Entwurf zu der aͤltesten Erd- und Menschengeschichte, nebst einem Versuch, den Ursprung der Sprache zu finden. Frankfurt und Leipzig, 1773. An Herrn Moses Mendelssohn. Mein Herr! D er gegruͤndete und allgemeine Ruhm, welchen Sie sich bey dem ganzen denkenden Publikum erworben haben, hat den Verfasser der Erd- und Menschengeschichte bewogen, die- selbe Ihrer tiefern Beurtheilung zu )( 2 uͤber- uͤbergeben, und ihr Ihren Nahmen vorzusetzen. Er wuͤnscht die Wahr- heit getroffen zu haben, hingegen wird er mit eben der Liebe zur Wahrheit, die Zweifel, so dargegen gemacht wer- den koͤnnen, merken, und sich gern eines bessern belehren lassen. Versuch Versuch den Ursprung der Sprache zu finden. §. 1. W enn man das Alter und den Ursprung der Sprache, die nur vor die Menschen gehoͤret, erforschen will, muß man entweder in der Sprache selbst die Kennzeichen von ihrem An- fange und Alter finden koͤnnen, oder man muß den Ursprung und das Alter der Menschen vor- aus festzusetzen wissen. Der erste Fall scheinet unmoͤglich zu seyn, denn man muͤste alle Arten der Sprachen, todte und lebendige, auf der gan- zen Erde vollstaͤndig kennen, und der letzte Fall, nemlich den Ursprung der Menschen und ihr Alter A vorher vorher festzusetzen, erforderte, daß man entweder von ihnen selbst die Kennzeichen ihres Ursprungs hernehme, welches aber eben so unmoͤglich zu seyn scheint, oder daß man ihre Geschlechte ruͤckwaͤrts bis auf ihren Ursprung verfolgte. Da nun aber das letztere, wegen Mangel gewisser und deutli- cher Urkunden, die bis dahin reichten, ebenfalls nicht angeht; so kan man dieses Huͤlfsmittel hier auch nicht zuerst brauchen. §. 2. Lassen sich aber die Menschen nicht ohne ihren Wohnsitz, nemlich die Erde, denken, und denkt man sich wieder diese, niemals ohne ihre Bewoh- ner, die Menschen; so kaͤme es darauf an, ob man nicht umgekehrt den Ursprung der Erde, oder doch ihr Alter finden koͤnte. Nun laͤßt sich zwar dieses, wie leicht zu erachten, eben so wenig mit Gewißheit erforschen, und also auch das wahre Alter der Erde nicht wohl bestimmen; wenn es sich aber gleichwohl mit einer unbestimmten Zahl weit hinaus angeben ließe; so koͤnte man doch der Menschen Menschen und ihrer Sprache Alter zuerst eben so weit hinaus, und folglich schon bestimmter, anse- tzen. Denn der Menschen Alter doͤrfte wohl mit dem Alter der Sprache immer gleich fort laufen, und nichts voraus haben, wenn ich mich in der Menschen-Kunde und Sprachforschung, wie sie unten folgen wird, nicht betrogen habe. §. 3. Will man aber von der Sprache Alter und Ur- sprung so viel, als sich wahrscheinlicher Weise sa- gen laͤßt, und mit zusammenhangenden Beweisen niederschreiben, so ist hiezu kein besserer Rath, als daß man von dem Erdball die Untersuchung anfange, denn von diesem Wohnsitze auf die Menschen, und endlich auf ihre Sprache fort- schloͤsse. Wird man mir aber die noͤthige Auf- klaͤrung dieser oder jener Untersuchung weitere Betrachtungen abfordern, so wird sich der Leser auch diese mit zu lesen und zu pruͤfen, gefallen lassen. A 2 §. 4. §. 4. Das Alter des Erdballs. Wenn wir das Alter der Erde erkennen und ungefehr schaͤtzen wollen, werden wir sie ganz an- ders, als die Menschen, von denen man immer junge und alte Gestalten mit einander zu verglei- chen findet, betrachten muͤssen. Wir werden zwar auch nur ihre Oberflaͤche oder aͤussere Gestalt vor uns nehmen, und sie noch dazu mit keiner andern Erdkugel, geschweige denn mit einer jungen, ver- gleichen koͤnnen; allein wenn nun eben diese Oberflaͤche blos aus Ueberbleibseln ihrer jungen und maͤnnlichen Gestalt besteht, sollten da nicht aus dieser Vergleichung Folgen zu ziehen seyn, die man statt unbestimmter Zahlen, oder Hoͤhen jedes Alters brauchen, und gleichsam als Jahr- stufen, statt Jahrzahlen angeben doͤrfte, wie man Kind, Knabe, Juͤngling, Mann und Greiß, oh- ne Jahrzahlen braucht. §. 5. Unsere Reisebeschreibungen um die Erde haben uns freylich von dieser Seite noch nicht so viel Vor- Vorarbeit geliefert, als man zu wuͤnschen haͤtte; doch haben sie uns so viel gesagt, daß man Folgen genug zu diesem Endzweck daraus ziehen kan. Daher habe ich nur noͤthig, den Kern der Erd- beschreibung vorzulegen, und die jetzige Gestalt der Erdkugel uͤberhaupt vorzuzeichnen, um mich dadurch zu berechtigen, das uͤbrige aus unserer Gegend bis ins Besondere auszufuͤhren. §. 6. Das Meer. Die zwey Haupttheile unserer Erdkugel sind Meer und Land. Das Meer, welches uͤberall, zumahl an den Gestaden, von Seethieren wim- melt, und von Seegewaͤchsen nirgend ganz blos ist, fuͤhrt von beiden Geschlechten und Arten in jeder Hauptgegend, eigene Arten, bald dieses, bald jenes Geschlechts, die man an andern Ge- staden nicht findet. §. 7. Sein Grund ist am Gestade wie das naͤchste Land, und weiter gegen seine Hoͤhe, ist es von so A 3 verschie- verschiedener Tiefe, daß man ihm auch Berg und Thal, wie dem festen Lande zugestehen muß; ja mitten in der offenbaren See, wo keine Inseln sind, kan man ihm meistens eine unergruͤndliche breite Tiefe, oder die tiefsten vom Seegebirge ab- gelegenen Ebenen, beymessen. §. 8. Das Meerwasser selbst ist an sich in doppelter Bewegung, davon eine durch Ebbe und Fluth gegen die Kuͤsten, da und dort staͤrker oder schwaͤ- cher; die andere durch die Meerstroͤme nach ver- schiedener Richtung, erreget wird; ausser dem wird seine Oberflaͤche bestaͤndig durch die Winde, und sein Grund nicht selten durch Erdbeben, die vermoͤge der Erfahrung allezeit vom Meere an- fangen, in Bewegung gesetzet. §. 9. Seinen Unterhalt bekommt das Meer uͤber- haupt durch das Weltlicht und die Luft, beson- ders aber durch den Regen und die Fluͤsse des Landes Landes, da inzwischen seine groͤßte bekannte Ab- nahme wieder durch die Duͤnste geschiehet. §. 10. Betrachtet man aber das Weltmeer, welches rund um die Erdkugel ein Ganzes macht, nach seinen einzelnen Gegenden uͤber der Erdflaͤche hin, so findet man es, als viele kleinere Meere, mit besondern Nahmen belegt, deren volle Seiten, als Hauptgestade gegen die kuͤrzeren Kuͤsten gel- ten koͤnnen. §. 11. Das Land. Das Land, (es bestehe aus Inseln, oder festem Lande,) ist die vom Gestade des Meeres an die- ser Seite hervorgehende Erde, welche sich bald durch Ebnen, bald durch Berge und Thaͤler, die nach verschiedenen Gegenden fortstreichen, zu dem Gestade des Meeres an jener Seite, als unbe- deckter Erdboden fortlaͤuft, und dort wieder hin- unter geht, aber rund um die Erdkugel kein Gan- A 4 zes zes ausmacht, sondern hie und da, bald mehr, bald weniger getrennt ist. §. 12. Eine eigene Bewegung hat das Land oder der Erdboden nicht; doch ist der bestaͤndige Zug der Luft, nebst den Winden so gut, als die seinige. Die Bewegung, so er von dem Erdbeben, wie- wohl nur selten auszustehen hat, wird ihm nur vom Meergrunde mitgetheilt. §. 13. Des Landes Unterhalt kommt uͤberhaupt aus dem Weltlichte und dem Luftkreise, besonders aber durch den Regen, oder die Quellen, welche stets von den Anhoͤhen gegen die tieferen Gegen- den zusammen laufen, und denn als Fluͤsse, mit besondern Wasserthieren und Wasserpflanzen, nach der, jeder Hauptgegend eigenen Art, sich in das Meer ergießen. §. 14. Alle feste Laͤnder und Inseln wimmeln zu ihrer Zeit von Landthieren, oder wenigstens von Gezie- fern fern und Ungeziefern; sie sind auch so leicht nir- gend von Landgewaͤchsen blos, sollte es gleich nur Moos seyn; doch ist hier eben die Ordnung anzu- treffen, daß jede Hauptgegend hier diese, dort jene besondere Thiere und Pflanzen fuͤhret, die man in andern Gegenden nicht findet. §. 15. Man trift ferner alle feste Laͤnder und Inseln, die von den Europaͤern besucht werden, seit Woodwarts Nachfragen, aus Schichten erbauet an, wovon noch viele gegen die Ebnen sowohl, als auch an den hoͤchsten Gebirgen, erstlich groͤß- tentheils als Meergeburten, zweitens aber doch nur zum kleinsten Theil, als Landgeburten dazwi- schen anzusehen sind. Denn alles Schichtwerk, aus Kalch, Sand, Mergel und Thon, welches entweder selbst, oder doch in seinen Zwischenschich- ten umsteinte Seestuͤcke, oder deren versteinerte Abdruͤcke, nach derjenigen Ordnung, die blos das Meer halten kan, in sich fuͤhret, kan fuͤr nichts anders, als eine Meergeburt angenommen werden. A 5 §. 16. §. 16. Hingegen alles Schichtwerk, welches unordent- lich umsteinte, oder gar versteinerte Landstuͤcke, als von Holz, Kraͤutern, Landfischen und Landthie- ren, theils im Abdruck, wie die Kraͤuter und Fi- sche, theils noch als Mulm von Pflanzenwerk, oder ausgezehrte Thierknochen, in Achat, Stein- kohlen, Agtstein, Schiefer, Alaun oder Eisen- stein versteinert, enthaͤlt; kan urspruͤnglich fuͤr nichts anders, als eine ins Meer geschlemmte Landgeburt erkennt werden. Endlich finden sich noch drittens an einigen wenigen Oertern, zwi- schen den hoͤchsten Anhoͤhen, als unter den oben daruͤber angelegten Schichten, besondere Stein- schichten, deren Stelle, und Stellung sowohl, als ihre Bestandtheile, zweifeln lassen, ob man sie zu den obigen Meergeburten rechnen doͤrfe. §. 17. Folgerungen. Wenn sich nun die jetzigen festen Laͤnder fuͤr nichts anders, als einen Meergrund ansehen las- sen, sen, auf dem das ehemalige Meer dieses Schicht- werk, theils vermittelst dem Absatze aus seinem Salzwasser, als Meerschlamm, oder Salzarten, theils mittelst seinen haͤufig eingenisteten und ver- deckten Bewohnern, theils auch durch zuge- schlemmte Landstuͤcke aufgebauet hat; so kan man auch umgekehrt, das damalige Land nirgends an- ders, als unter dem jetzigen Meere suchen, und also waͤre der jetzige tiefe Meergrund das alte feste Land. §. 18. Daraus erhellet zugleich, daß die ehemahligen Bewohner des alten Meeres, die Besitzer des alten festen Landes; und die Bewohner des al- ten festen Landes jetzt die Besitzer des alten Meer- grundes seyn. §. 19. Wie kan aber diese Umkehrung anders, als durch den tiefsten Einsturz des ehemaligen festen Landes, und den dadurch verursachten Nachfluß des vorigen Meeres, bis auf den oͤden Grund erfolget seyn? §. 20. §. 20. Da man nun gleichwohl die Besitzer sowohl des jetzigen Meeres, als des jetzigen festen Lan- des so vertheilt antrift, daß jede Hauptgegend des Meeres und Landes ihre eigene Arten von Pflanzen und Thieren fuͤhret; so laͤßt sich weder der Einsturz des einen, noch der Nachfluß des an- dern, uͤberall auf einmal denken; wie haͤtte sonst jede Gegend ihr eigenes erhalten koͤnnen? son- dern jeder muß ruckweise erfolgt seyn; dadurch konten die Bewohner des nachfallenden Meeres an jedem Orte in die neue Meerestiefe zusammen und unzerstreut hinunter gehen, und hierauf auch die Nachbarn des oͤden Meergrundes wieder in der Art, wie sie auf ihrem alten Lande gewohnet hatten, des neuen Landes Besitzer werden: folg- lich blieb jeder Gegend ihr eigenes. §. 21. Dieses wird dadurch noch deutlicher, daß sich bis jetzt die Arten der Seegewaͤchse und Seethie- re, die jedes Hauptgestade eigen hat, ungeachtet ihrer ihrer bestaͤndigen Vermehrung dennoch nicht in fernere Gegenden fortpflanzen, und also fuͤr sich nicht, wenige ausgenommen, zu der Art der wan- dernden, gehoͤren. Deswegen kan man sie auch nicht, weder in Ansehung der vorigen Zeit, noch der kuͤnftigen, es muͤßte sie denn die Veraͤnderung der Meeresstroͤme, oder der Fortgang des Mee- res, dessen gehorsame Unterthanen sie ohne Zwei- fel sind, dazu zwingen, als fortwandernde anse- hen; doch kan noch der Mangel an Nahrung, durch eine Verwandlung des Meerwassers, oder Grundes an solchem Gestade ein drittes Zwang- mittel werden. §. 22. Eben dieses ist auch von den eigenen Arten der Landgewaͤchse und Landthiere bekannt. Denn seit Menschen Gedenken hat keins seine Hauptgegend von selbst verlassen; ob uns gleich die Thierhaͤu- ser und Lustgaͤrten Beweise geben, daß sie hier zu Lande gleichfalls leben koͤnten. Folglich muͤssen sie ebenfalls nur vom alten festen Lande zum nach- barlichen barlichen neuen Lande gewichen seyn, oder sich fortgepflanzt haben, ohne daß sie ein gaͤnzlicher Einsturz ihres alten Landes alle zusammen uͤber- rascht hat. Auf die Zugvoͤgel und andere wenige wandernde Thiere sehe ich nicht, weil ihre gerin- ge Anzahl es nicht verdienet. Denn fast alle uͤbrige fuͤhlen, wie die meisten Voͤlker, das Heimweh. §. 23. Wie aber die Oberflaͤche der alten festen Laͤnder beschaffen gewesen seyn mag, doͤrften wir, wenn sich ja noch irgendwo ein paar schriftliche Urkun- den davon erhalten haͤtten, wohl jetzt nicht ein- mahl recht verstehen, bis uns erst diese aͤlteste Erd- und Menschengeschichte gelaͤufiger gewor- den; hingegen laͤßt sich der alte Meergrund von uns um desto genauer durchforschen. Weil mir aber jetzt an der Menschengeschichte mehr, als an der blossen Erdgeschichte gelegen ist, so will ich wenigstens das, was man hieraus vom alten fe- sten Lande und der alten Erdkugel, der Menschen alten Wohnsitze, schliessen muß, hier zusammen nehmen, nehmen, und des leichtern Ausdrucks wegen mag unser Europa mit seiner Nachbarschaft das Bei- spiel seyn. §. 24. Von Europa. Das alte Meer, welches unser jetziges Europa bedeckte, mag so hoch gestanden haben, als man will, (wir wollen ohngefehr die hoͤchsten Gebirge zum Maas dazu annehmen,) so mußte doch das umliegende alte feste Land damals noch hoͤher ste- hen. Wenn nun die Oberflaͤche des alten festen Landes, mit der Oberflaͤche des alten Meeres, um die ganze Erde, damals einen beinahe runden Koͤrper vorstellte; so war auch zu der Zeit die Erdkugel im Durchschnitt durch die alten festen Laͤnder genommen, wenigstens um so viel groͤsser, als die Spitzen der jetzigen hoͤchsten Gebirge an- geben. Denn diese waren ja damals vom Meere bedeckt, und folglich der darum liegende Erdbo- den noch hoͤher. §. 25. §. 25. Stuͤrzten nun die alten festen Laͤnder um das alte Meer, so Europa bedeckte, so tief ein, daß alles Alpenhohe Meerwasser da hinein fallen, und das neue Land Europa blos stellen konte; so muͤß- te es ja wohl unter diesen einstuͤrzenden Laͤndern hohl seyn. Da ferner die Erde vor dem Einstuͤr- zen der festen Laͤnder nach ihrem Durchschnitt um so viel groͤsser und zugleich hohl war, so mußte sie auch damals um so viel leichter seyn, als jetzt, und jetzt um so viel schwerer. §. 26. Kan also unsere Erde, als ein Koͤrper, der von den Lichtstrahlen des Himmels gehalten und ge- schwungen wird, vor dem Einstuͤrzen der alten Hohlungen, die jetzige Bahn gegangen seyn? Kan sie gegen Sonne und Mond ihre Bahn wie jetzt gehalten, und koͤnnen ihre Bewohner diese Himmelskoͤrper so und fuͤr das, wofuͤr wir sie jetzt ansehen muͤssen, erkennt haben? §. 27. §. 27. Konnte nachher diese hohle Kugel, ausser ihre alte Bahn zu veraͤndern, wohl noch die vorige Lage behalten, nachdem sich durch den Einsturz der Hoͤhlen ihr Waagestand aͤnderte? mußte sich nicht dadurch die Axe mit ihren Polen aͤndern? und dabey manches Land aus einer guten Him- melsgegend in eine schlechtere gerathen? wurde nicht dabey unsern Erdbewohnern der Lauf des Himmels ganz anders sichtbar? ja im Fall, daß sich die Erde uͤberschlagen mußte, gieng nun nicht die Sonne da auf, wo sie sonst untergieng? §. 28. Wenn konte nun diese hohle Kugel, die blos vom Weltlicht gehalten, geschwungen, und nicht mehr, als vorher zusammen gedruͤckt wurde, ih- ren ersten Einsturz leiden? ohne Zweifel zu der Zeit, da sie den ersten Druck eines andern Him- melskoͤrpers litte. Ist aber nicht ein solcher Koͤr- per unser Mond; wie noch taͤglich Ebbe und Fluth bezeugen? Also mußten mit dem Antritt B gegen gegen einen Planeten unserer Sonne die Anstal- ten zum ersten Einsturz sich anfangen. §. 29. Wenn nun von zweyen oder mehrern Koͤrpern, die zugleich von einer Kraft geschwungen werden, der leichteste in der Mitte und der schwerere am Umfange des Schwunges geht; so wird wohl auch die Erde, wenn sie leichter als ihr druͤckender Mond war, in der Mitte des Schwunges wal- zend, und der Mond um sie schmieggaͤngig gewor- den seyn. Wird aber Ebbe und Fluth nicht erst seit des Mondes Nachbarschaft, und dadurch auch erst der Einsturz eines festen Landes nach dem andern erfolgt, ein neues Land nach dem an- dern entstanden, und von den Nachbarn bevoͤlkert worden seyn? §. 30. Werden nicht also auf dem ersten neuen Lande jener Zeit, als auf dem aͤltesten festen Lande jetzi- ger Zeit, die seit dem hier angesessenen Voͤlker, welche nur aus der Nachbarschaft hinuͤber gien- gen, sich als die aͤltesten Voͤlker des Erdballs an- sehen sehen koͤnnen? Darf man sich aber hierbey die Einrichtung oder Unterhaltung der alten Erde und ihrer alten festen Laͤnder, vom Weltlicht, Luft- kreise, Regen, von den Quellen und Fluͤssen, so vorstellen und denken, wie die jetzigen? §. 31. Darf man also die Beschreibungen der dama- ligen und nachfolgenden Voͤlker, von der alten Erde und ihren Verwandlungen, blos aus der jetzigen Gestalt, dem gegenwaͤrtigen Umlauf, und dem jetzt gangbaren Unterhalt des Meeres und Landes erklaͤren, oder verstehen wollen? Wird man nicht also die aͤlteste Erdgeschichte voraus setzen muͤssen, ehe man von der aͤltesten Menschen- geschichte reden will? §. 32. Und was kan man endlich von dem Schoͤpfer aller Himmelskoͤrper, und der Erde, ohne diese, wohl richtig sagen, wenn man von seiner Absicht und Liebe gegen die Menschen, ohne Religions- oder Geschlechtsstolz, reden will? B 2 §. 33. §. 33. Besonders von Thuͤringen. Ob man nun gleich dadurch weit in das Alter- thum der Erde hinaus sieht, so fehlt doch noch ein Maasstab dazu. Wenn aber eine Gegend, die zuverlaͤßig als alter Meergrund anzusehen ist, in ihrem Schichtbau volle Beweise fuͤhrte, daß wenigstens acht Hauptveraͤnderungen, mit diesem alten Meere, und wo nicht mehrere, doch eben so viele mit den alten festen Laͤndern vorgegangen waͤren, ehe dieses Meer seinen alten Grund ver- ließ; haͤtte man da nicht an dieser Gegend vorerst einen einzelnen Beweis und Maasstab im Klei- nen? der zwar nicht nach Sonnenjahren, aber doch nach natuͤrlichen Zeitlaͤuften zu bestimmen waͤre, und der sich auch wohl kuͤnftig noch mehr vergroͤssern und verbessern liesse? §. 34. Eine solche Gegend ist fuͤr mich unser Thuͤrin- gen. Man betrachte es von der Mitte uͤber den Harz, und von diesem bis zum Thuring herum; oder oder man gehe aus der Mitte uͤber den Thuring. Es sey von Gotha bis Saalfeld, wo es wolle; ja eben so gut, von der Mitte gerade gegen das Vogtland, bis an die Sudeten um Boͤhmen, oder von der Saale durch das Altenburgische ins Saͤchsische Gebirge. Doch jede Gegend in Eu- ropa, die man von einem hohen Gebirge, uͤber die tieferen Berge hin, zum gegen uͤber stehenden hohen Gebirge desfalls untersucht, und welche ein Schos des alten Meergrundes (der viele sol- cher Schoͤse hat,) jetzt heißen mag; oder die man von einem Meere bis zum naͤchsten hohen Gebir- ge durchforscht, muß dergleichen Maasstab abge- ben koͤnnen, wie mich die Beschreibungen verschie- dener Naturforscher, von verschiedenen Gegen- den vermuthen lassen. §. 35. Der zu fruͤhzeitig verstorbene Naturforscher, Lehmann, hat schon in seiner Abhandlung von den Floͤtzgebirgen, das meiste vom Thuͤringischen Schichtbau gegen Norden angegeben, doch hat B 3 er er nicht von der Mitte hinaus gemessen, und also zwey Hauptgebirge mit ihren Unterlagen uͤber- gangen, und noch dazu den ganzen Schichtbau, durch eine unnatuͤrliche Auslegung fuͤr die Natur- kunde unbrauchbar gemacht. §. 36. Nach ihm hat ein Thuͤringer, in einer Ge- schichte des Landes und Meeres, die in dem 2ten Bande der Akten der Maynzischen Akademie ste- het, das, was in Ansehung des mittleren und suͤd- westlichen Thuͤringen, uͤbergangen worden, ziem- lich nachgeholt; so viel ich mich aber erinnere, hat seit 1761 nicht mehr, als einer, oder ein paar Naturforscher diese Geschichte durchgelesen und durchgedacht, doch ohne eine Vergleichung der Gebirge ihrer Gegend anzustellen. Weil nun der Verfasser sich dieser Geschichte nicht weiter angenommen hat, und auch wohl vielleicht nicht annehmen duͤrfte; so werde ich das, was ich nach- her noch als Beytraͤge gefunden habe, hier zu nutzen und geschichtmaͤsig nachzutragen suchen, um um dadurch die Geschichte des Landes und Mee- res zu erweitern. §. 37. Wenn der Auf bau von Schichten erstlich diese Richtigkeit vor sich hat, daß die untersten die er- sten oder aͤltesten, die obersten hingegen die letz- ten und juͤngsten sind; daß ferner bey einer schief- abfallenden Lage dieser Schichten, eben die aͤlte- sten am hoͤchsten Theile vorragen, und die juͤng- sten, oder letzten gegen die Ebne ablaufen, und daß eben die ersten oder aͤltesten Schichten, wenn man sie gegen das Alter der Erde haͤlt, die Ju- gend unseres alten Meeres oder der Erde, umge- kehrt aber die letzten Schichten das hohe Alter unsers alten Meeres anzeigen; daß endlich diese juͤngsten Schichten, weil sie am meisten blos ste- hen, am leichtesten zu untersuchen sind; so wird man diese Untersuchung allezeit am leichtesten von der Ebne solcher Gegend, oder von dem hohen Alter unserer Erde anfangen, und von da gegen die Hoͤhe, als ihre Jugend, zuruͤck gehen koͤnnen. Daher ich auch aus dem mittleren Thuͤringen, B 4 gegen gegen dessen hohes Gebirge, wo der alte Meer- grund zu seiner alleraͤltesten Zeit, als in seiner ersten Jugend, selbige Anhoͤhen zu diesem Meer- schose schon gehabt haben muß, hinaufsteigen werde. Diese Anmerkung moͤgen meine Leser wohl behalten. §. 38. So wie man aber von der Ebne nichts als die Oberflaͤche angeben, hingegen von den Bergen, wenn ihr Schichtbau zu Tage auslauft, die Art, Zahl, Gehalt und Anbau der Schichten, nebst dem Wechsel ihrer Arten genauer bestimmen kan; so ist es auch natuͤrlich, daß ich nur von dem Ort, wo die Ebne zu einem Berge ansteigt, die Art und Folge der Schichten bestimme. Wer aber Thuͤringen, oder eine andere aͤhnliche bergichte Gegend kennt, wird gleich vermuthen, daß ich unter dem Worte Berg, keine so kleine Anhoͤhen, wie etwa der Kickerlings- oder Sandberg, bey Leipzig ist, und die ein Thuͤringer einen Rand, oder hoͤchstens einen Huͤgel nennen wuͤrde, hier verstan- verstanden haben will; doch kan das Wort Gebirge bisweilen darauf passen. §. 39. Hierbey muß ich noch vorher erinnern, daß das bergmaͤnnische physikalische Gebirge, von dem geographischen oder geometrischen, welches nur einen Zusammenhang oder Fortsetzung meh- rerer Berge bedeutet, hier zu unterscheiden sey. Denn Berge, so weit sie, nach dem Hauptbe- stande und dem Gehalt ihrer Schichten, nach ihrem Lager und Anbau sich gleichen, z. B. so weit sie aus Sand, oder Kalch mit Muscheln be- stehn, heissen nach diesem Haupttheil schon Ge- birge, und nach dem Bestande selbst Gebirges Art. Wenn aber solches Gebirges unterer Theil, nach dem Bestande abweicht, jedoch nach dem Lager und Anbau mit ihm fortlaͤuft, wenn es auch gleich vorspringt, so heißt dieser untere Theil, das Un- terlager, oder Wechsel solches Gebirges. §. 40. Daher kan ein Berg, den der Feldmesser vom Fuß an bis zur Spitze, nur als einen einzigen B 5 Berg Berg ansieht, sowohl nach der unterschiedenen Gebirgesart, als selbst nach deren Unterlager, in mehrere Gebirge einzutheilen seyn. Denn so fin- det man einen einzigen Berg, aus dem blauen, rothen, weissen, und Floͤtzgebirge zusammengesetzt. Hingegen heissen auch die Berge, nach dem Be- stande, oder der Gebirgesart ihrer Haupttheile, sie moͤgen so weit als moͤglich von einander ent- fernet seyn, und am Harze, oder am Thuring, oder im Vogtlande liegen, doch allezeit nur ein einziges Gebirge, und folglich zeigt hier das berg- maͤnnische oder physikalische Wort, Gebirge, eine ganze Menge Schichten, die sich nach ihrem Be- stande und Lager gleichen, an. §. 41. Deswegen kan man ohne Furcht zu irren, sa- gen, daß in Thuͤringen, Sachsen, Lausitz, u. s. w. nur ein einziges Sandgebirge sey, obgleich die Sandberge zwischen dem Umfange und in der Mitte umher zerstreut liegen. Es bleibt ihnen auch daher der Name des Gebirges, wenn gleich die die Schichten zusammen unter der Erdflaͤche lie- gen, eben sowohl eigen, als wenn sie hervor stuͤn- den; denn ihr Bestand und Lager zwischen dem vorausgehenden und nachfolgenden, nicht aber ihre Lage oder ihr Stand auf der Anhoͤhe, giebt den Schichten diesen Namen, welches man eben- falls merken muß. §. 42. Das Muschelkalkgebirge. Nun komme ich zur Sache selbst: Das juͤng- ste Gebirge von Thuͤringen, besteht aus Muschel- kalk, welcher nach verschiedenen Abstaͤnden, oder besondern Ketten von solchen Bergen, meistens von Abend gegen Morgen laͤuft. Wer die ganze Hoͤhe, Zahl und verschiedene Staͤrke seiner Schich- ten, den Gehalt der Muscheln nach ihrem Alter und ordentlich vertheilten Geschlechtsarten, nebst dem Bestande der Kalcherde, oder ehemaligen Meerschlamme, nur ungefehr zu schaͤtzen sucht, wird den Zeitraum, innerhalh dem dieses alte Meer eine so grose Menge Schlamm absetzte, so viel viel Seethiere groß zog, und dabey erst jeder Schicht vom Schlamme die Haͤrte, wodurch sie sich von der andern absondern laͤßt, geben konte, unmoͤglich durch ein paar hundert Sonnenjahre bestimmen wollen. Zumal wenn er des Meeres ruhige Beschaffenheit, welche so lange unveraͤn- dert dergleichen Kalchschlamm gab, damit verbin- den will. Unsere Nachkommen, denen das Wachsthum und Alter dieser Seethiere zu erfor- schen vielleicht aufgehoben seyn wird, moͤgen kuͤnf- tig die Jahre, genauer bestimmen, fuͤr jetzt ist es genug, den Zeitlauf des Muschelkalks uͤberhaupt Der Zeit- lauf K. als eine lange Zeit ansetzen, und ihn mit meinem Vorgaͤnger K schreiben zu duͤrfen. §. 43. Dessen Unterlager. Da das Unterlager dieses Gebirges, sowohl vermoͤge der starken rothen und andern mit Gips abwechselnden Mergelschichten, als nach dem Gehalt von Landthieren, Steinkohlen, und fetten Alaunschiefern beweist, daß hier und vor dem ru- higen higen Zeitlauf K , vielmehr Erdbeben, als welche das Meerwasser gelb oder rothschlammicht ma- chen, und Ueberschwemmungen von einem alten festen Lande, welche Elephanten und andere frem- de Thiere hergefuͤhret, dieses alte Meer beunru- higet haben, doch so, daß die Seethiere hier noch ihre Ordnung beybehalten konten; so ist zwar die- ser Zeitlauf nicht so hoch, als obiger zu schaͤtzen, doch kan er auch wegen seinem hohen Vorsprunge, der sich hier und da zu besondern Bergen aufge- bauet findet, als der rothe Berg vor Erfurt, nebst Der Zeit- lauf k. andern im mittlern Thuͤringen, gar nicht mit wenig Jahren verglichen wer- den, und ich will ihn k nennen. §. 44. Das Sandgebirge. Vor diesem beunruhigten Zustande des thuͤrin- gischen alten Meerschoses, war es hingegen auf die besondere Art beschaffen, daß das sehr hohe Sandgebirge schichtweise erbauet, und unzaͤhlige Seethiere uͤberall entweder nur umsteint, oder durch- durchgehends wie hier zu Lande versteinert wer- den konten. Nun setze man die Beschaffenheit des Meerwassers, welche Sand oder die haͤrteste Sandart geben kan, erstlich voraus, lasse dabey solche stets mit der Beschaffenheit, vermoͤge wel- cher das Meer blos mergelartigen Thon giebt, nach dem Maase kleiner Schichten mit unter abwech- seln, und verbinde die ungeheure Zahl der Sand- schichten, von denen auch jede vor sich ihre Zeit der Verhaͤrtung noͤthig hatte, nur nach einem kleinen Zeitmaase damit, wie viel Jahrhunderte wird das Meer sowohl fuͤr den Sand, als dessen versteinerte Bewohner, worunter in verschiede- ner Entfernung der Hoͤhe sich Muschelkerne zu anderthalb Schuh groß finden lassen, erfordert ha- ben? ohne die Zahl der Jahre nach unserm Zeit- Der Zeit- lauf J. maase angeben zu wollen, mag der Zeitlauf dieses Sandgebirges J heissen. §. 45. Das Unterlager. Doch ist diese sandigte Beschaffenheit des alten Meeres auch durch einen von Erdbeben und des festen festen Landes Ueberschwemmung gestoͤrten Zu- stand des Gewaͤssers, der nicht allzugeschwind Der Zeit- lauf i. erfolget seyn kan, veranstaltet wor- den; diesen kleinen Zeitlauf will ich i nennen. §. 46. Das Mehlbatzige Kalchgebirge. Ehe aber diese Veraͤnderung des Meeres, wel- che sein Salzwasser zum obigen Absatz des San- des vorbereitete, hier erfolgen konte; war vorher ein so ruhiger Zustand des Meeres, daß sich der reine Kalchschlamm des Meerwassers, an dem Umfange des hoͤhern Meerschoses hier, als ein weißliches Mehl, oder wie gelbliche Kreide abse- tzen, und diese Masse (Mehlbatzen) durch Eintritt einer schwaͤrzenden Feuchtigkeit in guten Kalch verwandeln konte. Es hat dieser Kalch wenig Muschelarten, ausser an den Scheidungen der Schichten, und blos versteinert erhalten; doch finden sich die Griphiten mehr umsteint, als ver- steinert in ein paar Schichten. Es muß aber eine eine Verwuͤstung des festen Landes vorher gegan- gen seyn, und dieser Gegend viel Holzstaͤmme zugefuͤhrt haben; weil sich hier und da solches Holzwerk in diesem Kalche versteinert antreffen laͤßt. Die Hoͤhe dieses Kalchgebirges kommt zwar obigem Muschelkalch nicht bey; doch laͤßt sich auch hier, wegen des mehlichten Bodensatzes eines Kalchschlammes weniger Geschwindigkeit Der Zeit- lauf H. vorstellen, zumal da fast alles Mu- schelwerk verzehrt ist. Diesen Zeitlauf nenne ich H. §. 47. Das Unterlager. Von dieser kalchigten Beschaffenheit des Meer- wassers finden sich zuverlaͤßige Merkmahle einer grossen Verwuͤstung des alten festen Landes durch Erdbeben, sowohl an dem schwarzen schieferarti- gen Mergel, als auch an den Steinkohlen einer Gegend, und die Alabasterarten der andern Stri- che. Nach dem Anschein mancher Gegend, kan man diese Verwuͤstung nicht so geschwinde, als es es andere Stellen vermuthen liessen, fuͤr abge- than ansehn, und man hat dabey die ungleichen Der Zeit- lauf h. Fluͤttungen genauer zu erwaͤgen; die- sen Zeitlauf nenne ich h. §. 48. Das Floͤtzgebirge. Fast in gleichem Zuge des untern Umfanges oder Vorgebirges der aͤltesten Anhoͤhe, folgt nun das dem Bergmann so bekannte Floͤtzgebirge, des- sen reinlicher, im entfernten Abstande liegender Schichtbau, aus mehlichtem Kalchstein bestehet, aber naͤher am Umfange, wegen der gelben oder braunen Fluterde und spatigen Salzart, ein un- gleiches Schichtwerk vorstellt. Daß aber in der ersten Zeit dieses Aufbaues eine schnelle Ueber- schwemmung eines festen Landes gegen unsere thuͤ- ringische Tiefe westnoͤrdlich ihren Zug gehabt ha- be, beweisen die Fischschwuͤlen, in dem schwarz- schiefrigen Kupferfloͤtze, welches noch bey Ilme- nau, oder westlich, so gut, als am Harze, oder noͤrdlich bauwuͤrdig war, dagegen es in dem suͤd- C lichen lichen Theil gegen Saalfeld und das Vogtland bis jetzt kaum recht zu finden gewesen ist. Dieser Zeitlauf, der dem vorigen H an Dauer ziemlich Der Zeit- lauf G. gleich gewesen seyn doͤrfte, mag also G heissen. §. 49. Das Unterlager. Seine Vorbereitung aber, oder dessen Unter- lager hat wohl unter allen am wenigsten Zeit weggenommen, indem es nur aus etlichen Schich- ten besteht; es muͤßte denn der Sand, welcher eine bald schwache, bald starke Schicht ausmacht, zu seiner Erzeugung aus dem Meerwasser, eine Der Zeit- lauf g. laͤngere Zeit, als Mergel, Thon oder Leimen, erfordern. Dieser Zeitlauf sey g , nach ihm giengen erst die vorge- dachten ruhigern Zeiten dieses alten Meeres an; denn die nun weiter vor ihm hergehn, sind mei- stens voll Beweise der heftigsten Erdbeben in hie- siger und entfernter Gegend, nebst grossen Landes- verwuͤstungen. Mein oben genannter Vorgaͤn- ger ger hat diesen Zeitlauf e geschrieben, weil die un- terste Schicht hier der Beschluß seines Gebir- ges E ist, welches jedoch der Zeit nach F heissen sollte, er hat aber mehr auf sein Lager, als die Zeit, gesehen. §. 50. Das weisse Schal- oder Schiefergebirge. Zwar hat das weisse Schalgebirge, welches der Zeitordnung nach, und vermoͤge der untersten Schicht des naͤchsten Unterlagers hier, gleich vor- her erbauet wurde, an sich noch anfaͤnglich Ruhe genug genossen; aber der hiesige Zustand des al- ten Meeres selbst, muß gleich mit dessen Anfange, die besondere Veraͤnderung, welche ein Gebirge wieder hoch gegen den Umfang hinauf, anbauen konte, erlitten, und auch lange so gedauret ha- ben; weil sich unter ihm dieses gneisige und thon- hafte Gebirge, so hoch an dem Umfange hinauf, und so stark an Schichtwerk, aufgebauet hat. Es liefert den grauen Schiefer, welcher freylich nicht der beste ist. Ob man aber darinnen, wie C 2 in in allen thonhaften Schichten, wenig Seestuͤcke findet, so ist es doch nicht ganz von allen Spuren entbloͤsset. Endlich muͤssen mit dessen Vollen- dung, die Erdbeben, welche in unserm Umfang fast uͤberall das Unterste zum Obersten umge- stuͤrzt, und gelben oder braunen Leimen haͤufig ins Meerwasser gemischt haben, ihre staͤrkste Wuth auszulassen, aufgehoͤrt haben, denn die vorgedachten und nachher erbauten Gebirge findet man viel gelinder gemißhandelt. Ich muß dieses Gebirge der Zeitordnung wegen F nennen, da es Der Zeit- lauf F. mein Vorgaͤnger des hoͤheren Lagers wegen F nennt. §. 51. Das rothe Schalgebirge oder Unterlager. Hingegen wird nun das rothe Schalgebirge, welches sich vorher sowohl, hoch am Umfange hin, als auch weiter gegen die Tiefe des Umfan- ges mit herunter angebauet hat, und von stark zusammenhangenden Erdbeben, die das Meer noch jetzt mit rothen Thonschlicken faͤrben, durch eine lange Zeit, zeuget, auch durch die verschiede- ne ne Art der Schichten, bald die Staͤrke dieser Erd- beben, bald deren Nachlaß, merken laͤßt; wieder meines Vorgaͤngers Benennung, doch ohne sei- Der Zeit- lauf E. ner Zeichnung von dessen Lager zu wi- dersprechen, statt F , vielmehr E , heis- sen muͤssen; wie es denn ganz wohl als das Unterlager von F , angesehen werden kan, da ja obgedachte Unterlager nach dieser Zeit auch stets mehr, oder weniger vorgesprungen sind. Der rothe Marmor dieses Gebirges besteht groͤß- tentheils aus graukalchigten Muschelkernen, im rothen Kalch, und diese Seethiere scheinen darum nicht unfruchtbarer gewesen zu seyn, obgleich die- ser stuͤrmische Zeitlauf das Meer selbst viel staͤr- ker, als das feste Land, eben seiner Roͤthe wegen, betroffen haben kan. Doch laͤßt das versteinte Holz, so man oft in diesem Gebirge findet, das feste Land auch nicht ganz frey sprechen. §. 52. Das blaue Schal- oder Schiefergebirge. Desto zuverlaͤßiger aber muß eines der groͤßten alten festen Laͤndern seinen voͤlligen Untergang zu C 3 der der Zeit, da unser altes Meer das blaue Schie- fergebirge erbaute, neben dem alten Meer von Europa erlitten haben, und zwar mehr ein sum- pfigtes als trocknes Land. Denn man findet noch Schichten, wie schwarze Kreide, die voͤllig der Moorerde gleichen; doch haben darum die See- thiere solche Gegend nicht oͤde gelassen. Denn der schwarzgraue Marmor fuͤhrt oft mehr Mu- schelkerne, als man gerne siehet: ja an vielen Oertern, ist er daher nicht zum Dachschiefer, zu gebrauchen, weil er der Verwitterung mehr un- terworfen ist. Dieser Zeitlauf kan auch nach dem hohen Anbau dieses Gebirges, nicht anders, als sehr lange gedauret haben, und die Fluth von dem versunkenen festen Lande, herwaͤrts gegen unsern Meerschos, muß sich erst mit dem Erdbeben des nachfolgenden und kurz zuvor beschriebenen ro- Der Zeit- lauf D. then Gebirges, anders wohin gewen- det haben. Der Ordnung nach nenne ich diesen Zeitlauf D. §. 53. §. 53. Das Alaunhaltige Unterlager. Zu mehrerem Beweise dessen, was ich gesaget, dienet das Alaunhaltige Unterlager, welches ich meinem Vorgaͤnger zu Folge, viel eher nach sei- ner Zeit, als nach seinem Lager und Vorsprunge davon, unterscheiden darf. Wer weiß nicht, daß der Alaun seinen Ursprung der Vermischung des Thons und Schwefels, vermittelst dem Pflanzen- reich, bey allen Alaunfloͤtzen zu danken habe? Ob aber die Fluth des festen Landes, den obern faulen Schlamm gemaͤchlich, oder geschwinde, nach unserer Gegend zugefuͤhret habe, ist freylich nicht anzugeben, und also auch nicht das Maas Der Zeit- lauf C. des Zeitlaufs; wir wollen ihm also nur den Namen C geben. §. 54. Die Steinkohlenfloͤtze. Es beweisen ferner die hierunter liegenden Steinkohlenschichten, nebst den andern Kraͤuter- schiefern, welche blos auslaͤndische Wald- und C 4 Sumpf- Sumpfkraͤuter enthalten, daß der Fluth des al- ten Meeres nach hiesiger Gegend, zuerst die leich- teren Kraͤuter, von der Oberflaͤche des festen Lan- des gefolgt sind, und sich nach der Zeit erst, waͤh- rend C und D , der tiefere Meerschlamm loß ge- fluͤttet, und hier wieder niedergesetzt habe; end- lich aber auch bey den heftigen Erdbeben, die schwereren Holzstaͤmme nachgefolget sind. Viel- leicht doͤrfte Jemand, der die Zahl, Staͤrke und Abwechselung der Schichtarten innerhalb jeder solcher Zeit, nicht genug erwaͤget, vielmehr auf eine besondere Geschwindigkeit, als lange Dauer dieser Zeitlaͤufe schliessen wollen; allein wenn er bedenkt, daß selbst in unsern jetzigen von Ebbe und Fluth, nebst andern Stuͤrmen sehr beunru- higten Meere an den Kuͤsten der Nordsee, Spu- ren von Gegenden, die vor vielen Jahrhunder- ten versunken seyn, oder uͤberschwemmt wurden, noch sichtbar seyn sollen; so wird er hier schwer- lich eine grosse Geschwindigkeit behaupten moͤgen. Doch dem sey, wie ihm wolle, genug, daß sich in diesem Zeitlauf, die Fluth von diesem versunke- nen Der Zeit- lauf B. nen grossen festen Lande angefangen hat, und sich mit B anzeigen laͤßt. §. 55. Das rothe todte Lager. Daß aber die Verwandlung der alten festen Laͤnder, und des alten Meergrundes Schichtbau, nebst den Erdbeben, hier nicht zu erst angefangen haben, bezeugt das noch vorher aufgebaute rothe todte Lager, welches nach mancher Gegend auf dem hohen Thuringe, und uͤber dem Vogtlande hin, durch seinen hohen und abwechselnden Schicht- bau, ingleichen die noch merkbare Versteinerun- gen, einen schon sehr wandelbaren und beunru- higten Zustand des alten Meeres, und also auch der naͤchsten festen Laͤnder, erweiset. Wenn ich meinem Vorgaͤnger nicht so gerne folgen wollte, wuͤrde ich diesen Zeitlauf, nach der veraͤnderten Beschaffenheit des Meerwassers, wie der veraͤn- derte Bestand der Schichten beweiset, noch beson- ders abtheilen koͤnnen. Von den Versteinerungen aber will ich der Drusenkugeln gedenken; wovon C 5 die die Gegenmuster in dem Alaunschiefer C , und dem viel juͤngeren Sandgebirge I , in der Groͤsse der Nuͤsse, und auch der vierpfuͤndigen Kanon- kugeln, doch mit einem braunmuͤlmichten Ueber- zuge gefunden werden, und sich ausser dem noch Der Zeit- lauf A. nicht haben finden lassen. Es mag dieser lange vielfache Zeitlauf A heissen. §. 56. Das Grundlager. Endlich kommt nun das so genannte Grundge- birge, welches doch selbst auch nach seinem sicht- baren Theil von einem alten Meer auf seinem Grunde erbauet worden, wie das salzartig gekoͤrn- te und schuppigte Gestein zwischen einer milderen Art erweiset; nur sind die Schichten nicht so ab- gesetzt, oder vor sich besonders, wie nach der Zeit in den andern Gebirgen verhaͤrtet. Hieraus laͤßt sich also nur ein anderer Zustand dieses aͤlte- sten Meeres, nach seiner ersten Zeit, oder Ju- gend erweisen, von dem aber weder Anfang noch Der Zeit- lauf X. Dauer angegeben werden kann. Wir wollen ihn X nennen. §. 57. §. 57. Hier ist nun der Ort, wo man nach thuͤringi- schet Gegend wieder umwenden muß, weil man in der Erdforschung von dieser Art, nicht weiter kann. Denn jenseits des Thurings Bergabwaͤrts, nach dem alten Meerschose von Franken und Hes- sen, wie auch nach dem Boͤhmischen und Nieder- saͤchsischen Meerschose, folgt alles wieder eben so, wie hier; doch nur nach dem Hauptbestande jedes Gebirges, aber nicht nach den besondern Schich- ten und Versteinerungen. Diese werden schon in unserm thuͤringischen Meerschose, erstlich nach dem eigenen Abstande jedes Gebirges, hier und da an- ders befunden, wie die vielen Nautiliten und Am- moniten des Muschelkalches K, im mitleren Thuͤ- ringen beweisen, welche an der Saale hin, darin- nen desto seltener vorkommen; zweytens nach je- der andern Gebirges Art, dennoch selbst in dersel- ben Gegend von ungleichem Geschlecht, oder von anderer Gattung sind, als die Kugeln in I, C, A; oder die Griphiten in H. Dieses trift noch mehr zu, wenn man das naͤmliche Gebirge in einem an- dern dern Meerschose hiermit vergleicht. Denn es hatte damahls schon jeder Schoos sein eigenes; doch werden die Terebratuliten, wohl an jedem Ort, im Muschelkalche K, sich finden lassen. §. 58. Wenn wir uns nun hier auf dem Grundgebir- ge X, herumdrehen, und wieder ruͤckwaͤrts da hin- unter sehen, wo wir herkamen; so koͤnnen wir ver- mittelst dem hohen und breiten Blick der Vor- stellung, auf einmahl den ganzen Anbau unseres ehemahligen Meeres uͤbersehen, und zugleich deut- lich erkennen, daß dieses alte Meer, nachdem es die Erde auf seinem Grunde mit so vielen Gebir- gen beschweret hatte, endlich so weit, als das kalch- gebirge K, das Letzte geblieben, und keins weiter daruͤber gebauet ist, auf einmahl seinen Grund verlassen, und sich in neues Land, oder den Boden von Europa, verwandelt haben muͤßte; wo hin- gegen uͤber K, ein neuer Anbau steht, das muß spaͤter urbar geworden seyn. §. 59. §. 59. Wie lange ist es nun wohl, daß unser Europa neues Land wurde? und wie lange ist es, daß Asien, Afrika, und Amerika dergleichen wurden? daß sie es zugleich wurden, widerlegt die allge- meine und hiesige Erdkunde. So wie man aus den thuͤringischen Elephanten Knochen schluͤssen kann, daß kurz vor dem Zeitlauf K, waͤhrend k das ehemahlige Vaterland dieser Thiere zu Grun- de gegangen; so muͤßte man auch von den Sibe- rischen, aus der Folge der Gebirge, oder Zeitlaͤufe schluͤssen koͤnnen, ob sie mit unsern zu gleicher Zeit, oder nicht, in den dasigen Meerschos gefuͤhret worden waͤren. Denn koͤnnte man vermuthen, daß wenn dieser Elephanten Vaterland, auf der einen Seite zu Grunde gegangen, ein neues Land auf der andern Seite vor ihre erhaltene Bruͤder, entwe- der in Asien, oder in Afrika, entstanden seyn muͤsse. §. 60. Die Europaͤische Hochfluth. Es ist aber noch eins von Europa, nach unsern thuͤringischen Zeugnissen nach zu holen: naͤmlich eine eine sehr hohe Fluth, welche suͤdwestlich, oder durch Franken, uͤber den Thuring herein gebrochen ist, und nach diesem Zuge, uͤber viele der hoͤchsten Berge, die Griesgeschuͤbe, die man an der Saale, Ilm, und Gera bey Erfurt, vor deren Flußgries ansieht, gefuͤhret, und uͤber das an den hiezu be- quemen Ruheplaͤtzen, die Leimengruben, und end- lich am Fuse, des hiedurch erreichten Kalchgebir- ges K, die Tuffstein Lager angeleget hat. Daß unser Thuͤringen vor dieser hohen Fluth schon be- pflanzt und bewohnt gewesen sey, beweisen die Versteinerungen des Tuffsteins; worunter die Kohlen und Brender vorzuͤglich die Bewohnung von Menschen bekraͤftigen. Daß aber diese hohe Fluth keine Meeresfluth gewesen sey, beweisen die Griesgeschuͤbe, Leimengruben, und Tuffstein Lager zusammen; in so ferne sie kein einziges Seestuͤck, sondern lauter Landstuͤcke enthalten. Ob aber die- se hohe Fluth mit der Asiatischen Suͤndfluth einer- ley gewesen sey, kann ich nicht sagen; so wenig sich angeben laͤßt, wie lange vorher Europa bewohnt gewesen sey; doch darf ich wohl den Zeitlauf un- seres Vor der ho- hen Fluth der Zeitlauf L, nach ihr der Zeitlauf M. seres neuen Landes, bis zu dieser hohen Fluth L, und den nach ihr bis auf unsere Zeit M, nennen. §. 61. Anwendung des Maasstabes von Thuͤringen. Nunmehr haͤtten wir den Maasstab, den uns der alte Meerschos von Thuͤringen, fuͤr Europa, wenigstens einseitig angiebt, er waͤre auch deutlich genug abgetheilet und benennt. Hoffentlich sol- len diese unverfaͤlschte Urkunden der Natur, die kein Schriftsteller, Abschreiber oder Drucker ver- stuͤmmeln, jeder Kenner aber innerhalb 8 Tagen einseitig durchlauffen kann, nicht allein die wahre Geschichte der Erde, durch einen sehr langen Zeit- raum voͤllig aufklaͤren, und ihr Alter noch weiter hinaus zu bestimmen dienen; sondern auch die Geschichte der Menschen und ihr Alter genauer bestimmen zu koͤnnen, ebenfals einen weit hinaus reichenden Schluß an die Hand geben. §. 62. Es wuͤrde also das Alter der Erde, wiewohl nur einseitig nach der Geschichte von Europa be- rechnet, rechnet, so weit ruͤckwaͤrts zu bestimmen seyn, daß man von hier zur Hochfluth den Zeitlauf M , von dieser zur Erscheinung des neuen Landes Europa den Zeitlauf L , denn die 14 kleinen und grossen Zeitlaͤufe, der Verwandlungsanstalten K k J i H h G g F E D C B A , stellte, und nun X entweder allein bis an die Erzeugung der Erde hinan lau- fen, oder wohl besser, nach der Art aller wachsen- den und sich verwandelnden Koͤrper, noch vor dieser Erzeugung fuͤr ihre Kindheit einen Zeitlauf Der Zeit- lauf Yu. Z. Y gelten ließ; endlich aber erst Z fuͤr seine Erzeugungsanstalten und deren Zeitlauf setzte. §. 63. So wenig nun auch die Berechnung dieser 18 oder 19 Zeitlaͤufe, nach unsern Jahrzahlen Men- schen moͤglich seyn mag; so ist es doch nicht so- wohl die Groͤsse dieser Zahl, welche den Beweiß hier ausmacht; als vielmehr die Verwandlung der Erde, die Reihe ihrer Schicksale, waͤhrend dieser Zeit, und ihre hieraus erfolgte gegenwaͤr- tige tige Beschaffenheit, nebst dem heutigen Zustande aller ihrer Besitzer, an Pflanzen, Thieren und Menschen, in so ferne diese, dem Naturforscher daraus zu schliessen erlauben, was die Naturkun- de rechtfertigen, oder doch entschuldigen kann. §. 64. Denn welcher Naturforscher wird einen Him- melskoͤrper, der einmal verwandelt werden soll, mit der Verwandlung seiner noch jungen Gestalt, machen lassen? Wer wird die jungen festen Laͤn- der sogleich einstuͤrzen, und das noch junge Meer schon so bald dahin verlaufen lassen? Wer wird die kaum warm gewordenen Besitzer eines Landes und Meeres gleich wieder auf andere Stelle ver- treiben? Wird sich nicht jeder, nach den Natur- gesetzen aller wachsenden Koͤrper einen solchen Himmelskoͤrper, lieber erstlich eine gute Zeit in seiner gleichartigen Verbesserung vorstellen? und ihm dieses, der Natur gemaͤß, als seine Jugend anrechnen, als gleich zur widerwaͤrtigen Umkeh- rung im Weltlichte hinschwingen lassen? D §. 65. §. 65. Woferne wir nun die Verwandlung der Erde nicht laͤugnen koͤnnen, so koͤnnen wir ja auch wohl ihre Erzeugung von ihres gleichen, nach dem Ge- schlecht, ob gleich nicht nach der einzelnen Art, nemlich von andern Himmelskoͤrpern, zugeben, und also auch ihre Kindheit und fernere Jugend; wenn man anders hier nach Beispielen vom Klei- nen aufs Grosse schliessen darf. Erforderte nun ihre Verwandlung die 15 Zeitlaͤufe A B C D E F g G h H i J k K L, denn die Hochfluth nach L kann ich wohl getrost, als einen der letzten Verwandlungszufaͤlle ansehen; wollen wir der heranwachsenden unwandelbaren Jugend unserer Erde, nur den Zeitraum X, und wohl gar seinem Maas nicht mehr, als hoͤchstens den groͤßten der obigen beylegen; so daͤchte ich, wir liessen lieber ihre Jugend nicht so geschwinde verfliegen, son- dern vielmehr sanft und vergnuͤgt ansteigen. §. 66. Doch wir wollen weder den Zeitlauf X, noch seine Vorzeiten weiter ausforschen. Genug fuͤr uns, uns, daß gleich bey dem Zeitlauf A, das alte Meer, in Ansehung seiner Bewohner unserm jetzigen aͤhnlich war, und daß gleich im Zeit- lauf B das versunkene feste Land, sich wie unsere heutigen bepflanzt, zeigte: folglich darf man auch die Erde schon im Zeitlauf X, und so weiter ruͤck- waͤrts, in Ansehung der Besitzer ihrer festen Laͤn- der, unserm jetzigen Erdboden gleich schaͤtzen. §. 67. Wer kann nun nach diesem Zeitlaufe B, die fol- genden Zerstoͤrungen der alten festen Laͤnder, davon nicht allein unser Thuͤringen, sondern auch jeder alte Meergrund, durch Kraͤuter und Thierschiefer, Holzachat, Steinkohlen, Erdpech, Naphta, Agt- stein u. s. w. genugsame Beweise geben, vor rich- tig erkennen? auch die egyptischen Kraͤuter und Thiere jetziger Zeit, die arabischen, ostindischen, chinaͤsischen, afrikanischen, amerikanischen und eu- ropaͤischen Pflanzen und Thiere, nebst denen an beiden Polen, deren, an jedem Ort befindliche ei- gene Arten, erhalten worden, betrachten, und doch D 2 zugleich zugleich die eigene Arten, der an jedem Ort vor- handenen Menschen davon ausschliessen? §. 68. Sollte man also nicht, wenn man den freyen Verstand zu Rathe zieht, davor halten, daß diese eigene Arten des Menschengeschlechts, die sich bis auf diese Zeit erhalten haben, eben so wie die an- dern besondern Arten der Thiere und Pflanzen, erhalten worden, und daß sie schon von je her ihre eigene Art gehabt haben muͤssen? ohne diese viele verschiedene Menschengestalten, von einem einzel- nen Stammvater, aus einem einzigen Plaͤtzchen der Erde insgesamt herleiten zu wollen? wird man nicht geneigt seyn, jedem alten Lande gleich an- faͤnglich ein volles Volk, und keinen blosen Stamm- vater zu geben? so wenig man jedem Lande nur eine einzige Pflanze von jeder Art, und ein einzi- ges Paͤrchen von jeder Thierart wird geben moͤgen. Kann man wohl so ein Volk, und nach den vielen alten festen Laͤndern, die vielen Voͤlker, ohne Sprache denken, und auf ihre Erfindung nachsin- nen nen wollen? wird man nachdem nicht weiter zu folgern veranlaßt werden, daß also auch jedes alte und eigenartige Volk, welches mitten durch die gaͤnzliche Verwandlung der Erde dennoch mit Bei- behaltung seiner eigenen Art, seine benachbarte Gegend, nebst seinen Pflanzen und Thieren be- hauptet hat, bey der Crzeugung der Erde, die ge- wiß nichts so grausames, als die Verwandlung haben konnte, von dessen Erzeugern den aͤltern Himmelskoͤrpern, zum neuen Himmelskoͤrper oder der jungen Erde, schon als ein so eigenes Volk uͤbergegangen sey? wird es endlich nicht verstaͤnd- lich werden, warum die aͤltesten unzerstreuteren Voͤlker den Einfall gehabt haben, von der Schoͤ- pfung der Erde reden zu wollen? welches ausser dem ganz wider den gesunden Verstand solcher Voͤlker haͤtte lauffen muͤssen, und ihnen ohne sol- che Veranlassung, durch Erzaͤhlung gar niemahls haͤtte in den Sinn kommen koͤnnen. D 3 §. 69. §. 69. Die Menschenkunde vor sich. Ob ich nun gleich das Unleugbare oder Wahr- scheinlichste der Menschengeschichte, neben der Erd- geschichte, bisher immer mit angefuͤhret, und da- bey selbst auf den Ursprung der Sprache mit gese- hen habe; so wird doch alles dieses vielen noch immer zu wenig seyn, wofern nicht eine vollstaͤn- digere Betrachtung der Menschen an und vor sich, ihnen eben dieses sagen sollte. §. 70. Weil aber die aͤlteste Urkunden von dem Ur- sprunge eines und des andern Volks, wegen ihrer jetzigen unnatuͤrlichen Auslegung, so lange streitig bleiben, bis man aus der Naturkunde so viel Ge- wißheit von den Menschen voraus gesetzt hat, daß sich hiernach diese Urkunden wieder der Natur ge- maͤß auslegen lassen; so muͤssen freilich die Men- schen erst blos nach der unbezweifelten Beschrei- bung der Voͤlker, so wohl jetziger, als voriger Zeit, und zwar so weit man die Geschichtbuͤcher blos als natuͤr- natuͤrlich geschriebene ansieht, betrachtet, und dar- nach als Gegenmuster mit der streitigen Auslegung der aͤltesten Urkunden, verglichen werden. §. 71. Daher waͤre es wohl am besten, wenn ich mei- ne Betrachtung gleich bey der jetzigen Zeit an- fienge, und von da immer weiter zuruͤck gienge. Wenn sich nun in der natuͤrlichen Menschenkennt- niß der bekannten vorigen Zeit, keine Abweichun- gen finden, wird man auch gegen diese Menschen- kunde so billig seyn, und ihr nicht etwa aus der streitigen aͤltesten Zeit, unnatuͤrliche Wunder ent- gegen stellen wollen, sondern sie vielmehr fuͤr im- mer gleich richtig fort gelten lassen. §. 72. Doch eben hier merke ich, daß diejenigen, wel- che so wohl von den Pflanzen, als Thieren Lehrge- baͤude aufgefuͤhret, und alles nach ihren Geschlech- ten, Arten und Gattungen geordnet, auch ihre Merkmale deutlich unterschieden haben, bey den D 4 Menschen Menschen ermuͤdet, oder auch vielleicht vorsaͤtzlich aufgehoͤret haben: folglich ist hier kein anderer Rath, als daß ich mich bequeme selbst einen klei- nen Entwurf zu machen, wie ich die Menschen unserer Erde, die ich Weltmenschen oder Welt- kinder nennen will, durchgaͤngig befinde. §. 73. Betrachte ich nun die Menschen erst uͤberhaupt, so ist durchaus richtig, daß sie entweder maͤnnli- chen oder weiblichen Geschlechts sind, und daß ohne Erdichtungen anzunehmen, seit aller Men- schen Denken, niemahls ein wahrer Zwitter, mit doppelt wuͤrksamen Zeugungsgliedern, noch weni- ger ein Zweimensch, oder Platonische Androguͤne jemahls gelebt habe. §. 74. Ferner ist auch uͤberhaupt richtig, daß die Er- zeugung eines vollstaͤndig wahren oder blosen Weltkindes, allezeit die Begattung eines Mannes mit einem Weibe erfordere, und kein Weib ausser dieser dieser Begattung ein wahres Menschenkind zur Welt gebracht habe, auch bis jetzt kein natuͤrlicher Weltmensch gefunden worden sey, der nicht Vater und Mutter menschlichen Geschlechts gehabt haͤtte. §. 75. Daher ist eben so richtig, daß keine Berechnung des Menschengeschlechts von hier, durch die vorige Zeit, ruͤckwaͤrts, jemahls bis auf einen einzelnen Menschen, es sey Mann oder Weib hinaus lauf- fen koͤnne. Denn wenn ein Mensch allezeit zwey Eltern, 4 Großeltern, 8 Voreltern, 16 Ureltern u. s. w. gehabt hat; wie kann man bey so gemes- senen Stiegen, die ins Unzaͤhliche hinaus lauffen, jemahls auf die 1 kommen. §. 76. Wie will man nun natuͤrlicher Weise jemahls einen einzelnen ersten Stammvater und Stamm- mutter, die noch dazu weder Vater noch Mutter gehabt haͤtten, aus alten Urkunden behaupten. Es ist vielmehr hiebey ein sicherer Argwohn, daß D 5 solche solche erste Ausleger, entweder diese Urkunden an- dern alten Voͤlkern abgeborgt haben, ohne solche zu verstehen, oder daß sie durch Vernachlaͤßigung der Naturkunde, die Einsicht und Erklaͤrung ihrer eigenen alten Nachrichten verlohren, und also in neueren Zeiten ihre Meinungen davor unterge- schoben haben. §. 77. Dazu kommt noch, daß in Ansehung der Zeu- gung, weder der Mann noch das Weib, fuͤr ein einzelnes volles Ganzes, sondern nur fuͤr ein hal- bes zu halten ist. Wie kann nun unsere Rech- nungsart, und wenn es auch die Bruchrechnung waͤre, bey einer solchen Zeugungszahl, wie das Menschengeschlecht ist, wo naͤmlich zu jeder eins, noch allezeit ein halbes fehlt, richtig seyn? ist die- ses nicht vielmehr ein gewisses Merkmal von der Unendlichkeit solcher Zahl? gilt dieses nicht zu- gleich fuͤr einen Beweis der unendlichen Beduͤrf- niß unseres Geschlechts, erstlich so wohl zur Fort- zeugung, als ferner zur Erziehung, und weiter fort auch auch selbst zur Sprache? wird also nicht dadurch jeder, der nur nachdenken kann, und zugleich die Unendlichkeit des Schoͤpfers, und die Unermeß- lichkeit der Natur mit erwaͤget, gewarnet, daß er weder den einzelnen Ursprung des Menschen, noch den einzelnen Anfang seiner Sprache suchen soll. §. 78. Eben so gewiß ist es auch, daß die Menschen allezeit nur als Kinder aus den Muͤttern, und nie- mahls als schon erwachsene Personen, aus dem Erdboden, zur Welt gekommen sind, daher wohl die Autochthonen und Gnegenes der Griechen, nebst den Indigenen und Aborigenen der Roͤmer, vielmehr im Lande gebohren, zum Unterscheide der Ankoͤmmlinge, als solche, die wie Pilsen aus der Erde gewachsen waͤren, heissen sollen. Doch ich will den Dichtern und platonisirenden Philosophen bey dergleichen Ausdruck solchen Sinn nicht gaͤnz- lich absprechen. §. 79. Nun betrachte man die Geschicklichkeit aller kleinen Menschenkinder zur Sprache, so findet man man zwar, daß ihnen Heulen und Schreien natuͤr- lich sey, daß aber eins von sich selbst nur ein ein- ziges wahres Wort, von der Sprache der Eltern vorgebracht habe, findet man nicht; sondern viel- mehr, daß alle, doch eins mit mehr, oder weniger Muͤhe, als das andere, Wort vor Wort haben lernen muͤssen, und daß sie, wenn sie versaͤumet worden sind, bey schon ei niger Kenntuiß der Woͤr- ter, dennoch nicht einmahl fuͤr taͤgliche Dinge will- kuͤhrliche Woͤrter zu erfinden gewagt, oder ver- mocht haben. §. 80. Hiezu kommt noch der merkwuͤrdige Umstand, daß die erste Sprache aller Kinder, eine ganz an- dere ist, als ihrer Eltern, doch auch wieder mehr oder weniger fuͤr die Ohren anderer. Wenn man ihnen daher nach den ersten Anfaͤngen nicht weiter nach huͤlffe, so wuͤrde oft jedes Kind von denselben Eltern, nach der besondern Geschicklichkeit seines Ohres und der Sprachtheile, vielmehr eine ganz andere, als der Eltern ihre, ohne alle Erfindung, mitten zwischen der alten Sprache fuͤhren. §. 81. §. 81. Wenn also die Kinder vor sich gar keine Spra- che bekommen, und ohne genugsamen Unterricht, entweder eine sehr mangelhafte, oder ganz fremde fuͤhren, so zeigt ja dieses deutlich, daß weder die Sprache an sich was erbliches, noch der Eltern ihre den Kindern natuͤrlicher, oder leichter sey, und daß also die Kinder nur eine Faͤhigkeit, aber kein Vermoͤgen zu sprechen, mit auf die Welt bringen, und die Sprache nur lernen, aber nicht erfinden koͤnnen. §. 82. Bemerkt man aber etwa bey einem erwachsenen Menschen, der nichts von Sprache weiß, unter den entwickelten Kraͤften der Mannbarkeit eine neue besondere Kraft zu Erfindung der Sprache mehr, als bey einem Kinde? und worinne waͤre denn diese gegruͤndet, oder wodurch aͤusserte sie sich? ich weiß davon nicht die mindeste Spuhr anzugeben: folglich hat in meinen Augen, ein groser, doch sprachleerer Mensch, eben nicht mehr Vermoͤgen zur Erfindung der Sprache, ja der Erfah- Erfahrung nach noch weniger, als ein Kind. Ist also nicht der angebliche erste Spracherfinder ein Wundermensch, von dessen Wunderkraͤften seine Nachkommen nicht eine einzige ererbt haben? so einen Menschen kennt die ganze Naturkunde nicht, und man darf ihn also nicht fuͤr natuͤrlich, noch fuͤr ein Werk des Schoͤpfers, sondern fuͤr ein Kunst- stuͤck der Ausleger erkennen; deswegen koͤnnen dieses auch die aͤltesten Urkunden, wenn sie natuͤr- lich erklaͤhret werden, nicht sagen. §. 83. Um den Menschen auch noch ins besondere zu betrachten, werde ich ihn auf eben die Art, wie man andere Thiere, nach ihren Geschlechten, Ar- ten, und Gattungen vorstellet, auch hier auf der Erde herum, doch nur uͤberhaupt, angeben. Die allgemeine Gestalt der Menschen ist bekannt; die besondere hingegen ist groͤßtentheils durch ihre Kleidung versteckt; nur das Gesicht hat man bey allen bekannten Voͤlkern kennen gelernt. Hier- von will ich also die Unterscheidungszeichen der Arten Arten uͤberhaupt hernehmen, und was sich als- denn daraus erweisen laͤßt, wird man doch wohl nicht eben darum, weil ich die Arten nicht auch namentlich hererzaͤhlet haͤtte, schlechterdings leug- nen wollen. §. 84. Das erste Unterscheidungszeichen sey die Farben- haut der Menschen, und zwar so, wie wir sie nicht etwa an dem blossen Gesichte, sondern wo moͤglich auch an einigen bedeckten Theilen des Leibes, und nicht allein an den haͤrteren Maͤnnern, sondern auch an den weicheren Weibern, finden. Hier haben wir nun schwarze, weisse, rothe, gelbe, brau- ne, gruͤnliche Voͤlker, nach starken, oder schwachen Schattirungen jeder Farbe und ihrer mehreren oder wenigeren Versetzung; wobey wir noch das Besondere bemerken, daß ohne Vermischung, und im gesunden Zustande keine dieser Arten jemahls einen andern Nachkommen, mit aller Staͤrke der weiblichen Einbildungskraft zuwege gebracht; hin- gegen sich die fremde Vermischung gewiß durch Spuhren verrathen hat. §. 85. §. 85. Hierauf kommt der Haarwuchs des Kopfs, von der kuͤrzesten Wolle, bis zu dem laͤngsten Haar, und zwar nach verschiedenen Farben, als schwarz, braun, braungelb, gelbroth, und weißgelb. Da nun die Maͤnner von allen Arten, von den Wei- bern, durch den Bartwuchs abweichen; so kann man auch den einzelnen und kurzen Stoppelbart, bis zum dichtesten und laͤngsten, der an der Kinn- lade herunter schweift, mit zu den besondern Kenn- zeichen der Arten, rechnen. Hierbey findet sich nun auch wieder die eigene Beschaffenheit, daß keine der Arten vor sich, oder ohne Vermischung und im gesunden Zustande, einen Nachkommen von andern Haar- und Bartwuchse zeuget, sondern daß dieses nur durch die Vermischung mit einer andern Art bewuͤrkt wird. Selbst unter uns schon laͤngst vermischten Deutschen, die Tacitus nicht mehr vor die gleichfoͤrmigen, eingebornen Weis- koͤpfe Germaniens erkennen doͤrfte, wird selten ein Paar, davon eins schwarzes Haar, das andere gel- bes hat, ohne einen Rothkopf, oder einen Zeugen vom vom gelben und schwarzen Versatze, bey seinen Kindern anzutreffen seyn. §. 86. Neben diesen Hauptzeichen nehme man nach einander, die verschiedenen Arten der Augenbrau- nen und Wimpern, die Groͤsse und den Vortritt der Augaͤpfel, die Farben von ihren Sehescheiben, den Aufschluß und Bogenschnitt der Augenlieder, mit ihren Gewinden und Winkeln, die verschiede- nen Anhoͤhen und Gestalten der Nasen, nach den Nasenloͤchern, und Schmiegen neben den Backen, samt der Furche unter der Nase, die Spaltung des Mundes, mit der Erhebung und dem Ablauf der Lippen, nach ihren Angeln, die Groͤsse und Span- nung der Ohren; ferner die Verhaͤltniß des Kinns, der Backen und Schlaͤfe, nebst der Stirn, einzeln und zusammen gegen einander. Denn vergleiche man es, nach dem, was jedes besondere Volk, eigen hat, mit andern, so viel wir wissen, noch un- vermischten, oder schon sehr lange vermischten Arten. E §. 87. §. 87. Getraut sich nun Jemand nach diesen Unter- scheidungszeichen, jetzt nur erst ins Große genom- men, uns vollbaͤrtige Europaͤer, mit den unbaͤrti- gen Amerikanern zu vergleichen? kann man die Japaner und Chineser hiernach mit den andern Asiaten zusammen fuͤr eine gemeinschaftliche Ge- schlechtsfolge ansehen? Lassen sich die Hottentot- ten mit den Negern von Afrika, und diese wieder mit allen uͤbrigen Voͤlkern zu einer natuͤrlichen Verbruͤderung bringen? u. s. w. von mehreren. §. 88. Dabey wiederhole man die obige Erfahrung, daß keine weder der grosen, noch der kleinen Ar- ten, sich mit der andern, noch auch selbst mit uns schon lange vermischten Deutschen, begatten darf, wo man nicht die Spuhren der zweierley Arten, noch bis diese Stunde, bemerken sollte, und ohne hiebey jemahls eine solche Einfoͤrmigkeit, wie die unvermischten Voͤlker unter sich bis jetzt erhalten haben, anzutreffen. Damit verbinde man die Be- merkung, merkung, daß die Kennzeichen der Vermischung, wenn diese nicht wieder erneuert wird, sich bey den Enkeln und Urenkeln immer mehr wieder verlieh- ren, und wieder in die großelterliche Gestalt zu- ruͤck gehn. §. 89. Anwendung. Kann man nun wohl bey diesen, so unveraͤn- derlichen Naturgesetzen, eine eben so unveraͤnder- liche eigene Beschaffenheit jeder Art, die sich nie- mals von selbst veraͤndert, absprechen. Die Vaͤ- ter oder die Maͤnner sind zwar nicht derjenige Theil, welcher daruͤber einen so zuverlaͤßigen Aus- spruch, wie die Muͤtter, thun koͤnnte; daher wuͤr- de freilich eine Akademie von fruchtbaren Wei- bern der verschiedenen Voͤlker, welchen die unbe- maͤntelte Warheit lieber, als ihr Geschlechtsstolz, waͤre, daruͤber den gruͤndlichsten Ausspruch thun koͤnnen; allein wo und wenn ist diese zu hoffen? §. 90. Hiezu giebt die Geschichte der vorigen Zeit, so weit man sie unbestritten gelten laͤßt, den groͤßten Bei- E 2 trag, Beitrag, wenn sie die Unterscheidungszeichen der aͤltesten Voͤlker, die wir noch jetzt auf ihrem alten Wohnsitze zu finden, glauben, wie die Zeichen der je- tzigen Voͤlker, beschreibt. Denn die alten Negern und Aethiopier, die Serer, oder Chineser, die Brachmanen und Indier, die Araber, Scythen, Sarmaten, die Kaudemden, Trogloditen, oder Hottentotten, nebst andern, haben deswegen seit mehr, als 2000 Jahren keine Veraͤnderung erlit- ten; indem die Reisenden, ihre damaligen Kenn- zeichen, noch jetzt an ihnen finden. §. 91. Wenn also diese und andere unvermischte Ar- ten etliche 1000 Jahre unveraͤndert geblieben sind, und umgekehrt die vermischten Arten eben durch die unveraͤnderlichen Kennzeichen ihrer Vermi- schung dieses alles noch mehr bestaͤrken, als schwaͤ- chen; wie mag man mit gutem natuͤrlichen Grun- de die Meinung hegen wollen, daß eine einzelne Haushaltung eines einzigen Stammvaters, alle diese an sich unveraͤnderliche Voͤlkerarten, in kur- zer zer Zeit aus ihrem Schose erzeugt habe, ohne daß solche vorgegebene Abartungen, nach der Zeit, nur das mindeste von ihrer eigenen Art, vor sich abgewichen waͤren? §. 92. Ist es nicht natuͤrlicher, alle diese seit etlichen 1000 Jahren unveraͤnderte Voͤlker, so ferne sie unvermischt von andern Arten blieben, bis ins undenkliche hinaus, eben sowohl, sich immer gleich zu schaͤtzen, und ferner, wo mehrere Arten zusammen leben, eben aus den Unterscheidungs- zeichen dieser Arten auf die Bestaͤndigkeit ihrer eigenen Art, selbst noch mitten in der Vermi- schung zu schliessen, und fuͤr sie, ruͤckwaͤrts be- trachtet, gleich vom Anfang einen voͤllig unter- schiedenen Ursprung zu folgen. §. 93. Es widerspricht auch die Betrachtung anderer Thiergeschlechter mit ihren Arten, diesen Bemer: kungen von den Menschenarten nicht, sondern be- E 3 staͤtigen staͤtigen solche vielmehr. Man nehme von den Thieren ein Geschlecht, das mehrere Arten hat, welches man wolle, und lasse es, so lange, als man denken kan, in einer Gegend allein gewesen seyn, oder sich auch nur eine und dieselbe Art un- ter einander allein begatten; so wird man an die- ser Art vor sich keine Veraͤnderung bemerken, die doch vermittelst der Begattung mit einer andern Art, von eben dem Geschlecht, sogleich bey der ersten Frucht hievon merklich wird. Sehr nahe und bekannte Beispiele hievon geben die Hunde, Pferde, Schafe u. d. gl. Von den Bastarten ungleicher Geschlechter rede ich hier nicht, obgleich auch diese Erfahrung meinen Satz bestaͤtiget. §. 94. Alles dieses scheinet mir deutlich zu beweisen, daß jede Art ihre eigene Grundlage habe, die von keiner andern abstammt, und sich auch niemals selbst verruͤckt; aber wohl durch die Einmischung einer andern Art verruͤckt werden, und eine ande- re Gestalt bekommen kan. §. 95. §. 95. Eben so deutlich wird auch ferner, daß weder einige noch alle solche Arten, von einem einzigen gleichen Stammpaar, mit so eigener bestaͤndiger Grundlage, jemals haben abstammen koͤnnen; sondern daß jede Art schon von Anfang dieselbe, welche sie noch jetzt bestaͤndig vorstellt, gewesen seyn muͤsse, und auch kuͤnftig eben dieselbe vor sich allein bleiben werde; und wie jede ruͤckwaͤrts ins Unzaͤhlbare laͤuft, so auch jede vorwaͤrts, ins Un- denkliche hinaus reichen werde. §. 96. Wenn nun noch uͤber das, jede solcher Men- schenarten, ausser den andern Unterscheidungs- zeichen, auch ihre eigene ganz unterschiedene Sprache fuͤhrt, so ist es noch schwerer zu behau- pten, daß ein einziger Stammvater von allen so verschiedenen Arten, zugleich Erfinder ihrer ver- schiedenen Sprachen gewesen sey. Oder soll jede Geschlechtsart und Sprachart zusammen, wieder ihren eigenen Spracherfinder gehabt haben? bei- E 4 des des ist der Natur nach unerklaͤrlich. Daher bleibt mir nichts weiter zu denken uͤbrig, als daß die Geschlechtsarten von je her, sowohl ihre eigene Leibesgestalt, als auch Sprache, und weder einen einzelnen Stammvater, noch Spracherfinder noͤ- thig gehabt haben. Denn so passet alles der ewi- ge Schoͤpfer, sein Werk, die unendlich wuͤrksame Natur, und mit ihr zugleich die unendlichen Ge- schlechter, und Arten der Geschoͤpfe, nach ihrer eigenen Beschaffenheit, Fortzeugungen, Beduͤrf- nissen und Erhaltung, vollkommen einstimmig zu- sammen. §. 97. Zu alle diesem nehme noch jeder Erdforscher, aus obiger Erdgeschichte, kuͤrzlich alles, was die Menschen angehen und betreffen kan, als, daß die junge Erde um gar viel groͤsser war, und die alten festen Laͤnder, deswegen von breiterem Um- fange seyn konten, und folglich die Menschen nicht eben so nahe, wie jetzt, an einander wohnen duͤrf- ten; daß also sehr wahrscheinlich damals jede Art von Menschen, mehr, als jetzt, von der andern abge- abgesondert wohnte, und manche wohl weiter kei- ne andere Art, als sich selbst kannte; daß ferner bey dem Einsturz der ersten festen Laͤnder, deren Besitzer, woferne nicht etwa, aus andern jetzt nicht anzugebenden Gruͤnden, schon ein neues Land in der Naͤhe entsprungen war, genoͤthiget wurden, ihren Sitz in dem naͤchsten bewohnten Lande, also schon naͤher bey einer andern Art, oder gar unter ihr, bald bittweise, bald mit Ge- walt, zu nehmen; daß vollends beym Beschluß der Erdverwandlung, wo die Erde schon an sich viel kleiner war, und nur der alte Meergrund bewohnbare Laͤnder abgab, wohl viel Voͤlker zu- gleich auf ein neues Land zusammen gedraͤngt wurden, wie man in Amerika noch deutlich mer- ken kan; daß hierdurch manches Volk in mehr, als eine Gegend vertheilet werden konnte, und die Geschlechtsarten sowohl, als die Sprachen, auf einem solchen neuen Lande verschiedentlich vermengt werden mußte; daß hiebey diejeni- gen, so einerley Sprache fuͤhrten, und sich unter einander verstunden, sich als Freunde, und E 5 die die andern als Feinde ansehen, daß die vorige Le- bensart dieser letztern bey allzuschneller und meist gaͤnzlicher Zerstreuung, nunmehr in eine wilde verwandelt wurde, und daß endlich solche wilde Menschen nach einigen Menschenaltern, ausser den taͤglich gebraͤuchlichen Arbeiten und Woͤr- tern, alle vorige Sitten, Kuͤnste und Wissen- schaften, und deren Redensarten, ja sogar die Kraͤfte darauf zu denken verlohren, und denn sol- che verwilderte Voͤlker nicht wieder vor sich selbst zur Ordnung kommen konnten; ausser durch frem- de Klugheit, wie der Yecka Maecko, mit seiner Schwester Mama Oello, in Peru anbrachte; oder durch fremde Gewalt, wie die Spanier und andere nach ihnen daselbst anwendeten. §. 98. Wenn also Jemand die Zerstreuung einiger Geschlechts- und Spracharten, dem, was ich von den besondern Ansitzen, der Arten behaupte, ent- gegen stellen wollte; so kann er hier den natuͤrli- chen Grund solcher Ausnahme einsehen und uͤbri- gens gens mein Angeben uͤberhaupt, dadurch noch mehr bestaͤrkt finden. Ueber das koͤnnen ja auch wohl, vor undenklicher Zeit der jungen Erde, als die schon bemerkten Verwandlungsanstalten, einigen klugen Maͤnnern nun zur Warnung dienten, von diesen verschiedene Pflanzzuͤge, nach den gesicher- ten neuen Laͤndern gewandert oder geschiffet seyn: wie der Bramah, so mit seiner Kuh zu den In- diern kam, und der Fischmensch Oannes, der aus dem rothen Meere, nach Babilon zugieng, vermu- then lassen. Die aͤltesten Pflanzzuͤge, als der Egipter nach Kolchis; der Phoͤnizier, bis zu den Kaßiterischen Inseln; der Cimmerier durch Asien; der Griechen, Zelten oder Galater; und noch weiter der Belgen, Angeln, Normannen, Go- then, Hunnen, Tartarn, oder in neuerer Zeit der meisten Seelaͤnder, reden jenen Zeiten, bey, und bald nach der Erdverwandlung, um so mehr das Wort. §. 99. Ob nun ein Naturforscher, durch das, was ich bisher vorgetragen habe, die Erd- und Menschen- kunde, kunde, nach seiner eigenen, und freien Denkungs- art zu uͤberlegen, und seiner alten Lehre und Aus- legung, die oft selbst dem Buchstaben, oder den Woͤrtern Gewalt anthut, die natuͤrliche Warheit vorzuziehen, veranlasset werden koͤnne, will ich den Lesern zu beurtheilen, uͤberlassen. §. 100. Die Sprachkunde an und vor sich. Doch ist auch noch die Sprache selbst zu be- trachten uͤbrig, und wenn man hier deutliche Spu- ren faͤnde, daß sie ein einzelner Mensch erfunden haben muͤßte; so gienge dadurch der vorhergehen- den Erd- und Menschenkunde, von dieser Seite, wieder viel von ihrer Warscheinlichkeit ab. Wir wollen sie daher auch sowohl uͤberhaupt, als auch ins besondere, doch mehr nach der Natur, als phi- losophisch betrachten. §. 101. Wir muͤssen aber dabey gleich voraus setzen, daß unser Erfinder der Sprache, ein voͤllig sprach- leerer leerer Mensch, der nicht das Mindeste von der Sprache kennt, seyn muͤsse. Denn der Zusatz zur bekannten Erfindung waͤre sonst was leichtes. Nachdem ist fast uͤber haupt fest zu setzen, daß je- der Sprecher zugleich einen Anhoͤrer erfordere, und ein einzelner, der von keinem andern was wuͤßte, haͤtte gar keinen Grund zum Sprechen. §. 102. Es ist auch uͤberhaupt gewiß, daß jeder Spre- cher, bey seiner Erlernung der Sprache, ein gut Gehoͤr gehabt haben muͤsse. Denn taubgebohr- ne Menschen, sind zugleich stumm. Jeder Spre- cher muß auch noch wenigstens sein inneres Gehoͤr durch die so genannte eustechische Roͤhre behalten, wenn seine Sprache deutlich bleiben soll. Man kann hieraus, wenn man es nicht vor uͤberfluͤßig haͤlt, den richtigen Schluß machen, daß ein Taub- gebohrner niemahls eine Sprache erfinden kann, indem er nicht einmahl die schon erfundene, ausser durch die mechanische Sprachkunst, lernen kann. §. 103. §. 103. Es laͤßt sich aber die Sprache der Menschen ganz natuͤrlich, erst nach ihrem Laut, denn nach ihrem Sinn, und endlich besonders, nach ihrer Gestalt, betrachten. §. 104. Ihren Laut erhaͤlt sie, durch die verschiedene Anwendung der Sprachtheile, nach Anleitung des Gehoͤrs; den Sinn durch eine wechselseitige Uebereinkunft derer, die mit einander sprechen, in Ansehung derer Dinge, die mit dem Laut verknuͤpft werden, und ihre Gestalt bildet sich durch die em- pfindbare Verhaͤltniß, so die noͤthige Abaͤnderung des Lauts zur Abaͤnderung des Sinnes fuͤr den andern, haben muß. §. 105. Der Sprachlaut. Wenn man nun den Laut der Sprache nach seinen Arten zergliedert, so zeigt uns unsere eigene, und die allgemeine Unwissenheit, wie man sich so- wohl zur Aussprache der Selbstlauter, als Mit- lauter anzustellen habe, schon voraus; daß selbst diese diese noch einfache Aussprache, an sich keine innere Erfindung, sondern mehr eine aͤussere, naͤmlich eine Bemerkung seyn koͤnne. Hier pruͤfe sich je- der Leser, ob er aus blossem Nachdenken, die Art, wie er a, e, i, o, u, aussprechen, und hernach den, oder jenen Mitlauter damit verbinden koͤnne, sich selbst anzugeben wisse? Da Niemand nach dem ordentlichen Lauf der Natur, weder seine Sprach- theile vor sich, noch ihre Kraͤfte und Verhaͤltnisse gegen einander, und folglich noch weniger ihre Wirkung kennt. §. 106. Wenn nun Niemand durch Erfindung, sondern blos durch Bemerkung, die einfachesten Laute, ge- schweige ganze Silben oder Woͤrter, aussprechen kann; so muß man entweder diese Bemerkung an sich selbst, oder an andern machen, und von der Beobachtungskraft wenigstens schon den er- sten Grad wirklich besitzen. Die Beobachtung seiner selbst, bleibt auch den geuͤbtesten Geistern, die letzte und schwerste Bemuͤhung; die Beob- achtung anderer hingegen, und die hieraus fol- gende gende blinde Nachaͤffung, oder Nachahmung ist und bleibt wegen der Anlage unserer Sinnen hiezu, die erste und leichteste. Folglich waͤre die Erfindung der Sprache, aus Beobachtung seiner selbst, auch noch allezeit die schwerste; aus Beob- achtung anderer hingegen, die leichteste und zwar fuͤr alle Menschen. §. 107. Das giebt nun fuͤr den, der sich fuͤr den ersten Erfinder der Sprache ausgeben will, eben keinen guͤnstigen Anblick. Denn es beweiset vielmehr, daß er die Sprache lernen, oder andern ablernen mußte. Wem aber sollte er sie abgelernet haben? Etwa den Thieren? oder den rauschenden Quel- len und Baͤumen? sollten diese seine Sprachmei- ster gewesen seyn koͤnnen? wohl schwerlich? denn selbst uns bleibt diese Nachahmung noch immer eine grose Schwierigkeit, und ist nicht so leicht, als es die Erfindung der Sprache erfordert. §. 108. §. 108. Man darf sich nur selbst pruͤfen, und nicht ver- gessen, daß man die jetzt so leicht scheinende Sprache erst selbst mit vieler Muͤhe gelernt hat, auch wohl uͤberlegen, daß man es sich bewußt, und noch dazu gesonnen seyn muß, was fuͤr einen Laut man aussprechen wolle, sonst waͤre jeder un- besonnene Mucks, Achzer und Schrey, ein er- fundener Sprachlaut, welches doch nicht ist. §. 109. Dabey erwaͤge man, daß kein einziger Schrey an sich ein Sprachlaut sey, sondern daß er erst aus der Oberstimme in die Mittelstimme der Re- de, oder den Redeton herunter gesetzt seyn muͤsse; denn aber, wenn er schon durch die Redestimme zum Sprachlaut geworden, und dafuͤr angenom- men ist, bleibt er es ferner, es mag einer schreyen und singen, doch muß der Vorsatz mit dabey seyn. Ja dieser Fall trift so weit zu, daß, wenn man ei- nen Sprachlaut, oder der schon in der Redestim- me giltig ist, z. B. das Wort Kuckuck wieder F blos blos schreyet, er kein Sprachlaut mehr ist, son- dern wieder ein bloses Nachgeschrey wird, und den Werth eines Wortes gleich verliehret. §. 110. Wenn nun der Sprachlaut kein unbesonnener Laut seyn darf, die Selbsterkenntniß aber dem sprachleeren Menschen, durch alles Besinnen und Nachdenken, keinen Laut aus sich selbst erfinden laͤßt, auch kein besonnener bloser Schrey, ein Sprachlaut heissen kann, sondern jeder Sprach- laut ein uͤberdachter im Redeton ausgesprochener Laut seyn muß; wie ist alles dieses bey unserer Sprache, ausser durch Erlernung von andern Menschen, die schon reden koͤnnen, fuͤr moͤglich anzuseben. Denn in diesem Fall ist die Haͤlfte von besinnen und nachahmen hinlaͤnglich, da aus- ser dem der hoͤchste Grad von beyden dazu nicht hinreicht. §. 111. Doch will ich dieses nicht so strenge genommen wissen, als wenn bis jetzt kein einziger unuͤber- dachter dachter Laut, zu einem uͤblichen Sprachlaut wer- den koͤnnte, das Gegentheil kommt vielmehr gar oft vor, und weil solches aus der Natur des Men- schen folgt; und also als ein Einfluß der Mensch- lichkeit in die Sprache gilt; so wollen wir diesen Fall, den man die Mundart nennt, gegen die Er- findung stellen. Nun uͤberdenke man die unzaͤh- lig verschiedene Mundarten, nur von unserer deutschen Sprache, nach der unterschiedenen Schwebung, Veraͤnderung und Verbindung ih- rer Selbst- und Mitlauter, nebst der Verlaͤnge- rung und Verkuͤrzung der Sylben, und forsche alsdenn nach, ob die mindeste Erfindung an alle diesem Antheil habe? Es wird jeder deutlich ein- sehen, daß des einen Ungeschicklichkeit, oder Nach- laͤßigkeit, Stolz, oder auch Muthwillen in seiner Aussprache allen noch jungen Leuten, die ihn oͤf- ters hoͤrten, und wohl verstunden, ein verfuͤhren- der Anlaß, eben so zu reden, ohne Absicht hier- auf, gewesen sey. Da nun Wissen und Willen dieser Nachaͤffer nicht den mindesten Antheil dar- an hatte; sondern blos der Einfluß des Gehoͤrs F 2 Mund- in die Sprechtheile, so erfolgt die veraͤnderte Mundart, ohne Erfindung. Eben dadurch ge- woͤhnt sich mancher das an, was er an andern oft verspottet, und veraͤndert also seine Mundart wi- der Wissen und Willen. §. 112. Wenn nun selbst von der Unachtsamkeit des Gehoͤrs blos durch seine Mit- und Einwirkung in die Sprechtheile alle Mundarten entspringen; alle Mundarten aber zusammen genommen eine und dieselbe Sprache ausmachen, muß diese nicht also, doch mit noch schmeidigerem Gehoͤr und mehrerer Aufmerksamkeit des Lehrlings, immer fortgepflanzt, und eigentlich niemals erfunden worden seyn. §. 113. Auf eben die Art betrachte man aller andern Voͤlker Sprachen und Mundarten, nach ihren Selbst- und Mitlautern, von denen der erwach- sene Deutsche, oder auch jeder Europaͤer, nach langer langer Zeit, viele unmoͤglich, ja manche gar nie- mals aussprechen kann, wie einiger Amerikaner und der Hottentotten ihre. Koͤnnen wir Euro- paͤer aber dergleichen Sylben und Woͤrter nicht aussprechen; so wuͤrden wir sie auch, wenn gleich jeder einen Spracherfinder vorstellen wollte, nie- mals erfinden koͤnnen. Ob sie nun schon die Kin- der dieser Voͤlker, weil sie von der zarten Jugend an dazu gewoͤhnt werden, leicht aussprechen ler- nen; so wuͤrden sie doch wohl eben diese Kinder, wenn sie gleich von der Kindheit an bis zur Mann- barkeit unter uns Europaͤern erzogen worden waͤ- ren, fuͤr sich aber so unsprechbar, als wir fuͤr uns erklaͤren. Ich nehme aber aus, was ihnen we- gen erblicher Fehler oder Vorzuͤge der Sprach- theile bey jeder Menschenart, die sich sowohl, als die eigene Beschaffenheit der Gesichtstheile fort- pflanzen werden, in diesem Stuͤck leichter fallen duͤrfte. Auf die Art, schlaͤgt diese Betrachtung fuͤr den einzelnen Erfinder der Sprache eben so schlecht, als die uͤbrigen aus. F 3 §. 114. §. 114. Es laͤßt sich also alles eigene der Sprachen, da- von jede das ihrige hat, niemals auf die Erfin- dung, sondern nur auf eine fortgesetzte Erlernung zuruͤck bringen. Denn wollte man die Sache durch viele Erfinder erklaͤren, daß nemlich jede Sprache anfaͤnglich ihren eigenen gehabt haͤtte; so sieht man doch bey keinem einzigen Volke, daß die Kinder ein solches Erfindungsvermoͤgen haͤt- ten, sondern nur hoͤchstens mehr oder weniger Faͤhigkeit, eine Sprachart zu lernen. Wo haͤtte nun jeder Stammvater dieses eigene Vermoͤgen, und zwar im hoͤchsten Grade her bekommen, und nur fuͤr sich zu beleben gewußt? Es haben ja alle Sprachen so viel unerfindliches, das man erst in langer Zeit und mit saurer Muͤhe lernet, daß man eben darum keine erfindlich noch erblich nen- nen darf; am allerwenigsten laͤßt sich alles dieses mit einem einzigen Erfinder zusammen raͤumen. Denn man kann unmoͤglich alle Sprachen fuͤr blosse Mundarten einer einzigen ersten ansehen, wenn man auch nur den Laut betrachtet. §. 115. §. 115. Je weniger man also auch nur den Sprachlaut von einer urspruͤnglichen Erfindung, sondern viel- mehr von einer bestaͤndigen Fortpflanzung durch Lernen, herleiten kann; je mehr Grund hat man anzunehmen, daß jede wirklich unterschiedene Hauptsprache, mit ihren Volk, schon seit undenk- licher Zeit so verbunden gewesen sey, wie man es jetzt noch findet. Nemlich die juͤngeren lernten der aͤltern ihre vorgesprochene Laute nachsprechen, und keiner erfand sie. Daß aber ein Nachspre- chen verschiedene Abweichungen, oder Mund- arten, bey zerstreuten Haushaltungen, erfolgen mußten, ist sehr natuͤrlich. §. 116. Der Sprachsinn. Der Sprachlaut unterscheidet sich von jedem andern Lall und Hall der Menschenstimme uͤber- haupt dadurch, daß er ein eigenes Zeichen von etwas, das eben nichts mit dem Laute gemein ha- ben darf, fuͤr den Zuhoͤrer seyn, und diesem also F 4 den den Sinn, den der Redner damit verbindet, an- geben soll. Die Finger- und Augensprache kann hier zum Beyspiel dienen, deren Bewegung nicht eher Sprache heißt, bis sie dem andern ein Zei- chen von einer Sache, die auch nichts mit Finger und Auge gemein hat, giebt. §. 117. Was einen Sprachlaut uͤberhaupt bezeichnet, heißt dessen Bedeutung, besonders aber gegen den Zuhoͤrer genommen, der Sinn desselben, wo- durch eben solcher Laut zu einem Worte wird, und hier einzeln seinen Wortsinn giebt, wie alle zusammen den hier gemeynten Sprachsinn geben. §. 118. So haͤtten wir also die Grenze zwischen allen sprachleeren Klaͤngen und sprachhaften Woͤrtern gefunden, und auch das, was ein Erfinder der Sprache, nach dem Laut und Sinn, einzeln oder zusammen betrachtet, zu leisten gehabt haͤtte, ge- wiesen. §. 119. §. 119. Wer vermag aber, ohne Kenntniß und geuͤbte Unterscheidungskraft, solche Zeichen bey einem Dinge zu denken, sie von diesem, als Urdinge ab- zusondern, mit dem meistens ganz abweichenden Laute zu bekleiden, und zwar so bestaͤndig, daß Lautzeichen, und dessen Urding in der Vorstellung eins, und drey zu gleicher Zeit machen, wie doch geschehen muß, wenn der Laut ein Zeichen, mit dem bestimmten Sinn von etwas, oder ein rich- tiges Wort heissen soll. §. 120. Daher muß man erst bemerken, wie der Mensch seine Kenntniß und Unterscheidungskraft erlangt. Den ersten Grund zu unserer Erkenntniß legen wir durch unsere Sinne, und das Vermoͤgen zu unterscheiden kommt durch die verschiedenen Ein- druͤcke der Empfindungen, und die daraus folgen- de verschiedene bewußte Gegenbewegungen in uns, zur Fertigkeit; deswegen sollten die Sinne, so ihre Staͤrke schon vor dem Gehoͤr erlangen, F 5 als als Geruch, Geschmack und Gefuͤhl, den ersten Grund zur Sprache legen, zumahl da eben die Sprachtheile auch Werkzeuge zum Geschmack und Geruch sind. Aber weit gefehlt! um so viel weniger koͤnnen die Augen, die weder Verhaͤltniß noch Empfindung zum Laut haben, Anleitung da- zu geben, und also bleibt nur dem Gehoͤr, da- durch man sich Kenntniß und Unterscheidungs- kraft erwerben kann, vorbehalten, die Sprache zu gruͤnden. Denn ohne Gehoͤr bleibt der Mensch stumm. Schon dieses allein wird bey vielen Naturforschern hinreichen, die Sprache fuͤr keine Erfindung, sondern als eine Sache, die erlernt werden muß, anzusehen. §. 121. Ja wenn man zugleich die allgemeine Pflicht der Sinne, daß sie zu allen Erfindungen erst Vorrath samlen muͤssen, wieder auf das Gehoͤr selbst anwendet und uͤberleget, was das Gehoͤr zur Erfindung der Sprache fuͤr Vorrath haben muͤsse, und wie, und wenn es solche samlen koͤnne; koͤnne; wird man noch leichter einsehen, daß die Sprache nur durch Lernen erlangt werden koͤnne. Wie und wenn kann aber ein sprachleerer Mensch durchs Gehoͤr den Laut unterscheiden? solchen als Zeichen empfinden? seinen Eindruck weiter in die Sprachtheile fortpflanzen? diese dadurch erst zum Laut uͤberhaupt anregen? und sie darauf zum gewissen Laut regieren? Denn alles dieses muß zu Erfindung der Sprache vorraͤthig seyn. Wenn vermag endlich der Mensch die Laute, als eigene Zeichen, jeder Sinnlichkeit mit ihrer Bedeutung, sie passen zum Laut wenig, oder gar nicht, fuͤr den andern anzuwenden? und den Laut in ein Wort mit gewissem Sinne zu verwandeln? in der Kind- heit gewiß nicht! und bey reifem Alter am aller- wenigsten! weil im letzten Fall das Gehoͤr zur Aufmerksamkeit und Deutlichkeit nicht gewoͤhnt worden, und die Geschmeidigkeit der Sprach- theile verlohren gegangen; vornemlich aber we- gen der erlangten Fertigkeit, nichts mehr als sinn- liche Empfindungen zu denken, und daher weder Zeichen noch Sinn zu erfinden. §. 122. §. 122. Sollte aber dieses auch noch geschehen koͤnnen, so waͤre doch so viel ausgemacht, daß das Gehoͤr zuerst keine andere Zeichen von den Dingen um- her fassen, und durch die Mitwirkung des innern Gehoͤrs, welches die Sprachtheile in aͤhnliche Bewegung setzen, und zum gleichen Ausdruck anregen muͤßte, erwaͤhlen koͤnne, als die in das Gehoͤr fallen. Was wuͤrde nun hier mehr her- aus kommen, als daß etwa die Kuh und der Och- se Mu, das Schaf Maͤ, und der Rabe Krab ge- nennet wuͤrde? Wer aber auf die Kinder, wenn sie gleich schon etwas reden koͤnnen, Acht giebt, wird finden, daß sie auch nicht einmal dieses ohne Vorsprecher, sondern nach den Woͤrtern, oder anderer Kinder Beyspiel versuchen, und vor sich allein kein solches Geschrey, in die Redestimme herunter zu setzen wissen. §. 123. Wer hat uͤber dem solche Laute der Kinder Sprache nennen moͤgen? Das einzige Wort Bier Bier eines Kindes heißt gewiß bey allen Deut- schen eher Sprache, als 100 solche Nachrufe. Denn ob sie gleich alle ihre Bedeutung haͤtten, so waͤren sie doch gar nicht zu dem Sinn, den alle wahre Woͤrter verschaffen sollen, weder urspruͤng- lich gebildet, noch als wahre Woͤrter brauchbar; weil sie allezeit mehr ein bloses Gegengeschrey blieben, und keinen wahren Sinn, weder von die- sem Schrey, noch von dem, das so schrie, geben koͤnnten. Denn solche Schreye werden nicht blos durch die Stimme, sondern zugleich durch ihre bestimmende Bedeutung zu Lauten und Woͤrtern, aber eben die bestimmenden Wendungen fehlen. §. 124. Wenn man nun noch dazu die Sprache im Ganzen nach der Zahl der Woͤrter, welche fuͤr Nachahmungen gehoͤrter Laute, und fuͤr Ge- schoͤpfe des Gehoͤrs gelten moͤchten, eintheilet und abmisset; so faͤllt die Vermuthung, daß der erste Mensch, vermoͤge seines Gehoͤrs, den Sinn der Laute, oder die ersten Woͤrter erfunden habe, gar weg. weg. Denn der groͤßte und brauchbarste Theil jeder Sprache besteht aus Woͤrtern, die entwe- der die andern Sinne betreffen, oder uͤber die Sinnlichkeit hin, in das unbegrenzte Reich der abgesonderten Begriffe, oder Urdinge gehoͤren. §. 125. Laͤßt sich endlich jenen wenigen vom Gehoͤr nachgeahmten Lauten der Woͤrter, nichts will- kuͤhrliches, noch eigentliche Erfindung beymessen; so wird diesen hingegen gewiß Jedermann die freye Willkuͤhr zusprechen. Wenn also bey jenen der Laut voraus gienge, und der Wortsinn nach- folgte; so wird bey diesen umgekehrt, der Sinn eher, als der hierzu erfundene Laut gedacht wer- den muͤssen. Folglich muͤßte beym groͤßten Theil der Woͤrter oder Sprache, das, was der Bemer- kungssinn der Sachen heissen moͤchte, vor den Lauten oder Woͤrtern selbst vorausgegangen seyn. Ob und wie nun der sprachleere erste Mensch diese Erfindung angestellt haben moͤchte; muͤßte die Betrachtung der Sprache im Ganzen, mit des Menschen Menschen Kraͤften verglichen, noch jetzt wohl er- rathen lassen. §. 126. In dieser Absicht wollen wir die Sprache, so wie sie ist, und zwar nach ihrem Wortsinn, be- trachten, und dessen Haupteigenschaften und Haupteintheilungen vor uns nehmen. Hier zei- gen sich auf den ersten Blick uͤberhaupt zwey Hauptgeschlechter der Woͤrter, von denen eins die Dinge selbst, das andere ihr Thun, Verhal- ten, Befinden und Leiden nennet. Alle uͤbrige Woͤrter sind Beystaͤnde und Vertreter des einen, oder andern Geschlechts, oder auch beyder Ge- schlechter. Daher heissen jene Nennwoͤrter, und diese will ich Sagewoͤrter nennen, weil sie dem Wesen nach keine Zeitwoͤrter vorstellen, sondern nur durch ihre Abaͤnderungen, des hiermit be- zeichneten seine Art der Zeit angeben. Der Un- terschied zwischen nennen und sagen wird jedem, wie ich hoffe, merklich seyn. §. 127. §. 127. Wir wollen also die Woͤrter, welche durch das Gehoͤr zuerst ihren Laut, und damit zugleich ihren Sinn erlangt haͤtten, bey Seite setzen, und die- jenigen nehmen, so durch die uͤbrigen Sinne ihren Ursprung erhalten haben muͤßten. Nun ist zwar das Auge der maͤchtigste Sinn; allein nach dem menschlichen Zustande ist das Gefuͤhl der erste, und diesem Geruch und Geschmack die naͤchsten. §. 128. Man lasse daher alle Sinnlichkeiten, welche die vier Sinne des sprachleeren Menschen ruͤhren koͤnnen, ihren Eindruck darauf machen; man las- se dadurch in ihm eine ihm bewußte Gegenbewe- gung, des geruͤhrten Sinnes erfolgen, und ihn also darauf merken. Man lasse auch hierauf die- sen Eindruck mit seinen Gegenbewegungen vom Ganzen der Sinnlichkeit, in ihr Einzelnes gehen, und folglich den Eindruck deutlich werden. Her- nach lasse man ihn diesen Eindruck mit seinen Ge- genbewegungen unterscheiden, oder die Unter- scheidungs- scheidungskraft wirken, so daß er alle diese Sinn- lichkeiten einzeln vollkommen kenne, und von an- dern zu unterscheiden wisse, und was den Bemer- kungssinn von einem Dinge ausmacht, voͤllig in- ne habe. Ja man lasse ihn alle gleiche Dinge zu- sammen, als ein einziges Urding auf einmal sich vorstellen, und in einem zusammengesetzten Be- griff fuͤr eins sich denken, weil der Bemerkungs- sinn von allen doch nur einer ist. Kann nun aber alles dieses an und vor sich, so ferne der sprach- leere Mensch blos vor sich ist, nur den mindesten Antrieb in ihm erwecken, daß er dieses durch ein Zeichen ausdruͤcken, oder nennen wollte? wozu und fuͤr wen sollte er es ausdruͤcken, oder nennen wollen. Folglich verdient es noch immer nicht Wortsinn zu heisen, denn nur durch ein Zeichen alles dessen wird es dergleichen Sinn. Deswe- gen bliebe es in ihm eine blose deutliche Vorstel- lung fuͤr ihn, und was ist ihm weiter noͤthig? §. 129. Wollen wir nun auch setzen, daß dieser sprach- leere Mensch mit der nemlichen deutlichen Vor- G stellung stellung der Sinnlichkeiten, zu andern Menschen kaͤme, und ihnen solche angeben, oder nennen moͤchte, wuͤrde es ihm, wenn er auch gleich das Gehoͤrte mit nachgeahmten Lauten anzuzeigen schon gewohnt waͤre, das, was er saͤhe, roͤche, schmeckte oder fuͤhlte, durch Laute, die nicht die geringste Verwandtschaft und Aehnlichkeit, mit seinem Bemerkungssinn der Dinge, und ihrer Kennzeichen haben, dennoch anzugeben, einfal- len? wuͤrde er nicht vielmehr alle Geberden zu Huͤlfe nehmen, um das, was er meynt, zu erklaͤ- ren, als daß er solches durch einen Laut anzeigen wollte? Denn, um ein Beyspiel zu geben, wel- cher unter unsern Geigern und Blaͤsern, die doch ausser der Sprache, vermittelst ihrer Toͤne, an- dern schon viel gesagt und fuͤhlbar gemacht zu haben glauben, hat bey alle dem noch keiner den Einfall gewagt, Kaͤlte und Waͤrme; Wasser und Feuer; sauer und suͤß; oder Kaͤse und Butter; ein jun- ges Maͤdchen und altes Weib, u. s. w. durch Toͤne anzugeben und zu nennen. §. 130. §. 130. Wenn nun dem sprachleeren Menschen nicht einmal die Nennwoͤrter, die diese vier Sinne er- finden muͤßten, zu erfinden moͤglich ist, wie soll er die viel schwerern Sagewoͤrter, und noch schwe- reren Beystaͤnde oder Vortreter zu erfinden, im Stande gewesen seyn! und wie will man die Sprachen, deren Stammwoͤrter noch dazu mei- stens Sagewoͤrter sind, fuͤr so erfunden angeben. §. 131. Betrachtet man also das Verhaͤltniß unserer Sinne gegen die Natur noch einmahl und erwaͤ- get, wie selten das Gehoͤr, und wie sehr oft die andern Sinne eines sprachleeren Menschen ange- regt, und zu Zeichen ihrer Vorstellungen oder zum Sinn eines Worts, aufgefordert werden, so faͤllt das, was man von Seiten des Gehoͤrs zum Theil zugab, ohnedem wieder von selbst weg. §. 132. Wenn also die sinnlichen Vorstellungen, nicht durch blosse Erfindung zum Sinne eines Worts gediehen seyn koͤnnen, und also der groͤßte Theil G 2 der der Menschensprache als unerfindlich anzusehen ist; so bleibt ja auch desfalls keine andere Aus- kunft uͤbrig, als daß man dem Menschen umge- kehrt Sinnlichkeit und Laut zusammen, und das Zeichen mit seiner Sache verbinden lernen muß. Denn dadurch zeigt sich der Bemerkungssinn des Dinges, und der Wortsinn des Lauts im Menschen zugleich, daß also das Wort zum Zei- chen wird; und dieses um so viel leichter, wenn er ganz jung, so wie die Sinne nach und nach deutlich empfinden und begreifen, zu dieser Ver- bindung von beyden angefuͤhret wird; desto schwe- rer aber, wenn die Sinne schon allzustark an eine flatterhafte Kenntniß, ohne Laute, oder Woͤrter gewohnt sind, und die Fertigkeit solche Zeichen zu unterscheiden, und anzuwenden verlohren, hin- gegen zu viel Haͤrte zur Bildung der Begriffe bekommen haben. §. 133. Daher lauft auch diese Betrachtung uͤber den Wort- oder Sprachsinn eben wieder dahinaus, daß daß immer die aͤlteren den juͤngeren die Sprache gelernt haben muͤssen, ohne daß man einen unter den Menschen vor ihren urspruͤnglichen Erfinder, bis ins Undenkliche hinaus angeben koͤnnte. Mit eben so viel Grund kan man auch sowol die Men- schen uͤberhaupt, als auch ihre nach den Haupt- sprachen unterschiedene Arten, nicht anders, als von je her, wie die ganze uͤbrige Schoͤpfung des ewigen Schoͤpfers herleiten, und erklaͤren. §. 134. Die Gestalt der Sprache. Endlich muͤssen wir noch sehen, ob die Gestalt der Sprache dem vorigen widerspricht. Daß die Gestalt eines Dinges uͤberhaupt, von der Stel- lung als der Thaͤtigkeit die Theile seines Ganzen nach einer gewissen Verhaͤltniß und Ordnung, die man eben Gestalt nennt, zu setzen, wie Erfolg und Wirkung unterschieden sey, und daß man den Grund von jeder Gestalt, in der vorherge- gangenen Stellung ihrer Theile suchen, und sie auch hier betrachten muͤsse, wird wohl niemand leugnen. G 3 §. 135. §. 135. Wendet man dieses besonders auf die Sprache an; so wird man auch nicht nur dem einzelnen Wortlaut, sondern auch dem einzelnen Wortsinn eine gewisse Gestalt zugestehen. Ja, wenn man weiter in die Sprachlehre hinein geht, so zeigt sich, daß auch jede Redensart, und jeder Rede- satz, sowohl in Ansehung des Lauts, als Sinnes, und also auch der Sprachsinn im Ganzen seine Gestalt habe, und daß man diese eben sowol nach ihrer Stellung betrachten koͤnne, wenn man gan- ze Sprachen mit einander vergleicht. §. 136. Gestalt des Wort- und Sprachsinnes. Die Stellung des Wortsinnes mag also voraus gehen. Denn wenn die Sinnlichkeiten fuͤr alle Menschen die ersten Dinge sind, welche durch ih- ren Eindruck, vermittelst derer uns bewußten Gegenbewegungen, die wieder mit jeder Sinn- lichkeit uͤberein kommen, das, was ich in der Ver- bindung mit dem Wortlaut, den Wortsinn, an sich sich aber den Bemerkungssinn nenne, in uns her- vorbringen, beleben, und zur gleichartigen Ge- stalt bringen; so darf ja nicht die geringste Ver haͤltniß der Sinnlichkeit an sich, oder gegen an dere veraͤndert werden, daß nicht auch zugleich die Gestalt des Bemerkungssinnes hievon, und so bald wir diesen anzeigen wollen, auch die Gestalt des Wortsinnes abgeaͤndert werde, welches also die Stellung des Sinnes waͤre, der aus der Wahl der Woͤrter an sich, und ihrer blossen verschiede- nen Ordnung erfolgte. §. 137. Daß aber diese veraͤnderliche Stellung des Be- merkungs- und Wortsinnes gar nichts willkuͤhr- liches vor uns sey, wird man daraus deutlich er- kennen, und zugleich versichert seyn, daß wir uns von dieser Seite die Sprache nicht als unsere Er- findung zuschreiben koͤnnen. Denn es ist mehr unser Gefuͤhl, als die Folge der Woͤrter und ih- res Wortsinnes, der Folge des Bemerkungssin- nes entspreche. G 4 §. 138. §. 138. Es muß vielmehr die Einwirkung der Sinn- lichkeiten, weil die Sinne und Empfindungen al- ler Menschenarten uͤberhaupt gleich sind, und sie eben wie wir fuͤhlen, riechen, schmecken, sehen und hoͤren, in allen, von gleichen Dingen, einen gleichen Bemerkungssinn verschaffen, und also auch alle Sprachen, von dieser Seite, sie moͤgen erlernet oder erfunden seyn, etwas in der Gestalt aͤhnliches mit einander gemein haben; ob sie gleich neben dem gaͤnzlich von einander abweichen koͤnnen, ja fast abweichen muͤssen. §. 139. Denn da die Sinne, durch die Uebung der Un- terscheidungskraft eine gewisse Schaͤrfe und Auf- merksamkeit erlangen, ausser dem aber stumpf und unachtsam bleiben, auch gar viel zufaͤlliges der Empfindungen, vermoͤge der Gewohnheit fuͤr uns zu einem besondern Unterschiede der Sinnen werden, endlich da selbst die Sinnlichkeiten nicht uͤberall weder an sich noch in ihren Umstaͤnden diesel- dieselben sind, so kann nicht allein, sondern es muß sich sogar dieses Allgemeine des Bemerkungs- sinnes, bey jeder Menschenart, ja bey jedem ein- zelnen Menschen, durch etwas besonderes unter- scheiden. Waͤre daher die Erfindung der Spra- che ein so leichtes Werk der Menschen, als man meynen moͤchte; so wuͤrde jeder Mensch schon vermittelst seiner besondern Stellung des Bemer- kungssinnes, sich seine eigene gestaltete Sprech- art bilden, da er sich so nur durch die Wendung der gelernten Ausdruͤcke besonders zeiget. §. 140. Das gedachte allgemeine der Sprachstellung aber ist, nach der Erfahrung, die Haupteinthei- lung des Sprachsinnes, in Nenn- und Sage- woͤrter, und zwar in so ferne diese Stellung von den Sinnen der Menschen nicht willkuͤhrlich ab- haͤngt, und sie also einstimmig den Bemerkungs- sinn, vom Thier, Baum, Berge, Quelle, und deren Lauffen, Stehen, Vorragen, und Rieseln in sich bilden; denn jeden Bemerkungssinn durch G 5 ein ein Nennwort, diesen aber durch ein Sagewort ausdruͤcken; wenn sie auch gleich die Wortlaute dazu nur halb, wie die Kinder gelernt haben. Hingegen koͤnnte sich der blosse Bemerkungssinn, ohne vorausgehenden Wortlaut, weder jemahls verschieden bestimmt, gegen andere aͤussern, noch verhaͤltnißmaͤsige Gestalten von sich abbilden; folglich blieb alle unsere Kenntniß fuͤr andere ein Unding, oder doch ein Ungeheuer. §. 141. Sowohl der nennbare, als sagbare Bemer- kungssinn koͤnnte sich nach vielerley Umstaͤnden, wohl tausendmahl veraͤndern und immer eine an- dere Gestalt annehmen, ohne daß dem sprachlee- ren einfallen doͤrfte, solches nur uͤberhaupt, ge- schweige jeden Unterschied besonders angeben zu wollen; indem er erstlich nicht wuͤßte, daß er auf solche Art seinen Bemerkungssinn anzeigen koͤnn- te, und in diesem auch kein nothwendiger Grund liegt, daß er ihn mit Lauten angeben muͤßte. Es wuͤrden also blose Geberden des Bemerkungssin- nes nes stummer Ausdruck seyn, und fuͤr andere, wenn man etwa das Zeigen mit den Fingern ausnimmt, wie Raͤthsel von vielfacher Bedeutung, nicht aber eines bestimmenden Sinnes seyn. §. 142. Eben hier liegen nun noch unzaͤhlige Beduͤrf- nisse, die jedem Volk, in der Maase, wie sich sein Scharfsinn, seine Vorstellung, Erfindung, oder sein Zustand vergroͤssert, fuͤhlbar werden, und das mangelhafte auch der Wendungs- und Wortreich- sten-Sprache dennoch empfinden lassen. Denn obgleich die vielen Beistaͤnde fuͤr die Nenner und Sager, nebst ihren Verbindungsmitteln, sowohl an sich, als nach ihrer mannichfaltigen Ordnung und Versetzung, die mehresten Veraͤnderungen des Bemerkungssinnes, durch aͤhnliche Veraͤnde- rung, des Wort- oder Sprachsinnes, nachahmen, oder ausdruͤcken koͤnnen; so empfindet man den- noch, bey eigenem Nachdenken, wo man Umstaͤn- de deutlich bestimmen will, nur allzu oft, wie un- zulaͤnglich und schwer es sey, alles genau zu tref- fen. fen. Wenn aber dieses dem Sprachkundigen begegnet, was soll man in diesem Stuͤck, vom sprechleeren Erfinder denken. §. 143. Ich koͤnnte hier besondere Beweise von der vielfaͤlligen Stellung des Sprachsinnes, sowohl aus den todten, als lebendigen Sprachen anfuͤh- ren; weil ich aber nicht sowohl den Beweis, als die Betrachtung dieser Gestalt, zur Absicht habe, so uͤberlasse ich diese Ausschweifung andern Sprachkundigen, und will lieber aus der Stel- lung jeder besonderen Hauptsprache, wenn solche darinne von einander abweichen, den Schluß ma- chen: daß solche Sprachen nicht einerley, sondern verschiedenen Ursprung haben, und man auch die Herkunft der Voͤlcker, die diese Sprachen fuͤhren, eben so verschieden annehmen muͤsse. §. 144. Hieraus sowohl, als auch aus dem vorigen kann man zur Gnuͤge sehen, daß wenn dem Men- schen, schen, nicht der Sprachlaut, zum Zeichen seines Bemerkungssinnes, von seinen Vorfahren gege- ben worden waͤre, er auch nicht einmahl daran haͤtte denken koͤnnen, daß sich die andere Gestalt seines veraͤnderten Bemerkungssinnes anzeigen lasse. Wenn er aber einmahl den Sprachlaut als ein Zeichen seines Bemerkungssinnes gelernet hat; so fuͤhlet er die Verhaͤltniß beider gegen einander zu lebhaft, als daß er mit unveraͤnderter Ordnung der Woͤrter, den veraͤnderten Bemer- kungssinn anzeigen moͤchte; daher wechselt er nach den Umstaͤnden, mit der Gestalt des Sprach- sinnes ab. §. 145. Doch nicht die blose Stellung, oder Verbin- dung der Woͤrter, und der daraus erfolgende veraͤnderte Sinn, reicht zu, alle Gestalten des Be- merkungssinnes anzuzeigen; sondern es muß sich auch vornaͤmlich selbst der Laut der Woͤrter ver- aͤndern, um dem einzelnen Wortsinn eine andere Gestalt zu geben. Soll also der Laut das richtige Zeichen, jedes Bemerkungssinnes, von einem Dinge Dinge seyn; so muß auch die Gestalt des Lauts, jedesmahl eine aͤhnliche Veraͤnderung erhalten, und diese waͤre nun die obgedachte Stellung des Wortlauts, welche mehr fuͤr das Ohr, wie jene mehr fuͤr den Verstand gilt. §. 146. Ist es ferner ausgemacht, daß anfaͤnglich, der groͤßte Theil der Wortlaute, etwas willkuͤhrliches haͤtte seyn muͤssen, wie es auch noch jezt bey einer solchen Erfindung waͤre; so koͤnnten die Veraͤn- derungen urspruͤnglich auch nicht anders als will- kuͤhrlich seyn. Doch so bald einmahl eine gewisse Veraͤnderung des Wortlauts, bey einer gewissen Veraͤnderung des Bemerkungssinnes beliebet waͤre, muͤßte sie auch bestaͤndig dieselbe bleiben, wenn sie eben die Veraͤnderung des Bemerkungs- sinnes wieder bezeichnen sollte; und nun hiesse sie nicht mehr willkuͤhrlich. Denn der Wortsinn gaͤbe ihr was bestaͤndiges, durch seine damit ver- bundene besondere Gestalt. §. 147. §. 147. Haͤtte also ein einziger Erfinder, auch die erste Gestalt gegeben, so wuͤrde diese nicht so verschie- den seyn, wie man doch in allen Hauptsprachen findet. Daher muͤßten wenigstens mehrere Er- finder auf dem Erdboden, an dieser Gestalt der Sprachen gearbeitet haben. Denn anders sieht der Nenner und Sager bey dem Egipter oder neueren Kopten; anders bey dem benachbarten Araber, anders bey den Griechen; anders bey den Deutschen, u. s. w. aus, und so auch die Beistaͤnde fuͤr beide, wie die Sprachbuͤcher dieser und anderer alten Voͤlker beweisen. Man findet auch dieses selbst bey den neuen vermengten Voͤlkern. §. 148. Wenn sich nun noch dazu auch die Erfindung des Sprachlauts an sich, wie gedacht, weder ei- nem einzelnen sprachleeren Menschen, noch vielen solchen urspruͤnglich zuschreiben laͤßt; denn was einem einzelnen unmoͤglich ist, das ist es auch vie- len solchen einzelnen; wie vielweniger wird man die die urspruͤngliche Stellung des Wortlauts so er- klaͤhren daͤrfen, da solche eine starke Uebung der Unterscheidungskraft, gegen die kleinern Laute voraus setzt; wovon man doch kaum etwas beym sprachleeren Menschen denken kann. §. 149. Daß aber nachdem jeder, der auch nur den kleinsten Theil einer Sprache begriffen hat, eben durch seine schon etwas geuͤbte Unterscheidungs- kraft, vermoͤge der Aehnlichkeit und Nachahmung, bisweilen selbst aͤhnliche Woͤrter, oder aͤhnliche Gestalten fuͤr alte Woͤrter zu wege bringen koͤnne, ist wohl nicht zu leugnen. Wer thut es aber au- ser den Schriftstellern, als lallende Kinder, so die Woͤrter nur halb wissen, und noch halb suchen. §. 150. Wenn also die juͤngeren gleich bey ihren ersten veraͤnderlichen Bildungen des Bemerkungssin- nes, durch den jedesmahl zugleich damit verbun- denen veraͤnderlichen Wortlaut, die Stellung jeder jeder Sprache, seit undenklicher Zeit her, von den aͤltern lernten; auch jeder so angefuͤhrter Red- ner keine Stellung aus einer ihm unbekannten Sprache in seine bringen konnte, noch bey der Kenntniß mehrerer Sprachen, darein mengen durfte, und sich also im letzteren Fall nicht einmal das Recht zur Erfindung neuer Gestalten anmas- sen konnte; so macht ja dieses, wenn man es auf den sprachleeren Menschen anwendet, zugleich wahrscheinlich, daß sich der, so weder den Laut, noch dessen Sinn kannte, auch niemals weder des einen, noch des andern Stellung zu erfinden, ein- fallen lassen konnte. §. 151. Weil nun die Gestalt der Sprache, sowohl in Ansehung des Lauts, als Sinnes, ebenfalls be- staͤndig erlernet, und nicht urspruͤnglich erfunden worden ist, so kann man daraus eben auch auf das undenkliche Alter der Sprache selbst hinaus schliessen; und die Hauptarten der Sprachstellun- gen beweisen, daß seit undenklicher Zeit her, im- H mer mer verschiedene Sprachen und Spracharten, oder verschiedene Menschenarten, die sich doch nach ihren Mundarten allmaͤhlig veraͤndern, nach den Sprachen selbst aber willkuͤhrlich, wie uͤbri- gens, vermischen, und nach einiger Zeit, in einer dritten Gestalt zeigen koͤnnen, sowohl auf der jetzigen Erde, als auch auf den aͤlteren Himmels- koͤrpern, als ihren vorigen Erzeugern, gangbar gewesen seyn muͤssen, und so auch ohne Aufhoͤren gangbar, doch auch niemals eben dieselben blei- ben, sondern durch unzaͤhlige Verwandlungen des Willkuͤhrlichen, ganz andere Arten zu seyn schei- nen, im Wesen aber sich gleich erhalten werden. §. 152. Erste Nachhuͤlfe, aus der Betrachtung der Natur, nebst der Welt und des allmaͤchtigen Schopfers von beyden. Je weniger dieser Nachtrag denen, so das vor- hergehende, mit hinlaͤnglicher Kenntniß der Na- tur durchgelesen, und durchgedacht haben, zu mei- nem Beweise von dem Menschen- und Sprach- alter noͤthig zu seyn scheinen moͤchte; desto noͤ- thiger thiger doͤrfte er wohl andern seyn, so entweder die vorigen Untersuchungen, theils ohne, theils mit zu schwacher Naturkenntniß durchgelesen haben; sie mit einem fluͤchtigen, oder gar schiefen Anblick beurtheilen, und daher sowohl meine Absicht, als meine Gruͤnde, entweder nicht verstehen, oder gar uͤbel auslegen moͤchten. Deswegen wird es am besten seyn, hier erst kuͤrzlich den Begriff von dem Wort Natur zu entwickeln und zu bestim- men, und denn meine freye Betrachtung der Welt nachfolgen zu lassen; damit man sehe, daß ich die Natur nicht nach meinem Sinn, sondern meinen Sinn nach der Natur gebogen habe. Dabey muß ich aber um Vergebung bitten, daß viel von dem vorigen hier wiederholt wird. Denn dieser Zusammenhang erfordert wieder die mei- sten obigen Saͤtze. §. 153. Die Kenntniß der Woͤrter faͤngt bey den Sinn- lichkeiten an, wie oben schon bey der Sprache er- innert worden; deswegen werden wir auch hier H 2 das, das, was uns bey den Koͤrpern in die Sinne faͤllt, zum Grunde nehmen muͤssen, um zu merken, wo das Wort Natur Statt findet, oder nicht. Wenn wir diejenigen Dinge, so am naͤchsten um uns sind, und meistens durch die Bemuͤhung und Kunst der Menschen zu Stande gekommen, als: Geraͤthe, Werkzeug, und andere Kunstwerke, be- trachten, finden wir nicht, daß wir ihnen in dieser Absicht eine Natur beilegen koͤnnen, ob es gleich bisweilen im uneigentlichen Verstande geschiehet. §. 154. Denn, wenn man auf die Stellung der aͤussern Theile eines Dinges siehet, schreibt man ihm eine Gestalt zu; wegen der Zusammensetzung der Theile, eine gewisse Einrichtung; finden wir, daß seine Theile mit einer gewissen Aehnlichkeit bey einander sind, so nennen wir dieses Ordnung; die verschiedenen Veraͤnderungen, mit dem, was es bestaͤndig hat, machen seinen Zustand aus; ver- gleicht man den jetzigen Zustand mit dem vorigen, oder folgenden, so gehoͤrt dieses zu seiner Beschaf- fenheit; fenheit; so wie das, was wir bestaͤndig an ihm finden, und wodurch es sich allezeit auf einerley Art, gegen andere Dinge verhaͤlt, seine Eigen- schaft giebt: und endlich das Unzertrennliche, oh- ne welches es nicht mehr dasselbe Ding bleibt; sein Wesen ausmacht. §. 155. Betrachten wir auf eben die Art den Men- schen, so schreiben wir ihm auch ebenfalls zwar eine Gestalt, Einrichtung, Ordnung, Zustand, Beschaffenheit, Eigenschaften und Wesen, aber noch keine Natur, zu. §. 156. Nur in Ansehung derer Umstaͤnde und Ver- aͤnderungen, von denen wir davor halten, daß ihr Grund selbst in dem Menschen zu finden sey, als: Wachsthum, Verwandlung, Erhaltung, sowohl fuͤr seine Person, als zur Fortsetzung seines Ge- schlechts; seine Fortdauer, und endlich der Auf- loͤsung des Wesens, legen wir ihm eine Natur H 3 bey; bey; und so weit dieses bey verschiedenen Men- schen verschieden ist, geben wir ihnen auch ver- schiedene Naturen. §. 157. Aus eben dem Grunde raͤumen wir nicht allein Thieren und Pflanzen, sondern auch allen Erd- koͤrpern, sie moͤgen fest oder fluͤßig seyn, eine Na- tur ein. §. 158. Weil sich aber dieses auf unser Geraͤthe, Werk- zeuge und Kunstwerke nicht anwenden laͤßt, in- dem sie, als solche betrachtet, keine Veraͤnderun- gen vor sich hervor bringen koͤnnen; so sprechen wir ihnen auch in dieser Absicht die Natur ab. §. 159. Wenn uns also diejenigen Veraͤnderungen, die ihren Grund in den Dingen selbst haben, und in verschiedenen Dingen verschieden sind, veranlas- sen, den Dingen eine Natur beyzulegen, und kei- ne Veraͤnderung ohne eine veraͤndernde Kraft hervorgebracht werden kann: so muß wohl die Natur Natur der Dinge, in einer urspruͤnglichen und endlichen selbst bestehenden Ordnung der Kraͤfte und des Wesens bestehen. §. 160. Von dieser Ordnung der Kraͤfte bekommen die Dinge ihr Wachsthum, ihre Verwandlung, Er- haltung, Aufloͤsung, u. s. w. §. 161. Wenn ferner das Moͤgliche und Wirkliche, so- wohl dessen, was in einem Dinge bestaͤndig, als auch veraͤnderlich ist, zusammen genommen, seine vollstaͤndige Bestimmung, das ist, daß es so sey, wie wir es bestaͤndig antreffen, ausmacht: so wer- den die Dinge durch die Natur vollstaͤndig be- stimmt. §. 162. Alle Dinge nun, die eine Natur haben, und sie fortfuͤhren, sie moͤgen besonders gebaut, als Thiere und Pflanzen, oder nur gemischt seyn, wie alle blos feste und fluͤßige Koͤrper, heissen natuͤr- liche Koͤrper. H 4 §. 163. §. 163. Man siehet aber auch zugleich, daß die Natu- ren, weder an sich, noch in der Folge der Zeit und des Wesens, durchgehends gleich sind. Denn an sich sind sie entweder als blos anhan- gende, wie alle fluͤßige Koͤrper, oder als blos an- gesetzte, wie alle ungestaltete blos feste Koͤrper, oder als gewachsene, wie die Koͤrper, so auf einer- ley Stelle immer bey und in eben der Gestalt be- stehen, oder als belebte, wie die, so auf eben der Stelle durch ihr Wachsthum ihre Gestalt bestaͤn- dig veraͤndern, oder als beseelte, wie die, so bey der Freyheit ihre Stelle zu aͤndern, theils ihre Gestalt nur vergroͤssern, theils auch verwandeln, oder auch noch auf mehrerley Art anzusehen. Ueber das unterscheiden sie sich in Ansehung der Folge der Zeit und des Wesens, als entspringen- de, wachsende, verwandelnde, bestehende, oder aufloͤsende. §. 164. Weil man nun die Naturen meistens, mehr nach ihrer Dauer als nach andern Eigenschaften betrach- betrachtet; so vergleicht und vertheilt man sie auch meistentheils wieder hiernach, und in solchem Fall waͤre das Allgemeine der bestehenden Natu- ren, daß sich ihre selbst bestehenden Ordnungen allezeit als dieselben erhielten. Hernach unter- schiede sich also jede einzelne Natur, wenigstens durch ihre Absonderung von allen andern. Denn keine dergleichen waͤre deswegen doch dieselbe, auch nicht eine von der andern angeordnet. §. 165. Doch ist diese Absonderung der einzelnen Na- turen, nur in der Ordnung der Kraͤfte fuͤr sich selbst, aber nicht in der Anwendung anderer aͤus- serer Kraͤfte zu suchen, als wenn jede Natur ein verschlossener Kreiß von Kraͤften waͤre, der we- der Ausgang noch Eingang verstattete. Denn wer die einzelne Verhaͤltniß aller natuͤrlichen Dinge, gegen andere, erwaͤget, findet, daß wir erstlich keine Natur in ihrem Kleinsten aus sich selbst oder aus nichts, sondern aus andern, ent- springt, so auch keine blos aus sich selbst waͤchst, H 5 noch noch durch sich allein besteht, sondern mit andern, wie urspruͤnglich, so auch im fortwachsen, und wieder aufloͤsen, ihren Zusammenhang und An- wendung fuͤr sich stets zu gewinnen sucht, und zwar aus der eigenen Ordnung ihrer Kraͤfte. §. 166. Wenn also keine Natur sich gaͤnzlich aus sich selbst hervorbringen, noch aufheben kan; sondern vielmehr allezeit eine, entweder in die andere ein- greift, und sich etwas davon durch ihre selbst be- stehende Ordnung ihrer Kraft aneignet, oder doch der andern Angriff abhaͤlt, und auch sogar damit, theils sich selbst, theils die andern selbst bestehen- den zu eigenen Wirkungen veranlaßt; so siehet man daraus, daß jede einzelne Natur, vor sich, als ein Glied betrachtet, mit vielen andern Glie- dern oder Naturen nothwendig verbunden sey, und also unter ihnen ein gemeinschaftlicher Zu- sammenhang statt finde; wobey dennoch jede Na- tur vor sich selbst besteht und vergeht, ob sie schon allezeit mit vielen zugleich verbunden ist. §. 167. §. 167. Deswegen ist dennoch der Ursprung einer Na- tur nicht unmittelbar der Untergang oder Ver- nichtung der andern erzeugenden. Denn keine Natur ist nach ihrem Ursprunge blos mit einer einzigen, sondern mit vielen verknuͤpft. Daher kann in beyden Faͤllen nur eine mittelbare Veran- lassung zur Veraͤnderung des Wesens und Na- tur erfolgen, nach der Beschaffenheit der gegen- waͤrtigen bestimmten Kraͤfte, indem eine solche Veranlassung jedesmahl anders, in Ansehung des Ursprunges, Wachsthums, der Dauer und angehenden Aufloͤsung von jeder selbst bestehen- den Ordnung angeeignet wird. §. 168. So ferne nun diese mittelbare Veranlassung von einer Natur selbst angeeignet, und also fuͤr die Natur selbst angewendet wird, sie mag zum Entstehen oder Aufloͤsen gereichen, so heißt sie mit Recht eine natuͤrliche Veranlassung. Unnatuͤr- lich hieße die Veranlassung, wenn sie sich die Na- tur tur nicht selbst aneignete, und sie wie aufgedrun- gen anzusehen waͤre. Man erkennet dadurch, daß die natuͤrliche Veranlassung das eigentliche Mittel sey, wodurch sich die Naturen mit einan- der verknuͤpfen, auch wieder diese Verknuͤpfung fahren lassen, nachdem die Veranlassung ver- schwindet, und zwar beydes, wie es die selbst be- stehende Ordnung erfordert, sollte es auch selbst die Aufloͤsung betreffen. Auf die Art geht die Verknuͤpfung der Naturen durch einen inneren Wechsel bestaͤndig in einem fort, wie es die ver- schiedene Lage der Bestimmung allezeit bedarf, daher er auch der Naturverknuͤpfung mit wesent- lich ist. §. 169. Wir sehen hieraus vermuthlich deutlich genug, daß sich zwar jede Natur, nach der eigenen An- ordnung ihrer Kraͤfte vom Ursprunge an, selbst genug sey, und keiner andern Natur zur Anord- nung brauche; daß sie aber die Anwendung der Kraͤfte, der Nutzung derselben fuͤr sich, ohne die aͤussere Veranlassung nicht blos aus sich selbst nehmen nehmen koͤnne, sondern das Noͤthige hiezu aus andern Naturen holen muͤsse; und daß also keine Natur, sowohl nach dem anderweitigen Ursprun- ge, denn dieses ist die erste Veranlassung die Kraͤf- te fuͤr sich anzuwenden, als auch anderen Absich- ten, sich allein selbst genug sey, noch auch vor sich immer bestehen koͤnne, sondern endlich ein- mahl zur Aufloͤsung, doch eben auch durch die Veranlassung uͤbergehen, und sich nachdem wie- der zu Grundlagen anderer Naturen, oder Be- duͤrfnissen anwenden lassen muͤsse, um die Abwech- selung der Naturverknuͤpfung zu unterhalten, und die Unzulaͤnglichkeit aller koͤrperlichen selbst beste- henden Ordnungen zu beweisen. §. 170. Denn obgleich die meisten bestehenden Koͤrper, zumahl die festen, angesetzten und gewachsenen Erdkoͤrper, in ihrer Dauer keine Veranlassung, weder noͤthig zu haben, noch sich zu Nutz zu ma- chen, noch auch andern zu geben scheinen; so zeigt doch umgekehrt ihre allgemeine Aufloͤsbar- keit, keit, die zwar bisher meistens nur gewaltsam von der Kunst erhalten wird, daß alle bisherige schein- bare Veranlassungen nur von der Art gewesen sind, daß sie sich diese nicht aneignen, sondern vielmehr von sich abhalten, oder gleichsam zu ih- rer Fortdauer brauchen koͤnnen, bis sie einmahl solche, die sie sich aneignen koͤnnen, treffen wer- den. Da denn diese so lange bestandenen Koͤr- per ganz natuͤrlich, auch ihre gegenwaͤrtige Ge- stalt werden aufloͤsen, und hernach als neue Ver- anlassungen, zu Grundlagen anderer Naturen, oder Beduͤrfnissen wieder anwenden lassen, um ferner andere Abwechselungen der Naturverknuͤ- pfungen zu durchlaufen. §. 171. Hingegen wechseln die fluͤßigen Koͤrper desto oͤfterer, und erhalten wieder umgekehrt, durch ihre bestaͤndige Ein- und Auswickelung ihre Dauer. Denn eben die selbst bestehende Ord- nung derer hier gemeynten Hauptfluͤßigkeiten, be- steht im leichten Anhange und leichten Trennung, sowohl sowohl in sich selbst, nach ihren eigenen Theilchen, als gegen die Theilchen anderer Koͤrper, wegen ihrer allgemeinen Ausbreitung aber, beruhet auch die allgemeine Veranlassung, oder die Verknuͤ- pfung mit allen Naturen, auf ihnen. Daher alle uͤbrige Koͤrper vornaͤmlich urspruͤnglich, und als wachsende, ihre meisten Beduͤrfnisse von ihnen nehmen, oder in diese Hauptfluͤßigkeiten, und diese wieder in jene eingreifen, und so die Ver- knuͤpfung der Natur dadurch ins Grosse fuͤhren; wie sich diese selbst uͤberhaupt wieder bestaͤndig in einander einflechten, oder immer eine zu der selbst bestehenden Ordnung der andern eine Ver- anlassung abgiebt. §. 172. Kann man aber die Naturen dieser Hauptfluͤs- sigkeiten, gegen die andern unter ihnen stehenden, nicht anders, als die grossen Naturen anschen; so kann auch der durch sie geknuͤpfte grosse Zusam- menhang der natuͤrlichen Dinge, und ihrer Na- turen, in Ansehung des Ursprunges, der Dauer, und und Aufloͤsung nicht anders, als eine allgemeine Natur, und ein natuͤrliches Ganz, oder als un- sere volle Naturverknuͤpfung, welche alle einzelne Naturen in sich faßt, angesehen, und Hauptna- tur werden. §. 173. In dieser Betrachtung stellte unsere Erde, mit ihrem Wasser, ihrem Luft- und Lichtkreise, die Hauptnatur aller ihrer natuͤrlichen Dinge vor; folglich muͤßte ihr auch im Grossen und Vollen, als einer Hauptnatur alles zugesprochen werden, was allen den einzelnen Naturen insgemein zukaͤ- me, naͤmlich die urspruͤngliche und endliche selbst bestehende Ordnung der Kraͤfte, nebst deren Un- zulaͤnglichkeit, und noͤthigen Einflechtung in an- dere Naturen. Daß aber solche Hauptnatur, weder zur anhaͤngenden fluͤßigen, noch zur ange- setzten festen, noch zur gewachsenen, oder beleb- ten und beseelten, oder zu einer sechsten und sie- benden Art ihrer einzelnen Naturen gehoͤre; son- dern vielmehr einer andern hoͤheren Art sey, und statt statt aus dem Kleinsten, wie ihre einzelnen, den Ursprung zu haben, ihn aus dem moͤglich Groͤß- ten herhaben muͤßte, ist schon daraus, daß sie alle hier genennte Naturen in sich faßt, zu begreifen. §. 174. Daß aber dennoch diese Hauptnatur der Erde, nach ihrem anderweitigen Ursprunge im Groͤßten, eben auch durch Einflechtung anderer Hauptnatu- ren, ihr eigenes Wachsthum, vom moͤglich Groͤß- ten, zum moͤglich Kleinsten, denn ihre einzelnen wachsen vom moͤglich Kleinsten zum moͤglich Groͤßten, sich selbst gegeben, sich dadurch ver- wandelt, und dennoch selbst ihre vollstaͤndige Be- stimmung allezeit erhalten, und sich folglich so- wohl urspruͤnglich, als auch ferner wie eine Hauptnatur, die naͤmlich alle ihre einzelnen mit sich zugleich erhaͤlt, dadurch bewiesen habe, auch in der Aufloͤsung sich so erweisen werde, wird be- greiflich, so bald man die Erde mit andern auf sie sich beziehenden Himmelskoͤrpern vergleicht. J §. 175. §. 175. Denn da unsere Erde nicht der einzige Him- melskoͤrper ist, sondern schon den Mond am naͤch- sten um sich, die andern Planeten und Monde neben sich, uͤber sich die Kometen, und vor sich die Sonne hat; so wird sie wohl unstreitig, mit ih- ren aͤhnlichen Himmelskoͤrpern, zugleich wieder von einer noch groͤssern Hauptnatur, naͤmlich un- serm Sonnensystem, mit den andern verbunden. Muß sie nun da nicht, nach ihrer ganzen Natur, von diesen andern Hauptnaturen, zumal der Son- ne, als dem Hauptgliede dieser grossen Verbin- dung, desgleichen von ihrem Gefaͤhrden, dem Monde, mehrere Veranlassungen bekommen ha- ben, und noch bekommen, vornaͤmlich nach ihrer Ordnung, und der Folge der Zeit und des We- sens, entweder in Ansehung des Wachsthums, der Erhaltung, oder endlich einmahl der Auf- loͤsung. §. 176. Um so viel weniger laͤßt sich daran zweifeln, wenn ferner unser Sonnensystem die vollstaͤndige Bestim- Bestimmung seines Ganzen allezeit selbst ordnet. Denn in diesem Fall hat auch dieses Hauptglied des Himmels wieder seine Hauptnatur. Wird sich nun dieses Sonnensystem wieder mit aͤhnli- chen Sonnensystemen, oder groͤsseren und andern Himmelreichen verknuͤpft befinden, wie die Ord- nung des so grossen Himmelsheeres vermuthen laͤßt; so wird auch weiter hinaus eine noch hoͤhe- re Hauptnatur diese zusammen in sich fassen, und dieses immer weiter fort, wie bey unzaͤhligen Mil- lionen, wo zwar jede Million ein Hauptglied macht, welches seine bestimmte zusammengenom- mene Tausende, Hunderte, Zehner und Einer, als eine grosse Eins enthaͤlt, die Millionen aber dennoch unzaͤhlig bleiben. §. 177. Auf die Art gienge die Naturverknuͤpfung uͤber- haupt immer ins Groͤssere, bis ins unermeßlich Allgemeine, dessen Anfang und Ende wir nicht zu denken im Stande sind; so ferne unsere Erde nur einer von den kleineren Punkten in derselben J 2 ist, ist, der blos durch sein Sonnensystem, aber nicht viel weiter, den Himmelsmessern gewisse Maasen gestattet. §. 178. Wissen wir nun gleich solches Allgemeine von dieser Seite nicht zu schaͤtzen, noch von da aus zu sagen, ob dieses nicht zu uͤbersehende Ganze eine allergroͤste Hauptnatur, oder die alles in sich be- greifende Eins sey: so wird man doch so viel ein- raͤumen, daß diese Sonnensysteme und noch groͤs- sere Himmelreiche wieder fuͤr einzelne gelten muͤs- fen, die als Hauptnaturen, nach Ursprung und Aufloͤsung eben sowohl wieder gegen einander, als die einzelnen unserer Erde abwechseln, doch jede nach ihrer Art des Bestandes, der freylich bey ihnen ebenfalls von verschiedener Dauer seyn muß. §. 179. Denn sollen diese grosse Hauptnaturen wirklich natuͤrliche selbst bestehende Ordnungen seyn, so muͤssen sie sowohl urspruͤnglich, als auch endlich, und keine dabey sich selbst genug seyn; folglich ihren ihren Ursprung aus schon vorhergehenden Haupt- naturen im moͤglich Groͤßten erhalten, sich ver- moͤge der Verknuͤpfung ihr eigenes Wachsthum und Erhaltung genommen, und dabey wieder Grundlagen zu andern nachfolgenden Hauptna- turen grosser und kleiner Arten in sich entworfen haben. Es muͤssen auch schon viele durch die Aufloͤsung wieder in andere uͤbergegangen, und nach dieser Art der Vernichtung verloschen seyn. §. 180. Es kann auch dieses allgemeine, weder jemahls, noch irgendwo, durchaus das naͤmliche, wie es sonst war, gewesen seyn, noch kuͤnftig wieder wer- den, sondern es muß vielmehr, vermoͤge der all- gemeinen Abwechselung seiner groͤßten Naturver- knuͤpfung, ins unzaͤhlig Veraͤnderliche fortgehen, wie es schon undenklich lange fortgegangen ist. §. 181. Man wird dieses desto deutlicher einsehen, je mehr man erwaͤget, daß die Kraͤfte aller selbst J 3 beste- bestehenden Ordnungen, von der kleinsten bis zur groͤßten, Wuͤrkungen hervorbringen, die wieder neue Kraͤfte zu andern Wirkungen in sich enthal- ten; und also jede selbst bestehende Ordnung, durch die in einander geflochtene Wirkungen, die vollstaͤndige Bestimmung des wirklich natuͤrlichen Koͤrpers darstellt, und auch erhaͤlt, aber auch eben dadurch zu ihrer Zeit, durch allmaͤhlige oder geschwinde Aufloͤsung, Vorraͤthe fuͤr andere selbst bestehende Ordnungen zubereitet, und vor sich selbst verlischt. §. 182. Wenn also immer eine Wirklichkeit auf der an- dern beruht, und deren letztere Folge nach einan- der eine gewisse Ordnung giebt, die zwar ebenfalls auf der vorhergehenden Ordnung beruhete, und durch sie fortgepflanzet wurde, vor diesem Zeit- punkte aber nur noch moͤglich war; so sieht man zugleich, daß jede selbst bestehende Ordnung eine durch solche Wirkungen fortgepflanzte moͤgliche Ordnung vor die Zukunft, nicht allein fuͤr jetzt, sondern auch allezeit gewesen sey. §. 183. §. 183. Denn obgleich jede selbst bestehende Ordnung gleich mit ihrem Daseyn alles selbst bestimmt, so hatte doch ihr Ursprung vorher nur seine Anlage in dem Ausschluß der vorhergehenden, von der sie kam, und war also in diesem Zeitpunkt nur noch eine blosse Moͤglichkeit, zur nachfolgenden Wirklichkeit dieser neuen selbst bestehenden Ord- nung. Man kann auch nicht zweifeln, daß alle Dinge nur in so ferne wirklich werden koͤnnen, so weit sie vorher schon moͤglich waren, oder in den vorhergehenden wirklichen Dingen, als blosse Anlagen vor die Zukunft gegruͤndet waren, ohne das zu scheinen, was sie wirklich werden sollten. §. 184. Hier waͤre nun noch jede Natur, weil sie nur von der Zeit ihres Ursprunges vor sich, durch ei- gene Kraͤfte etwas wirklich machen kann, von sich selbst verlassen, und kann weder entspringen, noch durch ihre erst zukuͤnftige selbst bestehende Ord- nung vor sich etwas hervorbringen; wo nicht der J 4 Meister Meiste der allgemeinen Natur die Moͤglichkeiten, und vermittelst diesen die ganze Natur regierte. §. 185. Diesem Regenten allein stehn alle Moͤglichkei- ten zu. Blos er ist es, der, da die selbst beste- hende Ordnung der vollstaͤndigen Bestimmung ihre Kraͤfte vor das Gegenwaͤrtige, oder vor sich selbst anwendet, zugleich die Grundlage der naͤch- sten Zukunft, und vermoͤge der Folgen solcher Moͤglichkeiten, alle folgende zukuͤnftige Dinge mit entwirft, auch die vergangenen, von je her schon so entworfen haben muß. §. 186. Es laͤßt sich also weder eine einzelne, noch zu- sammengesetzte Hauptnatur, vor der Zeit ihres Ursprunges, als eine selbst bestehende Ordnung denken, sondern nur als moͤglich betrachten, die in dem schon gegenwaͤrtigen wirklichen verborgen liegt, ob man gleich diese verborgene Moͤglichkeit nicht ohne Erfahrungsmaͤßige Kenntniß bemer- ken ken kan. Wir lernen also das Moͤgliche, wel- ches der unsichtbare Meister in den Naturen an- legt, erst aus dem folgenden Wirklichen erken- nen; und wo weder unser Leben, noch die Ein- richtung eines Volks lange genug, eine solche Wirklichkeit zu beobachten oder abzuwarten, ge- dauret hat wie bey den Hauptnaturen, muß man nur Folgerungen aus der Aehnlichkeit, statt der Erfahrung zu Huͤlfe nehmen, wenn man sich eine Vorstellung davon machen will. §. 187. Was wir daher von den einzelnen unserer gan- zen Erde, und ihren vermittelst der wirklichen Dinge erwiesenen Moͤglichkeiten erfahren haben, nehmen wir uͤberhaupt auch von der Erde und anderer Hauptnaturen, doch nach ihrer hoͤheren Art, nach der Aehnlichkeit an. Daß sie naͤmlich auch erst bloß moͤglich in andern voraus gehen- den Naturen waren, ehe sie die jetzigen wirklichen Naturen wurden, und nun wieder neue moͤgliche nachfolgende Hauptnaturen in sich begreifen. J 5 Wir Wir koͤnnen aber freylich das zukuͤnftig Moͤgliche unserer Erde nicht abmerken, und duͤrfen es nur aus der Aehnlichkeit anderer Himmelskoͤrper mehr vermuthen, als sicher schliessen. §. 188. Wenn nun der Regierer der allgemeinen Na- tur, in der Zeit, da sie durch die selbst bestehende Ordnung ihrer Kraͤfte, bestaͤndig wirkliche Din- ge bearbeitet, in ihr bis in den kleinsten, nur Gott sichtbaren Punkten, Moͤglichkeiten, und zwar die kleinsten wie die groͤßten anleget; und also die Macht des Regierers, so fern sie in die Natur wirkt, blos ihre Moͤglichkeiten bewirkt; folglich alle Moͤglichkeiten ihren Grund in dem Regierer der Natur haben, und sich dieser Regie- rer nicht ohne solche Macht zu Moͤglichkeiten von uns denken laͤßt: so wird man ihn auch nicht oh- ne die Natur, in der Er diese Moͤglichkeiten anle- get, jemahls denken moͤgen. §. 189. So weit aber die ganze allgemeine Natur, nebst dem, was durch sie wirklich wird, koͤrperlich ist, ihre ihre Kraͤfte hingegen nur als Eigenschaften des Koͤrperlichen oder Wirklichen, anzusehen sind, und die Moͤglichkeiten, als noch nicht wirkliche Dinge, auch fuͤr unkoͤrperlich, und als blosse Be- schaffenheiten fuͤr die Zukunft, oder fuͤr das nach- folgende wirkliche gelten; so weit kann der Mei- ster der Natur, weder als ein koͤrperliches We- sen, noch als eine Kraft der Natur, noch selbst als die Moͤglichkeit derselben, folglich weder sicht- bar, noch sonst sinnlich, sondern vielmehr als eine unsichtbare, uͤber alle unsere sinnliche Begriffe, und selbst uͤber die Natur hinaus gesetzte, aber sie durchaus in sich fassende, den Menschen unbe- greifliche und unbeschreibliche Allmacht angesehen werden, die man nur mit demuͤthigen Augen und Sinnen, dankbar, mit gefuͤhlvollem Herzen freu- dig verehren muß. §. 190. Wir sind von der Seite der Natur zur Er- kenntniß ihres Regenten hinan gestiegen, ohne daß wir im Stande sind, uns von ihr uͤberhaupt einen einen Anfang vorzustellen, weil wir immer eine aus der andern entspringen sehen, oder doch den Ursprung der einen aus der andern folgern doͤr- fen; noch weniger koͤnnen wir von ihrem Regen- ten einen Anfang denken. Denn die Wirklichkeit der jetzigen Natur beruht in ihrer vorigen Moͤg- lichkeit, und dieses in dem unendlichen Verstande und Allmacht ihres Meisters. Wie kann man da einen Anfang denken? nichts, als Ewigkeit, und folglich auch eine ewige Allmacht. §. 191. Vermag endlich die ewige Allmacht, auch die Moͤglichkeiten, sowohl der Zeit, als dem Raume nach, uͤberall ewig hinaus fortzudenken, und liegen alle Moͤglichkeiten in den gegenwaͤrtigen wirkli- chen Dingen, oder in der Natur, wegen der Ver- knuͤpfung, verborgen; so kann auch die Natur nach Zeit und Raume, so weit als alle Moͤglich- keiten, welche die ewige Allmacht denkt, hinaus gehen. §. 192. §. 192. So weit die Natur geht, so weit erstrecken sich auch die wirklichen Dinge, und in diesen liegt das naͤchste moͤgliche, bey allen aber ist die Allmacht gegenwaͤrtig; also ist sie der ganzen allgemeinen Natur allgegenwaͤrtig, von den groͤßten Haupt- naturen an, bis zu dem Kleinsten natuͤrlichen Staͤubchen. §. 193. Wenn aber in der Moͤglichkeit allezeit Anlagen zur naͤchsten und entfernten Zukunft vorhanden sind, und also alle Moͤglichkeiten jeder vorhan- denen Zeit zusammen genommen, die allgemeine Anlage zur ganzen Zukunft enthalten; wenn fer- ner der Allmacht alle Moͤglichkeiten gegenwaͤrtig heissen, weil sie ihnen gegenwaͤrtig ist; so werden sie ihr auch alle bewußt, und sie folglich von der ganzen Zukunft, und noch mehr von der Gegen- wart der Natur allwissend seyn. §. 194. Wer nun das Vergangene ebenfals allezeit, als zukuͤnftig moͤglich, und denn gegenwaͤrtig, wie es das das jetzige und zukuͤnftige auch ist, und laͤßt sich das ganze allgemeine gegenwaͤrtige sich auch wie- der nicht ohne das ganze allgemeine vergangene denken, welches aber nach Zeit und Raum ins undenkliche hinaus geht; so muß die Allmacht nach Zeit und Raum von uns betrachtet, sowohl in der vorhergehenden, als auch nachfolgenden Zeit, als ewig-allgegenwaͤrtig, allwissend, und die Natur durchaus in sich fassend oder regierend, von der ganzen fuͤhlenden Natur, mit Dank ge- priesen werden. §. 195. So kann man sich auch diesen ewigen allgegen- waͤrtigen Meister aller Moͤglichkeiten nicht leb- haft vorstellen, ohne ihn als den Vollkommensten zu verehren. Wer kann ihn als den Regierer aller Naturen, durch welche diese Moͤglichkeiten, vermoͤge eines natuͤrlichen Ursprunges, wirklich werden, erkennen, ohne einzusehen, daß alle ihm denkliche Welten, oder Himmelskoͤrper, und ihre Geschoͤpfe auch einmahl wirklich gewesen sind, oder oder noch werden muͤssen? und wer will den An- fang und das Ende der ewigen Moͤglichkeiten, und ihrer Wirklichkeiten, oder Naturen sowohl nach Zeit und Raum, als auch nach der Zahl, durch die kuͤnftige und vergangene Zeit denken. §. 196. Hiebey unterscheide man genau das, was Gott denklich und moͤglich ist von dem, was Menschen denklich und moͤglich ist, als unendlich von einan- der abstehende Dinge. Denn wir denken, ver- moͤge unserer beseelten Natur; Gott hingegen denkt vermoͤge seiner ewigen Selbststaͤndigkeit, und von Ihm selbst herruͤhrenden Erkenntniß. Wir nennen, das moͤglich, wozu unsere Natur- kenntniß, die selbstbestehenden Ordnungen der Kraͤfte vermoͤgend erachtet; das Moͤgliche in An- sehung Gottes ist jede Folge der Verhaͤltniß sei- ner Macht, gegen die Wirklichkeit der Naturen. §. 197. Das Gott Denkliche wird also fuͤr uns immer an sich unergruͤndlich und blos eine Vermuthung aus aus dem ganzen Zusammenhange seiner Werke bleiben. Hingegen das Gott Moͤgliche, werden wir aus der Wirklichkeit der Naturen ruͤckwaͤrts schon etwas besser folgern und uns vorstellen koͤnnen. §. 198. Wenn nun auch gleich keiner von meinen Lesern, dem hier, nach allen mir moͤglichen Wendungen, durchdachten Begriffe von der Natur, Beifall goͤnnen wollte; so wird es doch jeder vor billig halten alle vorige Betrachtungen, so weit sie mit diesem Begrif uͤbereinstimmen, so lange, als die- ser vor wahr gehalten wird, auf ihrem Werthe beruhen zu lassen, und zu vergeben, wenn Je- mand weder von dem Menschen, noch von seiner Sprache, glaubte, was etwa ein anderer davon glaubt. §. 199. Die Welt . Sollte es aber bey einigen das Ansehen haben, als wenn dieser Begrif von der Natur, nach einer blossen bloßen und freyen Einbildung gemacht waͤre; so will ich lieber die Welt selbst, in der wir die Natur, wie sie ist, finden, dagegen stellen. Viel- leicht sagt diese dem Leser mehr, als man in einen kurzen Begriff bringen konte, und entschuldigt ihn dadurch eher, als daß sie ihn beschuldigen sollte. §. 200. Nur muß ich dem Leser gleich voraus sagen, daß man dabey so viel auf die vorige, als gegen- waͤrtige Zeit sehen muß, weil alle Betrachtungen vornaͤmlich auf die vorige Zeit, wo sowohl der Ursprung der Menschen, als ihrer Sprache liegt, zuruͤck zielen. §. 201. So wenig nun dieser Begriff von der Natur, nach denen blos gewoͤhnlichen Saͤtzen, die man zum Vortheil dieser oder jener Lehre, unter dem Nahmen der Weltweisheit festgestellt hat, entwi- ckelt, und wieder zusammengesetzt worden ist, (denn wir haben uns an die Natur, wie sie sich uns vorstellt, ohne allen Zwang gehalten;) eben K so so wenig werden wir die Welt selbst darnach be- trachten; sondern vielmehr das, was unsere und anderer Beobachtungen anweisen, als die Welt- kenntniß zusammen setzen. §. 202. Will man diese der Natur gemaͤsse Art zu schliessen, mit der obigen Weltweisheit verglei- chen, und sie statt dieser lieber Weltweisheit nen- nen, bin ich damit um so vielmehr zufrieden, und das Wesen dieser Weltweisheit bestuͤnde denn in der richtigen Anwendung wahrer Beobachtungen von der Welt, ohne Absicht auf andere Lehren. Wenn also in der Beobachtung oder Anwendung ein Fehler vorkommt, darf er nur dem fehlenden Weltweisen, und nicht der Weltweisheit selbst schaden. Denn der naͤchste genauere Beobachter haͤtte die Freyheit den Fehler zu verbessern; und also waͤre eine aͤchte Freyheit die Wahrheit zu befoͤrdern, dieser Weltweisheit zugleich wesent- lich; folglich niemand zum stillen Beyfall verbun- den, als der meine Saͤtze fuͤr wahr erkennt. Alle Alle andere Leser doͤrfen durch ihre Beobachtun- gen laut, nur nicht mit Bitterkeit, welches denn auch keinem Beobachter wohl anstehet, wieder- sprechen. §. 203. Wir wuͤrden aber zu weit von unserm Zwecke abweichen, wenn wir zuerst die ganze Welt uͤber- haupt, und nicht vielmehr unsere einzelne, naͤm- lich die Erde, betrachten wollten. In dieser Ab- sicht ist nun billig das erste, den ganzen Gehalt der Erde, nach ihren Haupttheilen zu unterschei- den, und denn sowohl ihre Verhaͤltniß gegen ein- ander, als auch ihren Beytrag zum Ganzen, oder doch ihre Verbindung mit diesen anzuzeigen. §. 204. Dazu werden wir aber wohl am besten gelan- gen koͤnnen, wenn wir an jedem erst betrachten, wie und was es ist, hierauf nachforschen, was, und wie es war, und endlich, wenn es schon mehrmahl, oder vermittelst der Fortzeugung ih- rer Nachfolge bestaͤndig da gewesen ist, daraus bemerken, was, und wie es jedesmahl werde. K 2 §. 205. §. 205. Was und wie jedes ist, sagt uns das Gegen- waͤrtige; was und wie es war, zeigen uns entwe- der die Ueberbleibsel des Vergangenen, oder die bekannte vorige Zeit, welche doch 4000 Jahre hinaus reicht, ehe sie an die erdichtungsvolle, oder vielmehr nur von uns neuen Auslegern mißver- standene Schreibart des Alterthums, anstoͤßt; was endlich und wie eine Sache jedesmahl wer- de, kann auch die vorige Zeit in vielen Faͤllen leh- ren; ausserdem muß man aͤhnliche Faͤlle anderer aͤhnlicher Dinge mit einander vergleichen, und mit zu Huͤlfe nehmen. §. 206. Was sich also weder durch das gegenwaͤrtige einer Sache, noch durch ihre Ueberbleibsel, noch aus der bekannten vorigen Zeit, von ihr erweisen laͤßt, darf man ihr auch nicht eigenmaͤchtig weder fuͤr das Gegenwaͤrtige, noch Vergangene, noch auch Zukuͤnftige andichten; was aber aus den ge- dachten drey Gruͤnden natuͤrlich folgt, kan man von einer Sache getrost behaupten. §. 207. §. 207. Betrachtet man nun den Umfang und Inhalt der ganzen Erde nach ihren einzelnen Hauptthei- len, so weit einige etwas gleiches haben, welches andern fehlt; so findet man ihre Ordnung entwe- der ohne Gattungen, oder mit Geschlechtern und Gattungen. §. 208. Jene giebt wieder die Haupttheilung in die Oberordnung der festen und fluͤßigen Dinge, von denen diese die Hauptordnungen, von Wasser, Luft und Licht derselben; jene aber theils die un- foͤrmlich angesetzten Koͤrper, als Erden oder Stei- ne, theils die schon foͤrmlich gewachsenen Koͤrper und Salze, oder Salzsteine vom Sande, bis zum Demant, und andern gestalteten Arten unter sich begreifen. Bey diesen letztern ist zu beobachten, daß sich bey ihnen die unterste Stufe der Begat- tung, oder der foͤrmlichen Bildung, aus einem annehmenden und angenommenen Koͤrper finden laͤßt, wie die bekannte Erzeugung der Salzkristal- K 3 len, len, durch die Vermischung eines laugenartigen und sauren Koͤrpers, beweiset. Die andere Haupttheilung trennet sich wieder in die Oberge- schlechter der Thiere und Pflanzen, wovon man dieses das blos belebte, und jenes das beseelte nennen kan. §. 209. Man darf aber nicht glauben, daß man diese Abtheilungen auf unserer Erde so scharf abge- schnitten, als hier in der Erdkunde, der Lehrart wegen, angegeben wird, antreffe. Denn sie ver- lieren sich durch unmerkliche Stufen und Verknuͤ- pfungen in einander; als Schlamm, Schleim, Schlick, Gallerte, Kaan, Schimmel, Salz- soole, Tropfwasser, Schwaden, Nebel, Duft, Reif, Anflug, Auswitterung, Sinter, Tropf- stein, Schwaͤmme, Moose, Korallen, Polipen u. s. w. bald unfoͤrmlich, bald foͤrmlich, bald un- belebt, bald belebt, bald beseelt, daß man oft nicht zu bestimmen weiß, ob dieser natuͤrliche Koͤrper zu der oder jener Haupttheilung sich mehr hinneige. §. 210. §. 210. Nimmt man nun die Oberordnung der festen Koͤrper, nach ihren Haupt- und Unterordnungen, nach ihren Haupt- und Unterarten, nach den Gat- tuugen, Sorten und Stuͤcken, im Ganzen zusam- men vor sich; so hat man den Erdboden, wo sich immer ein Koͤrper an den andern schließt. §. 211. Die Oberordnung der fluͤßigen Koͤrper hinge- gen hat die Hauptordnung des Wassers, und diese das Meer, mit allen Fluͤssen und Quellen, es moͤgen Tagewasser, oder Grundwasser seyn; wie auch alle Saͤfte in andern Koͤrpern, vermoͤge der Verknuͤpfung, unter sich. Unter der Haupt- ordnung der Luft stehen alle Luͤftchen, Winde, Stuͤrme, und wegen der Verknuͤpfung Duͤnfte, Nebel, Wolken, Regen und Schnee. Das Licht aber erweckt durch seine abwechselnde Verbin- dung oder seinen Einfluß, Tag und Nacht, Waͤr- me und Kaͤlte; alle Farben und Lichterscheinun- gen, Blitze, Strahlen, Wetterstrahl, Regenbo- gen, Mond- und Sonnenhoͤfe, nebst dem Mond- K 4 schein schein, bis zu den Feuerkugeln, fliegenden Dra- chen und Irrwischen; ja auch den groͤßten Theil der Anstalten zu dem Erdbeben. §. 212. Da sich nun die zwey ungattigen Oberordnun- gen immer naͤher zusammen halten; so wollen wir sie auch nach ihrer Verbindung, bald beson- ders, bald mit einander betrachten, und deswe- gen die Erde, wie sie jetzt ist, erst im Ganzen durchgehen. Auf dieser findet man nun grossen- theils festes Land, weniger an Inseln, groͤßten- theils aber umher und dazwischen Meer, rund um Luft und Licht, nach den Strichen und Anhoͤ- hen der verschiedenen Gegenden. Dieses sagen zwar alle Seefahrer, allein was, und wie jedes sonst war, bekuͤmmert weder diese noch auch die meisten Bewohner der Laͤnder. §. 213. Doch merken alle Reisebeschreibungen an, daß auf dem Erdboden, Ebnen und Gebirge, uͤberall abwechseln; von denen diese, nach ihren zu Tage ausge- ausgehenden, groͤßtentheils aus Schichtwerk be- stehen; wie denn auch die Ebnen von den Brun- nengraͤbern eben so befunden werden. §. 214. Was und wie nun jedes Ebne und Gebirge sonst war, muͤssen des Vergangenen Ueberbleib- sel sagen. Denn die vorige Zeit sagt wenig, oder gar nichts gewisses. Alles, was die Steinfor- scher, vor und nach Woodwarden , rund umher von diesen Ueberbleibseln bemerkt haben, bewei- set, kurz von der Sache zu reden, daß sie erst Meerschlamm, und zwar nach dem Unterschiede der Zeit, von mancherley Art gewesen sey. Der Grundstof aber hiezu war vorher scheinbarlich Meerwasser, selbst nach dem Beytrage der in und von ihm erwachsenen Seekoͤrper: folglich sind diese Gebirge nach ihrem anderweitigen Ur- sprunge, naͤmlich vom alten Meerwasser, aus dem Kleinsten, zum Groͤßten erwachsen. §. 215. Da nun dieses deutlich zeigt, daß die jetzige Obcrflaͤche der Laͤnder ehemahls Meergrund, oder K 5 nach nach der damahligen Oberflaͤche solcher Gegenden betrachtet, ehedem Meeresflaͤche war; so ist ja zugleich eben so gewiß, daß umgekehrt die Ober- flaͤche der vorigen Laͤnder, da war, wo jetzt unser Meer stehet, und daß diese ehemals so tief ver- sunken seyn muͤssen. §. 216. Nebst dem erfahren wir ohne viele Muͤhe, wie das Meer sonst beschaffen war; es konnte hier naͤmlich haͤufigen Schlamm, der zu verschiedenen Zeiten, von verschiedener Art war, bis zur Hoͤhe unserer Schichtgebirge absetzen. In den 4000 Jahren, der uns bekannten vorigen Zeit, hat das Meer in diesem Stuͤck nur wenig gethan, es muß also entweder sonst schlammreicher, als jetzt gewe- sen seyn, oder man muß dem alten Meer viel 1000 Jahre mehr, als unserm jetzigen anrechnen. §. 217. Wir merken ferner, daß alle Erd- und Stein- arten der Schichtgebirge, Kalch, Feuerstein, Mer- gel, gel, Gips, Thon, Sand, Schiefer, Marmor, Hornstein, Jaspis, Achat, Wacke; und die Me- talle der Floͤtze, Eisen, Kupfer, Bley, Silber, Zinck, Glimmer; auch die Gaͤnge darinnen, denn in Thuͤringen, und andern Gegenden, sind diese Schichtgebirge oft gangartig, mit ihrem Quarz, Fluß- und Kalchspat, mit ihren Drusen, nebst dem Kiese, Zinnober, Spießglase, Kobold, Braunstein, und allen ihren Markasiten; ja selbst auch die meisten Edelsteine, Meerschlamm, oder ehemaliges Meerwasser gewesen sey. §. 218. Daher sind alle diese Koͤrper, sie moͤgen unfoͤrm- lich angesetzt, oder foͤrmlich gewachsen seyn, aus dem ehemaligen Meerwasser, als Schlamm, oder Salztheilchen entsprungen, und auch daraus er- wachsen, welches zugleich zeiget, was die haͤrtesten Koͤrper unserer Laͤnder sonst waren, und auch wie sonst das Meer noch weiter beschaffen war. §. 219. Betrachtet man nun noch in diesen Schichtge- birgen alle bekannte und unbekannte Versteine- rungen rungen der Seestuͤcke, nach den einzelnen Gegen- den, und der von ganzen, noch unvollkommenen steinkundigen Landkarte; so erkennt man dadurch, wie das Meer sonst, in Ansehung seines wohnba- ren Bodens, und der Bewohner war; auch was ein grosser Theil derselben damals wurde; er trug naͤmlich zur Vergroͤsserung der Schichten, und zur Vermischung der Erdarten, sowol nach den Mu- schelkernen, als auch ihrer eigenen Zerstoͤrung das seinige bey. §. 220. Doch enthalten diese Schichtgebirge ausser den umsteinten und versteinerten alten Seestuͤcken, auch noch umsteinte und versteinerte Landstuͤcke; nicht allein von Thieren, als von Elephanten und Nashoͤrnern, bis zu den Kleinsten unkenntlichen; sondern auch Pflanzenwerk, von den groͤßten Holz- staͤmmen bis zum kleinsten hartstaͤnglichten Wald- kraͤutchen. Da nun diese Landstuͤcke, in jedem Landstrich, ihr gewisses Schichtlager haben, und nicht wie die Seestuͤcke, durch die meisten Schich- ten, oder durch alle Schichtgebirge fortgehn; so muͤssen muͤssen sie jedesmahl und an jeden Ort, zu der Zeit, als der Schichtbau desselben Gebirges, bis zu der Hoͤhe, wo sie liegen, aufgefuͤhret war, aus einer entfernten Gegend, von einem festen Lande herein gefluͤthet, und nachher mit dem Seeschlamm wieder bedeckt worden seyn. §. 221. Daraus kann man ferner schliessen, wie zur Zeit des ehemaligen Meeres, die alten festen Laͤnder bepflanzt und bewohnt gewesen sind, naͤmlich wie einige der jetzigen. Es laͤßt sich auch an vielen Orten, die aus der besondern Art dieser Schichten, so fern die naͤchst vorher gehenden, und die nach- folgenden wieder ihrem uͤbrigen Schichtgebirge gleichen, deutlich abnehmen, von welcher Art die Dammerde solches festen Landes vornaͤmlich ge- wesen sey; naͤmlich einige schwarz, wie manche Wald- und Sumpferde; einige gelb, u. s. w. Vielleicht moͤgen sich kuͤnftig aus solchen Schicht- werken noch andere Saͤtze ziehen lassen. §. 222. §. 222. Wenn nun dadurch erwiesen ist, wo und wie das ehemalige Meer war, und auch die Damm- erde des ehemaligen festen Landes, nebst dessen Pflanzen und Thieren zwischen den Schichtgebuͤr- gen erklaͤret, wo und wie dieses ungefehr war; nemlich neben den jetzigen festen Laͤndern, als dem ehemaligen Meergrunde; soll nicht auch diejenige Verhaͤltniß zwischen Meer und Lande, welche noch jezt statt findet, eben so wohl beym alten Meere und festen Lande statt gefunden haben? §. 223. So viel aber ist wohl ausgemacht, daß das Meer einen tiefen Schoos zwischen den festen Laͤn- dern, sie moͤgen dessen Daͤmme seyn, oder nicht, einnehmen muß, und daß also kein festes Land, einen tieferen Erdschoos, als des Meeres naͤchste Oberflaͤche ist, jemals vorstellen koͤnne; auch da- her viel erhabner, als der Meergrund fortgehen muͤsse; wie noch jezt die Oberflaͤche aller festen Laͤnder, mit ihren Fluͤssen, so ferne sie alle ins Meer lauffen, offenbar beweiset. §. 224. §. 224. Deswegen muß sich des alten Erdbodens Ober- flaͤche, ebenfals hoͤher, als seines damaligen Mee- res Oberflaͤche erhoben haben, und fortgegangen seyn. Wenn nun das alte Meer an jedem Ort, wenigstens so hoch, als das hoͤchste von ihm da- selbst erbaute Schichtgebirge gestanden hat; so muß auch daselbst der alte Erdboden hoͤher, als dieses hoͤchste Schichtgebirge an selbigem Meere hingelauffen seyn. §. 225. Nun ziehe man sowol uͤber die hoͤchsten Schicht- gebirge, als auch naͤchsten tiefen Ebnen einige Umkreise, uͤber den Erdball herum; so werden diese Kreise, da und dort ungefehr die Ausschnitte, des alten hoͤchsten und tiefsten Meergrundes oder die Meerschoͤse, vorstellen. Wenn man nach dem fuͤr die alte Erdflaͤche der Laͤnder, noch einen drit- ten selbst beliebigen Umkreis, darum her fuͤhret; so kann dieser hoͤchste Umkreis zugleich die Groͤse der vorigen groͤseren Erde ungefehr vorstellen. §. 226. §. 226. Um aber diese Linien mit einigem Grunde zu ziehen, so nehme man aus den Schriftstellern, welche von den Alpen, Pirenaͤen, und Sudeten in Europa; von den hohen Gebirgen in Asia und Afrika; von den Kordillieren in Amerika, die hoͤch- ste Hoͤhe ihrer gefundenen Seestuͤcke, oder doch eines richtigen Schichtbaues angegeben haben; ungefehr diese Anhoͤhen, nebst den Tiefen gegen jedes naͤchste Meer; so hat man die beiden Kreis- punkte, wodurch man solche Umkreise ziehen, und die alten Meerschoͤse ungefehr nach ihrer ersten, oder aͤltesten Zeit, ehe sich ihr Meer nach und nach schmaͤlerte, angeben kann. Den dritten selbst beliebigen Umkreis fuͤr die alte Erdflaͤche, wird man erst kuͤnftig genauer bestimmen koͤnnen, wenn man den Schichtbau der hoͤchsten Gebirge mehr, als ihre Versteinerungen untersucht haben wird. §. 227. Hier kann ich nun die Oberordnung der festen Koͤrper, auf eine Weile verlassen, denn wir wissen nun nun was sie ist, und was sie war;) hingegen von der Oberordnung der fluͤßigen Koͤrper, und zwar zuerst von der Hauptordnung des Was- sers etwas sagen, von der ich aber nur die Unter- ordnung des Meeres hier vor mich nehmen will, ohne es als die Wohnung aller Seethiere und Seepflanzen zu betrachten. Ich stelle inzwischen dem Leser gleich frey, ob er der Erde ein fuͤr alle- mahl eine gewisse Menge Wasser zugestehen wolle, oder nicht? jenes vermuthe ich von den meisten Lesern, und weil ich auch der Meinung bin, denn ich muͤßte das Gegentheil zu behaupten wissen, so gebe ich der Erde mit ihrem ersten Ursprunge, ihr gewisses Maas Wasser. §. 228. Wenn nun aber alle unsere Schichtgebirge, bey der ehemahligen groͤsseren Erde, noch im Wasser enthalten waren; mußte nicht da dieselbe Menge Wasser sonst einen viel groͤsseren Raum einneh- men? nicht eben nach dem Maas der ab- und an- gesetzten Schichtgebirge, denn ein Niederschlag L nimmt nimmt allezeit einen groͤsseren Raum ein, als er vorher, da er noch aufgeloͤset war, einnahm, aber doch uͤberhaupt. §. 229. Ueber das mußte auch wohl das damalige Was- ser, indem es den Grundstof so vieler Gebirge, die Nahrung aller Versteinerungen mit gerechnet, in sich hielt, viel schwerer seyn, als jetzt; wiewohl nicht in der Verhaͤltniß, wie die Schwere der je- tzigen Gebirge ist. Denn aufgeloͤßte Koͤrper sind nicht so schwer. Wie also die Ordnung der festen Koͤrper der Erde, durch den Niederschlag aus dem Wasser, schwerer wurde, so muͤßte die Fluͤßigkeit, aus der sich diese festen Koͤrper niedersetzten, im- mer leichter werden. §. 230. Nun nehme man die alte Erde, wie wir sie nun wieder kennen, naͤmlich viel groͤsser, und das alte Meer, wo jetzt feste Laͤnder sind, die vorigen festen Laͤnder aber umher, so wird man sie in dieser vori- gen Groͤsse, in ihrem Wachsthum finden. Denn in ihrer aͤltesten Zeit, war noch keines ihrer Ge- birge birge erbaut, da sie in ihrer uns naͤheren Zeit alle erbaut sind. Folglich war sie vor diesem Zuwuchs der Gebirge im Durchschnitt groͤsser, als sie nach- her wurde, oder jetzt ist. Sie war aber da ihrem Ursprunge naͤher. Daher ist ihre urspruͤngliche Gestalt, die Moͤglichgroͤßte, und nicht die Klein- ste, doch mit der sparsamsten und leichtesten Anla- ge, der Ordnung der festen Koͤrper, und dem reich- lichsten und schweresten Vorrath der fluͤßigen Koͤr- per. Daher ihr zeitiges Wachsthum nach ihrem Alter mehr im Zunehmen der Festigkeit und Schwere, nach der Ordnung der festen Koͤrper, und Abnehmen der Schwere, nach der Ordnung der fluͤßigen Koͤrper, besteht; wie wir kurz zuvor vom vorigen Wasser, gesehen haben. §. 231. Wenn mir nun auch ein gewisses urspruͤngliches Maas von Luft, wie vom Wasser, um die Erde zu- gestanden wird; so muß die vorige Luft schon an sich, um so viel, als sonst die Erde groͤsser war, mehr, als jetzt ausgedehnt gewesen seyn, weswe- gen auch ihre Zwischenraͤumchen groͤsser seyn mu: L 2 sten sten und mehr von jedem Koͤrper, den die Luft an- nehmen kann, halten konnten. Da sie nun Licht und Wasserdunst anzunehmen im Stande ist; so konnte sie von beiden viel mehr, als jetzt bey sich fuͤhren. Daß aber die Federkraft der Luft damals auch schwaͤcher, als jetzt seyn mußte, ist leicht zu erachten. §. 232. Was aber haͤufiger Wasserdunst, mit vielem Licht, der vorigen Luft, bey ihrer schwaͤcheren Fe- derkraft, fuͤr eine andere Art, gegen die jetzige, gegeben haben muͤsse, kann man aus einem aͤhn- lichen Fall unserer Zeit wahrscheinlich schluͤssen; wenn man naͤmlich unsere sogenannten grauen Ta- ge, wo sich duͤnne und hohe Nebel, die das Tage- licht und den Nachtschein noch durchdringen las- sen, am ganzen Himmel gleich ausbreiten, mit der vorigen Luft vergleicht. Eine Haupteigenschaft waͤre, daß die untere Luft weder grose Hitze, noch grose Kaͤlte, betreffen konnte; die andere, daß we- der Sonne, Mond, noch Sterne dadurch gesehen werden konnten, und die dritte, daß es an solchen Wol- Wolcken, wie wir jetzt haben, und also auch an Blitz und Donner fehlen mußte; selbst an der je- tzigen Art von Regen, der anders, als die Nebel und Landregen, oder blos aus dem Zuge voller Wolken entstehet, laͤßt sich zweifeln, und an an- dern Vorfaͤllen mehr. §. 233. Daß auch das Licht, in dem unsere Erde gleich- sam schwamm, und das sie ganz umgab erst aussen auf diesem Luftkreise gegen die naͤchsten Himmels- koͤrper, besondere Erscheinungen, wie vielleicht im Jupiter und Saturn, veranlaßt haben moͤge, wird dadurch zugleich wahrscheinlich; wie auch daß es vermoͤge dem staͤrkeren Durchgange gegen den Erdboden, den Einwohnern desselben, diesen ihren damahligen Himmel (denn blos ihr oberer Luft- kreis, war damahls ihr Himmel) auf eine so be- sondere Art vorgestellt haben moͤge, daß wir dessen Beschreibung jetzt nur fuͤr Maͤhrchen des Alter- thums ansehen wuͤrden: endlich daß alle Frucht- barkeit und alles Wachsthum, durch die Wir- kung, eines so lichtreichen Wasserdunstes, der als L 3 Thau Thau oder Nebelregen, seine gewisse Gegenden befeuchten konnte, bis ins sonderbare, gegen die jetzige Zeit gegangen seyn moͤge. Aber freylich haben auch oͤftern Erdbeben, vornaͤmlich in dem Niederschlage, oder den Gebirgen des alten Mee- res, die vielen merklichen Veraͤnderungen veran- laßt. §. 234. So viel nun der jetzige Luftkreis an Duͤnsten weniger enthaͤlt, als der vorige, so viel leichter ist er jetzt; und eben so viel leichter ist zugleich unser Licht, welches die Duͤnste hebt und traͤgt, und un- ser Luftkreis durchsichtiger. Die Schale der Erde aber um so viel schwerer. Folglich machte da- mahls die Ordnung der festen Koͤrper, das wenig- ste, und die Ordnung der fluͤßigen Koͤrper das meiste der ganzen Masse der Erde aus. §. 235. Wenn man nun zugiebt, daß die Erde sonst groͤser; ihre aͤussere Schale leichter; Wasser und Luft aber schwerer, und der Schwung der Erde des- deswegen groͤsser war; denn je schwerer ein Koͤr- per ist, desto staͤrker und weiter schwingt er sich; so wird man auch gerne einraͤumen, daß sie auch in der ersten Zeit, wo noch kein Schichtgebirge erbaut, und noch jedes alte feste Land, von seinen Erdbuͤrgern bewohnt war, im ganzen als ein Himmelskoͤrper, der nach seiner Groͤse, und be- sonderen Schwere seine Laufbahn haͤlt, in einer ganz andern Bahn, und zwar mit einem andern Gange als jetzt, weil jetzt seine Schwere mehr im Mittelpunkte und nicht mehr im Umkreise ruht, gelauffen seyn muͤsse. §. 236. Ferner, daß die Erde in dieser alten Himmels- bahn, an ihrem Gewaͤsser, davon das alte Meer den Hauptbeweis geben kann, nach verschiedenen grosen Zeitlaͤuffen, und oͤfteren feurigen Ausbruͤ- chen im Meere, durch Erdbeben, so besondere Veraͤnderungen erlitten habe, wodurch die ver- schiedenen grosen Schichtgebirge, mit ihren ver- schiedenen Unterlagern aus dem Niedersatz dieses Gewaͤssers, und seiner darinne begrabenen Meer- L 4 buͤrger buͤrger haben aufgebaut werden koͤnnen, ohne daß die alten festen Laͤnder, bey diesen Veraͤnde- rungen des Gewaͤssers verschont geblieben waͤren; indem sie nach gewissen Zeitlaͤuften, auch viel Dammerde, Pflanzen und Thiere, durch Ueber- schwemmungen in das alte Meer abgegeben, und den vorigen Wagestand der Erde dadurch mit ab- geaͤndert haben. §. 237. Endlich folgt noch daraus, daß nach Vollen- dung des letzten Schichtgebirges, der Bau der alten festen Laͤnder vollends eingestuͤrzt, und das vorige Meer, mit einemmahl nachgestuͤrzt seyn muͤsse; und dieser Einsturz die Tiefe, die wir jetzt im Meer antreffen, wo nicht auf einmahl, doch nach und nach gegeben habe; der vorige letzte Meergrund hingegen, der sich nur etwas uͤber das letzte Schichtgebirge erstrecken mochte, nun voͤllig zu neuem festen Lande geworden sey. Denn die aͤlteren Schichtgebirge muͤssen wohl so weit, als sie uͤber die juͤngeren seitwaͤrts zu Tage her- vor stehn, nach jeder solcher Meeresveraͤnderung, durch durch dessen Abfall ruckweise entbloͤset, und schon vorher neues Land geworden seyn. Weil nach dem Maas, wie sich der Niederschlag aus dem alten Meer absonderte, die hiervon ausgedehnte Masse des Wassers zusammen fallen mußte; doch nach dem hier eigenen Maasstabe. §. 238. Wer aber das jetzige feste Land vor alten Meergrund erkennen, und daher das vorige feste Land, durch Schluͤsse in dem jetzigen tiefen Meer- grunde finden will, wird auch wohl zugleich die vorige Erde, unter allen alten festen Laͤndern da- mahls als hohl ansehen, und der damahligen groͤsseren Erde einen schwereren Dunstkreiß als jetzt geben muͤssen. §. 239. Soll man aber diesen Einsturz der alten Hoh- lung, der das alte feste Land betraf, von freyen Stuͤcken, oder durch blosse Erdbeben erfolgen lassen? oder vielmehr durch eine fremde Gewalt, die dieses hohle feste Land zu der Zeit mit zusam- L 5 men men druͤckte? diese haͤtten wir, so wie damahls, also auch noch jetzt, an dem Monde ganz nahe. §. 240. Dem zufolge haͤtten wir erst, seit dem daß un- sere neue festen Laͤnder aus dem vorigen Meer- grunde hervor getreten sind, unsern Mond zum Nachbar, und waͤren durch ihn, seit dem an die jetzige Himmelsbahn um die Sonne gebunden. §. 241. Denn wenn man aus der Aehnlichkeit des Schwunges unserer Erdkoͤrper, auf die Himmels- koͤrper schliessen kan; so nimmt der leichtere vom schwereren im Vorbeygehen die Schwungkraft nach seiner Maase an, der schwerere aber geht denn vom Schwungpunkte ab, und demnach waͤre der Mond vorher im Schwunge um die Sonne ge- wesen, und haͤtte, als schwerer, unsere leichtere Erde an seine Stelle gezogen; hingegen beglei- tete er nun nach verwechseltem Planetenstande die Erde, bis etwa ein dritter leichterer Himmels- koͤrper koͤrper, von Mond und Erde angehalten, vermoͤ- ge des leichteren Schwunges, in ihre Mitte tritt, und sie denn nach ihrer groͤsseren Schwere und staͤrkeren Schwunge, dessen Monde wuͤrden. §. 242. Ueberdem laͤßt sich auch noch aus dem zusam- mengebrochenen Abgrunde der festen Laͤnder, und dem hierauf erfolgten Nachfluß des vorigen Mee- res, begreifen, daß der ganze vorige Luftkreis, auch einen grossen Theil seines vorigen Dunstes, oder hohen Nebels mit dahin geworfen, und sich dadurch viel mehr, als sonst, aufgeklaͤret habe, oder fuͤr uns durchsichtiger geworden sey. Muͤs- sen aber nicht die Erdkoͤrper dieser Zeit, denen nnr ihr hoher Luftkreis bisher ihr Himmel gewe- sen war, die vor der Zeit entweder gaͤnzlich un- sichtbare, oder nur undeutlich, aber von dieser Zeit an ganz sichtbare Himmelskoͤrper, oder Son- ne, Mond und Sterne, sich gleichsam als eine neue Schoͤpfung vorgestellt, auch nur erst von da an Winter und Sommer kennen gelernet haben? §. 243. §. 243. Gesetzt aber, daß weder der ganze Abgrund, oder alle feste Laͤnder, um die ganze Erde auf ein- mahl eingestuͤrzt waͤren, noch auch der vorige Himmel, oder hohe Luftkreiß, wie doch beydes zu vermuthen ist, sich nicht auf einmahl, sondern nach und nach aufgeheitert haͤtte; so wuͤrden doch viele Erscheinungen dieses Zeitlaufs, die uns jetzt taͤg- lich, oder jaͤhrlich und ganz natuͤrlich vorkommen, damahls als hoͤchst wunderbare Dinge angesehen worden seyn, die, wenn sie damahls beschrieben worden waͤren, jetzt niemand so verstehen wuͤrde. Auf die Art muͤssen jenen Erdbuͤrgern, die Win- de, Wolken, der Regen, Schnee, Blitz und Donner, Stuͤrme, Guͤsse, Abend- und Morgen- roͤthe, Regenbogen, neue Sterne, u. d. g. m. da und dort, nach und nach vorgekommen seyn; so, daß sie darnach ihre neue Zeitrechnung ersterer Zeit mit einrichten, oder doch solche nach ihrer Folge auf einander, als Planetengeschichte ange- ben konten. §. 244. §. 244. Alles, was bisher gesagt worden, ist blos eine Reihe von Schluͤssen, oder Vermuthungen, aus den Schichtgebirgen unserer festen Laͤnder, so fer- ne sie das vorige Meer erbaut, und zugleich zwi- schen ihnen, Beweise von den vorigen festen Laͤn- dern, mit angefluͤthet hat, die nun aber entbloͤßt und die festen Laͤnder in den Abgrund gestuͤrzt sind. Zieht man aber die Stellung des aͤltesten Grund- gebirges, an welches die vorigen Schichtgebirge angebaut sind, nach der senkrechten Stellung sei- ner besondern Schichten, gegen den Mittelpunkt der Erde, noch mit in Erwegung, so laͤßt sich fer- ner schliessen, daß jeder vorige Meerschoos, den man aus dem einzeln um ihn hervorstehende aͤlte- ste Grundgebirge noch jetzt beurtheilen kan, eben- falls wieder durch einen noch viel aͤltern Einsturz unserer Erde erfolget sey, und daß unsere aͤlteste Erde, wenn man die senkrechten Schichten, des Grundgebirges, so bergmaͤnnisch zu reden, in ewige Teuffe gehn, in Gedanken zur runden Ge- stalt wieder zuruͤckbringt, damahls durchaus hohl, und und also noch viel groͤsser, als die vorhin beschrie- bene letztere Erdkugel gewesen sey. §. 245. Wenn nun auch selbst die Schichten dieses Grundgebirges, wie ihre Mischung und Zusam- mensetzung zeiget, eben sowohl, wie die Schicht- gebirge, aus dem Wasser entstanden waͤren; sollte man sie da nicht fuͤr einen aͤltesten Meergrund, und eine Anlage des ersten Einsturzes ansehen? und also die aͤltesten festen Laͤnder umher oder da- zwischen noch hoͤher, als dieses annehmen? doch darf man aus so kleinen und einzelnen Gegenden, nicht auf die voͤllige Einrichtung und Ordnung des Ganzen, als nur Bedingungsweise schließen. §. 246. Was vor eine Art von Himmelskoͤrper mag nun wohl unsere Erde in ihrer dem Ursprunge naͤ- hesten und moͤglichsten Groͤsse vorgestellt haben, da sie noch durchaus hol, und gegen ihre jetzige Gestalt gerechnet, gleichsam eine bloße leichte Schale Schale war? nicht allein nach dem aͤusseren An- blick ihres Luftkreises fuͤr die Bewohner anderer Himmelskoͤrper, und dem Ansehen dieses Luft- kreises fuͤr die Einheimischen; sondern auch nach der Eintheilung ihrer so grossen Oberflaͤche in Land und Meer, und endlich auch nach der Aus- fuͤllung ihres ungeheuren inneren Abgrundes, in dem kein schweres Wasser, sondern eine sehr leichte, dem Licht aͤhnliche, Materie, seyn konnte. §. 247. So weit kann man nun, vermoͤge der Erdkunde, in die vorige Zeit zuruͤck, und es mag genug seyn, bey dem Ursprunge unserer Erde, ihre Groͤße und leichtere Beschaffenheit; ihre wiederholte Ver- wandlung, und die Art ihres Wachsthums, be- trachtet zu haben. Denn die Oberordnung der festen und fluͤßigen Dinge hat sich auf unserem Planeten, nicht weit von seinem Ursprunge, der- gestalt geaͤndert, daß er vom groͤßten und leichte- ren Zustande, zum kleineren und schwereren, ruck- weise hinuͤber gegangen, und er scheint bey anhal- tenden tenden Erdbeben noch darinne fortzugeben, um sich allmaͤhlig zu einer folgenden Verwandlung anzuschicken. §. 248. Es ließen uns also die Ueberbleibsel des Ver- gangenen, die wir an dem gegenwaͤrtigen Be- stande betrachten koͤnnen, ziemlich deutlich erra- then, wie unsere Erde sonst war; wie aber und was sie zukuͤnftig, nicht sowohl bey einer planeti- schen Verwandlung, als vielmehr bey der Aufloͤ- sung ihres Grundwesens, oder ihrer Natur, wer- den duͤrfte, sagen zu wollen, moͤchte bey den mei- sten zu viel gewagt heißen; doch waͤre es viel- leicht einigermaßen moͤglich, wenn es erlaubt ist, die Geschichte der festen und fluͤßigen Oberord- nung, denn diese machen ja die Feste und den Umkreiß der Erde aus, sich umgekehrt wieder vorzustellen. §. 249. Wenn daher nicht sowohl unserer jetzigen am Tage stehenden Schichtgebirge, als vielmehr des in die Tiefe des Abgrundes zusammen gestuͤrzten Grund- Grundgebirges und aͤltesten Erdbodens, gegen- waͤrtiger fester Bestand, (der doch ehemals als ein Niedersatz aus dem aͤltesten Wasser, von Wasser, Luft und Licht aufgeloͤset, oder selbst mit fluͤßig war,) dennoch wieder aufloͤsbar waͤre, so bald er in solche Umstaͤnde, wie vor seinem Nie- derschlag kommen sollte, und also wieder zu Was- ser und Dunst der vorigen oder gar urspruͤngli- chen Art wuͤrde; kaͤme es da nicht blos auf die Bedingung an, daß alles Wasser unserer Erde, nebst ihrem Luft- und Lichtkreise nicht den ganzen Bestand der Erde aufloͤsen koͤnnte, wenn die Oberflaͤche an Land und Meer unaufloͤsbar blei- ben sollte? Es wird aber diese Bedingung nie- manden, der die Saͤtigung der Aufloͤsungsmittel kennt, unmoͤglich scheinen, besonders wenn man annehmen darf, daß unsere Erde aus Wasser, Luft und Licht, die so viel aufgeloͤset hatten, als sie aufloͤsen konnten, d. i. gesaͤttigt waren, und aus einer ungeheuren Oberflaͤche, die gleichsam eine unaufloͤsbare Schale vorstellte, bestand, wor- auf die gesaͤttigten fluͤßigen Materien ihre aufge- M loͤseten loͤseten Materien wieder absetzten, so bald sich beyde den Aufloͤsungsanstalten entzogen fanden. §. 250. Wem die Eigenschaft der Aufloͤsungsmittel be- kannt ist, weiß auch, daß jedes derselben schwe- rer wird, als vorher, wenn es schwerere Mate- rien bis zur Saͤttigung aufgeloͤset hat, und alle leichtere Koͤrper auf ihm schwimmen, weil diese von ihm in die Hoͤhe gedruͤckt werden, daher sieht er auch ein, daß der unaufloͤsbare Ueberrest auf einer Feuchtigkeit, gegen die er in gleicher Maase leichter ist, schwimmen muß. So bald ihm nun noch der Bau unseres Planeten zeigt, daß die Aufloͤsungsanstalten mehr in der Mitte desselben, als gegen die Oberflaͤche wirken duͤrften; wird er nicht allein die Oberflaͤche fuͤr unaufloͤsbar, und auf der gesaͤttigten Feuchtigkeit zu schwimmen ge- schickt halten, sondern auch noch andere leichte un- aufloͤsbare Theile hervortreten, und mit denen noch uͤbrigen Stuͤcken der Oberflaͤche ein Ganzes zusammen machen lassen. §. 251. §. 251. Wem dabey um das belebte und beseelte Ober- geschlecht bange wird, der bedenke, daß beyde na- he am Ursprunge unserer Erde, bey so gesaͤttig- tem Wasser, Luft und Licht, ihre so gelobte guͤlde- ne Zeit und die vergnuͤgten Jahre der Kindheit oder Wiedergeburt der Erde genossen. §. 252. Bey der Muthmassung einer moͤglichen Aufloͤ- sung der Natur unserer Erde und ihrer Ver- wandlung, ward nur unser Planet blos an und vor sich betrachtet; sollten nun dabey noch meh- rere Himmelskoͤrper einander, wie in einem gan- zen Sonnensystem, oder auch nur einem Plane- ten, mit mehreren Monden, behuͤlflich und nahe genug seyn, so koͤnnten nicht allein mehrere zu- gleich aufgeloͤset, sondern gar mit einander ver- einiget, und nach Verwechslung ihrer Theile, un- ter einer andern Gestalt auch wieder von einan- der getrennet werden. M 2 §. 253. §. 253. Nun waͤre dadurch ein dichter kleiner schwerer Himmelskoͤrper wieder in einen grossen, mit einer schwachen Erdschale verwandelt, und also der Ur- sprung eines neuen aͤhnlichen, oder verschiedenen gegruͤndet; so wie jeder kleine feste Koͤrper, wenn er wesentlich aufgeloͤst ist, durch jeden fremdarti- gen Beytritt, wieder einen mehr oder weniger abgeaͤnderten neuen Koͤrper geben muß; dabey kaͤme es nun nur darauf an, was fuͤr Huͤlfsmit- tel hernach dem neuen Himmelskoͤrper zu statten kaͤmen, um diese oder jene Art anzunehmen. Denn selbst das verschiedene bey der Aufloͤsung, nachdem eine oder die andere, oder drey fluͤßige Hauptordnungen mehr oder weniger beygetreten waͤren, machte schon einen besondern Unterschied in der ersten urspruͤnglichen Groͤsse eines Him- melskoͤrpers, sowohl gegen seine vorige Beschaf- feuheit, als gegen andere Baͤlle. §. 254. Ausser dem wuͤrde die Gegend seiner Bahn und seine Nachbarn, vermoͤge ihrer besondern Einwir- Einwirkung, vieles so, oder anders veranstalten; besonders aber duͤrfte selbst der eigene Gang eines solchen aufgeloͤsten Koͤrpers viel Unterschied ma- chen; indem die wirbelnde Bewegung wie bey der Sonne in die gewirbelten Theile anders wirkt, als der walzende Gang bey den Planeten; und der Schmieggang bey dem Monde anders, als der schießende der Kometen. Denn die aufloͤ- senden und aufgeloͤsten Theilchen wuͤrden sich in ihren Verbindungen, Scheidungen, Stellungen und Anhange gegen die unaufgeloͤsten Oberflaͤ- chen solcher Koͤrper, nach diesen verschiedenen Be- wegungen richten; weil das schwerere bey der ei- nen Bewegung in der Mitte bleiben koͤnnte, bey der andern aber sich gegen die aͤusserste Oberflaͤche schwingen muͤßte. Dahingegen das leichtere bey der Ruhe die Oberflaͤche, und beym Schwunge die Mitte der Kugel behaupten wuͤrde. §. 255. Wenn diese blos aus natuͤrlichen Gruͤnden her- geleitete Moͤglichkeit, von der Aufloͤsung eines M 3 alten, alten, und vom Ursprunge eines neuen Himmels- koͤrpers, nicht wahrscheinlich genug seyn sollte; so koͤnnte die Natur und Himmelskunde noch an- dere Gruͤnde an die Hand geben, die aber hier anzufuͤhren zu weitlaͤuftig waͤre. §. 256. Wir wollen lieber von unserer Erde, ehe wir in die grosse Welt sehen, unser Sonnensystem be- trachten. So wenig nun auch unser Auge, selbst mit den besten Fernroͤhren, am Himmel deutlich erkennen kann, so ist es dennoch ein Gluͤck fuͤr un- sere Zeiten, daß wir nun wenigstens die Monde des Jupiters und Saturns zuverlaͤßig kennen, und mitten im blendenden Sonnenschimmer, die wandelbaren Sonnenflecken sehen, auch unseres eigenen Mondes Oberflaͤche mit der Oberflaͤche unserer Erde, ziemlich vergleichen koͤnnen, und endlich unsere Kometen, obgleich noch nicht ganz bestimmt, anzugeben wissen. §. 257. Nun stelle man sich die aus den Ueberbleibseln erwiesenen Schicksale der Erde, wodurch sie das ist, ist, was sie ist, kuͤrzlich wieder vor, und vergleiche damit unsern Mond. Soll dieser wohl, ohne alle vorhergegangene Verwandlung gleich von Anfang, die so aͤhnliche Gestalt erhalten haben? Man kann billig daran zweifeln, und vermoͤge der Erwartung aͤhnlicher Faͤlle lieber annehmen, daß er ebenfals seine Verwandlungen, nach langer Zeit gelitten habe, da er naͤmlich anfaͤnglich von seiner groͤsten Gestalt, zur mitleren mit einem undurch- sichtigen Duftkreise, und so weiter ruckweise bis zu seinem jetzigen kleineren und schwereren Zu- stand fortgegangen ist. §. 258. Bey dem Jupiter und Saturn mit seinem Rin- ge und den Monden, die jeden dieser Koͤrper be- gleiten, kann man wieder auf aͤhnliche Art schluͤs- sen, daß ein aͤhnlicher Vorfall, der die hohlen festen Laͤnder unserer Erde, nach dem erbauten letz- ten Schichtgebirge, durch ihre Annaͤherung gegen den Mond, zusammen druͤckte, und das Meer uͤber die hinunter gestuͤrzte Schale nach floß, dadurch M 4 aber aber die Erde, mit ihrem Monde fuͤr bestaͤndig verband, eben auch den Jupiter und Saturn, durch die Annaͤherung gegen ihre Monden, in un- serm Sonnensystem angehalten habe. §. 259. Stellet man sich endlich unsere Erde in ihrer aͤltesten, hoͤchsten und voͤllig hohlen Groͤse, ehe das Grundgebirge senkrecht zusammenstuͤrzte, als eine der leichteren groͤsten hohlen Kugeln, im damali- gen Himmelsraume, vor, die entweder geschwun- gen wurde, oder andere schwung, und also im Mittel, oder im Umkreise, oder in freyer Bahn gieng; so doͤrfte man kaum geneigt seyn, von ihr zu denken, daß sie damals in dieser Gestalt, be- staͤndig um die Sonne, neben dem Monde, oder in ihrer jetzigen Bahn, gelauffen sey; sondern sie vielleicht fuͤr einen damaligen Kometen, oder der- gleichen freyen Himmelskoͤrper, wo nicht gar fuͤr eine Art von Sonne, ansehen, indem man an den Unterlagern der Schichtgebirge bemerket, daß sie ihren Ursprung groͤstentheils dem Feuer zu dan- ken haben. §. 260. §. 260. Waͤre nun unsere Erdkunde, von dieser Seite, noch weiter aufgeklaͤrt, wie vermuthlich kuͤnftig geschehen wird; so wuͤrden wir uͤberhaupt noch mehrere Schluͤsse von aͤhnlichen Faͤllen, machen koͤnnen; und gienge unsere Himmelskunde, die noch dem unzaͤhligen Himmelsheer, zu viel Gleich- heit unter sich, und einerley Natur geben muß, und also von seinen Geschlechtern und Arten noch zu wenig sagen kann, kuͤnftig etwas weiter, (wie man sich ebenfals versprechen kann) damit man das Veraͤnderliche am Himmel, naͤmlich, daß er im einzelnen jetzt nicht mehr durchgehends ist, was er ehemals war, noch was er kuͤnftig seyn wird, und daß er sich nur im ganzen aͤhnlich bleibt, deut- licher augeben koͤnnten; so doͤrften wir auch ge- wissere Aehnlichkeiten und bestimmtere Abwei- chungen finden, und folglich dadurch die grose Natur besser kennen lernen. §. 261. Es mag also genug seyn, daß wir den Ur- sprung der Erde geschichtmaͤsig betrachtet, und M 5 sie sie bis zu ihrer moͤglich groͤsten Gestalt verfolget haben. §. 262. Wir haͤtten auch damit von der Gattunglosen Haupttheilung unserer Erde, wohl genug, wo nicht gar zu viel gesagt, und koͤnnen also mit desto groͤ- serem Recht, die andere Haupttheilung, bey der wir Gattungen antreffen, neben sie stellen, um zu sehen, ob diese, das, was von jener gesagt worden, mehr erlaͤutert, oder ihm widerspricht. §. 263. Wir wollen daher bey dieser Haupttheilung erst sehen, wie und was sie ist; daraus wird sich ergeben, wie und was sie war; aus beiden aber vermuthen lassen, wie und was sie werden moͤchte. Daß wir aber jedes der zwey Obergeschlechter, der Pflanzen und Thiere, hier genau, nach ihren Haupt- und Untergeschlechtern, nach den Haupt- und Unterarten, nach Gattungen, Sorten und Stuͤcken, oder Personen, auseinander setzen soll- ten, ten, doͤrfte uns wohl niemand zumuthen. Des- wegen will ich mich in diesem Stuͤck der Kuͤrze bedienen, und den Raum fuͤr andere Betrach- tungen zu benutzen suchen. §. 264. Das Obergeschlecht der Pflanzen haftet meistens an der Flaͤche der Oberordnung der festen Koͤrper, und weil es diese Verbindung hat, wollen wir es zuerst vor nehmen. Hier haben nun die neuen Naturkuͤndiger, in so ferne es Gattungen hat, und sich dadurch fortpflanzt, oder sich auf der Erde, wie es ist, immer erhalten hat, noch erhaͤlt, und ferner erhalten wird, von dem Herrn Linne an, mehr als bey dem Obergeschlecht der Thiere vor- gearbeitet, doch wollen wir lieber die Vergleichung dieses Obergeschlechts mit den gattunglosen Ord- nungen voraus setzen, und uns hernach zu jenen wenden. §. 265. Es ist aber uͤberhaupt bekannt, daß keine Pflan- zenart, selbst die Wasserpflanzen nicht, urspruͤng- lich lich aus einer fluͤßigen Ordnung, wie die gattung- losen festen Koͤrper, ausgeschieden werde; am allerwenigsten wird eine Pflanzenart, aus den gat- tunglosen Ordnungen der festen Koͤrper erzeuget, und abgesondert, obgleich die meisten darauf haf- ten. Ja, obgleich die foͤrmlich gewachsene Ord- nung, wovon wir nur die bekannteste Hauptart der Saltze anfuͤhren wollen, mit den untersten Arten der Pflanzen viel gemein hat; (denn alle anschiessende Saltze erhalten ihren foͤrmlichen Ur- sprung, als die erste Stuffe des foͤrmlichen Wachs- thums, auch schon aus der doppelten Grundlage eines annehmenden und angenommenen Koͤrpers) so bleiben sie doch noch immer wesentlich unter- schieden. Denn die Saltze werden hauptsaͤchlich vermittelst dem Wasser schon mehr zufaͤllig, aber mit Huͤlfe der Luft durch den aͤussern Anschuß glei- cher Kristallchen, dadurch sie auf einmal ihre Ge- stalt erhalten, erzeugt, vergroͤssert, und in den Ruhestand ihres foͤrmlichen schichtmaͤsigen Wuch- ses gesetzt; ohne zubereitete innere Nahrung, Saftroͤrchen, und richtigen Jahrwuchs, auch ohne weitere weitere Fortzeugung aus sich selbst, und endlich ohne gemeine Geburtsstaͤte. Hingegen hat das ganze Obergeschlecht der Pflanzen noch auser dem Wasser, bestaͤndig mehr oder weniger freye Luft, nebst freyem Licht noͤthig, und waͤchst als Saame und Pflanze nicht von aussen, sondern von innen heraus, durch die Nahrung, die ihm durch Saft- und Luftroͤrchen zugefuͤhret wird, bis zu einer be- stimmten Groͤse, zeugt auch wieder seines gleichen, aus sich selbst. §. 266. Folglich geht das Obergeschlecht der Pflanzen schon weit genug von den Saltzen ab; indem es erstlich Luft und Licht, auf der Oberflaͤche der Erde, als seiner Geburtsstaͤte, bey seiner zweifachen Ge- stalt, als Saame und Pflanze zur freyen Ausbrei- tung haben muß, wobey es sich nur mit den Wur- zeln, in der Dammerde, oder in den Steineissen befestiget; und denn mit Huͤlfe seiner Roͤhren, Wasser, Luft und Licht, zu seiner Ausdehnung von innen, oder zu seinem Wachsthum, wie auch zur Anlage Anlage seiner Fortpflanzung aus sich selbst, nach der verschiedenen Einwirkung des Sommers und Winters, mit einer so freyen Bewegung, die sein Leben zu heissen verdienet, in sich zieht. Denn so bald dieses zusammen unterbleibt, heißt eine solche fuͤr sich unthaͤtige Pflanze, todt. §. 267. Ob aber dieses Leben der Pflanzen vorzuͤglich auf der erwaͤrmenden Bewegung unseres Lichtes, und der Federkraft unserer Luft, die bestaͤndig wirkt, beruhe, und seine Saͤfte dadurch zubereite, oder ob nicht vielmehr schon im Kleinsten der foͤrmlichen Anlage in jeder Pflanze ein Trieb dazu verborgen liege, ist noch unentschieden. Waͤren die Saamenthierchen welche Buͤffon nebst andern, in den Aufguͤssen von Pflanzen, beobachtet haben will, genauer erwiesen; so wuͤrde man das Leben der Pflanzen, nicht allein bey den Wasser- sondern auch Landpflanzen, zugleich erklaͤren koͤnnen. Denn die freye Lebensbewegung, welche die Pflan- zen alle, ob sie gleich meistens auf ihrer Stelle bleiben, bleiben, doch jede nach ihrer Art, zeigen, wuͤrde bey so freyer Bewegung dieser Saamenthierchen, woferne sie nur den ersten kleinsten Grad des Ge- fuͤhls haͤtten, schon aus der Verhaͤltniß des Bau- es im Kleinsten, und einem oder einigen solchen damit in Verhaͤltniß stehenden Anregern zu erklaͤ- ren seyn. Doch es sey dieses wahr oder falsch, wenn es nur den Ausdruck des Pflanzenlebens erlaͤutert. §. 268. Unterscheidet man nun lebend, von lebendig (lebwendig) dadurch, daß lebend nur eine freye wachsende Bewegung vor sich, ohne freywillige Wendung, oder Veraͤnderung des Orts erfordert, die nicht vom Eindruck einer fremden Bewegung, sondern vom eigenen inneren Triebe abhaͤngt; le- bendig hingegen eine freye Wendung in der Be- wegung vor sich, oder Veraͤnderung des Orts, die zwar gleichfalls aus eigenem inneren Triebe, doch willkuͤhrlich erfolgt, voraus setzt; so kann man dieses Obergeschlecht nicht lebendig, sondern nur lebend nennen. Es fuͤhrt aber sein Leben theils blos blos fuͤr sich selbst, zu seinem Wuchse, Knospen- triebe, und Fortpflanzung durch Reiser; theils auch bey seiner Vermehrung durch seinen Samen, den es umher streuet, fuͤr das angraͤnzende Land, oder eigentlich fuͤr das Ganze seiner Art oder Ge- schlechts. §. 269. Vermoͤge dieses Lebens fuͤr sich sucht nun die Pflanze in ihrem kleinsten Samen zuerst die Be- festigung an ihrer Stelle, durch ihren Wurzel- keim, vermittelst dem sie auch kuͤnftig den groͤßten Theil ihrer Nahrung herbey fuͤhret; auf der Wurzel, als auf einer Grundlage, erhebt sie nun die wachsenden und meistens gruͤnenden Theile, die freye Luft und Licht geniessen sollen, und die wir eigentlich Pflanze nennen; und dieses entwe- der bis zu einer einzigen Besamung, oder bey wiederholten Besamungen, bis zu der Groͤße, wo sie als bestehend anzusehen ist. Von da an laͤßt der frische Trieb des Pflanzenlebens allmaͤh- lig nach, so daß er gleichsam ruͤckwaͤrts wirkt; und und nun bemaͤchtigen sich die Eingliederungen derjenigen Theilchen, welche nicht mehr unterstuͤ- tzet werden. So wird die Pflanze aufgeloͤset. Vergleicht man dieses mit dem Begriff der Na- tur, so kan man das Leben der Pflanzen und ihre Natur fuͤr eins halten, wie die Natur der Salze und ihren Anschuß. §. 270. Daß aber keine Pflanze ihr Leben von sich selbst, sondern allezeit anders woher habe, laͤßt sich aus der Betrachtung dieses Obergeschlechts leicht erkennen. Wir wollen aber, ohne die vie- len Arten der Pflanzen, und ihre Ausnahmen, oder ihr ganzes Wesen und volle Geschichte aus einander zu setzen, von ihnen nur das, was die meisten gemein haben, naͤmlich ihr Blatt, vor uns nehmen. Dieses ist als Keim- Knospen- und Bluͤthenblatt, wie ein bestaͤndiger Vorlaͤufer oder Vorbereiter des Nachwuchses seiner Pflanze anzusehen, und zeigt die Stellen, wo die Anlage eines neuen Pflanzenlebens, und dergleichen N junge junge Natur gegruͤndet liege, oder erst gegruͤndet werde; ob wir gleich die Ein- und Vorwirkung dieses dreyfachen Blattes, weder da noch dort, voͤllig zu erklaͤren wissen. §. 271. Das Keimblatt, wodurch die Pflanze kaum zwischen dem Mutterkuchen ihres Samens her- vorsprosset, sucht fuͤr seine Nachfolgerin die erste Gemeinschaft mit Luft und Licht; nachdem es sich selbst vornaͤmlich mit Huͤlfe des Wassers dazu ent- wickelt hatte. Das Knospenblatt erweist der mit ihm verbundenen Knospe, so ferne jede schon ei- ne kleine Nachfolgerin der Pflanze, doch ohne Mutterkuchen heißen kann, einen gleichen Dienst, nur aber mehr fuͤr die Nachkunft. Das Bluͤ- thenblatt hingegen soll vermuthlich nicht sowohl fuͤr eine schon vollkommene Nachfolgerin, als fuͤr die Grundtheile einer kleineren oder groͤsseren Nachkommenschaft, die hier durch viele besondere Beschuͤtzer und deren Verbindung, als einzelne Ganze vereinigt wird, auf eine viel zaͤrtlichere Art Luft und Licht maͤßigen. §. 272. §. 272. So fern nun die kleine Nachfolgerinnen dieser drey Blaͤtter, als Theile ihres Grossen, oder Hauptganzen, dennoch schon wieder ein aͤhnliches Ganze der Gestalt nach vorstellen; so treffen wir hierbey noch einige Aehnlichkeit mit den Salzen, von denen sich auch das kleinste Theilchen, schon die foͤrmliche Gestalt seines grossen Ganzen ge- ben kann, an. Doch wird hier in allen drey Faͤl- len, zum Wohlstande dieser kleinen Nachkommen, mehr freye Luft und Licht, als bey den Salzen er- fordert, wie jedem Landmann so gut, als dem Kunstgaͤrtner, aus der Wartung der Pflanzen bekannt ist. §. 273. Daher kann man den Schluß machen, daß sich der Ursprung dieses Obergeschlechts, man setze, welchen man wolle, auf unserer Erde, nicht eher noch anders behaupten lasse, als nachdem schon Luft und Licht ihre Oberflaͤche uͤberstroͤmte; es sey nun Licht, wie jetzt, oder anders beschaffen gewe- sen. Ohne diese beyde laͤßt sich weder der Ur- N 2 sprung sprung der Pflanzen, und ihr Leben, noch ihr Wohlstand natuͤrlicher Weise annehmen. §. 274. Nunmehr bin ich wohl im Stande, bey der ausgewachsenen Pflanze den Fortwuchs und Fortpflanzung dieses Obergeschlechts, von dessen Fortzeugung genauer zu unterscheiden, wenn ich ihre Bluͤthenzeit, mit dem Samen, gegen die weit voraus gehenden Knospen halte. Ob sich nun gleich der Anfang der so fruͤhzeitigen Knos- pen, im Kleinsten nicht gewiß angeben laͤßt, weil er im Verborgenen, theils unter der Rinde, theils im inneren Kernjahr des jungen Reises bereitet wird; so ist es doch genug anzumerken, daß sol- che als kleinere Ganze, wie einzelne Theile einer Gesellschaft sind, mit den vorigen aͤltern, und nachfolgenden juͤngern, ein Hauptganzes zu ma- chen bestimmt sind, und also immer in den aͤltern eingewurzelt sitzen, oder sich von ihnen naͤhren, aber auch ihren Fort- und Zuwuchs besorgen. Solches zeigen die alten verfaulten Fichten sehr deutlich, deutlich, wo sich die harzige Wurzel jedes Astes vom Mulm des alten Stammes merklich unter- scheidet. Doch lassen sich auch die jungen der Knospen, von ihren aͤltern, durch die Kunst ab- sondern, und in andere Staͤmme versetzen, auch gar in die bloße Erde zum Einwurzeln einpflan- zen, wie die Gaͤrtnerey und des Agricola Uni- versalvermehrung beweisen. §. 275. Wenn nun eine Art von Pflanzen so beschaffen ist, daß sie keine juͤngern Wurzelreiser aus den aͤltern Wurzeln, die gleichsam ihre unterirdische Aeste vorstellen, zur Umstockung austreibt; so kann man solchen Pflanzen keine weitere Fort- pflanzung, sondern blos eine Ausbreitung nach den Zweigen, oder einen Fortwuchs beymessen. Hingegen die Wurzelreiser anderer, wie den aͤus- seren Zuwuchs ihrer geschlossenen Haushaltung ansehen. Diesem zu folge vermag sich keine Pflanzengattung weiter, als an ihrer Stelle aus- zubreiten, und also auch nicht andere Gegenden N 3 zu zu bepflanzen; welches zu beweisen scheinet, daß man den Unterschied zwischen den Anstalten einer Pflanze fuͤr sich, und denen fuͤr das Land umher fest setzen doͤrfe. Denn keine Knospe ist an sich fuͤr das Land umher, sondern fuͤr die Pflanze selbst veranstaltet. §. 276. Da man aber gleichwohl alle Gattungen uͤber den alten Meergrund, durch viele getrennte neue Laͤnder, mehr oder weniger ausgebreitet findet, und dieses doch nicht von der Natur der Knospe, ausser durch Kunst, wie die mehresten unserer ge- pfropften Obstarten beweisen, hergeleitet werden kann; so muß blos der Same, den jede Pflanze gleichsam von ihrer geschlossenen Haushaltung ausschließt, um durch Wind und Wasser einen natuͤrlichen Ansitz zu finden, ehemahls den neuen Laͤndern diese verbreitete Fortpflanzung des Pflan- zengeschlechts verschaft haben, und als die An- stalt der Pflanzen fuͤr das Land angesehen werden. §. 277. §. 277. Deswegen doͤrfen wir nur noch die Bluͤthe mit ihrem Nachfolger, dem Samen, genauer be- trachten, um die wahre Ausbreitung der Pflan- zen uͤber die Laͤnder zu bestimmen, oder vom Wuchs, Knospentriebe, und Umstockung zu un- terscheiden. Denn die Bluͤthe ist eben der Be- gattungsstand der Pflanze, wo sich das allgemei- ne Kenn- und Unterscheidungszeichen dieses Ober- geschlechts offenbaret, und in Ruͤcksicht auf seine Pflanze, der die Begattung mehr schadet, als nuͤtzet, seine Bestimmung blos fuͤr das Land um- her, das ist zur Fortzeugung, beweiset. §. 278. Zu dieser Betrachtung veranlassen uns selbst einige Pflanzen, die naͤmlich in Ansehung der Bluͤthentheile, entweder durch zwey besondere Baͤume, oder Stauden, zwey abgesonderte Gat- ten vorstellen, oder wo sich auf einem einzigen Baum oder Staude dennoch zwey abgesonderte Bluͤthentheile, als zweyerley Gatten in einer Haushaltung zeigen. N 4 §. 279. §. 279. Wenn man nun findet, daß der eine Baum solcher Art, das Behaͤltniß des Samens, oder die Fruchtbluͤthe giebt; der andere aber, so nie- mahls Samen traͤgt, blos die Stanbbluͤthe fuͤhrt, oder einen fliegenden Staub, als die Befeuch- tung fuͤr jenen hergiebt, weil der erste ohne die- sen Staub keinen wahren, sondern hoͤchstens tau- ben Samen traͤgt, so kann man diesen, der die Staubbluͤthe traͤgt, billig das Maͤnnchen, und jenen das Weibchen, beyde aber ledige Staͤmme, ihre Bluͤthen ledige Bluͤthen, und das Geschlecht zweystaͤmmig, oder auch ledig nennen. Diejeni- gen Baͤume oder Stauden aber, worauf die Fruchtbluͤthe und Staubbluͤthe zugleich, doch je- de besonders stehet, koͤnnen eheliche Staͤmme und Bluͤthen, und das Geschlecht ehestaͤmmig heissen. §. 280. Viele andere Pflanzen, wo gemeinschaftliche Bluͤthenblaͤtter, maͤnnliche und weibliche Bluͤ- thentheile zusammen einschließt, wird man Zwit- ter- terstaͤmme, Zwitterpflanzen, mit Zwitterbluͤthen nennen koͤnnen, und zwar, so weit jeder solcher Zwitter sich selbst genug ist, wird solche Pflanze gepaart, das Geschlecht aber zwitterstaͤmmig heis- sen doͤrfen. Die uͤbrigen unbestimmten Begat- tungs- und Pflanzenarten lasse ich jetzt an ihrem streitigen Orte stehen. §. 281. Bemerkt man weiter, wie sich die ledigen Staͤmme fuͤr sich verhalten, und zwar, daß das Maͤnnchen allezeit Knospen und Reiser von sei- ner Art, niemahls aber von weiblicher Art treibt, und das Weibchen sich wieder eben so verhaͤlt, so wird der obige Satz, daß naͤmlich der Knos- pentrieb nur die eigene Haushaltung jeder Pflan- ze, und nicht ihre Ausbreitung uͤber die Laͤnder, zur Absicht habe, zugleich erwiesen. Ja die ehe- lichen Staͤmme selbst, in so ferne naͤmlich ihre zweyfache Bluͤthen, aus den Knospen aller Jahr- triebe, durch einen gemeinschaftlichen Umschluß, niemahls zur Zwitterbluͤthe werden, bestaͤtigen N 5 eben- ebenfalls, daß solches blos zum eigenen Wohl- stande der Pflanze, abziele. §. 282. Da hingegen die ledigen Bluͤthen maͤnnlicher und weiblicher Art, niemahls zum Vortheil ihrer Staͤmme hervorbrechen, sondern vielmehr oft zu ihrer Entkraͤftung gereichen; wie denn eben das auch von den ehelichen und Zwitterbluͤthen gilt; so hat man Ursache, die Folge davon nach einer andern Absicht zu beurtheilen. §. 283. Der Endzweck der Bluͤthen aber ist der Same, daher muͤssen wir ihn genauer betrachten, und dieses Hauptzeichen naͤher kennen lernen. Ob nun gleich jeder ledige Stamm vor sich ein voll- staͤndiges Ganzes ausmacht, so ist er doch, wenn wir auf den Samen sehen, nur die Haͤlfte vom Ganzen, dessen Gatte er heißt, und die andere Haͤlfte, das ist den andern Gatten, zum vollkom- menen Ganzen des Samens fordert. Man koͤnn- te te also die aͤhnlichen Haͤlften oder Gatten von ei- nerley Geschlecht, eine Gattenschaft, oder das eine Untergeschlecht nennen. Solches findet auch bey den zweyfachen aͤhnlichen Bluͤthen, und bey den verschiedenen Bluͤthentheilen der Zwitter statt. §. 284. Weil nun das Weibchen, wenn ihm sein Maͤnnchen fehlt, hoͤchstens nur taube Huͤlsen und leere Mutterkuchen, oder Fruͤchte, statt eines vollkommenen Samens hervorbringt, und diese Huͤlsen dem ungeachtet doch schon die aͤussere Ge- stalt des guten Samens haben; der maͤnnliche Bluͤthenstaub hingegen ein umher fliegender, und mit der weiblichen Huͤlfe verglichen, unfoͤrmlicher zarter Koͤrper ist, der nach seinem noch fluͤchtige- ren Duft vielmehr den inneren Raum der Huͤlse, oder ihr Geaͤder auszufuͤllen, und den Entwurf der Huͤlse auszuzeichnen, hernach aber den Trieb der Saftroͤhren anzuregen, vermag: so folgt hier- aus, daß die aͤussere und innere, doch leere und unbewegte Gestalt des Samens, oder das Be- haͤltniß, haͤltniß, vom Weibchen erzeugt werde; hingegen dessen verhaͤltnißmaͤßige Ausfuͤllung und Anre- gung oder Belebung, nur allein vom Maͤnnchen, und seinem duftreichen Bluͤthenstaub herstamme. Beydes also zusammen, und nicht einzeln, ge- nommen, kann die Begattung heißen, oder voll- staͤndigen Samen geben. §. 285. Im uͤbrigen ist es bekannt genug, daß diese Be- gattung im Kleinsten geschehe, und nach der Be- gattung des Maͤnnchens Staubbluͤthen, die nun weiter nichts nuͤtzen, verschwinden; die weiblichen kleinen Samenkoͤrnerchen hingegen sich an ihrer Mutter bis zu ihrer Reife naͤhren; denn aber der Same, indem beyderseitige Nahrungsroͤhr- chen werden, gleichsam aus der weiblichen Haus- haltung hinausgestossen, und Wind und Wetter, oder den Thieren zum Futter, folglich dem Zufall oder einem mehr oder weniger zutraͤglichen Plaͤtz- chen auf dem Lande, zum auskeimen uͤberlassen werde. Eben so geht es auch mit dem ehelich und zwittermaͤßig erzeugten Samen zu. §. 286. §. 286. Es bringt aber der Same von jeder Pflanze, die Art, von der er abstammt, bestaͤndig wieder hervor: folglich der Same von ledigen wieder beyderley ledige, von ehelichen wieder eheliche, und von Zwittern wieder Zwitter. Von den Bastarten des Herrn Koͤlreuters reden wir hier nicht, denn wir muͤßten sonst die Untersuchung der maͤnnlichen und weiblichen Bluͤthen weiter treiben, als es zur gegenwaͤrtigen Absicht noͤthig ist. Genug, daß jedes vollstaͤndige und reife Samkoͤrnchen die kleinste Bildung seiner Eltern, einseitig, oder zweyseitig zwischen dem Mutter- kuchen enthaͤlt, und dadurch die groͤßte Pflanze, wofern nur dieses Koͤrnchen nicht durch widrige Zufaͤlle gestoͤhret wird, zur Wirklichkeit kom- men kann. §. 287. Ist es nun ausgemacht, daß keiner von den le- digen Staͤmmen, er mag maͤnnlichen oder weib- lichen Geschlechts seyn, einseitig, ohne Zuthun des andern Geschlechts, vollstaͤndigen Samen hervor- hervorbringen kann; so koͤnnen wir auch wohl sicher schliessen, daß auch schon ehemahls, auf den alten festen Laͤndern diese Gatten nicht weit von einander haben stehen muͤssen, wenn der be- nachbarte Meergrund, bey seiner Entbloͤssung, damit hat bepflanzt werden sollen. §. 288. Da ferner aus der Traͤgheit dieser und aller uͤbrigen Samen, die keine Fluͤgel haben, daß sie der Wind sehr weit fortfuͤhren koͤnnte, folgt: daß solche nicht weiter, als auf dem naͤchsten Strich dieses entbloͤßten Meergrundes, wohin sie durch Regenbaͤche, oder als Thierfutter gelangen konn- ten, sich haben anpflanzen, und nur durch ausser- ordentliche Vorfaͤlle, uͤber die entfernten Erd- theile ausbreiten koͤnnen. §. 289. So ist auch nicht zu leugnen, daß wenn sonst ein Erdstrich seine eigene Pflanzenarten hatte, sol- che das angraͤnzende neue Land des Meergrundes eben eben so erhalten, und nachher bis jetzt so fortge- fuͤhret haben werde; und daß man dadurch den Zustand der vorigen benachbarten festen Laͤnder, ruͤckwaͤrts, aus dem jetzigen, obgleich nicht mit bestimmter Gewisheit, doch ungefehr uͤberhaupt anzeigen koͤnne. Von den Meerpflanzen, deren Same das Meer zugleich mit sich, nach seinen je- tzigen Meerschoͤsen hinfuͤhren konnte, werden wir eben dieses behaupten koͤnnen. §. 290. Wenn wir nun bey dem, was wir von der gleichartigen Bepflanzung der neuen Laͤnder, und des neuen Meeres, geschlossen haben, wieder zu- ruͤck denken, und uns erinnern, daß diese neue Laͤnder, nach zusammen gestuͤrzten Grundgebirge, frisch aufgebaute Schichtgebirge sind; so wird man sich nicht enthalten koͤnnen, wenn man die festen und fluͤßigen Ordnungen, wie sie jetzt sind, mit den vorigen, bis in der ersten Jugend der Er- de, vergleicht, sie mit einander dem Gehalt und der Gestalt nach, immer anders geartet, anzuge- ben; ben; da hingegen das gattige Obergeschlecht an sich, allezeit dasselbe, nicht allein nach dem, was es sonst uͤberhaupt, sondern auch was es an ver- schiedenen Orten ins besondere war, geblieben ist. Folglich waͤre die gattunglose Haupttheilung die- jenige, so die Verwandlung nicht allein hier, son- dern auch vielleicht in allen Himmelskoͤrpern, uͤber sich nehmen muͤßte; die gattige Haupttheilung hingegen waͤre bey den Verwandlungen der Erde, so wie auch wohl anderer Himmelskoͤrper, im Hauptwesen unveraͤnderlich geblieben, und duͤrfte also auch wohl vermuthlich bey kuͤnftigen Ver- wandlungen so bleiben. §. 291. Ja wenn man die bisherige Betrachtung dieses Obergeschlechts an sich ganz allein, bis in die aͤl- teste Zeit, oder erste Jugend der Erde zuruͤck, ver- folgt, so laͤßt sich auch schwerlich anders davon denken. Denn sollte wohl dieses Obergeschlecht, dessen aͤhnliche kleinste Nachkommen, als Same, allezeit durch die Begattung zweyer Gatten, sonst, so so wie jetzt, hervorgebracht wurden, dort nicht eben auch seinen Ursprung auf diese Art, und wie- der anderweit her erhalten haben? und wenn die- ses ist, wie und woher bekam die Erde, die erste Vorfahren dieses Geschlechts? vermuthlich auch theils auf einem festen Lande, und theils am Mee- re, mit Wasser, Luft und Licht frey uͤberstroͤmt? und mußten nicht solche Laͤnder und Meere wenn ihrer mehrere waren, schon eben so, wie jetzt, nach den Arten dieses Geschlechts unterschieden seyn? folglich waͤre auch nach diesen Gruͤnden, dieses Geschlecht uͤberhaupt immer dasselbe gewesen, und eine Natur haͤtte wieder neue gleiche Natu- ren hervorgebracht. §. 292. Bis hieher stimmte nun dieses Obergeschlecht, in Ansehung dessen, was wir in unsern nahgele- genen Laͤndern, oder unsern alten Meerschoͤsen umher finden, mit den obigen Bemerkungen von der Erde, uͤberein. Es zeiget aber auch die Erd- beschreibung und Kraͤuterkunde der entlegentsten Laͤnder der Erde, daß es uͤberall dieselben Eigen- O schaften schaften habe. Denn jedes Land und jede Meer- kuͤste, die man uͤberall als vorigen Meergrund anzusehen hat, fuͤhren von den aͤltesten Zeiten her ihre besondere Pflanzenarten fort. Selbst ver- schiedene Striche jedes festen Landes, ja manche Inseln, erhalten Pflanzen, die ihnen besonders eigen sind, ohne hier auf den Unterschied zwischen den Kraͤutern der Gebirge, und auf ebenem Lan- de zu sehen. Daraus laͤßt sich vermuthen, daß jeder alte Meerschoos, der jetzt einen Erdschos, oder eine abgetiefte Ebene des festen Landes, mit Schichtgebirgen umher vorstellt, in so ferne er gegen einen andern Schoos solches festen Landes besondere Pflanzenarten fuͤhrt, nicht allein all- maͤhlig zu festern Lande geworden, sondern auch von einer andern Seite her, oder von einem an- dern alten festen Lande, welches vor Entbloͤsung der uͤbrigen Meerschoͤse zusammen stuͤrzte, be- pflanzet worden sey. §. 293. Man findet dieses sehr erlaͤutert durch den An- bau der Schichtgebirge, die abhaͤngend liegen; wobey wobey die aͤltesten und aͤussersten schon wieder entbloͤßt waren, wie die juͤngeren oder inneren jedes alten Meerschoses erst angelegt wurden; und auch durch die eingefluͤtheten Dinge, die von vorigen Laͤndern zeugen. Denn diese wechseln in ihren Arten so gut, als die Schichtgebirge, und beweisen dadurch, daß bald da, bald dort, ein Stuͤck vom vorigen festen Lande, das andere Pflanzen naͤhrte, entweder nur uͤberschwemmt worden, oder gar zusammen gestuͤrzt sey. Ge- nug, wenn man daraus sieht, daß schon damahls jede Gegend, so wie jetzt, ihre besondere Pflan- zen hegte. §. 294. Waͤre nun die Erdkunde in diesem Stuͤck schon so weit, daß wir die Erdschoͤse unserer festen Laͤn- der und grossen Inseln, als vorige Meerschoͤse, sowohl nach ihren blossen Schichtgebirgen, als auch nach den eingefluͤtheten Merkmahlen der vo- rigen festen Laͤnder, mit einander vergleichen koͤnn- ten; so wuͤrden wir auch weiter gehen, und zu- gleich die Kraͤuterkunde der alten Erde, ja viel- O 2 leicht leicht des aͤltesten, oder ganz jungen Erdkreises, noch in mehreres Licht setzen koͤnnen. §. 295. Wir denken inzwischen wenigstens unsern Erd- und Himmelsforschern die Bahne zu weiteren Bemerkungen und Folgerungen zu brechen, so bald sie in ihren Gegenden mit uns einsehen wer- den, wie das Pflanzengeschlecht des alten festen Landes, das neue Land des vorigen Meergrundes, nach jeder Gegend eingenommen, und seine ge- wisse Eintheilung behalten habe, ohne daß die gaͤnzliche, schon laͤngst geschehene Verwandlung der Erde, die wir jetzt vor uns finden, darinne eine Verwirrung gemacht haͤtte. Denn wie sie sich in den Versteinerungslagern, oder aus den aͤltesten Zeiten, nach ihren Arten in solchen Ge- genden zusammen gefluͤthet, zeigen, so finden sie sich noch jetzt beysammen, und sollte es in Ame- rika, oder sonst wo seyn. §. 296. Wenn aber diese gaͤnzliche Erdverwandlung dennoch nichts an der Ordnung dieses Oberge- schlechts schlechts verruͤckt hat; sollte nicht der angebliche Ursprung eines Himmelskoͤrpers, aus andern aͤl- tern, der der Natur gemaͤß seyn kann, die Ord- nung dieses Obergeschlechts, noch besser moͤgen erhalten, und aus den aͤltern Himmelskoͤrpern, jeden Erdtheil mit seinen Pflanzen, so wie er ist, in seinen Ursprung uͤbernehmen koͤnnen, oder ehe- mahls eben so gut uͤbernommen haben? doch da sich dieses nicht hinlaͤnglich beweisen laͤßt, so wol- len wir auch nicht weiter davon reden. §. 297. Sondern vielmehr das andere gattige Oberge- schlecht der Thiere vor uns nehmen, und es zu- erst mit den Pflanzen vergleichen, wie wir diese mit den Salzen verglichen haben. Es wird aber hier nur uͤberhaupt geschehen koͤnnen, weil uns eine besondere Betrachtung, von unserm Zweck zu weit ableiten wuͤrde; wie wir denn auch dieses Obergeschlecht nach seinen Hauptgeschlechten, Haupt- und Unterarten, sowohl bey den See- als auch Landthieren, nicht genau, ausser nach ge- wissen Beziehungen betrachten werden. O 3 §. 298. §. 298. Wie also das Leben der Pflanzen schon eine freyere Bewegung, als der Anschuß der foͤrmli- chen Ordnung noͤthig hatte; so erfordert die See- le der Thiere eine noch freyere Bewegung, naͤm- lich die Faͤhigkeit den Ort zu veraͤndern, sowohl in Ansehung der Glieder, als des ganzen Koͤr- pers. Zu dieser freyeren Bewegung diente ein staͤrkerer Gebrauch des Wassers, und einer freyen, mit ihrer Federkraft und erwaͤrmenden Licht ver- sehenen Luft, dazu der Athemzug verhilft, sowohl im Meere, als auf dem Lande. Den Athemzug nebst der freyen Bewegung zu unterstuͤtzen, ist ein staͤrkerer Umtrieb der Saͤfte, und groͤssere Macht der Roͤhren noͤthig, davor der Schlag des Herzens und der Schlagadern sorget; allein um die freye Bewegungen zu bestimmen, war das lebhaftere Gefuͤhl, und also das Gehirn und die Nerven unentbehrlich, und zur Erhaltung und Dauer aller dieser Theile, eine den Thieren an- passende und schon naͤhere Nahrung, als die Pflanzennahrung, ja gar voͤllig thierische, und ihre ihre Zubereitung, folglich auch die Verdauungs- Eingeweyde noͤthig. Endlich musten auch noch, um gleiche Naturen wieder hervorzubringen, oder die thierische Fortzeugung auszufuͤhren, besonde- re Zeugungstheile, die man fast durchgehends in maͤnnliche und weibliche unterscheiden kann, vor- handen seyn. §. 299. Das Obergeschlecht der Thiere ist also dem Pflanzengeschlechte in Ansehung der Fortzeugung am aͤhnlichsten, denn alles uͤbrige weicht bey den Thieren, nach den Stufen ihrer Arten, immer merklicher ab; doch ist die Eintheilung der Thie- re, nach ihren Zeugungsarten auch wieder sehr verschieden. Nun hat zwar Herr Linne seine Geschlechtszeichen, die er bey den Pflanzen so gut zu nutzen gewußt, bey den Thieren nicht fortge- setzt; allein nach unserer Absicht die Natur zu betrachten, muͤssen wir hier solche Zeichen, wie- wohl nur uͤberhaupt, fortfuͤhren. O 4 §. 300. §. 300. Wenn man nun bey den Pflanzen mehr ledige und eheliche, als Zwitter antrift; so kehrt es sich bey den Thieren um, so, daß viel weniger Zwit- ter, als ledige sind. Fand man ferner die mei- sten ledigen und ehelichen Staͤmme unter den groͤsseren Arten, die Zwitter aber unter allen von den grossen bis zu den kleinsten Pflaͤnzchen; so findet man bey den Thieren umgekehrt die Zwit- ter fast allein unter den kleinern, und darunter wohl wenige, wie die Zwitterbluͤthen gepaarter Art, oder die sich selbst, ohne den Beytritt eines andern vor sich lebenden, begatteten. §. 301. Es lassen sich zwar die Begattungen der Thie- re noch nicht so gewiß, wie bey den Pflanzen be- stimmen, ob wir gleich von vielen sagen koͤnnen, daß bey ihnen jede zeitige Begattung eine Frucht erwecke; doch wird man vielleicht kuͤnftig zuver- laͤßiger entscheiden koͤnnen, ob das, was wir bey einigen Thieren Geilheit nennen, nicht vielmehr zur zur nothwendigen vielfachen Begattung gehoͤre, ohne welche die Fortzeugung, wie bey vielen Bluͤ- then, den Absichten der Natur nicht ganz gemaͤß erfolgen wuͤrde. §. 302. Selbst die gewoͤhnlichste Zahl der Jungen bey jeder Thierart, die der Menge des Samens von einer einzelnen Fruchtbluͤthe gleicht, wuͤrde nach den meisten Faͤllen angemerkt, von allen zusam- men geordnet, und mit einander verglichen wer- den muͤssen, wenn man dieses Obergeschlecht, von dieser Seite, wie die Pflanzen, kennen wollte. §. 303. Pflanzen und Thiere aber sind bey der Fort- zeugung sich darinne uͤberhaupt aͤhnlich, daß man annehmende Theile bey dem Weibchen, und die hiezu erforderlichen angenommenen Theile bey dem Maͤnnchen antrifft. Zum Anschuß der Sal- tze, oder zur foͤrmlichen Bildung ihrer Kristallen, sind ebenfals annehmende, und angenommene Theile noͤthig, wie wir oben bemerkt haben: da- O 5 her her findet man den Grund der foͤrmlichen Bil- dung, von der untersten bis zur hoͤchsten Stuffe, allezeit zweyseitig und niemals einseitig, oder kein Koͤrper hat die Anlage seiner Gestalt und ausbil- dende Bewegung, blos aus sich selbst. §. 304. Ohne zu bestimmen, wo sich die Graͤnze der Pflanzen und Thiere scheide, oder wo die Thier- pflanze und Pflanzenthier, schon mehr Thier, als Pflanze sey, wollen wir lieber die thierische Ge- stalt und Geburt betrachten, und gegen das Pflanz- artige halten. Wenn wir nun finden, daß die Eyer des thierischen Weibchens, in denen Thieren, wo man sie deutlich erkennen kann, ohne den maͤnnlichen Samen, zur Fortzeugung niemahls taugen, sondern allezeit unfruchtbar bleiben, ob sie gleich wie die Samen der Fruchtbluͤthen, schon die voͤllige aͤussere Gestalt des Eyes haben; so ist die Aehnlichkeit dieser Anlage zwischen solchen Thieren und den Pflanzen von dieser Seite deut- lich. Kann man ferner dem fluͤßigen maͤnnlichen Samen Samen der Thiere, eben so wenig, wie dem flie- genden Staub maͤnnlicher Bluͤthen, eine foͤrmliche Gestalt zuschreiben, so ist auch in diesem Fall die Aehnlichkeit unleugbar: folglich sind auch die Ey- er aller solchen Weibchen, fuͤr blosse leere Anlagen der kuͤnftig auszufuͤllenden und zu bewegenden Bildung, oder als Behaͤltnisse des ausfuͤllenden und bewegenden Samens anzusehen. Daher be- ruhete die erste Anlage der thierischen Gestalt, auf der Empfaͤngniß des Samens in die Eyerchen, und also geschaͤhe sie eben sowohl zweyseitig, als auch im Kleinsten. §. 305. Die oben bey den Pflanzen uͤbergangenen Bast- arten des Herrn Koͤlreuters , die ebenfals bey die- ser ersten Gestalt ihren Ursprung nehmen, lassen sich hier bey den thierischen Bastarten zugleich mit vorstellen, wenn man nur noch vorher einen Blick auf die unterste Stuffe dieser ersten Gestalt, naͤmlich auf die Saltze, zuruͤck thut. Denn so- wohl durch die Verwechselung des laugensaltzigen Behaͤltnisses, als auch des sauren, so davon auf- genom- genommen wird, verwechselt, oder veraͤndert die Gestalt der daraus entspringenden Saltze; und wenn man nun gleich die Behaͤltnisse der Pflan- zen und Thiere weder fuͤr laugensalzartig, noch die Theile, die sie beyderseits zu ihrer Befruchtung aufnehmen, fuͤr sauer, mit Gewisheit angeben darf; so bleibt doch uͤberhaupt genommen, so viel wahr, daß des einen, wie des andern Verwechse- lung, die erste Anlage der Gestalt, und damit zu- gleich alles, was davon abhaͤngt, eben auch ver- aͤndern muͤsse; wofern nur die noͤthige Faͤhigkeit zur Empfaͤngniß statt findet. Dieses erstreckt sich, bis auf die Begattung der verschiedenen Unter- arten, und beweißt bey jeder eine besondere Bau- und Mischungsart, in dem Beytrage zur Zeugung. Denn es kann dieses blos in der Verhaͤltniß der Linien vom Bilde, und der Grundtheilchen von der Mischung gegruͤndet seyn. §. 306. In dieser Faͤhigkeit zu empfangen liegt es, daß die ledigen Staͤmme oft weit von einander, ohne Nach- Nachtheil fuͤr die Begattung, abstehen koͤnnen, wenn nur der Wind den Samenstaub, zur Frucht- bluͤthe fuͤhren kan. Diese Faͤhigkeit in der Ferne zu empfangen, war bey diesem Obergeschlechte, das seinen Ort nicht veraͤndern kan, noͤthig. Bey dem Thiergeschlechte hingegen nicht. Denn es kan sich eines zum andern bewegen; wie denn verschiedene, blos um die Zeit ihrer Begattung, fluͤgen, und nach ihren Empfindungen ihres glei- chen, ausspuͤhren. §. 307. Der Bau und die Gestalt der thierischen Zeu- gungstheile bey den Maͤnnchen und Weibchen, haben eine solche Verhaͤltniß gegen einander, daß das Weibchen, das Zeugungsglied des Maͤnn- chens meistens in sich nehmen kan, und bey der Begattung in sich nehmen muß. Bey den Pflan- zen ist dieses nicht so zu bemerken, denn sie em- pfangen meistens aͤusserlich; die Thiere hingegen innerlich; Fische und wenige andere ausgenom- men. §. 308. §. 308. Ob nun gleich der Bau der Zeugungstheile bey vielen ledigen Thieren, zu ihrer beyder besonderen Begattung und Empfaͤngniß eingerichtet ist; so hat er doch auch bey vielen eine gemeine Einrich- tung, daß naͤmlich das Weibchen die Zeugungs- theile vieler fremdartiger Maͤnnchen, einnehmen, oder daß sich das Maͤnnchen, vielen andern Weib- chen mittheilen kan. Stimmte nun dabey, das Geschicke sich zu begatten, mit der Faͤhigkeit zu empfangen, uͤberein; so koͤnnten nach solchem An- schein zwischen diesen leicht Bastarten erfolgen: Allein die Thierkunde beweiset, daß dieses Geschi- cke keine Bastarten veranlasse; sondern daß viel- mehr die verschiedene Sinnlichkeit der Thiere, und der hieraus folgende Wiederwille, Thiere von verschiedener Art, von einander zuruͤck haͤlt, und daß sich Thiere von fremder Art nicht eher mit einander vermischen, als bis sie entweder Kunst und Gewalt, wie z. B. wenn sich Esel und Pferd mit einander vermischen sollen, oder die hoͤchste Noth, wenn naͤmlich ein Thier, bey seinem unwie- der- derstehlichen Triebe sich zu begatten, keines von seiner Art finden kann, oder endlich auch Muth- willen, dazu treiben. §. 309. Ueber das stehen die Zeugungstheile bey den meisten Thieren an einer gemeinen Stelle, und aus diesem Grunde waͤren alle diese geschickt sich unter einander zu begatten; wenn nun noch die Faͤhigkeit zu empfangen dazu kaͤme; so koͤnnte man wieder vermuthen, daß unter diesen Thieren viele Bastarten entstehen koͤnnten. Allein die Thierkunde wiederspricht diesen ebenfalls, indem wir vielmehr sehen, daß gleiche Thiere, bey ihres gleichen bleiben, und sie sehr oft weit aufsuchen. Wenn denn dieser Zeugungstrieb, nebst dem Hun- ger, der einzige Grund ist, daß ein Thier seinen Wohnplatz aͤndert, und andere Gegenden besucht, da sonst jedes bleibt, wo es gebohren, und erwach- sen ist. §. 310. Inzwischen muͤssen wir auch nicht vergessen, daß bey einigen Thieren der Ort der Zeugungs- theile, theile, nebst der Art, sich zu begatten, ganz ab- weicht. Unter den ledigen Thieren darf man in dieser Absicht nur die sogenannte Kreutzspinne be- lauschen. Hier haͤlt das Weibchen seinen zu be- feuchtenden Tropfen, vermittelst der Fuͤhlhoͤrner, aus denen er herausquillt, selbst an des Maͤnn- chens Glied, und dessen kleinstes Troͤpfchen, zur Gerinnung seines groͤsseren, vielmahl, bald links, bald rechts, an. Will man unter den ungepaar- ten Zwittern die Speiseschnecken beobachten, so wird man sehen, wie sie beyderseits nach abge- schossenen Liebespfeilen an den Koͤpfen die Zeu- gungstheile wechseln. Von einigen Thieren, wo die zweyfachen Zeugungstheile eines einzelnen Thieres sich selbst begatteten, habe ich noch keine sichere Bemerkung erschlichen. Die gepaarten ledigen Thiere, so nur einige Zeit zu ihrer Fort- pflanzung Paarweise beysammen leben, wollen wir nur, weil sie sehr bekannt sind, um des Wor- tes willen anfuͤhren. §. 311. Wenn nicht ein Trembly die Polypen fast bis zur zur vollstaͤndigen Kenntniß untersucht haͤtte; wuͤrde man noch immer zweifeln, ob sich unter den Thieren solche geschlossene Haushaltungen, wie die Pflanzen, mit ihren Knospen und Aesten fuͤhren, antreffen liessen. Doch wir duͤrfen uns hier in solche Betrachtungen nicht zu weit einlas- sen, weil wir noch einiges von der Fortzeugung nachzuholen haben. §. 312. Der Kuͤrze wegen wollen wir aus so vielen Ar- ten der Thiere nur die nehmen, so kenntliche Eyer, wie die Pflanzen ihren Samen, geben. Wenn also der Same der Pflanzen, und die Eyer der Thiere, vor sich leere Behaͤltnisse sind, die weder auskeimen, noch sich ausbruͤten lassen, und also keine erweckbare Gestalt in sich enthalten, durch den Beytritt des Maͤnnchens aber gleich frucht- bar werden, und die richtige Gestalt, eines den Vorfahren aͤhnlichen jungen Nachkommen, durch Auskeimung und Ausbruͤtung, geben, doch so, daß sich bey dieser Anstalt die Theile dieser rich- P tigen tigen Gestalt, nur nach und nach immer weiter zeigen; so scheinet dieses zu beweisen, daß der maͤnnliche Beytrag bey diesem Geschaͤfte die Er- fuͤllung gebe, und der erste Anreger zur Belebung sey. Dabey zeigt sich zugleich, daß die Nachkom- men, in ihrem Kleinsten vorher gleichsam einen zusammen gerollten, oder in die aͤusserste Enge gebrachten Vorriß ihres Pflaͤnzchens oder Thier- chens ausmachen: folglich sich nur durch diese Anstalten zur Auskeimung oder Ausbruͤtung aus einander legen, und durch die erste Nahrung, weil sie vorher meistentheils dem blossen Auge unsichtbar sind, im Entwickeln vergroͤssern. Al- les dieses folgt blos auf die Begattung. Daher kann man sich die Bildungskraft von dieser Seite gar nicht einfach denken. Denn diese Fortzeu- gung gewaͤhret die Ausbildungen, solchen beyder- ley Kraͤften, die zugleich die Kraͤfte des Wachs- thums sind, voͤllig gemaͤß. §. 313. Aber freylich bekommt die aus einander gewi- ckelte thierische Gestalt ihre Ausbildung nicht al- lezeit lezeit gleich vollkommen, wie der Same der Ge- waͤchse. Denn es erhalten zwar viele Thierchen mit der Ausbruͤtung des Eyes, solche gleich voll- kommen, durch die Ausgeburt; hingegen viele bekommen sie nur zum ersten Theil im Ey, und ihrer Geburt, zum andern Theil aber muͤssen sie die letzte Ausbildung, wo ihre Fortzeugung erst statt findet, sich selbst durch ihre Verwandlung und den Puppenstand, wie z. B. die Raupen, u. a. m. verschaffen. §. 314. Bey allem diesem aber muß man die erste thie- rische Nahrung allezeit mit vor Augen haben, und sie mit der kuͤnftigen vergleichen. Denn die erste darf, als samenartig nur zur Entwickelung und Geburt behuͤlflich seyn; die andere nach der Geburt muß schon staͤrker, doch noch leicht zu ver- dauen, und zum ersten Wachsthum dienlich seyn; die dritte und fernere muß noch staͤrkerer Art seyn. Doch wir brauchen nur, ohne viel von der ersten thierischen Nahrung, und dem jungen Wachs- P 2 thum thum zu sagen, an den Unterschied der ersten be- sondern Nahrung einiger jungen Thiere zu den- ken, in so ferne diese vor der Geburt, als Blut- artig, und nach der Geburt als Milch, von ihrer uͤbrigen Nahrung, die sie lebenslang geniessen, mehr oder weniger abweicht; da hingegen die Pflanze vom Wurzelkeime an, bestaͤndig einerley genießet. §. 315. Nun glaube ich von der Fortzeugung dieses Obergeschlechts uͤberhaupt, das Noͤthige gesagt, und hinlaͤnglich erwiesen zu haben, daß kein Thier weder aus sich selbst, noch durch einen einfachen Zeugungstrieb, und am allerwenigsten gleich in seiner vollstaͤndigen Groͤsse entspringe; sondern daß es im Kleinsten entweder durch zwey beson- dere Vorfahren, oder durch den doppelten Zeu- gungstrieb eines einzelnen Vorfahren, die Anla- ge zu seiner Gestalt bekomme; daß ferner keine Art von freyen Stuͤcken sich mit einer andern, sondern allezeit mit seines gleichen begatte, ausser dem aber Bastarten erzeuge; daß endlich keine Art, Art, ausgenommen die Zug-arten, ohne Noth, ihren angebohrnen Wohnplatz verlasse, sondern allezeit an demselben bleibe. Ich koͤnnte nun also wohl naͤher zum Zweck schreiten, und den Men- schen besonders betrachten, wenn ich ihn vorher mit den Hauptgeschlechten unter den Landthieren verglichen habe. §. 316. Unter den Hauptgeschlechten auf dem Lande, ist wohl dem Menschen keins naͤher, als das Haarthier, man mag entweder auf den Leibes- bau, oder die Art der Nahrung, Begattung oder Fortzeugung sehen; nur seine ganz blosse Fleisch- haut zeichnet ihn eben dadurch gleich vor allen Haarthieren aus, wo ihnen nicht der großbaͤrtige Asier und Europaͤer oft sehr nahe kommt, beson- ders wenn sie ohne Kleidung und Reinlichkeit wild aufgewachsen sind. §. 317. Ausser dem unterscheidet sich noch der Mensch durch seine Haͤnde und Fuͤsse, vornaͤmlich am Ell- bogen und Knie, von andern Thieren mehr, als P 3 durch durch seinen Kopf und Gesicht, und obgleich in dem Bau der Fuͤsse, die Einrichtung zum aufrech- ten Gange, die ein Kind vor andern Thieren vor- aus hat, zu liegen scheinet; so wird man doch schwerlich ein Beyspiel aufweisen koͤnnen, da ein sich allein uͤberlassenes Kind, ohne andere Anlei- tung, aufrecht zu stehen, und bestaͤndig so zu ge- hen, vollkommen gelernt haͤtte. §. 318. Hingegen hat man auch wieder noch nirgend ein Volk angetroffen, das auf Haͤnden und Fuͤs- sen, oder wie die Thiere auf vier Fuͤssen, gegan- gen waͤre, woraus sich sehr wahrscheinlich vermu- then laͤßt, daß kein Volk von einem Paar jungen Eheleuten, die sich als Kinder, ehe sie gehen konnten, uͤberlassen gewesen waͤren, erzeuget wor- den; sondern daß vielmehr jedes Volk schon wie- der von einem andern, oder doch von einem Paar, das schon den aufrechten Gang gelernt hatte, ent- sprungen, und die Anfuͤhrung zum aufrechten Gange genossen habe. §. 319. §. 319. Das Hauptgeschlecht der Menschen ist aber nicht allein von den Haarthieren, sondern auch wieder selbst unter sich, nach Haupt- und Unter- arten auf dem Erdboden unterschieden. Dieser Unterschied scheint so bestaͤndig zu seyn, daß keine Hauptart, ja nicht einmahl eine Unterart, wenn sie sich nur allezeit mit ihres gleichen begattet, je- mahls ein Kind von anderer Art, oder eine haupt- saͤchliche Abweichung im gesunden Zustande, her- vorbringt. Niemahls hat noch ein weißes Eu- ropaͤisches Paar ein schwarzes afrikanisches Kind, noch beyde Arten jederseits vor sich ein Amerika- nisches, und so wieder umgekehrt, zur Welt ge- bracht. Ja es wuͤrde viel Muͤhe kosten, zu zei- gen, daß zwey Weißkoͤpfe vor sich, jemahls ei- nen Schwarzkopf, oder zwey Schwarzkoͤpfe einen Weißkopf erzeugt haͤtten. Wir reden hier nicht von dem, was der kranke Zustand der Eltern oder des Kindes, oder auch die schwere Geburt, in diesem Stuͤck an dem Kinde und dessen Farbe der Haut, oder an der Gestalt aͤndert, und nicht be- P 4 staͤndig staͤndig ist, weil es sich entweder noch an dem Kinde, mit der Entwickelung des Koͤrpers, oder wenigstens an seinen Nachkommen wieder verliert. §. 320. Wenn sich nun gedachte Umstaͤnde so verhal- ten, sollte man da nicht zu denken bewogen wer- den, daß der Grund von der bestaͤndigen aͤhnli- chen Fortzeugung, in diesen Arten selbst liegen muͤsse, und darinne zu suchen waͤre, daß sie von je her nach der Beschaffenheit der maͤnnlichen und weiblichen Zeugungstheile, sowohl in Ansehung des Baues, als auch der Mischung, allezeit eben die Verhaͤltniß, Art fuͤr Art gefuͤhrt, und deswe- gen keinen Grund zur Veraͤnderung in sich ge- habt haͤtten. §. 321. Es wird auch sehr wahrscheinlich, daß solche bestaͤndig unterschiedene Menschenarten, von ih- rem Ursprunge an, schon immer so verschieden, sowohl was ihren Bau, als auch ihre Mischung anlangt, in ihren eigenen Gegenden, oder zwi- schen schen andern Voͤlkern, mit einem Begattungs- ausschluß derselben, bestanden haben muͤssen. §. 322. Wenn man nun die Arten, so sich noch deutlich unterscheiden lassen, gegen einander haͤlt, findet man an ihnen nicht allein verschiedenen Haar- wuchs, sondern auch verschiedene Fleischfarbe, und wenn wir weiter ihre Bildung betrachten, verschiedene Verhaͤltnisse der Leibestheile an sich und gegen einander, doch nicht sowohl gleich nach der Geburts- als vielmehr in der Ausbildungs- zeit, wovon ich der Weitlaͤuftigkeit wegen hier nicht reden kann. Daher duͤrfte mancher, dem die Bildungsforschung ein Ernst waͤre, die man- cherley Arten der vermengten und vermischten Voͤlker, von dieser Seite mehr, als nach der Sittlichkeit aus einander setzen koͤnnen. §. 323. Die Vermengung, wo mehrere Voͤlker neben und zwischen einander wohnen, braucht keiner Er- P 5 laͤute- laͤuterung, die Vermischung aber, so blos durch die Begattung zweyer verschiedener Arten er- folgt, verdient weiter aufgeklaͤrt zu werden, und in dieser Absicht darf ich hier nur das, was ich schon angefuͤhrt habe, wiederholen. Ich setze al- so gleich anfaͤnglich die weiblichen und maͤnnlichen Zeugungstheile, als schon an sich verschiedene, voraus; ferner daß nicht allein jene ihre eigene baumaͤßige und mischungsartige Verhaͤltniß, nach ihrer Art; sondern auch diese ihre eigene thaͤtige gegen das folgsame baumaͤsige, und ihr mischungs- artiges Verhaͤltniß nach ihrer Art fuͤhren; end- lich daß jedes ein halbes seiner Art sey, welches das andere zur Ausfuͤllung noͤthig hat, und erst beyde zusammen ein vollstaͤndiges Ganze wirken, welches sich nach den beyderseitigen Verhaͤltnissen, die in ihm vereinigt sind, von dieser ersten Gestalt, bis wieder zu seiner Aufloͤsung, als eine eigene Natur zeiget. §. 324. Diesem wiederspricht die richtige Erfahrung nicht. Denn wo sich ein Mann und Weib von zweyer- zweyerley Hauptarten, ja auch nur von zweyerley Unterarten, mit gehoͤriger Wirkung begattet ha- ben, erkennt man an dem jungen Menschen, die zweyerley Verhaͤltnisse von Vater und Mutter, oder den Unterschied der vermischten zwey unglei- chen Haͤlften. Daher hat man fuͤr solchen neuen Menschen, oder neue Mischung dieses Menschen, den Namen Mestis oder Mulatte, u. s. w. ange- nommen. Selbst unter uns wird man die Be- gattung eines Schwarz- und Weißkopfs, selten ohne einen jungen Rothkopf bemerken. §. 325. Nimmt man hier noch zu Huͤlfe, daß mancher Mangel oder Ueberfluß des einen Gatten, sowohl in Ansehung des Baues, als der Mischung, bey dem Kinde, ja wohl noch beym Kindeskinde wie- der merklich war, und daß also ein Erbuͤbel, wel- ches doch eine fremde und nur dem weiblichen oder maͤnnlichen Theil anklebende Eigenschaft ist, schon von den beyden ganzen Helften, oder auch nur von einer, mit in das vollstaͤndige ganze der Frucht Frucht uͤbergehen konnte. Wie vielmehr wird eine sich fortpflanzende Ordnung des Baues und der Mischung, sie sey entweder bey einer Haupt- oder Unterart, seit 4000 Jahren geblieben, fuͤr eigenthuͤmlich, oder die Art, bey der sie so lange geblieben, fuͤr eine eigene Art zu halten seyn. §. 326. Wenn man nun solcher eigenen Arten mehrere, bey mehreren Voͤlkern antrift; sollte man diese nicht, wie wir oben schon erinnert, von ihrem Ur- sprunge an, schon vor eigene Arten halten? wuͤr- de sich das eigene wenn dieses etwas unbestaͤndi- ges oder zufaͤlliges waͤre, wohl so lange haben er- halten koͤnnen? §. 327. Wenn hier die Natur eine selbstbestehende Ordnung der menschlichen Kraͤfte, und zwar dop- pelt, als maͤnnlich und weiblich, mit der innigsten Verbindung, des von beyden Theilen gegenseiti- gen Beduͤrfnisses vorstellt; so wird ja diese neue selbstbestehende Ordnung der Menschenfrucht gleich- gleichfort doppelthaͤtig, aber nicht fuͤr sich unthaͤ- tiger werden; es muͤßte denn eine Kraft die an- dere aufheben, und denn muͤßte doch von jeder Seite das abweichende Eigene, mehr oder weniger davon merklich bleiben. §. 328. Dabey ist aber noch unentschieden, ob bey der Vermischung solcher zwey eigenen Arten, die Wirkung einer solchen selbstbestehenden Ordnung, staͤrker, oder schwaͤcher, als vorher, wenn wir naͤmlich Art gegen Art setzen, anzusehen sey? Naͤmlich ob ein Mulatte oder Mestis dauerhafter, als jedes seiner Eltern werde, oder nicht? das aber scheinet deutlicher zu seyn, daß ein Paar, nach seiner selbstbestehenden Ordnung, keine be- staͤndig unterschiedene eigene Arten oder Voͤlker hervor bringen koͤnne. §. 329. Betrachtet man dieses wieder umgekehrt, so kommt es einem natuͤrlicher weise sehr wahrschein- lich vor, daß alle bestaͤndige Haupt- und Unter- arten arten der Menschen, nicht nur seit 4000 Jahren, wo sie das gewesen, was sie jetzt sind; sondern schon laͤnger, und in den ersten Zeiten der Erde so unterschiedene eigene Arten vorgestellt haben. §. 330. Auch wenn man alle noch jetzt deutlich unter- schiedene Voͤlker, der verschiedenen Welttheile, um die ganze Erde gegen einander haͤlt, und nicht uͤbersieht, daß sich erstlich wenig menschenleere Wuͤsten finden, und daß zweitens das Hauptge- schlecht der Menschen, gegen die Thiere gerechnet, von allgemeinerer Ausbreitung sey, da viele Thier- geschlechter nur gewisse Gegenden inne haben; es sind zwar die Menschen nach dem Unterschiede ih- rer Arten, noch nicht so deutlich, wie die Thiere auseinander gesetzt: wird dennoch die Zahl der Menschenarten, auch nur ungefehr gegen die Un- terarten der uͤbrigen Thiergeschlechter gestellt, die Vermuthung, daß gleich anfaͤnglich mehr Men- schenarten uͤber die Erde vertheilt seyn mußten, schon sehr rechtfertigen. §. 331. §. 331. Wenn die Eroberungen und Wanderungen nicht so viele Veraͤnderungen in den Ansitzen der Voͤlker gemacht haͤtten; wuͤrden wir, ungeachtet der Erdverwandlungen, noch viel mehr Voͤlker unvermengt und unvermischt autreffen, und viel- leicht auch die blauaugigten Weiskoͤpfe der ein- gebornen Germanier, wie sie Tazitus angiebt, und andere Voͤlker mehr, noch unvermischt beysammen finden. Mithin muͤssen wir den Erdboden mit seinen Voͤlkern nehmen, wie ihn uns die Erdbe- schreiber angeben. Hier wollen wir kein Ver- zeichnis aller noch deutlich unterschiedener Voͤlker her setzen, sondern es lieber jedem Leser uͤberlassen, sie, aus den Erd- und Reisebeschreibungen selbst kennen zu lernen, und zu beurtheilen. §. 332. Doch nehme man statt der so vermengten Eu- ropaͤer, deren aͤlteste Geschichte uns noch dazu entgangen ist, und statt der Amerikaner von deren aͤltesten Geschichte wir noch weniger wissen; von den den Asiern diejenigen, deren Geschichte sich noch am besten erhalten hat; naͤmlich die Egypter, In- dier, Chinaͤser, Tartarn, vornaͤmlich aber, die noch am wenigsten vermengten Araber, und die Be- wohner der Asiatischen Eilaͤnder; hernach von den Afrikanern, die Aethiopier, Negern und Hotten- totten, in so ferne die aͤlteste Menschenkunde sol- cher schon Meldung thut. §. 333. Man vergleiche die aͤltesten Merkmahle ihrer Geschlechtsart, mit den jetzigen, um zu sehen, ob sie sich so hauptsaͤchlich veraͤndert haben, daß sie fuͤr ein ander Volk gehalten werden koͤnten. Bey den unvermengten wird man die aͤltesten, mitleren und jetzigen Merkmahle, nach Fleischfarbe, Har- wuchs und Verhaͤltniß der Bildung sich noch im- mer gleich finden; und bey den vermischten dau- ren die Kennzeichen der aͤltern Vermischung, ohne daß sie verloͤschen, zum Beweise ihrer Bestaͤndig- keit, noch immer fort. §. 334. §. 334. Diese Betrachtung scheint auch unmittelbar den Beweis zu enthalten, daß diese Voͤlker in den aͤltesten Zeiten vielmehr einzeln, als beysammen gewohnt haben; zumahl da die bekannten Erobe- rungen und Wanderungen, im umgekehrten Fall eben dasselbe beweisen. Daher kann man alle diese Voͤlker, schon vor der uns bekannten 4000- jaͤhrigen Zeit, als noch weiter von einander abge- sonderte ansehen, jemehr man sie umgekehrt, naͤ- her gegen die jetzige Zeit, immer vermischter be- findet, und sie also zukuͤnftig noch vermengter vermuthen darf. Es laͤßt sich auch hieraus vor jede besondere Gegend des vorigen Erdbodens, sehr wahrscheinlich ein besonder Volk annehmen, und also auch eine besondere Ordnung zwischen allen vorigen Voͤlkern vermuthen, die man aber freylich seit der Verwandlung der Erde, und noch mehr seit den Wanderungen, vielmehr errathen muß, als schluͤssen kann. §. 335. Inzwischen wird man dennoch, ungeachtet aller oben beschriebenen Erdveraͤnderungen, und wenn man gleich das Menschengeschlecht, so vermischt nimmt, wie es jetzt ist, in mehr als einer Gegend, und an mehr, als einem Volk merken koͤnnen, daß es sich daselbst ohne fremde Einmischung und ohne weite Wanderung, seit der uns bekannten vorigen Zeit, so erhalten habe, wie es auch schon in der Naͤhe der jetzigen Gegend anzusehen war; hingegen zeigen mehrere Gegenden und Voͤlker, durch ihre verschiedene Vermischungen, und ab- Q wechseln- wechselnde Mischungszeichen, nebst der Geschichte von manchen Voͤlkern, daß solche entweder gleich mit ihrer Erdveraͤnderung zusammen geschlagen worden sind, oder sich nachher durch verschiedene Wanderungen und Eroberungen mit einander vermischt haben. §. 336. Es moͤgen aber der unvermischten, und nicht ausgewanderten Voͤlker, so wenig seyn, als man nur will, so beweiset doch jedes, mit seinem neuen Lande, oder alten Meergrunde, auf dem es seit undenklicher Zeit, gewohnt haben will, daß es zum Besitze seines jetzigen Landes, ohne grose Abaͤnde- rung, in Ansehung seines ganzen, uͤbergegangen sey; und es macht so ein Volk zugleich wahr- scheinlich, daß die meisten Erdveraͤnderungen, welche damals neue Laͤnder hervor brachten, mehr ruckweise, wie die Schichtgebuͤrge gleichfalls ver- muthen lassen, an jedem Ort, erfolget seyn; ob es gleich nachher mit dem Untergange der alten festen Laͤnder meistens desto geschwinder herge- gangen seyn, und sich ihre vorige Voͤlker schwer- lich ganz vor dem Verderben gerettet haben moͤchten. §. 337. Wenn wir uns endlich die Eigenschaft der un- gattigen und gattigen Haupttheilung unserer Er- de vorstellen, und finden, daß jene, seit der uns bekannten Zeit, und vermoͤge der aͤltesten Ueber- bleibsel, schon in der aͤltesten Zeit, das veraͤnder- liche Hauptstuͤck unserer Erde gewesen ist; die gattige hingegen, sowohl nach der uns bekaunten vergan- vergangenen Zeit, als auch nach den Ueberbleib- seln der aͤlteren, uͤberhaupt allezeit dieselbe geblie- ben ist; so laͤßt sich wahrscheinlich schliessen, daß die ungattige Haupttheilung auch kuͤnftig das hauptsaͤchlichste Geschicke zur Veraͤnderung der Erde haben werde; die gattige aber bey der Ver- aͤnderung dieser, dennoch ferner unveraͤnderlich und eben so bleiben werde. §. 338. Nun hoffen wir, daß man das, was wir Natur und natuͤrlich nennen verstehen werde, und also auch was man auf dieser Seite, sowohl von dem Menschen an sich und von seiner Abstammung, als auch von seiner Sprache, und seinen uͤbrigen Aeusserungen, aus blos natuͤrlichen Gruͤnden be- haupten koͤnne. Wir wollen indessen hier noch einen kurzen Auszug derer in dem vorigen ange- wendeten Saͤtze, beyfuͤgen, um die Leser in den Stand zu setzen, von ihrer Beschaffenheit, in wie weit sie naͤmlich, wahr oder wahrscheinlich sind, oder nicht, desto besser urtheilen zu koͤnnen. §. 339. Alle unsere erste Kenntniß entspringt aus dem Gegenwaͤrtigen, und dieses ist zu unserm Zweck, die Erde und das ganze Himmelsheer. §. 340. Das Gegenwaͤrtige erfolgte aus dem Vergan- genen, wie das Zukuͤnftige aus dem Gegenwaͤrti- gen erfolgen muß. Deswegen muß uns das Gegenwaͤrtige, nebst der Ruͤcksicht in das Ver- gangene, die ersten Gruͤnde zur Aussicht in das Zukuͤnftige geben. Q 2 §. 341. §. 341. Wozu also weder das Gegenwaͤrtige, noch das gewisse Vergangene einen Grund angiebt, das wird man nicht behaupten koͤnnen; wozu aber beyde richtigen Grund angeben, wird man auch gelten lassen koͤnnen. §. 342. Wie wir die Erde vor uns finden, so muͤssen wir sie zuerst annehmen; und wie wir die Him- melskoͤrper erkennen, so muͤssen wir sie betrachten. §. 343. Wie wir die Erde gegen ihr Sonnensystem, und dieses gegen die uͤbrigen Himmelskoͤrper, in Ansehung der Stellung und Bewegung finden; so werden wir die Erde samt uns gegen die uͤbri- gen Himmelskoͤrper schaͤtzen muͤssen. §. 344. Es ist aber die Erde weder ein Mittelpunkt, noch sonst ein Hauptpunkt am Himmel; sondern ein Nebenpunkt, wie andere mehr, also auch wohl nicht die einzige ihrer Art. §. 345. Wie wir also die Erde nach ihren Hauptthei- lungen, Ordnungen und Geschlechten finden; so koͤnnen mehr Himmelskoͤrper beschaffen seyn. Sie selbst aber muͤssen wir nach ihren Hauptthei- lungen, so wie sie sind, betrachten. §. 346. §. 346. Deswegen muͤssen wir das, was wir jetzt und vorher immer veraͤndert finden, das Veraͤnderli- che der Erde, und was wir darauf sich immer gleich finden, ihr Bestaͤndiges nennen. §. 347. Das, von dem wir wissen, daß es jetzt und vorher allezeit aus einem andern, im Kleinsten entsprungen ist, werden wir in der unbekannten vergangenen Zeit, weder in seinem Groͤßten, noch umgekehrt gar aus sich selbst entspringen lassen duͤrfen; sondern wie wir seinen Ursprung allezeit finden, so werden wir ihn auch wohl allezeit, doch nur uͤberhaupt, beybehalten muͤssen. §. 348. Wir duͤrfen keinem Dinge weder mehr noch weniger Veraͤnderungen, oder Verwandlungen beymessen, als wir theils aus der gegenwaͤrtigen, theils aus der vergangenen Zeit und ihren Ueber- bleibseln erkennen; umgekehrt aber, was man aus den Ueberbleibseln der vorigen Zeit hievon sieht, muß man ihm fuͤr seine Beschaffenheit in der aͤltern Zeit zuschreiben. §. 349. Was jetzt und vorher keinen einfachen Ur- sprung gehabt hat, dem wird man auch fuͤr die unbekannte Zeit keinen dergleichen Ursprung an- dichten duͤrfen. Q 3 §. 350. §. 350. Wenn ein Ober- und Hauptgeschlecht von jetzt an, durch die bekannte verflossene Zeit, aus zwey besondern Gatten bestanden, und durch ihren zweyfachen Beytrag zur Fortzeugung, sich alle- zeit erhalten hat; so wird man es in der unbe- kannten Zeit, weder vor einfach noch zwitterartig annehmen koͤnnen. §. 351. Ein Hauptgeschlecht, das allezeit aus mehreren bestaͤndigen Haupt- und Unterarten bestanden hat, wird fuͤr die unbekannte Zeit nicht als ein- artig anzugeben seyn. §. 352. Wenn sich die Haupt- oder Unterart eines Ge- schlechts, weder jetzt noch in der vergangenen Zeit von selbst, sondern nur durch Einmischung ande- rer verwandelt hat; so hat man keinen Grund, solchen Arten eines Geschlechts, in der unbekann- ten Zeit, eine Selbstverwandlung zuzuschreiben. §. 353. Was ein Geschlecht zu keiner bekannten Zeit von sich selbst erfand, sondern ihm nur allezeit von seinen Vorfahren wieder uͤbergeben wurde; wird man es auch in der unbekannten Zeit nicht von selbst erfinden, sondern nur allezeit mitthei- len lassen wollen. §. 354. Wenn wir nun die Himmelskoͤrper nur so, wie die kaum halb bekannte Erde kennten, doͤrften wir wir von ihnen auch solche Saͤtze angeben. So aber muͤssen wir sie so ansehen, wie wir sie von jetzt an, durch die vorige Zeit kennen; naͤmlich in Ansehung unser unzaͤhlig, und nach der Ordnung der einzelnen veraͤnderlich, im Ganzen aber be- staͤndig gleich, oder unveraͤndert, doch noch uͤber- all vor uns undeutlich, ausser nach den sichtbare- sten Nachbarn unseres Sonnensystems. §. 355. Weil also die aͤusserliche Bauart der Erde zei- get, daß sie bey ihrem Ursprunge groͤsser oder leichter gewesen, und kleiner geworden, auch durch die Erdbeben noch immer kleiner oder schwerer werden duͤrfte; so koͤnnen wenigstens die aͤhnli- chen Himmelskoͤrper, von gleichem Ursprunge, Bauart, Verwandlung und Schicksalen ange- nommen werden. §. 356. Wenn endlich die gattige Haupttheilung unse- rer Erde allezeit von seinem gleichen Geschlechte, zweyseitig im Kleinsten fortgezeugt, also eiuzeln stets veraͤndert, im Ganzen ader dadurch unver- aͤndert erhalten wird, und im letzten Fall den Himmelskoͤrpern aͤhnlich ist; soll man nicht von den Himmelskoͤrpern, die einzeln veraͤnderlich, im Ganzen unveraͤnderlich sind, uͤberhaupt ein glei- ches vermuthen duͤrfen? §. 357. Sollten einige Leser die Erinnerung machen, daß andern Schriftstellern viele, ja wohl die mei- sten von diesen Saͤtzen schon bekannt, und von Q 4 ihnen ihnen gebraucht worden waͤren; so kann man die- ses leicht einraͤumen, wenn sie nur als natuͤrliche Gruͤnde anzusehen sind, aus denen man das, was bisher von der Erde und den Menschen gesagt worden, als blosse Naturforscher herleiten kann. Weil wir aber auch noch Urkunden einiger Voͤl- ker haben, so die aͤlteste Geschichte der Erde und Menschen beschreiben; so wollen wir auch etwas davon aufuͤhren, um es mit dem, was wir vor- her durch eigenes Nachdenken aus den gemachten Bemerkungen geschlossen, zu vergleichen. §. 358. Zweyte Nachhuͤlfe aus verschiedenen Nachrichten von der aͤltesten Erd- und Menschengeschichte. Wir wollen mit den chaldaͤischen und aͤgypti- schen Nachrichten anfangen. Das wenige, was wir von der langen Geschichte der Aegypter ge- rettet finden, haben wir den Griechen, und zwar vornaͤmlich dem Herodotus und Plutarch zu dan- ken; jenen aber Des Herodotus Euterpe oder 2 B. handelt fast gaͤnzlich von Aegypten, nur daß er, als ein Ein- geweihter, die meisten Geheimnisse verschweigt. Ich habe nur des Castallions Uebersetzung mich bedienen koͤnnen; wiewohl ich die andern Schrift- steller alle auch anderswo habe aufsuchen muͤssen. koͤnnen wir wegen seiner Deutlichkeit vorziehen. Er haͤlt erstlich Aegypten fuͤr einen alten Meergrund, wegen der Muscheln auf den Bergen, des vielen Salzes in dessen Oberflaͤche, und eines Sandberges, Memphis gegen uͤber. Alsdenn unterscheidet er als Grie- che, ihre aͤltesten Koͤnige, die nach ihren Goͤttern regiert regiert haben, voͤllig von diesen; indem weder innerhalb einer 10340jaͤhrigen koͤniglichen und priesterlichen Regierung vom ersten Menos an, ein Gott von den Koͤnigen, noch von den Prie- stern dieser Zeit entsprungen waͤre. Ferner sagt er, daß die Goͤtter vorher, als Fuͤrsten des Lan- des, deren einer allezeit die Regierung hatte, viele tausend Jahre, ohne Koͤnige regieret haben, wie- wohl mit dieser Abaͤnderung, daß ihrer erst nur 8, dann 12, und zuletzt noch mehr waren. Denn von ihrem Herkules, der doch nicht so alt, wie ihr Pan geschaͤtzt wurde, zaͤhlten sie schon bis an den Koͤnig Amasis 1700 Jahre, und doch mußte das Volk, waͤhrend der Goͤtterzeit, keinen Goͤt- terdienst gehalten haben, weil ihn Menes erst lehrte. Was nun noch vornaͤmlich hieher ge- hoͤrt, ist, daß waͤhrend der gedachten 10340jaͤh- rigen Regierung der Koͤnige, die Sonne vier- mahl ihren Aufgang veraͤndert habe, und zwey- mahl in Abend aufgegangen, zweymahl also in Morgen untergegangen sey, ohne alle Veraͤnde- rung fuͤr Aegypten. Nun hat zwar Jablonski durch sein aͤgyptisches Pantheon diese Goͤtterleh- re sehr gelehrt, obgleich nicht wie ein Erforscher der alten Erdkunde aus einander gesetzt; dem un- geachtet verdienet diese Bemuͤhung den groͤßten Dank. Denn nun hat jeder Nacharbeiter ein Register fast aller noch zu findenden Stellen und Auslegungen, die Aegypten betreffen; man muͤß- te denn kuͤnftig bey den Arabern und andern al- ten Asiern noch gewissere Nachrichten finden koͤnnen. Q 5 §. 359. §. 359. Von den Chaldaͤern und Babyloniern hat man noch wenigere Ueberbleibsel, und wenn sich nicht die Nachricht des Kallisthenes, der mit dem Ale- xander zu Babylon war, von ihren 1903 Jahr alten Himmelsbeobachtungen, die also 2234 Jahr vor unserer Jahrzahl geschahen, durch an- dere fuͤr uns erhalten haͤtte, so wuͤrden wir ihnen ausser dem gemeinen Ruf, kaum einige gewisse Himmelskunde beymessen duͤrfen; wie denn ihre Saͤrus, oder Jahrrechnungen noch immer be- zweifelt werden. Von ihrer Erdkunde findet man aber noch weniger. Doch ist des Berosus Nachricht, daß in der aͤltesten Zeit ein Oannes als ein Fischmensch, vielleicht als ein Schiffer, aus dem rothen Meere zu ihnen gekommen sey, und ihnen die ersten Buchstaben, samt ihren Wisseuschaften mitgetheilet habe, ein Umstand, der bey den alten Erdverwandlungen, oder dem Einstuͤrzen alter Laͤnder, an mehreren Orten vor- kommen konnte; wenn einige der alten Erdbuͤrger auf neuen Laͤndern, die schon wieder bewohnt wa- ren, sichere Ansitze suchten. Was des Zoroasters Arjemann oder boͤsen Mann, und Oromoses, oder guten Mann betrift, gehoͤrt mehr in ihre Sitten- lehre, als in ihre wahre Erdkunde. Hingegen sagt Diodorus Diodorus Siculus von des 2ten B. 116 S. an. deutlich, daß sie die Welt fuͤr ewig und Gott unterwuͤrfig gehalten, und ihr we- der einen gewissen Ursprung noch Untergang bey- gemessen, auch alle Vorgaͤnge als Folgen aus ih- rer Ordnung erklaͤhrt haben, und die Ankunft der Kometen so gut als die Finsternissen angege- ben, ben, und das um so leichter, weil sie seit 47200 Jahren den Himmelslauf bemerket haͤtten. §. 360. In den Nachrichten der Griechen, die theils ihre eigene, theils durch sie auf behalten worden sind, findet man, daß vor Alters die Sterne nicht alle zugleich sichtbar geworden seyn sollen S. des Apollonios von Rhodos, der vorher des aͤgyptischen Bibliothekaͤrs, Kallimachs, Schuͤler war, Argonautika im 4ten B. an der Ziffer zum 22 Scholion: Noch nicht alle Sterne wur- den am Himmel herum gewaͤlzet. , und daß uͤberhaupt des Himmels Zustand, nach damahligem Ausdruck, noch vor dem Saturn, von andern Beherrschern abgehangen habe Eben desselben 1 B. nach dem 20sten Scholion, wo Orpheus sang: wie vorerst Ophion und die Oleanim Euruͤnomen des schneeichten Olimpos Reich besessen, auch wie er dem Kronos, sie aber der Rhea den Rang wegen Macht und Staͤrke abtrat, und bey- de hierauf in die Fluthen stuͤrzten, welches wahrscheinlich einen alten Vorgang am aͤltesten Himmel, und aͤltesten Meere oder Lande anzeigt. , oder anders beschaffen gewesen sey, auch daß eini- ge der aͤltesten Erdbuͤrger, als die Arkadier Aristophanes Scholiaste bey der Wolken 1 Handl. 4te Aufl. zum Worte βεκκεσελη ȣ; auch Apollo- nios und sein Scholiaste durch des 4ten B. 22 Schol. zu den Worten: Die Arkadier Apida- nees, welche daher beruͤhmt sind, daß sie noch vor dem Monde gelebt, und Eicheln gegessen haben. und und Athenienser Die Stelle hat Meursius in seiner Fortuna Athenarum 1 K. 2 S. aus dem Menander Rhe- tor angefuͤhrt. Wir nehmen hier die Zeit nach den drey aͤltesten Zeitpunkten, wenn wir sagen: entweder vor den Gestirnen, oder vor der Suͤndfluth, oder nach der Suͤndfluth war die Stadt oder Gegend bewohnt; als wie die Athenienser sagen, sie waͤren mit der Sonne da gewesen, und die Arkadier vor dem Monde. schon vor des Mondes oder mit der Sonnen Ankunft ihre Landschaft besessen, und daher sogar eine Zeitrechnung zum rechtli- chen Beweise ihrer alten Ansitze Die Stelle hat Meursius in seiner Fortuna Athenarum 1 K. 2 S. aus dem Menander Rhe- tor angefuͤhrt. Wir nehmen hier die Zeit nach den drey aͤltesten Zeitpunkten, wenn wir sagen: entweder vor den Gestirnen, oder vor der Suͤndfluth, oder nach der Suͤndfluth war die Stadt oder Gegend bewohnt; als wie die Athenienser sagen, sie waͤren mit der Sonne da gewesen, und die Arkadier vor dem Monde. entweder vor dem Gestirne, oder vor der Suͤndfluth, fuͤr giltig erklaͤret haben. Ja man hat in diesen al- ten Zeiten sogar behauptet, daß die aͤgyptischen Priester, noch vor vieler Gestirne Auftritte, die Welt mit ihrem Beherrscher durchreiset, oder umschifft, und schon einige Pflanzstaͤdte Wieder Apollonios an letztgemeldter Stelle; vorher aber bekuͤmmern sich die Argonauten auf ihrer Flucht mit der Medea, um einen andern Weg nach Hause zu. Darauf sagt denn ihr Steuermann Argos: Es ist noch eine andere Fahrt, welche die unsterblichen Priester, die zu Theben am Flusse Triton gebohren waren, angegeben haben. Noch nicht alle Sterne wurden am Himmel herum gewaͤl- zet; auch war vor dem heiligen Geschlech- te der Danaer, fuͤr die Erdkundige nichts zu vernehmen; nur die einzigen Arkadier Apida- , als der Kolchier, angelegt haͤtten . §. 361. §. 361. Doch wie weit auch diese Nachrichten der Grie- chen und Aegypter hinaus gehen moͤgen, so uͤber- treffen sie doch weder des Orpheus Da sich vom Orpheus, welcher nach Diodors 4ten B. 232 S. die ganze Goͤtterlehre vor seiner Reise nach Aegypten gelernet hatte, ausser seinen Lobgesaͤngen, und dem Gesange von den Steinen nichts gewisses erhalten hat; denn seine Argo- nauticka schreibt man dem Onomackritos zu; so mag man den Auszug seines Gesanges, womit er den Streit der Argonauten unter sich, beson- ders aber mit dem Goͤtterlaͤsterer Idas besaͤnf- tigte, beym Apollonios im 1sten B. zwischen dem 20sten und 21sten Scholion, fuͤr ein kleines Bey- spiel seiner Goͤtterlehre, oder Erd- und Himmels- geschichte ansehen. Sie scheint zwar uͤberhaupt des noch des Hesio- Apidanees waren da, welche daher be- ruͤhmt sind, daß sie noch vor dem Monde gelebt. Von dort sagen sie, ist einer um ganz Europa und Asien, von der Macht und Staͤrke seiner Voͤlker, samt ihrer Kuͤhnheit versichert, herumgereiset; dabey hat er unzaͤhlige Staͤdte angegriffen und eingenommen, wovon wohl da und dort noch einige bewohnt seyn, andere auch wohl nicht. Nach dieser Erzaͤhlung waͤre der Erdboden noch ehe die Gestirne sichtbar gewesen, sowohl als jetzt bewohnt, auch eben so mit Spra- chen und Kuͤnsten besetzt gewesen. Eben des Herodotos Euterpe, 143 S. da er zumahl beyde Voͤlker besucht, und mit einander verglichen hat. Hesiodos Theogonie; welche letzte ihre Herkunft mehr von den Atlantern aus Libien, theils auch selbst von den Pelasgern, fuͤhren mag Wenn man des Sizilischen Diodors 3tes Buch von der 189sten Seite an, mit dem Hesiodos und andern Griechen vergleicht, und die Mythologie dieser Atlanter und der Griechen wieder gegen die Mythologie der Aegypter haͤlt, so wird man fiuden, daß die Griechen in diesem Stuͤck nicht so viel, als man ihnen beyzumessen pfleget, von den Aegyptern geborget haben; zumahl weil ihre Mythologie zu Psammetichs Zeiten, wo sie frey in Aegypten durften, schon meistens vollkommen seyn mußte. Am glaublichsten ist, daß sie, als ein zweyfaches Volk aus den ansitzenden Helle- niern, und den herum ziehenden Pelasgern, auch zweyerley Nachrichten, von der aͤltesten Zeit, durch ihre aͤltesten Priester und Dichter in eins gebracht, und naͤchst dem von den Libiern, auch von den Huͤperboreern und spaͤter von allen et- was angenommen haben; wie Herodotos im 1sten und 2ten B. vermuthen laͤßt. zu- mahl da sie nach des Dichters eigenen Worten im 105 bis 113 Verse, ingleichen im 963 und naͤchsten Verse blos von den Erdveraͤnderungen und gar nicht von blosen Menschen zu verstehen ist. Der Anfang dieser aͤltesten Naturkunde ist die grose Kluft, oder sein Chaos, welches nach dem des Hesiodos seiner nahe zu kommen, weicht aber dennoch durch den schon erwaͤhnten Ophion mit seiner Euruͤnomea ab; doch kann sie auch wohl dieses letzte vom Apollonios eingeschaltet fuͤhren, in so weit dieser in der Alexandrinischen Biblio- thek, anderer asiatischen Voͤlker Schriften brau- chen konnte. dem 700ten Vers hier wohl kein unfoͤrmliches Mengsel, sondern vielmehr eine bestehende Kluft, heissen muß, weil es beym Kriege mit den Tita- nen, so spaͤt erst vom Brande eingenommen war, und zweytens nach dem 814ten Vers die Titanen uͤber dieses Chaos hinuͤber verbannt wurden. Drittens bekam ja die Gai oder der Erdboden hierdurch die Breite oder Gestalt einer Brust, nach dem 117ten Vers, und hierauf erschien erst der schoͤne besanftigende Eros, oder Liebreitz. Hierauf kam aus der Kluft selbst wieder die Fin- sterniß und die Nacht; ferner aber aus der Nacht, das Licht und der Tag. Nach allen diesen schafte sich erst der Erdboden den gestirnten Himmel, und zugleich die Berge, die eigentlichen Abkoͤmmlinge des alten Meeres, nach jetziger Naturkenntniß; dabey brachte nun das alte Meer, die See zu- wege. Denn erst durch die Vereinigung des da- mahligen Himmels, mit der Erde entstund Okea- nos, oder das grose Weltmeer, und wieder erst nach diesem nebst andern Huͤperion, welcher wie- der spaͤter die Sonne und den Mond hervor brachte. §. 362. Nimmt man nun diese Theogonie, fuͤr der Griechen aͤlteste Naturkunde an, so sieht es so aus, als wenn Hesiodos bis an den Ursprung des Kometen zuruͤckgienge, und solchen urspruͤng- lich als einen Himmelskoͤrper beschriebe, der ver- moͤge einer Kluft, fuͤr hoh anzusehen war, und mit seinem eigenen Schimmer, (so kann man den Eros Eros Wenn nun gleich Onomakritos, des Orpheus Argonauticka geschrieben haͤtte, so muß er solche doch dem alten Orpheus ziemlich gemaͤß erdich- tet haben. Daher kann man die aͤlteste Bedeu- tung des Eros noch daraus erklaͤren: So heißt er, nach dem 14ten und 16ten V. Der dop- pelt umher sichtbare angenehme Eros der ewigen Nacht beruͤhmter Vater, den die neueren Phanas (oder Schein) nennen, weil er zuerst erschien. Denn nach dem 422sten und 423sten V. Der aͤlteste und vollkom- menste Rathgeber Eros, wie vielerley er alles genaturet, und eins vom andern ab- gesondert habe. Dabey steht er mit dem Kro- nos im Gegensatz, weil dieser nach dem 13ten Vers, durch ungemessene Strecken, den Aether erzeugt haͤtte, und also des Eros Schimmer unter dem Kronos, nur viel weiter ausgedehnt wurde. Daß aber dieser Schein und Schimmer des Phanes, oder Eros, gleich zwey- fach gewesen sey, zeigt ausser obiger Stelle, der 5te Lobgesang auf den Protogonos, wo er wie- der doppelt im Aether herum schweifend, ein Ey schaffend, und mit goldenen Fluͤ- geln geziert, besungen wird. Sollte dieses nicht verstehen) erleuchtet wurde; auch durch langsame Wechsel so fort gieng, bis er durch die Vereinigung des Uranos, oder Himmelswassers, mit dem Lande ein Planete wurde. Doch genug hiervon. Noch andere Spuren der aͤltesten Erd- veraͤnderungen, die verschiedene Menschenge- schlechter oder alte feste Laͤnder betroffen haben sollen, findet man in des Hesiodos Tagewerken, vom 108ten Vers an. §. 363. §. 363. Ehe wir aber die Griechen verlassen, koͤnnen wir noch den Plato, den die christlichen Altvaͤter als den Vorlaͤufer der christlichen Weltweisheit angesehen haben, anfuͤhren. Dieser behauptet nicht allein in seinem Politikos an der 174. S. wo er seinen grossen Umlauf der Welt erklaͤrt, daß zu des Atreus und Thyest’s Zeiten der Him- mels- und Sonnenlauf erst noch linksum gegan- gen sey, welches die Aegypter beym Herodotus oben auch sagten, und sich viel wahrscheinlicher durch die Umschwaͤnkung der Pole verstehen laͤßt. Ja in seinem Timaͤos an der 523. S. laͤßt er ei- nen aͤgyptischen Priester beweisen, daß die Erde vom Phaeton, welches der Planete Jupiter ist Nach des Ficinus Ausgabe zu Genf 1590. der Gesetze 13 B. oder Epinomis an der 703. S. , schon einmahl durch Feuer verwandelt worden sey. Endlich im 6ten B. der Gesetze, 625. S. hat er dem Athenienser, ohne die Be- weise seiner Schule zu wiederholen, die Menschen so ansetzen lassen, als wenn sie keinen denklichen Ursprung gehabt haͤtten. Endlich findet man auch bey ihm, den, nach obiger 523. S. vom Kritias ausfuͤhrlich erzaͤhlten Einsturz des letzten alten festen Landes Atlantis, zwischen Europa und dem jetzigen Amerika, wodurch dieses nun vollstaͤndig zum neuen Lande wurde, als das ein- zige nicht darauf gehen, daß die Erde anfaͤnglich hohl, und sowohl von innen als aussen, oder doppelt mit Schimmer versehen, ohne Kenntniß des Sternenhimmels, dahin geschwommen, oder ge- flogen sey. R zige bemerkte Beyspiel von der Verwandlung der vorigen Erde. §. 364. Die Bramanen der Indianer wurden schon von den Griechen geruͤhmt, es waͤre also der Ordnung gemaͤß, auch noch von diesen in An- sehung der angeblichen Welt- oder Erdgeschichte, und zwar nach des Engellaͤnders, Hrn. Holwells, Auszuge aus dem Shastah, den er den Vedam vorzieht, etwas anzufuͤhren. So sehr, als ihn selbst sein Verlust dieser sehr alten Grundschrift geschmerzet hat, so unangenehm wird er mehrern seyn; ausserdem werden manche mit ihm unzu- frieden seyn, daß er das gerettete Ueberbleibsel dieses Sanskrits, im Fall er ihn neben die Ue- bersetzung von Wort zu Wort, nach der engel- laͤndischen Mundart uͤberschrieben haͤtte, stellen koͤnnen, uns Europaͤern nach dem ungefehren Klange davon vorenthalten hat. Denn aus den wenigen engellaͤndischen uͤberschriebenen Woͤrtern faͤllt uns eine Aehnlichkeit mit unsern aͤltesten nor- dischen Sprachen in die Augen, die vermuthen laͤßt, daß Bramah mit seiner Milchkuh, aus ei- ner Gegend, welche mit der Europaͤer aͤltesten Vaͤtern, eine gemeine Sprache hatte, nach In- dien gekommen sey; und daß der Sanskrit durch seine woͤrtliche Ueberschreibung mit der woͤrtlichen Uebersetzung darneben einen Kenner der alten europaͤischen Sprachen, noch vielmehr aͤhnliches zeigen, und zu gewissen Folgen fuͤr die Europaͤer berechtigen sollte. §. 365. Evènèmens historiques interessans rèlatifs aux Pro- vinces de Bengale et à l’empire de l’Indostan par Holwell. Amsterd. 1768. §. 365. Da man aber zur jetzigen Absicht nur die Zeit- rechnungen des Bramah, welcher nun vor 4870 Jahren nach Indien kam, noͤthig hat, so darf man nur des Hrn. Holwells 6 K. 138 S. u. s. w. nachlesen, und man kann dadurch denen, welchen hier kein vollkommener Zusammenhang davon ge- geben werden kann, das Aergerniß uͤber seine un- geheure Jahrzahlen der Erde und des Sonnen- systems ersparen. Es scheinet inzwischen, als wenn die Lehrsaͤtze des Bramah, wenn man sie natuͤrlich betrachtet, denen obigen Folgerungen sehr nahe kaͤmen. Denn nach einigen Zeitlaͤufen, welche die gefallenen Engel betrafen, wurde Bra- mah zum Anfange des jetzigen Zeitlaufs von In- dien, naͤmlich vor 4870 Jahren, vom Allmaͤchti- gen dahin geschickt, seine Gebothe daselbst zu leh- ren, und den Schastah zu schreiben; dem es aber wie andern Buͤchern mehr gieng, daß er naͤmlich von den Indianern nach etwa 1000 Jahren, und je laͤnger, je mehr, doch am meisten durch den Vedam verdrehet, oder falsch ausgeleget wurde. Von der Erde selbst aber sagt Bramah schon vor 4870 Jahren, daß sie 3 wichtige Verwandlun- gen erlitten habe, und vor ihrem Untergange noch 3 erleiden muͤsse, ohne doch weder diese, noch je- ne zu erklaͤren. Daß aber nach dem wieder eine neue Schoͤpfung vorgehen werde. §. 366. Noch viel aͤlter muß die Lehre der Hyperboraͤer, deren Verwandter Bramah scheint, der Zeitrech- nung nach angesehen werden. Denn weil sie den R 2 ersten ersten Delischen Callimach. Hymn. in Delum v. 281. wo die Maͤdchen mit Namen genennt, und die Beglei- ter nebst dem Saͤnger angezeigt werden. Gottesdienst des Apolls Des Apolls Mutter Latona soll dergleichen Landsmaͤnnin gewesen seyn, wie Diodor im 2ten B. 130 S. erzaͤhlt. mit der Lehre von der Unsterblichkeit, eingefuͤhrt haben sollen, und doch zuletzt gezweifelt wurde, ob sie wirklich in der Welt gewesen waͤren Herodots Melpomene 268 S. , so kann die Erdverwandlung ihrer Gegend, in so ferne sie zu sehr zerstreuet wurden; ihr Ge- daͤchtniß gar ausgeloͤscht haben. §. 367. Fast vor eben so alt hat man die Pelasger zu schaͤtzen, welche nach Art der Celtischen Drui- den neuerer Zeit, die Eiche zu Dodona heilig- ten Strabo per Casaubon. Paris. 1620. 7 B. 327 S. auch 12 B. 572 S. , und als Voͤlker, welche die Erdverwand- lung ihrer Gegend vertrieb, den sichereren neuen Laͤndern nachzogen. Dergleichen Erdveraͤnde- rung soll die Cimbrer noch vor 2000 Jahren nach Italien getrieben haben Eben dessen 2 B. 102 S. , und wenn die Cim- merier, die noch vor Kroͤsus Zeiten in Seythien, und durch der Seythen Widerstand und Verfol- gung bis durch Asien drangen, wie man glau- bet Diodor. 5 B. 319 S. , dasselbe Volk waren; so waͤre diese Vermuthung noch glaublicher. §. 368. §. 368. Vermoͤge solchen Betrachtungen, wenn sie mehr bestaͤtiget wuͤrden, als man hier thun kann, wuͤr- de man die allmaͤhlige Verwandlung der Erde, und die Vermischung der vorher besondern Men- schenarten, gewisser beweisen koͤnnen, und viel- leicht werden andere, denen Zeit und Gelegenheit zu solchen Untersuchungen guͤnstiger seyn duͤrften, aus den Ueberbleibseln der aͤltesten Geschichte, noch viel nachholen koͤnnen, was jetzt uneroͤrtert bleiben muß. §. 369. Es waͤre auch noch zu wuͤnschen, daß man aus den Geschichtmaͤßigen Liedern der Teutschen, ihre aͤlteste Geschichte, und das, was ihnen aus der Erdverwandlung begegnet ist, anfuͤhren koͤnnte; allein die Wuth gegen diese Saͤnger hat uns in unserer eigenen Geschichte so arm gemacht, daß uns davon fast weiter nichts, als einige halb oder uͤbel verstandene Nachrichten, die uns Heiden, in ihren griechischen nnd lateinischen Schriften, wie Strabo und Tacitus de moribus Germanorum per Altham. erhalten haben, uͤbrig geblieben ist. Denn die Islaͤndische Edda Edda Islandorum per Snorronem studio Re- senii, Haffniae 1665. Doch scheint es mir nicht, als wenn Resen diesem Alterthum ein Gnuͤge gethan haͤtte. scheint nach der 9ten Strophe der angehaͤngten Runa ganz von der Germanier Geschichte oder Dichtkunst abzuweichen; weil sich deren Saͤnger ruͤhmt, daß er die Lieder, welche Thiodens Frau, und des Mannskis Sohn saͤngen, auch verstuͤnde. R 3 §. 370. §. 370. Ausser den angefuͤhrten Indianern aber, wird man wohl kein Volk mehr, welches seine eigene Geschichte, von der Zeit her, da es sein jetziges Land, als neues Land von ihm besetzt wurde, un- zerruͤtteter aufweiset, als die Chineser anfuͤhren koͤnnen. Doch macht man diesem Volk, welches mit andern keine Gemeinschaft haben wollen, den Vorwurf, daß es sich aus Prahlerey ein laͤnge- res Alter, als es sich selbst bewußt ist, anmas- sen will. §. 371. Nun, da man in Frankreich die Kings der Chineser, oder ihre heilige Buͤcher, aus dem da- sigen Buͤcherschatze zu uͤbersetzen anfaͤngt Le Chou-King etc. traduit par le P. Gaubit et Mr. Dèguignes. Paris 1770. , wird viel darauf ankommen, daß man auch bey diesen Buͤchern die aͤlteste Erdkunde nicht aus den Augen setze, um solche der Natur gemaͤß zu erklaͤren, damit das, was bald selbst einigen Chi- nesern ohne diese Erdkunde zweifelhaft werden will, dadurch in seinem wahren Werth erhalten werden moͤge. Denn sonst duͤrfte naͤchstens des Fohi, Chin-nang und Goangedi aͤlteste Geschich- te, voͤllig zum Traume werden, da sie sonst mei- stens der Indianer ihrem Alterthum, oder dem 5000sten Jahr nahe, noch naͤher aber der abge- storbenen Chaldaͤer und Egypter ihrem kommt. §. 372. Daß uns aber ihre ganz aͤlteste Erdgeschichte mehr einer Geisterlehre aͤhnlich zu seyn scheint Des Schuh-Kings prèface XXXIII S. , ist nicht zu bewundern, da sich nur die Haupt- Hauptwoͤrter mit einigen Beywoͤrtern, nicht aber die wahren Vorstellungen, von den ersten Vor- gaͤngen, auf dem sich verwandelnden Erdboden bey ihnen, wie bey andern erhalten koͤnnen, weil dergleichen nach dem nicht wieder vorgekommen sind. Ihr Pouan-Kou oder erste Mensch, der re- gieren wollte, reicht weit uͤber unsere Zeitrech- nung hinaus Dessen Discours prèlim. LIII und LV S. , und wenn von ihm gesagt wird Dessen Disc. prèlim. LXII S. , daß sich zu seiner Zeit der Himmel von der Erde, oder vielmehr umgekehrt, die Er- de vom Himmel geschieden habe, so soll dieses wohl, wo nicht den ersten Ursprung der Erde von andern Himmelskoͤrpern, doch den Zeitpunkt ih- rer Verwandlung in den jetzigen Planeten, an- zeigen. §. 373. Von den Africanern, und vornaͤmlich von den alten Aethiopiern, muͤssen wir auch noch etwas anfuͤhren. Diese wollen nicht allein eingebohrne, sondern auch die ersten ihres Striches gewesen seyn, und sowohl den ersten Gottesdienst, als auch die zweyfache Schrift, nebst den uͤbrigen Wissenschaften erfunden haben. Denn damahls sey Aegypten noch Meer gewesen, und da es lan- ge hernach Land geworden waͤre, habe es ein Pflanzzug aus ihnen besezt. Dieses haben die aͤthiopischen Gesandten, mit welchen Diodo- rus Diodor. 3 B. 142 S. in Aegyten sprach, selbst betheuret, und mit natuͤrlichen Gruͤnden bewiesen. Es muͤssen aber die jetzigen Gabißinier entweder ein ganz an- R 4 der der Volk seyn Iobi Ludolfi Hist. aethiop. nebst dem Com- mentar. , oder ihre aͤltesten Wissen- schaften verlohren haben. Denn diese wissen nichts mehr. §. 374. Endlich waͤre noch zu wuͤnschen, daß man auch aus America eine ihrer aͤltesten Nachrichten, die sie vor der Europaͤer Ankunft unter sich fuͤr guͤltig erklaͤrten, nach ihrer eigenen Auslegung wuͤßte. Wir muͤssen uns inzwischen an dem begnuͤgen, was der Ynka Garcilasso noch aus Peru gerettet hat L’histoire des Yncas roys de Peru etc. p. l’Ynca Garcilasso de la Vega. Paris 1633. . Allein aus der alten Angabe aller sei- ner Landsleute kann man nur so viel deutlich ma- chen, daß die Erdkunde der meisten Amerikaner mit Gewißheit nicht weiter, als an ihre hohe Ue- berschwemmung reiche, ohne daß man wissen koͤnnte, wie alt diese Fluth sey. Wenn nicht die kriegerischen Auftritte, so die Enropaͤer ebenfalls um ihre alte Wissenschaften gebracht haben, auch hier alle Kenntniß ausgerottet haͤtten, waͤren viel- leicht durch Nachforschungen ihre alte Nachrich- ten, mit der Zeit zu vermehren und zu vergleichen gewesen. Denn die Kenntniß des hoͤchsten Schoͤ- pfers Pachakamack, welche ehemals daselbst weit verbreitet war, hatte vermuthlich noch Ueber- bleibsel anderer Kenntnisse neben sich erhalten, die aber freylich bey den Verfolgungen des Krie- ges verloͤschen muͤssen. §. 375. Endlich wollen wir auch noch derer Urkunden, die in einigen hebraͤischen Buͤchern bestehen, und von von einem Volk herkommen, das seine Auslegun- gen dieser Buͤcher vor eben so goͤttlich, als die Buͤcher selbst, angesehen wissen will, gedenken. §. 376. Vermoͤge dieser Auslegung behauptet man aus dem ersten Buch dieser goͤttlich geoffenbarten Ur- kunden, die Schoͤpfungsgeschichte selbst; allein bey genauer Betrachtung, den Worten nach, scheint dieser Sinn darinne nicht so zu liegen. §. 377. Man muß aber eine Erinnerung in Ansehung der Uebersetzung des Hebraͤischen ins Teutsche, (weil man hier teutsch schreibt,) und zwar zuerst der Sagewoͤrter, voraussetzen; naͤmlich daß un- sere teutsche Sprache in der Erzaͤhlung zwey Zeit- weiser gebraucht. Einen vor die juͤngst vergan- gene, und den andern vor die laͤngst vergangene Zeit; dagegen das Hebraͤische der kuͤnftigen und vollen Zeit ihren gebraucht; ferner daß die he- braͤischen Sagewoͤrter viele Verwandlungen, durch ihr Piel, Hiphil und Hithpael, machen, die wir mit ganzen Redensarten, oder besondern Huͤlfswoͤrtern, ausdruͤcken muͤssen, und die man billig im Teutschen, wo sie sich im Grundtexte gleich sind, sich auch so viel moͤglich, gleich uͤber- setzen muͤßten. Es ist auch zu merken, daß die Hebraͤer im Erzaͤhlen fast kein ander Verbin- dungssylbchen, als ihr Vau anbringen, statt dessen wir in der teutschen Erzaͤhlung viele ande- re, nach der besonderen Art jedes Zusammenhan- ges, brauchen muͤssen; sie brauchen auch oft die Nennwoͤrter vermittelst der Vorsylbchen, wie der Sagewoͤrter, Zuwoͤrter. Anderer eigenen Arten R 5 nicht nicht zu gedenken, die kuͤnftig teutsche Sprach- lehrer im Abschnitt von den Uebersetzungen, bey dem Vergleichen der teutschen Sprache mit der hebraͤischen, vollstaͤndiger aus einander setzen moͤgen. §. 378. Der erste Vers dieser Urkunde mag uns hiezu gleich zum Beyspiel dienen, dessen Aussprache ungefehr diese waͤre 1 B. Mos. 1, v. 1. 2. : Breschit bara Elohim eth haschamajim veeth haarez. Da nun das Sagewort Bara in der vollen Zeit steht, so kann das teutsche schaffen nicht anders, als in der laͤngst vergangenen Zeit gesetzt werden; und an statt er schuf, muͤßte es alsdenn beissen, er hatte ge- schaffen. Hierdurch wird man zugleich merken, daß das Nennwort Breschith mit seinem Vor- sylbchen b’ nun in das Zuwort anfangs oder anfaͤnglich fuͤr das Sagewort Bara uͤbergehe, und die ganze Redensart auf teutsch heissen muͤsse: Anfangs hatte Elohim den Himmel und das Land geschaffen. Uebersetzt man nun im nach- folgenden Verse vehaarez hajethah thohu vabo- hu ꝛc. 1 B. Mos. 1, v. 1. 2. des vehaarez sein ve statt und, erzaͤh- lungsmaͤsig durch aber als; denn wieder die volle Zeit von hajethah, durch den laͤngst vergangenen Zeitweiser, und also die ganze Redensart, als aber das Land ein Thohu und Bohu geworden oder gewesen war ꝛc. so wird jeder Teutsche auch einsehen, daß das Woͤrtchen nur den vorigen teutschen Ausdruck erst vollstaͤndig machen, und der Satz so heissen muͤsse: Anfaͤnglich hatte Elo- him nur den Himmel und das Land oder die Er- de geschaffen, als aber das Land, oder auch die Erde, Erde, ein Thohu und Bohu geworden, oder ge- wesen war, und, so ꝛc. Sollte dieser kleine Versuch solcher erzaͤhlungsmaͤsigen Uebersetzung nicht zeigen, daß hier vielmehr von einem Vor- gange, der dem dasigen Lande, oder dem Erdball, damahls wiederfuhr, worauf erst nach einem Paar Tagen die uͤbrigen Himmelskoͤrper sichtbar wur- den, als von einer Schoͤpfung, geredet werde? §. 379. Wenn dieses ist, so laͤge in diesen 2 Versen die Nachricht, wie unser Erdball beschaffen gewesen sey, ehe auf ihm Sonne, Mond und Sterne sichtbar wurden. Naͤmlich seine Kreaturen kann- ten vorher nichts, als den Himmel und ihren Erdball, aber vermittelst dem Thohu und Bohu mit einer Wasserfluth Diesen 2ten Vers vollstaͤndig aus einander zu setzen, waͤre hier der Raum zu enge. kam der Erdball in den neuen Stand eines Planeten, auf dem man Son- ne, Mond und Sterne kennen lernte, indem sie nun sichtbar wurden. Man koͤnnte hier anneh- men, daß der Erdball vor dem Thohu und Bohu dieser Zeit ein sich selbst erleuchtender Komet ge- wesen, dessen Bewohner von ihrem eigenen Him- melsschimmer, wie wir vom Sonnenlicht in An- sehung der Aussicht geblendet, weder Sonne, Mond noch Sterne sahen, und nichts weiter als ihren Wohnplatz, oder die naͤchsten Himmelskoͤr- per nur ganz undeutlich kannten. §. 380. Daß aber damahls schon Menschen auf diesem Lande gewesen seyn muͤssen, laͤßt sich sowohl aus natuͤrlichen Gruͤnden, als auch aus diesen Urkun- den schliessen. Denn wer sollte es anders gewe- sen sen seyn, gegen die Elohim vor jedem Tage sprach, indem kein ander Geschoͤpfe des Erdballs die Sprache verstund. Es muͤssen auch wohl Men- schen gewesen seyn, denen Elohim, vermoͤge des Sageworts Vajar 4. 10. 12. 18. 21. 25. 31ste V. daselbst. , das ganz natuͤrlich nach der Verwendung von Hiphil steht, an jedem Ta- ge sehen ließ, was diesesmahl erfolgt war. §. 381. Es konnten auch Pflanzen und Baͤume auf dem Erdball noch vor dem Sonnenschein wach- sen und Samen tragen, weil sie als voͤllig er- wachsen angegeben werden, ehe noch Sonnen- und Mondschein war vom 11ten bis zum 14ten V. , wie denn auch der Sonne noch keine solche Kraft, wie jetzt, vom Elohim zugeschrieben wird vom 14ten bis zum 18ten V. . §. 382. Der angefuͤhrten Meynung aber, scheinet das, was Elohim am 6 Tage 26 Vers: Naaͤseh Adam Bezalmenu pid- muthenu: Laßt uns einen Adam von un- serm Bilde, nach unserer Gleichung ver- anstalten, oder einsetzen und erwaͤhlen. mit dem Adam vornahm, am staͤrksten zu wiedersprechen. Wenn aber hier vom Adam, als dem, vom Elohim er- waͤhlten ersten und aͤltesten Stammvater der He- braͤer geredet wuͤrde, so liesse sich hier auch kein wahrer Widerspruch finden. §. 383. Das 2te Kapitel dieses Buchs faͤngt sich mit dem Ruhetage, der unbillig vom ersten Kapitel getrennt getrennt ist, mit den Worten an Von des 2ten Kapitel 4ten Vers an, bis zum Ende des 3ten Kapitols. Eleh tho- ledoth haschamajim vehaͤaͤrez: Diese Nachkuͤnfte des Himmels und des Landes. Nun nehme man alle folgende Urkunden, die mit eleh tholedoth an- fangen, nach ihrem hierauf folgenden Inhalt vor sich, so wird man uͤberall finden, daß niemahls darinne ein vergangener Vorgang, oder Ge- schlechtsstamm dieser Ueberschrift, sondern bloß der nachfolgende auseinander gesetzt sey. Kann man also hier wohl etwas anders, als Vorfaͤlle suchen, die entweder nach der vorigen Zeit, und folglich als unser Erdball schon einen Zeitlauf, oder mehrere hindurch als Planet gewesen war, den Himmel und das Land hier betroffen haben? oder die in solcher planetischen Nachkunft zugleich zwischen den Arten der Menschen dieses Landes, oder dessen Fuͤrsten und Priesterthuͤmern erfolget sey? dadurch wird ein Naturforscher finden, daß man nach der vorigen Erdverwandlung hier wie- der eine neue oder planetische Erdveraͤnderung aufzusuchen habe. Vielleicht findet man sie, wenn man uͤberdenkt, daß unsere Quellen jetzt nicht so groß sind, noch seyn koͤnnen, daß sie sich wie die Quelle von Eden in vier Stroͤme zu vertheilen vermeynen, sondern daß jetzt umgekehrt, viel zusammen fliessende Quellen erst einen Strom ge- ben, und denn waͤre dieses die zweyte gewisse Erd- veraͤnderung. §. 384. Wenn man nun also in dieser Geschichte, den ersten Ursprung dieses Volks mit angegeben faͤn- de, und also sein Alter, der Natur gemaͤß, noch uͤber uͤber diese Zeit hinaus zu setzen waͤre, koͤnnte man da wohl zweifeln, daß bey solchen Umstaͤnden, der Ursprung dieses Volks unbekannt, und nebst dem Ursprunge seiner Sprache weiter ruͤckwaͤrts zu suchen, und also vielleicht niemahls zu finden sey. §. 385. Die dritte diesem Volk begegnete Erdveraͤnde- rung ist die in ihren Urkunden umstaͤndlich be- schriebene Suͤndfluth ihrer Gegend Vom 6ten bis 8ten Kapitel. welche durch den Einsturz des Abgrundes, nebst dem nie- derfallenden letzten Himmelswasser entstund, vor- naͤmlich aber nach damahliger Auslegung der menschlichen Schicksale, durch die boͤsartigen Priestersoͤhne, und durch ihre mit den weltlichen Toͤchtern der damahligen gegen die goͤttlichen Priester weltlich geschaͤtzten Fuͤrsten, erzeugte fremdartige Kinder, dem Lande zugezogen wurde. Dabey erlitte wieder der Himmel und das Land eine grose Verwandlung. Denn der alte Himmel wurde nun vermittelst dem Bogen 10ten Kapitel 25sten Vers. welchem Elohim an die Wolken, wie an einen Pfeil gesetzt hatte, gaͤnzlich umgebildet, so daß nun das Ge- woͤlke, wie ein Pfeil am Himmel hinflog, oder nun wie unsere Wolken fortlief, folglich vorher, von stillstehender Art gewesen war. Dadurch wurde also die Versicherung wider einen kuͤnftigen Niederfall der Himmelswasser, ganz natuͤrlich fuͤr sest gesetzt angesehen. §. 386. Vergleicht man ferner die Lebensjahre dieses Volks, erstlich vor der Suͤndfluth, und den schnel- len Abschnitt hierinne nach ihr, denn nach der Erd- Erdtheilung bey Pelegs Geburt Gegen 11ten Kapitels 10 bis 19ten Vers, und von da zum 32sten Vers. und den eben so merklichen Abschnitt in den Lebensjahren hernach Des 9ten Kapitel 13 bis 17ter Vers durch Ke- scheth, oder τοξον der 70er, einen Schuͤtzenbogen: nicht αψις, einen Zirkel- oder Woͤlbbogen, noch ιρις, den Regenbogen. ; so kann man die Erdtheilung zu Pelegs Zeit, fuͤr die vierte Erdveraͤnderung, nach der Landschaft dieser Menschen ansehen. Doch wird dabey noch allezeit zu merken seyn, daß die Erdgeschichte anderer entlegener Laͤnder, wenn sie sich auf dieses Volk nicht bezog, oder ihm wohl gar unbekannt blieb, in diesen Urkunden nicht zu suchen sey. §. 387. Noch ein besonderer Verstoß, wider die oben- gedachte Verhaͤltniß beyder Sprachen und der Naturkunde scheinet es zu seyn, wenn man die Verwirrung zu Babel, durch die Zerstreuung al- ler Menschenarten uͤber die ganze Erde in allerley Spracharten erklaͤret. Denn wenn in der Urkun- de von dieser Erzaͤhlung 10 Kap. 5. 20. 31 V. Lilschono, Lilscho- notham ganz gewiß seine und ihre Sprache heist; kann man da wohl sapha ehad udebarim acha- dimm 11 K. 1 V. richtiger, als durch eine Stimme und einerley Reden oder eines Vorschlages, und einer- ley Meynungen uͤbersetzen? der Zusammenhang giebt es auch deutlich an, daß diese Stimmen und Meynungen, einmuͤthig die Auswanderung und den Anbau betrafen. Daher wurden ja nur die- serwe- serwegen ihre Stimmen und Meynungen, nebst ihren Ausfuͤhrungen verwirret; daß also die Zer- streuung dieses ausgewanderten Volks erst nur in derselben Landschaft und nicht in der Welt herum, auch nur fuͤr diesen Theil des Noachischen Volks ein Anlaß zu mehreren Staͤdten war, hingegen fuͤr den Noach selbst und fuͤr seine uͤbrige Nach- kommenschaft, die nicht mit daher gewandert war, nicht, und noch weniger fuͤr andere Menschen. §. 388. Inzwischen wird jeder, der diese hebraͤische Ur- kunden betrachtet, leicht einsehen, daß in densel- ben die Erdveraͤnderungen nur zufaͤlliger Weise mit angegeben worden, und die Geschichte dieses Volks den Hauptzweck darinne ausmachen, doch wuͤrde deren vollstaͤndigere Vergleichung mit der Erd- und Sternkunde noch manchen Schwierig- keiten abhelffen. §. 389. Nun uͤberlaͤßt man, ohne alle die Nachrichten aus den schriftlichen Urkunden, weiter verfolgen, oder auf einen gemeinen Satz bringen zu wollen, dem Leser, wie er seine Menschengeschichte, die er sich vorstellt, und die Geschichte der bekannten Sprachen damit verbinden, alsdenn darnach die Erfindung einer ersten und einzigen Sprache be- stimmen, zuletzt aber sein Urtheil uͤber die obige Erd- und Menschenkunde abfassen will. Ver- muthlich, soll man aber doch uͤberzeugt werden, daß man zuerst die Geschichte und Ordnung des Himmels weiter aufklaͤren; darauf den Bau des Erdballs viel schaͤrfer in allen Welttheilen unter- suchen; und endlich die Menschenkunde nach den Kenn- Kennzeichen der Arten auf selbigen viel genauer beobachten und unterscheiden muͤsse, ehe man zu- verlaͤßige Ausspruͤche thun kann; und bloß als einen solchen Versuch, den man nicht eher vor ge- gruͤndet, annehmen kann, als bis durch hinlaͤng- liche Untersuchungen ausgemacht worden, daß er weder goͤttlichen, noch natuͤrlichen Wahrheiten wiederspreche, nicht aber, als einen entscheidenden Beweiß, darf man diesen Aufsatz ansehen. Druckfehler. §. 64. 2te Zeile muß nach dem Worte soll, den Anfang stehen. §. 92. muß das letzte Wort folgen, folgem heissen. §. 102. lese man vor eustechische, eustachische. §. 115. statt ein Nachsprechen, im Nachsprechen. §. 137. Zeile 7. statt als, l. ob. §. 193. Z. 1. nach Eingliederung muß ein Com- ma stehen. §. 279. Z. 5. statt Befeuchtung l. Befruchtung. §. 285. nach Nahrungsroͤhrchen muß verschlos- sen stehen. §. 286. am Ende l. statt kemmen, kommen. §. 309. Z. 11. statt wenn, l. wie. §. 362. Z. 6. statt hoh, l. hohl.