der Reich-Entschlafne wollte drauf Sich doppelt reich durch Ehen, Ja Sich und Seinen Lebens-Lauf Jn echten Erben sehen. Madame starb Jhm ploͤtzlich ab, Eh Er die andre freyte; Die dritte, die Sein Geld Jhm gab, Beerdiget Jhn heute. Als Trauermann folgt Sein Herr Sohn Mit Ellen-langem Flohre; Und vor Jhm singt die Schule schon Jn dem gewohnten Chore. Der schwarzen Maͤntel lange Zahl Begleitet Jhn bey Paaren; Er stirbt, doch nur ein einzigmal, Die Kosten zu ersparen.