Philosophische Oratorie, Das ist: Vernuͤnftige anleitung zur gelehrten und galanten Beredsamkeit, wie sich selbige so wohl in oͤffentlichen reden, als auch im taͤglichen umgang, bey allerhand ma- terien, auf mancherley art, durch eine gluͤckliche er- findung, nette expreßion und ordnung zeigen muͤsse, mit auserlesenen exempeln erlaͤutert, und mit einem register versehen. Vormahls einigen privat-auditoribus commu- niciret, anietzo auf derer und anderer ver- langen vollends ausgearbeitet und herausgegeben, von M. IO . ANDR . FABRICIO . Leipzig , 1724 . Bey denen Coͤrnerischen Erben, in der Grimmischen Gasse. Dem Magnifico, Hoch-Edelgebohrnen Herrn, H errn G ottfried L angen/ vornehmen JCto, Sr. Koͤnigl. Maj. in Pohlen und Churfuͤrstl. Durchl. zu Sachsen hochbestalten Hof- und Justiti en- Rath, des Ober-Hof-Gerichts, des Consistorii und Schoͤppen-stuhls in Leipzig hochverordneten Assessori, der Stadt Leipzig hochansehnlichen Buͤrgermeister, und des grossen Fuͤrsten- Collegii Colle- giato, \&c. Meinem Hochzuehrenden Herrn, Wie auch Dem Hoch-Edelgebohrnen Herrn, H errn J acob B orn, vornehmen JCto, Sr. Koͤnigl. Maj. in Pohlen und Churfuͤrstl. Durchl. zu Sachsen hochbe- stalten Appellations-Rath, des Ober- Hof-Gerichts Assessori, der Stadt Leipzig hochverdienten Stadt-Richter, ꝛc. Jngleichen Dem Hoch-Edlen, Vesten und Hochweisen Herrn, Herrn J oh. E rnst K regeln, hochverdienten Baumeister und Fuͤrnehmen des Raths zu Leipzig, auch fuͤrnehmen Kauf- und Handels- Herrn daselbst, Meinen Hochzuehrenden Herren. Magnifice, Hoch-Edelgebohrne, Hoch-Edler, Hochweiser, Hochzu Ehrende Herren, E W. Magnificence, Hoch- Edelgebohrnen und Hoch-Edlen Herrlig- keiten, gegenwaͤrtiges werckchen zuzueignen, habe kein bedencken ge- tragen, da mir theils eine allgemeine schuldigkeit schon fuͤrlaͤngst auferleget, Erlauchte und Hochverdiente Haͤupter zu verehren, theils gantz besondere pflich- ten, welche, wann ich sie erzehlen wolte, uͤber die graͤntzen einer zuschrift giengen, mich zu diesem unternehmen ins beson- dere verbinden. Es ist zwar diese art der verehrung allezeit mit einiger kuͤhn- heit, und zuweilen gaꝛ zu grossen freyheit vergesellschaftet: Doch haben leute von )( 3 ho- hohem range und veꝛdiensten, solche kuͤhn- heit leichter vergeben und genehm gehal- ten, als diejenigen, welche mit ihren weni- gen faͤhigkeiten, so zu reden, noch vor den hafen der gehoften ruhe laviret, selbige begangen. Jch schmeichle mir mit die- sen eines gleichen gluͤcks, und da ich die eh- re habe, Ew. Magnificence, Hoch-Edelge- bohrnen, Hoch-Edlen Herrligkeiten/ alle arten vom wohleꝛgehen zum aufnehmen des gemeinen besten und zu dem hohen vergnuͤgen Dero hoch-ansehnlichen Fa- milien anzuwuͤnschen: So ersuche Die- selben unteꝛthaͤnig, diese blaͤtter als gerin- ge fruͤhlings-bluͤthen nicht zu verschmaͤ- hen, sondern hochgeneigt anzunehmen, und mich so lange Dero hohen wohlge- wogenheit zu wuͤrdigen, biß ich durch vollkommene fruͤchte zeigen koͤnne, mit was fuͤr besonderer tieffen ergebenheit ich sey Ew. Magnificence, Hoch-Edelgebohrnen, Hoch-Edlen Herrligkeiten gehorsamst-ergebenster diener Der auctor. Vorrede. Geehrter Leser. E Jne vorrede ist einem buche so noͤthig, als einem priester der kragen, einem professor der mantel und einem stu- denten der degen, denn sie soll dem buche das ansehen und die rechte kraft geben, auch wider die vermuth- lichen anfaͤlle es zum voraus verthaͤidigen. Dieses hat der herr auctor reiflich in erwegung gezogen; nachdem er aber seine zeit lieber auf andere dinge als auf vorreden wendet: so hat er mich ersuchet, ihn der muͤhe zu uͤberheben, und ich habe auch ohne be- dencken ihm gewillfahret, und statt seiner die muͤhe eines vorredners uͤber mir genommen. Wann du aber von mir erwartest, daß ich dir diese arbeit an- preise, und mit geschminckten und geschwaͤntzten no- ten erheben solle, so wirst du dich betrogen finden. Jch schicke mich zu nichts weniger, als zu einem pa- negyristen, und es wird auch weder dir noch dem auctori/ welcher den fehler an sich hat/ daß er von seinen sachen immer zu wenig haͤlt, damit gedienet seyn. Also will ich dir nur eins und andeꝛs, was du wider dieses buch einwenden koͤntest, unter den fuß geben, du magst heꝛnach sehen, ob ich recht habe, und die boltzen vollends verschiessen. Da der herr au- ctor eine Oratorie schreibet, so scheint er die menge derselben zu vermehren, und wir haben bereits der Metaphysicken, Logicken und Rhetoricken so viel, daß wir iemand bitten moͤchten, einen vorschlag zu thun, wie man die anzahl derselben verringerte. )( 4 Nun Vorrede. Nun wird er zwar wohl einwenden, daß er sich hier der allgemeinen freyheit bedienet/ welche einem ie- den erlaubet, so gut er kan, sein weniges vermoͤgen zum dienst des gemeinen besten anzuwenden: Al- lein er haͤtte dich doch billich, mein leser, erst um er- laubniß bitten sollen/ mit seinen schlechten sachen herfuͤrzutreten. Weiter habe ich anfangs mich verwundert, warum er es eine Philosophische Oratorie genennet? Denn ich sehe ja, daß es auf alle arten von reden gerichtet ist, was er hier fuͤrbringet. Vielleicht meinet er, die Philosophie sey die universelle gelehrsamkeit, und weil er sein werck auf Philosophische, das ist, nach seiner mei- nung, auf gelehrte gruͤnde bauet, so sey es auch eine Philosophische Oratorie. Wann du nun mein- test, auch auf diese weise Theologische, Juridische und Medicinische Oratorien zu schreiben, so koͤntest du es versuchen, aber du wuͤrdest es vielleicht nach seinem concept nicht treffen, dann er wuͤrde spre- chen, daß auch diese philosophisch/ das ist, gelehrt, muͤsten geschrieben weꝛden, und in diesen streit will ich mich weiter nicht mengen, dann es kaͤme da wohl auf kein raisonniren sondern auf die probe selber an. Bey dem werck selbst hat der herr auctor seine lehr- saͤtze ziemlich frey fuͤrgetragen, aber mit noch frey- ern noten erlaͤutert. Erstlich handelt er von ein- richtung der gedancken, nachgehends von dem aus- druck derselben, und endlich von der disposition derselben. Da gehet er von andern ab, welche die elocution zuletzt sparen, er handelt nirgends von denen generibus dicendi, demonstratiuo, deliberatiuo, Judiciali, ohngeachtet M. Uhlmann zum trost aller rhetorum das didascalicum noch erfunden. Hin- gegen dringet er uͤberall darauf, daß man der natur des obiecti nachgehen, und wie ein mahler dabey sich auffuͤhren muͤsse/ welcher eine sache nach der natur fuͤrstellet, allenthalben die regeln der pro- portion/ der Perspectiv, des wohlstandes beobach- tet, Vorrede. tet, sein obiectum zuweilen ausputzet, starcke lichter, starcke schatten, und die doch mit einander in einer guten harmonie stehen, und in einander zu fliessen scheinen, anbringet. Deßwegen hat er auch den Apellem auf das kupferblat setzen lassen, wie der- selbe bemuͤhet ist, dem Alexandro die ursachen seiner Mahlerey zu entdecken. Nun laß ich alles dieses dahin gestellet seyn, wo man sonst so viel hinzustel- len pfleget, und muß erwarten, ob ich dem herrn auctori recht prophezeiet, da ich ihm zuvoraus ge- sagt, daß er einige mit seiner schreibart beleidigen, und vielleicht denen gelehrten registratoribus, wel- che mit anderer leute fehlern geld verdienen, in die haͤnde fallen werde: Oder ob er recht gehabt, da er mir geantwortet, daß er nicht vermuthe, die feindschaft vernuͤnftiger leute auf sich zu laden; wolten hingegen die unvernuͤnftigen boͤse werden, so sey ihm solches gar lieb, denn es wuͤrde albern seyn/ wenn er sich etwas leid seyn liesse, das er doch nicht aͤndern koͤnne. Jch moͤchte nur in seinem nah- men den geneigten leser bitten, daß er, ehe er boͤse werden wolte, zuvor die umstaͤnde uͤberlegte, die antecedentia und conseqventia der stelle wohl be- trachtete, womit er sich etwa beleidiget zu seyn glaubte, und lieber einer gelinden auslegung dersel- ben, als einer uͤbereilten gehoͤr gaͤbe. Er setzte hin- zu, daß er sich auch fuͤr denen urtheilen derienigen nicht fuͤrchtete, welche selbige oͤffentlich an den tag legten, wohl aber fuͤr dieienigen, welche gleich de- nen schmeißfliegen, gantz in der stille, auch auff die reinsten stellen ihre excrementa ingenii setzten, und ohngeachtet sie ziemlich stranguriam empfaͤnden, in ihrer satyrischen vena, dennoch aus verborgenen winckeln auf andere ihren gifftigen unflath gar zu gerne spritzten. Denn, sagte er, wer seine gedan- cken uͤber meine arbeit publiciret, der unterwirfft sich dem urtheil der gantzen welt, die etwas davon zu sehen bekommt: ist er nun vernuͤnftig in seinem )( 5 ur- Vorrede. urtheil, so lerne ich ia etwas von ihm/ und bekuͤm- mere mich wenig oder nichts darum, ob ihm die liebe zur wahrheit und tugend oder der neid, darzu anlaß gegeben, iene schuͤtzet man mehrentheils fuͤr, und dieser ist das rechte principium movens. Jst er unvernuͤnftig, so wirds ihm gehen wie dem Alex- andro, da er von des Apellis gemaͤhlde unrecht rai- sonnirte, und die mahleriungen ihn auslachten; denn es werden auch die anfaͤnger der beredsamkeit ihn fuͤr einen ungeschickten raisonneur halten. Jst er endlich gar grob/ so fehlt mirs nicht an hertz, auch nicht an der faͤhigkeit, ihm gehoͤriger weise zu begegnen. Meines orts lasse ich, wenn du es an- ders auch zufrieden bist, geneigter leser, dem herrn auctori darinne seine freyheit, und kan ers halten nach seinem gefallen. Nur muß ich dich erinnern, daß du nicht, wenn du ihn etwan wenig oder gebro- chen reden hoͤrest, daraus schluͤsse machest: denn er redet nur wenig oder gebrochene worte gegen ein- zele personen, denen er nicht trauet, und die er nicht kennet. Sonst halte ich ihn fuͤr so complaisant, daß er niemand seine meinung aufdringet, abeꝛ sich nicht gerne eines andern meinung ebenfalls aufdringen laͤst, ohngeachtet er keine schwierigkeit macht, allen leuten suo modo recht zu geben, aber nicht von dir praͤtendiret, daß du ihm in allem beyfallen soltest, da du vielleicht mit deinem geschmack selbst noch nicht einig bist. Zwey dinge muß ich doch noch beruͤh- ren, einmahl die allegirten auctores und heꝛnach die beygebrachten exempel. Bey ienem scheints, als wann der herr auctor wenig staat darauf machte, denn er fuͤhrt sie so quasi aliud agendo an. Jch habe ihm treuhertzig gerathen, er solle etwan sehen, wie er einen gelehrten fuhrmann wo auftriebe, der ihm vorspann gebe, und die auctores brav zusammen peitschete, ich habe ihm auch etliche fuͤrgeschlagen, welche, ohngeachtet sie so wenig Frantzoͤisch als Rabbinisch verstehen, doch gantze buͤcher mit Fran- tzoͤi- Vorrede. tzoͤischen und Rabbinischen noten heraus geben. Allein er meinte, was es denn noͤthig waͤre, anderer leute zeugnisse anzufuͤhren, da die sache selbst redete, er habe noch gantze millionen auctores, die er alle anfuͤhren wolle, wo man ihn der allegatorum we- gen boͤse machte. Bey den exempeln die er selbst gemacht/ [denn mit anderer leute arbeit habe ich ie- tzo nichts zu thun] habe ich ihn gefraget, ob er nicht in sorgen stuͤnde, wann etwa Herr Luͤnig solte auf die gedancken kommen, die reden kleiner herren heraus zu geben, daß man auch da seine arbeit fin- den moͤchte: allein er schien deßwegen gantz ge- ruhig zu seyn, und meinte, wenn ihn etwa die natur so kuͤnstlich zubereitet haͤtte, daß der kopff auf die huͤften relegiret waͤre, das gesichte bey dem kinne eben so hoch in die hoͤhe stuͤnde, als bey der stirn, die nase gleich dem hoͤltzernen pferde auf einem gepfla- sterten marckte herfuͤr ragete, und der mund die zaͤhne nicht mehr bedeckte, oder damit er desto ferti- ger alle leute taxiren koͤnte, immeꝛ offen stuͤnde, auch sonst die gantze laͤnge seines coͤrpers nur etliche spannen betruͤge, da moͤchte er freylich die ehre ha- ben, daß man ihn unter die kleinen herrn einschalte- te; Aber da ihn der guͤtige himmel groͤsser gemacht, als ihm lieb sey, so wuͤrde man seinetwegen sich wohl nicht bemuͤhen duͤrffen. Ubrigens hat er mir befoh- len, denenienigen hohen Patronis, werthesten Goͤn- nern und freunden gehorsamsten schuldigsten erge- bensten danck abzustatten, welche ihm theils durch ihre lehren, theils durch ihren wohlgemeinten auf- richtigen u. freyen rath, theils durch com̃unicirung vieler buͤcher, theils durch ihre gemachte gelehrte einwuͤrffe, bey verfertigung dieses werckes, beyge- standen. Wann auch du, geneigter leser, etwas fin- dest, das verdiente beygebracht zu werden, so bittet er dich, daß du ihm solches nicht mißgoͤnnen wollest, er wird dir gleichen grossen danck abstatten; wuͤn- schet dir darneben alles wohlergehen, wie ich dann gleich- Vorrede. gleichfalls dir will angewuͤnschet haben. Sonst nimm dir unbeschwert die muͤhe und corrigire fol- gende druckfehler pag. 2. l. 11. ließ: eintheilung. p. 8. l. 11. ließ: program. IIII. §. 7. 14. p. 9. l. 20. ließ: den anhang, und l. 29. ließ: unten den anhang. p. 17. l. 29. ließ: Qvinctilianus. p. 23. l. 9. ließ: Part. III. cap. 3. p. 35. l. 24. ließ: naturale. p. 47. l. 19. communium. p. 62. l. 26. ließ: wollen. p. 72. l. 16. ließ: Historische. p. 76. l. 4. ließ: im dritten capitel. p. 82. l. 27. ließ: Apophthegmata. p. 84. l. 4. ließ: moͤglichkeit nicht unterscheiden. p. 86. l. 27. ließ: daraus. p. 99. l. 4. ließ: zur. p. 105. l. 2. deutlichkeit. p. 190. l. 16. de Germanismis falso suspectis, de amplificatione verborum \& totius locutionis, p. 177. l. 33. ließ: Micraelii. und an- dere, welche der herr auctor viellsicht bey dem aca- demischen gebrauch, dem diese arbeit gewiedmet, bemercken wird. Lebe wohl. Jch bin dein ergebenster M. L. v. S. Jnhalt des gantzen wercks. Vorbereitung: von der Oratorie uͤber- haupt. Der erste theil: von der erfindung der ge- dancken. Cap. 1. von der erfindung der thema- tum. 2. von der erfindung der argu- mentorum uͤberhaupt. 3. von beweiß-gruͤnden. 4. von erlaͤuterungs-gruͤnden. 5. von bewegungs gruͤnden. Der Jnhalt. Der andere theil: von dem ausdruck der gedancken. Cap. 1. von dem ausdruck uͤberhaupt. 2. von dem stilo und desselben ei- genschaften. 3. von den unterschiedenen arten des stili. 4. von den mitteln zum guten stilo. 5. Moralische betrachtung des ausdrucks. Der dritte Theil: von der ordnung im fuͤrtrage. Cap. 1. von der disposition uͤbeꝛhaupt. 2. von reden im gemeinen leben und briefen. 3. von oͤffentlichen schul- und po- litischen reden. 4. von Juridischen reden. 5. von geistlichen reden. Anhang: von den aͤusseꝛlichen umstaͤnden im fuͤrtrage. Viel V Jel Redner reden viel, und wann sie gluͤck- lich sind, (wind. So faͤhrt der schall ins ohr, der nachdruck in den Warum? die weißheit fehlt. Viel worte, wenig sachen, (machen. Sind blasen, die den mund des Redners eitel Wer dieß, Gelehrter Freund, von deinen re- den spricht, Der redet ohne grund, und kennt die feder nicht, Die kurtz und triftig schreibt, betrug und farben hasset, Und das, was klug erdacht, in enge schrancken fasset. Was hier der leser sieht, das hab ich laͤngst ge- sehn, Mir ist bereits mein wunsch, und Dir Dein recht geschehn. Jhr, die ihr in der welt nach gleichem vortheil ringet, Schafft daß ihr euren fleiß auf gleiche hoͤhen schwinget. Nehmt weißheit in den mund, verdammt der worte schein, Hier kan FABRICIVS statt eines musters seyn. Und wenn Dich, Edler Freund, verdienst und kunst erhoben, So zeige vor der welt noch ferner kluge proben. Hiemit wolte des Herrn Autoris, seines ehemali- gen wehrten Auditoris, Philosophische Ora- torie der Studiren den Jugend bestens recommendiren, D. IOHANNES Schmid, Prof. Publ. und der Leipzigschen Universitaͤt Senior. Vernuͤnftige anleitung zur Beredsamkeit. Vorbereitung von der Oratorie uͤberhaupt. Jnhalt. W As die Oratorie sey? §. 1. Worinn das wesen der wahren beredsamkeit bestehe? § 2. Wel- ches der rechte endzweck der beredsamkeit? §. 3. Daß sich die beredsamkeit auch in der con- versation zeigen muͤsse, §. 4. Von dem nutzen der Oratorie, §. 5. Daß die Oratorie deßwe- gen nicht zu verwerffen, weil sie weltlich, weil man sie von natur besitze oder mißbrauchen koͤnne, §. 6. Wor- inn die Oratorie von der Logick unterschieden? §. 7. Was zu einem redner erfodert werde und ob er ein polyhistor seyn muͤsse? §. 8. Was zu einem redner gehoͤre in ansehung des leibes? §. 9. Jn ansehung des verstandes? §. 10. Jn ansehung des willens? §. 11. Was er fuͤr wissenschaften hauptsaͤchlich verstehen muͤsse? §. 12. Von der klugheit des redners uͤderhaupt, §. 13. Von der klugheit des redners, in ansehung A der vernuͤnftige anleitung der sache davon er redet, §. 14. Jn ansehung seiner eignen person, §. 15. Jn ansehung seines zuhoͤrers, §. 16. Jn ansehung der aͤusserlichen umstaͤnde, §. 17. Von der historie der Oratorie uͤberhaupt §. 18. Von der Oratorie vor der suͤndfluth und nach derselben bey den Barbarn, §. 19. Bey den Phoͤniciern, Hebraͤern und Griechen, §. 20. Bey den Roͤmern, §. 21. Bey den Teutschen, §. 22. Bey den Frantzosen, §. 23. Bey den Engellaͤndern, §. 24. Bey den Jtaliaͤnern, §. 25. Bey den Spaniern, §. 26. Bey denen uͤbrigen Natio- nen, §. 27. Von dereinheilung der Oratorie, §. 28. §. 1. D Je Oratorie ist eine vernuͤnftige anweisung! zur beredsamkeit, das ist, zu der geschicklichkeit, solche woͤr- ter zugebrauchen, welche mit un- sern gedancken genau uͤberein kommen, und in solcher ordnung mit solcher art: seine gedancken fuͤrzustellen, daß in denen die unsere worte hoͤren oder lesen, eben die gedancken und regungen entstehen, die wir ihnen beybringen wollen, damit die gluͤckseeligkeit des menschli- chen geschlechts befoͤrdert und der umgang un- ter ihnen angenehm gemacht werde. Griechisch heist sie: Rhetorica Teutsch: Die Re- de-kunst. Einige sagen die Rhetorick gebe re- geln, die Oratorie bringe sie in die uͤbung; und machen also einen unterschied unter beyden, das will ich ihnen nicht wehren, ich thue es inzwi- schen nicht. Cicero de orat. III. 10. Quinam esset dicendi modus melior, quam vt latine, vt dilucide, vt orna- te, \& adid quodcunque agetur, apte congruenterque dicamus. Quincti l. Lib. III. V. Tria sunt quæ præ- zur beredsamkeit. praestare debet orator, vt doceat, moueat, delectet Und Morhoff lobt den Virgilium also: Non plus dicit, quam debet. quae maxima omnis elo. quentiae virtus est. Polyh. I. 3. 10. 30. Joh. Clerici Penseés de la vraie et fausse eloquence Parrhasian. I. p. 73. sind fuͤrtreflich einen rechten begrif von der beredsamkeit zu machen. Man hat sie mit noten ins Teutsche uͤbersetzt edirt Alten- burg. 1722. 8. Conf. Ridig, Sensum Veri \& Falsi. IIII. 4. de propositione medit. D. August Frid. Mülleri Diss. de Arte e loquendi Lipsiæ 1708. M. Gottfr. Polycarp. Mülleri. dissert. de emendatione eloquentiae moderna praemissam ideae eloquentiae Nov-antiquae, Joh. Georgii Walchii Epist. de cor- rupta scholarum eloquentia, Facciolati orationi ad humanitatem praemissam. Lips. 1716. Eiusdem dia- triben de litteris humanioribus, historiae criticaelati- næ linguæ adiectam. §. 2. Also bestehet das wesen der beredsamkeit in dem accuraten ausdruck der gedancken, und es irren dieienigen, welche solches in der men- ge leerer worte, in pedantischen formuln, in figuren, in argutien, in der gleichheit mit andern beruͤhmten rednern, in dem klange der rede, in der kunst den leuten was weiß zu machen, in der fertigkeit von sachen pro- und contra zu schwatzen, und in andern der- gleichen kleinigkeiten suchen. Quinctilianus lib. X. c. 1. Nobis autem copia cum iudicio paranda est. \&c. Es ist also uͤbel ge- than wann man die leute nur auf die ausdeh- nung der rede fuͤhret, und doch finde ich daß die- ses der meisten rhetorum ihr hauptwerck sey- Viel worte sind nicht allemahl ein zeichen eines A 2 guten vernuͤnfftige anleitung ten iudicii. Und es muß doch wohl ein unterschied seyn unter schwatzhaftigkeit und beredfamkeit. Die bons mots macher werden vielleicht anderer meynung seyn, allein ob man ihnen wohl den naͤchsten platz nach denen groͤsten schertzern bey hofe gerne einraͤumet, so wird doch der gar zu grosse zufluß vom ingenio sie wohl zu keine red- ner machen. vid Luciani ρητορων διδασκαλον Oper. Tom. II. da er die Sophisten abschildert. oder sie an sich zu ziehn und ihnen zu gefallen Vid. A. Gellium in noct. V. I. Siehe Thomasii Cautelen Cap. 9. §. 66. not. n. und die von ihm allegirten auctores. Ridig. l. c. §. 36. M. Gottfr. Polycarp. Mülleri dissert. de emendatione eloquentiae moderna. p. 22. §. XX. §. 3. Die beredsamkeit hat einen doppelten endzweck, einen allgemeinen und einen gantz besondern. Den allgemeinen hat sie mit der gantzen gelehrsamkeit, auch so gar mit der spra- che gemein, nemlich die gluͤckseeligkeit und das vergnuͤgen der menschlichen gesellschaft zu be- foͤrdern. Der besondere endzweck aber ist, durch geschickten ausdruck seiner gedancken in andern eben die gedancken und regungen erwe- cken, die man selbst bey sich hat und empfindet und in andern rege zu machen suchet. Jch mag mich in den streit von dem endzweck der beredsamkeit nicht mischen, denn ich bin noch zweiffelhaft, ob nicht etwa ein wortstreit daraus gemacht werden koͤnne. cons. Ridig. S. V. \& F. Lib. IIII. Cap. IIII, §. 30. und M. Polyc. Mülleri Diss. de emendatione eloquentiae moderna. §. 4. Aus diesem fliesset von selbsten, daß die zur beredsamkeit. die beredsamkeit sich auch im umgange zeigen muͤsse, weil eben daselbst die meiste gelegenheit sich zeiget, die gluͤckseeligkeit und das vergnuͤ- gen der menschlichen gesellschaft zu befoͤrdern, und seine gedancken auszudrucken. Zumahl da man im umgange mit andern bey dem fuͤr- trag seiner gedancken leicht wiederspruch findet, dafuͤr man bey oͤffentlichen declamationibus sicher ist. §. 5. Da uns nun die Oratorie zu einer sol- chen beredsamkeit vernuͤnftige anweisung giebt, so ist sie gewiß eine der noͤthigsten und nuͤtzlichsten wissenschaften. Alles unser den- cken und wissen wuͤrde vergraben liegen, und die menschliche gesellschaft wuͤrde kaum beste- hen, noch von den thieren koͤnnen unterschieden werden, wann wir nicht die faͤhigkeit haͤtten unsere gedancken durch worte an den tag zu le- gen und zu reden. Allein alle unsere conver- sation und wissenschaft, wuͤrde ein rechtes Ba- bel seyn, wann wir nicht durch die Oratorie, zum vernuͤnftigen ausdruck unserer gedancken angefuͤhret wuͤrden und also durch vernuͤnfti- ges reden uns von unvernuͤnftigen menschen und albernen waͤschern unterscheiden koͤnten. Conf. Hermanni von der Hardt De sermone humano epistolam. Helmstædt. 1705. 8. Lipsius Cent. I. miscell. Epistol. 77. Juxta Sapientiaestudium sti- lum cole \& exerce, qui diuae illius fidus \& necessa- rius administer. Quid enim recondita illa aliis proderit, nisispargereeam \& emittere poteris felici quadam penna (vel sermone. ) Alle menschen re- A 3 den vernuͤnftige anleitung den (natuͤrlicher ordentlicher weise) aber nicht alle menschen reden wohl und sind beredt. Die- ses koͤnnen nur diejenigen welche die grund re- geln der beredsamkeit inne haben und beobach- ten. §. 6. Jch weiß also nicht ob es eine heilige oder naͤrrische einfalt sey, wenn man die Ora- torie fuͤr eine sache haͤlt, welche weil sie welt- lich, das ist, nicht aus der offenbahrung ent- sprungen, einen nothwendigen zusammenhang mit der suͤndlichen welt habe. Dieienigen welche sonst der Oratorie gram, erklaͤren sich auch fuͤr feinde der wahren beredsamkeit, und unterscheiden nicht eine vernuͤnftige Oratorie, von einem Scholastischen woͤrterbuch, oder wollen lieber uͤbelreden, als auf einen vernuͤnf- tigen ausdruck ihrer gedancken bedacht seyn, oder halten ihre fertigkeit im plaudern fuͤr be- redsamkeit, wie dieienigen thun, welche sich ein- bilden von natur beredt zu seyn, oder ste- hen sonst in albernen vorurtheilen. Warum sagt doch Dippel im Jlluminirten grundriß der aeademischen Gottes-gelahr- heit: Logic Rhetorick \&c . waͤren erfindun- gen und gaben des teuffels: Mir duͤnckt weil er sie weder als treuhertzige schwestern, noch als goldtincturen gebrauchen konte. Uberhaupt wo die gelehrsamkeit reden darf, da spricht sie der unwissenheit dem aberglauben und der athei- sterey ein scharffes urtheil, was wunder dann daß dieser Cerberus seinen geiffer wieder die beredsamkeit ausschuͤttet. Dergleichen sind die meisten Rhetoriken. c ) Es zur beredsamkeit. Es wird keine sprache und keine fertigkeit zu re- den mit uns gebohren, vielweniger eine fertig- keit wohl zu reden. Diese fertigkeit kan man oh- ne regeln und uͤbung nicht erhalten. Wer soll uns also die regeln geben, welche durch so vieler iahre abwechselndeu geschmack, dennoch regeln blieben, und durch vieler und grosser redner voll- kommene proben bewehret worden? Gewiß, weder unsere ammen noch unsere muͤtter koͤn- nen sie uns mit der milch einfloͤffen, vielweniger werden wir sie auf dem tantz- oder fecht-boden lernen. Wie man aber hier die fuͤsse und den degen gebrauchen lernet, so solte man sich auch nach gelegenheit umthun, wo man die fertig- keit bekaͤme, wohl und geschickt zu reden. Doch ich befinne mich, bey dem tantzen braucht man die fuͤsse, bey dem fechten die haͤnde, hingegen bey der wohlredenheit braucht man den kopf, und da haben die meisten veraͤchter der bered- samkeit bey ihren falschen absichten weniger verstand und geschick als in haͤnden und fuͤssen. Z. e. ein Theologus meint er muͤsse nicht anders als biblisch reden, und die concordantzen und postillen stehn ihm besser an, ein Juriste denckt weil die Oratorie seiner unwissenheit im jure nicht zu statten komme, sey sie wohl nichts nuͤtze, der Medicus glaubet eben das, weil er in sei- nen recepten keine oratorische figuren braucht, andere haltẽ es fuͤr eine schulfuͤchsische sache, weil sie aus der Historie noch nicht unterrichtet, daß ein grosser staats-mann und ein treflicher redner seyn, mehrentheils beysammen stehe. Kurtz: ars non habet osorem nisi ignorantem. §. 7. Wie die Oratorie zur beredsamkeit anfuͤhret, also muß hingegen die Logick zum vernuͤnftigen dencken anweisung geben. Und A 4 zwar vernuͤnftige anleitung zwar muß diese billich vorangesetzet werden, denn die Oratorie giebt keine anweisung, von sachen, die man nicht verstehet, und davon man keine oder unordentliche gedancken hat, viel worte zu machen. Hierinn ist aber zugleich der rechte unterschied der Oratorie und Logick zu suchen, und nicht in prolixitate expressio- nis. Die kinder lernen ia nicht eher tantzen als sie gehen koͤnnen, siehe Thomasii kle i ne schrifften program. II. Ridiger l c. §. XXII. §. 8. Wer also ein vernuͤnftiger redner und kein locutulejus oder affectiꝛender unnuͤtzer waͤ- scher seyn will, muß von der natur gute gaben und faͤhigkeiten erhalten, und diese faͤhigkeiten, durch die kunst und cultur, zu fertigen guten ge- schicklichkeiten gemacht haben. von nichts reden als was er versteht, und auch von dem was er versteht, nicht eher reden als es noͤthig ist. Wor- aus erhellet, daß er eben kein polyhistor seyn muͤsse. Conf. Quinctilianum Lib. I. cap. X. Jnzwischen erhellet aus diesen und den folgenden daß es eben nicht so leicht sey einen guten redner abzugeben. Denn man muß von der natur dazu gemacht, und uͤber dieses mit treflichen qualitaͤten ausge- ruͤstet seyn, wissenschafften, sprachen in seiner ge- walt haben, dem zuhoͤrer ins hertz sehen ꝛc. doch eben deswegen ist es ein desto groͤsserer ruhm. §. 9. Es werden aber zu einem redner fol- gende dinge erfordert, und zwar in ansehung des leibes, daß er nichts wiederwaͤrtiges und ver- zur beredsamkeit. verdrießliches in seiner person, gesichte und aͤusserlichen wesen habe, uͤber seine minen air und gestus ohne affectation disponiren koͤnne, auch seine sprache zu moderiren wisse und im uͤbrigen mit gesunden organis zum reden aus- geruͤstet sey. Dieses hiessen die alten: eloquentiam corporis, darinn die Pantomimi bey ihnen uͤberaus gluͤck- lich waren. vid. Reimmann Hist. Litt. Germ. Vol. III. p. 394. Thomasii Caut. Cap. 9. p. 182. §. 50. Conrart de l’action de l’orateur, so zu Helmstaͤdt 1690. 4. lateinisch, unter dem titul: de pronun- ciatione \& gestu oratoris, und 1709 zu Jena in 12 Teutsch heraus kom̃en, mit dem titul: Conrarts gruͤndlicher unterricht, wie ein geistlicher und weltlicher redner in der aussprache und gestibus sich manierlich und klug auf- fuͤhren solle. Hieher gehoͤren viele regeln des wohlstandes, siehe unten des dritten theils un- serer Oratorie achtes capitel. §. 10. Jn ansehung des verstandes, muß er ordentlich, gruͤndlich, deutlich, artig gedencken, alles muß von einem gesauberten iudicio dirigi- ret werden das ingenium und memorie muͤsse nicht zu hefftig wuͤrcken, aber auch nicht gar zu schwach seyn. Siehe hierbey Ridiger S. V. \& F. lib. I. Cap. II. §. XXVI. Siehe unten das achte capitel. §. 11. Jn ansehung des willens, muß er eine durch kunst und klugheit zu wege gebrachte gleichguͤltigkeit besitzen, aufrichtige und red- liche absichten haben, und uͤber seine nei- A 5 gun- vernuͤnftige anleitung gungen einiger massen disponiren koͤnnen, nicht furchtsam , aber auch nicht verwegen seyn. Cin natuͤrlich sang froid, oder laͤppische schlaf- muͤtze ist hier nichts nuͤtze. Siehe Thomas. l. c. §. 43. und die angefuͤhr- ten auctores. Der alte Cato sagte: Orator est vir bonus, dicendi peritus, conf. Cic. de offic. L. II. C. XIIII. Jch weiß leider wohl, daß die wenig- sten menschen redliche absichten haben, sie setzen bey allen ihren verrichtungen, also auch bey ih- ren reden, geld-geitz, ehr-geitz, wollust zu ihrem endzweck, und intendiren allezeit dabey, den andern zu betruͤgen. Allein sie betreten dabey einen weg, auf welchen viele tausend, auch die gluͤcklichsten und groͤsten leute, den hals gebro- chen. Denn man betruͤgt einen nur einmahl, und hat ihn hernach mit allen seinem anhang zum feinde, und wer einmahl gewohnt ist mal- honnetten absichten nachzugehen, der kommt bey denen, die mit ihm umgehen, bald herum, hernach ist er so zu reden, fertig, und alle sind uͤbel gegen ihn gesinnet, warten auch nur auf beqveme gelegenheit, ihm wieder eins anzu- haͤngen. Hingegen ist auch die welt niemahls so unvernuͤnftig, daß sie iemand, der auf eine vernuͤnftige art, allezeit honnetten absichten nachgehet, sollte gaͤntzlich fallen lassen. Zu geschweigen der goͤttlichen, natuͤrlichen und buͤrgerlichen rechte, welche uns verbinden, al- lezeit redliche absichten zu haben. Gracians Maxime 91. 182. ein furchtsamer redner bringt alle, die ihn hoͤren, fast in kindes- noͤthen, ein verwegener, allarmiret ein gantzes auditorium, macht es aufmercksam und scharf- sichtig auf die fehler, so er begeht, beydes ist unangenehm und albern. §. 12. zur beredsamkeit. §. 12. Von wissenschaften sind ihm ei- nige schlechterdings noͤthig, einige koͤnnen ihm nur zuweilen nuͤtzen. Die noͤthigen sind: Logick , Moral , insbesondere die kunst der menschen gemuͤther zu erkennen, die historie derer dinge, die nahe um ihn sind, und die principia der sache, davon er reden will , ingleichen eine erkaͤnntniß der sprache, darinn er redet. Alle uͤbrige gelehrte wis- senschaften, insbesondere die alte und neue Historie, koͤnnen ihm nach seinen unterschie- denen absichten bald mehr, bald weniger nuͤtzen. Hiezu koͤnnen ihm dienen Thomasii Einlei- tung und Ausuͤbung der Vernunfft-Lehre, Halle. 1719. 8. Ridiger. Sensus V. \& F. Lipsiae 1722. 4. Ejusdem Institutiones eruditionis Lipsiae 1717. 8. und Philosophia pragmatica, Lipsiae. 1723. 8. Da in beyden letztern die Logick gleich aufangs wohl ausgefuͤhret. D. Aug. Frid. Muͤllers Teutsche Philosophie, daran derselbe ietzo noch arbeitet, und wovon die Logick meh- rentheils fertig. Wer in der Philosophie und sonst an recepten doctrinen glaubt, und dazu Logick und Moral gebrauchen will, dem will ich folgende fuͤrtrefliche Triumuiros recommen- diren: Jacobi Thomasii Philosophiam. Jo. An- dreae Schmidii Compendium Philosophiae, Helmst. 1710. 8. Jo. Francisci Buddei elementa Philosophiae instrumentalis, theoreticae \& pra- cticae. Man kan diesen beyfuͤgen Samuel Werenfelsens Dissertation de Logomachiis E- ruditorum. Amsterd. 1702. 8. und die beygefuͤg- te Diatribe de Meteoris orationis. Jch koͤnte mehr Logicken anfuͤhren, wann es auf die men- ge vernuͤnftige anleitung ge oder seltenheit oder auf einen Frantzoͤischen be l’esprit oder schulfuͤchsischen woͤrter-kram, bey gutem raisonniren ankaͤme. Diese begreifft das recht der natur, die regeln der klugheit, und des wohlstandes unter sich. Also gehoͤren hieher alle, welche ietzt-benannte drey wissenschaften, in ihre vollkommenheit zu setzen sich bemuͤhet haben. Duͤrfte ich ohne ie- mand zu praͤiudiciren, aus einer so grossen men- ge, etliche wenige einem zukuͤnfftigen redner an- preisen, so wollte ich Thomasii Einleitung und Ausuͤbnng der Sitten-Lehre, Ridigeri Philo- sophiam pragmaticam, die klugheit zu leben und zu berrschen, welche 1722. 8. Leipzig her- aus kommen, Buddei Philosophiam practicam, Gracians Homme de Cour mit D. August fried- rich Muͤllers noten, les caracteres ou les moeurs de ce siecle par Mr. de la Bruyere, des Hrn. von Rohrs moralische schriften, Bellegarde sa- chen, und Hrn. Hofrath Menckens Disputa- tion: De eo, quod decorum est, anfuͤhren. Wer mehrere wissen, und auch von denen, die ich an- gefuͤhret, zum theil nachricht haben will, der lese Hrn. Stollens Historie der Gelahtheit den dritten theil. Angefuͤhrte auctores geben mehrentheils hier- zu ebenfalls anleitung. Jch erinnere mich ins besondere des Bellegarde l’art de connoitre les hommes. Amsterd. 1709. 12. und Rohrs unter- richt von der kunst der menschen gemuͤther zu erforschen, Leipzig. 1714. Jch werde viel- leicht von dieser und der vorigen gattung, im folgenden, mehrere auctores anzufuͤhren gele- genheit haben. Jch wolte fast sagen, daß dieses nicht nur fuͤr einem redner, sondern uͤberhaupt fuͤr einem klugen menschen, die noͤthigste wissenschaft sey, welche zur beredsamkeit. welche er aber nicht aus buͤchern, sondern aus der vernuͤnftigen erfahrung haben muß. Alles vorhergehende gehoͤret zur universellen gelehrsamkett, dieses aber ins besondere zu de- nen Facultaͤten und Disciplinen. Und da die Oratorie ein stuͤck der universellen gelehrsam- keit, so mag sich um die principia der Facultaͤ- ten und Disciplinen insonderheit derjenige be- kuͤmmern, welcher die Oratorie in denenselben zu appliciren gedencket, z. e. ein Theologus um die heil. Schrift, derselben grund-sprache, die Libros symbolicos, die Kirchen historie und or- thodoxie, ein Juriste um die leges, derselben historie, rationem und applicationem, wer von Medicinischen dingen reden will, muß Physick, Chymie, Anatomie, Botanick, ꝛc. verstehen, ꝛc.- Sagt man: ia, wann ich die Disciplin verste- he, so brauche ich keine Oratorie, so antworte ich: es folgt nicht gleich, daß, wer eine sache versteht, auch sofort geschickt sich ausdrucken koͤnne. Hier muß ich Hederichs Anleitung zu den fuͤrnehmsten Philologischen Wissenschaften ruͤhmen, die zu Wittenberg 1713. 8. heraus kommen, worinn man auch mehrere auctores, die hieher gehoͤren, allegiret findet. Jngleichen Jo. Gottl. Heineccii stili cultioris fundamenta, Halae. 1720. 8. Jener handelt von der Grie- chischen, Lateinischen und Teutschen sprache, dieser insonderheit von der Lateinischen. Meh- rere muß man in Morhoffs Polyhistore und Stollens Historie der gelahrheit T. I. Cap. II. und III. suchen. §. 13. Jn den regeln der klugheit muß ein vernuͤnfftiger redner wohl erfahren seyn, dann hiedurch erlangt er eine geschicklichkeit, nach den vernuͤnftige anleitung den unterschiedenen beschaffenheiten der per- sonen und sachen, damit er umgehet, seine ge- dancken einzurichten und fuͤrzutragen, wel- ches die hoͤchstnoͤthige prudentia oratoria ist. §. 14. Bey der sache, davon er redet, hat er zu sehen, ob es eine theoretische, alte, un- streitige, beliebte, traurige, geistliche, ꝛc. oder practische, neue, wahrscheinliche, bittere, lusti- ge, weltliche, ꝛc. sache sey, da eine iede von ietzt- erzehlten, andere einrichtung, ausfuͤhrung und stellungen erfordert. §. 15. Unter denen personen, muß er ei- nes theils sich selbst pruͤfen, andern theils sei- ne zuhoͤrer, oder wahrscheinliche leser. Bey seiner eigenen person hat er entweder seine in- nerlichen beschaffenheiten, oder seine aͤusserli- chen umstaͤnde zu beobachten. Jene betrach- tung fuͤhret ihn auf die kraͤfte seines verstan- des, und auf die neigungen seines willens, diese aber auf das eigentliche decorum ora- torium. §. 16. Bey denenienigen, welchen er etwas fuͤrtraͤget, muß er ihren verstand, willen, al- ter, geschlecht, stand, vermoͤgen, und andere umstaͤnde in erwegung ziehen, ob sie wahr- heiten annehmen, vertragen oder mißbrau- chen koͤnnen und dergleichen. §. 17. Letzlich muͤssen alle andere umstaͤn- de, der zeit, des orts, der gelegenheit, des wohlstandes uͤberhaupt, fuͤrnemlich die regeln der gerechtigkeit und honnettete, sorgfaͤltig in be- zur beredsamkeit. betrachtung gezogen werden, widrigenfalls wird man vergebens reden, ihm selbst und andern schaden, und statt eines gescheuten redners ein unnuͤtzer waͤscher werden, ja wohl gar ein thoͤrichter und schaͤdlicher mensch heissen. §. 18. Die historie der Oratorie giebt ei- ne nachricht von denenienigen, welche anwei- sungen zur beredsamkeit geschrieben, oder ih- re proben der beredsamkeit der gelehrten welt mitgetheilet. Ferner, was die Oratorie und beredsamkeit fuͤr zufaͤlle gehabt, was fuͤr veraͤnderungen sie unterworffen gewesen, und so fort an. Um die Historie der Oratorie und beredsamkeit, haben sich bekuͤmmert, Morhof im Polyhistore Tom. I. Lib. VI. und in dem Unterricht zur Teutschen sprache und Poesie. Stolle in der Historie der Gelahrheit Tom. I. Cap. II. Reimmann in der Einl. zur Hist. Litt. Tom. I. p. 56. 293. Clericus in arte Critica P. II. S. I. Cap. 16. Gibert Jugemens des Scauans sur les Au- teurs, qui ont traité de la Rhetorique auec un precis de la doctrine de ces auteurs. Paris 1713, Dieses Buch wird in den Actis Eruditorum 1721. im Jun. p. 257. Polyhistor Rhetoricus genennet. He- derich hat in seinen Philologischen Wissen- schaften, bey der Rhetorick, vor iedem stuͤcke eine ziemliche nachricht von auctoribus gege- ben, die davon geschrieben. Hieher koͤnnen auch gezogen werden, Rapins vergleichung des Demosthenis und Ciceronis, und der di- scours von der beschaffenheit der gemuͤther bey denen Atheniensern und Roͤmern. Jn- glei- vernuͤnftige anleitung gleichen haben ietzt-benannte auctores noch andere angefuͤhret, die man bey ihnen finden und zu rathe ziehen kan. Es werden auch in folgenden noch mehr angefuͤhret werden. §. 19. Jn den zeiten vor der suͤndfluth, und gleich nach derselben bey den Barbarn, Scythen, Chaldaͤern, Jndianern und andern voͤlckern, findet man von der Orato- rie nichts. Jnzwischen moͤgen doch wohl beredte leute unter ihnen gewesen seyn, die theils auf einen accuraten ausdruck gesehen, theils ihn durch gute regeln feste zu stellen sich bemuͤhet haben, damit ein vernuͤnftiger ge- brauch der rede unter denen menschen einge- fuhret wuͤrde. Siehe Reimmanns Histor. Litt. Antediluvia- nam p. 47. und 124. Doch bin ich, was die elogia, welche er der rede-kunst beyleget, be- trifft, mit ihm nicht einig. Zumahl, da der Herr Auctor den ruhm selbsten hat, daß er ein guter redner sey. Quinctilian. Lib. III. Cap. 2. vielleicht findet sich etwas hievon in denen historien der Philoso- phie und Moral dieser voͤlcker. vid. Stollen Tom. II. Cap. I. §. 14. seqq. Tom. III. Cap. I. §. 8. 10. seqq. Die Oratorie des Scythischen Abgesandten beym Curtio Libr. VII. Cap. VIII. §. o. seqq. ist wohl des Curtii eigene arbeit und mit denen reden, welche von den alten bey andern geschicht- schreibern e. g. Liuio \&c. aufgezeichnet sind, hat es vielleicht gleiche bewandniß. §. 20. Bey den Phoͤniciern, Hebraͤern, und andern Orientalischen voͤlckern, hat sich ieder- zur beredsamkeit. iederzeit eine sehr heftige und lebhafte imagi- nation, wegen ihres hitzigen climatis, in einer sehr fruchtbaren erfindung und reichem aus- druck gewiesen, wie man solches an denen schriften altes Testaments zum theil wahr- nimmt. Doch ist uns sonst nicht viel uͤbrig blieben, von dem, was sie etwan in der Ora- torie und beredsamkeit herfuͤrgebracht. Die Griechen aber haͤlt man fuͤr die ersten, so durch die wohlredenheit beruͤhmt worden, da- zu ihnen die form ihrer republicken anlaß gege- ben. Jns besondere haben Aristoteles mit seiner Rhetorick, Jsocrates und Demo- sthenes mit ihren reden, ihren guten cre- dit, biß auf unsere zeiten, fuͤr allen andern behauptet. Vid. Stollen Tom. I. Cap. III. §. 10 und Mor- hoff Tom. I L. VI. C. I. 2. Frantzoͤisch ist sie edirt par Mr. Cassandre. la Haye. 1718. 8. ibid. §. 4. not. c. von mehrern s. Morhoff Tom. I. Lib. VI. Cap II. ibid. §. 4. not. d. vid. D. Rechenberg de studiis Academicis Sect. V, C III. §. 21. Die beredsamkeit der Roͤmer fieng in ihrer republick gar spaͤte an sich zu zeigen, stiege bald zu dem allerhoͤchsten gipfel, und fiel nach und nach wieder, nachdem sie sich in al- len arten fuͤrtreflich gewiesen. Jn der theo- rie dienen uns noch Cicero und Quincilianus, und in der praxi haben wir vollkommene mu- ster an Cicerone, Quinctiliano. Seneca, Pli- nio, und vielen andern. B Siehe vernuͤnftige anleitung Siehe Stollen l. c. §. 5. 6. 7. 10. sqq. Morhoff l. IIII. XI. sqq. Quinctiliani dialogum de caussis corruptae eloquentiae hat Hr. Christ. Aug. Heu- mann heraus gegeben. Göttingae. 1719.8. Hier ist Hꝛn. Jo. Georg. Walchii Historia critica linguae Latinae, Lipsiae 1716. mit anzufuͤhren. §. 22. Die alten Teutschen bemuͤheten sich mehr durch tapfere thaten, als trefliche reden beruͤhmt zu werden, biß endlich Ru- dolph von Habspurg durch einfuͤhrung der Teutschen sprache bey ein und andern ge- richtlichen handlungen, und die fruchtbrin- gende Gesellschafft, diese Nation erinner- ten, an die cultur der Teutschen sprache und beredsamkeit zu gedencken, darin sie ietzo, wo nicht alle Nationen uͤbertrifft, doch von kei- ner uͤbertroffen wird. Wolte man die historie der Teutschen beredsamkeit ausfuͤhrlich be- schreiben, wuͤrde man auf die Schlesische Meißnische, Niedersaͤchsische und fraͤnckische wohlredenheit, ins besondere zu sehen haben. Uberhaupt sind in der theorie zu ruͤhmen: Huͤbner. Lange, Menan- tes, Muͤller, Talander, Uhse, Weise, und andere. Jn der praxi aber kan man sich Abschatz Bessers, Boͤhmers, Canitzens, Francisci, Geyers, Gry- phii. Hoffmannswaldaus, Roͤnigs- dorffs, Lohensteins, Maͤyers, Muͤllers, Neukirchs Neumanns, Pritii, Riembergs, Seckendorffs, Treuers, Thomasii, Weisens, Zieg- lers, zur beredsamkeit. lers der reden grosser Herren und fuͤr- nehmer Minister, ꝛc. mit nutzen bedienen. Zugeschweigen, daß Buchner, Cellarius, Schurtzfleisch, Schuppius, Jacob Thomasius, und andere in der Lateinischen sprache, mit ihrer beredsamkeit grosse ehre eingelegt. S. Reimmanns Einleit. II. pag. 32. 145. S. Reimmanns Einleit. III. p. 397 vorher hat er die uͤbrigen verdienste der Teutschen um die Oratorie der neuern zeit beruͤhret p. 379. Ein- leitung zur Roͤmisch-Teutschen Historie p 871. S. Stollen Tom. I. Cap. IIII. §. 18. Reimmann Tom. I. p. 109, 112. 113. II. 138. Thomasii Cau- telen C. 9. §. 27. 28. 29. Solche sie het man in Lohensteins Arminio und in Schlesiens fliegender bihliotheck ꝛc. Stolle T. I. Cap. IIII. §. 20. Cap. V. § 67. Davon haben Weise, Talander, Pritius, ꝛc. vie- le proben abgeleget. Diese findet man in der Octavia, Aramena, Boͤh- mers und anderer reden. Stolle T. I. C. V. §. 67. Deren Beschaffenheit kan man aus Harsdoͤrf- fers, Franeisci, ꝛc. schrifften lernen. Es waͤre zwar bey dieser eintheilung vieles zu erinnern, ich habe sie zuerst beym Huͤbner gefunden in sei- nen oratorischen fragen, und was er Saͤchsisch nennet habe ich Meißnisch, hingegen was er Brandenburgisch heisset, Niedersaͤchsisch genen- net. Jedoch hoffe ich, es werde niemand unter die ketzer gerechnet werden, wann er an diese ein theilung nicht glaubet oder auch wann er sie fuͤr gut und nuͤtzlich passiren laͤsset. S. Stollen Tom. I. Cap. IIII. §. 17. Dessen Einleitung zur uͤblichen und nuͤtzlichen Oratorie durch regeln und exempel, zum an- B 2 dern- vernuͤnftige anleitung dernmahl edirt, Leipzig 1713. 8. Herr Stolle hat sie nicht angefuͤhret, und also wann ich die wahr- heit sagen darff, das beste in diesem genere ver- gessen. Der erste theil hat folgende capitel 1. von der haupt-disposition aller reden durch die chrie. 2. Von der proposition einer rede. 3. Von den aͤtiologien, 4. von den amplificationi- bus, insonderheit a contrario. 5. a simili. 6. ab exemplo und testimonio. 7. a loco communi und meditatione. 8. ab interpretatione, 9. ab argutlis. 10. a consectariis. 11. Von den aus- putz der chrie durch die periodos. Der andere theil besteht aus folgenden: 1. Von den reden welche die aͤtiologie zuerst setzen. 2. Von den briefen. 3. Von denen reden in welchen die am- plificationes zuerst gesetzet werden. 4. Von ab- danckungen. Uberall sind denen gruͤndlichsten regeln, die schoͤnsten exempel beygefuͤget. Das programma des Herrn Auctoris ist so schoͤn, wel- ches Er 1708. geschrieben, das ich es unten P. III. Cap. 4. meinem wercke eine merite zu machen mit einruͤcken will. Wie ich hoffe der Herr Auctor werde dieses nicht unguͤtig nehmen, so bitte der geneigte leser wolle mich nicht deswegen fuͤr ei- ne eule halten, welche sich mit fremden federn schmuͤcket. Menantes Einleitung zur Teutschen Orato- rie und briefverfassung, andere auflage, Hal- le und Leipzig 1715. 8. Handelt im 1. theil von stilo, im 2. von der invention, im 3. von der dispo- sition. Von seinen auserlesenen briefen siehe Stollen T. I. IIII. 38. Was er mehr geschrie- ben soll unten angefuͤhret werden. Jst wie be- kannt D. Hunold. Herrn Gottfried Polycarp Muͤllers abriß ei- ner gruͤndlichen Oratorie zum academischen gebrauch entworffen und mit anmerckungen ver- zur beredsamkeit. verseben, Leipzig 1722. 8. hat zwey theile, der erste giebt zur theorie, der andere zur praxi an- weisung. Er ist zu loben, daß er Logick und Ora- torie miteinander zu verbinden gesucht, und doch gewiesen daß man selbige nicht vermischen solle. Seine Idea eloquentiæ nov-antiquæ ist mit seiner academischen klugheit zugleich heraus kommen Leipzig 1720. 4. Wie diese zur galanten gelehr- samkeit fuͤrtrefliche dienste thut, also steckt iene voller artigen sachen und nuͤtzlichen wahrheiten. z. e. p. 18. sagt der Herr Auctor: In eo infelix est orbis eruditus, quod tot habeat hinc \& inde ora- toriae emendatores cum tamen perpaucos inveniat, a quibus quidquam viderit, quod in hoc scribendi genere excellat feratque aetatem. Und p. 23. setzt Er: Eruditi stulti, sunt maximi stulti \& am- plissimi sæpe viri plurimis praeiudiciis opinioni- bus \& affectuum stimulis ita abundant, vt non nisi iuxta suas persuasiones sint ducendi. Jch habe diese schrifft mit vielen vergnuͤgen gelesen. Sie enthaͤlt in sich 1. Dissertationem de emendatione eloquentiae moderna, 2. Programma auspicale ora- eioni praemissum als der Herr Auctor 1716. Prof. Eloqu. und Poeseos zu Leipzig wurde III. Orationẽ de genere dicendi nov antiquo. IIII. Ideam elo- quentiae nouantiquae, P. I. C. I. de themate, 2. de argum. probantibus. 3. de argum. mouentibus. 4. conciliantibus 5. de illustratione \& amplificatione. 6 de inuentione \& dispositione, 7. de stilo. 8. de actione. P. II. Practica. C. I. de conuersatione \& progymnasmatibus. 2. de litteris conscribendis. 3. de orationibus solemnibus. 4. de orationibus va- riorum vitae generum. Was man uͤbrigens von des Herrn Auctoris Oratorie ihm vor einen con- cept machen solle, giebt er selbst an die hand. Diss. de emend. p. 44. sentio quoad principia totius Ora- toriae artis cum Aristotele ac familia eiusdem, sed B 3 nollena vernuͤnftige anleitung nollem cum Paulo Rabo in Rhetorica ciuili ab ipso edita (Regiomonti \& Lipsiae 8. 1704.) libro mul- tae diligentiae \& vtilitatis variae aristotelizare. Talanders anweisung zur Teutschen Orato- rie, allezeit fertiger briefsteller ꝛc. sind bekannt vid. Stollen I. IIII. 38 Er heist sonst Bose und hat sich durch viele nette Teutsche schriften be- ruͤhmt gemacht. M. Erdmann Uhsens Rect. Gymn. Martisb. wohl informirter redner, worinn die orato- rischen kunst-griffe vom kleinesten biß zum groͤsten durch kurtze fragen und ausfuͤbrliche antwort fuͤrgetragen werden. Die fuͤnffte auflage, Leipzig 1712. 12. Jst in 4. Buͤcher ge- theilet, da das 1. von worten, das 2. von perio- dis. Das dritte von der connexione periodorum, das 4 von der gantzen Oration handelt. Hin- ten ist des Herrn von Koͤnigsdorff rede auf Leopoldum und des Herrn von Planitz auf Jose- phum beygefuͤgt. Bey der achten auflage wel- che nunmehro 1723. heraus kommen, hat man ein paar miserable piecen da kein r drinnen ist angehengt. Von Weisen S. Stollen l. c. §. 18. 38. Cap. V. §. 12. 51 56. 69. Morhoff, Polyhistor. Tom. I. Lib. VI. Cap. I. §. 32. Cap. III. §. 12. S. das ge- lehrten Lexicon. Reimmanns Einl. III. 382. 388. 443. IIII. 653. M. G. Polyc. Müllerum de emenda- tione eloquentiae moderna p. 5. sqq. Dessen Hof- und Buͤrgerliche reden Halle. 1696. 8. edi rt. S. Stollen Cap. V. §. 57. Dessen reden sind denen reden grossen Herren und fuͤrnehmer Minister beygefuͤget und fuͤr andern wohl zu lesen. Er war ehedessen Prof- Eloquentiaͤ in Helmstaͤdt und zugleich D. und Prof. Theolog ietzo aber ist er des Kaͤyserlichen freyen stiffts Lockum Abt. Jch habe die ehre ge- habt zur beredsamkeit. habt, auf der Julius-universitaͤt Jhn als mei- nen lehrer zu veneriren, und nach dessen gelehrter anfuͤhrung mich in der beredsamkeit zu uͤben. Wenn man seine Lateinischen orationes und pro- grammata lieset, wird man zweifelhaftig seyn, wie es moͤglich, daß man in zweyen sprachen zu- gleich excelliren koͤnne. Von seiner commenta- tione academica de orationibus parentalibus ist un- ten P. III. cap. 5. zu gedencken. Wenn der Herr von Canitz nur die eintzige rede, welche uͤber das zeitige absterben der Bran- denburgischen Chur-Princessin Elisabeth Henriette gehalten, und seinen gedichten beyge- fuͤgt ist, aufgesetzet haͤtte, so wuͤrde ihm wegen derselben artigkeit hier ein platz gebuͤhren. Sein leben stehet in Henr. Pippingii mem. Theo- log. in der mantissa. Von seinen schrifften hat er selbst ein verzeichniß heraus gegeben nebst der wiederlegung des M. Jo. Matthaei 1691. 8. Nuͤrnberg, und da zehlet er derselben schon 66. Man ruͤhmt ihn als einen meister in gespraͤchen. Stolle. I. IIII. §. 28. Das gelehrten Lexicon. Martin Geyers Theologische Teutsche schriften sind zum stilo simplici und denen Theologis nu- tze. S. das gelehrten Lexicon. Von Christian Gryphio siehe Stollen I. II. 43. Von Andrea Gryphio ebenfalls Stollen l. V. 35. Von beyden wie auch von andern deren ich erwehnung gethan und welche nicht mehr in le- ben, kan das gelehrten Lexicon nachgeschlagen werden. Vom Andrea gehoͤren hieher sonderlich seine lob- und trauer-reden. Von Hofmannswaldau gehoͤret hieher sonderlich die rede, welche seinen gedichten angehaͤngt, die man auch in den reden grosser Herrn ꝛc. fin- det. Von ihm und seinen uͤbrigen schriften und verdiensten siehe vorhin angefuͤhrten Stollen B 4 I. V. vernuͤnftige anleitung I V. 37. und anderwerts, ingleichen das ge- lehrten Lexicon. S. Stollen l. IIII. 19. und kurtz vorhergehende note S. Stollen l. c. §.19. 23. Maͤnnling hat einen Arminium enucleatum und Schroͤter eine an- weisung zur Oratorie nach Lohensieins art in 8. heraus gegeben. D. Jo. Frid. Maͤyer ist ohnstreitig einer der fuͤr- treflichsten redner unter denen Lutherischen The- ologis gewesen. Seine fruͤhestunden, betruͤb- tes und getroͤstetes kind GOttes, geistliche re- den und andere schriften, sind so voller geist und leben, daß er unsterblichen ruhm behalten wir d . D. Henr. Muͤller Prof. und Superint. zu Ro stock hat Erquickstunden, den himmlischen lie- beskuß ꝛc. in reinen Teutschen stilo geschrieben. Morhoff. Pol h. I. VI. IIII. 23. Beniamin Neukirch hat sich viel ruhm erwor- ben mit seiner beredsamkeit. S. Stollen I. IIII. 20. 38. 40. Von Caspar Neumann S. Stollen l. IIII. 19. Jo. Georg Pritii proben der beredsamkeit sind zu Leipzig. 8. heraus kommen. Sie bestehen theils in ungebundenẽ theils gebundenen sachen und man hat damit vielleicht das werck abgehen moͤchte Hoffmannswaldaus reduͤbungen fuͤrge- setzt. Doch recommandiren sie sich selbst wohl. S. Stollen l. c. und die reden grosser Herrn. Dessen Teutsche reden, uͤbersetzung des Lucani und andere schriften ihn auch in der beredsamkeit unsterblich gemacht. Herr Gottlieb Samuel Treuer, Professor Mo- ralium auf der Julius-universitaͤt, ist ein fuͤr- treflicher redner. Als eine probe seiner bered- samkeit, kan man die rede ansehen, welche er bey der abreise der ietzigen Kaͤyserin, damahligen Koͤ- nigin in Spanien in Wolffenbuͤttel gehalten, und in zur beredsamkeit. in den reden grosser Herrn und fuͤrnehmen Mi- nistren stehet. Jch habe Jhm in diesem studio vieles zu dancken. Der Herr geheimbde Rath Thomastus hat in seinen schrifften gewiesen, daß man eine gute Phi- losophie auch in der Teutschen sprache, gruͤndlich nett und angenehm fuͤrtragen koͤnne. Von diesem um b ie Teutsche beredsamkeit wohl- verdienten Mann siehe Stollen l. IIII. 18. 38. Thomasii Cautelen C. 9. §. 30. und oben die not. n. Heinrich Anshelm von Ziegler und Kliphausen, verdienet wegen seines Schauplatzes und La- byrinths der zei, hier mit recht einen platz. Von seinen uͤbrigen zur Teutschen beredsamkeit dienli- chen schriften, wird anderswo meldung gesche- hen, inzwischen S. das gelehrten Lexicon. Mit dieser collection hat sich der fleißige Herr Luͤnig, auch um die Teutsche beredsamkeit beson- ders verdient gemacht. Wo ich nicht irre, so ha- ben wir nunmehro 12. tomos. Jch koͤnte hier noch mehr anfuͤhren z. e. D. Leysers parerga Ora- toria. D. Huldrich Sigismund Rothmahlers Oratorische baumschule, Rudolph Sadelers Teutsche Rhetorick, Schottelium, Boͤdickern, Morhoff, Scriveꝛn, Luͤtkemann, Gerhardt, Arndt, D. Gottfried Ludwig, Christian Juncker, Rie- mern, Schuppen, Happelium, Opitzen, Oleari- um, Spenern, Lassenium, Neumeistern, Daniel Richtern im vorschlag wie man zu der redner- kunst nach dem ingenio dieses saeeuli gelangen koͤnne 1662. 8. und unzehliche andere. Doch es ist mein vorhaben nicht, einen voͤlligen abriß der Teutschen beredsamkeit zu geben. Am allerwe- nigsten ist meine absicht alles gute und boͤse was in dieser art zum vorschein kommen zusammen zu- raffen, und mein weniges ur theil daruͤber zu faͤl- B 5 len. vernuͤnftige anleitung. len. Dann eine solche schatz-kammer meinen le- sern zu schencken bin ich zu arm und mit den Hof- meistern will ich mich nicht verwirren. Hat ie- mand lust ein oder den andern ausser den ange- fuͤhrten noch zu sehen, so schreibe er dessen nahmen hierbey, oder kan er auch von oberwehnten et- wan einen nicht in dieser classe leiden, so streiche er dessen nahmen weg. Es werden sich in folgen- den, am gehoͤrigen ort noch einige zeigen. Siehe Morhoffen Polyh. l. VI. l. 16. l. VI. III. 3. l. 1. XXIIII. 99. Stolle l. IV. 12. S. seine dissertationes und orationes die Herr Prof. Walch herausgegeben, ingleichen seine andere schriften. Von Schurtzfleischens leben und schriften, han- delt Clarmundus in seiner lebens-beschreibung die 1710. 8. Dreßden und Leipzig heraus kom- men. Seine Epistolae Orationes, Dissertationes, Poëmata \&c. sind hier sonderlich zu ruͤhmen. Von Schuppio siehe Stollen l. IIII. 16. Mor- hoff ist nicht wol auf ihm zu sprechen Polyh. l. VI. III. 3. Reimmann Einl. IIII. p. 102. Mehrere Lateinische redner unter den Teutschen, nennet angefuͤhrter Morhoff l. VI. III. Jac. Thomasii orationes Lips. 1683. 8. §. 23. Die Frantzosen machen ihre bered- samkeit groͤsser, als sie in der that ist, doch sind als theoretici zu loben: Rapin Lámi, Conrart, \&c. Als practici aber sind Bos- svet, Flechier, Bourdaloue, Balzac, Boileau, Voiture, Pays, Bussi Rabutin Fenelon Scuderi, \&c. in grossen ruhm. Uberhaupt ist in der Frantzoͤi- schen beredsamkeit mehr bel-esprit und artig- keit, zur beredsamkeit. keit, als gruͤndliche scharfsinnigkeit anzutref- fen. S. Stollen l. IIII. 22. 7. Renatus Rapin S. J. dans les reflexions sur l’eloquence du Barreau \& de la chaire Paris 1684. 4. in seinen operibus. Oder wer sonst auctor ist von der l’art de parler \& de persuader die 1676. 12. Paris heraus kommen. S. Morhoff l. VI. l. 31. Stolle l. II. 13. Siehe oben §. 9. not. a. Siehe Stollen l. IIII. 22. III. V. 47. 48. und das gelehrten Lexicon. Stolle l, IIII. 22. ibid. Siehe Stollen l. IIII. 36. Thomasii mona- the Tom. I. p. 659. Morhoff Polyh. l. I. XXIIII. 24. Die dissertation de la grandc elo- quence ist die sechste in seinen operibus. Hat Reflexions sur Longin, nebst einer version des Longini de sublimitate herausgegeben, war ein treflicher satyricus, und wichtiger partisan der alten in dem bekannten vorzugs-streit zwi- schen den alten und neuen. Siehe Stollens Hist. l. V. 44. l. Vorber. 21. 23. Thomasii Monathe Tom. I. p. 185. Jn den lettres ga- lantes par Madame de C. Tom. V. p. 160. steht ein artiges epitaphium auf ihn. Stolle l. IIII. 36. Thomasii Monathe Tom. I. p. 659. sqq. Siehe Thomasium l. c. seine Amitiez Amours und Amourettes sind ungemein wohl zu lesen. Grenoble \& Paris. 1664. 12. Siehe Stollen l. IIII. 36. Siehe Stollen III. V. 47. George de Scudery und Mademoiselle de Scudc- ry, von ienen siehe Stollen l. V. 27. von dieser eben denselben l. IIII. 29. l. V. 67. III. III. 8. Man uͤbersetze nur eine Frantzoͤische piece, die alle vernuͤnftige anleitung alle leute charmiret, ins Teutsche, so wird die schmincke bald abfallen. Denn wer Teutsch philosophiret, der muß gewiß gut reden und was gescheutes fuͤrbringen, wann er gefallen will. Doch will ich denen reden, welche in dem Receuil des harangues, prononceés par Messieurs de l’academie Francoise, darunter viele fuͤrtreff- lich sind, ihr gebuͤhrendes lob nicht absprechen. Der P. Bouhours hat unsere Nation so laͤppisch und veraͤchtlich tractiret, daß ich seiner schriften nicht erwehnen mag. §. 24. Von der Engellaͤnder beredsam- keit ist mir nur etwas weniges bekannt, nem- lich dieses, daß sie ihre reden mit grossem fleiß und nachsinnen ausarbeiten, und fuͤrtrefliche proben ihrer wohlredenheit herfuͤrbringen, daß endlich ihre sachen, wann sie in das Teutsche uͤbersetzet, wegen ihrer schoͤnen realien und scharfsinnigen gedancken, ungemein wohl ge- lesen und gebraucht werden. Was Morhoff Polyh. I. VI. IIII. 18. 19. 20. 21. anfuͤhret, betrift nur geistliche redner, doch ist auch in ihren geistlichen reden eine schoͤne moral und trefliche beredsamkeit. Man sagt, das Scriver sich der Engellaͤnder sehr wohl be- dienet. Jch habe von Joseph Hallen verschie- denes, Baxters nun oder niemahls, Sonthoms guͤldenes kleinod, Roberti Boylens himmli- schenliebes-triumph, einige reden vom Richard Willis, Englische historien, und die sint 12. und mehr iahren publicirte so genannte Addres- sen, gelesen. §. 25. Der Spanier beredsamkeit, ist nach dem genie dieser nation, praͤchtig, spruchreich, tief- zur beredsamkeit. tiefsinnig, wie man solches an des Gracians lobrede auf Ferdinandum Catholicum, die Lohenstein uͤbersetzet, wahrnimmt. Es ist auch sonst diese Nation, bey den kennern der Spanischen sprache und Historie, in grossen credit. Stolle l. IIII. 23. §. 26. Denen Jtaliaͤnern, fehlt es nicht an guten rednern in ihrer sprache. Es zeigt sich aber ihre beredsamkeit mehr in der Poesie und lateinischen reden. Jn der letztern art haben sie solche proben die Ciceronianisch sind gegeben. Stolle l. IIII. 37. Unter die rhetores sind hier: Giusto Fontanini della eloquenza Italiana Rom. 1706. 4. und des Gioseffo Maria Platina Arte Oratoria. Bologna 1716. 4. zu zehlen idem l. V. II. 26. 27. \&c. Morhoff Polyh. Tom. I. Lib. VI. Cap. I. \& IIII. §. 27. Es wuͤrde muͤhsam und weitlaͤuftig, doch nicht gar zu nuͤtzlich seyn, aller voͤlcker be- redsamkeit historisch zu untersuchen. Die Eu- ropaͤischen, deren noch nicht erwehnung gesche- hen, haben sich nicht sonderlich signalisiret in ihren muttersprachen und nur eintzeln, in La- teinischer sprache, ihre beredsamkeit gewiesen, wie dann Europa in den neuern zeiten, an La- teinischen rednern fruchtb arer gewesen, als an rednern die ihre eigne mundart cultiviret haͤttẽ. Und aus den andern theilen der welt, kom- men zuweilen proben der beredsamkeit zum vorschein, darinn schoͤne und lebhaffte striche einer vernuͤnftige anleitung einer natuͤrlichen faͤhigkeit und grotesque al- berne ideen, aus mangel sattsamer cultur im- mer miteinander abwechseln. Doch faͤngt man in Portugall an, mit denen humanioribus, auch die beredsamkeit, in selbi- gen reich, in ihre vollkommenheit zu setzen. Eins theils ist es gar billich, da die lateinische sprache, die sprache der gelehrten ist, und wohl gar den platz einer universal-sprache behaupten kan. Andern theils ruͤhrt es aus einempedan- tischen vorurtheil her, da man lateinisch koͤn- nen, fuͤr die rechte gelehrsamkeit haͤlt. Z. e. in denen reden der Tuͤrckischen, Persiani- schen und Maroccanischen abgesandten, inglei- chen denen briefen solcher Nationen, ferner bey ihren Philosophen Schichsaadi, Lockmann ꝛc. §. 28. Wofern unsere Oratorie hinlaͤng- lich seyn soll, eine gruͤndliche und artige bered- samkeit herfuͤrzubringen, werden wir allezeit erstlich auf die erfindung der gedancken, zwey- tens auf den ausdruck derselben durch worte, und drittens auf den fuͤrtrag selbst, die dabey noͤthige ordnung und andere umstaͤnde zu sehen haben. Auf welche theile auch folgende anweisung beruhet. Der Der erste theil der Oratorie, von der erfindung der gedancken. Das erste capitel, von der erfindung uͤberhaupt und insonderheit dessen was man fuͤr- bringen will. Jnhalt. W As erfinden eigentlich sey? §. 1. Was die erfin- dung in der Oratorie sey? §. 2. Wie vielerley diese erfindung in der Oratorie? §. 3. Von der erfin- dung der materie zumreden, §. 4. Von der erfindung eines thematis, oder von dem, was man will im re- den ausfuͤhren, §. 5. Von denen thematibus natu- ralibus und was dabey zu mercken, §. 6. Von denen thematibus artificialibus, §. 7. Wie die themata artificialia zu erfinden? §. 8. Was bey denen thema- tibus artificialibus in acht zunehmen? §. 9 Von denen lahmen erfindungs-mitteln, als der Lullisterey, dem pathetischen wesen, dem Oratorischen enthusiasmo der cahbala, der topic, dem buchstaben-spielen, in- uentione analogica ꝛc. §. 10. Vondenen so von der erfindung geschrieben. §. 11. §. 1. D Je erfindung aller dinge, so weit selbige in die graͤntzen menschlicher erkaͤnntniß eingeschlossen, beruhet auf eine fertig- keit desingenii, sachen nach der moͤglichkeit zu- sammen zu verbinden oder aus einander zu se- tzen. Die schoͤnheit des ingenii, kommt auf die tref- von der erfindung treflichkeit des dabey herfuͤrleuchtenden iudicii an, und die rechte beschaffenheit des iudicii, auf eine gute erfahrung und vernunft-lehre. Wer also dieses bey einander besitzet, kan gut erfin- den. Siehe D. August Friedr. Muͤllers Logick cap. 3. §. 11. 12. Weil aber nicht alle Leute diese fer- tigkeit besitzen, so sind nicht alle leute geschickt gut zu erfinden. Jngenium und iudicium muß man einiger massen von natur haben, erfahrung und vernunft-lehre muͤssen nothwendig hin- zu kommen. §. 2. Jn der Oratorie heist erfinden soviel, als bey denen gelegenheiten, welche uns gebieten zu reden, gedancken fassen, wie man die ge- sammlete wissenschaft und erfahrung in reden anbringen moͤge, damit man seinen endzweck erhalten koͤnne. §. 3. Man gedencket also, ehe man redet, an das wovon man reden oder was man in reden ausfuͤhren will, und hernach an die art und weise, wie man davon reden wolle, ienes heist inuentio thematis, dieses inuentio argumen- torum. §. 4. Die materie zum reden, geben uns al le dinge, davon wir gedancken haben oder fas- sen koͤnnen. Die gelegenheit aber der zeit des orts, und anderer umstaͤnde oder begebnisse, giebt uns freyheit und erfodert auch wohl von uns, unsere gedancken auszudrucken, und alles was wir davon wissen und gedencken anzu- bringen. §. 5. der gedancken. §. 5. Diese gelegenheit wird genennet ca- sus, und der kurtze inhalt meiner gedancken, darauf die rede gebauet wird, heist die proposi- tio, das thema. Zuweilen kan man nur einen eintzigen concept zum grunde legen, mehrentheils aber verbindet man zwey conce- pte in dem dritten, und formiret also einen ordentlichen satz, ia zum oͤftern muß man viele saͤtze mit einander verbinden und davon re- den. Z. e. einer ist Doctor worden, so ist mein thema wann ich ihn anrede oder an ihn schreibe: Jch gratulire ihm zur erhaltenen Doctor-wuͤrde. Oder man redet von duellen, und ich soll sagen: Die duelie sind verboten. Z. e. ich will von der sonne reden. Oder von der resignation Philippi des V. in Spanien. Das ist man macht eine ordentliche propositio- nem logicam: z. e. Doctor werden ist gewiß nichts geringes. Oder: Die duelle sind mit recht in Sachsen verboten. Oder: Die sonne ist das centrum der welt. Z. e. in einer parentation he i st es: Der verstor- bene ist zu loben, zu beklagen, die hinterbliebe- ne angehoͤrige sind zu troͤsten, denen leichen- begleitern muß man dancken. Bey einer in- vestitur: Die vacante stelle muß wieder bese- ßet werden, der Souverain will diesen dazu verordnen, also werden die so davon depen- diren ihn dafuͤr zu respectiren wissen. Oder ich spreche: Philipp der V. hat die crone nie- dergeleget, dieses setzt viele in ver wunderung, viele in sorgen, vielen macht es einen vorneh- men concept von der großmuth dieses Mo- narchen, ich glaube, daß er bey seinem tempe- C rament von der erfindung rament mehr verlaͤugnung gewiesen haͤtte, Wann er sich noch laͤnger der regierungs-last unterzogen, als da er sie nun abgeworffen. §. 6. Bleibt man schlechterdings bey dem ca- su, und zieht das thema gleich heraus, so be- kommt man ein thema datum oder naturale. Dabey muß man zufoͤderst auf die regeln der vernunft-lehre hernach auf die regeln der klugheit, und nach anleitung derselben auf alle umstaͤnde genau acht haben. Wenn man nun durch artige, nicht gar zu bekannte, einfaͤl- le, muthmassungen, vergleichungen, anmer- ckungen, ausschweiffungen ein thema natura- le wohl ausfuͤhret, so wird man mit einem the- ma naturali eben so weit kommen als irgend ein anderer mit seinem themate artificiali. Der unterschied unter thema und propositio, den einige machen, ist nicht weit her. Jnglei- chen die distinctiones unter thema simplex und coniunctum, finitum und infinitum, liberum und adstrictum, scholasticum, politicum, eccle- siasticum, mixtum, demonstratiuum, deliberati- vum, iudiciale, didascalicum. Hingegen hat die eintheilung der thematum, welche von de- nen disciplinen hergenommen wird, groͤssern nu- tzen, indem mich diese betrachtung zugleich in die disciplin selbst fuͤhret, daraus ich alles was von einer sache gescheutes kan gesaget werden, her- holen muß. Diese fuͤhren mich bey einem einzelnen con- cept auf die definitiones desselben, siehe Ridigeri S. V. \& F. Lib. I. von V. biß X. Cap. oder auf die hypotheses welche man dabey machen kan, vid. ibid. Cap. XII. bey einem ordentlichen satze aber, muß ich ausser ietztangefuͤhrten momentis, auf die der gedancken. die regulas enunciationis zugleich reflectiren sieh e ibid. Lib. II. Cap. I. Da dann alle diese momenta mir auch neue erfindung zu saͤtzen an die hand geben. Von diesen waͤre es leicht etliche blaͤtter anzu- fuͤllen, allein sie gehoͤren zur universellen gelehr- samkeit. Doch moͤgen zur probe folgende die- nen: 1.) Einen satz den ich verschweigen kan oh- ne ridicul zu werden, 2.) wovon ich keinen deut- lichen und klaren begrif habe, 3.) wobey ich kei- nen vernuͤnftigen endzweck angeben kan, 4.) wo- durch ich der sache zu nahe trete, den zuhoͤrer be- leidige, mir selbst keinen vortheil stiffte, doch nicht dazu verbunden bin, ꝛc. verschweige ich billich. 5.) Hingegen wozn mich einige schul- digkeit treibet und keines von obbenannten stuͤ- cken abhaͤlt, auch die in der vorbereitung §. 13. 14. 15. 16. 17. angefuͤhrten untersuchungen an- gestellet, davon kan ich billich reden. Wo man angefuͤhrte cautelen nicht brauchen und anwen- den kan, hat man seine freyheit Ein mehrers wird hievon im folgenden sich zeigen. §. 7. Zuweilen ist man nicht geschickt ein thema nalurale recht zu tractiren, oder man will damit nicht zu frieden seyn, so suchet man durch eine meditation, und also durch die kunst etwas bey dem casu zu ersinnen, damit man das thema naturale verknuͤpfen koͤnne, das vielleicht bey dem ersten anblick nicht iedermann in die sinne faͤllt und dieses heist hernach ein thema artifi- ciale. Z. e. ich soll einem kinde parentiren, das immer kraͤncklich und gebrechlich gewesen, da alle spre- chen: Gottlob daß es todt ist, da werde ich von loben und bedauren nicht viel sagen koͤnnen und C 2 bey von der erfindung bey denen anverwandten wird auch der trost nicht noͤthig seyn. ꝛc. Oder ich gratulire iemand zu seinem erlebten geburts-tage, und wolte doch gerne etwas mehr sagen als andere ꝛc. Bey diesen faͤllen sinne ich auf ein thema artificiale. §. 8. Solches nun zu finden, resolvirt man den casum in seine umstaͤnde, bey iedem um- stande suchet man allerhand moͤgliche einfaͤlle, muthmassungen, ursachen, und andere gedan- cken zu fassen, diese schliesset man in kurtze pro- positiones ein, so hat man viel themata artifi- cialia. Die umstaͤnde sind entweder ge- nerales, oder speciales oder specialissimae, bey deren aussuchung und ausfuͤhrung wie bey allen thematibus artificialibus das thema na- turale zum grunde muß geleget werden. Z. e. bey oben angefuͤhrten exempel eines kin- des habe ich folgende umstaͤnde: Es war immer kranck, es war gebrechlich, es hat Wenig gu- te tage gehabt, der todt hat ein ende gemacht seiner kranckbeiten ꝛc. Dabey koͤnte ich folgen- de gedancken haben: 1.) Die menschen sind, von ihrer geburt an, so lange sie in der welt sind, vielen und vielerley kranckheiten unterworf- fen 2.) Jch erinnere mich dabey des blindge- bohrnen, da die Juͤnger beym Joh. am 8. sa- gen: Meister wer hat gesuͤndiget? Dieser oder seine eltern, so antwortet Christus: We- der er noch seine eltern, sondern daß die wercke Gottes an ihm offenbahr wuͤrden: 3.) Wir haben wohl wenig gute tage, so lange wir in der welt leben: 4.) Wenn man sich fuͤr den todt fuͤrchtet, muß man wohl nicht bedencken, daß der todt die beste artzney, der eingang zum leben, der weg zur vollkommenheit und ein der gedancken. ein ende alles uͤbels sey. Schloͤsse ich diese me- ditationes in propositiones ein, so kriegte ich fol- gende themata artificialia: 1.) Die welt ein lazareth, die bestaͤndige empfindung des to- des im leben, das lebendige grab, die beseelte asche. 2. Die wege Gottes, das unumschraͤnck- te recht des Schoͤpfers, der krancke prediger. 3.) Die guten tage der menschen/ der verdor- bene geschmack bey der begierde zu leben, die eitle lebens-lust. 4.) Die vergebliche furcht fuͤr dem tode, die beste artzney, der eingang zum leben, der weg zur vollkommenheit, das ende alles uͤbels ꝛc. Man siehet aber leicht, daß das beste auszusuchen, und daß es auf eine gute ausfuͤhrung fuͤrnemlich ankomme. Der unterschied dieser umstaͤnde beruhet auf dem begriff welchen ich mir vom obiecto mache z. e. aus der definition, denn dasgenus in der definition giebt lauter circumstantias generales, die differentia giebt lauter speciales, und die membra dividentia oder species oder indiuidua geben circumstantias specialißimas. Z. e. es stirbt eine braut an ihren hochzeittage eines schnellen todes, wann ich dieser parentiren oder ein leichengedicht verfertigen solte, und stellete fuͤr: die nothwendigkeit zu sterben, die unbe- staͤndigkeit des menschlichen lebens. so bekaͤme ich themata, welche auf alle menschen koͤnten appliciret werden, redete ich: von dem ver- welckten braut-krantz, von dem mit dem ehe- bette vertauschten grabe, denen in trauerfa- ckeln verwandelten hochzeitlichtern, dem schrecklichen braut-fuͤhrer, der gestoͤhrten- hochzeitlust: so haͤtte ich lauter themata specia- lia, fuͤhrete ich aus: den schnellen wechsel der irdischen mit der himlischen hochzeit, die ver- schwundene braut, oder es waͤre den morgen C 3 vor von der erfindung. vor der trauung der trauring zersprungen, und ich stellete dieses fuͤr, so wuͤrden dieses ihemata werden die aus denen circumstantiis specialißi- mis floͤssen. Es ist leicht zu urtheilen, daß die von der ersten art nicht viel sagen wollen, wo nicht eine gantz ausserordentliche ungemeine ausfuͤhrung sie erhoͤhet. Die aus denen cir- cumstantiis specialibus genommen werden, sind am gebraͤuchlichsten und leichtesten. Endlich die letzten sind zwar angenehm, erfodern aber viel behutsamkeit. §. 9. Sonst muß ich bey einem themate ar- tificiali allezeit erwegen, ob ich nicht besser thaͤ- te, wann ich beym naturali bliebe? wie ich es kurtz, doch nicht dunckel und zweydeutig ab- fassen muͤsse wie es mit dem themate natu- rali auf eine ungezwungene und angenehme art zu verknuͤpfen, ob etwan ein affect da- bey anzudeuten und wie? und endlich daß weder in der abfassung und putz noch in der ausfuͤhrung desselben etwas paradoxes mit unterlauffe. Z. e. in brieffen, familiair-discoursen, und wo man sonst nicht viel zierrathen braucht, solte es billich allezeit naturel bleiben. Daß man es kurtz fasse, dazu ist noͤthig, daß man die propositiones incidentes weglasse, in- gleichen unnuͤtze epitheta, dunckel ist es, wann man gar nichts dabey dencken kan, und zwey- deutig, wann man zu viel dabey dencken muß, auch wohl gar das gegentheil, und also zweiffel- haft bleibet, welches der erfinder des thematis gemeinet habe. Diesemnach sind z. e. folgende themata albern: Die von dem himmel abstam- mende, dem menschen zwar geschenckte, aber durch der gedancken. den fall wiederverlohrne und durch Gottes gnade eintzig und allein wieder herzustel- lende er kaͤnntniß der menschen in geistlichen dingen: oder die bettel hochfuͤrstlich ange- sehen seyn wollende welt, an statt: Die er- kaͤnntniß der menschen im geistlichen, oder die prahlende welt. Dunckel wuͤrde es seyn, wann ich spraͤche: die kroͤnende Eupheme, der scheideweg der tugend, oder ich wolte handeln von dem woͤrtgen: und. Zweydeutig wuͤrde es klingen, wann ich fuͤrstellen wolte: Den wind der gelehrten, den Theologischen Krebs (Ephes. 6. v. 14.) 2. Tim. 2. v. 17.) Eins muß aus dem andern zufliessen scheinen. Also kan ich nicht errathen, was iener fuͤr ein thema naturale muͤsse gehabt haben, der da fuͤr- gestellet: Das geistliche Großbrittannien, und zwar erstlich, das irdische Jrrland, zum andern, das hoͤllische Schottland, zum drit- ten das himlische Engelland. Ein ander stel- lete bey einer hochzeit, da der Braͤutigam 60. die braut 52 iahr alt war, das paradies der lie- be, fuͤr, ein ander: den Caffe der liebe, und was machen Venus und Cupido bey hochzeiten die musen bey gluͤckwuͤnschen, der todt bey leichen, die jahrgaͤnge bey predigten, die eigenliebe bey buͤchern und disputationibus ꝛc. nicht zuweilen fuͤr weithergeholte themata, da alles bey den haaren zusammen gezogen und gezwungen wird. conf. Menckens charlatanerie der ge- lehrten von buͤchertituln. p. 33. Z. e. Die verhaste eigenliebe, zeuget von ei- nen gantz andern affect als: Die rechtmaͤßige, oder lobenswuͤrdige eigenliebe. Ferner: die zwar nicht verdiente aber doch erlangte huͤl- fe, oder: die erbetene huͤlffe, klingt weit ange- nehmer, als: die von GOtt erbettelte huͤlffe. C 4 Und von der erfindung. Und aus diesen beyden: der betruͤbte unter- gang der landes-sonne und: der leider ins graß beissende fuͤrst, wird ein ieder die erste wehlen. Z. e. das geistliche stoß die magd: Das grosse gelaͤute bey dem grabe Christi uñ zwar erstlich die himlische schloßglocke 2.) die grosse stadtglo- cke 3.) die kleine dorf glocke: Die Oesierreichi- sche lerche: Die butter des verstandes: Der wohlerlaubte selbst mord: Des h. Roͤm. Reichs schweinkofen Bayern: Des h Roͤm Reichs sand-buͤchse die Marck Brandenburg: Aus- putzer aller geelschnaͤbel: Die eichene keule der standhaftigkeit: Die cedern der demuth: Die in alle winckel schimmernde ceder: Die nach dem adler reisende sonne: Der laster- weg und tugend-steg: Das mit dem himmel verwechselte welt-getuͤmmel: Das himmel- suͤß erquickende Jesus-bertz: Ariadneischer faden der goͤttlichen fuͤhrung: der pruͤgel des gebets ꝛc. §. 10. Jch koͤnte mehr anfuͤhren von erfin- dung der thematum, wann meine absicht waͤ- re aus der Oratorie einen pontem asinorum zu machen, daraus auch dieienigen, denen es an den hauptstuͤcken so zur wohlredenheit gehoͤren, fehlet, von sachen die sie nicht verstehen, viel erfindungen und worte machen lernten. Viel- leicht ist aber dieses die absicht derer, welche mit der arte Lulliana, der topica, der inuentione analogica, der cabbala, dem buchstaben spielen und dergleichen, wie iener Kaͤyser mit denen an den Brittannischen kuͤsten aufgeraften und in triumph gefuͤhrten mu- der gedancken. muschelschaalen ein grosses geraͤusch machen, oderdie lehr-begierigen auf ein pathetisches we- sen Oratorischen enthusiasmum und andere staffeln zur waͤscherey und narrheit verweisen. Von dieser siehe Morhoffs Polyh. Lib. II. Cap. V. Tom. I. und Hederichs Philologische Wis- senschafften p. 382. Die gantze kunst bestehet in fuͤnf circuln, iedweder ist in neun theile, deren ieder einen gewissen terminum hat, eingetheilet und diese werden dann bey einem themate mit demselben und untereinander combiniret nach der regula combinatoria. Nach dem Hederich ist der erste, circulus subiectorum und hat folgen- de terminos: Deus, spiritus, corpus, homo, sen- sitiuum, vegetatiuum, instrumentale, possessiones, actiones. Der andere: circulus praedicatorum absolutorum mit folgenden terminis: Bonitas duratio, capacitas, forma, localitas, motus, poten- tia, principium, quantitas: Der dritte: circulus praedicatorum respectiuorum, zeiget nachgesetz- te terminos: Differentia, concordantia, contra- rietas, ordo, aequalitas, inaequalitas, figura, signum, relatio. Der vierdte giebt als der circulus ne- gatiuorum diese: Annihilatio, diuersitas, impo- potentia, contradictoria, malitas, nihil, priuatio, remotio, falsitas. Der fuͤnffte: circulus quae- stionum fuͤhrt diese: An? quid? cur? ex quo? quantum? quale? quando? vbi? quonam? Diese ist unter ietzterzehleten doch noch das beste deswegen auch alle rhetores darauf fallen, sie giebt doch noch gelegenheit an die hand an das wesen der sache selbst zu gedencken. Aber die- ses ist es auch alles was von ihr kan erwartet werden. Wer also die sache nicht versteht, fuͤr dem sind alle loci topici leere faͤcher, siehe l’art de parler in einem besondern cap. reflexions sur C 5 les von der erfindung les lieux communs. Obseruat. Hallenses Tom. I. Obs. 17. Auctorem artis cogitandi. Zugeschwei- gen daß sie auch anlaß giebt, die sachen zu con- fundiren, moͤglichkeiten fuͤr wahrheiten anzu- nehmen, wahrscheinlichkeiten fuͤr unstreitig, und sich gar leicht ridicul zu macheu. S. von den locis topicis Hederich l. c. p. 342. Ridigeri S. V. \& F. Lib. IIII. Cap. IIII. §. 6. sqq. Die loci topici sind folgende: A notatione, ab etymologia, a synonymia, \& homonymia, a coniugatis, a defi- nitione, a genere, a specie, a toto, a partibus, a caus- sa efficiente, a materia, a forma, a fine, ab effectu, a subiecto, ab adiuncto, a circumstantiis, a repu- gnantibus, a comparatis, ab exemplo, a testimonio. Siehe davon Hederich l. c. p. 391. und Mor- hoffs iudicium im Polyhistore l. IV. l. 18. Man nimmt nach dieser kunst, von einer so gleich in die sinne fallende sache, anlaß, bey dem obiecto davon man redet, etwas zu gedencken. Wenn man sie zu erfindung allerhand gleichnisse ge- brauchet, ist sie nicht gaͤntzlich zu verwerffen. Jch verstehe hierunter die kunst da man iedwe- den buchstaben im alphabet eine gewisse zahl be- deuten laͤsset, hernach einen nahmen, oder satz nach seinen buchstaben zusammenrechnet, und endlich eines andern satzes oder nahmens sum- me ebenfalls zusammen nimmt, beyde aber so lange zerret und zerstuͤmmelt, biß von beyden saͤ- tzen die summen einander gleich werden. Als man iuͤngst auf die bevorstehende niederkunft der Kaͤyserin cabbalirte und um die wette ei- nen Printzen prophezeyte, machte iemand fol- gendes: Qua Cabala quiuis ex quouis fingere quoduis, Et sibi pro lubitu dicere fata queat, Haccine pro certo promitti mascula proles Imperio possit Caesareoque throno? Oma- der gedancken. Omagnas nugas magnis conatibus actas! Quas puerum \& superent vtilitate nuces! Optetis stulti! speretis, Cetra tacete. Nam cabala haec fieri fabula forte potest. Dieses ist mancherley, z. e. durch versetzung in anagrammatibus als z. e. Calepinus, versetzt Pe- licanus, Leopoldus: Pello duos, siehe Morhoff Polyh. l. VII. III. 6. der Herr von Besser in sei- nen unvergleichen gedichten hat unter andern folgendes auf einen anagrammatisten: Was hat doch auf den Helicon, Ein anagrammatist davon, Daß er der woͤrter ordnung stoͤhret? Nichts dann daß er den kopf sich stoͤhrt, Und wie die woͤrter er verkehrt, So sein gehirn sich mit verkehret. Es gehoͤren hieher alle lusus verborum; der poeten technopaegnia; wenn man aus ieden buchstaben eines wortes ein besonders wort macht, z. e. iener sagte, er wolte ein frisch weib nehmen, das ist: fromm, reich, iung, schoͤn, christlich und haͤußlich; wenn man aus der gleichheit zweyer woͤrter gelegenheit zu reden nimmt, u. s. f. §. 11. Von der erfindung haben geschrie- ben Aristoteles, Cicero, Boëthius, Quinctilianus, Rud. Agricola, Petrus Ramus, Beccherus, Cardanus, Raymundus Lullus. Alstedius, Kir- cherus, Casp. Knittel, Eman. The- saurus, Janus Gerhardus Bucholdianus, Caecil. Frey, Jord. Brunus, Owe- nus Gunther, Val. Thilo, Nic. Caussi- nus, Cresollius, Vossius, Mase- nius, Keckermannus, Weisius, Fran- von der erfindung Franciscus Pomey, Erasmus, Balbinus, Radau, Vincentius Placcius, M. Dauid Vlmann, Ludov. Granatensis, Leibniz, Morhoffius, Hede ich, Wentzel \&c. Alle die gantze Rhetori- cken heraus gegeben haben, sind gleichfalls be- muͤhet gewesen, die lehre von der erfindung zum gebrauch zu aptiren, wiewohl nicht alle mit gleichen gluͤck. Man kan diese lesen, wenn man sonst will und musse hat, aber ich glaube so lange, daß man wenig nutzen davon haben werde, als es wahr ist, daß ein mit guten na- tuͤrlichen faͤhigkeiten begabter, durch eine rech- te Logick gebesserter, durch wissenschaften und erfahrung bereicherter verstand, die beste quelle guter erfindungen sey. Dessen VIII. libri topicorum und III. artis rhe- toricae sind bekannt S. Stollen II. II. 7. 8. und l. IIII. 10. not. q. Morhoff l. VI. l. 2. Von diesem gehoͤren hieher de inuentione Rhe- torica libri II. Topica ad C. Trebatium. S. Stol- len l IIII. 10. Morhoff l. VI. l. 9. l.IIII. XI. 7. Ci- ceronis Topica sind besonders cum notis variorum zu Paris 1542. 1547. 1557. u. 1567. in 4. mit Achillis Statii zu Loͤwen 1552. 8. und mit Ant. Goueani zu Paris 1545. 8. heraus kommen. Dieser hat IIII. buͤcher de differentiis topicis ge- schrieben, des Aristotelis ins Lateinische uͤber- setzt, und uͤber des Ciceronis in VI. buͤchern com- mentiret siehe Morhoff Polyh. II. l. XI. 1. He- derichs Philologische wissenschaften, p. 340. Jch meine seine Institutiones oratorias welche mit des andern Quinctiliani declamationibus heraus kommen Lugduni 8. 1549. S. Stollen l. IIII. 10. Morhoff l. IIII. XIII. 3. c ) der gedancken. Hat de inuentione dialectica geschrieben, davon s. Morhoff Polyh. II. I. XII. 1. II. V. I. 4. ist zu Coͤlln 1579. 8. edirt. s. auch Stollen I. IIII. 13. und von ihm allegirten Reimmann. III. p. 380. S. Stollen Einl. zur hist dergel. II. II. 20. der in fuͤrhergehenden und folgenden §. mehrere sa- chen vom Ramo angemerckt. Morhoff Polyh II. I. XII. 1. Ramus beschreibt die dialectic als eine artem disserendi und theilet sie in inuentio- nem \& iudicium, hat auch die 4 genera caussarum recht im schwang gebracht. Von Beccheri nouo organo pro verborum copia in quauis materia ex pedite acquirenda, S. Mor- hoff Polyh. l. II. IIII. 32. der es auch zur inuenti- one rerum dienlich haͤlt. Sein leben steht, nebst dem catalogo seiner schrifften, vor seiner naͤrri- schen weißbeit- und weisen narrheit, welche hl. Reimmann wieder herausgegeben. Jnglei- chen in eben hl. Reimmans Einl. zur histor. litt. der Teutschen III. p. 536. Warum ich diesen hier anfuͤhre S. in Morhoffs Polyh. l. II. V. 2. Es scheinet als ob er b bie fuͤr- treflichkeit der Logick in der erfindung, wohl ein- gesehen. Jm 10ten tomo seiner wercke steht ein tractat: de inuentione. Raymundi Lulli ars magna \& parua inuentiua nebst andern seinen we r cken, ist zu Straßburg m i t Jordani Bruni, Agrippae, und Valerii de Va- leriis anmerckungen heraus kommen 1617. 8. Siehe oben §. 10. not. a. Von Alstedii claue artis Lullianae so 1610. 8. zu Straßburg edirt s. Morhoff Polyh. I. II. V. 40. 55. Kircheri ars magna sciendi s. combinatoria 1669. fol. Amsterdam Morhoff l. c. 41. Knittelii via regia ad omnesscientias Prage 1682. 8. Morhoff. l. c. 43. o ) Von von der erfindung Von dessen indice categorico und canocchiale Ari- stotelico S. Morhoff l. c. 3. 46. l. VI. III. 10. Libros III. de amplificationibus \& inuentionibus Gerh. Bucholdiani, Lugd. Gall. 4. 1533. allegiret Morhoff. II. V. I. 4. In via ad scientias, linguas, sermones extempora- neos noua \& expeditissima, Paris. Jenae \& Arnsta- diae recusa 1674. 12. Morhoff. I. II. V. 51. I. VI. I. 18. Liber de progressu \& lampade venatoria Logico- rum. 1587. editus. Morhoff. l. c. 29. Hernach artificium perorandi a Jordano Bruno. Nolano Italo, traditum siehe ibid. 54. Hat heraus gegeben Methodorum tractatus duos continentes totius artis Logicae medullam, faculta- tem omnium scientiarum ac demonstrationum principia inueniendi diiudicandique rationem Helmstadii. 1586. 8. Idem 1. II. VII. 4. Dessen Topologiam Oratoriam fuͤhrt Morhoff an l. VI. I. 16. von seinen panegyricis und an- dern sachen trifft man eben daselbst und Cap. III. 6. einige nachricht an. Nic. Caussini XVI. buͤcher de eloquentia sacra \& profana sind zu Coͤlln 1681. 4. herauskommen, auch zu Pariß. 1643 4. Morhoff l. VI. 117. Vom Lud. Cressollio gehoͤrt hieher sein Theatrum Rhetorum 1620. zu Pariß in 8 gedruckt. ibid. 7. Gerh. Jo. Vossium erhebt Morhoff sehr, ibid. 22. hier sind seine Institutiones oratoriae zu ruͤhmen so zu Leyden 1643. 4. am besten, 1608. 8. am er- sten, ediret. Jacobi Masenii Palaestra oratoriae Colon. 1659. 1707. 8. Morhoff. l. c. 17. Keckermanni Systema Rhetoricae Hanau 1608. Weisens institutiones oratoriae Leipzig. 1702. 8. siehe von ihm oben die vorber. §. 22. Seine gantze Logick zeigt fast nichts als die application der der gedancken. der Topic in der Oratorie, und alle seine nach- folger loben die Topic. Fr. Pomey Candidatus Rhetorices ist edirt Lyon 1706. in 12. Morhoff l c. 18. Er hat sonderlich inuentionem analogicam abgehandelt. Erasmus de copia verborum \& rerum ist bekannt. Morhoff. l. c. 21. Balbini breuis tractatio de amplificatione oratoria. Wuͤrtzburg 1688. 12. Radau Orator extemporaneus 12. S. Reimmanns Einl. III. p. 386. Morhoff. l. c. 18. Vincentii Placci accessiones Rhetoricas artis Ari- stotelicae vna cum promtuario tripliei inuentionis Enthymematicae Affectuosae \& Moratae 1695. Hamb u rg vid. Reimmanns-Einl. III p. 381. M. David Vhlmanni Rhetorica sacra \& profana 1675. Franckfurt am Mayn 12. Idem III. p. 383. Morhoff l. VI. IIII. 25. erwehnt seiner siluae lo- corum communum in concionibus. Lugd. 1582. 8. Dessen artem combinatoriam 1666. Lipsiae 4. edi- tam lobt Morhoff. l. II. V. 61. Dieser hat nicht nur von ietztbekannten einige nachricht sondern auch selbst in seinem Polyhistore vielfaͤltig zur inuentione anweisung gegeben. Jnsonderheit im Tom. I. Cap. VI. VII. und al- len folgenden. Jn seinen Philologischen wissenschaften parte II. Cap. I. und II. Jch dencke wer diesen und Morhoffs Polyhistorem hat, kan der uͤbrigen al- le wohlentbehren. Dessen Historischen redner, welcher 1711. 8. Leipzig ediret, habe ich nicht vergessen wollen, weil er sich bemuͤhet zu zeigen wie man die Histo- rie als einen quell der erfindung nutzen koͤnne. Ubrigens wird man mehr auctores beym Mor- hoff antreffen koͤnnen, meine absicht ist nicht ge- wesen, sie alle, und in einer vollkommenen stel- lung anzufuͤhren. Das von der erfindung Das andere capitel, von der erfindung der argumentorum uͤberhaupt. Jnhalt. W As in der Oratorie ein argumentum sey? §. 1. Ob ein argumentum in der Oratorie unterschie- den von einem argumento logico, und worinn? §. 2. Wie vielerley die argumenta? §. 3. Aus was fuͤr quellen dieselbe zu nehmen? §. 4. Was die klugheit bey erfindung der argumentorum erfordere? §. 5. Wie und in was fuͤr ordnung sie anzubringen uͤber- haupt? §. 6. Was realia seyn? §. 7. Wie man sich einen vorrath von allerhand fontibus zu argu- mentis anschaffen koͤnne und von excerptis? §. 8. Von der fertigkeit allezeit argumenta zu haben, und nichts ohne raison zu sagen. §. 9. §. 1. W Enn der redner festgesetzet, wovon er reden wolle, so muß er auch darauf bedacht seyn, wie er von der sache re- den wolle, dabey muß er auf alles gedencken, was seinen endzweck befoͤrdern kan, hingegen sich bemuͤhen dasienige aus dem wege zu raͤu- men, was ihm daran hinderlich ist, und alles was er zu dem ende beybringt, heisset man in der Oratorie ein argumentum. §. 2. Weil nun durch dasienige was man seinen endzweck zu erhalten beybringt, das the- ma zugleich erweitert wird, so nennt man auch die argumenta oratoria, amplificationes. Und da dem redner freystehet, im nothfall, nach den der argumentorum. den regeln der klugheit, allerhand beyzubrin- gen, was zur erhaltung seines endzwecks dien- lich, so duͤrffen auch seine argumenta nicht eben allezeit nach der Logicalischen schaͤrffe einge- richtet seyn. Denn in der Logick heist man das ein argument, womit man etwas entweder auf eine unstreitige oder wahrscheinliche art be- weiset, und hierinn unterscheiden sich die argu- menta Logica von denen Oratoriis. Siehe hievon Ridigeri S. V. \& F. Lib. IIII. Cap. IIII. §. 23 sqq. Diesen muß man fuͤr allen an- dern bey diesen und dem folgenden capitel nach- lesen. § 3. Dieser argumentorum zehlet man sonst eine grosse menge, man hat argumenta realia und personalia, die realia theilet man in do- centia und persuadentia, die personalia in con- ciliantia und commouentia. Zu den docen- tibus rechnet man explicantia, probantia, il- lustrantia, applicantia und so fort an. Al- lein mir duͤnckt man koͤnne sie am fuͤglichsten zu diesen dreyen arten zehlen, wenn man die argu- menta eintheilet in probantia, illustrantia und pathetica. So werden sie vom Herrn Huͤbner angefuͤhret in seinen Oratorischen fragen. Hier muß ich Herrn Joh. Daniels Longolii Phil. und Med. Doctoris gedencken, und seiner einleitung zu gruͤndlicher erkaͤnntniß einer ieden insonder- heit der Teutschen sprache, der man sich zu accurater untersuchung ieder sprache, und besitzung eine r untadelhaften beredsamkeit in gebundenen uñ ungebundenen reden, wie auch D beson- von der erfindung besonders in Teutschen fuͤr allerley condition alter und geschlechte zu einem deutlichen und nuͤtzlichen begrif der mutter sprache bedienen kan, Budissin 1715. 8. Dieser verwirft p. 25 3. alle diese eintheilungen und p. 260. die syllogismos. Dagegen giebt er p. 175. folgende locos topicos an, welche ich im vorigen capitel anzufuͤhren vergessen: 1.) locum notationis, 2.) existentiae, 3.) essentiae, 4.) compositionis, 5.) familiae, 6.) qualitatis, 7.) conditionis, S.) respectus, 9.) fati, 10.) testimonii, 11.) comparationis, 12.) definitio- nis, 13.) diuisionis, 14.) vsus, 15.) incommodi. Und pag. 231. setzet er als fontes zu unstreitigen beweiß-gruͤnden 1.) Locum notationis 2.) exi- stentiae, 3.) essentiae, 4.) diuisionis, 5.) compo- sitionis, 6.) rationis, 7.) conuenientiae, 8.) discon- uenientiae. Es kommen nicht unebene einfaͤlle in diesem buche fuͤr, doch wird man leicht sehen, daß ich ihm, mit recht, nicht gefolget. Der grund dieser eintheilung ist dieser: Alle ge- dancken, damit der redner seinen endzweck zu erhalten sucht, (nemlich in andern eben die ge- dancken und regungen zu erwecken, die er ihnen beybringen will, s. die vorber. §. 1. 2. 3.) sind entweder auf den unterricht und besserung des verstandes oder einrichtung des willens gerich- tet, ienes sind argumenta theoretica, dieses practica oder pathetica, der ersten koͤnnen nicht mehr als zweyerley arten seyn, die eine welche die sache beweiset, das sind argumenta proban- tia, die andere welche sie erlaͤutert, das sind il- lustrantia. Jm uͤbrigen lasse ich ieden die frey- heit mehr und weniger zu glauben als ich, hoffe aber auch man werde mir gleiches gluͤck ange- deihen lassen, und deßwegen nicht eben scheel sehen. §. 4. An argumentis kan es dem redner nie- der argumentorum. niemahls fehlen, wann er eine gute Logick inne hat, die sache davon er reden soll versteht oder die disciplin dahin dieselbe gehoͤret, durch lectur und erfahrung einen guten schatz gesam̃- let, und endlich die regeln einer vernuͤnftigen Moral anzubringen weiß. Und diese an- gefuͤhrte dinge sind die allgemeinen fontes woraus alle argumenta fliessen. Die Logick ist das noͤthigste instrument eines redners benebst der Moral, aus denen discipli- nen holt man hauptsaͤchlich argumenta pro- bantia, aus der lectur und erfahrung illustran- tia, die Moral giebt fuͤrnemlich pathetica an die hand. §. 5. Wenn man nun aus diesen fontibus argumenta nehmen will, so muß man zuvor die sache davon man redet und die beschaffen- heit seines auditoris in betrachtung ziehen. Bey abstracten sachen muß ich mehr die disci- plinen, bey sinnlichen wahrheiten mehr die er- fahrung consuliren. Bey einem zuhoͤrer der in ansehung der sache, die ich ihm fuͤrtrage in- different ist, kan ich der naturder sache nach- gehen, wo nicht, muß ich sehn ob er vermoͤgend, sich durch gruͤndliche raisons uͤberzeugen zu las- sen, oder ob er durch seinen eignen affect, schwaͤche des verstandes, oder des willens ein- zunehmen. Uberhaupt muß man die fon- tes und argumenta nicht miteinander vermi- schen, und sonst gedencken, daß es mehr auf die wichtigkeit und nachdruck der argumento- rum, als auf die menge derselben ankomme. B 2 a ) von der erfindung Z. e. Wann die sache davon ich rede den willen angeht, da ist es alles in wind geredt, wannich mich nur bey trockenen demonstrationibus auf halte. Und hingegen, wann sie bloß auf specu- lationibus beruhet, da komme ich mit argumen- tis patheticis blind. Also wann ich ein kind das zum spielen neigung truͤge, davon abziehen wolte, wuͤrde es laͤcherlich seyn, wann ich mich bloß bey theoretischen fuͤrstellungen aufhielte, und wann der bauer den decem abtragen soll, da suche ich vergeblich die argumenta aus der concordantz. Denn in ienem fall, ist ein pruͤgel und gut exempel, und in diesem der schuld thurm das treflichste argument. Hin- gegen wenn iemand wolte das tausendiaͤhrige reich beweisen, oder mir sagen, was eine sonnen- finsterniß waͤre, und kaͤme mit argumentis pa- theticis mit predigen und exclamationibus auf- gezogen, da wuͤrde er sich treflich prostituiren. Eben so, wenn iemand von der aufferstehung der todten reden wolte, und suchte seine argu- menta aus dem Terentio, oder wolte aus dem Euclide demonstriren daß 1. mahl 1. nicht mehr als 1. waͤre. Oder es wolte einer einen armen bauer zur freygebigkeit, einen unvernuͤnfftigen menschen zu beobachtung einer wahren freund- schafft, ꝛc. vermahnen, oder einem schneider von der quadratura circuli, einem staats-manne von der vierdten figur in der syllogistic, einem poeten von dem nutzen der Algebra in der reim- kunst ꝛc. viel fuͤrschwatzen. Kurtz ich muß wissen, ob es mehr auf probantia oder illustran- tia oder pathetica bey der sache ankomme, ehe ich mich nach argumentis umthue. Z. e. ich wolte einem darthun, daß die erde sich um die sonne bewegte, so muͤste ich die Astrono- mie herfuͤr kriegen. Wolte ich beweisen ein ver- liebter studente habe keine courage, und keine lust der argumentorum. lust zum studiren, so duͤrffte ich nur die taͤgliche erfahrung zu rathe ziehen. Wann der so mich hoͤret aus einer heimlichen ursach uͤbel gegen mir disponiret ist, kommt ihm alles was ich sage, ungereimt fuͤr, da darf ich gewiß nicht reden wie ich will. Wenn ich ihm nun aus guter meinung wozu rathen wolte, so sage ich ihm auch wohl er solle das contrarium thun, also koͤm̃t ihm mein rath ungereimt fuͤr und er resolviret sich das zu thun, was ich just inten- direte. Einem vernuͤnfftigem honnetten men- schen, mag ich frey sagen, was ich gedencke, ei- nen unvernuͤnfftigen muß ich sehr menagiren, zumahl wann er verschlagen ist, einen dummen und boßhafften muß ich ebenfalls nach seinem genie tractiren. Der Dauphin paßirte einstens Diion in Bour- gogne, und da ers uͤbel nahm daß man nicht die stuͤcke geloͤset, auch deßwegen dem Commendan- ten ein uͤbel gesichte machte, so sagte dieser, wie er wohl zwantzig ursachen haͤtte warum solches nicht geschehen. Die erste waͤre, weil sie der- mahlen keine stuͤcken haͤtten. O sagte hierauf der Dauphin, die uͤbrigen 19 raisons will ich euch schencken, bey so bestallten sachen. So kommt es mir mit denenjenigen fuͤr, welche da sie nicht vermoͤgend die rechten gruͤnde zu tref- fen, dafuͤr halten es komme auf die menge der argumentorum an. §. 5. Nach beschaffenheit der sache und des zuhoͤrers, muß auch die ordnung derer argu- mentorum eingerichtet werden, dahero es nicht eben allemahl rathsam die staͤrcksten oder die schwaͤchsten voranzusetzen. Soll die sache be- wiesen werden, faͤngt man von probantibus an, soll sie deutlich gemacht werden, muͤssen D 3 illu- von der erfindung illustrantia die fuͤrnehmsten seyn, soll sie in die uͤbung gebracht werden, muß man zufoͤrderst pathetica gebrauchen. Doch muͤssen alle diese nach der capacitaͤt des zuhoͤrers ordentlich und deutlich angebracht werden, und es ist zuweilen noͤthig, ehe man sie beybringt, das gemuͤth des zuhoͤrers zu tingiren, damit sie nicht fruchtloß abgehen Z. e. so machte es Nathan bey David Eleasar beym Laban, Cicero pro Deiotaro, pro M. Mar- cello und anderwerts. §. 7. Man ist sonst bemuͤhet gewesen, so ge- nannte realia in seinen reden anzubringen, man hat aber nicht allezeit den rechten begrif von solchen realibus. Vor diesen hielte man exempla und testimonia auch wohl emblemata, similia, medaillen, ꝛc. fuͤr realia. Heut zu tage hat sich der geschmack geaͤndert, und man glaubt, daß das reelle einer rede, in einem gruͤndlichen und nach der klugheit angebrach- ten raisonnement bestehe. §.8. Wer gute natuͤrliche faͤhigkeiten durch unterricht, nachsinnen, lectur, erfahrung und uͤbung gebessert und vollkommen gemacht, der wird alle universelle sontes argumenta zu fin- den bey sich haben. Da aber das gedaͤchtniß bey allen diesem ein guter promus condus seyn muß, so sucht man diesem durch gute excerpta zu statten zu kommen. Diesemnach haben excerpta allerdings grossen nutzen, allein man muß nicht meinen, daß es bloß und lediglich darauf ankomme. a ) Mor- der argumentorum. Morhoff hat in seinem Polyhistore vieles von excerptis, ingleichen von der einrichtung der- selben und von auctoribus so davon geschrieben angefuͤhret. Hl. Hoͤbner hat in seinen Orato- rischen fragen auch zum excerpiren einen fuͤr- schlag gethan. Mir gefaͤllt diese methode: man laͤst ein buch oder etliche papier einbinden, so daß man immer mehr und mehr daran heften kan, voran setzt man ein vollstaͤndiges register, so auf bequeme art eingerichtet, und da man immer mehr zuschreiben kan nach gelegenheit, hernach paginiret man sein buch, laͤst auf beyden seiten einen maͤßigen rand, schreibt auf der einen seite kurtz die contenta auf der andern, die zeit wenn man das excerptum eingetragen und den ort wo es geschehen. Lieset man nun etwas in einem auctore, so schreibt man kurtz den nahmen des auctoris, des buchs, wo und wenn es heraus kommen anch wohl kurtz die contenta des buchs, und grosser leute iudicia davon. Darunter kommen die excerpta selbst. Hat man fuͤr sich gute einfaͤlle, die man gerne behalten will, so schreibt man solche ebenfalls ein, ingleichen was man hie und da besonderes hoͤret. Die no- mina propria traͤgt man a part in das register, und so bekomt man mit der zeit ein excerpten buch, das man gewiß in allen wissenschafften nutzen kan, dabey man auch zugleich den fort- gang und eine historie seines fleisses siehet. Ubrigens muß man allezeit gedencken, man ex- cerpire, damit man seine excerpta nuͤtzen moͤge, man lebe aber nicht deswegen, daß man immer nur excerpiren muͤsse. Findet man eine beque- mere methode zum excerpiren, so bediene man sich derselben, und dencke daß eine methode sich nicht fuͤr alle leute schicke, sondern ieder nach sei- nem eignen begriff ihm die sache am leichtesten machen koͤnne. D 4 §. 9. von den beweiß-gruͤnden §.9. Damit man aber allezeit argumenta in bereitschaft und auch die fontes und die ex- cerpta, welche man sich angeschaft gluͤcklich treffe und parat habe, so muß man seinen ver- stand bey allen was man siehet, erfaͤhret, hoͤ- ret, lieset, excerpiret und empfindet, also gewoͤh- nen, daß er allezeit nachdencke, wie man es nutzen und wieder an den mann bringen koͤnne. Jm uͤbrigen muß man nichts thun und nichts reden, wovon man nicht wenigstens allezeit zweyerley raisons anzugeben wisse, eine wahr- haftige und eine schein-raison. Jch glau- be nicht, daß es einem auf die weise, an ar- gumentis fehlen koͤnne. Aus dieser haben die rhetores gar eine figur ge- macht, die heist: Color, und nennen sie eine wahrscheinliche ursache, welches gewiß zu viel ehre fuͤr solchen Oratorischen wind ist. Das dritte capitel, von den beweiß-gruͤnden, und dersel- ben erfindung. Jnhalt. W as eigentlich beweißgruͤnde seyn? §.1. Wie vie- lerley dieselben? §.2. Von den unstreitigen beweiß gruͤnden? §. 3. Wie vielerley dieselben? § 4. Beweißgruͤnde fuͤr die moͤglichkeit, §. 5. Fuͤr die sinnlichen unstreitigen wahrheiten, §. 6. Fuͤr die abstracten unstreitigen wahrheiten, § 7. Wo die- selben herzunchmen? §. 8. Wie dieselben einzurich- ten und anzubringen? § 9. Von denen beweißgruͤn- den fuͤr die wahrscheinlichkeit, §. 10. Wie vielerley die- und derselben erfindung. dieselben? §. 11. Beweißgruͤnde fuͤr die Historische wahrscheinlichkeit, §. 12. Fuͤr die Physicalische wahrscheinlichkeit, §. 13. Fuͤr die Moralische wahrscheinlichkeit, §. 14. Fuͤr die wahrscheinlich- keit der zukuͤnfftigen dinge, § 15. Fuͤr die wahr- scheinlichkeit im auslegen, §. 16. Wie solche argu- menta zu erfinden und anzubringen? §. 17. Von den beweißgruͤnden in der Philosophie, §. 18. The, ologie, §. 19. Jurisprudentz, § 20. Medicin, §. 21. Mathematick, §. 22. Jm gemeinen leben, §. 23. Von der krafft dieser beweißgruͤnde, §. 24. Von de- nen eigentlich so genannten Oratorischen beweiß- gruͤnden oder vom fuco oratorio, §. 25. Von testi- moniis. § 26. Von apophthegmatibus, prouerbiis, sententiis, §. 27. Von exemplis, fictionibus, §. 28. Von similibus, emblematibus, comparatis ꝛc. §. 29. Von medaillen, wapen, inscriptionibus, epitaphiis, ꝛc. §. 30. Von der benennung, ety mologie, antiphrasi, tropo, allegorie. ꝛc. §. 31. Von den argumentis ab insinuatione, meditatione, consectar u s, loco communi, argutiis ꝛc. §. 32. Wie man solche geschickt gebrau- chen koͤnne? §. 33. Wenn noͤthig sey zu beweisen daß die gegenseitige meinung irrig? oder vom argu- men to a contrario, §. 34. Was man dazu fuͤr be- weißgruͤnde habe, § 35. Wie man sich in anwen- dung derselben aufzufuͤhren. §. 36. Was dem iusto, honesto, §. 37. Und den regeln der klugheit gemaͤß bey den beweißgruͤnden, §. 38. Die beweißgrunde sind nicht mit einander ohne noth zu verwechseln. §. 39. §. 1. E Jn argumentum probans oder beweiß- grund ist ein richtiger schluß, wodurch ich die wahrheit eines satzes, aus seinen gehoͤrigen gruͤnden darthue, um den menschli- chen verstand gruͤndlich davon zu uͤberzeugen. D 5 a ) Bey von den beweiß-gruͤnden Bey diesem und den folgenden capitel recom- mendire ich zum nachlesen Hederichs Anleit. zu den Philologischen wissenschafften P. II. nach der Rbetorick: Hln. Langens Oratorie P. I. Cap. 1. biß 10. welche die sache nicht nach den ge- meinen schlendrian obenhin abhandeln. §. 2. Da alle wahrheit entweder unstrei- tig oder wahrscheinlich ist, so muͤssen auch die schluͤsse, wodurch ich die wahrheit meines obie- cti beweisen will, anders beschaffen seyn, bey denen unstreitigen, und anders bey denen wahrscheinlichen wahrheiten. Also hat man zweyerley argumenta probantia uͤberhaupt, demonstratiua und probabilia. §. 3. Unstreitige beweiß-gruͤnde sind solche argumenta, welche den sich selbst gelassenen verstand, also von der wahrheit einer sache uͤberzeugen, daß er ihm solche nicht anders fuͤr- stellen, und auch keinen zweiffel ferner dabey haben kan. §. 4. Und da die sinne der ursprung und kennzeichen aller wahrheiten sind, und ins be- sondere die unstreitigen wahrheiten, also aus denselben entspringen, daß sie entweder unmit- telbar oder mittelbarer weise mit denselben zusammen verknuͤpft sind, so hat man auch zweyerley arten von argumentis demonstra- tiuis, nemlich sensualia und abstracta. §. 5. Ehe eine sache als wahr behauptet wird, ist sie bloß moͤglich. Weil aber alles in der welt moͤglich, oder wenigstens von uns nicht fuͤr unmoͤglich kan ausgegeben werden, so und derselben erfindung. so hat man auch noch nichts bewiesen, wenn man nur die moͤglichkeit der sache dargethan hat. Folglich hat man sich um beweiß- gruͤnde fuͤr die moͤglichkeit nicht sonderlich zu bekuͤmmern. Wenn man aber doch die moͤg- lichkeit einer sache darthun wolte, so haͤtte man nur zu sehen, ob schon davon ein exempel fuͤr- handen, welches so dann die moͤglichkeit der sache sattsam beweisen wuͤrde. Waͤre kein exempel davon fuͤrhanden, so koͤnte man durch allerhand gleichnisse suchen die moͤglichkeit be- greiflich zu machen. Und endlich wird al- les moͤglich wann man zeiget, daß GOtt alles koͤnne wann er wolle, und daß kein menschli- cher verstand seine allmacht abmessen, noch seinen willen ergruͤnden koͤnne. Doch ist hier ein unterschied zu machen inter impossibilitatem hypotheticam \& absolutam in- gleichen inter possibilitatem hypotheticam \& ab- solutam ferner inter possibilitatem definitam \& indefinitam. S. Ridig. S. V. \& F. Lib. III. Cap. I. §. 36. Z. e. wann man sagt: Es koͤnne wohl einmahl ducaten regnen, so kan dieses niemand fuͤr absolut unmoͤglich ausgeben, aber wohl hy- pothetice, wann Gott nemlich nicht wolte, oder weil sich die ducaten muͤntzer nicht wohl in me- diam aëris regionem transportiren koͤnten, oder weil die lufft das gold nicht wie wasser in die hoͤhe bringen und wie die schneeflocken praͤgen koͤnte. Wenn iemand schon bewiesen haͤtte, daß er ei- nen schatz finden koͤnne, so wuͤrde ihm wohl niemand etwas darauf borgen. Wann ein an- der schon moͤglich gemacht, wie der donnerkeil gezeu- von den beweiß-gruͤnden, gezeuget werde, so folget deßwegen noch nicht daß es donnerkeile gaͤbe, und daß sie wahrhaf- tig so gezeuget wuͤrden. Also wann ich schon fuͤr moͤglich hielte, daß es hexen geben koͤnne, so glaubte ich deswegen nichtgleich, daß es wel- che gaͤbe, und daß diese oder iene frau eine hexe sey. Ob ich schon von iemand sage, daß er falsch seyn koͤnne, so folget daraus nicht daß ers wuͤrcklich sey und daß ich ihn wahrhaftig dafuͤr halte. Jst es moͤglich daß das eisen schwimmen kan? daß man gold machen koͤnne? Allerdings: von ienem ist ein exempel 2 B. der Koͤnige am 6. von diesem hat man sehr viele, davon die proben in der Kaͤyserl. Wiener. Florentinischen und an- dern kunst-kammern zeugen conf. Martin. Del. Rio Disq. Magic. lib. I. Cap. 4. Quaest. 14. Cardan. de subtilit. l. 6. Jo. Fr. Pic. Mirand. de auro lib. III. c. 2. Morhoff II. II. XXXVI. Z. e. wenn ich beweisen wolte, daß es moͤglich, daß die menschen koͤnten fliegen lernen, so sagte ich, wie es in denen Tyrolischen gebuͤrgen voͤgel gaͤbe, die ein schaf in der luft wegfuͤhren koͤnten, S. Bechers naͤrrische weißheit und weise narr- heit, oder wie iener schuͤler der elstern ausneh- men wollen, vom thurme herab geflogen, so sey es auch moͤglich, daß ein mensch fliegen koͤnte. Z. e. ob nicht Gott den gestrigen tag zum heu- tigen, factum infectum, ꝛc. machen koͤnne, kan ich nicht fuͤr absolut unmoͤglich ausgeben, weil ich der goͤttlichen allmacht keine graͤntzen setzen, auch nicht wissen kan, ob es GOtt nicht einmahl wol- len koͤnne. §. 6. Mit sinnlichen unstreitigen beweiß- gruͤnden, beweist man alle dieienigen dinge, welche unmittelbarer weise in die sinne fallen, und und derselben erfindung. und dabey man weiter nichts gebraucht, als nur diese unmittelbarer weise von den sinnen entstandene begriffe, mit geschickten worten auszudrucken. Hieraus koͤnte man zu einer rechten topic , den ersten locum uniuersalem machen, nemlich experientiam. Und weil entweder wir, oder andere, die wahrheit der dinge unmittelbar aus den sinnen empfunden, so bekommt man zweyerley sinnliche unstreiti- ge arten zu beweisen, nemlich experientiam pro- priam und experientiam alienam. Z. e. Es sey dieser satz: Leipzig ist ein recht sehr angenehmer o rt . So ist der beweiß: Man sehe nur die schoͤnen gebaͤude und gaͤr- ten, die angenehme lage, man hoͤre nur die fuͤr- treflichen Musicken man hat von allen orten der welt correspondence, immer was ne u e s , man komme nor in die G esellschaften, man las- se sich nur von denen schonen anstalten und ordnungen einige nachricht geben. Z e Jch haͤtte den satz: Wenn die menschen iemand lieben, so seben sie alle seine fehler als tugenden an, und wenn sie iemand bassen, so halten sie alles gute an ihm fuͤr schlimm: So koͤnte ihn leicht iedermann aus seiner eigenen erfah r ung beweisen. Spraͤche ich aber: Die tadelsucht ist ein schaͤdliches ding, so haͤtte ichs unstreitig bewiesen, wann ich hinzusetzte: Man frage nur Nasutum Mephistopholem, der kriegte seiner mocquer i e wegen in Dreßden brave ma n schellen. Oder es sagte iemand: Beym fechten komes nicht eben auf die groͤsse an, so duͤrffte er nur an statt des beweises, das experiment anfuͤhren, welches Goliath mit dem David in diesem stuͤck gemacht. §. 7. von den beweiß-gruͤnden, §. 7. Dieienigen saͤtze welche mittelbar aus denen finnen herkommen und unstreitig sind werden durch gelehrte begriffe bewiesen, nem- lich durch die definitiones und diuisiones, und durch den zusammenhang des subiecti und praedicati. Bey denen definitionibus hat man auf das genus und differentiam, bey dem subiecto und dem praedicato, auf die propria conceptus inferiores und supe- riores und opposita, in der Moralins- besondere auf den endzweck und die verhaͤltniß der mittel zu denselben, in der Physic auf die ursachen deroselben verhaͤltniß zu den wuͤrckungen, fleissig zu sehen. Die rechte kraft aber der hierausgezogenen schluͤsse, wird man sich am allerbesten aus der Logick selbst bekannt machen muͤssen. Z. e. Thesis: die Logick ist eine nuͤtzliche wis- senschafft: Probatio a definitione: Denn sie ist eine practische disciplin, welche regeln giebt die wahrheit uͤberhaupt zu erkennen und den menschlichen verstand zuverbessern, damit man sich fuͤrirthuͤmer und vorurtheilen huͤ- ten moͤge. a Diuisione: Denn ich mag wahrheiten erfin- den oder beurtheilen vollen, so muß ich dazu die Logick brauchen. a Connexione subiecti \& prædicati: Denn alles was ich in der Logick finde, kan ich wieder nutzen und solte das nicht eine nuͤtzliche wissenschafft seyn davon man so handgreif- lichen und grossen nutzen hat. a Genere: Denn alle practische disciplinen sind ohnstreitig nuͤtzlich. c) a und derselben erfindung. a Differentia Denn was mir regeln giebt, die wahrbeit uͤberhaupt zu erkennen/ und die kraͤffte des menschlichen verstandes zu ver- bessern, ist ja wahrhafftig von ungemeinen nutzen. a Proprio subiecti: Denn sie ist ia der schluͤssel zu allen andern wissenschafften. A proprio praedicati: und es kan ihr niemand ohne den groͤsten schaden entbehren. a Conceptibus inferioribus oder a specie; Denn sie lehret mir unstreitige und wahrscheinliche wah r heiten recht zu tractiren, wahrheiten zu erfinden und zu beurtheilen, gute definitio- nes und buͤndige schluͤsse zu machen, eine sache recht zu erkennen und die wahrheit der selben recht fuͤrzutragen darzuthun und zu verthei- digen ꝛc. oder: ich kan sie in der Theologie, Jurisprudentz, Medicin ꝛc. unvergleichlich wohl gebrauchen. a Conceptibus superioribus oder a genere: Sie- he not. d: Denn sie ist eine disciplin, Das ist: eine gelehrte wissenschafft eine indicioͤse scharfsinnige erkaͤnntniß. ab opposito: Denn sie steuret der unwissen- heit, und wer wolte sagen daß sie eine unnuͤtze wissenschafft oder erfindung des teuffels waͤre. a Fine: Denn sie hat den endzweck unsern verstand von irthuͤmern und vorurtheilen zu befreyen, und hieru ist ausser der Logick kein bequemeres mittel. a Caussa: Denn sie ist eine frucht der gebesser- ten vernunfft, eine gabe Gottes; \& effectu: Denn sie ist ursach, daß man seinen verstand recht gebrauchen lernet, das haben die stiffter der schulen und universi t aͤ t en wohl einge- sehen, derwegen haben sie lehrer und Profes- sores der Logick bestellet, und man sehe doch ei- von den beweiß-gruͤnden, einen menschen der gar keine Logick versteht, was macht ein solcher nicht fuͤr alberne schluͤs- se und laͤppische glossen und wie martert er sich nicht eine sache und wissenschafft recht zu begreiffen. Es mag dieses statt eines exempels gut genung seyn, so man aus dem stegreiff gegeben. Es ist dabey nicht die meinung daß man alle solche be- weiß-gruͤnde bey einem satze nacheinander her- beten solle, sondern man siehet leicht, daß das argumentum probans a definitione der grund und mittelpunckt der uͤbrigen sey. §. 8. Die unstreitigen beweiß-gruͤnde bey den sinnlichen wahrheiten aus eigener erfah- rung, giebt uns unsre empfindung und erkaͤnnt- niß. Aus anderer leute erfahrung kan man beweiß-gruͤnde haben, wann man entweder ihre muͤndliche oder schriftliche erzehlungen sich bekannt macht, und sonst versichert ist, daß sie nicht aus einfalt sich selbst, aus boßheit andere zu betruͤgen bemuͤhet sind. Es muͤssen aber alle beweiß-gruͤnde aus der erfahrung, so ein- gerichtet seyn, daß entweder niemand da- ran zweiflen darf, oder daß iedermann die wahrheit derselben ohne weitlaͤuftigkeit selbst empfinden koͤnne. Die beweiß-gruͤnde zu den unstreitigen abstracten gelehrten wahr- heiten, geben uns quoad materiam die disci- plinen, quoad formam die Logick und eignes nachsinnen. . Hieraus siehet man, was man fuͤr sachen auf eine sinnliche unstreitige art beweisen koͤnne, und daß man sehr wenig sachen auf diese art unstreitig zu machen vermoͤgend sey. Al- les was wan eines beweises bedarff, ist ent- we- und derselben erfindung. weder historie oder raisonnement. Historie ist eine bemerckung desienigen, was unmittelbarer weise in die sinne faͤllt: Raisonnement ist eine gegeneinanderhaltung der gedancken, die man bey der historie hat. Daß ich hier von der hi- storie gedencke, so ist solche allezeit einerley, (ich nehme sie aber in den allerweitlaͤuftigsten ver- stande) und wann sie mir unmittelbar in die die sinne faͤllt, so ist sie mir unstreitig, wofern ich nur meine sinne recht dabey gebraucht ha- be. Hat ein ander diese sinnliche unmittel- bare erfahrung gemacht, so ist sie ihm un- streitig, nunmehro aber wie soll ich ihm meine historie und erfahrung, oder er mir die seinige unstreitig machen? Seine blosse erzehlung will es nicht ausmachen, also muß ich dabey versi- chert seyn, daß keine boßheit und einfalt ihn zu dieser erzehlung verleitet. Weil aber dieses schwer ist, so gleich zu beurtheilen, und wir es beyde einander nicht veruͤbeln koͤnnen, wann wir darinn zweiffelhafftig seyn, da die boßheit der leute groß ist, so sage ich letztlich, es muͤsse die sache auch so beschaffen seyn, daß iedermann die wah r heit derselben, ohne weitlaͤufftigkeit selbst empfinden und davon die historie vermittelst seiner eigenen sinne haben koͤnne. Kan dieses nicht geschehen, so wird auch die sache nimmer- mehr auf eine sinnliche art unstreitig werden, sondern da muß ich auf wahrscheinliche gruͤnde dencken, und wenn sich auch diese nachgehends nicht finden, so ist die gantze sache falsch. Diese anmerckung ist von grossen nutzen, und wird dawieder uͤberall vielfaͤltig verstossen, also will ich sie mit einigen exempeln erlaͤutern z. e. Jch sehe daß iemand ein sehr propres kleid traͤgt und vieles geld verthut, daß ein anderer im spielen filoutiret, daß ein andrer einen kuffer mit einem nachschluͤssel aussprenget die sachen E her- von den beweiß-gruͤnden. heraus nimt und heimlich weg traͤget, daß ein andrer in ein gewisses hauß ziehet, daß ein frauenzimmer im hembde des nachts zu ie- mand schleichet, sich zu ihm leget, wieder um aufstehet da der tag angebrochen und sich in ihr bette verfuͤget, auch im gesichte defiguree aussiehet, ich hoͤre, daß iemand ienen heßlich durchziehet, ꝛc. Alles dieses ist mir unstreitig, und wann ich es iemand erzehle, der uͤberzeuget ist daß ich weder aus einfalt noch boßheit ihm dergleichen fuͤrsage, dem wird es ebenfalls un- streitig, und wir halten es beyde fuͤr bewiesen, wann ich sage: ich habe diese facta gesehen und diese worte gehoͤret, auch meine sinne wie sichs gehoͤret dabey gebrauchet. Allein wenn iemand an meiner aufrichtigkeit besfalls zweiffelte e. g. der iudex, so muß ich ihn desfalls durch einen ieiblichen eyd auf erfodern versichern, oder es zweifelte iemand ob nicht einfalt und boßheit zu- gleich zu einer solchen erzeblung etwas beygetra- gen, so muß ich ihn dahin bringen, daß er selbst die historie unmittelbar begreiffen und also selbst die erfahrung machen koͤnne. Z. e. ich fuͤhre ihn in die gesellschafft des hln. mit den propren klei- de und lasse ihn selbst dessen auffuͤhrung betrach- ten, ich schaffe ihm gelegenheit daß er incognito den kuͤnstlichen spieler spielen siehet, ich lasse ihn selbsten observiren ob dieser nicht in das gewisse haus gezogen. Gesetzt, daß er den arbeiter bey dem kuffer, und den naͤchtlichen irrstern sehen oder den schelmischen kuckuck hoͤren koͤnne, sey alles so beschaffen daß ihm nicht angehen wolte, eigne erfahrung davon zu haben, ich moͤchte ihn fuͤhren wie ich wolte so folgte daraus nur so viel, daß die sache nicht unstreitig, inzwischen gehoͤret alles dieses zur historie und bleibt immer eins. Kommet man aber nun auf das raison- nement und derselben erfindung. nement, da zeiget sich eine schreckliche veraͤnde- rung. Dann dieses ist vielerley, nachdem ich die sache betrachte, im nachdencken angreiffe, dagegen gesinnet bin und so fort an, und hier ist es gar zu leichte, daß man fehle z. e. Daß dieser sich proper haͤlt, viel geld verthut, da denckt einer: Der kerl ist ein narre, der andre: Er ist ein raisonabler wackrer Herte er bezahlet brav. Der dritte: Es steckt was darhinter er hat vielleicht geheime raisons ꝛc. daß die- ser falsch spielet, dabey denckt iemand: Es ist eine wuͤrckung der klugheit des spielers, der andre: Er thuts aus malhonnetete, der dritte: Er thuts aus spaß ꝛc. bey dem an dem kuffer arbeitenden kan ich dencken: Es sey ein dieb, oder: Es sey iemand der seinen kuf- ferschluͤssel verlohren, und also durch einen nachschluͤssel sich helffen muͤsse, oder: Es sey iemand der befehl habe so zu verfahren ꝛc. Wie viel ursachen kan der nicht anfuͤhren der ein gewisses hauß bezogen, und wie viel dichten ihm nicht andere leute an? ꝛc. Kan nicht das frauenzimmer etwa ein mittel wieder die colic gesucht haben, kan sie nicht vielleicht sich verir- ret haben, kan sie nicht vielleicht stellatim gewe- sen seyn, auf iemand gelauschet haben, einmahl extra gegangen seyn ꝛc. Wolte ich nun mein raisonnement als einen grundsatz ansehen, und die historie als einen unstreitigen beweiß anfuͤh- ren, so haͤtte ich doch nichts unstreitig gemacht z. e. Jch kan nicht unstreitig sagen: Der kerl ist ein narre, weil er sich propre auffuͤhrt und geld verthut, ꝛc. Nun sehe man einmahl wie es in diesem stuͤck verkehrt im gemeinen lebet hergeht, wie die leute historie und raisonnement vermischen, das raisonnement ohne unterschied, mit der historie, die historie mit dem raisonne- E 2 ment von den beweiß-gruͤnden. ment blindlings beweisen wollen ꝛc. Mancher Theologus machte einen gern zum ketzer der nur zwey elementa glaubt, mancher Juriste machte einen wohl zum ehebrecher der einem maͤdgen auf die achsel klopfft, ein andrer schreibt es seinen verdiensten zu daß man ihn zeitig be- foͤdert, ein anderer klagt, man sehe auf keine merite, weil man ihn nicht zeitig genung wie er will, befoͤrdere, und alle irren gewaltig, wenn sie etwas unstreitiges gesagt zu haben, sich ein- bilden. Dannenhero siehet iedermann, wie viel dazu gehoͤre etwas unstreitig zu machen und wie noͤthig es sey, die hier angefuͤhrten cautelen zu beobachten, und wie sorgfaͤltig man auf eine gute einrichtung des raisonnement zu sehen. Die- ses letztere lehret uns die Logick, und wer diese nicht versteht, wird sein lebtage nicht versichert seyn koͤnnen, daß er ein richtiges raisonnement das zum beweißfuͤhren tuͤchtig angebracht habe. Spricht iemand, warum streiten aber die Logici selbst, wegen ihrer beweißgruͤnde und warum sind die gelehrten nicht gleich einerley meinung? so antworte ich: Eben deswegen, weil sie die regeln einer vernuͤnftigen Logick nicht recht ge- brauchen, zuweilen wohl gar nicht einmahl ver- stehen, und weil etliche sachen schlechterdings so beschaffen sind, daß kein menschliches raisonne- ment, es sey auch so solide es wolle, nicht hin- laͤnglich, alles dabey fuͤrfallendr recht ausein- ander zu lesen und auf die gehoͤrigen gruͤnde zu bauen. Es wird diese digreßion niemand zu- wieder seyn, da ich hier von erfindung der be- weißgruͤnde in dem gantzen inbegriff des mensch- lichen lebens rede, ich habe auch nur kurtz an- fuͤhren wollen, was dabey zu beobachten, sonst wuͤrde von dieser materie allein ein buch voll- gefuͤllet. b ) Z. e. und derselben erfindung. Z. e. ich wolte beweisen Wer den glauben nicht haͤtte an Christum, wuͤrde verdammt: oder vactio commissoria sey verhoten, so wuͤrde ich bey ienem die materialia in der Theologie, bey diesem im Jure suchen muͤssen, zu beyden aber waͤre mir die Logick, wann ich die argu- menta daraus suchen wolte, als ein werckzeug hoͤchstnoͤthig. §. 9. Alle diese unstreitige beweiß-gruͤnde. werden als unstreitige schluͤsse nach den regeln der Logick eingerichtet. Bey denen sinnlichen argumentis, darf ich nicht viel kuͤnsteln, sondern nur behutsamkeit und klugheit gebrauchen. Bey denen abstractis aber ist nur dieses zu mercken, daß ich sie weder in der genauen Lo- gicalischen ordnung, noch mit denen Logicali- schen kunst-woͤrtern anbringe, es muͤste dann seyn, daß es besonders von mir erfodert wuͤrde. Jedwede wissenschaft, iedwede kunst, ia iedwe- de lebens-art, hat ihre besondere kunst-woͤrter, also sehe ich nicht warum man sich uͤber die Lo- gicalischen terminos moquiret, und sich recht was darauf zu gute thut, wann man sie hoͤnisch durchziehet. S. Thomasium in der Einleitung zur vernunstlebre Cap. 4. Wer im gegentheil uͤberall mit quidquid, atqui, ergo, aufgezogen kommt, verdienet billich die censur angefuͤhrten Herrn Thomasii in der ausuͤbung der ver- nunft-lehre Cap. 2. §. 142. Z. e. ich habe fol- genden Satz: Ein guter freund dient mir von freyen stuͤcken und aus eignem trieb. Diesen werde ich am besten unstreitig beweisen, aus der beschreibung eines guten freundes, und also spreche ich: Denn ein guter freund ist ia ein E 3 sol- von den beweiß-gruͤnden, solcher mensch, welcher mit mir in der gemuͤths- vereinigung stehet, und mir alles zu erweisen bemuͤhet ist, was mir angenehm und nach denen gesetzen erlaubt ist. Daraus wuͤrde nach der Syllogistick folgendes argumentum: Maior: Wer mein guter freund ist siehet mit mir in der vereinigung des gemuͤths, und suchet mir alles zu er weisen, was mir angenehm und nach dem gesetzen erlaubt ist: Minor. Atqui daß mir iemand aus eignem trieb diene solches ist mir sehr angenehm und er- laubt: Conclusio: Ergo dienet mir ein guter freund von freyen stuͤcken und aus eignem trieb. Wann ich nun diesen schluß in solcher stellung uͤber- all anfuͤhren wolte, so wuͤrde ich vielleicht ridicul werden, also lasse ich die Logicalischen kunst-woͤr- ter weg, und binde mich eben nicht an die syllogi- stische ordnung, das ist, ich setze bald maiorem, bald minorem bald conclusionem voran, oder in die mitte, oder zu ende, z. e. Mir ist nichts angenehmers, als wann mir iemand aus eig- nem trieb nuͤtzliche dienste oder gefahigkeiten erzeiget, und ich finde auch nicht, daß dieses mit denen goͤttlichen und menschlichen rech- tem streite. Allein ich darf solches wohl von niemand anders als von einem guten freunde erwarten. Denn dieser ist ia ein hertz und seele in zweyen leibern, und ist alle augenblick bereit mir wahrhaftig angenehme, nuͤtzliche und erlaubte dienste zuerweisen. Z. e. in oͤffentlichen disputiren ist es eingefuͤh- ret. §. 10. Wahrscheinlich eine sache beweisen, heist die wahrheit derselben, aus der uͤberein- stimmung der dabey fuͤrhandenen sinnlichkei- ten und derselben erfindung. ten und umstaͤnde, unter sich und mit der hy- pothesi welche man erwehlet, darthun. Alle dieienigen wahrheiten, welche durch definitio- nes und unmittelbare begriffe nicht koͤnnen ausgemacht werden, muß man demnach uͤber- haupt also beweisen, daß man die davon fuͤr- handenen phaenomena und umstaͤnde oder sinnlichkeiten, mit der hypothefi, welche man angenommen, zusammen haͤlt, und derselben genaue verbindung fuͤr augen leget. Z. e. ich wolte beweisen: Daß das frauenzimmer, davon oben gedacht, wohl nicht stellgtim ge- gangen, oder: Daß iener wahrhaftig medisi- ret habe, oder: Daß einmabl ein kind im mut- terleibe concipiret, oder: Daß der spieler aus malhonnettere filoutiret habe, oder: Daß iener der so liederlich depensiret, wohl nicht der kluͤgste muͤsse gewesen seyn ꝛc. Da muͤste ich alle umstaͤnde zusammen in erwegung ziehen und zeigen wie schoͤn sie alle mit meinem satze zu- sammen hiengen. Doch ist zu mercken, daß bey allen wahrscheinlichkeiten, eine kleine ungewiß- heit bleibe, ob nicht etwan die sache anders seyn koͤnne. Jnzwischen ist man ia nicht zu schelten wenn man seinen verstand so gut und so weit brauchet als man kan, und der wird nicht viel im l'ombre gewinnen, der nur spielet wann er 5. matadors hat. Das menschliche leben aber ist ein spiel, da das wenigste unstreitig ist. §. 11. Wahrscheinliche argumenta theilen sich uͤberhaupt also ein, daß man entweder vergangene oder gegenwaͤrtige oder zukuͤnftige dinge beweiset. Und weil das gegenwaͤrtige nur in einem augenblick bestehet, bey dem vergan- E 4 genen von den beweiß-gruͤnden, genem unsere klugheit nichts mehr vermag, so begreift man beydes unter den nahmen der theoretischen wahrscheinlichkeit zusammen, hin- gegen die wahrscheinlichkeit wegen des zukuͤnf- tigen, wobey die klugheit am meisten geschaͤf- tig, heisset man die practische. Jene ist ent- weder Historisch oder Physicalisch oder Mo- ralisch wann sie auf sachen gehet, oder Herme- nevtisch wann sie mit worten und auslegen zu thun hat. Jch will hier einmahl fuͤr allemahl Herrn D. Ridi- gers Logicalische schriften angefuͤhret und re- commendiret haben, weil er die lehre von der wahrscheinlichkeit am vollkommensten und deutlichsten fuͤrgetragen. §. 12. Historiche sachen werden wahrschein- lich aus der uͤbereinstimmung und guͤltigkeit der davon fuͤrhandenen zeugnisse und zeugen. Hieher gehoͤren also alle geschehene dinge, und alle nachrichten, die wir andern von sinnlichen dingen geben, oder von ihnen bekommen. Die guͤltigsten zeugen sind, verstaͤndige leute, wel- che bey einer sache ihre sinne, augen, gegenwaͤr- tig gebrauchet: Hierauf folgen leute, welche zwar gegenwaͤrtig gewesen aber keine sonder- liche penetration haben: Ferner, welche es von denen die gegenwaͤrtig gewesen gehoͤret: Weiter, welche es von hoͤren sagen haben, aber zu der zeit zugleich gelebt haben: Die schlech- testen sind die es nachher bloß von hoͤren sagen erfahren. Jhre zeugnisse sind entweder ge- schriebene oder muͤndliche und bekommen von ihnen und derselben erfindung. ihnen den werth. Wenn man hier nun die un- terschiedenen gradus wohl erweget, die beschaf- fenheit der personen und sachen zu huͤlffe nim̃t, so kan man gnugsame argumenta einen histo- rischen satz zu beweisen anfuͤhren. Z. e. Jch solte beweisen: Daß Friedrich Barbarossa vom Pabst mit fuͤssen getreten: Oder daß die Johanna Papissa wuͤrcklich gewesen; Oder: Daß beydes eine fable sey: Oder: Daß es in Asien leute gegeben, die nur ein bein gehabt, und damit doch so geschwinde lauffen koͤnnen, als andere mit zwey beinen: Oder: Daß ie- mand ein uͤbles leben fuͤhre: Oder: Daß der schwan sich selbst zu grabe singe. §. 13. Bey Physicalischen dingen, suche ich aus denen phaenomenis oder natuͤrlichen wuͤrckungen und zufaͤllen, welche unmittelba- rer weise in die sinne fallen, die verborgenen ursachen und substantzen, wahrscheinlich zu machen. Und da muß unter der hypothesi und denen phaenomenis eine solche uͤberein- stimmung gewiesen werden, daß diese aus ie- ner ungezwungen zu fliessen scheinen. Z. e. Jch soll beweisen: Daß donner und blitz etwas natuͤrliches sey: Was eine sonnenfin- sterniß sey: Warum das getreyde ohne wind taube koͤrner kriege: Ob sich ein mensch koͤn- ne unsichtbar machen? §. 14. Bey der Moralischen oder ins beson- dere der Politischen wahrscheinlichkeit, suche ich die absichten eines menschen, die beschaffen- heit seines gemuͤths und verstandes zu bewei- sen. Daher ist es hier noͤthig, eine gruͤndliche E 5 er- von den beweiß-gruͤnden, erkaͤnntniß des menschlichen verstandes und willens zu haben, und nachgehends aus denen umstaͤnden nnd verrichtungen eines menschen einen satz zu formiren, dessen wahrscheinlich- keit durch die genaue uͤbereinstimmung mit des menschen verrichtungen und umstaͤnden darge- than wird, und mich von seinen absichten be- schaffenheit des willens und verstandes unter- richtet. Z. e. Jch wolte beweisen, ob David ein voluptuo- sus gewesen oder nicht: Ob Alexander und Julius Cesar grosse Helden gewesen: Ob die Roͤmer so tapfere leute gewesen: Warum Sa- lomon fuͤr weise zu halten: Was die Poly- histores fuͤr leute: §. 15. Um zukuͤnftige dinge bekuͤmmern sich die menschen am meisten und begierigsten, dannenhero ist es kein wunder, wann man ih- nen dabey die meistẽ unwahrheiten aufhenget, da die wenigsten so scharfsichtig sind, das zu- kuͤnftige einzusehen. Kluge leute halten das fuͤr zukuͤnftig wahrscheinlich, wovon sie gegen- waͤrtig eine uͤbereinstimmung Physicalischer und Moralischer ursachen, mit dem von der zu- kuͤnftigen zeit und sache gefaͤlletem urtheile se- hen, und eben auf die weise kan man zukuͤnf- tige dinge beweisen. Z. e. Jch will beweisen: Daß iemand dem es an der conduite fehlt nicht leichtlich fortkom- men werde: Oder: daß ein anderer der kein geld, fuͤrnebme familie und geschicklichkeit wind zu machen habe, nicht so bald befoͤrdert werde: Oder: Daß iemand bald sterben muͤsse. §. 16. und derselben erfindung. §. 16. Die wahrscheinliche meinung eines redenden oder scribenten, beweiset man aus seinen vorhergehenden und nachfolgenden saͤ- tzen und worten, dabey man die sprache, die umstaͤnde der zeit und des orts, die kraͤfte des verstandes und willens, desienigen der da re- det oder schreibet, untersuchet, und aus deren uͤbereinstimmung untereinander die wahr- scheinliche meinung darthut. Z. e. Jch wolte beweisen, daß Hiob 19. v. 25. 26. 27. von der auffer stehung der todten rede: daß Virgilius in seiner vierdten ecloga nicht die menschwerdung Christi und in der achten nicht die h. Dreyfaltigkeit besingen wollen. §. 17. Will man nun wahrscheinliche argu- menta zum beweiß einer sache finden, so muß man sich die sache nach allen ihren umstaͤnden fuͤrstellen, alle dabey befindliche sinnlichkeiten und zufaͤlle in erwegung ziehen, hernach moͤg- liche hypotheses formiren, aus diesen moͤglichen hypothesibus dieienige aussuchen, welche mit allen umstaͤnden genau uͤberein kommt. Bey der ausfuͤhrung setzt man zufoͤderst die hypothe- sin deutlich fuͤr augen, hernach fuͤhret man alle umstaͤnde nacheinander an, zeiget wie sie in der hypothesi zusammenhaͤngen, und nachdem der auditor beschaffen, traͤgt man dieienigen phaenomena zuerst oder zuletzt fuͤr, welche am genauesten mit der hypothesi connectiren, da- bey man sorgfaͤltig moͤglichkeiten, unstreitige und wahrscheinliche wahrheiten auseinander setzen muß. Die von den beweiß-gruͤnden, Die meiste theorie hievon ist in der Logick zu suchen, und die praxis wird am besten anfaͤnglich in gegenwart eines lehrers angestellet. Unten im dritten theil im vierdten cap. habe ich ein ex- empel einer wahrscheinlichen ausarbeitung, zu einer disputation, disponiret. §. 18. Alle ietztan gefuͤhrte gruͤnde gehoͤren zur gelehrsamkeit uͤberhaupt und sind also Philo- sophisch. Nachgehends bekommen sie bey der anwendung unterschiedene benennungen, von den obiectis und disciplinen bey welchen sie ge- brauchet werden. Sie behalten aber den nah- men der Philosophischen gruͤnde in den theilen der Philosophie, und da beweist man in der Lo- gick und Metaphysick aus denen conceptibus Logicis alles auf unstreitige art: Jn der Phy- sick aus den phaenomenis wahrscheinlich, die phaenomena selbst auf sinnliche unstreitige art: Jm Jure naturae aus dem principio Juris na- turae auf gelehrte unstreitige art: Jn den re- geln der klugheit bald aus dem endzweck und mitteln auf unstreitige, bald aus der natur des obiecti auf wahrscheinliche art. §. 19. Jn denen Facultaͤten und uͤbrigen wissenschaften, werden angefuͤhrten beweiß- gruͤnden, die nahmen derer Facultaͤten und wissenschaften beygeleget. Also hat man in der Theologie entweder die klaren worte der h. schrift, diese beweisen Theologische saͤtze auf eine unstreitige art: Oder man muß aus denen umstaͤnden biblischer spruͤche wahrscheinlich den rechten sensum schliessen, dabey man alle- zeit und derselben erfindung. zeit wann man gruͤndlich beweisen will, die hi- storie der biblischen spruͤche, den rechten sedem materiae, die loca parallela, den grund-text, die analogiam fidei, die von denen orthodoxen Theologis recipirten meinungen, ins beson- dere die libros symbolicos und confessiones pu- blicas, zu rathe ziehen und die prudentiam Theologicam beobachten muß. Und diese Theologischen gruͤnde gelten uͤberall, wo man als ein Christ oder als ein Theologus etwas zu beweisen hat. Jch wolte daß wir hiezu ein durch landes herr- liche hoheit eingefuͤhrtes systema Theologicum haͤtten, das die Theologischen saͤtze deutlich und ordentlich setzte und die fontes probandi gruͤnd- lich anwiese. §. 20. Jm Jure publico suchen wir bey uns beweiß-gruͤnde, aus denen Reichs-Abschieden, der guͤldnen Bulle, dem Landfrieden, dem Re- ligions frieden, dem Westphaͤlischen frieden, de- nen kaͤyserlichen Capitulationibus, denen pa- ctis und dem Reichsherkommen. Jm Jure ciuili beweiset man aus den legibus ciuilibus und statutis publicis, aus denen consuetudini- bus, contractibus, und mit testibus. Bey de- nen legibus siehet man auf intentionem ratio- nem und applicationem legis, dazu gebrauche ich interpretationem historiam und prudenti- am. Die consuetudines wann sie beweisen sollen, muͤssen notorisch seyn, und durch viele actus, die den gesetzen nicht zuwieder, und in dem casu unverruͤckt geschehen sind, guͤltig ge- macht von den beweiß-gruͤnden macht werden. Aus denen contractibus be- weiset man trifftig wann sie wohl ausgedruckt, in ihrer natur richtig, und dazu durch obrigkeit- lichen consens bekraͤftiget worden. Von de- nen testibus siehe §. 8. not. a und §. 12. oben. Dieser §. ist mir aus Hornii Jure publico, unsers Herrn Ordinarii schoͤnen usu Theoretico-practico Institutionum und Pandectarum, Herrn Gribneri Principiis processus Judiciarii, Zieglers edition der Proceß-ordnung, Herrn Barthii Hodegeta Forensi und Herrn Riuini Enunciatis bekannt worden. Es scheint als wann Oldendorp und Everhard von Middelburg fuͤr die ci v i- listen eine brauchbare topie haͤtten ausfinden wollen, da sie ohne viel muͤhe ihre argumenta hernehmen koͤnten. Des letzteren buch fuͤhrt diesen titel: Loci argumentorum legales, auctore D. Nicolao Everhardo a Middelburgo IC. CL. magnique senatus Belgici apud Mechliniam olim praeside cum praefatione Dionysii Gothofredi. Darmstadii 1613. 8. und hat 131. titulos oder locos probandi. §. 21. Was ich in der Medicin beweisen soll, ist entweder eine sinnliche wahrheit, oder ei- ne Physicalische hypothesis, oder eine propor- tionirung der ursachen zu den wuͤrckungen. Von allen diesen habe ich §. 7. 8. und 13. soviel hier noͤthig ist angefuͤhret, wo man sich deßfalls raths erholen kan. §. 22. Jn der Mathematick beweist’man alles auf unstreitige art, aus den eigenschafften der groͤssen, setzt definitiones, axiomata, postulata, theoremata, problemata und consectaria nebst denen scholiis. S. Wol- und derselben erfindung S. Wolffens Elementa Mathes. und die zu an- fangs befindliche Commentationem de metho- do Mathematica. Ridigeri Physicam diuinam p. 13. §. 23. Jm gemeinem leben will es nicht allezeit mit ietzt erzehlten gruͤnden gluͤcken, daß sie den andern von der wahrheit einer sache con uinciren solten. Da wird man also nach be- schaffenheit dessen, mit dem wir zu thun haben, seine argumenta einrichten muͤssen. Ubri- gens sind hier die argumenta a posteriori, κατ’ ἄνϑρωπον und alle sinnliche demonstrationes mehrentheils besser zu gebrauchen, als a priori, κατ’ ἀλήϑειαν und die sehr abstract sind. Z. e. Wenn ich in conversation beweisen will, daß man nicht den ehestand versachen solle, wann man noch unverbeyrathet, so wird kein argument besser durchdringen als dieses: Dann es wird gestrafft. Und wann ich iemand, der nicht gar zu viel nachdencken kan, uͤberzeugen solte, er muͤsse fleißig in die kirche gehen, so wird ihm wohl keine raison besser schmecken als diese: Denn der wohlstand erfodert es. §. 24. Es siehet iedermann, daß alle diese beweißgruͤnde unterschiedene gradus haben, und daß sie leute fodern, welche faͤhig sind rai- son anzunehmen; Wo der verstand des audi- toris oder lesers also rein ist, und von keinen neigungen verdorben und die sache ist bloß the- oretisch, da wird man ihn kraͤfftig uͤberzeugen mit diesen gruͤnden. Wo aber nicht, da muß man es auf diese argumenta nicht ankommen las- von den beweiß-gruͤnden, lassen, sondern pathetica zu huͤlffe nehmen und illustrantia. deßwegen wird die rede laͤnger bey solchen leu- ten, da hingegen bey vernuͤnftigen ein wort ge- nung ist. Quinctil. de orat. Dial. Quomodo mi- nimum vsus minimumque profectus ars medendi habet in his gentibus, quae firmissima valetudine ac saluberrimis corporibus vtuntur: sic minor ora- torum obscuriorque gloria est, inter bonos mores et in obsequium regentis paratos. \&c. § 25. Denn wenn alle leute weise waͤren, oder auch nur nicht feinde der weißheit, duͤrffte man an keine andere beweißgruͤnde gedencken, als welche die wahrhaffte beschaffenheit der sache an die hand giebt und daran die Logick gearbeitet. Da dieses aber nicht ist, muß man vielfaͤltig wind machen, und der wahrheit zum besten denen vorurtheilen und affecten nachzugeben suchen, sie zu uͤberwinden, und solches ist der rechte fucus oratorius. S. Ridigeri. S. V. \& F. Lib. III. Cap. l. p. 451. Lib. IIII. Cap. IIII. p. 581. Hier sind die aus dem Seneca, Quintiliano L. V. C. XIII. Gellio noct. Attic. L. I. C. VI. angefuͤhrten stellen merckwuͤr- dig. Demnach kan man es nicht schlechter- dings iemand verdencken, wann er solche be- weißgruͤnde anfuͤhret, (die nicht eben buͤndig schliessen) wo es noͤthig ist. Denn die meisten leute machen sich falsche kennzeichen der wahr- heit, also thue ich ia nichts unrechts, wann ich ih- nen ihre auch irrige zeichen fuͤrhalte und sie da- durch auf die spur bringe die wahrheit zu erken- nen. §. 26. und derselben erfindung. §. 26. Die andern dinge also, welche man in denen Oratorischen buͤchern als aetiologien und beweiß-gruͤnde recommandiret, muͤssen theils zu angefuͤhrten gruͤnden, theils unter den fucum oratorium gerechnet werden. Z. e. Te- stimonia haben ihre kraft eigentlich in der Hi- storischen wahrscheinlichkeit, siehe oben §. 12. Jn den uͤbri gen gehoͤren sie zum fuco oratorio. Und hier dienen sie, wann man leute fuͤr sich hat, die in dem vorurtheil menschlichen an- sehens stehen, und sich von iemand den man an- fuͤhret, lauter wahrheiten versprechen, oder die ein groß gedaͤchtniß, wenig iudicium haben. Ferner wann es scheinet, als ob man neuerun- gen fuͤrbraͤchte, so kan man sich hinter die te- stimonia, angesehener leute verstecken und seine meinung mit ihren worten fuͤrtragen. Geld- geitzigen und aberglaubischen leuten, gefallen testimonia auch sehr wohl. Doch ist es auch nicht verboten testimonia zum putz und ausdeh- nung einer rede anzufuͤhren. Weil die mei- sten allegata, testimonia seyn sollen, so hat es mit denselben fast gleiche bewandniß. Z. e. Wann ich sage: Ein Theologus muß La- teinisch Griechisch und Hebraͤisch koͤnnen: so waͤre dieses mein rechter beweiß-grund: Denn Lateinisch ist die sprache der Gelehrten, Grie- chisch und Hebraͤisch aber, die grundsprache der Bibel, welche ein Theologus nothwen- dig verstehen soll. Erfoderten es aber die re- geln der klugheit so setzte ich noch hinzu: Siehe Flacium in claue S. Scripturae, Franzium de inter- pretatione Scripturae sacrae, Glassium in Gramma- F tica von den beweiß-gruͤnden tica \& Rhetorica sacra oder auch wohl gar den h. Augustinum de doctrina Christ. L. II. C. 10. da er sagt: Latinae homines \& duabus aliis ad scri- pturarum diuinarum cognitionem habent opus, Hebraea scilicet \& Graeca, vt ad exemplaria proce- dentia recurratur, si quam dubitationem attulerit Latinorum interpretum infinita varietas. S. He- derich l. c. p. 360. und Hln. Langens Oratorie p. 91. Sonst findet man gantze collectiones von testimoniis. Am besten ist es, man sucht sie selbst aus probaten auctoribus zusammen, da man sich denn der auctorum claßicorum fuͤr an- dern bedienen kan. Denn man darf nicht den- cken daß diese letztern deßwegen hierzu nichts taugen weil man gemeiniglich nur Lateinisch und Griechisch daraus lernet und sie den schul- knaben in die haͤnde giebt. Wann ich hier au- ctores allegiren wolte, wuͤrde ich vielleicht ein exempel einer unendlichen zahl geben muͤssen. Siehe hievon Lilienthalii Machiauellismum Lit- terarium p. 85. Da er sehr artig von denen al- legatis raisonniret, und noch andere, die eben davon gehandelt, anfuͤhret. Herrn Hoffrath Mencken von der charlatanerie der gelebrten in dem angefuͤgten sendschreiben p. 261. edi- tionis Germ. 1716. §. 27. Apohthegmata oder ausspruͤ- che angesehener leute, symbola, senten- tzen, und spruͤchwoͤrter (adagia, prouer- bia) oder saͤtze welche durch viele erfahrung bestaͤrcket und bey dem gemeinen volck fuͤr wahrheiten gehalten werden, ohngeachtet sie halb wahr und halb falsch sind, koͤnnen eben- falls wie testimonia angebracht werden, und werden zur noth fuͤr beweiß-gruͤnde passiren. bey und derselben erfindung. bey leuten die im praeiudicio auctoritatis ste- hen, geldgeitzig argwoͤhnisch furchtsam sind, uͤberhaupt keinen rechten begrif von wahrheit haben, oder wann die sache in dem schlechtesten grad der wahrscheinlichkeit beruhet und dabey grosse behutsamkeit muß gebrauchet werden. Z. e. Jch riethe iemand: Er solte die geistlichen unangetastet lassen, und ich getrauete mir nicht mit der raison fortzukommen: Denn es ist nicht recht: So koͤnte ich sagen: Churfuͤrst Joh. Georg. l. pflegte zu sprechen: Wer ungluͤck haben will der fange nor mit den Priestern an. Oder ich wolte beweisen: man solte auch den geringsten nicht beleidigen und spraͤche: kleine maͤuse haben auch schwaͤntze. S. Hederich 1. c. p. 436. 429. Sim. Goulartii Apophthegmata sacra. Lycosthenis Apophthegm. Zincgraeffii Apophth. Langii , Magiri Florile- gium, Lockmanns Arabicae fabulae \& adagia, Nouarini, Erasmi, Junii , Brassieani, Agricolae, Gaertneri, Erpenii , Waltheri, Drusii adagia. Stollen I. II. 29. 35. 42. 47. Morhoffs Polyh. l. I. XXI. Man kan auch aus aller beruͤhmten leute schrifften, sonderlich den auctoribus claßi- cis, selbst dergleichen suchen. §. 28. Exempel beweisen an und vor sich nichts als nur die moͤglichkeit eines dinges, da- von oben §. 5. gehandelt, und in Historischen sachen, sind sie denen testimoniis gleich zu schaͤ- tzen, siehe oben §. 12. Man koͤnte hieher auch die erdichteten exempel rechnen und also fabeln pa- rabolas, apologos, ꝛc. Man wird aus den vorhergehenden leichtlich abnehmen, daß der- gleichen ob sie schon nicht buͤndig beweisen, doch F 2 denen von den beweiß-gruͤnden, denen beweiß-gruͤnden dienlich sind, und end- lich so werden exempel und fabeln, eins wie das ander, bey leuten die wahrheit und moͤg- lichkeit unterscheiden, keine abstracta begreif- fen koͤnnen, sinnlich gewoͤhnet sind, sich vom studio imitandi und aemulatione fuͤhren lassen, und sonst in vorurtheilen stecken oder affecten haben, fuͤr tuͤchtige beweiß-gruͤnde passiren. Zugeschweigen, daß man sie auch zum zierrath einer rede und dieselbe auszudehnen und ange- nehm zu machen, nicht unbillich anfuͤhret. Wie sie als illustrantia zugebꝛauchen siehe im folgen- den capitel. Z. e. Jch setze: Aus einer ansehnlichen familie entsprossen seyn, ist nicht allemahl ein zeichen eines grossen verstandes. Exempl. Jener Bi- schoff in Franckreich war eines schweinhir- ten sohn, da ihm nun ein andrer seines glei- chen, aber der aus einem vornebmen hau- se entsprossen, seine niedrige geburt fuͤrwarff, antwortete iener: Wann ihr meines vaters sohn waͤret, so wuͤrdet ihr ietzo die schweine huͤten. Eine andere Thesis: Unzeitiger schertz bringt in das groͤste ungluͤck. Exemplum: zu Tiberii zeiten sagte iemand zu einer leiche, sie solte dem vergoͤtterten Augusto die nach- richt bringen, daß dem volcke was er im te- stament verordnet noch nicht zu gute kom- men waͤre. Wie dieses Tiberius erfuhr ließ er ihn fuͤr sich fodern, und nachdem er ihm angedeutet daß er diese nachricht selbst bringen solte, alsofort hinrichten. Also konte iener gar wohl bey dem poͤbel mit seinem beweiß fortkom- men, da er ihm zeigen wolte: Unterthanen sol- ten sich nicht wieder ihre obrigkeit anflehnen; und und derselben erfindung. und ihnen die fabel von den gliedern fuͤrbrach- te, welche wieder den magen revoltiret haͤt- ten. S. Hederich 1. c. p. 359. 423. Ridig. S. V. \& F. 401. 459. Hln. Langens Orat. p. 91. Zwin- geri Theatrum, Camerarii horas subcisiuas, Simo n Goulartii Schatz-kammer, Wunder-ge- schicht, Ernsts Blumen lese, Bilder-hauß; Confeckt-tafel, s. Gottsr. Hartungs Hi- stor. Schanbuͤhne der welt, Joh. Christ- Nehrings H i stor. Politisch Lexicon, Grund- manns Geschichtschule, Erasmi Francisci Trauer-saal ꝛc. Zieglers Schau-platz, Laby- rinth/ ꝛc. Troilo Oriental. reisebeschreibung, Matthiae, Teatrum Historiarum, Schiebels hi- storisches Lust-hauß, Minsichts, Harsdoͤrf- fers Historische sachen. Alle reisebefchrei- bungen, Historien-schreiber und auctores classici geben exempel im uͤberfluß, da mag man sich so- viele und gute aussuchen als es einem gut deucht. S. Morhoffs Polyhist. Stollens hist. der gel. die acta litter. Hamburgensia, \&c. .29. Bey denen similibus, comparatis, em- blematibus, symbolis und aller gegeneinander- haltung meines obiecti mit andern dingen, wird wohl niemand auf die gedancken gera- then, daß sie zum beweiß-gruͤnden zu rechnen, sondern daß sie vielmehr als illustrantia anzu- sehen, (siehe folgendes cap.) und als dinge wel- che dienlich eine rede auszudehnen und auszu- putzen. Doch deucht mir, daß leute die viel ingenium haben, gerne bildern und phantasi- ren, dergleichen als beweiß-gruͤnde anneh- men, wenn man zumahl den willen durch aller- hand dabey gebrauchte argumenta pathetica zugleich rege zu machen suchet. F 3 Z. e. von den beweiß-gruͤnden Z. e. Thesis. Der muͤßiggang ist ein schaͤdliches Ding. Simile: Denn gleichwie das opium wann es in gar zu starcker dosi genommen wird, den todt wuͤrcket: also versetzt das vie- le ruhen, der muͤßiggang, den menschen in ei- ne solche traͤgheit, ungeschicklichkeit und un- empfindlichkeit, daß er als ein todter mensch in der menschlichen gesellschafft anzusehen. Emblema. Jener mahlete eine stockende uhr und setzte dazu: Ipsa quies vitium est. \&c. S. Langens Orat. p. 76. Hederich l. c. p. 358. 414. Man findet zu solchen gelegenheit, in gantzen collectionibus als: Lycosthenis, Zehneri, La- gnerii, Zwingeri , Langii , Lauretti , Molleri , Francisci, \&c. in scriptoribus der natuͤrlichen Historie, der Physick, der Gaͤrtnerey, des land- lebens, der pflantzen, der thiere, der baͤume, der steine, metalle, in Historien, Geographien, reise- beschreibungen ꝛc. §. 30. Medaillen und uͤberhaupt muͤntzen, wapen, antiquitaͤten, inscriptiones, marmora, epitaphia, beyschrifften, ꝛc. koͤnnen mit denen daraus genommen umstaͤnden und merckmah- len, in der Historischen wahrscheinlichkeit eini- gen nutzen haben, muͤssen aber an und fuͤr sich erstlich selbst wahrscheinlich seyn, ehe und be- vor ich daras etwas zum beweiß tuͤchtiges an- fuͤhren will. Z. e. Wenn ich Ludewigs XII. Koͤnigs in Franckreich muͤntze ansehe, die er bey einem bevorstehenden kriege wieder den Pabst schla- gen lassen, anno. 1511. so siehet darauf: Per- dam Babylonis nomen. Hieraus koͤnte ich wohl nicht beweisen, daß Rom eben das Babylon sey, davon Apoc. 18. geredet wird, sondern nur so viel, daß es vom Ludewig XII. dem allerchrist- lichsten und derselben erfindung. lichsten koͤnige so genennet worden. Und eben dieses muͤste ich aus der Historischen wahrschein- lichkeit richtig machen. Aber wann ich mit ge- meinen leuten unter den Protestanten zu thun haͤtte, so daͤchten diese alsofort, es muͤsse noth- wendig Rom das rechte Babylon seyn, weil es auf der muͤntze so benennet worden. vid. M. Liebii dissert. Romam Babylon ex numis. Span- hemium de vsu\& praestantia numismatum antiquo- rum, und von diesen Stollens Historie der Ge- lahrheit p. 160. wo er von muͤntzen handelt. Fer- ner Biragii Imperatorum Romanorum numisma- ta, Frisium de re numaria, du Frêne de infer. aeui Numismat. Goldastum de re numaria veterum, Labbaei Biblioth. numariam, Lampadium de na- tura numi, Maiorem de numis, Maibomium de vsu numorum vet. Patini numism. Imperat. Sa- gittarium de numismat. Sneliium de re numaria, Tirinum de antiq. monetis \& modernis, Tenzelii Saxonia Numism. Monatliche unterredungen Bibliothecam curiosam, Morhoffs Polyhist. I. V. II. L. \&c. Von wapen S. Gribelii insignia no- bilium, Polidorum de origine insignium regum \& principum, Höppinum de iure armorum \& insigni- um. Tenzelii Biblioth. curios. repos. II. p. 554, Büssings, Hermannii, Fuͤrsts, Speners, Triers, He- raldica, \&c. Stolle l. c. p. 376. Von antiqui- taͤten, s. Rosinum, Kippingium, Kirchmannum, Manutium, Graeuium, Hottingerum, Quenstaedt, Geier, Bergen, Wedel, Dietericum, Strauch, Nico- lai, Dassouium; Buxtorff. Pfeiffer, Hildebrand, Lundium, Caluoer, Schmidium, Fabricium, Melis- santes, Stollen I. III. 8. 9. 10. 11. Morhoffs. Polyh. I. V. II. Von inscriptionibus s. Vrsi- num, Textorem, Masenium, Weisium, Senertum, Stepnerum, Fabrettum, Flectwod, Reinesium, Gruterum, Apianum, Amantium, Fendt, Boehme- F 4 rum, von den beweiß-gruͤnden, rum, Thesaurum, Smetium, Panuinium, Mazo chium, Golzium, Vrsinum, Boissardum, Pignori- um, Waltherum, Falconerium, Chytraeum, Lab- beum, ab Ines, Rubeum, Vrsatum, \&c. S t ollen. l. c. 16. Morhoffs Polyh. I. IIII. XIIII. \&c. Von beyschriften s. Lazarellum, Gryphios, Hoff- mannswaldau, Golau, Lohenstein, Neu- kirch, Meister, Mencke, Martialem, Owenum, Sarbieuium, Sautelium, Prosp. Aquitanicum, Pau- lum Silentiarium, Palladem, Stollen. I. V. 58. 61. Morhoffs Pol. I. VII. Cap. I. II. III. §. 31. Hier muß ich auch derienigen beweiß- gruͤnde gedencken, welche man von der benen- nung eines dinges, und denen dabey fuͤrkom- menden nahmen, a notatione also, ab etymo- logia, homonymia, synonymia, genio lin- guae, tropo, vsu vocis, definitione nomina- li, aequiuocatione, coniugatis, allegoria, an- tiphrasi, interpretatione und dergleichen no- minal-concepten hernimmt: Wann man nemlich saͤtze beweisen soll, die bloß die benen- nung des dinges angehen, kan man aus diesen fontibus allerdings gruͤndliche beweise fuͤhren, weiter aber erstreckt sich ihre kraft nicht. Doch sind sie in gewissen faͤllen, die in vorhergehenden §. §. bestimmt worden, nicht ohne nutzen. S. Hederich p. 343. l. c. Z. e. Es beist iemand ein gelehrter, deswegen ist ers nicht gleich. Und wenn schon Jus eine suppe und auch das recht heisset, so folgt deswegen nicht, daß man beydes mit loͤffeln essen koͤnne. Aber dieses ist recht bewiesen: Grotius ist ein ge- lehrter mann deßwegen muß er auch so ge- nennet werden. Oder: Es ist laͤcherlich wann und derselben erfindung. Wann sich die leute uͤber die syllogismos mo- quiren; Denn es ist eben als wenn sich ie- mand uͤber einem vernuͤnfftigen schluß mo- quirete: Jndem ich einen Syllogismum aller- dings einen vernuͤnfftigen schluß nennen muß. Oder: Ein Philosophe muß den affecten nicht ergeben seyn: Denn er heist ein liebha- ber der weißheit, wie reimt sich aber dieses mit einen liebhaber der affecten. §. 32. Endlich sind einige dinge zu beruͤhren, welche gleich denen vorhergehenden schein- gruͤnden, in denen ebenfalls beruͤhrten faͤllen, gelegenheit zu beweiß-gruͤnden an die hand bie- ten, oder doch bey denen rhetoribus nicht recht ausgemacht sind und mit denen rechten Logi- calischen theils vermischt, theils ihnen unrecht entgegen gesetzt werden, theils auch zu sehr nach der scholastischen strohschneiderey schmecken. Solches sind die argumenta, a materia, a for- ma , a subiecto, ab adiuncto, a partibus, a circumstantiis, a repugnantibus, oppositis, disparatis, dissimilibus, insinuatione, medita- tione, consectariis, loco communi, argutiis, parallelismo, tempore, \&c. Wann sie aber etwas gutes an sich haben, so ist solches im vor- hergehenden schon angefuͤhret, wie fern es zum beweisen nuͤtzlich, oder wird sich bey denen illu- strantibus und patheticis, die nothwendig sorgfaͤltig von den probantibus zu unterschei- den, vollends zeigen. Ubrigens kan man ihrer sicher entbehren. §. 33. Uberhaupt muß man sich der Orato- rischen schmincke mit der groͤsten klugheit bedie- F 5 nen, von den beweiß-gruͤnden, nen, sie nicht gaͤntzlich verwerffen, doch auch nicht ohne unterscheid, nicht zu haͤuffig, nicht an den unrechten ort, oder sonst auf pedantische uñ abgeschmackte art anbringen. Dabey ist es noͤthig, sie nach den geschmack des zuhoͤrers oder lesers auszulesen, seinen vorurtheilen dabey nachzugeben, seinen affect dabey zu interessi- ren, und sich zu huͤten daß man nicht ungegruͤn- dete gedancken zugleich dabey rege mache, oder den leuten die waffen wieder die wahrheit in die haͤnde gebe. Man bekommt bey ihrer anfuͤh- rung zugleich gelegenheit, an die auctores zu gedencken, wo man sie gefunden, sie zu erklaͤren zu billigen oder zu verbesseꝛn, und allerhand ein- faͤlle mit anzubringen. Es wuͤrde zu weitlaͤufftig fallen alles dieses genau- er zu determiniren, und mit exempeln zu erlaͤu- tern, doch will ich einige zur probe anfuͤhren: Es sey z. e. folgender satz: Man soll nicht hoffaͤr- tig seyn: so schickte sich auf der cantzel am be- sten ein biblisches testimonium Jacob. 4. v. 6. denn Gott wiederstehet den hoffaͤrtigen aber den demuͤtbigen giebt er gnade. Jn der schu- le naͤhme ich Zenonis ausspruch: Nihil fastu in- decentius tum in ceteris tumpraecipue in iuueni- bus. Jn der ausfuͤhrung redete ich von der weißheit dieses Philosophi und warum er son- derlich der iungen leute hochmuth so uͤbel ange- sehen. Jn einer politischen rede bediente ich mich des similis, so Lohenstein gebrauchet: Denn hochmuͤthige aufblehung ist nicht min- der ein gewisses zeichen einer gemuͤths-kranck- heit, als die geschwulst der leibes-gebrechen und eine augenscheinliche andeutung ist/ daß sol- und derselben erfindung. solche ebre fuͤr das behaͤltniß einer so eng- bruͤstigen seele zu groß sey. Jn conversation sagte ich: Die hochmuͤthigen leute pflegten manchmahl albern zeug zu machen, Z. e. Die bauren in Chio geben dem Tuͤrckischen Kaͤy- ser iaͤhrlich 1000. ducaten daß sie buͤrger heis- sen, und ienes frauenzimmer gewoͤhnte sich eine brille zu tragen, damit die leute auf ihre schoͤnheit sehen und sie also distinguireten. Haͤtte ich diesen satz: Man soll nicht Hurerey treiben, so fuͤhrte ich entweder einen bessern spruch an als den: Actorum. 15. v. 10. Oder ich erinnerte, daß man nicht hurerey und vom er- stickten oder vom blut essen fuͤr einerley halten muͤsse, sonst daͤchte ein boͤser mensch, es habe die hurerey eben so viel auf sich, als wann man blutwuͤrste oder krammts-voͤgel aͤsse und ein ein- faͤltiger koͤnte dencken, beydes waͤre so suͤndlich als die hurerey. Bey den exempeln huͤtete ich mich, daß ich nicht boßhafftige und listig ausge- sonnene gluͤcklich ausgefuͤhrte ob schon bestraffte exempel weitlaͤufftig fuͤrtruͤge, denn ein boßhaff- tes gemuͤth merckt sich eher die art boͤses zu thun und sinnet auf mittel der straffe zu entgehen, als daß es solte sich durch die straffe schrecken las- sen. Die emblemata muͤsten recht artig seyn, sonst haͤlt man sie nunmehro fast fuͤr difficiles nugas. Wolte ich beweisen was die Catho- licken glaubten, so fuͤhrte ich keine lehrer unsrer kirchen, sondern ihre libros Symbolicos an. Redete ich fuͤr Printzen, so fuͤhrte ich lieber tu- gendhaffte exempel aus ihrem hause als Hercu- lem, Julium Caesarem und Germanicum an, hingegen naͤhme ich die exempel lasterhaffter Printzen lieber aus dem grauen alterthum, als aus einem hause davon vielleicht noch nahe an- verwandten lebten. ꝛc. §. 34. Man von den beweiß-gruͤnden §. 34. Man kan sich begnuͤgen lassen, wann man die wahrheit eines satzes recht ausgefuͤh- ret, und kan sicher glauben, daß man durch sol- che vorstellung die gehofte wuͤrckung erhalten koͤnne. Doch ist zuweilen noͤthig die entgegen gesetzten meinungenund gꝛuͤnde zu wiederlegen, wann nemlich wuͤrcklich contraire saͤtze von ei- nigen vertheidiget werden, wann dieselben ei- nen grossen anhang haben, und dennoch in an- sehung des verstandes und des willens grossen schaden thun, und wenn man glauben darf, es werde ihre anfuͤhrung und gezeigte bloͤsse, den zuhoͤrer auf die rechte meinung fuͤhren, darinn bekraͤftigen und also von einigen nutzen seyn. Und dieses heisset man argumenta a contra- rio, von deren gebrauch in der erlaͤuterung siehe folgendes capitel. Also ist es laͤcherlich iemand wiederlegen, wo nie- mand das gegentheil statuiret: Oder ohne unterschied remotiue gehen: Oder etwas wie- derlegen, daran niemanden etwas gelegen, man mags glauben oder nicht: Oder da wieder man keine kraͤftige gruͤnde anfuͤhren kan ꝛc. S. Ri- dig. S. V. \& F. L. IIII. Cap. IIII. §. 38. §. 35. Man wiederleget bey so bestallten sa- chen, anderer leute der unsern entgegen gesetzte meinung, entweder nach der wahrheit, aus de- nen von uns festgestellten und ausgemachten gruͤnden, es moͤgen nun diese gruͤnde von dem gegner angenom̃en werden oder nicht: Oder aus denen grund-saͤtzen welche wir zu beyden theilen, annehmen und deren zusam̃enhang mit unsers und derselben erfindung. unsers gegners meinung wir dennoch laͤug- nen: Oder aus des gegners eignen saͤtzen, deren unrichtigkeit wir ebenfalls darthun koͤn- nen: Oder aus denen augenscheinlich fal- schen, abgeschmackten und paradoxen schluͤssen, welche daraus folgen. Bey unstreitigen saͤtzen, untersuchen wir des gegentheils unrich- tige verbindung des subiecti und praedicati, stellen die unrichtige art zu schliessen, die uͤbel- geordneten begriffe und definitiones, die natur der idearum oppositarum fuͤr. Bey wahr- scheinlichen, zeigen wir den schlechten zusam̃en- hang der sensionum unter sich und mit der hypothesi, durch anfuͤhrung der wiederspre- chenden sensionum, und schwierigkeiten, und die uͤbelausgesuchte hypothesin. Da dann die wahrheit sich in einer deutlichen leichten und natuͤrlichen ordnung praesentiret, wann sich hingegen die falschheit mit dunckeln verworre- nen erdichteten uͤbersteigenden begriffen und saͤtzen von selbsten verraͤth. Dieses ist das ordentliche ratiocinium per oppo- sitionem. S. Ridig. S. V. \& F. L. II. Cap. v. p. 306. sqq. Wann ich bewiesen habe: ein Sounerain solle die wohlfarth der unterthanen den zweck seiner verrichtungen seyn lassen; so folget daß es falsch sey, wann er seine eigne lust und willkuhr zum vornehmsten end- zweck seiner bemuͤhungen macht. Z. e. Es wolte iemand die goͤttliche fuͤrse- hung laͤugnen, und naͤhme doch die h. schrifft an. so wiederlegte ich ihn aus derselben mit gnugsamen grund und recht. Und diese beyde arten von den beweiß-gruͤnden, arten zu wiederlegen, heisset man argumenta κατ’ αληϑειαν, nach der wahrheit. Dieses ist ein argumentum κατ’ ἄνϑρωπον, und heist mit denen beyden vorhergehenden ein ar- gumentum a priori. Z. e. Es sagte temand: Die gelehrsamkeit bestaͤnde in wissenschafft der sprachen und im buͤcherschreiben, und wolte doch die Schurmannin und den Cbry- sippum nicht fuͤr gelehrt halten, da doch iene 14. sprachen verstanden und dieser 311. Logicali- sche buͤcher geschrieben. Dieses heist eine wiederlegung a posteriori, de- ductio ad absurdum, ad incommodum. S. Ridigeri S. V. \& F. l. c. p. 570. 588. sqq. Thomasium in Ausuͤbung der Vernunfftlehre cap. 5. Z. e. Es sagte iemand: Alle fragen sind srey und ich fruͤge ihn: Ob er ein dieb sey? §. 36. Bey der wiederlegung selbst, bemuͤhe man sich so viel moͤglich, mit aller gelassenheit mehr durch gruͤndliche schluͤsse, als leere worte, sophistereyen, figuren, affecten, ingenioͤse ein- faͤlle und anderes laͤppisches zeug, sein wieder- part zu uͤberzeugen. Man erwege, daß nicht alle leute ihnen von ieder sache einerley begriffe mit unsern machen, und praͤtendire also nicht, auf eine impertinente art, daß ieder die sache so be- greiffe, wie wir selbige begriffen haben, zumahl wann auf beyden seiten vielleicht gleiche staͤrcke und schwaͤche oder dunckele begriffe waͤren. Uberhaupt uͤberlege man erstlich die oben §. 34. beygebrachten umstaͤnde, und gedencke, daß ein weiser mann viele wahrheiten wisse, die er nicht einmahl fuͤrtrage, geschweige andern auf- zudringen suche. §. 37. und derselben erfindung. §. 37. Jedoch was ist es noͤthig, daß ich die- ses hier so sor gfaͤltig erinnere, habe ich doch be- reits in der vorbereitung §. 11. uͤberhaupt einem redner und redenden aufrichtige und red- liche absichten angepriesen. Jst es doch bey allen beweiß-gruͤnden insonderheit noͤthig, daß man nicht falsche saͤtze als wahre beweise, nicht dem aberglauben, atheisterey, dem asotischen und sauertoͤpfischen wesen, den irrthuͤmern, vorurtheilen, naseweißheit und verderbten nei- gungen damit an die hand gehe, nicht laster und boͤse menschen lobe, nicht tugend und rechtschaf- fene leute verachte, nicht boßhafter weise an- derer leute gemuͤths-ruhe stoͤhre, nicht die wahrheit zum deckel der boßheit und als einen grif gebrauche andern tort zu thun und sein muͤthgen zu kuͤhlen und dergleichen. Allein es kan dieses nicht genug wiederholet werden, da die galante welt die laster in guͤldnen stuͤcken einzuhuͤllen, und der tugend den bettelstab in die haͤnde zu geben ohnedem gewohnt ist, hin- gegen der menschlichen gesellschaft und der re- publick mehr durch honnette redner als ge- schickte redner gedienet wird. Also werde auch davon im andern theil noch ausfuͤhrli- cher handeln. §. 38. Die rechte klugheit eines redners, setzet billich den endzweck der beredsamkeit, und die bey denen beweiß-gruͤnden noͤthige re- geln der honnetete, des rechts der natur, und der wahrheit nicht aus den augen, und bemuͤ- het von den beweiß-gruͤnden, ꝛc. het sich nur die mittel dazu zu uͤberkommen und wohl anzuwenden. Sie pruͤfet solche nach ihren innerlichen und aͤusserlichen werth, nach der beschaffenheit des thematis das zu beweisen ist, nach der faͤhigkeit und haupt-nei- gung des zuhoͤrers, nach dem geschmack des saeculi, nach der gelegenheit der umstaͤnde, und suchet lieber solche aus, welche ietztbenannten stuͤcken gemaͤß sind, als solche dadurch sie ihren endzweck nicht erhaͤlt und sich noch wohl dazu feinde macht. §. 39. Fuͤrnemlich huͤtet sie sich eine μετά- βασιν ἔις ἄλλογένος zu begehen, die fontes pro- bandi und die daraus genommene gruͤnde mit einander zu vermischen, und quid pro quo an- zufuͤhren, welches ein fehler ist, den wenig wissen, geschweige zu vermeiden suchen. Jed- wede wahrheit hat ihre eigene fontes, daraus sie entspringt, und daraus sie muß hergeleitet und bewiesen werden, es muͤste dann seyn, daß eine reiffe uͤberlegung foderte hievon abzuge- hen. Alles dieses ist fuͤr sich klar, und braucht keines weitlaͤufftigen beweises, die exempel aber solches zu erlaͤutern, lassen sich besser muͤndlich als schrifftlich gehen. Das Das vierdte capitel, von den erlaͤuterungs-gruͤnden. Jnhalt. W As erlaͤutern oder illustriren heisse? §. 1. Was der endzweck und nutzen der erlaͤuterungen sey? §. 2. Wie vielerley dieselben? §. 3. Von erklaͤ- rungen der woͤrter, §. 4. Von erlaͤuterung der sachen durch worte, §. 5. Erlaͤuterung der sache aus ih- rem wesen, §. 6. Durch beschreibungen und einthei- lungen, §. 7. Durch grundsaͤtze. §. 8. Durch dar- aus gezogene schluͤsse, §. 9. Durch allerhand ein- faͤlle, §. 10. Erlaͤuterung der sache durch andere dinge so ausser dem wesen derselben, §. 11. Durch ex- empel, §. 12. Durch testimonia, §. 13. Durch gleich- nisse, §. 14. Durch dißimilia, §. 15. Was bey denen exempeln zu beobachten, § 16. Bey denen testimo- niis §. 17. Bey denen gleichnissen, §. 18. Bey de- nen dißimilibus, §. 19. Was hiebey der honnetete gemaͤß, §. 20. Was hierbey die regeln der klugheit erfodern, §. 21. §. 1. E Rlaͤutern oder illustriren heist, die sache welche man fuͤr sich hat, auf ihre prin- cipia zuruͤck fuͤhren, nach allen ihren theilen auseinander legen, zusammen setzen und beschreiben, daß sie denen zuhoͤrern recht be- greiflich werde, und sie auch wohl auf der seite beleuchten, da wir wollen, daß sie der zuhoͤrer oder leser ansehen solle, oder mit solchen farben fuͤrbilden, welche mit unsern absichten gemaͤß dieselbe bemercken. §. 2. Also kan man bey erfindung dieser G argu- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. argumentorum eine gedoppelte absicht haben, einmahl die sache deutlich klar und begreiflich zu machen, und hernach sie nach den genom- menen absichten begreiflich zu machen, daß sie nemlich der zuhoͤrer oder leser in der gestalt und auf der seite ihm recht deutlich fuͤrstelle, wel- che wir ihm fuͤrzeigen. Mehrentheils sucht man beydes zugleich zu bewerckstelligen, zuwei- len aber kommt es mehr auf die eine als ande- re absicht an. Z. e. Jch wolte das punctiren verwerffen, und es wuͤste keiner, was das fuͤr ein ding waͤ- re, da muͤste ich nothwendig erstlich deutlich die geheimnisse der punctir-kunst fuͤr augen mahlen, hernach suchte ich auch unter der hand die bloͤs- se und das ridicule in dieser kunst mit zu entde- cken, damit ich sie desto gluͤcklicher herunterma- chen koͤnte. Jn theoretischen dingen komt es mehr darauf an, daß ich durch die deutlichkeit den verstand lebhafft ruͤhre, in practischen hingegen ist es noͤ- thig, daß ich auch den willen mit treffe. Hie- raus erhellet zugleich, wie noͤthig und nuͤtzlich diese art von argumentis, und warum sie oben cap. 2. §. 3. hauptsaͤchlich als argumenta theo- retica angegeben worden. §. 3. Dannenhero hat man auch zweyer- ley arten von argumentis illustrantibus, da die eine art die sache bloß erlaͤutert, sie auf ihre principia zuruͤckfuͤhret, nach allen ihren thei- len und umstaͤnden zerleget, zusammensetzet, und beschreibet, die andere art hingegen zu- gleich die sache, nach unsern absichten, erlaͤutert und fuͤrbildet. Ferner ist eine andere art der er- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. erlaͤuterungen, welche aus dem wesen und na- tur der sache selbst genommen, und eine andere, welche ausser der sache von andern dingen her- geholet wird, iene dienet mehr zu deutlichkeit und ist ein werck des iudicii, diese nutzet sonder- lich meinen absichten und kommt fuͤrnemlich auf eine fertigkeit des ingenii an, iene erlaͤu- tert theils worte, theils sachen, diese nur sa- chen. §. 4. Wir legen unsere gedancken durch worte an den tag, wenn also diese einer er- klaͤrung benoͤthiget, so finde ich dazu gelegen- heit durch die beschreibung des worts, des da- rinn liegenden tropi, der haupt und neben idee desselben, des ursprungs, historie, vielerley be- deutung, zweydeutigkeit, gebrauchs desselben, durch anfuͤhrung gleichvielbedeutender woͤrter und redens-arten, wovon sich im folgenden an- dern theil von dem ausdruck der gedancken, mehrere nachricht zeigen wird. Z. e. Jch wolte das Teutsche schimpfwort: Du hase erklaͤhren, so haͤtte ich: Definitionem no- minalem: Hase ist ein Teutsches schimpfwort und bedeutet einen menschen, der einen lusti- gen narren abgiebt, ohngeachtet er deswegen weder pension, noch station, noch andere vortheile hat: Tropum: Eigentlich bedeutet hase ein vierbeinigtes langoͤbrichtes wild- pret, es wird aber auf die narren geleget, vielleicht weil des hasens groͤste klugheit im lauffen besteht, und ein narre alles lauffen laͤst was ihm einfaͤllt, oder weil nach Aristotelis bericht/ lange ohren ein merckmahl der narr- G 2 heit von den erlaͤuterungs-gruͤnden. heit sind: Ideam principalem: Hase soll haupt- saͤchlich einen narren bedeuten: Ideam acces- soriam: Aber einen solchen narren, der lustige einfaͤlle ohne solides iudicium hat und doch keine pension dafuͤr kriegt, oder der auch wohl mit kopfwerffen, fuͤsse ausschlagen, haͤn- de und manchettes drehen, allerhand lustige gesticulationes macht, oder viel frech toll und laͤcherlich zeug unter einander redt und gar gefaͤhrliche grimaces dabey zeiget, Deriuatio- nem: Es soll herkommen vom Hebraͤischen oder vom Griechischen ουας, auris ein obr, wegen der langen ohren, oder vom Gehasi des Elisaͤ diener: secundum Histo- riam: Reimmannn Einl. zur histor. Litt. Tom. IIII. p. 26. Es hatte der alte Erhar- dus Schnepf bey der historie vom Elisa und feinem diener Gehasi, in einer Gehasi, in einer predigt zu Jena sich folgender formalien bedienet: Es befin- den sich dergleichen Gehasi noch ietzo gar viel unter denen menschen, welche ihr zeitliches interesse hoͤher balten als Gott, als den glau- ben, als die wahre froͤmmigkeit und das an- sehen derer, welchen sie in ihren wandel bil- lich folgen solten. Ach freylich befinden sich derselben noch viele. Jch bin ein Gehasi, du bist ein Gehasi, er ist ein Gehasi, wir alle mit einander sind eitel Gehasi. Und da er also dieses wort so offt wiederhohlet, da baben es die damahligen spoͤtter und Jsmaeliten auf- geschnappet, und sich desselben in ihren zu- sammenkuͤnfften dergestalt bedienet, daß sie erstlich alle dieienigen Gehasi geheissen, wel- che sich in ihrem thun und lassen nicht recht aufzufuͤhren gewust, und endlich haben sie das wort gar enthauptet und die alberniner hasen genennet. ꝛc. Homonymiam: Es giebt vien- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. vierbeinigte und zweybeinigte hasen, hier verstehet man die letztern: Vsum: Man ge- brauchts nicht gerne in oͤffentlichen reden und ansehnlicher gesellschafft, lieber in gantz vulgairen reden: Synonymiam: Heist eben so viel als ein stocknarre, possenreisser, lusti- ger iuncker, laͤcherlicher kerl, bouffon, morio stultus, lepidus homo, lepidum caput γελωτο- πονος: Exergasiam: Er ist ein hase, heist so viel als: Er hat ins hasenfett getreten: Hat einen sparrren zu viel: Jst geschossen: Hat einen wurm: Piquiret sich bons mots zu ma- chen und lacht am ersten daruͤber. Jch koͤnte noch hinzusetzen es sey ein nomen s\&fb;bstantiuum generis communis, singularis numeri, vocatiui ca- sus, cuiusuis declinationis: so waͤre die gantze in- terpretatio und analysis grammatica richtig. §. 5. Wenn man aber die gedancken oder sache selbst, deutlich und nach seinen absichten fuͤrmahlen soll, so suchet man zu ende solche worte aus, welche nicht nur in ihrer hauptidee, sondern auch in ihrer neben-idee, ia in ihrem fall und klange, in ihren buchstaben, die sache nach ihren eigenschaften in dem gemuͤth des zuhoͤrers oder lesers bilden, man erwehlet sol- che beywoͤrter, welche das haupt-wort, entwe- der mit deutlich machen, oder dessen inbegrif determiniren, man wiederholet ein wort etliche mahl, man fuͤhret ausdruckungen an, die zwar eben das bedeuten aber etwas von der iedee so wir bereits davon gemacht, abnehmen, oder hinzusetzen, oder dieselbe corrigiren, oder auf etwas bekanntes kurtz fuͤhren, oder ich spreche G 3 die von den erlaͤuterungs-gruͤnden. die sache artig aus, daß der zuhoͤrer oder leser sich genoͤthiget siehet, dabey stehen zu bleiben und selbige recht einzunehmen, von welchen allen in folgenden andern theil ausfuͤhrlich zu handeln. Z. e. Jch sage: Die leute sind der eitelkeit ietzo sehr ergeben: Illustratio; Verbis emphaticis: Das tichten und trachten des menschlichen her- tzens ist nur auf ein eitles wesen gerichtet: Das menschliche bertz haͤnget an der eitelkeit: O quantum est in rebus inane! Jst es nicht zube- iammern, daß die heutige welt so erschrecklich denen vanitaͤten nachhaͤnget ? Epithetis: Die verblendeten sterblichen, sind der thoͤrichten eitelkeit von gantzem hertzen zugeihan: Jr- dischgesinnte menschen haben sich bestaͤndig der vergaͤnglichen eitelkeit gewiedmet. Repe- titione: Die menschen sind hent zu tage der ei- telkeit sehr ergeben, der eitelkeit, welche sie von GOtt abfuͤhret, der eitelkeit, welche sie zu thoren macht: ꝛc. Die menschen sind in der eitelkeit gantz ersoffen: Sie sind der ei- telkeit nicht gram: sie lieben solche vielmehr von gantzem hertzen: der menschliche ver- stand sinnet nur auf eitle lust: der wille und die neigungen des menschen fliehen nur dasienige, was nicht nach der eitelkeit schmeckt und begehren eyffrigst, was in dieses reich der thorbeit gehoͤret: Allusione: Der prediger Salomo solte ietzt auftreten, da wuͤrde er materie zu reden bekommen und den text recht lesen koͤnnen: Die menschen lie- ben in allen gern die freyheit, nur von der ei- telkeit lassen sie sich gerne sclaven fessel anlegen und diese tragen sie mit lust: Das menschli- che hertz ist ein altar, auf welchem dem un- be- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. bekannten GOtt, oder daß ich recht sage, der eitelkeit, viele opfer verbrannt werden: Ar- gutiis: Man findet hent zu tage viel Epicu- raͤer, aber selten einen Epieurum: Ein mensch seyn, und eitelkeiten lieben, wollen bey der heutigen welt fast einerley sagen: Die auffuͤhrung der menschen hat denen woͤr- tern ihre ordentliche bedeutung entzogen, denn thorheit und eitelkeit lieben heist ietzo klugheit und sich der weißheit ergeben, eigen- sinn und thorheit. ꝛc. Jch will diese exempel nicht fuͤr vollkommene lei- sten angeben, daruͤber alle erklaͤrungen und il- lustrationes passen muͤsten, es wird dem iudicio und der uͤbung des lesers und lernenden uͤber- lassen, nach anleitung meiner regel, bessere ex- empel zu machen, und auch in andern sprachen seinen fleiß anzuwenden. Man siehet im uͤbri- gen aus angefuͤhrten, was meine meinung, und wie man durch das nach sinnen alles selbsten fin- den und gebrauchen koͤnne, was man sonst mit fuͤrchterlichen unzehlichen nahmen ohne ver- stand seinem gedaͤchtniß einpraͤgen muͤste. §. 6. Dieses was ich von erlaͤuterungen bißher angefuͤhret, gehoͤrt bloß zur erklaͤrung blosser worte oder zur erlaͤuterung der worte, damit man eine sache bemercket, und also alles zum ausdruck der gedancken, welche ich im fol- genden theile abgehandelt. Damit ich aber zum haupt-werck nemlich zur erlaͤuterung der sache schreite, so findet sich in ihrem wesen selbst die vollkommenste gelegenheit zu denen erlaͤuterungs-gruͤnden. Welches niemand unbekannt seyn kan, der aus der Philosophie gelernet, was methodus analytica und synthe- G 4 tica von den erlaͤuterungs-gruͤnden. tica sey, denn nach ienem, fuͤhre ich die sache auf ihre principia zuruͤck, auf die sinne, zur rech- ten deulichkeit, nach diesem aber, fuͤhre ich die schluͤsse aus ihren principiis her, und fange al- so von denen principiis an, biß ich alles was daraus fliesset, dargethan, durch welche beyde wege, man denn gewiß von einer sache deut- liche begriffe bekommen wird. Und weil eine sache entweder wahrscheinlich, oder unstreitig, oder bloß moͤglich, oder gar falsch ist, ferner ent- weder sinnlich, oder abstract, historie, oder rai- sonnement ist, und enldich nach beschaffenheit der disciplinen, dahin sie gehoͤret, vielerley seyn kan, so ist es noͤthig, hiebey was im vorigen capitel ausgefuͤhret, ihm bekannt zu machen und im uͤbrigen Logick und disciplinen zu rathe zu ziehen. Es ist kein natuͤrlicherer weg die sache deutlich zu machen, als wann ich sie mit ihren principiis und criteriis recht fuͤrstelle und beleuchte. Ha- be ich wahrheiten fuͤr mir, so zeige ich, wie es komme, daß es wahrheiten sind, und halte sie gegen den ursprung der siune, oder ich weise, was aus ihnen fuͤr saͤtze und wuͤrckungen flies- sen. Und wofern ich sie nur selbst recht erkenne, wird es mir hier nicht fehlen, selbige auch deut- lich zu machen. S. Thomasii Einl. zur Vern. cap. 12. 13. Ausuͤbung ders. cap. 1. 2. Ridigeri S. V. \& F. Lib. I. Cap. VI. Lib. IIII. Cap. II. III. IIII. §. 7. Die wichtigste art der erlaͤulerung, ist hier die beschreibung und die verschiedenen eintheilungen und einschraͤnckungen eines din- ges. von den erlaͤuterungs-gruͤnden. ges. Bey denen unstreitigen sachen, bringe ich eine deulichkeit herfuͤr, durch definitiones, descriptiones, diuisiones, distributiones, limi- tationes und exceptiones. Bey wahrschein- lichen dingen, erzehle ich nur alle sensiones und obseruationes, die bey einer sache gemacht wor- den, und lege die hypotheses mit deutlichen saͤ- tzen fuͤr augen, bediene mich dabey deutlicher worte und der guten natuͤrlichen ordnung, so wird alles deutlich werden. Mische ich nach meinen absichten, allerhand striche und aus- druckungen meines affects mit unter, erhoͤhe und erleuchte die stuͤcke, welche den leser oder zu- hoͤrer am meisten ruͤhren sollen, und verschwei- ge hingegen, verdunckele, oder streiche dasienige gleichsam anders an, was meinen absichten zuwieder lauffende sentiments bey ihm erre- gen koͤnte, so kan ich auch diese stuͤcke brau- chen, die sache nach meinem endzweck fuͤrzu- bilden. Z. e. Jch wolte diesen satz erlaͤutern Falsche leute soll man meiden: so koͤnte ichs thun per defini- tionem subiecti: Falsche leute sind solche men- schen, welche aus mangel vernuͤnfftiger ten- dresse gegen ihren naͤchsten, selbigen durch allerhand verstellungen und angenehmen schein der freundschafft zu betruͤgen suchen, damit sie ihren eignen nutzen, es koste was es wolle, allein befoͤrdern moͤgen: Praedicati: Und solcher leute gesellschafft, ia wo es moͤg- lich, bekanntschafft, soll man sich ernstlich entziehen, und sich mit ihnen auf keinerley weise einlassen: Deseriptionem: Es ist man- G 4 cher von den erlaͤuterungs-gruͤnden cher scharfsinnig und doch ein schalck, und kan die sachen drehen wie ers haben will, Syr. 19. 22. Distributionem: Derselbige schalck kan den kopf haͤngen und ernst sehen und ist doch eitel betrug, er schlaͤgt die augen nieder und horchet mit schalcks-ohren, und wo du nicht acht auf ihn hast, so wird er dich uͤberei- len, und ob er zu schwach ist, dir schaden zu thun, so wird er dich doch, wann er seine zeit siehet, beruͤcken. Man siehets einem wohl an, und ein vernuͤnfftiger mercket den mann an seinen geberden. Denn seine kleidung, lachen und gang zeigen ihn an. Diuisionem: Leute, die es nicht redlich mit ihrem naͤchsten meinen sie moͤgen nun vornehm oder gering, dum oder list i g, reich oder arm, manns- oder weibes-personen seyn, soll man weder in seine gesellschafft ziehen, noch sich ihnen aufdrin- gen: Limitationem: Es muͤste dann seyn daß man ihrer schlechterdings nicht entbehren, oder daß man sie bessern koͤnte: Exceptionem: Haͤmische leute soll ich meiden, ausgenommen wo es der wohlstand erfodert. cꝛ. Ob nun iemand fuͤr falsch zu halten, solches muß durch die wahrscheinlichkeit, so in vorigen cap. §. 14. gewiesen, erhaͤrtet werden, und da koͤnte ich meinen satz daraus also erlaͤutern: Wer von allen zu profitiren suchet, und hingegen nie- mand von sich profitiren laͤst, wer anders re- det als ers meint, wer vorwerts einem die haͤnde druͤckt, viel versprechungen thut, einen freundlich anlacht, ins angesicht lobet, einem geheimnuͤsse anvertrauet, hinterwerts aber einen durchzieht, keine versprechungen haͤlt, und was man nuͤtzliches fuͤrnimt, hintertrei- bet, aus allen dingen geheimnisse macht, ei- nem gar zu uͤberfluͤßige complimente auf- buͤr- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. buͤrdet und wenig guts in der that erzeiget, der ist billich mit allem fleiß zu meiden ꝛc. Bey historischen sachen koͤnte ich die anfuͤhrung aller umstaͤnde in einer that, der gelegenheit dazu und dergleichen, interpretationem historicam nennen. Die interpretatio Philosophica aber begreifft nach ihrem rechten begriff zugleich al- les, was ich von denen erlaͤuterungen der sache aus sich selbst, sie deutlich zu machen herfuͤr- bringe. §. 8. Jch kan eine sache erlaͤutern, wann ich die abstracten und generalen begriffe, die man von einer sache machen kan, zusammen nehme, und als grund-saͤtze ansehe, daraus mein satz oder obiectum fliesset, und dieses heis- set man illustrationem a loco communi. Z. e. Bey den obigen satz koͤnte ich folgende gedan- cken haben: Einen menschen, der des andern teuffel ist, darf ich wohl fuͤr keinen engel h a l- ten: was mir schadet, dafuͤr huͤte ich mich billich: ꝛc. Am besten aber laͤst sich diese art der erlaͤuterung, bey historien und solchen sachen ap- pliciren, die nicht eben sehr abstract sind. §. 9. Jngleichen ist dieses eine art der erlaͤu- terung, wann ich aus einem satze schluͤsse ziehe. und also dadurch deutlich die wuͤrckungen und application einer sache fuͤrstelle, wodurch ich zugleich dieselbe nach meinen absichten beleuch- ten kan, und dieses bemercket man mit der illu- stratione a consectario. Z. e. Bey obigen themate sage ich: Denn ein falscher suchet mich entweder zu nutzen, oder mir zu schaden, wann er mich genutzt, so lacht er mich dazu aus, und wenn er mir schaden ge- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. gethan, so wird er mir wohl gar noch dazu gram: Proprium enim humani ingenii est: odis- se quem laeseris. Tacit. Agr. 42. 6. Oder: denn auftichtige leute meinen, man sey eben der haar als die falschen gesellen: Oder: denn man kan bey solchen leuten schwerlich einen raisonnablen en dzweck erhalten: Oder: Dann ihre bekanntschafft und gesellschafft, ist was sehr unangenehmes, gezwungenes und schaͤd- liches ꝛc. Hiebey thut die Logick gute dienste, wann sie die arten der schluͤsse zeiget. §. 10. Endlich kan man auch eine sache deut- lich machen, oder ihr nach seinen absichten ver- schiedene gestalten geben, wann man allerhand moͤglichkeiten dabey erdencket, betreffend die umstaͤnde, ursachen, wuͤrckungen, guͤte und an- dere einfaͤlle, welche man bey einer sache ha- ben kan, und dieses haben die rhetores bißher mit einem gar zu generalen worte illustratio- nem a meditatione genennet. Was meditatio heisse bey denen Logicis, ist bekannt. Es wuͤnschte mancher unter dem specioͤsen titel der meditation eine verlegne wahre, abge- schmackte auch wohl boßhaffte tinctur, anzuwer- den, doch dieses gefaͤllt nur leuten, die gerne boͤ- ses gut und gutes boͤse heissen. Ein rechter red- ner bedienet sich lieber, der wahrhafftig aus ei- ner sache fliessenden erlaͤuterungen, als dieser art der moͤglichen einfaͤlle, dazu ihm nur etwan der geringste umstand der sache, eine kleine ge- legenheit gegeben, und welche so leicht wahr als falsch, recht oder unrecht, seyn koͤnnen. Jch habe oben diese art der meditation uͤberhaupt ein raisonnement geheissen und der historie ent- gegengesetzt, §. 8. not. a. Doch kan man die selben von den erlaͤuterungs-gruͤnden. selben allerdings auch wohl gebrauchen, wann man eine honette absicht hat und sich einer ge- schickten manier, selbige anzubringen, bedienet, Z. e. Falsche leute soll man meiden: Denn man moͤchte sonst von ihnen angesteckt wer- den: Sie sehen auf einen grossen beutel und nicht auf verdienste: Wenn der wolff den schaffspeltz angezogen, ist er am gefaͤhrlich- sten: Man hat zwar wohl falsche leute zu seiner gesellschafft gehabt, aber man ist noch von keinem unbetrogen wegkommen: sie drehen den leuten nicht nur nasen an, son- dern setzen ihnen dazu brillen darauf: es sind gleichsam politische ketzer und also gehoͤren sie mit zu denen, davon die schrifft uͤberhaupt sagt: einen ketzerischen menschen meide. Sie haben GOtt den dienst und dem naͤchsten die liebe aufgesaget: Hic niger est, hunc tu Roma- ne caueto. §. 11. Ausser dem wesen der sache, finden sich viel dinge, deren gleichheit oder ungleichheit mit meinem obiecto kan gezeiget werden, sel- biges dem zuhoͤrer deutlich, oder nach meinen absichten, fuͤrzustellen. Zeige ich die gleichheit, so finde ich selbige entweder in meinungen, oder exempeln, oder gleichnissen, rede ich aber von der ungleichheit meines obiecti mit andern sa- chen, so ist die ungleichheit entweder ab opposito, oder a dispari herzunehmen. Es ist hievon in dem vorigen cap. bereits etwas angefuͤhret. §. 12. Exempel sind species oder indiuidua, das ist, mehr sinnliche als abstracte begriffe, welche ich mit denen abstractis, darunter sie stehen, gegen einander halte, damit aus dieser zusammenhaltung, die sache den sinnen naͤher kom- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. komme, und nach meinen absichten, desto leich- ter und deutlicher begriffen werde. Sie wer- den aus der historie und erfahrung hergenom- men, und wohl erstlich an und fuͤr sich nach ih- ren umstaͤnden erlaͤutert und bewiesen, hernach aber auf das fuͤrhabende obiectum appliciret, oder auch nur kurtz in wenig worten, ohne ap- plication fuͤrgetragen. Z. e. Falsche leute soll man meiden: Illustrat. ab exemplo: Haͤtte sich Simson nicht mit der Delila eingelassen, waͤre er nicht um seine krausen haare, um seine augen, freyheit und endlich gar um das leben kommen. Haͤtte Sissera nicht aus der Jael ihrem m i lch-topf getruncken, und sich so treuhertzig machen lassen, in ihrem gezelt zu schlaffen, so wuͤrde sein schlaf mit dem tode, durch den fatalen nagel nicht seyn zusammengehefftet worden. Fuͤr Joabs gruß, Judas kuß und Granvel- lanischer schreibekunst, muß man l eben so wohl als fuͤr dem teuffel ein creutz machen. §. 13. Jch kan meine meinung durch al- lerhand testimonia erlaͤutern, wann ich die gleichheit eines satzes mit andrer leute mei- nung, ausspruͤchen, spruͤchwoͤrtern und derglei- chen darthue, und dabey dieienigen umstaͤnde bemercke, worinn sie miteinander genau uͤber- einkommen, oder von einander unterschieden. S. hiebey das vorige capit. §. 26. Z. e. Bey obigen satz fuͤhrte ich an Tacitum H. 1. 2. 6. der sagt: Quibus deest inimicus, subinde per amicos opprimuntur: und A. 14. 56. 5. odi- um fallacibus blanditiis velatur. Oder ich spraͤ- che: Wer einmahl aufm fahlen pferde ertappt ist, von den erlaͤuterungs-gruͤnden ist, dem trauet man nicht mehr: Oder ich sag- te: Grosse Herren sind einem manchmahl oh- ne raison gram, und setzte hinzu Tacit. A. 6. 48. 2. Multi potentibus inuisi, non culpa, sed vt flagitiorum impatientes. §. 14. Ein simile ist, wann ich eine idee oder satz mit dem andern vergleiche, und ohn- geachtet beyde ein ander nichts angehen, den- noch ein oder mehr eigenschaften und ideen be- mercke, darinn sie einander gleich kommen, solche idee oder eigenschaft nennet man so dann das tertium comparationis. Man kan die gleichheit eines dinges mit dem andern durch ein wort oder bild bemercken, durch etliche ei- genschaften durchfuͤhren, die gleichheit so wohl als ungleichheit insonderheit andeuten, und beyder verhaͤltniß gegen einander abmessen, auch wohl iedwede absonderlich ausfuͤhren. Z. e. Thesis: Schwelgerey ist ein schaͤdlicher af- fect: Illustr. Metaph. Sie ist ein weg, der uns zum verderben fuͤhret: Simile: Ein wa- gen, darauf man zur hoͤlle faͤhret: Allegor. Bernhardi: Defluit luxuria, quae tamquam currus quadrigis voluitur vitiorum, ingluuie ventris, li- bidine coitus, mollitie vestium, otii soporisque re- solutione, trahitur equis duobus. prosperitate vitae et rerum abundantia. Et his qui praesident, duo sunt aurigae, torpor \& securitas. Comparatio: Sie ist eine zauberische Circe, gleichwie diese des Ulysses gesellen in mancherley thiere als schweine, affen, bunde und dergleichen ver- wandelte, so veraͤndert auch die schwelgerey die menschen in allerhand viehische gestalten, und da die Circe doch noch denen metamor- phosirten ihre vorige gestalt wiedergeben konte, so ist dieses die schwelgerey nicht ver- moͤ- von den erlaͤuterungs-gruͤnden, moͤgend. Dissimil. Pythagoras aß kraut und ruͤben und lebte maͤßig, fuͤhrte hingegen seine nachfolger zur weißheit: Die schwelgerey hingegen erlaubt ihren anhaͤngern alles, und macht sie zu narren: A minori ad maius: Ein vernuͤnftiges thier laͤsset sich nicht zwingen unmaͤßig zu fressen und zu sauffen, wie viel- mehr wird sich ein vernuͤnftiger mensch fuͤrzu- sehen haben, daß er nicht von selbsten in das laster der schwelgerey verfalle. Prot. und Apod: Gleichwie das panterthier, da es den wein liebt, auch dadurch um seine freyheit kommt: Also wird auch der mensch, welcher der schwelgerey ergeben; dadurch um seine wohl- fahrt gebracht: Die schwelgerey ist ein glat- tes eiß, darauf man gar zu leichte faͤllt, ein Sodoms-apfel, der auswendig schoͤn, inwen- dig voll asche ist, eine rose mit dornen, eine guͤldne sclaven kette, eine thuͤr zum grabe, ein weg zur hoͤllen, ein prophete, der den bettel- stab vorher anzeiget, ein zeichen, daran man abnehmen kan, daß der verstand nicht zu hau- se, oder wohl gar die unvernunfft besitzerin des hauses. ꝛc. Siehe oben cap. 3. §. 29. §. 15. Die ungleichheit eines dinges kan ich zeigen, mit denen ihm entgegen gesetzten ideen und saͤtzen, welche entweder bloß disparata sind, oder contraria und contradictoria. Bey ienen ist nicht viel zu erinnern, indem alle simi- lia auch dissimilia seyn und von solchen in vori- gen §. gesagt worden, diese aber heissen eigent- lich opposita und in saͤtzen obiectiones, und dienen dazu, daß man durch die regeln einer guten eintheilung und opposition finde, was dem vorhabenden obiecto koͤnne entgegen ge- setzet von den erlaͤuterungs-gruͤnden. setzet werden, selbiges damit zusammen halte uñ den mercklichen unterschied zeige, damit man aller confusion und unrichtigen concepten, bey dem leser oder zuhoͤrer fuͤrkom̃en, und in fuͤrbil- dung des obiecti seine einbildung praͤoccupiren moͤge. Z. e. Jch halte die falschheit und aufrichtigkeit, die schwelgerey und maͤßigkeit, einen narren und klugen gegeneinander. Oder ich zeige den unterschied der glaͤubigen und unglaͤubigen, derer, die GOtt dienen und die ihm nicht die- nen: Oder ich sage, worinn falschheit und landes-verraͤtherey, schwelgerey und geitz von einander unterschieden Hiebey sehe man, was oben cap. 3. §. 34. etwan beygebracht. Hln. Langens E. 3. O. p. 69. Hederich. l. c. p. 357. 413. Was sonsten in andern Rhetoricken von figuren und dergleichen hiebey gewiesen wird, findet sich von selbsten, wann man diesen §. ver stehet. §. 16. Bey denen exempeln ist noch dieses zuerinnern, daß ich mich sonderlich nach ihnen umthun muͤsse, wann die sache so abstract, pa- radox, unglaublich, und trocken zu seyn schei- net, das man selbige schwerlich begreiffet, und wann es noͤthig ihr eine solche tour zu geben, die meinen absichten gemaͤß bey dem zuhoͤrer oder leser einen eindruck machen kan. Und nach diesen beyden absichten, welche man bey exem- peln haben kan, muß man sich auch in der wahl und anfuͤhrung der exempel richten. Z. e. Wann ich spraͤche: Eo miserabilior, quo quis putatur illustrior: Die groͤsten leute sind biß- weilen die elendesten; so muͤste ich wohl H durch von den erlaͤuterungs-gruͤnden. durch exempel solches erlaͤutern: Oder ich sagte: Die gelehrten sollen sich nicht mit einander zancken; so koͤnte ichs also erlaͤutern: Wann sich die studenten unter einander schlagen, so behalten sie ihre schlaͤge, und das Concilium bekommt die straf/ gelder. §. 17. Testimonia, apophthegmata, pro- uerbia, und dergleichen fuͤhre ich an, wann et- wa andere, meine saͤtze durch recht nachdruͤckli- che und deutliche worte exprimiret haͤtten. Und wann ich sie nach der beschaffenheit des zuhoͤ- rers oder lesers und der sache selbst artig aus- suche, so kan ich auch vermittelst derselben einen solchen concept den leuten von der sache ma- chen, als ich intendire. Z. e. Bey obigen satz koͤnte ich anfuͤhren: Sabi- nus sagt: Graue onus, paruus honos, eum cum gestat ὀνος. Bey dem andern: Chrysostomi worte: Zelus sapere nescit \& ira consilium non habet. Oder Juan Rufo Apophthegm. 431. Entziehe dich dem disputiren, ehe du erhitzt wirst, der sieg ist allezeit dessen, der sich fuͤr zanck huͤtet. §. 18. Gleichnisse muß ich beybringen, wann die sache dunckel ist und leicht mit andern augen kan angesehen werden, als ich wuͤnsche, daß man sie betrachten solle. Also muͤssen sie an sich selbst deutlich seyn und nicht mit meinen ab- sichten streiten. Sie tragen auch vieles zum putz meines obiecti bey, und daß der zuhoͤrer oder leser seine aufmercksamkeit sonderlich auf den umstand wende, welchen ich mit einem gleichnisse distinguire. Hiebey ist zu mercken, daß von den erlaͤuterungs-gruͤnden. daß nicht die beyden comparata als zwey substantiua leicht zusammen gesetzt werden, und daß auch in dem gleichnisse selbst, auf der seite des termini improprii nichts wiederspre- chendes sey, endlich daß es nicht uͤber das ter- tium extendiret werde. Z. e. Den todt nenne ich: Einen schlaf: das grab: Eine ruhekammer, die suͤnde: Eine giftige schlange. Die neidischen gelehrten vergleiche ich mit bettlern, da immer einer scheel siebet, wann der andre vor der thuͤr ste- het. Geschencke heisse ich guͤldne hauptschluͤs- sel, ꝛc. Der donner des goͤttlichen worts, geht noch an, ingleichen: Die strahlen des Gluͤcks; die sonne der gerechtigkeit; aber: Die butter des verstandes; der puffer des vater unsers; nimm als ein loͤwe deinen don- nerkeil; die diamantnen schloͤsser des himmels; ich kan mit meinem schaafe der gedult, dem schlaͤchter des schicksaals nicht entgehen; ꝛc. klingt laͤppisch. §. 19. Dissimilia, opposita, repugnantia und dergleichen, fuͤhre ich an, wo zu besorgen ist, es moͤchte der zuhoͤrer oder leser, etliche din- ge miteinander vermischen, oder sich von ie- nem einbilden, was ich gerne wolte, daß er von dem andern dencken solte. Hier kan ich zu- gleich dieienigen erlaͤuterungen bey dem oppo- sito selbst anwenden, welche aus dem wesen desselben fliessen und darzu oben §. 5. 6. 7. 8. 9. 10. anweisung gegeben worden. Doch muß ich mich huͤten, daß mich die leute nicht bey der illustration ab opposito fuͤr einen paß- quillanten ansehen. H 2 Z. e. von den erlaͤuterungs-gruͤnden. Z. e. Jch ruͤhmte eine aufrichtge froͤimmigkeit, so koͤnte ich fuͤglich den heuchler abschildern, wann ich alle die eigenschaften fuͤrbildete, da- mit er sich etwan verriethe: Z. e. ich sagte: Man sehe doch, wie der heuchler dort in der kirche an dem fenster seiner capelle stehet, die haͤnde aufbehet und die augen verdrehet, wie er bier in seiner behausung die fenster oͤfnet, auf die knie faͤllt und gantze stunden betet, man hoͤre nur, wie er in gesellschaft von tu- gend, von ehrlichkeit, froͤmmigkeit und der- gleichen unvergleichlich wohl zu reden weiß, man erwege, wie er allenthalben, merckmahle seiner selbstverlaͤugnung geben will, er isset und trincket sich nicht satt, er traͤgt einen kahlen abgenutzten rock, er spielet weder l’om- bre, noch rommelpiquet, noch bassette, er will kein frauens-mensch ansehen, er gebt zu kei- nem schmause, ist der musick spinnefeind, hielt es fuͤr todtsuͤnde, wann er einmahl dem frauenzimmer ein staͤndgen bringen solte, ꝛc. Dieß alles ist nicht so schlechthin zuverwerf- fen: Aber nun wollen wir ihn auch auf der an- dern seite beleuchtẽ, wie sieht es in seinem her- tzen, ia nur in seiner kammer und haußhaltung aus? Seine arme frau und kinder muͤssen covent trincken, wann er so lange krnmme griffe macht, als ihn die leute mit bouteillen wein beschencken, welche er ins geheim nicht so wohl seines schwachen magens als vielmehr des guten geschmacks wegen, ohne iemandes gesundheit zu trincken ausleeret, sein gesinde bringt er ums verdiente lohn und brodt, wann der laquais keinen kuppler abgeben und die magd aus furcht fuͤr einer fruͤhzeitigen ver- mehrung des menschlichen geschlechts, nicht mehr in seiner anwesenheit sein schlafgemach betreten will, insgeheim redet er von allen leu- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. leuten boͤses, zumahl wann ihm in seinen ta- backs-collegiis, die vertraulichkeit und gleich- heit der gegenwaͤrtigen die zunge loͤset, und der arme suͤnder, den er schwartz zu machen allerhand farben bey bringet, keine zeit und gelegenheit zur verantwortung finden kan, er sucht alle durch allerhand raͤncke ums ih- rige zu bringen, weltzt sich wie Caligula in den alten thalern, ꝛc. Auf die weise moͤchte etwan dasbild eines solchen heuchlers entworf- fen seyn. Wolte ich nun gar kleider und woh- nung zugleich mit beschreiben und haͤtte wohl gar iemand in gedancken, den ich abschilderte, so koͤnte freylich mein conterfait so gerathen, daß es einem paßquill aͤhnlich saͤhe, (Z. e jener pa- stor sagte: Jch will ihn nicht nennen, ihr kennt ihn alle wohl, vor acht tagen fiel ihm der backofen ein. ) Zumahl wann ich zu einer zeit und an einem ort lebte, vbi difficile est saty- ram non scribere. Juuenal. §. 20. Die argumenta illustrantia haben grosse gewalt und oͤfters groͤssere als die pro- bantia selbst, nachdem der zuhoͤrer nemlich mehr duꝛch die phantasie, als gruͤndliche schluͤsse zu convinciren. Dañenhero hat man sorgfaͤltig dahin zu sehen, daß man nicht der wahrheit zum nachtheil selbige anbringe, oder der tugend und honnetete damit schade, hingegen den la- stern und unwahrheiten den weg bahne. Man kan durch die illustrantia eine sache laͤcher- lich, abiect, heßlich, aber auch praͤchtig, ernst- hafftig, schoͤn und angenehm machen, sie mag an und fuͤr sich seyn, wie sie will, wie leicht ist es also, daß ein waͤscher diese farben versetze und dem zuhoͤrer oder leser ein blendwerck fuͤrmache, H 3 den von den erlaͤuterungs-gruͤnden. den guten geschmack verderbe und den willen verkehre. Dannenhero einem vernuͤnfti- gen leser oder zuhoͤrer, die sache allezeit suspect wird, wo er merckt, daß man es mehr auf illu- strantia, als gruͤndlichkeit ankommen lasse. conf. Clerici diss. de argumento ab inuidia ducto welche in seiner Philosophie, gleich nach der Logick gesetzt, Hl. Lic. Jaͤnichen hat des Clerici Philosophie, wie bekannt, mit einer netten vorrede, von dem leben dieses Philosophen, herausgegeben, Leipzig, 1710. 8. §. 21. Die klugheit erfodert hiebey, daß ich zufoͤrderst sehe, ob die sache auch wolle illu- striret seyn oder nicht, hernach daß ich mich nach einem guten vorrath von dieser art ar- gumentis umsehe und aus demselben nach be- schaffenheit derselben, nach den begriffen und neigungen meines zuhoͤrers oder lesers illu- stꝛantia aussuche, und ob sie sich zu meiner dispo- sition schicken, erwege. Also muͤssen sie nicht gar zu unbekannt, weithergeholet, gezwungen, verhast, obscoͤn, dunckel, zweydeutig, laͤppisch gar zu bekannt, und sonst meinen absichten zu- wieder seyn, nicht ungegruͤndete, aͤrgerliche, uͤbele, gedancken zugleich mit rege machen, nicht zu weitlaͤuftig, in gar zu grosser menge, und gar zu sehr gekuͤnstelt, oder am unrechten ort, z. e. praͤchtige bey schlechten dingen, oder umgekehrt, angebracht werden, hingegen unter sich selbst, mit der sache, und allen ihren umstaͤnden in guter harmonie stehen, welches alles denn, wegen vieler dabey fuͤrfallenden umstaͤnde, nicht eigentlich kan determiniret wer- von den erlaͤuterungs-gruͤnden. werden, sondern einer geschickten anfuͤhrung fleißigen uͤbung, und eignem nachsinnen zu uͤberlassen. Wo man hier fragen muß: Woher nehmen wir brod in der wuͤsten? Da siehet es um einen redner gefaͤhrlich aus. Und wann mich iemand fruͤge, woraus er seine illustrantia hernehmen muͤsse, so wuͤrde mir selbst bange werden. Zwar bey denenienigen illustrantibus, welche aus dem wesen der sache fliessen, giebt es keine schwierigkeit, hingegen bey denen andern wel- che ausser dem wesen der sache sind, setzet es um so viel groͤssere. Auf die Theatra, Gradus ad Parnassum, Specula, Polyantheas, Florilegia, Flores, Arcana, Lexica, Nucleos, Seminaria, Bibliothe- cas, Bellaria. Polymathias, Officinas, Horas succi- siuas, Memorabilia, Collectanea, Amphitheatra, Aurifodinas, Thesauros, Recueils, Memoires, Di- uersitez curieuses, Oeures melés, Lusthaͤuser, Rei- se beschreibungen, Schatz-meister, die in Ana und dergleichen Locorum Communium scripto- res, moͤchte ich nicht alle leute gerne weisen, der geschmack ist nicht bey allen einerley und der verstand vielweniger. Daß ich doch etwas sage, so rathe ich: Man nehme testimonia aus solchen auctoribus, die dem zuhoͤrer gefallen; exempel von guten sachen, aus der neuen, von boͤsen, aus der alten Historie, oder mit einem wort, aus der Historie uͤberhaupt; similia ins- besondere, aus dem reich der natur und zwar lieber aus der Europaͤischen historia naturali, als aus der Asiatischen Africanischen und Ame- ricanischen welt; alle mit einander aus seinen eigenen, mit iudicio gesamleten excerpten. Riemers lustiger redner, zeiget in einigen ex- empeln, wie laͤcherlich es sey, wann man hierwie- H 4 der von bewegungs-gruͤnden. der verstosse. Doch kriegt man auch wohl noch alle tage in predigten, parentationibus, und complimenten der leute, gnug von solchen oratorischen schnitzern zu hoͤren, deswegen ich hier das papier nicht damit verderben will. Das fuͤnfte capitel, von bewegungs-gruͤnden. Jnhalt. W As argumenta pathetica seyn? §. 1. Wie sel- bige eingetheilet werden? §. 2. Was conci- liantia seyn? §. 3. Wie vielerley dieselben? §. 4. Wodurch sich der redner beliebt mache? §. 5. Wo- durch er sich in auctoritaͤt setze? §. 6. Wodurch er die attention des zuhoͤrers erhalte? §. 7. Was die regeln der klugheit bey anbringung dieser argumento- rum erfodern? §. 8. Was eigentlich commoventia seyn? §. 9. Wie vielerley dieselben? §. 10. Wie denen geldgeitzigen beyzukommen? §. 11. Denen ehrgeitzigen? §. 12. Denen wolluͤstigen? §. 13. Denen gemischten temperamenten? §. 14. Wie die affecten rege zu machen? §. 15. Wie sie fuͤrzustel- len? §. 16. Wie sie zu unterdruͤcken? §. 17. Wie die pathetica probantia und illustrantia mit einander zu verbinden? §. 18. Was hierbey den regeln der honetete, §. 19. und den regeln der klugheit gemaͤß? §. 20. Vollkommene Topic oder fuͤrstellung aller argumentorum §. 21. §. 1. O Bige arten von argumentis, gehen nicht directe auf den willen, sondern vielmehr auf die einrichtung des ver- standes und dessen uͤberzeugung. Dieienigen aber, womit man bemuͤhet ist, sich der neigun- gen von bewegungs-gruͤnden. gen des zuhoͤrers oder lesers, bey solchen sachen, die in die uͤbung muͤssen gebracht werden, zu be- meistern, heisset man ins besondere argumen- ta commoventia, oder besser: pathetica, be- wegungs-gruͤnde. Judicioͤse leute bewege ich mit gruͤndlichen schluͤs: sen, ingenioͤse mit artigen gleichnissen und aller- hand besondern einfaͤllen, memorialische leute mit zeugnissen und exempeln, aber wann ich schon auf solche weise den verstand gefuͤllet mit vielen wissen, so fehlet es doch diesem niemahls an ausfluͤchten, welche ihm, die uͤble einrichtung des willens gegen den verstand, an die hand giebt. Also heist es bey solchen: video meliora proboque, deteriora sequor. Dannenhero muß ich auch die neigungen des willens attaquiren, und also den gantzen menschen in bewegung setzen, wann ich ein obiectum patheticum habe, da es darauf ankommt, daß es der leser oder zu- hoͤrer in die uͤbung bringe. §. 2. Hier zeiget sich also die rechte kunst zu uͤberreden, und diese fuͤhret mich auf die- ienigen gruͤnde, wodurch theils die person des redners dem zuhoͤrer angenehm gemachet, theils die sache demselben nach seinen haupt- neigungen, appetitlich fuͤrgelegt wird, theils aber auch allerhand regungen des willens, zum vortheil des redners, aufgebracht und einge- richtet werden. Deßwegen unterscheidet billich Lami , l’art de parler, oder die kunst zu reden, von l’art de per- suader, oder der kunst zu uͤberreden. §. 3. Die gruͤnde, wodurch der redner sei- ne person dem zuhoͤrer angenehm macht, heissen H 5 ar- von bewegungs-gruͤnden. argumenta conciliantia. Sie sind von nicht geringer wichtigkeit, doch darf man nicht den- cken, daß sie einem lebens-regeln fuͤrschreiben, wodurch man die gewogenheit der leute in sei- ner auffuͤhrung an sich ziehe solle, sondern sie ge- ben nur mittel an die hand, wie man im reden den leuten gefallen koͤnne, worauf bey der kunst zu uͤberreden alles ankommt. Sie koͤnten zwar von einem ieden, aus den regeln der klugheit selbst, hergeholet werden, doch wird auch niemand boͤse seyn, wann ich ihn der muͤhe uͤberhebe, zumahl da diese maximen, durch die gantze beredsamkeit, ihren nutzen erstrecken. §. 4. Wer also im reden gefallen will, muß auf die beschaffenheit derer, die ihn hoͤren, son- derlich sein absehen richten, da fehlt es denen zuhoͤrern bald an liebe und vertrauen, wenn sie zumahl geldgeitzig sind, bald an hochachtung gegen ihm, wann sie ehrgeitzig, bald aber an aufmercksamkeit, wañ sie wolluͤstig und flatter- haftig, und also muß er sich um ihre gewogen- heit, hochachtung und aufmercksamkeit, moͤglichsten fleisses bewerben. §. 5. Die gewogenheit des zuhoͤrers ge- winnet man, wenn man auf eine ungezwun- gene und anstaͤndige art, dem zuhoͤrer sagt, was er gerne hoͤret; ihn ohne verdaͤchtige complimente lobet; sich ohne niedertraͤchtig- keit ihm weit nachsetzet: sich allezeit so fuͤr- stellet, daß sich der zuhoͤrer einen begrif von uns mache, wie man eine aufrichtige liebe zu ihm habe; sehr honnet sey; sich der wohlfarth des gemei- von bewegungs-gruͤnden. gemeinen wesens, dem nutzen des zuhoͤrers, dem interesse unschuldiger mitleidens-wuͤrdi- ger personen, ohne eigennutz aufopfere; die falschheit hasse; die aufrichtigkeit hochhalte, und sich derselben befleißige; wenn man alle ruhmraͤthige, satyrische einfaͤlle und invectiven in den zuhoͤrer meidet; sich nicht leicht uͤber et- was moquiret, oder wann man etwas tadelt, es in sehr frembden exempeln thut, oder in prima persona plurali redet; wenn man die wiedrigen gedancken des auditoris unver- merckt bestreitet; niemahls der orthodoxie und recepten doctrin zu nahe tritt; dem audi- tori nicht offentlich wiederspricht; die sache feinem eignen urtheil uͤberlaͤst; solche illustran- tia anfuͤhret und lobet, die dem auditori ge- fallen; sich so viel moͤglich mit demselben sym- pathisiret; alles nach dessen geschmack und begrif einrichtet ꝛc. Uberhaupt sind die leute denenienigen gut, die ih- nen gefallen, und es gefallen tugend, weißheit, vernuͤnftige schluͤsse, an dem redner oͤfters nur wenigen, und diesen darff man keinen wind vor- machen. Hingegen gefaͤllet uns, was nach unsern geschmack und neigungen eingerichtet ist, also muß ein redner den zuhoͤrer recht ausstudie- ren, wenn er desselben liebe erhalten will, damit er sich mit demselben sympathisiren koͤnne und durch eine lebhaft angenommene gleichheit, die der grund aller liebe ist, sich bey ihm insinuire. Zwar ist die natuͤrliche sympathie staͤrcker als die gemachte, datur etiam hic felicitas, mancher bekuͤmmert sich wenig oder nichts um die gewo- genheit der leute und bekommt sie am ersten, ein von bewegungs-gruͤnden. ein ander arbeitet sich daruͤber zu tode, und doch sagen die leute, er verstehe die kunst nicht Dese faire aimer. Allein kan man doch falsch gold und silber machen, das dem wahrhaften aͤhnlich sieht, und blinde halten es auch fuͤr aͤcht, die se- henden dencken es muͤsse so und nicht anders seyn. Die sache braucht keiner grossen demon- stration, und auch keiner weitlaͤuftigen erlaͤu- terung. §. 6. Sich in auctoritaͤt zu setzen, muß der redner gruͤndliche, iudicioͤse, scharfsinnige, nuͤtz- liche dinge fuͤrbringen; zeigen daß Gott und goͤttliche dinge daran theil nehmen; der groͤsten leute meinung mit seiner uͤberein komme; daß man sich dennoch nicht durch aberglauben und vorurtheile hinreissen lasse; sondern die warheit und tugend liebe, und auch zu seinem schaden verthaͤidige; da muß man alle gemeine, mit abiecten laͤcherlichen ideen, verbundene reden weglassen; keine laͤppische exempel, gleichnisse, spielen in worten, eitle zierrathen einbringen; zuweilen von den gemeinen methoden abge- hen; an statt der wege und affecten, die der auditor zu hoͤren meinet, andere erwehlen; von sich und seinen meriten wenig, mit grosser modestie, ohne ostentation und affectation reden, und allezeit zu verstehen geben, daß man bey dem zuhoͤrer mehr vermuthe; nicht mer- cken lassen, daß man auctoritaͤt suche; doch aber zu keiner familiaritaͤt anlaß geben; ꝛc. Die verwunderung und ihre mutter die unwissen- heit, der damit verwandte aberglaube, das vor- urtheil menschlichen ansehens, der eigennutz, die alber- von bewegungs-gruͤnden. alberne phantasie der leute, haben fuͤr denen elendesten dingen die groͤste hochachtung. Das wissen gescheute redner und verstecken sich also allezeit hinter solche vergroͤsserungs-glaͤser, aber es ist nur schade, daß die windmacher mehren- theils gluͤcklicher damit umgehen koͤnnen, als die liebhaber der wahren weißheit. Sie rai- sonniren von nichts als staats imaximen, sca- uoir-faire, politique, intrigues, denen geheim- sten absichten der Monarchen, ihren mesures, denen arcants politicis, staats-fehlern der gantzẽ welt, so bewundern wir sie als oracula pruden- tiae. Sie allegiren gantze dutzend auctores, mischen Arabisch und Malabarisch mit ein, reden von den cedern in orient biß an den yssop in occident, mahlen uns die priester der Jsis wie ertzgebuͤrgische bergmaͤnner ab, beschreiben uns die unterschiedenen farben des steins der weisen, bemuͤhen sich unverstaͤndlich zu sprechen und neue wahrheiten zu erdencken, biß der ver- stand uͤberschnapt, und so halten wir sie fuͤr ge- lehrt. Sie haben nichts, als verlaͤugnung und unterdruͤckung der selbst-liebe, creutzigung des fleisches, Christum in uns, inbrunst des her- tzen s gegen das reich der kinder Gottes, eckel ge- gen die schaugeruͤchte des luͤsternden fleisches, liebe zur tugend, auf der zungen, so glauben wir, sie sind fromm u. s. f. Wie wenig haben so ein scharffes gesicht, durch solche polyhedra oder vergroͤsserungs-glaͤfer, das rechte und in gehoͤriger groͤsse zu sehen, wie wenig duͤrffen, wann sie ia scharfsichtig sind, davon muchsen, aber wie schwer haͤlt es, daß ein weiser mit einer solchen gabe der unverschamheit, maͤchtigen ge- schrey, verdrehung der augen und werffen der haͤnde, als denen windmachern naturell ist, sich noch dazu hinter einer solchen machine und in einen solchen raritaͤten-kasten verstecke, daß ihn der von bewegungs-gruͤnden. der vornehme, gelehrte, reiche, und aller poͤbe l fuͤr was besonderes halte. §. 7. Aufmercksamkeit erreget man bey dem zuhoͤrer, durch einen ordentlichen, deutli- chen, kurtzen, leichten, angenehmen fuͤrtrag; wann man erinnert, daß man wichtige sachen zu proponiren habe, die des zuhoͤrers wohlfarth und interesse betreffen: daß man rechte ge- heimnisse, kunstgriffe, res momentosas, die man sonst nicht so gemein mache, fuͤrbringen wolle; wenn man seine sachen in bildern gleichnissen, exempeln, argutien, ungewoͤhn- lichen figuren, wuͤnschen, bitten einschliest; wann man gleichsam die gedancken des zuhoͤ- rers aufsuchet, selbige zu errathen meinet, zweiffelhaftig machet; die rede auf gantz spe- cielle umstaͤnde fuͤhret, die der zuhoͤrer nicht leicht vermuthet; also nicht zu subtile, weither- geholte weitlaͤuftige, dunckele, verworrene, mit limitationibus, propositionibus incidentibus, digreßionibus distrahirte sachen, fuͤrtraͤgt; noch einen schlaͤffrigen stilum und fuͤrtrag gebrau- chet ꝛc. Es kommt hier am meisten darauf an, daß man den zuhoͤrer curioͤs macht. Bey den windma- chern heist es hernach zuletzt: coruos delusit hi- antes, et mundus vult decipi. Schuppius hat die fehler, welche hiebey fuͤrgehen, in etlichen reden artig fuͤrgestellet. Hl. Hoffrath Mencke hat ebenfalls die marcktschreyerey der gelehrten hiebey, und Lilienthal in seinem Machiauelli- smo litterario recht artig abgeschildert. Ein vernuͤnftiger redner kan, bey dem verderbten ge von bewegungs-gruͤnden. geschmack der welt, dergleichen fast nicht um- gang haben. §. 8. Die regeln der klugheit erfodern, daß man angefuͤhrte argumenta mit unterschied und nicht an dem unrechten ort anbringe. Denen geldgeitzigen fehlt es uͤberhaupt an der menschenliebe, also muß man sich wohl etwas muͤhe geben ihre gewogenheit zu gewinnen, und eben diese muß man zu erhalten suchen, bey leuten, welche etwa wieder unsern fuͤrtrag, durch allerhand vorurtheile moͤchten einge- nommen seyn, oder wo unsre person und sache vielleicht etwas an sich haͤtte, daß der phan- tasie und dem affect des zuhoͤrers unangenehm fuͤrkommen koͤnte. Ehrgeitzige, hohe, einge- bildete gemuͤther, entziehen leicht allen ihre hochachtung, weil sie zu viel fuͤr sich selbst ha- ben muͤssen, also muß man bey diesen schon mehr fleiß anwenden, bey ihnen estimiret zu werden, wenn sie zumahl sich nichts sonderli- ches verspraͤchen von dem redner, da er ihnen unbekannt, unerfahren, furchtsam, iung und uͤbel beruͤchtiget fuͤrkaͤme, oder wann diesache, dem ersten ansehen nach, von geringer wichtig- keit schiene. Wolluͤstige leute sind wie Sosia beym Terentio: amis de tout le monde, und gehen auch mit ihrem estim sehr verschwende- risch um, aber flatterhaftig sind sie, also daͤch- te ich, man haͤtte wohl ursach, ihren mercurium zu figiren, und sie attent zu machen. Eben dieses ist auch noͤthig, wann der zuhoͤrer die sa- che von bewegungs-gruͤnden. che fuͤr bekannt, obscur, unnuͤtze, ihm contrair, ansiehet, oder wann sie an sich etwas trocken und ernsthaft ist. Doch muß man bey allen, sich nicht mercken lassen, wie man eben ihre ge- wogenheit oder hochachtung oder aufmerck- samkeit, durch solche griffe zu gewinnen suche. Jch werde vielleicht einigen bey dieser art von ar- gumentis zu wenig, einigen zu viel gesaget ha- ben, alleine ich habe von anfang, dieser leute ihre gedancken vorausgesehen, und also gesucht es beyden recht zu machen, daruͤber bin ich auf die mittelstrasse gerathen, damit ich nemlich von keinem zu weit abkaͤme. Juzwischen ist nicht meine meinung, als ob ein redner, alles was ich gesetzt, schlechthin anbringen muͤsse, auch nicht, daß er ausser dem, was ich beyge- bracht, nicht noch etwas anders und vielleicht bessers aussinnen koͤnne. Sondern wir versi- ren hier in den regeln der klugheit, da niemahls keine gantz universelle, aber auch keine gar zu specielle regel kan gegeben werden, und doch gute erinnerungen nicht schaden koͤnnen. Man schlage die auctores, welche von der erfindung geschrieben, hiebey nach, aber man studire auch dabey die erkaͤnntniß der welt, aus der Moral und erfahrung. §. 9. Mit diesen argumentis haben die ei- gentlich so genannten com̃oventia, eine genaue verwandschaft, vermittelst welcher man den zuhoͤrer zu uͤberreden bemuͤhet ist, daß die sache nicht nur an sich selbst gut und so beschaffen sey, wie sie der zuhoͤrer wuͤnschet, sondern daß sie auch ins besondere, dem zuhoͤrer zutraͤglich sey. Dabey man also die aͤusserste kraft zugebrau- chen, von bewegungs-gruͤnden. chen, sich der neigungen des zuhoͤrers zu be- maͤchtigen, und seinen willen zu annehmung und ausuͤbung der fuͤrgetragenen wahrheit, ohne schwierigkeit zu disponiren. §. 10. Der mensch hat drey bona absoluta und dabey sonderlich drey bona respectiua, da denn diese zwar aus ienen entstanden, aber doch verstand und willen mehr occupiren als iene, und also drey hauptneigungen zeugen nemlich geldgeitz, ehrgeitz, wollust. Will der redner nun auch seine sache dem auditori angenehm machen, und ihn zur ausuͤbung der fuͤrgetragenen wahrheit uͤberreden, so muß er hauptsaͤchlich suchen zu zeigen, daß sein fuͤr- trag, zu erhaltung derer neben- und schein-guͤ- ter diene. Dannenhero sich hier dreyerley gruͤnde dem redner darbieten, welche mit et- was schwanckenden concepten, die argumen- ta ab utili, honesto, und iucundo, genennet werden. S. Thomasii Ausuͤbung der Sittenlehre. Ridigeri Philos. pragm. oder Institutiones erudi- tionis p. 606. sqq insonderheit p. 706. sqq. allwo er zugleich des G r acians maximen disponiret, die man denn ebenfalls hiebey nachlesen mag- Jch weiß wohl, daß mancher sich eingebildet, er sey ein Hercules, wann er diesen dreyleibich- ten Geryoni, einen kampf angeboten, allein dieser regieret biß dato noch immer die bemuͤ- hungen der menschen, man mag von ihm glau- ben was man will, und ihn durch einen tubum caͤlestem oder terrestrem ansehen. Denen zu- gefallen die ihn fuͤr eine chimaͤre halten, will ich J hier von bewegungs-gruͤnden. hier, mit grossem reverentz fuͤr ihre meinung, sagen, ich wolle versuchen ob ich auch aus fal- schen saͤtzen koͤnne nuͤtzliche wahrheiten schlies- sen. Hiezu setzen einige noch argumenta a facili und necessario, aber sie koͤnnen leicht zu denen ange- fuͤhrten dreyen referiret werden, zugeschweigen daß man keine gruͤndliche ursach angeben kan, warum man sie als besondere membra dividen- tia ansehen wolle. §. 11. Denen geldgeitzigen sagt man: es sey eine rechte profitable sache; man koͤnne sich da- bey etwas machen; sie sey gewiß zu erhalten; ohne die geringsten kosten; von treflicher dauer; mit Gottes seegen verknuͤpft; fodere nichts als arbeit; man koͤñe dabey seinen neidern und fein- den trotz bieten; sich uͤber den wind der ehrgei- tzigen und wolluͤstigen moquiren; es waͤren viel gute anzeigungeu dabey, daß es gluͤcklich, gehen werde; es ziehe viele vortheile nach sich; man werde alt, starck, begluͤckt, vermoͤgend dabey, ohne anderer leute danck, indem man sich auf die weise zugleich formidable mache; ꝛc. Thomasius im Recht Evangelischer fuͤrsten sagt: Es sind keine aͤrgere tadeler, als die geitzigen, obngeachtet sie unter den boͤsen leu- ren die aͤrgsten sind. Desto mehr hat man sich muͤhe zu geben ihnen beyzukommen, und noch dazu sie mit worten wozu zu bringen. Es wird aber leichte werden, wann man ihre ge- muͤths-beschaffenheit recht ergruͤndet und so dann ihrem geld-hunger, argwohn, menage, furcht, neid, aberglauben, mangel des iudicii, gemaͤß redet. Dabey hat man einen unter- schied unter denen geldgeitzigen zu machen in anse von bewegungs-gruͤnden. ansehung ihres standes, erfahrung, mittel, de- rer sie sich bedienen und s. f. a. §. 12. Den ehrgeitzigen schwatzt man vom honesto fuͤr; daß sie auf solche art, falls sie unsern fuͤrstellungen gehoͤr geben, andern ei- nen concept ihrer gottesfurcht, honnettete, klugheit, und daher besondere veneration fuͤr sie, inspiriren wuͤrden; daß es allezeit ein zei- chen von etwas grossem sey, so sie verewige; bey allen in guten andencken setze; nur etwas geld koste und solches doch reichlich wieder einbrin- ge; vieler anderer bemuͤhung uͤbertreffe; sie formidable und angesehen mache; bloß ihren verdiensten, hertzhaftigkeit, geschicklichkeit, con- duite, wissenschaft ꝛc. zugeschrieben werde; ꝛc. Hiebey muß man, ebenfalls, auf die absichten eines ehrgeitzigen, und die unterschiedenen ar- ten der ehrgeitzigen, seine gedancken und gruͤn- de richten. §. 13. Denen wolluͤstigen redet man von lauter delicaten, charmanten, angenehmen, suͤssen sachen fuͤr; wie unser obiectum leib und gemuͤth ergoͤtze; alle sinnen vergnuͤge; uns beliebt, galant, gesund, immer frisch, starck, schoͤn, biß zu einem hohen alter, ohne muͤhe ar- beit und sorgen, in ruhe und frieden erhalte; uns viel freunde mache; uns in den stand setze unsern endzweck zu erhalten auf allerhand wei- se, ohne die geringste schwierigkeit; uns zu di- vertiren; andern armen leuten zu dienen; danckbar zu seyn; in allerhand angenehme conversation zu kommen; ꝛc. J 2 Alles von bewegungs-gruͤnden. Alles dieses und noch viel mehrers, giebt mir die betrachtung des wolluͤstigen an die hand, wenn ich die unterschiedenen absichten und arten desselben untersuche, und darnach zu reden mich bemuͤhe. §. 14. Zuweilen habe ich mit einem men- schen zu thun, der selbst nicht weiß, was er will, oder der ein gemischtes temperament hat. Zu- weilen aber soll ich an eine gantze versamm- lung reden, da fast ein ieder anders gesinnet, als der andre. Jn dem ersten fall muß ich die mischung des temperaments, vor allen dingen, durch die moralische wahrscheinlichkeit heraus- gebracht haben, und denn nach beschaffenheit derselben, aus obigen fontibus argumenta her- aus suchen. Jn dem andern fall, sehe ich, was fuͤr ein affect unter den auditoribus her- sche, und welchen die meisten zugethan, da ich mich dann leichte auch im reden, nach solchen richten kan. Z. e. Es herschet bey einem nur eine neigung, bey dem andern zwey, bey dem dritten gar alle drey. Bey dem ersten also, rede ich nach dem herschenden affect, oder wann die sache demsel- ben zuwieder, so suche ich die beyden neben-affe- cten wieder den haupt-affect zu reitzen; bey den letzten beyden, suche ich die argumenta fuͤr an- dern auf, welche einige verbuͤndniß mit einan- der haben, und also der mischung des affects gleich kommen. Dabey erinnere mich der arti- gen benennung, welche ein scharfsinniger kopf, denen temperamenten beylegte, da er einen men- schen von schwachen affecten oder einen phleg- maticum einen limax, einen geldgeitzigen ei- nen von bewegungs-gruͤnden. nen harpax einen ehrgeitzigen einen feuerfax, und einen wolluͤstigen einen flirax nennete einen menschen aber, wo alle drey haupt-affe- cten in grosser kraft, raseten, mit dem nahmen des fuͤnften temperaments, nemlich eines ge- schossenen bechrete. Und ich gestehe, daß bey dieser letzteren art leute, man fast an der kraft der beredsamkeit desperiren moͤchte. Das wissen unsere disputier-meister und sonst die windmacher wohl zu practiciren. Denn wann sie mit einem hauffen studenten zu thun haben, so erwegen sie leicht, daß die meisten stu- denten wolluͤstig seyn, und also reden sie ihnen auch lauter solche artige einfaͤlle und angeneh- me sachen fuͤr, daß sie ohnschwer den andern, mit allen seinen neuen wahrheiten zum gelaͤch- ter machen, und das praͤ behalten. §. 15. Aus den benannten haupt-affecten entspringen allerhand neben-affecten und re- gungen des willens, deren natur und beschaf- fenheit aus der Moral und erfahrung man sich bekannt zu machen. Jm reden ist es noͤthig selbige entweder rege zu machen oder fuͤrzust el- len oder zu unterdrucken. Jeden affect re ge zu machen, muß man uͤberlegen, seine Morali- sche und Physicalische beschaffenheit, wie er sich zu unserer sache und uͤbrigen umstaͤnden schicke, ins besondere, wie sich der zuhoͤrer dazu disponiret befinde; nachgehends sucht man nicht eben allemahl grade auf den affect durch- zudringen, und ihn zu erregen, sondern man macht sich etwan zufoͤrderst an die mit ihm ver- bundene neben-affecten; man sucht den zuhoͤ- rer immer bey der sache zu erhalten, seiner auf- J 3 merck- von bewegungs-gruͤnden mercksamkeit sich zu versichern; den verstand, von dessen fuͤrstellung die regungen des willens zum oͤftern, wo nicht allemahl dependiren, mit bildern nach unsern absichten zu occupiren; in den willen den affect selbst lebhaft anzuneh- men; hernach durch den ausdruck aller seiner eigenschaften lebhaft und nachdruͤcklich fuͤr- zustellen; man mischt allerhand contraire af- fecten, daß sie untereinander geschwaͤcht und wir meister werden; dabey laͤst man den ange- nommenen affect selbst reden, der sich durch al- lerhand ausdruckungen ohne zwang in der re- de von selbsten zeiget, welche manieren man hernachmahls figuren nennet. Conf. Hl. Langens E. z. O. I. p. 50. sqq. G, I. Vossii partitiones oratorias lib. II. Vinc. Placcii promptuarium affectuum. Schroͤters Ora- torie p. II. Cap. XII. Weisens politischer red- ner im cap. von den affecten. §. 16. Weil hierbey das meiste darauf an- kommt, daß man den affect lebhaft fuͤrstelle, und also durch die einbildung in das gemuͤth des zuhoͤrers wuͤrcke, so muß man wohl uͤber- legen, worinn der grund des affects bestehe, was er fuͤr regungen und kennzeichen habe und in was fuͤr ordnung diese kennzeichen zum vor- schein kommen. Wenn man nun den affect in seiner seele angenommen, und den strichen, die der affect fuͤrgezeichnet, auch in seinem aus- druck folget, sich dabey der obenangefuͤhrten il- lustrationen, aus dem wesen der sache bedienet, und den affect nach seinen manieren reden laͤst, alles von bewegungs-gruͤnden. alles aber, was sich zu dem affect nicht schickt, verschweiget, oder ihm eine andere farbe giebt, so kan es nicht anders seyn, man muß den af- fect nette und lebhaft fuͤrstellen koͤnnen. Conf. Morhoffii Polyh. l. III. VIIII. 16. sqq. 32. sqq. allw o er auctores, die von denen caracteribus der affecten geschrieben, anfuͤhret. Die Poeten und Mahler sind in der fuͤrstellung der affecten meister, daher Laurentius le Bruͤn in seinen Locis communibus eloquentiae poëticae lib. VII- und Carl le Bruͤn in seinem Differens caracteres des passions: beyden zu dienen bemuͤhet gewesen. Vielleicht findet man unter denen, die Hl. Stol- le in der hist. der gelahrh. III. IIII. p. 135. sqq. beybringet, auch welche, die hiezu anleitung geben. Das beste buch ist hier der lebendige mensch, und die besten regeln und exempel las- sen sich eher muͤndlich geben und in der that practiciren, als in todten buchstaben auf dem papier entwerffen. Was die figuren anbe- trift, deren ich hier erwehnung thue, so hat Lami dans l’ art de parler, am besten davon worte gemacht, unten werde ich etwas davon gedencken, wo ich von der expreßion des affects in worten handele. §. 17. Den affect bey einem zuhoͤrer zu un- terdruͤcken, kommt es darauf an, daß man das obiectum, darauf er gerichtet und gegruͤndet, unvermerckt mit andern gruͤnden, in dem ge- muͤthe des zuhoͤrers fuͤrstelle, anfaͤnglich ihn nur etwan zweiffelhaft und argwoͤhnisch mache, hernach seine aufmercksamkeit immer mehr auf die schlimme seite des affects fuͤhre und hingegen bey der betrachtung der guten J 4 sei- von bewegungs-gruͤnden. seite distrahire, zuweilen dem affect nachgebe, unter der hand zeige, wie er den fuͤrnehmsten absichten des zuhoͤrers zuwieder, auf schlechten gruͤnden ruhe, ꝛc. Dabey man, was vorhin angefuͤhret, mit zu huͤlffe nehmen muß. Sonst hat man noch argumenta a turpi, damnoso, molesto, allein man darf nur das gegentheil von dem sagen was §. 11. 12. 13. beygebracht, so hat man materie genung zum reden. §. 18. Alle menschen lassen sich vermittelst ihrer affecten fuͤhren, wo man sie hin haben will, sie muͤsten dann zu einem grossen grad der weißheit gestiegen seyn, niemand aber will das ansehen haben, als wann er es ohne raison thue. Also da zumahl iedermann sich einbil- det recht zu raisonniren, muß man niemahls den affect attaquiren, ohne zugleich, inson- derheit wo einige theorie noͤthig ist, den ver- stand zugleich nach unsern absichten zu dispo- niren. Diesemnach muͤssen die argumenta probantia allezeit den grund legen, die illu strantia sonderlich die imagination und das gedaͤchtniß occupiren, und nachgehends die pa- thetica denen probantibus und illustrantibus den nachdruck geben. Z. e. Auf die schoͤnheit soll man sich nicht ver- lassen: Argum. probans: Denn es ist eine eitel- keit. Illustrans: Sie ist ein duͤnnes glaß, so leicht in den fuͤrsichtigsten haͤnden zerbricht: Patheticum: Sie reitzet das hertze, blendet den verstand, und wird mit furcht besessen. Coniunctio omnium: Es ist gewiß keine gerin- ge eitelkeit, wann man sich auf den putz der aͤus- von bewegungs-gruͤnden. aͤusserlichen schoͤnheit mit sichern muthe ver- lassen will: Denn dieser ist einem duͤnnen glase, welches auch in den fuͤrsichtigsten haͤn- den leicht zerbricht, billich zu vergleichen, und wird zwar mit einiger vergnuͤgung besessen, hingegen mit vielfaͤltiger sorgfalt gefahr und unruhe bewahret. §. 19. Weil man aber hierdurch, sonderlich durch die pathetica, die kraͤfte des menschen in bewegung setzet, so erfodert die gerechtigkeit, daß man niemals malhonnette absichten habe, und wieder die wahrheit und tugend streite, oder den auditorẽ ohne noth beunruhige. Man muß auch nicht zu weit gehen, sondern sich allezeit in denen schrancken halten, da man fuͤr uͤbeln fol- gerungen sicher ist, und also kan man die rege- machung und unterdruckung der affecten, als etwas indifferentes ansehen, welches, wofern wir honnette absichten haben, allezeit unserer freyen disposition uͤberlassen wird. §. 20. Die regeln der klugheit erfodern, daß man solche mittel, sich der menschen gemuͤ- ther zu bemaͤchtigen, ergreiffe, welche nicht ei- ne contraire wuͤrckung herfuͤrbringen, sich im uͤbrigen aber zu den umstaͤnden des auditoris, der sache, und des redners schicken, auch in ih- rem aͤusserlichen schein, die approbation der honnetten welt erhalten koͤnnen. Jch verstehe unter der honnetten welt, nicht eben die welt, welche gold und silber auf den kleidern, federn auf den huͤten, weißheit und tugend in der einbildung traͤgt, in der that aber sich den eitelkeiten aufopfert; vielweniger dieienige J 5 welt, von bewegungs-gruͤnden. welt, welche sich darum fuͤr erschaffen haͤlt, daß sie gut essen und trincken und denen luͤsten nach- gehen koͤnne, oder welche anderntheils, den mam- mon im kasten verehret und eine knickerichte und filtzichte conduite, fuͤr ein merckmahl der gott- seeligkeit annimmt, oder an statt einer vernuͤnf- tigen beurtheilung der laster, von der medisance profeßion macht; sondern dieienigen welche verstehen und ausuͤben, was die Frantzosen nen- nen: rendre iustice a chacun et faire honnetete a tout le monde. §. 21. Hier wird man also verhoffentlich einen sattsamen vorrath von argumentis zu- sammen bringen, und wofern man nur ein we- nig iudicium practicum besitzet, ohne vermi- schung und uͤbelstand solchen vorrath anwen- den und nutzen koͤnnen. Da ich oben im 3. cap. §. 6. einer rechten topic erwehnung ge- than, so will ich hier zu einer vollkommenen to- pic, einen kurtzen entwurff geben, welcher zu- gleich eine wiederhohlung der abgehandelten materie seyn kan. Und Und da alle argumenta, entweder probantia oder illustrantia oder pathetica seyn, so sind ins be- sondere wiederum nach dem dritten capitel: Illu- Illustrantia sind nach dem vierdten capitel entweder nominalia nuda oder ( §. 4.) realia und diese sind Pathetica sind nach dem fuͤnften capitel: An- Anderer theil der Oratorie. Von dem ausdruck der gedancken. Das erste capitel, von dem ausdruck der gedancken uͤberhaupt. Jnhalt. W as sich ausdrucken heisse? §. 1. Wie vielerley dieses? §. 2. Vou der vulgairen expreßion, §. 3. Von der gelehrten elocution, §. 4. Von der formirung der rede, §. 5. Von den sprachen, §. 6. Von den buchstahen, §. 7. Von denen woͤrtern, § 8. Von denen saͤtzen, §. 9. Von denen periodis, §. 10. Von denen ursachen welche den ausdruck veraͤndern, §. 11. Von den allgemeinen sprachrichter dem ge- brauch, §. 12. Von dem gemeinen gebrauch, §. 13. Von dem gelehrten gbrauch, §. 14. Von dem galan- ten gebrauch, §. 15. Von der verhaͤltniß der gedan- cken zu dem ausdruck, §. 16. Von dem ausdruck durch die tropos, §. 17. Von dem ausdruck der affe- cten durch die figuren, §. 18. Von denen vielerley arten der figuren und derselben rechten gebrauch, § 19. §. 1. von dem ausdruck A Lles was in unserm gemuͤthe fuͤrge- het, es moͤgen nun gedancken seyn, die wir im verstande von einem ob- iecto fassen, oder regungen, welche wir in un- serm willen dabey empfinden, koͤnnen wir durch sinnliche zeichen, mit welchen die idee der sache durch den gebrauch verknuͤpfet, und un- ter welchen sie bekannt ist, von uns geben und andern menschen, mit denen wir umgehen, mittheilen. Wann wir auf diese weise nun bemuͤhet sind, die in unserm gemuͤthe entworf- fene bildungen, in das gemuͤth anderer einzu- praͤgen, so heist dann dieses bey denen menschen der ausdruck der gedancken. Bey diesem cap. s. Lami l’ art de parler \& per- suader. §. 2. Da sich alles unserm verstande durch aͤusserliche sinnliche zeichen darstellet, und durch selbige in uns gedancken und neigungen erreget, so koͤnnen wir auch alles, so bald uns nur solche sinnliche zeichen bekannt werden, ausdrucken. Die gantze natur druckt sich selbst durch sinnli- che zeichen aus und die mahlerey folgt ihrer art, durch nachmachung der an ihr befindlichen zei- chen Die belebten creaturen, haben uͤber dieses, ein vermoͤgen, durch ihre bewegung und einen besondern laut, die sinnliche zeichen der natur auszudrucken und auch die bey denen sa- chen inihnen entstandene ꝛegungen fuͤꝛzustellen. Der mensch hat endlich eine fuͤrtrefliche faͤ- higkeit, durch die stimme und rede, alle sinnliche zei- der gedancken. zeichen der natur, seine in ihm selbst entstandene wuͤrckungen des veꝛstandes und willens, oͤffent- lich an den tag zu legen, und diese theilet sich uͤberhaupt in expreßionem vulgarem und elo- cutionem eruditam. Z. e. die natur zeigt durch ihre accidentia, was man von ihr dencken koͤnne, und so bald auch die- se accidentia unsere sinne beruͤhren, verstehen wir, was so zu reden die natur damit sagen wol- le. die Mahlerey will am meisten sagen, wann sie der natur am genauesten nachgeht, hieher ge- hoͤren die bilderschrifften, Rebusde Picardie, Ci- fre oder Gieroglifici Grammaticali, hernach die Hieroglyphica Aegyptiaca, Pöetica, ferner die Symbola, devisen, emblemata, gedaͤchtniß- muͤntzen, ꝛc. welche alle mit einander als redende bilder anzusehen. Von diesen kan man nachse- hen, Magni Daniel Omeisens gruͤndliche an- leitung zur/ Teutschen accuraten Reim- und Dicht-kunst p. 194. Harsdoͤrfern in den Ma- thematischen erquick-stunden Tom. II. P. XIIII. prop. VII. ingleichen in seinen gespraͤch-spielen p. 178. die emblemata Alciati, Sambuci, Ca- merarii, Syucreoii, Boyshardi, Sauberti, Massenii, Paulini, Aresii, Barbarini, Bur- galii, Borghesii, Boldoni, Bornitii, Cardu- ctii, Boxhornii, Ferri, Arnhemii, Dexele, Roͤ- seri, Scheflers, a Montenar, Weidling, Schiebel, Junii, Taurelli, Saavedraͤ, Bezaͤ, Reusneri, Paradini, Hesii, Zinckgraͤfens, Picinelli, ꝛc. Menetrier in Philosophia ima- ginum oder Sylloge Symbolorum, Amsterd. 1695. 8. Jacobi Typotii, Thesauri, Taͤegii, Balbini, Labbei, Oggerii, Jovii, Ruscelli, Rittershusii, Lymnaͤi, Seumii, Philothei, Geißlers, Tungers, Kitschii, Henningii, Cau- sini, von dem ausdruck sini, a Ripa, Ebini, Wiedlers, Scrivers, Sanda r von Sanden Cordesit, Ursini, sym- bolische buͤcher symbola und anweisangen da- zu. Ferner Kircher de Hieroglyphicis Aegy- ptiorum, Pierium, Pererium, Monas, Harapolli- nem, Orum, Fasoldum, \&c. Schaeuii Mythologi- am ex Natali Comite, Torrentino, Rauisio, \& ex Leonico Thomeo, Bocatio, Higyno, Alex. ab Ale- xandro, Polyaeno, Ammiano \&c. auctam sec. vice edidit M. Frider. Redtelius, Stetini. 1712. 12. con- fer. Omeisens Mythologie die seiner oben angefuͤhrten dichtkunst beygefuͤget, und Mor- hoffs Polyh. I. I. XXI. §. 59. ingleichen eben Morhoffs Polyh. I. IIII. II. und II. II. IIII, auch I. VII. I. 17. Die thiere haben ihre gewisse arten des lauts und bewegungen, dadurch sie sich exprimiren, die menschen haben vocem articulatam, und koͤn- nen diese so wohl als ihre bewegungen, gar un- zehliche mahl veraͤndern, wie dann Joh. Bul- wer ein Engellaͤnder ein gantzes buch geschrie- ben, von den deutungen der haͤnde allein. S. hiebey Morhoffs Polyhist. I. IIII. I. \& II. §. 3. Wer sich bloß damit begnuͤgen will, daß er sich seiner faͤhigkeit seine gedancken und neigungen auszudrucken bedienen koͤnne, es gerathe wie es wolle, und also mit der vulgai- ren expreßion zufrieden seyn kan, dem rathe ich, daß er die Oratorischen regeln, und also auch dieses buch, ungelesen lasse. Er wird an mutter, ammen, mademoisellen, junge maͤg- den, laquaien, handwercksleuten, bauern und dem gantzen poͤbel, was seine mutter-spra- che betrift, die treflichsten sprachmeister finden, und der gedancken. und zu den fremden, insbesondere denen tod- ten sprachen, kan ihm ein fuͤrchterlicher Gram- maticus oder pedantischer sprach-richter, die sicherste anleitung geben. Gedenckt er durch nachahmung guter exempel, gluͤcklich oder un- gluͤcklich, wie es kommt, zu empyrisiren, ohne daß er raison von seinen reden angeben koͤnne, so wird ihm zu solcher gluͤckseeligkeit, ohne eine vernuͤnftige anleitung, der weg offen stehen. Die sich mit denen hier benannten mitteln behel- fen, und dadurch zur beredsamkeit zu gelangen suchen, dencken, es bestehe dieselbe nur in wor- ten, oder auch wohl darinn, daß man ex tempo- re viel her plappere, deswegen lernen sie von ih- ren informatoribus oder mademoisellen spra- chen, wie die papagoye, mischen Teutsch, Latei- nisch, Frantzoͤisch, das hinderste mit dem foͤ- dersten, das hunderste ins tausende, so wunder- barlich in einander, daß sie von denen ignoran- ten als grosse redner, von denen verstaͤndigen als verwegene mischer solcher sachen, die sich nicht zusammenschicken, mit erstaunen bewun- dert werden. Jch weiß freylich von denen groͤsten rednern keinen, der sich darauf etwas eingebildet haͤtte, daß er ex tempore reden koͤnne, und der es diesen angefuͤhrten seltzamen und doch haͤuffigen wortmachern gleich zu thun ge- sucht. Jnzwischen laͤugne ich nicht, daß solche windspieler nicht zuweilen mit ihrer so genann- ten gewissen gluͤcklichen kuͤhnheit (siehe Blondel comparaison de Pindare \& d’ Horace p. 77.) einige striche anbringen solten, die nach allen regeln der kunst unverbesserlich; aber es geht ihnen, wie den leuten, die von natur voltigiren koͤn- nen; denn diese haben allezeit von grossen gluͤck K zu von dem ausdruck zu sagen, daß sie nicht bey iedem sprunge auf die nase gefallen. §. 4. Hier will ich ietzo einen versuch thun, ob ich zur gelehrten elocution, einige vernuͤnf- tige regeln ertheilen koͤnne, nachdem ich von der erfindung so viel als noͤthig beygebracht. Und diese ist eine geschicklichkeit, eine sache, welche wir in unserm gemuͤth klar, deutlich, gruͤndlich, artig und ordentlich, nach ihren be- schaffenheiten entworffen, mit denen daruͤber in uns entstandenen gedancken und regungen, durch solche worte fuͤrzustellen, die mit der sache so sie fuͤrbilden und unter sich selbst eine genaue proportion und uͤbereinstimmung haben, sich zu denen begriffen des zuhoͤrers oder lesers schi- cken, und also vermoͤgend sind, bey andern eben die gedancken und regungen zu erwecken, welche wir intendiren. Man siehet leicht aus dieser beschreibung, daß ich nicht eben eine gelehrte elocution, an die wissen- schaft einer gewissen sprache binde, noch an ge- wisse materien, noch auf gewisse plaͤtze oder stuͤhle, noch an gewisse lebens-arten und der- gleichen aͤusserliche zufaͤlle, vielweniger an die menge der allegaten, oder an die tours der ge- dancken alleine, oder alleine an die kuͤnsteley und critique der worte, ohngeachtet ich alles die- ses in seinem werth lasse; sondern an die rechte verhaͤltniß aller derienigen dinge, welche bey dem ausdruck unserer gedancken, durch worte fuͤrkommen moͤgen. §. 5. Die natur des menschen hat seinen leib mit besondern organis ausgeruͤstet, daß er nicht der gedancken. nicht nur einen laut von sich geben, sondern auch vermittelst der verschiedenen anwendung der organorum, den laut auf vielfaͤltige art veraͤndern, diese veraͤnderungen zusammen setzen, solche zusammensetzung mit unterschie- denen stellungen und zufaͤllen fuͤrstellen und also eine foͤrmliche rede herfuͤrbringen kan, welche als das geschwindeste bequemste und vollkommenste mittel, seine gedancken und re- gungen auszudrucken, von allen menschen uͤber- haupt beliebet worden. Jch koͤnte hier eine an atomische betrachtung der organorum zum reden anstellen. Z. e. der lunge, der lufftroͤhre, des obersten theils der lufftroͤhre, (des Adams apfels) des zaͤpfleins, gaumens, der zunge, nase, lippen, zaͤhne, ꝛc. und zeigen, wie aus derselben unterschiedenen applikation, der unterschied der buchstaben, in vocales und consonantes und dieser in mutas, liquidas, labia- les, palatinas, dentales, linguales, gutturales, \&c. entstehe: Jch koͤnte bemercken, wie noͤthig es sey, von iugend auf, diese organa zum g uten ge- brauch zuzubereiten, ꝛc. Allein ich will den leser lieber auf das artige buch des Hln Gris- thows, so den titul fuͤhrt: Introd. in Philog. generalem, vna cum succincta bibliotheca scripto- rum Philologiae generalis ac specialis, accedit pro- theoria Jo. Fr. Buddei, welches zu Jena 1715. 8. berauskommen, und zwar ins besondere auf das 3. cap. verweisen. Dabey kan man Lami l’art de parler \& persuader chap. I. L. I. Fr. Merc. van Helmont Natur alphapeth. oder Alphabeti vere naturalis Hebraici delineationem nachlesen. S. zugleich Morhoffs Polyhist. I. IIII. I. sqq. Stol- lens hist. der gelahr. I. II. Dabey fallen mir K 2 die von dem ausdruck die mulieres ventriloquae ein, wiewohl, wenn ich daran gedencke, ist mir, als wann ichs etwan im Robinson Crusoe gelesen, so unwahrscheinlich kommt mir alles davon fuͤr. Bey der rede concurriren zugleich allerhand mittel, den ausdruck recht nachdruͤcklich zu ma- chen, daher man die kraft des spruͤchworts: viua vox docet, verstehen kan. Man muß hier- bey billich die weißheit des maͤchtigen Schoͤp- fers bewundern, welcher die menschen mit einer so fuͤrtreflichen gabe, als die rede ist, ausgeruͤ- stet und gleich in der schoͤpfung versehen hat. §. 6. Der gebrauch hat unter gantzen voͤl- ckern, besondere arten der veraͤnderung und zusammensetzung des lauts eingefuͤhret, daher sind unterschiedene sprachen entstanden. Jn denen sprachen sind von gewissen laͤndern, ia auch wohl gewissen oͤrtern und lebens-arten be- sondere arten zu sprechen beliebet worden, da- hero so vielerley dialecti entsprungen, wor- aus man die menge der sprachen, die unter- schiedenen veraͤnderungen, den reichthum einer ieglichen, den unterscheid derselben, die harmonie derselben, und die besondern eigenschaften einer ieden, abnehmen, aber kaum uͤbersehen, determiniren, und gnugsam bewundern kan. Von dem ursprung der sprachen, und welches die aͤlteste unter ihnen, haben die critici gar vielerley meinungen S. Grischow. I. c. cap. IIII. Buddei Histor. Eccl. V. T. Wilhelmi Turkii specimen Hi- storiae sacrae a mundo condito ad exodum Israëli- tarum, vna cum primordiis gentium Assyriorum \& Babyloniorum, accessit praefatio de vita \& scri- ptis der gedancken. ptis auctoris Halae. 1722. Lib. I. Sect. IIII. Lib. II. Sect. III. Stolle l. c. §. 7. sqq. Morhoff. l. c. Diese sind unzehlich und also wundere ich mich nicht, daß man so wenig davon geschrieben- Von den dialectis der Griechen siehe Morhoffs Polyhist. I. IIII. VI. 16. 19. conf. Reimmann bist. Litt. l. p. 84. sqq. Stollen l. c. Morhoff hat l c. Schmidii tractat de dialectis Graccorum. uͤbergangen. Diese ist fast unbegreiflich, wie viel sprachen sind nicht ietzo in der welt? wie viel sind verlohren? wie viel werden noch entstehen? Diese kommen her von denen migrationibus gen- tium, vermischungen der sprachen, von dem ge- schmack der leute, von der zeit, von der cultur der sprachen, von denen temperamenten, von denen neu aufkommenden kuͤnsten und wissenschafften, gebraͤuchen, ꝛc. Siehe §. 11. Jch glaube nicht, daß eine sprache fuͤr der andern sich hierinn eines grossen vorzugs zu ruͤhmen ur- sach habe. Denn fehlt es ia etwan an einem worte, so haben die menschen allezeit das recht ονοματοποιεῖν, neue woͤrter zu machen, und es fehlt auch nicht an geschicklichkeit, solches zu be- werckstelligen. Man setze nur einmahl, nach der arte combinatoria, die vielerley arten des lauts, der woͤrter, sylben und buchstaben zusammen, wie viel millionen veraͤnderungen koͤnnen da nicht herfuͤrgebracht werden, doch muß hernach der gebrauch solche veraͤnderungen legitimiren und einfuͤhren. Hiebey kan man sich die moͤ- glichkeit einer universal-sprache leicht fuͤrstellen, aber auch beurtheilen. Eine iede hat ihre besondere aussprache der woͤr- ter sylben und buchstaben, besondere redens ar- ten und idiotismos, besonderes genie, u. s. f. Hier moͤchte ich mich wohl belehren lassen, ob ich recht K 3 haͤtte von dem ausdruck haͤtte, wann ich spraͤche, der genie der Teut- schen, Lateinischen und Griechischen sprache, di- stinguire sich darinn fast von allen sprachen, daß man in diesen dreyen benannten, allen fuͤrkom- menden obiectis gemaͤß reden und sich ausdru- cken koͤnne? Z. e. im Frantzoͤschen solte es mei- nes beduͤnckens schwerer fallen, einen solchen sti- lum sublimem herauszubringen, bey einem ho- hen subiecto, als man wohl im Teutschen zu praͤ- stiren geschickt waͤre. Ja wann ich mich nicht etwan aus g r osser liebe zu meiner mutter-sprache irre, so duͤnckt mir, die Teutsche sprache uͤbertref- fe auch hierinn die Griechische und Lateinische- daß sie sich eher als diese beyden in allerhand, denen obiectis gemaͤsse formen, giessen lasse, Deßwegen wundere ich mich manchmahl, daß die Teutschen ihre eigene sprache so veraͤchtlich tractiren, Z. e. warum haben wir Professores der Griechischen und Lateinischen sprache und nicht auch der Teutschen? warum haben wir nur Lateinische und Griechische, nicht aber auch Teutsche auctores claßicos und sprachmeister? ꝛc. S. Thomasii Cautelen VII. 23. Ohngeachtet die sprachen allerdings sehr von einander differiren, so wird man doch in vielen stuͤcken eine artige harmonie unter ihnen spuͤh- ren, welches nicht wohl anders seyn kan, da wir sie alle einem Schoͤpfer und urheber zu dancken, da die natur allen menschen einerley arten von organis, den laut zu formiren und zu veraͤndern gegeben. S. G. Leopoldi Ponati anleitung zur harmonie der sprachen, Braunschweig- 1712. 8. Morhoffs Polyh. I. IIII. III. 8. 9. Jch daͤchte, wann wir unsere muttersprache zu aller foͤrderst recht lernten, und hernach, vermittelst der harmonie und discrepantz derselben mit an- dern sprachen, auf die erlernung; anderer spra- chen der gedancken. chen gefuͤhret wuͤrden, es duͤrfte nicht uneben seyn. Hierauf kommt bey erlernung einer sprache das allermeiste an, und dazu sollen uns die gram- maticken fuͤhren. S. hievon Morhoffs Poly- historem Grammaticum. Stollen l. c. bey erler- nung der sprache ist allezeit zu untersuchen, war- um man sie lerne? ob man sie zum gebrauch oder zur critic haben wolle? Will man sie zum gebrauch haben (denn zur critic geben die bey Morhoff, Stollen, Reimmann, Grischow, ꝛc. angefuͤhrten auctores nachricht) so ist es noͤthig erstlich nach einer gantz compendioͤsen Gram- matick, von einem gelehrten, getreuen, deutli- chen und freundlichen lehrmeister angefuͤhret zu werden, daß man nur einige erkaͤnntniß von den eigenschaften einer sprache kriege, z. e. im latei- nischen nach Cellani erleichterter Lateinischen Grammatick, die zu Merseburg 1709. zum neundten mahl edirt und seinem libro memoriali beygefuͤget ist, im Griechischen nach des Herrn v. der Hardt studioso Graeco oder nach der arti- gen Teutsch edirten Grammatick, welche zu Wolffenbuͤttel 1715. 8. heraus kommen, nebst dem Griechischen Syntaxi, der 1716. mit Herrn v d. Hardt vorredes eben daselbst, beyde, wo ich nicht irre, von Herr Andtea Ge- org Waͤbnern, der ietzo am Goͤttingischen Gymnasio stehet, herausgegeben; im Hebraͤi- schen nach des Herrn v. der Hardt Fundamen- tis Hebraeae Linguae oder Herrn D. Dantzens Litteratore Ebraeo-Chaldaeo; un Frantzoͤischen nach des Herrn M. Greiffenhahns in Jena, Grammatick; im Jtaliaͤnischen nach Castelli nouuelle Grammaire Italienne \& Francoise pour bien entendre \& parler Italien dans peu de tems. Amsterdam 1714. 8. im Englischen nach K 4 Lud- von dem ausdruck Ludwigs Englischer Grammatick, Leipzig 1717. 8. Und dieses sind, deucht mir, die nuͤtzlich- sten sprachen. Hernach muß man so fort zur praxi schreiten, zum lesen der auctorum und zur ausarbeitung, auch wohl zum reden, und dabey so lange eines fuͤhrers sich bedienen, als man sich noch nicht selbsten helffen kan. Endlich weil man eine sprache nicht leicht auslernen wird, ist es gut von ieder ein vollstaͤndiges lexi- con und ausfuͤhrliche Grammatick, zum nach- schlagen, immer bey der hand zu haben, Z. e. im Teutschen, Boͤdickers Grundsaͤtze der Teut- schen sprache im reden und schreiben, Berlin 1690 und 1701. in 8. Spatens Teutsches Lexi- con. Nuͤrnberg 1691. 4. (Wie Hl. Eckard in seinem kloster, mit dem versprochenen ety- mologischen lexico, und die unter dem Hln. Hoffrath Mencken in Leipzig florirende Teutschuͤbende Gesellschaft, mit dem fuͤrha- benden Teutschen Historisch-Poͤetisch-Criti- schen lexico, die bofnung der lehrbegierigen und in diesem stuͤck beduͤrftigen welt, stillen und ersaͤttigen werde, stehet zu erwarten) im Lateinischen Schmidii Lateinische Gram- matick mit den hypomnematibus, oder San- ctii Minervam, 1714. 8. Amsterdam, oder Voßii Aristarchum, 1653. Amsterd. und Fa- bri thesaurum, fol. 1710. Leipzig, im Griechi- schen Nic. Clenardi oder Welleri Grammati- cken und Scapulaͤ, Schrevelii, oder Hede- richs Griechische lexica. (zum Teutschen, La- teinischen, Griechischen, ist Hederichs anlei- tung zu den Philologischen wissenschaften, ein feines hand-buch.) im Hebraͤischen Hln. Loͤschers werck de caussis linguae Hebraeae, Pfeiffers criticam sacram, Glaßii Philologiam sacram, denn des Richard Simons Histoire cri- tique der gedancken. tique ist bey orthodoxis in keinen sonderlichen credit) und Hln. Stocks Clauem linguae sanctae; im Frantzoͤischen Mr. Raͤdleins vollkomme- nen Frantzoͤischen sprachmeisier, Menudier ge- nie de la langue Francoise und Hln. Frischens Frantzoͤisches Lexicon, ingleichen Richelet Di- ctionaire. im Jtaliaͤnischen etwan Cramers oder Veneroni Grammaticken, und Raͤdleins sprach schatz, ꝛc. Sonsten stehe ich in den ge- dancken, daß man eben deswegen, gar zu lange uͤber der Lateinischen sprache zubringe, weil man sie zu zeitig anfange, und daß man keine sprache, bloß mit dem gedaͤchtniß, ohne iudicio, vollkom- men und gruͤndlich lerne. Das iudicium aber wird durch die Philosophie excoliret. ꝛc. §. 7. Ein vernuͤnftiger redner, bekuͤmmert sich sonderlich um die erkaͤnntniß der sprache, darinn ihm die meiste gelegenheit zu reden fuͤr- kommen moͤchte. Und da die besondere an- wendung eines ieden organi, bey dem laut, gewisse buchstaben herfuͤr bringet, welche, so zu reden, die ersten elementa und principia der sprache werden; so siehet auch ein klu- ger redner, auf die natuͤrliche beschaffenheit solcher buchstaben, damit er bey dem ausdruck der gedancken, den zusammenfall, klang und masse der buchstaben, dem obiecto gemaͤß mit anbringen moͤge. Doch huͤtet er sich da- bey, fuͤr allem zwang, und andere paradoxe und alberne glossen. S. Morhoffs Polyh. I. IIII. I. 9. I. ’IIII. VIIII. 1. \&c. Stollen I. II. Reimmann l. p. 75. sqq. Die aussprache der buchstaben variiret fast in al- len sprachen, darnach man sich auch zu richten hat. K 5 b ) Z. von dem ausdruck Z. e. A, O, U. sind gut bey hohen obiectis, J und E bey delicaten und zaͤrtlichen, F, L, W, bey, gelinden und fluͤchtigen, S. bey stillen und flies- senden, R, M, bey fuͤr chterlichen, ꝛc. Die syl- ben unterscheiden sich gleichfalls, dactili bedeu- ten was geschwindes, trochaͤi was gravitaͤtisches, trauriges, iambi was lustiges, ꝛc. Das wissen die Poͤeten wohl. Also sagt Horatius gar artig L. II. od. 14. Eheu fugaces, Posthume Posthume la- buntur anni, und anderwerts: Illi robur \& aes tri- plex circa pectus erat, qui fragilem truci com̃isit pe- lago ratem primus L. I. ad 3. Man lese nur L. II. od. XIII. da er den baum verflucht. Virgilius druckt die geschwindigkeit sehr wohl aus, wenn er spricht: Ferte citi flammas, date telaque, scan- dite muros. Seneca ist auch darinn ein meister: Octavia: Vincam sacuos ante leones, tigresque truces, fera quam saeui corda tyranni: item: Pe- ior est bello timor ipse belli, iam minae saeui ceci- dere ferri, iam silet murmur graue classicorum, iam tacet stridor litui strepentis, alta pax vrbis revocata laetae \&c. Muͤhlpfort faͤngt sein gedicht auf den Hoffmanns waldau eben so pathetisch an, als das obiectum erfoderte: Magnae animae exuuias, diffracta habitacula carnis, \& quantum potuit Libi- tinae infringere caeca saeuities, lacrumas inter planctusque Quiritum, horrisonos genitus trun- cataque murmura vulgi, efferimus; Unsern Teut- schen rednern und Poͤeten fehlt es auch nicht an dieser geschicklichkeit. Also ruͤhmt der Pleißi- sche Apollo Ph i lander von der linde nicht ohne ursach eine besondere stelle aus des Hln von Bessers poͤesien, (S. Philanders von der Linde vermischte gedichte die unterredung p. 169) wel- che folgender weise fliesset: Du bist den ketten gleich in wohlbestallten uhren, Durch die von innen her die feder alles treibt: Man der gedancken. Man sieht nicht ihren gang; doch zeigen ihre spuren, Daß iedes rad durch sie in seiner ordnung bleibt. Man lese auch was hochbelobter Hl v. Besser von der belagerung Stettin, in seinen schrifften, p. 121. Von dem treffen Friedrich Wilhelms des grossen p. 114. bey dem leichengedicht, auf seine Fr. Gemahlin p. 214. und anderwerts, hierinn fuͤr besondere proben gewiesen. Bey Lohen- steinen, Hoffmanns-waldauen und andern be- ruͤhmten dichtern und rednern, findet man auch, daß meine anmerckung gegruͤnbet. Das haͤtte Harsdoͤrffer, Klains und dergleichen herren mercken sollen. Aus Harsdoͤrffers Spe- cimine l. Philol. Germanicae p. 301. habe ich in meiner Disp. de nimio in linguis studio, Lipsiae, 1716. folgendes angefuͤhret, welches gewiß para- dox genung die consonantes zusammen zwinget: Es stimmet mit mir ein, die stimme so wir hoͤren, Das praßlende geschluͤrf, fließt aus den erden roͤh- ren, Und lispelt durch den kieß; der klatsch und platscher thon, Spricht sonder fleiß und kunst fast allen sprachen hohn. Das sum und brum gesauß, das schnarren, murren, marren, Kan andrer zungen kraft in schroffen sand ver- scharren. Es rollt mein donner-wort es ruͤllt, bruͤllt, braust, zersplittert, Daß durch die luft und gluft die hein und stein er- schuͤttert ꝛc. Zugeschweigen anderer fehler, als, der selbst- gemachten und nichts bedeutenden worte ꝛc. so erfoderte das obiectum wohl nicht dergleichen zwang. Klaius machts noch lustiger S. Hl. Neumeisters Diss. de poëtis Germanicis Leipzig 1695. von dem ausdruck 1695. p. 72 und das Schediasma Hln. M. Clodii de instituto Societatis Philo-Teutonicae Poëticae, quae sub praesid. Menckenii Lipsiae congregatur. p. 16. sqq. z. e. Es blincken, es flincken, es wincken die sternen, lernen von fernen, flimmern und hallen schimmern und schallen. Die kunst bleibt wohl richtig, aber die affectation der kunst, ist niemahls angenehm. §. 8. Aus buchstaben und sylben werden endlich worte zusammen gesetzt. Ein wort ist nichts anders, als ein articulatus und aus vie- len veraͤnderungen des lauts zusammen gesetz- ter schall, womit der willkuͤhr der ersten erfin- der unb der gebrauch der menschen, eine gedancke und begrif von einer sache, beleget und ausdrucket. Der redner unterscheidet also sorgfaͤltig, die haupt- und neben-idee eines worts, die haupt- und neben-woͤrter oder epitheta, den grammaticalischen unter- schied der woͤrter, die vulgairen und kunst- woͤrter, subiectum und praͤdicatum, uni- voca, aͤquivoca und synonyma, die eigentli- che bedeutung eines worts und die tropische, und dergleichen zufaͤllige veraͤnderung der woͤrter, und bemuͤhet sich nicht nur einen vorrath von worten zu haben, sondern auch aus diesem vorrath, die convenablesten woͤrter zur ausdruckung seines obiecti heraus zu suchen und nach dem genie der sprache und aller an- dern umstaͤnde, im reden anzubringen, wozu im folgenden einige anleitung gegeben wird. a ) Die der gedancken. Die ersten erfinder haben manchmahl kaum daran gedacht, ob sie das wesen der sache mit dem worte bemercken moͤchten, sondern sie sind mehrentheils ihrer phantasie gefolget, zuweilen treffen doch idee und wort zusammen. Also kan ich eines theils, die gedancken von der natur- sprache, nicht als gar zu gegruͤndet annehmen, andern theils, halte ich es nicht fuͤr unvernuͤnf- tig, wañ der redner sich bemuͤhet, solche worte zu treffen, welche der beschaffenheit der sache nahe kommen. Z. e. Hochmuth: kommt schon der idee naͤher als Ehrgeitz. Bombarda, ist, deucht mir ein gut Lateinisches wort, ohngeachtet es in keinem alten auctore sieht, denn die sache so dadurch angedeutet wird ist neu, und das wort der sache sehr conform. S. Morboff und Stollen l. c. ingleichen Lami l’ar t de parler L. I. c. XII. Hedrichs anleit. zu den Philol. wis- senschaften, von der Lexica und Phrasiologia, welche auctores anfuͤhren, die sich ausser den Lexicographis, um die critic der woͤrter bekuͤm- mert. Siehe unten §. 12. Diesen unterschied hat der auctor Artis cogi- tandi erfunden, und die haupt-idee ideam prin- cipalem, die neben-idee, accessoriam genennet. ( D. Ridiger S. V. \& F. nennet iene realem diese accidentalem, L. I. c. XIII. § XI. welche man auch sonst bey diesem cap. conferiren mag.) Je- ne oder die principalis, bedeutet die sache selbst, diese die accessoria, bemercket zugleich einen um- stand oder affect, und macht also den nachdruck eines worts aus, dannenhero man auf dieselbe bey erklaͤrungen, uͤbersetzungen und dem aus- druck der gedancken uͤberhaupt, sorgfaͤltig zu se- hen. Z. e. homo und mortalis heist beydes ein mensch, aber ienes deutet auf den ursprung, dieses von dem ausdruck dieses auf das ende desselben. Ein mann und ein maͤnngen, differiren in der neben idee und und diese kan entweder den umstand der natur bemercken, so heist maͤnngen, ein kleiner mann/ oder den affect der liebe, so heists ein lieber mann, oder der verachtung, so heists, ein schlechter mann. Die neben-woͤrter setzt man, die idee des haupt-worts, entweder zu erklaͤren oder zu de, terminiren und zu restringiren. Jene artheis- set bey den Scholasticis reduplicatioum, bey D. Ridigern l. c. explicativum und wird von de- nen differentzen und propriis eines dinges herge- nom̃en: diese aber specificativum oder derei mi- nativum von denen eintheilungen eines dinges. Z. e. ein sterblicher mensch erklaͤret, und ein z or- niger mensch, restringiret den begrif von einem menschen. Dieser macht die so genannten partes oratio- nis: Subsiantivum, adiectivum, activum, passivum und particulam oder kuͤrtzer: no- men, verbum, particulam, und weitlaͤuftiger nach den Grammaticken: nomen, pronomen, verbum, participtum adver b ium praͤpositio- nem coniunctionem und interiectionem. Die erste eintheilung ist die beste, (s. Ridiger. l. c. lib. II. C. XI. §. II. ) Dadurch kan man sich bey erler- nung und anbringung der woͤrter helffen: Z e. Die gelehrsamkit, eruditio, gelehrt, eruditus, gelehrt machen, erudire, gelahrt werden, eru- diri, gelehrt, erudite. Die vulgairen terminos macht der gebrauch und determiniret sie, die kunstwoͤrter werden durch die kuͤnste und denenselben zugethane, herfuͤrgebracht und ausgemacht, nach denen un- terschiedenen absichten der menschen S. unten §. 12. 13. 14. Morhoff. l. c. II. V. I. §. 6. g ) Sub- der gedancken. Subiectum ist dasienige, wovon etwas gesagt wird, praͤd i catum aber, was von einer sache ge- sagt wird. Diesen unterschied mercke ich deß- wegen an, weil man bey dem ausd r uck, die praͤ- dicata allezeit nach denen sublectis accommodi- ren muß, Z. e. es wuͤrde albern seyn, wann ich spraͤche: es sind viel grillen in der Philoso- phie, und wuͤrde eben so klingen als wann ie- mand sagte: es ist viel stroh im golde. Dann von der Philosophie und vom golde, kan man solche praͤdicata nicht geben. Mehrentheils wird das Praͤdicatum zu einem neben wort ae- macht, da dann eben dieses zu beobachten S. oben not. d. und folgendes cap. 2. Univoca haben eine idee und einen termi- num, dieses sind die besten, aber auch seltensten worte, Z. e. GOtt, gnade, tugend, gelehrsam- keit, wahrheit; aͤquivoca haben viel ideen und nur einen terminum, Z. e ein fuchs, die rose, ꝛc. Also wenn ich einen nenne, virum beatae mem o- riae, qui exspectat iudicium, weil er noch lebt, da bedeutet es gantz was anders, als wann ichs ihm auf den leichen-stein setze, ingleichen, ein wohlgezogner mensch i. e. der auf der tortur gewesen und der eine gute erziehung gehabt. Es ist sonst ein ungluͤck fuͤr die sprachen, wann sie zu viel aͤquivoca haben und die redner solten darauf bedacht seyn, durch einen accuraten aus- druck und gebrauch der woͤrter, diesem ungluͤck abzuhelffen. Synonyma sind, wo ich eine ie- dee mit vielerley worten bemercken kan, Z. e. wild, mutbig, unbaͤndig, frech, der Z. e. Gott- seelig, gottesfuͤrchtig, tu g endhaftig, oder Z. e. propensio, amor, dilectio, beneuolentia, \&c. Aus dergleichen sucht der redner das beste aus, denn ohngeachtet die haupt-idee einerley seyn moͤchte, so koͤnten doch wohl die neben-ideen eins nach- druͤcklicher machen als das andere. Siehe unten §. 17. k ) von dem ausdruck Z. e. die flexio, das decliniren congugiren der woͤr- ter, ingleichen der zusammenfall, construction, verbindung, arrangement, (siehe Lami l’art. de parler cap. x. L. I. alter, historie, derivation, ꝛc. derselben, sind von einem redner niemahls zu ne- gligiren. S. unten das 2. cap. ingleichen das 4. §. 9. Aus worten werden endlich gantze saͤ- tze formiret, wenn man nemlich zwey ideen in der dritten verbindet, und mit gehoͤrigen wor- ten ausdrucket. Bey diesen beobachtet der redner, alle dabey fuͤrfallende umstaͤnde, ob sie aus vulgairen oder gelehrten begriffen bestehen ob sie mit der eigentlichen oder tropischen be- deutung der worte zu bemercken, ihren syntax, ursprung, ordnung, ob sie beia- hend oder verneinend, vniversal oder par- ticular, oder limitirt zu concipiren, ob da- bey die connexion des subiecti und praͤdicati unstreitig oder wahrscheinlich oder gleichniß- weise fuͤrzustellen, aus was fuͤr disciplinen und Facultaͤten selbige genommen ob sie bloß theoretisch oder auch zugleich pathetisch auszusprechen, ꝛc. Conf. Ridiger. S. V. \& F. L. II. cap. I. \& II. z. e vul- gaire sind von sachen die unmittelbar in die sinne fallen, gelehrte sind abstracta, iene haben blosse erzehlungen, historie, diese aber gruͤndliche rai- sonnements zum grunde; z. e. der Pabst ist ge- storben: Renatus Bary hat eine Rhetorick geschrieben; (Amsterdam 1669. 12. Frantzoͤisch) Bavius hat ein carmen gemacht: Madame hat heute compagnie: Muß ich iemand, wann ich hut stock und degen habe, auch wohl mit dem stock ein compliment machen? sind alles vul- der gedancken. vulgaire dinge. Hingegen wenn ich spraͤche: Fuͤrsten muͤssen so wohl sterben als andere menschen: Des Bary Rhetorick ist nicht viel nutze: Bavii carmen ist sehr albern gemacht: Madame hat heute eine pinsel-compagnie: zu viel und zu wenig complimente machen, ist deu leuten odioͤs: gruͤndet sich auf ein raisonne- ment und auf abstracta. Bey ienem muß ich vulgaire terminos brauchen, bey diesem darf ich nach meinem willkuͤhr aͤndern, wann ich nur der idee des raisonnements nachgehe. Bey ie- nem muß ich nur fragen, ob die copula richtig, bey diesem bekuͤmmere ich mich zugleich um den richtigen concept des praͤdicati. So lange ich eigentliche worte habe, und mein obiectum keinen putz braucht, formire ich nur saͤ- tze, die aus eigentlichen worten bestehen, und da das praͤdicatum keinen t r opum involviret, ferner, wo ich alle dunckelheit und zweydeutig- keit sorgfaͤltig vermeiden soll. Siehe §. 17. Hiebey muß man auf die grund-regeln einer ieden sprache sehen nach der grammatick; ferner auf die idiotismos, d. i. solche redens-arten, welche zu denen discrepantzen einer sprache von der andern gehoͤren, weiter ob sich die redens- arten worauf beziehen sollen, S. Hederichs Anleit. zu den Philolog. Wiss von der phra- siologie. Wann die ideen des subiecti und praͤdicati ein- ander subordiniret sind, wird der satz beiahend; sind sie einander opponirt, wird er verneinend Z. e. Tugend und laster sind einander oppo- niret, also spreche ich: Laster werden bey gros- sen leuten nicht zu tugenden. Dieser unterschied dependiret von der verhaͤlt- niß des praͤdicati gegen das subiectum. Also sage ich recht: Alle fuͤrsten muͤssen sterben, L denn von dem ausdruck denn die sterblichkeit erstrecket sich uͤber alle menschen: Oder: Kein richter soll geschencke nehmen, denn alle richter sollen gerechtigkeit handhaben und alle geschencke suchen hingegen das recht zu beugen. Hingegen sagte ich nicht recht: Alle gelehrte sind gluͤcklich, denn das gluͤck ist kein essentielles stuͤck eines gelehrten, auch kein allgemeiner concept von ihm, sonst wuͤrde Spitzelius nicht haben seinen Litteratum inselicem schreiben koͤnnen. Wann ich wolte setzen: Alle reiche sind raisonnable, so wuͤrde man mir viele instantzen geben koͤnnen, also muͤ- ste ich meinen satz limitiren und ihn also ausspre- chen: Alle reiche, welche durch die Moral oder die regeln des Christenthums gebessert, sind raisonnable leute. Z. e. Die duelle sind unstreitig mit recht ver- boten: David ist wahrscheinlich ein sangui- neus gewesen: David entbrannte, da sich Bathseba im wasser abkuͤhlete, und Joseph wurde zu eiß, da Sephira in der groͤsten glut entzuͤndet war. Z. e. Alle menschen sind luͤgner, ist in der The- ologie unstreitig, in der Moral wahrscheinlich, aber in der Jurisprudentz wuͤrde man mich in- iuriarum belangen, wann ich es nur von einem eintzigen sagte. Bey theoretischen, sehe ich bloß auf den aus- druck der gedancken, bey pathetischen, zugleich auf den ausdruck des affects, siehe §. 18. Da- her entstehen auch gewisse nebenideen der re- dens-arten. §. 10. Alle diese eigenschaften der saͤtze, in- gleichen die zusammensetzung verschiedener saͤ- tze, geben von selbsten, ohne muͤhe, anlaß, gantze periodos zu machen. Ein periodus ist nichts der gedancken. nichts anders also, alseine haupt-proposition, welche mit ihren eigenschaften und neben-pro- positionibus vollkommen ausgedrucket und in einer gewissen zeit da die stimme steigen, ruhen und fallen kan, ausgesprochen wird. Er ist entweder explicativa, oder determina- tiva, simplex oder composita, probans, illustrans, oder pathetica, ꝛc. Dabey sie- het man auf die deutlichkeit, reinlichkeit, den numerum, die symmetrie und rechte masse desselben, ingleichen auf die veraͤn- derung, welche man damit fuͤrnehmen kan. S. Heineccium in fundamentis stili cultioris. Hln. Hofrath Langens Orat. P. I. p. 320. Lami l’ art de parler L. III. c. VIII. Dieser beschreibt subiectum und praͤdicatum Z. e. Laster werden bey vornehmen leuten nicht zu tugenden. Periodus explicatiua: Leute wel- che das gluͤck durch geburt, stand, und reich- thum, oder auch wohl durch eigene verdien- ste, fuͤr andern erhaben, sind nicht vermoͤ- gend, solche thaten, so die regeln der goͤttli- chen weißheit und der vernunft unterbre- chen, und die ruhe der menschlichen gesell- schaft stoͤbren, in GOtt und menschen gefaͤl- lige tugenden zu verwandeln. Hieher gehoͤ- ren alle definitiones. Dieser druckt die eintheilungen und einschraͤn- ckungen aus. Z. e. Propos. die gottesfurcht ist zu allen dingen nuͤtze, und hat die verheissung dieses und des zukuͤnftigen lebens. Periodus de- terminatiua: Menschen, welche ihrem schoͤpfer die schuldige ehrfurcht niemahls verweigern, und davon allezeit lebendige proben, in der auffuͤhrung gegen ihren naͤchsten, an den tag L 2 legen, von dem ausdruck legen, koͤnnen der ungezweiffelten hoffnung leben, es werde zu ihrem zeitlichen und ewi- gen vergnuͤgen, die allmacht und liebe des un- erschoͤpflichen brunnens alles guten, sich ver- einigen, und uͤber sie mit reichen stroͤhmen ergiessen. Simplex hat nur eine haupt proposition, Z. e. Prop. die tapferkeit verewiget: Periodus sim- plex: Ein unerschrockener muth, der sich nach gnugsamer uͤberlegung, durch tapfere thaten zeiget, macht uns denen gleich, welche in ih- rem leben von allen bewundert, und nach ih- rem tode durch ein unsterbliches andencken verewiget werden. Composita hat mehr pro- positiones, neben der haupt-proposition, und ist daher entweder bimembris, trimem- bris oder quadrimembris; Z. e. Das duel- liren wird billich gestraft: Periodus compo- sita bimembris: Da das duelliren ein solches verbrechen ist, da einzele personen, sich selbst zu raͤchen die wut des boßhaftigen hertzens, in dem blute des naͤchsten, auch wohl gar mit dessen tode abzukuͤhlen, und das veꝛmeinte un- recht abzuwaschen gedencken: so wird ein ie- der leichtlich zugestehen, daß eine solche, der republick schaͤdliche, unartige rache, billich von einer hohen Obrigkeit, mit empfindli- cher strafe beleget werde: Trimembris: Alle durch unbesonnenheit und boßheit fuͤrge- brachte verbrechen, werden in einer wohlbe- stallten republick billich gestraft: Da nun das duelliren, gemeiniglich von solcher art zu seyn pfleget: So erhellet daraus von selb- sten, daß es auch in unsrer republick billich niemand gestattet, sondern vielmehr mit ge- rechter strafe angesehen werde: Quadrimem- bris: Das duelliren ist ein hoͤchstschaͤdliches, grausames, und unbesonnenes verfahren: Da der gedancken. Da nun dergleichen billich zu bestrafen: So wird auch mit groͤstem recht diese begierde blut zuvergiessen, mit strafen gedaͤmpfet: Es muͤste dann seyn, daß eine hobe Landes-O- brigkeit die idee des verbrechens davon weg- naͤhme und der republick ein menschliches op- fer zu schencken fuͤr noͤthig erachtete. Z. e. Periodus probans fuͤhret einen beweiß- grund ein: Z. e. Fuͤrsten muͤssen sterben: Periodus probans: Da das unerbitliche ver- haͤngniß und die allgemeine ordnung der na- tur, allen menschen schlechterdings die noth- wendigkeit zu sterben auferleget: So haben auch printzen, wenn sie schon kron und scepter fuͤhren, so lange sie mit der menschheit um- geben, ihnen die sichere rechnung zu machen, daß endlich der todt ihre fuͤrstlichen stuͤhle umstuͤrtzen, und ihren purpur der verwe- sung uͤberantworten werde. Jllustrans fuͤhrt ein argumentum illustrans ein, Z. e: Lohenstein exprimiret obigen not. a. befindlichen periodum im Arminto l. I. p. 15. also: Der koth bleibt heßlich und so viel mehr kenntbar in chrystal- linen gefaͤssen, und die laster garstig, wann sie schon in sammet und goldstuͤcke eingehuͤllet, oder auf elfenbeinerne stuͤhle gesetzet werden. Pathetica sucht den affect zu ruͤhren, Z. e. Maza- rin sagt: ein kerl ohne geld, lebt in der welt recht schaͤndlich: Periodus mouens: Jhr ar- men leute, die ihr euch mit eurer gelehrsam- keit und tugend viel einbildet, und doch kein geld habt! Jhr kommt mir fuͤr wie der schaͤ- cher der sich auf das paradieß freuete und doch am creutze schmaͤhlich crepiren muste, bedenckts doch nur selber ob ich nicht recht habe? (Mazarin sagt es zum wenigsten.) Siehe folgendes cap. L 3 i ) Die- von dem ausdruck Diese komt lediglich auf die aussprache, auf das ur- theil des gehoͤrs, und auf die rechte abfassung des satzesan, welchë man in einen periodum einschlies- sen will. Es giebt leute, die sind bey nahe von na- tur incapable einen periodum zu machen, weil sie nicht ordentlich und satzweise gedencken koͤnnen- Solche leute schreiben briefe von einem und mehr bogen, und der gantze brief ist ein periodus, ia sie halten wohl gantze predigten, die sind eben- falls ein eintziger periodus. Sie haben zwar einen grundsatz mit noth concipiret, aber dazu setzen sie etliche hundert propositiones inciden- tes, eben so viel limitationes, und drey mahl so viel beywoͤrter, und tavtologien, solten sie dann nicht eine stunde daran zu predigen haben? Jener lustige kopf, machte zum spaß, diesen fehler fuͤr- zustellen, folgenden periodum. Jch ergetze mich, mein leib und seele, meine innerliche und aͤus- serliche sinnen, meinen verstand und willen, an nichts in der welt mehr, es sey (hier erzeh- lete er alle ersinnliche delicatessen) was es wolle, als an den unvergleichlichen schatten, des schoͤnen (ich weiß nicht, ob es eine linde oder bircke oder erle (hier erzehlete er alle baͤume ist,) baums, welcher auf der wiese stehet, (hier beschrieb er die wiese nach ihrer voͤlligen lage) woselbsten das graß gewachsen, davon der ochse gefressen, von dessen haut, mein schatz, ihr neulich ein paar flecken unter ihre absaͤtze von meister N. setzen lassen. Will man die- sen fehler vermeiden, so muß man ordentlich erst kurtze saͤtze fassen, die nur aus einem subiecto und praͤdicato bestehen, einen solchen satz uͤberleget man wohl, was er fuͤr zusaͤtze, einschraͤnckungen, und dergleichen haben muͤsse, diese setzt man hin- zu, und faͤngt dann an zu versuchen, wieviel mahl man respiriren koͤnne, ob zu dem steigen, ruhen, der gedancken. ruhen, und fallen der stimme ein rechtes tempo sey, davon man nicht incommodiret werde, ver- aͤndert und versetzt die woͤrter und redens-arten so lange, biß alles leicht und commode auszu- sprechen, so kriegt man allezeit nette periodos, Z. e. Jch haͤtte diesen satz: Excopiaferocia: erst- lich fehlt das verbindungs wort, dieses setze ich hinzu: Ex copia oritur ferocia: Damit man nicht copiam unrecht verstehe, so setze: Ex copiæ pecuniae, rerum ad vitam transigendam necessa- riarum, oritur ferocia: Weil dieses nicht univer- sel, setze: Oritur plerumque ferocia: Weil es nur bey unverstaͤndigen geschicht, setze hinzu: Apud homines imprudentes, affectibus indulgentes, intellectu praeiudiciis deturpato aegrotantes: So bekommt man folgenden periodum: Ex copiæ pecuniae \& rerum ad vitam transigendam neces- sariarum, oritur plerumque ferocia, apud homines imprudentes, affectibus indulgentes, intellectu praeiudiciis deturpato aegrotantes: Oder besser und mit bequemerer aussprache: Quisquis nec intellectum a praeiudiciis emendare, nec in volun- tate affectibus imperare, ideoque parum prudenter se gerere didicit: ipsi ex nimio rei familiaris incre- mento, \& opum, quamuis fugacium, affluentia, effrena plerumque \& indomita subnascitur ferocia: Da dann alle theile in gehoͤriger symmetrie ste- hen, leicht auszusprechen sind und wohl in das gehoͤr fallen. conf. Lami l’ art de parler l. c. und unten das 2. cap. S. unten das 2. cap. §. 11. Und dieses waͤren die elementa, und der natuͤrliche grund aller sprachen. Es koͤn- nen aber diese principia, so vielerley zufaͤlle ha- ben, auf so mancherley weise veraͤndert werden, daß man fast so vielerley arten des ausdrucks findet, als menschen sind. Die ursachen sol- L 4 cher von dem ausdruck cher veraͤnderungen sind, die einrichtung des verstandes, die mischung der temperamen- te, die auferziehung, das clima, die lebens-art, der genie eines ieden saͤculi, der ort, die materie welche man ausdruckt, die affectation der leute, die imitation angesehener personen, die natuͤrliche be- schaffenheiten bey der pronunciation, das alter, ꝛc. welche dinge so gar in einer ein- tzigen sprache unzehliche veraͤnderungen herfuͤr bringen, und sich doch niemahls gern unter das ioch der kunst bequemen, sondern mehren- theils lieber von der natur dependiren wollen. Daher enstehet der iudicioͤse, ingenioͤse und memorialische ausdruck. Der indicioͤse ist rei- cher an gedancken als worten, setzt nicht leicht etwas vergebens, macht viel einschrenckungen, wird daher zuweilen schwer zu verstehen, zumahl wenn alles gar zu kurtz gefast. Z. e. Tacitus, Petronius, Phaͤdrus, Sallustius, Quinctilia- nus, Buchnerus; ꝛc. der ingenioͤse, hat viel gleichnisse, spielt mit worten, fliest wohl, bringt allerhand einfaͤlle an. Z. e: Florus, Ovidius, Muretus, Hofmanns-waldau, ꝛc. Der me- morialische, ist reicher an worten als gedancken, mit phrasibus aus andern auctoribus, mit sen- tentzen und dergleichen, geschmuͤckt, also un- gleich, unbestaͤndig, weitlaͤuftig. z. e. Barthius, der meisten criticorum, s. Morboffs Polyh. I. I. XXIII. 46. Am besten ists, wann iudicium, ingenium, memorie so gemischt sind, daß das iudicium am staͤrcksten, ingenium und memorie zusammengenommen dem iudicio gleich seyn, Z. e. beym Cicerone, Livio, Horatio, Virgilio, Cu- der gedancken. Cunaͤo, Ziegler, ꝛc. andere mischungen taugen nichts. Hieraus entspringt der unterschied des magni- fiquen, fluiden, und concisen ausdrucks. Wenn man diese arten mit denen arten der vor- hergehenden note vermischet, kan man wieder besondere veraͤnderungen des ausdrucks bemer- cken. Ehrgeitzige lieben einen magnifiquen, wolluͤstige einen fluiden, geldgeitzige einen con- cisen ausdruck. ꝛc. Die auferziehung und der umgang, thut sehr viel zur einrichtung des ausdrucks. Eine freye conversation, liebreiche und vernuͤnftige edu- cation, macht, daß man ohne schwierigkeit sich ausdruckt, und ohne furcht zu fehlen, eine solche fertigkeit zeiget, die nicht anders als angenehm ist. Eine stoͤckische pedantische auferziehung ist ursach, daß man sich, wann man auch erwach- sen und die herrlichsten anweisungen gehabt, die schoͤnsten buͤcher gelesen, die fuͤrtreflichsten me- ditationes im kopfe hat, die gelehrtesten sachen zu papier bringet, dennoch im gemeinen leben, nicht ohne zwang und noth, und ohne roth zu werden, exprimiren kan. Jm gegentheil, wo die eltern uͤber der kinder albernes reden ein ge- fallen zeigen und lachen, und der lehrer mit furcht und zittern sie corrigiren muß, da bekom- men die leute eine frechheit, daß sie nachge- hends, ohne schamhaftigkeit, die albernsten ein- faͤlle, auf eine impertinente art, fuͤrbringen, und die gantze zeit mit ihrem thoͤrichten plap- pern, verstaͤndiger leute ohren, auf die tortur bringen, und wie viel hengt uns nicht aus der conversation mit andern leuten an? Dieses macht gar einen mercklichen unterschied, S. Neuhusium im theatro ingenii humani und andere, Z. e. der Teutsche ausdruck ist entweder L 5 Schle- von dem ausdruck Schlesisch oderr Meißnisch oder Niedersaͤchsich oder Fraͤnckisch, der Lateinische und Griechische entweder Atticus, oder Laconicus oder Asiati- cus und Rhodicus. Wie differiret nicht der Orientalischen voͤlcker ausdruck von dem un- sern? ꝛc. Z. e. Jsocrates redet gantz anders als Demo- sthenes, iener hatte sich mehr aufs dociren, dieser mehr auf die praxin gelegt. Hofleute re- den gantz anders als schulleute, handwercksleu- te und soldaten wieder anders ꝛc. Mit diesen aͤndert sich der ausdruck, wie mit den moden, aus unterschiedenen ursachen, ꝛc. Z. e. hier zu lande hoͤret man etliche leute mit er- staunen an, die man anderwerts fuͤr schlechte helden halten wuͤrde; wiederum sind andere verachtet, welche vielleicht an andern orten am liebsten gehoͤret werden. Diese veraͤndert den ausdruck gewaltig, dann ein iedes obiectum muß nach seinen eigenschaf- ten ausgedruckt werden. Siehe unten das 2. cap. Wann die leute sich zwingen, nach eines andern disposition des verstandes zu reden, oder die nei- gungen nicht haben, welche andere treiben, und also inuita mincrua, und nicht, wie ihnen der schnabel gewachsen, reden wollen. Z. e. wann Lipsius schreiben will wie Tacitus, oder wann Gruterus und Coͤlius Lipsii ausdruck affectiren S. Morhoffs Polyh. l. I. XXIIII. 69. 70. Diese setzt man der affectation billich entgegen. Jene zwingt sich andere zu folgen mit denen sie nichts gleiches hat, diese sucht, was andere, mit denen sich etwas gleiches bey uns findet, schoͤnes herfuͤrgebracht, nachzumachen, ohne zwang und falschen absichten. Z e. Baudius imitirt Plau- tum gluͤcklich und man lobt ihn deßwegen S. Mor- der gedancken. Morhoffs Polyh. l I. XXIIII. 87. Budaͤum will man, wegen seiner art zu imitiren, nicht son- derlich loben, S. eundem l. I. XXIII. 47. vid. un- ten cap. 4. Z. e. etliche leute reden geschwinde, etliche gra- vitaͤtisch, einige lispeln, einige schnarren, einige haben eine leise, kleine, schwache stimme, andere starck und grob. Mit den iahren veraͤndert sich der ausdruck gar sehr, alten leuten will es nicht mehr so fliessen als iungen, daher heist eine rechte beredsamkeit bey den Lateinern virilis eloquentia, und diese ist a flore iuuenili orationis, ingleichen a terso dicendi genere senili, sehr unterschieden. Lipsius hatte im alter einen gantz andern ausdruck angenom- men, als in der iugend. siehe Morhoff l. c. 63. Daß ich hier von andern ursachen der veraͤnderung im ausdruck nicht gedencke, Z. e. Manche schreiben und reden schoͤn, wann sie verliebt, zoͤrnig, berauscht, unter guten freun- den sind, hingegen zu anderer zeit will es nicht fort, so ist auch ein mensch nicht alle stunden gleich disponiret zum reden. S. Schefferum de stilo illiusque exercitiis (cum Jo. Henr. Boecleri diss. de comparanda Latinae linguae facultate ed. Jenae 1678. 8.) Cap. I. p. 10. §. 12. Daraus solte man fast schliessen, als wann es unmoͤglich, von der schoͤnheit und ac- curatesse des ausdrucks, regeln zu geben, und so vielerley dinge, einer herrschaft der kunst zu un- terwerffen; eben so, wie es schwer, den ge- schmack der leute, durch disputiren auszuma- chen und durch regeln zu determiniren. Allein zu geschweigen, daß es hier nicht bloß auf der- gleichen natuͤrliche zufaͤlle, oder auf eine blosse empfin- von dem ausdruck empfindung ankomme, so wirft sich der ge- brauch, so zu reden, zu einem allgemeinen sprachrichter auf, und tyrannisiret dergestalt, daß man auch durch die regeln der vernunft kaum vermoͤgend ist, ihn einiger massen im zaum zu halten. Und dieser ist eine gleichfoͤr- migkeit oder uͤbereinstimmung einer gewissen nation oder societaͤt, in dem ausdruck, betref- fend die worte, redens-arten, und derselben be- deutung und anwendung. §. 13. Dieser gebrauch siehet entweder bloß auf die worte, so ist es ein Grammaticalischer concept, und leget den grund zur Grammatick, oder er siehet auf die idee, welche mit einem worte ausgedruckt wird, so ist er das funda- ment der Rhetorick, und gehoͤrt hieher. Er ist aber so dann universel, wann er bey einer gantzen nation, in einer gantzen sprache, ein- gefuͤhret, oder particular, wann er von einem gewissen theil der nation, durch einhelligen con- sens angenommen worden. Der universelle gebrauch, herrschet sonderlich bey sensuellen dingen. erfindet selbige auszudrucken woͤrter und fuͤhret sie ein, macht die stamm-woͤr- ter nach der phantasie der erfinder, bindet die ideen an die worte und veraͤndert sie auch wohl nach und nach, wird daher uͤberall im gemeinen leben beobachtet und auch als der grund des particularen angesehen. Jhn zu erkennen und zu appliciren braucht man weiter nichts als die erfahrung und memorie. a ) Die- der gedancken. Dieser macht die declinationes, coniugationes, genera, constructiones, syntaxin, ꝛc. und ist so maͤchtig, daß auch Kaͤyser Sigismundus sich druͤber verwunderte, da er ohngefaͤhr schismam an statt schisma: gesprochen, und mit seiner Kaͤyserl. auctoritaͤt nicht wieder denselben schuͤ- tzen konte. Z. e. ein pferd, ein hund, die sonne, roth, schwartz, lang, schlagen, werffen, ꝛc. sind lau- ter sensuelle sachen, diese hat der universelle ge- brauch unter seiner disposition. Eben derselbe nimt auch zuweilen woͤrter aus andern sprachen, und giebt ihnen in einer fremden das buͤrger- recht. Daher sagt Morhoff im unterricht von der Teutschen sprache, cap. 4. wer die stamm- woͤrter finden wolle, muͤsse sie nicht in den staͤdten und bey hofe, sondern auf den doͤr- fern unter den bauren suchen. Jch setze noch hinzu, daß man sie nicht allemahl mit gnugsamen grund in andern sprachen suche. Z. e. Wer in der gantzen Teutschen nation hoͤrt die sonne oder plat-Teutsch nur mit etwas ge- schlossenem munde ausgesprochen, de oder dey sunne nennen, der denckt gleich an das grosse licht, welches den tag erleuchtet. Und wann nun schon der Chymicus das gold und ein ver- liebter seine amasia darmit beleget, so hat doch der universelle gebrauch eigentlich die idee der sonne daran gebunden. Also veraͤndert der ge- drauch manchmahl woͤrter in anschung ihrer be- deutung, Z. e. schalck hieß vorzeiten ein treuer diener, daher marschalck; schuft kam in der be- deutung mit dem Hebraͤischen Schophet uͤberein; schelm war ein ehren- und geschlechts-nahme. S. Zieglers Heldenliebe der schrifft die vor- rede. Mayd hieß eine iungfer, hofieren hieß ei- nem von dem ausdruck nem ehre erwiesen, heut zu tage wuͤrde man sich fuͤr der ehre nach dem ietzigen verstande gar sehr bedancken. ꝛc. Bald wird dieser bizarre ge- brauch aus orthodoxe und Philosophe schimpf- woͤrter machen, der grund ist schon dazu gelegt. Einmahl wird er, was anbetrift die woͤrter, bil- lich beobachtet. Z. e. an statt: handschub sage ich nicht handstruͤmpfe oder an statt: beinklei- der, nicht lendenholftern, ꝛc. Also irreten die Zesianer gar sehr, da sie alle woͤrter reformiren wolten und auch die bereits das buͤrgerrecht in unserer sprache gewonnen hatten, ausmusterten/ da ihnen doch der universelle gebrauch im wege stand. Die immer Ciceronianisch schreiben wol- len, denen geht es eben so. Nec nimis molles nec nimis morosi simus. S. Thomasii Cautelen VII. und die vorrede, so er seiner Einleitung zur Vernunftlehre fuͤrgesetzet. Die herren, so galant ( i. e. uͤberhin) studiren, suͤndigen dagegen in der grossen nachlaͤßigkeit. Hernach so wird auch der gemeine gebrauch billich in obacht ge- nommen, was anbetrift die sachen, so man fuͤr- bringt, loquendum cum vulgo, \&c. Wann der bauer (und auch der gelehrte bauer) glaubt, die sonne gehe herum, sey nicht groͤsser als sein hut, die hexen ritten um Walpurgis auf besen und ofengabeln und ziegenboͤcken nach dem bloxber- ge, und ich habe keinen beruf ihn kluͤger zu ma- chen, da rede ich nach seinen begriffen: hingegen wuͤrde das wohl ein greulicher thor seyn, der mir wuͤrcklich aus einem solchen discours, derglei- chen alberne meinungen beymessen wolte. Wenn Curtius die thaten des Alexandri beschreibt, so setzt er verstaͤndigen leuten eine marque zu geben, was sie von seiner historie halten sollen, nur diese worte: Equidem plura transscribo, quam credo. Sapienti sat. §. 14. der gedancken. §. 14. Weil aber der universelle gebrauch sich mehr um den ausdruck sensueller dinge, und um die hauptidee der worte, als um abstracta und um die neben ideen bekuͤmmert, so haben gelehrte und polite leute, von demselben abge- hen, und einen particularen gebrauch unter sich einfuͤhren muͤssen, und daher ist der gelehr- te und der galante gebrauch entstanden. Der gelehrte gebrauch ist also eine uͤberein- stimmung der gelehrten, in dem ausdruck derer abstracten dinge, und zeiget sich ent- weder in erfindung neuer kunst-woͤrter oder in determinirung der bereits erfundenen, aber schwanckenden und unrichtigen woͤrter. Diesen zu erkennen und zu appliciren, muß man den universellen gebrauch und die medi- tation, doch diese mehr als ienen zu rathe zie- hen. Diesen hat Quinctilianus L. I. c. 6. genennet: consuetudinem sermonis consensum eruditorum, aber darinn hat er geirret, daß er hiedurch den universellen verstanden. Den gelehrten ge- brauch verderben mehrentheils die halbgelehr- ten, welche mit ihren unreiffen gedancken, und manchmahl zur unzeit und uͤbelausgesonnenen neuen wahrheiten, solche woͤrter herfuͤrbringen, die nichts heissen, und zuweilen ohne noth von dem universellen gebrauch abgehen. Die Teut- sche sprache hat sonderlich das ungluͤck, da man alle wissenschafften mit dem Scholastischen La- tein verdorben, daß sie mit genauer noth, gelehr- te sachen ohne einmischung Lateinischer kunst- woͤrter fuͤrtragen kan. Ja die Lateinische spra- che von dem ausdruck che selbst ist durch dergleichen Scholastische woͤr- ter ziemlich ungestalt worden, wann man etwas gelehrtes fuͤrtragen soll. Daher entsteht der so genannte Philosophische ausdruck, i. e. der aus- druck, dessen sich die docirenden bedienen. Von dem gelehrten gebrauch uͤberhaupt, s. Cleric. ar- tem critic. Part. II. \&. III. Von dem gelehrten gebrauch in der Lateinischen sprache s. Hede- richs Philologische wissensch. von der Lexica und Phrasiologia Latina ingleichen was Mor- Hoff und Stolle l. c. fuͤr auctores allegiren. Thomasii Cautelen cap. VII. Daraus man leicht die application aufs Teutsche machen kan. Weil nicht alle koͤche sind, die lange messer tra- gen, und nicht alles gelehrte, die den nahmen fuͤhren, oder die Lateinisch koͤnnen, und es doch hier auf gelehrte ankommt, so muß ich melden, daß ich unter gelehrte dieienigen verstehe, welche eine iudicioͤse, gruͤndliche, scharfsinnnige, erkaͤnt- niß der abstracten dinge haben, und solche zum nutzen des menschlichen geschlechts anwenden. Z. e. Das wort Philosophie hat Pythagoras erfunden, bedeutet damit die liebe zur weißheit, heut zu tage heist es die einleitung zur gelehrsam- keit, die universelle gelehrsamkeit, dadurch man seinen verstand und willen zu erkennen zu bessern und zu denen hoͤhern Facultaͤten und besondern disciplinen anzufuͤhren lernet. Mir deucht, daß alle gelehrte in dieser bedeutung einstimmig sind, die andern gruͤtz-koͤpfe nehmen Philosophie bald fuͤr eine kunst zu disputiren, oder grillen zu fan- gen, oder die creutz und die quere zu raisonniren, u. s. f. Abstracte dinge sind, die nicht iedermann in die sinne fallen, sondern dabey man sein iudici- um gebrauchen und nachdencken muß. Z. e. ge- lehrsamkeit, weißheit, billichkeit ꝛc. d ) der gedancken. Wann man eine neue sache erfunden, so muß man ein wort haben, selbige zu benennen, also wer in der gelehrsamkeit etwas herfuͤrgebracht, muß ebenfalls auf die benennung bedacht seyn, und da muß er zufoͤrderst sehen, ob nicht der- gleichen wort schon in der sprache fuͤrhanden, hernach, ob nicht etwan durch die analogie der- gleichen wort zu formiren, ferner wann dieses nicht angehen solte, ob nicht in einer andern spra- che ein wort sey, das die sache ausdrucket, endlich bekommt er erst freyheit, ein neues wort zu ma- chen, aber er darf es nicht gebrauchen, ohne sol- ches durch eine definitionem nominalem zu er- klaͤren. Denn durch die definitiones nominales werden die logomachien vermieden, siehe We- renfelsens dissert. die in der vorber. §. 12. not. a. angefuͤhret. Z. e. Freundschaft, billichkeit, gelehrsamkeit, raisonable, bonnet, galant, ꝛc. sind zwar erfun- den und fast durch den universellen gebrauch re- cipirte woͤrter, aber wie uͤbel werden sie nicht angewendet z. e. wann der raͤuber sterben soll, so sagt er, es sey nicht billich, daß man ihm das leben nehme; wer uns mehr giebt, als wir ver- dienet haben, den nennen wir raisonnable; man sagt: ein galanter pruͤgel ꝛc. Solcher woͤrter eigentliche bedeutung zu determiniren, solten die gelehrten muͤhe anwenden, und ihren gebrauch dem einreissenden mißbrauch entgegen setzen. Sonst dienen zum gelehrten gebrauch die Lexica Philosophica, als Stephani Chauvi- ni. 1713. Loͤwarden. 1692 Rotterdam in fol. Joh. Miraelii 1662. 4. Stettin. J. H. Com- pendioͤses Lexicon Metaphysicum. Franckfurt 1715. 8. Goclenii, siehe Morhoffs Polyh. l. IIII. IIII. 5. Reimmann l. c. IIII. 566. doch moͤchte Herrn Walchens diese wohl uͤbertreffen, auf M welches von dem ausdruck welches uns schon D. Ruͤdiger in seiner vorr- de zur Philosophia Synthetica 1717. vertroͤstet. Es solte auch billich ein ieder gelehrter, wann er von abstracten sachen schriebe, ein kleines lexicon dazu thun, damit die von ihm gegebenen nominal de- finitiones wiesen, wie man seine sprache verstehen solte, aber er muͤste auch raison geben, warum er von dem universellen gebrauch abgegangen. Von dem gelehrten gebrauch abzugehen, hat man sonst nicht so leicht ursach und freyheit. Also ist es nicht wohlgethan, wann man die Lateini- schen kunstwoͤrter uͤbersetzet Z. e. obiectum, uͤber- wurff, subiectum, unterwurff, ꝛc. oder wann man ihnen ohne noth andere bedeutung giebt. Z. e. wann sich einer nennete Magistrum vtriusque Phi- losophiae, so daͤchte ich er waͤre ein grillenfaͤnger, dann nach dem gelehrten gebrauch, haben wir nur eine Philosophie, wann er nun vollends sagte, er verstehe darunter einmahl die Philoso- phie, hernach die Mathematick, so daͤchte ich noch mehr er schwaͤrmete, dann wer wird doch iemahls die Mathematick eine Philosophie nennen? Eben so wann sich der Juriste nennet Doctorem vtriusque iuris, das wissen alle gelehrte, daß er einmahl das ius ciuile hernach das ius ca- nonicum verstehe, wann sich aber ein Physicus woite Doctorem vtriusque mundi nennen, da wuͤrde man fast auf die gedancken gerathen, als wann er im himmel und auf erden, oder in der alten und neuen welt ein Doctor sey, denn wann er schon sagte, er verstuͤnde einmahl die welt, und hernach den menschen, so weiß ich doch nicht, ob er damit fortkommen koͤnte, dann es ist wieder den universellen und gelehrten gebrauch, den menschen die welt zu nennen, und also homi- nem und mundum promiscue zu gebrauchen, man unterscheidet zwar wohl macrocosmum und mi- cro- der gedancken. crocosmum, aber nicht so, daß man ienen mun- dum, und diesen auch mundum nennet ꝛc. §. 15. Der galante gebrauch, ist endlich eine uͤbereinstimmung derer politen leute, in der vermeidung solcher woͤrter, die dem De- coro zuwiderlauffende neben-ideen haben, und in anwendung solcher, welche, nach be- schaffenheit des durch die fuͤrnehmsten in der republick eingefuͤhrten wohlstandes, artige neben-ideen haben. Damit man auch diesen recht erkenne und applicire, muß man den universellen gebrauch und die eingefuͤhrte regeln des wohlstandes gegeneinander halten und in obacht nehmen. Und wann man end- lich von einer sprache und derselben schoͤnheit urtheilen will, so muß man den gelehrten und politen gebrauch zur richtschnur setzen, nicht aber den universellen. Unter polite leute verstehe ich alle dieienigen, welche nicht so wohl durch abstracte dinge (ohn- geachtet ihnen diese treflich nutzen und zu statten kommen) als vielmehr durch erfahrung und er- kaͤnntniß der welt, und des staats, verstand und willen also gewoͤhnet haben, daß sie nach den re- geln der klugheit durch den umgang im gemeinen leben, andern zu gefallen geschickt sind, und also ihren eigenen nutzen so wohl als den nutzen der republick zu befoͤrdern eine fertigkeit besitzen. Jhre academie ist, so zu reden, der hof, und ihre trivial-schulen sind eine freye und muntere (nicht aber freche) auferziehung, conversation mit fuͤr- nehmern leuten und frauen-zimmer, und ver- waltung publiquer affairen, haben sie dazu noch eine gelehrte erkaͤnntniß von denen sachen, so M 2 waͤchst von dem ausdruck waͤchst ihnen dadurch noch einmahl so viel ge- schicklichkeit zu. Also vermeiden polite leute alle obscoͤne, liederli- che und unter dem poͤbel nur gebraͤuchliche worte z. e. alle worte, welche man sonst mit dem axiomate entschuldigen muß: naturalia non sunt turpia; alle arten von fluͤchen, zoten, scheltworten ꝛc. ferner die grob und baͤurisch klingen, als: fressen, sauffen, hosen, dreck, ꝛc. an statt dessen sagen sie: essen, trincken, bein-kleider, koth, ꝛc. Ja sie spre- chen auch wohl die durch den universellen ge- brauch eingefuͤhrten woͤrter etwas zierlicher und manierlicher aus und moderiren die stimme, daß sie nicht aus vollem halse reden. Einige sind in etwas privilegiret davon abzugehen Z. e. Die Herren Medici, ꝛc. denn die duͤrffen eher natuͤr- licher reden. Andere affectiren mit fleiß wider den politen gebrauch zu suͤndigen Z. e. die naͤrri- schen flucher, zotenreisser, possenmacher, ꝛc. die dencken sich durch solche thorheit in auctori- taͤt zu setzen, beliebt, formidable zu machen. Wie- derum andere affectiren hier den politischen ge- brauch gar zu sehr, Z. e. wenn man sprechen wol- te: ich habe mir salua venia, oder saluo honore, oder wohl gar sal fonore, ein paar schuhe ge- kaufft, oder wie iene frau, die sagte an statt: boh- nen, behnen, meinte, man braͤchte bey bohnen den mund gar zu sehr aus den falten, oder an statt: boden, kohlen, lieber bodden, kollen, ꝛc. Dieser ist so zu sagen der hauptgrund des poli- ten gebrauchs, aber weil er sehr veraͤnderlich ist, so wird auch daher der polite gebrauch sehr geaͤn- dert. Wann eine sache gar zu gemein wird, ver- liert sie ihre annehmlichkeit, und dann suchen leute, die von andern wuͤrcklich distinguiret sind, sich auch mit nicht gemeinen dingen in der distin- ction zu erhalten, Z. e. sonst bedienten sich die fuͤrnehmsten nur der silbernen caffee-kannen, da diese der gedancken. diese zu gemein worden, fangen sie nun an bloß irdene zu gebrauchen. So geht es mit denen manieren zu reden, mit der titulatur ꝛc. Daher lernt man dieses nicht leicht aus buͤchern, son- dern aus dem menschlichen leben, aber eben deß- wegen ist es leicht dawider zu verstossen, und noch mehr, deßwegen muß man es einem, der da- wider verstoͤst, nicht so leicht aufmutzen und dar- uͤber sich alteriren, ob es wohl freylich unrecht selbiges negligiren. Daher entstehen alle complimente, titulaturen und andere polite manieren zu reden, Z. e. daß man einen du, den andern er, den dritten gar sie nennet, und ietzo fuͤngt man gar an, die leute ih- nen zu nennen, als: ich bitte ihnen gar schoͤn; Daß man einen durchlauchtig, hochgebohren/ gestrenge, gnaͤdig, ihre excellentz, magnifi- centz, sich aber einen gehorsamen, unterthaͤni- gen, allerunterthaͤnigsten diener nennet; nach dem universellen gebrauch ist ein sieb durch- laͤuchtig, des thuͤrmers sohn hochgebohren, der boltzapfel gestrenge, GOtt allein gnaͤdig, und ihre excellentz heist ihre fuͤrtreflichkeit, ihre magnificentz aber ihre großthulichkeit; und wann ich mich eines andern unterthaͤnigen diener nenne, so hat das nicht den verstand, als wann ich sein schuhputzer waͤre. Hier thun ei- nige der sache zu viel, einige zu wenig, einige sehen sonst die sache nicht recht an. Zu viel thun alle dieienigen, welche an dem unrechten ort, oder im uͤberfluß, oder mit fremden woͤr- tern, einen politen gebrauch affectiren, z. e. wann man die iunge magd sie nennet; oder man nennt sich ohne unterschied einen unterthaͤ- nigen diener, da es wohl an einem ergebenen diener gnug waͤre; wann man so viel fremde woͤrter einmischt, als Frantzoͤische und Jtaliaͤ- M 3 nische von dem ausdruck nische ins Teutsche, wie klingt das, wann ich spreche: Monsieur oder Signor haben sie doch die bonte und a iustiren mein kleid un peu, ich will fuͤr solche complaisance mich bey ieder oc- casion reconnoissant auffuͤhren, auch meine ob- ligation reellement contesti ren, an statt: Mei- ster oder mein Herr. mache er mir doch mein kleid zu rechte, ich will mich dafuͤr geboͤtiger massen abfinden. Zu wenig thun dieienigen, welche dencken, sie vergeben ihrer hoheit etwas, wann sie andere leute hoͤflich tractiren, sich ge- horsame diener nennen, oder sonst einen bau- er-stoltz affectiren wollen. Dieienigen sehen endlich die sache wohl nicht recht ein, welche den politen gebrauch, nach der bibel abmessen, wel- che weil sie etwas grober complexion sind oder sonst einen wunderlichen geschmack von dem po- liten gebrauch und von der redlichkeit oder auf- richtigkeit haben, und entweder alle complimen- te und titul als suͤndlich oder als kennzeichen der falschheit ausschreyen, oder wohl gar nach dem universellen gebrauch und blossen wort-ver- stande nehmen, z. e. es sagt iemand, er wolle ihnen gerne dienen und gefaͤlligkeiten erzei- gen, und sie praͤtendiren, er solle nun ihren la- quais abgeben. Hier heist es verba valent vt num̃i, hingegen so lange man im universellen ge- brauch bleibet heist es: verba sunt signa rerum. Dem zu folge ist freylich der bauren ausdruck der aufrichtigste. Also muß man nicht das Lateinische nach der Roͤmischen bauren, das Frantzoͤische nach des gemeinen volcks zu Pariß, das Teutsche nach des poͤbels ausdruck, aussprache und manier zu re- den beurtheilen. Man muß auch nicht, wann man eine sprache lernen will. selbige nach des poͤbels art zu reden, sich angewoͤhnen, z. e. wer Teutsch der gedancken. Teutsch lernet, muß nicht aussprechen: loffen, glauben, wo hammerschen, ꝛc. an statt, lauf- fen, glaͤben, wo haben wir es denn ꝛc. ohn- geachtet freylich der universelle gebrauch nicht zu verabsaͤumen. Eben so muß man in Fran- tzoͤischen nicht lernen: J’auons, queque cique ca- enflez vous, an statt: nous auons, qu’est ce que cela, en voulez vous, oder im Lateinischen: ne- num exfociont topper, queicoumque endo prae- sentebos \& continoeis \& inexemplificabilibos ca- labricantur coeris, an statt: non effugiunt cito, quicumque (in) praesentibus \& peculiaribus inuol- uuntur curis. §. 16. Ausser dem allgemeinen sprachrich- ter dem gebrauch, hat ein redner zugleich die verhaͤltniß der gedancken und worte, als eine richtschnur seines ausdrucks anzusehen, und zwar so, daß er sich ihrer herrschaft aus schul- digkeit gern unterwerffe, da er mehrentheils aus noth dem gebrauch nachgeben, und der tyranney desselben weichen muß. Es ist aber diese zu beobachten unter den worten und ge- dancken, unter den gedancken und der sache selbst, unter den worten und der idee des zu- hoͤrers, und endlich unter denen worten gegen- einander. Und hievon ist im folgenden 2. cap. ausfuͤhrlicher zu handeln, hier aber nur so viel zu gedencken, daß diese verhaͤltnisse vollkommen auszudrucken, fast keine sprache reich genug an worten sey, zumahl da bey dem grossen reich- thum der sprachen, dennoch der verstand mehr gedancken fassen, und der wille mehr regungen M 4 em- von dem ausdruck empfinden kan, als der gebrauch, worte selbige auszudrucken, eingefuͤhret. §. 17. Dannenhero ist man genoͤthiget worden, an solche sache zu gedencken, welche mit diesen verhaͤltnissen einige verwandschafft und ihre eigene worte haben, damit man durch die von ihnen entlehnten worten ausdrucken moͤge, wozu man keine eigene finden koͤnnen, und solche nennet man tropos. Nachgehends hat man auch wohl ohne noth, zur zierde der re- de, und den ausdruck nach seinen absichten einzurichten, tropos angewendet, und ausser diesen faͤllen ist es thoͤricht, tropos gebrau- chen. Ubrigens ist die verwandschafft der sache, von welcher wir die worte entlehnen, mit derienigen, so wir dadurch ausdruͤcken wollen, entweder natuͤrlich oder kuͤnstlich, iene koͤnte man uͤberhaupt metonymisch oder iudicioͤs, die- se metaphorisch oder ingenioͤs nennen, und ih- ren ursprung in denen erlaͤuterungs-gruͤnden suchen. S. Lami l’art de parler, L. II. Cap. I. biß. 5. Al- stedium in Rhetor. L. I. c. 2. Becmannum in Manuduct. ad Lat linguam c. XV. Clerici Art. Critic. P. II. S. l. c. 6. Qvinctilianus Instit. Orat. VIIII. I. Tropus est dictio ab eo loco, in quo propria est, translata in eum, in quo non pro pria est. Und VIII. 6. Id facimus aut quia necesse, aut quia significantius est, aut quia decentius. Cicero sagt L. III. de Orat. Tropum necessitas genuit in- opia coacta\& angustiis: post autem delectatio iu- eunditas ue cel brauit. Daber ist der eigentliche und der tropische ausdruck entstanden. Durch den der gedancken. den tropischen ausdruck, wird eine sprache gleich noch um die helfte reicher, und die rede, nachdem man sie recht anbringet, kraͤfliger praͤchtiger und angenehmer, ia die sache selbst bekommt da- durch vielerley ansehen. Oft sagt man auch mit einem tropo mehr als mit vielen worten, aus welchen allen die nothwendigkeit und der nutzen der troporum zur gnuͤge erhellet. Man muß hier, was oben im ersten theil cap. 4. ausgefuͤhret, zum grunde legen, und die da- selbst von den argumentis illustrantibus ange- fuͤhrten cautelen, hier wiederholen. Dann hier kommt es eben am meisten auf den ausdruck der argumentorum illustrantium an, wie in folgen- den beyden §. §. auf den ausdruck der argumen- torum patheticorum. Die metonymische oder iudicioͤse verwandschaft gruͤndet sich auf die ar- gumenta illustrantia, welche aus dem wesen der sache fliessen, und von dieser art haben die Rhe- tores folgende manieren determiniret, da man setzen kan: 1. Genus pro specie, Z. e. an statt: Die truncken- heit bringet ihre anhaͤnger ums leben: setze: die unmaͤßigkeit opfert ihre verehrer dem tode auf. 2. Speciem pro genere, Z. e. an statt: Es ist frie- de gewesen: setze: Der ackersmann hat noch kein eisen, ausser zum feldbau, und der buͤrger kein geschoß, als nur zu freundens bezeugun- gen gebrauchet. 3. Partem essential. pro toto, Z. e. an statt: Got- tesfuͤrchtige menschen sterben gerne: setze: Gottergebene seelen unterwerffen sich mit freuden der trennung von dem zeitlichen. 4. Partem integr. pro toto, Z. e. an statt: Hier sind viel leute geblieben: setze: Die erde ist allhier mit dem vergossenen blute benetzet, M 5 und von dem ausdru und mit den gliedmassen der erschlagenen be- saͤet worden. 5. Totum pro parte, Z. e. an statt: Es ist bißher in Teutschland, Franckreich, Engelland, ꝛc. friede gewesen: setze: Gantz Europa hat die kriegerischen waffen bißanhero fuͤr unbrauch- bar gehalten und aus den haͤnden geworffen. 6. Nomen proprium pro appellatiuo, Z. e. an statt: Unser Landes-Herr ist ein gnaͤdiger Herr: setze: Unser Allerdurchlauchtigster Frie- drich August ist der rechte Augustus und Traianus unserer zeiten. 7. Appellatiuum pro proprio, Z. e. an statt: Vir- gilius: setze: Der Poͤet, an statt: Cicero: setze: Parens eloquentiae Romanae, oder: der Roͤmische buͤrgermeister. 8. Antecedens pro consequente \& v. v. an statt: memento mori: setzte: meditare funus tuum: oder, an statt: Wann das frauenzimmer cour- tesirt, verliert es seine renommee: setze: Wo ein frauenzimmer sich gewoͤhnt in den fen- stern zu liegen, und nach denen iungen herren zu sehen, von ihnen visiten anzunehmen, mit verliebten blicken zu spielen, sich beschencken zu lassen, da ist es von hertzen gefehlt. 9. Partem orationis pro alia, Z. e. an statt: ein tu- gendhaffter kan nicht sterben: setze: Die tu- gend entreisset ihre besitzer der sterblichkeit. ꝛc. 10. Accidens partis orationis pro alio, Z e. an statt: Die fuͤrsten muͤssen auf ihre feinde und auf ihre umerthanen sehen: setze: ein fuͤrst muß zwar seinen feind stets in augen haben, aber dabey seinen unterthan nicht uͤbersehen: oder, an statt: Sapientes terrestria contemnunt hilaritate quadam animi: setze: Sapiens supra lunam positus, semper serenum est in eius animo. \&c. H. der gedancken. 11. Affirmationem pro negatione \& v. v. Z. e. an statt: ein frommer betet allezeit: setze: ein gottesfuͤrchtiger unterlaͤsset niemahls das ge- bet. ꝛc. 12. Plus vel minus quam intelligitur, Z. e. an statt: er hat die feinde bald geschlagen, setze: die feinde hatten ihn kaum gesehen, als er sie ge- schlagen, oder, an statt: Judas hatbey sei- ner verraͤtherey gottloß gehandelt, setze: Judaͤ verraͤtherischer kuß und falsches hertze verdienet gewiß keinen panegyricum: ꝛc. 13. Effectum pro caussa \& v. v. Z. e. an statt: die liebe verblendet: setze: Die liebe faͤllet ia so leicht auf etwas heßliches als auf etwas schoͤ- nes. ꝛc. 14. Adiunctum pro subiecto \& v. v. Z. e. an statt: Er liebt das studir en mehr als den krieg: setze: er will lieber denen stillen Musen seine zeit aufopfern, als dem kalbfelle folgen ꝛc. Und da nennen sie 1. 2. 3. 4. 5. synecdochen, 6. 7. an- tonomasiam, 8. metalepsin, 9. enallagen, oder ins besondere antimeriam 10. heterosin , und zuweilen antiptosin 11. aequipollentiam , 12. hyper- bolen und diese bald meiosin , oder tapinosin , bald auxesin, bald litoten, bald heterosin , bald cata- chresin , bald bloß hyperbolen, 13. 14 schlechtweg metonymiam, da denn noch hypallage drunter begriffen. Jch dencke, man habe sich mehr um die fontes, und den gebrauch, als um die nahmen, welche bißweilen undeutlich und schwanckend concipiret, zu bekuͤmmern. Als fontes koͤnnen alle dieienigen ideen angesehen werden, welche mit unserm obiecto verknuͤpfet, zu welchen uns die natur und meditation gantz ungezwungen fuͤhren, und der gebrauch ist nach der absicht die man hat, und nach denen im ersten theil cap. 4. angefuͤhrten regeln, anzustellen und zu beurthei- len. von dem ausdruck len. Die metaphorische oder ingenioͤse ver- wandschaft, gruͤndet sich auf die argumenta il- lustrantia, welche ausser dem wesen der sache sind, daher kan man setzen: 1. Simile, Z. e. an statt: Rechte liebe ist bestaͤn- dig, setze: Das feuer der wahren liebe verli- schet auch im grabe nicht: oder: eine bruͤnsti- ge liebe, welche von der aufrichtigkeit unter- halten wird, kan bey keiner veraͤnderung aus- leschen. ꝛc. 2. Exemplum, Z. e. an statt: er ist ein furchtsa- mer tyranne, setze: er ist ein rechter Tiberius. Hieher koͤnten auch sententiae referirt werden. 3. Z. e. Oppositum eius, quod intelligitur, an statt: du bist albern, setze: Du bist ein artiger, schoͤner herre! ꝛc. Hievon wird 1. metaphora genennet, wenn das simi- le durch etliche eigenschaften gut durchgefuͤhret wird, heist es allegoria, fuͤhrt es einen gelin- dern concept ein als man sich vom obiecto sonst macht, heist es euphemismus. Wenn 2. kurtz angefuͤhrt wird heist es allusio, sonst bleibt es ein ordentliches argumentum illustrans. Und end- lich 3. ist die ironia. Die fontes dazu und was bey dem gebrauch zu beobachten, siehe oben P. l. c. IIII. Das hauptsaͤchlichste ist, daß man nicht gar zu unbekannte und von dem wesen der sache gar zu weit entfernte dinge nehme, und daß man nicht in der ausfuͤhrung sich uͤbelreimender ideen und worte bediene. Z. e er ist ein rechter Philipp freyherr von Winneberg, an statt: er liebt seine freunde bestaͤndig, oder: er ist ein rechter Ecebolius, an statt: er ist unbestaͤndig in der religion, denn das wissen nicht alle leute, daß ie- ner gesagt: er befinde sich am besten bey alten kleidern und bey alten freunden, und daß die- ser seine religion zu anfang des vierdten saͤculi nach der gedancken. nach der religion der Kaͤyser gerichtet. Jn schriften pflegen sich die leute, so hiewieder pecci- ren, mit noten zu helffen. Ubel connectiret die- ses: Was solte wohl dieser fuchs nicht thun, ia ich mercke es schon, er sey zwar von aussen ein schaf, aber inwendig sind die wolffs klau- en ziemlich groß (beym Maͤnnling in seinem expediten redner. Franckfurt und Leipzig 1718. 8. p. 212.) Dann er faͤngt beym fuchse an und hoͤrt beym wolffe auf. Wie sich der affect mit den tropis ausdrucke, laͤst sich von selbsten schliessen, und wird im folgenden 19. §. gewiesen werden. §. 18. Die regungen des willens druckt die natur fast von selbsten, und ohne zwang in der rede aus, dadurch, daß sie denen redens-ar- ten und worten, durch besondere stellung und aussprache, gewisse neben-ideen anhengt, dar- aus man die verhaͤltnisse des affects zu der sa- che, durch eine sympathetische kraft abnehmen und in dem andern erregen kan, und solche merckmahle nennt man figuren. Da nun diese die sprache der affecten sind, so muß man wuͤrcklich nicht nur in dem gemuͤth affecten ha- ben, sondern es muͤssen auch diese sich zu dem obiecto reimen, und in denen argumentis pa- theticis gegruͤndet seyn. Da aber auch die af- fecten niemahls ohne heftigkeit sind, und als re- gungen des willens, aufunzehliche weise sich veꝛ- aͤndern koͤnnen, so nim̃t der affect alle argumen- ta, alle gedancken und worte, alle eigentliche uñ tropische ausdruckungen, und bedienet sich der- selben ohne regeln, auf so vielfaͤltige art, daß es ein- von dem ausdruck einmahl unnoͤthig, hernach auch nicht wohl moͤglich, alle solche arten zu determiniren. S. hiebey Lami l. c. L. II. Cap. VI. biß XIII. der sich am meisten dabey aufgehalten, und die ar- tigsten gedancken davon aufgesetzet. Herrn Langens E. z. O. P. I. p. 333. sqq. Hederichs Philolog. wissenschaften vom stilo. p. 488. sqq. Linguae Latinae ornatum, (quem ex F. Syluio, Ambiano, Alstedio, Aluaro, Buchlero, Clarckio, Datto, Pareo, Scioppio, Reyhero, Vechnero, Volgel- manno, \& Weinhamero congessit, itemque viri celeb. Joh. Michael. Dillheri ad locos inuentionis Rhetoricae manuductionem illi adstruxit Christoph. Arnold, Eloq. Poës. ac Graec. lingv. P. P. editio 7. Norimbergae 1715. 12. cum triplici mantissa, de Germanismis falso suspectis, de Germanismis falso suspectis \& de numero oratorio) cap. V. p. 268. Schmidii Grammaticam. Jacobi Thomasii Rhetori- cam, die seiner Philosophie beygefuͤget und mit derselben Leipzig, 8. ediret ꝛc. §. 19. Jnzwischen, da es doch mode wor- den, in der Oratorie eine lange reihe figuren, mit fuͤrchterlichen nahmen und besondern be- schreibungen, nach einander her zu zehlen, indem ia alle Rhetoricken damit gespicket sind, so sehe ich mich genoͤthiget, auch hier ein register der- selben, dem leser zu liefern, ob es wohl wegen der vielen verworꝛenen unꝛichtigen und schwan- ckenden concepten nicht wenig unangenehm. Jch will dabey zugleich alles, was sonst unter dem nahmen der figuren im reden bekannt ist, anfuͤhren, also finde ich erst Gramma- ticalische, hernach Rhetorische figuren; die Grammaticalischen sind entweder Orthogra- phisch, der gedancken. phisch, oder Etymologisch, oder Syn- tactisch, oder Prosodisch, die Rhetori- schen sind entweder dictionis in worten, oder sententiae in sachen; iene bestehen entweder im mangel oder im uͤberfluß oder in wiederholung einerley und gleichfoͤrmiger worte, diese sind entweder probatoriae, oder amplificatoriae, oder affectuosae, oder dispositionis und connexionis. Z. e. Prosthesis appositio; Gnatus , fuͤr: natus , Aphaeresis , ablatio: Temnere, fuͤr: contemnere. Epenthesis, interpositio: Siet , fuͤr: sit. Diapla- siasmus, geminatio: Relligio, fuͤr: religio. Syn- cope , crasis , concisio: Repostus , fuͤr: repositus. Paragoge , prosparalepsis, adductio: Dicier, fuͤr: dici. Apocope , abscissio: Fac , fuͤr: face. Syn- aeresis, episynaloephe, contractio: Negoti, fuͤr: negotii. Diaeresis, dialysis, distractio: Aquai, fuͤr: aquae. Metathesis , transpositio: I prae, fuͤr: prae i. oder hyperbaton, traiectio: Tran- stra per \& remos. Antithesis , antistoechon, mu- tatio litterae: Optumus, fuͤr: optimus. Tmesis, dissectio: Quae me cumque vocant terrae, fuͤr: quaecumque: Alle diese zusammen heist man mit einem wort metaplasmos. Z. e. Enallage, welche antimeriam und heterosin und diese wiedernm antiptosin unter sich begreif- fet, siehe §. 17. not. b. num. 9. 10. Hellenismus, Graecismus: Familias, fuͤr: familiae. Archaismus, vetustatis imitatio: Terrai, fuͤr: terrae. Z. e. Ellipsis, defectus: Boni pastoris est, fuͤr: boni pastoris officium est, dahin gehoͤrt: Asynde- ton, defectus copulae: Glaube liebe, hofnung, fuͤr: Glaube, liebe, und hofnung. Pleonasmus, abundantia: Jch habe es mit meinen augen ge- sehen, fuͤr: ich habe es gesehen; dahin gehoͤrt: poly- von dem ausdruck polysyndeton, abundantia copulae: Glaube, und liebe, und hofnung. Hellenismus, Graecismus: Magnorum indignus auorum, fuͤr magnis auis indignus, Latinismus: Es fehlet so viel, daß wir unsere arbeit erheben solten, daß wir vielmehr so eigensinnig sind, daß uns auch Demostbenes nicht gefaͤllt: Also sagt Cicero: Tantum abest, vt nostra miremur, vt vsque eo diffi- ciles ac morosi simus, vt nobis non satisfaciat ipse Demosthenes. Gallicismus: Als der Koͤnig in Franckreich den Moliere frug: Warum er die comoͤdie, der Tartuffe, nicht mehr spielete? so sagte er: C’est Monsieur le President , qui me l’ a defendu: Das ist, der herr Praͤsident, welcher mir es verboten, fuͤr: der herr Praͤsident hat mir es verboten. Hebraismus: Des todes sterben, fuͤr: sterben. Vanitas vanitatum, fuͤr: maxima vanitas. Germanismus: Das ist zwar etwas, es hilft etwas, aber es machts nicht aus: Dieses giebt Cicero: Est illud quidem aliquid , adiuuat aliquid, sed nequaquam in isto sunt omnia. Archaismus , obsoleta constructio: Absente nobis , fuͤr: absentibus nobis. Synthe- sis vel numeri vel generis, compositio secundum ideas, non secundum constructionem vocum: Ma- gna pars in flumen acti, Der meiste theil sind in den fluß geiagt, fuͤr: acta, und: ist. Scelus qui me perdidit, das laster, der hat mich rui- niret, fuͤr: Scelestus , und: der lasterhafte mensch. Der Synthesi wird Prolepsis opponiret: Milites redeunt, hic ex Hispania, ille ex Gallia, fuͤr: hic redit ex Hispania, ille ex Gallia. Zeu- gma geht auf die verbindung der naͤchsten woͤr- ter: Sociis \& rege recepto, fuͤr receptis; Die- ses sind seine waffen, sein helm und schild ge- wesen, fuͤr: Dieses ist sein helm, ꝛc. Sylle- psis verbindet in der construction die fuͤrnehm- sten: der gedancken. sten: Mulciberis capti, Marsque Venusque do- lis fuͤr: capta; Diuitiae , decus, \& gloria , in oculis sita sunt; Naues \& captiuos, quae ad Chium capta erant; Mann, frau, und kinder, sind baußwirtblich. Synecdoche syntactica: Aethiops albus dentes , fuͤr: quoad dentes; Et id genus alia, fuͤr: eius generis alia, oder alia quoad id genus; Das grane alter, fuͤr: Die grauen haare der alten. Hypallage: Solstiti- um pecori defendite, fuͤr: defendite pecusa sol- stitio , Virg. Der herr Doctor hat die wache, da doch die wache ihn hat. Anastrophe: (s. not. a.) Italiam contra, an statt: contra Italiam. Z. e. Systole, correptio: Obstupui steteruntque comae, fuͤr stetẽrunt. Diastole, ectasis , productio: Italiam fato profugus , fuͤr: i⏑ta⏑li⏑ãm fato. Sy- nizesis consessus: Alueo als zwey sylben ausge- sprochen. Z. e. Ellipsis , aposiopesis, omissio: Omnium! fuͤr omnium hominum pessime! Quos ego! Jch will euch! nemlich: mores lehren. Asynde- ton , omissio copulae: Abiit, excessit , euasit, eru- pit; Er bat in kurtzen, ehre, geld, gesundheit, freunde, alles verlohren. Z. e. Pleonasmus, abundantia: Mater hunc filium decem mensibus in vtero gessit. Jch habe es mit meinen obren gehoͤret. Setzt man sie der dentlichkeit wegen, heist sie prodiasiphesis, des affects wegen, perissotes. Polysyndeton, abundantia copulae: Somnus, \& vinum, \& epu- lae, \& scorta, \& balnea, corpora atque animos eneruant; Er hat geld, und geburt, und fuͤr- nehme freunde, und eine schoͤne statur, und einen grossen degen, und ist doch eine feige memme. Z. e. Synonymia repetitio vocibus significantio- rihus: Quicumque vbique sunt, qui fuere, quique N futuri von dem ausdruck futuri sunt posthac, stulti , stolidi, fatui , fungi, bardi , blenni , buccones, solus ego longe omnes ante eo stultitia \& moribus indoctis. Plaut. Er aͤngstiget, quaͤlet und martert sich vergebens. Exergasia, expositio, hermeneia, antizeugmenon, epexergasia, epexegesis interpretatio, epibole, ex- allage, repetitio phrasibus significantioribus: Quid enim tuus ille, Tubero, in acie Pharsalica gla- dius agebat? cuius latus ille mucro petebat? quis sensus erat armorum tuorum? quae tua mens, oculi, ardor animi? quid cupiebas? Cic. Jch liebe dich, ich sehne mich nach dir, ich kan ohne dich nicht vergnuͤgt und ruhig seyn, ia ich kan ohne dich nicht leben. Werden nur worte und redens-arten wiederholet, die schlecht- weg einerley bedeuten, so wird ein fehler daraus, der heist battologia oder tautologia. Ploce, wenn das wort wiederholet wird, und ein- mahl die hauptidee, das andere mahl die fuͤr- nehmste neben-idee bemercken soll: Hic consul vere est consul; Ein vater bleibt doch vater. Antanaclasis, anaclasis, dilogia, wenn ein wort wis- derholet wird, welches zwar mit ienem einerley buchstaben, aber nicht einerley bedeutung hat: Bella gerit vt omnia bella auferat; veniam si impetrauero veniam; Parentes sind meisten- theils parentes , D. i. sie muͤssen gehorchen, und liberi bleiben liberi, D. i. frey und unge- zwungen. Analepsis heist iede wiederholung eines worts. Antistasis , traductio, wenn ein wort im contrairen sinn wiederholet wird: Vna salus victis, nullam sperare salutem. Anaphora, wiederholung des worts in anfange der saͤtze: Epiphora, epistrophe am ende: Symploce im anfang und am ende zugleich, sind bekannt. Epanalepsis wiederholet ein wort, welches im an fang der gedancken. fang gestanden am ende: Crescit amor numi quan- tum ipsa pecunia crescit. Anadiplosis, epanadi- plosis, palillogia, wiederholet ein wort damit der satz geschlossen im anfang des folgenden. Epa- nodos, wiederholet die letzten worte eines satzes, im andern, zuerst: Wer laͤugt, der stiehlt, und wer stehlen will, muß sich auch mit luͤgen be- helffen. Domino domus, non domo dominus honestatur. Epizeuxis , wiederholet ein wort mit einer exclamation: O Corydon , Corydon quae te dementia cepit! Climax, gradatio, epiploce, wenn der vorhergehende und folgende satz, durch die wiederholung eines worts, connectiret: Secundae res pariunt negligentiam, negligentia temeritatem, temeritas perniciem. Wer sich immer divertiret, lernet nichts, wer nichts lernet, wird nicht befoͤrdert, wer nicht befoͤr- dert wird, hat nichts zu leben, wer nichts zu leben hat ist der elendeste mensch unter der sonnen. Polyptoton wiederholet ein wort mit veraͤnderter endung: Mors mortis morti mor- tem , mors , morteredemit. Rechte masse, rech- tes gewicht, und ein rechter glaube stehn al- len leuten an. ꝛc. Z. e. Paronomasia , alliteratio: Tibi verba, illi verbera; Per angusta ad augusta; Amantes haud raro sunt amentes; Nach dem fleiß kom̃t der preiß. Pannis annisque obsitus; Gut und blut; Paregmenon: Is demum miser est, cuius miseriam , nobilitat nobilitas; Ein mensch hat menschliche schwachheiten, so lange er mit der menschheit umgeben. Parechesis: le ris tenta le rat, le rat tata le ris; O fortunatam natam me consule Romam; Liederliche lieder soll man nicht singen. Homoeoptoton wann sich saͤtze mit einerley casibus und temporibus, und Homoeote- leuton wann sie sich mit einerley sylben endigen, sind leicht. N 2 i ) Z. e. von dem ausdruck Z. e. Prolepsis , procatalepsis, occupatio, anticipa- tio: Moͤchte iemand einwenden, watum soll man redliche absichten haben, da man fast deßwegen fuͤr einfaͤltig gehalten wird? Al- lein hierauf dienet zur antwort. ꝛc. Hypobole , subiectio, macht und wiederlegt viele einwuͤrffe zugleich. Anakœnosis, communicatio, wenn man mit dem zuhoͤrer die sache gleichsam uͤberlegt: Nunc ego iudices , iam bos consulo , quid mihi faci- endum putetis? Paromologia , confessio wenn man etwas zugesteht, damit man den andern desto nachdruͤcklicher uͤberzeugen moͤge: Du haͤltst mich fuͤr einen ignoranten, du ziehst mich uͤberall aufs heßlichste durch, und hast eine rechte freude wann du dich uͤber mich moqui- ren kanst, ich lobe dich deßwegen oder will dir es wenigstens nicht wehren, aber ich muß doch nicht ein so gar schlechter kerl seyn, denn sonst wuͤrdest du dir ia meinetwegen nicht so viel muͤhe geben. Epitrope, concessio, wenn man etwas zugestehet das beste aber sich fuͤr be- haͤlt: Jch glaube gerne daß er viel vermoͤgen habe, daß er ein schoͤner kerl sey, daß er viel verschlagenheit besitze, aber daß er deßwegen ein vernuͤnftiger mensch sey, kan ich mir nicht wohl einbilden. Z. e. Gnome ist eine sententz (siehe oben P. I. cap. 3. § 27. cap. 4. §. 13.) wenn diese mit der application fuͤrgetragen wird, heist sie Noëma, setzt man dem auctorem hinzu, heist sie Chria, steht sie am ende, heist sie Epiphonema. Aetiolo- gia ist ein ordentlicher beweiß-grund. Color ein falscher (siehe oben P. I. cap. 2. § 9. not. a) Ex- emplum, paradigma, ist ein argumentum illu- strans (siehe oben P. I. cap. 3 §. 28. cap. 4. §. 12. 16.) Distributio (ibid. cap 4. §. 7.) merismus, di- nisio, analysis, sind eintheilungen. Icon imago; Compa- der gedancken. Comparatio, syncrisis, similitudo; Symbole , col- latio; Dissimilitudo; sind gegen einanderhal- tungen gewisser dinge. (siehe cap. 4. oben) Dia- typosis, hypotyposis, delineatio, descriptio, praefi- guratio, beschreibet etwas als wann man es mit augen saͤhe. (siehe oben l. c.) Periphrasis, circum- locutio, umschreibt etwas. Folgende vier ha- hen mit oppositis zu thun: Paradiastole, distin- ctio, discriminatio: Er ist zwar raffinirt, arg- listig, aber nicht klug. Antimetabole, dialle- lon, commutatio, antimetathesis: Wir leben nicht, daß wir essen sondern wir essen daß wir leben: Antitheton , oppositio: Ein Philosophe ist in armuth reich, in verachtung geebrt, in unrube ruhig, und indem er sich uͤberwinden laͤst, ein sieger. Oxymoron, acutifatuum: Si sa- pis, quod scis, nescis. Ter. Ein gelehrter ist kein gelehrter, wann er sich von vorurtheilen und neigungen regieren laͤst. Parechasis , di- gressio: wann man eine propositionem inciden- tem oder zufaͤllige idee besonders ausfuͤhret und von der hanptsache inzwischen abgeht Auxesis und Tapinosis, s. unter denen tropis. §. 17. num. 12. Anabasis, incrementum, wann die rede in worten und ideen steigt: Gloriam, honorem, im- perium bonus \& ignauus aeque sibi exoptant , Sall. Es ist viel ein mensch seyn, noch me h r aber ein vernuͤnftiger mensch seyn, am allermeisten endlich auch ein Christe seyn und als ein Chri- ste leben. Z. e. Exclamatio , ecphonesis, wann man mit ei- ner heftigkeit ausruffet: O tempora! o mores! Paeanismus gruͤndet sich auf froͤlichkeit bey der ausruffung: Wohl her, last uns wohl leben! Obsecratio , auf eine bitte. Votum auf einen wunsch. Exsecratio verwuͤnschet. Admiratio bewundert. Diasyrmus, illusio verspottet. Sar- N 3 casmus, von dem ausdruck easmus, hostilis irrisio, verspottet die todten oder sterbenden. Apostrophe , auersio, richtet die rede an iemand, der nicht unter den zuhoͤrern ist. In- terrogatio , erotema, bringt etwas frageweise fuͤr. Sermocinatio dichtet peꝛsonen redẽ an. Prosopopœia, fictio personae, dichtet dingen reden an, die nicht reden koͤnnen. Parrhesia wann etwas gar zu frey gesagt, aber durch eine angenehme raison gut ge- macht wird. Asteismus, wenn eine schertzhaffte raison gegeben wird. Epanorthosis correctio, sagt und wiederruft etwas gleich, damit man sich nachdruͤcklicher ausdrucken moͤge. Charientis- mus beantwortet etwas freundlich, aber mit einer Jronie. Mimesis wiederholet etwas mit einer Jronie, an statt es zu wiederlegen. Aporia, dubitatio, zweiffelt, bey entstandenen contrairen affecten. Aposiopesis , parasiopesis, reticentia, bricht die rede mit der groͤsten heftigkeit ab und redet anders: Quos ego! sed motos praestat com- ponere fluctus. \&c. Welche alle den heftigsten grad der affecten zum grunde haben, und dabey man also sehr behutsam zu gehen, deßwegen auch die in der vorbereitung §. 13. sqq. ingleichen cap. 3. §. 37, 38. 39. cap. 4. und 5. angefuͤhrte re- geln vorher wohl zu erwegen. Z. e. Paralipsis , praeteritio, wann man sagt, man wolle etwas verschweigen und es doch anfuͤhrt. Paradoxon inopinatum, suspensio, wenn man so anfaͤngt und in etwas fortfaͤhret, daß der zuhoͤrer nicht weiß wo man hinaus will, biß man end- lich ploͤtzlich unvermutheter weise schliesset: In me quiduis harum rerum conuenit, quae sunt dicta in stultum; caudex, stipes, asinus, plumbeus. In illum nihil potest; num exsuperat eius stultitia haec omnia? Marcolphus spricht aus furcht von allen menschen wohl, Und der gedancken. Und ist nie spielte man ihm auf der naß, ent- ruͤst, So ehrlich bey dem glaß als offenhertzig voll, Und tugendhaft allein wann es ein laster ist. Transitio, metabasis, wenn man erinnert, wie man von der einen materie aufhoͤre, und nun- mehr zu der andern schreite. Apodioxis reiectio, wenn etwas, davon gegenwaͤr- tig nicht noͤthig zu reden, ausgesetzet wird. Re- uocatio , wenn man von einer digreßion oder gros- sen weitlaͤuftigkeit wiederum einlencket: Sed satis de his; ad rem ipsam redeamus! Das andere capitel, vom stilo und desselben eigenschaften. Jnhalt. W As der stilus sey? §. 1. Wie vielerley derselbe? §. 2. Von den eigenschaften des stili, §. 3. Von den natuͤrlichen zierrathen, §. 4. Der stilus muß sich nach dem obiecto nach der person des redners und des zuhoͤrers richten, §. 5. Von dem adaͤquaten aus- druck, anbringung der neben-ideen und beywoͤrter, §. 6. Von der reinlichkeit, §. 7. Von der deutlich- keit, proprietaͤt, §. 8. Von der iunctur, ordnung der woͤrter, §. 9. Von der periodischen structur, inter- punction, und dem numero oratorio, §. 10. Wie man egal und ungezwungen sich ausdrucken muͤsse, §. 11. Von den kuͤnstlichen zierrathen, §. 12. Von der lebhaftigkeit im stilo, §. 13. Von den tropis und figuren, §. 14. Von denen falschen zierrathen, §. 15. §. 1. W Enn der ausdruck unserer gedancken, mit allen seinen theilen und verhaͤlt- nissen, in eine solche form gebracht N 4 wird von dem stilo wird, welche mit denen absichten des redners in einer guten harmonie stehet, und da alles conspiriret, dem zuhoͤrer die gedancken beyzu- bringen, und die affecten rege zu machen, wel- che man intendiret zuerwecken, so heist dieses, wann man zumahl darinn zu einiger fertigkeit elanget ist, der stilus. Und hieraus muß man auch vom stilo urthei- len, denn das ist albern, wann man bloß aus den worten oder aus den redens-arten, oder bloß aus denen einfaͤllen oder sonst aus andern dingen und einzelen zufaͤllen des ausdrucks vom stilo ein urtheil faͤllen will. Das obiectum, die gedancken, regungen, die worte, der redende, der hoͤrende, alle diese dinge sind wichtige momenta, darauf man bey dem ausdruck zu reflectiren, und deren verhaͤltnisse man gar sorgfaͤltig zu beobachten. S. hiebey Io. Sch fferum de stilo, Grosseri Isago- gen stili Romani, Lauban 170 ꝛ 8 Jo. S t arckii In- stitutionem philologicam \& Rhetoricam de stilo. Hamburg 1705. 8. Joach. Langii institut. stili Berlin 1711. 8. Wagenseil de stilo. Pera schola- stica Loc. I. p. 875. sqq. Kemmerichs neueroͤf- nete academie der wissenschaften, zweyte er. oͤfnung Leipzig 1711. 8. ins besondere cap. 3. L. l. Lami l’art de parler L. IIII. D Jac. Jmm. Hamiltons allerleichteste art der Teutschen rede-kunst, bestehend in kurtzen und gruͤndli- chen regeln und in gnugsamen und deutlichen exempeln, Leipzig 1712. 8. cap. 5. ꝛc. Morhoff, Stolle, Hederich, I. c. \&c. §. 2. Dieser ist so vielen veraͤnderungen un- terworffen, daß es fast nicht moͤglich solche in gewisse classen zu bringen, und also die vie- lerley und desselben eigenschaften. lerley arten des stili zu determiniren. Doch sind die fuͤrnehmsten nach denen hauptsaͤchlich- sten verhaͤltnissen und momentis leicht zu mer- cken. Also ist der stilus in ansehung des obie- cti, entweder simplex oder eruditus; entweder humilis oder mediocris oder sublimis; entwe- der theoreticus oder patheticus; entweder Theologicus oder Juridicus oder Medicus oder Philosophicus und Mathematicus oder Historicus: Jn ansehung der gedancken ent- weder iudiciosus oder ingeniosus oder memo- rialis: Jn ansehung der hauptneigungen der menschen, entweder tersus oder magnificus oder floridus: Jn ansehung der sprache und worte, entweder Lateinisch oder Teutsch oder Griechisch und so vielerley als sprachen sind; entweder naturalis oder artificialis, iener ent- weder simplex oder proprius oder ordinarius, dieser hingegen entweder declamatorius oder tropicus oder figuratus, der declamatorius ent- weder oratorius oder theatralis; entweder Asiaticus oder Atticus oder Laconicus; ent- weder luxurians und diffusus, oder rotundus oder concisus und sententiosus: Jn ansehung des redenden, entweder serius oder iocosus; entweder candidus oder ironicus; entweder recitativus oder relativus; entweder vehe- mens oder temperatus: Jn ansehung desieni- gen, der meine worte annimmt, entweder fami- liaris oder galant oder caͤrimoniosus; entweder dialogisticus oder epistolaris; entweder dog- maticus oder polemicus, ꝛc. Aus von dem stilo Aus diesem entstehen noch vielmehr arten, weil es nicht noͤthig alle zu determiniren, moͤgen die- se genug seyn, von denen die unter diesen am mei- sten in consideration kommen siehe folgendes cap. §. 3. Ohngeachtet nun so viele arten vom stilo zu erdencken, so hat doch ein ieder seine be- sondere eigenschaften, dadurch er sich von an- dern unterscheidet und welche man keinesweges zu negligiren. Jnzwischen ist es zufoͤrderst noͤthig, daß man sich um die allgemeinen eigen- schaften bekuͤmmere, welche man als wesentli- che stuͤcke eines ieden stili, als die natuͤrlichen zierrathen desselben und als den grund zu den besondern eigenschaften eines ieglichen anzu- sehen. §. 4. Diese allgemeine eigenschaften, wel- che den stilum uͤberhaupt ausmachen und zie- ren, sind nichts anders als richtige verhaͤltnisse aller derienigen theile, darauf der ausdruck be- stehet. Folglich bestehen sie in einer guten pro- portion der gedancken, zu dem obiecto, der per- son des redners und zuhoͤrers, in einer genauen uͤbereinstimmung des ausdrucks mit den ge- dancken und regungen des redners, in der rein- lichkeit, deutlichkeit, guten verbindung der wor- te und saͤtze, damit sie der zuhoͤrer gerne hoͤre und leicht begreiffe, und endlich in einer har- monie des vorhergehenden mit dem nachfol- genden oder in der gleichheit des ausdrucks an sich selbst. Die von den angefuͤhrten stuͤcken nichts verstehen, nennen und desselben eigenschaften. nennen alle das schoͤne was daran ist, und wel- ches ihnen etwa bey lesung eines auctoris, der diese dinge observiret, in das gemuͤth leuchtet, ein je ne sçais quoi, ein pathetisches wesen, eine gluͤck- liche kuͤhnheit, ein ich weiß nicht was. §. 5. Wer nun seinen ausdruck in eine gu- te form bringen, und einen rechten stilum an- nehmen und gebrauchen will, der betrachtet gleich anfangs das obiectum davon er reden soll, nach allen seinen umstaͤnden und eigen- schaften, damit er demselben gemaͤsse gedan- cken fassen und anstaͤndige regungen in sich er- wecken koͤnne. Hiernaͤchst siehet er auf die umstaͤnde, begriffe und neigungen des zu- hoͤrers, und suchet ebenfalls darnach die von dem obiecto gefaste gedancken und regungen zu bilden, und endlich erweget er bey sich sei- ne eigene disposition, so wohl zum obiecto und dem zuhoͤrer, als auch zur ausfuͤhrung des fuͤr- gesetzten endzwecks bey seinem ausdruck. Bey hohen obiectis muß man hohe gedancken haben, also auch einen stilum sublimem, bey pa- thetischen sachen muß ich solche affecten anneh- men, als das objectum erfodert, also auch einen affectuoͤsen und vehementen stilum. Bey klei- nigkeiten hingegen ist es ungereimt viele hohei- ten suchen, oder bey theoretischen dingen viel affecten spuͤhren lassen. Dannenhero ist es ein- faͤltig, wann sich die leute nur an einen stilum gewoͤhnen und alle obiecta gleich durch damit fuͤrbilden, eben so, wie es einfaͤltig wann ein mahler Kaͤyser und Koͤnige, buͤrger und bauern, warum nicht auch affen und pfauen, in quarre perruͤquen und im harnisch mahlen wolte. Wer dem- von dem stilo demnach mit biblischen spruͤchen complimenti- ret, theatralisch prediget, uͤber indifferente oder gar vernuͤnftige binge satyrisiret, leichen gedich- te in dactylischen versen macht, in conversation declamiret, bey der geburt eines erbaren mannes himmel und erde zur freude aufmuntert, aus der concordantz parentiret, aus dem hoͤllischen Pro- teus des Francisci, gespenster historien demon- striret, ꝛc. Der hat zu seinem stilo einen schlech- ten grund gelegt Z. e. Wer von goͤttlichen sachen redet, hat im- mer ein hohes obiectum, deßwegen darf er nicht gleich allezeit im stilo sublimi reden, sonst wuͤr- den sich die herren postillanten treflich auf den stilum sublimem legen muͤssen, und man wuͤrde auf den cantzeln wie Lohenstein in seinem Armi- nio zu reden anfangen. Z. e. Junge leute schicken sich nicht zu auctori- taͤts-sachen, weibische leute zu nichts großmuͤ- thigen, wer eine kleine stimme hat, muß keine vehemente affecten ausdrucken wollen, ein De- mocritus schickt sich nicht wohl zu traurigen ob- iectis, einen phantasten lacht man aus und wenn er noch so ernsthaft thun will, und wer sich mit dem zuhoͤrer ehemahls familiarisiret und fleißig zu biere gegangen, der wird nachge- hends mit seinen strafpredigten und epanortho- siren nicht viel ausrichten. §. 6. Nach diesem ist man auf den aus- druck der gefasten gedancken und neigungen be- dacht, und da ist es noͤthig, daß man solche woͤr- ter und redens-aussuche, welche nicht mehr und nicht weniger sagen, als die gedancken und re- gungen bey dem obiecto leiden. Dabey hat man achtung zu geben, daß nicht nur die haupt- idee und desselben eigenschaften. idee richtig zu treffe, sondern auch insonder- heit die neben-idee wohl ausgesucht und ange- bracht sey. Weilen auch die beywoͤrter am allermeisten dazu beytragen, daß man adaͤ- quat rede und schreibe, so ist bey solchen eben- falls zu untersuchen, ob sie bey denen haupt- woͤrtern einen rechten effect haben und selbige entweder gehoͤrig erklaͤren oder einschraͤncken, und also nicht vergebens stehen, sondern sich zu den absichten, die man bey dem ausdruck hat, schicken. Da irren sich dieienigen welche denen sachen nahmen beylegen, die ihnen nicht zukommen, oder solche worte und redensarten gebrauchen, die doch das nicht ausdrucken, was sie sagen wollen, Z. e. einer nennte einen burgemeister in einer kleinen stadt: Oracul d iese r stadt, und es war ein wagenmacher. Man braucht ietzo fast durchgehends: adeo, an statt ideo, und es thun es auch wohl leute die mit ihrem stilo pa- radiren wollen, dadoch ienes: so sehr, und die- ses: Daber, deßwegen, heisset. Eben so ist es unrecht, wann ich spreche: dereinst, und rede doch von dingen die vergangen sind, als: Jch habe e s dereinst gethan, besser ist es gebraucht, von zukuͤnftigen, als: Er wird dereinst rech- nung fode r n. Hiewieder verstossen ebenfalls, welche immer im superlativo mit hunderten und tausenden reden, oder alles panegyrisiren, im gegentheil aber auch dieienigen welche alles her- untermachen mit schlechten worten exprimiren, als: Er ist ein unvergleichlicher Poet, und ist doch wohl ein maͤßiger reimenschmitt, der mit seinen halbschuͤrigen gedancken, schlechte obie- cta am besten herumnimt, oder: Er ist ein schlech- von dem stilo schlechter mann, und man will eigentlich nur sagen: er gefaͤllt mir nicht. Man hat diese fehler um so viel mehr zu vermeiden, da ver- nuͤnftige leute daraus einen schlechten verstand und niedertraͤchtigkeit des gemuͤths schliessen. Die nebenideen werden von geschickten rednern hauptsaͤchlich beobachtet, weil sie die umstaͤnde eines obiecti, und den affect so man dabey hat, bemercken. Sie sind nicht nur in worten son- dern auch in redens-arten, in der ordnung klang und fall der worte, in periodis, zu observiren und anzubringen. Doch ist dabey ihr uͤberfluß, ihre unrechte collocation und ein gar zu sehr ge- kuͤnsteltes wesen und gezwungene schoͤnheit zu vermeiden. Z. e. vernuͤnfteln, soll heissen die vernunft gebrauchen und hat die nebenidee der verachtung, allein diese neben idee ist albern an- gebracht, dann seine vernunft gebrauchen, ver- dienet ia keine verachtung, man muͤste denn die unvernunft fuͤr etwas lobwuͤrdiges halten. Oder man sagt von einem fuͤrsten: er sey den weg alles fleisches gegangen, soll heissen er sey gestorben, aber es hat eine niedertraͤchtige ne- benidee, uñ macht den fuͤrsten den bauren gleich. Von einem verschlagenen staats-mann sage ich nicht er sey ein fuchs, auf der cantzel spreche ich nicht: Paulus habe den narren gefressen an seine Corinthier, bey honnetten leuten sage ich nicht: Jch habe mir tuch zu hosen gekauft ꝛc. Denn alle diese haben eine abiecte neben idee. Deßwegen setzen die Lateiner nobiscum, an statt: cum nobis. Die Schrift sagt: Saul sey in die boͤle gegangen seine fuͤsse zu decken, an statt: Er habe was anders gethan. Also haben ge- wisse materien, gantze reden, ihre gewisse neben- ideen, z. e. wer noch nicht verheyrathet ist, hat nicht eben noͤthig bey erklaͤrung der worte: des man und desselben eigenschaften. mannes gang zu einer magd, oder der historie von der Thamar, sich lange aufzuhalten. Und wer einer gantzen Theologischen Facultaͤt: Man- gel an geistlichen guͤtern und unempfindlich- keit der gnade Gottes fuͤrwirft/ und ausrot- tung der unter ihr im schwange gehenden suͤn- den anwuͤnschet, ꝛc. der muß in grosser aucto- ritaͤt stehen, sonst wann es ein iunger studente waͤre, wuͤrde es ihm sehr albern lassen. Es muß kein beywort ohne nutzen seyn, sondern entweder das hauptwort erlaͤutern oder ein- schrencken, und zu den absichten des redners et- was helffen. Dawieder suͤndigen alle dieieni- gen, welche beywoͤrter gebrauchen, daß der pe- riodus oder der verß nur voll werde; welche epi- theta setzen, die sich mit ihren absichten nicht reimen; welche sich gewisse beywoͤrter, flick- woͤrter und dergleichen angewoͤhnet, oder selbstgemachte beywoͤrter anbringen. Z. e. wann man einen Monarchen einen allerliebsten Herrn heisset. ihm allerliebste tugenden beyleget, ꝛc. oder man sagt: der langmuͤthige Gott straffet mit donner und blitz, oder: er ist verteuffelt freundlich, ꝛc. conf. den poetischen versuch von uͤberschriften, Hamburg 1704. 8. pag. 171. sqq. oder die flick-woͤrter: nimirum, seilicet , nemlich, indessen, und uͤberall nichts, derglei- chen, so zu sagen, ꝛc. und andere favoriten; also weiß ich die stunde nicht was das fuͤr ein wort sey, kan es auch in keinem lexico finden, das doch viele an sich haben, wenn es nicht recht fort will: emmemae \&c. Jn den reden grosser Her- ren, hat sich iemand angewoͤhnet, in allen sei- nen reden zu sprechen: Jch beuge die knie meines bertzens ꝛc. §. 7. Die reinlichkeit in dem ausdruck ge- bietet, daß man zwischen der gar zu grossen cri- tic von dem stilo tic der Zesianer, Ciceronianer und derglei- chen sprach-richter, und zwischen der grossen nachlaͤssigkeit der galanten sprach-verderber, die mittelstrasse halte, daß man den gelehrten und galanten gebrauch wohl beobachte, alte verlegne, neuerfundene worte, idiotismos anderer sprachen und dialectorum, ver- worrene constructiones, versetzung der schluß- woͤrter, einmischung frembder sprachen, und dergleichen vermeide, und im uͤbrigen nicht wieder die regeln welche eine sprache nach der Grammatick zum grunde hat, verstosse. Diese wollen nichts passiren lassen, was nicht ihrer phantasie nach, recht reine Teutsch, so wohl, im ursprung, als auch in der aussprach, flexion und orthographie, sie haben sich aber deßhalben treflich muͤssen lassen herumnehmen. S. vori- ges cap. Nach dem bekannten verß: Sordida, prisca, noua, antiquata, poëtica, dura, turpia, rara nimis, vel peregrina fuge. Wenn man hierwieder han- delt, entsteht der stilus barbarus, miscellaneus, ant i quarius, poeticus, culinarius. S. Hederich l. c. p. 566. 572 Siehe Hederichs Philologische wissenschaften p. 480. 242. 87. und anderwerts. Dieß gewoͤhnt man sich leicht aus der uͤberse- tzung anderer sprachen und in der poesie an, wenn man zumahl bey ienem punckt, in der er- kaͤnntniß der sprachen nicht recht feste sitzt, und von beyden den genium nicht recht inne hat, bey diesem etwan in noth ist, wie der reim her- auskomme und der verß voll werde. Z. e. Jhr wißt, bey wem ihr boͤses habt gethan, an statt: gethan habt. ꝛc. e ) Zu- und desselben eigenschaften. Zumahl wann man die frembde sprache nicht recht versteht und wohl gar unrecht ausspricht, z. e. ceruilité an statt ciuilité und dieses, an statt: Hoͤfligkeit/ guͤtigkeit; Saluette, an statt: Seruiette; ein mann von grossen meriten, an statt: Ein mann von grosser merite (denn me- rites der pluralis heist: Ver dienst Christi oder gute wercke im Theologischen verstande) an statt: Ein mann von grossen verdiensten ꝛc. Das ist man begehe keine vitia Grammaticalia, mache keine soloͤcismos, barbarismos, siehe He- derich. l. c. §. 8. Mit der reinlichkeit ist die deutlichkeit im stilo gar genau verbunden, denn wo man diese erhalten will, da muß iene nothwendig beobachtet werden. Ausser dem aber ist zur deutlichkeit noͤthig, daß man zweydeutige worte und redens-arten, viele propositiones incidentes, gar zu haͤuffige limitationes, epi- theta, participia, verwerffung der woͤrter, un- noͤthige ausdehnung und allzukurtze verfassung der periodorum vermeide, die tropos und figu- ren nicht zu haͤuffig und wieder die natur des obiecti, oder weit hergeholt, unbekannt und zu weit getrieben anbringe, welches alles wofern man sonst nur im kopfe deutliche begriffe hat, leicht ins werck zu richten. S. hiebey Hederich l. c. und Kemmerich l. c. ingleichen Menantes Einleitung zur Teut- schen Oratorie. P. I. Heineccium de cultioris stili fundamentis. Die zugleich verschiedene exempel anfuͤhren. Aus den fehlern die man hier begeht wird der stilus obscur, zweydeutig und nach gelegenheit tumidus, frigidus, ꝛc. Hederich p. 570. sqq. O §. 9. von dem stilo §. 9. Bey der iunctur und ordnung der woͤrter ist zu mercken, daß man hiebey die be- schaffenheit der sache und die eigenschaften der sprache zum voraus erwegen muͤsse, denn nach diesem ist die iunctur und ordnung der woͤrter einzurichten, hernach vermeidet man sorgfaͤltig, daß nicht die natuͤrliche ordnung der sachen durch die woͤrter verworffen werde, daß nicht gar zu viel vocales, nicht gar zu viel consonan- tes zusammen kommen, daß nicht gar zu viel gleichlautende sylben, zu viel einsylbige oder zweysylbige woͤrter auf einander folgen, oder auch ein consonans oder vocalis zu ofte hinter- einander wiederholet werde, und endlich daß keine reime, termini klappantes oder wuͤrckliche verse fuͤrkommen. Von denen fehlern so hiewieder begangen werden, geben sonderlich Hederich und Kemmerich ar- tige exempel. Hieraus entstehet der stilus hiul- cus, unisonus, vagus ꝛc. §. 10. Eine sehr noͤthige und angenehme ei- genschaft des stili ist, die periodische structur, welche nicht nur der deutlichkeit fuͤrtreflich zu statten kommt, sondern auch dem stilo eine be- sondere annehmlichkeit giebt. Es beruhet aber dieselbe auf die interpunction und den so ge- nannten numerum oratorium, iene zeiget, wie man einen periodum, durch commata, cola, se- micola und puncta unterscheiden, und also der stimme zum steigen, ruhen und fallen, gehoͤrige zeit geben muͤsse, dieser aber ist eine gewisse masse des gantzen periodi, dadurch derselbe in einer und desselben eigenschaften. einer gewissen zeit, mit bequemer respiration und dem obiecto gemaͤß, leicht auszusprechen, und mit einer vergnuͤgung anzuhoͤren ist. S. Hederich l. c. wo ein gantzer sensus aus ist, und also der satz mit allen seinen determinationi- bus und umstaͤnden ausgesprochen, da setzt man ein punctum, wo man aber ohne die sachen zu zer- schneiden inne halten kan oder inne halten muß, da setzt man ein comma, ein colon wird gesetzt wo mehr als eine haupt-proposition in den periodum gefasset, und ein semicolon wo propositiones in- cidentes mit eingeruͤcket werden. conf. Vossium Part. Orat. Lib. V. C. I. §. 1. Weise Instit. Orat. Lib. praep. Cap. 2. Vinhold in Periodis \& Chriis Cioe- ronianis. Wo man diese periodische structur, wel- che mit der iunctur der woͤrter genau verbunden, negligiret, wird der stilusincisus, dissolutus, dif- ficilis, ꝛc. S. Jouitae Rapicii V. Buͤcher de numero orato- rio Coͤlln 1582. 8. Kirchmaͤyers Prof. zu Wit- tenb. Diss. de numero Oratorio, Schubartus de numero Oratorio, Ricobonus cap. 65. Rhetoric. Schraderus in Aristot. Lib. III. c. 8. Lami l’art de parler L. III. cap. 11. sqq. Arnold in mantissa III. ornatui Linguae Latinae annexa. Muͤller im Abriß einer gruͤndlichen Oratorie p. 84. der des Scarii Anweisung zum Oratorischen numero, die er de arte Rhetorica lib. III. c. 39. biß 45. beyge- bracht anfuͤhret. Cicero de oratore lib. 3. Nume- rosum estid, in omnibus sonis atque vocibus, quod habet quasdam impressiones, \& quod metiri possu- mus, interuallis aequalibus; Und anderswo: Ge- nus numerosae \& aptae orationis, qui non sentiunt, quas aures habeant, aut quid in his homini simile sit, nescio, Meae quidem \& persecto completo- que v e rborum ambitu gaudent, \& curta sentiunt nec amant redundantia. Seneca sagt: Lib. 3. O 2 Contr. von dem stilo Contr. 19. Triarius compositione verborum beile cadentium, multos scholasticos delectabat, omnes decipiebat. Die fundamenta des numeri sind, die iunctur und ordnung der worte, die masse der zeit und die harmonische bewegung der luft, wel- che, nach dem urtheil des in diesem stuͤck sehr zaͤrt- lichen gehoͤrs, fuͤr angenehm gehalten wird, und um soviel eher das gemuͤth afficiret. Daß der numerus gantz zu negligiren, und die deßfalls von vernunftigen leuten gegebene regeln, fuͤr grillen zu halten, wird niemand mit raison sagen. Jm gegentheil ist auch nicht zu laͤugnen, daß von vielen die sache gar zu hoch getrieben werde/ wenn sie so gar die sylben abzehlen, und die worte gar zu genau abmessen. Alles kommt dabey dar- auf an, daß man buchstaben, sylben worte, saͤtze, dem obiecto gemaͤß aussuche und formire, die theile in einem periodo nicht zu kurtz oder zu lang oder gar zugleich oder ungleich abfasse, und bey der aussprache das gehoͤr consulire, auch nicht immer bey einer leyer bleibe. §. 11. Endlich ist auch eine hauptsaͤchliche eigenschaft des stili, daß alle seine theile gegen einander in denen vorhergehenden und folgen- den stuͤcken, in einer guten harmonie und ver- haͤltniß stehen, und uͤberall saͤtze mit saͤtzen, peri- odi mit periodis auf eine ungezwungene art zu- sammenhaͤngen. Jenes heist man die egalite oder gleichheit im stilo, dieses die connexion und verbindung, und sucht, zumahl in einer gan- tzen rede, nothwendig beyde, auf alle weise ge- schickt anzubringen. Die gleichheit richtet alles in einer rede nach der beschaffenheit des obiecti, nach denen davon entstandenen ge- dan- und desselben eigenschaften. dancken und regungen, und nach der einmahl angenommenen form zu reden, gleichstimmig ein, und ob schon zuweilen veraͤnderungen in der rede fuͤrfallen, sind sie doch nur in dem aͤusserlichen putz derselben zu spuͤren, und re- solviren sich endlich, wie die in der Musick an- gebrachte dissonantien. Die connexion der periodorum, beruhet auf der verbindung und ordentlichen disposition der gantzen rede, und ist entweder verbalis oder realis, wel- che beyde nur darinn unterschieden, daß bey iener die verbindung zugleich durch worte aus- gedruckt wird. Also wann man sich zwinget, von einem obiecto zu reden, dazu man keine disposition bey sich fin- det, wann man mit anderer leute worten reden will, wann man seinem stilum mit phrasibus aus allerley auctoribus spicket und recht zusammen flicket, wann man bey dem aufsatz einer rede zu- weilen abbricht und nach einiger zeit wieder darzu geht, in der ausarbeitung fortfaͤhret, ohne das vorhergehende wieder durchzulesen, und das gemuͤth wiederum in gleiche disposition, wie bey dem vorhergehenden zu bringen, wann man der sprache nicht recht maͤchtig, und sich nicht fleißig geuͤbet, so entstehet daher ein ungleicher kindi- scher, fluctuirender stilus. S. Hederichs l. c. p. 567. 569. 572. Jch habe dieses nicht besser ausdrucken koͤnnen, als mit diesem von der Musick entlehnten gleich- nisse. Denn wie in einer ieden Musick, alles auf die harmonie ankommt, welche auch durch das thema, den general baß und dessen regeln, im- mer unterhalten wird, ohngeachtet viele stim- men, viele instrumenta, semitonia und dissonan- O 3 tien von dem stilo tien mit unterlauffen, so ist es auch im stilo, wo die beschaffenheit des obiecti und die einmahl angenommene form zum grunde liegt, ohnge- achtet die affecten bald steigen, bald fallen, die gedancken bald durch die haupt-ideen ausge- druckt, bald durch die neben-ideen veraͤndert und nachdruͤcklicher gemacht werden. Man koͤnte auch sagen, der redner mache es in diesem stuͤck wie ein mahler, welcher bey abbildung eines ob- iecti, zwar unterschiedene farben braucht, schat- ten und licht abwechseln laͤst, aber dennoch uͤber- all die regeln der proportion und des wohlstan- des nach der natur in acht nimmt, nec humano capiti ceruicem iungit equinam, Horat. de art. poët. Connexionem realem machen die saͤtze und ar- gumenta, und es kan hierinn niemanden fehlen, wer ordentlich gedencket und die beschaffenheit der argumentorum, davon P. l. gehandelt, wohl erkennet, es wird auch davon im dritten theil bey der disposition, vieles hieher gehoͤriges erin- nert werden. S. Herrn Langens E. z O. l. 12. sqq. 218. II. 124. sqq. Herrn Muͤllers Abriß ei- ner gruͤndlichen Oratorie p. 85. sqq. Aetiologien, loci communes, meditationes, consectaria, aͤhn- lichkeit und unaͤhnlichkeit der saͤtze figuren, sind hierzu die gebraͤuchlichsten mittel. Diese drucken nur die connexionem realem mit gewissen worten und formuln aus, als z. e. mit den letzten worten des vorhergehenden periodi, mit denen pronominibus relativis, mit parti- culis caussalibus, copulativis, comparativis, und adversativis, als: und, entweder, oder, nach dem/ so, denn, immassen, daß, solches, da, um, als, demnach, gleich wie, also, obwohl, so, nicht nur, sondern auch, auch, allein, nichts destoweniger, wofern, dannenhero, inzwi- schen, und desselben eigenschaften. schen, ꝛc. Doch muͤssen sie nicht zu haͤuffig an- gebracht werden, sonst wird eine wort-kraͤme- rey daraus, die unangenehm und unanstaͤndig ist. Weil ich zu diesem cap. noch einige exem- pel schuldig bin, so will ich selbige hier dergestalt lieffeꝛn, daß man die manieren zu connectiren ins besondere dabey sehen moͤge: Exempl. I. Da die saͤtze ohne alle connexion stehen. Mon frere, Das buch welches ich so oft bereits von Euch verlanget, habt Jhr mir endlich einmahl zu- kommen lassen, weßwegen ich denn anietzo schuldigen danck abstatte. Vor acht tagen war der ehrliche Curtius bey mir, und besuchte mich in meinem neuen logis, welches mir ein be- sonders vergnuͤgen verursachte, da ich ihn in langer zeit nicht gesehen. Monsieur Sause- wind fuͤhret sich ietzo recht unbaͤndig auf, daß alle leute davon zu reden wissen. Er verspielt dem vater das geld, und wann er kein geld mehr hat, so schreibt er wechsel, solche nach des vaters tode zu bezahlen, ia er wuͤnscht deßhal- ben recht sehnlich, daß unser herre Gott den alten holen moͤge. Bey der iungfer Hippo- crassen liegt er gantze halbe tage, und wann er nicht bey ihr seyn kan, daß etwan ein andrer galant sein rendezvous hat, so steht er in dem hause gleich gegen uͤber, und charmiret bald die fenster-scheiben entzwey. Neulich hatte er einen solennen schmauß bey sich, da ließ er auftragen, daß die tische knackten, und weil O 4 fast von dem stilo fast zehnerley weine fuͤrhanden waren, er auch keine complimente und aufmunterungs-gruͤn- de sparete, so kame niemand ohne einen ziemli- chen schwindel nach hause. Herr Brosius hatte bey der gelegenheit im heimgehen mit denen saͤnftentraͤgern haͤndel, weil er die fenster in der saͤnfte gantz illuminiret, und nachge- hends da sie ihre durchsichtigkeit verlohren, als unbrauchbar entzwey geschmissen, aber daruͤ- ber die haͤnde ziemlich blessiret. Die iungfer Machmitten ist ietzo eine braut, und wird ehe- stens mit Hrn. Schoͤpschristeln hochzeit halten. Jch weiß nicht ob ich Euch bereits gemeldet, daß Mr. Fanfaron Euch fuͤr sehr eigensinnig halte, er hat sich gegen mir ohnlaͤngst etwas da- von mercken lassen, vielleicht hat er Euch etwan auf der nase spielen und zum besten haben wol- len, Jhr aber seyd nicht disponiret gewesen, es treuhertzig zu leiden. Gemeiniglich ma- chen es dergleichen wohlgezogne herrlein so, sie wollen iedermann auf dem maule trummeln, und mit ihren Quichotischen streichen, betruͤge- reyen und windmachereyen allen leuten eins anhaͤngen, wer es nun nicht so gleich verstehn und mit einem tieffen reverentz annehmen will, den beschuldigen sie einer eigensinnigen und verdrießlichen auffuͤhrung. Jhr werdet euch darnach zu richten wissen. Jch bin Vôtre tres fidele ami, Exempl. und desselben eigenschaften. Exempl. II. Da die saͤtze in einer reellen connexion sind. Mein Herr, Als ich unlaͤngst die ehre hatte, in dero ge- sellschaft zu seyn, und mich aus dero conversa- tion zu erbauen, so geriethen wir unter andern auf die kennzeichen der rechten philosophen, und brachten derselben eine ziemliche anzahl zum vorschein. Jch habe nachher dieser sache noch ein wenig nachgedacht, und gefunden daß man zu denen, derer wir neulich erwehnet, noch hinzu setzen koͤnnen. Mir deucht ein rechter Philosophe habe insonderheit dieses an sich, dadurch er sich von denen andern unterschei- det, daß er niemahls secten zu machen suchet, oder sich wohl gar selbst an die spitze einer sol- chen secte stellet, die von ihm koͤnte benennet werden. Jch dencke dieses sey ebenfalls ein merckmahl eines guten Philosophen, daß er nie- mahls befehlsweise seine gedancken fuͤrtrage und uͤber die begriffe der menschen herrschen wolle, sondern bloß ihnen seine gedancken als einen guten rath mittheile. Jch glaube auch dieses seyen kennzeichen eines Philosophen, daß er nicht praͤtendire alles zu wissen, daß er sich mehr nach andere leute bequeme, als seine eige- ne ehre nutzen, und commoditaͤt suche, daß er niemand verketzere, daß er sich der streitschrif- ten enthalte, oder selbige doch mit aller sanft- muth gelassenheit und hoͤflichkeit gegen sein wiederpart verfertige (wovon man bey gros- O 5 sen von dem stilo sen staats- und hofleuten aber nicht bey schul- fuͤchsen, lebendige exempel findet) daß er seine begierde zu wissen nicht zu weit treibe, daß er mehr in der ausuͤbung als in der theorie seine gute erkaͤnntniß zeige, und endlich daß er nie- manden fuͤr so gar schlimm ansehe, daß er auch das gute an ihm nicht estimiren solte. Jch weiß nicht ob ich in diesen stuͤcken recht gedacht. Dero kuͤnftige zeilen werden mich deßfalls besser unterrichten, welche ich mit verlangen er- warte als Dero ergebenster Diener. Exempl. III. Da ein unstreitiger satz mit sei- nem argumento realiter connectiret. Propositio: Studia sunt necessaria. Aetiologia: Suntenim ex bonis relatiuis praestantissi- mum, \& ad obtinendum summum satis accommo- datum medium. Elabor: Si quid vmquam, homini bene nato \& educato, vtile est \& necessarium, il- lud bonarum artium, litterarum, humanita- tisque studium esse, firmissime mihi persua- deo. Studiis parantur verae illaeopes ani- mi, quae non furto eripi, non incendio ab- sumi, non naufragio absorberi possunt, quae- quae certam rectamque viam commonstrant ad persequendum id bonum quo cetera omnia continentur. Exempl. und desselben eigenschaften. Exempl. IIII. Da ein wahrscheinlicher satz mit seinen argumentis realiter verbunden. Propositio: David ist ein voluptuosus gewesen: ( quatenus peccator. ) Elabor: Jch duͤrffte zwar vielen wieder- spruch erfahren muͤssen, wann ich sagte: Da- vid sey nach seiner natuͤrlichen gemuͤths-nei- gung, in sofern er nicht vom H. Geist erleuch- tet, im hoͤchsten grad wolluͤstig gewesen; ich dencke aber nicht daß man mich deßwegen zum ketzer machen und eines gefaͤhrlichen irrthums uͤberfuͤhren werde. Die wahrheit meines sa- tzes erhellet aus seinem gefuͤhrten lebens-wan- del, ohne allen zwang gantz offenbahr. Furcht, geilheit, viele klagen, neugierigkeit, beliebung zur Musick, weichhertzigkeit, mitleiden, thraͤnen, bemuͤhung nach freundschaft, appetit zu guten essen und trincken, sind die kennzeichen eines wolluͤstigen, und allediese finde ich an David. Furchtsam war er als er fuͤr Saul und Abso- lon flohe, als Seba einen aufruhr erregte, ia aus blosser zaghaftigkeit strafte er den drey- fachen moͤrder Joab nicht. Seine geilheit zeigte er in der begebenhenheit mit der Bathse- ba, da er soviel weiber hatte und ohngeachtet der grossen menge die zu seinen diensten stun- den, doch nach andrer leute weiber griffe. Nichts als klagen hoͤrte man von ihm, da Saul und Jonathan iener als sein schwieger- vater, dieser als sein hertzens-freund gefallen war, da er seinen ungerathenen sohn von der eiche von dem stilo eiche, und das in unehren mit der Bathseba erzeugte kind, von dem schoße seiner mutter, in das reich der todten lassen muste. Jch weiß nicht, ob nicht eine kleine neugierigkeit ihn in das lager getrieben, da er bißher nur seiner heerde lager und huͤrden wahrgenommen; Ob nicht das blut der helden, aus neugierigkeit und luͤsternheit gewaget worden, da er des wassers aus dem brunnen unter dem thor zu Bethle- hem trincken wollen; Ob nicht aus blosser cu- riositaͤt vielleicht, gantz Jsrael von Dan biß gen Berseba, gezehlet worden. Mit seiner harffe stillte er ofte die wut des melancholischen Sauls, ia ich glaube daß er auch seiner gar vergnuͤgten Bathseba eines aufgespielet. Seine freundschafts-liebe hat gar zu merck- wuͤrdige proben herfuͤrgebracht, als daß man selbige fuͤrbeygehen und daran zweiffeln koͤnte. Haͤtte er nicht auch zu guten essen und trincken belieben getragen, er wuͤrde sich vielleicht nicht eben zu der zeit, da Nabal sein schaͤffer fest be- gieng, bey ihm zu gaste gebeten, oder denen priestern ihre schau-brodte abgeborget haben, welche freylich besser schmeckten, als die brodte der gemeinen Juͤden ꝛc. Exempl. V. Da ein wahrscheinlicher satz mit argumentis illustrantibus und pa- theticis realiter zusammenhaͤnget. Propos. Die tugend ist selten mit dem Gluͤck verbun- den. Illustr. und desselben eigenschaften. Illustr. a simili: Die suͤssesten kerne sind immer in bittere und stachelichte schalen eingehuͤllet. Obiectio: Tugend wiederstehet dem ungluͤcke. Il- lustr. ab exemplo \& testim. Responsio: Apostrophe. Elaboratio: Wer die gar besondern und mannigfaͤltigen veraͤnderungen, welche das gluͤck mit denen armen sterblichen fuͤrnimmt, in reiffe uͤberlegung ziehet, der wird befinden, daß dieienigen, welche ihre knie fuͤr den Baal der laster nicht beugen, sondern sich vielmehr der tugend gaͤntzlich aufopfern, am allermeisten von demselben angefeindet und verfolget wer- den. Die goͤttliche allmacht, hat in dem ver- wunderns-wuͤrdigen reiche der natur, es also mehrentheils verordnet, daß sich die beste kraft der fruͤchte, die suͤssesten kerne, unter harte, bitte- re, und stachlichte schaalen verbergen, und von ihnen eingeschlossen, ihre rechte annehmlichkeit uͤberkommen muͤssen. Die schoͤnsten rosen, wachsen in den gefaͤhrlichsten dornen, ein Myrrhenbaum giebt reichlicher seinen saft, ie heftiger er von denen winden bestuͤrmet wor- den, und eine rechte tugend muß sich unter de- nen bittern schalen eines scheinbaren elendes, unter den ritzenden dornen des ungluͤcks, und unter denen daher brausenden sturm-winden ihrer verfolger, der innerlichen guͤte suͤssigkeit und fuͤrtreflichkeit getroͤsten. Lohenstein sagt gar artig: Oft von dem stilo Oft zeucht das ungeluͤcke, Das schon gezuckte beil von hals und brust zu- ruͤcke, Wenn es die tugend sieht mit starren augen an. Er thut zugleich einen blick in die alte Hi- storie, auf den beruͤhmten Roͤmischen Marium. Als nemlich die zu Minturnum einen Gallier, ihm das leben zu nehmen, beordert, dieser aber indem er den Marium erkennet, sich zugleich der tapferkeit des Marii so er in dem Cim- brischen kriege gegenwaͤrtig als gemeiner solda- te mit angesehen, erinnerte, so entgieng ihm gleichsam alle kraft dem aufgetragenen be- fehl ein genuͤge zu leisten, daß er auch das be- reits gezuckte gewehr voller bestuͤrtzung und verwirrung von sich werffen, und so gar den Mario zur erhaltung seines lebens dienen mu- ste. Aber o seltzames gluͤck! haͤttest du dich mit der tapferkeit des Marii verbinden wollen, warum suchtest du nicht vielmehr ihn fuͤr der- gleichen umstaͤnde zu bewahren, darinn er alle augenblick den letzten streich erwarten, und bloß durch eine hoͤhere schickung abhalten kon- te. Wilst du der tugend deine annehmlich- keiten zu kosten geben, so erwarte doch nicht eine zeit da ihnen der geschmack, ia alle sinne be- reits vergangen! Exempl. VI. per similitudines \& dissimilitu- dines, da das erste exempel connectiret worden, wozu die saͤtze ohne connexion oben gegeben. Mon und desselben eigenschaften. Mon Frere. Jhr habt mir abwesend ein kennzeichen Eurer freundschaft, in uͤberschickung des bewusten buches, zu meinem grossen vergnuͤgen gegeben. Was wuͤrde ich nicht erst fuͤr eine freude bey mir empfinden, wann ich die ehre haben solte Euch gegenwaͤrtig zu kuͤssen? Eine solche freu- de hat mir neulich der ehrliche Curtius gemacht, da er nach einer langen abwesenheit mich in meinen neuen logis besuchet. Was meint ihr hingegen wie mir zu muthe sey, wañ Mr. Sau- sewind mit seinen ungezognen manieren mich uͤberfaͤllt, und mir meine kostbare zeit, am mei- sten aber meine stille ruhe, mit seinen incompre- hensibilitaden und unverschaͤmten wesen rau- bet. Gewiß wann der unbaͤndige kerl auf reisen geht und nach Franckreich kommt, da wird er sich fuͤr les petites maisons huͤten muͤssen, wo nicht kuͤnfftige hundstage ihm etwas fatales begegnet; sein geld verspielt er gantz in cognito, uñ dazu die helfte von seines vaters vermoͤgen. Seine ehre und zeit vertaͤndelt er mit der Jfr. Hippocrassen, und damit auch sein eignes logis merckmahle von seinen thorheiten bekomme, so schmauset er fleißig, und laͤstden wein aus de- nen bouteillen in die maͤgen und aus den maͤ- gen in die stube schuͤtten, daß bediente, maͤgde, saͤnfftentraͤger, haͤscher und mit diesen die gan- tze stadt seine schwelgerey und seiner gaͤste auf- fuͤhrung zu ruͤhmen haben. Jch moͤchte wohl wissen, ob er klug werden koͤnne, wann man ihm von dem stilo ihm eine frau geben wird, denn man glaubt ia sonst das viel maͤnner durch ihre weiber klug werden. Herrn Schoͤpschristeln dem es an ei- ner andern art der klugheit fehlet, wird die Jfr. Machmitten aus eben der ursach in die schule fuͤhren, denn sie werden naͤchstens hochzeit hal- ten, und weil alle leute von ihrer klugheit uͤber- zeuget sind, so zweifle ich nicht die zucht werde wohl angewendet seyn, wenigstens schicken sie sich sehr wohl zusammen, und machen ein voll- kommen paar, da sie zu viel und er hingegen bißher zu wenig raffiniret. So viel als ich ge- mercket wuͤrdet ihr und Mr. Fanfaron euch wohl nicht so gut zusammenschicken, denn er haͤlt Euch fuͤr eigensinnig, und Jhr glaubt er sey geschossen. Vielleicht hat er gedacht, ve- xatio dat intellectum, und hat euch wollen klug machen, Jhr aber habts umgekehrt und Eurem meister lection gegeben. Jnzwischen koͤnt ihr hieraus von mir, ohne in die schule zu gehen, lernen, wie er gegen euch gesinnet. Von mir wisset Jhr sonst mehr als zu wohl, daß ich iederzeit, mit aller aufrichtigkeit sey Vôtre tres fidele ami. Exempl. VII. Da die saͤtze mit der connexione verbali verknuͤpffet, aus dem Kemme- rich p. 1018. Mein Herr, Nachdem es dem hoͤchsten gefallen, mei- nen bruder durch einen seeligen tod aus dieser zeitlichkeit abzufodern: So kan ich nicht um- hin, und desselben eigenschaften. hin, solches demselben zu hinterbringen. Und gleichwie ich vielfaͤltig seine aufrichtige freund- schaft verspuͤret: Also hoffe, Er werde mir auch ietzo eine probe sehen lassen, und zur lei- chenbegaͤngniß erscheinen. Jmmassen ich denn versichere, daß mir solches zum sonderba- ren trost gereichen werde. Jm uͤbrigen wuͤn- sche in froͤlichen faͤllen Jhm dafuͤr meine er- kaͤnntlichkeit zu zeigen, der ich verharre Desselben dienstwilligster. Antwort. Mein Herr Daß der hoͤchste Dessen geliebtesten bruder zu sich genom̃en, und also Sein hauß mit einer trauer beleget: Solches habe ich mit nicht ge- ringem beyleid aus Dessen zeilen ersehen. Da ich nun von Demselben so guͤtig zu dem leichen- begaͤngniß des seel. herrn bruders eingeladen werde; auch uͤber dieses meine freundschaft gegen Demselben erfodert solchen liebes-dienst willigst uͤber mir zu nehmen: Als habe ich be- schlossen zu Jhm zu kommen und gegenwaͤrtig mit mehrern meine condolence abzulegen. Ge- stalt ich dann mich gleich nach versiegelung dieses auf den weg machen werde. Verblei- be inzwischen nebst beygefuͤgter versicherung meiner ergebenheit, Dessen dienstergebenster. Zu dergleichenconnexion hat Kemmerich l. c. aus dem Weisen gantze modelle gegeben, welche ich P fuͤr von dem stilo fuͤr leute die sonst nicht ordentlich gedencken und verbinden koͤnnen gar dienlich erachte, fuͤr ande- re moͤchte es wohl etwas zu kindisch seyn. Exempl. VIII. Da die saͤtze durch meditatio- nes, consectaria, locos communes ꝛc. connectiret sind. Thema: Otto der III. hatte eine unkeusche gemahlin; ihre liebe fiel auf einen iungen gra- fen von Modena; er wiedersetzte sich ihreman- suchen; sie verklagte ihn als ob er ihr etwas schaͤndliches zugemuthet; er wurde hingerich- tet; seine gemahlin bewieß durch anruͤhrung eines gluͤenden eisens seine unschuld; die kaͤy- serin bekennete ihre uͤbelthat und wurde ver- brannt. ( Jch habe dieß exempelin meiner iugend gemacht, da ich meinte, es waͤre eine wahre historie, ietzo bin ich anders gesinnet und wuͤrde es auch besser machen. Doch exemplorum non requiritur veritas, und ich kan kein bessers so gleich finden. ) Elaboratio: Eitelkeit und laster sind so er- schrecklich, daß sie auch in die pallaͤste der maͤch- tigsten potentaten, deren winck unzehliche men- schen gehorsamen, fuͤr deren thron sich uner- meßliche reiche demuͤthigen, ungescheut eindrin- gen und ihren hohen besitzern mit lasterhaften fesseln zu draͤuen, kein bedencken tragen. Die gemahlin des occidentalischen monarchen Ot- tonis des dritten, kan die unumstoͤßliche wahr- heit meines satzes mit ihrem ungluͤckseeligen exempel sattsam bekraͤftigen. Jedermann der und desselbigen eigenschaften. der einige faͤhigkeit besaß, menschliche vollkom- menheiten zu beurtheilen, muste sie fuͤr die Ve- nus des praͤchtigen regenten-himmels halten, und die sonne des Roͤmischen Reichs Otto kon- te die strahlen seiner hoheit und tapferkeit nicht soweit schiessen, als der glantz ihrer schoͤnheit sich in dem groͤsten theile der welt blicken ließ. Grossen schoͤnheiten pfleget die wollust, als ei- ne zauberische Circe, am meisten nachzustellen, und ihre annehmlichkeit am ersten, durch an- hengung eines garstigen lasters, in eine thieri- sche ungestalt zu verwandeln; die kaͤyserin aber war kein Ulysses welcher diesem zaubergifte kluͤglich haͤtte entgehen koͤnnen. Sind die neigungen sturmwinde, so ist die wollust gewiß der heftigste, und da die kaͤyserin ihre auffuͤh- rung, wie ein kluger schifmann das schif, nicht wohl zu regieren wuste, sondern sich vielmehr derselben freywillig preiß gabe, so wurde sie endlich auf die klippen der unkeuschheit geworf- fen, und muste daran mit ihrem gaͤntzlichen un- tergange zu scheitern. Dabey gienge sie nicht allein zu grunde und in das verderben, sondern ihr fall, oder daß ich recht sage, ihre boßheit, risse einen von der unschuld selbst bekroͤnten grafen von Modena, elendiglicher weise zugleich in den abgrund. Dieser hatte bißhero in den diensten des maͤchtigen Ottonis, tapferkeit, treue, und klugheit, seinem allerdurchlauchtig- sten oberhaupte gewiedmet, und es waren auch seine verdienste, durch die kaͤyserliche gna- P 2 de von dem stilo de, nicht nur gebilliget, sondern auch erhoͤhet worden. Sein edler und tugendhafter geist, hatte denen innerlichen vollkommenheiten, eine aͤhnliche und anstaͤndige wohnung auserlesen, und da ihn die natur mit einem wohlgebildeten angesichte und maiestaͤtischer statur begabet, so traf es bey ihm ein, daß in einem schoͤnen leibe ein schoͤner geist zu wohnen pflege. Hatte sich aber tugend und natur gegen ihm guͤtig erwie- sen, so schien es, als wann dadurch die eyfer- sucht des gluͤcks erreget worden, daß dieses auch sich zu raͤchen es also gefuͤget, damit das hertz der kaͤyserin durch geile flammen entzuͤndet, den unschuldigen grafen, seiner eyfersuͤchtigen wut aufopfern muͤssen. Denn wie in geilheit ent- brannte seelen, weder goͤttliche noch menschliche gesetze scheuen, die festesten baͤnder zertrennen, und auch mit der aͤussersten lebens-gefahr ihre brennende begierden, in dem meere der luͤste abzukuͤhlen suchen, so suchte auch hier die feuri- ge liebe der kaͤyserin, theils durch die blitze eines sochtenden auges, theils durch die mit schmach- tenden lippen sehnlichst herfuͤrgebrachten wor- te, theils durch alle nur ersinnliche liebes-bezeu- gungen, das hertz des grafens zu erweichen, und in eine gleichfoͤrmige, obschon verbotene glut zu setzen. Sind nun sonst die listigen verstellun- gen einer lockenden Sirene, und der schmeichel- hafte mund einer luͤsternden Evaͤ vermoͤgend, alles zu sclaven und unmoͤgliche dinge moͤglich zu machen: So waren sie doch hier, gegen das gesetzte und desselben eigenschaften. gesetzte gemuͤth des tugendhaften grafens, un- nuͤtze waffen. Waren der kaͤyserin holdseelige blicke, pfeile, so war sein hertz ein felsen, auf sol- chem musten sie zuruͤcke prallen, waren ihre liebreitzende worte bande, so wurden sie an den haͤnden dieses Simsons wie versengte faden. Er hatte gelernet, man muͤsse am hofe bey ge- wissen faͤllen mit sehenden augen blind, und mit hoͤrenden ohren taub seyn, weil die am besten singenden, am ersten zu fangen, und die am liebreichsten scheinenden, am begierigsten zu fressen pflegen. Also war er ein Salaman- der, in den flammen dieser unkeuschen, und ein Joseph, welcher seinen Gott fuͤr augen, die tu- gend im hertzen, und die seiner gemahlin ge- schworne treue in unverwelcklichen andencken hatte, was wunder dann, daß er das ungezie- mende ansinnen, der kaͤyserlichen gemahlin, be- staͤndig abschlug. Die einer wolluͤstigen da- me versagte liebe, ist ein unbetrieglicher vorbo- te, der gewiß erfolgenden rache, und wie man sich fuͤr denen im heissesten sommer auf steigen- den gewittern, am meisten zu fuͤrchten, also kanstu bey deiner tugend ungluͤckliche graf, von der, durch deine abschlaͤgige antwort er- zuͤrnten kaͤyserin, nichts als blitz und donner- schlaͤge vermuthen. Der grafnachdem er ei- ne solche gelegenheit großmuͤthig ausgeschla- gen, welche von andern aͤngstiglich gesuchet wird, muste in weniger zeit erfahren, daß die keuschheit denen grausamsten verfolgungen P 3 aus- von dem stilo ausgesetzet, und daß lasterhafte gemuͤther den spiegel, welchem sie ihre schandflecken gewiesen, gemeiniglich zerbxechen. Verlaͤumbdungen haben nicht geringe macht, und ich werde durch die ungluͤcklichen begebenheiten, so dieses laster anrichtet, leicht auf die gedancken ge- bracht, daß kein ungeheuer und rasende teuf- fels-brut, dem menschlichen geschlecht so nach- theilig und schaͤdlich sey, als eben verlaͤumb- dungen. Diese waren es auch, deren sich die kaͤyserin als werckzeuge ihrer rache bediente, und sie durfte nur bey ihrem gemahl sich bekla- gen der graf habe ihr unzucht angemuthet, so waren alle gute eigenschaften desselben, in den augen des durch die eyfersucht geblendeten und aufgebrachten kaͤysers, und alle dem kaͤyserli- chem scepter geleistete dienste, bemuͤhungen, der kaͤyserin liebe zu erzwingen. Kurtz sein todt war eine wuͤrckung der abgeschlagenen liebe, und die kaͤyserin sahe mit freuden seinen, der unschuldigen seele beraubten, leib, unter den haͤnden des henckers. Allein, triumphire nicht unkeusche moͤrdeꝛin. Tugend und unschuld wird gar leicht unterdruckt, aber sie bleibt nicht lange unterdruckt, oder findet wenigstens, mit- leiden, freunde ia wohl gar scharffe raͤcher. Die gemahlin des erwuͤrgten grafens, wird durch das um rache schreyende blut, ihres unschuldi- gen ehe-herrns bewogen, mit einer damahls uͤblichen feuer-probe, durch unverletzte beruͤh- rung und desselben eigenschaften. rung eines gluͤenden eisens, seine unschuld an den tag zu legen und zu bewaͤhren. Zu diesem fuͤgte sich die unruhe eines geaͤngsteten und auf- wachenden gewissens. Solches ist die aͤrgste tortur boßhaft gewesener menschen, und wer dieses in der seele hat, ist weit ungluͤcklicher, als derienige, welcher eine schlange im busen traͤgt, und dessen begleiter ein allzeit fertiger hencker ist, und eben dieses folterte diese printzessin al- so, daß sie lieber ihre uͤbelthat und des grafen unschuld bekennen, als sich einer irdischen hoͤl- le aufopfern wolte. Darauf folgte eine er- schreckliche straffe, und es schien als wann mehr die vereinigung so vieler geistlichen flammen, diese ungluͤckseelige, endlich in asche verwan- delt haͤtte, als der bey Modena aufgerichtete scheiterhauffen, auf welchem sie ihr leben mit einem entsetzlichen ende iaͤmmerlich beschliessen muste. Die nachwelt aber kan aus ihrer asche lesen: Hohen haͤuptern werde am gefaͤhrlich- sten von denen lastern nachgestellet, und den- noch ihre missethaten am schrecklichsten heimge- suchet, wann die Goͤttliche allwissende Maie- staͤt, mit raͤchenden arme, was im finstern be- gangen, an die sonne herfuͤrziehet. §. 12. Und dieses waͤren dieienigen eigen- schaften des stili, ohne welche derselbe, ein un- formlicher mischmasch zusammen gehaͤufter worte bleibt, und welche hingegen wann sie wohl in acht genommen und angebracht, als die wahrhaftigen und natuͤrlichen zierrathen P 4 dessel- von dem stilo desselben anzusehen. Zu diesen kommt nach- gehends die kunst, und bemuͤhet sich den stilum, durch allerhand arten von tropis und figuren, durch lauter wohl ausgesuchte argumenta illu- strantia und pathetica, ohngeachtet die natuͤr- liche expression dergleichen eben nicht nothwen- dig erfoderte, lebhaftig, sinnreich, hoch und an- genehm zu machen. Doch ist bey diesen zu mercken, daß sie nicht am unrechten ort, nicht wieder die natuͤrliche eigenschaften des stili, nicht zu haͤuffig, und nicht alsdann schon ange- bracht werden, wenn man noch nicht die natuͤr- lichen eigenschaften recht beobachtet hat. S. Hiebey Lami l’art de parler lib. IIII. cap. XVIII. XX. §. 13. Da nun durch selbige alle theile der expression erhoͤhet, die gedancken nachdruͤckli- cher, die regungen heftiger und die worte mit denen dazu sorgfaͤltig ausgesuchten neben- ideen bald maiestaͤtischer bald anmuthiger werden, so entstehet daher eine besondere leb- haftigkeit des stili, welche das gemuͤth des zuhoͤ- rers im nachsinnen unterhaͤlt, seine einbildung belustiget, seine neigungen auf eine angenehme art erreget, und das gehoͤr insonderheit ergoͤtzet, aber eben deßwegen nicht gar zu gemein zu ma- chen, noch uͤberall anzubringen ist. Hiewieder suͤndigen einige theils im mangel, theils im uͤberfluß. Die im mangel es versehen, denen fehlt es mehrentheils an einer fertigkeit des ingenii, an einer guten lectur, an der uͤbung, oder es hat sie die natur mit einer ziemlichen dosi vom und desselben eigenschaften. vom sang froid begabet. Solche leute bekom- men dann zwar einen guten stilum, wann sie die natuͤrlichen eigenschaften desselben wohl an- bringen, und daruͤber zu disponiren wissen, aber sie behalten einen schlaͤfrigen fuͤrtrag, und es werden auch oͤfters ihre schoͤnsten sachen und treflichsten gedancken, ohne diese wuͤrtze, denen leuten abgeschmackt fuͤrkommen. Hingegen, welche hier im uͤberfluß suͤndigen, die uͤberhaͤuf- fen den verstand des lesers und zuhoͤrers, richten einen tumult nach den andern in seinen neigun- gen an, und allarmiren ihn bestaͤndig, daß er entweder die besten gedancken uͤberhuͤpft, oder endlich des lermens gewohnt wird, und fuͤr der gar zu vielen wuͤrtze, man mag sie nun als ein saltz oder als einen honig ansehen, einen rechten eckel bekommt. Jch gestehe daß ich deßwegen lieber in des Zieglers Banise, als in des Lo- hensteins Arminio lese, und daß ich bey die- sem die haͤuffung der so genannten realien, als eine heroische tugend, die man zwar bewun- dern, aber nicht nachmachen muͤsse, ansehe. Was fuͤr einen eckel wuͤrde ich nicht erst bekom- men, und (wo ich mir nicht zuviel schmeichele,) auch andere ehrliche leute mir mir, wann wir in allen familiair discoursen, complimentir-briefen, suppliquen, zeitungen, historien und dergleichen, welche lieber den natuͤrlichen ausdruck haben wollen als den gekuͤnstelten, wenn wir sage ich, wahrnehmen muͤsten, wie die auctores sich mar- terten, unsern verstand und willen, ohne noth, durch ihre zur unzeit angebrachte kunst, zu beun- ruhigen, an statt selbigen zu belustigen. §. 14. Jnsonderheit ist es noͤthig, daß man mit denen tropis und figuren, vernuͤnftig um- zugehen wisse, und selbige nicht ungeschickt aus- P 5 theile von dem stilo theile. Beyde muͤssen in der natur des ob- iecti und der gedancken davon gegruͤndet seyn, und denen eigenschaften des affects sich con- formiren, denn wo diese hauptstuͤcke fehlen, da ist auch die anbringung der troporum und figu- ren ein fehler. Also sind alle diese kuͤnstliche und gute zierrathen billich zu verwerffen, wañ man sie bey keinen hohen und pathetischen obiectis anbringet, wann sie monstroͤse ideen rege machen, alle so wohl natuͤrliche als morali- sche capacitaͤt uͤberschreiten, keine natuͤrli- che schoͤnheit zum grunde haben und dannen- hero mehr fuͤr eine laͤppische schmincke, als angenehmen putz zu halten. S. Longinum de sublimi, wie solcher zu Utrecht 1694. in groß 4. mit Boileau uͤbersetzung her- aus kommen, oder wie ihn Henr. Leonh. Schurtzfleisch zu Wittenberg 1711. 4. heraus gegeben. Hermogenem de inuentione \& ideis (sie- he Morhoff Polyh. 1. VI, l. 5. ) Bonhours dans la maniere de bien penser dans les ouurages d’esprit. Lami l’art de parler l. c. Deßwegen sagt Quinctilianus l. 8. c. 3. Or- natus virilis fortis \& sanctus sit, nec effeminatam leuitatem, nec fuco eminentem colorem amet, san- guine \& viribus niteat. Also wann Curtius von Alexandro sagt: alte- ra manu orientem, altera occidentem contingeres: Wann Lohenstein spricht: Jch wuͤrde der goͤtt- lichen fuͤrsebung in die speichen treten: oder: der Herr von Hofmannswaldau habe seine deichsel dem vaterlande wieder zugekehret: Wann Hofmannswaldau sagt: Jch war ein rechtes nichts an farb und an gestalt: Wann die und desselben eigenschaften. die federn der poeten anfangen blut zu schrei- ben: ꝛc. so deucht mir immer als wann es Ora- torische monstra waͤren. So kan ich nicht absehen was an der gedancke gutes sey da iemand setzt: Es sey eine ceder gefallen, welche bißher ihren glantz in allen winckeln gewiesen, und ihr glantz sey zu dem strahl der herrlichkeit geflogen: Wann iemand Petri thraͤnen eine suͤndfluth nennet: Wann ein anderer sagt: Wo dieser held etwas fuͤrge- nommen, da haͤtten sich die schrancken der natur ausdehnen und die zuͤgel der menschli- chen gemuͤths-neigungen reissen muͤssen: Wann Burmann auf Graͤvii grab setzt: Nam plus rege tegit, regum monumenta peribunt. Graeuius hac mundi mole cadente cadet. Wann die schoͤnheit an einem frauenzimmer von natur die farben etwan so versetzt haͤtte, daß das rothe in die augen, das schwartze auf die zaͤhne und das gelbe auf die wangen gekommen waͤre, oder da die natuͤrliche proportion der glieder und die herfuͤrleuchtende modestie und klugheit feh- lete, was wuͤrden wohl da die schminck-pflaͤster- gen, der zinnober auf den wangen, und die affe- ctirten blicke oder gezwungenen airs, ia ein hal- bes angehengtes koͤnigreich von pierrerien fuͤr eine wuͤrckung haben? Und solche schoͤnheiten fuͤhren uns mehrentheils die romainen-schreiber auf. §. 15. Wo man diese hier beygebrachte cautelen negligiret, den stilum gar zu sehr kuͤn- stelt, mit fleiß und ohne noth ungebraͤuchlich redet, allzu sinnreich und erhaben sprechen will, so entstehet ein pedantischer, phantastischer, aufgeblasener und abgeschmackter stilus, wel- cher bey geringen dingen die praͤchtigsten zier- rathen von denen unterschiedenen arten rathen verschwendet, und deren veraͤchtlichkeit nur noch mehr dadurch an den tag bringet; welcher von aussen allerley unnuͤtzen pracht herbey holet, ohne das wesentliche schoͤne zu consideriren; welcher bey dem putz auf nieder- traͤchtige, gezwungene und laͤppische kleinigkei- ten verfaͤllt, und an statt solider gedancken, kin- dische einfaͤlle fuͤrtraͤget. S. Hiebey Lami l. c. Hederichs Philol. Wissen- sch. p. 570 571. und die von ihm allegirten auctores. Werenfelsens Diatriben de mete- oris orationis. Thomasii Cautelen cap. 9. Das dritte capitel, von denen unterschiedenen arten des stili insonderheit. Jnhalt. V Om stilo in ansehung des obiecti, § 1. und zwar vom stilo humili, §. 2. Vom stilo mediocri, §. 3. Vom stilo sublimi, §. 4. Vom theoretico und pathe- kico, §. 5. Vom erudito und zwar vom Theologico, §. 6 Vom Juridico, und curiaͤ, §. 7. Vom Medi- co, Philosophico, Mathematico, §. 8. Vom Histo- rico, §. 9. Vom stilo in ansehung der gedancken, §. 10. Vom stilo ingenioso und arguto, §. 11. Vom stilo sa- tyrico, §. 12. Poetico 13. Vom Butlesque, §. 14. Vom stilo in ansehung der sprachen, §. 15. Vom La- teinischen, §. 16. Vom Teutschen, §. 17. Vom de- clamatorio, §. 18. Vom theatrali, §. 19. Vom lu- xurianti, §. 20. Vom conciso, sententioso, §. 21. Vom stilo rotundo, §. 22. Vom stilo in ansehung des re- denden, §. 23. Jn ansehung des hoͤrenden, §. 24. Vom stilo familiari, dialogistico, §. 25. Vom galan- ten des stili insonderheit. ten stilo, §. 26. Vom caͤrimonioso, §. 27. Vom epistolari, §. 28. Vom dogmatico und polemico, ꝛc. §. 29. §. 1. D Je mancherley zufaͤlligen dinge, welche bey dem stilo die wesentliche eigenschaf- ten desselben, vielfaͤltig bey der anwen- dung modificiren, und die verhaͤltniß seiner thei- le in etwas veraͤndern, bringen auch verschie- dene arten des stili herfuͤr. Die wichtigste veraͤnderung entstehet, von den unterschiede- nen obiectis, deren iedes einen besondern stilum erfodert. Jst das obiectum sinnlich, so bekom̃t man stilum simplicem, der sicy auf den univer- sellen gebrauch gruͤndet; ist es abstract, so ent- steht der stilus eruditus, nach dem gelehrten ge- brauch; bey niedrigen obiectis ist der stilus hu- milis; bey hohen, der sublimis; bey mittel- maͤßigen, der mediocris zugebrauchen; gehet es den verstand allein an, erfordert es stilum theo- reticum; gehet es den willen an, erfodert es patheticum u. s. f. Es ist wohl zu mercken, daß die unterschiedenen arten des stili nicht daher kommen, weil man die- im voꝛigen cap. angefuͤhrte eigenschaften weg laͤs- set, sondern weil man dieselben nur mehr oder weniger mercken laͤst. Wie z. e. die unterschie- denen gesichter der leute nicht deßwegen bemer- cket werden, weil es diesem an der nase ienem an den lippen oder augen fehlt, sondern weil iener eine grosse, dieser eine kleine nase hat, weil dieser eine herfuͤrragende ober-lippe, iener eine her- fuͤrstehende unter-lippe, iener schwartze, dieser katzen-graue augen hat. ꝛc. §. 2. von denen unterschiedenen arten §. 2. Unter diesen ist der stilus humilis der geringste in ansehung des obiecti, aber der schwerste und nothwendigste in ansehung seines gebrauchs. Seine groͤste kraft zeiget er in dem adaͤquaten ausdruck, daß er von niedrigen dingen, zwar dem obiecto aͤhnliche, aber deßwe- gen nicht abiecte gedancken, ohne heftige be- wegung, mit deutlichen, natuͤrlichen worten fuͤrtrage, selbige in einen fliessenden numerum, maͤßige periodos, gelinde iunctur, mit deutli- chen connexionibus zusammenfuͤge, und hin- gegen die kuͤnstliche zierrathen als tropos und figuren so viel moͤglich vermeide. Er ist schwer, weil er der natuͤrlichsten woͤrter und ordnung sich bedienet, und des reichthums der troporum und figuren entbehren muß; weil er seine fehler nicht bergen kan, und die guten eigenschaften des stili ohne putz und kuͤnstliche zierrathen herfuͤrleuchten muͤssẽn: Er ist aber auch nothwendig, weil die hohen obiecta seltner unsern ausdruck erfodern, und weil derienige, welcher diesen nicht versteht, zu allen arten von stilis, die sich alle durch den humilen erklaͤren las- sen, ungeschickt ist. S. Lami L. IIII. C. X. He- derich l. c. p. 543. Den stilum humilem findet man in Weisens, Speners, Gerhards, Gey- ers, Pritii, Menantes, Talanders, ꝛc. schriften; in den reden grosse r Herren; in Opitzens, Ca- nitzens, ꝛc. Poesien; im Cornelio Nepote, Julio Caesare, Terentio, Plauto, Ciceronis epist. ad fam. Virgilio in Eclogis, Ouidio, \&c. im Plutarcho, Aeliano, Paeanio, \&c. in denen Frantzoͤischen memoires, comoedies, lettres galantes, im Pays in den fabeln des de la Motte, \&c. im Aretino, Benti- des stili insonderheit. Bentiuoglio, \&c. Die diesen stilum fuͤr gemein poͤbelhaft oder fuͤr unflaͤtig und garstig halten, haben die sache wohl nicht recht eingesehen. Denn unter folgenden redens-arten ist ia wohl ein unterschied: Engenius hat die Taͤrcken und Ftantzosen uͤberwunden: Der tapferkeit des Eugenii, hat weder die Frantzoͤische list, noch die Tuͤrckische grausamkeit wiederstehen koͤn- nen: Dieser Tentsche Josua hieß die Fran- tzoͤische sonne und den Tuͤrckischen mond stille stehen, da uns iene lauter feuer, dieser lauter kalte naͤchte bey seinem aufgang drobete: Wie soll man aber diesen unterschied anders bemer- cken; als daß ich das erste fuͤr eine redens-art im stilo humili, so in erzehlungen und familiar- discoursen uͤblich, ansehe: Das andere fuͤr einen ausdruck im stilo mediocri, so man in der histo- rie dieses helden finden muͤste: Das dritte koͤn- te nur in einem panegyrico auf diesen printzen statt finden, und muͤste zum stilo sublimi gerech- net werden. Spraͤche ich aber: Der abbè hat die frantzosen gefressen, und die Tuͤrcken ge- schunden, das wuͤrde gemein poͤbelhaftig und garstig klingen. Jch will zur probe eine rede einruͤcken, welche anno 1718. fuͤr iemand verfer- tiget, von dem vorzug der neuern zeiten fuͤr den alten, und da selbige sich auf eine die vor- hergegangen beziehet, von dem vorzug der al- ten fuͤr die unsern, so mag selbe ebenfalls hier ihren platz haben: Rede von den vorzuͤgen der alten zeiten fuͤr die unsern. Quocumque demum me in hac rerum vniuersitate vertam, Auditores, ingemiscen- tes von denen unterschiedenen arten tes audio \& vociferantes hominum turbas: O Deus in quae nos reseruasti tempora! Ea enim est humani generis conditio, vt qui- dem in tempore viuat, sed nunquam tempo- re in quo viuit, contentum viuat. Puericonti- nuis in votis habent, vt ex ephebis excedant, aetatem iuuenilem adepti virilem cupiunt, illam si consequantur, anxie non solum con- iugia desiderant, sed simul voto expetunt vo- luptates, diuitias, honores, quando demum vlterius aetate prouehi nequeunt, praete- ritam repetunt, atque maiorum tempora laudibus tantum non in uidendis extollunt. Rationibus se destitui neutiquam patientur, sed quibus sint muniti, dudum innotuit ho- minibus recta ratione rite instructis. Est quidam neglectus sapientiae, qui loco sum- mi boni virtutis atque inde propullulantis tranquillitatis animi, affectuum nebulis ho- min um animos occoecantibus, iis bona re- latiua obiicit, quae pro summo passim am- plectuntur. Accedit huic neglectui rectae rationis, affectuum in aeui praesentis ho- mines dominium, dum quidquid recta ra- tio de bonis eiusmodi relatiuis summo post- ponendis dicat, surdae pulsantur aures, ipsi vero affectus non vt decebat suffocati, sed magis magisque in altum elati in infinitum tendunt, animosque perpetuis curarum \& votorum procellis agitant, vt semper alia aliaque tempora exspectent, \& tandem in repeten- des stili insonderheit. repetendis maiorum temporibus desinant. Egregiae sane, quibus sua muniunt vota ho- mines huius saeculi, rationes! Sed ne iniu- rius sim in eos, ipsorumque famae aliquid detrahere videar, adducam quae restant, si vobis ita videbuntur Auditores, alicuius momenti rationes, quas votis suis praetexunt laudatores temporis acti, \& quas ob caussas, maiorum tempora exoptanda forent, mon- strabo. Id quidem praesenti tempore maxi- me negotium mihi datum esse duxi, vbi cir- cum voluente anno, votorum atque gratu- lationum strepitu, omnia resonare audi- mus, vbi \& mea mouet religio pectora, vt parentibus atque patronis, pro huc vsque plane singularibus praestitis beneficiorum generibus, debitas persoluens gratias, fau- stum noui anni initium ipsis apprecer. Si ergo dignam hoc tempore materiam, si di- gnum filio iudicatis orationis meae finem, Auditores, fauentes aures mihi haud detre- ctate. Sic comte satis \& erudite hac de re disseruero, sic optatum attingere scopum potero longe facilius. Atque vt inde exordiar, vnde in rebuspu- blicis nostris agendi\& omittendi principia in subiectos influunt, accuratius tempora ma- iorum inspicienti, oculis sese animi obiici- unt, iusti Aristides, Justiniani, fortes bello Cæsares, Scipiones, benigni atque clemen- tes Augusti, Vespasiani, studia rerumpubii- Q carum von denen unterschiedenen arten carum decus promouentes atque colentes Caroli. Frequens sane fuit antiquum aeuum principibus, ex voluntate Dei salutem subdi- torum in libertate vel securitate confirman- tibus, \& si vel maxime tulit vnum alterum- ve officia boni principis negligentem, non- dum absoluta erat vt hodie imperantium vis, sed certis limitibus circumscripta, nec populo aut animus aut facultas deerat, trans- gredientem limites ad carceres \& supplicia rapere, \& successori documentum statuere. Si vero non concessum erat, imperantes, li- centia regniabutentes, penitus supprimere, subditos defecisse vt plurimum docent histo- ricorum monumenta. Sceptra capessebant, populi, penes quem summa potestas est, au- ctoritate \& voluntati surrogati. Sicelectio- ne, non successione, summum in republica dignitatis fastigium conscendentes, non po- terant non, populi amorem sibicomparan- di desiderio ardentes, optima quaeque susci- pere, cumantea, vt suffragia omnium, ad di- gnitates viam sternentia, obtinerent, vitae ac morum integritate conspiciendos se praebere non desiissent. Ceteroquin po- sterioris aeui principibus non amor populi, non vigor intellectus, non morum integri- tas, non in studia \& bonas quascumque ar- tes propensio, non bello exercitata manus, sed, quod ferme pudet dicere, patris cum matre libidinosa coniunctio, vnice vniceque pote- des stili insonderheit. potestatem \& ius ad fasces imperii arripien- dos concessit. Hinc illae lacrimae, hinc il- la suspiria ob calamitatem temporum prae- sentium, hinc illa temporum praeteritorum desideria. Nati quidem in purpura, raro tamen \& ferme per miraculum digni impe- rio euadunt. Fidei eiusmodi hominum committuntur, qui dum ipsi recte viuendi rationem nondum didicere, id tantum agunt vt puero principi ad affectuum liberiorem excursionem portam adaperiant, dum fre- na quidem laxare, non restringere sciunt ne aliquando gratia futuri principis excidant. Inde gaudete quis canibusque, fertur impetu quodam in sequiorem sexum, gestit ministros exagitare, subditos variis artibus ludibrio exponere \& operose diuexare. Monitori- bus asperum, studiis inimicum, religionis ir- risorem, veritatis impatientem se se gerit, \& quodlibet audendi sibi facultatem ésse re- lictam soli, credit. Tandem solium pater- num scandens, qui ipse sibi imperare non- dum didicerat, \& humanas \& diuinas vili- pendet leges, patrum legens vestigia, vitiis magis quam virtutibus clara, subditos liber- tate exuit, nec damnum in securitate stabili- enda reponit. Arcana dominationis pri- marium suarum actionum ponit finem, se- cundarium vt fines imperii latius extendens, multis licet iniustis accessionibus id augeat. Priuilegia \& iuramenta negligit, \& vt ipse Q 2 affe- von denen unterschiedenen arten affectibus succumbere sueuit ita subditos va- riis suis \& vagis affectibus obedientiam iu- rasse sibi persuadet. Quis vmquam antiquis temporibus tanta facinora ex circumscripta imperantium vi \& electione timuit, quanta hodie ex successione \& illimitata principis voluntate sentimus. Nolo vlterius progredi, \& ex antiqua Germanorum historia de mon- strare, quam felix fuerit eorum aetas quam fortunata, dum plane imperantibus destitu- ti, nihilominus virtutem sectari, fidem da- tam seruare, fortitudine inclarescere, ami- citiam colere, non intermiserunt. Vnicum addendum esse existimo, ex peruersa sum- morum principum vitae conditione, vitia quoque trahere alios, imperantium perso- nas gerentes. Princeps dum studia negli- git, nec dignos muneribus publicis admouet, nec indignos remouet, sed eius generis ho- mines, qui cum principe vel Baccho, vel Veneri, vel Marti, litare sibi gloriae ducunt, vel quouis modo pro amplianda dignitate, aut corradendis principi pecuniae summis, nati videntur. Olim virtute duce, officiis intromissi, etiam virtutibus iis praeesse sa- tagebant, virtutibus destituti, virtutum ta- men simulacris suffulti atque conspicui vi- debantur; nec ibi sanguinis aut diuitiarum habebatur ratio, sed scientiae, experientiae atque virtutis, quibus solis homines caput supra des stili insonderheit. supra vulgus efferunt. Statu politico im- medicabili vulnere laborante, quid de eccle- siastico exspectabimus? Arcta hi duo inter se connexione iuncti, conspiratione quadam quasi inita, nonnunquam quidquid ad rei- publicae tranquillitatem referri poterat, de- struunt. Mirabimini, Auditores, me tam li- bere de statu nostrorum temporum perdito declamare, sed ne paradoxa vobis proponere me iudicetis, maiorum quaeso nostrorum tempora euoluite atque imagines sacrorum virorum, quo decet, animo tantisper remis- so, intuemini. Quem, quaeso inter nostros hodie monstrabimus Chrysostomum, Mar- tinum, Ambrosium, Augustinum, Macari- um, Taulerum, Thomam a Kempis, Luthe- rum, Melanchthonem, Arndtium. Non dico plane nos carere viris sacris muneri- bus admotis, piis, eruditis, vitae \& doctri- nae puritate conspicuis, sed non tam fre- quentes eos inter nos esse, vti antiquissi- mis temporibus, hoc est quod dolemus. Hoc palmarium viro sacro, ministro ecclesiae esse duco, vt officia hominum \& obligatio- nes ex lege diuina explicet, \& exemplo suo rudiores, quibus rationes percipere natura nouerca interdixit, dirigat. Ethoc palma- rium sibi olim putabant verbi diuini inter- pretes, cum aut nullis aut ligneis instructa templis ecclesia, aureis niteret sacerdotibus. Non sane, quod plerumque obseruamus, Q 3 variis von denen unterschiedenen arten variis machinationibus \& captionibus oc- culte directis, sacras prouincias auide arri- pere tentabant, sed vel oblatas recusabant, secum habitantes, suam expendentes imbe- cillitatem, sacri muneris vero dignitatem. Introductinon gazophylazia sua augere, va- riis ventrem deliciis infarcire, cistas auro argentoque implere, affectus titillare, stude- bant, sed fame ac siti premi, immo ad suppli- cia rapi, leue quoddam huius vitae incom- modum aestimabant, si hac ratione audito- rum erigi in Christum fidem aut corroborari posse intelligebant. Nostris interdum ho- minibus satis est, per aliquot horas in vm- bone sacro balbutiisse, ita vt non immerito quis cum Knittelio dixerit: Ecce iterum verbum Domini loquitur per asinam Balaa- mi. Reliqua, quae munus exigere videtur ecclesiasticum, ceu opus operatum finiisse gaudent, ac sibi plaudunt, crumena probe distenta exinde rediisse, de cetero imperare potius auditoribus \& conscientias illimitato dominio crudeliter coërcere, quam iis ser- uire \& infirmitatibus pie ac moderate suc- currere sciunt. Principi aliisque reipubli- cae curam sinistre gerentibus, tantum abest vt admonitionibus, tam publicis quam pri- uatis, officia boni imperantis infulciant, vt potius quidquid imperantes facinoris perpe- trent, sub specie prudentis consilii ac singu- laris plane actionis subditis commendent, ne des stili insonderheit. ne forsan S. Joh. Baptistae aut Chrysostomi a d uersa fata subire cogantur. Qualis rex, talis grex, quales pastores, tales oues. In corpore vbi nec cor nec caputsana sunt, ce- tera membra male se necessario habent omnia. Antiqua tempora \& bonis ciuibus \& multitudine sapientum \& optimis Chri- stianis conspicua, quid nostris in hac re desit per historicos satis loquuntur. Portenta inter Athenienses fortitudinis atque erudi- tionis, inter Romanos fidei \& honestatis, in- ter Germanos magni animi, frugalitatis, a- moris socialis, nouimus. De Christianis saeculorum primorum vel tantum circa re- surgentis purioris doctrinae tempora, quan- ta quaeso pietatis, deuotionis, constantiae, caritatis, fidei in Christum exempla audiui- mus. Nostra aetas, nec studia, nec pietatem, nec honestatem, nec bonas artes colit. Inde est, quod studiis sacrati in falsa eruditione subsistant, \& saltem de pane lucrando cogi- tent, sic praeiudiciis auctoritatis atque prae- cipitantiae plane immersi, nil nisi patrum effata, vel noua penitus omnia inuenta, cre- pant. Et liberalium \& illiberalium artium studiosi, non eapropter omnes intendunt neruos, vt omnium vtilitati consulant, qui proprius est scientiarum finis, sed vt suam praecipue mediis licitis pariter ac illicicis promouere queant. Nolo criminibus in- surgere, vtpote quae ferro \& igne, armata Q 4 magi- von denen unterschiedenen arten magistratus manu necessario reprimuntur, sed potius vitiis, quae late, quamuis occulte, serpere sentio. Officia coniugibus obser- uanda, parentibus liberisque exhibenda, do- minis \& seruis inculcanda, neglecta apud nos hodie atque discussa, maiori sane pon- dere publicam deprimunt tranquillitatem, quam bella, quibus crebro quassantur respu- blicae. Quod si vnquam de qua aetate vi- luit illud Horatianum; Aetas parentum peior auis, tulit Nos nequiores, mox daturos Progeniem vitiosiorem, in nostram conuenit. Atque ita fontes de- texi, vnde oriantur tam infinita mala. mor- bi, dissidia, vulnera, furta, rapinae, lenocinia, scortationes, adulteria, calumniae, iurgia, \& nescio, quae, quibus nostrae dilacerantur res- publicae, quae tamen omnia in capita ea- rum recidunt. Quis non inde animum ad reuocanda maiorum tempora inducat, vel vt rectius dicam, quis non desideret, vt vir- tutes illae quarum memoria ex priscis tem- poribus hodienum viget, nostram quoque collustrent aetatem. Non autem vota nostra tanti sunt, vt id efficere valeant, sed labor improbus, intellectus assiduo cultu perpoli- tus, voluntatis atque affectuum indefessa \& in infinitum repetita correctio. Si votis interim aliquid efficiendum censetis, Audi- tores, des stili insonderheit. tores, mea vestris iungo, \& memor eius, quod sub exordium orationis meae promi- seram, Deum veneror, qui in hunc vsque diem, per tam misera temporum nostrorum discrimina, sospites vos seruauit atque inco- lumes. Inprimis grates, quas mens humana concipere potest maximas, Deo decerno, quod TE Pater ad cineres omni amoris, cul- tu prosequende, anno, quem iam egimus, sal- uum, atque ab omni vitae vel sanitatis vel fortunae detrimento liberum, sustinuit. Tibi autem, qua par est humanitate ac obseruan- tia gratias persoluo, qui facultatem conces- sisti studiis incumbendi \& de emendatione temporum cogitandi. Det Deus, vt qui se- quitur, anno \& pluribus qui sequentur, mihi Tuis, meis, ciuitati, amicis, bonis omnibus, viuas, vigeas, floreas, \& non nisi tempora videas Saturnina. Sic quid possit filii deuo- tus ac pius immo gratus animus, multis Ti- bi nominibus innotescet, \& vt spero \& expe- to non Tibi deerit cupiditas, paternis me cu- mulare beneficiis \& ornare. Seruet Deus \& vos, Patroni atque Fautores, omni hono- rum genere prosequendi, vt inposterum pro more vestro laudatissimo in restituendis pa- trum virtutibus \& in subleuandis vestris fa- miliis operam nauare, sine vlla remora possi- tis. De cetero meam tenuitatem, Vobis com- mendatam esse precor, \& cum beneuola ve- stra attentione me dignati sitis, in praesen- Q 5 ti von denen unterschiedenen arten ti commendatam fore spero. Credatis ve- lim, me vobis ad quaeuis officiorum genera promptum \& sacratum. Rede von den vorzuͤgen unserer zeiten fuͤr den alten, als eine wiederlegung der vorigen rede. Unbestaͤndig seyn ist ohnstreitig ein wesentli- cher begrif, welchen man von allen denenjeni- gen sachen, so die weise hand des allgemeinen schoͤpfers, auf den erdboden dargestellet, haben muß. Am allermeisten aber ist dasjenige der veraͤnderung unterworfen, welches in seinem zu oder abnehmen, und in allen seinen umstaͤn- den, von den haͤnden der menschen gefuͤhret wird, und aus seinem munde befehle erwarten muß. Das menschliche auge verlanget im- mer etwas neues zu sehen, wuͤrden nun die ir- dischen dinge, sich stets in einerley gestalt dem- selben fuͤrbilden, so vergienge dadurch die beste gelegenheit, den gemuͤthern der menschen, einen empfindlichen eindruck zu machen, daß sie die weißheit ihres meisters zu bewundern, und sei- nen willen in heiliger nachfolge zu verehren, schuldig waͤren. Der mensch ist mit recht die kleine welt zu nennen, und alles was der inbe- grif der grossen in sich schliesset, muß zu seinem dienste sich gebrauchen lassen. wie kan es also anders seyn, alles was etwas ist, muß so wohl nach dem gesetze der grossen als kleinen welt un- bestaͤn- des stili insonderheit. bestaͤndig heissen. Dieser unaufhoͤrliche wech- sel wird dennoch an der zeit als an einem maß- stabe abgemessen, dannenhero sind einige auf die gedancken gerathen, ob nicht vielleicht die zeit, die grosse zeuge mutter so vieler unbestaͤn- digkeiten, koͤnne genennet werden. Hat nun der bestaͤndige unbestand solche wuͤrckungen herfuͤrgebracht, welche denen neigungen der menschen wohlgefallen, so ist man bemuͤhet ge- wesen, guldne zeiten zu erdichten und also de- nen iahren und tagen zuzuschreiben, wozu man billich andere ursachen haͤtte suchen sollen. Sind hingegen verdruͤßliche zufaͤlle aufgestos- sen, welche den verhoften honig mit wermuth vermischet, so hat man die zeiten angeklagt, da man vielmehr seine eigne verrichtungen haͤtte besser oder kluͤger einrichten koͤnnen. Eine wuͤrckung dieses vorurtheils ist es, daß man im- mer sich mit der hofnung besserer zeiten ge- schmeichelt, und dabey die gelegenheit versaͤu- met, die ursachen seines eigenen elendes zu heben und seine wohlfahrt auf bessern grunde zu setzen. Denn die suͤsse hoffnung pflegt mehrentheils auch die wachsamsten gemuͤther einzuschlaͤffern, biß der gift zu weit um sich ge- griffen und der gegengift zu spaͤt ankommen. Die zeit aͤndert sich niemahls, aber wer in der zeit lebt und der zeit ihre benennungen mitthei- let, aͤndert sich unaufhoͤrlich. Also solte man nicht die guͤldnen zeiten der vorfahren wiede- rum zu erleben wuͤnschen, sondern daß ihre tu- genden von denen unterschiedenen arten genden aus dem grabe herfuͤrschienen, und den lebenden einen sichern pfad zur gluͤcklichen nachfolge zeigen moͤchten. Mein vorgaͤnger hat Jhnen zwar H. und H. A. die vorzuͤge der alten zeiten fuͤr den unsern gewiesen, allein nicht in der absicht einem leblosen dinge solche leb- hafte wuͤrckungen zuzuschreiben, aber wohl die ursachen zu zeigen, warum man dergleichen wuͤnsche zu thun pflege, und auch einigermas- sen zu thun befugt sey. Dabey hat er gesucht, naͤhere gelegenheit zu bekommen, Jhnen bey ietzigem iahres-wechsel, die fruͤchte seiner schul- digkeit darzureichen. Eben dieß hat auch mich bewogen, von der zeit zu reden, und zwar von den vorzuͤgen unserer zeiten fuͤr denen zeiten un- serer vorfahren, wann ich meinem vorgaͤnger nicht gaͤntzlich wiederspreche und ihn vollkom- men wiederlege, wird doch die eitelkeit desieni- gen wunsches desto klaͤrer werden, worinn man nach dem vergangenem seufzet, damit man des gegenwaͤrtigen vergessen moͤge. Sie erlau- ben mir demnach, H. und H. A. Daß ich in Dero Hochgeehrten versamlung, so viel von dieser sache rede, als meine stamlende zunge und ungeuͤbter verstand zulaͤst, und ihnen die zeichen meiner ergebenheit, gleichfalls in einem gluͤckswunsche darbiete, so werde daran ab- nehmen, ob ich die guͤtige erlaubniß habe, mich ins kuͤnftige als dero diener aufzufuͤhren. So lange die welt stehet und menschen ge- sellschaftlich leben werden, wird man nicht auf- hoͤren, des stili insonderheit. hoͤren, sich fuͤr den scepter gekroͤnter haͤupter zu demuͤthigen, leute welche sich der goͤttlichen wahrheit befleißigen zu verehren, und sich im haußstande zu gewissen pflichten verbindlich zu machen, also wuͤrde es was ungereimtes seyn, sich dem obrigkeitlichem ioche, der anhoͤrung goͤttliches willens, denen haͤußlichen pflichten mit gewalt gaͤntzlich entziehen wollen. Aber wuͤnschen, daß alles, so viel die menschliche schwachheit leidet, nach den befehlen einer ge- sauberten vernunft eingerichtet werde, ist nichts unbilliches. Ob wir nun bereits dergleichen zeiten erlebet, oder ietzo darinnen stehen, oder noch ins kuͤnftige zu erwarten, solches ist eine frage, welche ohne grosse behutsamkeit nicht leicht zu beantworten. Solte es nach den ge- dancken derer gehen, welche nur die fehler unse- rer, und die tugenden der vergangnen zeiten zu- sammen halten, so wuͤrden wir glauben muͤs- sen, die zeiten waͤren bereits voͤlligverstrichen, da man der vernunft williges gehoͤr verstat- tet. Sie haben auch bereits, H. und H. A. so viel die kuͤrtze der zeit leiden wollen, von meinem vorgaͤnger gehoͤret, worinn man die vergangenen zeiten denen unsern vorzuziehen pflege: Dennoch finde ich ursachen genung, welche mich bewegen koͤnten, denen unsern die groͤsten vorzuͤge zuzueignen und ihn zu wieder- legen, wenn ich mir selbst wiedersprechen, und einem leblosen dinge solche lebendige wuͤrckun- gen zuschreiben wolte. Beruhete die sache bloß von denen unterschiedenen arten bloß darauf, daß uns die geburt den purpur zu verehrenauferlegte, da die freye wahl bey den al- ten nur wohl verdienten die kronen aufgesetzet, so moͤchte ich wissen, wer unter uns zum regieren tuͤchtige personen aussuchen solte. Es muͤ- sten solches ohnfehlbar leute seyn, welche eben- falls nicht die geburt oder reichthum, sondern die weißheit von andern unterschieden haͤtte, und die muͤsten wiederum von denen aufgesu- chet werden, welche keinen geringen grad der weißheit erstiegen, diese von ebenfalls weisen leuten. Auf solche art wuͤrde man von dem gantzen menschlichen geschlecht etwas fodern, welches man nur im stande der unschuld bey demselben gefunden, und welches nur in ienem leben vollkommen zu hoffen, nemlich eine all- gemeine weißheit. Wen das recht der nach- folge auf den fuͤrstlichen stuhl gesetzet, hat ohne dem eben so viel ursachen, sich durch fuͤrstliche tugenden dem volcke beliebt zu machen als wen die freye wahl dazu erhoben. Jn den alten zeiten musten sich unzehliche laͤnder zu den fuͤssen eines eintzigen legen, und seinen neigun- gen fast blinden gehorsam leisten; bey uns haͤlt die grosse anzahl der zugleich regierenden haͤupter, sie selbst untereinander in den gehoͤ- rigen schrancken der billichkeit, und hat ia die uͤble auferziehung das gute, welches man von einem printzen erwarten konte, in der bluͤ- te der iahre zum theil ersticket, so ist der kluge rath getreuer minister, die furcht fuͤr auswaͤr- tiger des stili insonderheit. tiger macht, die geschlossene verbindnisse, er- theilte freyheiten, friedens-handlungen, com- mercien-sorge genung denen unterthanen die angenehmsten zeiten zu schencken. Die we- nigsten sind so scharfsichtig die geheimnisse des staats einzusehen, und doch unterstehet sich ie- dermann davon zu urtheilen. Erfodert nun zuweilen des landes wohlfarth, der untertha- nen ruhe, daß printzen ihnen eine kleine unruhe machen um groͤssern uͤbel fuͤrzubeugen, so meint der unterthan gnugsames recht zu haben, wo- durch seiner neigung nur zu viel geschehen, von sich abzukehren und wofern es ihm hierinnen nicht gluͤcken will, die ungerechtigkeit seines printzen anzuklagen. Haͤtten die geschicht-schrei- ber der alten, ohne ihren zeiten zu schmeichlen, alles ausgedruckt, woruͤber sich auch vernuͤñf- tige unterthanen unter ihren fuͤrsten zu bekla- gen ursach gehabt, so wuͤrden wir bald sehen, ob den unsern oder den alten zeiten, in anse- hung der regenten der vorzug beyzulegen. Und wo werden wir von denen monarchen unserer zeit, solche thorheiten aufzeichnen koͤnnen, als wir von denen alten mit den groͤsten erstaunen aufgezeichnet finden. Es prangen auch unse- re zeiten mit solchen Landes-vaͤtern deren denckmahle bey unsern nachkommen weit dau- erhaftiger seyn werden, als bey uns die saͤulen Augusti, Traiani, Hadriani, und anderer. Nicht minder verdienen die lehrer unser zeiten, daß ihrer mit bessern lobe gedacht werde, als ins- von denen unterschiedenen arten insgemein der von seinen neigungen getriebene poͤbel von ihnen zu urtheilen pfleget. Einen wohlgesaͤttigten eckelt auch fuͤr den niedlich- sten speisen, und wer unter tausend edelgestei- nen von gleicher kostbarkeit den besten aussu- chen solte, wuͤrde sie entweder alle fuͤr koͤstlich oder alle fuͤr nichtswuͤrdig ansehen. So ge- het es unsern zeiten, in ansehung der ihnen fuͤr- gestellten diener des goͤttlichen worts, indem der zuhoͤrer daran keinen mangel unter uns findet, nachdem ihm die ohren iuͤcken, so achtet er dieses uͤberflusses nicht, wie er wohl thun wuͤrde, wann es ihm daran fehlete. Und ein ieder der etliche predigten mit fluͤchtigen ge- dancken angehoͤret, oder in die Homiletischen buͤcher mit hungriger begierde eingesehen, mei- net berechtiget zu seyn, ieden lehrenden in der gemeine Gottes, durch ungleiche urtheile in die musterung zu fuͤhren. Es wird dannenhero nach geendigten Gottesdienst, wohl diese frage ohn unterlaß gehoͤret: Wie hat ers gemacht? an statt daß man fragen solte: Was habt ihr zu eurer besserung gemercket? Die zeiten der alten haben freylich im Christenthum solche lehrer aufzuweisen, die man mit den nahmen der heiligen beehret, und welche gewiß in un- vergeßlichen andencken zu verehren. Selbst die heydnischen priester unterschieden sich von andern, durch wissenschaften, eingezogenheit, verachtung des irdischen und andere schein- tugenden. Allein hierinn wuͤrden sie alsdann nur des stili insonderheit. nur einen vorzug fuͤr unsere zeiten haben, wann es uns hierinn mangelte. Daß einige ihrem h. amt sich nicht gemaͤß auffuͤhren wollen oder koͤnnen, solches wird sich niemand befrembden lassen, der da weiß, daß ein mensch, wann er auch mit noch so herrlichen gaben ausgeruͤstet, dennoch nicht aufhoͤre, ein mensch zu seyn. Jch gehe noch weiter, und sage, daß unsere zeiten sich eines grossen vorzugs, wegen des geistli- chen standes, fuͤr den zeiten der alten ruͤhmen duͤrfen. War es sonst kaum erlaubt die blosse erzehlung goͤttlicher wahrheiten anzuhoͤren, so koͤnnen wir durch die woche etliche mahl, nicht nur die blossen wahrheiten selbsten, sondern auch die geschicktesten auslegungen in denen praͤchtigsten kirchen-gebaͤuden davon hoͤren. Kein ort ist so gering, keine gemeine so enge ein- geschrenckt, die sich nicht eines seelsorgers freue- te. Das Christenthum hat sich durch die gan- tze welt ausgebreitet, und das licht der Evan- gelischen wahrheit suchet allenthalben durch die finsterniß zu brechen, mit huͤlfe getreuer leh- rer. Raubt der todt ein glied aus dem geist- lichen orden, so ist eine solche menge derieni- gen, die sich dazu wuͤrdig befinden, daß man kaum in iahres-frist den geschicktesten darun- ter aussuchen kan, weil sie alle gleiches vermoͤ- gen selbigen getreulich fuͤrzustehen besitzen. Die alten verspuͤrten an allen diesen nicht geringen mangel. Von der erkaͤnntniß der sprachen und anderer hoͤchstnoͤthigen wissenschaften, derer R sich von denen unterschiedenen arten sich unsre lehrer, bey so maͤchtig angewachsener gelehrsamkeit ruͤhmen, nichts zu gedencken. Die ordnung des heyls wird in den systemati- bus und symbolischen glaubens-buͤchern mit der schoͤnsten art fuͤrgetragen, da man vor diesem hier und dar ein stuͤck aus der Bibel reissen und zu seinen glaubens-articuln zehlen muste. Wer ergoͤtzet sich nicht an den ungemeinen einrich- tungen des Gottesdienstes, an die artigen erfin- dungen die hiezu gehoͤrigen diener Gottes zu unterhalten, an die von allen aberglauben und unanstaͤndigkeit gesauberten kirchen-gebraͤu- che. Uberhaupt werden wir uns nicht schaͤmen duͤrfen, wann sonderbahre verdienste in die ie- tzigen zeitbuͤcher unsere nahmen einschreiben. Ein weiser mann muß mit allen umstaͤnden der zeit, des orts, zu frieden seyn, wann ers nicht aͤndern kan, oder sich zum wenigsten huͤten, daß er nicht oͤffentlich, durch unanstaͤndiges klagen, die schwaͤche seines verstandes in der klugheit zu leben, an den tag lege. Was im gemeinen leben unsre ruhe zu stoͤhren scheinet, ist also be- schaffen daß es nur von denen verderbten nei- gungen herruͤhret und auch selbigen wiederum eintrag thut. Wer wolte also dieserwegen die gegenwaͤrtigen zeiten verfluchen, oder die zeiten der alten zu erleben wuͤnschen. Sonst ist es eine ausgemachte sache, daß zu unsern zei- ten die wissenschaften auf den gipfel der voll- kommenheit zu steigen, einen begluͤckten an- fang gemacht, da die alten selbige nur auf der unter- des stili insonderheit. untersten stuffen dazu zugelangen, erblickten. Wie reich sind nicht unsere zeiten an denen herr- lichsten erfindungen und nuͤtzlichsten kuͤnsten fuͤr denen alten? Die handlungen sind gewiß das bequemste band gantze voͤlcker in vergnuͤg- ter einigkeit zu verbinden, und wir koͤnnen uns dieses vorzugs billich fuͤr andern fuͤr den alten ruͤhmen. Zwar olte es scheinen, als ob nur eitelkeiten dadurch unter uns eingefuͤhret, und also der menschlichen gesellschaft mehr geschadet als genutzet wuͤrde. Allein zu geschweigen, daß hiezu ein grosser beweiß gehoͤret, so kan doch dieses nicht streitig gemachet werden, daß die handlungen ein grosses wo nicht das meiste zu der galanten und civilen lebens-art unserer leute beytragen solten. Wuͤrden die alten in ihrer einfaͤltigen kleidung und ungeschlachten sitten wieder aufstehen, und sehen wie artig unser umgang, wie geschickt unsere kleidung, wie zierlich unsere sprache in denen complimenten, wie wohlanstaͤndig unser gantzes wesen, sie wuͤrden ihnen gantz besondere und fuͤrnehme gedancken von unsern artigkeiten machen. Jch wuͤnsche mir also nicht bessere zeiten zu erle- ben, ich sehne mich nicht nach den zeiten der al- ten, aber dieses wuͤnsche ich, daß ich und ein ie- der, der weißheit und tugend zu seinen leitstern erkohren, sich der gegenwaͤrtigen so bedienen moͤge, daß ihm die zukuͤnftigen die angenehm- sten vergnuͤgungs-rosen zu brechen erlauben muͤssen. Doch ich haͤtte bald, von denen an- R 2 nehm- von denen unterschiedenen arten nehmlichkeiten unserer zeiten und deren be- trachtung entzuͤckt, vergessen, daß ich schliessen muͤsse, und daß ich Jhnen vorher, H. und H. A zu den antritt des neuen iahres ergebenst gluͤck zu wuͤnschen mir auferleget haͤtte. Jch verehre Sie allerseits, theils mit kindlicher pflicht, theils unter den nahmen naher ver- wandschaft, theils weil ich mir von dero ver- diensten wie schuldig einen grossen begrif ma- che. Wie kan ich also anders als mich er- freuen, da ich bey Jhnen meine schuldigkeit ab- statten und Sie insgesamt im erwuͤnschten wohlseyn antreffen kan. Wie kan ich anders, da ich Jhnen zum theil fuͤr Dero vaͤterliche un- ermuͤdete fuͤrsorge, zum theil fuͤr die von Jhnen genossene vielfaͤltige zeichen einer ungefaͤrbten freundschaft, zum theil fuͤr Dero wohlgewogen- heit, damit ich mir schmeichele, unendlich ver- bunden bin, wie kan ich anders sage ich, als mich fuͤr dem throne Goͤttlicher maiestaͤt demuͤ- thigen uñ Jhnen allen geistlichen und leiblichen seegen von oben herab ausbitten. Der Hoͤch- ste bekroͤne meinen wunsch mit erfreuender fol- ge, so wird mir wie ich hoffe erlaubt seyn, ferner- hin Dero mir geneigtes wollen zu ruͤhmen und an Dero vergnuͤgen theil zu nehmen, da ich nicht ablassen werde, in tiefster ergebenheit Sie allerseits zu verehren. §. 3 Nach diesem ist der stilus mediocris der gebraͤuchlichste und angenehmste. Er fo- dert ein mittelmaͤßiges obiectum, demselben gemaͤsse des stili insonderheit. gemaͤsse gedancken, muntere regungen und affe- cten, (wofern das obiectum nicht bloß theore- tisch,) hat die freyheit tropos und figuren zum ausputz des ausdrucks zu gebrauchen, beobach- tet in der iunctur und dem numero einige zier- lichkeit, wechselt mit denen connexionibus ab, hat also mehr freyheit als der humilis, und auch mehr lebhaftigkeit. Dieser ist der gebraͤuchlichste, weil die mittel- maͤßigen obiecta am haͤuffigsten, und weil es mit denen menschlichen dingen mehrentheils nur zu einer beliebten mediocritaͤt kommt. Er ist der angenehmste, weil er die mittelstrasse haͤlt zwi- schen dem trockenen und stillen wesen des humi- lis und zwischen dem praͤchtigen und prasseln- den stilo sublimi, so gar daß etliche ihn fuͤr den stilum der weisen leute halten. Man kan dabey eher seine bloͤsse verstecken, als im humili, und auch nicht leicht in gefahr lauffen sich zu verir- ren als im sublimi. Tutissima sere per medium via, quia vtriusque vltimum, vitium est. Quin- ctilianus L. XII. cap. 10. Wiewohl Quinctilia- nus selbst sich gar zu schwanckend exprimiret, von den unterschiedenen stilis. S. Thomasii Cautelen cap. VIIII. Ridig. S. V. \& F. p. 578. Hederich l. c. p. 545. Lami l. c. cap. XI. Rabners Rationem stili elegantioris. Man findet ihn im Hofmannswaldau, Philander von der Linde, Besser, Langen, Neumann, Neukirch, ꝛc. in Ciceronis philosophicis, ora- tionibus und epistolis (wie man denn auch aus dem Cicerone im Lateinischen, den stilum subli- mem lernen kan, und also alle drey arten von sti- lis, eben so wie im Teutschen aus dem Ziegler und aus den reden grosser herrn) im Seneca, R 3 Plinio von denen unterschiedenen arten Plinio, Virgilii Georgic. Velleio, Justino, \&c. Jsocrate, Hesiodo, \&c. im Voiture, Telemaque des Fenelon \&c. im Loredano, Guarini, \&c. Der begrif des mittelmaͤßigen obiecti ist etwas dunckel, denn man kan nicht leicht determiniren, wo das mittelmaͤßige aushoͤre und anfange; deßwegen referiret man zuweilen etwas zum simplici, das von andern zum medioeri gebracht wird, oder man haͤlt etwas fuͤr sublim, das nur zum mediocri gehoͤrt: Allein ist schon der unter- schied so handgreiflich nicht, so ist er doch wahr- haftig da, und es ist eben, als wenn man die sta- turen der leute eintheilet, in klein groß und mit- telmaͤßig, denn da kan niemand sagen, bey wel- chem zoll der laͤnge die mittelmaͤßige statur an- fange und auf hoͤre, daher manchmahl einer von diesen fuͤr groß von ienem fuͤr mittelmaͤßig ge- halten wird, inzwischen ist doch dieser unterschieb nicht ohne nutzen und hat seinen grund. Man kan auch zufrieden seyn, wann man nur nicht das grosse fuͤr klein, das kleine fuͤr groß ansieht, und also nicht hohe obiecta mit dem stilo humili, und niedrige mit dem stilo sublimi uͤberfirnset und fuͤrstellet. Als ein exempel vom stilo mediocri mag folgende rede angesehen werden, welche in der nunmehr in die 40 iahr florirenden redner- gesellschaft unter Jhro Magnificentz des Herrn D. Schmiden Eloqu. P. P. Ordin. und Theol. Ex- traord. praͤsidio in Leipzig von mir, als einem mitgliede besagter Societaͤt, anno 1717. d. 24. Februarii gehalten worden: Rede von der unbestaͤndigkeit der menschlichen gemuͤther. Der erdkreiß scheinet nur darum auch ohne pfeiler so feste gegruͤndet, und der himmel auch ohne des stili insonderheit. ohne bogen so unbewegl. gewoͤlbet zu seyn, da- mit beyde mit gewissern grunde, den bestaͤndi- gen unbestand und wechsel ihrer einwohner uns fuͤr augen stellen. Dieser ist so maͤchtig, daß er nicht nur uͤber dinge, deren wesen wir wuͤrckl. empfinden, sondern davon wir auch nur einige moͤglichkeit erdencken koͤnnen, seine unumschraͤnckte herrschafft ausuͤbet. Bald muß sich der heydnische Jupiter unter allezeit ande- rer gestalt als ein verliebter schmeichler, bald als ein mit donner-keilen um sich werffender wuͤte- rich von seinen verehrern abbilden lassen. So offt als die Gratien ihren reyen veraͤndern, er- scheinen sie in anderer stellung, die von einer iñiglichen freude oder hertzfressenden betruͤbniß ihren ursprung nehmen. Kaum hat die sonne ihre angenehme strahlen diesem runde gegoͤn- net, so kan eine regen-schwangere wolcke licht und freude in dunckelheit und schatten versetzen, und wird sie von den Persern angebetet, so muß sie sich von den Mohren verfluchen lassen. Den mond werden wir niemals in der gestalt auf- gehen sehen, in welcher wir ihn bey seinem un- tergang angetroffen, und die sterne scheinen al- gemach auf unsern wirbel zu steigen, welchen sie nach wenigen stunden wieder verlassen. Hat das feuer vor kurtzer zeit mit den hellesten flammen gespielet, so erblicket man gleich dar- auf entweder schwache funcken oder graue asche. Der goldfuͤhrende Tagus bietet der natur bald einen spiegel an, bald wird man R 4 ihn von denen unterschiedenen arten ihn von einem leimichten boden von ferne kaum unterscheiden koͤnnen. Nach dem winck des allgewaltigen schoͤpfers fuͤhret sich das erdreich ietzt wie eine guͤtige zeuge mutter so vieler be- wunderns wuͤrdiger kraͤuter auf, ietzt wie ein mit stahl und eisen uͤberzogener magnet-stein. Nachdem willen eines halb erfrornen wandeꝛs- mannes, muß sich die lufft zur erwaͤrmung der erstarreten glieder gebrauchen lassen, welche er gleich darauf heisse speisen damit abzukuͤh- len anwendet. Ein unnuͤtzer irwisch ist, wie ich glaube, doch dazu nuͤtze, daß er zu einem bilde der in die abwechselung verliebten welt dienen kan. Steine aus einem felsen gehauen, muͤs- sen sich so wohl zu einem verachteten pflaster als prahlenden fronton schicken. Die zeit bauet mit erstaunender bemuͤhung solche wer- cke auf, von welchen man meinen solte, daß sie der unbestaͤndigkeit allen vortheil abgelauffen haͤtten, und eben dieselbige belehret uns nach wenig verflossenen iahren, was sie dabey fuͤr ein absehen gehabt, nemlich in der asche und uͤberbleibseln von solchen kostbarkeiten mit le- bendigen buchstaben zuschreiben: es sey alles wandelbahr. Das ungemein harte stahl hat noch kein mittel funden zu verhindern, daß man es nicht in allerhand gestalten zu unter- schiedenen gebrauche zwinge. Die baͤume fangen gegen den sommer an sich in gruͤnende blaͤtter zu verstecken und lassen selbige gegen den winter fallen, da diese ihnen alsdenn, wo nicht noͤthi- des stili insonderheit. noͤthiger, doch eben so noͤthig zur bedeckung waͤren. Alles was uns in die sinne faͤllt, wuͤr- de so zu reden fast unerkaͤntlich seyn, wenn wir nicht bereits den allgemeinen begrif davon haͤt- ten, daß es der unbestaͤndigkeit unterworffen. Man mercket als etwas besonders an, bey dem Ost-Jndischen vor-gebuͤrge Commyrin eine ge- gend gefundẽ zu haben, in welcher man in einer halben stunde aus dem winter in den sommer uͤberschiffen und die rauhe nord-luft mit ei- nem erquickenden westwinde vertauschen kan. Haͤtte man den uͤberall sich ereigenden wech- sel genauer in betrachtung gezogen, ich zweiffe- le daß man diese gegend unter besondere merck- wuͤrdigkeiten wuͤrde gezehlet haben. Allein so mancherley merckmahle des herrschenden un- bestandes man antrift, so viele spuhren findet man der weißheit unsers grossen Schoͤpfers, so viele ursachen zeigen sich seine geschoͤpfe zu be- wundern. Denn wuͤrde er selbigen nicht die gesetze der veraͤnderung unbeweglich eingepraͤ- get haben, wuͤrden sie ihrer groͤsten anmuth mit welcher sie die aufmercksamkeit natur-lie- bender gemuͤther an sich ziehen, beraubet seyn, und alles was seine wuͤrckende weißheit auf die schaubuͤhne dieser welt gestellet, ist seinem eben- bildern zum nutzen aus nichts etwas worden. Viel 100 ja 1000derley veraͤnderungen, so in allen diesen einzelen anzutreffen sind, scheinen in dem menschlichen wesen ihren mittel-punckt und groͤste wichtigkeit zufinden, und dieieni- R 5 gen von denen unterschiedenen arten gen welche den menschen die kleine welt nennen, thun es gewiß mit dem groͤsten rechte. Er bezeugt sich nicht nur beschaͤftigt durch schau- spiele und kuͤnstliche vorstellungen, sich als ei- nen affen der wanckelbahren natur aufzufuͤh- ren, sondern ist auch in der that und eꝛnsthaftigẽ verrichtungen, ein inbegrif der grossen welt, das ist ein schauplatz, alwo man umsonst nach den graͤntzen der unbestaͤndigkeit suchet. Jn sei- nem gemuͤthe treffen wir die herrschaft an, welche keine andere befehle, als solche die von einer immerwaͤhrenden abwechselung zeigen austheilet. Denn sonst hat er nichts bestaͤn- diges, als daß er unaufhoͤrliche proben der un- bestaͤndigkeit an den tag leget. Jch habe mir vorgenommen, Hoͤchst und H. A. in Dero H. und hochgeehrten gegenwart von dieser un- bestaͤndigkeit menschlicher gemuͤther etwas zu reden, nicht daß ich mir die strafbare freyheit naͤhme, ihnen in so gemeinen sachen deutliche begriffe zu machen, da sie weit mehrers schon laͤngstens scharfsinnig eingesehen haben, son- dern damit denen unveraͤnderlichen gesetzen Dero gelehrten versammlung, durch meine un- bestaͤndigkeit kein eintrag geschaͤhe. Sie ha- ben mir nur neulich oͤffentlich Dero bestaͤndi- ges wohlwollen zuerkennen gegeben, wofuͤr mich Jhnen bestaͤndig verpflichtet schaͤtze; also habe das gewisse vertrauen, sie werden durch die ungeschicklichkeit meiner fluͤchtigen gedan- cken, sich ietzo darinn nicht veraͤndern lassen, sondern des stili insonderheit. sondern meinen schwanckenden worten bestaͤn- dig geneigte aufmercksamkeit erlauben. So vieles sich auch unsern gedancken auf den schau- platz der grossen welt als veraͤnderlich abbildet, so will es doch nicht ohne ursach dafuͤr gehalten seyn, und nach derselben ursachen beschaffen- heit, folgen auch so mannigfaltige und widri- ge wuͤrckungen. Wird der Mensch, wie ich bereits oben erwehnet, mit grossem recht die kleine welt genennet, so ist fuͤr sich klar, daß der- ienige erst gluͤcklich von seinen veraͤnderungen urtheilen koͤnne, welcher die ursachen seines wechselnden gemuͤths, und daher wuͤrcklich entstehende folgerungen in reiffere uͤberlegung ziehet. Geldliebe, ehrsucht, wollust, sind 3. winde, welche unaufhoͤrlich das meer des menschlichen gemuͤthes beunruhigen, und wenn sie heftig geruͤhret werden, einen sturm nach den andern in demselbigen erregen. Hier- aus duͤrfte man vielleicht schliessen, daß solches eines von denen groͤsten verdruͤßlichkeiten der sterblichen sey. Jch will solches zugeben, allein nur alsdann, wann einem naͤrrischen Miseno, ich meine der verderbten einbildung, die regierung uͤber solche, unbedachtsamer weise, anvertrauet wird. Denn ist ein weiser Aeo- lus oder die verbesserte vernunft, welcher das regiments-ruder eigentlich zukommt, ein be- herrscher davon, so ist die bewegung derselben vielmehr nuͤtzlich als schaͤdlich. Wasser wel- che in verachteten thaͤlern immer stille stehen und von denen unterschiedenen arten und von keinem winde erreget werden, fangen endlich an zu faulen und zu stincken, und menschliche gemuͤther, welche von keiner vergoͤnnten bemuͤhung nach gelde, von keiner arbeit nach dem gipfel der ehre, von keiner an- nehmlichkeit gerechter wollust veraͤndert wer- den, geben in ihren verrichtungen an den tag, daß sie sich eher zu stummen statuen auf die haͤuser, als vernuͤnftigen creaturen auf den erd- boden geschickt haͤtten. Also kommt es bloß auf die bewegungs kraft der neigungen an. Wie der koͤnig beschaffen, so sind seine unter- thanen. Masset sich die verderbte einbildung der herrschaft unbesonnener weise an, so werden entweder naͤrrische oder schaͤdliche veraͤnderun- gen die wuͤrckung davon seyn. Theilet aber die zum regieren verordnete vernunft welche durch unablaͤßiges verbessern zur vernunft worden, die befehle aus, da werden diese regun- gen also abwechseln, daß man sie zu einer zeit vor noͤthig zur andern vor nuͤtzlich erkennen muß. Welchen der mangel sattsamer unter- scheidungs-kraft, aus verderbter einbildung, zum unverstaͤndigen sclaven des mammons ausgesondert, beurtheilet alle andere nach der in ihm herrschenden begierde, und hingegen mangelnden liebe gegen seines gleichen. Des- wegen glaubt er, daß er mit brennenden eyffer sich nach dem mittel seiner beschuͤtzung umzuse- hen habe. Wer vor eigner vermeinten uͤber- grossen faͤhigkeit und unstreitigen vorzug fuͤr andern des stili insonderheit. andern, seinen eignen schatten bewundert, mei- net gleichfalls er muͤsse auf diejenigen stuffen treten, welche ihn vor andern in die hoͤhe fuͤh- ren. Ein anderer der vor der Veneri die knie beuget oder dem Baccho altaͤꝛe aufrichtet, oder seine Freunde vor den grund seiner vergnuͤgung haͤlt nach dem trieb der blinden einbildung, sucht gleichfalls andere mittel herfuͤr, sich in sei- nem elemente zu erhalten. Ja selbst wer durch die vernunfft seine begierden in zaum und zuͤgel fuͤhret, haͤlt es fuͤr eine thorheit immer auf einer leyer spielen und bey allen veraͤnderungen sich wie einen unbeweglichen klotz zu erweisen. Wenn man durch diese gruͤnde den wechsel menschliches gemuͤthes einzusehen bemuͤhet ist, so wird man viel einen vollkommern begrif ihm von denen so so sehr unterschiedenen wuͤr- ckungen machen koͤnnen. Warum ist ein mann, welcher fuͤr weniger zeit iedermann die groͤsten hoͤflichkeiten erwiesen, ietzo so schwuͤlstig, daß er meinet, die gantze welt muͤs- se ihm zu fusse fallen? Aus keiner andern ursa- che, als weil ihm ein blindes gluͤck die kasten gefuͤllet, und vermoͤgend gemacht in seinen pal- laͤsten armer leute huͤtten zuverschlucken. Denn Lutheri worte sind noch heute zu tage fuͤr wahr zu halten, wenn er spricht: Ein bauer der 10. rthl. hat, bruͤstet sich und weiß nicht ob er auf dem kopfe oder fuͤssen gehen soll. Man ver- suche es und gehe mit versilberten haͤnden ihm unter augen, im augenblick werden alle ehren- bezeu- von denen unterschiedenen arten bezeugungen herfuͤrgesucht, und uns angethan werden, wenn sie uns auch schon nicht zu- kommen. Hat er etwas mit der mutter milch in der jugend eingesogen, welches ihm ein un- geschickter lehrmeister nicht zu benehmen ge- trachtet, da scheint er wieder allen guten unter- terricht unbeweglicher als ein berg darauf donner und blitz loß stuͤrmen. Bringet man ihm aber die hofnung eines gewinstes bey, da sind 1000. eyde nicht genung, ihn auch bey den loͤblichsten vorsaͤtzen zu verbinden. Jtzo sucht er alle kleinigkeiten mit der groͤsten sorgfalt zusammen, und bald verschlaͤudert er auch die wichtigsten sachen, weil er etwa dadurch meh- rers zugewinnen trachtet, oder zum wenig- sten sich in einem stande zuseyn glaubet, da er niemahls banqueroutiren koͤnne. Was er diese stunde fuͤr ein geheimniß des staats gehal- ten, wird in der andern ohne weitlaͤuftigkeit ausgeschuͤttet, wenn die verfluchte mißgunst dem geitze die zunge loͤset. Bald eilet er mit furchtsamen schritten in die verborgensten win- ckel und scheinet fuͤr menschlicher gesellschafft ei- nen abscheu zu tragen, bald aber will er in allen versamlungen gegenwaͤrtig seyn, und mit ieder- mann bekanntschafft aufrichten, damit er dort auf anderer unkosten zehren, hier aber seine ducaten vermehren, in beyden aber veraͤcht- lich von andern sprechen koͤnne. Wer den Baal des ehrgeitzes fuͤr seinen abgott haͤlt, ist ein rechter Prometheus, welcher sich bald wie einen großmuͤthigen loͤwen, bald wie einen feu- er- des stili insonderheit erspeynden drachen, bald wie ein in der ebene fliessendes wasser, bald wie eine an die wolcken steigende flamme fuͤrstellet. Ein solcher haͤlt dasjenige fuͤr eitel, worinnen der Mammons diener sein leben suchet, und liebet das, was jener als leere winde verlachet. Seines wun- sches theilhaftig zu werden, spahret er keine ehr- bezeugungen, er will ein unterthaͤnigster diener von allen seyn. Wirft ihm endlich das gluͤck eine ehren-decke um, so meinet er, es sey ihm damit zugleich alle darzu gehoͤrige geschicklich- keit mitgetheilet, da werden die vorher gar zu hoͤflichen minen ietzo mit einem angemasten an- sehen so sehr vermindert, daß sie kaum ein schat- ten der vorigen zu nennen. Alle verrichtungen werden mit sonderbahrer stellung des leibes an- gefangen und auch auf der gasse werden die fuͤsse gezwungen, alle auf den tantz-boden er- lernete artigkeiten oͤffentlich zu zeigen Wo- mit er augenscheinlich zu verstehen giebt, daß die erhaltene ehre zu groß fuͤr seiner engbruͤsti- gen seele sey. Er ist selber nicht vermoͤgend seinen hochmuth von einem hause zum andern zu tra- gen, deßwegen bedienet er sich der gutsche und pferde. Ein ander will mit gewalt alle ehre zu verachten scheinen. Allein Diogenes mag noch so sehr Platonis kleider mit fuͤssen treten, iedermann glaubt daß ers mit groͤssern hoch- muth thue, und daß auch unter seinen schmutzi- gen rocke eine aufgeblasene Seele wohne. Func- cius verwechselt zu seinen ungluͤck, den seiner mei- von denen unterschiedenen arten meinung nach verachteten prediger-stand mit einer rathsbestallung aus lauterm hochmuth. Jetzo umfasset er seine verehrer mit der groͤsten liebe, und ein einziges wort, welches seine ehre zu ruͤhren scheinet, ist gnug, alle zornige fluthen und rache auch auf den unschuldigsten auszu- schuͤtten. Ein alberner Carneades disputiret heute oͤffentlich, daß die gerechtigkeit ein gedich- te muͤßiger leute sey, und morgen ist er beschaͤff- tiget das gegentheil zu behaupten, seine gelehr- samkeit zu zeigen. Was fuͤr andaͤchtige ge- berden zeiget nicht der ehrgeitz in dem gesichte eines selbst erwehlten heiligen, welcher doch wohl nicht nur in dem innersten seines hertzens, sondern auch seines hauses denen lastern, sanf- te kuͤssen unterleget. Mancher verfluchet die fehler geringer leute ohn aufhoͤren, und hinge- gen die laster erhabner und geehrter leute, wol- te er lieber vor tugenden halten, da doch der koth heßlich bleibt, ob er schon in chrystallinen gefaͤssen aufgehoben wird, und die laster gar- stig zu nennen sind, wenn sie schon in sammt und guͤldene stuͤcken eingehuͤllet werden. Das maͤchtigste, so unsern fuß von den wege der be- staͤndigkeit verruͤcket ist die wollust, und die ein- bildung eines vergnuͤgens in verbotener belu- stigung der sinne. Diese ist die zauberische Circe, welche den menschen bald in schweins- bald in pfauen-gestalt veraͤndert, bald mit af- fen-bald mit hunde-gesichte fuͤrstellet. Wie wechselt nicht ein verliebter narre die kleider da- des stili insonderheit mit er seiner liebsten gefallen moͤge, uͤberall wird man ihn mit baͤndern prahlen sehen. Je- tzo gehet er mit fluͤchtigen schritten, wo er aber irgend von ferne das ihm angenehme schim- mern siehet, werden gleich die glieder in eine liebreitzende stellung gezwungen, augen und haͤnde muͤssen ihre bewegung nach einen gewis- sen tact einrichten. Und eben das was ihm heute goͤttlich und uͤbermenschlich vorgekom- men, ist morgen das verachteste. Da wird man insonderheit wahr zu seyn befinden was Seneca uͤberhaupt von der menschlichen auf- fuͤhrung urtheilet; Aliud ex alio placet, vexat, nos fluctuamus, petita relinquimus, relicta repetimus, alternae inter cupiditatem n - stram \& poenitentiam vires sunt. Wer zu des Bacchi gesellschaft sich haͤlt, wie veraͤndert der nicht sein gemuͤthe, und nach der beschaffen- heit des gemuͤthes seine lebens art. Bald fuͤhret er sich wie eine rasende unruhe auf, wel- che alles zernichtet alles zerschaͤndet, alle erbar- keit aus dem augen setzet. Bald will er alles aus sonderbahr angenommener aufrichtigkeit und treuhertzigkeit, mit unaufloͤßlichen freund- schafts banden fesseln. Wer endlich die tu- gendhafte vernunft zur fuͤhrerin seiner neigun- gen ausersehen, wird sich keinem baume ver- gleichen lassen, welcher von der winde gewalt, weil er nicht weichen gelernet, zertruͤmmert wird. Nach der zeiten lauf, wird er seinen gang ietzt so, ietzt auf eine andere art einrichten, S und von denen unterschiedenen arten und den gesetzen der abwechselungen sein ge- muͤth niemahls entziehen. Einem Jndianischen hunde kommt es nur zu, den einmahl gefasten loͤwen so feste mit den zaͤhnen zu halten, daß ihm auch die schmertzhafle abhauung der fuͤsse nicht davon abbringet. Democritus und Heraclitus werden bey uns fast fuͤr schalcks-narren gehal- ten, weil wir uns bereden lassen, jener habe im- mer gelacht, dieser unaufhoͤrlich geweinet. Man ruͤhmet die klugheit des Roͤmischen kaͤy- seꝛs Marci Antonini Philosophi noch bey unsereꝛ spaͤten nach-welt in den beygelegten nahmen des weltweisen: Allein ich zweiffele. daß ihm die rechte welt weißheit iemahls diese lehre ge- geben, welcher er doch so eyfrig nachgelebet, daß man niemahls von iugend auf, weder durch die haͤrteste betruͤbniß, nach angenehm- sten freuden-posten sein gemuͤth veraͤndeꝛn muͤs- se. Leute zwar welche den vorurtheilen der Stoiker gehoͤr geben, werden das fuͤr die groͤste weißheit halten, heute eben dieses wollen, was man gestern gewuͤnschet. Ein belesener Lipsius aber, hat uns bereits ihre thorheit gezeiget, weñ er saget: Welche ihre meinung mit stahl und eisen in dem gemuͤthe als in marmor gegraben, sind nicht faͤhig, geschickte urtheile und wohlge- gruͤndete rathschlaͤge anderer, ihnen zu nutze zu machen. Haͤtte Theseus bey seiner gluͤckli- chen zuruͤckkunft an statt des schwartzen seegels auf seinem schif, ein weisses aufzustecken nicht vergessen, wuͤrde seines abgelebten vaters Ae- gei des stili insonderheit. gei gemuͤth nicht in solche bekuͤmmerniß gera- then seyn, daß er in dem unergruͤndlichen meere einen grund seiner leidenschaft gesuchet. Und derienige ist ohnstreitig unter die klugen zu rech- nen, welcher nach den befehlen der vernunft, sich bald so, bald anders auffuͤhret. Also scheint zwischen der bewegungs kraft des gemuͤthes durch die verderbte einbildung, und durch die verbesserte vernunft der groͤste unterschied da- rinn zubestehen, daß iene durch die menschliche neigungen, theils naͤrrische theils schaͤdliche wuͤrckungen herfuͤrbringet, diese hingegen, durch eben selbige, unumgaͤnglich noͤthige und nuͤtzliche veraͤnderungen verursachet. Beyde sind also bewegende ursachen des menschlichen gluͤcks und ungluͤcks, nur daß iene dem gluͤcke mehrentheils unterlieget, oder an statt eines balles mit dem menschen zu spielen pfleget, diese aber auch dem gluͤcke befehlen und mitten un- ter den moͤrdlichsten waffen uñ feindseligkeiten dennoch triumphiren kan. Mehr redete ich, mehr haͤtte ich zu reden, allein ich besorge, H. und H. A. meine stammlende zunge werde ver- moͤgend seyn, Dero bestaͤndig geneigtes auf- mercken, in einen wiederwillen zu veraͤndern. Redete ich also mit leuten, welche nur den nah- men von dem Christenthum entlehnet, so wuͤr- de ich zum beschluß mich bemuͤhen muͤssen, ihre gemuͤther von den irrdischen wandelbahren thaͤlern, auf die unbeweglich stehende berge Jsraelis zu fuͤhren. Denn wer da stehet darf S 2 sich von denen unterschiedenen arten sich keiner veraͤnderung befuͤrchten, denn wenn es blitzt und donnert, so blitzt und donnert es unter seinen fuͤssen, und ihm schenckt die sonne der gerechtigkeit die angenehmsten strahlen. Jch wuͤrde die unbestaͤndigkeit des Ecebolii ver- fluchen, welcher unter den kaͤysern Constantino Constantio, Juliano, Jouiano seine religion zu einer mode machte, welche bald so bald an- ders, nach dem geschmack der welt koͤnte einge- richtet werden. Jch wuͤrde die unbestaͤndigkeit des creutz-vogels Loxiae veraͤchtlich fuͤrstellen, welcher alle winter seine farbe veraͤndert. Jch wuͤrde es eine thierische veraͤnderung nennen, wenn man in seiner bekehrung dem wolffe nachahmen wolte, und zwar die haare, aber nicht den rauberischen sinn aͤnderte. Redete ich endlich mit ungelehrten, so wuͤrde meine groͤste sorgfalt dahin gehen muͤssen, zu zeigen, wie gefaͤhrlich es sey, einem unbesonnenen Phaethonti die regierung seiner affecten anzu- vertrauen, und wie vergnuͤglich es hingegen, der vernunft den zuͤgel davon zuuͤbergeben. Jch muͤste darthun wie eine kluͤgliche abwechselung des gemuͤthes, eine mutter der meisten tugen- den sey. Man glaubt daß in ein hauß, da man bey ploͤtzlich entstandenen ungewitter feu- er anzuͤndet, so leicht kein donnerkeil einen er- schreckenden schlag thue. Es ist aber leichter zu glauben, daß in eine seele, wo vernunft und tugend ihr feuer und heerd haben, kein wiedri- ges schicksaal eindringen und verwirrung an- rich- des stili insonderheit. richten koͤnne. Jch muͤste anfuͤhren, was den Jcarum der fluͤgel beraubet, und ihn aus der gemeinschaft der gestirne in den tiefsten ab- grund gestuͤrtzet, nehmlich seine von abge- schmackter einbildung verursachte veraͤnde- rung. Sie erlauben mir also H. und H. A. nur noch dieses hinzuzufuͤgen, daß der gezie- menden veraͤnderung des gemuͤthes, vor dem poͤbel, als welchem der glantz der wichtigsten wahrheiten nur die augen zu blenden u. ihn zum haß zu veraͤndern pfleget, eine decke kluger auf- fuͤhrung und verschwiegenheit muͤsse fuͤrgehan- gen werden. Denn unter denenjenigen wel- che mit ihrem verstande unwissenheit und vor- urtheile uͤberwunden, ist es eine ausgemachte sache, daß die bestaͤndigkeit zwar eine der vornehmsten tugenden, allein haͤrte und halß- starrigkeit des gemuͤthes ein weit groͤsseres la- ster sey. Dixi. §. 4. Endlich ist der hohe stilus der praͤch- tigste, aber auch der gefaͤhrlichste. Er ist nur bey hohen obiectis zugebrauchen, davon man nur die ideen der hoheit zusammen sucht, selbige durch lauter tropos und figuren, oder mit worten und redens-arten, welche die neben- ideen einer hoheit haben, mit dazu genom- menen emphatische beywoͤrtern, ausdrucket, die iunctur der rede durch den zusammenfall der consonantium und langer vocalium etwas maiestaͤtisch, und den numerum donnernd und S 3 prasselnd von denen unterschiedenen arten prasselnd machet, auch meist realiter connecti- ret, dannenhero die groͤste tugend dieses stili darinn bestehet, daß alle theile die hoheit des obiecti vor augen zu legen, mit grossem fleiß zusammen gesetzt sind und conspiriren. Das abgeschmackte, geschwuͤlstige, gar zu weit ge- triebene wesen, ist hier sorgfaͤltig zu vermei- den. Man darf nur ein eintziges wort oder redens- art einfliessen lassen, das die neben-idee einer familiaritaͤt hat und zu populairen dingen ge- braucht wird, oder eine gedancke die nichts ho- hes involviret, so ist alles verdorben. S. Lami l. c. c. VIIII. Kemmerich l. c. p. 1042. 1045. Cle- ricus in Pensees de la vraie \& fausse eloquence cap. III. Hederich l. c. p. 544. insonderheit Longi- num de sublimi des Boileau oder wie er ex theatro Sheldoniano cum vita Longini 1710. 8. ediret, ( siehe oben cap. 2. §. 14. n. a. ) und andere de- ren Morhof und Stolle l. c. erwehnen. Thoma- sius Caut c. VIIII. und aus diesem D. Hamilton scheinen nicht viel vom stilo sublimi zu halten, weil sie nirgends deutliche regeln und vollkom- mene exempel davon angetroffen. Der erste hat vielleicht die absicht zugleich dabey gehabt, den albernen trieb iunger leute zu maͤßigen, die oh- ne unterschied auf den stilum sublimem fallen, dieser aber ienem zu folgen, indem er doch sonst des Lohensteins stilum sublimem lobt p. 52. Man mag sie hiebey also conferiren. Sonst findet man den stilum sublimem lm Lohenstein, Gryphio, Ziegler, Mayer, den reden grosser herren, ꝛc. im Cicerone sonderlich in orat. Catilin. Liuio, Curtio, Virgilii Aeneid. Plinii Paneg. Senecae Tragoed. \&c. im Homero, Sophocle \&c. im Bal- zac, Flechier, \&c. im Tasso, Marini, \&c. Wie- wohl des stili insonderheit. wohl sie freylich von denen scharf critisirenden manchmahl theils nicht hieher gerechnet, theils ziemlich taxiret werden. Die hoheit des obiecti ist hier der grund, ohne welche schlechterdings kein stilus sublimis statt findet. Hohe obiecta sind, die sich auf etwas goͤttliches beziehen, oder nichts als solche gedan- cken involviren, die von der welt (nicht eben der alten weiber, und unwissenden iugend, sondern der vernuͤnftigen) fuͤr etwas ausserordentliches gehalten und bewundert werden. Und dieses ist das sublime selbst, welches Boileau von dem stilo sublimi unterscheidet, den ein hohes obie- ctum und die gedancke davon, ist ia nicht mit dem ausdruck einerley. Aber eben dieses subli- me erfodert einen hohen ausdruck und dazu schi- cken sich nicht alle leute. Z. e. haͤtte Weise wohl einen solchen panegyricum auf Leopoldum hal- ten koͤnnen, als der Herr von Koͤnigsdorf? Man verfaͤllt dar ein, wo man kein hohes obie- ctum hat, oder bey einem hohen obiecto auf laͤp- pische umstaͤnde und kleinigkeiten faͤllt, oder mon- stroͤse ideen macht, oder Gott zu nahe tritt und menschliche hoheiten hoͤher hebt, oder wo man in den worten, derselben iunctur, numero, und dergleichen, affectiret: Z. e. wenn man bey ei- nem maͤssigen officirer, erbaren mann und frau, in der parentation einen lermen macht, als wann Marlborough und Turenne, printzen und prin- tzeßinnen fuͤrhanden; wann man bey schlechten dingen illustrantia von hohen sachen hernimmt, gratulirt z. e. einer buͤrger-frau, und fuͤhrt koͤ- niginnen als exempel an; wann man von einem grossen helden redet und unter andern anfuͤhret, wie er sich mit besonderen hohen air zu schneutzen pflege; wann Hofmannswaldau spricht: Rufst du so baͤlt mich auch der bimmel selbst nicht auf; Wann iener bischof in Straßburg bey dem S 4 ein- von denen unterschiedenen arten einzug des koͤniges in Franckreich, die worte: Herr nun laͤssestu deinen diener im friede fah- ren ꝛc. auf sich appliciret, ꝛc. oder man redet von diamantnen zim̃ern, schencket perlen, schne- cken blut, gantze koͤnigreiche weg, oder wie iener von den bruͤsten seiner geliebten: Zinnober kroͤnte milch auf ihren zuckerballen, ꝛc. S. We- renfels de meteoris orationis, Herr M. freytags dissert. de frigido. Lipsiae 1719. Hederich l. c. p. 570. 571. obiges cap. 2. §. 15. ꝛc. Damit ich auch von diesem stilo sublimi eine probe gebe, so mag folgende rede dazu dienen, die ich 1716 den 11. Martii, eben in oberwehnter beruͤhmten red- ner-gesellschaft, so noch ietzo unter Jhrem vene- rablen Oberhaupt bluͤhet, gehalten: Rede Auf Friedrich Wilhelm den grossen, Churfuͤrsten zu Brandenburg. Fuͤrsten welche den scepter durch tugend er- hoͤhen, uñ den thron mit tapferkeit unterstuͤtzen, muͤssen eben so wohl den grausamen gesetze des todes unterworffen seyn, als diejenigen, welche ihren purpur mit lastern beflecken und ihren hoff zu einen bestaͤndigen sitz, aller boßheiten machen. So wohl ein die liebe der gantzen welt an sich ziehender Titus welcher den tag fuͤr verlohren schaͤtzet, an welchen er niemanden eine wohlthat erzeiget, als ein ungeheuer der natur und rasende baͤrenbrut Nero, muß er- fahren, daß die sterblichkeit uͤber ihn hersche. Wenceslaus und Gustavus Adolphus wer- den beyde in ihre erbbegraͤbnisse eingesencket, obschon dieser als ein muthiger vor kirch und vater des stili insonderheit. vaterland streitender loͤwe seinen heldmuͤthigen geist auffgiebt und iener mitten unter voͤllerey un faulheit als ein anderer Sardanapalus hin- gerissenwird. So eine unstreitige wahrheit nun dieses ist, daß das allgemeine verhaͤngniß, ohne ansehen, fuͤrstliche stuͤhle umstuͤrtzet: So ge- wiß bleibt es doch hingegen, daß ein unendlich grosser unterscheid unter dem erblassen eines frommen Augusti oder tapfern Germanici und unter dem ableiben eines grausamen Tibe- rii oder verzagten Caligulae, Jch will ietzo nicht sagen von der art zu sterben, ob es wohl ausgemacht ist, daß blutduͤrstige tyrannen gemeiniglich der wut erzuͤrnter unterthanen, oder dem wurm eines nagenden gewissen, bey ihren ende preiß gegeben werden: Jch will auch nichts gedencken, von dem ort, welcher nach ihrem tode den unsterblichen geistern, in der langen ewigkeit an gewiesen wird: Son- dern ich will nur von den allerdauerhaftigsten und von keinem rost und moder der zeit zu be- siegenden denckmahle in so viel tausend see- len etwas erwehnen, woraus dieser unter- schied sonnen-klar sich darstellen wird. Wie gerne verbannete nicht, ein durch den todt von dem wuͤterich Tiberio befreyetes Rom, das gedaͤchtniß seiner verfluchten regierung, wuͤn- schete, da es seinen erblasseten coͤrper der be- graͤbniß unwuͤrdig, in die Tiber, werffen wol- te, daß es hiemit zugleich alle merckmahle sei- ner tyranney in den abgrund der vergessenheit S 5 versen- von denen unterschiedenen arten versencken koͤnte. Wie gerne wuͤrde das von einem mordgierigen Herode erloͤsete Judaea unter 1000 erley freudens bezeugungen seines todes und ungeheuren thaten vergessen haben, wenn nicht das zu einem blut-urtheil gemachte testament ihnen auferleget, sein vermaledey- tes andencken unter lauter fluch und rache auf die nachwelt beyzubehalten. Denn auch die nahmen solcher unbemenschten menschen ver- dienen nicht aufgezeichnet zu werden, als zu dem ende, daß man bey nennung derselben aus- speyen, und die menschliche natur bey erzeh- lung ihrer schandthaten fuͤr solche ungeheuer zu erschuͤttern ursach habe. Die tugend hin- gegen, ob sie schon mit keinen goͤttlichen eigen- schafften pranget, und ihre besitzer neben sich der sterblichkeit entreissen noch verewigen kan, so schencket sie ihnen doch die hertzen so vieler 1000 nachkommen, welche aus danckbarkeit selbige zu behaͤltnissen ihres glorwuͤrdigsten gedaͤchtnisses machen. Augustum setzet man an den ort, welcher nur von goͤttern durtfe be- ruͤhret werden. Germanici todt verursachet ein solches ungewitter der traurigkeit in den gemuͤthern seiner verehrer, welches endlich ge- heiligte tempel und altare einreisset, ihm selber aber ein unsterbliches andencken seiner ta- pferkeit daraus aufrichtet. Alles wodurch Agricola die liebe und verwunderung aller an sich gezogen, sagt Tacitus, ist in dem anden- cken der menschen, wie in ertz und marmel ge- graben, des stili insonderheit. graben, selbst die zeit und das geruͤcht, werden stuͤtzen dieses denckmahls seyn. Und haben die roͤmer ein ehren-mahl aufgerichtet, muͤssen die worte dabey stehen: Die nachwelt be- wundere, was sie nicht nachahmen kan. Jn- dem ich mich unterwunden H. und H. A. die geheiligte asche des grossen Fr. W. Ch. z. B. in meiner rede Jhnen zu zeigen, so thue nichts anders als daß ich der tugend ihr gebuͤhren- des opfer auf demaltar meiner schuldigkeit dar- lege, und indem ich seiner ungemeinen hel- den-thaten abdruck ihnen fuͤrstellen will, so erblicken sie zugleich merckmahle desjenigen unterscheides, womit sich tugendhafte und tapfere printzen, von denienigen bey ihrem absterben unterscheiden, welche als sclauen aller laster in der unterwelt, sich aufgefuͤhret haben. Alexander welchen seine thaten groß gemacht, will nur vom Apelle gemacht und vom Lysippo in stein gehauen seyn, ein krie- gerischer Agesilaus, will nur von den beruͤhin- testen meistern Griechenlandes sein bildniß ver- fertigen lassen, und Achilles kan nur vom Homero besungen werden. Hier moͤchte mich nun iemand einer hoͤchststrafbaren vermessen- heit beschuldigen, daß ich unangesehen mei- ner schwachen zunge, vermoͤge deren ich unter den rednern unsers Teutschlandes, wie ein lal- lendes kind unter fertigredenden leuten stam- mere, mich dennoch unterstanden, den nah- men eines so grossen helden und fuͤrsten, in dero werthe- von denen unterschiedenen arten werthesten versamlung zu verehren. Allein, Alexander wuͤnscht nur darum sein leben vom Homero beschrieben der nachwelt zu schencken, damit eine fabelhaffte feder seinen thaten gleichsam ein vergroͤsserungs-glaß geben moͤ- ge und Augustus hat nur darum ein gefallen an der Aeneis Virgilii, weil er ihn darinn zum anverwandten der goͤtter zu machen bemuͤhet ist. Und ich habe mit fleiß den grossen Fr. W. zum inhalt meiner rede erkieset. Fehlt es mir sonst an artigen erfindungen, so nehme ich an deren statt die thaten und tugenden dieses theuresten hauptes, finde ich einen mangel bey mir wohlausgesuchter worte, so darf ich nur sein glorwuͤrdigstes leben durchgehen, so werde an praͤchtigredenden gedancken einen uberfluß haben. Billich beklagen sich die be- redtesten redner, wenn sie von goͤttern auf er- den reden wollen, daß es ihnen gehe, wie den schnecken, die weder hertz noch zunge haben, denn sie wollen loben, ich will nur erzehlen. Sie machen es wie Zeuxis, welcher wenn er die Venerem mahlen soll, alle schoͤnheiten des gantzen griechen-landes samlet, und von einer ieden etwas goͤttliches seinen gemaͤhlde einver- leibet. Sie suchen die tugenden anderer po- tentaten auf, und wenden solche zu ihren ge- brauch an. Jch darf nur wenn ich vom grossen Fr. W. reden will, den grossen Fr. W. be- trachten, denn an ihm finde ich alle fuͤrstliche tugenden, und was ich an ihm finde, sind fuͤrst- des stili insonderheit. fuͤrstliche tugenden. Ubrigens wird dessen im- mergruͤnender lorbeer dadurch nicht verwel- cken, wenn ich solchen mit unreiner hand be- ruͤhre, und sein bild mit etwas ungeschick- ten farben und zitternden strichen zu entschat- ten, mich erkuͤhne, wo mich H. A. von dero geneigten aufmercken und urtheil in meinem unternehmen begleitet sehe. Die in allen menschlichen verrichtungen ihre befehle aus- theilende unbestaͤndigkeit, hat auch der maͤch- tigsten staaten nicht geschonet. Und ich ver- wundere mich nicht, wenn die alten behauptet, daß nach dem bilde der fast circulrunden er- den, alle sachen und reiche circulsweise, nach- dem das wanckende gluͤck das unbestaͤndige rad drehet, ihren lauf fuͤhreten, die erfahrung giebet ihnen beyfall. Jch rede nicht von dem gaͤntzlichen untergehen alter und frischem auf- gehen neuer reiche, sondern nur von denen veraͤnderungen die in bereits eingerichten staa- ten sich zutragen. Bald muß sich das freye Portugall zu dem Spanischen ioche beque- men, da es kurtz vorhero unter eignen koͤnigen Mohren und Spaniern getrotzet: Bald aber entlastet es sich desselben, u. beginnet zu voriger hoheit zu schreiten. Unter denen regenten selbst findet sich ein bestaͤndiger wechsel. Wie an dem stern-himmel, sterne welche kurtz vorher ihr funckelndes licht unserm gesichts-kreiß ge- wiesen, endlich sich zum untergange neigen, und wie sich bey denen reinesten fixsternen, bald aus- von denen unterschiedenen arten ausschweiffende planeten, bald auch erschre- ckende cometen einfinden, also wird man an den regenten-himmel grosser laͤnder beydes wahrnehmen. Scufzete ehemahls religion und freyheit Britanniens, unter einer paͤbsti- schen Maria: So folget gleich eine tapfere Semiramis und großmuͤthige Zenobia die Elisabeth, welche ihr land mit bluͤhenden zei- ten, ihre unterthanen mit sieges-kraͤntzen, sich selber aber mit einem unsterblichen ruhme be- zeichnet. Hatte hingegen Carolus der V. die Spanische Monarchie, auf den hoͤchsten gip- fel der vollkommenheit getrieben, so verlieret ein ungluͤcklicher Philippus unter seinen nachfolgern, die meisten und kostbarsten edel- steine aus seiner krone, durch die von seinem rei- che gespaltene provinzen. Der Branden- burgische adler scheinet in beyden stuͤcken, et- was goͤttliches, und fuͤr andern sonderbahres an sich zu haben. Unter seinen besitzern findet sich in 900. iahren, so lange sie unter die Teut- schen printzen gezehlet worden, keiner, der nicht wuͤrdig gewesen waͤre kronen gold zu tragen, und ein herr unzehlicher laͤnder zu seyn, ob schon das verhaͤngniß solches biß in die letzten zeiten fuͤr ihnen gesparet. Keiner von seinen durch- laͤuchtigsten Churfuͤrsten, hat unter den gesetzen der vormundschaft regieren gelernet, weil auch die iuͤngsten hiezu geschickt waren. Und ein kluger Frid. II. schlaͤgt gar 2 ihm angebotene kronen, die Pohlnische und Boͤhmische groß- muͤ- des stili insonderheit. muͤthigst aus. Sein durchlauchtigster staat ist deshalben von dem himmel mit so guͤtigen augen angeschauet worden, daß er in dieser langen zeit, keine ungluͤckliche zufaͤlle erfahren, sondern in bestaͤndigen wachsthum, biß diese stunde seinen glantz erhalten. Sonderlich ist der gluͤckliche nahme Friederich demselbigen ein bestaͤndiges merckmahl zuwachsender ho- heiten und sich vermehrender laͤnder gewesen: Ob schon auch ein tapferer Albertus mit den degen seinen nahmen in das buch der ewigkeit als ein Teutscher Achilles angeschrieben, und ein weiser Joachimus durch den nahmen eines Teutschen Nestoris sich verewiget. Viele potentaten wissen auch was ihnen sonst nicht zukoͤm̃t, mit blut und todt draͤuenden schwerdte ihnen zuzueignen: Brandenburg allein, hat meistens unter den friedlichen palmen, seiner gerechtigkeit belohnung, in so erwuͤnschten zu- wachse gefunden. Und aus dem Branden- burgischen gluͤcks-topfe, haben auch andere die fuͤrtreflichstẽ lose gezogen. Rudolph von Habs- burg stamm-vater des maͤchtigsten Oester- reichischen hauses, hat die kaͤyserliche wuͤrde am meisten einen Brandenburgischen Friederich zu dancken, welchem die danckbare nachwelt den nahmen eines edlen beygeleget. Und eben dieser erwarb auf dem Reichs-tage zu Acken, fuͤr sich und seine durchlauchtigste erben das Burggrafthum Nuͤrnberg. Carolus der IIII. hatte es niemand anders zuzuschreiben, daß er den von denen unterschiedenen arten den koͤniglich Boͤhmischen mit dem kaͤyserlichen reichs-apfel vertauschen konte, als einem Brandenburgischen Friedrich, welches er selbst erkannte, wenn er die hoͤchste gewalt der Christenheit bey seiner abwesenheit in dessen haͤnde uͤberlieferte, und dessen wapen durch den besitz vieler staͤdte vergroͤsserte. Ein andrer Friderich stuͤtzte die durch krieg und unruhe er- schuͤtterte krone auf dem haupte Sigismundi, und setzte dafuͤr den churhut seiner Hohenzolle- rischen Familie auf, welcher mit dem Bran- denburgischen scepter vergesellschaftet, koͤni- glichen kronen den rang nunmehro zweiffelhaf- tig machte. Die meisten von den vor-eltern unsers grossen Fr. W. will ich andern anzu- fuͤhren uͤberlassen, denn ich habe bereits dar- gethan, daß er die weisesten und tapfersten printzen Europae, unter selbigen zehle und daß es wahr sey, das adler nur adler zeugen koͤnnen. Nur des durchlaͤuchtigen vaters, des großmuͤ- thigen Georg Wilhelm muß ich erwehnung thun, welcher bey der tauffe, unsers grossen Fr. Wilhelms nicht zugeben wolte, daß dessen hohe pathen ihm das so genannte pathen-geld einbinden solten, um gleichsam zu verstehen zu geben, es wuͤrde derselbe einmahl von keinem andern die federn leihen duͤrfen, seinen adler auszuschmuͤcken. Er war der einzige printz in welchem die tugenden aller durchlaͤuchtigsten vorfahren sich gesamlet und die hofnung so vie- ler laͤnder beruhete. Denn es war nicht noͤ- thig des stili insonderheit. thig daß er geschwister hatte, weil die glor- wuͤrdigsten eltern schon alles in ihm dem gros- sen Teutschen Reich, ia gantz Europae gege- ben hatten. Doch weder die verdienste der el- tern, noch die gluͤckverheissende geburts stun- de ist vermoͤgend, den schaden zu ersetzen, wenn eine verderbte auferziehung die bluͤten der tu- gend in dem blute der iahre ersticket, und Ti- berius ziehet an dem Caligula der stadt Rom eine giftige schlange, und der welt einen unbe- sonnenen Phaͤeton auf. Fridrichs W. hoher geist brauchte zwar nicht, auf den tugend-weg geleitet zu werden, wozu er selbst einen innern trieb fuͤhlete, doch kan ich nicht leugnen, daß die kluge aufsicht, des um seine auferziehung sich hoͤchst verdientmachenden Joh. v. der Burg und dessen geschickte unterweisung, ein merck- liches beygetragen, die in ihm gelegte faͤhigkeit des verstandes vollkommen zu machen, und die herliche begierde zur tugend zu vergroͤssern. Hie- durch wurde er geschickt dem Augusto nachzu- ahmen, und den regiments-stab im 20sten iah- re seines alters, als der großmuͤthige Georg Wilhelm aus der welt gieng, beydes zu ergreif- fen und kluͤglich zu fuͤhren, denn dadurch eroͤf- nete ihm das guͤtige schicksahl die thuͤre, zu ei- ner fast 50 iaͤhrigen regierung. Und hie weiß ich nicht, ob ich erst seinen so weißlich gefuͤhr- ten scepter, oder seinen den feinden er- schrecklichen, freunden aber erfreulichen, degen, oder sein wohlbestelltes fuͤrst- T liches von denen unterschiedenen arten liches hauß und gesegnete ehen soll fuͤrstellig machen. Viele welchen geburt und gluͤck fuͤrstliche huͤte aufsetzet wissen zwar wohl ihre unterthanen zu regieren, allein nicht so wohl ihren feinden einen blitzenden sebel zu zeigen. Andere sind nur zum kriegen gebohren, und sind geschickt den harnisch, nicht aber so wohl die regierungs last zu tragen. Wieder an- dere, koͤnnen so wohl denen feinden als ihren unterthanen gesetze fuͤrschreiben, sind aber in ihren vermaͤhlungen ungluͤcklich, oder koͤnnen ihre reiche mit tuͤchtigen nachfolgern nicht ver- sehen. Allein in unserm theuresten Fr. W. finde ich alles, was zu kluger einrichtung der regierung seiner laͤnder, zu den eigenschaften ei- nes so tapfern als gluͤcklichen feldherrns, und zur ausbreitung seiner durchlauchtigsten Fami- lie kan gerechnet werden. Die gottes-furcht ist die vornehmste, ia die mutter aller regierungs- tugenden, als welche von ihr abstammen, und wer derselben sein hertz zur behausung ange- wiesen, ist dem Cocos- baum gleich, welcher nicht nur mit gruͤnenden blaͤttern, sondern mit nutzbaren fruͤchten, seinen stamm durch das gantze iahr zieret. Und unter den nachfolgern Rudolphi Habspurgici sind dieienigen am gluͤcklichsten, und haben ihnen die meisten sie- geskraͤntze geflochten, welche der gottes-furcht am meisten ergeben gewesen. Unsern gottes- fuͤrchtigen Fr. W. finden wir in denen gehei- ligten wohnungen des hoͤchsten, als einen an- daͤch des stili insonderheit. daͤchtigen und fleißigen zuhoͤrer goͤttlicher wahrheiten. Denn es wird nicht nur unter die tugenden gemeiner leute, sondern auch fuͤrstlicher personen gezehlet, gottes wort mit gebuͤhrender aufmercksamkeit beehren. Und da es nicht nur denen geistlichen seelsorgern zu- koͤmmt, ihr hertz zu einem bet-altar dem hoͤch- sten zu wiedmen, sondern vielmehr gekroͤnten haͤuptern geziemet, fuͤr den gesegneten wohl- stand ihres hauses und unterthanen, mit goͤttli- cher maiestaͤt zu berathschlagen, so erblicken wir unsern Fr. W. nicht nur in seinem bet-zim- mer, sondern auch im felde, als einen andaͤch- tigen beter, und ich zweiffele, ob er mehr durch seinen tapfern arm oder eyfriges gebet die feinde fliehen heissen. Der todt seiner hoͤchst- geliebten gemahlin, seines printzen CarlAemils, auf welchen die frohen unterthanen bereits ihre hofnungs-augen gerichtet hatten, ia seiner andern durchlaͤuchtigsten printzen und prinzes- sinnen, welches solche dinge sind, die auch das hertzhafteste gemuͤthe beugen koͤnnen, werden von ihm mit standhafter gelas- senheit in den willen gottes ertragen. Bezeu- get die wahrhafte feder kluger geschichtschrei- ber vom Alberto dem V. marggrafen zu Bran- denburg, daß man durch sein gantzes leben ihn nicht fluchen oder schweren hoͤren, so wird wer Fr. W. leben beschreiben will, eben dieses von ihm hineinzusetzen nicht vergessen muͤssen. T 2 Man von denen unterschiedenen arten Man lieset nicht minder vom Fr. W. als vom Alberto I. herzog in Preussen daß sie die diener des hoͤchsten in sonderbahren ehren ge- halten. Und hat er zwar nicht 1000. kirchen der Marien zu ehren, wie Jacobus der I. in Arra- gonien, erbauet, und so viel schulen als buch- staben im A B C. wie Carolus M. so hat er doch unzehliche in bluͤhenden stande erhalten und verbessert; Denn es ist eine groͤssere kunst etwas wohlgestiftetes unterhalten, als etwas stiften. ( In omni genere impensarum, pleri- que noua opera fortius auspicantur, quam tuentur perfecta. Colum. Lib. IIII. cap III. ) Die fuͤrstliche gerechtigkeit ist eine tochter der gottesfurcht, und ein stern welcher von dersel- ben angezuͤndet, den boͤsen zum grabe, den lo- bens-wuͤrdigen zu belohnungen leuchtet. Und es scheinet der allerdurchlauchtigste nachfolger und erbe, so wohl der reiche als tugenden Fr. W. habe keine tugend so sehr an seinen durch- lauchtigsten vater zu bewundern gehabt als diese, da er die worte zu seinen koͤniglichen denckspruch erwehlet: Einem ieden das seine. Denn gewiß, ist etwas, welches den ruhm fuͤrstlicher tugenden biß an die sterne zu erhoͤ- hen vermoͤgend ist, so ist es die gerechtigkeit. Sie schencket denen unteꝛthanen die angenehm- ste ruhe, denen veraͤchtern goͤttlicher und mensch- licher ausspruͤche, und ruhmwuͤrdigen ge- muͤthern theilet sie ihre gehoͤrige belohnungen aus, ienen zwar diesteln und dornen diesen palmen des stili insonderheit. palmen und rosen, feinden selbst iaget sie ein Panisches erschuͤttern ein. Was chur-fuͤrst Joh. Georg einer von Fr. W. durchlaͤuchtig- sten ahnen, zu seinem ihn um recht und huͤlffe anflehenden unterthanen sagte: Wenñ du hey- de und Tuͤrcke waͤrest solte dir geholffen wer- den, geschweige da du mein unterthan bist: Das erfuͤllete er in seinen verrichtungen. Fa- bricius der edle Roͤmer, offenbahret dem tap- fern Pyrrho großmuͤtig, wie er eine giftige natter in seinem busen hege, indem ihn sein leib- artzt umbringen wolte, und dieser konte nicht anders, als in diese worte ausbrechen: Jch wolte ehe glauben, daß die sonne von ihrem lauffe, als der tugend-liebende Fabricius von seiner gerechtigkeit abzubringen sey. Ein ge- rechter Fr. W. verachtet nicht minder das an- erbieten eines verraͤtherischen Frantzosen, wel- cher durch die abschlachtung seines feld-herrn des beruͤhmten Turenne, ihm eine fette Heca- tombe zu opfern gedencket, sondern bestraffet auch solches durch uͤberliefferung dieses boͤse- wichts zur gehoͤrigen rache, und er verdienet mehr lobes-erhebungen als der Roͤmische buͤr- germeister. Denn iener will nicht, daß maͤch- tige laͤder ihres koͤniges und unzehliche solda- ten ihres oberhauptes, verraͤtherischer weise be- raubet werden, sondern er vielmehr uͤber einen lebendigen Pyrrhum triumphiren koͤnne, und Fr. W. verlanget auch nicht durch den hinter- listigen todt eines generals, auf welchen bey T 3 wei- von denen unterschiedenen arten weiten nicht so viel beruhete, und dergleichen Fꝛanckreich mehr hatte, seinen sieg zu befoͤrdeꝛn. Nicht nur Arcadius und Honorius, sondern auch Fr. W. sind nicht allein fuͤr sich tugend- haft, sondern lassen auch keinen an ihren hoͤ- fen zu befoͤrderungen und ehren-stellen gelan- gen, der nicht die tugend an statt des adels- briefes aufweisen kan. Und dieses ist eines der vornehmsten kennzeichen, der hohen gaben ei- nes regenten, wenn er tugendhafte diener auf- suchet und erhoͤhet. Titus hielt es vor eine seinen thron stuͤtzende maxime: kein unterthan muͤsse von demselbigen mit betruͤbten gemuͤthe und verduͤsterten gesichte zuruͤck kommen. Maxi- milianus R. K. sagte: die ertzherzoge von Oe- stereich haben mehr durch freygebigkeit erwor- ben, als durch kargheit. Die freundliche gut- thaͤtigkeit und fuͤrstliche milde Fr. W. hat sei- nen landen nicht geschadet, sondern sie viel- mehr bevoͤlckert, die handlungen vergroͤssert, und die manufackturen in solchen stand ge- setzt, darinnen sie allen andern nationen trotz bieten koͤnnen. Die fuͤr der Frantzoͤischen dragoner bekehrung fliehende Hugenotten und in das iaͤmmerlichste elend verbannete Reformirte, finden unter den fluͤgeln des frey- gebigen Brandenburgischen adlers, nicht nur schutz, sondern auch ihre zerstoͤrte tempel, ihre verbrandte wohnungen und ihre geraubte guͤter reichlich und praͤchtig wieder. Und diese so viel 1000 ihrer seyn, muͤssen aufrichtige zeug- des stili insonderheit. zeugnisse abgeben, der ungemeinen liebe und freundlichkeit Fr. W. ob sie wohl selbige nicht so lange geniessen koͤnnen, als die eingebohrnen unterthanen. Ja verhaste feinde muͤssen die angebohrne gnade des huldreichen Fr. W. bewundern, da er an ihnen keine rache uͤbet, ob er sie schon in seinen haͤnden hat. Viele fuͤrsten, ja was sage ich fuͤrsten, die meisten privat-personen, wissen ihre zeit, ich will nicht sagen mit unzulaͤslichen dingen, sondern mit unnuͤtzlichen kleinigkeiten zu verschleudern: Und ein in gantz Griechen-land fuͤr weise ge- haltener Plato, muß in seinem alter die uͤble verschwendung seiner zeit beseufzen. Fr. Wil- helms langes leben, weiß von keiner uͤbelan- gewandten stunde. Misset einer von seinen durchlauchtigsten stamm-vaͤtern, der weise churfuͤrst Johannes, seine tage so ab, daß nicht eine minute vergebens angewandt wird, so thut er es ihm hierinne gleich. Die stun- den des tages, welche ihm von denen unter- redungen mit GOtt und goͤttlichen verrich- tungen uͤbrig bleiben, werden einer preißwuͤr- digen sorge und liebe der unterthanen, denen von unserm grossen Fr. W. hoͤchstgeliebten studiis, der wohlfahrt des gantzen Teutschen Reiches, ja des weiten Europae aufgeopfert. Denn er konte als ein vater, vermehrer, und maͤchtiger beschuͤtzer, von allen angesehen wer- den. Printzen welche gesetz-geber und stadt- halter des hoͤchsten gesetz-gebers in der unter- T 4 welt von denen unterschiedenen arten welt sind, haben zwar nicht noͤthig, ihren fuͤrst- lichen purpur, durch die gesetze einschrencken zu lassen. Doch wenn sie in selbige einen verwege- nen eingriff thun, muß solcher zu einer quelle unzehlicher ungluͤcklicher zufaͤlle werden. Un- ser grosse Fr. W. brauchte es ebenfals nicht ihm gewisse regeln zu stecken: Doch er war ein lebendiges gesetze seinen unterthanen und ein heller spiegel, woraus andere eine fuͤrstli- che auffuͤhrung mit offnen augen lesen solten. Jn seiner residentz wird man keinen altar dem Baccho aufgerichtet finden, und folglich wird ihr die unkeusche Venus keinẽ winckel zueignen duͤrffen. Denn diese beyde haben sich ver- schworen, allezeit mit gesamter hand, die woh- nungen der maͤßigkeit und keuschheit, und die suͤsse ruhe menschlicher gemuͤther zu zerstoͤren. Allein was gewinnet er dadurch sonderbah- res, fuͤr denenienigen, welche ihnen wie den besoffnen Pacuvio fast taͤglich koͤnten zuruf- fen lassen: vixit? dieses, daß ihn die durch maͤßigkeit erhaltene natur, seine jahre, biß an das vom Mose dem sterblichen leben vor- gesetzte ziel, hinanzehlen laͤsset und die ehrlie- bende nach-welt den schimmer seines gantzen allerdurchlauchtigsten hauses, welches sich durch diese tugenden insonderheit von vielen andern unterschieden, in ihm allein kaum gnug- sam bewundern kan. Er konte wie Augustus, als er das 43 jahr seiner hoͤchstloͤblichen regie- rung zehlete, das grosse stuffen jahr, mensch- liches des stili insonderheit. lichen alters ungehindert uͤbersteigen, und in seinem 67 jahre seiner armee sich zu pferde zei- gen. Wie die rosen ihren purpur so wohl, als angenehmen geruch und blaͤtter verlieren, wenn ein ungestuͤmer platz-regen sie uͤberfaͤllet, hingegen allezeit durch einen maͤßigen thau veriuͤngen koͤnnen; also behalten die wangen ihre farbe, die menschliche natur ihre kraͤfte, wenn man solche fuͤr gewaltsamer unmaͤßig- keit bewahret. Die strahlen der sonne sind so durchdringend, und ihre waͤrme so kraͤftig, daß man in allen dingen ihre nutzbare wuͤr- ckung spuͤhret, doch ist eine regenschwangere wolcke gnug, beydes zuverhindern und die erde in kalte schatten zu stellen. Und alle hohe be- gabnisse einer fuͤrstlichen sonne, koͤnnen durch unmaͤßigkeit, in dunckeln flor eingehuͤllet wer- den. Nun verwundere man sich nicht, wenn er das aufmercken der vernuͤnftigen welt, ia verwegner barbaren auf sich und seine tapfern thaten gezogen. Jndem ich seiner anderer hel- den uͤbersteigende verrichtungen mich erinnere, und einen blick in die mit seinen sieges-zeichen bedeckte felder thue, so werde den beruͤhmtesten kuͤnstlern nachahmen, welche nur grosse schlach- ten und begebenheiten, abzuschildern belieben tragen. Sonst wuͤrde es ihnen H. und H. an- wesende nicht an geduld, mir auch nicht an wort und sachen, wohl aber an der zeit fehlen, denn hier fallen uns mit seinen heldenmuͤthi- gen bemuͤhungen, alle hochfuͤrstliche tugenden T 5 unsers von denen unterschiedenen arten unsers grossen Fr. W. in die augen. Die nachkommen haben nicht nur an den muͤntzen ein gedaͤchtniß seiner tapferkeit, auf welchen man ihn: Electorem regibus parem, Achil- lem Germánicum, Patrem castrorum, be- nennet, sondern gantze laͤnder und voͤlcker sind lebendige muͤntzen, in welchen er mit blutigen stahle eben dieses gepraͤget. Das unbaͤndige Pohlen, das rauhe Schwedẽ, das stoltze Franck- reich, die Ottomanische pforte, haben dieses mehr als einmahl erfahren. Denn er gieng nur wieder dieienigen zu felde, welche zugleich seine und des Teutschen Reichs, seines vaterlan- des feinde seyn wolten. Antonini wahlspruch war: Malo seruare ciuem vnum, quam mil- le hostes perdere, und was des grossen Fr. W. sinn hiebey gewesen, koͤnnen wir auff der muͤntze lesen, welche uns ihn in voͤlliger ruͤ- stung mit bekraͤntzten haupte und die- ser umschrifft zeiget: Ob cives serva- tos. Sein allerdurchlaͤuchtigster Herr va- ter uͤberließ ihm das steuerruder der regierung, da gantz Teutschland von den wuͤ- tenden krieges-wellen erbaͤrmlich erschuͤttert und seine laͤnder von unzehlichen feindlichen winden bestrichen wurden, doch so bald es seine tapfere faust ergriffen, konte man sagen: Noli timere nauta caesarem vehis. Es wurde zwar bald nach seiner angetretenen regierung eine ungemeine stille, durch den Westphaͤlischen friedens-schluß, und die Martis soͤhne steckten ihre des stili insonderheit. ihre blutige schwerdter ein. Doch dieser war nicht anders anzusehn, als ein vorbote eines ebenfallß grossen ungewitters, und erschreckli- chen darauf erfolgten krieges. Der ungluͤck- liche Pohlnische Joh. Casimir, haͤtte bey nahe hierinne kron und scepter, land und leute ein- gebuͤsset, als der mit dem Schwedischen loͤwen verbundene Brandenburgische adler, ihn gantz erzuͤrnet anfiel. Die Warschauische felder sind nicht minder als die Catalaunischen be- ruͤhmt worden, weil in diesen ein nichtiger ehr- geitz das commando fuͤhrte und beyde theile einander fast gleich waren: Jn ienem aber der tapfere Fr. W. mit einem geringen volcke, al- len Pohlnischen adel, die groͤsten horden er- grimmter Tartarn, und die wilden trouppen gepanzerter Husaren, auf einmahl vor sich her fliehen sahe. Ein Brandenburgischer muste wie- der 6. feindliche armee kaͤmpfen, denn der un- erschrockene Fr. W. frug niemahls wie starck der feind waͤre, sondern wo er sich aufhielte. Die grosse anzahl der feinde machte den krieg schwer, aber den sieg desto groͤsser und die fruͤch- te desselben desto vollkommener. Er schreckte die Polnische republique also, daß sie ihm die oberherꝛschaft von Preussen freywillig uͤberlies- se. Eine sache, welche sie vordem mit blut und todt, gantz verstockt zu behaupten gewoh- net war. Und ehe er noch seine sieghafte pal- men in oliven kraͤntze verwandeln konte, wiese er einer dem Teutschen Reiche ungetreuen kro- ne, von denen unterschiedenen arten ne, daß Fr. W. nicht nur uͤber fluͤchtige Pohlen, sondern auch sonst fest stehende Schweden triumphiren koͤnne. Er war allezeit bey seiner armee gegenwaͤr- tig, da sonst andere printzen, und nicht un- billich, ihre geheiligte person denen feindlichen kugeln selten bloß geben. Wolte also dem ersten Achilli seines hauses Alberto nichts nachgeben, welcher wie ein grimmiger loͤwe ein- sten durch die feindliche glieder drang und ihre hauptfahne mit diesen worten ergrif: Jn der welt ist kein so ruͤhmlicher ort, da ich meines le- bens ende suchen kan, als hier. Nur thut es Fr. W. mit dem unterscheid, nicht daß er wie iener seine leute von der flucht zum siegen brin- get, sondern damit sein heldenmuth auch uͤber die seinen sich ergiesse, und er selbige zu einer zeit anruͤcken und die feinde fliehen heissen koͤnne. Doch wieder den erb-feind Christliches nah- mens, hat er seine geheiligte person nicht be- muͤhet, denn es war genung, daß er seine waf- fen dem tapfern Schoͤning liehe, fuͤr welche die barbarn eben so wohl flohen, als die verzweif- felten Troianer fuͤr dem Patroclo, welcher dem Achilli seinen panzer und schild abgebor- get. Vereinigte seine hohe gegenwart, seine und des Reichs voͤlcker wieder das hochmuͤthige Franckreich, so war er ein sarder, welcher der naturkuͤndiger bericht zu folge, die furcht ver- treibt. Der staat der vereinigten Niederlaͤn- der, waͤre nimmermehr zu seinen verlohrnen staͤdten des stili insonderheit. staͤdten gelanget, ia haͤtte vielmehr seine ande- re welt Amsterdam uͤber diese hingegeben, wenn nur nicht Fr. W. großmuͤthige gewohn- heit waͤre gewesen, bedraͤngten huͤlfreichbeyzu- springen. Denn Fr. W. bemuͤhungen mach- ten es, daß die in den Niederlanden aufgehende Gallische after-sonne so bald untergehen muste, als sie aufgegangen ware. Hiebey scheu- ete er nicht den unersetzlichen schaden, worinn er seine laͤnder setzen muste, denn er glaubte, daß es besser sey, selbige auf eine kurtze zeit in gefahr lassen, als in langwieriges ungluͤck stuͤrtzen, und dieses letztere waͤre unfehlbar erfolget, wenn er zugegeben haͤtte, daß die um sich greif- fenden Bourbonier seine naͤchste nachbarn wor- den waͤren. Was hat nicht sein eyffer fuͤr Leopoldi thron, und die Teutsche freyheit vor wunder dinge ausgerichtet, wenn er als ein ge- treuer Reichs-patriote, den harnisch wieder eben dies unruhige Franckreich angeleget? Den grossen Ludwig welcher Teutschlande unaufhoͤrlich mit seinen veraͤchtlichen fes- seln drohete, trieb er also in die enge, daß er sich nach fremder potentaten huͤlffe aͤngstiglich umsehen muste. Schweden solte der tapferkeit des grossen Fr. W. zum falle werden, und indem es in die Branden- burgischen laͤnder fiel, dem beaͤngstigten Franckreich huͤlffe schaffen. Allein hier machte der himmel erst recht einen bewundernswuͤrdi- gen anfang die Brandenburgischen waffen zu segnen von denen unterschiedenen arten segnen. Es war als wenn sie erst ietzo be- haupten solten, daß wie die Teutschen unter allen voͤlckern, die Brandenburger unter den Teutschen, welches den Roͤmern schon eine un- streitige wahrheit hieß, also Fr. W. unter seinen Brandenburgern der edelste und tapfer- ste waͤre. (siehe des Herrn von Bessers schrif- ten p. 69) hatte der grosse Fr. W. bißher als ein behutsamer Fabius, die Teutschen sachen am Rheinstrome zu vorigen kraͤften gebracht, so bewieß er nun an der Oder, daß er ein blitzen- der Marcellus sey. Die Schwedische loͤwen- brut hatte ihn kaum gesehen, als er sie geschla- gen. Denn wenn sie geglaubt haͤtten, Fr. W. lebte noch, wuͤrden sie sich nimmermehr, als eine unertraͤgliche last seinen unterthanen auf- gebuͤrdet und den adler in seinen sitz beunruhi- get haben. Fehrbellin wird uns noch ietzo die gegend weisen, welche er mit feindlichen lei- chen besaͤet hat, nachdem er allein mit seiner abgematteten reuterey, das ausgeruhete und in seinem vortheil stehende Schwedische heer, behertzt angegriffen und gluͤcklich geschlagen. Hierauf wurde in dreyen tagen sein land von den feinden gesaͤubert, der krieg in ihr eigen land geweltzet, und in jahres-frist sahe man den besten theil davon in den haͤnden des grossen chur-fuͤrsten. Ein kuͤhner hertzog von Friedland beaͤngstiget Stꝛalsund gantzeꝛ 4 wo- chen lang, und meint es zu erobern, wenn es auch mit ketten am himmel angeheftet waͤre, muß des stili insonderheit. muß aber dennoch beschaͤmt davon ziehen, ein tapfferer Fr. W. braucht nur 24 stunden, so bringt man ihm die schluͤssel entgegen. Ja als der Schwedische Horn das entlegene Preussen beunruhigen will, muß dem tapfern besitzer des- selben, der harte winter eine eißbruͤcke uͤber das grosse meer legen, damit er ohne saͤumniß seine bedraͤngten unterthanen erloͤsen, und seine soldaten auf geschwinden schlitten zu ih- ren sieges kraͤntzen eilen koͤnnen. So weiß der erzuͤrnte himmel unrechtmaͤßigen friedens- bruch zu bestraffen, und hingegen die gerechten waffen kriegerischer printzen zu bekroͤnen. Will man hierauf nach dem verderblichen blut- vergiessen die feindschaft verbannen, und der erden eine angenehme ruhe schencken, so achtet er die belohnung seiner tapferkeit, die mit dem degen eroberte laͤnder nicht, dieselbe gleichfals zu befoͤrdern. Laͤnder welche ihn sonst erblich zu gehoͤrten, und ihn ietzo zum andernmahl als ihren uͤberwinder und besitzer angenommen hatten, waren ihm nicht so angenehm, als die blosse hoffnung dasienige zu erhalten, woruͤ- ber der todt erst sprechen solte, weil er hiedurch die ruhe des Reichs wiederherstellete. Hier be- mercken wir billig die großmuth des grossen Fr. W. mit welcher er erdultet, daß ihn die- ienigen unbilliger weise verliessen, deren wohl- fahrt aus dem verderben zu reissen er seine eigene in die schantze geschlagen. Al- lein der groͤste triumph wird alsdenn bil- lich von denen unterschiedenen arten lich angestellet, wenn man sich selbsten besieget, und dem grossen Fr. W. werden es hierinn wenig gleich, keiner aber zuvorthun koͤnnen. Der erzuͤrnte himmel wolte ihn darum der un- danckbahren welt nicht mehr goͤnnen, sondern zur ruhe bringen, und der 29 April des 1688 jah- res war der tag, da der unsterbliche Fr. W. den chur-hut seinem durchlaͤuchtigsten Fridrich den weisen aufsetzte, und von der hand des hoͤch- sten die himlische krone erlangte. Eben zu ei- ner solchen zeit da das bundbruͤchige Franck- reich den Teutschen boden mit feuer und schwerdt barbarischer weise betrat, und nur durch die Brandenburgischen adler konte ge- schrecket werden. Jch wolte zwar wuͤnschen daß der tag seines todes aus den jahr-buͤchern getilget wuͤrde, allein hierdurch wuͤrde ich der tugend des grossen Fr. W. zu nahe treten, indem er eben denselben mit dem groͤsten siege bezeichnet. Die wegen ihrer erfahrung in der stern-wissenschafft uͤberall beschriene Aegyptier haben geurtheilet, daß die leuchtende sterne im aufgange eine sonderbare vermehrung ih- rer kraͤfte spuͤhreten, hingegen mit ihrem un- tergange licht und glantz verloͤhren. Sie haben hierinnen gewaltig geirret, und dieie- nigen irren noch mehr, welche vermeinen un- ser glorwuͤrdigster Fr. W. habe sein tapferes leben mit keinem großmuͤthigen tode versie- gelt. Er hatte in so viel gewonnenen schlach- ten, die letzte stunden seines lebens ihm zur gnuͤge des stili insonderheit gnuͤge vor augen gestellet, da an seiner seiten die treflichsten leute durch gewaltsame stuͤckkugeln weg, und aus dem lande der lebendigen hin- gerissen worden: Also war ihm dieselbe als ei- ne vorher laͤngst bekanteschantze, leicht zu uͤber- steigen. Denn er leget mit der groͤsten gelas- senheit den fuͤrstlichen purpur ab, uͤberreichet seinem erb-printzen den Brandenburgischẽ scep- ter, theilet ihm den kern vaͤterlicher und fuͤrst- licher erinnerungen mit, und wird also indem er dem tode nachgiebt ein sieger uͤber densel- ben. Darum stirbt er nicht, sondern veraͤn- dert nur seine durchlauchtigste person in dem glorwuͤrdigsten nachfolger. Und die weiß- heit Friderichs des 3. ist allein geschickt, so vielen Brandenburgischen unterthanen, wenn sie uͤber den hoͤchstseeligsten abschied des ihnen unentbehrlichen Fr. W. in thraͤnen zerfliessen wollen, die augen abzutrocknen. Denn es bleibt doch wohl fest gestellet, wenn der mund der wahrheit uns versichert, wo ein tugend- hafter sohn des vaters stelle ersetze, da empfin- de man daß erblassen desselben nicht. Der grosse Fr. W. haͤtte keinen tuͤchtigern erben sei- nen vermehrten laͤndern geben koͤnnen, als, denienigen der sich bereits zum besitzer aller vaͤterlichen tugenden gemacht hatte. Es wird auch deßwegen nicht nur wer ein Brandenbur- gisch, sondern auch Teutsch gesinntes gemuͤthe heget, aus schuldigster danckbarkeit ehren-tem- pel dem klugen Fr. W. aufzurichten sich bear- U beiten. von denen unterschiedenen arten beiten. Nimmermehr wuͤrde das weitlaͤufti- ge Spanien, in dessen reichen die sonne nie- mahls untergehet, nach so vielen stroͤmen ver- gossenen bluts endlich doch unter die sclaverey der Frantzoͤischen lilien gerathen seyn, wenn es seinem Carolo nicht an erben gemangelt haͤtte. Brandenburg siehet seinen thron mit vielen erben unterstuͤtzet, und hat nichts von diesem harten ungluͤcke gekostet. Der unsterb- liche Fr. W. ist auch hierinn groß und begluͤckt. Er stellet zur sicherheit seiner laͤnder, aus der ersten ehe mit einer schoͤnen Louisa Henrietta Oranischen und koͤniglichen gebluͤts 6 zeugen seiner durchlaͤuchtigsten ehelichen verbindung dar, aus der andern mit einer behertzten und ihren grossen Fr. W. auff dem Pommerischen kriegs-platz begleitenden Dorothea 7. Cedern muͤssen nur mit cedern vergesellschaftet seyn und das schaͤtzbare gold laͤst sich mit veraͤchtli- chen bley nicht vermischen, man kan also leicht abnehmen was dieses vor himmlische Princes- sinnen gewesen, welche das immer zu siegen ge- wohnte hertz des grossen Fr. W. besieget, und wie wohl dem lande bey diesen fruchtbaren landes-muͤttern gerathẽ Der grosse nachfolger des grossen Fr. W. ist aus ersterer ehe entspros- sen. Jn seiner geseegneten regierung hat er dasienige, was die Aegyptier unter die sterne versetzt, und der kluge Friedrich der andere wohlbedaͤchtig ausgeschlagen, seinem chur-hau- se zuwege gebracht, ich nenne kron und scepter. Und des stili insonderheit. Und Preussen konte als denn erst ungehindert anfangen mit kronen-golde zu prangen, nach- dem ihm der sieghafte Fr. W. den weg durch die eroberte souuerainitaͤt hiezu gebahnet. Frie- drich der weise erster koͤnig der christlichen Preussen, ist nicht minder wie sein durchlauch- tigster herr vater gluͤcklich und weiß wohl zu regieren. Er eꝛhaͤlt in ruhigem frieden duꝛch seine klugheit, was iener durch seine kriege und tap- ferkeit bekraͤntzet, nur daß er im anfang seiner regierung, den grossen Ludwigen zwinget das geraubte Bonn und Kaͤysers-werth und andere vestungen auszulieffern. Unschifbare fluͤsse muͤssen sich, durch seine klugheit gezwungen, ietzo beschiffen lassen. Und das gantze Bran- denburgische land wuͤrde noch ietzo sein abster- ben und auch in ihm den grossen Fr. W. be- seuftzen, wenn er ihnen nicht einen andern Friedrich Wilhelm hinterlassen, welcher die klugheit seines großmaͤchtigen vaters und die tapferkeit seines allerdurchlauchtigsten groß-vaters besitzet. Er ist wie der grosse Fr. W. zum kriegen, also auch zum siegen ge- bohren, und faͤnget bereits an auf eben den feldern seine sieges-zeichen aufzustecken, da die saͤulen seines durchlaͤuchtigsten herrn groß-va- ters noch gantz unversehrt, wie neuaufgerich- tet stehen. Er suchet auch hierin den ruhm des unerschrockenen Fr. W. und die nachwelt wird nicht minder ihn, als seinen durchlaͤuch- tigsten hln. groß-vater, mit unsterblichem an- U 2 dencken von denen unterschiedenen arten dencken zu verehren wissen. Dieienigen wel- che von dem Hercules abstammen wolten, wur- den nicht vor aͤcht erkannt, wenn sie nicht hertz- haft waren, und die Brandenburgische adler zeugen nur ihres gleichen an tapferkeit. Hat man unter seinen durchlaͤuchtigsten vorfahren an Fr. den ersten einen sieghaften, an Fr. den andern einen eisernen an Alberto einen Achil- lem und Ulyssem, an Joachim den I. einen Nestor, an Joachim den andern einen Hector und an Fr. W. den grossen alles dieses beysam- men, so wird die nachwelt erfahꝛen, daß der him- elmit seinem nahmen, auch seinen geist auf des- sengroßmaͤchtigsten enckel geleget habe. Rief- fen die Roͤmer ihren neuerwehlten kaͤysern zu: is felicior Augusto melior Traiano, ob sie wohl wusten, daß es allen vermuthen nach kei- ner von ihren nachfolgern diesen beyden gleich thun koͤnne: So schreyet dem enckel des gros- sen Fr. W. und nachfolger Ftiedrichs des weisen, nicht der Brandenburgische unterthan allein, sondern gantz Teutschland zu: Sey gluͤcklicher und sieghafter wie der grosse Fr. W. sey besser denn Fr. der weise. Seiner Maiestaͤt allerdurchlaͤuchtigste und bewundernswuͤrdige gemahlin Sophia Dorothea, besitzt die voll- kommenheiten ihrer allerdurchlauchtigsten schwieger mutter der schoͤnẽ Sophia Charlotte gemahlin Friedrichs des I. Koͤnigs in Preussen, und den muth der durchlaͤuchtigsten Dorothea gemahlin des grossen Fr. W. Billich ist der in- bruͤn- des stili insonderheit. bruͤnstige wunsch eines Bꝛandenburgischen her- tzens, daß sie beyder nahmen zu gluͤcklicher vor- bedeutung nicht ohne ursach tragen moͤge. Sie wird bereits wie eine andere Sophie Char- lotte bewundert, da sie eines koͤniges tochter, eines koͤniges gemahlin und eines ob wohl zu- kuͤnftigen koͤnigs mutter ist, und die zeit-regi- ster werden sie kuͤnftig-hin, als eine andere Do- rothea und fruchtbare landes-mutter bemer- cken. Auf den guͤtiger himmel, hast du zum trost der Preußischen provinzen den verlust des grossen Fr. Wilhelms und weisen Friedrichs reichlich ersetzet, so fahre fort zu erweisen, daß du das Brandenburgische hauß zum bestaͤndi- gen seegen gesetzet habest. Kroͤne die tap- fere und fuͤr die ruhe des vaterlandes, wieder einen unruhigen koͤnig streitende faust, mit sieg- haften lorbern und endlich erwuͤnschten frie- dens-palmen. Seegne seine koͤnigliche re- gierung mit bestaͤndigem gluͤck seine allerdurch- laͤuchtigste familie mit unveꝛaͤnderlichen wachs- thum und die menge seiner unterthanen mit dem schatz geistlicher und leiblicher guͤter. So werden diese des Saturni guͤldne zeiten erle- ben, die studia den waffen zu trotz bluͤhen, und unser hochgeliebtes vaterland, ia die ruhe von gantz Europa einen maͤchtigen schutz-enge l an ihm haben. Sie koͤnnen H. und H. an- wesende, was meine muͤde zunge von dem lobe seines durchlauchtigsten groß-vaters vergessen, selbsten an ihm erblicken, denn er ist ein lebendi- U 3 ger von denen unterschiedenen arten ger abriß des grossen, weil die welt stehet in unverwelckten andencken lebenden und aller- glorwuͤrdigsten Friedrich Wilhelms. §. 5. Der stilus theoreticus und patheticus, richtet sein absehen ebenfalls auf die beschaf- fenheit des obiecti. Jst das obiectum bloß theoretisch und nur auf die uͤberzeugung und den unterricht des verstandes zu disponiren, so hat man auch nur auf den adaͤquaten deutli- chen ausdruck, und die natuͤrliche eigenschaften des stili zu sehen, solches wird der theoretische stilus seyn, welcher mit dem stilo humili meh- rentheils einerley. Jst das obiectum eine sa- che die den willen angeht, muß auch der stilus mit tropis und figuren, nach beschaffenheit des affects, nachdruͤcklicher gemacht werden, daher heist er nachgehends patheticus, und ist mehrentheils zugleich mediocris, oder sublimis. Die heftigsten affecten, als, zorn, liebe, freude, traurigkeit, unterscheiden ihn am meisten, dar- nach auch alle seine theile zu disponiren sind, uͤbrigens braucht er keine besondere regeln. §. 6. Der unterschied des obiecti, macht wiederum einen unterschied unter den stilum simplicem und eruditum, bey ienem ist es sinn- lich, bey diesem abstract. Der stilus simplex hat in so fern er nur von sinnlichen ob- iectis handelt, nichts besonders, ingleichen der gelehrte stilus uͤberhaupt. Jn so fern aber dieser ins besondere auf Theologische materien appliciret wird, ist es noͤthig daß alle seine thei- le des stili insonderheit. le etwas ernsthaftiges und ansehnliches an sich haben, auf der catheder richtet er sich nach dem gelehrten gebrauch, auf der cantzel ent- lehnt er seine worte und redens-arten aus der bibel, nimt auch daher alle seine argumenta, kan sonst bald theoretisch, bald pathetisch, bald humilis, bald mediocris, bald sublimis seyn. §. 7. Jn so fern er auf Juristische materien appliciret wird, ist er entweder im iure privato oder publico gebraͤuchlich, und also entweder bloß unter rechtsgelehrten, oder unter fuͤrsten und rechtsgelehrten, oder unter fuͤrsten oder sonverains allein, in dem ersten fall heist er ein Juristischer stilus, der im foro recipiret, in dem andern faͤllen aber der stilus curiaͤ, cantzley-sti- lus, cammerstilus, stilus Juris publici. Er druckt sein obiectum durch viele kunst-woͤrter, nachdruͤckliche beywoͤrter und besondere for- muln aus, construiret auf eine von den ordent- lichen constructionibus abgehende art, conne- ctiret durch ausgedruckte connexiones mit be- sondern particuln und wird am besten aus dem gebrauch selbst gelernet. S. Kemmerich l. c. p. 1049. 1058. Hiezu dienen Barthii Hodegeta forensis, Strykii vsus moder- nus, Rohrs haußhaltungs recht, Volckmanns notatiaͤt-kunst ed. Beyeri; Menantes briefe da er hinten aus des seel. D. Rivini collegio MSS. die contracte ꝛc. angehenget. Herr D. Eckhardts Actiones forenses, alle die collegia practica geschrieben, vielleicht haben wir hier von Herr D. Rothern noch etwas gutes zu hof- fen, zumahl was die neue Saͤchsische proceß-ord- U 4 nung von denen unterschiedenen arten nung anbetrift, ingleichen von Herrn D. Glafey, von welchen man mir referiret, daß er an einem wercke de stilo publico arbeite, davon freylich et- was vollkommenes zu vermuthen. §. 8. Jn sofern er auf Medicinische, Phi- losophische und Mathematische materien ap- pliciret wird, hat er wiederum nichts beson- ders, auffer daß bey einem Medicinischen obie- cto die kunstwoͤrter den stilum mercklich veraͤn- dern, und da alles wahrscheinlich ist, was man von dieser materie fuͤrtraͤgt, so ist insonderheit bey denen daraus gezogenen folgerungen, in gewissen faͤllen, nichts als unstreitig auszudru- cken. Bey dem Philosophischen, in so fern er nur Logicalische, und Moralische lehrsaͤtze proponiret, hat man sich nach dem gelehrten gebrauch zu richten, und hauptsaͤchlich auf die deutlichkeit und adaͤquaten ausdruck zu sehen, dem alle andere eigenschaften weichen muͤssen. Jn der Mathematick ist gleich- falls bey dem stilo die deutlichkeit und ordnung das fuͤrnehmste requisitum. Solches zu erinnern giebt mir ein gewisser casus anlaß, da ein Medicus bey einem todtgefunde- nen kinde, seine gehabten observationes also fuͤr- brachte, daß man bereits der mutter von kopf- abhauen fuͤrschwatzte, da die relation des Me- dici, so viel gab, als ob sie das kind umgebracht, nachgehends da ein anderer Medicus, voneb en diesem obiecto seine observationes einschickte, schaͤmte man sich so gar des angestellten proces- ses, daß man die mutter heimlich dimittirte. Al- so ist es eine gefaͤhrliche sache, wann die Medici de lethalitate vulnerum ihre urtheile stellen. b ) des stili insonderheit. Siehe Hederich l. c. p. 559. Lami l. c. cap. XV. Man findet dergleichen stilum schoͤn in Thoma- sü schriften, im Gracian des Herrn D. August. Friedr. Muͤllers, in Schurtzfleischens, Cella- rii disputationibus, ꝛc. Er kommt auch meist mit dem stilo humili und theoretico uͤberein. Siehe Lami l. c. cap. XV. Man ruͤhmt hier Herr Wolffens Mathematick, welche was die deut- lichkeit, ordnung und andere gute requisita bey diesem stilo anbetrift, leicht ein vollkommenes muster seyn kan. Sonst waͤre zu wuͤnschen, daß dieienigen, welche in der h. schrift die Mathema- tischen sachen, z. e. den tempelbau, die ausmes- sung der staͤdte, des tempels, ꝛc. uͤbersetzt, theils der Mathematick so vollkommen erfahren gewe- fen, theils auch der Hebraͤischen sprache, in der vollkommenheit, als es zu einer tuͤchtigen uͤberse- tzung noͤthig. §. 9. Endlich ist der stilus Historicus, we- gen seines obiecti hieherzuziehen. Ausser de- nen pflichten, welche einem Historico fuͤr an- dern scribenten und rednern obliegen, daß er nemlich die wahrheit ohne affecten und par- theylichkeit schreibe, daß er gnugsame und si- chere nachrichten habe, daß er die Historische wahrscheinlichkeit wohl verstehe, so ist es was seinen stilum anbetrift noͤthig, daß er deutlich und ordentlich die sache fuͤrtrage, ohne grosse weitlaͤuftigkeit und affectation, daß er sorgfaͤl- tig die umstaͤnde, welche zu besserer einsicht in die absichten der agirenden personen dienen, mit ausdruͤcke, welches durch scharfsinnige ur- theile und meditationes geschehen kan, daß er also lieber im stilo humili oder zum hoͤchsten U 5 im von denen unterschiedenen arten im mediocri, als sublimi, lieber im stilo theore- tico als pathetico schreibe, sonst einen fliessen- den numerum und nette connexiones anbrin- ge. S. Hievon Lami l. c. cap. XIIII. Hederich l. c. p. 557. Kemmerich l. c. p. 1052. Schefferum l. c. p. 15. Caspar Scioppii Diss. de stilo Historico, welche mit seiner Infamia Famiani edirt Amster- dam 1662. Grossers Isagoge stili P. spec. cap. a. §. 2. \&c. Sonst hat man den historischen sti - lum im Nepote , Velleio , Sallustio , Justino , J. Cae- sare, \&c. Diodoro Siculo, Dionysio Halicarnas- saeo \&c. im Pufendorf, Huͤbner, dem leben Leopoldi, der Einleitung zur Roͤmisch-Teut- schen Historie, der Europaͤischen Fama, ia als der Herr S. J. die Leipziger zeitungen schrieb, rechnete man sie auch hieher, ꝛc. §. 10. Jn ansehung der besondern einfaͤlle und gedancken welche man bey dem obiecto hat, oder vielmehr in ansehung des verstandes welcher die gedancken herfuͤr bringet, ist der sti- lus entweder iudiciosus oder ingeniosus oder memorialis. Bey dem iudicioso und memo- riali ist nichts besonders zu erinnern, indem billich alle arten von stilis, vom iudicio des verfassers und dem guten gedaͤchtnis desselben proben ablegen solten: Der ingeniosus aber wird, nach den unterschiedenen absichten des der ihn gebrauchet, bald argutus, bald sa- tyrisch, bald poetisch, bald laͤcherlich, von wel- chen etwas weniges zu gedencken. S. oben cap. 1. §. 11. not. a. Jnzwischen ist doch gewiß, daß ie genauer man die guten eigenschaf- ten des stili anbringet, und noch vielmehr, ie sorg- des stili insonderheit. sorgfaͤltiger man sich bemuͤhet scharsinnig zu ge- dencken und buͤndig zu schliessen, ie iudicioͤsẽr wird der stilus. Jst bey dem stilo nichts, als viel memorie, wenig iudicium und ingenium zu bemercken, da hat man ursach ihn zu verbessern. §. 11. Der stilus argutus druckt alles nach- sinnlich aus, verbindet zu dem ende vermit- telst einer fertigkeit des ingenii, durch eine artige tour, sachen, welche entweder garnicht oder. sehr wenig zusammen zu gehoͤren scheinen, und gruͤndet, sich uͤberhaupt auf die argu- menta illustrantia, als meditationes, ex- empla, comparata, disparata und opposita, bedienet sich dabey der figuren und troporum und fasset alles kurtz mit ar- tigen epithetis, in einen kurtzen unmerum zu- sammen, connectiret meist realiter, muß dannenhero nach denen cautelen, so bey den ar- gumentis illustrantibus gegeben worden, und nach denen eigenschaften eines guten stili uͤberhaupt beurtheilet werden. S. Masenii artem nouam argutiarum, Coͤlln 1660. 12. Weisii diss. de elegantiis realibus seu do orationum flosculis an. 1685. Eiusdem Instit. Ora- tor. L. II. C. IIII. Eiusdem Poësis hodiernorum Politicorum seu, de argutis inscriptionibus Weis- senfels 1678. 8. Bouhours dans la maniere de bien penser dans les ouurages d’esprit, und Inge- nieuses pensees des anciens \& modernes. Ha- milton l. c. p. 58. Morhofii disciplina argu- tiarum 1693. 12. conf. Eiusdem Polyhist. I. VI. III. 8. sqq. Hederich l. c. p. 609. sqq. Es wird sonst der stilus argutus mehr in inscriptio- nibus gebrauchr, und mit dem stilo sublimi ver- bunden, als anderwerts, wiewohl er doch nicht zu von denen unterschiedenen arten zu verwerfen. wann man ihn als eine wuͤrtze gebraucht, den stilum beliebt und eine gesell- schaft angenehme zu machen, ia es schreiben Tacitus, Seneca, P l inius ꝛc. mehrentheils im stilo arguto, im Teutschen: Riemer, D. Hein- rich Muͤller in seinen Erquick-stunden, der Cabinetprediger ꝛc. die epigrammata ꝛc. Wer also diese nicht besitzet, thut wohl wann er sich mit dem stilo arguto nicht verwirret, denn man kan zur noth ihn wohl entbehren. S. Hln. Langens E 3 O. p. 240. P. I. sqq. S. oben P. l. cap. 4. §. 10. Man leget dadurch einer sache gantz fremde ursachen wuͤrckungen und eigenschaften bey z. e. T r eu und glaube waͤhren am langsten/ denn sie werden am we- nigsten gebraucht: Jener alte meinte er koͤn- nebesser sehn, mehr tragen, und babe mehr zu befeblen, als in seiner iugend, denn einmahl kaͤme ihm alles doppelt fuͤr das gesicht, her- nach muͤsse er mehr leiden und enolich muͤsse er seinen leuten eine sa ch e zehnmahl befehlen, ehe sie geschehe: Sturmius wurde von Aug- spnrg an Carolum V. geschickt, rechenschaft zu geben, warum die stadt unser lieben frauen bruͤder so uͤbel tractiret, und gab diese antwort: So lange sie anser lieben frauen bruͤder gewe- sen, habe man sie gerne gesehen, aber da sie haͤtten unser lieben frauen maͤnner werden wollen, waͤre es zu arg worden: Wenn man den narren statuen setzt, da wird seiner klug- heit auch gedacht werden: Mr. Windbeutel traͤgt eine schoͤne perruque, will damit die leu- te luͤgen straffen, wenn sie sprechen, es sey kein gutes haar an ihm: Publicola hat eine rechte f r omme frau, denn sie feyert alle woche sieben feyertage: Er ist wie das gluͤck das ihn erho- ben, denn er sucht nur den narren fortzuhel- fen: Das frauenzimmer will nicht wissen, was des stili insonderheit. was es mit einem manne machen solle, und will doch lieber einen iungen als einen alten haben: Jener wuͤnschte, daß alle hanrey er- sauffen moͤchten, seine frau versetzte, so wuͤrde sie auch eine trauer kriegen: ꝛc Diese werden nur mit allusionibus angebracht, z. e. Jetzo ist das frauenzimmer manchmahl kluͤger als zu Potiphars zeiten, sie greiffen nicht nach den kleidern, sondern nach den leib: Auf dem Colloquio zu Regenspurg sagte Gretser ein Jesuite, zum Cornelio Martini: Was macht denn Saul unter den propheten? O, antwortete Martini, er sucht des vaters esel: David und Jonathan haben wenig, Joah und Judas viel ihres gleichen hinter sich ge- lassen: Dieser held hat sich bald als einen be- hutsamen Fabium bald als einen blitzenden Marcellum und Julium Casarem gewiesen. ꝛc. Hieher gehoͤren alle similia wenn sie kurtz ange- bracht werden, z. e. Jener sagte von einem frau- enzimmer, das sich sehr entbloͤsset hatte, es mache es wie die kaufleute, welche die verlegnen wahren forne an im laden legten: Ein andrer sagte von einer printzeßin, als sie in einem wald kommen, da es nie licht gewesen, sey es alsobald tag worden, ꝛc. Dahin gehoͤren allerhand wortspiele gegenein anderhaltung verschiedener obiectorum: z. e. Richelieu grifden leuten nach den koͤpfen Mazarin nach den hertzen: Ludwig der XI. Koͤnig in Franckreich wolte einen Abt absetzen, dieser sagte: er babe 4 iahr zugebracht ehe er A B ( Abbe ) gelernet muͤsse eben so viel zeit haben, ehe er CD ( cede ) lernen solte, ꝛc. Z. e. Er ist ein kluger narre: ein ungelebr- ter gelehrter: Er ist tugendhaft wenn es ei n laster ist: Ein hofmann ohne klugheit: Chri stus von denen unterschiedenen arten stus und Belial bemuͤheu sich nach den seelen der menschen, iener daß er sie seelig, dieser daß er sie verdammt mache: Die auftichtig- keit duldet keine falschheit und die falschheit keine aufrichtigkeit: Er ist from aber nicht tugendhaft: Weißheit und thorheit muͤssen von uns erkannt werden, ꝛc. S. cap. I.§. 17. P. 2. §. 19. Die kuͤrtze ist dahey am angehmsten, dannenhe- ro sind keine weitlaͤufftige beschreibungen loci communes, erklaͤrungen und dergleichen mit ein- zumischen. Also muͤssen sie nicht dunckel, gar zu haͤuffig, gar zu weit hergeholt, ꝛc. seyn s. oben P. I. cap. 4. §. 21. ꝛc. Man muß die beschaffenheit des obiecti und alle eigenschaften des stili uͤberhaupt dabey zum grunde legen. s. P. 2. Cap. 2. Doch es ist besser in gantzen exempeln zu sehen, worinn der stilus argutus bestehe, als in vielen regeln, und will ich hier ein paar inscriptiones zu dem ende commu- niciren, davon die erste einen fuͤrnehmen die an- dere einen eyfrigen auctorem gehabt. Jene lautet also: Denck-mahl uͤber die grab-staͤte, der nimmer vergraben zuseyn wuͤrdigen Frauen, Frauen Rahel verwittibten Jaͤgerin, gebornen Stegerin, der verstorbenen zum ruhme, den lebenden zum vorb de, den verwandten zur schmertz-stillung, sich selbst zur vergnuͤgung seiner schuldigkeit, aus ungefaͤlschtem mitle i den den tag ihrer beerdigung, den des stili insonderheit. den 8. julii 1679. aufgerichtet von J. B. Wer hier voruͤber gehet, gehe zuvor in sich. Er verlasse dis grab, mit verlassung der menschlichkeit. Er lerne von einer verstorbenen/ was keine lebende lehren koͤnnen: die vergaͤngligkeit des lebens, in dem tode der vergaͤnglichen. denn die leichen sind hierin viel treuere lehr-meister als alle welt-weisen. die vergaͤngligkeit nennen wir zwar, aber wir kennen nicht ihre behaͤndigkeit. wir hassen sie in dem gegenwaͤrtigen, und lassen sie doch in dem zukuͤnftigen nicht. denn wir glauben ohne furcht, und fuͤrchten ohne glauben: daß dieses schoß-kind der menschen seine eigene mutter toͤdte. das leben so wir lieben, uͤben wir nicht recht. ist es ein traum? so ist der schlaf die zeit, und wir traͤumen weil wir schlafen: ist es eine fabel? so betruͤgen wir uns auch. der nebel, den es mit verkehrten buchstaben ausdruͤckt, blendet das gesichte, so lange wir zusehen. aber die sterbenden oͤfnen uns die augen, wenn wir sie ihnen zudrucken. was das leben sey, erkennen wir aus den todten, gruͤften. suchtest du wohl Pilgram, unter diesem leblosen marmor, das muster weiblichen geschlechts, einen adler von adlern gezeuget, die von denen unterschiedenen arten die gebohrne STEGERJN, und verehligte JaͤGERJN? mit deiner verwunderung findest du hier: eine RAHEL dem namen, ein schaaf der that und deutung nach. eine tochter Jeptha den eltern, eine Paulina dem eh-manne, eine Cornelia den kindern, eine gluͤckseligkeit den freunden. in schoͤnheit eine Helena; in großmuͤthigkeit eine Debora; in klugheit eine Penelope; in gednld eine Susanna; in Gottesfurcht eine Judith. mit kurtzem: eine vollkommene unter der menge der unvollkom̃enen; ein engel unter menschen die zwar auch ihre menschlichkeiten, wie die sonne mackeln, und der mond ungleichheiten gehabt; aber sonder ihre verstellung. die dunckele schattirungen machen die guͤte eines kunst- gemaͤhldes nur so viel kentlicher. hier sind ihre gaben verstecket. und ihre leiche lehret dich: fuͤr der vergaͤngligkeit ist nichts unvergaͤngliches. fuͤr der unbestaͤndigkeit nichts unbestaͤndiges. was ist nun schoͤnheit? ein apfel von Sodom, der seine asche in sich naͤhrt. eine frucht dem wurm-stiche der zeit, wie der kuͤrbs Jonas unterworffen. eine blume, die auf uns selbst erstirbt, und den leib zur baare brauchet. was ist die gluͤckseligkeit der geburt und guͤter? die hohen sand-berge verstiebet der wind am ehsten. Prometheus hat allen grund-zeug seiner gebildeten menschen mit zehren angefeuchtet. die perlen selbst sind thraͤnen der erzuͤrnten see; die des stili insonderheit. die rubinen? geronnene bluts-tropfen. die erde kan auch, von ein scharrung der erden, uns erde nicht loßkauffen. klugheit, großmuͤthigkeit, gedult, gottesfurcht, und alle tugenden sind zwar waffen fuͤr dem ewigen, nicht aber dem zeitlichen tode. der duͤrre menschen-wuͤrger hat kein empfinden. sein ohr kein gehoͤr; sein auge kein gesicht; sein hertze kein mitleiden. die alles einaͤschernde eitelkeit laͤst sich durch keine liebliche lippen erbitten. o elend! o unerbitliches verhaͤngniß! was heist nun leben? in steter gefahr des todes schweben. kaͤyser Justinus fraget nach der stunde des tages, und beschleust die letzte seines lebens. eine STEGERJN fehlet ihres steges nicht, und faͤllt doch von demselben. sie verbluͤbet mit bluͤhenden jahren und erblast mit purpurnen wangen. lerne denn mein pilgram an diesem tode sterben. An diesem falle keiner jugend trauen. wer wird bleiben wenn solche vergehen? die tausend geschicklichkeiten begreiffende JaͤGERJN hat zur grabe-schrifft: ich bin erjagt. der tod ist der jaͤger, die kranckheit das netze, das wild sie selbst. von ihrer lebhaftigkeit ist nichts mehr uͤbrig. was sie sie gewest, ist nun nicht mehr. die eltern haben ihren trost; die verwandten ihr verlangen: die freunde ihre vergnuͤgung; die feinde ihre aufmunterung; Leipzig aus seiner gemeine was ungemeines, aus wenigem ein vieles verlohren. kroͤnen nicht alle sie mit diesem nach-ruhm? X ein von denen unterschiedenen arten ein mensch hat goͤnstige und mißgoͤnstige. So wisse zur nachricht: daß der fpiegel der welt, sich dem spiegel der Smirne tempel vergleiche, welcher die schoͤnen leute garstig zeiget. sie war wie das Parrhasische gemaͤhlde, von welchen man mehr kunst durch den verstand be- greiffen muste, als den augen der unverstaͤndigen gemahlet war. glaube den unpartheyischen, und betruͤge dich in einer warhafften sache nicht. waͤre dir vergunt: der entseelten gebeine vor ihrer vermoderung zu beschauen, so wuͤrdest du auch aus der abgelegten leibes schale schliessen lernen, was die huͤlsen vor einen kern gehabt. denn solche todten sind wie die mohnen-knuͤpfel, welche wenn sie ihre blaͤtter verlieren, dennoch die krone behalten. presset dir dieses zehren aus, so weine bitterlich. setze dich mit der Ceres eine zeitlang auff den stein, darauff niemand lachen koͤnnen. die asche tugendhaffter weiber, verdienet auch thraͤnen der helden, wie Sisigambens des grossen Alexanders. aber beschwere den seligen leichnam mit keiner uͤbermasse. wir haben sie verlohren doch nicht auff ewig. ihr schmertzhaffter tod, fuͤhret sie zur suͤßigkeit des Lebens. die sonne ist am kaͤltsten bey ihrem aufgange die Persischen koͤnige trincken bey antretung ihrer regierung einen trunck sauren milchs. wenn du desfals der verstorbenen zum an- gedencken, und ihrem geschlechte zu ehren, den leichenstein, mit deiner besserung, mitleidend genetzet hastꝛ so des stili insonderheit. so troͤstet dich die vernunfft mit dreyen worten: Nicht zu viel Die andere istLateinisch, (welche sprache we- gen der haͤuffigen wortspiele die man darinn anbringen und weil man die gedancken kurtz ausdrucken kan, gar geschickt ist zum stilo argu- to) und auf die praͤadamiten gemacht, wird vom Seldeno in otiis theologicisp. 70. aus des Dieterici antiquitatibus biblicis angefuͤh- ret: Siste viator gradum \& hic quære: quo patre? phantaso. qua matre? moria. ubi natus? in cerebro. Non ut Minerva Jouis sed ut Morpheus somni. Qua nutrice? vanitate. Quantus tempore? aeuiternus o pinione. Sed revera vix quinque lustra egressus. Quid rerum gessit in mundo? Risit. sugillauit. Errores abortiuit. Cucurbitas pinxit. Ventos venatus est. Quid sustinuit? mire miras fictiones, imputationes, refractiones. Si vos ossilegi nihil aliquando invenietis, ne mir emini. Qui sepultns est hic praeadamita Ουδ . Weil ich einmahl uͤber die inseriptiones ge- rathen bin, will ich annoch folgende aus meiner geringen sammlung anfuͤhren: X 2 I. Als von denen unterschiedenen arten I. Als die Engellaͤnder mit Franckceich anno 1713. einen particulier-frieden schlossen, ver- fertigte ein Oesterreichisch-gesinneter folgen- des: Scire velim, quid fuerint, quid sint Angli? Angli Germanorum olim fuerunt Angeli: Lemures enim Gallicos exSueuorum aedibus expulerunt: Suesque simul Bauaricos a lemuribus his simul obsessos, (multis haud dubie in Danubium præcipitatis) ex Sueuorum agris. Austriacorum \& Batauorum spiritus fuere familiares. Omnium arcanorum principes arbitri. Genii fideles Caroli, quem feliciter deportarunt in sinum Barcinonis. Angli deniqne quotiescunque cum hoste congressi sunt, semper egerunt angelos percussores, vastatores, depopulatores, Primo mane, die medio, primo vespere, nocte concubia, \& mari \& terra. Hostibus terrori fuere, perniciei, molestiae, tormento. Boni itaque fuere, boni multis iuste dicti sunt tempe- statibus angeli, Angli, pro meliori acriter stantes caussa, foedus, quod sanxerant, sancte colentes, bonitatemque eam, iusto hoc bello comprobatam, quam saepissime, firmiter retenturos esse, putauimus, \& in bono iam ita confirmatos credidimus Anglos, vt excidere prorsus non possint. Putauimus, credidimus, \& heu! falso! Angli enim heu! nunc foedifragi facti angeli. principio foederis cadem qua foederati ceteri inte- des stili insonderheit integritate, seueritate, iustitia, Eademque fidei constantia, zelique probi obtestatione ad Caesarem conuersi, a Caesare \& caesarianis subdole nunc auersi, hostium amici, amicorum hostes clancularii facti sunt, Nam qui nobiscum non sunt, contra nos sunt. Angli, angeli tam boni olim, tam eandidi, tam niuei, quam mali nunc sunt, quam nigri, quam atri, quam pieei! Angli perfide a foederatis foederisque sanctitate digressi, in grande vitium lapsi. Paucis: angeli hi Callorum iam nuno suecubi sunt in casses Gallorum illapsi. Digni qui semper sint. Digni, qui olim in tyrrannidis Gallicae abyssum praecipitentur \& concludantur, Sed quoniam dixisti a bonitate sua defecisse Anglos. quae caussa fuerit defectionis, quaeso refer? Res digna relatu: audi, sile! Angeli mali olim feminam, hio, femina Anglos a bonitate abstraxit: Vnde vero hoc ipsum probas? Vtinam nequeam! Sed in hune maxime modum clamitat totus orbis Austriacus, Anna in veritate non stetit, Anna in veritate non stante, ex angelis denuo facti daemones, cacodaemones, non in coelo, sed in orbe, sed in Anglia! At manum de tabula. II. Ohngefaͤhr anno 1694. kame folgendes auf die Pietisten aus einem antipietistischen ge- hirn zum vorschein. X 3 Heran von denen unterschiedenen arten Heran ihr frommen! Schauet hier eine neue art der froͤmmigkeit! Wolte GOtt, wir haͤtten die alte noch! Der alte GOtt, der alte glaube, die alte pietaͤt sind immer die besten. Zwar, indem sie die alte suchen, Dringen sie uns eine neue auf. Wer denn? Die Herren Pietisten. Du erstaunest, da du sie nennen hoͤrst: Was wuͤrdest du nicht erstlich thun, wenn du sie reden hoͤrtest? Du wuͤrdest ihnen nicht nur geneigtes gehoͤr geben, sondern sie gar vertheidigen. Denn sie wissen meisterlich den schein des guten anzunehmen, und den schalck zu verbergen. Du soltest schweren, es waͤren heilige engel. Wann du nicht wuͤstest, daß sich der teuffel in einem engel des lichts verstellen koͤnte. Fraͤgst du nach ihrer lehre, so wisse, daß sie keine und doch alle haben. Auͤsserlich paradiren sie mit der h. schrifft, ins geheim sind das ihre glaubens-articul, was ihnen traͤumt und gut deucht, und die rechten glaubens-articul halten sie fuͤr zanck- aͤpffel. Sie verwerffen die Philosophie, und treten sie mi t fuͤssen, Damit ja niemand schlau werde ihre thorheiten einzusehen. Sie schreiben Theologien, Deren sich ein Theologus schaͤmet. Sie des stili insonderheit. Sie lesen die heilige schrifft wider die h. schrifft, sie ruͤhmen sich einer heiligkeit, und hassen doch den stifter derselben. Sie halten conventicula, und versammlen sich in den winckeln. well sie das licht scheuen. Sie sind bruͤder des ordens der unwissenheit, Ritter, so die krancke froͤmmigkeit in das h. grab bringen. Die ihnen folgen, sind baͤrtige weiber und ohnbaͤrtige juͤnglinge. Jenen lernen sie reden, Denn es ist doch gar zu lange seint Pauli zeiten, daß sie schweigenmuͤssen; Diesen lernen sie schweigen, Denn indem sie selbige ohne die wissenschafften zu beruͤhren, auf die hohe GOttes-gelahrtheit fuͤhren, (wie Christus auf die zinnen des tempels gefuͤhret wurde) so setzen sie selbige in die innere beschaulichkeit, in ein tieffes stillschweigen, als auf den hoͤchsten grad des gelahrten nichts. Von GOtt haben sie gar zu viel im munde, aber desto weniger im hertzen. Christum lieben sie so sehr, daß sie weder um die vergebung der suͤnden, noch bey seinem h. abendmahl ihn incommodiren wollen. Den H. Geist verehren sie nach ihrer art, damit er sie nicht zu fromm, sondern zu inspirirten ma- chen moͤge. Heiliger GOtt! rechne mir eine freye schreib-art nicht zu, X 4 aber von denen unterschiedenen arten aber bekehre diejenigen, welche noch viel freyer deine heiligkeit beleidigen, als es mund und feder beschreiben kan! Diese seltzame heiligen lieben ihren naͤchsten, aber nur, wenn er weibliches geschlechts ist, geld hat, und ihnen die fuͤsse kuͤsset. Sie sind demuͤthig, aber nur fuͤr den leuten in minen und geberden, sie gehen schlecht bekleidet, damit man ihre beschmutzte heiligkeit desto besser erkennen moͤge, sie essen und trincken wenig, denn sie sind satt von ihren eignen verdiensten, und es moͤchte etwan das feuer verleschen, welches fuͤr den leuten scheinet, und von der verstellung angezuͤudet ist. Sie sind sehr religioͤs, indem sie alle religionen fuͤr gerecht halten. Sie widersprechen auch keinem ketzer, weil sie selbst das widersprechen nicht vertragen koͤnnen. Aber ihre disputir-kunst wird privatißime ausgeuͤbet, wo sie alle praͤsides sind, ohne respondenten und opponenten, durch hand-briefgen. Der grund-satz ist allezeit: Dieser ist nicht unser: und der schluß: Ergo wollen wir ihn druͤcken. Sie halten viel auf die bruͤder, aber noch mehr auf die schwestern, daß sie auch wann etwan eine zur betruͤbten kinder-mutter werden soll, lieber gleich denen Juden einen neuen Meßiam von ihr erwarten, als sie verdammen. Deß- des stili insonderheit. Deßwegen schleichen sie umher in die haͤuser, da haben sie die betten zum knie-beugen nicht weit, und fuͤhren die weiblein gefangen, oder Sie spaziren wie iener clericus in einen gruͤnen wald. Auf solche weise feyren sie alle tage ihren sabbath, und sind doch niemahls muͤßig. Warum solten sie denn in die kirche gehen? Zumahl, da sie nicht wollen von menschen gelehret seyn? Sie sind geistliche priester, ia gar Paͤpste: Warum sollen sie denn die prediger verehren? Sie sind viel scharf-sichtiger als Bileam: Warum solten sie dann erst daß sie die boten GOttes sehen, durch den honig des goͤttlichen worts, wie Jonathan, ihre angen wacker machen? Jhre collecte faͤngt sich allezeit also an: Gold haben und einen samtnen hut, oder daß ich mich nicht verspreche, Gedult haben und einen sanfften muth, ist mir fuͤr allen andern gut. Sie sind propheten, deßwegen kommen sie in schaafs-kleidern: Denn von wem solte der spruch wohl am besten zu verstehen seyn als von ihnen: Thut meinen propheten kein leid. Und wie solten sie nicht denen boͤses prophezeyen koͤnnen, denen sie uͤbel wollen, und denen gutes, denen sie weder schaden koͤnnen noch duͤrfen. Sie sind koͤnige: Doch halt! Koͤnige haben lange haͤnde: ich muß aufhoͤren: X 5 Sonst von denen unterschiedenen arten Sonst werde ich von diesen priestern geopfert, von diesen paͤbsten in bann gethan, von diesen propheten wie Micha tractiret, und von diesen koͤnigen wie die baͤume von dem dornstrauch verzehret. Jch will nur also zum beschluß Euch die alte treu, den alten glauben, die alte froͤmmigkeit anwuͤnschen. Damit ihr aber nicht durch dieser leute pietaͤt in die impietaͤt verfallet, so huͤtet euch, nicht fuͤr der pietaͤt, sondern fuͤr den pietisten. §. 12. Wird der stilus argutus insbesonde- re auf die laster appliciret, daß man selbige durchziehet und mit einer artigen und ange- nehmen manier ridicul zu machen suchet, so heist er eine satyrische schreib-art. Er hat al- so fuͤr den arguten nichts besonders, und seine groͤste annehmlichkeit bestehet in der freyheit des geistes und in lustigen einfaͤllen, dadurch er nur thorheit und laster mit einem beissen- den schertz verspottet. S. Thomasii Monathe Tom II. p. 337. seqq. Ha- milton l. c. p. 64. Lami l’art de persuadercap. III. Franciscum Vauassorem de ludicra dictione cap. VII. VIII. Stollens hist. der gel. I. V. 43. 45. 70. Morhoffs Polyh. I. III. 9. 24. 27. und ander- werts ꝛc. Man trift ihn am besten an in Tho- masii Monathen, im verdeckten und entdeck- ten carneval, in Canitzens, Philanders, Abels Poesien, ꝛc. im Horatio, Juvenali, Petronio, Erasmo, \&c. im Luciano welcher billich fuͤr ei- nen des stili insonderheit. nen meister paßiret ꝛc. im Boileau, le Petit Moliere, Boccalini Leti, \&c. Es heist sonst billich ioco salis instar parce utendum, und es ist leichter einen guten satyricum abgeben als einen klugen. s Lo- hensteins gedancken in der vorrede zu dem ersten theil des Arminii. Doch ist es laͤcherlich, daß die leute denen scopticis gram, welche mehren- theils viel menschen-liebe und einen aufgeweck- ten geist haben, hingegen die haͤmischen schleich- fuͤchse lieber sehen, welche nach ihrem geldgei- tzigen temperament, es mit keinem menschen redlich meinen und gemeiniglich dumme pin- sel und memorialische luͤmmel sind. §. 13. Der poetische stilus beobachtet zwar die natuͤrlichen guten eigenschafften des stili uͤberhaupt, ingleichen die regeln der gantzen beredsamkeit, hat doch aber in einigen davon abzugehen gewisse freyheiten, und unterschei- det sich von denen andern arten des stili, daß er eine sache durch besondere worte und beywoͤrter, durch haͤuffige figuren ausdrucket, daß er dabey vermittelst einer fertigkeit des in- genii alle besondere umstaͤnde zusammen su- chet, welche vielleicht nur moͤglich sind, aber doch die sache heftiger und nachdruͤcklicher zu machen dienen, ia daß er zuweilen die worte in eine ordentliche masse der sylben in gleicher zahl und in reimendungen zwinget. S. Schefferum l. c. p. 14. 16. Lami l. c. cap. XVI. Morbofs Polyhist. I. III. X. und XI. Es sind ein paar artige stellen, welche Schefferus aus dem Livio anfuͤhret und gegen des Virgilii ausdruck haͤlt. z. e. Livius sagt lib. II. 20. Mo- ribundus Romanus ad terram ex equo defluxit. Virgili- von denen unterschiedenen arten Virgilius gieht dieß im 2ten Buch Aen. san- guinis ille vomens riuos cadit, atque cruentam Mandit humum, moriensque suo se in sangui- ne versat. Und wenn Livius l. 25. sagt; Ma- le sustinenti arma, gladium superne ingulo defi- git. so setzt Virgilius: dextraque coruscum Extulit, ac lateri capulo tenus abdidit ensem: Ziegler in seiner Helden-liebe wann er sagen will: Die sonne sey aufgegangen, so spricht er: Die muͤbsame sonne hub ihr goldbe- flamntes haar aus der see. Hier fragt sich ob es erlaubt, die nahmen der heydnischen goͤtter zugebrauchen? Mir gefaͤllet es nicht, wenig- stens deucht mir stehet es im Teutschen nicht gar fein, und es ist billich ad stili Ethnicismum zu referiren, davon Jacobus Thomasius eine disser- tation geschrieben, zu geschweigen, daß es eine ziemliche armuth im stilo andeutet, sich mit dergleichen laͤppischen mythologischen glossen herausputzen wollen, dabey man doch mehren- theils ridicul wird: z. e. Warum soll ich spre- chen: Titan sitzt im guͤldnen stuͤck, auf seinen wagen, und faͤbrt mit hrt mit schnellen Pferden, ꝛc. Ziegler druckt es also aus: Es blitzt das zeugniß der goͤttlichen allmacht und maie- staͤt, die sonne, an der blauen feste. Warum setzt man: Auricomus salso surgens ex aequore Titan ad nos fert onomasma meum, oder: Cyn- thius auricomus misso rutilante cubili natalem nostrum laetus ab axe refert: Lotichius spricht an dessen statt: Ecce meus natalis adest, feliei- bus opto auspiciis, servent hunc mihifata diem. Am meisten zieren diesen stilum die accuraten und lebhaften fuͤrbidungen der sache, z. e. von einem sturm zur see sagt Virgilius: stridens aquilone procella velum des stili insonderheit. velum aduersa ferit fluctusque ad sidera tollit. Franguntur remi, tum prora auertit \& vndis Dat latus: insequitur cumulo praeruptus aquae mons. Hi summo in fluctu pendent, his vnda dehiscens Terram inter fluctus aperit furit aestus arenis. Morhoff: Adversam hinc Boreas crudeli verbere puppim Sauciat, hinc madido subruit ore Notus. Confligunt Euri Zephyris, furiosaque nobis Atque sibi pugnas, turba marique movet. Heic brevia est syrtes, heic est metuenda vorago, Heic scopuli infames, saxaque coeca sedent, Quo mittes oculis se plurima mortis imago Ingeret. Lobenstein: Es schuͤttete die Hand Des grimmen himmels dach, blitz hagel, schlossen, regen, Auf meine masten aus mit vielen donnerschlaͤgen, Die flotte ward zerstreut, die seegel umgekehrt, Die seile gantz verwirrt, die ruder nichts mehr werth, Die steuer theils zerschellt, die ancker abgerissen, ꝛc. Wo man nicht haͤtte Poetisch schreiben wollen, waͤ- ren diese beschreibungen nicht noͤthig gewesen, zumahl da sie sich nur auf die beschaffenheit der sache gruͤnden, wie sie etwa seyn koͤnte. Und in solcher fiction besteht die seele der Poesie, oder wenigstens ihre groͤste schoͤnheit. §. 14. Zuweilen geht das ingenium in sei- nen einfaͤllen gar zu weit und verfaͤlt auf pa- radope, laͤcherliche dinge. weil es entweder von dem iudicio nicht gnugsam unterstuͤtzet wird, oder weil man mit fleiß woruͤber scher- tzet, und einding ridicul zu machen suchet, als- dann druckt man sich theils durch alte verle- gne woͤrter und redens-arten aus, theils durch von denen unterschiedenen arten durch dergleichen, welche bey dem poͤbel ge- braͤuchlich und viel applausum finden, ia man nimt sich die freyheit, eben dadurch ein ge- laͤchter zu erwecken, wann man den regeln der beredsamkeit auf eine so merckliche art zuwie- derhandelt, daß auch gemeine leute es erken- nen und daruͤber lachen, und dieses heist dictio ludicra, burlesque, ein laͤcherlicher stilus, wo- zu man keine regeln gebraucht als diese, daß er entweder gar nicht, oder sehr selten, bey gantz besondern faͤllen, zu gebrauchen. Alles was man von diesem stilo sagen kan, scheinet im folgenden buch begriffen zu seyn: Francisci Vauassoris e S. J. de ludicra dictione liber in quo tota iocandi ratio ex veterum scriptis aestimatur, edidit jo. Erhardus Kappius mit des Vauassoris Antibarbaro und Joh. Ludovici Balzacii episto- lis selectis. Leipzig 1722. 8. Will man exempel haben von diesem stilo so mag man Scarrons Virgile trauesti en vers burlesques Paris 1667. 12. lesen, Loredano dell’Ihiade giocosa hat Homerum auf gleiche weise fuͤrgestellt, siehe Stollen l. c. V. 46. Morhof l. c. l. VI. 8. 9 Es gehoͤren auch die knittelreime, meistergesaͤnge und dergleichen, la auf gewisse masse der frosch-maͤuseler des Rollenshagens hieher. S. davon Reimmanns Hist. Litt. IIII. p. 668. §. 15. Jn ansehung der sprache, worte und derselben beschaffenheit, damit man seine ge- dancken fuͤrtraͤgt, ist der stilus einmahl so vie- lerley, als man sprachen hat; hernach entwe- der naturalis oder artificialis, ienerheist ent- weder simpler, weil er von sinnlichen, theore- tischen, familiairen dingen handelt und ist mit des stili insonderheit. mit dem humili meist einerley, oder propri- us, weil er keine tropos, oder ordinarius weil er keine figuren braucht, und hat in diesen faͤllen nichts besonders: Dieser der artificialis heist tropicus weil er tropos, und figuratus, weil er figuren braucht, dabey ebenfals nichts mehr zu erinnern, er heist aber auch declama- torius weil er gewisse solennitaͤten erfordert und hievon ist etwas zu gedencken. §. 16. Doch ehe ich davon etwas beybrin- ge, muß ich von dem stilo in ansehung der sprache etwas sagen, und zwar von dem Latei- nischen, weil solches die sprache der gelehrten und vom Teutschen, weil dieses unsere mutter- sprache ist. Jene ist fuͤr allen andern excoli- ret worden, dannenhero findet man darinn gewissere regeln und vollkommenere, oder wenigstens haͤuffigere exempel, so zu anbrin- gung der guten eigenschaften des stili den weg bahnen. Es hat aber diese sprache darinn die groͤste freyheit, daß sie die woͤrter nach ge- fallen versetzen kan, und den vorzug, daß sie was die reinlichkeit anbetrift, gleichsam in posseßione ist, und sich nicht leicht, durch ein- mischung fremder woͤrter, darinn turbiren laͤst. im uͤbrigen braucht sie keiner besondern regeln, und wegen der eintheilungen in den Juliani- schen, Muretianischen, Ciceronianischen, und Curtianischen stilum, ingleichen in die aucto- res unterschiedener alter, darf man sich auch keine grosse muͤhe geben. §. 17. von denen unterschiedenen arten. Die auctores welche vom stilo in Lateinischer sprache geschrieben, haben meistens ihre absicht auf die Lateinische sprache gehabt, einige auch ih- nen dieselbige eintzig und allein zu lehren ange- legen seyn lassen. Jch habe derselben schon viel angefuͤhret, als: Schefferum, Heineccium, Grossern, Starcken, Langen, Wagenseil, Becmannum, Vossium, Sanctium, Arnol- dum, Rabnern, Caußinum, Boͤclern, Alste- dium, Masenium, Cellarium, Hederich, ꝛc. Was die Historie der Lateinischen sprache betrift und der Lateinischen auctorum, dazu dienen Morhof, Stolle, Fabricii Bibliotheca Latina, Hederichs notitia auctorum, Walchii historiæ critica Lat. linguae, und unzehlich andere, de- ren Morhoff und Stolle erwehnen, wozu man noch Jo. Gottlieb Schwartzens de fatis qua- rumdam vocum diss. 1717. und Reimmanns Hi- storiam quorumdam vocabulorum Latinorum Ha- lae 1718. 8. setzen kan. S. oben die vorber §. 21. dieses ist Herrn Huͤbners eintheilung in sei- nen Oratorischen fragen, den ersten nennet er deutlich und leicht, den andern weitlaͤuftig, den dritten rein und ausserlesen den vierdten kurtz und sententioͤs. Herr Hederich hingegen l. c. p. 561. sagt: So viel Lateinische auctores sind, so viel giebt es auch besondere arten des Lateinischen stili, und erlaͤutert seine gedan- cken von diesen mit gar feinen anmerckungen. S. Thomasii Cautelen VII. 30. Morhofs Po- lyhist. I. IIII. XI. seqq. Die alter der Lateinischen auctorum sind: aurea, argentea aenea und fer- rea, dazu einige noch luteam \& ligneam setzen. Die Eritici sind, wegen ihrer determination, und der auctorum die zu ieden gehoͤren, selbst nicht recht einig, und man halte auch nur scri- benten aus eben dem alter gegeneinander z. e. J. Caesa- des stili insonderheit. Jul. Caesarem, Liuium, Vitruuium, so wird man leicht sehen, daß diese distinction zwar nicht zu verwerffen, aber doch nicht die richtigste und nuͤtzlichste. §. 17. Man kan sonst im Lateinischen alle arten vom stilo haben, und eben diese eigen- schaft hat sie mit der Teutschen sprache gemein, von welcher bereits in der vorbereitung §. 22. erwehnet, daß man entweder den Schlesischen oder Meißnischen oder Nieder-Saͤchsischen oder Fraͤnckischen stilum, darinn observire. Doch in keiner mund-art und in keiner art von stilo ist man befugt, die eigenschaften des guten stili uͤberhaupt, aus den augen zu setzen, und wo man diese geschickt anzubringen weiß, und sorgfaͤltig den genium dieser spra- che beobachtet, wird man auch einen guten Teutschen stilum schreiben. Es vergliech iemand nicht uneben, diese vier ar- ten von Teuschen stilis, mit vier frauenzimmern, da die eine sich immer mit demanten gold und silber heraus putzete und als eine hof-dame al- lezeit in galla erscheinen wolte; die andere, gleich einem academischen frauenzimmer artig, compasant und liebreitzend waͤre, allen ge- fallen, niemand lieben, zuweilen fuͤr besser gehal- ten und mehr geehret seyn wolte als ihr zukaͤme; die dritte wie eine geschaͤftige haußwirthin, nicht sonderlich auf den aͤusserlichen putz hielte, ohnge- achtet es ihr darã nich fehlete, auch nicht eben die leute zu charmiꝛen suchte, sondeꝛn vielmehr auf ih- re verrichtungen daͤchte, inzwischen doch durch das ungezwungene wesen, die herfuͤrleuchtende red- lichkeit, und kluge wirthschaft, allen gefiele; und endlich die vierdte uͤberall die augen der leute Y auf von denen unterschiedenen arten auf sich ziehen wolte durch lichte und bunte far- ben, schminckpflaͤstergen, affectirten gang, ge- borgte demante viele baͤnder, und allerhand klei- nigkeiten. Doch will ich ihm nicht gaͤntzlich beyfallen, sondern vielmehr zum exempel einige proben anfuͤhren, welche man conferiren mag: sonsten gestehe ich, daß ich bey dieser eintheilung ebenfalls keinen rechten grund sehe. Es mag also zur probe des Schlesischen stili, der an- fang der lob-rede dienen, welche der Herr von Koͤnigsdorf auf Leopoldum gehalten, der also lautet: Der erdkreiß ist niemahls in eine groͤssere be- stuͤrtzung gewest, als er sich in gegenwaͤrtigen zeiten befindet. Die regiersucht hat fast alle voͤlcker erreget, und die koͤnigreiche wider ein- ander gestossen, und wolte gern aus derselben zertruͤmmerung sich ein reich aufbauen, dessen beherrscher die Borbonier und ihre untertha- nen das menschliche geschlecht seyn sollen Eu- ropa rauchet allenthalben von dem angelegten feuer, selbst America haben die um sich fressen- den flammen angezuͤndet, und das weite meer hat nicht gnugsam wasser solches zu loͤschen. Europa soll eine neue, und America die alte oder vielmehr noch eine neuere welt werden; so gar sind die laͤnder verwuͤstet, und die staͤdte umgekehret, daß die erde ihre vorige gestalt ver- lohren, und den inwohnern nichts als das all- gemeine elend uͤbrig verblieben. Die wasser siehet man von blut aufgeschwellet, und der ocean wird dem rothen meere seinen nahmen zweifelhaftig machen. Seine fluthen ver- schlin- des stili insonderheit. schlingen gantze flotten, dadurch wird der ab- grund seichte, auch in den hafen verursachet der schreckliche sturm schif-bruͤche. Die ge- fahr haͤlt allen das meer verschlossen, nur dem verderben und untergang stehet es offen. Bey diesen bekuͤmmernissen ist das empfindlichste ungluͤck, daß der starcke Atlas, welcher die fal- lende welt aufgehalten, der grosse Leopoldus ( plenissimis titulis ) mein im leben gewesener allergnaͤdigster Herr, durch den todt entkraͤftet worden ꝛc. Als eine probe des Meißnischen, kan der anfang derienigen rede, welche Herr Gottfried Ole- arius auf das absterben D. Schambergs 1706. gebalten, angesehen werden. (Siebe die reden grosser Herren II. p. 1064. Wenn selbst der purpur seinen glantz verstel- let, uñ statt dessen nur truͤbe blicke u. einen zwei- felhaften schein von sich geben will, und wañ die schoͤnste morgen-roͤthe sich in eine dunckle nacht verwandelt, und aus heitern himmel blitz und donner herfuͤrbrechen: so ists kein wunder, wenn ein ohne dem unberedter mund, an statt einer wohlgesetzten rede, fuͤr bestuͤrtzung nur lauter gebrochene worte und einen unver- staͤndlichen laut herfuͤr bringet. Und da ich mich anietzo eben in solchen umstaͤnden be- finde, so wuͤrde mein fehler keine entschuldi- gung verdienen, daß ich mich fuͤr ihnen, hoͤchst- und hoch geehrteste auwesende, herfuͤr zu treten erkuͤhne, wenn nicht eine loͤbliche universitaͤt, bey dem gegenwaͤrtigen, alle ihre glieder durch- Y 2 drin- von denen unterschiedenen arten dringenden schmertzen, nur fuͤr vergeblich ge- halten, zu ablegung ihres ergebenen danckes, einen beredten redner auszusuchen; zugleich aber es ihrer gegenwaͤrtigen pflicht nicht un- gemaͤß befunden, die betruͤbniß vielmehr, als die kunst, das wort fuͤhren zu lassen. Zur probe des Nieder-Saͤchsischen, gebe ich den anfang einer rede, welche von Herrn Jost Christoph Boͤhmern P. P. zu Heimstaͤdt 1710. auf die vermaͤhlung Hertzogs August Will- helms zu Braunschweig mit der Hertzogin zu Hollstein-Ploͤn, Elisabeth Sophien Marien, gehalten. (Siehe alleg. reden VII. 87. Die allgemeine freude des gantzen landes, so mit worten kaum auszudruͤcken, wohl aber in aller getreuen unterthanen augen kan gele- sen werden, erinnert billig diese Julius-univer- sitaͤt ihrer unterthaͤnigsten pflicht, und verbin- det dieselbe, durch ein oͤffentliches denckmahl, die gluͤckseeligkeit dieser zeit, nach dem maaß ihres vermoͤgens, zu verehren. Das vergnuͤ- gen, so man nach vorher ausgestandenen har- ten trauer- und ungluͤcks-faͤllen, erlebet, ist weit groͤsser und empfindlicher, als wenn einem nie- mahls etwas widriges begegnet. Es ist das licht nimmer angenehmer, als nach einer gros- sen finsterniß. Nach einem grossen ungewit- ter und platz-regen, scheinet uns die sonne weit lieblicher, und man belustiget sich so dann weit mehr an ihren strahlen, als wenn wir ihren schein, eine geraume zeit, ohne unterbruch ge- nossen, wenn ihr glantz unserem gesichte sich lange des stili insonderheit. lange nicht entzogen. So bitter und schmertz- haft der ausgang des zweyten monaths dieses jahres uns gewesen; so erfreulich und ange- nehm ist hingegen der anfang des letzt-abgewi- chenen worden. Jener beraubete uns einer tugendhaften und hochbegabten Fuͤrstin, und erweckte durchgehends bey iedermann ein son- derbares beyleid, und ungemeine betruͤbniß: Dieser hingegen ersetzet den verlust: ia was wir unwiederbringlich verlohren zu haben ver- meinten, erlangen wir in der groͤssesten voll- kommenheit wieder. ꝛc. Ein exempel des fraͤnckischen stili giebt Eras- mus Francisci in seiner gruͤndlichen wiederle- gung der verleumdungen. (Siehe die vorbe- reit. §. 22. not. r .) Wie die sonne den schatten, so hat wahrheit die verlaͤumdung zum gefaͤhrten, wenn sie, wi- der die schwaͤrmende unwahrheit kaͤmpffet: Und wie mancher schoͤnen Fuͤrstin ein schwar- tzer mohr, also folget dieser heldin gern ein pech- schmutziger laͤsterer auf den fersen. Der, wel- cher die wahrheit selber, und dazu gebohren ist, daß er die wahrheit zeuge, hat selbst dafuͤr einen dornen-krantz zu lohn bekommen: Derhalben muͤssen dieienigen, welche die toͤchter des luͤ- gen-vaters, nemlich ketzerey und falsche verfuͤh- rische lehre, nicht kuͤssen wollen, sondern diesel- be verschmaͤhen, bekoͤrben, und mit dem licht der wahrheit beschaͤmen, sich nicht befremden lassen, daß der satan, ihnen allerley kletten, ia scorpionen, kroͤten, und spinnen in die haare zu Y 3 werf- von denen unterschiedenen arten werffen trachtet, durch solche seine creaturen, welche ottern-gifft unter ihren lippen, und pesti- lentz in ihren federn haben; indem er, durch solches mittel, den ketzerischen irrsalen, als be- foͤrderern seines reichs, ein besseres ansehen und credit zu erspinnen hoft, wohl wissend, daß die beruß- und schwaͤrtzung des rechtglaͤubigen, den wahn-glaͤubigen zur schmincke diene: ꝛc. Man koͤnte mit gleichem recht die fuͤnste art des Teutschen stili, nemlich den Schweitzerischen, auch die sechste, als den Oesterreichischen, hin- zu thun. Doch weil ich darinnen keinen vor- gaͤnger habe, so will auch diese arten nicht zu- erst auf die bahn bringen. Jch habe bereits so viel dazu dienliche auctores angefuͤhret, daß ich hier der muͤhe kan uͤberhoben seyn. Aber unter diesen ist noch niemand, der den genium der Teutschen sprache, etwas aus- fuͤhrlich beschrieben haͤtte. Jch dencke, daß die construction das fuͤrnehmste sey, darinn diese sprache sich von andern unterscheidet, welche man am besten aus der Grammatik erlernet. §. 18. Von dem stilo declamatorio nun- mehro zu reden, so wird derselbe hauptsaͤchlich deßwegen in etwas zu erwegen seyn, weil bey seinem aͤusserlichen fuͤrtrag gewisse solennitaͤ- ten, wie bereits erwehnet, zugleich fuͤrfallen, darauf man bey der ausarbeitung und an- wendung aller arten von stilis fuͤr andern all- hier zu sehen. Wird er bey ernsthaften bege- benheiten gebrauchet, so kan man ihn den ei- gentlichen stilum oratorium nennen, weil die- ser fast der eintzige ist, davon die anweisun- gen des stili insonderheit. gen zur beredsamkeit nachricht zu geben sich bearbeiten. Er fodert so dann, daß man nicht nur alle gute eigenschaften des stili an- bringe, sondern auch so anbringe, daß es recht mercklich sey, wie man bey ihrer anbringung sorgfaͤltig gewesen, wie man mit grossem fleiß, reine, deutliche, nachdruͤckliche, angenehme, worte und redens-arten aufgesucht, eine nette iunctur und klingenden numerum genau beob- achtet, u. uͤberall kunst u. wissenschaft, doch ohne affectation, zu zeigen, sich bemuͤhet habe. Diese solennitaͤten sind, daß man auf einen hoͤl- tzern oder steinern stuhl steiget oder auf einen freyen platz tritt, und an eine gantze versamm- lung seine worte richtet, ꝛc. Fast alle, die Oratorien und Rhetoricken ge- schrieben, wollen uns lernen orationes machen, da doch dieses der kleineste theil einer vernuͤnfti- gen beredsamkeit ist, und es zeiget, daß man eben so einen engen begrif von der beredsamkeit habe, als ein Historicus von der Historie, wenn er nur die leben der Roͤmischen Kaͤyser darinn suchet, oder als ein Logicus von der Logik, wenn er nur syllogismos daraus machen lernet. Siebe Lami l. c. IIII. cap. XIII. Hederich l. c. p. 554. Regeln zu diesem stilo geben alle gute Rhetoricken in grosser menge. Exempel siehet man an allen, welche gute, eigentlich so genannte orationes publiciret, als: Cicero, Quintilianus , Plinius , Muretus , Buchnerus , Crucius , Cúnaeus, Cellarius, Schurtzfleisch, in den orationibus procerum Europae , die Hr. Luͤnig heraus ge- geben, in den orationibus clarissimorum viro- rum selectis, editis a Jo. Erhard Kapp. Lipsiae. 1722. 8. \&c. in den reden grosser Herren und Y 4 fuͤr- von denen unterschiedenen arten fuͤrnehmer minister, welche eben belobter Herr Luͤnig heraus gegeben, in Hofmanns- waldau, Pritii, Seckendorfs, Grossers, Neu- mann s , und anderer reden, welche theils schon angefuͤhret, theils noch fuͤrkommen werden. conf. Morhofs Polyhist. orat. Stollens Hist. der gelahrb. I. IIII. \&c. §. 19. Ziehet man ihn auf das theatrum zum schauspielen, da hat er allerdings groͤssere freyheiten, und da der Oratorius niemahls das burlesqve leidet, so kan man hier in gewissen faͤllen, solches sehr wohl gebrauchen. Wie aber die groͤste annehmlichkeit aller schauspiele darinn bestehet, daß alles recht wahrscheinlich fuͤrgestellet werde, so ist auch die groͤste tugend des stili theatralis, daß er mit dem caracter der personen, die da reden, gar genau uͤberein stim- me, und doch auch nicht gar zu sehr uͤber die re- geln des guten stili u. des wohlstandes schreite. Siehe Stollens Hist. der gel. l. V. 29. sqq. 69. Es koͤnnen auch hieher die romainen und fabeln auf gewisse maasse gezogen werden ibid. 67. III. V. 33. Man findet allhier nicht nur die, so regeln dazu gegeben, sondern auch exempel, an- gefuͤhret. Wenn auf einem theatro die perso- nen lange mit sich selbst reden, eine tiefe Moral zeigen wollen, zoten reissen, die bauren gelehrt und die printzen baͤurisch sprechen, da haben die zuschauer mehr eckel, als vergnuͤgen. Die hi- storie des Moliere, welcher seine magd consuli- rete, ist bekannt. §. 20. Die abfassung der periodorum bey dem ausdruck, macht den unterschied unter den stilum luxuriantem oder diffusum den ro- tun- des stili insonderheit. tundum und concinnum, und unter den conci- sum und sententiosum. Den ersten hiessen die alten Asiaticum, den andern Atticum, und den dritten Laconicum. Der luxurians, diffusus, Asiaticus stilus ist in seinẽ ausdruck weitlaͤuf- tig, mit vielẽ beywoͤrtern bereichert, gebrauchet lange worte, redens-arten, lange periodos, nimt alle determinationes und umstaͤnde einer sache mit, leidet viel propositiones incidentes, ausschweiffungen und beschreibungen, auch viel tropos und figuren, ist zum oͤftern mit dem sublimi, mediocri, und pathetico verbun- den, und beobachtet auch also die von diesen gegebene regeln, allezeit aber ist er Oratorius. Er heist sonst auch prolixus, circumductus, siehe Hederichs Philolog Wissensch. p. 549. Hei- neccium l. c. Langens Einl. 3. O. I. p. 302. giebt davon ein exempel. Muretus, Hof- mannswaldau, ꝛc. fuͤhren ihn. Zur probe mag folgendes seyn: Propositio: Wer sich nichts zutrauet/ wird sel- ten befördert, wenn er schon gelehrt ist. Argum probans: Denn heut zu tage gilt das wind machen. Elabor. Alle verzagte und furchtsame gemuͤther- welche ihre eigene kraͤfte nicht mit richtiger wa- ge abzumessen und mit gnugsamer scharfsichtig- keit zu betrachten wissen, dannenhero sich selbst des gluͤcks unwuͤrdig schaͤtzen, und an ihren ver- diensten verzweiffeln, erfahren mehrentheils, daß eben dieses von ihnen gefuͤrchtete und mit gar zu grosser demuth verehrete gluͤck, ihnen die thuͤre zu der gehoften ruhe, zu den verdienten be- Y 5 loh- von denen unterschiedenen arten lohnungen, und zu denen gesuchten befoͤrderun- gen verschliesse, wann sie auch schon ihren ver- stand durch scharf-sinniges nachdencken ge- schaͤrffet, durch artige erfindungen gezieret, und durch viele wissenschaften bereichert. Denn nachdem man guͤldene, silberne, eherne, eiserne, hoͤltzerne, irrdene und endlich gar waͤsserige zei- ten, sint erschaffung der gantzen welt erfahren, so scheinet es, als ob uns das schicksaal, in dem ietzigen saͤculo, die luftigen zeiten haͤtte erleben lassen, da sich die aufblasenden und in die zeit, in den geschmack und unwissenheit der befoͤr- derer, (die ohne dem allzeit groͤssere leute zu ge- ringern diensten und wenigern besoldungen for- dern) durch eine schwũlstige fuͤrstellung schicken- den prahler am allerleichtesten in den hafen der ruhe und an denen gluͤckseeligen insuln der befoͤ- derung sehen: Ob wohl die folgende feurige zeit ihre gemachten duͤnste zerstreuen, den wind verduͤnnen, und ihre stoppeln verbrennen moͤchte. §. 21. Der rotundus, concinnus, Atticus stilus maͤßiget den Asiaticum, und gehet zwi- schen diesen, und den folgenden Laconicum, die mittel-strasse, fasset also seine periodos et- was kuͤrtzer ab, setzet nicht eben lange worte und redens-arten, auch keine haͤuffige propo- sitiones incidentes, und giebt denen tropis und figuren eine gleiche proportion, kan sich zu- gleich bey dem humili, mediocri, sublimi, theo- retico, pathetico, erudito, historico, und andern arten des stili finden, bleibt doch meistentheils Oratorius. Siehe Hederich, Heineccium l. c. \&c. Obiges thema wuͤrde vielleicht nach dem stilo Attico also zu setzen seyn: Furcht- des stili insonderheit Furchtsame gemuͤther, welchen ihre eigene gute beschaffenheiten so gering scheinen, daß sie de- nenselben alles gluͤck absprechen, koͤnnen sich auch keine vergnuͤgende huͤlfe von dieser blin- den goͤttin in ihren befoͤrderungen versprechen; wann sie schon vorurtheile und unwissenheit durch eine gruͤndliche gelehrsamkeit und reiche wissenschaft besieget. Denn der geschmack der heutigen welt und die umstaͤnde bey denen staf- feln, darauf man zur gluͤcklichen befoͤrderung gelanget, erfordern von einem ieden, der sie be- treten will, daß er seine gute eigenschasten etwas groͤsser mache, als sie in der that sind, sie etwas hoch hebe, damit sie desto besser gesehen werden, und wohl gar fuͤr guͤlden ausgebe, wenn sie gleichsam nur bleyern sind. §. 22. Endlich zeiget sich der stilus Laconi- cus, concisus, sententiosus, in einer gantz kur- tzen verfassung, mit kurtzen periodis, laͤsset weitlaͤuftige beschreibungen und einschraͤnckun- gen aus, redet gerne mit sententzen und sprich- woͤrtern, (weil diese immer reicher an gedan- cken als worten, und da sie auf etwas anders zielen, als der eigentliche wort-verstand mit sich bringet, allezeit ein gedoppeltes nachden- cken bey einem kurtzem ausdruck verursachen) verbindet meist realiter, sucht aber desto nach- druͤcklichere worte auf, und ist meistentheils mit dem arguto verbunden, setzt doch niemahls die guten beschaffenheiten des stili bey seite. Siehe Hederich, Heineccium, l. c. oben §. 11. Kem- von denen unterschiedenen arten Kemmerich l. c. p. 1040. Also klingt ange- fuͤhrtes thema nach diesem stilo auf folgende weise: Bloͤde hunde werden selten fett, und furchtsame, die ihnen selbst am wenigsten zutrauen, selten befoͤrdert. Das gluͤck ist eine kuͤhne goͤttin, wenn man ihre gewogenheit haben will, muß man sich mit ihr sympatisiren. Hingegen ist sie blind, also gewinnet man sie nicht, wenn man ihr den glantz aͤchter gelehrsamkeit fuͤrhaͤlt, man erschreckt sie nicht mit dem schilde der Mi- nervaͤ. Man fasse dann ein hertz, und von seinen verdiensten einen groͤsseren begrif, so wird man erfahren, daß es ein altes, aber heut zu tage erst recht wahres sprichwort: audaces fortuna iuuat. §. 23. Jn ansehung desienigen, der da re- det, und seiner absichten, ist der stilus entwe- der serius, wenn man ernsthafte worte hat, und dieser hat nichts besonders, als daß er die familiaͤren reden und schertzenden gedancken meidet, oder iocosus, wann man schertzet, die- ser hat vieles mit dem satyrischen und burle- sque gemein, iener heist auch candidus, wann er es so meinet, als er redet, dieser ironicus, wann er was anders und wohl gar das ge- gentheil verstehet: Ferner ist er entweder re- citativus, und erzehlet anderer leute worte, wie sie von ihnen ausgesprochen, oder relati- vus, und veraͤndert nur die Grammaticalische form der temporum, beyde gehoͤren zum Histo- rico: des stili insonderheit. rico: Letzlich vehemens, wann der redende im affect stehet, und temperatus, wann er von keinem sonderlichen affect gereitzet wird, iener hat viel mit dem pathetico, dieser mit dem theo- retico gemein. Siehe hiebey Kemmerich l. c. p. 1046. 1054. §. 24. Endlich in ansehung des hoͤrenden, ist der stilus gar mancherley; doch verdienen nur der familiaris und dialogisticus, der ga- lante, caͤrimoniosus, der epistolaris und letz- lich der dogmaticus, und polemicus, einige anmerckungen, welche ich kurtz beyfuͤgen will, da dieses capitel wider vermuthen schon fast die graͤntzen einer rechten masse uͤberschritten. §. 25. Den familiaͤren stilum braucht man im gemeinen leben, zu dem ausdruck seiner gedancken, welche man mehrentheils von sinn- lichen dingen gefasset, und gegen leute, bey denen man nicht noͤthig hat, viele caͤrimonien zu machen, da sie unseres gleichen oder wohl geringer als wir, und gute freunde von uns seyn. Man braucht deßwegen nur seine ge- dancken, durch reine, deutliche, adaͤquate wor- te auszudrucken, wird nicht an einen periodi- schen numerum gebunden, vielweniger darf man sich mit tropis und figuren breit machen. Bleibt er nur bey unterredungen, so heist er auch stilus dialogisticus, doch richtet er sich alsdann nach dem begrif des hoͤrenden und uͤberhaupt nach der beschaffenheit des obiecti und dem character der personen. Sie- von denen unterschiedenen arten Siehe Stollen I. IIII. 24. sqq. Diesen stilum ha- ben die in ana. siehe Stollen I. Vorber. 59. Morhoffs Polyh. I.I. XV. 56. Der Hr. auctor der gespraͤche im reiche der todten ist hierinn unter den neuesten am gluͤcklichsten. §. 26. Eben diesen stilum veraͤndern unter- schiedene absichten des redenden, daß er bald liebkosend nnd verbindlich, bald hoͤflich und angenehm wird, alsdann koͤnte man ihn den galanten stilum nennen. Er entlehnet so dann etwas von dem arguten und schertzenden stilo, richtet sich nach dem galanten gebrauch, dru- cket den affect der wohlgewogenheit und erge- benheit, durch etwas schmeichlende worte aus, bedienet sich eines angenehmen leicht fliessen- den numeri, laͤst zwar keine kunst und ausge- suchte zierlichkeit mercken, gehet doch aber nicht zu weit davon ab, steigt nur biß zum stilo me- diocri, und erfodert daß man sonderlich die personen nach ihren geschlecht und stande be- obachte, wann man ihn anbringen will. Zu diesem stilo scheint die Frantzoͤische sprache die geschickteste zu seyn, allein Talander, Menan- tes, Neukirch, ꝛc. haben in regeln und exem- peln, in reden und briefen gewiefen, daß die Teutsche sprache es ihr vollkommen gleich thue S. Kemmerich l. c. p. 1048. 1055. §. 27. Von diesen gehet der stilus in etwas ab, welchen man im gemeinem leben gegen hoͤhere gebrauchet. Denn ob zwarhier eben- fals der galante gebrauch fuͤr andern zu con- suliren ist, so wird doch der stilus etwas ernst- hafter, man beobachtet fuͤr allen dingen den sti- lum des stili insonderheit. lum curiaͤ, man bezeuget seine submißion durch verbindliche worte, welche keine neben-ideen einer familiaritaͤt haben, huͤtet sich fuͤr aller affectation einer kuͤnstlichen ausarbeitung fas- set seine gedancken kurtz und beobachtet sorg- faͤltig die regeln des wohlstandes. Daher wird dieses der stilus caͤrimoniosus genennet. S. Kemmerich l. c. p. 1057. Exempel findet man in dedicationibus, suppliqven ꝛc. zuweilen di- spensiret uns der hoͤhere von diesem stilo, und fodert den galanten oder gar familiaͤren. §. 28. Werden ietztangefuͤhrte stili schrift- lich abgefasset und in briefen gebrauchet, so entsteht daher der stilus epistolaris. Dieser bekommt also, nachdem er familiaͤr oder galant oder caͤrimonioͤs ist, auch unterschiedene ge- stalten, und muß aus vorheraehenden para- graphis beurtheilet werden. Zuweilen fuͤhrt man in briefen gantze propositiones aus, und schreitet also uͤber die graͤntzen einer rede im ge- meinen leben, so dann heissen es Oratorische briefe, und bekommen nach denen noͤthigen eigenschaften des stili, eine recht Oratorische form und Oratorischen stilum, welcher sich mit allen pathetischen, weitlaͤuftigen, hohen, und sinnreichen, auch andern arten von stilis ver- binden laͤsset, und dessen oben §. 18. gedacht worden. Siehe hiebey unten P. III. cap. 2. von briefstel- lern und briefen Stollen l. III. 30. Morhoffs Polyh. I. I. XXIII. seqq. Hederich l. c. p. 585. §. 29. Alle diese arten des stili, mag der- ienige von denen unterschiedenen arten ienige unterschied des stili beschliessen, welcher daher entstehet, wann der redende den andern zu unterrichten, oder ihn zu wiederlegen bemuͤ- het ist. Jener heist der stilus dogmaticus, dieser der polemicus. Jener kommt mit dem humili, theoretico, erudito, Philosophico, familiari, dialogistico, groͤstentheils uͤberein, siehet nur auf den unterricht des verstandes, laͤst also den deutlichen und adaͤquaten ausdruck sein hauptwerck seyn. Dieser beobachtet, weil er mit eineꝛ etwas unangenehmen sache zu thun, sonderlich den galanten stilum und einiger mas- sen den stilum dogmaticum, bekuͤmmert sich im uͤbrigen mehr um den deutlichen und adaͤ- quaten ausdruck, um die rechte fuͤrstellung seiner meinung, und der gruͤnde darauf selbi- ge beruhet, ingleichen um den rechten begrif von des gegner meinung und seinen gruͤnden, als um die uͤbrigen zierrathen des stili, vermei- det also das satyrische wesen und den pracht der troporum und figuren. S. Lami I. c. IIII. cap. XV. und was ich bey an- gefuͤhrten stilis, oben erinnert. Jch weiß nicht, warum mir hier die heutige, fast allgemeine praxis, im wege stehet, ob es daher komme, weil man so wenig in den Oratorien biß- her vom stilo polemico erinnert, und also die leute nicht fein von kindheit auf zum complai- santen controvertiren angefuͤhret, oder weil son- derlich dieienigen, welche andern aus dem Chri- stenthum die liebe, und aus der Moral die sanft- muth und gelassenheit gar zu fleißig lehren, sich selbst dabey zu lehren vergessen. Denn man con des stili insonderheit. controvertiret am liebsten im satyrischen stilo miteinander, und ohngeachtet man den gegen- theil bereits durch den wiederspruch zum hestig- sten beleidiget, und ein laster der beleidigten maie- staͤt begangen, (wie Gracian redet) so suchet man doch auch durch einen stachlichten stilum, ihn noch mehr zu erbittern und seine gedult aufs aͤusserste zu bringen, oder ihn auf klopfechterisch mit laͤppischen einwuͤrffen, hoͤnischen gelaͤchter, figuren, ehransehnlichen und fuͤrchterlichen griß- gramen oder dergleichen baͤmischen kunstgriffen zu uͤberwinden und (wie man zu reden pflegt) zu prostituiren. Lami sagt gar gar artig IIII. cap. XIII. J’admire ces declamateurs, qui croyent auoir triomphé de leur ennemy, quand ils se sont railleæ de ses raisons: ils croyent l’auoir terrassé, quand ils l’ont chargé d’iniures, \& qu’ils ont epuisé toutes les figures de leur art pour le representer tel qu’ils veulent qu’il paroisse. Vernuͤnftige leute sind anders gesinnet. S. vom Theolo- gischen controvertiren Fabricii consideratio- nem controuersiarum in der vorrede, wo er zu- gleich verschiedene andere auctores anfuͤhret. Gracians oracul. 11. 37 135. 183. 207. 213. 279. Maxime ꝛc. Zwar scheinet es als ob man be- fugt waͤre. die galante manier zu reden bey seite zu setzen, wenn der andere angefangen grob zu seyn, oder wann es wenigstens der klugheit ge- maͤß, bißweilen einen klopfechterischen gelehrten Peter Squentz abzugeben: Allein ich weiß nicht/ ob man das recht bekomme, ein narr zu werden, wenn der andere ein thor ist, und ob die geheim- nisse der klugheit in der zaͤnckerey zu ver- schwenden, und nicht vielmehꝛ in der modestie und galanterie bessern nutzen stiften. Z Das von den mitteln Das vierdte capitel, von den mitteln zum guten stilo. Jnhalt. V On den mitteln zum guten stilo uͤberhaupt, und ins besondere dem naturell, §. 1. Vom unter- richt, §. 2. Von der lectur, §. 3. Von der uͤbung und zwar durch die uͤbersetzung, §. 4. Durch die va- riationes, §. 5. Durch imitationes, § 6. Durch eigne zusammensetzung mit periodis, §. 7. Mit aller- ley arten von argumentis, §. 8. Mit allerhand arten von reden, §. 9. §. 1. D Aß man zu einer fertigkeit im stilo gelangen, und nicht nur die guten ei- genschaften des stili uͤberhaupt, son- dern auch eines ieden insonderheit recht an- bringen koͤnne, muß man einmahl von der natur mit guten faͤhigkeiten ausgeruͤstet seyn, hernach durch eine gute anfuͤhrung nach gruͤnd- lichen und deutlichen regeln, auch durch die le- ctur vollkommeneꝛ exempel aufgemuntert wer- den, und endlich durch eignen fleiß und oft wie- derholte uͤbung, zu der gehoͤrigen fertigkeit kommen. Was hiezu die natur beytraͤgt, ist zwar an sich nicht eben den regeln unter- worffen, dann iudicium, ingenium und memo- rie und einen lebhaftigen geist, kan man sich nicht selbsten geben, aber doch wird man durch die Philosophie und nachdencken das iudicium, durch lesung der Poeien das ingenium, durch er- lernung der sprachen und Historie die memorie, und zum guten stilo. und endlich durch eine freye conversation das gemuͤth ziemlich aufwecken, und zur fertigkeit im stilo disponiren. Bey diesem cap. mag man Schefferi Gymnasium stili, welches seinem tractat de stilo, den ich cap. 1. §. 11. not. m. P. II. allegiret, beygefuͤget ist, nachlesen. Jngleichen Morhoffs Polyh. l. II. XIII. sqq. Hederichs Philolog. Wiss. p. 574. \&c. Die auctores welche vom stilo sonst geschrieben und deren ich im vorigen cap. erwehnet, geben auch hiezu anfuͤhrung. Jch haͤtte daselbst M. August Nathanael Huͤbners Anweisung zum Teutschen s t ilo, Hannover 1720. 8. M. Joh. Jenichens gruͤndliche anleitung zur Poeti- schen elocution, Leipzig 1706. 8. Weissen, borns anweisung zur Teutschen Poesie und Oratorie, ꝛc. anfuͤhren koͤnnen. §. 2. Der unterricht ist bey nahe das fuͤr- nehmste, wenigstens das bequemste mittel fuͤr denienigen, welcher den stilum lernen will, ob es wohl dem lehrenden, wann er es redlich meinet, nicht geringe muͤhe und schwierigkeiten verursachen kan. Denn von diesem wird erfodert, daß er den Grammaticalischen grund der sprache und der Oratorie, durch leichte deutliche und gruͤndliche regeln zeige, anfaͤng- lich mit kurtzen exempeln erlaͤutere, nachge- hends zu dem lesen der auctorum schreite, und endlich dem lernenden zu allerhand arten der uͤbung anleitung gebe, auch dahinbringe, daß er selbst ein vernuͤnftiges urtheil, von den schrif- ten so zur beredsamkeit gerechnet werden, faͤllen koͤnne. Z 2 Es von den mitteln Es wuͤrde zu weitlaͤuftig fallen dieses ausfuͤhrlich zu erlaͤutern, und es ist mein werck nicht einen Polyhistorem methodicum abzugeben, da Mor- hoff I II. und viel andere mich laͤngst der muͤhe uͤberhoben. §. 3. Wer sich der lectur recht bedienen will, muß erst bey sich uͤberlegen, ob der auctor, den er zu lesen gedencket, etwas zu seinen ab- sichten beytrage, sich zu seinem genie schicke, oder solches bessere, und also die historie von dem auctore, desselben absichten, und eigen- schaften, auch die urtheile der gelehrten von ihm sich bekannt machen. Nachgehends wendet er sich zum lesen des auctoris selbst, siehet zufoͤ- derst auf die gedancken, wie er solche durch wor- te fuͤrstellet, ziehet aus denen periodis die haupt-proposition, beobachtet die ausfuͤhrung derselben durch argumenta, determinationes, erklaͤrungen, bemercket die woͤrter, derselben haupt- und neben-ideen, die bey-woͤrter, die reinlichkeit, deutlichkeit, iunctur derselben, den numerum, tropos, und figuren, lieset alle tage etwas darinn, und faͤllt nicht leicht von einem auf den andern, denckt bey dem lesen auf die moͤgliche application, und excerpiret was er schoͤnes findet, wenn er seinem gedaͤchtniß nicht viel zutrauet, bemuͤhet sich aber mehr, alles gu- te recht ihm eigen zu machen, als seinem ex- cerpten buch anzuvertrauen. Siehe von excerptis oben P. I. cap. 2. §. 8. Es i st gut wenn man dabey nicht bloß auf den aus- druck, sondern die gedancken sieht. §. 4. zum guten stilo. §. 4. Hernach schreitet man zu denen uͤbun- gen und greift die sache selbst an. Man kan bey denen uͤbersetzungen anfangen, und erstlich aus dem Lateinischen etwas ins Teutsche, aus diesem wiederum in das Lateinische uͤbersetzen, hernach seine letzte uͤbersetzung gegen den aucto- rem, daraus man zuerst uͤbersetzet, selbst halten, und seine arbeit nach denselben verbessern. Ferner kan man aus einem Poeten etwas in ungebundene reden uͤbersetzen, das Poetische weglassen, und seiner arbeit die noͤthigen ei- genschaften eines guten stili zu geben suchen. Will man sich durch uͤbersetzungen gantzer au- ctorum, der gelehrten welt zeigen, so muß man freylich mehr geschicklichkeit besitzen als zu die- ser blossen uͤbung erfodert wird. Wer sich anfaͤngt in stilo zu uͤben, dem fehlt es, bey der verkehrten art zu studiren, die mancher er- griffen, meist an gedancken und an worten zu- gleich, deßwegen halte ich diese art der uͤbung fuͤr die erste, indem man schon gedancken und worte in dem auctore daraus man uͤbersetzen will, fin- det, und nur einiger massen seiner muttersprache maͤchtig seyn darf. Hingegen wo man sich un- terfaͤngt mit gantzen uͤbersetzungen in die rolle der buͤcher-schreiber zu kommen, da muß man den ge- nium von beyden sprachen, aus der und in die man uͤbersetzet, voͤllig inne haben, und etwas mehr, als eine superficielle erkaͤnntnis der sache/ davon der auctor gehandelt bey sich finden, sonst kommen Frantzoͤisch-Teutsche, Englisch-Teut- sche und dergleichen zwitter-sprachen heraus, deren wir leider gar zu viel in denen uͤbelgerathe- nen uͤbersetzungen antreffen. Z 3 §. 5. von den mitteln §. 5. Darauf kan man allerhand varia- tiones fuͤr die hand nehmen. Man variiret die worte, die redens-arten, die structur der periodorum, macht aus kurtzen periodis lan- ge, aus langen kurtze, veraͤndert einen perio- dum durch alle arten von stilis, man variiret die saͤtze durch tropos und figuren, die worte durch die casus und durch die differentias grammaticas, ia man variiret die gantze connexion einer rede durch allerhand arten zu verbinden. Beym Hederich stehn zwey artige exempel, eins, da das thema: Breui hac in vrna conduntur cine- res magni Alexandri, sieben und siebentzigmahl und das andere, da dieß thema: Omnibus mori- endum est, funfzig mahl variiret ist, p. 517. und und p 537. Die variation ist gewiß das treflich- ste mittel zum reichthum der worte, dazu sonst Erasmus und Wagenseil ꝛc. anleitung gege- ben. §. 6. Weiter kan sich ein lernender uͤben durch allerhand arten der imitation. Man nimmt eines auctoris wohlgerathene arbeit, untersucht ihn nach denen im 3. §. beruͤhrten stuͤcken, und bemuͤhet sich hernach die gedan- cken eines auctoris, auf andere dinge zu appli- ciren, durch veraͤnderung einiger umstaͤnde, man sucht seine geschicklichkeit im ausdruck, in der wahl der worte, in dem numero und an- dern eigenschaften des stili nachzumachen, ia man bearbeitet sich seine verbindungen, ord- nung der saͤtze und seinen gantzen character und zum guten stilo. und stilum bey andern gelegenheiten anzubrin- gen doch so daß dabey nichts gezwungenes fuͤr- komme, oder man eines plagii koͤnne beschuldi- get werden. Angefuͤhrte auctores geben hievon gnugsame nachricht, und die exempel lassen sich besser ma- chen als hier lesen. §. 7. Doch die eigne arbeit und zusammen- setzung thut endlich das beste, und diese kan an- gestellet werden mit saͤtzen, daß man nemlich selbige in eine periodische structur und nume- rum einschliesset. Man suchet, dieses zu be- werckstelligen, die einschraͤnckungen und erklaͤ- rungen, des subiecti sowohl als des praͤdicati, in einem satze zusammen und suchet also noͤthi- ge beywoͤrter, geschickte redens-arten, anstaͤn- dige tropos und figuren darinn anzubringen, doch daß nichts unnuͤtzes und uͤberfluͤssiges mit einfliesse. Siehe was oben P. II. cap. 1. §. 10. und cap. 2. §. 10. erinnert worden. §. 8. Diesem fuͤget man nachgehends al- lerhand argumenta bey, welche ebenfalls in ei- ne gehoͤrige periodische structur und geziemen- den numerum eingeschlossen, auch mit ihrem hauptsatz durch eine gute verbindung verknuͤpf- fet werden. §. 9. Endlich schreitet man zur ausarbeitung gantzer reden, uñ uͤbet sich in syllogisimis, chrien, complimenten, declamationibus und was man sonst fuͤr gattungen von reden haben mag, zu deren voͤlligen einrichtung, folgender dritter Z 4 theil moralische betrachtung theil dieser Oratorie, kurtze, doch hinlaͤngliche nachricht und anleitung geben wird. Hier ist nur noch dieses zu gedencken, daß man zuvor ehe man etwas ausarbeitet, in einem solchen auctore lese, welcher den stilum fuͤhret, darinn man etwas einkleiden will, hernach leget man ihn weg, und wird so dann sein gemuͤth leichter disponiret finden, zu der verlangten schreib-art, als ohne solche vorbereitung. Wen die kuͤrtze dieses capitels befremdet, dererwe- ge, daß es in ansehung seines inhalts das schwe- reste und laͤngste sey, aber gantz und gar auf die uͤbung selbst ankomme, und also keiner weitlaͤuf- tigen theorie beouͤrffe, da die fleißigsten arbeiter sich nicht lange bey worten aufhalten. Das fuͤnfte capitel, Moralische betrachtung des ausdrucks. Jnhalt. Z Usammenhang mit dem vorigen, §. 1. Von dem recht zu reden und zu schweigen, §. 2. Von de- nen einschraͤnckungen desselben, §. 3. Durch die re- geln der gerechtigkeit, §. 4. Durch die regeln der honnetete, §. 5. Durch die regeln der klugheit, §. 6. Durch die regeln des wohlstandes, § 7. Von den schuldigkeiten des zuhoͤrers, §. 8. Von der klugheit aus der rede zur urtheilen, §. 9. §. 1. E S ist nunmehro bey dem ausdruck nichts mehr uͤbrig als daß ich von dem- ienigen endzweck der beredsamkeit bey dem des ausdrucks. dem ausdruck, etwas gedencke, welchen ich in der vorbereitung, §. 3. den allgemeinen ge- nennet. Und da ich bißhero, wie man den be- sondern erhalten muͤsse, weitlaͤuftig gezeiget, der besondere aber in ansehung des ausdrucks, sich ebenfals auf den allgemeinen beziehet, so ist es noͤthig, daß ich von diesen etwas weni- ges beybringe. §. 2. Der allgemeine endzweck der gantzen gelehrsamkeit, also auch der beredtsamkeit und des ausdrucks unserer gedancken, ist, die gluͤckseligkeit und das vergnuͤgen der menschli- chen gesellschaft zu befoͤdern. Weil auch ein ieder mensch ein mitglied dieser gesellschafft ist, so hat er das recht, sich des ausdrucks, damit er seine eigene wohlfahrt und vergnuͤgen wuͤr- cke und behaupte, nach seinen vermoͤgen zu bedienen, zu welchem recht ihn die natur durch die organa und sprachen den weg bahnet, und welches ihm durch keine willkuͤhrliche macht anderer kan entzogen werden. Man redet in dem Recht der natur, so viel von den schuldigkeiten des menschen, aber niemahls von dem rechte desselben, welches gewiß nicht so gering, daß es nicht eine besondere untersu- chung verdienete. Jndem man also die mensch- heit mit erzehlungen von ihrer schuldigkeit druͤ- cket, so dencket sie, es komme ihr von ihrem recht zu disponiren allein zu, dannenhero fasset sie zwar die schuldigkeiten in das gedaͤchtnis, aber die empfindung von ihrem recht behaͤlt sie in dem hertzen, oder sie wird im besitz und ge- brauch ihres rechts, durch eitele speculationes Z 5 und moralische betrachtung und wunderliche praͤtensiones, zum oͤftern oh- ne noth beunruhiget. Die schuldigkeiten eines menschen sind einschraͤnckungen seines rechts, wo man also keinen begrif von seinem recht, dem endzweck desselben, und denen mitteln da- zu, hat, da fassen die schuldigkeiten niemahls rechte wurtzel. Also hat der mensch das recht durch den ausdruck seiner gedancken, sein leben, gesundheit, ehre, vermoͤgen und vergnuͤgen zu erhalten, und bey denen faͤllen, welche ihm daran eintrag thun, zu schweigen, und iener tyranne, welcher den unterthanen verbieten ließ, nicht miteinander zu reden, grief denen unterthanen in ihre natuͤrliche gerechtsame und hatte es seiner thorheit zuzuschreiben, daß das volck sich in dem besitz seines rechts, auf eine solche weise maintenirete, dabey er um den hals kam. Jch wuͤnsche die materie, von dem recht und freyheit eines menschen, von einem andern ausgearbeitet zu sehen, da sich denn auch ein capitel, von dem recht des men- schen zu reden und zu schweigen, zeigen wuͤrde. §. 3. Damit aber niemand in dem ge- brauch seines rechts zu weit gehe, und den zweck desselben uͤberschreite, bey dem ausdruck seiner gedancken, so sind den menschlichen neigungen gewisse schrancken gesetzet, welche aber eben aus diesem endzweck herzuleiten. Solche be- fehlen, daß die nothwendige unterhaltung, der menschlichen gesellschafft nicht unterbrochen werde, daß auch das vergnuͤgen derselben nicht gestoͤhret werde, daß man nicht andern hiezu gelegenheit gebe, und endlich daß man sich selbst, bey beobachtung dieser einschraͤn- ckun- des ausdrucks. ckungen, durch den ausdruck seiner gedancken, andern angenehm zu machen wisse. Das erste dependiret von den regeln der gerechtig- keit, das andere von den regeln der honnetete, das dritte, von den regeln der klugheit, und das letzte von den regeln des wohlstandes. Es heist mit dem menschlichen geschlecht bald wie mit ienem: multitudo medicorum, regem perdi- dit, also: multitudo normarum humanum ge- nus perdidit. Jch dencke man koͤnne zu denen erzehlten, alles referiren, was man von denen schuldigkeiten eines menschen, in ansehung der rede, in ihrer relation auf den Moralischen nu- tzen derselben, sagen mag. §. 4. Die regeln der gerechtigkeit zu wel- chen die reguln des Christenthums mit gehoͤ- ren, gebieten, daß man nicht rede wenn eines menschen leben, gesundheit, ehre, vermoͤgen, und wohlfarth ohne noth, geschweige noch ei- ner gantzen societaͤt, durch unser reden ruiniret wird, daß man im gegentheil nicht schweige, wo man eines menschen leben, gesundheit, eh- re, vermoͤgen, und wohlfarth retten koͤnne. S. Pufendorf de Jure N. \& G. L. IIII. cap. I. Thomasii institutiones Jurisprudentiae divinae L. II. cap. VIII. Uffelmann de obligat. hom. quae ex sermone oritur. und andere lehrer des Rechts der natur. Wieder die regeln der ge- rechtigkeit handeln einmahl dieienigen, welchen eine stoͤckische verschwiegenheit das maul ver- bindet, wann sie den andern auch nur mit einem worte retten koͤnnen, wann sie sein gebuͤhren- des lob bey gar bequemer gelegenheit nicht fuͤrbringen, wann sie denen wieder ihm fuͤrge- brach- moralische betrachtung brachten laͤsterungen deren unwahrheit sie wis- sen, nicht wiedersprechen: Hernach dieienigen, welche wieder die wahrheit reden, so daß der andere dadurch um leib, leben, ehre, ver- moͤgen, und wohlfarth kommt: Endlich die- ienigen, welche zwar die wahrheit reden, und eines andern laster wahrhaftig erzehlen, aber doch keinen beruf und keine obligation dazu haben, auch niemand damit nutzen, wohl aber dem andern entsetzlichen schaden zufuͤgen, und dieses ist die so genannte medisance. §. 5. Nach den regeln der honnetete ist man verbunden nicht zu reden, wo man etwan des andern seine gemuͤths-ruhe stoͤhren koͤnne, oder ihm die erhaltung seiner geist- und leiblichen guͤter, beschwerlich, verdrießlich, kostbar und unangenehm machen moͤchte, im gegentheil ist man verpflichtet nicht zu schweigen, wo unsere worte zu der gemuͤths-beruhigung des andern, zu seiner commoditaͤt, vergnuͤgen, und uͤber- haupt zur freundschaft und zur guten uͤberein- stimmung der menschlichen gemuͤther, etwas beytragen koͤnnen. Siehe angefuͤhrte auctores. Hiewider suͤndigen diejenigen, welchen ihre stoͤckische auffuͤhrung nicht erlaubet, des andern frage einer antwort zu wuͤrdigen, oder sein gemuͤth durch freundli- ches zureden zu beruhigen, und ihn zu allerhand vortheil bey gelegenheit zu helfen: Ferner die- jenigen, welche, wann sie ia reden, nicht freund- und hoͤflich genung ihre worte fuͤrbringen, wel- che des andern affecten, als liebe, haß, neugie- rigkeit, durch allerhand unnuͤtzes reden rege ma- chen, sich eines zweydeutigen, satyrischen, gar zu schmeichelhaften ausdrucks bedienen, aus ei- nem des ausdrucks. nem geld-geitzigen, haͤmischen, falschem gemuͤth, anders reden, als sie es meinen ohne daß ihnen ein vernuͤnftiger endzweck freyheit gaͤbe, solches zu thun, mehr versprechen als sie halten koͤmnen, solche dinge von dem andern erzehlen, die zwar mit der wahrheit uͤberein stim̃en, ihn auch nicht eben ungluͤcklich machen, aber doch unruhig, laͤ- cherlich, bey andern unangenehm, und so fort, welches das hauptwerck derer ist, so da affecti- ren moqueurs zu seyn. §. 6. Die klugheit verbindet uns denen re- geln der gerechtigkeit und honnetete mit gu ter manier ein gnuͤge zu leisten, und wenn man diese beobachtet, so gewoͤhnet sie uns, nie- mahls ohne vernuͤnftige absichten zu reden und zu schweigen, sondern allezeit auf die ursachen dieser absichten zu gedencken, und die wuͤrckun- gen davon zu uͤberlegen, den ausdruck nach des andern seinen vorurtheilen und neigungen, so viel die regeln der gerechtigkeit und honnetete erlauben, zu temperiren, bißweilen von den re- geln des ausdrucks und den guten eigenschaften des stili abzugehen, mit einer guten art schaͤdli- che wahrheiten zu verbergen, und nuͤtzliche un- wahrheiten fuͤrzubringen, ꝛc. Siehe hiebey Gratians oracul mit D. August Friedrich Muͤllers noten hin und wieder, und andere lehrer der klugheit. Wider die klugheit suͤndigen die vergeblichen wiedersprecher, esprits de contradiction, die in gelagen disputiren, oder in gesellschaft wie die stummen oͤl goͤtzen sitzen, die zotenreisser, naͤrrischen flucher, die sich aller- hand verwuͤnschungen angewoͤhnen und gebrau- chen, die das groͤste maul fuͤr andern haben, nichts moralische betrachtung nichts verschweigen koͤnnen, oder all e s ver- schwiegen tractiren wollen, ihre versprechungen gar zu leichte aͤndern, und also zeigen, daß sie entweder bey dem versprechen, oder bey dem nicht halten narren gewesen, welche zur unzeit affecten rege machen, bey allen neu-erfundenen wahrheiten lerm blasen, alles gleich mit ihren raisonniren reformiren wollen. ꝛc. §. 7. Mit diesen sind die regeln des wohl- standes genau verbunden, denn selbige zeigen uns, wie wir alle aͤusserliche umstaͤnde, auch diegeringsten kleinigkeiten, nach dem geschmack derer, denen wir zu gefallen ursach haben, ein- richten muͤssen, und nach diesem wird zuweilen von uns erfodert, daß wir nicht reden, zuweilen. daß wir nicht schweigen, daß wir bey dem aus- druck in der sprache, minen, air und gestibus uns den leuten angenehm machen, uns durch keine affectation ridicul, durch keine familiaire reden verachtet, durch keine hyperbolische, thra- sonische, satyrische redens-arten verhast, und durch die verachtung der vorhin angefuͤhrten regeln der gerechtigkeit honnetete und klugheit, den leuten zu keinem scheusal machen. Hiewider suͤndigen ausser oben angefuͤhrten die plauderer, welchen bestaͤndig das maul in ge- sellschafft offen stehet, und die hingegen andern immer in die rede fallen; die schul-fuͤchse, welche die politen manieren zu reden, nach ihrem Do- nat und Grammaticken oder abstracten specu- lationibus, und nicht nach der kaͤnntniß der po- liten welt beurtheilen; diejenigen, welche im- mer von sich selbst reden, und nicht an den verß gedencken: Nec des ausdrucks. Nec te laudabis, nec te culpaueris ipse, Hoc faciunt stulti, quos gloria vexat inanis. \&c. welche endlich die regeln vom stilo ohne ursach negligiren, ꝛc. §. 8. Doch ich muß hier auch denen zuhoͤ- rern eine erinnerung geben, daß sie sich, wann sie iemand hoͤren, einmahl bemuͤhen, selbigen recht zu verstehen, und hernach von seinen ge- dancken und ausdruck ein vernuͤnftiges urtheil zu fassen. Zu ienem ist noͤthig, daß sie die sprache, darin geredet wird, recht inne haben, genau aufmercken, und kein wort vorbey las- sen, des redners stand und andere umstaͤnde, so viel moͤglich, in betrachtung ziehen, wenn sie in einem gemischten auditorio sind, nicht dencken, daß der redner ihnen allein zu gefallen rede, ihn nicht mit vorgefasten meinungen und blin- den affecten, sondern gehoͤriger gelassenheit anhoͤren, auf seine haupt-proposition achtung geben, seine absichten recht bemercken, und wohin die sache gehoͤret, erwegen, nicht hoͤren und zugleich urtheilen wollen. Koͤnnen sie aber bey sich selbst gewiß seyn, daß sie den redner recht verstanden, so muͤssen sie doch noch, ehe sie zum urtheilen schreiten, bey sich uͤberlegen, ob sie auch die disciplin, dahin die von ihm fuͤrgetragene sache gehoͤret, recht be- griffen, ob sie den character des redenden und hoͤrenden in ihren gedancken recht formiret, und alsdann koͤnnen sie ein urtheil fassen, wo- bey sie sorgfaͤltig, sich fuͤr den betrug der vor- urtheile und neigungen, zu huͤten, und alle regeln moralische betrachtung regeln der beredsamkeit ibnen bekannt zu ma- chen haben. Conf. Thomasii ausuͤbung der Sitten-lebre cap. 3. und 4. Ejusdem instit. Jurisprudentiae di- vinae Lib. II. cap. XII. Ridiger S. V. \& F. de probabilit. Hermeneutica L. III. C. IIII und ande- re, welche von der interpretatione geschrieben, denn diese muͤssen, was ich hier kurtz gesetzt, voll- kommener geben. §. 9. Es ist ein besonderes kunst-stuͤck der klugheit, aus dem ausdruck von der gemuͤths- beschaffenheit des menschen zu urtheilen, wel- ches aber wegen der vielen dinge, welche hier zusammen genommen werden muͤssen, nicht so leicht ist, als man meinet, hingegen auch denenienigen, welche die hier zusammen lauf- fende wissenschaften und geschicklichkeiten be- sitzen, nicht sauer ankommt. Jn der rede und dem stilo eines menschen kommen viele solche striche fuͤr, daruͤber der menschliche willkuͤhr nicht disponiren koͤnnen, und also zeigt sich da die natuͤrliche bloͤsse: Nur muß man so scharf- sichtig seyn selbige zu erkennen und recht zu be- mercken, und man wird daraus theils die be- schaffenheit des verstandes, theils des willens ziemlich abnehmen koͤnnen, wann man sich nur bescheidet, daß es keine unstreitige, son- dern eine wahrscheinliche sache sey. Es er- fodert aber diese scharf-sichtigkeit, die kaͤnntniß der Moral, insonderheit der menschlichen affe- cten, der lehre von der politischen wahrschein- lichkeit, der beschaffenheit des menschlichen ver- des ausdrucks. verstandes, der regeln des stili, der Historie des redenden, der Hermeneutischen wahrschein- lichkeit, und endlich eine gute lectur und er- fahrung. Socrates sagte, als ihm iemand einen knaben brachte, dessen gemuͤths-beschaffenheit er unter- suchen moͤchte, man solte denselben reden lassen. Diogenes moquiret sich, daß die leute keinen topf kauften, wann sie nicht vorher daran ge- klopft, und versucht, wie er klaͤnge, und doch gleichwohl den menschen aus dem blossen anse- hen, nicht auch aus der rede urtheilen wolten. Deßwegen sagt Quinctilianus L. VIII. Sermo- ne hominem, vt aera tinnitu dignoscimus, und Terentius Heauton. II. 4. Mihi, quale ingenium haberes, fuit oratio. Verulamius VI. 1. de augm. scient. meint, man koͤnne aus der sprache von gantzen voͤlckern urtheilen. So noͤthig aber die- se kunst, so schoͤn und angenehm sie ist, so weiß ich doch nicht, ob folgende auctores hinlaͤngliche nachricht davon gegeben, als: Janus Huartus in Scrutinio animorum, Neuhusius im Theatro ingeniorum, s de cognoscenda hominum indole \& secretis animi moribus. Jo. Mercurialis im Musaeo Physico s. de humano lngenio. Venet. 1640. 4. Camillus Baldus de diuinatione epistolari. Bonon. 1664. 4. La Chambre dans les caracteres des passions. IIII. Vol. Amsterd 1658 12. und Paris 1662. 4. (Siehe Morhofs Po- lyhist. III. I. I. 11. Stollens Hist der Gel. III. IIII. 35.) Scipio Claramontius de coniectan- dis latentibus animi affectibus. Ludovicus Cre- sollius in vacationibus autumnalibus, siue de per- fecta oratoris actione \& pronunciatione. Paris. 1620 4. Siehe Morhoff l. c. II. III. I. 3. Joh. Wolfgang Trier in seinen kurtzen fragen von denen menschlicheu gemuͤths-bewegun- A a gen, moralis. betracht. des ausdrucks. gen, Leipzig 1708. und menschlichen nei- gungen, 1609. 12. Christoph August Heu- mann im politischen Philosopho cap. 3. G. Polycarp Muͤller de coniectandis hominum propensionibus ex stilo, Leipzig 1713. 8. wie- wohl er in seiner Oratorie p. 96. davon selbst urtheilet: Sie sey sehr unvollkommen, weil er damahls die principia der temperamente noch nicht gnugsam erkennet. Jch habe oben in der vorbereitung §. 12. not. b. c. einige schon angefuͤhret. Es dienen zu dieser kunst alle, die von denen requisitis, so zur erkaͤnnt- niß des menschen dienen, geschrieden, und da- von Morhoff und Stolle l. c. viel nachricht geben, wem es gefaͤllt, der mag meine diss. de prudentia diacritica, oder von entdeckung der stellung und verstellung der menschen, eipzig 1723. hinzu thun, und die scribenten, welche ich zu anfangs darinn angefuͤhret. Drit- Dritter theil der Oratorie. Von der ordnung im fuͤrtrage. Das erste capitel, von der disposition uͤberhaupt. Jnhalt. V On der disposition und der damit verbundenen elaboration, §. 1. Von der disposition und aus- arbeitung eines satzes und periodi, §. 2. Von der disposition, verbindung und ausarbeitung vieler saͤtze und periodorum, §. 3. Durch einen syllogismum, §. 4. Durch die chriam rectam, §. 5. Durch chriam inversam, §. 6. Durch eine gantze oration, §. 7. Vom exordio, §. 8. Von der proposition, §. 9. Von der tractation, §. 10. Von der conclusion, §. 11. Beschluß dieses capi- tels, §. 12. §. 1. W Er an gedancken und worten einen gu- ten und auserlesenen vorrath gesamm- let, dem ist nun nichts mehr noͤthig, als daß er A a 2 bey von der disposition uͤberhaupt. bey gegebener gelegenheit zu reden, die gedan- cken in eine gute und natuͤrliche ordnung zusam- men fuͤge nachgehends diese zusammen gefuͤg- ten gedancken und theile durch hinzuthuung ih- rer determinationen und erklaͤrungen gleich- sam uͤberkleide, und also seiner rede nach den regeln der vernunft-lehre, des ausdrucks, der klugheit, dieienige form gebe, wodurch er den endzweck der beredsamkeit und seine absichten zu erhalten gedencket. Die zusammenfuͤgung heist dispositio, und die uͤberkleidung elaboratio. Confer. Vossii Instit orat. Lami l’art de persuader, cap. IIII. Langeus E. 3. O. I. 320. sqq. und anderwerts. Kemmerich l. e. p. 853. Huͤb- uers kurtze fragen aus der O. p. 105. Cle- ricus in pensees de la vraie \& fausse eloquence, cap. 2. Hamilton l. c. p. 88. sqq. Weisens Oratorische sachen, der unter den neuern die ehre der ersten erfindung vieler hieher gehoͤrigen nuͤtzlichen dinge hat. Ludewigs Oratorische nachricht von ietzigen chrien, Leipzig 1709. 8. G Polycarp M llers abriß einer gruͤndlichen Oratorie p. 99. sqq. Jngleichen seine Ideam elo- quentiae nov antiquae, Hederichs Philol. Wiss. p. 438. sqq. Maͤnnlings exped. redner. Weid- lings Orat. Hofmeister. Sigismund Lauxmin Praxin Oratoriam Franckf. 1665. 12. Jacob Hu- gues Artificium connexionum \& transitionum. Witteb. 1657 denen man, die im Morhoff, Stollen, Reimmann l. c \&c. stehn, hinzu fuͤ- gen, und mich hinfuͤhro des allegirens uͤberhe- ben kan. §. 2. Man hat also nicht nur auf eine gan- tze rede uͤberhaupt zu sehen, wenn man ge- schickt von der disposition uͤberhaupt. schickt disponiren und elaboriren will, sondern auch auf die kleinesten theile derselben, nemlich auf die saͤtze und periodos, aus welchen nachge- hends gantze reden erwachsen. Man muß dabey entweder blosse saͤtze in eine periodische structur bringen, odeꝛ einen satz also fort mit seinem argumento zugleich, als einen perio- dum einrichten, in ienem fall siehet man auf das subiectum, praͤdicatum und deren verbin- dung, in diesem auf den satz nicht allein, son- dern auch auf das argument, welches damit soll verknuͤpfet werden, zu welchem oben be- reits P. II. Cap. I. §. 9. 10. einige anleitung gegeben. §. 3. Auf diese weise wird ein ieder satz zu einem periodo, und wenn viele saͤtze zusammen kommen, werden viele periodi, welche aber al- le in einer connexione reali stehen muͤssen, die zu zeiten mit der verbali ausgedruckt wird. Und da hat man entweder einen satz mit seinen argumentis, oder viele saͤtze mit ihren argu- mentis untereinander zu verbinden. Sol- ches gluͤcklich zu bewerckstelligen, muß man aus der Logick verstehen, was methodus syn- thetica und analytica sey, was definitiones und schluͤsse seyn, was unstreitig und wahr- scheinlich muͤsse tractiret werden, was man general-special- und individual-concepte nen- ne, was eigentliche, wesentliche und zufaͤllige begriffe, was diversa, opposita und derglei- chen. Man muß die arten von argumentis A a 3 nach von der disposition uͤberhaupt. nach den regeln der klugheit auszusuchen wis- sen, nach der natur der sache, wie solches die Lo- gick anweiset, die saͤtze mit ihren argumentis ordentlich rangiren und entwerffen, nachge- hends iedweden satz, iedwedes argument, nach den regeln des ausdrucks uͤberkleiden, so wird man ordentlich disponiret und elaboriret ha- ben. Z. e. Als der Herr v. P. in meiner redner-ge- sellschafft, seine erste rede hielte, 1723. d. 7. Julii, so war dieselbe gar natuͤrlich also di- sponiret: Propofit. secundaria gen. Ein staat hat verschiedene staͤnde: Argum. illustr. Wie ein leib viel glieder: 2. Ein stand ist dem andern fuͤrzuziehen: Argum. illustr. wie ein glied am leibe dem andern: 3. Beredte und kriegerische leute sind der re- publick und dem staat noͤthig. 4. Doch ist die beredsamkeit dem krieg-fuͤhren fuͤrzuziehen. Thema s. Prop o s. primaria: Hievon will ich reden und zeigen: Daß die beredsamkeit dem krieg fuͤrzuzieben. Argum. probans a definitione: Der beredsamkeit, des krieges, a causa effic.: der beredsamkeit, des krieges, ab effectu: der beredsamkeit, des krieges, Prop. secund. spec. 1. Also bemuͤhet man sich nicht un- billig beredt zu werden: 2. Auch ich habe lust mich darum zu bemuͤhen: 3. Diese gesellschaft will ich also mit halten: 4. Jch hoffe daraus zu lernen. Bey von der disposition uͤberhaupt. Bey ieder proposition und argumento waren wie- derum andere argumenta und noͤthige erklaͤ- rungen und determinationes beygebracht, also floß die ausarbeitung gar nette und artig fol- gender gestalt: Rede. Von den vorzuͤgen der beredsamkeit fuͤr dem krieg. Das so kuͤnstlich zusammengefuͤgte gebaͤu- de unseres leibes, bestehet aus einem zusam- menhang unterschiedener gliedmassen, und den coͤrper eines gemeinen wesens zieren die unter- schiedenen staͤnde und bemuͤhungen, durch welche die sterblichen suchen gluͤckseelig zu wer- den. Wie nun bey dem natuͤrlichen coͤrper immer ein glied dem andern den vorzug strei- tig zu machen scheinet, da gebrauch und nutzen eines erhebet das andere erniedriget; also sind bey einem Moralischẽ coͤrpeꝛ, die staͤnde deꝛ men- schen niemahls von einerley hoheit. So depen- diret zum exempel von einer angenehmen durch- dringenden beredsamkeit, und ruͤhmlich gefuͤhr- ten kriegẽ das wohl gantzer reiche und zung und degen sind dieienigen werckzeuge, wodurch man die gluͤckseligkeit der laͤnder behauptet. Doch halte ich gaͤntzlich dafuͤr, daß wie die sonne dem mond, dashaupt denen fuͤssen, also die bered- samkeit blutigen kriegen, an einem staats coͤr- per, weit fuͤrzuziehen sey. Eben da ich heute in dieser ansehnlichen redner gesellschafft das erste mahl zu reden die ehre habe, bin ich ent- A a 4 schlossen, von der disposition uͤberhaupt. schlossen, mit dero guͤtigen erlaubniß die vor- zuͤge der beredsamkeit fuͤr grausamen kriegen zu zeigen. Jch hoffe nicht ungeschickt zu ver- fahren, wann ich meinem fuͤrsatz ein gnuͤge zu leisten, und darzuthun, worinnen diese vorzuͤ- ge eigentlich bestehen, beyder natur und eigen- schafften, so viel mir meine wenige einsicht und ungeuͤbte zunge erlauben, gegen einander halte und selbige ihnen H. und H. A. in den ersten lineamenten fuͤrbilde. Jch will durch eine maͤnnliche beredsamkeit, nicht etwa einen uͤberfluß leerer und ausgekuͤnstelter worte, oder eine menge pedantischer realien verstan- den wissen, durch welche einige dieselbe auf den hoͤchsten grad ihrer vollkommenheit ver- meinen getrieben zu haben: sondern einen leb- haften ausdruck vernuͤnftiger gedancken, wo- durch man dieienigen zu denen man redet, nach seinen vortheil zu bewegen, und zu einer nuͤtzlichen uͤbereinstimmung ihrer meinung und ihres verlanges mit dem seinigen, auf eine plausible und angenehme art gleichsam zu noͤ- thigen, geschickt ist. Und diese beredsamkeit allein ist dieienige mutter, welche die schoͤnsten kinder unserer seelen, nemlich vernuͤnftige ge- dancken, zum nutz der gantzen republik zur welt gebieret. Was wird man sich nicht also fuͤr einen fuͤrtreflichen begrif von der beredsam- keit machen, welche uns zugleich gewoͤhnet der zeit, dem ort, dem zuhoͤrer und der sache ge- maͤß reden. Die beredsamkeit ist gewiß ein merck- von der disposition uͤberhaupt. merckmahl eines aufgeweckten geistes, ein et- was, so uns bey iedermann beliebt machet, damit man hertzen fesselt. Sie ist e in ange- nehmer wiederschall, welcher aus den inner- sten bewegungen des hertzens entstehet und ein untadelhafter zeuge daß wir ordentlich geden- cken, scharfsinnig nachdencken und die hertzen anderer, so wie unsere eigene, in haͤnden haben. Da im gegentheil der krieg, nichts anders als ein hitziges fieber der reiche, und pest des ge- meinen wesens, weil er auch in seiner groͤsten vollkommenheit und gluͤckseligkeit, staͤdte zer- stoͤret, laͤnder einaͤschert, und menschen um- bringet. Ein feuer, welches denienigen der es ernaͤhret verbrennet, eine saͤugamme aller laster, eine tochter der grausamkeit, und es schicket sich niemand besser zum kriegen, als wer sich unter die zahl derienigen befindet, von denen der bekannte vers saget: Nulla fides pie- tasque viris, qui castra sequuntur. Jm kriege werden die menschen gezwungen, alle sanftmuth und liebe zu verbannen, grimmiger als panther und tieger zu seyn, und als feuer- speyende drachen andern den tod anzudraͤuen. Die beredsamkeit hat ihren ursprung dem him- mel und der allmaͤchtigen hand des schoͤpfers zu dancken, der uns fuͤr andern creaturen, eine vernehmliche stimme ihn zu loben, und eine ge- schickte zunge, unsere vernuͤnftige gedancken in menschlicher gesellschafft deutlich und leb- haft zu erkennen zu geben, anerschaffen hat. A a 5 Der von der disposition uͤberhaupt. Der krieg nimmt seinen anfang in der hoͤlle, von dem geiste der uneinigkeit und des mordes, dem fuͤrsten der suͤnde und der finsterniß, und glaube ich gewiß daß dieser listige geist, die menschen in den abgrund zu stuͤrtzen, nichts bessers haͤtte erfinden koͤnnen, als eben den krieg. Er ist nichts anders als eine versam- lung zur suͤnde, und ein weg zur hoͤlle. Die beredsamkeit erfodert einen gebesserten willen und unumschraͤnckte herrschaft uͤber unsere nei- gungen, denen doch der krieg den zuͤgel allzu- weit schiessen laͤst. Jene ist das leben eines aufgeklaͤrten geistes, und die bemuͤhung einer geschickten zunge, und dieser ist eine verrichtung, welche auch die ungeschicklichkeit selbst uͤber sich nimmt, nachdem ihr zorn und haß die arme gestaͤrcket und rachgierde und neid den degen fuͤhren lernen. Ja die beredsamkeit ist der vernunft und eines menschen, der krieg aber der wildniß und grimmigen thiere eigenschaft. Solte aber wohl die menschliche gesellschafft bestehen koͤnnen, wo sie nicht, durch die unzer- trennlichen ketten der gepriesenen beredsam- keit, so fest verknuͤpfet waͤre? wuͤrden wir nicht dem beliebten umgang die schoͤnsten gaͤr- ten verschliessen, und fast alles zieraths berau- ben, dafern wir ihm das vergnuͤgende geschen- cke des himmels die beredsamkeit entzoͤgen. Sie beschuͤtzet oͤfters thron und scepter, mit bessern nachdruck, als eine menge donnern der carthaunen. Den feind haͤlt sie meisten- theils von der disposition uͤberhaupt. theils mit groͤsseꝛn voꝛtheil von den gꝛaͤntzen ab, und die republick bey ihrer ordnung und gluͤck- seeligkeit, als viel tausend gezuckte schwerdter. Ja das kleine glied die zunge, ist das steuer- ruder, womit fuͤrsten das grosse schif der reiche mit geringer muͤhe wenden und lencken, in diesem beruhet ehre und schmach, heyl und ver- derben, ia leben und todt der unterthanen. Wer wolte mich wohl einer unwahrheit uͤber- fuͤhren, wann ich sagte, daß man durch nichts mehr, als durch eine wohlgesetzte rede, zur tu- gend ermuntert werde, weil sie uns dieselbe so angenehm fuͤrstellet, daß es fast ohnmoͤglich ist, nicht auch zugleich ein verlangen darnach zu haben, welches uns zu deren ausuͤbung an- treiben solte. Sie ist das band welches gan- tze nationen verbindet, und durch welche gan- tze voͤlcker sich beruͤhmt gemacht. Allein haͤtte man das ehemals bedraͤngte Teutschland ge- fraget, was hat deine staͤdte dem erdboden gleich gemacht, deine doͤrfer verwuͤstet und deine fruchtbaren aͤcker durchwuͤhlet? so wuͤr- de es mit bebenden lippen und klaͤglicher stim- me geantwortet haben; der krieg. Was hat deine fuͤrsten gekraͤncket, die unterthanen ruiniret, deine iungfrauen geschaͤndet, den kern deiner mannschaft erwuͤrget, deine zar- ten kinder getoͤdtet? der krieg. Was hat die tugend veriaget, die freyen kuͤnste des lan- des verwiesen, die gerechtigkeit zu boden ge- worffen, deine richterstuben mit raube und unschul- von der disposition uͤberhaupt. unschuldigen blute gefuͤllet? der krieg. Was hat dich endlich ins aͤusserste ver- derben gestuͤrtzet? der krieg. Jch bin ge- wiß versichert, daß noch viele bekriegte reiche, wo sie dieses alles nicht laͤngst werden geklaget, dennoch erlitten haben. Der wich- tigste krieg, wenn er am gluͤcklichsten gefuͤhret wird und aufs hoͤchste gestiegen, muß sich doch durch gewisse gesetze bemeistern lassen, welche nicht anders als durch die beredsamkeit koͤn- nen fuͤrgetragen und verdolmetschet werden. Die gesetze theilen also in ihrer genauen verei- nigung, der beredsamkeit die helfte ihrer herr- schaft uͤber den krieg mit. Wer will ihr dem- nach den vorzug streitig machen? Sie ist der kostbarste schmuck eines printzen, die unetbehr- liche geschicklichkeit eines hofmannes, und die schoͤnste zierde eines grossen capitains, wie die sonne und mond den himmel, so zieren die be- redsamkeit und tapferkeit einen officirer und ist es ihm nicht wenig ehre, wann er seine worte so geschickt setzen, als seine mannschaft stellen kan. Es suchet demnach billich ein iedweder, der als ein vernuͤnftiges mitglied der menschli- chen gesellschaft leben will, sich einer wahren beredsamkeit zu befleißigen, und ist gewiß ver- sichert, daß wie der schweiß den fleiß, also die be- lohnung die bemuͤhung begleiten werde. Gewiß der muß mit niedertraͤchtigem gemuͤthe, die warhafte hoheitunsersgeistes, wie eine eule das licht verabscheuen, welcher in diesem stuͤck nicht suchet von der disposition uͤberhaupt. suchet einige vollkommenheit zu erlangen. Jch kan nicht laͤugnen, daß ich zu dieser gluͤckseelig- keit zu gelangen, laͤngstens gewuͤnschet, doch habe niemahls ein bequemeres mittel, als die- se redner-gesellschaft angetroffen, weswegen ich als ein mitglied in dieselbe aufgenommen zu werden gesucht, und meines wunsches ge- waͤhret worden. Jch kan ohne den fehler ei- ner schmeicheley zu begehen, aufs gewisseste versichern, daß ich biß anhero in derselben, so wohl von denen saͤmmtlichen mitgliedern die- ser ansehnlichen redner-gesellschaft, als haupt- saͤchlich dem so gelehrt als beredten herrn praͤsi- de durch geschickte reden, zu einer freudigen nachahmung gar sonderlich bin angefrischet worden. Wobey ich mich doch iedesmahl nach art der schiffer verhalten werde, welche bey wiedrigem winde und mangel der kraͤfte, dennoch solte es auch nur mit wiederholten wuͤnschen geschehen, den bereits eꝛblickten Pha- ros zu erreichen, sich eyfrigst bearbeiten. §. 4 Die Rhetores geben die arbeit der disposition leichter zu machen, verschiedene mo- delle, darnach man seine gedancken im reden ordnen kan, als z. e. den syllogismum und vie- lerley arten der chrien. Der syllogismus fo- dert einige erkaͤnntniß der unstreitigen arten zu schliessen, nach der syllogistick, und besteht aus dem satz oder der conclusion, dem beweiß- grunde oder grundsatz und der verbindung unter beyden oder der minori propositione, und von der disposition uͤberhaupt. und also aus drey saͤtzen, welche sechsmahl versetzt, mit andern argumentis, wenn es noͤ- thig, erweitert, aber auch enge zusammen ge- zogen werden koͤnnen, so daß man wohl gar die minorem weg laͤst. Kommen zu denen saͤtzen argumenta, so wird ein epichirema daraus, bleiben diese weg, ists ein blosser syllogismus, bleibt minor weg, heists enthymema, ia es fin- det auch hier der sorites statt, bey mehr als drey propositionibus, wenn immer eine aus der andern fliesset. Exempel findet man uͤberall in denen Rhetorischen buͤchern, ich will doch kurtz folgendes beyfuͤgen: Proposito: Man kan seine lebens-art im alter wohl aͤndern und umsatteln. Argum. Prob. Denn wozu man sich in der unver- staͤndigen iugend begeben, solches kan man im alter aͤndern. Syllogismus: maior: Wovon man in der iugend zu ur- theilen nicht faͤhig gewesen, und es doch erweh- let, solches kan man im alter aͤndern. minor: Unter dieienigen dinge, davon man in der iugend zu ur theilen, nicht faͤhig gewesen, gehoͤret billich die politische lebens-art, und derselben er- wehlung. conclus. Also wird niemand einem verstaͤndigen mann vor uͤbel halten, wann er den fehler seiner iugend, in erwehlung der art zu leben, bey meh- rern verstand und erfahrung zu verbessern suchet und aͤndert. Enthymema: maior: Wozu unser alter und erfah- rung natuͤrlicher weise noch nicht hinlaͤnglich, eine vollkommene gute wahl zu treffen, und zu urtheilen, das koͤnnen wir billig bey vollkomme- nern verstand und jahren aͤndern, con- von der disposition uͤberhaupt. conelus. Also wird niemand dencken, daß es eine suͤnde sey, wenn man eine in der iugend erwehlte le- bens-art fahren laͤst, und im reiffern alter eine andere erwehlet. Epichirema; Syllogismus oratorius: Ausfuͤhrung: maior: wie oben: Argum. illustr. Wir erfahren taͤglich, daß bey ei- nem regiment neue arten, die regierung zu ver- bessern eingefuͤhret werden, aber wir erfahren nicht minder, daß sie nachdem man ihre fehler durch laͤngere regierung empfunden, von eben denen so sie eingefuͤhret, geaͤndert werden. Argum. probans: Als kinder haben wir kindische anschlaͤge und unternehmungen, als iuͤnglinge setzen wir uns viel fuͤr und fuͤhren wenig aus, weil wir unsere kraͤfte selten genugsam kennen, aber als maͤnner koͤnnen wir erstlich recht, von dem politischen leben, maͤnnlich und verstaͤndig urthei- len. Minor: Wie oben: Argument. prob. Denn eine politische lebens-art hat den endzweck, uns und die unsrigen mit ehren und zum dienst der societaͤt darinn wir leben, zu erhalten, hiezu aber gehoͤret erkaͤnntniß unser selbst, erkaͤnntniß der staͤnde, ihres guten und boͤ- sen, davon man in der iugend gemeiniglich das wenigste weiß: Argum. illustr. wie den leuten, die keine Mahlerey und bildhauer-kunst verstehen, und doch davon urtheilen, so geht es uns in der iugend. Argum. movens: Die lebens-arten haben zweyer- ley seiten, auf der einen sehen sie gut, auf der an- dern schlimm, wie leicht sieht man doch unrecht. Conclusio: Wie oben: Argum. illustr. ab exemplo aller derer die gluͤcklich umgesattelt haben: Argum. mouens: Jst derienige kluͤger, der in der iugend von der disposition uͤberhaupt. iugend narret, und im alter dabey bleibt, oder der so bey reiffen iahren die fehler der iugend durch klugheit bessert? Es koͤnten zu ieden argumento und satze, wieder neue gefuͤget werden, so wuͤrde eine vollstaͤndige oration oder deduction daraus erwachsen. Als ein e- empel eines Sorites mag folgendes seyn; wann iemand aus schertz beweisen wolte, alle leute rai- sonnirten recht, so koͤnte er folgende saͤtze machen: Prop. 1. Alle leute raisonniren. 2. Alle raisonnements sind gedancken. 3. Alle gedancken sind ideen. 4. Alle ideen sind erinnerungen. 5. Alle erinnerungen sind empfindungen. 6. Alle empfindungen sind wahr. 7. Wer wahtheiten bat raisonniret recht. Conclus 8. Also raisonniren alle leute recht. Aber man muͤste sich dabey auf die syllogistick und instantzen nicht einlassen, sondern die saͤtze fein mit ingenieusen einfaͤllen, argumentis illustran- tibus, und patheticis ausputzen und uͤberkleiden, so daͤchten die leute doch, man raisonnirte selbst recht, und das waͤre fuͤr die feinde der Logick ein gefunden fressen. §. 5. Solchen fuͤget man die chrien bey, welche nichts anders sind, als ein satz mit sei- nen argumentis, und heissen entweder Aphtho- nianische oder Oratorische chrien. Die Aphtho- nianischen finden ietzo wenig liebhaber, nachdem Weise die Oratorischen gluͤcklich er- funden und artig gewiesen hat. Zu iedweder chrie sind also zwey hauptsaͤtze noͤthig, der grundsatz oder das thema, und sein beweiß- grund oder die aͤtiologie, und zu diesen koͤnnen dienliche erlaͤuterungs-gruͤnde gefuͤget werden. Es von der disposition uͤberhaupt. Es sind aber der chrien zweyerley, entweder recta oder inversa, iene setzet den hauptsatz mit seinem beweiß-grund, in der natuͤrlichen ord- nung, diese setzt das argument vor den haupt-satz, oder das ende einer rede in unserer meditation, zu anfang in der ausarbeitung. Die Aphthonianische hat, wie bekannt, von Aphthonio, der im 5. ten jahrhundert nach Christi geburt gelebet, ihren nahmen, ist ent- weder realis, oder verbalis, oder mixta, hat 8. stuͤcke: Laudem auctoris, paraphrasin thematis, aetiologiam, contrarium, simile, exemplum, testi- monium, conclusionem, z. e. man wolte uͤber fol- gende worte Platonis: Tum demum beatus ter- rarum orbis est futurus, cum aut sapientes regnant aut reges sapere incipiunt, eine rede halten, so setzte man: 1.) Laudem auctoris: Plato war ein trefflicher Philo- sophe und staatsmann, unter andern seinen ma- ximen war diese nicht uneben, da er sagte: Dann wuͤrden erstlich gluͤckseelige zeiten kommen, wann die weisen regierten, oder die koͤnige weise wuͤrden. 2.) Interpretat. thematis: Er meint nicht, alsdann, wann sich die koͤnige in maͤntel verhuͤlleten, baͤn- cke hinsetzten, und collegia Philosophica und Pan- sophica hielten, oder wie die petits-maitres vom staat, mit einem Frantzoͤischen bel-esprit, tres-a- greablement, und mit vielen bons mots par dessus le marché neben hin raisonnirten, auch nicht als- dann, wann man die schulfuͤchse (rechtschaffene schulmaͤnner ungeschimpft) zu koͤnigen wachte, sondern wann leute die verstand und willen durch nachsinnen und erfahrung gebessert und vollkommen gemacht, den thron bestiegen, oder printzen gelernet haͤtten, die pflichten eines ver- nuͤnftigen klugen und gerechten menschen, und B b eines von der disposition uͤberhaupt. eines geschickten regenten zugleich auszuuͤben, und allezeit die liebe und hochachtung ihrer un- terthanen zu erhalten wuͤsten. 3.) Aetiologiam: Von der fuͤrtreflichkeit und nothwen- digkeit der wahren welßheit zur regierungs- kunst: 4.) Contrarium: Von dem ungluͤck der unterthanen/ denen es an weisen regenten fehlt: 5.) Simile: Von einem verstaͤndigen schiffer, der das steuer-ruder kluͤglich zu leucken weiß, ꝛc. 6.) Exemplum: Von den gluͤcklichen zeiten Salamo- nis und den uͤbeln zeiten Rehabeams ꝛc. 7.) Testimonium: Aus dem Prediger Salomo am 10. v. 16. 17. Guevara im Horologio P. l. 21. Bias inter leges Prieneis latas hanc dedit: Nemo Prie- nensium gubernator legitor, nisi sit litteris Grae- corum eruditus: Nulla enim maior est reipubli- cae pestis, quam sapientia prudentiaque guberna- torem destitui \&c. 8.) Conclusio: Von der bemuͤhung nach weißheit. Jn dieser heisset man das thema protasin das ar- gument aetiologiam. z. e. Dispos. per chriam ordinariam oder rectam: Protasis, s. Prop. Die Gelehrten muͤssen sich bemuͤhen, auf solche arten und theile der gelehrsamkeit sich zulegen, so den gemeinen wesen dienlich seyn koͤnnen. Interpretat, Dieienigen wissenschaften sind der re- publick dienlich, durch die sie tugendhaft und weise, wie auch in allen staͤnden gebessert und vollkommener gemachet werden kan. Aet, prima: Der gelehrte stand ist eben deswegen gestiftet, und mit privilegien versehen, daß er allen und ieden staͤnden eine anweisung zur tugend und weißbeit, wie auch zur buͤrgerli- chen gluͤckseeligkeit geben solle. Medit. von der disposition uͤberhaupt. Medit. Hieraus kommt der rang der gelehrten: Deñ da sie andern zur besserung dienen sollen, hat man ihnen ein ansehen beylegeu muͤssen. Testim. Eine solche gelehrsamkeit die dem staat dienlich ist nennet Quintilianus: eruditionem verecivilem: und preiset sie an den Roͤmern. Act. 2. Alle wissenschaften so denen staͤnden und der republick, neben uns, nicht dienen, sind nichts anders, als ein otinm eruditum i. e. bey vieler arbeit unnuͤtze. Interp. dergleichen sind dieienigen wissenschaften, so nur allein auf die subtilitaͤt derer sprachen, die entfernten und verlegenen historien, tiefsinnige und weit hergesuchte speculation gehen. L.C. alle dieienigen, so mit ihren fleiß niemand wie- der nutzen koͤnnen, sind warhaftige muͤßiggaͤn- ger. Aet. L. C. Denn ein muͤßiggaͤnger thut zwar stets etwas, aber nichts nuͤtzliches. Coroll. s. prop. repet. also haben auch die ge- lehrten unserer zeit noͤthig, ihre studitz mehr in dem staat brauchbar zu machen. Z. e. folgende antritts-rede, Disp. per chriam inversam: Conclus. wie ich nichts mehr als die bestaͤndige guͤ- te von diesen hochansehnlichen Collegio wuͤn- sche, also bitte ich mir dieselbe hierdurch mit geziemender ergebenheit aus. Argum. mouens: Dero approbation allein, wird von mir billig so hoch geschaͤtzet, daß ich sie allen andern lob spruͤchen fuͤrziehe. Aet. Locus Com. vie vernuͤnftige ehre kommt nicht auf die menge, sondern auf die vortreflichkeit der- ienigen, die uns ehren, sonderlich an. Sim. Wenn wir von den haupte des landes ein ein- tziges gnaden-zeichen empfangen, achten wir es hoͤher, als alle geschencke der unterthanen. B b 2 Con- von der disposition uͤberhaupt. Connex. Damich nun die guͤtige aufnahme in ders ansehnliches Collegium eine bestaͤndige sreund- schaft und eine bestaͤndige zuneigung hoffen laͤsset. Protas. So dancke ich gantz ergebenst, fuͤr dieses erste und besondere zeichen, der so lange ge- hoften guͤtigkeit gegen mich. Propos. 2. Jch verspreche nichts zu unterlassen, wor- durch dero vertrauen gegen mich befestiget, und meine aufrichtige ergebenheit vollkommen bezeu- get werden kan. Vot. Gott schuͤtze dieses ansehnliche Collegium so lange, daß es allen andern zum exempel des gluͤcks, ordnung und fuͤrtreflich keit dienen kan. §. 6. Die chria inversa setzt entweder eine aͤtiologie voran, oder ein argumentum illu- strans, in ienem fall heist sie: chria per ante- cedens und consequens, in diesem aber: chria per thesin und hypothesin. Die chria per an- tecedens und consequens hat also zwep haupt- stuͤcke, den beweiß-grund und das thema, hie- zu koͤnnen noch kommen, die verbindung des beweiß-grundes mit dem themate, rationes dubitandi und decidendi zu dem beweiß-grun- de, und zu allen, auch accidentellen saͤtzen, allerhand argumenta. Die chria per thesin und hypothesin setzt ebenfals zwey hauptstuͤcke das argumentum illustrans und das thema, zu beyden thut sie allerhand argumenta, auch wohl argumentorum argumenta hinzu Disposi- von der disposition uͤberhaupt. Z. e. Dispositio einer rede per anteced. \& consequens bey uͤberreichung eines gedichts und abend-musick: Antecedens argum. prob. Wir haben allezeit fuͤr un- ser groͤstes gluͤck geschaͤtzet, Ew. Durchl. ge- treueste unterthanen zu seyn Aet L. C. Es ist ein grosser unterscheid unter de- nenjenigen, so einem weisen regenten, und un- ter andern so einem potentaten der die affecten in sich herrschen laͤsset, ergeben sind, Arg. ill: a simili. Die pflantzen und alle gewaͤchse treibet zwar auch die hitze, des sichtbaren und groben feuers, aber der zarte und guͤtige strahl der sonne, macht sie vollkommener und schoͤner, ab ex: Die Roͤmer wuͤnscheten sich bestaͤndig un- terthanen zu seyn ihres guͤtigen und weisen Trajani, ob sie gleich der monarchischen macht, noch nicht vollkommen ergeben waren. Conn: Da wir nun Durchl. und weisester Fuͤrste durch Dero ankunfft in unsern ort gelegenheit finden, dieses in unserem hertzen, so viel 1000. mahl geruͤhmte gluͤck, unserer selbst, oͤffentl. zubezeugen, Cons. thema. prot So werden E. H. F. Durchl. gnaͤdigst anseben, daß wir solches in gegen- waͤrtigen untertbaͤnigsten gedichte, und aus tiefster devotion unternommenen abend- mu- sick, nicht nur E. Durchl. sondern der gan- tzen welt kund thun. Argum. patheticum: Alle unsere studien achten wir nur vor mittel uns faͤhig zu machen, dieses gluͤck in E. Fuͤrstl. Durchl. unterthaͤnigsten dien- sten dermahleins vollkommen zu geniessen. Conclus. Wie wir uns denn Denselben als einen besi- tzer der weißheit und gelehrsamkeit, zu be- harl. gnade in unterthaͤnigster devotion empfohlen haben wollen. B b 3 Disposi- von der disposition uͤberhaupt. Z. e. I. Dispositio einer trauungs-rede per thesin \& hypothesin. Thes. Es ist nichts weniger als weißheit und lie- be zu zwingen, ja man hat noch nie erfah- ren, daß gezwungene liebe und wahr- heit moͤglich sey: Simile: So wenig als sich die flamme und also das brennende feuer verschliessen laͤst, wenn es nicht verloͤschen soll; so wenig laͤst auch die liebe der menschen, sich in gewiße graͤntzen zwingen. L. C. Liebe und wahrheit sind die groͤsten vollkom- menheiten geistlicher natur. Medit. Sie sind wie die religion so aus liebe und wahrheit besteht, und also uͤberredet, nie gezwungen werden kan. Connex. Die verbindung derer hertzen und des gan- tzen leibes, so wir die ehe nennen, ist eben des wegen unzwingbar, weil sie von einer uͤberzen- gung des verstandes und aufrichtiger liebe des hertzens ihren ursprung und leben empfaͤnget. Hypoth. s. Propos. Also wuͤnschen wir ietzo oͤffent- lich 2. personen gluͤck, die sich ihrer freyheit in erwehlung dieses standes bedienet. Aetiol. Jhr verstand uͤberzeugt sie selbst, daß eine iede person unter ihnen, der liebe und hochach- tung wuͤrdig sey: Medit. Man sagt: so viel koͤpfe so viel sinne, aber weise personen haben nur einen kopf in ihrer erkaͤntnis: Sim. Die thorheit hat die menschen in denen mei- nungen geschieden, gleich wie sie die ungerech- tigkeit in krieg und streit gebracht hat, die weiß- heit vereiniget die menschen, wie die sonne allezeit vereiniget ist. Aetiol. Die eigne empfindung ihres gleichen, hat ihre hertzen zur liebe bewogen: So daß sie beyde einander geliebet, ehe wir auch gewust daß sie von von der disposition uͤberhaupt. von einander geliebet worden. L. Comm: Die tugend ist allezeit frey und von der natur allezeit frey erklaͤret, Appl. Alle tugend ist eine art der liebe, also ist die liebe allezeit baronistret. Conn. Der ietzige standt den sie aus freyheit erwehlet scheint sie doch um die freyheit zu bringen, nachdem ieder theil nun verbunden ist, die pflicht, die treu und beystand lebenslang ein- ander zu erweisen. L. C. Die menschliche freyheit ist also niemahls frey. Resp. Die verbindung aber ist kein zwang, denn wer willig dient, ist dennoch frey. Concl Wir wuͤnschen daß ihnen ihre verbin- dung so angenehm und so geseegnet seyn moͤ- ge, daß sie den darunter verborgnen zwang, wo er anders so zu nennen, bey der suͤßig- keit ihrer freyheit nie verspuͤhren moͤgen. II. Disposition einer rede darinnen den Prin- tzen von Pfaltz-Sultzbach im nahmen der staͤnde seines landes zu der vermaͤblung mit der Fuͤrstin von Arenberg gratulirt wird. Thes. s. argum. Illustrans: Die unbeschreibliche freude der getreuesten unterthanen uͤber die vermaͤhlung E. Durchl. ist so groß, daß sie selbe mit eignen worten nicht aus zu druͤ- cken wissen, sondern sie als ein befonderes schicksaal des himmels ansehen, bey wel- chen Gott alles gethan: Also daß man da- von recht sagen koͤnne: Nec sorte nec fato. Interpretatio historica: Diese uͤberschrift ist gebraucht worden, als Wilhelm III. Printz von Oranien ao. 1672. zum stadthalter der vereinigten Nie- derlande erwehlet wurde. Interpretat. Philos. Es soll dadurch angezeiget wer- den, daß bey so hohen verrichtungen hoher haͤupter eine besondere goͤttliche providentz B b 4 das von der disposition uͤberhaupt. das regiment fuͤhre, nicht aber ein blindes gluͤck, noch die fatalitaͤt der gestirne. Locus communis: Jn denen verbindungen hoher haͤupter lieget des regiment Gottes selbst uͤber die gantze welt verborgen. Exempla: Die all ancen des Oesterreichischen hau- ses und dessen ansehnliche kraͤfte sind durch vermaͤhlungen gestiftet: Die wunderbahre verbindung von Franckreich und Spanien hat eine Spanische infantin zum grunde: Die ietzige regierung von Groß-Brittannien, stam- met aus keinem andern fundament. Das ietzige freye regiment von Schweden ist aus der Heßischen mariage entsprungen. Simile. Ein grosser monarch regieret die untertha- nen durch die klugheit und faͤhigkeit der mini- ster und GOtt veraͤndert die gantze welt, durch die direetion hoher pot ntaten, als seiner un- mittelbaren befelshaber. Hypothesis. Wir finden gleichfals an dieser Durchl verbindung, daß sie ein unmittel- barer zeuge des gnaͤdigen himmels sey, und freuen uns uͤber die darunter versteckte al- lergnaͤdigste providentz Gottes. Actiologia. Nicht nur eine vollkommene Prinzeßin wird dadurch dem gantzen lande zugewendet, sondern auch so ein fuͤrtreflich hauß von Au- vergne verbindet sein gluͤck und interesse mit dem ruhigen Sultzbach. Locus Comm. Die unterthanen sehen ihr gluͤck durch die gluͤckseligkeit ihrer beherrscher. Simile. Die vollkommenheit derer Potentaten ist ein spiegel des gluͤcks derer unterthanen. Hypothes. II. Sive Propositio. Also unterfangen wir uns im nahmen der gesamten Sultzba- chischen lande zu dieser hochfuͤrstlichen ver- maͤhlung zu gratuliren. Aetiol. von der disposition uͤberhaupt. Ætiol. Wir sind vollkommen versichert, daß dadurch das Durchl. Hauß, wie ein palm - baum wach- sen und gruͤnen werde, als unter welchem bil- de vormahls auf besagter muͤntze der Printz von Oranien vorgestellet wurde. Meditatio: Das gluͤck zeiget uns also bald nach die- ser vermaͤhlung eine besondere guͤte, da schon unsere Durchl. Printzeßin einem Sardinischen und Savoyischen Printzen zugefuͤhret werden soll. Votum: GOtt lasse dieses alles so gluͤckseelig seyn, daß wir aus dem seegen und der er hoͤhung beyder Hoch-Fuͤrstl. Haͤuser augenscheinlich erkennen moͤgen, daß alle Dero fuͤrhaben, nec sorte nec fato geschehe. §. 7. Aus verschiedenen chrien wird end- lich eine gantze rede oder vollstaͤndige oration zusammen gesetzet, oder wenigstens koͤnnen in einer gantzen oration, alle hauptheile der- selben, wie die chrien, disponiret und ausgear- beitet werden, wiewohl wañ man zu einer chrie eine formulam initialem zu anfangs, und zu ende die finalem setzt, so ist es auch schon eine vollstaͤndige oration, nemlich eine ausfuͤhrung eines haupt-satzes, durch seine noͤthige argu- menta, welche man in eine solche form ge- bracht, daß sie nach denen regeln des wohlstan- des dem zuhoͤrer angenehm und zu unsern ab- sichten dienlich sey. Es sind aber die theile ei- ner rede folgende: Exordium, propositio, tractatio und conclusio, von deren ieglichen insbesondere noch etwas zu gedencken. Z. e. koͤnnen folgende dispositiones dienen: B b 5 Dis- von der disposition uͤberhaupt. I. Dispositio orationis: de honesta aemulationc. Exordium ab opposito, sc œmulatione noxia. Antecedens: Es giebet manchmahl leute, welche sich bemuͤhen auf eine boͤse art, aus hoch- muth and mißgunst, andern es zuvor zu thun. Connexio: Allein weil dieses eine boͤse aͤmulation ist, so haben wir fuͤrgenommen, Propos. von der bessern aͤmulation zu reden, ad- datur Captat. Benevol. Tractatio continet duas chrias. Chria I. ab vtili. PROTASIS: Die eifrige bemuͤ- hungen, da unnuͤtze leute denen nichts nach- geben wollen, mit welchen sie zugleich zum guten angewiesen werden, ist hoͤchst nuͤtzlich. Aetiologia ab effectu: Denn dieses muntert die gemuͤther auf, daß sie alle arbeit desto williger uͤber sich nehmen, und desto eyfriger verrichten. Aetiologia a causa efficiente. Die information der praͤceptorum selbst gehet gluͤcklicher von statten, wenn die untergebene von solchem ey- fer brennen. Amplificatio ab Exemplo: Atticus war in seiner jugend sehr fleißig und tugendhaft: und die- ses verursachte, daß alle seine mit-schuͤler zu sonderlichen fleiß und tugend sich aufmuntern liessen. Amplif. a simili: Eine gluͤende kohle zuͤndet die an- dere an, ein messer schaͤrffet das andere. Amplif, ab Emblem. Zu Villa Franca in Franckreich wurde von etl. gelehrten ao. 1687. eine gesell- schaft aufgerichtet, die zu ihrem sinnbild ein kleinod erwehlten, mit edelsteinen besetzt, dabey diese worte zu lesen: Mutuo clarescimus igne. AD- von der disposition uͤberhaupt. Applic. Die untergebene jugend sind kleinodien, so den eltern lieber als alle edelgesteine, ꝛc. Amplific. a Contrar. Wie manches hurtiges gemuͤthe wuͤrde eingeschlaͤfert werden, wenn es nicht die furcht, von andern uͤberwunden zu erden, in dem fleisse erhalten wuͤrde. Amplif. a Testimonio: Ohne zweifel hat der bekannte schul- mann Valentinus Trotzendorff aus keinem andern absehen, als eine aͤmulation un- ter seinen discipeln zu erwecken, dieselben alle- mahl bey dem anfange seiner lectionen also an- geredet: Seyd gegruͤsset, ihr edle, buͤrger- meister, ratbs-herren, kaͤyserl. koͤnigl. fuͤrsti- raͤthe, kuͤnstler, doctores, kauff, leute, aber auch ihr henckers-knechte, schelmen, ꝛc. Chria II. ab bonesto, Protasis: Solche aͤmulation ist eine herrliche tugend. Aetiologia per descriptionem negat. \& positiuam: Denn sie ist keine verachtung des andern, wegen seiner gaben, sondern ein betruͤbniß, daß man nicht so fleißig, nicht so tugend- hast, nicht so geschickt ist, als ein anderer von unserer condition. Ætiologia II. ab effectu: Wo diese nacheiferung in dem hertzen gluͤet, koͤnnen die allerschwere- sten dinge gluͤcklich ausgefuͤbret werden. Jn- gleichen wird in den kuͤnsten durch aͤmula- tion was grosses ausgerichtet. Amplif. ab Emblem. Die Academie zu Soissons fuͤh- ret einen jungen adler, der den alten nach- fliegt, mit dieser beyschrift: Maternis ausibus audax. Applicatio: Also machet die aͤmulation dreist und tapffer, daß man auch was waget nach anderer exempel. Exempli loco possunt adduci Parrhasius \& Zeuxis. Item Julius Cæsar ex Suetonio. CON- von der disposition uͤberhaupt. Conclusio: Dannenbero lasse man sich durch tugendhafter leute exempel zu gleichen tugem den aufmuntern. II. Dispositio orationis, de laudibus Jurisprudentiae. EXORD. Antecedens: Die gerechtigkeit ist eine fuͤr trefliche tugend. Ætiolog. Denn sie ist das band, wodurch die mensch- liche gesellschaft zusammen gehalten wird. Connex. I. Da nun die Rechts-gelehrheit, wie man die gerechtigkeit handhaben muͤsse, zeiget, Connex. II. Und fuͤrnehme goͤnner von mir eine pro- be verlangen. Amplific. ab insinuat. Ohngeachtet mein gehorsam, meine unvermoͤgenheit sattsam an den tag le- get: Consequens \& ipsa Propositio: So babe nichts bes- sers auslesen koͤnnen, als das lob der edlen Jurisprudentz. Formul. fin. Captat. benevol. Jhr geneigtes zuhoͤren wird meine rede gluͤcklich machen. TRACTATIO s. Confirmatio tres Chrias continet, Chriam I. ab Honesto. Formula init. s. præparans: Und daß wir unserm versprechen nachkommen moͤgen: Protasis: So wird iedermann gestehen, daß die Rechts- gelehrheit alle ehre und den groͤsten rnhm verdienet babe. Ætiol. a Causa efficiente: Denn sie hat ihren ursprung von GOtt selbst, welcher den menschen und al- len geschoͤpfen gewisse Rechte und gesetze gege- ben, nach welchen sie sich achten muͤssen. Auch die allerheiligsten maͤnner, als Moses und die Propheten und der Heyland selbst, haben das Recht gelehret und ausgeleget. Am- von der disposition uͤberhaupt. Amplif. ab Exper. Noch biß auf den heutige n tag hal- ten hohe und niedrige obrigkeiten sehr uͤber das Recht, uñ die academien werden mit den gelahr- testen Professoribus Juris versorgt. Amplif. ab Exemplo \& Teltim. Friedrich August be- zeuget es mit seinem Allerdurchlaͤuchtigsten ex- empel, wenn er an dem Codice Augusteo, proceß- ordnungen ꝛc. arbeiten laͤst, und seine acade- mien mit den fuͤrtreflichsten Rechts-lehrern ie- derzeit besetzet. Ætiol. II a consensu gentium saniorum. (a) Formula connectens s. praep. Und es ist leicht zu erachten, warum diese edle Disciplin so hoch geachtet wird. Ætiol. ipsa: Allermassen die beruͤhmtesten voͤl- cker iederzeit die ausleger und lehrer der gesetze in hohen ehren gehalten Amplif. ab Exemplo: Solon war geehret bey den Atheniensern, Lycurgus bey den Lacedaͤmoni- ern, Numa bey den Roͤmern. Die Jmpera- tores haben gleichfalls den Jureconsultis grosse ehre angethan, und auf ihre responsa sehr ge- sehen. Formula finalis s. Conclusio Chriae I. Derowegen las- se man sich memabls abwendig machen von diesem studio, so wird es einem an ehre und renommee nicht mangeln. Chria II. ab Utili. Formul. Conn. Ja es werden viele andere herrl. belohnu ngen erfolgen. Protasis: Denn diese wissens ch aft bringt allgemeine und auch sonderbare nutzbarkeit. Ætiol. a com. publ. Das ist ja freylich ein koͤstl. nutzen, daß die Jurisprudentz die ruhe und den wohl- stand des gemeinen bũrgerl. lebens befoͤrdert, und die erbarkeit allenthalben dadurch beybe- halten wird. Ampli- von der disposition uͤberhaupt. Amplific. a contr. Viele achten zwar diesen gemei- nen nutzen nicht, iedoch diese leute sind unverstaͤndig und haben mitleiden verdie- net. Rat. Cont. Denn alsdenn wuͤrden sie es wohl er- kennen, wenn keine gerichte gehalten wuͤrden. Ætiolog. II. a com. prtu. Jnzwischen mangelt es auch nicht an privat-nutzen, sintemahl die Juristen zu grossem gut und hohen ehren gelangeu koͤn- nen. Amplific. a Compar. Der kauf-leute, ackers-leute pro- fit ꝛc. ist ziemlich, doch koͤnnen advocaten mit leichterer muͤhe dazu gelangen. Amplific. a Testim. Von dem verß: Dat Galenus opes, dat Justinianus honares. Chria III. ab Necessario. Protasis: Je mehr ich diesem edlen studio nach- dencke, desto mehr materie ereignet sich zu derselben lobe, davon ich auch dieses nicht verschweigen kan, daß sie ein unentbehrli- ches studium sey. Ætiol. I. Denn die gantze welt muß durch gesetze und gerechtigkeit erhalten werden. Ætiol. II. Alle reiche und republiken, alle kir- chen und schulen, alle collegia und privat- haͤuser wuͤrden leicht ruiniret werden, wenn keine Jurisprudentz und Juris-exercitium waͤre. Ætiol. III. Sintemahl kein laster so schrecklich seyn wuͤrde, welches die welt nicht wuͤrde ungescheuet ausuͤben. Amplific. a testim. Daher der Griechische Poet Euripides wohl gesaget: Custodia legum cinitates continet. Am- von der disposition uͤberhaupt. Amplific. a comp. Gleichwie ein schiff auf dem meere zu grunde gehen muͤste, wenn kein steuer- ruder und dergleichen, ancker, ꝛc. da waͤren, dasselbe im ordentlichen lauffe zu erhalten, ꝛc. also ꝛc. Conclusio: Derowegen moͤgen sich diejenigen wohl bedencken, welche sich unterstehen, die Juristen zu verachten. Consectar. II. Jedoch wollen wir den gottlosen advocaten das wort nicht reden, welche wi- der gewissen handeln, sondern den recht- schaffenen ꝛc. III. Exemplum Parent. per Thesin \& Hypothesin. Auf einem Cavalier aus dessen lebens lauffe man siehet, daß er sey gottseelig und redlich gewesen. Protasis: Der wahre adel beruhet fuͤrnemlich auf drey haupt-tugenden: Gottesfurcht, auf- richtigkeit, tapferkeit. Ætiolog. gen. I. Denn das gebluͤt ohne tugend ist schlechte ehre, weil die angebohrnen wapen nuͤr aͤusserliche kennzeichen des adels sind, und werden manchmahl auch von unadelichen ge- brauchet, tapfferkeit ohne gottesfurcht ist eine verwegenheit, weil sonst auch die selbst-moͤrder tapfer seyn muͤsten. Ætiol. II. special. Gottesfurcht stehet demnach einen ritter wohl an, und die bibel kan wohl bey ei- nem blossen degen liegen. Ratio: Denn GOtt selbst hat denen heiligen helden die waffen in die haͤnde gegeben, zum schutz der kronen. Amplific. ab Exemplis: I. Moses war tapfer genug gegen dem Pharao, doch war der sieg zweiffel- haftig gegen Amaleck, wenn er die haͤnde sin- cken ließ. II. von der disposition uͤberhaupt. II. Gustaphus Adolphus hat immer seine gebet- buͤcher bey sich gehabt, und auch wohl seine eigne gebets- formuln aufgezeichnet. Ferdi- nandus R. K. betet allezeit kniend III. Ferdinandus Catholicus bekennet, daß er mehr mit seufzern die Barbaren erleget, als mit pfeilen. Ætiolog. III. special. Aufrichtigkeit ist der andere grund des adels. Ratio: Denn eben darum stehen schild, helm, lantzen und schwerdter in den wapen, und sie heissen Generosi. Hypothesis ad laudem adplic. Dieses alles fand sich bey dem wohl-seeligen, welchem billig in die fahne mag geschrieben werden: Pietas, since- ritas, generositas. Ætiol. I. Er war fromm, denn er laß fleißig GOttes wort, gieng gerne zur kirche, betete fleißig auch selbst fuͤr seine feinde, wie die Priesterschaft be- zeuget, er uͤbte die wercke des glaubens ꝛc. Ætiol. II. Er war aufrichtig, nicht wie die heutige welt die haͤnde ohne hertzen weiset, das bezeu- get seine conversation, und alle seine verrich- tungen. Ætiol. III. Seine tapferkeit hatte auch nicht einen, sondern viele triumph-bogen verdienet. Pro- betur aus seinen feldzuͤgen und rebus gestis. Hypoth. ad luctuͤm adpl. Was ist es wunder, daß ein so theurer mann hoch beklaget wird. Ætiol. Denn alle treu-ergebene gemuͤther sehen gleichsam die gottesfurcht, redlichkeit und tap- ferkeit einscharren. Amplific. a distribut. Absonderlich deseufzen der Hr. B. Fr. Schw. ꝛc. gar sehr, das fromme auf- richrige hertz, alle soldaten und officiers wol- len das grab gleichsam mit thraͤnen netzen, da ihm von der disposition uͤberhaupt. ihm GOtt die ehre versaget, mit seinem eignen blute die grabschrift zuschreiben, wie alle helden wuͤnschen. Hypoth. adpl. ad solat. Jedoch ist nicht ein gerin- ger trost, daß GOtt selber die unverhofte ordre ertheilet, daß er den krieg verlassen, und den gnaden-lobn seiner got t esfurtcht, treue und tapferkeit aus GOttes eignen haͤnden in seiner himmlischen residentz empfangen soll. Probetur: Er hat glaͤubig und ritterlich wieder leibliche und geistliche feinde gestritten, und traͤget des- wegen nunmehro die sieges-krone auf se i nem haupt, die GOtt allen ehristlichen und treuen rittern aus den wolcken zeiget, mit der uͤber- schrift: Legitime certantibus. Consequ. Dannenhero koͤnnen sich die betruͤbten leid- tragende zufrieden geben und dem seelig-ver- storbenen seine ehre und gluͤckseeligkeit goͤnnen. Hypothes. ad grat. act. Weil sie sehen, daß dessen unsterbliche tugenden von so vielen vorneh- men anwesenden in hohen ehren gehalten werden, die eben darum dessen tugenden mit den ihrigen haben begegnen wollen, und ihn zu seiner ruhe staͤtte begleiten. Gewiß wie dieses ein grosses zum trost beytraͤget, also erkennen sich die leidtragende verbunden/ zu dancken, und zu wuͤnschen, zu dancken fuͤr die ehre, so ihnen bewiesen, zu wuͤnschen, daß der Hoͤchste sie vor dergleichen faͤllen be- huͤre. ꝛc. Exemplum dispositionis parentatoriae per tres Chrias. Casus: Einem fuͤrnehmen mann ist ein eintziges soͤhngen gestorben, Form. initialis: Je lieber ein kleinod, ie schmertz- licher ist dessen verlust. Doch muͤssen wir C c zu von der disposition uͤberhaupt. zuweilen das, was uns am liebsten, am er- sten v erlieb t en. Transitio: Dieses bezeugen die lieben eltern, welchen ihr eintziges soͤhngen gestorben. Chria I. de laude. Protasis: Dessen artigkeit wohl verdient belobet, und desselben verlust beweinet zu werden. Ætiol. 1. a dotibus corporis: Es war wohl gebildet. Ætiol. 2. a dotibus animi: Es leuchtete herfuͤr ein rechtschaffenes gemuͤthe. Amplific. a distribut. Seine kindliche liebe bewiese es, wenn es mit lachendem munde dem vater entgegen lief, und in seinen verrichtungen die tugenden des vaters anzubringen suchte. Amplif. a consequenti. Dannenhero wuͤnscheten die lieben eltern, daß es moͤchte lange bey ihnen bleiben. Amplific. ab Exemplo: Der Poet Martialis thut von des Reguli sohne diesen wunsch: Di seruate, precor, matri sua vota patrique, Audiat ut natum Regulus illa duos. GOtt hoͤr des vaters wunsch, erfuͤll der mutter freude, Dem vater gieb den sohn, der mutter alle beyde. Chria II. de luctu. Protasis: Aber ie mehr die hoffnung, ie staͤrcker die betruͤbniß. Ætiol. I. Denn an stat eines langen lebens bringet die kranckheit einen ploͤtzlichen todt. Amplif. a consequ. per Hypothesin: Dahero sehen wir das haͤnde ringen der eltern, wir hoͤren das seufzen derselben, wir sehen die thraͤnen der anverwandten, wie der angehoͤrigen gesicht erblasset, ꝛc. Ætiol. II. per Prosopopœiam: So oft der vater den sarg von der disposition uͤberhaupt. sarg ansiehet, koͤmmt es ihm vor, als wuͤrde ihm zugeruffen, da liegt die stuͤtze deines ge- schlechts, die freude deines alters, der trost in deinen betruͤbnuͤssen. Chria III. de solatio, Protasis: Doch die betruͤbten eltern koͤnnen sich zufrieden geben. Ætiol. I. Denn sie haben ihr kind nicht verloh r en, sondern nur vorangeschickt. Ætiol. II. Es wird ihnen viel artiger wieder ge- schencket. Conclusio, quæ continet gratiarum actionem: Dieses koͤnte schon genug troffes seyn, allein es koͤmmt noch hinzu, daß die hochzuehrende leichenibegleiter gleichfals bezeugen durchibre gegenwart, daß sie glauben, es sey dieses kind imhimmel viel schoͤner; und sie wollen durch diese gegenwart eben dieses denen be- truͤbten leidtragenden versichern. Consequens: Dannenhero kan nicht der danck zu- ruͤcke bleiben, welcher in erwegung dessen, mir aufgetragen worden, denenselben abzustatten, ich wuͤnsche ꝛc. §. 8. Die neigungen des auditoris, erlauben dem redner gar selten, seinen satz gleich anfangs zu proponiren dannenhero muß er sich vorhero bemuͤhen, des zuhoͤrers gemuͤth zu praͤpariren, und solches geschicht im exordio. Es ist also noͤthig, daß er darinn die argumenta conci- liantia am staͤrcksten anbringe, es von denen general-concepten seines thematis, denen aͤus- serlichen umstaͤnden, argumentis illustrantibus und probantibus, auch wohl patheticis her- nehme, mit welchen die proposition so unge- C c 2 zwun- von der disposition uͤberhaupt. zwungen verbunden sey, daß sie aus demsel- ben zu fliessen scheine. Der ausdruck muß mit den uͤbrigen theilen der rede wohl uͤbereinstim- men, viele heftige affecten darf man nicht zei- gen, es auch nicht weit ausdehnen, denn es ist besser, wann der affect mit der rede nach und nach, iedoch dem obiecto gemaͤß, waͤchst und steiget, und die disposition kan nach angefuͤhr- ten arten eingerichtet werden. §. 9. Die proposition oder der fuͤrtrag des thematis selbst, drucket den gantzen inhalt der rede, in kurtzen, entweder deutlichen oder ver- bluͤmten worten aus, welche gar genau nach den regeln der klugheit einzurichten. Es ist schlechterdings noͤthig, daß ein ieder der da reden will, einen satz oder auch wohl nur eine idee zum grunde lege, damit er nicht durch vie- le concepte verwirret und distrahiret werde, sondern wisse worauf alle seine gedancken und worte abzielen, so wird man verhoffentlich so deutlich reden, daß der zuhoͤrer alles leicht ver- stehen und von dem gantzen gebaͤude einen richtigen begrif behalten wird, welches die groͤste tugend eines oͤffentlichen redners und der fuͤrnehmste zweck der proposition, ia auch der partition ist, denn die erklaͤret nur die thei- le des thematis und drucket aus, auf wie viel momenta man bey der proposition zu refle- ctiren habe. §. 10. Jn der tractation oder ausfuͤhrung des thematis, kommen alle argumenta fuͤr, welche von der disposition uͤberhaupt. welche man nach obigen vielfaͤltig gegebenen regeln, fuͤr dienlich erachtet anzufuͤhren. Und diese ist billich der mittel-punct zu nennen, wo sich alle geschicklichkeiten des redners, im erfin- den und ausdrucken, concentriren. Sie wird disponiret nach angegebenen regeln, und leidet vielfaͤltige zusaͤtze, nach beschaffenheit der sache, des auditoris, und des redners, durch gehends aber muß sie wohl connectiren, und zu den uͤbrigen theilen eine gute verhaͤltniß haben, doch so daß sie unter allen am laͤngsten sey. §. 11. Aus der tractation muß die conclu- sion fliessen, und so eingerichtet seyn, daß dem zuhoͤrer, gleichsam als in einem bilde alles was fuͤrgetragen worden, wieder fuͤrkomme. Dan- nenhero schickt sich am besten ein consectarium, oder wohl etliche, eine kurtze wiederholung, eine application, oder weil hier der affect nunmeh- ro aufs hoͤchste steigt, ein wunsch, allerhand figuren, und argumenta pathetica, nach dem der redner am besten den endzweck der conclu- sion zuerhalten vermeinet. §. 12. Alle und iede reden, sie moͤgen nah- men haben wie sie wollen, bestehen aus diesen theilen, und beruhen auf denen nunmehro an- gefuͤhrten gruͤnden und regeln. Also koͤnte ich hier fuͤglich schliessen, ohne daß ich besorgte etwas ausgelassen zu haben, welches zu erfuͤl- lung meines fuͤrhabens dienete. Jedoch die mode erinnert mich eines theils und andern theils die nothwendigkeit, von einigen uͤbli- C c 3 chen von der disposition uͤberhaupt. chen gantz speciell en reden etwas zu erinnern, welches in folgenden capiteln geschehen wird. Die exempel welche ich i n diesem capitel gegeben, sind nicht meine eigene arbeit, also will ich weder an der chre der erfindung, noch verbesserung der- selben theil nehmen. Damit ich aber auch eins von meiner art beyfuͤ g e, daran sich der leser in seinem affect gegen mir erholen moͤge, so mag folgendes hier platz nehmen, welches eine dispo- sition zu einer antrits-rede in einer gewissen red- ner gesellschaft ist und zum themate hat: Jurisprudentz und Oratorie muͤssen mit einander verbunden werden. Exordium: Antecedens. die facultaͤten muͤssen nicht von den disciplinen der unive r sellen gelehr- samkeit getrennet werden: Actiol. denn sie haben eine genaue verwandschaft mit einander, und wenn diese mit ienen verknuͤpft sind machen sie erst einen gelehrten mann aus. Connexio I. da nun die Rechtsgelahrheit eine Fa- cultaͤt und die Oratorie eine gelehrte disciplin ist: Connexio II. und ich ietzo zum erstenmahl in dieser redner gesellschaft reden soll, da-ich bißher mich im jure geuͤbet: Argumentum, in sinuanis: ohn- geachtet meine bereitwilligkeit zu reden, vielleicht mein unvermoͤgen vetrathen moͤchte. P roposit. conseq. so habe mir fuͤrgenommen zu be- weisen, daß jurisprudentz und Oratorie sorg- faͤltig muͤssen mit einander verknuͤpfet wer- den, und daß ein juriste nothwendig ein ora- tor seyn muͤsse. Argumentum mouens: Fauor in iudice plus valet quam lex in codice, H. z. und ihre gewogenheit und geneigtes aufmercken wird zu behauptung meines fuͤrhabens das staͤrckste argument seyn. Tracta- von der disposition uͤberhaupt. Tractatio: 1. Ponit definitionem eloquentiae. Nicht alles reden, nicht alles unnuͤtze ob wohl zier- liche reden, verdienet den nahmen der bered- samkeit sondern das ist beredsamkeit, wenn man eine geschicklichkeit besitzet: \&c. jam sequitur definitio. Und dazu fuͤhrt uns die Oratorie. 2. Applicat definitionem: 1. ad jurisprudentiam legislatoriam: Diese bered- samkeit nun ist es, welche denen buͤrgern die mittel zu ibrer buͤrgerlichen wohlfar t h in heilsamen gesetzen fuͤrtraͤgt. Illustrans I. Nero ließ seine gesetze gar zart schrei- ben, und hernach sehr hoch anbeften, daß sie nie- mand lesen konte, damit er desto eher seine bur- ger straffen moͤchte Eben so tyrannisch handelt ein regent welcher undeutliche, zweydeutige gese- tze fuͤrtraͤgt, und nicht durch die Orototie seinen willen mit genauen worten ausdrucken lernet: Illustrans II. Alexander M. Julius Caͤsarcet wuͤr- den nicht so gluͤcklich commandiret haben ohne beredsamkeit. II. Ad Jurisprud. Consultaioriam: Ohne diese be- redsamkeit ist es nicht moͤglich daß ein Jurist bey bofe seinem printzen und dem lande dienen kan. Illustrans I. a simili. Ein freund der nicht reden kan, schaft uns wenig vergnuͤgen, und ein bof- mann der seine anschlaͤge zu des landes besten nicht fuͤrbringen kan, oder kauderwelsch fuͤrbrin- get der das maul nicht aufthut wann es die wohl farth des landes erfordert, und den printzen durch vernuͤnftige fuͤrstellungen sucht auf das zufuͤh- ren, welches ihm am zutraͤglichsten ist, ein sol- cher ist ebenfalls nichts nutze. Illustrans II. ab exemplo: Demosthenes war de- nen Atheniensern mehr nutze als eine gantze ar- mee und Philipyus Macedo wolte nur die Ora- tores heraus haben. C c 4 III. von der disposition uͤberhaupt. III. Ad Jurisprud. Academicam: Was soll ich sa- gen von denenienigen, welche das Recht auf Academien lebren und andern beybringen wollen? Gewiß wer da sagen kan, daß die- sen die Oratorie unnoͤthig der muß sei- nen verstand auf die wanderschaft zu denen Malabaren geschickt baben. IIII. Ad Jurisprudentiam advocatoriam. Was kan nicht endlich die Oratorie einem advocaten dienen, da oͤfters auf einem worte die gantze sache beruhet, da er mit clienten und richtern zu reden hat. Illustrans: Cicero war ein grosser Juriste eben des- wegen weil er ein guter Orator war. Jn En- gelland, Franckreich, ꝛc. sind das nur gute Juri- sten welche gute redner sind. Obiectio: Wenn iemand meinet, daß ich zuviel be- haupten will, und mir fuͤrstellet, daß viel advo- caten gewesen die keine Oratorie verstanden und doch gut practiciren koͤnnen, und daß es ja einem advocaten nicht noͤthig sey, eine suppli- que z. e. mit figuren und tropis zu schmuͤcken, so antworte ich und frage: Ob er denn daraus daß einsmahls ein ignorante gluͤcklich gewesen, schliessen wolle, es sey gut ein ignorante seyn? und zeige ihm daß eine geschmuͤckte Oratorie, daß ist eine solche, die mit figuren redet, freylich nicht allen so gleich noͤthig sey, aber wohl eine Oratorie. Ferner zeige ich, daß viel unfug dar- aus entstanden, wann in judiciis leute gekom̃en, die confuse, weitlaͤuftige, zweydeutige stilos ge- habt, dagegen die Oratorie ein sicheres mittel ist. Conclusio: Jch glaube mein satz sey bewiesen, und weiß daß sie mir selbst H. 3. noch argu- menta geben wuͤrden, wenn es darauf ankaͤ- me, daß ich weitlaͤuftig reden muͤsse. Also will ich nur dieses sagen, daß ich mich gluͤcklich schaͤ von reden im gemeinen Leben schaͤtze in Dero gesellschakt zu seyn, und werde mich dadurch geschickt machen, in mir zu verbinden, was man Jurisprudentz und beredsamkeit nennet. ꝛc. Das andere capitel, von reden im gemeinen leben und von briefen. Jnhalt. V On reden im gemeinen leben uͤberhaupt, §. 1. Von complimenten und discoursen, §. 2. Von reden mit allerhand arten von leuten, §. 3. Von bit- ten, §. 4. Von dancksagen, §. 5. Von lehren, ra- then, vermahnen, §. 6. Von entschuldigungen, §. 7. Von allerhand nachrichten, §. 8. Von wuͤnschen, con- dolencen, und gratulationlbus, §. 9. Von allerhand andern reden, §. 10. Von briefen, §. 11. Derselben invention, §. 12. Elocution, §. 13. Disposition, §. 14. Von der titulatur, §. 15. Von der uͤberschrift und unterschrift, §. 16. Von der zusammenlegung, verstegelung und aufschrift, §. 17. §. 1. W Jr reden am allermeisten im gemeinen leben, also brauchen wir dazu eine Oratorie am allernoͤthigsten, und ob man zwar wohl meinen solte, es gaͤbe sich der- gleichen von selbsten, so finden sich doch dabey so viele fehler, daß es nicht unnoͤthig, auch hie- von einige anmerckungen zu geben. Jch rechne aber hieher, alle dieienigen kurtzen reden, welche man im taͤglichen umgange, ohne grosse vor- bereitung, von allerhand fuͤrfallenden materi- C c 5 en, von reden im gemeinen Leben. en, zur erhaltung seiner absichten und vergnuͤ- gung der menschlichen gesellschaft fuͤrbringet. Die erfindung geben alle fuͤrfallende umstaͤn- de der conversation, der ausdruck ist nach dem stilo familiari, dialogistico, dem galanten, caͤ- rimonioso, epistolari, curiaͤ, einzurichten, die disposition ist allezeit ie natuͤrlicher ie besser, und die connexio meist verbalis, wozu hier noch insonderheit die accidentalis kommt. §. 2. Sie koͤnnen eingetheilet werden in complimente, discurse, und Briefe. Durch complimente werden kurtze, hoͤfliche, und ga- lante reden verstanden, mit welchen man dem andern hauptsaͤchlich seine hochachtung und zu- neigung zu verstehen giebt, damit man sich und ihn vergnuͤgt machen moͤge. Discurse sind unterredungen, da einer mit andern seine gedancken conferiret entweder noͤthige geschaͤf- te und nuͤtzliche sachen auszumachen, oder die zeit zu verkuͤrtzen, dabey bißweilen compli- mente mit einfliessen koͤnnen. Briefe sind endlich wann man seine complimente, und was man in discurse etwan sagen koͤnte, zu papier bringet, und dem andern, weil er ab- wesend ist, communiciret. Siehe hiebey Kemmerichs Academie p. 1073. Talanders curioͤses Hand- Buch und getreu- en Hofmeister, Menantes neueste art boͤflich zu reden und zu leben, Herrn Langens E. z- O. II. p. 6. sqq. Weisens sachen ꝛc. Man steh sonst leicht aus der beschreibung der com- plimente, wie ich sie gegeben, was man dabey fuͤr fehler zu vermeiden. b ) Hier und von brieffen. Hier fehlt es den leuten am meisten, welche sel- ten zu conversiren gelegenheit gehabt, aber noch mehr denen welche die grundregeln der beredsamkeit nicht inne haben. Man darf nur dencken, was man reden und wie man es fuͤr- bringen wolle, und bey diesen beyden ist keine regel der beredsamkeit aus den augen zu setzen, nur ist es nicht noͤthig, daß man affe- ctire oder seine kuͤnste mercken lasse. Siehe den 11. §. §. 3. Die allermeiste reflexion ist auf den- ienigen zu machen, bey dem man seine worte anbringet, denn solcher ist entweder hoͤher, oder geringer, oder unseres gleichen, er stehet entweder im affect oder ist ruhig, entweder hat er vorurtheile oder nicht. Hoͤhern bege- gnet man ehrer-bietig, nach dem caͤrimoniel und wohlstand, mit wenig worten, aber die mit bedacht ausgesprochen; seines gleichen begegnet man hoͤflich, galant; geringern freundlich und liebreich mit deutlichen, und sich zu ihren umstaͤnden schickenden worten. Wie man denen affecten und vorurtheilen zu begegnen, ist zur gnuͤge aus obigen zu sehen. §. 4 Die materie dieser reden, ist ebe n fals zu beobachten, daß man die manieren, da- mit man selbige fuͤrtraͤgt, darnach einrichten koͤnne. Wann man iemand warum bittet, so ist die groͤste behutsamkeit dabey anzuwen- den, damit das unangenehme, welches dabey ist, versuͤsset werde, dahin gehoͤren empfehlun- gen, einladungen und allerhand der gleichen kurtze von reden im gemeinen Leben kurtze reden, darinn man von dem andern ei- ne gnade oder gewogenheit oder dienst sich ausbittet. Es ist unnoͤthig, dieses weiter auszufuͤhren, weil es gar leicht ist, wofern nur was in die- sem gantzen werck zum grund geleget ist, sorg- faͤltig nach den regeln der klugheit appliciret wird. Es ist auch dasienige, was man bittet, nach dem 5ten cap. des andern theils zu erwe, gen. §. 5. Bey dem dancksagen, ist es schon nicht so schwer, die dazu gehoͤrigen manieren zu be- obachten, es schadet auch hier nicht, wann man schon ein wenig zu freygebig mit seinem dancke ist. Man bezeuget dabey, wie man die erwiesene guͤte wohl erkenne, recht estimi- re, dagegen seine erkaͤnntlichkeit zeigen wolle. §. 6. Einige reden sind mit der neben- idee der hoheit und des ansehens verknuͤpfet als lehren, rathgeben, vermahnen, straffen, war- nen, verweiß-geben, und dabey muß man entweder sich sehr extenuiren und demuͤthigen, oder seine begierde die man habe, dem andern zu dienen, hochheben, oder auch wohl zeigen, daß man mit auctoritaͤt nicht nur gravitaͤtisch sprechen, sondern auch denen worten durch die that einen nachdruck geben koͤnne, alles nach beschaffenheit dessen mit dem, und darinn man zu thun hat, ia man thut auch wuͤnsche und seuftzer hinzu, wenn der affect, wo es noͤthig, groß wird. §. 7. Man entschuldiget sich im gemeinen leben, und von briefen leben, entweder wegen eines begangenen ver- sehens, oder wegen etwas zukuͤnftigen, wel- ches dem andern vielleicht nicht angenehm seyn moͤchte, da man ihm etwas ab- schlaͤgt, ꝛc. Jn ienem fall erkennet man sein ver- sehen, macht es entweder kleiner oder groͤsser, schuͤtzt entweder unwissenheit, oder uͤberei- lung, oder unmoͤglichkeit, oder wohl keine ur- sach fuͤr, in diesem beklagt man sein unver- moͤgen, verhindernisse, ungluͤck, allerhand zufaͤlle, in beyden sucht man das unangeneh- me durch bitten, versprechen und wuͤnschen zu versuͤssen. §. 8. Man giebt allerhand nachrichten, warnungen, recommendations, bey allerhand faͤllen, wann man an einen orte ankommt, wieder gesund wird, fuͤr den andern zu ver- richten gehabt, ihn fuͤr boͤsen warnet, und das gute recommendiret, dabey die deutlichkeit und accuratesse das beste, auch sonst nach be- schaffenheit der umstaͤnde viel klugheit und be- hutsamkeit zu gebrauchen. §. 9. Man macht endlich allerhand wuͤnsche, trauer- und freudens-bezeugungen, ꝛc. bey welchen allen die kuͤrtze, die artigkeit der ge- dancken, die lebhafte fuͤrstellung des affects, deutlich und nette, ohne affectation, nach den allgemeinen regeln der beredsamkeit der klug- heit und des wohlstandes, geschickt anzubrin- gen. §. 10. Sonst kommen noch allerhand an- dere von reden im gemeinen Leben dere arten von reden im gemeinen leben fuͤr, als anwerbungs- visit-bewillkommungs- ab- schieds- schertz-freundschafts-haußwirths-re- den, ꝛc. Ja es erforderten die discurse, in an- sehung ihrer materialien, noch viele regeln, al- lein man mag sie aus angefuͤhrten selbst ler- nen einrichten, sonst wann ich mich auf eine voͤllige abhandelung derselben einlassen, und ihre moralitaͤt, nebst derselben historie hin- zuthun wolte wuͤrde vielleicht ein foliante, mit leichterer muͤhe davon geschrieben, als von andern gelesen werden. Bey den discursen heist es recht: Cantu dignoscitur auis, das wuste iener blinde, der die Dom- herren an dem discurs von ihrer koͤchin kannte- Daher der bekannte verß: Navita de ventis, de tauris narrat arator, Enumerat miles vulnera, pastor oues, Nobilis at iuvenis, primae lanuginis annis, Rura sua \& cerui cornua, signa domus, Et lepores \& aues, talos, chartaeque triumphos, Vina, theatra, tuas, bella puella! genas. \&c. Doch muß man einen unterschied machen, unter einen der fuͤr sich und der fuͤr andere lebt und re- det. Man kan auch wohl schlimmer und besser reden, als man denckt. ꝛc. Wolte man discurse schreiben und gespraͤche wuͤrde man den chara- cter der redenden zu beobachten und auszudru- cken haben und gute gespraͤche lesen muͤssen, S. Stollen I. IIII. 24. und oben P. II. cap. 3. § 25. §. 11. Jch gehe also zu denen briefen, wel- che fast mehr geschicklichkeit erfodern, als alle andere arten von reden, denn ausser dem, daß man die grund-regeln der beredsamkeit wohl inne und von briefen. inne haben und anwenden muß, erfodern sie auch eine besondere natuͤrliche faͤhigkeit, und geschwinde expedition, dazu eine fleißige uͤ- bung und erfahrung behuͤlfflich ist. S. Hrn. Hof-rath Langens E. z. O. II. 91. da man leicht die besten regeln und exempel an- trift, Neukirch anweisung zu Teutschen briefen, Talanders, Menantes, Weisens, Junckers, ꝛc. Kemmerich l. c. p. 1124. Hede- richs Philolog. Wiss. p. 585. §. 12. Die erfindung ist bey denen briefen sehr leicht, denn die ursach, warum ich schrei- ben muß, und die gelegenheit zum schreiben, wird mein thema, oder die proposition des briefes. Habe ich mehr propositiones, so muß ich die connexiones erfinden, oder ich kan auch dieselben weglassen, und die propo- sitiones bloß hinsetzen, wann ich an familiai- re freunde schreibe. Die ausfuͤhrung geschicht kurtz, und deutlich in wenigen und gantz na- tuͤrlichen argumentis, ohne allen zwang und grosse kunst. §. 13. Die schreib-art muß also so natuͤr- lich seyn, als wann man redete, dennoch fin- det auch, nach beschaffenheit der sache, der ar- gute stilus statt. Und weil doch hier die worte geschrieben werden, und nicht so leicht ver- schwinden, als in discursen, so muß man auch in setzung derselben etwas behutsam verfah- ren. Am gebraͤuchlichsten ist hier also der ga- lante, caͤremonioͤse familiaire stilus, welcher hier der stilus epistolaris heisset. Siehe von reden im gemeinen leben Siehe oben P. II. cap. 3. §. 25. 26. 27. 28. Die Frantzosen sind hier billig zu ruͤhmen, man sehe: Lettres choisies des meilleurs \& plus nouueaux auteurs Francois, traduites en Allemand, par Me- nantes. Hamburg 1709. 12. Ob wohl die uͤber- setzung nicht durchgaͤngig gleich gluͤcklich ge- rathen, so kan man doch in etwas daraus pro- fitiren. §. 14. Die disposition ist sehr leicht, man entwirft kurtz, erstlich seine propositiones und argumenta, so natuͤrlich als es moͤglich, nach vorhergehendem capitel, setzt dazu eine for- mulam initialem, und finalem, arbei- tet hernach alles dieses in einer guten conne- rion aus, und leget das concept bey seit, da- mit es aufgehoben sey, zur eignen nachricht, bey allerhand faͤllen, ia es ist wohl gethan, wann man alle seine briefe in ein besonderes buch erstlich ausarbeitet, und daraus abschrei- bet, welches unglaublichen grossen nutzen hat, Z. e. Man excusiret sich wegen des briefes, ruͤhmt die geneigtheit des andern, seinen be- fehl, seine gnade, und bezieht sich darauf, be- zeuget seine freude uͤber des andern wohlseyn, wohlgewogenheit, wiederholt des andern brief, ruͤhmt ihn, oder wenn wir was ausserordent- liches schreiben, machen wir einen kurtzen ent- wurf in generalioribus zum anfange, zweiffeln, ob wir ihm haͤtten schreiben sollen, bitten ihn wohl den brief nicht zu lesen, wann er dieß oder ienes nicht vertragen koͤnne, vermuthen allerhand affecten bey ihm, erklaͤren unsere af- fecten bey verfertigung des briefes, unsere schuldigkeit, setzen eine maxime, die anfangs etwas dunckel, aber durch den brief erklaͤret wird, ꝛc. b ) Z. e. und von briefen. Z. e. Man offeriret seine dienste, versichert ihn aller danckbarkeit, liebe, veneration, schaͤtzt sich gluͤcklich sein diener zu seyn, bezeuget seine begierde nach antwort, ruͤhmt seine merite, ge- wogenheit ꝛc. Bittet ihn zu glauben, daß man ihm ergeben, um die erlaubniß sich als seinen diener aufzufuͤhren. ꝛc. Aus der sor- mula initiali muß der brief selbst und aus dem brief die formula finalis zu fliessen scheinen. Ex- empel hierzu zu geben ist nicht noͤthig, es sind ein paar oben P. II. cap. 2. §. 11. angefuͤhrt. Man connectiret durch formuln, durch ante- cedens und consequens, durch thesin und hy- pothesin, durch einen syllogismum, durch die theile einer ordentlichen oration. Jm uͤbrigen mag man aus denen complimenten, und was ich davon vorhin angefuͤhret, hier wieder die application auf die materialien der briefe und andere umstaͤnde derselben machen. §. 15. Bey den reden im gemeinen leben ist sonst mehr als iemahls auf die titulatur zu sehen, fuͤrnemlich aber in brie fen , selbige dependiret von dem wohlstand, und dem ga- lanten gebrauch, und man geht dabey am si- chersten, wenn man leute, die den eingefuͤhr- ten gebrauch wissen, zu rathe zieht, und die mittel-strasse behaͤlt, so daß man weder zu hoch noch zu niedrig steige. Jch werde bey dem gebrauch dieses buchs, die ti- tular vollkommen denen, die mich hoͤren, zu zeigen beflissen seyn, andere moͤgen Heinrich Volcken von Wertheims Titular buch, das neu eroͤffnete Europaͤische Staats-Titular- buch, so Hr. Luͤnig heraus gegeben, und an- dere titulaturen und titel-buͤcher aufschlagen. D d Hier von reden im gemeinen leben Hier wuͤrde es zu weitlaͤuftig seyn, solche auszufuͤhren. S. Stollen l. c. §. 16. Bey den briefen ist die uͤberschrift und unterschrift sonderlich zu beobachten, wel- che im Lateinischen, im Teutschen und Fran- tzoͤischen sehr veraͤndert. Die Lateinischen kan man nach der alten art an seines gleichen und an geringere einrichten, an hoͤhere muß man den stilum curiaͤ, in den worten, und der manier zu schreiben behalten, doch gestehe ich, daß ich den Lateinischen calender, wenn ich das datum der unterschrift gegen uͤber setzen soll, niemahls gerne gebrauche. Bey dem Teutschen und Frantzoͤischen, muß nur uͤber- und unterschrift einander aͤhnlich seyn, und bey dieser erst der nahme des schreibers, und gegen uͤber der ort und die zeit zu stehen kom- men. Etliche setzen auch das datum gleich oben an die spitze des briefes, zur rechten, und kan dieses bey kaufmanns- wirthschafts und Juristischen briefen paßiren, anderwerts schickt sichs mei- nes beduͤnckens nicht so wohl. §. 17. Letzlich leget man die briefe zusam- men, versiegelt sie, und macht die aufschrift darauf. Bey dem zusammen legen muß man alle affectation vermeiden, und es ist am be- sten, couverte zu machen. Die besiegelung geschicht, wenn man den brief uͤber land schickt, mit einem wapen oder verzogenen nahmen, schickt man ihn aber nur von einem hause zum andern, kan es auch wohl mit ei- ner devise geschehen. Wird der brief mit der post und von briefen. post geschickt, macht man mehrentheils nur eine Frantzoͤische aufschrift, welche den nah- men, (nicht aber den fuͤrnahmen) die aͤmter und bedienungen, (ohne bey-woͤrter und an- dere kennzeichen der anverwandschaft und des affects) desjenigen, an dem er gerichtet, den ort, da der brief hin soll, und die addres- se ausdrucket, das uͤbrige ist unnuͤtze: Wird er eingeschlagen, kan man Teutsch oder La- teinisch, den nahmen und fuͤrnahmen mit bey woͤrtern und elogiis, die aͤmter, den ort, ohne addresse und andere kleinigkeiten setzen. Welche kurtze regeln verhoffentlich nicht oh- ne nutzen und grund beobachtet werden, ohne daß man sich um mehrere zu bemuͤhen haͤtte. An hoͤhere schickt man die briefe lieber durch einen umschlag, und wenn sie beruͤhmt, ohne addresse. conf. Mr. Raͤdleins vollkommenen Frantzoͤi- schen sprachmeister den andern theil, da er in der kurtzen anweisung zum Frantzoͤischen brief- schreiben, gar artige anmerckungen gemacht. Das dritte capitel, von allerhand schul- und politischen reden. Jnhalt. V On solennen schul-reden, §. 1. Von gemeinen schul-reden, §. 2. Von schriftlichen schul reden, §. 3. Von allerhand buͤrgerlichen reden, §. 4. Von inscriptionibus und lebens lauffen, §. 5. Von paren- tationibus, §. 6. Von Gluͤckwuͤnschungs empfah- und bewillkommungs-reden, §. 7. Von vermaͤh- D d 2 lungs- von allerhand schul- lungs und gevatterschafts reden, §. 8. Von huldi- gungs lehns-reichs-kreiß-land- und stifts tags reden, §. 9. Von reden in religions-regierungs-iustitz- und kammer-sachen, §. 10. Von hof-ritter-ordens-staats- kriegs gesandschafts-reden, §. 11. Von condolentz- und trauer-reden, §. 12. §. 1. H Chul- und politische reden erfodern et- was mehr vorrath und zubereitung, als die reden im gemeinen leben, am meisten aber die solennen schul-reden, als, de- clamationes, oͤffentliche reden, gantze actus Oratorii, panegyrici, gedaͤchtnis-reden, inve- ctiv-reden, und dergleichen Jch wuͤste bey allen diesen nichts sonderliches mehr zu erin- nern, als dieses daß man hier, die gantze kraft seiner beredsamkeit, im erfinden, ausdru- cken, disponiren, und ausarbeiten sehen zu las- sen schuldig sey, denn was die materialia anbe- trift, so lassen sich solche theils aus der blossen benennung schliessen, theils nicht gar wohl de- terminiren. §. 2. Gleichergestalt ist bey denen gemei- nen schul-reden, als allocutionibus, prolusio- nibus, praͤlectionibus, und andern nichts be- sonderes hier zu gedencken, und was man et- wan davon nuͤtzliches sagen moͤchte, ist entwe- der zu weitlaͤuftig, als daß es in die engen schrancken einer Rhetorick solte koͤnnen ver- fasset werden, theils wuͤrde es vielleicht nicht nach dem geschmack des lesers seyn, und duͤrfte ich und politischen reden. ich also fuͤr meine muͤhe wenig erkaͤnntlichkeit und gewogenheit zu hoffen haben. Als ein exempel einer prolusion, will ich hier dieie- nige rede einruͤcken, welche ich bey eroͤfnung mei- ner redner-gesellschaft 1723. den 19. Junii ge- halten. Rede. von den eigenschaften eines guten redners P. P. Jndem ich die ehre habe, gegenwaͤrtige loͤb- liche redner-gesellschaft, mit Dero geneigten wohlwollen, unter meiner anfuͤhrung zu eroͤf- nen: so erinnere mich billich desienigen end- zwecks, welchen sie ihnen dabey ruͤhmlichst fuͤrgesetzet. Sie wollen nemlich durch oft wiederhohlte, vernuͤnftige uͤbung, als den si- chersten weg zur vollkommenheit, scharfsinnige geschickte, und artige redner werden. Sie sind vollkommen uͤberzeuget, die rede mache uns zu menschen, aber eine vernuͤnftige rede, zu ver- nuͤnftigen menschen. Ein reiner und gleicher schlag der unruhe an einer wohlgemachten uhr, giebt unserm gehoͤr, so fort zuerkennen, daß die feder alles in einer ordentlichen bewe- gung, von innen her treibe, und auch die zeiger daran die zeit genau bemercken: So glau- ben sie, daß eine wohlgewoͤhnte und geuͤbte zunge, von einer guten ordnung der gedancken, und tugendhaften klugen auffuͤhrung zeuge. Da es ausgemacht ist, daß gedencken, thun, und reden, eben so noͤthige und wichtige eigen- D d 3 schaf- von allerhand schul- schaften eines menschen, als an einer uhr, feder, zeiger und unruhe sind. Meine schuldigkeit erfo- dert, Dero auf meine faͤhigkeit gesetztẽ vertrau- en, mit bereitwilliger aufrichtigkeit zu bege- gnen, und mit ihnen dahin zu arbeiten, daß der fuͤrgesetzte endzweck von ihnen leicht und ge- wiß erhalten werde. Da sie nun anietzo eben deswegen gegenwaͤrtig, damit ich hiezu den anfang machen moͤge, so erlauben sie mir daß ich ihnen zum voraus, das bild eines vollkom- menen redners, mit lebendigen farben in etwas entwerffe. Jch wuͤrde vergebens reden, wann ich das bild eines vollkommenen redners in sol- cher bildung abschildern wolte, daß er einem buͤrger aus der Platonischen republick aͤhnlich sehe. Jch wuͤrde auch eben so ungeschickt han- deln, wann ich ihn mit schwuͤlstigen worten und hochtrabenden gedancken, ihnen fuͤrmahlete, als die albern mahler, welche da sie der natur folgen solten, in ihren schildereyen, selbige hin- gegen verguͤlden und versilbern, also will ich schlechterdings der natur nachgehen. Diese ruͤstet einen redner mit der faͤhigkeit zu geden- cken, zu wollen, und zu reden aus, und alle die- se faͤhigkeiten der seele, kleidet sie in einen menschlichen coͤrper ein. Waͤre die blosse kraft, gedancken zu fassen, hinlaͤnglich, einen redner zu machen, so waͤren alle menschen red- ner, folglich waͤre die beredsamkeit keine kunst, die man durch regeln und uͤbung erlernen muͤ- ste, indem so gar die kinder in der wiegen, auf die und politischen reden. die weise, so grosse redner waͤren, als Cicero pro rostris. Demnach wird man diese faͤhig- keit zu gedencken, durch die regeln der vernunft- lehre zu bessern und vernuͤnftig einzurichten ursach haben, wofern man in seiner bered- samkeit das gewaͤsch der alten weiber uͤber- treffen will. Denn so wenig die kinder tantzen lernen, ehe sie gehen koͤñen, so wenig kanman ge- schickt reden, ehe man vernuͤnftig dencken geler- net. Vernuͤnftig gedencken, erfodert, daß man ordentlich wissen, artig erfinden, gruͤndlich schliessen koͤnne. Alles wissen, ist nicht moͤg- lich, viel wissen ist nicht allezeit nuͤtzlich, und ein mit vielen wissen angefuͤlltes gedaͤchtniß, ist einem redner oͤfters so dienlich, als ein mit denen delicatesten speisen uͤberladener magen. Aber wissen, wovon man reden will, die grund-saͤtze derjenigen wissenschaft inne haben, dahin der kern unserer rede gehoͤret, ist schlech- terdings noͤthig, und zwar in einer solchen ordnung, daß man auch wisse. wie und was man wisse. Artig erfinden, heist nicht gluͤck- lich seyn im erfinden. Midas, ein koͤnig in Phrygien, erhielte durch einen gluͤcks-fall grossen reichthum, allein Apollo setzte ihm nichts desto weniger esels-ohren an. Hinge- gen Thales, erwirbt durch seine klugheit viel vermoͤgen, und behaͤlt doch dabey mit ver- groͤsserten ruhm, den nahmen eines weisen. Gewiß ein gluͤcklicher einfall, kan einem red- ner nicht schaden, aber wann ein redner sich D d 4 bloß von allerhand schul- bloß mit gluͤcklichen einfaͤllen bereichern und begnuͤgen will, wird seine erfindungs-kraft zu einem tollhause oder wenigstens zu einer comoͤdianten-kammer werden, da sie ein wohl ausgeruͤstetes zeughauß seyn sollte. Also muß die beurtheilungs-kraft das beste thun, diese ordnet und pruͤfet alles wissen, untersuchet al- le erfindungen, und scheidet von den unnuͤtzen schlacken das aͤchte gold, das rechte wesen von den aberwitzigen traͤumen, und die brauchba- ren waffen des redners von denen larven. Diese beurtheilungs-kraft ruͤstet einen redner aus mit der kunst, seinen zuhoͤrern ins hertz zu sehen, und sich desselben zu bemeistern. Sie fuͤhret ihn durch die erfahrung auf die historie derer dinge, die um ihn sind, und lehret ihn alles zu seinem nutzen anzuwenden. Wo- hin die gedancken gehen, dahin neiget sich das hertz, und dieses muß bey einem redner keine behausung unreiner geister seyn, welche die wahrheit, als ein licht, das ihre augen blen- det, verabscheuen, welche der tugend fall-stri- cke legen, welche ohne aufhoͤren als freche moͤrder in dem hertzen rennen, und selbiges mit tumult beziehen, nachdem sie die gesetze der gesunden vernunft, der offenbahrung, und der buͤrgerlichen gesellschaft, unter die fuͤsse getreten. Es muß auch kein behaͤltniß eines ungeschmackten wassers seyn, welches aus mangel der bewegung stinckend worden. Son- dern es muß von solchen neigungen getrie- ben und politischen reden. ben werden, die selbst leben, die denen gedan- cken und worten geist und leben mittheilen, und doch sich niemahls dem joch der gesunden vernunft entziehen. Kurtz ein redner muß mit lebhaften neigungen etwas wollen, doch nichts malhonnettes wollen, und sich seiner neigungen als ein herr seiner unterthanen be- dienen. Dieses ist die innere beschaffenheit eines vollkommenen redners, und wenn es mit dem inwendigen seine richtigkeit hat, so zeigen sich nunmehro gedancken und regungen in auserlesenen worten. Viel worte sind nicht allemahl ein zeichen eines guten iudicii, viel schoͤne worte wollen auch das werck nicht aus- machen, und eine rede, deren verfasser so viel gold und silber, diamanten, mosch, zibeth, ambra, purpur, perlen, muscheln, geflammte saͤulen, sinn - bilder einmischet, gleichet meh- rentheils einem bettlers-mantel, welcher die bloͤsse des verstandes dennoch nicht bedecken will. Aber sachen, die das hertz ruͤhren, und sich in denen worten kurtz uñ doch deutlich, rein- lich und doch ungezwungen, angenehm und doch in ihrem wesen fuͤrstellen, sind ein kenn- zeichen, wodurch ein redner sich hauptsaͤchlich unterscheidet. Er redet allezeit nach beschaf- fenheit des vorhabenden obiecti und doch von schlechten sachen niemahls niedertraͤchtig, von praͤchtigen dingen maiestaͤtisch, aber niemals aufgeblasen, von geistlichen andaͤchtig, und doch nicht mystisch oder heuchlerisch. Er schwa- D d 5 tzet von allerhand schul- tzet einem armen unerfahrnen niemals von den schaͤtzen des grossen Mogols etwas fuͤr. Erzehlet auch nicht dem frauenzimmer, was fuͤr geheimnisse in der Metaphysick verborgen. Sei- ne beredsamkeit laͤst sich in keine hoͤltzerne und steinerne machinen einschliessen, sondern zeiget ihre kraft uͤberall im menschlichen leben, wo es nuͤtzlich und noͤthig ist. Endlich stellet uns auch sein leib, eine lebendige beredsamkeit vor augen. Alles redet an ihm, gesicht, augen, haͤnde, stellungen, alles redet mit der sache. Bey traurigen dingen zeugen alle bewegun- gen seines leibes, von einer innerlichen betruͤb- niß, und bey froͤlichen dingen wird er gewiß nicht thraͤnen vergiessen. Er beobachtet den wohlstand, ohne daß er daraus einen abgott mache. Er redet mit hertzhaftigkeit, denn wer wie die schnecken, weder hertz noch zunge hat, schickt sich zu keinem redner, allein seine freymuͤthigkeit ist mit vieler sittsamkeit gemaͤs- siget. Er redet nicht wie des Alberti Magni statue, welche bey ihren reden sich nicht be- wegte, aber man darf ihn auch nicht fragen, wie viel schritte er peroriret. Capistranus, ein Paͤbstischer knecht, welcher zu denen Creutz- zuͤgen durch seine predigten die leute bere- den sollte, konte auch diejenigen, so ihn nicht hoͤreten, sondern nur sahen also ruͤhren, daß sie bitterlich weineten. Gewiß aller geschick- ten redner aͤusserliche stellung trift die her- tzen der zuhoͤrer. H. A. Dieses ist das bild eines und politischen reden. eines vollkommenen redners, welches ich kurtz mit denen ersten linien fuͤrgezeichnet, wo ist nun das wesen? waͤren blosse figuren, viele complimente, pedantische formulen, wortspie- le, sinn-bilder, ungeheure worte, und derglei- chen nichts-wuͤrdige kleinigkeiten, diejenigen kennzeichen, woran man vollkommene redner bemercken muͤste, so wuͤrden wir viel redner haben. Ja, waͤre es nur eine unumgaͤngliche nothwendigkeit, daß die geschicklichkeit regeln zu geben, allezeit einen vollkommenen redner bezeichnete, so getrauete ich mir leicht origina- lia von meiner gegebenen copie anzutreffen. So aber da dieses nicht ist, will ich ihnen selbst zu beurtheilen uͤberlassen, ob ich das bild eines vollkommenen redners recht aus- gedruͤcket, oder ob wir selten so gluͤcklich das original davon zu finden. Jnzwischen hoffe, man werde mit der zeit, an ihnen selbst viel- leicht originalia von meinem gemachten be- griffe autreffen. Und damit sie erkennen, daß ich nicht ohne ursache hoffe, so will ich diesen platz demjenigen einraͤumen, welcher aus ih- rer gesellschaft zuerst eine probe seiner bered- samkeit ablegen wird. Jch wuͤnsche, daß un- sere loͤbliche redner-gesellschaft, und alle mit- glieder derselben, ihre uͤbungen zu unser aller vergnuͤgen verrichten, und daß ihnen hernach insgesammt, allezeit solche gelegenheiten zu reden vorfallen moͤgen, da sie in gluͤckwuͤn- schungen ihre beredte zungen zu gebrauchen, ursach von allerhand schul- ursach haben. Bin ich dero wohlgewogen- heit und guͤtigen vertrauen versichert, so glau- be meine wenige faͤhigkeit und aufrichtige er- gebenheit Jhnen zu dienen vollkommen gut anzubringen. §. 3. Fodern aber die muͤndlichen schulre- den grosse application, so wollen gewiß die schriftlichen, mit nicht geringern fleisse ausge- arbeitet seyn, als dedicationes, disputationes programmata, und buͤcher. Bey denen de- dicationibus, kommen ausser denen regeln der beredsamkeit, und gelehrsamkeit, auch die regeln des wohlstandes hauptsaͤchlich in be- trachtung, indem die hier begangenen fehler nicht so leicht verziehen werden. Bey denen disputationibus, kommen geschriebene sachen und muͤndliche reden zugleich zum vorschein, iene erfodern mehr gelehrsamkeit, diese mehr hoͤflichkeit, beyde eine vernuͤnftige an- wendung der gesamleten Philosophischen und Oratorischen schaͤtze. Programmata werden vonsolchen leuten geschrieben, zu deren lehrer ich mich nicht aufwerffe, und die buͤcher schrei- berey hat sich wie die Leiptziger messe meinen wenigen urtheilen laͤngst entzogen. e ) Bey einer in Jena 1718 den 8. Octobris ge- haltenen disputation de necessaria studii Philoso- phici \& Oratorii coniunctione wurde folgende dedication an Jhro durchl. dem Hertzog von Sachsen-Eisenach gerichtet, welche statt ei- nes exempels anzusehen: Sereniss von politischen reden Serenissimo Celsissimoque Principi ae Domino Domino IOHANNi WILHELMO Saxoniae Iuliae Cliviae Montium Angariae Westphaliae Duci Thvringiae Landgravio Misniae Marchioni Hennebergiae Principali Dignitate Marcae Ravensbergae Comiti In Ravenstein Sayn Wittgenstain Dynastae Et reliqua Patriae Patri Optim Pie Sapienti Iuste Clementi Pacifice Prudenti Musarum Nutritori Eminenti Suarum Raro Inter Principes Exemplo Amori P rincipi Domino Suo Clementissimo Levem huncce meditationis sua Foetum Humillimo subiecti animi Cultu Offert Praeses. S e renissime Clementissime Princeps Magno von allerhand schul- M Agno quondam Alexandro, eximium veteris or- bis lumen Aristoteles, libros Rhetoricorum con- secrate, non crubuit. Tibi Serenissime Prin- ceps, Alexandro, si dicamus quod res est, nec vere magna simulacris postponamus, longe maiori, in Ari- stotelis \& philosophorum subselliis latitans \& haerens, quod artem Rhetoricam concernit opusculum, ad pe- des Tuos submisissime deuolutus, offert. Quod, qui mi- rabuntur, nescient forsan, quanto impetu feratur ani- mus, studiis quantus quantus sacratus atque immersus, ut ipsi, se suaque devoveat, a quo animam studiorum, pacem \& tranquillitatem, in se deriuandam exist mat. Ini- quissimum iudicaui, inter tot, qui Tibi Serenissime Princeps, vitam, vitae tranquillitatem, tranquillitatis caussam, incrementa studiorum, debent, inter tot vir- tutum Tuarum Celsissimarum admiratores, inter tot, quos, dum vel unius amorem pluris habes, quam timorem millium, in stuporem Tanti Principis rapis, me solum silere, me quidem, qui \& otium huic dissertationi con- scribendae, prudentissimo Tuo regimini tribuo. Acci- pe, eapropter, Serenissime Princeps, clementissime, quod offero, immo me totum. Sic leve \& rude opu- fculum, eruditum videbitur, infelix auctor felix habe- bitur, \& omne quod imposterum mens litteris sacrata molietur opus, Tuo sub imperio halcyoniis gauisa, Tibi Serenissime Princeps acceptum referet. Faxit Sum̃us rerum humanarum arbiter, ut tamdiu nobis super- stes vigeas, Tuae Serenissimae Domus incrementa videas, natales prosperitatum Celsissimarum perpetuo celebres, donec gratiarum ex asse fuerint defuncti debito, sub- diti, bonarum artium cultores, \& in his, tenuioris huius conaminis Tibi Serenissime Clementissime Princeps Subiectissimus humillimus auctor. und politischen reden Also kommt es dabey auf eine gelehrte disposi- tion und ausarbeitung an, ich will zur disposi- tion in folgenden exempel anleitung geben: Dispositio dissertationis (secundum dissertat. Dn. D. Pfaffii de praeiudiciis Theologic.) de praeiudiciis circa Jus naturae. Propos. 1. Exordii loco: argumenti difficultas. 2. Definitio praeiudiciorum. 3. Definitio Juris naturae. 4. Concludendi principia. 5. Origines praeiudiciorum. 6. Philosophiae ignorantia. 7. Eiusdem cum Theologia confusio. 8. Affectuum dominium. 9. Historiae litterariae ignorantia. 10. Praeiudicia ipsa varii generis \& praecipue 11. Theologorum ex confusione Script. Sacr. 12. Ictorum ex conf. Juris ciuilis. 13. Philosophorum ex sectis variis. 14. Effectus. horum. 15. Remedia falsa: scepticismus. 16. Satyricum scribendi genus. 17. Persecutio. 18. Praeiudicia opponere praeiudiciis. 19. Vera media: Sincera meditatio Logica. 20. Meditationum iusta expressio. 21. Historiae literariae cognitio. 22. Meditationum iusta applicatio. 23. Conclusionis loco. Wenn zu diesen saͤtzen allerhand argumenta, digreßiones, und allegata kommen, so wird ein grosses werck daraus, und man hat ordent- lich verfahren. zu dieser art reden, legeu die processus disputandi den grund, als Dannhaueri Hantschii ideae boni disputatoris, und die oben angefuͤhrten Philosophien. Jch weiß aber nicht wie es bißweilen kommt, daß die nebst von allerhand schul- besten theoretici die schlimsten practici sind, und daß die Flagella disputantium oͤfters die schlechtesten leute. Sie setzen ihnen keinen an- dern endzweck fuͤr, als den andern zu prostitu- iren, und zu uͤberwinden, und daß sie dieses er- halten, setzen sie sich mit einer hoͤnischen mine hin, und gehen des andern arbeit ungebeten, von anfang zu ende durch, sagen davon mit vielen ingenieusen und laͤcherlichen einfaͤllen, was ihnen gut deucht, ohne ein tuͤchtiges ar- gument zu formiren. Hingegen meint der an- dere, er muͤsse wieder alle fuͤrstellung recht be- halten, und freuet sich wann er seinen gegner mit einer artigen tour abgekapt, und das letzte wort haben kan Beyde dencken an hoͤflichkeit am wenigsten, aber wie wuͤrden doch die audi- tores lachen koͤnnen, und fleißig zu ih n en kom- men, wenn sie einander gar zu vernuͤnftig be- gegnen wolten? Man moͤchte auf viele dispu- tationes folgendes appliciren: Lettres Galantes \& Historiques Tom. VI. p. 109. I’ ai vu deux partis disputer, De ia verite, sans l’ entendre: Le public sans y rien comprendre, Pour l’un ou l’ autre s’ enteter, Et de leur dispute autentique, Qui s’ entend moins, plus on l’ explique I’ ai vu qu’ apres vn long debat, Apres replique sur replique, La haine des partis etoit le resultat. Folgendes mag zum exempel dienen, weil es zumahl eine schrift ist, welche den guten ge- schmack in der Oratorie nicht wenig befoͤrdern kan: Der und politischen reden. Der in Leipzig studirenden iugend eroͤfnet seine Collegia die von Trinitatis 1708. sollen gehalten werden, D. Gottfried Lange, Maj. Princip. Colleg. Collegiatus. J Ch habe es vor noͤthig gehalten auf einem beson- dern blate meine collegia zu melden, welche mit Gottes huͤlfe diesen sommer uͤber sollen gehalten wer- den. Denn, weil wenig universitaͤten in Teutschland seyn werden, welche an menge der lesenden Leipzig gleich kommen solten, so koͤnte es gar leicht gesche- hen, daß auch dieses mahl unter dem hauffen, so vieler andern meine nachricht von collegiis verlohren gien- ge, oder die lesenden mit solcher aufmercksamkeit sich an die uͤbrigen und vielleicht bessern zettul attachirten, daß meine schrift, die eine zeitlang allhier unbekannt worden ist, von den wenigsten gesehen wuͤrde. Mein absehen aber ist vornehmlich denienigen zu dienen, welche collegia Oratoria von mir verlanget ha- ben, wofern wir nur allerseits einander recht verstehen, und uns unter der Oratorie nichts anders einbilden, als was sie eigentlich seyn, und von rechtswegen heis- sen soll. Denn, gewiß, wer sich in die verbluͤmten redens-arten verliebet, und in den gedancken stehet, er habe was gutes verrichtet, wenn niemand ohne seine steingen und creutze verstehet, was in der obscuren schrift verborgen ist, wer ferner in exclamationibus und interrogationibus den anfang und das ende der Oratorischen kuͤnste zu finden vermeinet, oder sich damit am besten zu helfen gedencket, wenn er das Franzoͤische Lexicon fein oft gebrauchen, und seine re- den den kleidern aͤhnlich machen kan, die aus vielen un- E e ter- von allerhand schul- terschiedenen zeugen zusammen gesetzet sind, der duͤrf- te bey mir gar schlecht getroͤstet werden. Die zeiten sind vorbey, da man der zukuͤnftigen vergessenheit zu gefallen fleißig war, und sich uͤber einer sache den kopf verderbte, welche nirgends an- ders als auf schulen bewundert wurde. Heut zu tage, da unter so vielen wissenschaften nicht allein die uͤberfluͤßigen von den noͤthigen muͤssen unterschieden, sondern auch diese letztern nach der rechten art erlernet werden, ist alles in einem gantz andern stand gera- then, und ich doͤrfte bald sagen, der gantze plunder, aus welchem sonst die Oratorie bestehen solte, wird itzund nur als eine zugabe bey derselben angehenckt, und auch diese zugabe ist nichts anders als confect, welchen man sehr maͤßig gebrauchen muß, wenn sei- ne delicatesse nicht zum eckel anlaß geben soll. Wer meine einleitung zur Oratorie gelesen, wird wohl wissen, wie ich denen, die mich hoͤren und lesen wollen, zweyerley gerne beybringen moͤchte, nemlich ordnung und zierlichkeit Wenn eines von beyden fehlen solte, wiewohl keines fehlen muß, so koͤnte nach meinem urtheile das letzte am ehsten wegbleiben. Die- ses aber wird von denen, die sich in die figuren verwi- ckeln, umgekehret: Und also darf man sich nicht wun- dern, warum etliche, die doch sonst alles wissen wollen/ nicht allein selbst bey versaͤumung dieses hoͤchst-noͤthi- gen studii in einer gantz loͤdlichen unwissenheit zu ste- cken vermeinen, sondern auch andern die federn aus den haͤnden reissen, wenn sie dieselben zu einer klugen und geschickten art gewoͤhnen wollen. Wiewohl, es ist gar leicht zu errathen, was ihnen zu einem so schaͤdlichen unternehmen anlaß giebet. Pfle- get man von den Poeten zu sagen, daß sie nicht gemacht, sondern gebohren werden, so laͤst sich solches gewisser massen auch auf die redner deuten. Wer sich dabey zwingen will, der siehet nicht viel anders aus als ein unhoͤflicher, wenn er freundlich zu thun genoͤ- thiget wird, oder, wie ein frauenzimm er, welchesden Bas und politischen reden. Bas singen, und ohne cadanz die instrumente spielen will. Wo nun eine so ungluͤckliche natur vollends mit einer uͤblen und ungegruͤndeten anweisung verwirret wird, so soll dieses hernach das beste mittel seyn, wann man das gantze werck auf einmahl verachtet, und die allzuschweren regeln vor unnuͤtzlich und uͤberfluͤßig ausgiebet. Wer mit dieser entschuldigung nicht fortkommen kan, nimmt eine andere zu huͤlfe, und meinet, das naturel muͤsse alles thun, mit studiren und kuͤnsteln sey hier wenig auszurichten, zumahl da man heut zu tage fast an allen grossen hoͤfen die leute am liebsten reden hoͤret, die nach der natuͤrlichen ordnung ohne allen zierrath ihre propositiones zu machen wissen. Doch ich habe in einem andern programmate auf diesen einwurf sehr weitlaͤuftig geantwortet, und mag mich dergestalt nicht selbst allhier ausschreiben Wem GOtt die gnade giebet, daß er ein wenig tief in die welt sehen, und von der gelegenheit urtheilen kan, durch welche sich die meisten so hoch geschwungen ha- ben, der wird bald mercken, daß ihnen die unver- gleichlichen reden nicht aus dem ermel gefallen sind. Wer bey der erlangten vollkommenheit nicht mehr studiret, muß solches doch thun, ehe er vollkom̃en wird, fast eben auf den schlag, wie ein geschickter schrei- ber sich des lineals nicht mehr bedienet, ob er gleich seine zeilen schwerlich so gleiche machen wuͤrde, wo ihm dasselbe gleich vom anfange seines fleisses haͤtte mangeln sollen. Reden wir nicht alle weitlaͤuftig, so muͤssen wir doch weitlaͤuftig schreiben, und mit der- gleichen saͤtzen, wie man sie zu nennen pfleget, wird meistentheils der erste grund zu unserm gluͤcke gesetzet, welche dergestalt wohl verdienen, daß man ein wenig zeit auf dieselben wendet. Zumahl, da der geschrie- bene buchstabe nicht bloß zum beweise dessen, was aufs papier gebracht ist, dienet, sondern auch die geschicklichkeit und schwaͤche eines menschen eben so E e 2 wohl von allerhand schul- wohl als sein discurs verrathen kan. Jm uͤbrigen ist dieses dabey die groͤste kunst, daß man keine kunst mercken laͤsset: Gleichwie dieses die kluͤgsten schmeicheleyen sind, welche gleichsam unter der ma- sque eines ernsthaften und aufrichtigen gesichtes an- gebracht werden. Hierbey aber kan ich selbst nicht leugnen, wie un- sere Oratorie dadurch gar schwer gemacht wird, weil man von allen dingen, welche dazu noͤthig sind, ohn- moͤglich regeln geben kan. Denn wer will die Ca- sus erzehlen, welche unzehlich sind, und wenn solches auch geschehen koͤnnte, was wuͤrde uns die ausar- beitung anderer leute helfen, da man immer was neues erfinden, und den beyfall der zuhoͤrer und le- ser dadurch am meisten verdienen muß, wenn etwas geredet oder geschrieben wird, das sie zuvor weder ge- hoͤret noch gesehen haben? Weil ferner zum reden und schreiben, wie oben all- bereit gesaget worden, vornehmlich ordnung erfor- dert wird, die ordnung aber viel sachen praͤsuppo- niret, welche sie rangiren kan, so folget vors erste, daß die Oratorie kein werck vor kinder, sondern vor erwachsene und solche leute sey, die nicht allein ihr judicium wohl zugebrauchen, sondern auch aus den disciplinen, vornehmlich aus der Moral und Histo- rie ihre beweißthuͤmer und amplificationes herzu- nehmen wissen: Es folget ferner, daß man ohne diese huͤlfs-mittel zwar die praͤcepta Oratoria aus- wendig lernen, aber dessentwegen doch keine gelehr- te rede verfertigen koͤnne: Und drittens folget auch, daß die leute, welche noch gar nichts im kopfe ha- ben, nothwendig ungedultig werden, und davon lauffen muͤssen, wenn sie sich in schreiben und reden uͤben sollen. Darzu koͤmmt noch, daß der stilus so sehr unter- schieden, und dergestalt mancher, der doch sonst gute wissenschaften hat, dennoch immer zweifelhaftig ist, und politischen reden. ob er mit einer hohen, mitteln, oder niedrigen schreib-art am meisten ausrichten koͤnne. Es hilft etwas, wenn man hierbey auf die Facultaͤten sie- het, und die bewegung der affecten nebst allem, was darzu gehoͤret, einem Theologo mehr als einem Ju- risten recommendiret, welcher letztere das meiste lob verdienet, wenn er seine sachen schlecht, deutlich und ordentlich vorstellen kan: Es ist auch nicht ohne, daß man auf das naturel und die uͤbrigen eigenschaftẽ der redner selbsten verfallen muß, indem der stylus sen- tentiosus einem menschen, der seine aussprache nach der geschwinden post einzurichten pfleget, uͤbel an- stehen solte, andere hingegen, die einen gantzen tact bey iedweder sylbe aushalten, den zuhoͤrern schreibe- tafeln in die haͤnde geben muͤsten, wofern sie bey dem ende eines langen periodi das mittel und den anfang nicht vergessen solten: Es ist ferner eine aus- gemachte sache, daß man in einem panegyrico an- ders als in einem briefe schreiben, und die so genann- ten gestudirten reden kuͤnstlicher als kurtze Oratio- nes einrichten muͤsse, welche nur complimente bedeu- ten, und ohne weitlaͤuftiges nachdencken von dem munde und aus der feder fliessen sollen: Gleichwie endlich niemand wird zu leugnen begehren, daß wir gar oͤfters nach dem goût solcher leute, die uͤber un- ser gluͤcke zuͤ disponiren haben, reden, und manche schlimme redens-art mit einmischen muͤssen, weil sie ihnen gefallen hat: Doch bey diesem allen ist mehr zu bedencken, als sich mancher einbildet, und die erfahrung bezeuget es mit manchem traurigen exempel, wie bißweilen ein eintziger terminus, wel- cher unrecht angebracht, oder dem stylo curiaͤ zu- wider ist, manchen redner zum spotte vieler hochge- schaͤtzten anwesenden dargestellet hat. Was soll ich endlich von der Teutschen sprache an sich selbst sagen, mit welcher wir heut zu tage un- sere kuͤnste meisten theils zu marckte fuͤhren muͤssen? E e 3 Die von allerhand schul- meisten gestehen wohl, daß sie noͤthig sey, aber sehr wenig geben sich die muͤhe dieselbe zu erlernen. Weil es unsere mutter-sprache heist, so wollen wir auch von den muͤttern alles begreiffen, was uns davon zu wissen noͤthig ist. Rechtschaffene leute, welche der jugend darinnen zu dienen gedencken, muͤssen sich veraͤchtlich tractiren lassen, und die meisten alten schul-monarchen finden alle ihre interesse dabey, daß sie von der Teutschen Oratorie nicht viel wesens ma- chen. Denn bey den gewoͤhnlichen Rhetoricken gie- bet es vielerley auswendig zu lernen, und wer nach dieser art seine information einzurichten gedencket, kan gar leicht einen halben Julium Caͤsarem abge- ben, und zu gleicher zeit vor andere und sich selbst arbeiten: Da hingegen bey einer rechten anfuͤhrung in diesem studio gar wenig auf das auswendig ler- nen ankoͤmmt, sondern bey nahe alles durch immer- waͤhrendes fragen und elaboriren muß ausgerichtet werden. Als im vorigen seculo die Frantzosen unter der direction des Cardinals Richelieu an efangen hatten ihre sprache zu verbessern, so wolte man wie in an- dern, also auch in diesem stuͤcke den auslaͤndern in Teutschland nachgehen, und das werck am allereh- sten durch gesellschaften heben, darinnen sich alle glieder einen besondern nahmen geben und durch buͤcher-schreiben ihre landes-leute nach und nach zu der liebe ihrer eigenen sprache gewoͤhnen solten. Wie nun hierbey das absehen der durchlauchtigsten Stif- ter gar sehr zu loben, auch der nutzen vielleicht in einem und dem andern stuͤcke zu erkennen war: So muste man hingegen beklagen, daß etliche nicht zeit, andere, die sich mit gewalt mit einmischen wol- ten, nicht capacite genug hatten das werck zu heben, die letztern aber, welche gar zu sehr affectiren, und gleichsam einen schoͤppenstuhl vor die Teutschen woͤr- ter aufrichten wolten, denselben mehr spott als nu- tzen und politischen reden. tzen zuzuziehen vermochten, und dadurch alle gute intention auf einmahl uͤber den hauffen schmissen. Daher geschahe es auch, daß wir eher gute ver- se, als gute ungebundene reden in unsere sprache hatten, und da man von rechtswegen durch die Ora- torie zur Poêsie haͤtte gelangen sollen, so wiesen im gegentheile die zwey unvergleichliche maͤnner: Opitz und Hofmanswaldau den rednern die rechten wege, indem sich fast niemand, der nur ein wenig feuer hatte, enthalten konte ihre unvergieich l ische schriften zu lesen, und denselben wo nicht in versen, doch zum wenigsten in der zierlichkeit ihrer ausrede nachzugehen. Wenn wir nun behaupten wollen, daß nach ver- fliessung einer so langen zeit alles nach und nach bes- ser und vollkommener bey derselben worden sey, so duͤrfen wir uns die einwuͤrfe, so in den vorherge- henden gemacht worden, nicht zur unzeit irre ma- chen lassen. Denn die sachen, von welchen man keine regeln geben kan, bestehen in den curialien und sind freylich an einem hofe anders als an dem an- dern. Doch mir deucht, wer nur in seinem funda- mente richtig ist, der wird sich hernach durch einige nachrichten gar leichte in das uͤbrige finden lernen. Wir koͤñen uns bey der kaufmannschaft ein gleichniß vorstellen. Da werden die gewoͤlber nicht nach ei- nerley facon angeleget, auch die buͤcher nicht nach einerley art gefuͤhret, und dennoch kan sich einer, der was gruͤndliches davon begriffen hat, gar leicht in alles schicken Was die noth mit den so genannten realien an- belanget, ohne welche bey diesem studio nicht wohl fortzukommen ist, so will ich bey dieser gelegenheit gantz offenhertzig meine gedancken davon eroͤfnen. Es ist erstlich ein schaͤdliches praͤjudicium, daß wir die realia nur allein in exemplis und testimoniis suchen, und wenn diese sollen angebracht werden, E e 4 zu von allerhand schul- zu den collectaneis als unserer eintzigen zuflucht ge- hen wollen. Denn ohngeachtet ich nicht zu leugnen begehre, daß man sich allerdings mit denselben in verfertigung einer rede treflich helfen, auch exempel und zeugnisse anderer auctorum uͤberaus wohl anwen- den kan: So giebt es doch ausser diesen noch viel rea- lia von gleichnuͤssen, contrariis, meditationibus, locis communibus ꝛc. Welche eben so gut, ja gewisser massen noch besser als die vorhergehenden sind, weil sie bloß von unserm nachdencken herruͤhren, und dergestalt an statt des weitlaͤuftigen buͤcher-krahms nur ein faͤhiges und geuͤbtes ingenium erfo- dern: Vors andre lassen sich alle reden und schrif- ten gar fuͤglich in zwey classen eintheilen, davon ich die eine gekuͤnstelt, die andere ungekuͤnstelt nen- nen koͤnte. Zu der ersten wird viel erfordert, aber sie ist auch die allernoͤthigste nicht. Denn es geschiehet gar selten, daß man auf der catheder gantze stun- den lang peroriret, und ausser diesem giebet es, wenn ich die eintzigen Parentationes ausnehme, heutiges tages sehr wenig casus, absonderlich vor politicos bey welchen die collectanea unentbehrlich waͤren. Jhre gluͤckwuͤnsche, und condolenzen, ihre huldi- gungs antrits-landtags und andere reden gehoͤren in die classe, wo nichts gekuͤnsteltes gelitten wird, und wer sich mit seinen allegatis aus dem Julio Caͤsa- re, Curtio, und andern dergleichen buͤchern gar zu breit dabey machen, auch zur unzeit philosophiren wolte, duͤrffte den verhoften beyfall derer, die ihn hoͤren, wohl schwerlich erhalten. So ist endlich wegen des styli dieses wohl der si- cherste rath, daß man so schreiben lernet, wie es der nutzen und die hergebrachte gewohnheit bey den can- tzeln und cantzeleyen haben will. Weil nun diese insgesamt mit den hochtrabenden figurirten redens- arten ordentlicher weise nicht viel zu schaffen haben, so siehet auch ein iedweder gar leichte, worauf sein fleiß und politischen reden fleiß in diesem stuͤcke am allermeisten muͤsse gerichtet werden Unterdessen, wie ich dieses ihrer vielen zum troste will geschrieben haben, welche sich das studium Ora- torium gar zu schwer einbilden, und bey ihrem mas- sigen vorrathe der erudition bey nahe zweifeln wol- len, ob sie auch mit einigen nutzen ein collegium da- ruͤber hoͤren koͤnten: So duͤrfen hingegen andere nicht meinen, als ob in meinen lectionibus nur das leichteste solle beruͤhret, das andere hingegen aussen gelassen werden. Sondern wie meine einleitung auf alles gerichtet, ein auditorium auch meistentheils mit vielerley leuten angefuͤllet ist, die zwar einerley hoͤren, aber solches mit der zeit nicht auf einerley weise anzuwenden gedencken, so werde ich auch von anfange bis zum ende alles dnrchgehen , die praxin mit erklaͤrung der regeln bestaͤndig verbinden, und durch vielfache neue casus sonderlich denen dienen, die sich entweder selbst noch weiter uͤben, oder mit der zeit andre informiren wollen. Niemand darf sich dabey scheuen in gegenwart vieler andern seine elaborationes abzulesen, wiewohl solches ohnedem iedweden zu seinen eigenen belie- ben anheim gestellet wird. Denn, ich weiß mich gar wohl zu besinnen, daß diejenigen oͤfters beym beschlusse eines collegii die besten gewesen sind, wel- che man beym anfange desselben vor die schlimsten halten muste. Allenfals aber kan dieser noth durch ein collegium privatißimum, dazu ich mich gleichfals offerire, abgeholfen werden. Wie sich denn freylich wohl zu einem collegio welches bloß auf die praxin gerichtet ist, kein allzu grosser und unbekannter Nu- merns schicket. Mit dieser arbeit gedencke ich II. gar fuͤglich ein COLLEGIUM HISTORICUM zu verbinden. Denn die collectanea heben des werck bey den amplifi- cationibus alleine nicht, die meisten titul muͤssen in E e 5 unsern von allerhand schul- unsern kopfe stehen, und koͤnnen durch nichts besser als die historie in ordnung gebracht werden. Weil nun die neusten exempel ohne zweifel die besten sind, weil man sich dabey nicht befuͤrchten darf, daß in den gemeinen troͤstern das meiste davon schon werde ent- halten seyn, so ist auch mein vorsatz nach einleitung des Herrn von Pufendorf die letztern zeiten mit al- len dazu gehoͤrigen genealogien fleißig durchzuge- hen. Vielleicht wird dieses, wie ehmahls schon allhier geschehen, ein collegium perpetuum, daß diejenigen, so es einmahl bezahlt, dasselbe hernach mehr als einmahl hoͤren koͤnnen. Man theilet sonst die historie in antiquam, mediam, und novam ein; Jch aber halte es vor noͤthig noch eine speciem zu nennen, welche novissima heissen muß, und in den zeitungen enthalten ist. Wie ich aber durch zeitungen nicht allein die gewoͤhnlichen blaͤtter, so in Leipzig und andern orten zum drucke befoͤdert werden, sondern vornehmlich die nachricht von den wichtigen affairen so zu Regenspurg vor- gehen, verstehe: Als wird wohl niemand zu leug- nen begehren, das dieselben bey jungen leuten eine erklaͤrung hoͤchstvon aoͤthen haben. Denn wer will mir ohne dieselbe zum exempel sagen, worinn die streitigkeiten zwischen den assessoribus in ber Kaͤy- serlichen Cammer zu Wetzlar bestehen, worauf sich die so genannte Erbmaͤnner sache in Muͤnster gruͤnde, was es mit der introduction des Boͤhmischen Voti in das Churfl. collegium vor eine bewandtniß habe, warum die reichs-armee noch bis dato in keinen rechten stand komme? u. d. g. m. Jch hoffe der- gestalt gar ein loͤbliches werck zu verrichten, wenn ich woͤchentlich zwey stunden zu dieser arbeit ausse- tze, und erstlich denen zu gefallen, die nicht gerne viel lesen, aber doch etwas wissen wollen, die noͤ- thigsten sachen, so in den Teutschen und Frantzoͤi- schen nouvellen enthalten sind, kuͤrtzlich referire, her- nach und politischen reden nach aber die memoriale so ohnlaͤngst von mir zum drucke sind befoͤdert worden, vor die hand nehme, und bey denselben einen discurs formire, welcher et- was tieffer in den staat und das jus publicum gehet. Es ist ohne dem zu beklagen, daß viel tausend Teutsche, welche doch gelehrt heissen wollen, nicht einmahl wissen, wie es im Teutschen reiche zugehet. Daher geschiehet es anch, daß etliche in den gesell- schaften, wo man nicht bestaͤndig von ihren hand- wercke redet, mit ziemlicher angst stille schweigen, andre mit noch groͤsser prostitution reden und noch andre welche sich doch durch dergleichen studia am meisten heben, und den weg zur rechten befoͤrde- rung bahnen solten, ihr unvermoͤgen meistentheils zu einer zeit erkennen und beklagen, da ihnen weiter nicht kan geholfen werden. Da nun ohne dem mein vorsatz ist II I. durch ein Collegium GRATUITUM den anfang in meinem lesen dieses mahl zu machen, so wil ich den zustand des H. Roͤmischen reiches Teut- scher nation in seinen geschichten, gewohnheiten und rechten, denen, die mich von 1. biß 2. uhr nachmit- tags hoͤren wollen, gruͤndlich und deutlich vorstellen, und meine einleitung zum grunde legen, weil sie der herr verleger, ob gleich die ersten zwey theile aller- erst fertig sind, auf mein ersuchen allbereit zu ver- kauffen gedencket. Und indem es ein collegium ist, welches alle studiost von allen facultaͤten besuchen und zu ihren nutzen anwenden koͤnnen, so hoffe ich wenig leere baͤncke zu behalten, obgleich diese stunde sonst ordentlicher weise mehr der ruhe als der arbeit bestimmet ist, und wil kuͤnftigen monrag g. g. als den 4. Jun. anfangen, auch bald darauf von den uͤbri- gen collegiis dazu IV. das MORALE uͤber Buddei ele- menta philosophiæ moralis gehoͤret, die stunden mel- den. GOtt lasse dieses vorhaben auf allen seiten gese gnet seyn, und gebe, daß Leipzig, den ruhm, so es ins von allerhand schul- in andern stuͤcken bey den entlegensten nationen ver- dienet, auch vornehmlich wegen seiner universitaͤt zu allen zeiten behalte. Gegeben den 30. Maͤy 1708. Jch habe selbst bey einer andern gelegenheit dergleichen kurtz in folgenden terminis entworf- fen, welches wegen anverwandschaft der ma- terien, hier einzuruͤcken, kein bedencken trage: P. P. Es ist ausser streit und die erfahrung zehlet es bereits zu den veriaͤhrten dingen, daß ein Teutscher mehr beliebung trage, auswaͤrtige huͤlsen zu benagen, als den kern der kostbar- keiten, welche ihm sein vaterland darbeut, zu schmecken. Wir muͤssen selbst gestehen, daß wir ienem stern-seher zuvergleichen, welcher sich durch die betrachtung des entfernten Ca- pricorni am himmel abhalten ließ, was in sei- nem eignen hause vorgieng, in obacht zu neh- men. So ist unsere auffuͤhrung beschaffen in hundertfachen zufaͤllen, so ist sie sonderlich in dem fleiß zeit und unkosten, so wir auf spra- chen wenden. Wir bearbeiten uns mit er- staunender muͤhe zu ergruͤnden, ob Cicero quoque oder coque gesprochen, ob die aͤlte- sten Griechen oi wie ein i oder wie einen dop- pelt-lautenden buchstaben ausgeredet. Wenn wir aber unsre gedancken, nur gegen unsere diener eroͤfnen sollen, so begehen wir soviel fehler als man worte zehlet. Und haben wir ia durch fleißige lesung der Psalmen und Evan- gelien oder in den kram-buden gelernet adiecti- uum und politischen reden. uum und substantiuum zusammen zusetzen, so meinen wir nunmehro mit recht, meister der Teutschen sprache zu seyn. Fangen wir an unsere reden zu einem vernuͤnftigen und ange- nehmen gebrauch zu bereiten, so koͤnnen wir uns kaum halten, daß nicht aus unserer bered- samkeit eine waͤscherey, aus der reinlichkeit der rede eine unnuͤtze critik, aus der zierlichkeit der- selben, ein praͤchtiger, obwohl papierner bil- der-kram werden solte. Als ich dieses uͤber- leget, habe ich beschlossen denen Herrn Com- militonibus von 10. biß 11. uhr mittwochs und sonnabends meine grund-saͤtze einer vernuͤnf- tigen beredsamkeit mitzutheilen, und zu erklaͤ- ren, ob ich vielleicht, solte es auch etwas weni- ges seyn, zu Dero nutzen hierinn beytragen koͤnte. Kuͤnftigen sonnabend werde den an- fang machen, und meine arbeit wird nichts be- lohnen als Dero gegenwart und bestaͤndige gewogenheit. Es wuͤrde eine artige arbeit werden, wann man die buͤcherschreiberey, mit der Leipziger-messe voͤl- lig vergliche, man koͤnte bey den kleinen silber- buden, bey den grossen drechsler-buden, bey den herumgehenden brill- und scheerenschleiffern, bey den marcktschreyern, seiltaͤntzern, poppen-spie- lern, comoͤdianten, bey denen so die messe besu- chen, artige tertia comparationis finden. §. 4. Die andern politischen reden haben schon etwas mehrere freyheit, was die Orato- rische form anbetrift, hingegen wollen sie mit desto groͤsserer behutsamkeit, was anbetrift die curia- von allerhand schul- curialien, abgehandelt seyn. Sie kommen entweder am hofe oder in republicken vor, an beyden orten ist eine beliebte kuͤrtze, nette scharf- sinnige tour der gedancken, gute natuͤrliche ordnung, genaue beobachtung des redenden, hoͤrenden, und der umstaͤnde, das angenehmste und wichtigste. Doch leiden unter ihnen die inscriptiones, lebens-lauffe, und parentationes noch am meisten putz. §. 5. Die inscriptiones sind schriften, wel- che man verfertiget, daß sie auf saͤulen triumph- bogen, statuen, medaillen, grab-steine, und dergleichen, koͤnnen gesetzet werden, also solten sie billich kurtz seyn, doch leidet auch dieses seine ausnahme. Es sind ihrer zweyerley, einmahl gemeine, hernach argute, iene halten kurtz die historische erzehlung dessen, bey welcher gele- genheit sie aufgerichtet worden, in sich, diese aber sind nach dem arguten stilo abzufassen, von dem obiecto darauf sie verfertiget. Mit denen lebens-lauffen hat es was die verfassung betrift, fast gleiche bewandnis, doch werden sie nur auf verstorbene und nach dem uͤblichen wohlstand eingerichtet. Siehe Hederich l. c. p. 609. und oben P. II. cap. 3. §. 11. Jch habe von einem guten freunde fol- gende communiciret bekommen, auf eine boͤse sieben: Wandersmann! steh und rechne! siebenmahl sieben ist 49. und das fatale stufen-jahr da und politischen reden. da eine boͤse sieben auf denen staffeln der wollust, in dieses grab fiel, nachdem sie allezeit die siebende zahl heilig gehalten. Sieben jahr war sie ein kind und auch eine kuplerin; denn der mutter trug sie die briefgen, holte die amanten, hielte das licht, stund schild wacht und half den vater kroͤnen. damit sie lernete, was sie sieben jahr darauf verstehen wolte, nehmlich vierzehen jahr alt eine alamode jungfer zu seyn. hier exercirte sie sich in dem was sie sieben jahr darauf seyn wolte, nehmlich mit experientz und geschicklichkeit ein und zwantzig jahr alt eine hure. so meisterlich daß sie sich zur ruhe und da sie heyrathete ihren mann in unruh setzte, und wurde sieben jahr darauf acht und zwantzig jahr eine hahnreh-macherin. Da sie in der kunst zu, und an schoͤnheit abnahm, zahlte sie aus des mannes beutel was von allerhand schul- was ihr sonst bezahlet wurde, und wurde binnen sieben jahren, fuͤnf und dreißig jahr, eine stipendiaten-halterin. Da der mann starb, und mit ihm der erhalter, ohne welchen die stipendia mitten im stecken ins stecken geriethen, hielt sie 42. jahr alt ihrer jungfer tochter, sieben jahr das zahl-brett, und ward wieder was sie zuvor gewesen, in ihrem alter ein kind und kuplerin, sieben jahr darauf in dem 49. jahre, nachdem sie mehr als siebenmahl sieben und siebenzigmahl siebenmahl auf den staffeln ihres lebens ihre seele zu falle gebracht, fiel sie in ihrem stuffen-jahr mit dem in suͤnden gefallenen leibe in dieses grab. Denn siebenmahl sieben ist neun und viertzig. Gehl denn nun hastu die boͤse sieben ausgerechnet, vor welche du mehr als vor iene sieben so aͤrger waren als er dich in acht zu nehmen! Es ist nicht wohlgethan, wann der lebens-lauf mit sinnbildern ausgeputzet wird, gute medita- tiones schicken sich hier besser, z e. dienet fol- gender welchen ich 1717. aufgesetzet: Lebens- und politischen reden. Lebens-lauf, S. T. Herrn Otto Friedrich von Dießkau auf Lauer Eulau und Audigast ꝛc. Gebohren werden, leben und sterben, sind dinge, in welchen alle sterbliche einander gleich kommen, doch ist nichts mehr, worinn man ei- nen von dem andern besser unterscheiden koͤn- ne, als eben gebohren werden, leben, und ster- ben. Wenn wir des nunmehro in die hoͤch- ste ruhe eingegangen H. H. v. D. ( tit. tot. ) hochadeliches herkommen, christlich-gefuͤhrten lebens-wandel und hochseeliges erblassen, an- ietzo mit hinzufuͤgen, werden dieienigen merck- mahle, womit der hoͤchste durch die geburt ihn von andern unterschieden, zum preise seiner allmaͤchtigen fuͤhrung herfuͤr scheinen: Die tugenden, womit der hochs. den lauf seines ed- len lebens, fuͤr andern ausgezieret, werden ihm selbst zum schuldigsten nachruhm, andern zu kluger nachfolge in das gemuͤthe strahlen. Die letzte stunde, in welcher er den tausch des zeitlichen mit dem ewigen getroffen, wird von seinem behertzten und standhaften siege fuͤr an- dern uͤber die bitterkeit des todes zeugen und denen hochadel. hinterlassenen und betr eine nicht geringe ermunterung, die haͤupter aus dem trauren zu erheben, andern aber auf glei- che nachfahrt zu dencken, an die hand geben. Was also den eintritt in diese sterblichkeit des nunmehro in die seel. unsterblichkeit getretenen F f hoch- von allerhand schul- hochseel. ( tit. ) betrift, so hat das beruͤhmte Leipzig ihm zu seiner geburts-stadt, im iahr 1640. am 24. Novemb. dienẽ muͤssen. Hier wird zugleich dessen hochadelichen stam̃-hauses muͤs- sen erwehnung gethan werden, ob es schon uͤ- berfluͤßig scheinen moͤchte, da dasselbe bereits durch die laͤnge der iahre, zu eins von den aͤl- testen, und durch die menge tugendhafter ah- nen, zu eines von den ansehnlichsten unter den hochadelichen haͤusern dieses landes gemacht, und also sattsam ruͤhmlichst bekannt worden. Jn demselben zehlen sich zu vaͤterlicher linie un- sers hochseel. verstorbenen, sein herr vater Hans v. D. ( tit. tot. ) die frau mutter Maria Sophia von Rixleben, ( tit. gentis ) der herr groß-vater Otto v. D. ( tit, tot. ) die f rau groß-mutter frau Elisabeth v. Pflugin, ꝛc. der herr aͤlter-vater herr Hans v. D. ꝛc. die frau aͤlter-muter frau Catharina v. Pflu- gin, ꝛc. Zu der muͤtterlichen seite zehlen sich, der herr groß-vater Georg Friedrich von Rix- leben, ꝛc. Die frau groß-mutter Fr. Agnes von Einsidel, ꝛc. Der herr aͤlter-vater Cor- nelius v. Rixleben, ꝛc. Die frau aͤlter-mut- ter Frau N. von Breitenbach, ꝛc. So hatte das abstammen von fuͤrtreflichen ahnen, und das ansehen seiner hochadelichen eltern, ihn be- reits von vielen andern unterschieden. Allein die leibliche geburt war nicht geschickt, ihn von der gemeinschaft unwiedergebohrner abzuson- dern, und zu einem mitglied derienigen zu ma- chen, und politischen reden. chen, welche da sie den geistlichen adel haben, in der that den hoͤchsten adel besitzen. Dannen- hero war die erste sorge seiner hochadelichen el- tern eine h. sorge, ihn nemlich durch die h. tauffe aus dem unseeligen stande, in die gemein- schaft der kinder Gottes zu versetzen, zum denck- mahl dessen wurde ihm der nahme Otto Frie- drich beygeleget. Wer den tugend-weg zu betreten angefangen, und sich bereits unter die zahl der nachfolger Christi einschreiben lassen, braucht nichts so noͤthig, als eine gute erkaͤnnt- niß des rechten weges, und eine sattsame un- terscheidungs-kraft des wahren von dem fal- schen. Die hochadelichen eltern bemuͤhten sich also alles ernsts, diese zarte pflantze zu ei- ner solchen vollkommenheit zu bringen, darinn sie mit wachsenden iahren bestaͤndig bleiben, und sich von der unbestaͤndigkeit der eitlen ab- sondern moͤchte. Doch kaum hatten sie einen rechten anfang ihrer heiligen bemuͤhung ge- macht, als ein fruͤhzeitiger todt bereits darinn aufzuhoͤren, ihnen auferlegte. Denn die hoch- adeliche Frau mutter wechselte das ewige mit dem zeitlichen, da sie kaum sechs iahr ihr theu- restesp pfand, mit einer mehr als muͤtterlichen vorsorge, gefuͤhret, und der Hr. vater folgete ihr zwey iahr hernach. Die zarte iugend unsers hochseel. verstorbenẽ herrn v. D. beweinete da- mahls das absterben seiner so vielgeliebten el- tern mit kindlichen thraͤnen, wuͤrde aber, bey mehrern zuruͤckgelegten iahren, mit der zaͤrte- F f 2 sten von allerhand schul- sten empfindlichkeit, weit heftiger solches ge- than haben, wenn nicht die getreue vorsorge Carls v. D. ( tit. tot. ) den durch doppelten trauer-fall erschreckten hochseel. in seine auf- sicht genommen, und biß in das 18. iahr, in denen anfangs-gruͤnden der vernunft und schrift, auch anderer hochadel. wissenschaften, haͤtte unterrichten lassen. Denn hieselbst fand er dasienige, was ihm, durch den hintritt seiner hochseeligen eltern, war entzogen worden. Hier legte er den grund zu demienigen, welches ei- nem nicht nur vom gebluͤte, sondern auch gemuͤ- the edelgebohrnen zukommt, wozu seine hoch- adeliche eltern, nur den ersten stein beygetra- gen hatten, und nachdem der grund wohlgele- get, konte er sicher darauf zu bauen suchen. Es ist bekannt, das frembde laͤnder besehen, vieles zu der vollkom̃enheit eines cavallieꝛs darreichen kan, allein nuralsdann wann man in seinem ei- genen vaterlande wohl und kluͤglich zu leben gelernet. Unser hoch-seel. Herr v. D. hatte die regeln kluger auffuͤhrung zu hause wohl auszuuͤben gewust, deßwegen wurde auch sein Herr vormund bewogen, ihn in die entfern- ten laͤnder zu schicken, um selbige auch an an- dern oͤrtern zu zeigen und vollkommen zu ma- chen. Er gieng also in die vereinigte Nieder- lande, besahe selbige, und setzte sich in Mathe- matischen wissenschaften feste, damit er von dar etwas nuͤtzliches zuruͤck braͤchte. Wie er denn auch darinn nachgehends, noch im alter seine und politischen reden. seine belustigung gesucht, und durch viele ver- fertigte risse, seine erkaͤnntniß in der bau- und befestigungs-kunst, zur gnuͤge bewiesen. Jn Engelland hat er sich zwar nur 4. monath aufgehalten, allein seine geschicklichkeit konte durch die kuͤrtze der zeit nicht verhindert wer- den, auch daselbst die Englische sprache wohl zu fassen, welche er nachgehends in lesung der schoͤnsten Englischen buͤcher zu seinem vergnuͤ- gen angewendet, auch selbige wohl geredet. Von da begab er sich nach Franckreich, all- wo er sprache und uͤbungen, um welche allein andere dieses reich besuchen, sehr wohl gefas- set, daß er beydes hernach im vaterlande ge- schickt anzubringen gewust. Nachdem er aber nun seinen ruͤhmlichst-fuͤrgenommen zweck voͤllig erhalten, hat er sich wieder nach hause verfuͤget, die vaͤterlichen guͤter in besitz genommen, und solche in kurtzer zeit in weit bessern stand gesetzet, als er sie gefunden. Die- se aber mit tuͤchtigen besitzern, sich selbst, mit, in seine fußstapffen tretenden, erben zu versorgen hat er sich vermaͤhlet mit Fr. Ursulen v. Schi- ckau, ꝛc. Und ob er zwar nicht mehr, als eine Fꝛl. Tochter gezeuget, so ist doch seine ehe nicht we- nig begluͤckt und vergnuͤgt gewesen. Diese hat er an den Hoch-wohlgebohrnen Herrn Joh. Adolph von Ponickau (tit. tot.) vermaͤh- let, und auf dieser ehe hat der vaͤterliche see- gen geruhet, daß man neun angenehme ehe- pfaͤnder aus selbiger gesehen, wovon 4. dem hrn. groß-vater vorangegangen in die ewig- F f 3 keit, von allerhand schul- keit, 5. aber noch am leben, als 4. herren soͤhne und eine fraͤulein tochter. Am meisten haben wir ursach, der gottesfurcht des hoch- seel. bey seinem erblaßten coͤrper, uns zu erin- nern. Denn diese ist eine so fruchtbare mut- ter, daß, wer dieselbe besitzet, zugleich fuͤr ei- nen besitzer der uͤbrigen tugenden mit recht ge- halten wird. Sie leuchtete darinn herfuͤr, daß er mit der groͤsten sorgfalt nicht nur oͤf- fentlich die versammlung der glaͤubigen be- suchte, sondern auch sein gantzes hauß zu glei- chem eyfer anhielte. Die diener des Hoͤch- sten hoͤrete er nicht nur also oͤffentlich mit nu- tzen, sondern suchte auch in geheim, aus hertz- licher geneigtheit zu ihnen, mit selbigen um- zugehen, und aus diesem umgange sich zu er- bauen. Die fruͤchte davon waren eine ey- frige bemuͤhung, alles in dem nahmen goͤttli- cher maiestaͤt anzufangen, und die seegen-rei- che hand derselbigen, bezeugte mit erwuͤnsch- tem ausgange, worauf seine verrichtungen an- gefangen. Seine geschicklichkeit war ein mittel, welches die gnade grosser Herren der- massen auf ihn lenckte, daß sie oͤfters gesuchet, sich seiner klugen erfahrung, in allerhand com- mißionen, ia gar in hohen ehren-stellen zu des gemeinen besten zu gebrauchen. Nun hat er zwar diese allezeit mit der groͤsten klugheit von sich abgelehnet, allein in ienen um so viel mehr zu verstehen gegeben, daß er zwar ent- schlossen, in seinem stande GOtt und dem naͤchsten zu dienen, aber doch vermoͤgen und willen, und politischen reden. willen habe, auch oͤffentlich die wohlfahrth des gemeinen wesens zu befoͤrdern. Man hat dieses auf denen allgemeinen land-taͤgen wahrgenommen, und um eben dieser ursache willen, gar zeitig ihn zu einem hochansehnli- chen mittglied des weitern, hernach des en- gern ausschusses aufgenommen. Jn beyden wird man ihm, den ruhmwuͤrdigsten nahmen eines aufrichtigen patrioten, iederzeit beyle- gen. Die von hohen haͤuptern ihm aufge- tragenene verrichtungen sind niemahls, ohne begluͤckter erhaltung des gesuchten endzwecks, von ihm zu ende gefuͤhret worden. Zu hause aber hat er sich also gewiesen, daß haͤnde und vermoͤgen, fuͤr unrecht erworbenen gute stets verschlossen, arme, kirchen und schulen hinge- gen zu bereichern, allezeit eroͤfnet gewesen. Also beweinen nunmehro, sein obwohl seeligstes absterben, nicht nur iene, sondern fuͤrnehmlich seine unterthanen, welche bey ihm erwuͤnschten rath und huͤlfe niemahls veꝛgebens gesuchet ha- ben. Wir wolten ein mehrers erzehlen, doch da der todt die wuͤrckliche fortsetzung eines so loͤblich gefuͤhrten wandels unterbrochen, mit nichten aber desselben glantz verloschen, so sind wir gleichfalls genoͤthiget, unsere erzehlung zu schliessen, und mit wenigen seines hochsee- ligen abschieds zu gedencken. Jn seiner le- bens-zeit hat er die schmertzhaftesten kranckhei- ten uͤberstanden, und ist insonderheit vom po- dagra ziemlich beunruhiget worden, doch ist ietzo die todes-ursache marasinus senilis cum F f 4 cum von allerhand schul- febri lenta gewesen, welche auch vermocht das band der seelen und des leibes zu trennen, am 14. februarii nachmittags um 4. uhr. Davon der Hoͤchste, die zum sterben, durch geniessung des h. abendmahls und andaͤchti- ges gebet, wohl bereitete seele zu sich gezogen, der erblaste leichnam aber dem Hoch-adeli- chen begraͤbniß anvertrauet, nachdem beyde so lange beysammen gewohnet, daß das leben unsers hoch-seel. O. F. v. D. auf 76. jahr, 2. monath, und 20. tage gestiegen. Uns ist bey seiner geburt, die erinnerung unsers vergan- genen eingangs zum irdischen leben; bey sei- nem lob-wuͤrdigen lebens-wandel, eine fuͤr- stellung und untersuchung unseres eigenen ge- genwaͤrtigen wesens und wandels gegeben; und endlich bey seinem erblassen, ein blick in unsern zukuͤnftigen sarg uͤbrig gelassen wor- den, dazu der HErr der heerschaaren uns selbst unser hauß bestellen helfe, auf daß wir die verklaͤrte seele des hochseel. Herrn v. D. in iener frohen ewigkeit in der hand GOttes antreffen, und unsere leiber gleich dem seini- gen eine sanfte ruhe in dem schooß der erden finden moͤgen. §. 6. Parentationes sind politische reden, welche man bey beerdigung eines verstorbe- nen haͤlt, um denselben bey denen zuhoͤrern in gutes andencken zu setzen, und denen leichen- begleitern zu dancken. Solche recht zu verfertigen, muß man zufoͤrderst den lebens- lauf durchgehen, darnach das lob, die bedau- rung und politischen reden rung, den trost, und den danck an die leichen- begleiter, abmessen und einrichten, endlich entweder das thema naturale oder artificiale ordentlich disponiren, so daß dieses uͤberall auf den verstorbenen wohl appliciret, und der an- fang mit einer guten meditation gemacht wer- de, und letzlich den ausdruck mit der aus- arbeitung nach den umstaͤnden angenehm und artig einrichten, wozu die gegebenen regeln schon hinlaͤnglich. Also ist es bey parentationibus oder abdan- ckungen nicht darauf angesehen, daß man biblis. spruͤche u. den Catechismum zum grunde legen, und ohne unterscheid die wahrheit sagen muͤssen. Diese theile koͤnnen bald vermindert, bald ver- groͤssert, bald versetzt werden, nach beschaffen- heit des obiecti, und solches recht zu erkennen, ist die historie des verstorbenen hoͤchst-noͤthig. Von dem unterschied der thematum s. oben P. I. cap. 1. Einige machen sich eine schwierig- keit daraus, bey gar seltenen faͤllen, etwas ge- schicktes zu einer parentation zu erfinden, z. e. bey einem, der vor dem feind geblieben, im duell erstochen, in der raserey sich zum fenster heraus gestuͤrtzt, auf der cantzel todt blieben, im wasser ersoffen, im feuer verbrennet, vom donner er- schlagen ꝛc. allein dazu kan man nach oben ge- gebenen regeln am leichtesten gelangen. Hin- gegen bey denen faͤllen, da gantz nichts seltza- mes fuͤrkommt, welche in denen allgemeinen ideen stehen bleiben, da waͤre es, deucht mir, schwerer etwas besonderes zu finden. Die me- ditation, damit man anfaͤngt, muß durch die gantze parentation ihre kraft erstrecken, und sonderlich der schluß mit derselben artig ver- bunden werden, auch sonst artig verfasset seyn. Jch habe P. III. cap. 1. schon zur disposition re- F f 5 geln von allerhand schul- geln gegeben, die auch bey parentationibus zu gebrauchen. Sonst ist man an die angefuͤhrte ordnung zu disponiren, hier eben nicht so sehr gebunden, und wenn man einige faͤhigkeit und aufgeweckten geist besitzet, doch aber die regeln der beredsamkeit wohl inne hat, kan man auch wohl von dancksagen anfangen. Die schoͤnste anweisung zu dieser art reden, ist in Justi Christophori Boͤhmeri, Polit. \& Eloqu. Prof. (iam Abbatis Loccumensis) commentatione Acade- mica, de orationibus, parentalibus, anzutref- fen, so zu Helmstaͤdt 1715. 4. heraus kommen, welcher auch 12 dispositiones auf allerhand faͤlle beygefuͤget. Es sind bey diesen reden vie- le bekannt worden die theils grosse ehre, theils nichts damit erworben, ich habe auch deren schon viel angefuͤhret, und werde noch einige unten §. 12. nennen. Selbst habe ich 1723. dem seel. Hrn. M. Jmmanuel Muͤllern, im gros- sen montaͤglichen Prediger-Collegio, als ein mitglied desselben, in gegenwart Hrn. Lic. Je- nichen und anderer und derer saͤmtlichen glie- der besagten Collegii folgender gestalt paren- tiret: Magnifice, Hoch-Ehrwuͤrdiger, Hoch-Ehr- und Tugendtbelobte, Allerseits hoͤchst und hochgeschaͤtzte An- wesende. Die geburt stellet uns alle auf den schauplatz der unterwelt, das leben macht uns alle da- selbst zu spielenden personen, aber die noth- wendigkeit zu sterben, heisset uns alle beschlies- sen. Da uns nun geburt und leben etwas sinn- von politischen reden sinnliches schencken, hingegen der todt uns al- les dessen beraubet, so ist es kein wunder daß der menschlichen natur, nichts so erschrecklich und unertraͤglich fuͤrkommt, als eben die nothwendigkeit zu sterben. Jedoch wann man die sache nach der wahrheit untersuchet, so muß man gestehen, daß eben diese noth- wendigkeit, mehr angenehmer, als fuͤrchter- lich seyn muͤsse, und daß der todt, zumahl bey tugendhaften, mehr den nahmen einer geburt und des anfangs zum leben, als des todes und endlichen beschlusses unserer jahre verdiene. Es ist bekannt, daß die allerfuͤr- treflichsten artzeneyen, die allerkostbarsten din- ge, durch nichts anders gezeuget werden, als durch den todt. Die taͤgliche erfahrung leh- ret, daß leute, welche dem gemeinen wesen noch so fuͤrtreflich gedienet, welche ihrem ne- ben-menschen noch so vernuͤnftig, christlich, und aufrichtig begegnet, dennoch nicht son- derlich geachtet, beneidet, und bald auf diese bald auf eine andere weise verfolget werden. Kaum aber legen sie sich auf das sterbe-bette, so faͤngt man an sie zu bedauren, der neid zieht gantz beschaͤmt zuruͤcke, und alle angestellte verfolgungen fallen auf ihre eigne anstifter zuruͤck. Denn so lange sie leben, sind ihre verdienste in etwas eingehuͤllet, welches in die aͤusserlichen sinne foͤllet, und vielleicht mit vie- len sinnlichen schwachheiten vermischet ist. Nimmt aber der todt diese huͤlle hinweg, so dringen von allerhand schul- dringen allein die verdienste, und besondere gute eigenschaften solcher leute, in das gemuth anderer, woselbst sie etwas ihnen aͤhnliches suchen und finden, und auf die weise fangen tugendhafte erst an zu leben wann sie sterben. Ach wie sehnlich wuͤnschet doch ein unsterbli- cher geist, daß ihm durch den todt die thuͤr zum leben moͤge aufgethan werden, wann er er- weget, wie viel tausend verhaste ungluͤcks faͤl- le, ihm den weg zur zeitlichen gluͤckseeligkeit enge machen, und mit disteln und dornen be- saͤen, wann er bedencket, wie so gar leicht auch das bereits eriagte kleinod zeitlicher gluͤck- seeligkeit, ihm aus den haͤnden koͤnne gewun- den werden Sie allerseits H. und h. anwe- sende wissen als christen, daß das sterben nichts anders sey, als ein gang zu der unsterblichkeit und daß wir eben deswegen daß verweßliche ablegen, damit wir das unverweßliche in der seeligen ewigkeit anziehen moͤgen, und also werden sie mit mir einstimmen, daß ein sterbli- cher mensch durch den todt, zu einen glorwuͤr- digen, sicherern, ia ewigen leben, wiederge- bohren werde. Diese gedancken habe bereits zu anderer zeit geheget, daß ich aber selbige ietzo in dero hochgeschaͤtzten versammlung er- oͤffne, dazu giebt mir dieienige pflicht gelegen- heit, welche uns anietzo befiehlet, zu guter- letzt, des hoch- und wohl-edlen hoch- und wohlgelahrten Herrn, Herrn Johann Jm- manuel Muͤllers der Philosophie Magistri, und und politischen reden. und der gottesgelahrtheit befliessenen, christ- liches und ruhmwuͤrdiges andencken, in einen leichenbegaͤngnisse zu verehren. Jch habe an den seelig- verstorbenen kein todtes, sondern vielmehr ein lebendiges exempel, dessen was ich zuvor angefuͤhret, daß nemlich der zeitliche todt kein todt, sondern vielmehr eine geburt zu einem neuen leben zu nennen sey. Wir wer- den hinfuͤhro an den seelig-verstorbenen ge- dencken als an einem menschen, welcher zwar durch die geburt von ehrlichen eltern ein sterb- liches leben, aber durch den todt ein unsterb- liches erhalten. Wir erinnern uns desselben, als eines vernuͤnftigen menschen, welcher sich im leben so viel moͤglich, nunmehro aber durch das absterben, vollkommen von der eitelkeit abgesondert. Der sich iederzeit, durch die erkaͤnntniß seiner schwachheit mehr vollkom- men gemacht, als daß er durch eine schwuͤlsti- ge fuͤrstellung seiner verdienste und praͤsumti- on von sich selbst sich in ein thoͤricht nichts haͤtte verwandeln sollen. Wir stehen bey seinem grabe als den ruhe-kaͤmmerlein eines christen, der hier in der zeit, mehr die nahrung fuͤr seine seele gesuchet, und seinen leib castey- et, als den alten adam gepfleget, und den neuen menschen verschmachten lassen; eines christen, dessen stiller und eingezogener gott- gelassener wandel ihn mehr unter die zahl der stillen im lande und gott angenehmen seelen versetzet, als in den wirbel der schwaͤrmenden welt- von allerhand schul- welt-kinder hingerissen; eines christen, der hier den befleckten rock des fleisches abgeleget, und an diesen orte, nunmehro seine verweßli- che kleider verwahren laͤsset, weil er bey der hochzeit des lammes in Christi blut und gerech- tigkeit bekleidet, sich einsinden muͤssen. Wir haben von ihm ein bild in unserm gedaͤchtniß, als eines befliessenen der gottes-gelahrheit, welcher den kern der goͤttlichen weißheit, mehr in einer lebendigen ausuͤbung, als in einer uͤ- bersteigenden betrachtung, gesuchet. Wir verehren endlich sein andencken, als eines Magistri der gelehrsamkeit, welcher es dahin gebracht, wohin wenig studieꝛende gedencken, die allerwenigsten kommen, nemlich daß er mit dem gesamleten schatz aͤchter gelehrsamkeit, Gott, andern, und ihm selbst dienen koͤnnen. Da wir wissen, daß er damit bereits maͤn- nern, welche unsere Philyrea, als theure lehrer hochhaͤlt, und seinem vaterlande gedienet, auch den buͤcher-schatz einer hochloͤblichen uni- versitaͤt, zum theil besorget. Alles dieses hat man mehrentheils bey des seelig-verstorbenen lebzeiten gewust, aber man hat es verschwie- gen, da es theils die bescheidenheit des wohl- seeligen nicht erlaubt haͤtte zu sagen, theils, da man sich selten muͤhe giebt, ein gegenwaͤrtiges gut, wegen dẽr aͤussern schale darunter es steckt, zu untersuchen, biß man genoͤthiget wird, wenn der todt die aͤussern huͤlsen zubricht dessen fuͤr- trefflichkeiten zu erkennen. Nunmehro da er erblasset, lebet nicht nur der unsterbliche geist in und politischen reden. in der unbegreiflichen freude der seeligen e- wigkeit, sondern es wird auch das andencken des wohlseeligen herrn M. bey ihnen allerseits h. und h. A. und bey denen die ihn kennen hinfuͤhro leben. Jedoch, es ist dieses anden- cken mit etwas unangenehmen verknuͤpfet, fuͤr dieienigen, welche dabey sich erinneren, was ihnen entzogen. Es ist durch sein ab- sterben, ein aufgehender stern seiner familie, verdunckelt. Die republick hat ein nuͤtzliches mitglied verlohren, welches derselben vielleicht wichtigere fruͤchte in der stille gebracht haͤtte, als dieienigen, welche μεταπολλης φαντασιας unsere augen blenden, und doch wohl unwis- senheit und den unflat der laster in guͤldenen oder chrystallinen gefaͤssen herum schleppen. Die zahl der zukuͤnftigen arbeiter in Chri- sti weinberge, und unsere geistliche redner-ge- sellschaft, hat einen aus ihren mittel ein- gebuͤsset. Demnach werden die bekuͤmmer- ten freunde, die betruͤbten angehoͤrigen, wer fromme und gelehrte leute recht zu schaͤ- tzen weiß, freylich den verlust bedauren, wel- cher sie durch den seeligen hintritt des herrn M getroffen hat, und sie verlangen vielleicht lieber, selbigen zu sehen, als an ihn zugeden- cken. Allein wie der magnet seine kraft ver- liert, wann er mit einem diamant verbunden, also glaube ich werde die sehnsucht und das verlangen der betruͤbten leidtragenden, nach den wohlseeligen, sich stillen, mithin dieses be- kla- von allerhand schul- klagen ein ende nehmen, wann sie erwegen, was fuͤr ein unschaͤtzbares kleinod dem wohlseeligen beygeleget worden. Die sterne leiden keine verdunckelung, und diesen stern, welcher ietzo den aͤusserlichen sinnen nur entzogen worden, werden wir dermahleinst in groͤsserer klarheit sehen, wann wir in ienem leben, wie auser- wehlte sonnen leuchten. GOtt wird die ab- gefallene bluͤte, mit reiffen fruͤchten ersetzen. Der Herr des weinberges, wird es an treuen arbeitern nicht fehlen lassen. An statt daß der wohlseelige, hier in unserer gesellschaft nur lallen lernen, von den guͤtern der unerschoͤpfli- chen quelle alles reichthumes, wird er anietzo den fuͤrtreflichsten lob-redner derselben voll- kommen fuͤrstellen. Und wenn man auch den seelig verstorbenen, aus der unsterblichkeit wieder zuruͤck rufte, wuͤrde man in der that wieder die regeln der wahren klugheit und freundschaft handeln, denn man wuͤrde ihn aus den leben wieder in todt zuruͤck ziehen, und wieder sterben heissen, man wuͤrde mehr auf seinen nutzen, als das vergnuͤgen des wohl- seeligen dencken. Also wollen wir vielmehr, dem unsterblichen geist, die gluͤckseeligkeit des ewigen lebens goͤnnen. Wir wollen vielmehr sein andencken bey uns ruhmwuͤrdig, als be- truͤbt seyn lassen. Sein stilles wesen, seine demuth und was er gutes an sich gehabt, soll uns zum exempel dienen und sein uͤbergang in die unsterblichkeit der kuͤnftigen nachfolge er- innern. und politischen reden innern. So wird er dann zu bekraͤftigung dessen, was ich anfaͤnglich behauptet, da er er- blasset, uns nicht als ein todter, sondern le- bendiger im gedaͤchtniß bleiben. Dero aller- seits ansehnliche versammlung h. u. h. anwe- sende, ia dero hochgeneigte aufmercksamkeit bezeuget, ich habe die wahrheit geredet, wann ich gemeint, der wohlseelige herr M. M. sey durch den todt zum leben wiedergebohren, und es muͤsse vielmehr der todt, von tugend- haften zumahl, unter den nahmen einer neuen geburt, fuͤr etwas angenehmes, als bitteres gehalten werden. Da sie nun zugleich ihre hochachtung hiebey, gegen den wohlseeligen herrn M. und dessen betruͤbte angehoͤrige hie- mit an den tag geleget, so sind ihnen dieselben fuͤr dieses zeichen Dero gewogenheit, und ich fuͤr Dero guͤtigen beyfall unendlich verbunden. Sie und ich werden uns gluͤcklich schaͤtzen, weñ wir ihnen h. u. h. anw. die fruͤchte unserer er- kaͤnntlichkeit, als wohlschmeckend und ange- nehm, gluͤckwuͤnschend und nicht als bittere schlehen uͤberlieffern koͤnnen. Jch verlasse diesen ort, wann ich zuvor dem wohlseeligen herrn M. zum lebendigen denckmahl, folgende grabschrift beygefuͤget: Herr Muͤller ließ den leib, und was man sterb- lich heist, Hier unter diesen stein, in eine gruft versen- cken, G g Und von allerhand schul- Und dieses muste seyn. Numehro lebt der geist; Nachdem ihm nacht und todt, das licht des lebens schencken. §. 7. Die beschaffenheit der uͤbrigen reden, welche bey denen solennitaͤten des hofes und der republicken fuͤrkommen, lernet man am besten aus denen exempeln, welche herr Luͤnig zusammen getragen, unter dem titul: Grosser herren, vornehmer minister, und anderer be- ruͤhmten maͤnner gehaltene reden. Ja eben diesem fleißigen manne, haben in diesem stuͤck, die Politici wann sie Lateinisch perori- ren, oder auch nur die sprache des Teut- schen reichs verstehen und lernen wollen, die groͤste verbindlichkeit. Jn denen erwehn- ten reden findet man von gluͤckwuͤnschungs- empfah-bewillkommungs-lob-reden, die exem- pel Tom. I. Friesens, Beichlings, Alvens- lebens, Bodenhausens, Rosenhahns, Fuchs, Huldeberg, Lests, Kuͤhleweins, Sittingers, Bernsteins, Kochens, von Baudiß, Tieffen- bachens, Salla, Fockhi, Senft von Pilsach, III. Seckendorfs, Gersdorfs, Niesemeusels, Schertzers, Borns, Rochaus, V. Ritters, einiger Frantzosen (als des Flechier ) Pohlen und Engellaͤnder, Nostitzens, Oberlaͤnders, Fabricii, VII. Oxenstirns, Pritii, Boͤhmers, Koͤnigsdorfs, Voigts, Riembergs, Schrey- vogels, Bergues, Schroͤers, Boͤttigers, Gundlings, Riemenspergers, Haldens, Orths und politischen reden. Orths, VIIII. Schlevogts, Ancillons, Kot- tulinsky, Liths, Riembergs, Huldenbergs, Schweinitzens, Jerins, Venedigers, Pauli, Schluͤtterns, Teckmanns, Hallmanns, XI. Flemmings, Canitzens, Unverfaͤhrts, Re- chenbergs, Menckens, Degenfelds, Peils, Alefelds, Becks, und anderer. Leipzig 1719. 8. sind 12. Tomi, da allezeit zwey in einen band gezogen und mit einem register der reden versehen. Wegen seiner gesammleten Orationum Proce- rum Europae corumdemque ministrorum ac le- gatorum. Lipsiae 1713. 8. Wegen des Reichs-Archivs, so mehr als zu bekannt. Kemmerich l. c. p. 1171. will hiezu regeln ge- hen. §. 8. Von vermaͤhlungs-geburts- und ge- vatterschafts-reden trift man exempel an im Tom. I. II. von Stein, Friesen, Schwerin, Perband, Lest, Opel, Alvensleben, III. Ein- siedel, Kuͤhlewein, Huldeberg, Niemen, Treuer. V. Fabricii, Obernitz, VII. Hulde- berg, VIIII. Zeitzken, Cramm, Bredelo, XI. Flemmingen, Canitzen, und andern. Hieher sind auch die so genannten siroh-krantz-re- den zu ziehen, weiche nach vermaͤhlungen zum divertissement gehalten werden. Jch habe statt eines exempels folgende beyfuͤgen wollen, daraus l eicht die beschaffenheit solcher reden und der grosse genie ihres verfassers abzunehmen. Jndem es unsere schuldigkeit erfordert, der weyland (tit. tot.) Fraͤulein N. N. ihr letz- G g 2 tes von allerhand schul- tes ehren-gedaͤchtniß zu begehen, nachdem die- selbe sich in verwichener nacht mit dem (tit. tot.) herrn N. N. in eine scharffe rencontre einge- lassen, und dabey so ungluͤcklich gewesen, daß sie daß alleredelste und kostbahreste was sie ge- habt, eingebuͤsset; So wird mir hoffentlich erlaubet seyn, meine wenige gedancken, so mir bey dieser begebenheit beygefallen in etwas zu eroͤfnen. Sonder allen zweiffel hat wohl nichts anders, als die liebe diesen unschaͤtzba- ren und unersetzlichen verlust verursachet, da- bey ist mir eingefallen, ob nicht die liebe mit dem kriege vollkommen veꝛglichen werden koͤn- te. Wann uͤberhaupt der krieg mehr erfah- rung als wissenschaft erfordert, so bin ich vor- aus versichert, daß beyde verliebte diese nacht mehr empfindung werden gehabt haben, als sie uns erzehlen wollen. Will der krieg mit grosser application gefuͤhrt seyn, und erfordern insonderheit die belagerungen sehr grosse bemuͤ- hung, hilf himmel wie sauer wird es unserm neuen paar worden seyn, er gestehe mir nur offenhertzig neuer herr ehemann mit was gro- ser muͤhe er approchiret hat, bis er die trenche- en, eroͤffnen koͤnnen, wie vielmahl er avan- ciret ist, und wie vielmahl er repoussiret wor- den, auch man ihn zugeruffen, runde vorbey. Es ist aus denen geschichten des vorigen seculi bekannt, daß in dem Niederlaͤndisch. kriege die Spanier den tapfern Naßauischen Printzen Mauritium spott weise den A. B. C. schuͤtzen genen- und politischen reden genennet, nachdem er ihnen aber nach der zeit eine festung nach der andern eingenommen, ließ er ihnen wieder zum possen das a. b. c. auf seine stuͤcke gießen, und fragte wie ihnen dieses gefiele? Unsere neue junge frau wird ausder erfahrung am besten zu sagen wissen, ob sie dergleichen A. B. C. schuͤtzen in der liebe vor sich gehabt, oder ob sie chamade geschlagen und capituliret habe. Man solte zwar ver- muthen, wir wollen es ihr auch zu trauen, sie werde das ihr so theuere anvertraute kleinod aufs eusserste defendiret haben, ja sich erinnert haben, daß sie eines braven Generals toch- ter und eines grossen Capitains niece sey, und aus einem hochberuͤhmten geschlechte herge- kommen, welches sich jederzeit vor andern durch tapfere actiones distinguiret, und seinen feinden nur einen schritt zu weichen, niemahls gewohnt gewesen, allein was thut die liebe nicht, und sie wird auch ihres orts nunmeh- ro bekennen muͤssen, was der grosse koͤnig Gust: Adolphus von sich zu sagen pflegte, daß sie eine eiserne seele in einen glaͤsernen und also zerbrechlichen leibe getragen hat. Jst ferner bey dem krieg grosse gefahr auszustehen, so wird auch dieses neue paar uns so viel davon vorzusagen wissen, daß man ihnen wohl zu- ruffen moͤchte: Dulce bellum in expertis Entweder er hat rosen brechen wollen, so ist er sonder zweiffel gestochen worden, oder G g 3 er von allerhand schul- er hat sich als einen liebhaber der instrumental music aufgefuͤhrt, so wird er entweder was vor sich gefunden haben, das gleich einen thon und geschrey so bald man es anruͤhret, giebet, und beyde werden ihm diese lection geben: Noli metangere. Sie aber die neue frau welche etwas verlohren, das sie niemahls wieder bekommen wird, kan nunmehro mit recht einem glase verglichen werden, daruͤber jener die bedencklichen worte schrie- be: Dum tangitur frangitur Dum con- cipit concidit Dum generat degenerat. Jedoch es ist nunmehro geschehen, und gleich wie der krieg einer bestaͤndigen abwechselung des gluͤcks unterworffen ist, also hat sich auch bey ihnen eine solche veraͤnderung zu ge- tragen die mit nichts in der welt ersetzt werden kan: Sollen wir diesen verlust nicht schmertz- lich beklagen, doch Rerum irreparabilium felix oblivio, gluͤckseelig ist, der da vergist, was nun nicht mehr zu aͤndern ist. Wir wollen vielmehr die entseelte von der wahl- stadt zu ihrer ruhe bringen, und uns dabey der eitelkeit, nichtigkeit und vergaͤnglichkeit aller ding, ewelche mehrentheils in der mensch- lichen einbildung bestehen, erinnern, dem hei- ligen vater in Rom seine bey der kroͤnung ge- woͤhnliche asche abborgen, dieselbe auf diese iungferschaft streuen, und auf ihr grabmahl setzen: und politischen reden setzen: Sic transit gloria mundi. Wir wollen uns aber auch damit troͤsten, daß wir zwar gestern ein fraͤulein verlohren, aber heute eine junge frau wieder gefunden haben, und daß aus dieser asche ein neuer phoͤnix auf stehen, und sie jenem gewaͤch- se in West-Jndien gleich seyn werden, welches nach untergangener sonne die schoͤnsten bluͤten hervor zu bringen pfleget: Wie dann vor ei- ner halben stunde unserm grossen Capitain das gluͤck wiederfahren, daß er zugleicher zeit hochzeit und kindtauffe machen kan, worauf man appliciren moͤchte: Unius corruptio est alterius generatio. Wo eine iungfer- schaft vergeht, bald eine neue aufersteht. Nicht ohne besondere verwunderung habe ich verwichene nacht wahr genommen, daß eben zu der zeit, da vermuthlich das treffen am hitzigsten gewesen, ein grosser sturm entstanden, welcher aber so fort mit einem sanften und fruchtbaren regen begleitet worden, zu einer gluͤckseeligen vorbedeutung daß unser ne ues paar mit vollen und favorablen wind ihre seegel streichen, in den hafen der gluͤckseelig- keit einlauffen, und mit fruchtbaren re- gen befeuchtet werden soll, welches dann der guͤtige himmel nebst 1000. andern ihnen an- gewuͤnschten gluͤckseeligkeiten erfuͤllen wolle. G g 4 Nur von allerhand schul- nur rathe ich, mein lieber junger Hr. ehemann wolle sich zwar nicht auf einmahl aus den oden fechten, dabey aber wohl erinnern, daß er in seinem wapen eine gersten-aͤhre fuͤhre, welche wann sie gut wachsen und hervor kaͤumen soll, das erdreich fleißig und wohl nicht aber nur quatember-weise beduͤnget und bestellet wer- den muß. Denen theuresten eltern von beyden theilen, wuͤnschen wir, daß sie vor diese liebe kinder und kindes-kinder viel alte thaler sam̃- len moͤgen, woraus sie aus der erfahrung selbst die worte sagen koͤnnen: Wohl dem, der freude an seinen kindern erlebet. Unsern grossen N. aber, qui nobis hæc otia fecit, sagen wir davor gehorsamsten danck, und weil wir seine gewoͤhnliche und natuͤrli- che neigung mehr als zu wohl kennen, ver- moͤge derselben er zwar grosse dinge verrich- tet, deßwegen aber nicht gelobet seyn will, so will ich meinen wunsch kuͤrtzlich dahin con- centriren, daß gleichwie ehemahls einer von seinen anherren wegen seiner grossen merite das licht von N. genennet wurde, also auch er das licht von N. mit wohl verdientem recht noch lange jahre bleiben, und dadurch sein nahme und preißwuͤrdiges gedaͤchtniß bey uns verewiget werden moͤge. Jhnen allerseits schoͤnen begleiterinnen, soll ich zwar im nah- men des neuen paares fuͤr diesen letzten liebes- und ehren-dienst gehorsamsten danck abstat- ten, und politischen reden. ten, darbey aber auch wohl meinend nicht verhalten, daß sie nebst mir ihren ietzigen zu- stand recht hertzlich beklagen, denn ob sie wohl scheinen, diese niedergelegte unschuld heimlich zu belachen, so koͤnnen sie doch versichert seyn, daß ihnen vielleicht gar bald ein gleiches be- gegnen werde. Jch nehme mir dahero die freyheit ihnen zu wuͤnschen, das ihre bereits angegangene innerliche kriege, bald in eine dergestaltige offenbare flamme ausbrechen moͤgen, daß sie zu der ihnen so hoch benoͤ- thigten ruhe gelangen koͤnnen. Ja wollen sie mir nicht trauen, so belieben sie sich nur der worte zu erinnern, die sie seit einigen jahren so fleißig gesungen haben: Les fleurs de ce jardin sont belles, mais elles ne durent pas long tems. Beautes vous passeres comme elles Profitez de votre printems. Ehe ich aber noch diese stelle verlasse, muß ich zum wohl verdienten nach-ruhm, und nach wohl-hergebrachter gewohnheit unserer wer- thesten Fraͤulein N. noch diese grab-schrift stellen: Hier muß ich armes ding in meiner un- schuld sterben, Die jugend konte mich nicht retten vom verderben, G g 5 Jch von allerhand schul- Jch war und bin nicht mehr, seht was die liebe kan, Folgt schwestern, mir bald nach: mir hat es wohl ach wohl H. S. Q. M. Y. P. sehr wohl gethan. §. 9. Huldigungs-Reichs-Kriegs-Land- Stifts-tags-reden sind daselbst Tom. I. II. von Koͤnigen, Kochen, Jena, Schwerin, Bick, Seyffarthen, Fuchs, Schulenburg, Schardio, Cortreio, Muͤnchhausen, Sy- dow, Born, Jacobi, Faͤrbern, Schleinitz, Bodenhausen, Gersdorf, Hoͤrnigk, Haͤberl, Metternich, Martini, Schauern, Wallen- stein, Limbach, Oberg, Huldeberg, Calen- berg, Ahlemann, Bosen, Senfts, Schoͤn- berg, Kuͤhlewein, Alvensleben, Schmids, III. Lest, Stegern, Gersdorf, Bergern, Pfautzen, Rotenburg, Zech, Ahlemann, Jmhof, Reventlau, Mylio, Troyer, Schra- der, Einsiedel, Windischgraͤtz, Meer, Loͤ- wenstein, Stratemann, Bucelini, V. Eini- gen Frantzosen, Engellaͤndern und Pohlen, Metternich, Winneberg, Bartholdi, Hul- deberg, Sintzendorf, verschiedenen hohen, haͤuptern, VII. Heber, Riemenspergern, Tonnauern, Wackerbart, Heinisch, Wald- burg, Lamberg, Franckenberg, Schrey- vogel, Sanders, Schoͤnborn, Siegmann, Huldeberg, Schuͤtz, Goͤrne, Printzen, Sen- und politischen reden. Senning, Ostau, Wallenrad, Kurtzen, Reichenbach, Alemann, Oexel, Sintzen- dorf, Traun, einigen Engellaͤndern, VIIII. Thomaͤ, Zißler, Schemel, Zech, Huldeberg, Sintzendorf, einigen Frantzosen und Engel- laͤndern, Harrach, XI. Arnim, Lyncker, Marschall, Stein, Haunisch, Harras, Ho- gius, Mylius, Canitz, Schlevogt, Sintzen- dorf, Harrach, ꝛc. §. 10. Religions-Jntroductions-Regie- rungs-Justitz-Cammer-reden haben gehalten: I. Fuchs, Stoͤsser, Berchem, Lest, Valcke- nier, Jena, Schwerin, Windischgraͤtz, Schmidt, Seckendorf, Bose, Helldorf, Koͤtteritz, Platz, Kuͤhlewein, III. Wylich, Muͤller, Schoͤnleben, Kuͤhlewein, Durrius, Gersdorf, Ducker, Steinbach, Wildhau- sen, Alvensleben, Fabricius, Senft v. Pil- sach, verschiedene Durchlauchtigste Prin- tzen, Einsiedel, Heldorf, Schmidt, Dieß- kau, Kuͤhlewein, Steger, Escher, Schoͤn- born, Schwartzenberg. V. verschiedene Paͤbste, Frantzosen, Engellaͤnder, Portugie- sen, Pohlen, Bose, Tasso, Escher, VII. Loͤ- ser, Osselin, Printzen, Jablonsky, Gerhard Abt zu Loccum, Riemberg, Kuͤpfender, Senft, Kuͤhlewein, Jtaliaͤner, Frantzosen, Engellaͤnder, John, Mertloch, Ponickau, Schreyvogel, Poͤllnitz, Canitz, Maͤyer, VIIII. Aidinger, verschiedene Frantzosen, Pabst Clemens XI. Ebner, Loͤben, Calen- berg, von allerhand schul- berg, Kaltschmidt, verschiedene Engellaͤnder, Flemming, Hartmann, XI. Canitz, Papst Clemens XI. Poͤlnitz, etliche Frantzosen, Al- than, Gersdorf, Schacher, Spohr, Falck- ner, Christ, Creutz, Seeligmann, Broͤsicken, Schuͤtz, Buͤnau, hohe Haͤupter ꝛc. §. 11. Hof-Ritter-Staats-Kriegs-Ge- sandschafts-reden siehet man von II. Fuchs, Doͤlau, Jacob, Zehmen, Miltitz, Lest, Op- pel, Valckenier, Heimburg, Dona, Brandt, Bosen, Trautmannsdorf, verschiedenen Durchlauchten Haͤuptern, IIII. Schlieben, Schoͤnebeck, Fuchs, Reiboldt, Helldorf, Schoͤnleben, Lest, Dießkau, Ebels-bach, Brasser, Altheim, Heerwarth, etlichen Printzen, VI. Oppeln, Pernstein, Pohlen, Frantzosen, Jtaliaͤner, Engellaͤnder, den Sia- mischẽ abgesandten, Caunitz, Lichtenstein, den Algierschen abgesandten, Lamberg, Jordan, Schweden, Daͤnen, von vielen Souverains, VII. Senft, Lossen, Spanheim, verschiede- ner Nationen Abgesandten und Printzen. VIIII. Zanthier, XI. Wolframsdorf, Mar- schall, Bose, Gersdof, einigen grossen Prin- tzen, Engellaͤndern, Frantzosen, Schweitzern, Jtaliaͤnern, Tuͤrcken, Moscovitern, ꝛc. §. 12. Die condolentz-lob-trauer-reden sind abgelegt vom II. Canitz, Schmidt, Bosen, Lest, Thomasio, Wedeln, Nitzsch- witz, Oleario, IIII. Lest, Koͤnigsdorf, Po- sadowsky, Dießkau, Rondeck, Straussen, Len- und politischen reden. Lentzen, Lossen, Neitzschtz, Koßboth, Huldeberg, Miltitz, Gersdorf, Born, Senft, Heidenreich, Rex, Sydow, Hof- mannswaldau, Lohenstein, Graͤfen, Krantzen, Pritio, Pippingen, Neukirch, Bose, (D. August) von Bose, VI. Ritter, Buͤnau, Soͤlenthal, Lichnowsky, Planitz, bey gewaltsamen todes-faͤllen von verschiede- nen, VIII. Eben dergleichen von verschiede- nen, andere von Muͤllern, Franckenberg, Boͤhmern, Schwartzenfelß, Vettern. Hul- deberg, einigen Frantzosen, Koͤnigsdorf, Clemens XI., Dewitz, Riemberg, Acken, Zanthier, Dießkau, X. Zetzke, Slevogt, Wentzel, Maͤyer (D. Joh. Friedr.) Proͤck, Boͤhmern, Zanthier, Neukirch, Jablonsky, Krakewitz, Hassen, Boͤhmern, Leipzigern, Eisenfeld, Spoor, Hallmann, Lange, Hu- nold, (Menantes) Born, Baudis, XII. Buͤ- nau, Nolten, Schramm, Koschenbahr, Canitz, Bruͤmse, ꝛc. Das vierdte capitel, von Juridischen reden und schriften. Jnhalt. V On Juridischen reden und schriften uͤberhaupt, §. 1. Von muͤndlichen reden der gerichts-perso- nen, §. 2. Pflegung der guͤte, §. 3. Admonitionibus bey vernehmungen, iuramentis in causa civili, §. 4. Jn causa criminali, §. 5. Der zeugen vernehmung, §. 6. Von schriftlichen reden der gerichts-personen, cita- tioni- von Juridischen reden tionibus, notificationibus, huͤlfs, und immißions- praͤceptis, ꝛc. §. 7. Von registraturen, §. 8. Eydes- notuln, §. 9. Zeugen und inquisitional-artickuln, §. 10. Zeugen-rotulis, §. 11. Confrontations-puncte. §. 12. Urtheils-fragen, §. 13. Urtheilẽ, abschieden u. weisungen, §. 14, Berichten, §. 15. Subhastations-patenten, §. 16. Von muͤndlichen reden auf seiten der advocaten und partheyen, bey der guͤte, §. 17. Bey reden mit inqui- siten, §. 18. Von provocationibus, einbringen, ant- wort auf die klage, anbringung der exceptionen, pro- secution der leuterung, iustification der appellationen, §. 19. Zeugen-productiones, §. 20. Bey schwerungs- terminen, §. 21. Von schriftlichen reden der advoca- ten und partheyen, als contracten, §. 22. Klagen, suppliquen, denunciationibus, §. 23. De- und rela- tiones iuramentorum, §. 24. Beweiß, bescheinigung, beybringen, zeugniß-artickel, interrogatoria, §. 25. Product-weise rechtliches verfahren, §. 26. Leutera- tionen, apellationen, §. 27. Defensions-schriften, §. 28. Fragen zu informat-urtheilen und alten extra- hiren, §. 29. §. 1. U Nter denen lebens-arten, welche einer vernuͤnftigen bredsamkeit am meisten benoͤthiget, sind sonderlich die beyden hohen Facultaͤten, Jurisprudentz und Theo- logie, indem beyde, gantze staaten mehrentheils mit worten regieren, und alles was dahin ge- hoͤret, ausmachen. Jch will von iener zuerst gedencken, welche als eine klugheit angesehen wird, solche mittel zu erfinden und anzubrin- gen, dadurch die ruhe der buͤrgerlichen gesell- schaft, nach den regeln der gerechtigkeit, er- halten werde. Doch vermeine ich nicht de- nen- und schriften. nenjenigen lehren zu geben, von denen ich selbst unterrricht bereitwilligst anhoͤren wuͤrde, sondern nur denen anfaͤngern, aus der Ora- torie, als einem stuͤck der universellen gelehr- samkeit, einige kleine erinnerungen mitzuthei- len, damit dieser wissenschaft kein eintrag ge- schehe. §. 2. Der grund dieser Facultaͤt ist in dem Recht der natur, denen goͤttlichen und buͤrger- lichen rechten zu suchen, und also in der legali- taͤt. Die klugheit muß darauf bauen, und die gewohnheit hat zu genauerer beobachtung derselben, die umstaͤnde der zeit, der personen, und anderer dinge, in gewisse schranckẽ geschlos- sen, das sind formalia und fatalia, damit habe ich ietzo nichts zu thun. Aber die beredsam- keit ist das mittel, dadurch alles dieses seine kraft erlanget, denn da muß man theils muͤnd- lich, theils schriftlich reden, da muͤssen theils richter theils partheyen und advocaten ihre worte fuͤrbringen. Hieher gehoͤrige schriften, habe ich theils oben cap. 3. P. II. §. 6. angefuͤhret zu denen man Scha- chers Collegium practicum, Schwendendoͤr- fern ad Fibigium, Rivini Enunciata und Excepti- ones forenses, Thönneckers aduocatum, Ber- gern in Elect. Disc. for. \&c. setzen kan. §. 3. Das muͤndliche reden der gerichts- personen, ist erstlich bey pflegung der guͤte am noͤthigsten, da der richter entweder ex officio, oder auf anhalten einer parthey, beyde in der guͤte zu vergleichen sucht. Mir deucht nach mei- von Juridischen reden meiner wenigen einsicht, daß hier das rechte mittel steckt, die processe nicht nur zu verkuͤrtzen, sondern gar zu verringern. Denn wer wuͤrde wohl sich in einen weitlaͤuftigen pro- ceß einlassen,, wann ein beredter richter beyde partheyen fuͤr sich foderte, ihnen die weitlaͤuf- tigkeit, kostbarkeit, uͤble folgerungen, ungewiß- heit des processes fuͤrstellete, mittel zum ver- gleich fuͤrschluͤge, sie selbst mit einander reden liesse, ihnen bedenckzeit gaͤbe iedem insgeheim, entweder die schwachen gruͤnde seines rechts, oder die ungewißheit des ausschlags fuͤrbildete, doch so daß er sich nicht in den verdacht der par- theylichkeit, oder den andern in groͤssere animo- sitaͤt setzte, wenn sage ich ein beredter richter mit triftigen gruͤnden, pathetischen ausdruck, kurtz, deutlich, dieses alles fuͤrtruͤge, ia zuweilen, wo es rechtens seine auctoritaͤt zu huͤlffe naͤhme, wer wuͤrde lust haben zu proceßiren? §. 4. Es reden ferner gerichts-personen bey vernehmung der partheyen, sonderlich wo ie- mand schweren soll, da der richter nach beschaf- fenheit des vorgeladenen seine rede einrichtet und ihn de vitando periurio erinnert, durch anfuͤhrung der praͤsumtionen, welche wieder ihn streiten, was gegentheil wieder ihn beyge- bracht und dargethan, doch huͤtet er sich fuͤr al- lotria, und unbillige verfaͤngliche fragen und praͤtensiones, es wird auch wohl in schwerungs- terminen, wo etwa wichtige momenta fuͤrfal- len, und schriften. len, die beredsamkeit eines geistlichen zu huͤlfe genommen. §. 5. Sonderlich aber geschicht dieses letztere in caußis criminalibus, bey purgatoriis. Uber- haupt muß dem schwerenden, der haupt-punckt, weßwegen er schweren soll, deutlich rund und nachdruͤcklich herausgesagt werden, damit er sich nicht mit reservationibus mentalibus helf- fen koͤnne. Sonst hat der richter bey verneh- mungen der inquisiten, seine worte behutsam einzurichten, damit des inquisiten aussage, nicht ex capite nullitatis angefochten werde, er hat auch dabey die gerechtigkeit sorgfaͤltig zu beobachten und unpartheyisch, nicht nur dasie- nige zu consideriren, was den delinqvenden graviren, sondern auch exculpiren koͤnne, denn es ist nicht schwer auch einem unschuldi- gen, durch eine falsche beredsamkeit dahin zu bringen und so zu verwirren, daß er eines lasters sich schuldig geben muß, das er niemahls be- gangen. §. 6. Denen zeugen wird der zeugen-eyd fuͤr- gehalten, erklaͤret, und sie vermahnet die wahr- heit zu sagen. Die interrogatoria werden kurtz, deutlich, im stilo simplici abgefasset, wo sie dunckel sind erklaͤret, die umstaͤnde wohl ausgedruckt, von ihnen eine deutliche, so viel moͤglich categorische antwort gefodert, und sie nicht mit vielen nebendingen verwirret, wel- ches alles kluge und verstaͤndige richter, mehr als zu wohl, zumahl in unsern landen, da gott- lob unteꝛ der geseegneten regierung unsers gros- H h sen von Juridischen reden sen oberhaupts, iedweden durchgaͤngig genaue justice wiederfaͤhret, beobachten. §. 7. Schriftliche reden der gerichts-perso- nen sind citationes, notificationes, huͤlffs- und immißions-praͤcepta, auflagen sub \& sine comminationibus, monitoria, inhibitiones, welche saͤmtlich erfordern den nahmen des richters und der partheyen, auf seiten dieser ein expediendum, meistentheils auch ein einge- raͤumtes spatium legale, die citationes noch locum iudicii, \& diem certum profestum, s. iuridicum; ratione der citation zur einlassung und antwort auf die klage, oder in Processu executiuo, zur recognition des documents, so muͤssen auch vermoͤge der proceß-ordnung die partheyen zur guͤtlichen handlung citiret wer- den. Alle diese fodern den stilum Juridicum und curiaͤ, sind sonst kurtz und deutlich abzu- fassen. §. 8. Die registraturen werden uͤber das- ienige, was im gerichte gehandelt und fuͤrge- tragen wird, zu des richters und der partheyen nachricht verfertiget und aufgezeichnet, also ist noͤthig, daß sie genaumit den sachen die fuͤrfal- len, uͤbereintreffen, auch wohl gar der parthey- en eigne worte beybehalten, deutlich und kurtz seyn, sonderlich bey inquisitionibus, da todt und leben, ehre und gut des inquisiten, an des actuarii feder hanget. §. 9. Die eydes notuln sind mittel die wahr- heit heraus zubringen, da ein ieder der die schul- dig- und schriften. digkeit auf sich hat, die wahrheit zu bekennen, durch einen schwur bey seinem GOTT (also auch Juden, bey dem GOtt Abrahams, Jsa- acs und Jacobs ꝛc.) bekraͤftigen soll, daß er die wahrheit sage, also muͤssen sie deutlich seyn, den statum controuersiae recht bemercken, in civil-sachen aus der partheyen eignen worten, ihre dismembration aus der litis-contestation, in criminal-sachen aus dem eingeholten urtheil genommen werden. §. 10. Zeugen und inquisitional-artickel werden ebenfalls, abgefasset, die dem richter so noͤthige wahrheit zu verschaffen, denn wann sie kurtz, deutlich, zur sache gehoͤrig, ordentlich da im̃er einer aus den andern fliesset, damit man dem pruritui negandi fuͤrbeuge, so kan der rich- ter wann er nur die lehre von der wahrschein- lichkeit inne hat, und die historie des menschen uͤberhaupt und insonderheit, aus einer guten Moral und erfahrung gelernet, leicht hinter die wahrheit kommen, es mag der befragte ant- worten wie er will. §. 11. Die zeugen-rotuli entstehen aus die- sem zum theil, muͤssen den nahmen des gerichts, der zeugen, daß sie richtig geschworen, die zeit, den ort, ihre antwort bey iedem artickel, die un- terschrifft und besiegelung, nach iedwedes iu- dicii stilo und observantz in sich fassen. §. 12. Bey der confrontation, muͤssen in einem inquisitional proceß, die zeugen oder complices ihre aussagen, dem inquisiten ins H h 2 ge- von Juridischen reden gesicht sagen, also muͤssen dieselben deutlich den inquisitional-artickeln conform seyn, ieder con- frontations-punckt enthaͤlt nur einen umstand gehet nicht auf nebendinge, die noch nicht aus- gesaget, auch nicht auf andere delicta, weilen die confrontation ein actus praeiudicialis und in- quisitionis specialis ist, zu welchen absque in- diciis legitimis nicht zu schreiten. §. 13. Urtheils-fragen sind ein schreiben, in welchen der richter ein dicasterium um seinen rechts-spruch ersuchet, sich entweder auf die acta beziehet, oder speciem facti dem petito praͤmittiret, sich aber aller refutation und ne- ben dinge enthaͤlt. §. 14. Urtheile, abschiede und weisungen sind resolutiones, dadurch der richter die strei- tigkeiten der partheyen decidiret. Urtheile wer- den als briefe an dem richter aus dem dicaste- rio, da er sie eingeholet, geschickt, enthalten kurtz und deutlich das vorbringen der parthey- en, und den darauf abgefasten rechtsspruch. Abschiede werden vom richter an die partheyen gestellet, und weisungen als blosse resolutiones in registraturen ad acta gebracht, uͤberall ist die absicht denen partheyen deutliche entschei- dung ihrer streitigkeiten zu geben, wobey die eingefuͤhrten opiniones und gewohnheiten bil- lich der gerechtigkeit weichen muͤssen. §. 15. Berichte sind ebenfals schriftliche re- den des richters, da er entweder auf befehl, oder eingewandte appellation, in einem schrei- ben und schriften. ben an den iudicem superiorem, die speciem facti, gelegenheit zur berichts-erstattung, des parths gravamina erzehlet, dieselben refutiret und alles des iudicis superioris decision un- terwirft. Sind reverential-apostel ertheilet worden, wegen guͤltig-gehaltener appellati- on, bleiben die gravamina und derselben refu- tation weg, alles im stilo simplici kurtz und deutlich. §. 16. Subhastations-praͤcepta sind endlich wann der richter nach erzehlung, wie es zu diesem extremo gekommen, eine gewisse sache, die er nach der wahrheit und ihrem werth be- schreibet, zu iedermanns kauf, mit determi- nirung der noͤthigen umstaͤnde, oͤffentlich feil bietet. §. 17. Dieses waͤren die meisten reden auf seiten des richters. Advocaten sind in ihrem gewissen verbunden, die streitigkeiten auf billige wege entweder zum vergleich, oder durch den weg rechtens zu ende zu bringen. Bey ienem haben sie muͤndlich denen par- theyen zur guͤte zu rathen, sie keinesweges durch allerhand empfindliche worte in einan- der zu hetzen und zu verbittern, sondern viel- mehr bey pflegung der guͤte kurtz und deutlich, ieder die vortheile und das vermeinte recht der partheyen fuͤrzutragen, ihren clienten aber insgeheim, vor den termin zur guͤte, mit nachdruͤcklichen fuͤrstellungen, die wahrheit zu sagen, und sie zu praͤpariren. H h 3 §. 18. von Juridischen reden §. 18. Reden sie mit inquisiten, welches mehrentheils in beyseyn des richters oder a- ctuarii geschicht, so sind sie zwar nicht verbun- den, ihn zum gestaͤndniß zu uͤberreden, doch auch nicht befugt, ihn zu verstocken, und also wahrheiten zu unterdrucken, missethaten zu vertuschen, sondern nur ihm den zustand sei- ner sache aufrichtig zu eroͤfnen, und ihn um die media \& momenta defensionis umstaͤnd- lich zu befragen. §. 19. Jhre vornehmste arbeit ist das ein- bringen, dadurch sie ihre rechte gegen einan- der setzen, dem schreiber dictiren, und dem richter uͤberlassen zum ausspruch. Solches muß kurtz und deutlich mit sattsamer anfuͤh- rung der umstaͤnde und ausfuͤhrung ihrer ge- rechtsame, ohne zaͤnckerey und satyrische schreib-art geschehen. Denn hier sind die spitzigen federn, piquanten worte und derglei- chen, nur kennzeichen der noch wallenden hitze der jugend, und daß man mit dem ersten schwerdte fechte. Mit denen provocationi- bus wird der anfang gemacht, da sie ihr fuͤr- bringen, woruͤber termin ausgebracht, wie- derholen, und gegentheilen zu dem, wozu er citiret, auffodern. Gegentheil antwortet auf die momenta und worte der klage, von punct zu punct, kurtz, entweder quoad facta propria, mit affirmat, oder negat, und quoad facta aliena mit nescit, oder wie er will. Hin- ten haͤngt er seine ausfluͤchte und exceptio- nes und schriften. nes an, weil es nicht erlaubt solche mitten einzustreuen. Will beklagter litem affirma- tive contestiren, und klaͤgern seine saͤmtliche exceptiones ins gewissen schieben, werden sie per speciem facti kurtz, deutlich und buͤndig eingebracht, einlassung hierauf gefodert, und die eydes-delation angehaͤngt. Leuterungs- prosecutionen und appellations-iustificationen sind hieher zu rechnen, geschehen so wohl quoad formalia, da man deduciret, wie man fatalia, inschriften und dergleichen beobachtet, als auch quoad materialia, durch richtiger und deut- licher anfuͤhrung der gravaminum und mo- mentorum caussae. §. 20. Wenn sie zeugen produciren, wer- den solche dem richter zur vereydung und ver- nehmung dargestellet, und zwar absentes tanquam praesentes, damit nicht die desertion des zeugen zu befuͤrchten. §. 21. Jn schwerungs-terminen stellet der advocat den juraturum zum eyde dar, und bit- tet kuͤrtzlich, ihn zu admittiren. Dabey er dem richter, und auch wohl dem geistlichen, wann sie bey ihren admonitionen excediren, einhalt thun kan. Haben die partheyen selbst bey diesem allen zu reden, so geschicht es alles kurtz und deutlich, ohne einmischung vieler ne- bendinge, und mit gehoͤrigem respect, fuͤr dem richter, als welchem die hohe landes-herr- schaft einen theil ihrer maiestaͤt zu solchen ge- richts-uͤbungen allergnaͤdigst verliehen, und ihn dabey schuͤtzet. §. 22. von Juridischen reden §. 22. Schriftliche reden der advocaten re- commendiren sich durch ihre kurtze deutlichkeit, gruͤndlichkeit und buͤndige schluͤsse, dahin gehoͤ- ren contracte, oder in schriften verfaßte hand- lungen, derer, die pacta unter sich aufrichten, damit durch solche, diese handlungen zur gnuͤ- ge koͤnnen erwiesen werden. Also muͤssen sie die in Rechten determinirten requisita an sich haben, davon die Jurisprudentz regeln giebt, ferner deutlich ohne zweydeutigkeit, und mit sattsamer bemerckung aller umstaͤnde abge- fast werden. §. 23. Es gehoͤren hieher klagen, welche als der grundstein des processes deutlich, facti speciem, medium concludendi und petitio- nem congruam an den richter, in sich halten, davon alle proceß-einleitungen nachricht ge- ben. Ferner suppliquen, welche ebenfalls statum caussae praͤmittiren, momenta juris loco connexionis, anfuͤhren, und mit dem petito schliessen, bey welchen allen die formalia billig zu beobachten, und der stilus Juridicus und curiaͤ, auch was oben von briefen erin- nert, zum theil mit zu observiren. Denun- ciationes brauchen gleiche aufmercksamkeit, dabey ich nichts zu erinnern, als daß nur das uͤberfluͤßige wegzulassen, welches mit derselben absicht streitet, und daß sie sich nicht auf ein sa- gen und wiedersagen und hoͤrensagen gruͤnden. §. 24. Delatio iuramenti stellet dem ge- gentheil das gelaͤugnete factum zur eydlichen eroͤf- und schriften. eroͤfnung, relatio schiebet solches gegnern, in so weit es zulaͤßig, zuruͤck. Beyde muͤssen deutlich determiniren, warum und in wie weit sie unternommen, nach beschaffenheit der fa- ctorum sich richten, und die formalia richtig beybehalten. §. 25. Beweisen, bescheinigen, beybrin- gen geschicht zur behauptung einer sache, da es denn schlecht um den advocaten aussehen wuͤrde, wann er den unterschied der beweiß gruͤnde nnd die kraft zu schliessen aus der Lo- gick und Oratorie nicht wuͤste. Bey den zeug- niß-artickeln und interrogatoriis kan, was oben §. 10. und 11. etwan angefuͤhret, mu- tatis mutandis hier wieder appliciret werden §. 26. Bey den product-weise rechtlichen verfahren, werden die gegen einander gehal- tenen gruͤnde, in schriften, als salvations-ex- ceptions-schriften, repliquen, dupliquen, tri- pliquen, von neuen ordentlich wiederholet und deduciret. Man kan hieher was oben §. 9. gemeldet, wieder appliciren. Die momenta Juris und formalia sind in der Jurisprudentz selbst zu suchen, der stilus ist Juristisch, die ordnung natuͤrlich, und gehet was im proceß bereits fuͤrgefallen, von punct zu punct, kuͤrtz- lich durch, dabey zwar die argumenta triftig, aber nicht pathetica seyn duͤrffen. §. 27. Leuterationes und appellationes su- spendiren die urtheile und abschiede von ihrer rechts-kraft, erzehlen sententiam grauantem, H h 5 die von Juridischen reden die grauamina und die intention des leute- ranten, oder appellanten, mit beobachtung der formalien. §. 28. Am allermeisten zeiget sich der ad- vocat als einen guten redner in defensionibus, da er nicht die wahrheit unterdruͤcken, sondern entweder die unschuld eines inquisiten, oder wenigstens, daß er durch die beygebrachten dinge, nach den rechten, noch nicht zu verdam- men, zeigen soll. Da beschreibt er speciem facti unter der hand nach seinen absichten, das corpus delicti, die gravirenden zeugen- aussagen, momenta defensionis, vitam ante- actam, unzulaͤnglichkeit der indiciorum und grauantium, macht die zeugen suspect, und stellet ihnen defensional-zeugen entgegen, oh- ne biblische spruͤche, exclamiren, lerm-blasen, und vieles allegiren, sondern vielmehr durch gute ordnung, deutlichen ausdruck und scharf- fe gruͤnde, welche von der erfahrung ihres er- finders in der Logick, ins besondere der wahr- scheinlichkeit, und der Oratorie zeugen. §. 29. Endlich ist auch von fragen zu in- format-urtheilen und acten extrahiren zu ge- dencken. Jene fassen eine speciem facti, dar- uͤber angestellte frage, und bitte um einen Rechts-spruch, kurtz, deutlich, ordentlich im Historischen und Juridischen stilo auch wohl unter erdichteten nahmen in sich. Dieses rich- tet sich nach der absicht des excerpirenden, setzt kurtz die haupt-momenta der sache auf, und druͤckt und schriften. druͤckt den sinn der schriften aus. Und hie- mit mag auch diese abhandlung beschlossen seyn, da verhoffentlich, der nutzen der Ora- torie, in dergleichen reden, zur gnuͤge daraus erhellet. Doch muß man sich unter der Ora- torie, keine figuren-kraͤmerey und waͤscherey einbilden, noch ingenioͤse und satyrische re- dens-arten, denn dergleichen ist hier sorgfaͤl- tig zu vermeiden. Das fuͤnfte capitel, von Theologischen oder geistlichen reden. Jnhalt. V On geistlichen reden und predigten, §. 1. Was dazu erfodert werde, §. 2. Von dabey fuͤrfal- lenden fehlern, §. 3. Von dem text, §. 4. Von der proposition, §. 5. Von der tractation, §. 6. Von dem exordio, §. 7. Und der conclusion, §. 8. Von der invention, elocution, disposition, und ausarbei- tung, §. 9. Von andern geistlichen reden, §. 10. §. 1. J Ch gehe nun fort zu den geistlichen oder Theologischen reden, bey welchen ich ebenfalls, nur denen unerfahrnen, ei- nige Oratorische anmerckungen mittheilen will. Geistliche oder Theologische reden nenne ich alle diejenigen reden, welche auf die heil. schrift, und die lehr-saͤtze der Theologorum nach von Theologischen nach iener gebauet sind, und einen daraus einzurichtenden casum praͤsupponiren. Die fuͤrnehmsten hierunter sind die predigten, wel- che man beschreibet als geistliche reden, die an ein gemischtes auditorium gerichtet werden, selbigem den inhalt des goͤttlichen wortes, betreffend die pflichten des zuhoͤrers, nach den regeln des christenthums, fuͤrzutragen, zu er- klaͤren, und sie zur ewigen seeligkeit daraus zu erbauen. §. 2. Wo iemand als ein redner mittel in haͤnden hat, nachdruͤcklich seinen zuhoͤrern an das hertz zu greifen, so hat sie ein prediger; denn er traͤgt ein wort fuͤr, das felsen zerschmeis- set, seel und geist durchschneidet, die verheis- sung hat nicht leer wieder zu kommen, und seine person ist durch privilegia, so ihm GOtt, der Landes-HErr und die opinion der leute beygeleget, in die bequemsten umstaͤnde gese- tzet, sein amt recht zu fuͤhren, und seinen end- zweck zu erhalten. Es wuͤrde also eine schan- de seyn, wann er seines orts nichts hiezu bey- tragen wollte, durch gebet, erkaͤnntniß der h. schrift und ihres verstandes, erkaͤntniß der glaubens- und lebens-lehren des chꝛistenthums, gruͤndliche einsicht in die Logick und Moral, und vollkommene wissenschaft der grund-re- geln einer vernuͤnftigen beredsamkeit. Jch will ietzo nach meiner wenigen einsicht kurtz meine gedancken nur denen lehrlingen eroͤf- nen, oder geistlichen reden. nen, und zwar mit meinen eignen worten, sonst koͤnte ich leicht Chrysostomum, Augu- stinum, Ambrosium, Petrum Chrysologum, Maximos, Leonem M. Bernbardum, Calo- vium, Loͤschern, Calixtum, Hornium, Carp- zovios, Olearium, Zeidlerum, Goͤbelium, Baͤyerum, Goͤtzen, Rivinum, Schmidios, Hyperium, Gausenium, Perizonium, Secken- dorffen, Grabium, Berneckern, Breckelsen, Guͤnthern, Maͤyern, Crocium, Dannhauern, Huͤlsemannen, Koͤnigen, Pfeiffern, und un- zehlige andere anfuͤhren. Ja was wuͤrd ich nicht fuͤr einen apparatum von homilien, ho- miletischen buͤchern, postillen und dergleichen beybringen koͤnnen? §. 3. Hieraus siehet man leicht wie uͤbel es mit denienigen beschaffen, welche sich zu fruͤh aufs predigen legen, und dieses ihr hauptwerck seyn lassen; welche weder natur und gnade, nach die pflichten eines menschen, buͤrgers und Christen aus einander zusetzen wissen; welche nur ihre memorie fuͤllen, unnoͤthige schaͤtze von dispositionibus, concordantzen, collegiis, und predigen samlen und postillen-reuter werden; welche es nur aufs spielende ingenium ankom- men lassen; welche bloß theoretisch predigen und nur erklaͤrungen fuͤr den verstand, keine bewegungen fuͤr den willen anbringen; wꝛlche nur den willen hingegen bessern wollen ohne den verstand zu unterrichten; welche gar zu wenig affect zeigen und mit grosser kaltsinnig- keit alles obenhin tractiren; welche gar zu hef- tige von Theologischen tige affecten, ohne alle modestie und modera- tion blicken lassen; welche meinen mit einer profanen wissenschaft und schwuͤlstigen neuer- lichen geist gotteswort gleichsam bey den haa- ren uͤber ihre eitle leisten abzupassen; welche im gegentheil ihre grobe unwissenheit mit dem heiligen mantel der scheinheiligkeit bedecken und alle natuͤrliche mittel, deren sich doch Gott und die propheten und apostel selbst fuͤrtreflich zu bedienen gewust, mit einem paͤbstischen hochmuth unter die fuͤsse treten und verbannen ꝛc. Daß ich von den fehlern der zuhoͤrer nichts gedencke. Jch koͤnte hier noch viele fehler bemercken, da- fuͤr sich iunge leute zu huͤten, z. e. die affectation einer gelehrsamkeit, auctoritaͤt, neuerung, be- gierde zu reformiren, und dergleichen, welche al- le aus dem mangel der Logick, Moral, und Ora- torie herruͤhren, als: was ist es noͤthig Lutheri verston zu toxiren, Hebraͤisch und Griechisch mit einzumischen, wann es iunge leute thun, und klingt doch wohl manchmahl, als wie iener, der da sagte: Des menschen sohn oder eigentlicher nach den grund-text zu reden: der sohn des menschen: Wie reimt sich das fuͤr iunge leute, wenn sie denen bauren die laͤngst vermoderten ketzereyen erzehlen, und weitlaͤuftig wiederlegen, wenn sie mit vieler impertinentz sich eines straf- amts anmassen, oder von denen exempeln alter und geuͤbter Theologen und prediger abgehen, und es ihnen auch auf ungeschickte art nachma- chen wollen, wann sie spruch auf spruch haͤuffen, ohne application, oder wohl gar so schlecht in der Moral bewandert, daß sie gantz gezwungene und oder geistlichen reden. und mitleidens-wuͤrdige reflexiones machen, ꝛc. doch ich will auch nicht denen spoͤttern des pre- digt-amts, materie zu ihren albernen urtheilen an die hand geben. Es ist recht erbarmens-wuͤrdig, wenn sich zuhoͤ- rer, die oͤffters am wenigsten verstand haben, unterfangen, den prediger entweder nach ihren fleischlichen begriffen, oder mystischen grillen zu formiren. Sechs stuͤcke, spricht Lutherus in sei- nen tischreden C. XXII. gehoͤren zu einem pre- diger, wie ihn die welt haben will: 1.) daß er gelehrt sey, ( i. e. nach dem begrif der unverstaͤn- digen welt daß er nicht etwan eine solide gelehr- samkeit habe, sondern allotria, Critic, historiam litterariam, antiquitaͤten allein, Geographie, Chiromantie ꝛc. wisse) 2.) feine feine aussprach habe 3.) daß er beredt sey ( i. e. ein waͤscher, plauderer) 4.) daß er eine schoͤne person sey, die die maͤgdlein und frauen lieb haben koͤnnen, 5.) daß er kein geld nehme, sondern geld zu gebe, 6.) daß er rede was man gerne hoͤret. Dippel sagt: ein prediger muͤsse seyn verwan - delt in das goͤttliche nichts: Und einer von sel- nen b ruͤdern meint: ein prediger muͤsse alle menschheit ausgezogen haben, in gesellschaft nicht lachen, aussehen als wenn er schon halb vergoͤttert waͤre,. Und was fallen sonst nicht vor ungereimte urtheile, von denen armen praͤ- dicanten? Gewiß man moͤchte immer derglei- chen delicaten wehlern, einen prediger, wie sie ihn haben wolten, aufs papier mahlen lassen, daß sie ihn gesund gebrauchen und immer bey sich haben koͤnten. Jnzwischen bleibt es sicher- lich richtig: ein prediger muß nicht nur ein geistlicher redner, sondern auch ein redner seyn. §. 4. Die predigten haben dieses besonders an sich, daß sie eine geistliche rede aus der h. schrift von Theologischen schrift zum grunde legen, welche man den text nennet, und die entweder zum unterricht oder besserung des auditorii dienet. Diesen muß der geistliche redner fuͤr sich, nach der Gram- matick, Logick und Oratorie zu resolviren wis- sen, zur ersten muß er den grund-text, die versi- onen, die commentarios, wo es noͤthig und nuͤtzlich, zuhuͤlfe nehmen, zur andern muß ihm die Logick, nach der hermeneutischen probabili- taͤt, die Theologia exegetica, analogia fidei, Theologia dogmatica und moralis, den rech- ten sinn zu ergruͤnden behuͤlflich seyn, zur letz- ten wird ihm die Oratorie, den ausdruck recht zu untersuchen, helfen. Die unterschiedene benennung des textes und an- dere termini, damit die Theologia Homiletica angefuͤllet, sind hier anzufuͤhren unnoͤthig. §. 5. Nach dieser arbeit ist das erste, daß man den grundstein zum gantzen gebaͤude einer predigtlege, und solches geschicht in erwehlung eines thematis oder der proposition, dabey man alles was von erfindung der thematum oben gesagt worden, hier wieder anwenden kan. Uberhaupt sind die themata hier ebenfalls ent- weder naturalia oder artificialia, iene sind ein kurtzer inhalt des textes oder des stuͤcks aus dem text, darauf man seine predigt bauet, diese aber allerhand meditationes im Logicalischen ver- stande, welche man bey einem text anstellet, und in eine proposition fasset, bey ienen resol- viret man den text und gehet von principiis zum schluͤs- oder geistlichen reden. schluͤssen, bey diesen faͤngt man an von dem schluͤssen und geht auf die principia zuruͤck, in beyden thut die Logick de meditatione synthe- tica \& analytica gute dienste. Man hat sonst viel prediger-methoden als: para- phrasticam articulatam \& inarticulatam, paralleli- sticam, porismaticam, quaestionalem, prouerbia- lem, asceteticam, allegoricam, symbolicam, em- blematicam, schematicam, syntheticam, didasca- licam, elenchticam, paedeuticam, epanorthoti- cam, consolatoriam, arbitrariam, analyticam, \&c. es hat auch wohl iede universitaͤt ihre methode- Doch ich erinnere mich daß der seel. herr D. Guͤn- ther ein treflicher Homilete und prediger in Leip- zig, bey dergleichen sagte: wer einen guten cul- tivirten verstand habe, wisse dieses ohne nah- men von selbst. §. 6. Auf die proposition folgt die einthei- lung, welche nach den regeln einer guten divisi- on einzurichten, daß sie die fuͤrnehmsten mo- menta, so man abzuhandeln gedencket, anzeige. Die abhandlung selbst, beweist, erklaͤrt, die vorhabende sache und wendet sie zum nutzen des auditorii an, nach denen dabey fuͤrfallenden umstaͤnden. Also erklaͤret sie den text und die darausgezogene proposition, und suchet da- raus den zuhoͤrer entweder am verstande oder willen zu bessen. Jenen zwar durch bewei- sung der rechten lehre, und wiederlegung der ir- thuͤmer und vorurtheile, diesen aber durch ver- mahnung zum guten und warnung fuͤr boͤsen, dazu noch der trost gezogen wird. Durchge- hends werden die noͤthigen argumenta, nach J i be- von Theologischen besch affenheit des textes beygebracht, und es koͤnnen auch hier die oben gegebene lehren von argumentis nutzen. Dieses sind die fuͤnf bekannten vsus: didascalicus, elenchticus, paedeuticus, epanorthoticus, consola- torius. Dabey aber kluͤglich zu verfahren. §. 7. Die gantze predigt bekommt ein exor- dium generale, welches mit denen exordiis an- derer reden gleiche absicht, und einrichtung hat, also wird es kurtz und mit argumentis concili- antibus fuͤrgetragen, ohne weitlaͤuftiges exege- gesiren. Etliche haben auch ein exordium spe- ciale und specialißimum, da denn das generale eine praͤparation zum text, das speciale zur pro- position, und das specialißimum zur tractation ist. Man kan auch hier, was oben vom exor- dio gedacht, anbringen. §. 8. Die conclusion hat hier eben den end- zweck, den sie anderwerts hat bey andern reden, besteht also in einer wiederholung, bitte, wunsch, gebet, pruͤfung und und andern practi- schen argumentis, welche aus dem text und dessen abhandlung fliessen. §. 9. Bey allen predigten ist in der erfin- dung der text das erste, aus diesem die proposi- tio, hieraus die partitio, und tractatio, zu die- ser die argumenta probantia, illustrantia, und pathetica, welche letztern aus der h. schrifft genommen werden, und aus diesen argumen- tis bestehn auch das exordium und conclusio. Der ausdruck ist Theologisch, wo es noͤthig pat- oder geistlichen reden. pathetisch auch wohl sublimis, uͤberall nach beschaffenheit der meisten zuhoͤrer des redners und des textes, Oratorisch und dem heiligen vorhaben gemaͤß. Jn der disposition und aus- arbeitung folgt auf dem wunsch oder das ge- bet und die anrede an das auditorium, das exordium generale und dessen verbindung mit der proposition, welches mit einem gebet be- schlossen wird. Hierauf folget der text, das exordium speciale, doch ist dieses nicht alle- mahl noͤthig, weiter die proposition und partition und der wunsch oder ein gebet. Fer- ner kommt die tractatio, nach den theilen der partition, und denen fuͤr sich aufgesetzten sub- diuisionibus, welcher auch wohl koͤnte ein ex- ordium specialißimum praͤmittiret werden. Endlich die conclusion, das gebet und der schluß, bey welchen allen, die Oratorie, das exempel guter und beliebter prediger, und der von ihnen eingefuͤhrte wohlstand, zu rathe zu ziehen, auch die zeit, so zu einer predigt gesetzt, nicht zu uͤberschreiten. Von dem vortrag selbst kan folgendes capitel nachgelesen werden. Nach dieser richtet sich das gantze gebaͤude, und da hat man entweder naturalia themata oder artificialia, damit man meine gedancken desto besser erwege, will ich sie mit folgenden exempeln erlaͤutern: Exemplum thematis naturalis uͤber die worte Luc. 7. v. 35. Exordium: Joh. 8. v. 46. Propositio: Die von ih r en kindern gerechtfertigte weißheit. J i 2 Par- von Theologischen Partitio und tractatio zeigen: 1. Die weißheit, 2. Die kinder derselben, 3. Die rechtfertigung derselben. Conclusio: Repetitio und applicatio. Exemplum thematis artificialis uͤber das Ev- angelium Domin. Palmarum. Matthaei 21. Exordium: Joh. I. v. 29. Propofirio: Das zu seiner schlacht-hanck gehende lamm GOttes. Partitio und tractatio sagen, wie es gehe: 1. willig und geduldig, 2. denen propheceyungen gemaͤß, 3. praͤchtig, Conclusio: Vermahnung: Philipp. 2. v. 5. Trost: 2. Tim. 2. v. II. 12. Warnung: Sap. 5. v. 1. sqq. Exemplum thematis artificialis elaborati, gehalten in Leipzig D. 14. p. Trinit. 1723. Heilig ist unser GOtt! Heilig ist unser GOtt! Heilig ist unser GOtt, der Herre Zebaoth! Alle lande sind seiner ehre voll! Alleluia. G Ebet und dancksagung sind der Christen opfer, wenn sie fuͤr dem thron der goͤttlichen maie- staͤt erscheinen, und an beyden erkennet man sie als geistliche priester fuͤr Gott ihrem himmlischen vater. Es verbindet sie aber zu dieser gedoppel- ten heiligen bemuͤhung, der ausdruͤckliche befehl, welchen der herr der herrschaaren aus seinem hei- lig- oder geistlichen reden. ligthum durch den mund des psalmisten seines he- roldes, an sie ergehen laͤsset, da es im 50 Psalm heisset: Ruffe mich an, in der zeit der noth, so will ich dich erretten und du solst mich preisen. Das menschliche hertz wird also abge- bildet, daß es nur mit einer spitzen sich zur erden sencket, hingegen oben getheilet und mit zweyen huͤgeln himmel an gerichtet ist. Das hertz der Christen eriũert sich seiner geistlichen und leiblichen noth, wann es sich gegen die erde neiget. Allein es ist ein gedoppelter altar, auf welchen einerseits dem allerhoͤchsten helfer in aller noth im glauben und hofnung angeflammte opfer des gebets ge- bracht werden, auf der andern seite aber die er- kaͤnntliche liebe schuldige danckopfer, dem herrn zu einen suͤssen geruch, anzuͤndet. Das irdische leben ist ein edles kleinod, welches uns die goͤttli- che allmacht durch die leibliche geburt mitgethei- let, aber es ist billich einer rose zu vergleichen, wie diese mit lauter dornen, also ist ienes mit angst und noth umgeben. Noth ist verhanden, wenn der wiedersacher des menschlichen geschlechts, der fuͤrst der finsterniß, umhergehet, und wie ein bruͤllender loͤwe uns zu verschlingen suchet. Noth ist verhanden, wenn die im argen liegende welt, uns mit ihren veraͤchtlichen fesseln, der augenlust, fleisches-lust und hoffaͤrtigen leben, mit ihren banden der truͤbsal und verfolgung drohet. Noth ist verhanden, wann unser eignes verderbtes suͤnd- liches blut in unsern adern tobet, und das ver- fuͤhrerische fleisch durch boßhafte neigungen, uns J i 3 der von Theologischen der wut unsrer feinde verratherischer weise auf- zuopfern gedencket. Solte da nicht noth verhan- den seyn, wenn die regierungs-sonnen sich in blut verwandeln, wenn an dem kirchen-himmel mond und sterne verdunckelt werden, wenn man die pflichten eines ieden standes, denen zerbrochenen taffeln Mosis gleich macht und unter die fuͤsse tritt? Solte da nicht die zeit der noth verhan- den seyn, wenn das brausende meer des krieges, unsere graͤntzen uͤberschwemmet, wenn die sich aufthuͤrmende wellen der kranckheit, den abgrund zum verderben eroͤffnen, wenn die wasserwogen der boͤsen rotte daher rauschen, und unsere wege beunruhigen? Wenn der heuchler und falsche freund, sich buͤckt, unsern fuͤssen netze zu legen. Und sehet meine freunde, alles dieses sind dinge welche so genau mit dem menschlichen leben ver- gesellschaftet, daß uns immer eins nach den an- dern erschuͤttert und in eine furchterweckende be- trachtung setzet. Wenn nun alle welt seufzet: Mitten wir im leben sind, mit dem todt um- fangen, wen suchen wir der huͤlffe thu, Daß wir guad erlangen? so gedencken rechtschaffene Christen an Gott und sprechen: Das thust du herr alleine. Wenn die gan- tze welt aͤngstiglich schreyet: Mitten in der hoͤllen-angst Unsre suͤnd uns treiben, Wo solln wir dann fliehen hin, Da wir moͤgen bleiben? So antworten Christen: Zu dir, zu dir herr Christ oder geistlichen reden. Christ alleine. Er ist der GOtt Jsraelis, wel- cher ihnen selbst den weg bahnet, und die huͤlff- reiche hand bietet, wann er spricht: Ruffe mich an, in der zeit der noth. Der nahme des Herrn ist ein festes schloß, der gerechte laͤuft dahin und wird beschirmet. Dahin laͤuft David, wenn er spricht: Wenn mir angst ist, so ruffe ich den Herrn an, und schreye zu meinen GOtt; so erhoͤret er meine stimme von seinem heiligen tem- pel, und mein geschrey koͤmmt fuͤr ihm zu seinen ohren. Zwar als dorten Jonaͤ schiff denen stuͤr- menden wellen preiß gegeben war und seinen schiffern zu einem grabe werden wolte, schrien diese ein ieglicher zu seinem GOtt, und wenn die menschen in noth gerathen, so faͤllt ein iegli- cher seinem GOtt, den er ihm selbst gemacht zu fuͤssen. Einige verlassen sich auf menschen, und halten fleisch fuͤr ihren arm, andere machen ih- re eigne klugheit zu ihrem abgott, andere beugen ihre knie fuͤr den Baal des ehrgeitzes sprechen zum goldklumpen: du bist mein trost, oder opfern sich auch wohl ihren eignen luͤsten auf. Allein: Jhr die ihr Christi nahmen nennt, Gebt unserm GOtt die ehre: Jhr die ihr Gottes macht bekennt, Gebt unserm Gott die ehre: Die falschen goͤtzen macht zu spott, Der Herr ist Gott, der Herr ist GOtt! Kein vernuͤnftiger schifmann wirft den ancker auf trieb-sand aus, kein kluger baumeister gruͤn- det sein hauß auf einem falschen boden, sondern J i 4 viel- von Theologischen vielmehr auf einen felsen. Also lauffen Christen den herrn an, der ist ihnen ein sichrer hafen, sie gruͤnden sich auf den felß und hort Jsraelis, so werden sie wohl bleiben. Sie heben ihre augen auf zu den bergen, von welchen ihnen huͤlfe kommt, und siehe ihre huͤlfe kommt von dem Herrn, der himmel und erden gemacht hat. Sie heben ihre augen auf zu dir, der du im himmel sitzest, siehe wie die augen der knechte auf die haͤn- de ihrer herren sehen, wie die augen der magd auf die haͤnde ihrer frauen, also sehen der Christen glaubens-augen auf den Herrn unsern Gott, und der Herr der nahe ist allen die ihn anruffen, allen die ihn mit ernst anruffen, der thut was die gotts- fuͤrchtigen begehren, und hoͤret ihr schreyen, und hilfet ihnen. Denn der ists, der nicht al- lein gesprochen: Ruffe mich an, in der zeit der noth, sondern der auch hinzu gesetzt: So will ich dich erretten. So sehen sich dann recht- schaffene Christen, wieder die anlaͤuffe der feinde, mit dem schilde der goͤttlichen allmacht bedecket. So koͤnnen sie unter den schatten und fluͤgeln des hoͤchsten sicher wohnen. Er wird ihre huͤlfe in der noth, ihr artzt in kranckheit, ihr leben im tode, ihr labsal in truͤbsal, ihre staͤrcke, in schwach- heit, ihr reichthum in armuth, ihre sonne im ungewitter, und wenn es blitzt und donnert, so blitzt und donnert es unter ihren fuͤssen, sie aber stehen auf den bergen Jsraelis und ihnen schei- net die goͤttliche gluͤcks und gnaden-sonne. So er- i nnern sie sich dann der worte Davids: es ist ein koͤst- lich oder geistlichen reden. lich ding dem Herrn dancken, und deinem nahmen lobsingen du hoͤchster; und haben sie anfaͤnglich dem befehl der goͤttlichen barmhertzigkeit ein ge- nuͤge geleistet, und ihn angeruffen in der zeit der noth, so veraͤndert sich ihr gebet endlich in ein schuldiges danckopfer und sie preisen ihren er- retter. Da heist es nachgehends: Dancket dem herrn, denn er ist sehr freundlich, und seine guͤte waͤhret ewiglich. Preiset Jerufalem den Herrn lobe Zion deinen Gott. Herr wer ist die gleich un- ter den goͤttern? wer ist dir gleich? der so maͤch- tig, heilig, schrecklich, loͤblich und wunderthaͤtig sey. Heilig heilig heilig ist unser Gott der herre zebaoth alle lande sind seiner ehren voll. Alleluja. Jch zweifle nicht, meine freunde, es werden auch unsre hertzen, nach dem befehl des hoͤchsten, in heiliger andacht entzuͤndet werden, unserm Gott die schuldigen opfer des gebets und des danckes in seinem heiligthum zu bringen. Und da nach ei- nem vollkommenen muster, durch die nachah- mung, ein vollkommenes gegenbild kan verferti- get werden, so oͤffnet sich in unserm Evangelio ein schauplatz, auf welchen wir feurige beter und inbruͤnstige danckbarkeit vergesellschafet antref- fen. Damit aber nicht unsere eigene blindheit, als die hoͤchste seelen-noth, uns an betrachtung dieser heylsamen exempel hindern moͤge, so erin- nere mich billich bey dieser gelegenheit, da meiner seelen und allen die mich hoͤren, huͤlfe noth ist, deines befehls dreyeiniger GOtt. Jch ruffe dich an, um den beystand deines guten geistes, J i 5 um von Theologischen um deine gnade zum reden hoͤren und vollbrin- gen. Jch ruffe dich an, in und mit dieser ge- meine, im ungezweiffelten vertrauen, auf das verdienst Christi, in dem gebet, welches er uns selbst gelehret, zu erhoͤren verheissen hat, und nge zuvor: Textus Luc. 17. v. II. 19. Und man sahe an ihnen die zungen zerthei- let als waͤren sie feurig. So redet der Ev- angelist Lucas im 2 seiner Apostelgeschicht von denen aposteln, wenn er die sichtbahre ausgies- sung des h. Geistes ausfuͤhrlich beschreibet, und setzet dadurch alle die es hoͤren und lesen in eine heilige verwunderung. Jch will mich ietzo nicht einlassen, die geheimniß-volle eigenschaft, der da- mahls erst mit dem h. Geist ausgeruͤsteten Apostel, weitlaͤufftig zu entdecken. Vielmehr ruffe ich dabey aus mit den Apostel Paulo: O welch eine tieffe des reichthums, beyde der weiß- heit und der erkaͤnntniß Gottes, wie gar unbe- greiflich sind seine gerichte und unerforschlich sei- ne wege. Wenn ich aber betrachte, daß alle rechtschaffene Christen Gott gebet und danck im bruͤnstigen eyfer zu opfern schuldig sind, so er- blicke ich uͤberall und insbesondere bey gelegen- heit des angehoͤrten evangelii Zertheilte und feurige zungen der glaͤu- bigen Denn da sehe ich, wie der erste theil: Feurig betet Der oder geistlichen reden. Der andere: Jnbruͤnstig dancket, und dabey seuftze ich: Laß mein gebet herr feurig seyn, Und durch dasselb ersterben, Den alten Adam der allein Begehret mein verderben: So kan ich nach der boͤsen zeit, Dich bruͤnstig in der ewigkeit, Als rath und helfer preisen. Amen. Daß ich mir die zungen der glaͤubigen als zerthei- let und feurig fuͤrstelle, und zwar wie sie eines theils feurig beten, dazu bieten mir die im Ev- angelio auftretende aussaͤtzige, sichere gelegenheit. Sie sind elende leute, sie erkennen ihr elend, sie suchen rath und huͤlfe, und da bricht die angst ihres hertzens, in lichte flammen aus, wenn sie ruffen: JEsu liebster meister erbarme dich un- ser. Endlich wird auch ihr gebet durch eine wunderthaͤtige errettung versiegelt. Elende leu- te sind sie, denn sie sind aussaͤtzig, und in der elen- desten beschaffenheit. Der aussatz ist eine, denen morgenlaͤndern bekannte, unheilbare, abscheuli- che kranckheit. Wen dieses gift entzuͤndet, der wurde so fort gleichsam unter die todten verban- net, und aus aller menschlichen gesellschaft aus- geschlossen. Das gesetz, als ein strenger zucht- meister, legte ihm bey seinem ungluͤckseeligen zu- stande, so viel unertraͤgliche buͤrden auf, da- runter auch wohl ein starcker gesunder haͤtte zu boden sincken moͤgen. Bey diesen allen saht man den aussatz an, als eine derienigen straffen, womit von Theologischen womit dir raͤchende hand des gerechten richters, die freventlichen uͤbertreter des gesetzes, als zum exempel: Miriam, Vsiam, und andere zu schlagen pflegte. So daß die mit dem aussatz behaftete ursache fanden, zu seuftzen: Herr es ist nichts gesundes an meinem leibe fuͤr deinen draͤuen, und ist kein friede in meinen gebeinen fuͤr meiner suͤnde. Denn meine suͤnde gehen uͤber mein haupt, wie eine schwere last sind sie mir zu schwer worden. Meine wunden stincken und ei- tern fuͤr meiner thorheit. Meine lieben freun- de stehen gegen mir und scheuen meine plage, und meine naͤchsten treten ferne. Urtheilet nun selbst, meine freunde, ob diese aussaͤtzige nicht mit rechte elende leute zu nennen? Jedoch sie erken- nen selbst ihr elend, denn sie stehen von ferne. Was fuͤr eine hertzens angst mag nicht in ihrer seelen gewesen seyn, wann sie sich als ein scheu- saal der welt, ihrer aͤusserlichen kranckheit wegen, nicht unterstehen duͤrffen iemand unter die augen zu treten? was fuͤr brennende regungen moͤgen sie nicht empfunden haben, wenn sie sich ihrer geistlichen unreinigkeit, als bloß und entdecket fuͤr den augen Gottes, als ein greuel fuͤr den augen der heiligsten maiestaͤt erinnert. Jch meine ia, daß sie ursach gehabt, von ferne zu stehen, wie der zoͤllner, und ihre augen nicht aufzuheben gen himmel, sondern an ihre brust zu schlagen, und zu seufzen: GOtt sey uns armen suͤndern gnaͤdig. Allein ihre erkaͤnntniß ist eine heylsame erkaͤnnt- niß, denn sie fuͤhret ihre fuͤsse auf den himmels- weg, oder geistlichen reden. weg, zu dem herrn den artzt Jsraelis, sie wird ihnen zu einer feuer-seule in der nacht, und zu ei- nem weg-weiser in der wuͤsten. Denn sie begeg- nen Christo, sie heben ihre stimme auf und schrey- en: JEsu liebster meister erbarme dich unser! Koͤnten sie auch wohl einen bessern meister zu helf- fen aufgesucht haben, und koͤnten sie ein vollkom- mener brandopfer, als dieses feurige gebet, JE- su angezuͤndet haben: JEsu lieber meister er- barme dich unser. Sie setzen alle ihre kraͤfte zu- sammen, und concentriren die kraft aller gebete in wenig worte, welche hingegen als ein blitz, durch glauben und andacht entzuͤndet, in das hertz JEsu eindringen. Jesu sagen sie, und er- inneren damit gleich anfangs, den in die welt ge- kommenen Meßiam, daß er ein seeligmacher der menschen, aber auch ihr seeligmacher sey. Unser hertz haͤlt dir fuͤr dein wort, ihr solt mein antlitz suchen, darum suchen wir auch herr dein antlitz, und ruffen: JEsu lieber meister. Hiebey legen sie zugleich ihr bekaͤnntniß ab, und nennen JE- sum ihren herrn und meister. Sie entsagen hie- mit aller andern herrschaft, reissen sich loß von dem ioch der suͤnden und des satans und werfen sich zu den fuͤssen des Herren aller Herren, des meisters zu helfen, des rechten beystehers. Die- sen nehmen sie an, als den verheissenen heyland, und schreyen: erbarme dich unser. Wir sind elend und iaͤmmerlich, du aber bist der hohepriester, der da soll ein mitleiden haben, mit unsrer schwach- heit. Nun dann da wir dich anruffen in der noth, von Theologischen noth, und du verheissen hast uns zu erretten, so erbarme dich unser, laß unser gebet fuͤr dir tuͤgen wie ein rauchopfer, heile, errette, hilf uns, laß dein hertz gegen uns brechen und erbarme dich unser. JEsu lieber meister erbarme dich unser. Wie solte denn der das ohr gemacht hat, nicht der elenden feuriges und glaͤubiges gebet hoͤren? O ia er hoͤrets, er schauet auf ihr elend, daß er ih- re seele errette vom tode und bey ihm ist hoͤren, sehen, und helfen so fort auf eine goͤttliche und wunderthaͤtige art mit einander verknuͤpfet: Ge- het hin, heist es, und zeiget euch den priestern, damit dem gesetz meines vaters ein gnuͤge gesche- he, und da sie hingiengen wurden sie rein. Sind das nicht feurige zungen die dieses gebet ausge- sprochen: JEsu lieber meister erbarme dich un- ser. Und hoͤret meine freunde, eben dieses ist die sprache der glaͤubigen, eben dieses ist das ge- bet, welches sie mit einer feurigen zunge fuͤr Gott bringen Glaͤubige kinder Gottes haben auch ihre noth, welche ihnen innerlich und aͤusserlich den weg zum leben, mit disteln und dornen be- saͤet. Zwar spricht ein aufgeblasener schriftge- lehrter, ein in seinen luͤsten ersoffenes welt-kind, was fehlet mir noch? Aber Christen seuftzen: Mir mangelt zwar sehr viel, doch was ich ha- ben will, ist alles mir zu gute erlangt mit Chri- sti blute, dadurch ich uͤberwinde, todt teuffel hoͤll und suͤnde. Die kirche Christi ist ein schiff, welches die gewalt der wellen hin und her wirft, und in den abgrund zu reissen sich bemuͤhet, solten denn oder geistlichen reden. denn Christi Juͤnger nicht schreyen: Herr hilf uns wir verderben. Christen sind die heiligen und geliebten Gottes, aber auch unter seinen hei- ligen ist keiner ohne tadel, sie muͤssen leider mit Paulo klagen, ich weiß, daß in mir, daß ist in meinem fleische, wohnet nichts gutes, wollen ha- be ich wohl aber vollbringen das gute finde ich nicht. Und ein mann, dessen gleichen JEsus in gantz Jsrael nicht funden an glauben, muß sa- gen: Herr ich bin nicht werth, daß du unter mein dach gehest. Endlich so ist leibliche noth creutz und ungluͤck der Christen taͤglicher gefaͤhrte. Wenn aber andere, durch den schlaf der sicherheit, unter die todten zu rechnen, wenn sie verblendet sind durch finsterniß und blindheit ihres hertzens. die in ihnen ist, wenn sie in der satans schule so fuͤhl-loß gemacht, daß sie ihr elend nicht empfin- den, so fuͤhlen glaͤubige Christen sich selbst und sorgen fuͤr ihre seele. Wenn sie nun ihre leibes und seelen noth fuͤhlen, so gehen sie nicht mit den boten des Koͤnigs Ahasiaͤ, und fragen Baal- Sebub den gott zu Ekron, ob sie von ihrer kranckheit genesen koͤnnen, sondern sie treten in die geseegneten fußstapfen Davids, Hißkiaͤ, Hi- obs, ia der aussaͤtzigen. Denn da diese elende rieffen, da hoͤrete der Herr und half ihnen aus aller noth. So erheben sie denn ihre stimme im eyfrigem gebet, in brennender andacht, mit feuri- ger zunge: JEsu lieber meister erbarme dich unser. Wir schreyen mit unserer stimme zu GOtt, zu GOtt schreyen wir und er erhoͤretuns. Jn von Theologischen Jn der zeit der noth suchen wir den Herrn, un- sere hand ist des nachts ausgereckt und laͤst nicht ab, denn unsere seele will sich nicht troͤsten lassen, als nur durch dich, der du der eintzige mitt- ler und fuͤrsprecher bist: Herr es steht in deinen haͤnden, Du alleine hilfst aus noth, Du kanst unsern Jammer wenden, Du kanst retten aus dem todt. Dabey ergreiffet der glaube das verdienst seines heylandes, die liebe stellet alles in der gottheit allerheiligsten wohlgefallen, denn Gott erhoͤret das glaͤubige gebet allezeit, er hilft, aber er hilft nicht wenn wir wollen, oder auf eine solche art, wie wir wollen, sondern nach seinem unerforsch- lichen rath. Die hofnung aber wartet der rechten zeit, was Gottes wort zusaget, und richtet das bekuͤmmerte hertz mit goͤttlichen trost auf, biß ein so feuriges gebet das hertz des himmlischen vaters erweichet, und die huͤlffe aus Zion uͤber Jsrael herfuͤrbricht. Nach diesem laͤsset sich auch gleichsam der glaͤubigen zertheilte und feuri- ge zunge mit ihrem andern theil in bruͤnsti- ger dancksagung hoͤren. Habe ich nun, meine sreunde, zehen aussaͤtzige, als ein beyspiel feuriger beter angefuͤhret, aus unserm evangelio, so muß ich leider, nur einen eintzigen, als ein muster bruͤnstiger danckbarkeit aus demselben fuͤrstellen. Der nothleidenden beter ist eine grosse menge. Denn Herr wenn truͤbsal da ist, so suchet man dich, und wenn du sie zuͤchtigest, so ruffen sie aͤngstiglich. Hinge- oder geistlichen reden. Hingegen ist die danckbarkeit eine der seltensten tugenden, und es verraͤth sich auch hier die boß- heit des menschlichen hertzens, daß es sich lieber des boͤsen als des guten erinnert. Was wun- der denn, daß von zehen aussaͤtzigen nur einer danckbarkeit ausuͤbet, da man bey der heutigen welt unter tausend kaum einen antrift, der dem danckenden Samariter gleich komme. Jedoch ie seltener ein kleinod, ie fuͤrtreflicher ist es, und die vollkommenheit desienigen musters, welches uns unser Evangelium von einer danckbaren zunge anffuͤhret, ist so herrlich, daß wir dabey der undanckbaren uͤbrigen fuͤglich vergessen und hin- gegen den eintzigen danckbaren Samariter zur nachfolge beybehalten koͤnnen. Dieser siehet und erkennet, daß er gesund worden, er kehret um, faͤllt auf sein angesicht, zu den fuͤssen JEsu, preiset GOtt und dancket seinem erloͤser, welcher auch dieses danckopfer liebreich annimt. Jch weiß meine freunde, seine erkaͤnntniß war eine lebhaf- te uͤberzeugung, daß JEsus seyn lieber meister sich seiner erbarmet, da er sich ploͤtzlich veriuͤnget sahe wie einen adler, und da er empfand, daß eine heylsame aͤnderung an seinem leibe vorgegan- gan war. Wieaber eine lebhafte uͤberzeugung, und eine lebendige erkaͤnntniß, auch zugleich ei- nen kraͤftigen eindruck in den willen verursachet, so folgen auch bey ihm dieser erkannten wahrheit gemaͤsse thaten. Er kehret also um, und son- dert sich damit von denen undanckbaren gefaͤhr- ten ab, er tritt nunmehro nicht von ferne, sondern K k faͤllt von Theologischen faͤllt JEsu zu fuͤssen, und die feurige zunge wel- che sich zuvor mit einem eyfrigen beten und schrey- en um huͤlfe hatte hoͤren lassen, wird nunmehro getheilet, dem helfenden JEsu, ein bruͤnstiges danckopfer zu bringen. Wundert euch nicht, mei- ne freunde, daß uns der Evangelist zwar das ge- bet der aussaͤtzigen aufgezeichnet, hingegen die worte mit welchen der danckbare Samariter die grossen thaten Gottes gepriesen, nicht aufge- schrieben. GOtt verlanget zwar feurige und ernstliche gebete, aber weil unsere noth endlich und zeitlich ist, so sind wir auch vermoͤgend mit kur- tzen worten selbige dem grossen GOtt fuͤrzutra- gen. Allein die uns von der hoͤchsten goͤttlichen Maiestaͤt erzeigte gnade, ist etwas unendliches und ewiges, und das lob, welches wir dafuͤr schul- dig sind, waͤhret so lange wir leben, biß in die see- lige ewigkeit, ohne aufhoͤren, in unzehlichen wor- ten. Und wie solten wir geschickt seyn die worte, deren sich der arme Samariter zum preise seines leiblichen und geistlichen artztes bedienet, in un- ser gedaͤchtniß zu fassen, da er vielleicht fuͤr in- brunst seines hertzens nicht worte genug, nicht nachdruͤckliche worte genug finden koͤnnen, mit welchen er die ihm erzeigte wohlthat haͤtte ausdruͤ- cken koͤnnen. Denn wer kan die grossen thaten des Herrn ausreden und alle seine loͤbliche wercke prei- sen. Zudem so will der wohlthaͤtige GOtt, daß wir vielmehr in der that und wahrheit, als mit blos- sen worten unsere danckbarkeit bezeugen sollen. Es ist genug, er preisete GOtt mit lauter stim- me, oder geistlichen reden. mel, denn der koͤnige und fuͤrsten geheimnisse soll man verschweigen, aber gottes geheimnisse und wunderthaten soll man oͤffentlich ruͤhmen. JE- sus laͤst sich sein lallen so angenehm seyn, daß er ihm antwortet und spricht, sind ihr nicht zehen rein worden? wo sind aber die neune? hat sich sonst keiner funden der umkehre und gebe GOtt die ehre, denn dieser frembdlinger? stehe auf, gehe heim, dein glaube hat dir geholfen. Ja du gluͤckseeliger Samariter, dein glaube hat dir geholfen, dein glaͤubiges und feuriges gebet hat deinem JEsu das hertz geruͤhret, daß er dich wun- derbarlich geheilet, dein glaͤubiges und inbruͤn- stiges danckopfer, da du GOtt die ehre gegeben, ist die ursach, daß wir dich nicht als einen Sa- mariter, nicht als einen frembdlinger, sondern als einen Christen, als ein muster eines glaͤubi- gen Christen ansehen. Denn eben die feurige zunge, welche wir an dir erblicken in einem bruͤn- stigen dancke, fuͤr die deiner seelen und deinem leibe erzeigten wohlthaten, erblicken wir auch an allen glaͤubigen kindern GOttes. Diese er- kennen ebenfals, was GOtt an ihnen gethan, wenn sie mit Jacob sprechen: Herr wir sind zu ge- ring aller barmhertzigkeit und aller treue, die du an deinen knechten gethan hast. Wie alle ihre tugend aus dem glauben an Christum kommet, so entbrennet auch eben diese erkaͤntniß, aus einem so heiligen feuer, und diese zuͤndet ferner GOtt ein danckopfer nach dem andern in ihrem hertzen an, sie sondern sich auf solche weise ab von dem K k 2 undanck- von Theologoischen undanckbahren haufen der welt-kiuder, sie keh- ren um von dem breiten wege, werfen sich zu JEsu fuͤssen, und treten in seine fußstapfen, daß man von ihnen sagen kan: Es dancket GOtt und lobet dich Das volck in guten thaten, Das land bringt frucht, und bessert sich, Dein wort ist wohl gerathen. Und wie dem Jesaia durch eine gluͤende kohle vom altar, bey seinem grossen gesichte die zunge geruͤh- ret und geheiliget wurde, also wird auch ihre zunge durch den h. Geist im glauben geruͤhret, entzuͤn- det, und geheiliget, daß sie dem HErrn, der uͤber die Seraphinen sitzet, ein dancklied nach dem an- dern anstimmen, daß ihre seele den HErrn erhebt und ihr geist sich freuet ihres heylandes. Biß sie in der seeligen ewigkeit, ihre lob-gesaͤnge mit dem heilig, heilig, heilig, der Cherubim und Sera- phim verstaͤrcken, und also dem Hoͤchsten auf die allervollkommenste art danck opfern, und ihre ge- luͤbde bezahlen. Nun, meine freunde, es ist der goͤttliche befehl: Ruffe mich an in der zeit, so will ich dich erretten, und du solt mich preisen, und wir erblicken diesem zu- folge, an allen glaͤubigen, feurige und zer- theilte zungen, welche eines theils feurig beten, andern theils inbruͤnstig dancken. Gehoͤren wir nun unter die zahl dererienigen, welche ihre lust haben an dem gesetz des HErrn, sind wir glaͤubige Christen, maͤnner GOttes, so sprechen wir billig mit Elia: Es falle feuer vom him- oder geistlichen reden. himmel, und entzuͤnde die erkalteten hertzen, die schweren zungen, welche sich so schwerlich zum gebet und lobe des Allerhoͤchsten bewegen, derer- ienigen, welche aus einer geistlichen unempfind- lichkeit, ihre noth nicht erkennen, und sprechen: Wir sind reich und haben gar satt, und duͤrffen nichts, und wissen nicht, daß sie sind elend iaͤm- merlich blind und bloß. Der barmhertzige va- ter locket uns, wie eine henne ihre kuͤchlein un- ter seine fluͤgel, daß wir glaͤuben sollen, er sey unser rechter vater, und wir seine rechte kinder, auf daß wir getrost und mit rechter zuversicht ihn bitten sollen, wie die lieben kinder ihren lieben vater. Und dennoch sind die menschen so blind und taub, daß sie sich nicht entschliessen koͤnnen, hinzuzutreten mit freudigkeit zu dem gnaden- stuhl, auf daß sie barmhertzigkeit erlangen, und gnade finden, auf die zeit, da ihnen huͤlfe noth seyn moͤchte. Wenn aber der zuchtmeister der truͤbsal kommt, so erinnern sie sich der gnaden- thuͤr, kommen und klopfen an, aber, da sie so lange nicht an GOtt gedacht, und jetzo nur mit den lippen an ihn gedencken, und sich zu ihm na- hen, so bleibet ihnen die gnaden-thuͤre verschlos- sen, und es erschallet die donner-stimme in ihren ohren: Jch habe euch noch nie erkannt, weichet alle von mir, ihr uͤbelthaͤter. Andere bewegen zwar wohl ihre zunge zum gebete, aber das hertz ist nicht dabey, es ist kein feuriges gebet, das in ei- nem zerknirschten bußfertigen hertzen durch den rechten glauben angezuͤndet waͤre. Zuweilen K k 3 heist von Theologischen heist uns die eingefuͤhrte gewohnheit ein gebet- buch ergreiffen, und unsere aͤussere gestalt schei- net einem betenden nicht ungleich, aber das hertz ist mit so vielen schweren eitelkeiten umgeben, daß es sich zu GOtt nicht heben kan, oder wir legen wohl mit dem ergriffenen gebet-buche alle regun- gen der gottesfurcht zugleich von uns. Solte da nicht der Hoͤchste klagen: Dies volck nahet sich zu mir mit seinen lippen, aber ihr hertz ist ferne von mir, vergeblich dienen sie mir, dieweil sie Lehren solche lehre, die nichts denn meuschen- gebote sind. Nadab und Abihu bringen fremd feuer fuͤr dem HErrn, aber das feuer fuhr aus von dem HErrn, und verzehrete sie. Was fuͤr ein feuer-eyfer drohet nicht denenjenigen, welche mit fremden gedancken fuͤr dem HErrn kom- men, mit einem hertzen, das entfremdet ist von dem leben, das aus GOtt ist, welche auf ein fremdes verdienst sich gruͤnden, auch wohl auf ihre selbst-erwehlte heiligkeit trotzen, da doch nur allein Christus spricht, was ihr den Vater bitten werdet in meinem nahmen, das wird er euch ge- ben, und da die Christliche kirche singt: Der mensch ist gottloß und verflucht, Sein heyl ist auch noch ferne, Der trost bey einem menschen sucht, Und nicht bey GOtt dem HErren, Denn wer ihm will ein ander ziel Ohn diesen troͤster stecken, Den wird gar bald, des teuffels gewalt, Mit seiner list erschrecken. Wir oder geistlichen reden. Wir wollen uns von diesem ungluͤckseeligen hauf- fen absondern, meine freunde, zu Christo kommen und mit seinen iuͤngern seufzen: HErr, lehre uns beten, verbinde hertz und zunge in heiliger andacht, im wahren glauben auf dein verdienst, damit wir recht feurig beten moͤgen, damit wir ohne unterlaß beten moͤgen, damit wir als tempel dir lebenslang geheiliget, unsere hertzen als rechte altaͤre, dir ge- faͤllige opfer des gebets bringen moͤgen. Bey solchen umstaͤnden werden wir der sichern hof- nung leben koͤnnen: Es werde unser gebet ia, a- men und erhoͤret seyn, und der HErr werde das opfer unserer lippen ansehen, wie das opfer des ge- rechten Abels, und es von uns gnaͤdig annehmen. Denn wir haben einen GOtt, der da hilft, und ei- nen HErrn HErrn, der vom tode erloͤset, von dem alle gute gaben und alle vollkommene gaben von oben herab kommen, der uns gute gaben, ia den heiligen geist geben will, wann wir ihn dar- um bitten. Auf ihn koͤnnen wir also durch das gebeth in aller noth unser anliegen werfen, und zu ihm schreyen: Abba lieber vater, Kyrie eleison, Christe eleison, JEsu, lieber meister, erbarme dich unser. Das gebet ist der Christen geistli- cher ancker und panacee, darum ruffet uns die gemeine der glaͤubigen zu: Befiehl du deine wege, und was dein hertze kraͤnckt, der allertreu- sten pflege, des, der den himmel lenckt, der wolcken, luft und winden giebt wege, lauf und bahn, der wird auch wege finden, da dein fuß gehen kan. Dem HErren must du trauen, wann dirs soll K k 4 wohl- von Theologischen wohlergehn, auf sein werck must du schauen, wann dein werck soll bestehn, mit sorgen und mit graͤmen, und mit selbst eigner pein, laͤst GOtt ihm gar nichts nehmen, es muß erbeten seyn. Ja du helfer in aller angst, und noth, du liebster Heyland JEsu Christe: So oft ich nur gedenck an dich, all mein gemuͤth erfreuet sich, wann ich mein hofnung stell zu dir, so fuͤhl ich freud und trost in mir. Wann ich in noͤthen bet nnd sing, so wird mein hertz recht guter ding, dein geist bezeugt das solches frey des ewgen lebens vorschmack sey. Und wenn dort, HErr JEsu, wird fuͤr deinem throne auf meinem haupte stehn die ehren-krone, da will ich dir, wenn alles wird wohl klingen, lob und danck singen. Moses kla- get zwar uͤber den undanck der halsstarrigen kin- der Jsrael, wenn er saget: Danckest du also dem HErrn deinem GOtt, du toll und thoͤricht volck, ist er nicht dein vater und dein HErr, ists nicht er allein, der dich gemacht und bereitet hat? Aber ob GOtt will, meine freunde, so soll uns dieser harte vorwurf nicht treffen, wir wollen vielmehr unsere schuldige danck-opfer dem Hoͤchsten brin- gen in der that und in der wahrheit. Jn der that zwar, daß wir der dreyeinigen Maiestaͤt uns gantz und gar zu eigen widmen. Daß auch un- ser hertz in vollkommener liebe erbrenne gegen un- sern naͤchsten, daß wir barmhertzig sind, gleichwie unser vater im himmel gegen uns barmhertzig ist, und daß wir unsern naͤchsten mit bruͤnstiger liebe umfassen, gleichwie JEsus Christus uns geliebet hat oder geistlichen reden. hat bis in den todt, dabey wollen wir nicht auf- hoͤren hier in dieser zeit die grossen thaten GOt- tes zu verkuͤndigen, und zu preisen mit bruͤnstiger zunge, was GOtt an uns gethan, biß wir in der frohen ewigkeit mit allen heiligen und auser- wehlten anstimmen werden: Heilig ist unser GOtt, heilig ist unser GOtt, heilig ist unser GOtt, der HErre Zebaoth, alle lande, ia aller himmel himmel sind seiner ehre voll, Alleluja. §. 10. Ausser denen predigten kommen geistliche reden fuͤr, bey introductionibus, or- dinirungen, trauungen, taufen im beicht- stuhl, in den richter-stuben, bey admonitio- nibus, mit delinquenten, im hause bey krancken, betruͤbten und sterbenden. ꝛc. Zu welchen allen man keine besondere regeln noͤ- thig, da man theils aus den nahmen dieser reden gleich siehet, worauf es ankomme, theils die ailgemeinen regeln der Oratorie dabey hinlaͤnglich. Jm uͤbrigen hat sich der geist- liche redner, bey allen diesem zu huͤten, daß man ihn fuͤr keinen atheisten, naturalisten und irrglaͤubigen frey-geist, oder ketzer halte, aber auch nicht eines aberglaubens, heuchle- rischen papentzenden wesens, ignorantz und grobheit beschuldigen koͤnne. Bey diesen reden haben nur beruffene prediger zu thun, welche meines unteri ichts verhoffent- lich nicht beduͤrfen. Da reden nicht allein prediger, sondern auch die beicht-kinder, welche zwar mit einer kurtzen K k 5 for- von Theologischen formul, als: GOtt sey mir armen suͤnder gnaͤdig, fertig werden koͤnnen, aber denen es doch nicht verboten, auch in etwas laͤnger zu reden. Z. e. Wann einer am sonntag Laͤtare zur beichte gienge, wuͤste ich nicht, ob man ihm verargen koͤnte, wann er sich also beich- tend hoͤren liesse: P. P. Die wunderbare freygebigkeit und mil- digkeit des allerliebsten Heylandes JEsu Christi, welche er nach dem inhalt des mor- genden Evangelii an den leiblich hungrigen erwiesen, erinnert auch meine hungrige seele des brods des lebens, welches mir mein hey- land im abendmahl fuͤrgesetzet, und ich wer- de begierig zusehen und zu schmecken, wie freundlich der HErr sey. Zwar komme ich gleich ienem verlohrnen sohn, welcher seine geistlichen guͤter in Adam verlohren, sich her- nach mit den traͤbern dieser welt gefaͤttiget, und sein Laͤtare in den irrdischen luͤsten gesu- chet, auch nunmehro aller kleider seine suͤnd- liche bloͤsse zu decken sich beraubet siehet. Al- lein ich seufze auch mit ienem verlohrnen sohn: Vater, ich habe gesuͤndiget im himmel und fuͤr dir, ich bin fort nicht werth, daß ich dein kind heisse: Jedoch siehe an das blut und verdienst deines gehorsamsten sohnes, dessen gehorsam biß zum todt am creutz uns die ietzige zeit fuͤr- haͤlt, siehe, wie auch ich mit seinem blute be- sprenget und abgewaschen, und mit seiner ge- rechtigkeit, die ich glaubens-voll ergreife, be- klei- oder geistlichen reden. kleidet. So zweiffele ich denn nicht, es wer- de Mhhr. Pastor auf solche meine bekaͤntniß mich zu dem tisch des HErren fuͤhren, und da- mit ich daselbst wuͤrdig erscheine, an GOttes statt von meinen suͤnden loßsprechen. Jch ge- lobe Jhnen hiemit an, fuͤr GOttes angesicht mit des h. Geistes beystand JEsum hinfuͤhro als meinen HErrn und Koͤnig zu erwehlen, und dessen befehlen in meinem kuͤnftigen leben mich willig und schuldig zu unterwerffen. Am. Hievon ist mir folgendes tractaͤtgen zu handen kommen: Christliche erinnerung von eyd- schweren, darinnen gezeiget wird, was der eyd auf sich babe, ꝛc. von Caspar Melisan- dro D. P. Super. zu Altenburg. Franckfurth und Leipzig. 1722. 12. Dem beygefuͤget 1.) D. Joh. Friedrich Maͤyers hertz-bewegliche warnung fuͤr einem falschen eyd, als ein for- mular denen ungeuͤbten prieftern aus dem Greifswaldischen academischen Consistorio im druck communiciret, welche eine gar pa- thetische admonition in sich fasset. 2.) M. Joh. Christian Loͤsers in Roc h litz warnung fuͤr den meineyd ꝛc. Daraus man sich raths er- holen mag, wenn es etwa einem fehlen sollte. Wer da meint, daß einem geistlichen redner die Oratorie nichts nuͤtze, der versuche es nur mit solchen verbitterten und verwirrten leuten zum theil als delinquenten. Mir deucht, daß man gewiß alle argumenta zu huͤlfe nehmen muͤsse ihnen das hertz weich zu machen. Bey eini- gen thun sanftmuͤthige gelinde liebreiche wor- te das beste, bey andern will mehr schaͤrfe ge- brauchet seyn, wo man da keine erkaͤntniß der mensch- von aͤusserl. umstaͤnden im fuͤrtrage menschlichen gemuͤther und vernuͤnftige bered- samkeit besitzet, wird man wenig gutes aus- richten. Anhang von den aͤusserlichen umstaͤnden im fuͤrtrage dem schreiben und ausreden: Jnhalt. V Om schriftlichen fuͤrtrage und dessen einrich- tung, §. 1. Von der Steganographie, §. 2. Von der orthographie der Lateiner, §. 3. der Teutschen, §. 4. Vom muͤndlichen fuͤrtrage. §. 7. Von der mine und dem air, §. 8. Von denen gestibus, §. 9. Von andern dabey zu observirenden dingen, §. 10. Be- schluß des gantzen wercks, §. 11. §. 1. N Unmehro ist nichts mehr uͤbrig, als daß ich von dem wuͤrcklichen fuͤrtra- ge der rede in schriften und ausreden etwas beybringe. Bey allem schriftlichen fuͤrtrage, ist einmahl dahin zu sehen, daß man leicht und geschwinde seine sachen zu papier bringe, hernach daß man es auch so zu pa- pier bringe, daß andere leute leicht und be- quem unsere worte lesen, und ohne kopfbre- chen heraus bringen, was wir geschrieben haben. Auf beyden seiten muͤssen die re- geln des wohlstandes die Orthographie und beschaffenheit der sache den ausschlag geben. Also laͤst man alle uͤberfluͤßige buchstaben, so viel moͤglich, weg, man kuͤnstelt nicht eben an den dem schreiben und ausreden. den buchstaben, man erspahret, so viel sich thun laͤst, die grossen buchstaben. Jn gewissen faͤl- len, wo man nemlich zu seiner eigenen nachricht schreibt, ist die ταχυγραφία eine besondere ange- nehme kunst, durch abbreviaturen, ziffern, weg- lassung der vocalium, der artickel, und praͤpo- sitionen, ꝛc. zu schreiben, wie man den von Crucigern ruͤhmt, daß er so geschwinde schrei- ben, als andere reden koͤnnen, s. Reimmann III. 85. Hist litt. Morhofs Polyhist. l. IIII. II. 3. Jn der buchdruckerey, welche gewiß vieler verbesserung und beyhuͤlffe brauchte, hat Becher eine erfindung gehabt, so geschwinde zu setzen, als andere schreiben koͤnnen, s. Reim- mann l. c. 218. Also ist es eine uͤble sache, wann die leute eine schlechte hand schreiben, und sich wohl gar mit dem axiomate entschuldigen: Docti male pin- gunt. Dem man leicht ein anderes entgegen setzen kan: Si non vis intelligi, non debes legi. Wann man auch fuͤr andere leute schreibet, ist die ταχυγραφία nicht viel nuͤtze. Zur verstaͤnd- lichkeit hilft sonst der unterscheid der buchsta- ben in ansehung ihrer groͤsse und verschiedenen characteren, am allermeisten aber die interpun- ction, davon oben P. II. cap. 1. und 2. gesagt. Diese geben vieles zu beobachten, z. e. daß man gewisse spatia lasse, nicht zur unzeit abbre- viire, und andere dergleichen dinge, die man besser aus der erfahrung lernet. §. 2. Es ist eine besondere kunst, so zu schreiben, daß nur gewisse personen unsere fchriften lesen koͤnnen, mit welchen wir des- falls ein verstaͤndniß haben, dazu bedienet man sich der buchstaben, der ziffern, verschie- dener von aͤusserl. umstaͤnden im fuͤrtrage dener characteren, und anderer mittel. Doch wie es etwas gefaͤhrliches sich derglei- chen zu bedienen, das leicht verdacht und un- angenehme untersuchung nach sich ziehet, so hat man auch dieser kunst eine andere entge- gen gestellet, welche alles, was so verborgen geschrieben, entdecken kan. Diese heist Steganographia oder Cryptogra- phia, stehe Morhof l. c. 4. Reimmann 1. c. 259. Es gehoͤret ad Philosophiam secretiorem, sonst wolte ich davon mehr worte machen. Dieses ist die Dechifrir-kunst, ars decifratoria, darinn die Engellaͤnder zuweilen grosse meister, siehe angefuͤhrte auctores. §. 3. Die Orthographie hat man am sorg- faͤltigsten zu beobachten, so wohl im Lateini- schen als Teutschen, welches die bey uns uͤb- lichen sprachen, und was die Orthographie betrift, doch am streitigsten sind. Bey iener hat man sich zu bekuͤmmern, um die auctores, welche davon geschrieben, um die buchsta- ben, derselben unterschied in grosse und kleine, cursiv- und stehende, und derselben rechten ge- brauch, daß man keine frembde einbringe, keine auslasse und zusetze, um die sylben, ihre theilung, um die woͤrter, um die zahlen, um die distinctiones, und daß man nicht bald so, bald anders seine schreiberey einrichte, auch sonst, was oben §. 1. erinnert, nicht aus den augen setze. Solche sind beym Hederich in seinen Philolo- gischen wiss. p. 9. erzehlet, siehe auch Stollen I. II. dem schreiben und ausreden. I. II. 27. Morhof l. c. cap. VIIII. 1. Sonder- lich ist Hrn. Hederichs werck hier gar fein zu gebrauchen, und will ich lieber den leser dahin verweisen, als ohne noth, weitlaͤuftig davon handeln, was bey der Lateinischen Orthogra- phie zu bemercken. §. 4. Bey der Teutschen Orthographie hat man ebenfalls die auctores, so davon geschrie- ben, zu mercken, den unterschied der grossen und kleinen buchstaben, der langen und kurtzen, die verdoppelung derselben, daß man nicht uͤberfluͤßige setze, nicht frembde einmische, nicht einen fuͤr den andern ge- brauche, bey den sylben, daß man sie recht theile und zusammen setze, nicht zusammen ziehe, daher eine uͤble aussprache entstehet, bey gantzen woͤrtern, daß man sie, wo sie in die Teutsche construction geflochten werden, auch mit Teutschen buchstaben schreibe, daß man ihre endungen wohl unterscheide, den artickel recht anbringe, den unterschied der woͤrter, die unterschiedene bedeutungen haben, wo moͤglich, auch im schreiben unterscheide, die coniugationes recht formire, n ) die praͤ- positiones mit den rechten casibus verbinde, o ) die distinctiones obseruire, p ) und uͤberhaupt die bequemlichkeit fuͤr dem schreiber und dru- cker, die deutlichkeit und den wohlstand fuͤr den leser, und einerley art der Orthographie, immer fuͤr augen habe. Weil ich mehr Teutsche als Lateinische leser vermuthe, und meine Orthographie vielleicht eini- von aͤusserl. umstaͤnden im fuͤrtrage einigen anstoͤßig scheinen moͤchte, so will diesen §. etwas erlaͤutern. Die auctores, welche von der Teutschen Orthographie regeln gegeben, sind: M. Joh. Claius, von Hertzberg, mit sei- ner Grammatica linguae Germanicae, Lips. 1578. 8. Eisleben, 1604. 8. Jena, 1651. 12. Franckf. 1689. 12. Ein anonymus, der 1630. eine Teutsche sprach-kunst heraus gegeben in 12. Georg Philipp Harsdoͤrfer in specimine Phi- lologiae Germanicae, 1646. 12. Teutschen Se- cretario, der 1654. 8. edirt, und nicht nur von der rechtschreibung im siebenden theile sehr wohl raisonniret, sondern auch in den uͤbrigen 9. thei- len feine briefe, so wohl was die materialia, als formalia betrift, beybringet, und endlich mit einem mysterio steganographico decifratorio be- schliesset, welches letztere gewiß artig ist, und andere schriften, Joh. Rud. Sadeler in der Teut- schen Orthographie und Phraseologie, Basel, 1659. 8. Ein anonymus, der 1676. eine recht- schreibung und wortforschung der Teutschen sprache heraus gegeben: Braunschw. 8. An- dreaͤ Tzschernings unvorgreifliches bedencken wegen der Teutschen schreib- nnd sprach-kunst Luͤbeck 1658. 12. Eiusdem abriß einer Teut- schen schatz-kammer, Luͤbeck 1650 12. Just. George Schottelii Teutsche Grammatick 1641. 8. Braunschweig, und voͤllig ausgefuͤhrt nebst einem Lexico Etymologico und vielen zu- saͤtzen 1663. 4. Joh. Bellins Syntaxis praeposi- tionum Teut. Luͤbeck. 1661. Hoch-Teutsche Rechtschreibung Eiusdem, Nuͤrnberg 1637. Sam Butschky Cantzeley, 1660. Zeitz Sieg- mund von Bircken Teutsche Red- und Ticht- kunst, 1679. 12. Caspar Stielers oder des Spaten Teutscher sprach-schatz und Grammati- ca, Nuͤrnberg, 1691. 4 Philipp von Zesen linguae Teutonicae orthographia, El. Schnee- gassens dem schreiben und ausreden. gassens Teutsche Grammatick. Franckf- 1660. 8. Christian Gveintzii des ordnenden Teutsche Rechtschreibung, 1662. 12. und zuerst 1645. Morhofs unterricht von der Teutschen sprache und poesie, Kiel 1682. 8. Luͤbeck und Franckf. 1700. 8. George Liebens Teutsches Woͤrter- buͤchlein und Rechtschreibung, Freyberg 690. 8. M. Joh. Jacob Langiahrs anleitung zur T eut- schen sprache. Eißleben 1697. Omeis in der gruͤndlichen Anleitung zur Teutschen Reim- und Ticht-kunst, fuͤhrt p. 299. die Orthographie an, wie sich der loͤbliche Pegnesische Orden dar- uͤber verglichen Die fruͤcht-bringende gesell- schaft, die Teutsch-gesinnte genossenschaft und andere gesellschaften haben sich gleichermassen hier signalistret. Jo Boͤdickers grund-saͤtze der Teutschen sprache, Berlin 1690. und 1708. 8. M. Conrad Dunckelbergs noͤthiger Schul- zeiger zu der Orthographie, 1701. und 1710. 8. Nordhausen. Talander in der gruͤndlichen ein- leitung zu Teutschen briefen. Hieronymi Frey- ers anweisung zur Teutschen Orthographie 1712. 8. Halle. Eines anonymi kunst Teutsch zu schreiben, Chemnitz 1711. 8. M. H. anleitung zur Teutschen Orthographie. Dreßden 1713. 8. Justin Toͤllners deutlicher unterricht von der Teutschen Orthographie. Halle, 1718. 8. Joh. Leonhard Frischens entwurf eines Teutschen Lexici, und seine edition von Jo. Boͤdickers grundsaͤtzen. 8. 1723. Berlin. Hederichs P hi- lolog. wiss. p. 68. sqq. Eines anonymi Ortho- graphie. Dreßden 1709 8. conf. Stollen I. II. 45. Morhofs Polyh. I. IIII. IIII 7. und andere Doch uͤbertrift immer einer den andern, und wann ich Boͤdickern, Morhof, Talandern und Hederichen habe, kan ich der andern leicht entrathen. L l b ) Hier- von aͤusserl. umstaͤnden im fuͤrtrage Hiezu gede ich ohnmaßgeblich folgende regeln: 1) Alle nomina propria mit ihren davon abstam- menden woͤrtern, muͤssen mit grossen anfangs- buchstaben geschrieben werden, z. e. Leipzig, Meißnisch. 2.) Desgleichen alle nahmen der disciplinen, Facultaͤten, und freyen kuͤnste, z. e. Theologie, Musicalisch, Historisch 3) Ferner aller anfangs-buchstabe eines periodi, einer re- de, eines verses, eines worts oder vorworts, das eine nebenidee der ehre hat, welche auszudru- cken man fuͤr gut und noͤthig haͤlt. 4.) Hinge- gen sind uͤberall, sonst kleine buchstaben zuge- brauchen. Jch weiß wohl daß viele lieber alle substantiva mit grossen anfangs-buchsiaben schreiben, und sprechen man erhalte dadurch eine deutlichkeit und beuge vieler ambiguitaͤt fuͤr- allein warum schreibt man denn nicht im Grie- chischen, Lateinischen, Frantzoͤschen, alle sub- stantiva groß, da doch eben diese raison statt fin- den koͤnte? Zudem habe ich schon fast den staͤrck- sten gebrauch, der neusten schriften fuͤr mir, als viele bibeln, die buͤcher welche bey accuraten buchfuͤhrern, z. e. Thomas Fritschen in Leipzig, ꝛc. herauskommen, zugeschweigen, daß die com- moditaͤt im schreiben und druͤcken, und die regeln einer guten unterscheidung solches schlechter- dings fodern. Nach den colis und dem frag- und ausruffungs-zeichen, ist es indifferent. Ein vocalis wird lang, einmahl durch die ver- doppelung, hernach durch hinzuthuung eines h, und kurtz, durch die zweyfachen gleich darauf folgenden consonantes; bey diesen muß die be- quemlichkeit im schreiben, die deutlichkeit, und der gelehrte gebrauch den ausspruch thun, z. e, Die baabe, ich habe, der staat/ die stadt, an statt, thaten, reden, geredt, kuͤhn/ kuͤmmer- niß, ist recht geschrieben. ꝛc. d ) Oh- dem schreiben und ausreden. Ohne der distinction zu helfen und dem gelehr- ten gebrauch nachzugeben, muß kein buchstabe verdoppelt werden: z. e. die gaabe, ist falscht muß heissen: die gabe: Der schlaf, somnus, nich der schlaaf, oder: der schlaff ein anders ist schlaff schlapp. laxus, ferner: Des schlafes’ nicht: des schlaffes. ꝛc. Z. e. Darumb, kuͤnfftig, pfuel, der hoff, see- genen, schoͤnester, leidlichen, studieren, bergk, brodt, mier, dihr, an statt: Darum kuͤnftig, pful, der hof, segnen, schoͤnster, leidlich, studi- ren, berg, brod, mir, dir, ꝛc. Nemlich aus fremden sprachen, z. e. χryso- stomus, φilosoφus, aber eben so uͤbel ist es, wann man schreibet: Studir en, Competen ten, an statt: studiren, competenten, und die vo- ces hybridae schicken sich so wenig im Teutschen als andern sprachen. Wie wuͤrde das lassen, wann man im Lateinis. schriebe: φιλοσο phus, βιβλι- ϑη ca, λυχ nus, \&c oder im Frantzoͤischen δια- λο gue, διαλεκ ticien \&c. Warum soll denn unse- re Teutsche schreiberey, fuͤr allen andern spra- chen, die ehre haben, so scheckigt auszusehen? Hier muß man sich nach den gebrauch der mei- sten gelehrten richten und nach der bequemlich- keit schreiben und aussorechen, ingleichen nach der Grammaticalischen veraͤnderung der woͤr- ter, z. e. fuͤrurtheil, sezzen, sezen, schikken, wax, eydechs, Zi ero, Babst, papst, foͤnix, kwaal, willich, tahten, muth, erkaͤnntnis, erkaͤnt- niss, erkaͤnntnis, koͤnte vielleicht entschuldiget werden, aber angefuͤhrte raisons wollen, daß man schreihe: vorurtheil, setzen schicken, wachs, eydex, Cicero, pabst, Phoͤnix, qual, willig, thaten, muth, erkaͤnntniß, ꝛc. Dabey ist auf den gebrauch, und die deutlich- keit zu sehen, insonderheit aber bey der theilung L l 2 der von aͤusserl. umstaͤnden im fuͤrtrage der sylben, daß ich nicht theile: fromm en, hertz- en, lachen, Christen, sondern: from-men, her-tzen, la-chen, Chri-sten. ꝛc. Hier werde ich vielleicht wiederspruch finden, doch sage ich, salua dissentientium auctoritate, man habe raison, so viel nur immer die commo- ditaͤt des lesers erlaubt, von frembden buchsta- ben und woͤrtern sich zu enthalten. Hernach muͤsse man die worte, welche das buͤrgerrecht in der Teutschen sprache erhalten, billich Teutsch schreiben. Ferner alle kunstwoͤrter, alle nomina propria, alle woͤrter die Teutsche endungen be- kommen, und alle diejenigen, welche ein Teut- scher leser, leichter in seiner mutter sprache ge- schrieben lesen und verstehen koͤnne, als in einer andern. Daß ich recht habe, solches bewegt mich zu glauben, die Orthographie der bibel, wel- che Hebraͤische und Lateinische woͤrter in Teut- schen buchstaben zeiget, die Orthographie der zei- tungen, der gesangbuͤcher, der besten Teutschen schriften die von den correctesten buchfuͤhrern verlegt, und die grundregeln aller schreiberey, daß von der mode in andern sprachen, die alles mit ihren buchstaben schreiben, (ausser gantze alle- gata) nichts gedencke. Daß man nemlich recht declinire, und auch die Lateinischen nomina propria, dawieder mehr als zu sehr gehandelt wird. Welcher oft zusammengezogen wird, mit der vorhergehenden praͤposition und dem solgenden worte z. e. zum andern fuͤr: zu dem andern: oder zu gutem gluͤck, fuͤr: Zu dem guten gluͤck. Einen catalo g um derselben siehe beym Hede- rich l. c. p. 89. sqq. n. o. p. ) Sieben angefuͤhrten Hederich I. c. p. 104. III. 114. o ben P. II. cap 2. §. 10 Ubrigens will ich niemand seiner schreiberey wegen verketzern, denn dem schreiben und ausreden. denn hier statuiren wir weder pabst noch symbo- lische buͤcher, man wird mir auch meine freyheit zu glauben nicht nehmen, solte ich aber wieder meine eigene lehrsaͤtze iezuweilen gesündiget ha- ben, so muß man bedencken, daß der beste schrei- ber manchmahl sich irre, und daß ich kein buch- drucker sey, oder eine eigene buchdruckerey fuͤh- re, daß endlich der stilus dogmaticus hierinn einige freyheit habe. §. 5. Bey dem muͤndlichen fuͤrtrage hat man zu sehen, auf eine bequeme und der sache gemaͤsse ausrede, auf eine gute disposition des gesichts, auf die bewegungen des leibes nach den affecten, und nach den argumenten, auf die regeln des wohlstandes, die beschaffenheit des zuhoͤrers und anderer umstaͤnde, welche alle miteinander, die ohnedem kraͤftige bered- samkeit des leibes vollkommen machen, und von allen unanstaͤndigkeiten abhalten. Hiezu dienen Conrart, den ich oben in der vorbe- reit. § 9. angefuͤhret und darunter, wo ich nicht irre, Michael le Faucheur verborgen ist. Fran- tzii Specimen eloquentiae exterioris, Amsterdam, 1697. 8. Grossers anleitungzu leichen- und hochzeit-reden. Kemmerich loc. cit. pag. 1060. Quinctilianus Lib. XI. Voßius in Rhetori- ca contracta Lib. V. cap. VIII. VIIII. Wenn diese Umstaͤnde recht observiret werden, ge- ben sie der rede das rechte leben, deßwegen De- mosthenes, das gantze wesen der beredsamkeit, darinn zu suchen meinte. Capistranus konte auch, bloß mit diesem exterieur, die leute zum weinen bewegen. Frantzius nnd Mayer fuͤhr- ten ihre lehrlinge daher vor den spiegel, sol- ches recht zu lernen. Und was hat man da- L l 3 durch von aͤusserl. unstaͤnden im fuͤrtrage durch nicht fuͤr unruhe in der welt angerichtet, sonderlich in democratischen republicken wenn sich unbedachtsame redner dieses mittels bedie- net, ohne die uͤbien folgerungen dabey zu beden- cken. §. 6. Damit man hier desto gluͤcklicher fort- kommen moͤge, ist es noͤthig, alles was man fuͤrbingen will, in einem fertigen gedaͤchtnis zu haben. Dazu sind die sogenannten mnemoni- schen kuͤnste die schlechtesten mittel, und ma- chen den redner mehr zu einer redenden statue, als vernuͤnftigen und klugen redner. Hin- gegen ist es besser, wenn man bey reden im gemeinen leben nichts ohne uͤberlegung fuͤr- bringet, und in oͤffentlichen declamationi- bus ein ordentliches systema seiner gedancken, nach einer iudicioͤsen disposition, im kopfe hat, und bey der ausrede mehr auf die gedancken, als worte dencken darf, als welche man durch eine gute uͤbung, leicht und wohl ex tempore setzen lernet. Dabey muß eine freymuͤthige und aufgeweckte conversation das beste thun. Hier sind die rednergesellschaften ein fuͤrtrefli- ches mittel, da man nur die ersten drey reden et- wan, feste und wohl auswendig lernen darf und zwar von wort zu wort, bey denen nachfolgen- den wird man schon einige erleichterung, betref- fend die setzung der worte spuͤhren, und bey fort- gesetzter uͤbung nicht in gefahr lauffen mit vie- len geburts schmertzen und aͤngstlichen mit-ar- beiten des auditorii, seine sachen zu marckte zu bringen, oder wohl gar daruͤber zu ersticken zu verstummen und beschaͤmt abzuziehen. Jch habe dem schreiben und ausreden. habe in diesem stuͤck dem ehmaligen Prof. Eloqu. in Helmstaͤdt Hln D. Boͤhmer und dem Hln D. Schmiden in Leipzig viele verbindlichkeit, da beyde als meine Hochgeehrtesten Lehrer, iener in einer Societate parentatoria, dieser in der obener- wehnten Societate oratoria mir deßfalls die schoͤn- ste gelegenheit zur uͤbung gegeben. Dieienigen welche ihre reden herlesen, duͤrfen ihres ge- daͤchtnisses wegen in keiner gefahr stehen, aber es faͤllt auch sonst viel annehmlichkeit dabey weg. §. 7. Bey der sprache muß man zwischen der geschwindigkeit und langsamkeit, zwischen der staͤrcke und schwaͤche, zwischen der erhebung und erniedrigung derselben, allezeit die mittel- strasse halten, damit man nach belieben diesel- be veraͤndern koͤnne, in keine verdrießliche mo- notonie falle, kein graͤßliches geschrey und ler- men, dabey die stimme uͤberschnappt, mache, nicht pfeiffe oder bruͤlle, und unversehens von einem extremo ins andere gerathe, sondern ohne zwang die argumenta, zumahl die pathe- tica, wo die rechte neben-idee des affects ist, durch den accent wohl unterscheiden moͤge. Jn gesellschaft und in reden gegen hoͤhere, muß die stimme, so viel sich thun laͤst, moderiret werden. Z. e. ein gewisser prediger hatte auf der schule im chor, durch die fistel den discant gesungen, nachdem er ins amt gekommen redete er ordent- lich den baß, aber in predigten wechselte baß und und discant gar seltsam miteinander ah. Also wann man gantz gelinde geredet hat, und faͤhret aus einmahl mit grossem geschrey und gepolter L l 4 her- von aͤusserl. umstaͤnden im fuͤrtrage heraus, solches ist gewiß sehr unangenehm, und man wird von keiner noth dazu gezwungen. Dieses ist das groͤste kunst-stuͤck der ausrede, daß man den accent recht zu setzen, und den ausdruck am gehoͤrigen ort emphatisch zu machen wisse. Z. e. in dem spruch: Rommt her zu mir, alle die ihr muͤhseelig und beladen seyd, steckt der groͤste nachdruck in den woͤrtern mir und ich, wer ihn da nicht durch den accent erhoͤhet, re- det ihn nicht recht aus. Hingegen bey den allegationibus z. e. der biblischen spruͤche, ist kein nachdruck durch den accent anzudeuten, und wer das capitel und den verß mit einer noch so pathetischen ausrede beehrete, wuͤrde damit nichts kluges ausrichten. Da ist es recht unan- genehm, wann man in der ausrede einen confu- sen accent fuͤhret. §. 8. Das gesicht muß von dem inwendi- gen affect des redners am meisten zeugen, da- mit auch der zuhoͤrer gemuͤth, welche dem red- ner gemeiniglich ins gesicht sehen, dadurch ge- ruͤhret werde. Man muß also seine augen so wenden, daß nichts flatterhaftiges noch starres darinn wahrgenommen werde, und doch ein ieder von den zuhoͤrern sagen koͤnne, daß man ihn angesehen, und also mit ihm geredet habe. Die mine, welche man mehrentheils von natur hat, muß durch ein ungezwungenes air, nach beschaffenheit des obiecti, eingerichtet werden, und von einer freymuͤthigen sittsamkeit zeugen. §. 9. Die bewegungen der haͤnde und fuͤs- se, ja des gantzen leibes, muͤssen sich nach be- schaffenheit der sache und der statur des red- ners dem schreiben und ausreden. ners richten, und man muß wissen unter einem theatralischen aufzuge, einer pathetischen rede und stillen familiàren discours einen unter- scheid zu machen. Denn das schlagen mit den haͤnden, das stampfen mit den fuͤssen, und wenn man fragen kan, wie viel schritte der red- ner peroriret, ist bey oͤffentlichen reden eben so wenig nutze, als wenn man in allen gesellschaf- ten peroriren wolte. Uberhaupt muß man sich hier die muster vernuͤnftiger leute fuͤrstel- len, und ihnen das angenehme, wodurch sie so wohl in oͤffentlichen reden, als familiaͤren di- scoursen und complimenten, die hertzen der zu- hoͤrer an sich ziehen, und welches in weitlaͤuf- tige regeln zu fassen, viel muͤhe, wenig nutzen haben wuͤrde, abzulernen suchen. Alles laͤst sich mit denen gestibus unmoͤglich ex- primiren, weil man oft in laͤcherliche und abiecte dinge verfallen wuͤrde, es ist aber auch nicht noͤ- thig, und man kan zur noth eher der sorge, we- gen der bewegungen der haͤnde und fuͤsse, ent- behren, als der bewegung der stimme, und des gehoͤrigen nachdrucks in dem accent. Jn ge- sellschaft und gegen hoͤhere, muß vollends die bewegung modest seyn. §. 10. Sonst muß man bey dem fuͤrtrag sei- ner gedancken, durch ausreden allezeit ein gesetz- tes gemuͤthe zeigen, sich dannenheꝛo die moͤglich- keiten in etwas fuͤrstellen, welche einen etwa er- schrecken, verwirren und distrahiren koͤnten, und sich einiger maßen darwieder gefast machen. L l 5 Man von aͤsserl. umstaͤnden im fuͤrtrage darf auch die regeln des wohlstandes und einer guten conduite dabey nicht eben aus den augen setzen, da es ausgemacht ist, daß die heutige welt mehr die schalen als den kern, mehr den aͤusser- lichen glantz als den iñerlichen werth beobach- te, und auch wohl diesen nach ienen beurtheile. §. 11. Und dieses waͤre also, was zu einer gelehrten und galanten beredsamkeit zu wissen noͤthig. Was dabey versehen, wird die zeit bessern, was daran fehlet, wird ein reiffes nach- sinnen ersetzen, und was daran gutes ist, wird eine fleißige uͤbung vollkommen machen, da die beredsamkeit zu denenjenigen wissenschaf- ten gehoͤret, welche nicht in einer uͤbersteigen- den betrachtung, sondern vernuͤnftigen ausuͤbung bestehen. Register Register der nahmen. A. Abel. 330 . Abschatz. 18 . Agricola, Rudolph. 43 . 83 . Agrippa. 45 . Alciatus. 143 . Alexander ab Alexandro. 144 . Alstedius. 190 . 336 . 43 . Aluarus. 190 . Amantius. 87 . Ambianus. 190 . Ambrosius. 493 . Ammianus 144 . Anonymi von der Teutschen Orthographie. 528 . 529 . Apianus. 87 . Aquitanicus Prosper. 88 . Aramena. 19 . Aresius. 143 . Aretinus. 238 . Aristoteles. 17 . 43 . 44 . 99 . Arnd. 25 . Arnhemius. 143 . Arnold Christoph. 190 . 211 . 336 . Augustinus. 493 . B. Baier Jo. Wilhelm. 493 Balbinus. 44 . 143 . Baldus. 369 . Balzac. 26 . 28 . 278 . 334 . Barba- Register der nahmen. Barbarinus. 143 . Barthius Ctus. 78 . 311 . Bary Renatus. 160 . 161 . Baudius. 170 . Baxter 28 . Becherus, 43 . 60 . 525 . Becmannus. 184 . 336 . Bellegarde. 12 . Bellin. 528 . Bentiuoglio. 239 . Berger. 479 . Bergen. 87 . Bernecker, vom ansehen der prediger, 493 . Bernhardus. §. 111 . 493 . Besser. 8 . 154 . 155 . 261 . 302 . 319 . Beza. 143 . Biragius 87 . Bircken, Sigm. von. 528 . B l ondel 145 Bocatius. 144 . Boccalini 331 Boͤcklerus. 171 . 336 Boͤhmer. 18 . 19 . 30 . 87 . 457 . 535 Boͤdiker, 25 . 152 29 Bohse, D August, siehe Talander. Boethius, 43 . Boileau, 26 . 234 . 278 . 331 . Boissardus, 88 . 143 . Boldonus. 143 Borghesius. 143 Bornitzius. 143 Bossuet. 26 Bouhours, 28 . 234 . 315 Bourdaloue, 26 Boxhornius. 143 . Boyle. 28 Braß icanus. 83 Breckels Register der nahmen. Breckels, Theod. a 493 Brunus. 43 . 45 . Brun, Laurentius. 135 Carl. 135 Bryere, 12 . Buchner. 19 . 168 . 343 . Buchlerus. 190 Bucholdianus. 43 Buddeus, J. F. 11 . 12 . 147 . 148 . Burgalius. 143 Burmannus. 235 Buͤßing. 87 Butschky. 528 Buxtorff. 87 C. Cabinet-prediger. 316 Calixtus. 493 Calovius, 493 Caluoer, 87 Camerarius. 85 . 143 Canitz, 18 . 23 . 238 Cardanus. 43 . 60 Carductius, 143 Carneades. 272 Carneval, verdecktes und entdecktes. 330 Carpzouii, Joh. Bened. 493 Cassandre. 17 Cast e lli. 151 Caußinus. 43 . 143 . 336 Cellarius, 19 . 151 . 313 . 336 . 343 Chambre, la 369 Chauvinus. 177 Chrysippus. 94 Chrysologus, Petrus 493 Chrysostomus, 114 , 493 Chytraͤus, 88 Cicero, 2 . 10 . 17 . 15 . 43 . 44 . 168 . 184 . 186 . 192 . 211 . 238 . 261 . 278 . 343 . Cla- Register der nahmen. Claius, M. Jo. von Hertzberg. 528 Claramontius. 369 Clarmundus. 26 Clarckius. 190 Clenardus. 152 Clericus. 3 . 15 . 118 . 176 . 184 . 278 . Clodius. 156 Coelius. 170 Conrart. 9 . 26 . 533 Cordesius. 143 Cornelius Nepos. 238 . 314 Cramer. 153 Cresollius. 43 . 369 Crocins, Jo. 493 Crucius. 343 Cunaeus. 169 . 143 Curtius. 16 . 174 . 234 . 278 D. Dannhauer. 431 . 493 Dantz. 151 Dassouius. 87 Dattus. 190 Del-Rio. 60 Demosthenes. 17 . 15 . 170 . 192 Dexel. 143 Dietericus. 87 . 323 Dillherus. 190 Diodorus. Siculus 314 Diogenes. 271 Dionys. Halicarnass. 314 Dippel. 6 Drusius. 83 Dunckelberg. 529 E. Ebinus. 144 Eckard Joh. Georg. 152 . Eckard. 311 Einleitung zur Roͤmisch-Teutschen Historie 19 Eras- Register der nahmen. Erasmus. 44 . 83 . 331 . 358 Ernst. 85 Erpenius. 83 . Faber, 152 F. Fabrettus. 87 Fabricius, Joh. Alb. 336 . 87 . Joh. 353 Facciolati. 3 Falconerius. 88 Fasoldus. 143 Faucher 533 . Fenelon. 26 . 262 Fendt. 87 Ferrus. 14 Fletwo 87 Flechier. 26 . 278 Florus. 168 Fontanini. 29 Francisci. 18 . 19 . 85 . 86 . 204 . 34 Frantzius. 533 Frene du 87 Frey, Jan. Caecil. 43 . Freyer. 529 Freytag. 280 Frisius. 87 Frisch. 153 . 529 Froschmaͤuseler. 529 . 334 Fuͤrst. 87 G. Gaͤrtner. 87 Gausenius. 493 Geißler. 143 Gelehrten Lexicon. 22 , 23 ꝛc. Gellius. 4 , 80 Gerhard. 25 , 238 Geyer. 18 , 23 , 87 , 238 Gibert. 15 Glafey. 311 Glaßius. 152 Goͤbel Register der nahmen. Goͤbel, Sebastian 493 Goͤtze, Georg. 493 Golau. 87 Goldastus. 87 Golzius. 87 Gothofredus, Dionysius. 78 Goueanus. 44 Goulartius. 83 , 85 Grabius de concionibus artificialibus. 493 Gracian. 10 , 12 , 29 , 129 , 313 , 353 , 365 Graeuius. 87 , 235 Granatensis. Ludov. 44 Greiffenhahn. 151 Gretser. 317 Gribelius. 87 Gribner. 78 Grischow 147 , 148 , 151 Grosser 200 . 314 , 336 , 344 , 533 Grotius. 88 Grundmann. 85 Gruterus. 87 , 170 Gryphius, Andr. 18 , 23 , 278 Christian. 18 , 23 Guarini. 262 Gueintzius. 529 Gueuarra 386 Guͤnther, Owenus 43 Joh. 493 H, Hall, Joseph. 28 Hamilton. 200 , 278 , 315 , 330 Hantsch 431 Happelius. 25 Harapollines. 144 Hardt, von der. 5 , 151 Harsdoͤrffer. 19 , 143 , 155 , 85 , 528 Hartung. 85 Hederich Register der nahmen. Hederich 13 , 15 , 44 , 58 , 152 , 157 , 190 , 527 , 358 , 372 , ꝛc. Heineccius, Jo. Gottl. 13 , 209 , 345 , ꝛc. Helmont 147 Henningius 143 Hermann 87 Hermogenes 234 Hesiodus 262 Hesius 143 Heumann 18 . 370 Higynus 144 Hildebrand 87 Hoͤppinus 87 Hofmannswaldau 18 . 23 . 24 . 88 . 154 . 155 . 168 . 234 . 261 . 344 . 345 Homerus 278 . 283 . 334 Horatius 154 . 168 . 330 . 214 . Hornius, Caspar Henr. 78 Jmmanuel 493 Hottingerus 87 Huartus 369 Huͤbner, Jo. 18 . 19 . 49 . 55 . 314 . 336 M. A. N. 355 Hugues 372 Huͤlsemann 493 Hunold 20 Hyperius, Andr. Gerh. 493 J. Jenichen, Lic. 118 M. Joh. 355 Jnes ab 88 Job, Syndic. 314 Jouius. 143 . Julius Caesar 238 . 314 . 337 Juncker 25 . 415 Junius 83 . 143 Justinus 314 . 262 M m Juvena- Register der nahmen. Juvenalis 117 . 330 K. Kapp 334 , 343 Keckermannus 43 Kemmerich 200 , 209 , 210 , 224 , 278 , 311 . ꝛc. Kippingius 87 Kirchmannus 87 Kircher 43 , 144 Kirchmayer 211 Kitschius 143 Klaius 155 Knittel 43 Koͤnigsdorff 18 , 22 , 279 , 338 . Koͤnig 493 L. Labbaeus 87 , 143 Lagnerius 86 Lami 26 , 41 , 330 , 343 , 352 , 353 , 372 , 121 , 135 , 142 , 147 , ꝛc. Lampadius 87 Lange, Joseph 83 D. Joachim. 336 D. Gottfriedt 18 , 58 , 82 , 85 , 86 , 113 , 134 , 163 , 190 , 200 , 372 , 214 , 261 , 316 , 410 , 433 . Langjahr. 529 . Lassenius 25 Laurettus 86 Lauxmin 372 Lazarellus 87 Leibnitz 44 Leo M. 493 Leopoldi Leben 314 Leti 331 Lettres galantes \& historiques 432 , 27 Leyser 25 Liebe 87 Liebe, Georg. 529 . Lilienthal 82 , 126 Limnae- Regiter der nahmen. Limnaeus 143 Lipsius 5 , 170 , 171 Liuius 16 , 168 , 331 , 332 , 337 Lockmann 30 , 83 Loescher 152 , 493 Lohenstein 18 , 19 , 29 , 88 , 90 , 155 , 221 , 233 , 234 278 , 331 , 333 Longinus 27 , 234 , 278 Longolius 49 Loredano 262 . 334 Lotichius 332 Lucanus 24 Lucianus 4 , 330 Ludwig M. 152 D. Gottfried 372 , 25 Lullus 43 Lundius 87 Luͤnig 25 . 343 . 344 . 417 . 466 . 467 Lutherus 269 , 495 Luͤtkemann 25 Lycosthenes 83 . 86 M. Magirus 83 Maior 87 Maͤnnling 24 . 189 . 372 Manutius 87 Marini 278 Martialis 88 Martini Cornelius 317 Masenius 43 . 315 . 87 . 143 . 315 . 336 Matthiae 85 Maximus, Episc. Reg. 493 Episc Taur. 493 Maͤyer, Joh. Fried. D. 18 . 24 . 278 . 493 , 533 . Mazochius, 88 . Meibomius 87 Meister 88 Melissantes 87 M m 2 Me- Register der nahmen. Menantes 18 . 20 . 209 . 238 . 311 . 340 . 350 . 416 . 410 . 415 Mencke, Joh Burch. 12 . 39 . 88 . 126 . 152 . 156 Luͤder 78 Menetrier 143 Menudier 153 . Mercurialis, Joh. 369 Middelburg, Euerhard von 78 Minsicht 85 Mirandula, Jo. Fr. Picus 60 Moliere 331 , 344 Mollerus 86 Monas 144 Montenar a, 143 Morhoff 3 . 15 . 44 . 173 . 315 . 333 529 . ꝛc. Motte de la 238 Muͤller, Gottfr. Polyc. 3 . 4 . 20 . 22 . 18 . 211 . 214 . 370 . 372 D Aug. Fridr. 3 . 11 . 12 . 32 . 313 . 365 Heinrich 18 . 24 . 316 Muͤhlpfoͤrt. 154 . Muͤretus 165 . 343 . 345 . N. Nehring 85 Neubusius 169 369 Neukirch Beniamin. 18 . 24 . 261 . 350 . 415 . Neumarck 18 . 24 . 261 . 344 . Neumeister 25 . 155 . Nouarinus. 83 O. Oldendorv. 78 Olearius Jo. 25 . 493 . Observat. Hall. 42 . Octauia. 19 . Ogerius Simon 143 Omeis Magnus Daniel 143 . 144 . 529 . Opiz 25 . 238 . Orus 144 Ouidius 168 . 238 . Owens Register der nahmen. Owenus 88 P. Paͤanius. 238 Pallas. 88 Panuinius. 88 Paradinus. 143 Pareus. 190 Patin. 87 . Paulinus. 143 Pays. 26 . 238 . Pererius 144 Perizonius 493 Petit le, 321 Petronius 168 . 330 Pfeiffer 87 . 152 ‒ ‒ Jo. Gottlob. 493 Phaedrus. 168 Philander von der linde 154 . 261 . 330 Philotheus 143 Picinellus. 143 Pierius 143 Pignorius. 88 Pipping. 23 Placcius. 44 . 134 Platina. 29 Plautus. 170 . 238 . Plinius. 17 . 262 . 278 . 316 . 343 . Plutarchus. 238 Polidorus 87 Polnaenus 144 Pomey 44 Ponatus 150 Pritius 18 . 24 . 19 238 . 344 Prosper Aquitanicus. 88 Pufendorff 314 . 363 . Q. Quenstaͤdt 87 Quin- M m 3 Register der nahmen. Quinctilianus 2 . 3 . 8 . 16 . 17 . 18 . 43 . 44 . 80 . 168 . 175 . 184 . 234 . 261 . 343 . 369 . 533 . R. Rabner 261 . 336 Rabus Paulus 22 Rabutin. 26 Radau 44 Raͤdlein. 153 . 419 Ramus. 43 Rapicius. 211 Rapin. 15 . 26 . 27 Rauisius. 144 Rechenberg. 17 Reden gosser Herren und fuͤrnehmster Minister. 19 . 261 . 238 . 344 . 466 . Redtelius 144 Reimmann. 9 . 15 . 16 . 19 . 22 . 26 . 45 . ꝛc. Reinesius 87 Reusnerus. 143 Reyherus 190 Richter. 25 Richelet 153 Ricobonus 2 Riemberg. 18 Riemer. 25 . 119 : 316 Riva 144 Rittershufius. 143 Riuinus. Quintus septim. 479 ‒ ‒ Tilemann Andreas. 493 ‒ ‒ Jo. Florens. 78 . 311 . Roͤserus 143 Rohr. 12 . 311 . Rollenhagen 334 Rosinus 87 Rother. 311 Rothmahler. 2 5 Rubeu s 88 Ruͤdiger Register der nahmen. Ruͤdiger. 3 . 4 . 8 . 9 . 11 . 12 . 34 . 42 . 49 . 59 . 72 . 79 . 80 92 . 93 . 94 . 104 . 129 . 151 . 157 . 158 . 160 . 178 . 261 . 368 . Rufo Juan 114 Ruscellus 143 S. Saauedra. 143 Sabinus. 114 Sadeler Joh. Rudolph. 25 . 528 Sagittarius 87 Sallustius 168 . 314 Sambucus. 143 Sanctius 152 . 336 Sandaeus. 144 Sanden von. 144 Sarbieuius. 88 Saubertus. 143 Sautelius. 88 . S capula 152 Scarius. 211 Scarron 334 Scioppius. 190 . 314 Schacher. 479 Schaeuius 144 Schefferus 171 . 331 . 336 . 355 . 200 . 314 Scheffer. 143 Schiebel. 85 . 143 Schichsaadi. 30 Schlesiens fliegende Bibliotheck. 19 Schmidius. Jo. A. 11 . 493 ‒ ‒ Trasmus. 190 . 149 . 152 ‒ ‒ Joh. 262 . 280 . 535 ‒ ‒ Joh. Argentor. 493 Schnegassen El. 528 Schottelius. 25 . 528 Schreuelius 152 Schrader. 211 M m 4 Schroͤter. Register der nahmen. Schroͤter 24 . 134 Schubart. 211 Schuppius. 19 . 25 . 26 . 126 . Schurtzfleisch C. S. 19 . 26 . 313 . 343 H. L. 234 Schwartz Jo. Conrad. 336 Schwendendoͤrffer. 479 Scriver. 25 . 28 . 144 Scuderi 26 . 27 Seckendorff. 18 . 344 . 493 Seldenus. 323 Seneca. 17 . 80 . 154 . 211 . 261 . 273 . 278 . 316 Sennertus. 87 Seumius. 143 Silentiarius. 88 Simon Richard. 152 Smetius 88 Snellius. 87 Sonthom. 28 Sophocles. 278 Spanhemius. 87 Spate siehe Stieler Spener. 25 . 87 . 238 Starckius 200 . 336 Statius Achilles. 44 Stepnerus. 87 Stieler Caspar. 152 . 528 Stolle. 12 . ꝛc. Stock. 153 Strauch. 87 Stryck 311 . Sturmius. 316 Syluius. 190 Syncreuius. 143 T. Tacitus. 108 . 110 . 111 . 168 . 170 . 316 Taegius. 143 Talander. Register der nahmen. Talander. 18 . 22 . 19 . 238 . 350 . 410 . 529 Tasso. 278 Taurellus. 143 Telemaque par Fenelon. 262 Tenzel. 87 Terentius. 127 . 238 . 369 Textor 87 Thesaurus. 88 . 143 43 . Thilo. 43 Thomasius Christian. 4 . 8 . 11 . 12 . 18 . 25 . 27 . 130 . 174 . 278 . 313 . 363-368 . ‒ ‒ Jacob 11 . 19 . 26 . 190 . 332 . Thomeus. 144 Thoͤnnecker 479 Tirinus. 87 Toͤllner 529 . Torrentinus 144 Treuer 18 . 24 . Trier 87 . 369 Troilo 85 Tunger. 143 Turckius. 148 Typotius. 143 Tzscherning 528 V. Valerius de Valeriis. 45 Vauassor. 330 . 334 Vechnerus 190 Velleius. 262 . 314 Veneroni. 153 Verulamius. 369 Vffelmann. 363 Vhse 18 . 12 . Vinhold. 311 Virgilius. 3 . 154 . 168 . 186 . 238 . 262 . 278 . 331 . 332 . 334 Vitruuius 337 Vlmann. 44 . Vogelmannus 190 M m 5 Voiture. Register der nahmen. Voiture 26 . 262 Volckmann. 311 Vossius 134 . 152 . 211 . 336 . 372 . 43 . 533 Vrsatus. 88 Vrsinus. 87 . 88 . W. Waͤhner. 151 . Wagenseil. 200 . 336 . 358 Walchius. 3 . 18 . 26 . 177 . 336 Waltherus 83 . 88 Warnecks Poetischer Versuch von uͤberschriften 207 Wedel 87 Weidling. 143 . 372 Weinhammer. 190 Weise. 18 . 25 . 19 . 43 . 87 . 134 . 211 . 238 . 279 . 315 . 384 Weissenborn. 355 Wellerus. 152 Wentzel. 44 . 47 . Werenfels. 11 . 177 . 236 . 280 Wertheim Volcken von. 417 Weidler. 144 Willis. 28 Wolff Christian 79 . 313 Z. Zehner. 86 Zeidler Melchior. 493 Zesen Philipp. von 528 Ziegler Anshelm von. 18 . 25 . 25 . 169-332 . 173 . 232 . 261 ‒ ‒ Casper. 78 . Zinckgraͤf 83 . 143 Zwingerus 85 . 86 Register Register der sachen. Register der sachen. A. Abdanckung. Derselben themata 33 , 35 , 36 . Was sie sey, 456 . sqq. Ein exempel auf Hrn. M. Muͤllern, 458 . Mehrere exempel, 476 . Was dabey zu beobachten, 457 . auf allerhand gar besondere und rare faͤlle, 457 . Abstracta. Was fuͤr argumenta dazu noͤthig, 51 , 62 , 64 , 69 . Wie sie auszudrucken, 175 , 237 . Acutifatuum s. oximoron. Adagia s. prouerbia. Adaͤquater ausdruck. Wie er zu erhalten, 204 . ist die groͤste kraft des stili humilis’ 238 . Jst sonsten als ein wesentlicher begrif der beredsamkeit anzusehen, 3 Adeo. Heist nicht ideo, ob es schon manche so gebrauchen, 205 . Admiratio. 197 . Aequipollentia, 187 . Aequivocatio. Ein argument, 88 . ist bey dem ausdruck zu beobach- ten, 156 . ist zu vermeiden, 209 . Aetiologia eine figur, 196 . Dienet zur connexion, 214 . Affecten. Erfodern besondere argumenta, 120 . sqq. wie man sie rege zu machen 133 . fuͤrzustellen, 134 . zu unter- druͤcken, 135 . auszudruͤcken. 189 . Die vornehm- sten, Register der sachen. sten, 129 . veraͤndern den ausdruck, 168 . erken- net man aus dem stilo, 368 . artige benennung der haupt-affecten, 132 . neben-affecten, 133 . wie man dabey kluͤglich zu verfahren, 136 . sqq. 79 . seq. in dem fuͤrtrag zu bemercken. 533 535 . Affectation. Veraͤndert den ausdruck, 168 . ist im stilo zu vermei- den, 313 , 343 , 351 . ꝛc. in predigten sonderlich, 494 . und im fuͤrtrage 533 . sqq. Allegoria, 88 , 188 , 111 . Allusio, 188 , 317 . Alter Veraͤndert den stilum, 168 . Amplificiren. Was es sey, 48 . Anabasis, 197 . Anaclasis. 194 . Anadiplosis. 195 . Anagrammata s. wortspiele. Anakoenosis, 196 . Analepsis, 194 . Analysis, 196 . Anaphora, 194 . Anastrophe, 193 . Antanaclasis, 194 . Antimeria, 187 , 191 . Antimetabole, 197 . Antimetathesis, 197 . Antiphrasis, 88 . Antiptosis, 187 . Antiquitaͤten, Wie sie zur erfindung der argumente dienen, und wer davon geschrieben, 86 , 87 . Anti- Register der sachen. Antistasis, 194 . Antistoechon. 191 . Antithesis, 191 . Antitheton, 197 . Antizeugmnenon, 194 . Antonomasia, 187 . Anwerbungs-compliment. Was dabey zu thun, 414 . Aphaeresis, 191 . Apocope, 191 . Apodioxis, 199 . Apologi, 83 . Apophthegmata siehe Prouerbia. Aporia, 198 . Aposiopesis, 198 , 193 . Apostrophe, 198 . Argutiae siehe stilus argutus. Archaisinus, 191 . Argumenta, Oratoria und Logica, 48 , 49 . personalia, realia, expiicantia, docentia, applicantia, persuadentia, 49 probantia, 49 , 57 , sqq. poßibilia 59 de- monstratiua, 58 , 62 . probabilia, 58 70 . abstracta, 58 . 62 . 69 . sensualia, 58 , 61 , 69 . Philosophica, 76 . Logica. 76 48 . Physica 73 . Historica, 72 . Moralia 73 . Theologiea 76 . Juridica, 77 Medica, 78 . Mathematica, 78 . a priori et posteriori. 79 . κατ ανϑρωπον κατ αλη- ϑ αν. 79 , 94 . illustrantia, 49 , 97 sqq. 80 , 132 , 315 . 184 . pathetica, 9 , 80 , 120 , 212 . concili- antia, 49 , 122 . commoventia, 49 , 121 . 128 ab utili, honesto et iucundo, 129 facili et necessa- rio, 120 . a turpi, damnoso et molesto, 136 Astel- Register der sachen. Asteismns, 198 . Asyndeton, 191 , 193 . Auctoritaͤt, Wie sie zu erlangen, 124 . ist zu einigen reden im ge- meinen leben noͤthig, 412 . des richters dienet bey processen, 480 . ist in predigen nicht zu af- fectiren, 494 . Auditorium. Wenn es gemischt, wie es zu gewinnen, 132 . Auersio. 198 . Auferziehung. Veraͤndert den ausdruck. 169 , Ausdruck. Der gedancken, 142 , 168 . durch die tropos, siehe Tropus, der affecten, siehe affecten oder Figuren oder stilus, oder expreßio. Auxesis. 197 , 187 . B. Barbarn. Jhre Oratorie, 16 . Battologia. 194 . Beredsamkeit Was sie sey, 2 . ihr wesen, 3 . ihr endzweck, 4 . 361 . soll sich auch im umgange zeigen, 5 . 343 . ihre historie, 16 . Bewegungs-gruͤnde siehe argumenta commouentia, Beweis-gruͤnde siehe argumenta probantia. Bewillkommungs-compliment, 414 , 466 . Bitt-compliment, 411 . Bilder- Register der sachen. Bilder-schriften, 143 . Bons mots, 4 . siehe stilus argutus. Briefe, Deren themata muͤssen naturel bleiben, 38 . muͤssen nicht gekuͤnstelt seyn, 233 . exempel ohne conne- xion, 215 . in connexione reali, 217 , 223 . in connexione verbali, 224 , ihr stilus, 351 . was sie seyn, 410 . was dabey in acht zu nehmen, 414 . Buchstaben. Was sie seyn, 147 . 153 . was ein redner dabey zu beobachten, 153 . sqq. Buchstaben-spiele, siehe wort-spiele. Burlesque, 334 . C. Cabbala, 40 . Cammersachen-reden, 475 . Casus, 33 . Catachresis, 187 . Charientisimus, 198 . Chria, Eine figur, 196 . Aphthoniana, 384 . Oratoria, 384 . recta, 385 . inversa, 388 . per antecedena und consequens, per thesin \& hypothesin, 338 . Ciceronianer, Jhre allzu grosse Critick zu vermeiden, 208 , 174 . Circumlocutio s. Periphrasis. Circumstantiae Die beste gelegenheit zur invention der thematum artificialium, 36 . Clima aͤndert den ausdruck, 168 . Climax, 195 . Colon, 210 . Colla- Register der sachen. Collatio siehe Gleichniß, Color, 56 . 196 Communicatio, 196 . Comma, 210 . Comparatio 197 . Comparata siehe gleichnisse. Complimente Was sie seyn, 410 . Woher sie entstehen, 181 . was dabey zu beobachten, 409 . sqq. Conceßio, 196 . Confeßio, 196 . Conclusio, 405 . Condolentz-compliment, 413 , 476 . Connerio Was sie sey, 212 . wie vielerley, 213 . realis, 214 . verbalis, 214 , accidentalis, 410 . in denen sti- lis unterschieden, 314 . 315 . in der disposition, 372 . Consectarium ein argumentum illustrans, 107 . dienet zur con- nexion, 214 , 226 . Contrarium, 112 . siehe disputiren. Conversation Hilft zum ausdruck. 169 . 411 Correctio, 198 . Crasis 191 . D. Dancksagungs-compliment 412 Dechifrir-kunst, 526 . 179 . 527 . 533 . Decorum Muß von einem redner observiret werden 11 . 14 . 366 Dedicatio 428 . Defini- Register der sachen. Definitio. Ein beweiß-grund 62 . Ein erlaͤuterungs-grund 99 . 104 . Dient den ausdruck zu reguliren 177 Deriuatio. 88 . 160 . Dereinst Jst nicht von vergangenen sondern zukuͤnftigen zu gebrauchen 205 Descriptio. 105 . 197 . Deutlichkeit im stilo. 209 . Diaeresis. 191 . Dialecti. Deren ursprung 148 . sind nicht in einander zu mi- schen 208 . Diallelon. 197 . Diaplasiasinus. 191 . Diastole. 193 . Diasyrmus. 197 Diatyposis. 197 . Dictio ludicra siehe burlesque. Diffidentia, Auf sich selbst, ist schaͤdlich. 345 Dilogia. 194 . Discourse muͤssen nicht gekuͤnstelt seyn. 38 . 233 . was dabey sonst zu observiren 414 . Disparata. 315 Dispositio Was sie sey was dabey zubeobachten 371 . sqq. Disputiren. Darinnen muß man die terminos anbringen 70 . wie man sich dabey aufzufuͤhren 92 . 133 . Wie der stilus dabey seyn muͤsse 352 . einrichtung der dispu- tationen 428 . N n Dissimilia Register der sachen. Dissunilia. Dienen zur erlaͤuterung 112 . 115 . dienen zum con- nectiren 214 . Dissimilitudo. 197 . Distributio Ein erlaͤuterungs: grund 106 . eine figur 196 Divisio. Dienet zur erlaͤuterung. 104 . 105 . Dubitatio. 198 . E. Ecphonesis. 197 . Ectasis. 193 Ehrgeitzige Wie sie zu gewinnen 122 . 127 . 129 . 131 . Ellipsis 191 . 193 . Emblemata Wo sie dienlich. 85 . 91 . 143 . Empfehlungs compliment. 412 . Enallage 187 . 191 . Engellaͤnder Jhre oratorie. 28 . 324 . Enthusiasinus oratorius 41 Enthymema. 382 . Entschuldigungs-compliment. 412 Epanadiplosis. 159 . Epanalepsis. 194 . Epanodos. 195. . Epanorthosis. 198 . Epenthesis. 191 . Epexegesis. 194 Epexergasia. 194 . Epibole. 294 . Epichirema. 382 . Epi- Register der sachen. Epiphonema. 196 . Epiphora. 194 . Epiploce. 195 . Epistrophe. 194 . Episynaloephe. 191 . Epitaphia siehe Jnscriptiones Epitheta. Was sie seyn. 156 . was dabey zu beobachten 158 . 205 . Epitrope. 196 . Epizeuxis. 195 . Erfahrung Wenn man daraus beweisen koͤnne 61 . 51 . Was bey den beweiß-gruͤnden aus der erfahrung zu be- obachten. 64 . Erfindung Was sie sey, was dabey zu beobachten bey allen faͤl- len. 31 . sqq. Erlaͤuterungs-gruͤnde siehe argumenta illustrautia. Ethnicisinus stili. 332 . Etymologie, 88 . Euphemisinus. 188 . Exallage. 194 . Exclamatio. 197 . Excerpta. Sind gut. 54 . Wie sie zu machen 55 . sind doch nicht gar zu hoch zu estimiren. Execratio. 197 . Exemplum. 196 Exempel. Was sie seyn. 109 . Wenn sie beweisen. 83 . sind wohl auszusuchen. 91 . 113 . 119 . Exergasia. 194 . Exordium. Was es sey. 103 , in predigten. 498 . 499 . N n 2 Ex- Register der sachen. Expressio. Was sie sey siehe ausdruck. Vulgaris 144 . erudita 146 . Extemporiren. 145 . 534 . F. Fabeln. Ob sie beweisen 83 . Falschheit. ist zu meiden. 105 . 107 . 1 09 . Figuren. Machen keine beredsamkeit 3 . machen aufmercksam 126 . sind die sprache des affects 134 . 189 . verzeich- niß aller figuren 190 . dienen zur connexion 214 . sind in briefen historien zeitungen ꝛc. nichts nuͤtze 233 . viel weniger beym disputiren 352 . dadurch kan man variiren 358 . Flagella disputantium, 133 . Flucher Handeln wider den galanten gebrauch, 180 . wi- der die klugheit, 365 . Fraͤnckischer stilus, 18 . 337 . 341 . Frantzosen Jhre Oratorie, 26 . ihre sprache, 150 , 152 , 153 . schickt sich sehr wol zum galantẽ stilo in briefen. 350 Frucht-bringende gesellschaft, Contribuiret etwas zur cultur der Teutschen spra- che, 18 . Fucus Oratorius. Was er sey, 80 . wie er zu gebrauchen, 89 . G. Galante, Galant studiren, 174 . galanter gebrauch siehe gebrauch. Galante sprach-verderber, 280 . Gallicisinus. 192 . Gebrauch, Was er sey, 172 . der universelle, 172 . Der ge- lehrte, 175 . der galante, 350 . Ge- Register der sachen. Geburts-reden, 467 . Gedaͤchtnis, 534 . Geld-geitzige, Wie sie zu gewinnen, 129 . 122 . 127 . 130 . Gelehrter, Wer es sey, 176 . gelehrte gebrauch, 175 . Germanismus, 192 . 190 . Gespraͤche, Was dazu fuͤr ein stilus noͤthig 349 . im reich der todten, 350 . siehe Discourse. Gesandschafts-reden, 476 . Gewogenheit, Wie solche zu gewinnen, 122 . Gluͤckliche kuͤhnheit. Wird verworfen in der Oratorie, 145 . Gleichnisse. Ob sie beweisen, 85 . was sie seyn, 111 . wenn sie zu gebrauchen, 114 , 118 . werden zu figuren, 197 dienen im stilo arguto. 315 . Gluͤckwuͤnschungs-reden, 466 . Goldmachen ist moͤglich, 60 . Grabschrift siehe inscriptiones. Graecisinus, 191 . 192 . Gratuliren, 413 . Griechen, Jhre Oratorie, 17 . ihre sprache, 13 . 150 . 151 . 152 . H. Hase, Ein Teutsches schelt-wort, woher es komme, 99 . Hebraismus, 192 . Hebraͤer, Jhre Oratorie, 16 . ihre sprache, 151 . 152 . N n 3 Hel- Register der sachen. Hellenismus, 191 . 192 . Heraldic, 87 . Hermeneia, 194 . Hermeneutic siehe interpretatio. Heterosis, 187 , 191 . Heuchler, dessen bild, 116 . Heydnische goͤtter, Deren muß man sich beym ausdruck enthalten, 332 . Hieroglyphica, 143 . Historie. Jst einem redner nuͤtzlich, 11 . der Oratorie, 15 . 47 . ist vom raisonnement zu unterscheiden, 65 . Hi- storische wahrscheinlichkeit, 72 , 81 , 86 . Hof-reden, 476 . Homoeoptoton, 195 . Homoeoteleuton, 195 . Homonymia, 88 . Honestum, 129 , 131 . Honnettete, Was sie sey, 137 . ist einem redner noͤthig, 9 , 95 , 137 , 364 . Huldigungs-reden, 474 . Hypallage, 187 . 193 . Hyperbole, 187 . Hypobole, 196 , Hypotyposis, 197 . J. Jcon, 196 . Jdiotisinus, 161 . 208 . 148 . Je ne scai quoi, 203 . Jllustriren, Was es sey, 97 . erfindungen dazu, 98 sqq. Jma- Register der sachen. Jmago, 196 . Jmitiren Macht keinen redner, 3 . voraͤndert den ausdruck, 168 . ist ein mittel zum guten stilo, 358 . Jmpoßibilitaͤt, 59 . Jncrementum, 197 . Jndianer, 16 . Jngenium, Zu viel ist nichts nutze, 4 . dienet zur invention, 31 . zum stilo arguto, 315 . zum poetischen stilo, 331 . wie es zu cultiviren, 354 . Jnopinatum, 198 . Jnscription, Dienet zur erfindung, 86 . Wer davon geschrieben. 87 . 315 . auf die Jaͤgerin gebohrne Stegerin. 318 . auf die praͤadamiten. 323 . auf den frieden der Engellaͤnder mit Franckreich. 324 . auf die pieti- sten. 326 . auf eine coquette, 446 . Jnterpretatio Hermenevtica, 75 . 88 . 99 . 101 . Hist. Philosophica. 107 . Jnterpunctio, 210 . Jnterrogatio, 198 . Jntroductions-reden, 475 . Jnuentio, Was es sey, 31 . der thematum. 33 . analogica, 40 . der argumente, 48 . sqq. Jronia, 188 . Jtaliaͤner, Jhre Oratorie, 29 . sprache. 151 . 153 . Jucundum, 129 . 131 . Judicium. Wird zur Oratorie fuͤr allen erfodert. 9 . 32 . 354 . Juristen, Denen ist die Oratorie noͤthig, 7 . 13 . ihre beweiß- gruͤnde, 77 . von ihren reden, 477 . ihr stilus. 911 . N n 4 Ju- Register der sachen. Justitz-sachen-reden, 475 . Jus naturae. Einem redner noͤthig. 12 . wie man darinn beweise, 76 . muß auch von dem recht des menschen han- deln. 361 . K. Klugheit, Einem redner noͤthig. 11 . 12 . 14 . bey erfindung der argumentorum, 51 . 53 . 89 . 95 . 118 . 127 . 137 . beym ausdruck. 365 . Kriegs-reden, 474 . L. Landtags-reden, 474 . Latinisinus, 192 . Lateinische Oratorie, 17 . sprache, 13 . 19 . 29 . 30 . 150 . 151 . 152 . 175 . 335 , Lebens-art Formiret den stilum, 168 . Lebens-lauf, Wie zu machen, 446 . des Hrn. von Dießkau. 449 . Lectur, Jst noͤthig zur erfindung. 51 . zum stilo. 356 . Limax, 132 . Litotis, 187 . Locus communis, Was es sey. 107 . dient zum connectiren. 214 . 226 . Logick, Wie sie von der Oratorie unterschieden. 7 . 8 . einem redner noͤthig. 11 . 51 . 62 . 68 . Logomachien, Wie sie zu vermeiden, 11 . 177 . Loquendum cum vulgo, 174 . Lulliana ars, 40 . Lusus Register der sachen. Lusus verborum siehe wortspiele. M. Mathematick, Wie man da beweise, 78 . derselben stilus. 312 . Medaillen, 86 . Medici Brauchen die Oratorie, 7 . 13 . wie sie beweisen, 78 . ihr stilus, 312 . Medisance, Was sie sey. 364 . Meditatio, Ein argumentum illustrans. 108 . dient zur conne- xion. 214 . 226 . zum st i lo arguto. 315 . Meißner Jhr stilus. 18 . 337 . 339 . Meiosis, 187 . Meister-gesaͤnge, 334 . Memorie siehe gedaͤchtniß. Matabasis. 199 . Metaphora. 188 . Metaphysick, 76 . Metalepsis. 187 . Metatbesis. 191 . Metonymia. 187 . Merismos. 196 . Mimesis. 198 . Moͤglichkeit. 58 . Moquerie, Jst schaͤdlich, 61 . was sie sey, 364 . Moral, Einem redner noͤthig, 11 , 51 . wie man darinn auf unstreitige art beweise, 62 . auf wahrscheinliche art, 73 . Muͤntzen siehe Medaillen- Mythologie, 332 . N n 5 Na- Register der sachen. N, Naturel, Zur Oratorie. 8 . zum stilo. 354 . Nieder-Sachsen, Jhre Oratorie und stilus. 18 . 337 . 340 . Noema, 196 . Notatio, 88 . Numerus Oratorius. Was es sey. 210 . wer davon, geschrieben, 190 . 211 . im stilo humili. 238 . mediocri, 260 . sublimi, 277 . im historischen stilo. 314 . im arguto, 315 . Oratorio. 343 . familiari. 349 . O. Obsecratio. 197 . Occupatio. 196 . Oesterreichischer stilus. 342 . Opposita. Dienen im beweisen, 62 . 89 . 92 . im erlaͤutern. 112 . 115 . im stilo arguto. 315 . Oppositio. 197 . Orator. Dessen eigenschaften. 8 . 421 . sqq. dessen gestus. 533 . Oratorie. Jhre beschreibung. 2 . ist noͤthig. 5 . wie sie von der Logick unterschieden, 8 . ist ein stuͤck der universellen gelehrsamkeit. 13 . ihre historie. 15 . Orthographie. Der Lateiner. 526 . der Teutschen. 527 . sqq. Oximoron. 197 . P. Paeanismus, 197 . Palillogia. 195 . Panegyricus. Auf Fridr. Wilhelm den Grossen, Ch. z. Br. 280 . fo- dert stilum sublimem. 239 . 279 . was dabey zu mer- cken. 420 . wer dergleichen im Teutschen gehalten. 466 . 476 . Pan- Register der sachen. Pantomimi. 9 . Parabolae. 83 . Paradiastole. 197 . Paradigma. 196 . Paradoxon. 198 . Paralipsis. 198 . Paragoge. 191 . Parasiopesis. 198 . Parecbasis. 197 . Paregmenon. 195 . Parechesis. 195 . Paromologia. 196 . Paronomasia. 195 . Parrhesia. 198 . Partes orationis. 158 . Pathetisches wesen. 41 . 203 . Periodus, Was er sey. 162 . wie zu macheu. 166 . Periphrasis. 197 . Perissotes. 193 . Philosophie. Einem redner noͤthig, 11 . was sie sey. 176 . wie man darinn beweise. 76 . ist nicht zu verachten. 159 . wie sie von der Oratorie unterschieden. 8 . Physic. Wie man darinn beweise. 62 . 73 . 76 . Phoͤnicier. Jhre Oratorie. 16 . Phrases. 213 . Pietisten. Jnscription auf dieselben. 325 . Pleonasmus, 191 . 193 . Ploce. 194 . Politick. Politische wahrscheinlichkeit. 73 . polite leute. 179 . politer gebrauch, siehe galanter gebrauch. Polyptoton. 195 . Polysyndeton. 192 . Politischer stilus. 331 . Por- Register der sachen. Portugiesen. 30 . Praͤdicatum. Dienet zum beweiß, 62 . beym ausdruck zu bemercken. 156 . 163 Praͤfiguratio. 197 . Praelectio, 420 . Praeteritio. 198 . Predigt. Was sie sey, 492 . wie zu machen. 492 . sqq. drey exempel. 499 . Procatalepsis. 196 . Prodiasiphesis. 193 . Programma. Was dabey zu mercken. 428 . exempel. ibid. Prolepsis. 192 . 196 . Prolusio, Was dabey zu mercken, 420 . ein exempel. 421 . Propositio, Deren erfiudung 33 . was dabey zu mercken. 160 . 403 . 404 . in predigen. 496 . siehe thema. Proprium. 62 . Prosopopoeia. 198 . Prostbesis. 191 . Protasis, siehe propositio. Prouechia. 114 . 82 . Punctum, 210 . Punctiren. 98 . R. Raisonnement, Jst von der Historie unterschieden. 65 . Realia. Was sie seyn, 54 . muͤssen nicht gehaͤuft werden. 233 . Rebus de Picardie. 143 . Rede, Deren formirung, 147 . Rede-kunst, siehe Oratorie. Redner siehe Orator. Rede von den vorzugen der alten zeiten 239 . der neuen, 250 . von der unbestaͤndigkeit menschlicher ge- muͤther. 262 . auf Friedr. Wilhelm, Ch. z. Br. 280 . von den vorzuͤgen der beredsamkeit fuͤr den krieg. 375 . von den ei- genschaften eines guten redners. 421 . Allerhand disposi- tiones zu reden. 382 . 385 . 389 . sqq. reden mit seines gleichen. 349 . 350 . mit hoͤhern, 350 . 535 . gegen geringere, 349 . Mo- ralische regeln der rede, 360 . sqq. Theologische reden 491 . Juridische, 477 . Schul- und politische, 419 . im gemeinen leben- Register der sachen. leben, 409 . siehe ausdruck. reden durch den bauch, siehe ventriloquae. Redner-gesellschaft. 262 . 374 . 535 . Regierungs-sachen reden. 475 . Reichstags-reden. 474 . Reiectio. 199 . Reinlichkeit im stilo. 207 . Refutiren siehe wiederlegen. Religions-reden. 475 . Repugnantia 115 . siehe opposita. Reticentia 198 . Reaocatio. 199 . Rhetorick siehe Oratorie. Roͤmer Jhre beredsamkeit, 15 . 17 . Romainen. 235 . 344 . S. Sang froid 10 . 233 . Sarcasmus 197 . Satyren. 117 . siehe stilus Scoptici 331 . Schlesier Jhre oratorie und stilus 18 . 337 . 338 . Scholastischer stilus 175 . Schulreden 342 . sqq. Schwatzhaftigkeit ist keine beredsamkeit. 3 . 8 . 117 . 144 . Schweitzerischer stilus 342 Scythen Jhre Oratorie 16 . Semicolon 210 . Sensualia 51 . 58 . 237 . Sermocinatio 198 Similia siehe gleichnisse. Spanier. ihre oratorie 28 . Sprache Woher sie entstanden 148 . der thiere 141 . 144 . der natur 142 . durch bilder 143 . der haͤnde 144 . deren menge 148 . deren veraͤnderungen 167 . harmonie 150 . erlernung 151 . 153 . 182 . beurthei- Register der sachen. beurtheilung 179 . Sprachrichter 172 . 208 .: sprachen wissen, 30 . 94 . sprachverderber 208 . 175 . 174 Staats-reden 476 . Steganographie 526 . Stilus. Was er sey 199 . dessen eigenschafften uͤberhaupt 202 . Asiaticus 345 . Atticus 345 . 346 . argutus 315 . aequiuocus 209 . aequa- lis 212 . artificialis 334 . caerimoniosus 351 . concisus 169 . 345 . 347 . concinuus 346 . curiae 311 . 351 . der criticorum 168 . dia- logifticus 349 . dogmaticus 352 diffusus 345 . declamatorius 335 . 342 . epistolaris 351 . eruditus 310 . 176 . fluidus 169 . frigi- dus 299 . 235 . figuratus 335 . familiaris 349 . galanter 349 . 350 . humilis 238 . 313 . 335 . historieus 313 . 348 . ingeniosus 168 . 314 . judiciosus 168 . 314 . Juridicus 311 . joeosus 348 . 334 . lu- xurians 345 . laconicus 345 . 347 . Lateinischer 335 . laͤcherlicher 333 . magnificus 168 . memorialischer 168 . 314 . Medicus 312 . Mathematicus 312 . mediocris 160 . 314 . 239 . naturalis 334 . obscurus 209 . Oratorius 342 . 345 . 346 . polemieus 352 . pedan- discher, phantastischer 235 . poͤbelhafftig 239 . poeticus 331 . pa- theticus 310 . 314 . proprius 335 . reeitatiuus, relatiuus 348 . satyricus 330 . 330 . 352 . schlaͤfriger 233 . 126 . serius 348 . sim- plex 334 . Teutscher 335 . 317 . Theologicus 310 . Philosophicus 176 . 312 . sublimis 237 . 239 277 . 314 . tumidus 209 . 235 . tropicus 335 . theatralis 344 . vehemens 349 . theoreticus 310 . 314 . tem- peratus 349 . rotundus 346 . siehe ausdruck. Stroh-krantz-reden. 467 . Sublimis stilus siehe stilus. Subiectum 62 . 156 . 159 . 163 . Suspensio. 198 . Syllogismus 89 . 382 . Syncrisis. 197 . Symploce. 194 . Symbole. 197 . Syllepsis. 192 . Synizesis. 193 . Synecdoche. 193 Synonyma 156 . 159 Synonymia. 193 . 88 . Systole. 193 . T. Tachygraphie 524 Tapinosis. 187 . 197 . Tautologia. 194 . Technopaegnia. 43 . Termi- Register der Sachen. Terminus siehe woͤrter Tertium comparationis. 111 . Testimonia. Wenn sie beweisen 72 . 81 . erlaͤutern eine sache 110 . 114 . was dabey zu beobachten 119 . Teutsche. Oratorie. 18 . sprache. 13 . 15 . 49 . 150 . 152 . 175 . 337 . Theologus. Braucht die oratorie 7 . 13 . Theologische gruͤnde 76 . Thema Siehe propositio. Naturale. 35 . artificiale. 35 . zu erfinden 36 . was dabey in acht zu nehmen 36 . sqq. Titulaturen. 181 . 417 . Tmesis 191 . Topic Ob sie zur invention tuͤchtig. 40 . entwurff einer neuen to- pic 139 . Trauerrede 476 . Transitio 199 . Tractatio. 404 . Tropus. Dient zur interpretation 99 . 156 . was sie seyn und wie vie l 184 . schaden der deutlichkeit 209 . machen den stilum leb- haftig 232 . ihr gebrauch 238 . 261 . 310 . 315 . 335 . 349 . 358 . 345 . 352 . 277 . V. Variatio. Mittel zum guten stilo. 358 . Ubung im stilo 357 . Ubersetzung. Mittel zum guten stilo 357 . was bey uͤbersetzungen der buͤ- cher zu mercken 358 . Uberreden. und reden ist zweyerley. 121 . Ventriloquae mulieres 148 . Vermaͤhlungs-reden. 467 . Vermahnungen. Zu solchen ist auctoritaͤt noͤthig 412 . Vernuͤnfteln Jst ein albernes wort 206 Visitcompliment 414 . Umsatteln. ist leine suͤnde 382 Unbe- Register der sachen. Unbestaͤndigkeit. Der menschlichen gemuͤther in einer rede. 262 Vniuersal-sprache ist die Lateinische 30 . ist moͤglich. 149 . Vniuoca 156 . 159 . Unterricht im stilo. Wie er beschaffen seyn soll. 355 Ungleichheit im stilo. 213 Votum. 197 Vtile. 129 . W. Waͤscherey siehe schwatzbaftigkeit Wabrheit 58 Wahrscheinlichkeit 70 . Wapen-kunst siehe heraldic Weiß machen ist keine beredsamkeit. 3 . Wind machen. ist erlaubt der wahrheit zum besten 80 . wie man es mache. 123 . 125 . 126 . 133 . 145 . 345 . 347 . 348 . Wiederlegung Wie und wenn sie noͤthig 92 . siehe disputiren und opposita. Wolluͤstige Wie sie zu gewinnen 131 . 129 . 127 . Worte Kunst-woͤrter. 69 . 156 . neue zu machen ist erlaubt 149 . was dabey zu mercken 156 . 172 . 175 . 179 . 184 . 204 . ihre iunctur 210 . ꝛc. Wortspiele 40 . 43 . 317 . 323 . Wunsch zu machen 413 Z. Zesianer. 174 . 208 . Zeugma 192 Zoten sind laͤppisch und also zu vermeiden 108 . 365 . Zuhoͤrer Jhre pflicht 367 . bey predigten siehe predigt. Zukuͤnftige Dinge Wie sie darzuthun 74 Zweydeutigkeit siehe aͤguivoca. ENDE .