Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ vnd eigentliche Beschreibung Der Diebs Historjen. Ander Theil Darinnen Der Beutelschneider/ Diebe vnd Rauber Arglistigkeit/ Verschla- genheit/ Bossen/ Rencke vnd Tuͤcke/ auch was sie fuͤr wunderbarliche seltzame Diebsgriffe/ Pra- cticken vnd Fuͤndlein erdacht/ gebraucht/ vnd sonsten fuͤr erschreckliche Mordthaten in Franckreich ge- stifftet vnd begangen haben. In sonderlichen waarhafften Historien vor Augen gestellet. Mit sonderbaren nuͤtzlichen Observationen/ Erinnerungen vnd Warnungen der gestalt zuge- richtet/ daß sich maͤnniglichen zu nothwendiger War- nung vnd Lehr/ auch zu Ergoͤtzlichkeit vnd Lust zu lesen dienen. Auß dem Frantzoͤsischen in die Hochteutsche Sprach uͤbersetzt. Erstlich Gedruckt zu Franckfurt/ 1627 . An den Guͤnstigen Leser. F Reundlicher lieber Le- ser/ Allhier hastu das Zweyte Theil von der Diebshistorien/ welche dein stetigs anhaltende vorwitzigkeit hat herauß gebracht. In dem Ersten Buch hastu gesehen etliche betriegli- che vnd gemeine Funde vnd Rencke/ deren sich die Filous vnd Beutel- schneider/ die Welt zu betriegen/ ge- brauchen: Aber ich behielte die voll- koͤmliche Beschreibung in dises zwey- te Buch/ auff daß/ wann du sie sehest vnd lesest/ dieselbe desto besser vermey- den koͤnnest. Das were ein grosser Frevel an ei- nem Menschen/ wann er sich selber in gefehrliche Abgrund vnnd Irrweg wolte stuͤrtzen/ da man jhm doch den (:) ij rech- Vorꝛede. rechten sichern Weg zeiget vnd offen- baret jhme den hinderhalt/ so man in zufangen hat gemacht vñ angestellet. Es ist zwar war/ das es gar schreck- lich ist sich fuͤr Dieben zu huͤten vnd vorzusehen: Aber weil wir in einer solchen zeit leben/ da das halbe theil der Welt das andere bestihlet/ vnd sich ansehen laͤst/ als ob das meiste Theil der Menschen sich in Voͤgel ha- be verwandelt/ so wol koͤnnen sie die Raubkunst: Als soll man sich fuͤr jh- rem nachstellen fuͤrsehen/ jhre gelegte Garn vnd Strick zerbrechen/ jre dibi- sche Kunststuͤck erkennen lernen/ auff daß man also neben den gefaͤhrlichen Steinfelsen/ welche vns vmbgeben/ moͤge ohne Schaden herfahren. Das beste vnd vornembste mittel aber der diebischen Griff nur zu spottẽ vnd zu lachen/ vnd sich fuͤr jhnen desto besser fuͤrzusehen/ ist dieses: Das man jhr Vorꝛede. jhr Fund/ Grieff/ Art vnd weiß entde- cke/ wisse vnd verstehe: Dann sie sehen vnd vberwinden ist ein ding. Das ist nun in diesen Buch/ da du solche Lection kanst lehrnen/ vnd an anderer Leut schaden weiß werden/ durch die vnderschiedliche Exempel vnd Historien/ welche du in diesem Buch wirst hoͤren/ vnd wir selber zu vnserer zeit gesehen haben. Neme derohalben guͤnstiger Leser/ dises kleine Buͤchlein fuͤr lieb vnd mit solchem gutem Heꝛtzen an/ als es von dem jenigen/ der dir vnd dem gemei- nen Nutzen zu dienen ist geneyget/ dir hiermit wird pr æ sentiret vnd ange- botten. Gottbefohlen. (:) iij Ver- Verzeichnuß der Capitel dieses Buchs. V On dem Meisterstuͤck vnd von der uͤber alle massen grossen vnd wun- der lichen Arglistigkeit/ durch welche ein Beutelschneyder fuͤnffhundert Kronen hat erwischet vnd erfischet. cap. 1. pag. 1 Von einer wunderseltzamen vnverschaͤmbkeit zweyer Dieben vnd Rauber. c. 2. p. 19 Von dem Leben deß Maillard/ eines beruͤmb- ren Beutelschneiders/ von seinen Diebi- schen Meisterstuͤcken/ deꝛen er sich zu seinem rauben vnd stelen gebrauchet. c. 3. pag. 33 Ferꝛnere Beschreibung deß Lebens vnd began- genen Bubenstuͤcken deß Maillard. cap. 4. pag. 50 Von dem Meisterstuͤck vnd wunderseltzamen Griffen eines Diebs vnnd Raubers/ ge- nanut L Escluse. cap. 5. p. 78 Von der Wunderseltzamen Spitzfindigkeit deß Mutio/ vnnd was er fuͤr ein Griff ge- braucht/ sein boͤß Vorhaben desto artiger zu vermaͤnteln. cap. 6. pag. 94 Von Von einem grossen Vngluͤck/ welches einem armen Picarder/ so ein schwere Rechtferti- gung zu Paris fuͤhrete/ begegnete/ vnd wie er durch etliche Filous oder Beutelschnei- der vmb all sein Gelt kame/ cap. 7. p. 113 Historien von einem durchdriebenen arglisti- gen Rauber genannt Aminthus/ vnd was er sonsten fuͤr meineydige Bubenstuͤck hat begangen. c. 8. p. 129 Von einem erschrecklichen Meuchelmordt/ so zween Gewissenslose vnnd beruͤhmbte Rauber an einer vornehmen Edelfrawen vnd jhrem Junckherꝛn vnnd Ehemann be- gangen haben. c. 9. p. 159 Von den Bubenstuͤcken deß Adreste vnnd sei- ner Mitgesellen/ von den vnterschiedlichen Rencken/ deren er sich gebrauchet. cap. 10. pag. 193 Ferꝛnere Beschreibung vnnd Erzehlung etli- cher anderer Arglistigen Griffen/ vnd spitzt findigen Bubenstuͤcken/ so Agrastus hat be- gangen c. 11. p. 229 Von den Bossen deß Filemon/ vnnd was er sonsten fuͤr denckwuͤrdige Stuͤcke hatte be- gangen. c. 12. p. 255 Von der erschrecklichen Boßheit vnd Todt- schlag deß Forestier/ vnnd wie er endlich so schaͤnd- schaͤndlich sein Leben hat geendet. Cap. 13 pag. 289 Eine erschreckliche Historien von einem alten Gewandkraͤmer/ welche fuͤr kurtzer Zeit ist geschehen/ vnd wie er sein Leben so jaͤmmer- lich hat geendet. cap. 14. pag. 355 Beutelschneider/ oder Continuation vnd fer- nere Beschreibung deß allgemeinen Inventarii uͤber die Diebs-historien. Das I. Capitel. Von dem Meisterstuͤck vnd von der uͤber alle massen grossen vnd wunderlichen Argli- stigkeit/ durch welche ein Beutelschneider fuͤnff hundert Cronen hat erwischet vnnd erfischet. E S kan sich fuͤrwar ein Mensch nicht gnugsam verwundern/ wann er hoͤret die wunderseltzame Grieff/ Betrug/ Arglistig- keit vnnd Suͤnde/ welche die Diebe vnd Raͤuber er- dacht haben jhr schaͤdliches vnd verdamliches vor- haben in das Werck zusetzen: Ja wann man be- dencket/ wie wunderbarlicher weisse sie sich in der Vornembsten Herꝛen Haͤuser zu Pariß haben ein- geschleichelt/ vnd da sie doch so leichtlich koͤnden er- A dappet Beutelschneider/ oder dappet vnd ergriffen werden: Was mich anlanget/ so muß ich selber bekennen/ daß es nicht vieler ver- schlagenheit bedarffe/ wann man einem schlechten albern Menschen/ der nicht noch ist mitgenommen vnd gerollet worden/ den Seckel mit dem Geldt will ablaussen: Dann an solchen schlechten albern Leuten fangen die Beutelschneider an zu lernen: A- ber den arglistigen klugen verschlagenen Weltkoͤpf- sen hinder den Seckel zu nisten vnnd jhnen den Beutel mit dem Geldt vnsichtbar zu machen/ dar- zu gehoͤret Kopff vnd verschlagenheit/ vnd befinde ich/ daß in diesen letzten vnd betruͤbten Zeiten vieler Menschen gemuͤth vnd verstandt in solcher Diebe- rey/ wie auch sonsten in allerley Boßheit vnd Vn- tugend gewaltig ist geuͤbet: Man hette sich billich verwundern muͤssen/ wann bey Belagerung der Statt Troja einer sich hette gefunden/ welcher den Vlyssem/ der sich außtruͤcklich darvor außgabe/ daß er jederman koͤndte vnd woͤlte betriegen/ hette betrie- gen koͤnnen. Aber in diesem Capitel werden wir vns mehr zu verwundern haben/ daß die jenige/ welche der Beutelschneider/ Raͤuber vñ dergleichen leicht- fertigen Voͤgel (deren es dann sehr viel vnder vns giebet) art/ natur/ betrug vnd griff billich sollen wis- sen/ sich gleichwol von jhnen betriegen lassen: Wir haben dessen nicht allein eine gantz frische/ sondern auch ein solche artige verschlagene Historien/ daß ich sie allhie so bald im anfang dieses Buchs hab er- zehlen woͤllen/ auff daß ja jederman moͤge sehen vnd erkennen/ wie hoch die boßheit vnd vnverschampt- heit der Menschen ist gestiegen. Es Diebshistorien das II. Buch. Es ist noch nicht gar lang/ dz ein junger Mensch zu Pariß (welchen ich Lucidas will nennen) sich von seinem Vatter inn das Kriegswesen begabe/ vnd liesse sich bey dem Marte/ welcher bey den Hey- den der Kriegs Gott ist/ ein schreiben/ damit er die Kriegskunst lernen/ vnd in seiner Jugend in allen Ritterlichen Waffen sich uͤben moͤchte: Aber wie dem allem/ daß er entweder sein zuneigung zum boͤ- sen gehabt/ oder daß er es von den seinigen mag ge- A ij erbet Beutelschneider/ oder erbet haben (dann sein Grosvatter wahr einer von den klugsten Koͤffen zu seiner zeit gewesen) verlie- se er seinen Capltaͤnen von Monteplier vnd kehre- te wiederumb gen Pariß: Vnd als er dahin kame/ auch vnder dessen sein Vatter vnd Mutter gestor- ben waren/ sienge er an zu schwermen/ vnd sein Er- erbtes Gut durch die Gurgel zu jagen : Tag vnnd nacht lage er in den Wirts vnd Hurenhaͤuser/ es vergienge auch kein Tag/ da er nit alle freundschafft vnd kundschafft macht mit einem hauffen Bettler vnd Diebsgesellen/ welche dann gar gern mit jhme vmbgiengen/ damit sie das Maul vmbsonst kuͤnden schwencken/ vnd also kame er in einer sehr kurtzen zeit gar auff den grund vnd boden seines Seckels: denn er pflegte von morgen an biß in die nacht hin- ein zu spielen. Dieses verursachte nun/ daß er an seinen Zu- standt gedachte/ vnd was er ins kůnfftig thun vnd anfangen wuͤrde: Aber weil er alle tag mit einem hauffen gottloser sauffbruͤder vnnd boͤsen Buben vmbgienge/ fienge er an vnd begabe sich auch in die Bruderschafft der Feleus/ auff daß er/ gleich wie die andeꝛe auch an der Beut theil haben moͤchte. Wañ er bißweilen an seines Vatters Namen/ wie auch an die grosse schand/ so jn begegnen moͤchte/ wañ er solte erdappet werden/ gedachte/ wachete jm das gewissen auff vnd name er jhm vor solche boͤse ge- sellschafft zu verlassen: Aber/ weil er einmal das schamhuͤtlein hatte abgezogen/ vnnd sich in solche boͤse geselschafft begeben/ schluge er alle die schand/ schimpff/ spott vnd gefahr/ so jhm gar manchmals vor- Diebs Historien/ das II. Buch. vorkamen/ in den Wind/ liesse seinen boͤsen begierdẽ den Zaum gantz vnd gar schiessen/ vnd begabe sich gar in das bubenleben : Ich wil euch allhier nicht mehr als nur ein eintziges von seinen bubenstuͤcken erzehlen/ auff daß jhr darauß selber sehet/ was er fuͤr ein vnverschaͤmbter Gast mag seyn gewesen/ vnd schliessen ferꝛners/ was er anderswo mag began- gen haben. Dann wie die Philosophi sagen: Ex cognitione unius devenitur in cognitionem al- terius. Wann man eines weiß/ so kan man dar- nach das ander auch desto besser fassen vnnd ver- stehen. Dieser Lucldas/ welcher eine schoͤne ansehnliche Person vnnd wol gekleydet ware/ als er auff ein zeit sahe/ daß ein vornehmer Kauffmann von Ro- ven in den hallen einem andern Kauffmann dieser Statt eine summen Gelts bezahlete/ vnd zwar tau- sent Cronen an lauterem Goldt/ wegen allerley Wahren/ so er jhm abgekauffet hatte; gehet er gantz vnverschaͤmbter weise zu jhm/ fraget jhn/ ob er jhm will den dienst vnd gefallen thun/ vnd jhm solches Gold fuͤr so viel Cartesce geben/ er wolte jhm auff jegliche Cron zween schilling auffwechsel geben Es gehoͤre solches Geld einem seiner Freund so ein fei- ner ehrlicher Mañ seye/ zu/ derselbige wolle in Flan- dern ziehen/ moͤge sich aber nicht mit solchem Geld wegen vieler vngelegenheit/ so einem auff dem we- ge begegnen koͤnnen/ schleppen vnd beladen. Der Kauffmann/ als er sihet/ daß er hundert Francken mit seinem Goldt koͤnn gewinnen/ antwortet jhme: Er sey es wol zu frieden/ er woͤlle jhm solche Freund- A iij schafft Beutelschneider/ oder schafft gern thun/ vnd im helffen/ wann er nur hin- wider all sein Gelt koͤnne haben/ vnd desselbigen ver- sichert seyn. O da behuͤte Gott fuͤr/ sagt zu jhm Lucidas/ das solte mir hertzlich leyd seyn/ daß der Herꝛ seines Gel- tes halben solte gefaͤhret werden: Ich wolte lieber das Leben tausentmal/ wenn es muͤglich were : ver- lieren: Schicket nur mit mir/ wen jhr selber woͤllet/ so will ich jm das Geld so bald zu stellen: Der Kauff- mann ist dessen zu frieden/ schicket seinen Son mit den tausent Cronen hin/ daß er sie jhm selber soll ge- ben: Dann er vermeynete dieser Lucidas were viel- leicht einer auß den Rentmeistern/ so viel als er von jme hatte veꝛnemen koͤnnen/ dann ehe sie deß Kauffs einig waren worden/ hatte er jm alle Gelegenheit ei- nes vornehmen Herꝛn/ von dem er gesagt/ daß jhm solches Gelt zustunde/ angezeigt. Lucidas vnd deß Kauffmans Sohn gehen mit einander dahin: Damit aber Lucidas sein Buben- stuͤck desto besser bedecke/ fanget er an den gantzen Weg zu reden mit deß Kauffmans Sohn/ geden- cket/ wie es den Leuten so uͤbel gehe/ wann sie etwas woͤllen gewechselt haben/ saget: die Wechßler seyen heutiges Tages gar zu wunderlich/ man koͤnne uͤbel mit jhnen fortkommen/ es sey auch das Geldt so ge- waltig klein vnnd duͤnn geseet vnter den Leuten inn Franckreich/ vnnd viel tausent andere Gespraͤche/ welche er mit jhm hielte/ damit er jn allzeit auff der Meynung moͤchte erhalten/ daß er hundert Fran- cken an seinem Gelt wuͤrde gewinnen. Lucidas/ der nun ein arglestiger verschlagener Kopff Diebshistorien/ das II. Buch. Kopff wahre fuͤhret seinen Kerles von einer Gassen zu der andern/ vnd kommet endlich in der Gegendt deß Koͤniglichen Platzes vor eines Schatzmeisters Hausse/ welchen ich diß mahl mit Namen nicht wil nen nen/ dann es bedarff es auch nicht/ daß einer o- der der ander mit Namen von mir genennet wer- de: in solches Hauß gehet er nun/ vnd fraget ob der Herꝛ zu Hausse sey/ er woͤlle gern wegen eines an- dern Schatzmeisters (welchen wir ein weil Alphee woͤllen nennen/ damit wir niemands ergern) mit jhm reden: Als nun deß Schatzmeisters Diener jm oben aussen in seines Herꝛen Losament/ (welcher deß mahls Leute bey sich hatte) fuͤhret/ sagt Lucidas zu deß Kauffmans Sohn/ er soll ein wenig auff der Stegen verziehen/ biß er wider zu jm kom̃e: Spitzet allhie die Ohren vnd habt wol acht/ wz ich euch jetzt erzehlen werde: dann es ist ein solcher vber alle mas- sen wunderseltzamer Griff vnd Streich/ daß einer gedencken moͤchte/ wie ein Mensch solches jmmer in seinem Kopff koͤnne erfinden. Als nu Lucidas zu dẽ Schatzmeister in die Kam- mer kom̃et/ machet er jm eine grosse Reverẽtz/ vñ re- det jn also an. Mein Herꝛ/ ich bin deß Herꝛn Al- phee, welchen jr sehr wol kennet. Diener/ derselbige lest euch sein gruß vnd dienst anmelden/ vnd bittet euch dieweil er in 2 oder 3 Tagen nach Lion wegen seines Generals wil reisen/ jhr woͤllet mir oder vil mehr jm durch mich tausend Cronen an silberner Muͤntz geben fuͤr so viel guͤldene muͤntz/ welche ich schon durch einen/ so drunden auff ewer stegen met- ner wartet/ habe hertragen lassen. A iij Der Beutelschneider/ oder Der Schatzmeister/ welcher diesen Diener noch niemals gesehen hatte/ fraget jhn/ wie lang er nun bey dem Herꝛn Alphe o seye/ darauff jhm dann die- ser Lucidas solchen bescheydt vnnd antwort giebet/ daß er im geringsten nicht kan gedencken/ daß jhme durch jhn ein solcher bossen vnd duͤck/ wie hernacher geschehen/ koͤnne bewiesen werden: vnd dieweil er im Werck selber will beweisen/ daß er Herꝛn Alpheo all gefallen vnd dienst gern woͤlle erzeigen/ gucket er zu dem Fenster hinauß/ vnd russet seinem Diener laut zu/ er solte dem jenigen/ so zu jm wegen H. Al- pheo seye kommen/ geben/ was er begeren werde/ vnd soll jhm alle freundlichkeit erzeigen. Der Dieb wird hieruͤber bey sich selbsten sehr froh/ daß jhm sein boß so wol angehet/ thut sich flei- fig gegen dem Herꝛn bedancken/ nimmet seinen ab- schied von jm vnd gehet auß der Cammer hinweg: Deß Kauffmanns Sohn/ welcher auff der Stegen den Schatzmeister hatte reden hoͤren/ ware nicht weniger froh bey sich selbsten: dann er meinete/ er hette uͤber die tausent Cronen die hundert Francken schon im Beutel. Auff der andern seiten/ was deß Schatzmeisters Diener anlangete/ welcher schon befelch hatte das Geldt zu geben/ gedachte er auch nicht/ daß ein betrug darhinder solte stecken/ vnnd wartete nur/ daß man jhm sagte/ wie viel Geldt er darzehlen solte. Nun ist aber allhie zu mercken/ daß in dieses Schatzmeisters Hause zween außgaͤnge waren: der eine außgang gieng auff einen grossen Hoff/ der an- dere aber gienge in ein kleines enges gaͤßlein hinein/ welches Diebs Historien/ das II, Buch. welches vor der Zeit Lucidas wol außgesehen vnd in acht genommen hatte: dann er hatte auch deß- wegen deß Kauffmans Sohn an solches Ort ge- fuͤhret/ auff daß er jn desto fuͤglicher betrigen koͤnde. Aber als nun jetzo Lucidas seine Person spielen vnd sein bubenstuͤck will in das Werck richten/ sihe/ da kommet der Schatzmeister Alphee/ fuͤr dessen Diener er zuvor sich hatte außgeben: daruͤber wird Lucidas roth vnd bestuͤrtzet: er weiß nicht/ ob er soll darvon lauffen vnd den Braten auß dem Maul fallen lassen/ oder ob er lenger an solchem Orth soll verharꝛen (dann er kennete den Herꝛn Alpheum wol/ fuͤr dessen Diener er sich außgegeben hatte:) Er beisset die Zeen zusammen/ er verfluchet die ge- stirn/ daß sie gleichsam zu seinem Vngluͤck sich zu- sammen geschworen haben/ vnd weiß nicht/ was er soll anfangen: der Diener aber im Hauß/ welcher den Schatzmeister wol kennete/ gehet hin/ thut jhm auff/ vnd fuͤhret jhn in einen Saal/ biß dz sein Herꝛ auß seinem Losament/ da er eine ehrliche geselschafft bey sich hatte/ wie wir zuvor gedacht haben/ heraber zu jhm kaͤme. Lucidas ist in grosser Noth vnd aͤngsten: es thut jhm in seinem Hertzen weh/ daß das spiel/ welches er so wol hatte angefangen/ einen solchen vngluͤck- lichen außgang soll nemen: soll er darvon gehen so hette er sich selber verrathen vnd in gefahr brin- gen muͤssen. Endlich aber/ nach dem er die sachen in seinen Kopff lang uͤber vnd druͤber geworffen/ vnd bey sich disputiret hatte/ ob er solte bleiben oder dar- von lauffen/ siehet er daß der Diener widerumb in A v sein Beutelschneider/ oder sein Conduͤrlein gehet/ gehet darauff zu deß Kauff- mans Sohn/ der vnter dessen alls noch vff der Ste- gen wartet/ spricht/ er soll im die 1000. Cronen ge- ben/ vnd damit ja deß Kauffmans Sohn den Bra- ten desto weniger riechen/ vnd den betrug mercken moͤge/ spricht er: es doͤrffe niemands mehr/ als er/ in das Conduͤrlein gehen/ er solle nur da auff der Ste- ge ein kurtze zeit verziehen/ so wolt er jhm sein Geldt bringen. Dieser Kauffmans Sohn/ der im gering- sten nit an einen solchen betrug gedachte/ oder auch gedencken kuͤnde/ gibet jm die 1000 Cron an Gold/ welche in 2. Saͤcken waren gleichwol aber so hatte er so viel verstandt bey sich/ daß er zu jhm sagte: er koͤndte allein solche 1000 Cron. an silberner Muͤntz nicht tragen: Lucidas/ welcher sorg hatte/ er moͤchte gar zu kartz kom̃en/ saget zu jm also: es ist war/ jhr habt recht: es ist auch besser daß ich nur einen Sack auff einmal neme vnd euch das Geld bringe: es be- darffe es nit/ daß jhr mit mir in das Conduͤrlein ge- het: dann es moͤchte vielleicht/ der Herꝛ sich vnnuͤtz daruͤber machen: auff diese Wort gibt Lucidas deß Kauffmans Sohne den einen Sack mit den 500. Cron. wider/ vnd gehet mit dẽ andern sack/ so er vn- der dem Arm trug/ in das Conduͤrlein: vñ als jn der Diener fraget/ was er begerete/ antwort er jm also: Mein Herꝛ ich bin hieher geschickt von dem Herꝛn Schatzmeister/ welcher ewer Herꝛ 2000. Cronen schuldig ist/ vnd welchen Alidor heist. (ich bitte euch jhr wollet es mir nit fuͤr vngut auffnemen/ daß ich diese Historien vnder erdichtẽ Namen beschreibe:) Ir habt gehoͤrt/ dz euer Herꝛ euch durch das Fenster/ gesagt Diebshistorien das II. Buch. gesagt hat/ daß jhr mir mit Geld sollet helffen. Ich wolte/ dz jr mir 500. Cronen an quadruples hettet gegeben/ dann mein Herꝛ wil bald nach Lion zieben/ vnd mag sich nicht mit schwerer Muͤntze beladen. Der Diener/ welcher meinete/ es were alles war wz Lucidas sagte/ auch sehr wol kennete den jeni- gen/ von welchem er redete/ vnnd hatte schon auß- truͤcklich gehoͤret von seinem Herꝛn/ daß er diesem solte helffen/ fanget an das Geld zu zehlen. Deß Kauffmanns Sohn/ welcher das Geld ras- seln hoͤrete/ bildete jm ein/ man zehlete schon fuͤr jhn/ ware jm so wol daruͤber/ dz er die schuldern bewegete (dann/ daß ich euch nit liege/ so wolte jm etwas uͤbel werden bey der sachen/ sonderlich/ da er gesehen/ daß Lucidas/ als der Herꝛ Alpheus ware kom̃en/ das ge- sicht so wunderlich hatte verstellet. Als nun dz Geld gezehlet ist/ vnd die 500. Cronen da liegen/ schreibet Lucidas eine kleine Handschrifft/ weiset auch dem Diener den andern sack/ den er vnter dem Arm traͤ- get/ uͤberredet jhn/ er habe alleweil solches Geld bey einem/ den er jhm mit Namen nennet/ auff dz er jhn auff der meinung/ so er von jm hatte/ moͤge erhaltẽ/ abgeholet: vnd als nun das packet gemacht ist/ pa- cket er sein kegel ein/ steckt das Geld bey sich/ thut/ als wann er nicht wisse/ durch welche Thuͤr er solle hinauß gehen/ nimbt aber den abweg auff dz er desto ehe darvon kommen moͤge: laͤst vnder dessen deß Kauffmans Sohn auff der stegen warten/ welcher jetzt meynet/ Man wuͤrde jhm das Geldt zustellen: Als er aber an das End auff dem Gang kommet/ welcher in das kleine Gaͤßlein gienge/ ist es zuge- schlossen/ Beutelschneider/ oder schlossen/ vnd muß also wider all seinen willen wi- derumb zu ruͤck gehen inn das Conduͤrlein zu dem Diener : Es ware jm aber so angst vnd bang/ daß er gleichsam fuͤr forcht nicht doͤrffte reden: Der Die- ner aber/ der da meinete/ das were der kuͤrtzeste wege/ gienge hin/ schlosse jhm auff vnd liesse jhn also selber seines Herꝛ Geldt hinweg tragen. Vnnd da moͤget jhr nun selber gedencken/ ob er gethan habe/ als sey er lahm an den Fuͤssen/ ob er auch seine Fuͤsse habe finden koͤnnen: Dann er lieffe/ als hette er Fewer auff dem Halß/ ja es warekein Ader an seinem Leib/ die nicht fuͤr grosser forcht zit- terte: Summa/ er machte ein solche Finsternuß/ daß man inn langer Zeit nichts von jhm erfahren kunde. Vnter dessen aber so stehet deß Kauffmanns Sohn auff der Stegen vnd sihet fuͤr die lange weil den Himmel an/ ja er hette auch sein Vngluͤck wol zuvor sehen koͤnnen/ wann er deß Hauses gelegen- heit gewuͤst hette wie Jean petit oder der junge Tro- janer: Dann da ware die Rechnung leicht zuma- chen/ daß er sein Geldt nimmermehr wuͤrde wider bekommen. Zwar im anfang/ da er Geld hoͤret zehlen/ mach- te er jm keine gedancken/ dz er vmb das seinige solte kommen: aber als er endlich sihet/ daß gar nimands wider kommet/ vnnd Lucidas so lang verzohe jhm seine Cartesce zu bringen/ fanget er an/ vnd machet jhm Gedancken daruͤber/ dencket/ ob das vielleicht nicht lauter Betrug seye: Doch dencket er wider/ es werde jhm ja in solchem vornehmen Hauß solcher schimpff nicht widerfahren. Er Diebshistorien/ das II. Buch. Er verzeucht noch ein zeitlang/ nim̃et sich nichts an/ vnd wil doch sehen/ was das ding vor ein auß- gang werde gewinnen: vnter dessen aber so kommet der Herꝛ im Hauß oben herabeꝛ/ vnnd wil Herꝛn Alpheum willkomm heissen sein : Vnd so bald als er jhn hat empfangen/ frageter jn/ wann er nach Lion woͤlle: Herꝛ Alpheus/ der nichts von dem vorge- gangenen betrug wuͤste/ antwortet jhme: Er begere gantz vnd gar nicht nach Lion zu reysen/ fraget jhn wider/ warumb er jhn solches frage : Der Schatz- meister verwundert sich daruͤber/ vnd saget jm: Al- le weil gehe sein Diener auß seinem Hause vnd ha- be tausent Cronen an Goltgebracht/ daß man jhm so viel an siibener Muͤntz vnd Cartesei solle darvor geben/ man habe jhm auch das Gelt schon gelief- fert. Alphee spricht/ er wisse nicht/ was das bedeute: dann sein Diener sey uͤber Fildgangen/ vnd so weit von jhnen/ daß er nicht inn einem Hauß habe sein koͤnnen. Der Schatzmeister dencke herauff/ es werde vielleicht ein anderer sein/ laͤst es also hingehen/ vnd dencket/ es werde Lucidas jhm senen Herꝛn nicht genennet/ oder einen vor den andrn genennet ha- ben: Vnter dessen aber dencket er a u ch/ es werde ja sein Diener diesem Rauber suͤnffhindert Cronen nicht gegeben haben: aber er wird ba ld newe zeitung daꝛvon haben. Dann auff der anderr Seiten (vnteꝛ dessen daß der Schatzmeister mit Heꝛn Alpheo re- det von den Sachen/ so deßmals voniengen) als deß Kauffmans Son sihet/ daß man tunmehr mit Gelt rasselt/ vnd daß sein Mann nit wierkommet/ gehet Beutelschneider/ oder gehet er in das Conduͤrlein zu dem Diener im Hau-L se/ fragt jn wo das gemuͤntzte Gelt bleibe/ vnnd die Cartescu, so jm Lucidas solle bringen: der Diener a- ber spottet seiner/ vnd fraget/ was er woͤlle: hergegen aber/ weil deß Kauffmans Sohn nichts guts trau- mete/ vnd doch vermein te/ Lucidas were deß Rent- meisters Diener/ macht er sich gar vnnuͤtz gegen dem Diener/ vnd sagt zu jm: Er wolle kurtz rund wi- der haben/ die fuͤnff hundert Kronen/ welche man jm in sein Conduͤrlein habe getragen. Der Diener meinet/ der Mensch sey nicht recht bey sinnen: vnd solches zu gedencken/ hatte er auch Vrsach: Dann er hette jhm nimmermehr einbilden koͤnnen/ daß Lucidas jhm solchen Bossen solte ge- rissen vnd bewiesen habe n : Der ander wird zornig uͤber den Diener/ vnd fragt jhn/ warumb er jhm so offentlich fuͤnffhundert Kronen wolte stelen: Der Herꝛ im Hauß doͤret solches Gezenck in sei- nem Hoff/ fibet zum Fenster hinauß/ vnd fraget was da vorgehe? Der Tiener gehet zu jm oben ins Hauß vnd saget also zu jn: Herꝛ/ jr habt befohlen/ ich solte dem jenigen/ der de ssen vnd dessen Diener ist/ geben/ was er begehren verde. Nun aber hat er mir ange- zeigt/ sein Her beduͤrffe fuͤnffhundert Cronen an Quadruples, wol lte euch derhalben gebetten haben/ daß jr jm dam it helffet/ er wolte euch solche in einem Tag oder zwec k zustellen : welches ich dann gethan/ vnd daruͤber vn jm eine Handschrifft habe genom- men/ ich hoff auch/ ich werde daran nit vnrecht ge- than haben/ ann er ist vns sonsten wol mehr schul- dig geweser vnd jetzunder da kommet ein Bernheu- ter Diebs Historien das II. Buch. ter daher/ welchen ich nicht kenne/ vnd fordert mir fuͤnffhundert Kronen ab/ welcher/ wie er sagt/ der Diener mir soll seinetwegen gegeben haben. Der Schatzmeister/ als er solches hoͤret/ wird zor- nig uͤber seinen Diener/ vnd sagt also zu jm: Was/ Herꝛ Narꝛ/ wer hat euch befohlen fuͤnffhundeꝛt Cro- nen zu geben dem jenigen/ welchen weder ich/ noch jhr kennet ; Es ist zwar war: er ist kommen/ vnd hat mich wegen Herꝛn Alphee/ welcher jetzt bey mir ist/ gebetten/ ich solle jm tausent Cꝛonen fuͤr andeꝛ Geld/ welches er mitgebracht hette/ wechseln: ich hab euch auch befohlen/ jr sollet jm damit helffen aber ich ha- be nicht gemeynet/ daß jr jm fuͤnffhundert Kronen auff eine blosse Handschrifft sollet geben. Wo wird man jetzunder den Kerlen suchen oder finden: Ge- wißlich ist er ein Dieb vnd Rauber. In dem aber/ dz der Herꝛ also uͤber seinen Diener zuͤrnet/ verschweret sich herꝛ Alphee hoch vnd teuer/ er hab niemands zu jm dem Schatzmeister geschickt man solle nur eins thun/ in sein Hauß schicken/ vnd nach solchen Diener fragen/ so werde man wol se- hen/ dz der jenige/ so da gewesen sey/ ein Landbetriger sey: aber damit ist der Sachen nit geholffen. Dann da fanget deß Kauffmans Son an zu hageln vnd zu donnern schꝛeyet/ der Diener im Hauß sey ein Dieb/ er hab jm 500 Cron. diebischer weise gestolen: daꝛuͤ- ber wird das gantz Hauß auffruͤrisch/ die Lacqueyen/ die Maͤgde/ legen sich an die Fenster/ hoͤren zu vnd koͤnnen sich nit uͤber solchen betrug verwundern/ sie werden hieꝛuͤber gleichsam zu vnbewegliche Seulen: auff der andern seyten schreyet der Schatzmeister uͤ- ber Beutelschneider/ oder ber seinen Diener/ deß Kauffmans Sohn gautzet vnd schreyet dem Schatzmeister nach/ vnnd wissen alle miteinander nicht/ was sie gedencken odeꝛ sagen sollen: Es ist da niemands frewdiger vnd besser ge- muthet als Lucidas; der lauffet von einer Gassen zu der andern wie ein Haͤßlein/ deme die Hunde nach- lauffen. Endlichen aber mercket vnnd sihet jederman den Betrug: Deß Kauffmans Sohn erzehlet/ wie Lu- eidas zu seinem Vatter seyt kommen/ habe jhm zu verstehn geben/ daß wann er jhm Guͤldene fuͤr silber- ne Muͤntze wolte außwechseln/ wolte er jm auff jede Cron zween Schilling auffwechsel geben: vnd deß- wegen were er inn deß Schatzmeisters Hause mit jhm kommen/ hab auch tausent Cronen mit sich ge- nommen : Der Diener/ als er das alles hoͤret/ mer- cket den Betrug/ vnd fellt jm ein/ daß Lucidas durch die hinder Thuͤr ware hinauß gangen/ vnnd hatte nicht fort durch den Hof gehen woͤllen/ glaubet/ daß er ein Rauber seyn muͤste. Der Rentmeister laͤst allenthalben nachfragen/ vnd suchen/ ob er den Dieb moͤge finden: aber es ist alles vmbsonst: Dann Lucidas hatte sich mit sei- nem geraubten Geldt so wol verstecket/ daß man jhn nicht kundte finden/ wiewol man allenthalben nachfragete vnd suchete : All jhr sachen ware vmb- sonst. Vnter dessen aber fuͤhrete der Kauffman vnnd Schatzmeister eine grosse Rechtfeꝛtigung wider ein- ander: Aber euch den außgang solcher Rechtferti- gung zuerzehlen/ will sich hieher nit schicken: Es ist gnug Diebs Historien/ das II. Buch. gnug/ dz ich euch nunmehꝛ hab eꝛzehlet/ dz diebifche meisterstuͤck deß Lucidas/ welcher ohne allen zweif- feln eineꝛ auß den veꝛschmitzten Diebskoͤpffeuist/ so man in der gantzen Welt mag finden. Aber all sein betꝛug/ vnd aꝛglistigkeit hat jhn doch voꝛ dem Ratt mit behuͤtẽ koͤnnen. Dañ da hoͤret nun ferners/ wie eꝛ endlich ist gefangen/ vnd seine Buben-ja Diebs- stuck offenbar woꝛden. Auff ein zeit/ als eꝛ in der ge- gend der Statt Paꝛiß war/ waꝛe er so vnverschaͤm̃t vnd hertzhafft/ dz er einẽ Rentmeister in seinen Ho- sensach hinein grieffe: Als nũ solches der Rentmei- ster merckete erwischt er jm die Hand im sacke/ ließ jhm nach dem Kopff greiffen vnd auff dz Chaftelet fuͤhren. Da darff nun keiner fragen/ ob er auch den weg hinauß hab holtz muͤssen tragen dann der Ha- gel ist niemals so starck võ Him̃el heraber gefallen/ als die grobe stoͤß/ so man jhme mit bruͤgeln gabe/ jhm auff die schulternvnd gaͤtzen Leib fielen: Dann deß Rentmeisters Diener waren seine scherganten : Jederman psteffe vnd schrye jhm nach auff der Wechselbruͤcken/ welche damals noch nit verbren- net ware/ vnd war da kein ehrliches Kind welches nit ein sonderliches gefallen hatte jhme einen gu- ten Nasenstuͤber zu geben. Aber/ wie kein vngluͤck allein kommet/ also da er jetzu solte in das Gefaͤngnus hienein gehen/ sihe da gieng ein Buͤrger vorvber/ welcher jhd an seinem Kleyd erkennete/ dahero/ die weil er vor einer halben stunde sein Beutel hatte vorloren: last darauff bey jhm suchen vnd findet/ wz er verlohren hatte: Da- ruff wird er nu hart verklaget/ vnd liesse sich mit im B an Beutelschneider/ oder an/ als wann er ein spatziergang an Galgen wuͤrde thun muͤssen: Aber als man jhn eben examiniret sihe/ da kamen noch zwo newe Klag wider jhn ein: Dann ein altes Weib/ welches inn der Vorstatt Montmarte wohnet/ klaget jhn an er hette jhren Mann erschlagen vnd hernacher in eine Steinkau- ten begraben: Ein anderer von Gentilli klagt jn an/ er hette auff ein zeit mit 6. starcken Bettlern jm sein Hauß beraubet: Lucidas wuste nicht wz er hierauff solte antworten: dann er kundte die Zeugen nit ver- werffen/ derwegen weil er zum Galgen verordnet war/ daß er bey dem Mond solte der Schaff huͤten vnd fuͤr einen Butzenmann an den Galgen Mont- faucon dienen/ wurde er endlich auff das Rath ge- leget/ da er dann lernete erkennen/ daß deß Gluͤcks wirckung gar vngleich seyn : Dann die jenige/ wel- che das gluͤck oben auf sein Rad setzet/ sein die gluͤck- seligsten: Er aber war oben auff das Rad geleget/ vnnd war der vngluͤckseligste Mensch auff Erden. Sehet das ist der letzte Actus/ vnnd das trawrig Spiel/ welches endlich die jenigen spielen muͤssen/ welche deß Himmels vnd der Erden spotten/ wel- che der Tugendt gute nacht sagen vnnd sich in das verdambliche Bubenleben ergeben. Das III. Capitel. Von einer wunderseltzamen vnverschaͤmbkeit zweyer Dieben vnd Rauber. F Elix, quem faciunt aliena pericula Cautum, sagt das sprichwort. Das ist/ selig ist der jenige/ welcher Diebshistorien/ das II. Buch. welcher durch andere Leut schaden sich laͤst warnen vnd weiß wird. Dann das ist ein grosser Vortheil/ wann wir von vnserer Nachbarn schaden ein an- fang machen/ vnnd ein gewisses Gluͤck bawen auff die vnbestaͤndigkeit/ so wir an andern Leuthen vorgehen sehen; Dann Seneca recht vnnd wol ge- sagt hat/ der jenige/ der von eines andern schaden weiß wirdt/ der ist auff zweyfache weiß verstendig/ vnd ist werth/ das er in das Tugendtregister der ver- staͤndigen vnd weißen Leuten auffgeschrieben wer- de: Dan die Klugheit vnd Weißheit hat diese Ey- genschafft an sich/ dz sie sich artlich wisse widerumb auß dem Creutz vnd Vngluͤck auffzuraffen/ vnnd da andere das Gifft erwischen/ ergreifft sie die Ar- tzeney selber wider das gifft/ gleich wie man võ deß Scorpions schwantze schreibet/ daß er zu einer zeit verletzet vnd zugleich auch widerumb heylet/ vnnd von deß Achillis Lantzen daß sie die Wunden/ so sie gemacht/ auch habe geheylet. Wz nun anlanget dieses Buch welches handelt von der Diebekunst oder Meisterstuͤck/ so ist nichts anders/ als ein Pr æ servativ vnnd Artzney/ so vor gifft bewahret/ ja ein bewehrte Kunst/ mit welcher man jrer Diebstuͤcken kan begegnen/ vñ machen/ dz jre Diebische anschlaͤge in brunnen fallen muͤssen: die jenige/ so hin vnd wider zu reysen vnd zu thũ ha- ben sollen dieses Buch fleisig lesen/ auff das/ wie sie an ort vnd end kommen/ vnd solcher Maußgesellen finden/ sich desto besser vor jhnen vnnd derselbigen wunderlichen fallstricken huͤten vnd vorsehen moͤ- gen. Ir habt gehoͤrt/ was fuͤr eine arglistigkeit Lu- B ij cidas Beutelschneider/ oder hat gebrauchet/ dz er den jenigen/ welche vermein- ten/ sie weren viel kluͤger als er/ das Seyl uͤber die Hoͤrner hat geworffen. In disem Capitel werbet jr auch ein schoͤne History anhoͤren/ vnd wie sie noch gar frisch vnd new ist. Also ist sie wol werth/ daß sie beschrieben werde: dann dreyerley Kauffleut sind in wenig Monat erdappet vnd betrogen worden. Ihr sollet vnd woͤllet derhalben wissen vnd mer- cken/ dz vor kurtzer zeit einer auß den Filous/ das ist/ auß der Diebsgesellschafft vnd zwar einer auß jren vornemsten/ welcher sich verkleidet/ vnd 2. Laqueyen nachgehen hatte (denn hinfuͤro weꝛden die Dieb nit mehr zu Fuß gehen/ sondern allzeit mit einer Deck auff einen Pferd daher reyten vnd etliche staꝛcke La- queyen nach haben lauffen) kame zu einem vorneh- men Kauffman/ so in der Gassen S. Dionys wonet/ vnd nach dem er nun ein gute zeit den Knebelbart auffgebutzet vnd auff einem Fuß (nach art der hoͤff- ling/ welche wie die Gꝛanich auf einem Fuß bleiben stehen vnd miteinander reden) gesprachet hatte/ re- dete er mit deß Kauffmans Weib (dann der Kauff- man war nit daheim: vnd sagte zu jhr: er kaͤme al- leweil von Hoff/ vnd daß/ wann man sich heutiges tags ein wenig wolte sehen lassen/ es sehr vil kostete: Ja es gienge jm selber gewaltig viel auff/ mit vnd bey den seinigen: vnd wann das nit were/ das vnser Herꝛ Gott jhm nit so ein ehrliches vermoͤgen hette gegeben/ so wer es jhm vn muͤglich/ seinen Standt zufuͤhren/ klagte demnach sehr uͤber die hoffart vnd pracht zu Hoff/ deren Spiegel noch heutiges tags zusehin/ vnd viel tausent andere erdichte gespraͤch/ welche Diebs Historien/ das II, Buch. welche er diser Kauffmaͤnnin fuͤr baar Geld gabe: es ware jm die Zunge so wol geloͤset/ ja er koͤndte so gewaltig wohl reden/ daß deß Kauffmans Weib nicht anderß meinete/ als das alles gewißlich war were. Als sie aber noch also miteinander reden sihe/ da kompt der Herr im Hauß wider/ welches dann vn- sern vermeinten hoͤffling vervrsachte/ dz er von sei- nem gespraͤche abliesse/ vnd sagte zu dem Kauff- mann/ er were außtruͤcklich zu jhm kom̃en/ jm et- liche wahren abzukauffen/ dann er wolte jhm gern zwey Kleyde machen lassen. Drauff langt man al- lerley Wahr hervor/ vnd laͤsset sie jn sehen: vnd als er ersehen hatte ein schoͤnes stuͤck gutes Spanischen Tuchs/ welches der Kauffman erst vor wenigen ta- gen hatte bekom̃en/ nimmet er jhm vor/ er woͤlle se- hen/ wie er doch solches schoͤnes Stuͤck Tuch moͤ- ge erhaschen vnnd darvon bekommen/ dann es schicket sich so gewaltig wol vor jn: er wird mit den Kauffmann einig/ er woͤlle jhm so viel fuͤr die ehlen geben: vnnd damit er sein betriegliches Vornemen desto besser verbergen vnnd sein Spiel außspielen moͤge/ zeucht er 6 Pistolen auß seinem Hosensack/ vnd gibet sie dem Kauffmann. Saget zu jhm/ er wohne auff der Gassen S. Anthonie in einer Her- berg welche er jm mit Namen nennete: Vnd die- weil er die gemarckte Wahr nicht so bald mit jhm kunde heimtragen/ bate er jn/ er wolte jm doch auff den Mittag durch sein ladenbuben/ das stuͤck Tuch schicken lassen: Mann solte jhn gewiß an solchem Ort antreffen/ so wolte er jm das uͤbrige Geldt ge- B iij ben/ Beutelschneider/ oder ben/ welches dann auff die hundert Cronen lieffe/ dann er name dsa gantze stuͤck Tuch hinweg. Der Kauffman/ der jhm nichts boͤses traumen liesse/ ist darmit wol zufrieden/ was jhme dieser Rauber vorschlaͤget/ er dencket nicht witer als sein Naß gehet/ er will nicht mercken den Bossen/ so man jm gar bald wird reissen vnd beweysen. Ehe wir aber weiters fortschreiten/ ist allhie zu- mercken/ daß dieser der Beutelschneider Oberste ware/ vnd hatte noch einen andern sehr frechen vnd muthwilligen Gesellen bey sich/ welcher in der Beutelschneiderey vnd Diebskunst gewaltig ge- vbet ware/ wuste auch gar wol die gelegenheit der Handtschrauben vnd vieler anderer sachen: Vnd wann man jhm nur mit dem kleinen Finger win- ckete/ oder gab jhm sonsten das geringste zeichen/ so ware er geschwind wie ein Haaß: Dieser Oberste nun lest diesem seinem Mitgesellen sagen/ er solle vmb den mittag in der Gassen S. Anthonie sich in einem gewissen vnd jhnen bekanten Wirtshauß finden: vnd da werdet jhr nun sehen vnd hoͤren/ die schoͤne Tragedien/ die sie mit einander gespielet ha- ben/ vnd werdet darauß lernen/ daß es heutiges ta- ges wo von noͤthen ist/ das man bald die Bruͤllen nicht allein auff die Naß/ sondern auch hinden auff die Ferßen setze/ wie deß Luciani Voͤlcker/ so gegen dem Mond vber wohnen. Dann deß Kauffmans Junge kompt mit seinẽ Stuͤck Tuch in die Herberg in der Gassen S. An- thoine wie jhm gesagt ware worden: Er gehet hin- auff Diebs Historien das II. Buch. auff in die Kammer dieses Filou/ bey welchen er fin det vnderschiedliche Gesellen mit dem kurtzen De gen: er legt sein war auß vnd meinet/ er werde vie Geld mit sich heimbringen. Als nun L’Esclair (dann also nennete sich dieser Raͤuber) siehet daß sein Kerlen mit dem Tuch ist kommen/ vnd daß es nun zeit ist dz Spiel anzufan- gen/ setzet er sich nieder vnd fanget an das Geld zu- zehlen: Mischet 6. falsche Italienische Pistolen vn- der das ander Geld/ welches er jhm solte geben: deß Kauffmans Jung aber/ der sich nicht wolte betrie- gen lassen/ fanget an vnd saget/ er begere das Gold gantz vnd gar nit: Dann wann es schon alles gut were/ so mangelte jhm doch nichts destoweniger ei- ne Cron an seiner Rechnung vnd deß schickete sich eben recht fuͤr vnsern Rauber L’Esclair: Dann er disputirte mit dem Jungen/ vnd sagte/ das Geld were gut/ er hette auch kein ander Geld/ koͤnde jhm auch kein anders geben: vnd als deß Kauffmans Junge noch nit mit dem Geld zu frieden sein wol- te/ sagt er zu jhm: er solte hingehen zu seinem Vet- ter/ welcher in der Gassen S. Martin/ an einem sol- chen Ort/ welchen er mit Namen nennete/ wohne- te/ es solte auch sein Laquey mit jhm gehen vnd jhn an dasselbige Ort fuͤhren: Derselbige solte jhm die sechs Italienische Pistolen gut machen vnd ander Geld darvor geben/ dann er hette sie jhm auch fuͤr gut Geld gegeben. Als nun dieser Wurff/ so außbuͤndig wol ist ge- spielet/ lesset deß Kauffmans Jung sein Tuch in der B iiij Herberg Beutelschneider/ oder Herberg bey diesem Meister/ Betrieger vnd Rau- ber/ vnd dencket er werde in dem Hauß/ davon man jhm gesagt hatte/ andere Pistolen vnd Geld fuͤr die sechs boͤse vnd falsche bekommen. Er gehet mit dem von L’Esclair angestelten Laqueyen auß der Her- berg/ vnd will in die Gassen S. Martin zu dem Vetter/ darvon man jhm auch gesagt hatte/ gehen. Als er nun dahin kommet/ triffet er an dem eus- serlichen ansehen nach ein Edelmann/ welcher toll außsahe/ vnd wol gekleidet war/ ja welcher so wun- der seltzam vnd doll außsahe/ daß er auch wol den Richard auß Normandie/ wann anderst dieselbige sich lest erschrecken/ hette erschrecken vñ jagen moͤ- gen/ vnd wer jhn hette ansehen sollen/ hette selber gemeynet: es were einer auß den aller vornembsten vnd stattlichsten Hof Jungkherꝛn. Aber Seneca lehret vns/ daß die Kleider die Leute nicht voꝛnehm vnd stattlich machen/ sondern vielmehr Erbarkeit vnd Tugend/ darmit deß Menschen Seel vnd Ge- muͤth wird gezieret. Da nun deß Esclairs Laquey vor solchen ver- meinten Herꝛn vnnd Edelmann mit deß Kauff- mans Jungen kommet redet er jhn also an: Mein Herꝛ/ mein Herꝛ lest euch seinen Gruß vnd guten Tag vermelden/ vnd schicket euch allhier die sechs Pistolen/ welche jhr jhme habt gegeben/ vnd gantz falsch seyn: er bittet euch/ jhr wollet jhm andere gu- te darvor geben/ dann er solle dem Herꝛn allhte et- liches Geld wegen jme abgekaufftes Tuchs bezahlẽ: Der vermeinere Edelman sihet den Laqueyen an/ fraget/ was sein Herꝛ thue/ ob er noch wol auff sey/ vnd Diebs Historien/ das II. Buch. vnd wo er nach dem Mittagessen hingehe: der La- quey antwortet vnnd spricht/ sein Herꝛ gehe heut nicht auß/ welches dann der Laquey sagte/ auff daß er deß Kauffmans Jungen desto lenger auff sei- ner Meynung moͤge lassen/ vnd daß er desto weni- ger den Betrug mercken koͤnne. Aber als hierauff der Laquey anhelt/ daß jm der Herꝛ doch sechs an- dere Pistolen fuͤr die falschen gebe/ spricht der auff- ruͤhrische Edelman/ die Pistolen/ so er seinen Herꝛn habe gegeben/ seyen gut/ vnd wann sein Herꝛ nicht wol sehe/ soll er jm ein Hollaͤndische Brillen kauf- fen/ auff daß er ein ander mal das Geld desto besser moͤge sehen. Auff dise Antwort kehren sie wider vmb in die Gassen S. Anthoine: vnd als sie wider zu L Escair kommen/ vnd der Laquey jm anzeigt was sein Vet- ter in der Gassen S. Martin gesagt habe/ stellet sich L Esclair als sey er gar vnwillig/ nim̃et einen guen Bruͤgel in die Hand/ gehet auff seinen Laqueyen zu/ vnd wil jetzo auff jn schlagen/ schiltet jn gewal- tig ( dz er fuͤr der Herꝛn/ der so lang muͤsse warten) kein gut Gelt gebracht habe: Der Laquey laufft mit deß Kauffmans Jungen wider in die Gassen S. Martin zu deß Esclairs Vetter/ in meinung/ in seines Herꝛn Namen demselbigen die 6. Pistolen noch einmal abzufordern: Deß Kauffmans Junge wiewol er sehr vnwillig war/ daß er in der Statt also solte hin vnd her lauffen/ merckte den Betrug noch nicht/ kund auch jm nicht einbilden/ daß jm ein solcher Strick/ darinnen er hernacher gefangen wurde/ solte geleget werden. B v Der Beutelschneider/ oder Der Laquey kommet also zum zweytenmal in die Gassen S. Marttin vnd als er zu dem Edelman kommet/ zeigt er jm an/ sein Herꝛ sey gar vnwillig daruͤber/ das er jm nit 6. anderegute Pistolen hette gegeben: Weil nun den vermeynten Edelman vnd wahrhafftigen Rauber duncket/ es sey nunmehr zeit das Spil vollends außzuspilen/ saget er mit lachende Mund zu deß Kauffmans Jungen/ er sol jm die 6. Pistolen vnd das ander Geld/ so er em- pfangen hette/ weissen/ auff dz er sehe/ was mangelt vnd nicht gut seye? Deß Kauffmans Jung zeucht das Geld herauß/ schuͤttet es auff den Tisch/ vnd so bald zeucht dieser Rauber das Geld mit einander zu sich/ sagt zu deß Esclairs Laqueyen: sein Herꝛ sey ein rechter Narꝛ/ daß er jhm das Geld abfordere/ da er jm doch mehr als hundert Cronen schuldig seye: Gehe hin zu deinem Herꝛn/ sagt er zu dem La- queyen/ vnd sage jhm/ daß ich das Geld/ daß er mir geschicket habe/ woͤlle zur Bezahlung einhaltẽ/ dañ er wisse wol/ was er mir schuldig seye/ vnd morgen woͤlle ich jme einen Richter schicken/ daß er mir dz vbrige auch vollend solle vnd muͤsse bezahlen. Der Laquey/ welcher der Bruͤderschafft Latein gar wol verstunde/ nimbt sich an/ als kom̃e jm das gar wunderlich vor/ dz der Edelman dz Geld gar woͤlle behalten: aber noch wunderbarlicher kam das fuͤr deß Kauffmans Jungen/ es finge jm an nichts gutes zu traumen/ er gedachte/ er wuͤrde vielleicht gar vmb sein Tuch kom̃en. Sie gehen mit einander auß der Gassen S Mirtin, vnd woͤllen wider in die vorige Herberg gehen: Aber als sie dahin kom̃en/ finden sie nichts mehr als das lehre ledige Nest/ der Diebs Historien/ das II. Buch. Vogel war schon auß geflohen: vnd kan man allhie wol sagen/ daß L’Esclair ein grosse Finsternuß hat gemacht/ vnd daß er so geschwind darvon gangen/ wie ein blitz/ der die wolckẽ spaltet vñ durchdringet. Wie nun deß Kauffmans Junge hieruͤber sey bestuͤrtzet worden/ dz koͤnnet jhr selber besser bey euch abnehmen/ als ich es euch kan beschreiben. Dann wann jhm schon Hoͤrner auff den Kopff/ wie dem Actæoni, oder Eselsohren/ wie dem Midæ, weren angewachsen/ so hette jhm der Kopff nit toͤller seyn koͤnnen: Er lieff in der Herberg auff vnd ab von ei- ner Kammer zu der andern/ er wolte entweder sein Tuch/ oder sein Geld: oder seinen Mañ haben: aber erkonde nichts anders habẽ als den Spruch jenes grossen Fuͤrsten/ welcher einem/ so entweder von jne Geld oder Vrlaub begere/ also antwortete: Du solt weder das eine noch daß andere haben. Eswar alle sein rennen/ lauffen vnd suchen vmbsonst: Dañ der ehrliche Vogel/ soll ich sagen/ von Adel/ hatte seiner zeit wol in achtung genom̃en/ war mit seinen guten Spannischen Tuch vnsichtbar worden/ vnd kunde kein Mensch wissen/ wohin er gangen were. Der Laquey aber/ der seine Sache so artig vnnd meisterlich/ als einer vnter der gantzen zunfft/ kunde verrichten/ redete jhm freundlich zu/ troͤstete jn vnd sprach er soll im geringsten nit fuͤr sein Geld sorgen: dann sein Herꝛ sey nit ein solcher Man/ der in beger- te vmb dz seinige zu bringen/ sage jm auch sein Herꝛ wuͤrde vnzweiffentlich den Abend widerumb in die Herberge kom̃en das machte nun das deß Kauff- mans Jung nit mehr so forchtsam war doch wolte er im Beutelschneider/ oder er jm das nicht außreden lassen/ daß es redlich sol- te zugangen seyn/ es dauchte jhn doch/ es muͤste ein Schelmenstuͤck darhinder stecken: Gehet darauff heim zu seinem Herꝛn klaget jhm/ wie es jm so uͤbel vnd wunderlich sey gegangen/ vnd wiewol dz schoͤ- ne Stuͤck Tuchs schon war vnsichtbar worden/ so will doch der Kauffman selber nicht hoffen/ daß der jenige/ der ein solches dapfferes heroisches Ansehen hatte/ auch so gewaltig kundte von allerley Sachen reden/ solte ein Rauber seyn. Deß Abends gehet der Kauffmann selber hin in die Gassen S. Anthoine/ da er dann hoffet entwe- der sein Tuch oder sein Geld zu finden/ aber was seinem Laden Jungen war widerfahren/ dz begeg- nete jhm auch/ vnd muste er selber bekennen/ daß es heutigs Tages nicht mehr rathsam ist/ daß man den jenigen/ welche man nicht kennet/ etwas ver- trauet/ dieweil man offtermals von den jenigen/ welche man lange Zeit recht hat gekennet/ vnd wel- che sich fuͤr die beste Freunde außgegeben haben/ uͤbel wird betrogẽ. Dises Bubenstuͤck hat L’Escla- ir vnd sein Mitgesell dreyen vnterschiedlichen Per- sonen bewiesen. Aber last euch doch die Zeit nicht verdriessen anzuhoͤren/ wie sie endlich erkandt vnd gefangen seyn worden. Es ist jederman wol bekandt/ wie so viel vnter- schiedliche Kauffleut/ vnd ein grosses maͤchtiges Volck võ allen Orten vnd Enden pflegen zu kom̃en auff den Jarmarckt zu S. Germain, dañ das ist der groͤste vnd vornembste Marck/ so in gantz Franck- reich wird gehalten. Nun truge es sich zu/ nach etli- Diebshistorien/ das II. Buch. etlichen Jahren/ daß nach dem L’Esclair vnd sein Mitgesell viel 1000 Bubenstuͤck in der Statt Pa- ris/ sonderlich aber auff der neuen Bruͤcken (welche ist der Albern Maͤußfall/ vnd ein Labyrinth/ da vil kluge sich verjrꝛen/ auch der Ort/ da die Beutel- schneider pflegen zusam̃en kom̃en) begangen hatten sie sich auch auff den Jarmarckt S. Germain bega- ben mit allem fleiß außzusehen/ welcher am meisten Geld/ vñ am wenigsten Klugheit vñ Verstand het- te: Vñ als sie auff dem Marck auff vñ ab spatziren/ ersehen sie einen Mahler von Antorff/ welcher ein rotes Gesicht/ vnd ein allmechtigen grossen Bauch hatte: schliessen auch so bald auß seinem roten kopff/ vñ grossen Bauch/ dz es in seinen Laden gut fuͤr sie seyn werde zu handeln/ vñ dz sie vnzweiffentlich bey jhm eine gute Kuͤrbe werden erdappen koͤnnen. L’Esclair als der hertzhaffste vnd vnverschaͤmb- teste gehet zu erst hinein/ nim̃et sich an/ als sey er ein Kauffman/ vñ sagt zum Mahler/ er sey ein Mahler von Thoulouse/ vñ wolte gern etlicher solcher schoͤ- ner Stuͤcke mit sich in sein Land fuͤhren/ wañ er sie jm nur vmb ein billichs wolte zukom̃en lassen. Der Mahler der an nichts anders gedencket/ als daß er gern sein Wahr wolte verkauffen/ damit er dz dicke Wambst vnd feisten Bauch noch lenger moͤchte erhalten/ saget: Er sey es gar wol zu friden/ vñ woͤl- le jm ein dutzet der allerbesten außerlesenesten stuͤck- lein zukom̃en lassen: L’Esclair gehet in dem Laden auff vnd ab/ besihet die schoͤne Kunststuͤcklein/ vnd stehet still in einer Ecken im Laden: Vnter dessen aber so kommet deß Esclairs Gesell auch in den La- den Beutelschneider/ oder den hinein gegangen/ gehet zum Mahler vnd bittet jn er sol jm doch ein schoͤnes Stuͤcklein zeigen/ dañ er moͤchte gern etwas von seinen Gemaͤhlen haben: Endlich sehen sie ein schoͤnes Taͤffelein in einer E- cken deß Ladens darauff Cleopatra gemahlet war: solches Taͤffelein wollen sie alle beyde haben/ vnnd hat doch keiner viel Lust vmbs Gelt zu kauffen: L’E- sclair sagt/ er hab zu erst darumb gemaꝛcket/ der an- der aber wil es auch mit gwalt haben. Endlich aber als deß Esclairs Gesell den Kauffman auff ein sey- ten zeucht/ vnd sich annimpt/ als wann er wz heim- lichs mit jm woͤlle reden/ gehet Esclair auch hinden hernach/ nimbt der Zeit in acht fehret dem Kauff- man vnvermerckter subtiler weise inn den Hosen- sack mit der Hand/ vnd erwischete ein Wischtuch/ darinn zwantzig Pistoleten waren/ welche der Ma- ler allweil hatte geloͤset auß dreyen Taͤffelein/ welche er einem Buͤrger so in der Gassen Dauphune wo- net/ verkauffet hatte: L’Esclair ist nun mit diesem Fang noch nicht zu frieden/ sondern wil widerkom- men/ vnd es noch weiter wagen: greifft dem Kauff- man noch ein mal in den Hosensack/ vnnd bekom- met einen Beutel/ darinnen auch viel Gelt ist: aber was geschicht? Es wil der Kauffman in seinen Ho- sensack greiffen/ vnnd das Wischtuch suchen/ sich darmit zu schneutzen/ vnnd erdappet zu allem Vn- gluͤck den Esclair die Hand inn seinem Hosensack/ welche er jhm helt/ vnnd fanget an vmb Huͤlff uͤber laut zu schreyen: Als nun Esclair sihet/ daß er eꝛdappet ist/ wincket er seinem Gesellen mit den Augen/ daß er bey jn ge- he/ vnd Diebs Historien/ das II, Buch. he/ vnd gibt jm heimlich vnter seinem Mantel mit der andern Hand das Wischtuch mit dem gestol- nen Gelt: dencket also bey sich/ wañ man nichts bey jhm finde/ so koͤnte man nichts mit jhm anfangen. Der ander aber sihet sich vmb/ wie er davon kom̃e/ gehet den Laden hinauß/ dringet durch das Volck hindurch/ kompt also durch das grosse zusammen- lauffen deß Volcks darvon: der Kauffmann aber/ der seinen Beutel verlohren hatte/ ergreifft den E- sclair beym Halß/ vnd sagt. Er hab sein Wischtuch vnd Pistoleten jm gestolen/ das Volck laufft zusam- men: Als die Leut sehen/ daß Esclair wie ein Buͤrger gekleidet daher gehet/ meynet ein jeder/ er sey ein fei- ner ehrlicher Mann/ als aber nun L’Esclair lang dafuͤr gebeten hatte/ er solte jn nit fuͤr ein Dieb anse- hen/ auch wuste/ daß der Diebstal schon hinweg war/ fangt er an so laut/ als der Mahler/ jmmer zu schreyen/ schweret jm ein Eyd/ er soll jn wider gut machen/ vnd einen Widerꝛuff thun/ oder wolle er nit leben: dann er habe kein Vrsach/ ja keinen grund daß er jhn fuͤr einen solchen Rauber ansehe. Hierauff ruffen etliche vnter dem Volck dem Mahler zu/ er soll gemach thun vnd inhalten/ mei- nen/ der Kauffman habe vnrecht: vnter dessen aber/ da man den Esclair besuchet/ vnd nichts bey jm fin- det/ thut Esclairs Gesell eins/ vnnd (damit man ja wissen moͤge/ wo das verlohrne Geld sey hinkom̃en) laufft auff alle Ecken deß Marckts vnnd schreyet auß: Wer ein Wischtuch vnd Gelt darinnen ver- lohren habe/ wann er nur koͤndte gewisse Muͤntze jhm geben/ vnd die Species so im Wischtuch weren eigent- Beutelschneider/ oder eigentlich neñen koͤndte/ der solte in der Statt in die Herberg zur Statt Clamor kommen/ solten nach dem Herꝛn de Bois fragen/ so solte jm sein verlohr- nes Gelt wider werden. Vnd als diese Außruffung geschehen/ kommet er an das Ort/ daß sie miteinan- der bestimmet hatten/ vnd da jhre gantze Diebs Ge- sellschafft pflegte zusammen zu kommen: Es war solche Herberg nit weit von der Herberg zur Statt Luxenburg. Diese Außruffung erschallet so bald auff dem gantzen Marck/ es wird von einem Laden zu dem andern geredet von dem verlohrnen Gelt: der Ma- ler erfaͤhret solches auch/ verlieret die Farb im An- gesicht/ wird jm angst vnd bang/ daß er den Esclair so hart hat zugesetzt: hoffet auff der andern seyten/ er werde in der Herberg zur Statt Clamar wider zu seinem Gelt kommen: entschuldiget sich wegen deß Argwohns vnd boͤsen Gedancken/ so er von Esclair gehabt hatte/ bittet er woͤll es jm verzeihen: dañ weil er jhm gleichwol die Hand in seinen Hosensack er- dappet hatte/ so hette er in solchen Noth nit anderst gedencken koͤnnen/ als dz er jm auch das Geld hette gestolen: Esclair, nach dem er sich hoͤchlich beschwe- ret uͤber den jm angelegten Schimpff/ auch sich er- klaͤret/ er woͤlle solchs nit vngerochẽ lassen/ ist gleich- wol sehr wol zu frieden/ dz er also kan darvon kom- men/ gehet darvon/ vnd suchet seinen Gesellen. In wehren dem Tumult aber begibt es sich/ dz ein Soldat auß der Koͤniglichẽ Wach (welcher wie jn beduͤnckete/ auch vor der Zeit von diesem Filau war betrogen vnd beraubet woꝛden) auch da ist auff dem Marck/ Diebshistorien/ das II. Buch Marck/ er sihet solchen Rauber/ sihet jm nach/ vnd gehet jm von einer Gassn zur andern nach/ lest auch dem Maler sagen/ an was fuͤr ein Ort er sey gegan- gen. Der Mahler schicket jemands so bald hin/ vnd lest inn der Herberg zur Statt Clamar nach dem Herꝛn de Bois fragen: Aber da war niem and zu finden/ dann diser Gesell war an einen andern Ort gegangen: Vnd hatte man niemal in solcher Her- berg etwas von dem Herꝛn de Bois gehoͤret: Weil nun der gedachte Soldat eine sonderliche Feind- schafft wider den Esclair hatte/ dieweil er jm vor der Zeit ein mal vmb den Abend an der Augustiner E- cken den Mantel abgenommen hatte/ nimbt er vnd der Kauffmann den Commissarium vnnd etliche Scherganten mit sich/ gehen in das Losament/ da der eine Gesell war hinein gegangen/ finden die bey- de ehrliche Kauffmaͤnner beyeinander/ welche so bald fest gemacht/ in das Gefaͤngnuß S. Germain de Pres geworffen/ vnd nach geschehener gnugsa- men Examinirung offentlich mit Ruthen außge- strichen/ vnd deß Lands verwiesen wurden. Das III. Capitel. Von dem Leben deß Maillard/ eines beruͤhm- ten Beutelschneideꝛs von seinen Diebischen Meisterstuͤcken/ deren er sich zu seinem rau- ben vnd stelen gebrauchete. W Er ein außbuͤndiger guter Rauber seyn vnd werden will/ der muß zuvor auch in der Bett- ler Zunfft seyn gewesen/ er muß wissen alle die List/ C Tuͤck Beutelschneider/ oder Tuͤck vnd Rencke der Boͤhmen/ er muß wol kennen die Mercelots, die Bleches, die Caignats, die Bri- baulins, die Biscarpens, vnd das andere heyllose schelmmaͤssige Lumpengefindlein/ welches in der gantzen Welt pfleget vmbher zu ziehen. Ein spitzfindiger Rauber verstehet die Beut- Sprache vnd kan auff dem Naͤglein daher sagen/ alles was in dem Dictionario de Maraudaille, o- der in dem grossen Bettler-Buch stehet: Er hat solche Art vnd Weisse zu reden/ welche nur allein vnter vnd von jhren Bundsgenossen vnd Bruͤ- dern gebrauchet werden: So hat man auch zu allen Zeiten gesehen vnd erfahren/ daß die jenige/ so in der Rauberey Meister seyn gewesen/ zuvor von Hauß zu Hauß vnd offentlich in den Kirchen gebettelt haben. Wir haben dessen ein solches klares Exempel an dem Maillard/ von welchem dieses Capitel handelt/ daß wer weit nach an- dern Exempeln wolte gehen/ nichts anders thete/ als wan er mit einer Fackel die helle Sonn wolte erleuchten. Dieser Rauber hat dz Bettler Handwerck sechs gantzer Jahr lang getrieben/ vnnd ist gewesen einer auß den heillosen Schelmen/ so jemals in Franck- reich sein gewesen. Er ware ein Hoffbettler/ folget dem Adel vnd dem Kriegswesen nach/ vnd befand sich bey solchem Handwerck so wol/ daß er es nicht hette wollen auffgeben/ wann man jhm der gantzen Welt Guͤter darvor angebotten bette: Deß Mor- gens beschmierrte er jm die Raß mit Ochsenblut/ stellete sich/ als hette er die schwere Kraͤncke/ setzete sich Diebs Historien/ das II, Buch. sich gemeiniglich nah bey das Loaure, oder vmb den Koͤniglichen Pallast zu Paris: thete als wann er vom Teuffel besessen were/ vnd liesse sich von vier Personen halten: Deß Abends verfuͤgete er sich in die Vorstatt Mont-maite (welches dann seine or- dentliche Herberg war/ vnd liesse sich wie ein grosser vornehmer Herꝛ stattlich vnd wol tractiren vñ spei- sen: bißweilen ließ er sich anblassen/ vnd alsdañ sahe er auß/ als wann er gantz wassersichtig were/ so wol kundte er sich darzu stellen vnd geberden: Bißweiln strecket er alle seine Glieder von sich/ als wañ Osse uͤber Pelion wolte zusam̃en legen/ oder als wann er von neuem wolte den Him̃el ersteigen vñ den Gott Jovem auß dem oͤbersten Him̃el herab stuͤrtzen/ vnd durch solche seine schelmichte kraͤnckliche Geberden stellen vnd verstellen/ bekam er ein mechtiges grosses Geld: Aber nach dem er nun ein lange Zeit das ed- le Handwerck getrieben hette/ nam er jhm vor ein ander Handwerck zu treiben/ dann es gehet doch ohne das also in der Welt zu/ dann ein Ding nicht lang Bestandt pfleget zu haben: Aber er machte es wie die jenigen/ von welchen der Poet saget: Cœlum non animum mutant, qui trans marce currunt: Das ist/ Ein Ganß fleugt uͤber Rhein/ ein Ganß daher wird fliegen/ Also gehet es allezeit/ wann die Narren thun außziehen: Dann auß einem Landbettler wurde er hernach zu einem Beutelschneider/ vnd offentlichen Land/ schelmen/ vnd begieng solche Bubenstuͤck/ C ij daß Beutelschneider/ oder daß wahr bleibet/ was wir zuvor gesagt haben: daß/ wer ein außbuͤndiger Rauber will seyn vnnd wer- den/ der muß zuvor inn der Bettlerzunfft seyn ge- wesen. Das allererste/ das er vornam/ war dieses: Daß er sich inn der Beutelschneider Gesellschafft liesse einschreiben/ vnd daß er jm sein Lehrbrieff liesse ma- chen bey den Bruͤdern der Samaritaine/ welche ge- meiniglich deß Nachts auff der newen Bruͤcken jren Rahtsaͤß halten: Als er nun inn diese loͤbliche Gesellschafft war auffgenommen/ da trachtete er darnach/ wie er sich beruͤhmbt moͤchte machen/ auff dz man jn nit vnter die geringste/ sondern vnter die vornembste vnd kluͤgste rechnete: spintisirte Tag vñ Nacht/ wie er doch die newe ankommende uͤber das Seyl wuͤrffe was thut er? Er gesellet sich zu zween/ welche man fuͤr die verschlageneste vnd spitzfindig- ste in der gantzen Gesellschafft hielte/ vnd gehet mit- denselbigen zu den Franciscaner Muͤnchen/ da er ein Geistlichen also uͤberꝛedet/ dz er jm auch zu sein Rauben/ wiewol vnwissend/ muß behuͤlfflich seyn. Herꝛ Vatter (sagt er zu jm) ich habe einen Bru- der/ welcher in wenigen Tagen wegen deß Abster- bens seines Eheweibs/ welches er mehr als sein ei- genes Leben liebte/ sich so sehr hat bekuͤmmert/ daß er gleichsam thut/ als wann er nit mehr recht bey sinnen sey: Bißweiln sagt er zu vnns/ er sehe jhren Geist/ hoͤre auch/ wie sie so jaͤmmerlich heule vnnd schreye: bin derhalben außtruͤcklich allhero zu euch kommen/ euch zu bitten/ daß jhr jhn doch widerumb woͤllet zu recht bꝛingen/ dann ich habe sonsten grosse Sorg/ Diebs Historien/ das II. Buch. Sorg/ es werde jhn der boͤse Feind/ der jhm schon tausenterley naͤrꝛische boͤse Gedancken einbildet/ gar besitzen/ vnd werde jhm der wenigen Vernunfft vnd Verstand so er noch uͤbrig hat/ berauben. Ich will jhn euch morgen hieher fuͤhren/ auff daß jhr jn deßwegen straffet/ vnnd zerstrewet die dicken Wol- cken/ welche jhm seinen Verstandt gantz vnnd gar verfinstern: Dann das sollet jhr wissen/ daß/ wann jhn das Narꝛenwesen ankommet/ so schreyet er so schrecklich/ daß wir meynen/ die Koͤpff sollen vnns darvon voneinander reissen: darff vnns bald Gelt abfordern/ thut als wann wir jhm sein Gelt gesto- len haben: Wir haben jn zwar etliche Sachen ein- gegeben/ in Hoffnung jhm solche Fantaseyen vnd Melancoley zu vertreiben: Aber es muß jhm seine Melancoley vnnd Verwirꝛung deß Haupts von etwas anders herkommen/ dann alle vnsere Muͤhe vnd Arbeit ist verlohren gewesen. Wir hoffen aber doch/ daß jhr jhn widerumb werdet auff einen gu- ten Weg bringen/ ja daß jhr vor vielen andern jhn widerumb werdet zu recht helffen koͤnnen. Ihr koͤnnet jhn in dem Namen GOttes hieher bringen (sagt zu jhm der gute Vatter) ich will all meine Kraͤffte vnd Verstand dran strecken/ damit ich jhn widerumb zu recht bringe: Das kommet her von einer Verenderung vnd Trunckenheit deß Hiꝛn welche durch grosse Schmertzen vnd uͤbermaͤssige Trawrigkeit ist verursachet worden. Auff diese Wort nimbt Maillard sein Abschied/ gehet mit froͤlichem Hertzen davon/ dz er sein Garn C iij so wol Beutelschneider/ oder so wol hat gespannet/ dz er auch one Hunde dz erste Rebhuͤnlein/ so jm wird begegnen/ kan fangen: Er verfuͤget sich widerumb zu seiner Gesellschafft/ zei- get jhnen an/ wie er daß Garn habe gestellet/ vnd so bald als morgen der Tag angebrochen/ nim̃et er zu sich einen seiner Gesellen/ welcher auch nit schlimm war gefallen/ lest denselbigen wie einen geistlichen Meßpfaffen kleiden/ gibt jm einen Rock vnd Man- tel (als wann er ein vornehmer gelehrter vnd wol- beredter Pater were) vnnd gehet mit demselbigen auff die Wechsel-bruͤcke/ wie man sie nennet/ kauf- fet bey einem Goldschmidt einen vberguͤldeten Kirchenbecher/ welcher hundert Cronen werth war: dann vber das Gold vnd Silber waren auch viel Edelegesteine daran/ welche jhn noch viel thew- rer machten. Der Goldschmidt dencket im geringsten nicht/ daß jhm da ein Fallstrick geleget solle oder koͤnne werden: dann er meynete/ deß Maillard Gesell/ welcher wie ein Priester gekleidet war/ were der je- nige/ der jhm den Becher hezahlen solte: Der Kauff wird geschlossen/ Maillard sagt zu dem Gold- schmidt/ er woͤlle jhm so viel zu gefallen thun/ vnd jhn in der Franciscaner Kloster tragen lassen: dan sie solten jhn nach Compiegne in jhr Convent vnd Kloster schicken. Der Kauffman oder Goldschmid meinet/ es sey al- les war was der boͤse Bub vorgabe: dann sie waren wol gekleidet/ vnd hatten ein solches seines Ansehẽ/ als wann sie rechtschaffene ehrliche Leute waren: nimmet auch schon seinen Mantel vñ wil mit jnen gehen Dibshistorien/ das II. Buch. gehen/ sein Geld im Kloster fur den Becher zu em- pfangen: aber als er jetzo wil mitgehen/ kommen zween vornehme ehrliche Maͤnner in seinen Laden gegangen/ vnd woͤllen jm etliche Demant vnd an- dere Ring vor ein Hochzeit/ so in viertzehen Tagen in der Gassen Quniquem poix solte gehalten wer- den/ abkauffen. Das hielte den Goldschmid ein wenig auff/ vnd verursachete hernacher/ daß er einen seines Volcks vnd Gesindes/ welcher bey zimlichem Alter war/ an seine flatt mit schickete/ befahl jhm auch/ er solte fuͤr solchen Kirchen Becher hundert Cronen em- pfangen/ vnd wol zusehen/ daß das Gold oder Geld/ so man jhm wuͤrde geben/ gut vnd gengbar seye. Dieser Kerles/ der nun mehrmals an dergleichen Ort vnd Ende mit geschicket worden/ dencket/ er woͤlle das wol außrichtẽ/ nimbt mit sicheinen Sack sampt seinem Kelch: Aber jhr werdet darnach hoͤ- ren/ daß er nichts als Wind bekommen/ vnd hat gar keines Refftraͤgers bedoͤrfft/ sein Geld heim zu tragen. Sie gehen mit einander stracks zu dem Francis- caner Kloster zu vngefehr deß Morgens vmb ze- hen Vhr/ vnd auff dem gantzen Wege halten sie so gut Gespraͤch mit einander/ dz auch der spitz findige Argus, der doch 100. Augen im Kopff soll gehabt haben/ jhren Betrug nicht hetten sehen oder mer- cken koͤnnen: Als sie nun vor die Klosterthuͤr kom- men/ stellet sich Maillard/ als sey er darinnen wol bekandt vnd wol daheim/ schellet an vnnd fraget nach Beutelschneider/ oder nach diesem Herꝛn Vatter/ welchen er mit Namen nennet: Der Thorhuͤter gibt jm zur antwort er sey mit einem vom Adel in der Kirchen: Mein Herꝛ (sagte hierauff der Rauber zum Goldtschmidt) lasset nur im Namen Gottes den Kelch allhier: der Thorhuͤter wird jhn vns wol verwahren biß daß wir jhn widerumb bey jhm abholen: Ich wolte gern auch einmahl in die Meß gehen. Der Goldt- schmidt ist dessen zu frieden/ vnd gibt seinen Kelch deß Maillards Gesellen/ welcher jhn dem Thor- huͤtter wol zuverwahren in die Hande gabe/ vnd sagte zu jhm doch etwas heimlich vnd also/ daß der Thorhuͤter an nichts boͤses kundte gedencken/ er wolte alsobald wider kommen/ den Kelch abholen vnd die Meß auch halten. Mein Gott/ Ist es muͤglich/ daß die vnver- schaͤmbkeit vnd der Betrug der Menschen soll so weit kom̃en daß sie daruͤber auch Gottes vnd sol- cher heyligen sachen darzu mißbrauchen? Gehey- ligte sachen mißbrauchen sie jhre Boßheit vñ Be- trug darmit zubekraͤfftigen vnd zuverdecken. Him- mel/ wo seyn deine donnerschlaͤg/ daß du sie diesen Schelmen nicht laͤst auff jhre Koͤpffe fallen? Ey daß doch die Lufft nicht hagelt/ vnd sie mit Hagel erschlegt vnd bedecket? Vnd wo zu nutzet die Er- den/ daß sie sich nicht so bald auffthut vnd in Ab- grund der hellen verschlingt einen solchen Bettler/ der sich in einen Priester verstellet vnd verkleydet/ damit er sein boͤses Vornehmen desto besser ver- maͤnteln vnd ins Werck setzen moͤge? Noch dan- noch duncket jhn/ er sey auß aller Gefahr/ weil er nur Diebs Historien das II. Buch. nur seinen kurtzen Diebsdegen vnnd seine Diebs- schern vnter einem Rock kan verbergen. Heist das nicht seiner selber vergessen? heist das nicht/ sich einbilden/ es sey kein Gott mehr im Him̃el/ der sol- ches Laster/ solchen betrug straffen werde/ der doch sonsten vns nach vnserm Verdienst straffet/ vnd vns vergilt nach dem wir gearbeitet haben. Aber ich bitte euch last vns doch ein wenig zu se- hen/ was dieser betruͤglicher Vorschlag vor ein en- de gewinnen werde? Nach dem Maillard den Kir- chenkelch von dem Thorhuͤter in der Franciscaner Kloster hat holen lassen/ fuͤhret er seinen Kerles/ verstehe den Goldschmid/ in die Kirche: (da er wu- ste dz dieser Herꝛ Vatter/ mit welchem er den vori- gen tag hatte geredet/ pflegte zu sitzen vnd Beicht anzuhoͤren. Als er jn aber im Beichtstul nit findet/ gehet er zu der Sacrifley/ da er dañ mit einem vom Adel ware vnd sich schickete/ die Messe zu halten. Maillard nimbt der zeit wol in acht/ laͤst sich mit dem vermeinten Priester/ vnd dem Goldt- schmidt sehen/ gehet zu dem Moͤnche vnd saget jm heimlich in ein Ohr/ dz / nemlich der Goldschmidt/ auff den er deutete/ sey sein Bruder/ vom welchem er jm den vorigen tag geredet hette: Darauff gehet der Geistliche (der im geringsten nicht dachte an einen solchen betrug/ welcher darhinder stacke vnd welcher durch die gegenwart des andern vermein- ten Priesters desto mehr in seiner ersten meinung gestaͤrcket wurde) zu dem Goldschmidt vnd saget zu jhm also: Mein Freund/ habt ein wenig gedult/ biß daß ich die Meß habe gehalten: Nach der Meß C v vnd Beutelschneider/ oder vnd Opffer will ich euch allen guten willen erzeigẽ Der Goldtschmidt/ so da meinet/ er wuͤrde so bald nach der Meß sein Gelt empfangen/ ist mit solcher Antwort gar wol zu frieden/ setzet sich ein weil ni- der im Chor da Maillard vnd der vermeinte Peie- ster auch stehen bleiben/ biß daß der Muͤnch opffern wolte: Vnnd weil sie diese gute gelegenheit jhnen nicht wolten entwischen lassen/ giengen sie zu dem Goldtschmidt vnnd sagten jhm heimlich inn ein Ohr/ sie wolten hingehn vnd ein fruͤhstuͤck in dem nechsten Wirtshauß/ welches sie jhm mit Namen nenneten vnd welches das vorne abste Wirtshauß in solcher gegend ist/ zubereiten lassen/ vnd dz sie sel- ber ein Pistolete zum fruͤstuͤck wolten zum besten geben: Der Goldtschmidt ist darmit abermals zu frieden/ richtet sie nach allem/ das sie jm sagen/ vnd will jm nit einfallen/ daß ein eintziger betrug in al- lem jren Reden/ noch in allem jrem vornehmen sol stecken/ bevorab dieweil der Franciscaner Muͤnch/ von welchem man gesagt hat/ er were ein vorsteher vnd Oberster zu Compiegne zu jm gesagt hatte/ er wolte jm allen willen eꝛzeigen: Vnd er uͤber deß wu- ste/ daß der Thorhuͤter den Kelch vnter seinen Haͤn- den hatte. Aber last euch die zeit nit lang werden: bald wird es im Hauß uͤber vnd uͤber hergehen: Dañ als Ma- illard vnnd sein Gesell sich allgemach auß der Kir- chen gemacht hatten/ gienge der jenige so wie ein Priester gekleydet war/ zu dem Thorhuͤter vnd for- derte ja name jm den Kelch ab/ welchen er jm zuvor in seine Haͤnde hatte begeben/ vorgewendt er woͤlle in ei- Diebshistorien/ das II. Buch. in eine Capellen gehen/ vnd allda eine Meß halten. Dann da pflegt man solche Personen zu finden/ welche nach der eygenen andacht der jenigen wel- che sie die Meß lassen lesen/ jhnen solche oͤrter er- wehlen/ welche jhnen selbsten wol gefallen. Der Thorhuͤter meynt/ der vermeynte Priester wolle nach solcher gewonheit auch an dergleichen Ort gehen vnd Meß halten/ gibt jhm/ was er begeh- ret: vnd so bald fangen Maillard vnnd sein Gesell an jhre Fuͤsse zu suchen vnd daruon zulauffen: Es wahre ein lunst jhnen zuzusehen/ wie sie die Gassen so dapffer mit der langen Meß ruth massen: Dann jhr moͤget mir das wol glauben/ dz sie das Zipper- len nit an den Fuͤssen hatten. Der gute Vatter der Moͤnche/ welcher võ den vor- begangenẽ Betrug gãtz vnd gar nichts wuͤste: nach dem er das Heylige Opffer verrichtet hatte/ bleibet er ein zeitlang in der Sarristen vnd thut sein Ge- bet: Vnd als er endlich den Goldtschmidt wide- rumb ersiehet/ ruffet er jhm zu sich: Der Goldt- schmidt recket die Ohren auff/ wie ein Haas/ vnd suchet schon seinen Sach/ daß er dz Geldt/ welches er vermeinete zu empfangen/ darinnenfasse/ vnd folget jhm nach auß der Kirchen biß in das Closter hinein: Da dann der Geistliche den Goldtschmidt auff ein seiten zeucht vnd fanget mit jm an also zu reden. Mein guter Freund (sagt er zu jhm ist es lang/ deß ewer Weib ist gestorben/ vnd daß jhr die- se Schwachheit an euch habt? Dann/ wann mann soll helffen/ muß mañ den Vrsprung vnd die rech- te Vrsach der Schwachheit wissen/ ehe mann die Mittel Beutelschneider/ oder Mittel darzu gebrauchet. Was fuͤr eine Fraw (sagt der Goldtschmidt) ich hab kein Weib/ ich bin noch ledig. Das ist die Vrsach nicht/ warumb ich hieher kommen vnd nunmehr so lang gewartet habe. Ich weiß wol/ daß jhr nicht verheurathet seyt (sagt der gute Vatter) dann/ wann das were/ so hett jhr ewers ersten Weibs bald vergessen/ vnnd lest sich auch nicht ansehen/ daß jhr euch so bald veꝛ- heurathen werdet/ weil jhr sie in jhrem Leben so lieb vnnd werth gehabt hat: Es ist aber doch gut daß man wisse die zeit/ da sie ist gestorben/ auff daß man ewrem betruͤbten zustandt desto eher vnd mehr huͤlff suchen moͤge. Mein Herꝛ sagt hierauff der Goldtschmidt/ ich glaube/ daß jhr mich gantz vor einen andern verse- het: Ich hab kein Weib/ ich bin nicht verheurathet/ ich bin hieher kommen das Gelt einzunemen/ wel- ches man mir schuldig ist. Mein Freund (sagt der Franciscaner Muͤnch) ich weiß gar wol/ daß jhr Gelt fordert: Gleichwol were es sehr gut/ daß man euch widerumb koͤndte zu recht bringen: Ist es lang/ daß jhr nicht seydt zur Beicht gewesen? weil jhr euch so uͤbel vnd bestuͤrtzet befindet? Habt jhr ewer Gewissen gereiniget von al- len den schweren suͤnden/ welche jhr moͤget began- gen haben? Dañ Gott der Herꝛ schickt vns manch- mals Creutz vnnd Truͤbsal vmb vnserer Suͤnden willen/ er strafft vns/ nach dem wir verdient haben/ ich bitte euch/ habt mir es nit vor vnqut/ daß ich so weit ewer sachen halben nachfrage: Dann/ was ich thut vnd frage/ dz thu ich euch zum besten vnd vmb euer selbsten wolfahrt willen. Mein Diebs Historien/ das II. Buch. Mein Herꝛ/ (sagt hierauff der Goldischmidt: er stand aber zuvor auff von dem Orth/ da er sasse) verzeyhet es mir/ wann mir die Wort entwischen: Es muß deren dingen eins seyn: Daß entweder der Herꝛ oder ich ein Narꝛ ist/ daß entweder einer oder der ander seines Verstands ist beraubet: Ich bedarff ewerer Narꝛenbossen gantz vnd gar nicht? Ich begehre die Hundert Cronen/ welche jhr mir schuldig seyt/ oder will meine Wahr wider haben: Dann ich muß die Leut auch bezahlen/ wie billich/ ich bedarff deß vmbschweiffens vnd deß Spottens gantz vnd gar nit. Allgemach/ guter Freund (sagt der Vatter/ o- der Franciscaner Muͤnch) Ich will euch auch zu- frieden stellen: Aber/ was ich euch sage/ das sage ich euch zum besten/ jhr sollet deßwegen nicht so zornig werden: Vnnd das ich euch mit zweyen Worten meines Hertzens meynung sage/ so were es sehr gut daß jhr eine gute Artzeney suchet fuͤr ewere Seele/ vnnd daß jhr darnach eweren Leib ein wenig liesset purgiren: Dann alle die wunderseltzame einfaͤll kommen daher/ daß ewer Hirn nicht recht beschaf- fen vnd gar zu trucken ist. Sihe da warlich/ das seyn mir stattliche streich/ sagt der Goldtschmidt. Ist das die Muͤntz/ darmit jhr mich bezahlen woͤllet: Ihr muͤsset mir entweder allhie so bald die hundert Cronen geben/ wie man dessen mit meinem Herꝛn ist einig worden/ oder muͤsset mir meinen Kirchenbecher wider geben: Es will sich gar uͤbel schicken/ daß nach dem jhr mei- nes Herꝛn Gut vnd Becher habt empfangen/ jhr mir Beutelschneider/ oder mir jetzunder mit solchem gespraͤch kommetauffge- zogen/ vnd woͤllet an statt baares Gelts mit blossen Worten vnd dergleichen Lamen bossen vnnd vnge- reimbten Gespraͤch bezahlen. Der Franciscaner Muͤnch sihet den Goldt- schmidt wol an vnnd als er auß allen seinen Wor- ten/ Gesicht vnd Geberden nicht kan sehen/ daß er im Kopff soll verirꝛet vnnd verwirꝛet seyn/ fanget er an zu gedencken/ ob nit ein Schalckheit vnd Be- trug darhinder stecke/ vnnd als er bedencket/ daß Maillard sich darvon gemacht hat/ will jm solches je laͤnger je mehr traumen: Von was fuͤr einem Kelch saget jhr mir/ spricht er zum Goldtschmidt? Habt jhr mir einen Kelch gegeben. Ich begere das Gelt (antwortet der Goldtschmidt) fuͤr den Kelch/ welchen jhr bey vnns habt abholen lassen durch zween ehrliche Maͤnner/ mit welchen jhr sel- ber vor der Meß habt geredet/ vnnd ist der Kauff vmb hundert Cronen geschehen: Wir haben den Kelch ewerem Throhuͤter in seine Haͤnde gegeben/ daß er jhn euch solle geben/ vnd hat man vns gesagt er sey vor den Herꝛn als vor den Obersten im Con- vent zu Compiegne. Vnd wann jhr mir nicht glauben woͤllet/ so redet deßwegen mit ewerem Thorhuͤter/ oder last mir die zween der fuͤr mich kommen/ die mich hieher gefuͤh- ret haben: sie sein nicht weit hiervon sie waꝛten mei- ner allernechst vnd woͤllen das Fruͤstuͤck bezahlen. Als nun der Franciscaner Muͤnch dieses Ge- p rech angehoͤret/ wundert er sich/ vnd fanget gantz anderst Diebs Historien/ das II. Buch. anderst/ als zuvor/ zu reden: es ist zwar war/ spricht er zu dem Goldtschmidt/ daß der jenige/ so mit euch vor einer halben Stund ist hieher kommen/ mit mir hat geredet: Aber er ist zuvor vnd zwar gestern bey mir gewesen vnd hat mir zuverstehen geben/ er habe einen Bruder/ der sey gar im Haupt verirꝛet/ hat auch gesagt: Ich thet ein werck der Barmher- tzigkeit/ wann jch jhn examinirte vnd sehe/ was jhm mangelte/ ob er vielleicht widerumb moͤchte zu recht gebracht werden: Er hat mir auch erzehlet/ daß das die vrsach sey/ dz sein Eheweib/ welches er sehr Lieb vnnd werth gehabt habe/ ser vor kurtzer Zeit gestor- ben: Es duͤncke jhn/ er sehe sie deß nachts vmb sich/ vnnd hoͤre sie reden: Derhalben (sagte er zu dem Goldtschmidt) bitte ich euch/ jhr woͤllet mir es ver- zeihen/ daß ich bißhero geglaubet habe/ jhr seyt eben der jenige von welchem er mir ein langes vnd brei- tes zuvor hatte geschwetzet Aber was den Kelch an- langet/ darvon jhr mir redet/ weiß ich im gerigsten nicht: Es kan seyn/ daß er mich fuͤr einen andern hat angesehen: Dann wann der Kelch vor den Convent de Compiegne soll gehoͤren/ so ist jr Hauß- Vatter jetzunder hie/ vnd kan wol seyn/ daß er sel- ber durch jemands seiner Fꝛeunde dasselb mag kauf- fen haben lassen: Lieber saget mir/ wo sein ewere Ge- sellen/ dann ich sehe daß das ding nicht recht zu ge- het/ es stecket ein Betrug darhinder/ dem sey auch wie jm woͤlle. Ich weiß/ wo sie sein (sagt der Goldtschmidt) aber/ weil der Haußvatter vnnd Oberste deß Con- vents Beutelschneider/ oder vents zu Compiegne hier ist/ so bitte euch vnb Got- tes willen/ sehet doch/ daß ich deßwegen mit jhm re- den moͤge. Auff diese wort fuͤhret der gute Franciscaner Moͤnche (welcher noch nicht durch diese Wolcke sehen vnd die Warheit finden kundte) den Goldt schmidt in die Kammer zu dem Obersten oder Haußvatter deß Convents von Compiegne/ wel- cher/ als er jhr begeren vernimmet/ jnen antwortet er wisse von den dingen/ die sie jhm erzehlen/ gantz vnd gar nicht/ habe auch keinen Menschen auff der Welt befohlen/ dz er inn seinet wegen einen Kir- chenkelche solle kauffen. Der Goldtschmidt bleibt nicht desto weniger auff seinen eylff Augen vnd betheueret/ daßder Kelch in keines andern als in seinem Namen ist gekauffet worden/ dringet derohalben auff solchen Moͤnch von Compiegne vnd will kurtzrund seine bezahlung von jhm haben/ dann er spricht/ er habe den Kelch seinet wegen dem Thorhuͤter in seine Haͤnde gelief- fert. Als nun der Haußvatter vnd Moͤnch von Com- piegne solche gespraͤche hoͤret/ spricht er jme freund- lich zue: Mein lieber freund/ es ist daran nichts ver- lohren: Es ist gewißlich wahr daß ich keinem Men- schen hab befohlen/ einen Kelch fuͤr mich zu kauf- fen: Aber weil ihr gleichwol saget/ jhr habet den Kelch dem Thorhuͤter in seine Haͤnde gelieffert/ so will ich jhn her kommen lassen/ auff daß er euch das euerige widerumb zustelle. Dessen ist der Goldt- schmidt zu frieden/ Wiewol es jhn auch hoͤchlich verdreust Diebs Historien/ das II. Buch. verdreust/ daß der Kauff solle zuruͤck gehen: Dann er vermeinete/ er wuͤrde den Tag schon mehr als 20. Cronen gewonnen haben. Man lest hierauff den Thorhuͤter kommen: der- selbige bekennet vnd bestehet zwar/ daß man jhm ei- nen Kelch zu verwahren habe gegeben: Aber es sey bald darauff der Priester so jhme den Kelch inn die Haͤnd habe gegeben/ widerumb zu jhm kommen vnd hab jhn jhm widerumb abgefordert vnnd ge- sagt/ Er muͤste an einen Ort gehen vnnd die Meß halten: Vnd ohne zweiffel werde man jhn inn der nechsten Capellen finden. Als nun der Goldtschmidt das hoͤret/ fanget jm die Naß an zu schweissen/ es will jhm bey der sachen angst werden vnnd fanget erst an den Betrug zu- mercken: Vnnd das hette auch ein Kind mercken koͤnnen: Dann in die Kirche gehen vnd seine Gesel- len alda suchen/ das war nichts anderst/ als muth- williger weiß die zeit verlieren/ dieweil er jhm selber leichtlich kundte einbilden/ daß er sie allda nit fin- den wuͤrde. Solte er dann hingehen in das Wirts- hauß darinnen sie jhn beschiden hatten/ das ware noch erger: Dann es fiele jhm schon selber ein/ daß er nichts mehr als das laͤere Nest wuͤrde finden: nichts desto weniger aber macht er sich vnnuͤtz uͤbeꝛ dem Thorhuͤter/ trohet jhm/ er solle jm die hundere Cronen wol bezahlen/ er woͤlle eine Rechtfertigung mit jhm anfangen: Der Thorhuͤter aber vertheydi- get sich vnd spricht/ er hab zwar den Kelch empfan- gen/ aber er habe jhn dem ienigen wider geben/ von deme er jhn zuvor empfangen hatte. D Vnd Beutelschneider/ oder Vnnd also nach dem sie auff beyden seiten viel Wort miteinander gewechselt hatten/ muste der Goldtschmidt alle Capellen inn der Franciscaner Kirchen durchlauffen/ gienge auch in das Wirts- hauß/ in welches Maillard vnd der vermeinte Prie- ster jn bescheiden hatte/ aber er kundte weder Hund oder Mensch antreffen. Vnd sehet also wuste Ma- illard sein Person zu spielen vnd den Kirchenkelch arglistiger weisse vnsichtbar zumachen. Auß dem allem aber/ was wir vmbstaͤndiglich erzehlet vnd angehoͤret/ haben wir diese Lection oder lehre zu behalten/ daß wir auff den eusserlichen Au- genschein nit gehen sollen/ vnd vns wol vorsehen/ daß wir jederman nicht leichtlich vertrawen. A- ber dieser streich hat Maillard noch sehr viel began- gen/ welche nit schlimmer/ sondern viel besser oder soll ich sagen/ erger sein gewesen. Ehe wir diese Hi- storien beschliessen/ so last vns derselbigen noch etli- che anhoͤren. Das IV. Capitel. Ferꝛnere Beschreibung deß Lebens vnnd der begangenen Bubenstuͤcken deß Maillard. A Ls Maillard auff ein Zeit bey dem Lo- vore oder Koͤnigliche Pallast zu Paris stun- de die voruͤber gehende auß zu kundschafften/ ersahe er einen vom Adel/ welcher vnversehener weise mit dem Wischtuch auß dem Hosensack sei- nen Beutel zoge vnd fallen liesse: Vnnd kundte ein jegli- Diebs Historien/ das II. Buch. jeglicher selber auß dem klang deß Beutels vrthei- len/ daß er voll Pistolen vnd Geldt vnd nicht von Wind ware/ wie deß Vlysses Gesellen vnnd etliche andere kahle hoͤffling jhre Beutel mit kleinen stei- nerlein/ vnd mit Nuͤssen fuͤllen/ vnnd nehmen sich hernacher an/ der Beutel mit dem Gelt sey so schwer/ daß sie jhn nit recht heben koͤnnen. So bald als nun Maillard das koͤstliche pfandt ersahe/ bekame er ein gewaltigen Appetit vnd lusten darzu/ Er wuͤnschete nichts mehr als daß er die vier Finger vnd den Daumen nur ein wenig drauff koͤndte legen. Was thut er aber? Er folget dem Edelmann nach bald auff der einen/ bald auff der andern sei- ten: Sein Hand strecket er zwar auß/ aber er darff sich noch nicht darmit inn deß Edelmanns Se- ckel wagen. Endlich aber/ als er lang auff vnd ab ware ge- gangen/ sihe da kommet einer seiner Spießgesellen daher gegangen. Zu dem gesellet er sich/ zeigt jhm/ was er ersehen/ vnd bereden sich/ wie sie den Seckel zu fischen die Sache kluͤglich vnd kuͤnstlich angreif- fen woͤllen. Als nun der Anschlag gemacht/ nehmen sie der Zeit wol inn acht: Vnnd als der vom Adel in der Mahler Galerey mit vielen Vornehmen vom A- del auff vnd ab spatzieret/ vnnd diese beyde Diebs- gesellen ein Meisterstuͤck jhrer Diebskunst mitten vnter so viel vornehmen Herꝛn/ so deß mals allda waren beweissen woͤllen/ thut deß Maillards Ge- sell/ welcher auff der andern seiten allein auff vnnd D ij ab spa- Beutelschneider/ oder ab spatzierte/ eins/ vnd gehet dem vom Adel entge- gen/ vnd als er nun an jhn kommet/ stellete er sich/ als habe er sich vn ersehener weisse an seine Spo- ren gestossen/ felt oben auff den vom Adel/ vnnd be- kuͤmmert sich wenig darumb/ ob jederman jhn vor einen groben vng schickten Doͤlpel werde halten o- der nicht: Dann es ware jhm vnd seinem Gesellen nur vmb deß Edelmans Seckel zu thun: Er felt a- ber so hart auff den vom Adel/ daß er auch mit zur Erden muß niderfallen. Als solches Maillard/ der gar nahe hinder jhm gienge/ sihet/ springt er vollends herbey/ hilfft mit der einen Hand dem vom Adel auff vnnd wischet mit der andren Hand mit solcher geschwindigkeit dem Edelman im Hosensack/ daß er so bald den Beutel erdappet vnd außfuͤhret. Der Jenige aber/ der das grobe Bawernstuͤck begangen vnnd den vom Adel vmbgestossen hatte/ will gleichwol nicht vor vnhoͤfflich angesehen seyn/ tritt zu dem vom Adel vnnd bittet jhn/ er wolle es jhm doch nicht vor vngut auffnehmen/ daß er jhn vmbgefallen/ dann in der Galerien sey er so hart ge- trucket worden/ daß er mit den Sporen in einan- der sey kommen/ vnd habe also uͤber jhn fallen muͤs- sen. Diese entschuldigung thaͤte er nun nicht auff gut Frantzoͤsisch/ sondern wie ein Teutscher/ der nie recht Frantoͤsisch wil/ kan reden/ oder wie ein En- gellaͤnder/ der Frantzoͤsisch reden/ vnnd kan es nicht recht: vnd deßwegen wurde es jm desto weniger fuͤr vngut auffgenommen vnd fiengen alle die jenige/ die es gesehen hatten/ an zu lachen: Aber endlich wird Diebs Historien/ das II. Buch. wird darauß werden ein Risus Sardonius wir das sprichwoꝛt lautet: Dann verliehren ist fuͤr Lachen gut/ das ist ein solches lachen/ daß einem die Augen daruͤber uͤbergehen Als nun dise beyde Beutelschneider jhr Mei- sterstuͤck bewiessen hatten/ wahren sie froͤlich vnd gutes muths/ vnd nahmen jhn vor in das Koͤnig- reich de Quoniambes vnnd die weit abgelegene Calecutische Provintzen zulauffen: Aber sie muͤs- sen endlich lernen erkennen/ daß war ist das spꝛich- wort: Qui trobembrasse, mal estreinct: Wer im auff einmal gar zuvil wil auffladn/ kan jm auch leichtlich selber den Hals brechẽ: Dan nach dem sie einen jungen albern Kerles/ der frisch ware ankom- men vnd der daß ansehen hatte/ das er ohne allen zweiffel viel Gelds bey sich hette/ in dem vndern Saal in dem Louore ersehen hatten folgeten sie im nach vnd bildẽ jnen ein der tag were von Gott ver- sehen/ daß sie etwas erhaschen muͤsten. Vnd dz ware auch die warheit: Es war freylich der tag von Gott versehen dan Maillard wurde den tag erhaschet vnnd erdappet. Als sie aber nun dem jungen Kerles mit fuͤssen vnnd augen nachfolgen gienge er oben auff in den Saal der Mahler/ alda allerley schoͤne vnd seltzame gemaͤhlte/ welche deß Menschen verstandt kan er finden/ zusehen vnd sich darinnen zu erlustiern. In dem aber sie beyde den Anschlag machten/ wie sie denn jungen frischen Kerles erdappen moͤchten/ wahre der von Adel/ dem sie zuvor den Beutel auß gefuͤret hatten/ in die Kirche zu D iij Sanct Beutelschneider/ oder Sanct Germain de Lauxerrois die Predigt an- zuhoͤren gegangen. Vnnd als er in der Kirchen wolte in Sack nach seinem Beutel greiffen vnd zween oder drey frembden eine Allmossen geben wolte/ fande er weder Geldt noch Beutel/ daruͤber er dann so be- stuͤrtzet als ein glockengiesser wuͤrde. Er spintisiret vnd bedencket sich lange zeit wo jhm doch der Beutel moͤge außgefuͤhret sein wor- den: Er bedencket sich/ wo er den gantzen Tage von fruͤh morgens an biß auff solche zeit seye gewe- sen/ vnd befindet endlich/ daß es jhm an keinem andern Orth koͤnne geschehen seyn/ als eben in der Galerien/ da einer jhn habe vmbgefallen vnd vmb- gestossen. Hierauff macht er sich auff seine Fuͤß/ gehet wi- der an den Ort/ in meynug entwedre den jenigen zu finden/ welcher jhn hatte vmbgefallen/ oder den andern welcher im widerumb hatte auffgeholffen/ oder sie alle beyde anzutreffen vnd jhnen nach den Koͤpffen zu greiffen Er hatte auch solche zween ge- sellen so wol in sein Gesicht gefasset daß als er in der Galerey so bald den Maillard antriffe/ nimmet er jhm vor/ er wolle so bald vber jhn fallen vnd jhn besuchen: Aber er helt doch ein/ weiß nicht/ wie er die sachen soll anstellen: Dann es gehet dieser Rauber so stattlich daher/ vñ hat ein solches Heroisches an- sehen/ daß mann hatte meynen sollen/ er were der vornembste vom Adel an dem gantzen Koͤniglichen Hoffe gewesen: Derohalben so getrawet der vom Adel jhm selber nicht/ daß er jhn deßwegen soll an- spren- Diebshistorien/ das II. Buch. sprengen: Dencket also/ wann der jenige solte ein Rauber sein/ vnd solte jhm sein Beutel gefischet haben/ so wuͤrde er sich nicht lang in der Galerey auff gehalten/ sondern so bald auß dem staub dar- von gemacht haben. Hergegen aber als er jhn so wol ansihet/ nim- met seine geberden vnnd manter wol in acht/ so duͤncket jhn doch/ er muͤsse jm sein Seckel mit dem Gelde gestolen haben. Deß Maillards Gesell/ welcher der erste den Edelman hatte sehen wideꝛ kommen/ merckete wol/ daß kein gute Lufft mehr fuͤr sie were/ allda laͤnger zu bleiben derhalben suchete er allgemach Gelegen- heit sich darvon zu machen/ gab auch dem andern ein Zeichen/ daß er solte sehen/ daß er durch das Volck darvon kaͤme/ sonsten wuͤrde jhm eim gros- ses Vngewitter vber den Halß kommen: Mall- lard/ welcher den Edelman noch nicht hatte wider gesehen/ meynet/ sein Gesell wincke im deßwegen/ daß es Zeit sey eben das Meisterstuͤck/ welches sie zuvor an dem Edelman bewiesen/ auch an dem jungen frisch ankommenden Herꝛn/ von dem wir zuvor geredet haben/ zu practiciren: Als er aber al- so auff vnd ab spatzieret/ vnd bedencket sich auff al- lerley Mittel vnnd Kunst/ wie er doch die Sach moͤge anstellen/ vnd dem gedachten jungen Herꝛn hinder den Beutel nisten/ da stoͤsset jhm der Edel- man/ den er zuvor beraubet hatte/ auff vnnd sihet jm in sein Angesicht hienein/ daruͤber dann Mail- lard also erschricket/ daß er gantz rot vnter dem An- gesicht wird: Es wird jhm so bang/ daß er nicht D iiij weiß Beutelschneider/ oder weiß/ wie er sich geberden/ oder wo er sein Angesicht soll hinwenden: In solcher Angst aber nimmet er den Beutel mit dem Geld/ welchen er dem Edel- man gestohlen hatte/ vnd in seinem Sack bey sich truͤge/ vnd knuͤpffet jhn (welches fuͤrwar ein wun- de: barliches Werck ist) mit Ehren zu melden/ an den natuͤlichen Beutel: dann er gedencket/ man werde ja den Beutel nimmer mehꝛ an solchem Ort suchen: vnd als er sich nu also geschicket hat/ suchet er Gelegenheit darvon zu kommen/ gehet der Gal- lerien vnd dem Saal hinauß vnd gar darvon. Der Edelman/ welcher gar wol gesehen hatte/ daß der Rauber/ als er seiner ansichtig worden/ die Farb verendert hatte/ wird darduꝛch in seiner mut- massung desto mehr gestaͤrcket/ vnd hele gaͤntzlich darvor/ er muͤss sich schuldig befinden/ vnd kein gut Gewissen haben/ dieweil er so bald/ als er seiner an- sichtig/ so roth vnter dem Angesicht war worden: Bittel derhalben ein Edelman/ so von seinen Freunden war/ er woͤlle jm nachfolgen/ vnd jm ei- nen Beystand leisten/ dann er bedoͤrffe jetzunder seiner gar wol. Dieser meynet nun/ es woͤlle sich der ander sein Freund mit einem balgen/ nimmet sich derohalben erstlich an/ er sey nicht allerdings wol auff: aber weil er sich so bald widerumb erinnert/ daß wann er jhm solch sein Begehren abschlage/ vnnd jhme nicht einen Beystand leiste/ werde er fuͤr einen zag- hafftigen Memmen außgeschryen vnd außge- lachet werden/ gehet er mit jhm: vnd sein Laquey/ welcher verstanden hatte das jenige/ was der ande- re jm Diebs Historien/ das II. Buch. re jhm gesagt hatte/ war aber der Meynung auch/ wie sein Herꝛ: machet darauff ein Geschrey/ daß sich zween mit einander balgen wuͤrden/ also/ daß/ als solches dem grossen Obervogt fuͤr Ohren kah- me/ er sich auffmachte/ solches jhr Seelengefaͤhr- liches Vornehmen vñ Balgen zu verhindern: aber der Streit/ den sie mit einander hatten/ war nicht groß/ dan jhr werdet hoͤren/ daß kein Blut darbey ist vergossen worden. Der Edelman/ welcher dem Lovure hinauß war gegangen/ seinem Mann nachzufolgen/ als er sihet/ daß er sich vnter dem vielen Volck/ welches von allen Enden vnd Ecken zulieffe/ wil verschlei- chen/ vnd verliebren/ folget im strack nach/ vnd als er nah bey S. Germain de Lauxerrois in de Kloster jhm gar auff den Halß kommet/ greiffet er zu sei- ner Wehr/ vnd redet jhn mit einer Kriegsmaͤn- nischen Hertzhafftigkeit also an: Hoͤre/ du Schelm/ der du bist: du must mir entweder den Beutel mit dem Geld/ welchen du mir hast genommen/ wider geben/ oder must allhier dein Leben verlieren/ dann ich kenne dich gar wol. Maillard/ der schon hatte angefangen zu fliehen wie ein Hund/ der den Schwantz zwischẽ den Bei- nen tregt/ vnd sich fuͤrchtet fuͤr den stoͤssen/ war sehr bestuͤrtzet/ da er von den Edelman also angesprenget wurde/ vnd hatte auch widerumb zur Wehr gegrif- fen/ wann er nit gesehen hette/ dz er schon von zween oder drey Edelleuten/ welche jhm auff den Ruͤcken nach folgetẽ/ gantz vmbꝛinget weꝛe: Er spꝛinget aber zween oder drey Schrit zu ruͤck/ vñ spricht also zum D v Edel- Beutelschneider/ oder Edelman: Mein Herꝛ/ sehet zu/ mit wem jhr redet/ jhr sehet mich fuͤr einen andern an: ich bin nicht der Gesellen einer/ daß ich soll den Leuten die Seckel abschneiden/ vnd außfuͤhren. Es ist verlornen Arbeit vnd Zeit/ sagt zu jm der Edelman/ daß du mir wilt dz Gegentheil einbilden: dann kein anderer als du allein/ hast die Hand in meinem Hosensack gehabt: derohalben/ so solt vnd mustu mir das gestohlene Geld widerumb geben: Auff diese Wort fanget Maillard an vnd setzet sich auff seine grosse Pferde/ macht sich so vnnuͤtz/ als der Gaͤst einer/ saget: Man soll recht zusehen/ mit wen man es zu thun habe: er sey kein Beutelschnei- der/ wie er jhn darvor ansehe/ sondern/ ein ehrlicher vom Adel: vnnd wann man jhm etwas zu fuͤgete/ daß sich nicht gebuͤhrete/ so wolte er es zu seiner zeit vnd an seinem Ort wissen zusuchen/ vnd zurechen: Deß Edelmans Gesell/ als er solche Wort von Maillard hoͤrete/ meynete selber/ es geschehe jm zu viel/ sagte zu dem Edelman: Er sehe jhn fuͤr einen andern an/ vnd hette dieser das Ansehen nicht/ daß er ein Dieb vnd Rauber seyn solte. Ihr wisset nicht was jhr saget/ antwortete jhm wider der Edelman/ ich weiß so gewiß/ als ich hie stehe/ daß dieser mein Seckel vnd Geld hat/ oder hat er es nicht/ so weiß er doch/ wo es ist/ vnd wo es ist hinkommen. Dann das Bubenstuͤck/ daß er mir in dem Louure vor einer halben Stunde hat bewiesen/ ist Zeugnuß gnugsam/ dessen/ daß ich sa- ge/ vnnd kan meinen auff jhn geworffenen Arg- wohn vnnd Muthmassung gnugsam bekraͤffti- gen. Als Diebs Historien/ das II, Buch. Als sie nun also miteinander disputiren: Der eine sagt Ja/ der ander Nein: der eine bethewret es/ der ander leugnet es/ laufft das Volck zusammen/ vnd ist bald jederman der Meynung/ dem Mail- lard geschehe vnrecht von dem Edelman: Weil man aber doch sahe/ wie er die Farbe im Angesicht verlohre vnnd verenderte/ gabe das vielen Vrsach zu glauben/ daß er deß Diebstahls schuldig seyn muͤste: gleichwol aber so bleibt er standhafftig/ leugt wie Bartholus: Er schweret/ wann er nur solchen jhm bewiesenen grossen Schimpff koͤnne rechnen/ wolte er es nicht vnterlassen/ vnnd wolte erfahren lassen die jenigen/ welche jhm also zusetzten/ daß er nicht weniger Hertz als Recht vnd Gemuͤths ge- nug habe/ solches vnbilliches vnnd schmaͤhliches Anfordern vnd Begehren an jhnen zu rechen. Der grosse Tumult vnd Geschrey/ welches im Kloster vorgienge/ wie auch das zusammen lauf- fen deß Volcks machte vnd verursachete/ daß der Gommissarius auch zu solchem Handel vnnd Ge- zaͤnck kam: Als er aber dahin kame/ vnd solchem Gezaͤnck ein wenig zuhoͤrete/ meynete er/ es were alles ein angestelltes Werck/ auff daß/ in dem daß sich die zween zancketen/ andere desto besser in sol- chem Tumuli/ Zusammenlauffung vnd druckung deß Volcks den Leuten die Beutel abschneiden koͤndten: Dann das ist ein Practick vnd Eygen- schafft der Diebe vnd Beutelschneider/ daß/ wann sie gern wollen einen Schnitt thun/ vnnd Beutel suchen/ so pflegen sie an einer Gaͤssen Ecken ein Ge- zaͤnck anzufangen/ stellen sich nicht anderst/ als wann Beutelschneider/ oder wann sie sich vntereinander gar fressen vnnd todt- schlagen woͤllen/ auff daß in dem Tumult vnd Zu- sammenlauffung deß Volcks/ welches gemeinig- lich darbey vorgehet/ sie desto besser jhr Diebsmes- ser gebrauchen/ den Leuten die Beutel abschneiden/ vnd die Einfeltige oder frisch ankommene desto bes- ser betriegen koͤnnen. Als aber der Commissarius sahe/ daß es Ernst war/ liesse er dem Maillard nach dem Kopff greif- fen/ vnd in sein Losament fuͤhren als sie dahin kom- men waren/ fragete er die Edelleut/ ob sie jhre An- klag wolten vnd getraweten zu verfechten/ vnd auß- zufuͤhren Vnd als jm so bald mit Ja/ Ja/ Ja/ dar- auff geantwortet wurde/ ließ er den Maillard al- lenthalben besuchen: Als man aber nichts bey jhm kunte finden/ weder in seinen Hosen/ noch in seinen Wameß/ fangt Maillard also an zu schreyen/ vnd sich zu beklagen: Ihr Herꝛn (sagt er zu dem Volck/ das an deß Commissarii Thuͤr war/ vnd zu denen/ welche mit in das Hauß hinein gangen waren:) ist das nit zu erbaꝛmen/ daß einer/ der gantz vnschuldig ist/ wie ich/ in der Warheit bin/ sol also tractirt vnd angesehen werden/ vnd solches zugefallen zwey Per- sonen/ welche meine Todfeinde seyn/ vnd einen son- derlichen Haß wider mich tragen: ja welche beyde Personen/ da sie als wackere vom Adel nit dz Hertz haben/ mich mit Wehr vnd Waffen anzugreiffen/ mich also vnversehener weise ansprengen/ vnd die Leute uͤberꝛeden woͤllen/ als habe ich jnen jre Beutel gestohlen (als wann ein Mann meines Stands vñ Herkommens solches Handwerck pflege zu treiben vnd Diebshistorien/ das II. Buch vnd jhr Herꝛ Commissart? Was warter jr weiter? warumb erlediget jhr mich nicht/ warumb helffet jr mir nicht/ daß mir weiter Schimpff nit zugefuͤget werde? habt jr mich nit gnug besuchet? ich sage euch das außtruͤcklich/ daß wann jhr mich laͤnger hie auffhaltet/ wil ich es mit euch zu thun haben/ ich will mich an euch rechen? Diese Wort deß Maillards bewegten so sehr den Commissarium vnd das Volck/ daß sie alle an- fiengen wider die beyde vom Adel zu schreyen/ daß es vor Gott vnd der Welt vnrecht were/ daß man mit dem ehrlichen Mann also verfahren/ vnd vmb- gehen solte: es war auch schon an dem/ daß man jn widerumb auff freyen Fuß wolte stellen. Der jenige aber/ welcher bestohlen war worden/ sagte außtruͤcklich/ er wolte es mit Recht mit jhm außfuͤhren/ es were auch einmal nicht anders/ son- dern gar gewiß/ daß er seinen Seckel hette/ vnd weil man ohne das das Spiel auff sein Gefahr ange- ben/ vnd Vnkosten so weit hette angefangen/ so sol- te mans vollends außfuͤhren/ jm die Kleider abzie- hen/ vnd gantz nackend besuchen. Dieser Vorschlag wolte bald keinem/ die darbey waren/ gefallen/ aber es kamen zu allem Gluͤck drey oder vier vom Adel darzu/ die den Edelman/ der den Zanck mit dem Rauber angefangen hatte/ gar wol kenneten: die Waren nit allein der Meynung/ son- dern/ sie trieben auch hefftig vnd Ernstlich darauff/ man solte jn gantz biß auff das Hembd außziehen/ vnd ferꝛners besuchen. Das geschicht so bald: man zeucht jhm die Klei- der Beutelschneider/ oder der biß auff das Hembd auß vnd als man nun dar- auff jhn wol besucht hatte/ vnd gleichwol nichts bey jhm finden kondte/ war dem Edelman so angst vnd bang/ daß er nicht wuste/ was er ferꝛners anfangen solte: Er hette gewoͤllet/ er hette das ding nimmer- mehr angefangen: dann er machte jhm die Rech- nung also bey sich selber: werde man den Streich zu Hof erfahren/ so werde jederman jhn verspotten/ vnd verlachen: Auff der andern Seyten dencket er das/ es werde die ansehliche Person/ so er gedachter massen angedastet habe/ solches in keinen Vergeß stellen/ sondern eine schwere Rechtfertigung mit jhm anfangen/ daß er jhm selber auff das Maul schlagen/ vnd dem angedasteten einen offentlichen Widerꝛuff thun muͤsse. Als nun der vom Adel/ so Maillard angespren- get hatte/ dieses alles bey sich inn der Eyl erweget/ wird jhm je laͤnger je baͤnger bey der Sachen. Der ander aber/ nemblich der Rauber Maillard/ der den Leuten wol auff jre Wort/ Gesicht vnnd Ge- berden achtung gabe/ als er das mercket/ trotzet er desto mehr auff seine vermeinte Vnschuld/ zeugt den Schimpff/ so man jhm angethan hatte/ hoch an/ vnd bittet den Herꝛn Commissarium/ er woͤlle jm recht schaffen/ vnd seine Vnschuld rechen vnnd veꝛtheidigen: welchen Trotz/ als jhn der Edelmann vom dem Dieb hoͤret/ sagt er also zu jm: Ich schwe- re vnd sage dir das/ daß weil ich so weit mit dir bin kommen/ so will ich auch ferꝛners fortfahren/ vnnd wil dir das Hembd gar von Leib abziehen lassen/ vnd so bald als er diese Wort gesagt/ felt er jhm an das Diebs Historien/ das II. Buch. das Hembd/ vnnd will es jhm abreissen: Vnnd als jhn beduͤncket/ er sehe etwas dickes vnd grosses vmb sein Gemaͤcht herumber/ strecket er warlich die Hand auß/ vnd greiffet darnach. Nun muß ewer einer allhie nicht fragen/ ob auch dem armen Maillard im hindern/ mit Ehren zu melden/ sey bang worden/ vnnd ob er auch den hin- deꝛn zugehalten habe: Dann ich wil euch dessen wol versichern/ daß auch nicht ein eintziger der jenigen/ welche dieses Capitel lesen werden/ jre Nasen hetten hinein bringen koͤnnen) vnd/ wann man die War- heit wil sagen/ so hatte er freylich vrsach zu zittern/ vnd sich zu foͤrchten: Dann der Edelman/ als er jm das Hembd nur ein wenig aufhube/ sahe er/ wie sein Geltbeutel an deß Lasterschelmen soll ich sagen/ Maillards natuͤrlichem Beutel war angebunden: Derhalben so fanget er an zu schreyen/ er habe das Thier beym Kopff erwischet: Er greifft jhn darauff beym Halß/ vnd schlegt jn nider zur Erden/ vnnd zeucht jhn auch mit dem Beutel so wunderbarlich/ daß ich mich verwundere/ daß er jhm nicht zugleich sein klein gezeuglein nicht mit hat herausser geris- sen Dann daß ich euch die Warheit sage/ so gieng er so erbaͤrmlich mit dem Maillard vmb/ daß ein Weib/ welche in deß Commissarit Saale vnd Be- hausung war/ ein Mitleyden mit jm hatte/ vnd stis- se dise Wort herausser/ sagend: Mein Herꝛ/ was ma- chet jr? Jr seyt vnrecht dran/ jr versehet vnd nemet einen Seckel fuͤr den andern: vnnd da jhr meynet/ jr wollet jhm den Geltbeutel nehmen/ werdet jr jm seinen natuͤrlichen Beutel außreissen. Durch Beutelschneider/ oder Durch die Wort aber deß Weibes/ die es fuͤr- war ernstlich meynete/ ließ der Edelman sich wenig bewegen/ sondern er schleppet jn/ wie ein offentlichs Opffer doch endlich muste er ein Messer nemen/ die Strick am Beutel abschneiden/ dann der Beutel war gar zu wol vnd hart angebunden: vnd muß ich mich abermal verwundern/ daß er inn solcher Eyl vnd Zorn nicht einen Beutel mit dem andern ab- geschnitten vnd außgegossen hat/ wz in den beyden Beuteln war. Dann er war so eifferig auff die bey- de zusammen kommene Beutel/ daß es nicht war außzusagen. Zu diesem newen Spectackel laufft das Volck je lenger je mehr zusammen: Maillard aber wird daruͤber so bestuͤrtzet/ daß er nicht weiß/ was er den- cken oder sagen soll: Er wartet auff nichts anderst/ als auff die Leyter/ daß man in oben auß zum Gal- gen fuͤhre. Vnd als er noch nicht recht ist ange- than/ stoͤsset man jhn vnter dem Volck hinauß/ da er dann ein grossen Vortheil vor allen andern Leu- ten bekam vnd hatte: dann da die andern selber mu- sten zu Fuß gehen/ schleppet vnd zoge man jhn wie ein altes stinckendes Aaß/ das man wil auff die Schindkaut fuͤhren: Ein jeglicher vnter dem gan- tzen Hauffen meynete/ er thet ein sonderlichs werck der Barmhertzigkeit/ wann er jhm etliche außbuͤn- dige wolgemessene Stoͤß zu gefallen gebe/ onderlich aber/ was den Edelman anlanget/ der ließ jm die Sach ernstlich angelegen seyn/ es verdroß in weder Zeit oder Muͤh auff jhn mit aller Macht zu schla- gen: Dann er war so eifferig uͤber Maillard/ daß er seinen Diebs Historien/ das II. Buch. seinen Degen herausser zoge/ vnd liß ihn mit sei- nem Degen die Großheit seines Adels sehen/ also daß ich wol mit warheit kan sagen: daß deß Bile- ams Eselinne nicht so sehr/ als Juncker Maillard ist geschlagen worden/ ja daß sein Lebenlang kein Refftraͤger de la Greve so viel Holtz auff seinem Leib/ als eben vnser Herꝛ Maillard/ har tragen muͤssen. Vnter dessen aber thut der Herꝛ Com- missarius eines/ vnd nach dem er genugsamen Be- richt eingenommen hatte examintret er den Mail- lard/ vnd wer da hette einen geaͤngstigten Men- schen sehen woͤllen/ der hette nur Maillard wol vn- ter den Augen ansehen moͤgen: dann er war so schamhafftig wie ein Fuchs/ oder Wolff/ der be- stricket vnd gefangen ist worden Man fuͤhꝛet Maillard mit grosser Magnisitentz vnd Herꝛligkeit auff deß Chastelet oder Diebsge- faͤngnuß: Es lauffen jm ein grosser hauffe Kinder nach: vnd als er uͤber die Wechselbruͤcken gienge/ ersahe jhn der Goldschmidt/ welchem er zuvor den Kirchenbecher hette gestohlen/ welches jhm dann ein neues Vngluͤck verursachete: Dann der Gold- schmidt vnd die beyde vom Adel giengen mit ein- ander zu dem Richter in peinlichen Sachen/ kla- gen jhn hart an/ vnd baten/ daß man wegen seiner schweren Verbrechen andern zu einem abscheuli- chen Exempel jm sein Recht thun wolte. Als aber solches die gantze ehꝛliche Gesellschafft der Beutelschneider erfahꝛen hatten/ daß Maillard solte gefangen ligen/ machten sie einen Schluß vn- tereinander/ sie wolten jhn widerumb ledig ma- E chen/ Beutelschneider/ oder chen/ vnd jhm auß dem Gefaͤngnuß helffen/ vnnd solte es auch kosten/ was es jmmer wolte/ damit sie ja auß jhrer Gesellschafft nicht ein solchen wackern vnnd vornehmen erfahrnen Soldaten verlieren moͤchten. Vnd daß ich euch kuͤrtzlich anzeige/ so be- muͤheten sie sich in wenig Tagen soviel/ daß sie ei- nen auß jhrer gantzen Gesellschafft wehleten/ jhn wie einen Bawersman bekleideten/ damit man jr Vornehmen desto weniger mercken koͤndte: Vnnd durch disen Bawersman liessen sie jm vnteꝛschied- liche Instrumenta vnd Werckgezeug geben/ daß er die Schlosse deß Gefaͤngnuß/ darinnen er gefangen gehalten wurde/ darmit auffmachte: Er arbeitete auch so fleissig/ daß nach dem er zween Tag damit zubracht/ vnd vnter dessen inn einem Packet Lein- tuch Strick vnd Kordeln hatte bekommen/ er die Schloß seines Gefaͤngnuß oͤffnete/ uͤber die Mau- ren sich herunter liesse/ vnd darvon kam den Abend zuvor/ da er deß morgens drauff solte en Greve sein Halß dran strecken. Damit man aber seiner vielleicht nicht vergesse/ liesse er die Kordeln/ mit welchen er sich hinab gelassen hatte/ am Gefaͤng- niß/ zum Gedenckzeichen vnd zur Bezahlung/ ja zu danck dessen/ daß man jhn an solchem Ort eine zeit- lang hatte verwahret. Als nun diese newe Zeitung von dem Außbre- chen deß Maillards seine Widerpart erfuhren/ wurden sie trawrig daruͤber/ sonderlichen aber der Goldtschmidt/ der da gehoffet hatte/ er wuͤrdt nicht allein seinen Kelch wider bekommen/ sondern es wuͤrde auch dieser vnverschaͤmbte Dieb ernstlich gestraffe Diebs Historien/ das II. Buch. gestraffet werden. Vnd wiewol man fleissig nach- fragte/ vnd den Maillard suchte/ kondte man doch nichts gewisses von jhm erfahren. Da nun Maillard auß der Maͤußfalle wider- vmb war kommen/ gieng er hin/ vnd besuchte seine Spießgesellen/ vnd von der Zeit an pflegte er nicht mehr deß Nachts außzugehen/ vnnd sich mit dem Mantel der Finsternuß zu bedecken. Damit er aber nicht zum zweyten mal erdappet wurde/ ließ er sich den Bart vnd Haar kurtz abschneiden/ also daß es vnmoͤglich war/ jhn auff solche weisse zuerkennen: dann er gienge gemeiniglich wie ein Einsiedler ge- kleidet/ vnd wann er solchen Einsiedlers Habit an- hattte/ murmelte er etliche Vatter vnser zwischen den Zaͤnen/ vnd schnitte vnter dessen den Bawers- leuten außbuͤndig die Beutel ab: Bißweilen stelle- te er sich/ als wann er gar naͤrꝛisch were/ setzete eine Narꝛenkappen auff/ stellete sich an einer Ecken ei- ner Gassen/ damit die Leut zusammen lieffen/ dessen Muster in der Figur zu sehen. Vnd wann dann die Leut seine kurtzweilige wunderseltzame Narꝛenbos- sen sahen/ lieffe das Volck an allen Orten vnd E- cken zu. Matres atque viri, pueri, Juvenesque senesque Et nati natorum, \&c. Das ist/ Weiber vnd Maͤnner/ Knaben/ Junge vnd Alten. Vnnd die geborne der gebornen theten sich bey jhm lang auffhalten. E ij Vnd Beutelschneider/ oder Vnd wann dann so ein grosse Weltvolck vmb Ma- illard herumb stunden/ vnnd seinen kurtzwilligen Narꝛenbossen zusahen/ so hatte er vnteꝛ dessen fuͤnff oder sechs Beutelschneider/ welche durchs Volck drangen/ vnd außbuͤndig stattlich mit dem kurtzen Degen sechteten/ vnnd bestohlen auff solche Weise viel Leut. Vnnd da laß ich einen jeglichen selbst bedencken: Wann nach dem Fest mancher seinen Beutel nicht mehr finden kundte/ wie er dann sol- chen Diebshistorien/ das II. Buch chen Narꝛen vnd Bossentreiber dem Teuffel habe gegeben/ aber sie musten gleichwol solches alles mit Gedult uͤberwinden/ eben so wol/ als die Weiber zu Fontaine bleau/ welche/ wann die Koͤnigliche Hof- haltung allda wird gehalten/ sich muͤssen von sich selber troͤsten. Hier aber wil ich nicht vergessen zu erzehlen den außbuͤndigen stattlichen Streich/ welche er à Mon- didier hat bewiesen/ zween Monat zuvor/ ehe er muste zum Galgen spatzieren: dann er war lustig/ ja gar feig. Etliche Zeit hernacher/ da er auß dem Gefaͤng- nuß war kommen/ wolte er ein wenig frische Lufft schoͤpffen vnd sich von Paris begeben: dann er hat- te Sorg/ wann er laͤnger zu Paris bliebe/ er moͤch- te vielleicht inn der That selber erfahren/ daß der Hanff eben so schaͤdlich ist/ als das Kraut genannt Napelus, von welchem man schreibet/ daß ein Mensch daꝛvon sterbe/ wann man es nur anruͤhre. Derhalben so machten sich jhrer fuͤnff gute Gesel- len miteinander auff/ vnnd da ist nicht außzuspre- chen/ wie schrecklich sie in dem Wald Senlis (wel- chen man den Zwibelwald nennet/ raubeten: dann alle die jenige/ welche auß Niderlandt/ von Cam- bray/ Antorff vnd von vielen andern oͤrtern kamen wurden in disem Wald jaͤmmerlich vmbgebracht/ vnd erschlagen: dann es ist garein dicker vnd finste- rer vnnd deßwegen gefaͤhrlicher Wald fuͤr die jeni- gen/ so in Picardien reisen woͤllen. Wie nun solche Gesellen hin vnnd her streiffen/ E iij damit Beutelschneider/ oder damit sie desto eher etwas antreffen vnd erhaschen moͤgen: Also gingen zween auß jhrer Gesellschafft den andern weit vor/ vnd verliessen jhre Fuͤhrer: Als sie aber durch Royes vnnd Mondidier, da dann ein sonderliches grosses Schiessen war ange- stellet/ zogen/ verhoffeten sie/ sie wolten allda et- was stattliches erdappen/ ehe sie widerumb zu jh- ren Gesellen kaͤmen: derohalben blieben sie allda bey solchem Schiessen Aber das Gluͤck wolte jhnen deßmals nicht wol: dann als sie einem Schießge- sellen von Amiens/ welcher zu solchem offentlichen Schieß-spiel auch war kommen/ vnd dahin man auß dem gantzen Koͤnigreich Franckreich zeucht/ ein Gabe durch Schiessen zu erlangen/ deßmahls seinen Mantel gestohlen hatten/ wurde jhnen so hart nachgesetzet/ daß sie endlich erdappet/ vnd uͤber zween Tage offentlich mit Ruthen auß gestrichen/ vnd mit der Lilien gezeichnet wurden. Vnd da muß man nicht fragen/ ob sie auch wol seyen gestrie- gelt worden: dann wiewol sie den Hencker fleissig baten/ er solte doch ein wenig subtil mit jhnen vmb- gehen/ wiewol sie auch alle Mittel vnnd Wege su- cheten/ damit die Streich nicht gar zu hart fallen moͤchten/ wurden sie doch wie ehrliche Kinder auß- buͤndig wol abgestriegelt/ vnd jagte der Hencker jhnen die fliegen so starck mit seinem fliegenwedel von jhren Rucken/ daß man das Mahlzeichen len- ger als zwen Monat kuͤndte sehen. Als sie aber nun gar ehrlich von einem Quartier zu dem andern/ võ einer Gassen zu der andern gefuͤhret vnd von einem grossen hauffen Kinder vnd Buben begleitet wur- den/ Diebs Historien/ das II. Buch. den welche jnen ins Angesicht hinein speyen/ vnd sie mit Dreck werffen/ namen sie jnen vor/ sie wol- ten sich an jnen rechen. Vnd als sie an der Pforten altem loͤblichem gebrauch nach/ jhre 5. Schilling empfangen hatten/ vnd wahren ewig von Mondi- dier verwiesen vnd verbannet/ begaben sie sich zu jren andern Gesellen in den Wald de Pont/ klag- ten denselbigen das grosse Vngluͤck/ so jhnen wi- derfahren ware/ wie sie gezeichnet worden/ auff daß man sie nicht verliehren moͤchte. Maillard/ welcher von Natur gar Rachgierig ware/ name jhm vor/ er wolte sich rechen/ wo nicht an der Obrigkeit/ doch auff das allerwenigste an dem Hencker. Gehet darauff mit seinen Gesellen auß/ vnd verkleydet sich/ wie ein Bauersmann: Nun muß man aber allhier das mercken/ daß die Marcktaͤge der Hencker pflegt etwas zunemen von allem dem jenigen Essenspeiß/ so auff dem Marck wird verkaufftt/ als Korn/ Erbessen/ Fruͤchte/ Kraͤuter/ Bieren/ Aepffel vnd dergleichen Fruͤchte vnd mehr den tag/ da er einen hinrichtet/ pfleget er doppele maß zunemen. Maillard gehet hin vnd kauffet jm etliche Saͤcke Korn/ setzet sich darmit auff den Marck/ wie die an- dere auch: befihlet vnder dessen seinen Gesellen/ sie sollen allen moͤglichen fleiß anwenden/ daß sie eim den Beutel abschneiden/ vnd so bald sie etwas erft- schet/ sollen sie es jme bringen: Maillards gesellen feyren hierauff nit/ sondern gehn hin vnd schneiden deß Leutenam̃ts (welcher ein Richter der peinlichẽ sachen ware) Weibe an dẽ ort/ welche/ jren speicher E iiij zu Beutelschneider/ oder zu fuͤllen wolte Korn kauffen den/ Beutel/ so an ei- ner silbernẽ ketten hienge/ ab/ so artig vñ gschwind/ daß sies nit kunde mercken: bringen auch so bald dẽ abgeschnitenen Beutel dem Maillard/ welcher auff dem Marck saß/ vnd sie wie ein Bawersmann so wol stellete/ dz wañ einer jm hete sehen sollen/ so hete ergemeinet/ ja geschworen er were der groͤbste Ba- wersmann in gantzem Santerre gewessen. Als er nun den abgeschnittenen Beutel empfan- gen hatte/ kame der Hencker zu jm vnd wolte dz sei- nige von jhm auch haben: Wz thut aber Maillard? Er nimmet sein maͤßlein/ fuͤllet es voll Kron verste- cker vnder dz Kron den gestolenen Beutel/ vnd gibt dem Hencker sein gebuͤr/ vnd mit solchem auch den Beutel: damit aber der Hencker den Beutel nicht koͤnne sehen/ haͤlt Maillard oben die Hand vber dem Maͤßsein/ thut als wann er es zu dem ende thue/ da- mit nichts von dem Korn auff die Erden falle. Der Hencker/ als er sein theil hat empfangen/ ge- het er seinen weg fort vnd k om̃et zu allem gluͤck gar nah zu deß Leutenamvs Weibe vnd da er will eim Bauersman einen stoß geben/ der jm sein gebuͤhr nit will bezahln stoͤßt er das gedachte Weib so haꝛt daß sie schir zur Erden wer gefallen: daruͤber dann Maillard/ der ein fleissiges Auge auff jhn hatte/ gar froͤlich wurde: Dann er gedachte wol/ der Boß wurde wol angehen/ vnd wuͤrde er sich also in kurtzẽ an dem Hencker rechen: Sagte derhalben zu den jenigen/ die nah bey jme auff dem Marck sassen: Sehet/ ich bitte euch vmb Gottes willen den Hen- cker an/ wie er die Frau trucket/ mich duͤcket/ er woͤlle jr gern den Beutel außfuͤhꝛen. Diebs Historien das II. Buch. Ein halbe stunde hernach/ als deß Leutenampts Weib einen Korb vol Bieren gekauffet hatte/ vnd denselbigen bezahlen wolte/ sihet sie/ daß jꝛ der Beu- tel mit dem Geld vnd mit der silbeꝛn Kettn ist auß- gefuͤhret: Sie sihet sich vmb/ wer vmb sie hero sey/ vnd sihet niemand mehr/ alß den Hencker/ dañ die andere hatten schon lang Fersengeld geben Nun hatte sie kein argwohn oder boͤse Gedancken auff den Hencker/ dann sie konte jr nicht einbilden wol- te es auch nicht glauben/ daß die jenige/ durch wel- cher Hand vnnd mittel die Vbelthaͤter gestraffet werden/ solten so boͤß vnd vnverschaͤmbt seyn/ vnd sich mit Diebsnaͤgeln krawen: Sie gehet derhal- ben auff dem gantzen Maꝛck auff vnd abe/ fraget ob niemands ein Beutel gesehen oder gefunden habe/ vnd gehet darauff an alle die ort vnd ende/ da sie zu vor ware gewesen. Vnder dessen aber sagt Mail- lard zu seinen Nachbarn/ er habe gesehen/ daß der Hencker Diebsschaͤrlein gehabt/ vnd der Frauen nach der silbern Ketten gegriffen habe. Daß geschrey bricht so bald auß auff dem Maꝛck es sagets eins dem andern biß so lang daß es deß Leutenampts Weib auch erfaͤhꝛet: Welche in jh- rem argwohn desto mehꝛ wird gestaͤrcker dieweil sie den Hencker vmb sich gesehen hatte: Sie lest hier- auff den Hencker greiffen vnd jn allenthalben besu- chen: Als man aber in seinen Kleideꝛn gantz nichts finden kunde/ wird jederman daruͤber bestuͤrtzet: Es ist aber allhie vnmoͤglich zuerzehlen/ wie der Hen- cker sich so schrecklich verschwure/ er hette den Beu- tel nicht: Es were jm solche boͤse that nie in seinen E v Sinn Beutelschneider/ oder in seinen Sinn kommen: Er were deß Diebstals/ dessen man jn bezuͤchtigte/ gantz vnschuldig: Dann er dachte nicht/ daß jm ein solcher Boß von dem Maillard solte gerissen vnd bewissen werden. Als man nun gar nichts bey dem Hencker in seinen Kleidern kan finden/ ist ein guter Gesell vn- der dem Volck/ der ruffet uͤberlaut/ man soll dem Hencker auch sein Sack besehen: Dann ohn allen zweiffel werde er den Beutel dahinein verborgen vnd verstecket haben: Dieser rath ware nun von jederman fuͤr gut angesehen/ sonderlich aber von der Frauen/ welcher der Beutel ware. Hierauff laͤhret man nun dem Hencker seinen Sack: vnnd da hettet jhr wol moͤgen sagen/ sein Sack were die Archen Noe gewesen: Dann da ka- me allerley ding auß dem Sack herausser: Getreyd/ Korn/ Habern/ Gersten Kraͤuter/ Aepffel/ Bieren vnd viel tausend andere sachen/ welche er vff dem gantzen Marck wie eine gemeine Schatzung auff- gehoben hatte: Aber jederman verwundert sich noch mehr/ da man auff dem boden seines Sacks den Beutel vnd die Silbern Ketten fande. Da gienge es nun an ein pfeiffen/ außlachen/ verfluchen deß Henckers/ jederman schalte jhn gar vbel: Vnd wiewol er Him̃el vnd Erden als Zeugen seiner vnschuld anrieffe: Wiewol er mit schreckli- chem vermaledeyen wolte bestaͤttigen/ sein gefuͤhr- tes vnstraͤffliches Leben/ wolte es doch nichts heif- fen: kein Mensch wolte jm glauben zustellen. Alle die jenige/ so jn ansahen/ schryen wider jn alß wider den groͤsten Dieb vnd Rauber auff Er- den/ Diebs Historien das II. Buch. den/ also das der gute arme Hencker nicht wuste/ was er mehr solte sagen/ wie er sich mehr solte ent- schuldigen. Maillard stunde beneben andern auch vnder den Volck/ stellete sich/ als were er ein Picard machte die wunder noch aͤrger vnd sagte: Es sey ein elend vnd zu erbarmen/ er halte daruor/ dz ende der Welt nahe sich herbey/ dieweil die Hunde/ so die Schaff vnnd Schaffsstaͤll selber sollen verwaren/ sich in grewliche Woͤlffe verwechseln ja dieweil die jenige/ welche mit jhrer Handt den Diebstall selber straf- fen/ selber zu Dieben werden: vnd hielte er daruor: das were am aller besten/ wann man dem Hen- cker mit der Maße maͤsse/ mit welcher er selber an- dern pflege zu messen/ ja wann es je mangeln solte/ wolte er selbst Geldt zu schießen/ daß man jhme einen strick an den Halß daruor kauffen moͤchte: Ja sagt er: Wann er es noch einen andern gethan het/ so gienge es auch noch etlicher masen hin: Aber daß er deß Leutenampts Weibe/ welcher Richter in peinlichen sachen seye den Beutel hab abgeschnit- ten/ das sey gar zu grob/ dañ da habe er seinen wi- dersacher selber zum Richter: daß war das gespꝛaͤch deß gemeinen Volcks von dem Hencker/ ja es ware da niemands/ der den Hencker nit uͤbel schalte/ vnd jm den Galgen an seinen Halß wuͤnschete. Man fuͤhꝛet den armen Hencker in deß gedachten Leuten- ampts Hause/ welcher/ als er deß Henckers grosse vnverschaͤmheit sihet/ spꝛicht er jm so bald das Vr- theil/ dz er an offentlichen strassen mit Ruhten auß gestrichen vnd mit der Lilienblumen an seinem ort soll Beutelschneider/ oder soll gezeichnet werden: vnd fuͤrwar/ es hette der Leu- tenampt den Hencker so bald gar auffhencken lassen wann er nit gewuͤst hette/ daß der Hencker hette von jm appelliren koͤnnen/ ja wann er nit gesorget hette wann der Hencker todt were/ so wuͤrde man an sei- nen platz nicht so bald einen andern bekommen koͤn- nen: Diese betrachtung vnd vrsach verhindert daß der Hencker nit gar an den galgen wuͤrd geschicket: Sprache derohalben der Leutenampt dem armen Hencker dieses vrtheil: Man solte jhm die Schul- tern wol butzen vnd verhindern/ dz jm die Spinnen keine spinweben auff dem Ruͤcken machten: aber dz war auch ein Vngluͤck/ daß man so bald auff deꝛ statt keinen andern Hencker kondte haben: Dann man hette entweder nach Compiegne/ oder nach Nayon nach einen Hencker muͤssen schicken/ weil kein andere naͤhere Statt war/ so dise wahr hatte. Als aber nun deß Leutenampts Stattknecht an der Thaͤr vnter einander redeten von deß Henckers vn verschaͤmten Diebsstuͤck/ vnd daß an niemands mehr mangelte/ als an einem starcken Kerlen/ der den Hencker wol koͤndte abstriegeln/ ware auch da deß Maillards gesellen einer/ welcher deßwegen von den andern gnugsam war vnterꝛichtet/ wie er sich in allem solte verhalten: derselbige gabe sich an vnd sagte: Er moͤchte eben so wol als ein anderer ein stuͤck Geles verdienen vnd wann man es jm erlau- ben wolte/ so wolte er den Hencker so wol als ein an- derer außstreichen/ ja daß jederman solte zufrieden seyn. Man helt jhn bey seinem Wort/ vnd zeucht den Hen- Diebs Historien/ das II. Buch. Hencker auß vnd da kan nun ein jeglicher selber ge- dencken wie der arme Hencker so jaͤmmerlich ist ab- gestriegelt worden. Jederman hatte ein sonderli- ches wolgefallen daran: Aber wegen der vnschuld meinte der Hencker/ es wuͤrde jm sein Hertz im Leib zerbrechen Dieser Filou fieng mit den Hencker die lange Gassen hinab zu dantzen/ vnd war da kein of- fentlicher platz/ da er nit ein grosse Ruth verstriche: dann je mehr der Hencker jn bate/ er solte jn nicht so vnbarmhertzig streichen/ je mehr strich er drauff: vñ also wurden deß Maillards gesellen/ welche von weitem disem Beeren dantze zu sahen/ gerochen an dem Hencker/ welcher sich auch redlich hatte bezah- let vnd wol abgestriegelt. Wie es aber vnmoͤglich ist den Zorn der Goͤttlichen gerechtigkeit zu entflie- hen/ wann wir vorsetzlicher weiß anfangen GOtt zuerzuͤrnen vnd wann wir vns einbilden/ wir seyn nur in der Welt/ dz wir Him̃el vnd Erden mit vn- sern Suͤnden erfuͤllen: Also wurde endlich Maillaꝛd nach tausent begangenen buben vnd Diebsstuͤcken gefangen von dem Blutrichter zu Seules/ dieweil er etliche Leut auff der Kutschen/ so nach Amiens ge- het/ in der gegend Claritemont hatte beraubet Dz Rad war sein letztes lehrstuͤck/ daß er in seinen Le- ben thate. Ich kan darvon reden/ als einer/ der es mit Augen hat gesehen. Ich bin mit etlichen an- dern/ da er hingerichtet ist worden/ gegenwertig ge- wesen/ vnd weil ich ohne das durch Seulis durch- gienge/ gienge ich auff das Rahthauß vnnd etliche stuͤck/ so er begangen/ auch was sonsten dieser Rau- ber begangen hatte/ vnnd vnter vielen andern lasse ich Beutelschneider/ oder ich auch dieses Bubenstuͤck/ welches ich euch alle- weil erzehlet habe. Das V. Capitel. Von dem Meisterstuͤck vnd wunderseltzamen Grieffen eines Diebs vnnd Raubers/ ge- nannt L Escluse. D Ie Nahmen der Menschen zeigen bißweilen zugleich an derselbigen Com- plexion/ Natur vnd Eygenschafft/ saget das alte sprichwort. Das hat sich nun sein leben- lang nit mehr war befunden als an den jenigẽ/ von welchem wir jetzunder reden wollen. Dann nach dem L Escluse ein wenig zu seinem Verstandt wa- re kommen/ er sahe/ wer er were vnd wer er sein solte/ hatte auch das schamhuͤtlein gantz vnnd gar abge- zogen/ begab er sich gar in das verdambliche Suͤn- den Leben: Er vergasse seiner gantz vnd gar/ damit ja nicht vergessen moͤchte werden alles das boͤse/ das in der Welt kan begangen werden: Hingehen vnd seiner Voreltern Graͤber durchsuchen zu finden/ wer er sey/ den Namen seines Vatterlands/ das war verlohrne Zeit vnd Arbeit/ das hiesse mit einem an- dern Icaro inn der Lufft schwimmen: Dann man hat sein lebenlang nichts von seinem Stand vnnd herkommen wissen koͤnnen/ so gar/ daß er selber nit wuͤste/ wo er her war. Welches dann eine solche muthmassung ist/ daß man wol darauß kan schli- sen/ daß er dem Romulo entweder in der absteigen- den oder seiten Linien ist verwandt gewesen. Dero- halben so woͤllen wir das vergebliche suchen auff seiten Dibshistorien/ das II. Buch. seiten setzen vnnd woͤllen sehen vnd anhoͤren etliche wunderseltzame streich/ welche dieser Bub hat be- gangen/ auff daß wir vns vor Gefahr desto besser fuͤrsehen moͤgen/ wann vns dergleichen solte begeg- nen. Erstlich aber ist allhie wol zu mercken/ daß er ein sondetliches vornehmes Ampt in der Diebs ge- sellschafft verwaltete/ nemblich daß er sich allent- halben gnugsam muͤste befragen hin vnd wider in der Statt Pariß/ wie es diesem oder jenem Burger gienge wie reich vnd vermoͤglich er were/ wo er wo- nete/ was sein Handthierung vnd Nahrung were/ was sein Hauß vor gelegenheit/ außgaͤng vnd ein- gaͤng hette/ was sie fuͤr Guͤter auff dem Feld hetten/ wer jre nechste freund vnd verwandten weren/ wie- viel derselbigen weren/ wie auch ein jeglicher inson- derheit mit Namen hiesse: Also daß durch dieses mittel er manchen bissen vnd trunck bekamt. Als er nun auff ein Zeit wol außgekundschaffet hatte/ daß ein ehrlicher vornehmer Buͤrger/ so in der Gassen S. Anthime wohnete/ einen Hoffman hatte zu Lovore en Parisis, gehet er an dasselbige ort zuerkennen/ den dritten vnd den vierdten/ das ist alles wol außzusehen vnnd die Leut lernen zu er- kennen: Er sihet auch alle gelegenheiten auß/ die sol- cher Hoff hatte/ erfaͤhret/ wie der Hoffmann vnnd alle seine Knecht hiessen. Vnd nach dem er dises Fundament geleget hat- te nach dem Exempel der Jaͤger/ welche deß Abends die Hoͤle bestechen vnd besehen/ welche sie deß mor- gens durchsuchen woͤllen: Kehret vnnd kommet er widerumb gen Paris/ zeigt seinen Gesellen an/ was er vnder Beutelschneider/ oder er vnder dessen außgespechtet vnd außgekundschaf- fet habt/ was er auch fuͤr ein Garn wolle stellen den Hasen darmit zufangen: Vnd als er gar wol wu- ste/ daß der Buͤrger zu Pariß zu Hauß ware/ verklei- det er sich wie ein Buͤrger vnd Bauꝛ nim̃t ein geis- sel in die Hand/ als wann er ein vornemer Fuhꝛmã were/ zeucht auch einen langen Fuhrmans Kittel an (wie ein Windmuͤhle) verfuͤget sich zu dem ge- dachten Buͤrger/ gruͤsset jhn/ vnd redet in also an: Mein Herꝛ ich wuͤntsche euch einen guten Tag. Ihr kennet mich zwar nit/ vnd bin doch in euerem dienste/ vnd ist nun acht Tage daß ich auff euerm Hofe de Lovore diene/ bey Martin le Clatr / aber/ Gott erbarme es/ es ist vns ein grosses vngluͤck wi- derfahꝛen. Der Buͤrger vnd seine Haußfraue wer- den daruͤber sehr bestuͤitzet/ fangen an zu zweiffeln vnd zugedencken: ob vielleicht der Hof sey abgebren- net/ oder aber der Hofman sey gestorben: Vnd was ist es dañ/ mein Freund/ sagt der Buͤrger zu jm/ halte mich nicht lang auff ich bitte dich darumb. Mein Herꝛ/ antwortete L Esclusc / jhr sollet wis- sen/ daß als euer Hofman vnd ich sein Knecht/ gen Pariß jetzund sein kem̃en vnd haben etliche Fruͤch- te herfuͤhꝛen woͤllen/ ist vns das vngluͤck wegen deß sehꝛ boͤsen wegs begegnet/ daß mein Herꝛ sich hat auff den Karn gesetzet: Aber als wir in die Fuͤrstat S. Martin kom̃en/ bricht vns ein Rad am Karn es fel: mein Herꝛ daruͤber von dem Karn heraber/ vnd hat jhm ein Bein gebrochen. Dieses vngluͤck hat mich nun gewaltig erschre- cket/ aber wie man auß der noht ein tugend muß machen/ Diebshistorien/ das II. Buch. machen; Also ist mir dises so bald eingefallen/ daß ich der Pferde eins genom̃en/ vnd habe jn zu dem Bailleul/ welcher nahe bey dem Ereutz du Titoir wohnet/ gefuͤhꝛet: Vnder dessen aber habe ich seinen Sohn Petern le Clair bey dem Karn gelassen/ der soll den Karn verwahren/ vnd allda zwey neue Raͤ- der machen lassen: Bin also hieher gekom̃en euch/ meines Herꝛn wegen zu bitten/ daß jhr jhn doch be- suchen woͤllet/ dann es stehet sehr uͤbel mit jhm. Als nun der Buͤrger dise betruͤbte newe Zeitung hoͤret/ stehet er auff vnd zeiget mit verenderung seine Far- be vnd Angesicht an/ daß jhm solch Vngluͤck hertz- lich leydt ist: Deßgleichen ist deß Buͤrgers Weib nit weniger daruͤber bekuͤmmert/ vnd wolte so bald mit jrem Ehemann hingehen den Hoffman zube- suchen/ aber L Escluse machte/ daß es nit geschahe: Vnd also gienge der Buͤrger mit dem Fuhrknecht/ wie sich dann L Escluse darvor außgabe. Als sie nun auff dem Weg sein/ reden diese beyde miteinander von den Aeckern vnd Guͤter zu Lovu- re er Parisis ob sie auch wol gebawet seyn/ wie vnd wo sie liegen vnd dergleichen: Da dann L Escluse dem Burger als dem Hofherꝛn solche antwort kan geben/ daß er der Burger es fuͤr ein grosses Laster hette gehalten/ nur allein zu zweiffeln an der Redt- lichkeit vnd auffrichtigkeit dieses vermeinten Fuhr- knechts. Als sie aber nah an die Gassen S. Martin kommen vnd durch die Jacobsgasse durchbrechen/ in die Gassen S. Honnore gehen woͤllen fengt LEs- cluse an vnd sagt also zu dem Buꝛger als dem Hof- herꝛn: Mein Herꝛ jr wisset doch selber wol/ wo Ba- F illeul Beutelschneider/ ode illeul wonet/ was mich anlanget/ so muß ich wider- umb zu meinem Pferde gehen vnnd sehen daß die Raͤder gemacht werden: Aber das ist der mangel/ daß ich kein Schilling habe/ den Wagner zubezah- len: Derhalben/ wann jhr Gelt bey euch hetet/ wolte ich euch freundlich gebeten haben/ jr woͤllet mir ein Cronen 3. oder 4. leyhen damit ich die Frucht inn die Kornhalle fuͤhren koͤnne. Dann sonsten/ wann ich komme/ wird der Marck schon gehalten sein: auß einem vngluͤck muß man nit zwey machen/ mein Herꝛ wird euch/ was jhr mir leyhen werdet/ so bald wider geben Der Burger beschwert sich im gering- sten nicht daruͤber: Er findet aber nicht mehr in sei- nem Seckel als 2. Pistolen/ dieselbige gibt er jhm/ vnd gebet seinen Weg fort/ vermeinte/ er werde sei- nen Hofman bey dem Wundartzt in grosser Lebeus gefahr antreffen: Dann er hette nimmermehr ge- meinet/ daß jhm solcher boß solte gerissen werden koͤnnen: Dieweil L Escuse allen bescheyd auff dem Hof wuste/ wuste auch die Aecker vnnd Guͤter mit namen/ oder wo sie lagen/ zu nennen: zeiget jm auch an/ wieviel fruͤchte er solches Jahr wuͤrde zuhoffen haben/ vnd vil andeꝛe dinge/ welche er zu Lovure hat- te außgekundtschaffet bey dem Hofman/ fuͤr dessen Fuhrknecht er sich außgabe. Sie scheiden also von einander: der Burger gehet hin zu dem Wundartzt Bailleul/ welcher dañ der jenige ist/ welcher die ge- brochene Bein außbuͤndig wol kan heylen: LEsclu- se aber wendet stumpff vmb/ gehet durch die Gassen S. Martin als woͤlle er wideꝛumb zu sein Wagen vñ Pferden gehen/ aber er gienge den kurtzesten weg: er war Diebs Historien/ das II. Buch. war noch nicht zufrieden/ dz er dem gedachtẽ Bur- ger 2. Pistolen durch sein luͤgenhafftiges vorgeben hatte auß dem Beutel gelocket/ sonder nimmet jm vor/ er woͤlle so bald auch so viel von deß Burgers Weib erhaschen: Er bekuͤmmert sich nit viel vmb seinen Wagen/ oder vmb die zerbrochene Raͤder: (dañ es waren auch keine da/ ja es war kein Mensch da:) bricht durch die erste Gassen durch/ setzet das uͤ- berige seiner hoffnung auff die geschwindigkeit sei- ner Fuͤsse: gehet in deß gedachten Buͤrgershauß/ da er dann die Fraw antraffe/ da sie sich noch anzo- ge/ thete/ als wann er sehr gelauffen hette/ daß er nit recht kundte athemen/ vnd sagt also zu jhr: Meine Fraw/ ewer Herꝛ hat mich hieher geschickt: er ist jetzt bey dem Balbierer/ der vns hat versprochen/ er woͤl- le meinen Herꝛn bald wider geheilet haben: Er bit- tet euch/ jhr woͤllet jhm ohn allen verzug 25. pfund Gelt schicken: mein Herꝛ wirds euch so bald bezah- len/ als er die Frucht/ welche ich jetzunder soll auff den Marck fuͤhren/ wird verkauffet haben. Diese gute Fraw/ welche nun gar alt ware/ vnd anfienge Kindisch zu werden/ beschweret sich noch weniger/ als jhr Ehemann/ gibet jhm so bald was er begeh- ret. Vnd als er das hatte hinweg genommen/ brau- chet er die Arglistigkeit welche er zuvor bey dem Buͤrger gebrauchet hatte: Bate die Fraw/ sie sol- te jhm doch noch zwo Pistolen geben/ daß er die ne- we Raͤder/ so er an den Karn hette machen lassen/ bezalen koͤndte: Vnd da er solches Geld der Fraw- en abforderte/ wuste er sich so trawrig zugeberden/ daß es kein wunder were gewesen/ wann auch F ij die Beutelschneider/ oder die allerklugsten durch jhn betrogen weren worden. Als er aber nun hatte/ was er begehrte/ gehet er auß deß Burgers Hauß zu seinen guten Zechgesel- len: Erzehlet jhnen das grosse Gluͤck dz er erschnap- pet habe: Fanget darauff an zu essen vnd trincken/ auff deß gedachten Buͤrgers kosten/ machen sich lu- stig vnd guter dinge/ vergessen nichts/ was zu jhrer froͤlichkeit mag dienen. Es ist zwar war/ daß es ein geringer Diebstal ist: Dann was seyn 25. pfund Gelts fuͤr eine solche ge- sellschafft? Gleichwol aber ist es soviel/ daß sie dar- mit uͤber das wasser fahren vñ ein kleines schmaͤuß- lein daꝛvoꝛ haben koͤnnen: So muß ich euch dz auch allhie eꝛzehlen/ daß/ als dem Escluse der Boß so wol ware zum zweyten mal angangen/ nahme er jhm vor/ er wolte es noch einmal wagen/ vnnd auff ein ander manier sein Person spielen/ wie er hernacher selber hat bekennet. Er name jhm vor/ er wolte deß nachts uͤber bey dem Buͤrger sein Herberg suchen/ damit er deß nachts auffstehn/ vnd seinen mitgesellen die Thuͤr im Hauß koͤndte auffthun: aber weil jn doch endlich selber dauchte/ er muͤste deß guten dings nit zuviel machen/ das hiesse auch sich selber mutwilliger wei- se in gefahr stuͤrtzen/ wendet er seinen Mutzen vmb vnd brauchet ein ander Meisterstuͤck/ wie ich euch alleweil hab erzehlet: welches dann ein solches Mei- sterstuͤck ist/ das man wol soll betꝛachten. Dann wie jr in nachfolgenden historien weiters werdet anhoͤ- ren/ hat er mehr als ein gantzes dutzet solcher streich vnterschiedlichen Personen/ welche er betrogen/ be- wiesen Diebs Historien/ das II. Buch. wiesen Aber lasset jhn mit seinen Spießgesellen noch ein Zeitlang gehen vnnd muthwillen treiben/ endlich werden jn die Waͤchter erdappen vnd wer- den jn mit der that selber lehren/ daß Gott der Herꝛ entweder bald oder langsam die Laster straffet/ vnd daß es vnmoͤglich ist der straff zu entgehen/ wann der Mensch sich den Suͤnden gantz vnd gar ergibt. Vnter dessen aber daß L Escluse also handelte/ war der Buͤrger bey dẽ Bailleul/ welchen er so bald/ als er seiner ansichtig wurde/ fragte/ ob man jn den tag nit einen Bawersman hette zugefuͤhret/ der ein bein hette gebrochen Der Balbierer antwortet im: Er habe im geringsten nichts darvon hoͤren sagen: Das kam nun dem Buͤrger gar frembd vnd wun- derlich vor/ vnd weil er den vermeinten Fuhrknecht gar fuͤr einen albeꝛen gesellen angesehen hatte/ dach- te er bey sich selber: vielleicht hat der albere Gesell ei- nen Balbierer fuͤr den andern genennet/ gleich wie manchmal die Apotecker nicht allein eines fuͤr das andere nennen/ sondern auch gar nehmen. Er hat dir vielleicht ein Hauß fuͤr das ander ge- nennet: Vnnd als er also bey sich gedencket/ gehet er zu allen Balbirern/ so inn der Gassen S. Honnore wohnen/ fraget sie auch/ wie den ersten: Aber da ist niemands/ der etwas darvon will wissen: Man weiß nicht/ was man darauß soll schliessen oder ge- dencken: Der Burger thut eins vnnd gehet zum zweiten mal zu dem ersten Balbierer/ welcher den Betrug mercket/ dieweil kurtz vor zween Tagen e- ben der streich wahre durch etliche Diebsgesellen practiciret worden: Saget derhalben zu dem Bur- F iij ger: Beutelschneider/ oder ger: Aber/ mein Herꝛ/ wisset jhr gewiß/ daß der jeni- ge/ den jhr suchet/ soll hierein sein gefuͤhret worden? koͤnnet jhr den jenigen wol/ der es euch der erste hat angezeiget? Ich kenne jn nicht/ antwortet der Burger/ al- lein das ist gewiß/ daß er bey meinem Hoffman die- net/ dann wie ich auß allen seinen worten kan ab- nemen/ so weiß vnd kennet er alle meine Acker vnd Guͤter: Dem sey wie jhm woͤlle/ sagt darauff der Balbierer Bailleut/ so sage ich euch/ daß vor zwen tagen ein Filou oder leichtfertiger Diebsgesell der- gleichen Bossen einem ehrlichen Mann/ so auff der Wechselbruͤcken wohnet/ hat bewiesen: Vnnd das der jenige/ so euch solches angezeiget/ muͤsse ein dieb vnd rauber sein/ vnd das kan man daher abnemen/ daß er euch mitten auff dem Weg hat verlassen: Vnnd ist er ohne zweiffel inn ewer Hauß zu ewer Haußfrawen gangen/ vnnd hat ewrenthalben jhr auch noch Gelt darzu abgefordert: glaubet mir das zu gefallen/ ja so gewiß als wann jhr es schon mit ewern Augen hettet gesehen. Als nun der Buͤr- ger solches alles hoͤret von dem Balbierer/ wie vor zween Tagen dergleichen auch soll vorgangen seyn/ fanget er an zweiffelhafftig zu werden/ hoͤret zu/ was der Balbierer sagt/ vnd gleichwol deuchte jhn/ der vermeinte Fuhrknecht L Escluse were so einfel- tig gewesen/ daß er noch nit allerdings wolte glau- ben/ daß ein Betrug solte darhinder stecken. Endlich aber gehet er widerumb nach Hauß: vnnd fanget jhm auff dem Weg der Schweiß an außzubrechen/ es wird jhm angst vnd bang: Bald duncket Dibshistorien/ das II. Buch. duncket jhn L Escluse sey ein Rauber: Bald aber er sey seines Hofmans Fuhrknecht/ vnd daß er viel- leicht deß Balbierers Ramen/ bey welchem sein Herꝛ sey/ nicht habe behalten koͤnnen Einmal mey- nete er dieses/ wie gesagt/ bald ist er einer andern Meynung: Dann die Wort/ die man ihm gesagt hatte/ uͤberꝛedeten jhn eines andern/ vnnd mach- ten/ daß er gantz anderst glaubete/ vnnd jhm einbil- dete: doch verdroß es ihn mehr vmb deß Hons vnd Spottes/ so jhm daruͤber war begegnet/ als wegen deß Geldes/ welches er verlohren hatte/ dann die Summa war gering: Ja wegen deß Spottes/ so jhm noch seine Nachbaurn anthun wuͤrden/ wann sie solches recht erfahren solten: dann er kondte jhm leichtlich die Rechnung selber machen/ man wuͤrde in der Gassen/ die mit Spottvoͤgeln zimlich wol be- setzet war/ allenthalben sehr viel darvon sagen. Als er aber nun vollends heimkame/ erfuhre er/ wie die Sach an jhm selber beschaffen war: Sein Weib kommet jhm entgegen/ will wissen/ wie es mit jrem Hofman stehe. Nun wolan/ sagt sie/ Herꝛ wie stehet es mit vnserm Hofman? ist es gefehrlich mit jhm? Der Schaden ist er groß? Der Buͤrger/ welcher es anfangs wolte verhelen/ antwortet jhr nicht auff jhre Frag/ sondern fraget seine Hauß- fraw/ ob deß Hofmans Knecht nicht wider da sey gewesen/ seyt der Zeit/ da er sey außgewesen. Es ist noch kein viertheil Stunde/ sagte sie herauff/ daß er ist hinweg gangen: ich hab jhm das Gelt geben/ das er von mir hat begehret/ wie jhr jhm selber habt be- F iiij fohlen. Beutelschneider/ oder fohlen. Als das der Buͤrger hoͤret/ verendert er die Farb im Angesicht/ dañ er sahe wol/ daß er schaͤnd- lich war betrogen worden. Was fuͤr Geld habt jr jm dann geben/ sagt der Buͤrger zu seinem Weibe? Er hat/ sagte sie/ von mir begehret 25. Pfund Geld dem Wundartzt fuͤr das erste Gebaͤnde zu geben/ deßgleichen fuͤnffzehen Pfund/ daß er neue Raͤder an seinen Karn machen koͤnne lassen/ warumb fra- get jhr mich das? dann jhꝛ habt jm ja selber befoh- len/ er soll hieher geben/ vnd so viel Geld bey mir ab- fordern? Setzet jhr einen Zweiffel oder Argwohn in vnsern Hoffman vmb zwantzig Cronen willen/ sihe da warlich/ er ist wol mehr schuldig gewesen/ vnd hat vns allzeit redlich vnd ehrlich bezahlet. Der Buͤrger/ welcher wol sahe/ daß er betrogen war/ buckete die Schultern/ vnd muste wider seines Hertzen willen gedultig seyn: Lieber Schatz/ sagt er zu seinem Weibe/ Gott woͤlle vns vor groͤsserem Schaden behuͤten: aber der jenige/ der als ein Fuhꝛ- knecht ist bey vns gewesen/ ist ein Dieb vnd Rau- ber/ dann ich habe jhn gantz vnd gar nit hergeschi- cket: Er hat sich artiger vnd betrieglicher weise von mir gemacht/ vnd habe ich weder den Hoffman/ noch seine Kinder/ noch jemands von den seinigen angetroffen: es hat vns dieser boͤse Bub den Bossen gerissen/ daß er vnser Geld hat erhaschet. Aber wir muͤssen noch Gott dancken/ daß er nicht mehr hat begehꝛet/ dann ich sehe wol/ hette er mehr gefordert/ so hette er mehr darvon hinweg gebracht. Deß Burgers Weib kan sich uͤber diesen Be- trug nicht genugsam verwundern vnnd wiewol jhr Diebs Historien/ das II. Buch. jhr Ehemann jhr das fuͤr gewiß anzeigete/ kundte sie es doch noch nicht allerdings glauben/ daß der ehrliche Fuhrknecht solte ein solcher Schelm vnd Dieb seyn. Derohalben/ damit sie beyde der Sa- chen gewissen Grund moͤchten haben/ schicken sie bald jhren Laqueyen vnd Diener hin gen Louure zu dem Hoffmann/ zu hoͤren vnd zu erfahren/ ob er ein Bein gebrochen habe/ oder ob das ein angestel- te Sache sey: ob jhnen das nur zum Bossen sey ge- schehen: Aber diese Reise gereichete jhnen allen beyden zum Schimpff: dann der Laqueye findet den Hofmann in guter Gesundheit/ es war auch dem Hofmann noch nicht im Traume fuͤrkom- men/ daß er zu der Zeit begerete Frucht gen Pariß zu fuͤhren/ vnd allda zuverkauffen/ hatte auch in langer Zeit keinen frischen Fuhrknecht gedinget: welches dañ den Burger verursachete/ daß er hin- fuͤro besser auff seine Sachen achtung gabe: aber er ist doch nicht allein gewesen/ der also ist mitge- nommen worden: dann einen gantzen Monat lang hoͤrete man nichts anders/ als von solchen diebischen Betriegern reden. Vnd daß ich es kurtz mache/ will ich euch noch einen dergleichen argli- stigen Streich erzehlen/ welchen L’Escluse einem Weinhaͤndler hat bewiesen. Ihr habt den Eingang dieser Historien angehoͤ- ret/ daß in wehrender Zeit/ da die Diebsgesellen so viel Betrug erdacht haben/ den Leuten das jhrige abzurauben (dann sie verendern jhre Streich vnd Bossen/ alle Monat/ gleich wie der Mond sein An- gesicht verwandelt) solche Gesellen allenthalben F v gute Beutelschneider/ oder gute Correspondentz mit einander haben gehalten: vnd war in Paris kein Ort/ dessen Gelegenheit sie nicht wusten/ wie es darinnen beschaffen war. Als nun L’Escluse wol wuste/ daß ein vorneh- mer Weinhaͤndler/ welche wohnete in der Gegend S. Eustache/ gute Correspondentz vnnd Kund- schafft in Burgund in der Statt Auxerre hattte/ vnnd daß man jhm eine grosse menge Weins in kurtzer Zeit solte schicken/ kleidet er sich wie ein Schiffmann/ gehet hin zu dem gedachten Kauff- mann/ welchen ich L’Espine wil nennen vnnd re- det jhn also an: Mein Herꝛ/ es ist drauß am Was- ser ein Schiff voll Wein/ welches euch von Herꝛn Laulean/ Kauffmann zu Auxerre wird zugeschi- cket: jhr koͤnnet eins thun vnd an das Wasser kom- men/ vnd den Wein empfangen/ wann es euch be- liebet/ die Brieff/ so an euch gehoͤren/ hab ich draus- sen im Schiff gelassen/ vnnd mit hero zu nehmen/ vergessen: jhr koͤnnet die Brieff lesen/ vnd selber se- hen/ was er euch schreibet/ dann er meynete nicht/ dz er euch den Wein so bald wuͤrde schicken koͤñen. Ich meynete auch nicht/ daß er es so bald solte abladen antwortete hierauff L Espine / Aber weil es nunmehꝛ gluͤcklich ist ankommen/ muß man die Anordnung thun/ daß der Wein eingekellert wer- de: Vnd also bald laͤst er alle die alte Weinfasse/ so noch in seinem Keller waren/ hinweg thun/ Platz zu machen fuͤr den Wein/ der so bald solte heimge- fuͤhret/ vnd eingekellert werden: liesse auch das Fruͤhstuͤck fuͤr jhn vnd den Schiffman zu bereitẽ. L’Esclu- Diebs Historien das II. Buch. L Escluse ist wolgemuth/ daß jhm der Bossen so wol angehet/ fangt an mit seinen Backenzehnen zu mahlen/ vnd auff den vermeintlich ankom̃enen Wein dapffer zu trincken: Vnter Essens aber er- zehlet er dem Herꝛn Espine, wie es jhm so uͤbel sey gangen/ wie grosse Gefahr sie außgestanden haben auff dem Wasser Seine: Es sey sein Schiff auff den Sand kommen/ vnd haben grosse Muͤh vnd Arbeit gehabt/ das Schiff widerumb darvon zu bringen: Er weiß auch seine Gespraͤch mit solchen artigen Meisterstuͤcken zu vermischen/ vnd zu spi- cken/ daß es vnmoͤglich ist/ daß L Espine jm nicht soͤlle Glauben zustellen: Vnd als sie nun wol vnd gnugsam gefruͤstuͤcket hatten/ gehen sie zu dem Haffen S. Paul/ da dann nach deß Escluse Auß- sag das Schiff mit dem Wein seyn solte. L Espine nimmet etliches Geld bey sich/ auff daß er die Vnkosten/ so auff den Wein hin vnd wi- der lauffen wuͤrden/ so bald bezahlen koͤnne: vnd hat schon Sorg/ er werde nicht Fuhꝛleut gnug bekom- men koͤnnen/ daß sein Wein heimgefuͤhret werde: Aber er wird sehr bald das Gegenspiel befinden: Dann als sie nun alle beyde gar nah kommen à la Greve, nim̃et sich L Escluse an/ er habe vergessen mit zunemen sein Wambß/ welches er allernechst an einem Ort habe gekaufft: sagt zu dem Herꝛn de L Espine / er solle nur in dem Namen Gottes also fort gehen zu dem Hof S Paul/ dann er woͤlle doch eben so bald/ als er/ auch da seyn. Der Kauffmã/ welcher im geringsten an nichts boͤses oder an keinen Betrug gedachte/ gehet seinen Weg Beutelschneider/ oder Weg jmmer fort/ wartete auch eine Zeitlang auff seinen Schiffman/ welcher aber nicht begerte wi- der zu kommen: dann er kehrete stracks wider umb/ kam in grosser eyl in deß Kauffmanns Hause zur Frauen gelauffen/ vnd sagte jhr: jhr Herꝛ hette nit mehr als vor vier Stuͤck Wein Gelds bey sich ge- nommen/ vnd muͤste noch viertzig Cronen haben/ dann es were noch vier vnd zwantzig Stuͤck Wein in dem Schiffe Das gute ehrliche Weib nimmet ohne einiges Nachdencken den Schluͤssel zur Ki- sten/ vñ gibt dem vermeinten Schiffman vñ war- hafftigen Rauber noch fuͤnff oder sechs vnd viertzig Cronen/ mit welchen er sich zu feiner Gesellschafft v e rfuͤget/ vnd theilet die Beute auß vnrer die fuͤr- nembsten seiner Gesellschafft dann was das ander kleine Lumpenbuͤrschlein anlangete/ welche noch in jhren Lehrjahren waren/ denselbigen wischete man den Schnabel/ vnd musten sich von jhrer Hand- Arbeit nehren. L’Espine wird vnter dessen vnwillig/ daß er so lang soll warten/ nim̃et jm endlich vor/ er woͤlle alle Schiff am Haffen besehen/ ob er vielleicht moͤchte antreffen das jenige/ so jm zustuͤnde: aber er kundte nichts fuͤr sich finden. Gleichwol aber kondte vnd wolte er das noch nit glauben/ daß der Schiffman/ mit welchen er gered hatte/ jn hette betriegen woͤllẽ/ bevorab/ dieweil er jhm so viel vom Wein erzehlet/ auch mit jm gefruͤhstuͤcket hatte: dencket aber auch wider/ wañ er je betrogen sey worden/ hab es so viel nit zu bedeuten/ ja es koste jn nit mehꝛ als die Mahl- zeit. Endlich aber/ nach dem er am Wasser auff vñ ab Diebshistorien/ das II. Buch ab war gelauffen/ vnd alles wol durch sehen hatte/ muste er wider mit Schimpff vnd Spott heim ge- hen/ vnnd selber bekennen/ daß der Schiffman nur seiner gespottet hatte. Als aber der Weinhaͤndler zur Haußthuͤr hin- ein tritt/ fraget jhn seine Haußfraw/ warumb der Wein nicht komme/ da sie jhm doch mehr Gelt/ als er begeret hette/ geschicket habe/ die Vnkosten da- mit außzurichten. L Espine erschricket uͤber diese Wort/ vnd fraget sein Weib/ was fuͤr Gelt sie dañ meyne? Ob sie jhm dann Gelt habe hernach geschi- cket? vnd als sie nun eines dem andern weitlaͤufftig erzehleten/ was einem jeglichen widerfahren/ sahen sie selber/ daß sie betrogen waren worden. L Escluse hat dergleichen streich mehr bewiesen/ sonderlichen aber einem Apotecker/ so nahe bey dem Palais oder Koͤniglichen Hof wohnet: Aber wer solches alles der laͤnge nach erzehlen wolte/ der muͤ- ste viel Zeit darzu haben/ derhalben so woͤllen wir besehen etliche andere bossen/ so dieses Schelmen- gesindlein hat getꝛieben/ auff daß wir vns desto bes- ser vor jhnen huͤten koͤnnen/ wann vielleicht wir auch vnversehener Weiß vnter sie gerahten vnd kommen sollen. Das Beutelschneider/ oder Das VI. Capitel. Von der wunderseltzamen Spitzfindigkeit deß Mutio, vnd was er fuͤr einen Griff gebraucht/ sein boͤse Vorhaben desto artiger zu vermaͤnteln. D Ie Noht ist eine Mutter der Erfindung/ sagt ein grosser Philosophus, das ist/ die Noht gibt Vrsach/ daß viel Dinge von den Menschen erdacht/ vnd erfunden werden: vnd daran hat nun solcher Philosophus recht vnd wol geredet: Dann wann wir Menschen in disen La- byrinth vnd Irrgarten gerahten/ so gibt vns vnser eigenes Vngluͤck etliche Mittel an die Hand vns zu erretten: Vnd hat man das auch in achtung ge- nommen/ daß manchmals die aller alberste vnd Einfeltigste durch die Noht/ vnd da sie in grosses Elend vnd Vngluͤck seyn gerahten/ arglistig vnd verschlagen seyn worden: Die Vrsach dessen ist offenbar vnd richtig: dann weil die Natur an vnd vor sich selber also beschaffen ist/ daß sie die Erhal- tung jhꝛer selber liebet/ vnd nach allem Vermoͤgen suchet/ so gibt sie den jenigen/ welche sie in jhrer eus- sersten Noht vnd Gefahr sihet stecken/ tausenterley Anschlaͤg/ Gedancken vñ Mittel an die Hand/ wie sie dem vngluͤck vnd schiffbruch/ das sie vor Augen sehen/ entgehen moͤgen: Dessen hat man ein Exem- pel vnter vielen andern an den Schiffleuten: wañ sich da auff dem Wasser ein grosses Vngewitter er- hebet/ es lest sich ansehen/ als habe der Himmel/ die Lufft/ Diebs Historien/ das II. Buch. Lufft/ vnd alle Elementen sich zu jhrem Verderben vnd Vntergang zusam̃en geschworen/ so ergrieffen sie dieses Mittel/ daß sie sich manchmals auff ein zerbrochenes Faß oder sonsten auff ein Bret legen/ welches sie hernacher an das Vfer anfuͤhret/ vnd jhnen also das Leben hilfft erretten. Wir haben dessen auch ein denckwuͤrdiges Ex- empel an den Mutio, welcheꝛ/ als er in solcher Angst vnd Noth war/ daß er nicht wuste/ wo auß oder ein/ ein sehr wunderliche Spitzfindigkeut erdachte/ sich auß dem Vngluck/ darinnen jhn die vnvermaid- liche hatte fallen lassen/ heraußer zu reissen. Dieser Mntio war auß dem Land Chartres buͤr- tig: hatte seinen Vatter verlassen/ vnd war gen Pa- ris kom̃en zu fressen/ zusauffen/ vnd allerley Muth- willen zu treiben: Nach dem er aber all sein Geld durch die Gurgel gejagt hette/ wuꝛde er gezwungen sich auff die Gassen Eckẽ zustellen/ vnd die voruͤber- gehende vmb ein Allmosen zubitten: weil jhm aber dieses Handwerck nit wol anstehen wolte/ begab er sich zu zween Bettlern/ welche neben jrer adelichen uͤbung in der Beutelschneider Bruͤderschafft Kost- gaͤnger waꝛen/ vnd wusten artiger vnd spitzfindiger weise den Zinß den Leuten abzufordern/ vnd einen andaͤchtigen den Beutel zu erhaschen: Diese/ weil sie wustẽ/ wo Mutio wohnete/ wo er sich gemeinig- lich pflegte auffzuhalten/ namen jnen fur/ solches zu jrem Vortheil zugebrauchen/ gleich wie der Affe welcher deß Haͤßlein Pfotten gebrauchte die Kesten auß der Aschen zu ziehen: derhalbẽ/ nach dem sie jm alle jhre Kunst gewiesen/ gelehꝛet/ alle Meisterstuͤck vnd Beutelschneider/ oder vnd Griffe gezeiget hatten/ wurde er in kurtzer Zeit so gelehrt/ daß er vnter den Dieben Schulmeister seyn kundte: Vnd da hoͤret nun wol zu/ was er ei- nem seiner Landsleute fuͤr einen stattlichen Bossen hat bewiesen. Er wuste von langer Zeit hero/ dz einer/ genandt Charles Destampes wonete zu Paris in der Uni- versitet / hatte einen grossen Handel von Tuch/ handelte auch sonsten mit allerley kleinen Wahren in frembde vnd benachbarte Land vnd oͤrter/ Weil er nun diesem Kauffman eins wolte anschmitzen/ wiewol er jhn niemals recht gekand hatte/ bedachte er sich auff alle Weg vnd Mittel/ die er in seinem Kopff kundte erfinden/ wie er doch zu streich moͤchte kommen/ vnd sein Vorhaben vollstrecken: Ehe wir aber hie welter fortfahren/ wil es von noͤhten seyn/ daß wir euch alle Gelegenheit/ Vm staͤnde vnnd Zustand dieses Kauffmans Charles Destampes erzehlen/ auff daß jhr den Grund dieser Historien desto besser verstehen koͤnnet. Ist derhalben allhie zu mercken/ daß er zwar ver- heurahtet war/ hatte aber mit seinen Eheweib keine Kinder: hatte auch einen Bruder zu Chartres woh- nen/ welcher jhm fuͤrgenommen hatte sich zu ver- heurahten/ hette auch ein feine ehrliche Weibsper- son bekommen koͤnnen/ wann erselber darzu hette verstehen wollen. Mutio, welcher/ (weil er eben an solchem Ort da- heim war/) alle Gelegenheit deß gesagten Orts wu- ste/ nam jhm vor nachfolgendes Mittel zu gebrau- chen/ damit eꝛ so wol bey dem einen/ als bey dem an- dern Diebshistorien/ das II. Buch. dern/ etliches Geld moͤchte erdappen. Was thete er aber/ oder was nam er vor? wie er sehr uͤbel geklei- det war/ also gieng er hin zu dem gesagten Charles Destampes/ zeigte jm an/ daß er von Chartres kaͤ- me/ da er dañ gute vnd boͤse neue Zeitung/ vnd zwar alle beyde vor jhn gehoͤret hette: boͤse Zeitung hette er vor jn gehoͤꝛt/ dieweil sein Bruder Frantz gestor- ben were/ vnd thet jm solches schmertzlich weh/ die- weil er jhm viel guts hette bewiesen: Gute Zeitung hette er auch vor jhn gehoͤꝛet dieweil der abgestor- bene Bruder jhn zu einem Erben aller seiner fah- renden vnd ligenden Guͤter hette eingesetzet. Der Kauffman wird wegen diser neuen Zeitung gar traurig/ vnd lest es jm hart zu Heꝛtzen gehẽ: dañ wiewol auff der einen Seyten er seine Augen warff auff die Guͤter/ so er durch disen vermeinten Todt- fall zu erben hatte/ so deuchte in doch/ er koͤnde oder moͤchte nicht mehꝛ lenger leben: dann er hatte keine Kinder/ vnd hatte uͤber das sein ehꝛlichs vnd reich- liches Außkommen: In dem er aber widerumb be- dencket/ daß kein Kraut fuͤr den Tod ist gewachsen/ vnd daß wir mit allem vnsern Seufftzen/ Heulen vnd Weinen/ nichts anders außrichten/ als dz wir vns selbsten betruͤben/ vnd bekuͤmmern/ schlegt er es jhm so viel auß dem Sinn/ als er jm̃er kan/ dencket man muͤsse mit gedult uͤber winden/ wz man sonstẽ nit koͤnne endern: Sagt zu dem Mutio also: Mein Freund/ habt jr dann keine Briefe/ die jr mir soͤllet zustellen? wie habt jr das erfahꝛen/ daß jr mir jetzun- der erzehlet? Mein Herꝛ/ sag der gute Gesell/ ich muß euch die Warheit be eñen/ ich bin gestern deß G deß Beutelschneider/ oder Abends in diese Stattsohne eintzige Heller vnd Pfenning kommen/ (dann auff dem Weg bin ich beraubet worden) vnd habe mein Wames/ darin- nen ich einen Brieff an euch habe/ in der Herberg zum Pfand lassen muͤssen: derhalben jhr (koͤnnet ja meine Eltern wol) bitte ich euch/ jhr woͤllet mir/ wann es euch beliebet/ zwo oder drey Cronen leyhen ich wil hingehen mich ein wenig flicken lassen vnd euch den Brieff bringen. Dieser Kauffman/ als er von deß Mutio Vatter hoͤret reden/ beschweret er sich im geringsten nicht/ sondern gibt jhm so bald das Gelt/ das er begehret/ vielmehr daß er den Brieff/ welcher jhm solte zuste- hen/ bekommen vnd lesen moͤchte/ als vmb anderer Vrsachen willen Als nun Mutio diesen GOttes- pfenning also erwischet hatte/ gehet hin auff dem Grempelmarck/ lest sieh von der Fußsolen an biß an das Haupt new kleiden: Vnnd als darnach bey S Innocent voruͤber gehet/ lest er einen Brieff in dessen Vettern Namen wegen deß vermeintlich ge- storbenen Bruders an den gedachten Kauffman auff nachfolgende Weise schreiben. An Herꝛn Charles Destampes/ Kauffman/ wohnend in der Harpf- sen ssen zu Paris M Ein vielgeliebter heꝛtzlieber Enckel/ Es ist mir hertzlich leyd/ daß ich euch fuͤr dieses mahl mit einem solchen traurigen Briefe gruͤssen/ vnd euch wegen deß Tods- fals euers lieben Bruders/ welcher gar ploͤtz- Diebs Historien/ das II. Buch. ploͤtzlicher weise ist gestorben/ muß zu- schreiben: Er ist nicht laͤnger als 3. S n- ben kranck gewesen: vnd dieweil meine dchwester/ euere Mutter jetzunder nicht zu hauß ist: dañ sie ist zu vnser lieber Frauẽ de A n d ers gezogen: hab ich nicht vmb- gehen koͤñen/ euch dessen zu beꝛichten/ nicht allein wegen eweret Sachen selber (dann ewer Bruder hat euch zum Erben aller sei- ner Guͤter eingesetzet) sondern wegen vie- ler Diensten/ so jhr mir wegen vnd in mei- ner Rechtfertigung/ (welche ich à la cham bre de Tourtelle gefuͤhret) habt erzeiget: Bitte derhalben jhr woller euch auff das allererst/ als jhr werdet kennen/ zu vns all- hero verfuͤgen/ auch Briffzeigern/ der einer von vnsern guten vertrawten Freunden ist alle Favor vnd guten Willen erzeigen. Ewer lieber vnd dienstgeflissener Vetter Destampts. Als nun der Kauffman diesen Brieff gelesen/ gibt er jn auch seinen Eheweib zu lesen/ welche (weil sie von Natur sehr geitzig war/ wiewol sie gantz vnd gar keine Kinder hatte) vielmehr Frewd als Traw- rigkeit auß den Brieff schoͤpffete/ sonderlich/ dieweil sie vername/ daß jhr Eheman alle seines Bruders Guͤter solte erben: derhalben so ließ sie es sich nicht dauren/ sondern empfienge vnd tractirte sehr state- G ij lich Beutelschneider/ oder lich den jenigen/ der jhr solche froͤliche Bottschafft gebracht hatte. Vnnd dieweil Mutio dieser An- schlag so gluͤcklich vorgienge/ machte er jhm diese Hoffnung/ wann man jhn uͤber Nacht in solchem Hause beherge/ so wolte er deß Nachts seinen Ge- sellen die Hauß vnd Ladenthuͤr fein heimlich auff- machen/ wolte machen/ daß sie dem Kauffman in den Laden kaͤmen/ vnnd jhm das allerbeste darauß stelen/ welches er hernacher auch in das Werck hat gerichtet. Dann nach dem Charles Destampes diesen Mutio zween oder drer Tage bey sich hatte geher- berget (wie er jn dann daꝛumb hatte gebeten/ auff dz er seine Sach desto besser moͤchte außrichten) stehet Mutio die zweyte Nacht heimlich auff auß seinem Bette/ gehet in den Laden/ nimmet ein stuͤck Tuch/ vnd wirfft es zum Fenster hinauß: Deß Morgens aber/ als er meynet/ er woͤlle seinen Sack vnd Pack machen/ vnd darvon gehen/ tregt es sich zu/ daß deß Kauffmans Fraw sterben kranck wird/ daruͤber er dann eine newe Hoffnung bekommet: dann er konte wol gedencken/ daß solche Schwachheit jhres Ehe- mans Reise verhindern wuͤrde: Er spintisiret einen newen Betrug in seinem Kopff/ vnd zeucht darauff hin gen Chartres daß er eben den Bossen/ welchen er Charles Destampes schon hatte gerissen/ desselbi- gen Bruder auch bewiese/ vnd jhn uͤberꝛedete/ sein Bruder were gestorben: vnd/ wie gesagt/ nach dem er diesen seinen Anschlag seinen Mitgesellen hatte entdecket/ macht er sich auff/ zeucht von Paris gen Chartres/ da er dann alle Gelegenheit vnd Gassen wolkennete: dann sein Vatter wohnete drey Meilen Diebs Historien/ das II, Buch. darvon. Vnd als er dahin kommet/ setzet er sich ni- der vnnd schreibet diesen nachfolgenden Brieff an Herꝛn Destampes im Namen desselbigen Brudeꝛs Insonders hertzlieber Bruder/ seyt der Zeit/ daß ich euch nicht geschrieben/ oder etwas von vnseꝛm Zustand habe wissen las- sen/ hat mich das Gluͤck erfahren lassen/ wie tieff es in Vngluͤck ein armes Welbs- bild/ wie ich bin/ kan stuͤrtzen: Dann der tod welcher den Menschen jhren Wolstandt vnd Frewde vergoͤnnet/ hat mich meiner hoͤchsten vnd groͤssesten Frewde/ so ich an meinem ließen Ehemann/ ewerem Bruder hatte/ beraubet vnd wiewol ich viel mittel vnd Artzneyjhme habe gebrauchen lassen/ hat daꝛduꝛch doch im geꝛingsten nicht koͤn- nen gewehret werden den Schmertzen/ so er von einem Seitenstechen empfunden/ vnnd welches jhn letzten Mitwoch ange- griffen/ vnnd darauff den Donnerstag gar deß Lebens hat beraubet. O wie ist mir das ein Hertzenleid/ ja ein vnverschmertzli- ches Ding: daß ich selber euch die Vrsach meines groͤsten Vngluͤcks muß zuschrei- ben Aber die Liebe vnd Ehꝛe/ so ich zu euch trage/ haben mir solche Wort in die Feder zu schreiben vorgespꝛochen: bitte euch der- G iij halben Beutelschneider/ oder halben Dienstfreundlich/ jhr woller euch zu thun moͤglich seyn wird/ allhier zu vns gegen Paris begeben: Dann eh er ist ge- storben/ hat er euch zum Executorn seines Testaments verordnet/ euch auch ein gu- tes Theil seiner Guͤter vermachr/ auff daß jhr euch seiner Sachen annemet/ als werer jr er selber. Dañ weil ich den besten Schatz/ so ich auff diser Welt gehabt/ verlohren/ so schreye ich euch an/ vnnd hoffe ich durch euch mich in meinem grossen Creutz vnd Truͤbsal zu troͤsten Bitte auch/ jr woͤller meine Mutter meinet wegen freundlich gruͤssen/ vnd sie bitten/ daß sie zu mir kom̃e/ mich in meinem Creutz besuche/ vnd ein Tagacht oder viertzehẽ bey mir verbleibe/ wann sie es anderst Zeit vnd Geschaͤfften halben thun kan: dann vber die vielfeltige Gutthaten werder jhr mich euch hiermit verbinden/ daß ich die Zeit meines Lebens begehre zu seyn. Euer in Ehren vnd Gebuͤr liebe Schwester vnd Dienerin Ieanna la Bresse. Als nun Mutio diesen Brief durch einen seiner Gesellen/ welche mit jhm an solchen Ort gezogen wahren/ gesagter massen hatte schreiben lassen/ na- me Diebs Historien/ das II. Buch. me er jhm vor/ er wolte den folgenden morgen den Brieff selber an dem Ort vnd Ende/ da er hinge- hoͤrete einlieffern: Dann er hatte jhm diese Hoff- nung gemacht/ wann er inn solches Hauß nur kaͤ- me/ wolte er seinen Gesellen den Laden auffmachen vnd das beste/ so sie finden wuͤrden/ hinweg stelen. Nun ist aber allhie zu mercken/ daß nach dem Charles Destampes die neue Zeitung von dem tod seines Bruders vnd von der jme vermachten Erb- schafft hatte erfahren/ liesse er jm sonderliche trawr- kleyder machen/ hatte jhm auch vorgenommen/ er woͤlle jnnerhalb drey oder vier Tagen nach Char- tres ziehen/ aber die zufaͤllige Schwachheit seines Eheweibes verhinderte jhn/ daß er nicht eher als acht Tage nach empfangenem Schreiben dahin kundte reysen/ in welcher zeit Mutio seiner sachen in acht genommen vnd ware gen Chartres kommen/ wie wir schon vernommen haben. Als nun der Tag ware angebrochen/ an wel- chem Mutio sein Spiel zu halten wolte anfangen/ gibt er seinen Gesellen Nachrichtung wie sie sich verhalten vnd wo sie auff jhn warten sollen: gehet darauff hin zu dem Herꝛn Destampes Bruder/ wel- chem er die Vrsach seiner Reyse erzehlet/ uͤberꝛedet jhn/ er seye seines Bruders welche zu Paris bey sei- nem Leben wohnete/ Diener: Were auch von seiner F awen inn der Eyle zu jhm geschicket worden/ daß sie nach Paris mit jhm ziehen vnd wegen der Erbschafft vnd andern Sachen richtigkeit machen solten. Dieser/ als er solche trawrige zeitung veꝛnim- met l aͤ st er es so bald seinen nechsten Freunden an- G iiij zeigen Beutelschneider/ oder zeigen/ sonderlichen aber seiner Mutter/ welche dar- uͤber hertzlich betruͤbet wurde: Dann sie hatte den Charles Destampes sehr lieb/ dieweil er jhr eltester Sohn war: Es wurde auch hierauff Mutio auff- genommen in das Hauß/ vnd wurde jm alles liebs vnd guts erzeiget/ vnd hatte kein Mensch kein arg- wohn/ Forcht oder boͤse Gedancken seinet halben; Es bleibet Mutio zween oder drey Tag bey jhnen/ biß daß die nechsten Freunde jhnen Trawrkleyder machen lassen vnnd also hernacher jhren Freunde hinziehen/ ehrlich zubestatten Endlich aber vñ zwar den Tage/ da jhrer zwey oder drey sich wolten auff- machen vnd nach Paris ziehen/ name er der Zeit wol in acht/ vnd weil sie inn der Meß waren/ auch sonsten kein Mensch mehr als eine eintzige Magd beneben jhme im Hauß ware: Gehet er oben auff in die erste Kammer da er vnter dessen außgesehen hatte/ daß die besten sachen zu finden waren/ nim- met sein Diebsgezeug vnd bꝛicht das schloß auff an einer Laden/ nimmet zween oder drey stattliche De- mant/ so er in einem kleinen Buͤchslein fnnde: Er hette auch wol gern etliches Gelt genommen/ aber weil er wuste/ dz die Demanten nit so schwer als dz Gelt zu tragen waren er gedachte auch selber bey sich/ es wurde jrer keines bey solchem Leyd Demant antragen/ begnuͤgte er sich allein mit denselbigen: vnd da er nun das jenige was sich in seinen Kram schicket/ bey sich genommen hatte/ schlosse er die La- de fein huͤpsch wider zu/ wie sie zuvor auch gewesen war Vnd wer den Mutio hette sehen koͤnnen/ der hette dem eusserlichen Ansehen nach zu vrtheilen/ gesagt: Diebs Historien/ das II. Buch. gesagt: Er were der allereinfeltigste Jung auff Er- den/ so meisterlich wuste er sich zu stellen/ so wol kon- te er den Schalck verbergen. Derhalben wir sehen daß nicht jederzeit dem eusserlichen Schein/ vnnd ansehen/ als welches fast betrieglich zu trawen/ des- sen die Figur anzeigung gibt. Daß wir hieran einen Schluß machen/ so wa- re die Redkunst dieses Diebs so kraͤfftig/ daß sich der Herꝛ Destampes mit seiner Mutter auffmach- t e/ nach Paris zu ziehen/ jre Schnur vnd Schwe- G v ster Beutelschneider/ oder ster zubesuchen/ vnd derselbigen gemachtes Testa- ment vnd letzten willen zu erkennen vnd demselbi- gen genuͤgen zu thun: Wie sie dann nicht anders meyneten/ als daß er warhafftig gestorben were. Welches dann ein uͤber alle massen grosser Betrug ist gewesen: Dann sehet da begeben sich zwo Perso- nen auff dem Weg/ sie seyn alle beyde noch im Leben/ vnd meinen sie seyn all beyde/ (eineꝛ von dem andern/) todt vnd gestorben: Ein jeglicher bawet jhm in seinen Sinn grosse Schloͤsser inn Spani- en. Es dencket jeglicher bey sich selber/ wie er es mit der Erbschafft vnd andern sachen woͤlle anfangen/ vnnd ist keiner vnter jhnen beyden/ der solchen Be- trug kan oder wil schmecken. Aber der jenige/ was noch weiters darauff erfol- get/ ist noch wunderlicher zu hoͤren. Dañ nach dem es mit deß Charles Destampes seinem Eheweib wi- derumb etwas besser wurde/ name er jm vor er wol- te gen Chartres ziehen/ damit er wegen seines Bꝛu- ders sachen richtigkeit machte/ welcher aber hinge- gen auch auff seiner seiten sich schon hatte auff den Weg nach Paꝛis begeben/ damit er deꝛgleichen mit seines Bruders sachen vornehme vnd thete. Nun truge es sich zu/ daß der Bruder/ so zu Chartres wohnete/ sich nicht allein mit seineꝛ Mut- ter auff den weg machte/ sondern/ weil er entweder besser beritten ware/ oder weil sie vielleicht einen halben Tag eher/ als der ander/ sich hatten auff den Weg gemacht/ kamen sie bey guter Zeit in eine her- berg/ welche gerad mitten auff den Weg liget/ vnd weil sie nicht weiter den Tag begehreten zu reysen/ dieweil Diebs Historien/ das II. Buch. dieweil sie einen guten Weg schon gefahren/ vnnd die Pferde muͤd waren worden/ begehren sie ein ey- gene Kammer fuͤr sich? Man bereitet jhnen auch das Abendmal: vnd endlich als sie wol gessen hat- ten/ schliessen sie die Thuͤr zu vnd legen sich zu Bett in zwey vnterschiedliche Bette. Charles Destampes der ander Bruder vnnd Kauffmann von Paris/ welcher hergegen gen Chartres wolte ziehen/ kommet vngefehr vnd zwar garspat in eben das Dorff: vnd da er nach dem be- sten Wirthshauß fraget/ zeiget man jhm eben das Wirthshauß/ darinnen sein Mutter vnd Bruder/ jhm aber gantz vnwissend waren: Er jsset zu naͤcht vnd wird jm eingegeben eine Kammer/ durch wel- che man muste durchgehen/ wann man inn die Kammer/ darinnen sein Mutter vnd Bruder wa- ren/ wolte kommen. Nun begab es sich vngefehr vmb Mitternacht/ daß dieser Charles Destampes von Paris hoͤrete/ daß sein Bruder mit seiner Mutter redete/ (dann es war nur ein schlechter Vnteꝛschlag zwischen bey- den Kammern/ also daß er gar wol verstehen kond- te/ was sie beyde miteinander redeten/) das machte jhm nun angst vnnd bang: Dann weil er noch nicht anderst wuste/ als daß sein Bruder solte ge- storben seyn/ bildete er jm ein/ es were seines Bru- ders Geist/ welcher wider kaͤme oder vielleicht sonst ein Gespenst/ welches jhn nicht wolte schlaffen las- sen: Weil er aber doch gar nichts sahe/ dachte er/ es koͤndte vielleicht sonst ein Mann seyn/ der ein solche Stimm vnd Rede/ wie sein Bruder gehabt/ hette: Blaͤset Beutelschneider/ oder Blaͤset hierauff das Liecht auß vnd entschlaͤffet: Nim̃et jm vor er wolle doch deß morgens darnach fragen/ wer der jenige seye/ welchen er also habe re- den hoͤren. Was traͤget sich aber ferner zu? Deß nachts vmb ein Vhꝛ wird dem jungen Herꝛn De- stampes/ welcher in der andeꝛn Kammer lage/ uͤbel/ er bekommet ein Bauchweh welches jm so hart zu- setzet/ daß er auffstehen vnd von der Magd ein Licht muß fordern: Vnd als die Magd jm das Licht in die Kammer bringet/ nim̃et er sein Mantel hengt jn vmb/ vnd gehet also voruͤber bey dem Bett seines Bruders/ welcher daruͤber erwachet vnd in eine neue Furcht geraͤhtet. Dann es duͤncket jn/ er habe nicht allein seinen Bruder deutlich hoͤren reden/ sondeꝛn er habe jn auch in das Angesicht hinein ge- sehen. Der ander aber fehꝛet als in seinem wege foꝛt. Als er aber widerumb in seine Kammer wil gehen/ ist er so vorwitzig/ daß er dem jenigẽ/ so in dem Bett bey welchen er muste voruͤbergehen/ lage/ gar an die Nasen leuchtete: Welcher sich bald vnder die Deck widerumb versteckete: Dañ es wahre jm angst vnd bang/ daß jhm alle Glieder an seinem Leibe zitterten. Der junge Destampes/ welchen dauchte/ er het- te auch seinen vermeinten todten Bruder in sol- chem Bett gesehen/ wird daruͤber so bestuͤrtzet/ daß er vor grosser Furcht das Liecht lest auß den Haͤn- den fallen/ laufft darvon/ vnnd wird jhm so angst vnd bang/ daß er auch fuͤr grosser Furcht nicht kan reden/ dann es hatte jhm die Furcht alle seine Glid- massen/ ja Marck vnd Bein durchdrungen: Er hat eben die Gedancken von seinem Bruder/ die er herge- Diebs Historien/ das II. Buch. hergegen von jhm hat: Er kann nicht anders ge- dencken/ als daß es seines Bruders Geist seye/ der jhn vnruhig wolle machen: Summa diese beyde haben die Nacht vber tausenterley wunderliche Ge- dancken: Dieser von Chartres saget seiner Mutter was er habe gesehen/ welches als eine Weibesperson vnd schwaches Werckzeug jhm tausenterley wun- derliche Gedancken einbilden: Helt jhn auff der Meinung: Er muste fleissig GOtt fuͤr jhn bitten: Es koͤnne seyn/ daß er vielleicht noch etwas wolle haben/ oder daß er vielleicht jhm eine Wahlfahrt fuͤr genommen. Vnd doch hernacher dieselbige nicht habe verrichtet: Also daß es denen dreyen vn- moͤglich wahre eine eintzige Stunde deß Nachts zu schlaffen. Vund wann jhnen schon die Augen ein wenig wolten zugehen/ so kahmen men solche wun- derliche Sachen vor/ daß sie daruͤber widerumb re- wachetẽ: Ja es ware jnen allen so bang / daß sie sich foͤrchten nur in dem Bett zu regen/ oder sich von einer Seiten auff die andere zu wenden. Endlichẽ aber koͤmbt wider herbey der Liebe Tage/ welcher mit den Schatten der Nacht auch etlicher massen die Furcht vertriebe/ aber den Argwohn doch nicht gaͤntzlich benahme Der elteste Destam- pes stehet der erste auff vnd zeucht sein Trawerkleyd an: Der ander wirfft sich auch auß dem Bett zu gleicher zeit: Vnd als sie beyde angezogen waren/ thut dieser die Kammer Thuͤr auff vnd will hinab gehen den Wirth zu fragen/ wer doch der jenige sene gewesen welcher vor seiner kammer habe geschlaf- fen als er aber seinẽ Bruder in einem gantz schwar- tzen Beutelschneider/ oder tzen Trawrkleyd erblicket/ erschricket er so sehr daruͤ- ber/ daß er widerumb in die Kammer zu ruͤck lauf- fet: Der ander aber der sich nicht weniger als der el- teste foͤrchtet/ gehet hinab in das Hauß vnd fraget/ wer doch die jenigen seyn/ welche inn der hindern Kammer geschlaffen haben: vnd alsman jm saget Es seyn Leut von Chartres/ ein Mann vnnd ein Weib/ dencket ex der sachen weiter nach/ vnd kom- met wider ein wenig zu sich selber: Doch weiß er nicht/ wie er das soll verstehen/ daß sein Bruder Leydt traͤget/ er weiß nicht/ was er daruͤber soll ge- dencken. Dann die Augen waren jhm noch nicht hell genug/ daß er den Grund der Sachen ersehen kundte vnd deß Mutio Bubenstuͤck mercken: Endlich aber ist der Wirth im Hauß mittler vn- ter jhnen beyden; Die beyde Gebruͤder kommen zu- sammen/ erzehlen einer dem andern/ das Buben- stuͤck/ so Mutio jhnen bewiesen/ ja die Brieff/ so ei- ner wegen deß andern bekommen hatte/ vnnd koͤn- nen sich nicht gnug uͤber solche Arglistigkeit ver- wundern. Kehren also ein jeglicher nach Hauß/ so schamhafftig/ als sie zuvor betruͤbet vnnd bestuͤrtzet waren gewesen. Wie aber sie selber jhnen diese Gedancken mach- ten/ Mutio wurde jhnen nicht allein disen schimpff bewiesen/ sondern auch bey einem vnd dem andern mit seinen fuͤnff Fingern ein gewisses Merckzei- chen hinderlassen haben/ also befand es sich heꝛnach im Werck selber: Dann als der eine heim kame vnd Haußsuchung thete/ sahe er/ daß er jhm einen Laden auffgebrochen vnd etliche Demant darauß gestoh- Diebshistorien/ das II. Buch. gestohlen hatte: Der andere befand/ daß er jhm auß seinem Laden das beste Stuͤck Tuch hatte genom- men: Aber sie musten alle beyde gedult haben: dann dem Ballen nach lauffen vnnd den Schelmen su- chen were jhn beschwerlich gewesen vnd hetten jhn doch nicht erdappen koͤnnen: Dann nach dem er sein Diebstuͤck begangen vnd sein Spiel außgespie- let hatte/ spannete er seine Segel auff vnd zohe nach Roven/ allda sein Gelt zuverzehren: Da er dann fuͤnff oder sechs Monat sich auffhielte/ vnnd sich von den Demanten/ welche sehr viel werth waren/ lustig machte. Nach dem er aber den Beutel gelehret hatte/ vñ kein Mittel mehr wuste/ denselbigen widerumb zu spieken/ dieweil es gar schwerlich zugehet/ daß ein Dieb den andern/ der eben so verschlagen als er ist/ betriege: Es auch uͤber das sehr viel verschlagener Leut in Normandien gibt/ daß deßwegen allda das Handwerck der Beutelschneiderey nicht viel gilt oder sehr gehet/ name er jm vor sein voriges Hand- werck widerumb anzufangen vñ sein elendes suͤnd- liches Leben fortzusetzen. Hierauff kommet er widerumb gen Pariß/ da er dann in der Gassen S. Jacques dergleichen bos- sen einem ehrlichen Buͤrger/ welcher inn der Ge- gend Sanct Benaist wohnet will reissen/ vnnd will jhn uͤberꝛeden/ er sey sein Vetter/ solte jhm an- zeigen/ daß inn seinem Landt jhm viel gutes were auffgestorben: Aber das Gluͤck schniede jhm das Kraut vnter den Fuͤssen ab: Dann als er eben so gar wol sein Spiel angefangen hatte/ wurde er/ der Beutelschneider/ oder der Gesellschafft zugefallen/ deß abends mit zween andern Raubern/ welche inn der Vniversitet hin vnd wider gestolen hatten/ gefangen/ vnd nach dem man sie mit deß Koͤnigs zeichen gezeichnet hatte/ (wie die Blinden/ so die Lilien Blumen tragen) schicket sie nach Marseille/ daß sie der Gesellschafft zu gefallen fuͤr die lange weil sollen Rudern/ daruͤ- ber sie sich dann in dem geringsten nicht zubeklagen haben Dann der Lateinische Poet lehret vns in sei- nem sechsten Buch Æneidos, daß man inn den Campis Elysiis eben das Handwerck treibet/ das man in seinem Leben hat getrieben. ---- Quæ cura nitentes Pascere equos, eadem sequitut tellure repostos. Das ist. Was man in diesem Leben getrieben/ vnd der schoͤ- nen Pferde hat gewartet/ also folget solche Arbeit auch/ wann wir vnter der Erden begraben liegen: Das ist/ wie man hie arbeitet/ so wird endlich die vnd dort darauff gelohnet: Es sage auch Rabelois darwider was er wolle: welcher vorgibt/ Alexander sey in der andern Welt ein Schuflicker vnd ein sol- cher/ der alte fabein erzehle: Achilles aber seye dort ein solcher der das Hery muͤsse zusammen machen vnd auffladen: Dann Mutio vnd seine Spießge- sellen welche auff Erden sein gewessen moll- zieher/ sein auff dem Meer Ru- derzieher worden. Das Diebs Historien das II. Buch. Das VII. Capitel. Von einem grossen Vngluͤck/ welches ei- nem armen Picarder/ so eine schwere Rechtfertigung zu Paris fuͤhrete/ be- gegnete/ vnd wie er durch etliche Filous oder Beutelschneider vmb all sein Gelt kame. E S ist ein grosses Vngluͤck/ wann einer auß dem Rauch in das Feuer/ vnd auß dem Regen gar in die Bach felt/ vnd wann das ende eines Vngluͤcks ist ein anfang eines andern vnd newen Creutzes. Dann das ist fuͤrwar ein jaͤ- merliches ding/ Wann man muß vor seinen Au- gen sehen/ wie ein Mensch auß einem Elend in das ander/ nit anderst als ein grosser Schneeball wirdt geweltzet/ vnd kan kein ort finden/ da guter Windt fuͤr jhn seye. Wann aber hierinnen vnd hierbey eine sonder- liche schickung vnd verordnung ist/ muß man sol- ches niemands anders zuschreiben als dem Gluͤck/ welches blind ist/ vnd dessen Abwechslung vnd sel- tzame Verenderung seyn gnugsame/ ja vnfehlbar- liche Merck zeichen seiner Vnbestaͤndigkeit vnd vor- bildung seiner Herꝛschafft: Gleichwol aber man sa- ge von dem widerwertigen Gluͤck was man woͤlle/ (Ich halte daß es vnmuͤglich ist ein natuͤrlicher Gemaͤhles vorzumahlen deß Vngluͤcks/ als wann man beschreibet einen Mann/ der mit schweren Rechtshaͤndeln zu thun/ sey ein Labyrinth/ darin- H nen Beutelschneider/ oder nen der meiste theil der Frantzosen heutiges Tages sich verirꝛen vnd da sich selber durch den Procura- torn gezenck als durch einen schrecklichen vnbarm- hertzigen Minotaurum aufffressen lassen/) so ist das uͤber alle massen gefehrlich/ wann man den Fi- lous oder Beutelschneidern/ vnter jre Haͤnde kom- met: Dann da gehet es einem wie jener Aal welche von der Fewrschauffel gar in das Fewer fiele: Vnd daß ich euch gerad vnd auffrichtig meine Meinung darvon sage: So glaube ich/ daß es viel gefaͤhꝛlicher ist/ den Dieben in jhre Haͤnde/ welche gantz trum- me seyn/ als vnter die Procuratorn vnd Rechtsge- lehrten zu gerahten: Dann wann die Rechtsge- lehrten vnd Procuratores etwas haben uͤbersehen/ kan man es (bißweilen/ doch nicht allzeit verbessern oder deßwegen sie anreden vnd ansehen aber wann etwas bey den Beutelschneidern ist verlohren/ ist kein mittel mehr solches nur wider zu sehen: Dann ob wol die Procuratores vnd Rechtsgelehrte bald so viel Haͤnde als Briarcus haben/ vnd es gewaltig duͤrꝛ vnnd drocken ist inn dem Sack eines armen Bawrsmann/ wann die Rechtsgelehrte vnd Pro- curatores ein mal druͤber sein gewesen oder druͤber seyn gangen/ so findet sich doch ein sehr grosser vn- terscheyd zwischen einem vnd dem andern: Dann die Beutelschneider berupffen in warheit die Buͤr- ger/ vnd setzen sie auch in Gefahr jres Lebens: Vnd finden sich sehr wenig Leut/ welche/ wann sie vnver- sehener weise vnter die Beutelschneider gerahten/ vngerupffet darvon kommen/ daß sie nit ein merck- zeichen jhrer Dieberey mit sich tragen muͤssen. Er- Diebshistorien/ das II. Buch. Erlaubet mir/ daß ich dessen in dieser Historien ein muster weise/ dann weil diese Historien bald je- dermau bekand ist/ so kan sie desto mehr bekraͤff t igen was ich euch allhie wil beschreiben. Es ist noch nicht gar lang/ daß einer genande Le Bref, ein alter durchtriebenr schalck in Rechts- sachen vnnd dessen Nam vnter den Advocaten so wol/ als bey den Medicis vnd Apoteckern Rhebar- bara/ bekandt ist/ gen Paris kame wegen einer Rechtfertigung/ welche er in dem Ampt Amiens verlohren hatte; Appellirte von dem an solchem ort außgesprochnen Vrtheil vnnd verhoffete er wuͤrde zu Paris besser Recht finden/ wiewol seine Sache mistfaul ware/ vnd im grund vnd boden nit doch- te: Er begabe sich aber allda in eine gedingte Kam- mer vnd verkoͤstigte sich selber/ damit er ja desto we- niger verzehrete: Er traffe aber zu allem Vngluͤck eine solche Wirtin an/ welche uͤber das geld/ das sie von jm wegen Kammer vnd Bett habe/ allzeit den Maulesel ohne Naͤgel vnnd Hammer beschluge/ wie Frantzosen in jhrem gemeinen Sprichwort re- den/ das ist/ welche allezeit/ wann sie zu Marck gieng vnnd etwas fuͤr le Bref solte einkauffen et- was von seinem Gelt abzwackete/ in jhren Scekel stiesse vnnd uͤberꝛedete dann jhn/ dieses oder jenes hette mehr/ oder so vnnd so viel gekostet: Dann sie bildete jhr ein/ weil sie mit einem Picarden (von welchen man in gemein sagt/ daß sie albere vnnd gar schlechte Leut sein) zuthun hette/ so wolte sie jhn gar leichtlich uͤberꝛeden/ das Wasser lieffe den Berg hinauff/ blasen seyen Leuchten/ Citronen H ij seyn Beutelschneider/ oder seyn besser als Pfeben dieweil sie dicker seyn: Aber sie traff an dem Picard den rechten Mann nit an. Dann als er nach zween tagen die uͤbersetzung der eingekaufften Speiß wol gespuͤꝛet hatte/ wie sie vor- geben/ sie hette so vnd so viel vor dieses oder jenes ge- ben muͤssen/ sagte er bey sich selber. Die Schweitzer theten recht vnnd wol/ daß sie ein Weib in jhrer Sprach nennetenr Fraude, dann ein Weib stecke gantz voll Betrug vnnd Arglistig- keit: Wie dem/ sagter/ vnd wie soll ich das verste- hen/ wann man mich sicht barlicher weisse vnd vor meinen Augen will berauben? Was wuͤrde als- dann geschehen/ wann ich mein Gelt jhr auffzuhe- ben gebe? Oder wolte es inn jhr Tressur/ darzu sie kan zween Schluͤssel haben vnnd nehmen was sie selber wolt einschliessen? Nein/ nein das ding muß nit also sein: Ich muß den dingen voꝛkommen: Ich muß eins thun vnd meinen Beutel selbst wol ver- wahren: Es ist nicht rathsam/ daß ich jhn andern Leuten/ sonderlich aber einem Weib/ welche Bech vnd Leim hat an Fingern hangen vnnd an dessen Finger alles/ was sie angreiffet/ bleibt hangen ver- trawe. Vnd also nam diser Le Bref jhm vor/ er wol- te es machen/ wie es vor alten Zeiten der Philoso- phus Bias gemacht hatte/ vnnd also bey sich tra- gen/ nicht allein wegen det Procuratorn/ Advoca- ten/ Schreiber/ Copisten/ welche allezeit das Creutz zuvor als die Schrifften wollen sehen/ vnnd ziehen an/ das Baar Gelt seye das vornembste stuͤck bey jhrer Rechtfertigung/ so sie fuͤhren/ vnd darauff sie am meisten sehen; sondern auch zu vermeiden den arg- Dibshistorien/ das II. Buch. argwohn/ welchen er auff seiner Wirthin Trew vnd Auffrichtigkeit hatte geworffen. Als er nun auff ein zeit/ inn dem Saal deß Koͤ- niglichen Pallastes bey nah von dem vielen Volck erdrucket worden/ name er jhm vor/ er wolte auff die newe Bruͤcken gehen/ nicht allein frische Lufft allda zu schoͤpffen/ sondern/ auch allerley newe zei- tungzu vernehmen vnnd anzuhoͤren (dann das ist eben der rechte vnd gemeine Ort/ da die vorwitzi- gen jhre Rathstuben haben) vnd das gieng jm auch an: Dann er hoͤrete fuͤrwar sonderliche newe Zei- tung/ die jhn aber hernacher sehr tewer an k amen. Dann wiewol er ohne das subtil vnd verschlagen war/ vnd jm die Gerichtliche auffgangene vnkosten sein Hirn/ sonderlich aber seinen Beutel gar subtil vnd verstaͤndig gemacht hatten/ so traffe er doch auff der newen Bruͤcken solche Leut an/ welche ver- schlagener/ als er/ waren: Dann als er dem Spiel/ welches allda vorgienge/ zu sahe/ fanden sich auch da zween Maͤnner/ deren der eine/ wie ein Spanier/ der andere aber wie ein Frantzoß gekleydet ware: Dieselbigen bliben auch bey dem Spiel stehen vnd sahen jhm zu: Vnd als sie vnter dessen diesen Pi- card wol von vnten an biß oben auß besehen vñ sei- ne Geberd vnd alles wol betrachtet hatten/ deuchte sie beyde/ es were ein rechter Kerles fuͤr sie/ er lasse sich so ansehen/ daß sie jhm wol Seyl uͤber die Hoͤr- ner woͤllen werffen koͤnnen/ bevorab/ da sie sahen/ wie er dem Spiel so andaͤchtig zusahe. Derhalben so verfuͤgte sich der vermeinte Spa- nier zu jhm vnd redete jhnen also an. Maussaur, die H iij Pistol Beutelschneider/ oder Pistol ist gut? Ich sie gebe dem Maussaur, Er mich soll fuͤhren in Losament/ dann ich Spagnol bin/ ich weiß Weg nicht/ ich verlohren die Mann/ die Dolmetsch: Ich bin in Herberg zu drey weiß Thie- ren: (Er wolte aber sagen Er lege zur Herberg zu den dreyen weissen Dauben.) Le Bref nimmet die Pistol/ welche man jhm darhielte/ vnd saget zu dem Spanier: Sie sey gar gut/ Es werde sich niemands beschweren/ sie fuͤr gut anzunehmzn: Vnd wann sie niemands wolte annemen/ wolte er sie selber annemen: Auff diese Wort stellete sich deß Spaniers Gesell/ als triebe er sehr an jhm/ daß er mit jhm solle gehen/ vnnd als ob er sorg habe/ daß der ander nemlich Le Bref jh- me vorkomme: Saget derhalben also zu dem Spa- nier: Kommet/ kommet/ mein Herꝛ/ ich wil euch schon an das Ort/ vnd in die Herberg fuͤhren es ist gnug/ daß der gute ehrliche Mann gesagt hat/ daß die Pistol gut ist. Der Spanier nimmet sich hierauff eusserlich an/ als habe er nicht viel Lusten mit dem Frantzo- sen zu gehen/ oder jhme nachzufolgen/ gehet dero- halben zu dem Bref/ vnd saget jhm heimlich in ein Ohr. Er sey schon so manchmals von den Beutel- schneidern erdappet vnd dargesetzet worden/ vnnd getrawe deßwegen dem jenigen/ der sich selber an- biete/ jhn in die Herberg zu fuͤhren/ nicht allerdings wol: bitte jhn derohalben/ er woͤlle ein wenig mit jm gehen/ vnd jhn helffen begleiten/ er woͤlle jhm gern eine Pistolen geben: dann er foͤrchte sich/ der jenige welchen er fuͤr seinen Dolmerscher habe genom- men/ Diebs Historien/ das II. Buch. men/ moͤchte jhn/ an statt/ daß er jhn in sein Losa- ment solle fuͤhren/ an ein anders Ort fuͤhren/ vnnd jhm all sein Gelt abnehmen: vnd in dem er das sa- get/ zeucht er eine gantze Hand voll Gelts auß sei- nem Sack: Welches dann den Bref hernach desto mehr hat getroͤstet: dann darbey hat er erkand/ daß er es nit allein war/ welcher von den Beutelschnei- dern were betrogen worden. Was thut aber nun dieser gute Frantzoß? Wie- wol er sonsten ein alter durchtribener Schalck war/ der Renck vnd Streich gnug wuste/ kondte er doch nit mercken den Betrug vnd die Garn/ so man stel- lete/ jhn darmit zu fangen: sondern/ weil er ein son- derliches Mitleiden mit diesem vermeinten Fremb- den hatte/ welcher den Schalck wol verbergen kun- te/ vnd stellete/ als were er kranck/ gehet er mit jhm/ vnd will jhn in seine Herberg zu recht fuͤhren/ be- vorab/ dieweil er gedachte/ er koͤndte eine Pistolen gewinnen/ dieselbige einen Procuratori geben/ vnd darmit ein Loch zustopffen. Also machen nun diese drey sich miteinander auff den Weg/ vnd hatte einer gegen dem andern gar seltzame ja gantz widerwertige Gedancken. Der Spanier erzehiet dem Bref auff dem Wege/ wie man inn seinem Lande den Frembden so viel Treu erzeige/ vnnd daß es ein sonderliches Werck der Barmhertzigkeit seye/ wann man einem Frembden- auß der Rauber Haͤnde helffe/ jhm den Weg zei- ge/ ja an sichern Ort fuͤhre vnd begleite. Dieses sagte nun der vermeinte Spanier mit solchen beweglichen Worten/ daß Bref noch mehr dar- H iiij durch Beutelschneider/ oder durch zum Mitleiden gegen jhm wuͤrde beweget/ dann er hatte selber erfahren/ wie es offtermals den Frembden inn frembden Landen pfleget so uͤbel zu gehen. Als sie nun also den Weg heraber beym Palais giengen/ vnd durch die Schuflickerey woltẽ durch- brechen/ vnd zu den drey weissen Dauben gehen/ si- he/ da kam zu jnen gegangen ein anderer Filou oder Beutelschneider/ war gekleidet wie ein Spanier/ vnd kam auß der Galereyen herausser: Vnd als er diesen/ verflehe/ den Spanier sihet/ gehet er zu jhm zu/ felt jhm vmb den Halß/ nimmet jhn vnter den Arm/ vnd spricht also zu jhm: Moaussaur / O lang Zeit ists/ daß ich nicht gesehen habe euch: wie euch gehet es: Ich mir wol gehet/ ich muß einmal mit euch vnd die gantze Gesellschafft trincken. Der ander bittet jhn/ er wolle jn entschuldigen/ dann er wolle vnnd muͤsse in seine Herberg gehen: Endlich aber verspricht er jhm/ er wolle mit jhm zu Mittag essen/ doch mit dem Beding/ daß die je- nige/ so in seiner Gesellschafft waren/ auch mit kom- men solten: Der Bref vnd sein Gesell/ welcher biß auff solche Zeit sich gar einfeltig gestellet/ vnnd kein Wort nicht hatte geredet/ gehen endlich auch mit/ wiewol sie sich dessen zuvor sehr bedancket hatten. Hierauff bereitet man das Mittagmahl zu: die zween Spannier stellen sich/ als seyn sie hertzlich froh/ daß sie sich ein mal angetroffen haben/ sagen/ es seye nun eine zimliche lange Zeit/ daß sie sich vntereinander nicht gesehen haben vnnd also fan- get Diebshistorien/ das II. Buch. get sich der angestelte Handel allgemach an: Der Bref aber ist froh bey sich selber/ das er beneben ei- ner guten Mittagmahlzeit auch vermeinet er habe eine Pistol erdappet. Der Spanter aber welcher der Erste den Frantzosen auff der newen Bruͤcken hatte angetrossen/ damit man jhren betruͤglichen Anschlag destoweniger mercke/ stellet sich/ als koͤn- ne oder moͤge er nicht essen/ nimmet sich an/ es sey jhm gar vbel/ vnd wolte jhm die Speyse gantz vnd gar nicht schmecken: Welches als es der andere Frantzoß/ nemblich der Filau oder Beutelschneider fihet/ redet er jhme also: Ey/ mein Herꝛ/ jhr muͤsset euch lustig machen: wann jhr schon ausserhalb ewern Lande jetzunder seyd/ so seyd jhr doch ver- sichert/ das jhr bey guten Freunden seyd: spricht jm auch ein solches Hertz ein/ daß sie darauff anfan- gen wol zu essen vnd zu trincken/ vnd vergisset der Bref fuͤrwar seiner auch nicht: dann die Picarden (wie ich dann von den jenigen/ so auß Lion in Pi- cardien handeln) trincken gar trocken/ vnd halten das fuͤr eine gemeine Regel/ daß/ wann sie sollen einen guten Soff thun Qu’il ne faut point de baston De poudte, ny de mesche: Car taus jours nu biberon Ala langue assez seche. Das ist Dem Piearden ein Lust zu trincken zu machen Darff man Pulver/ Lunden/ Briegel oder an- der Sachen Gar Beutelschneider/ oder Gar nicht darzu gebrauchen: Dann sein Zung alle Zeit. Trocken vnnd sehr duͤrꝛ ist/ vnnd zu trincken be- reit. Als sie aber nun ein wenig bey einander geses- sen/ vnd von dem Wein waren warm worden/ les- set der Spanier jhme Karten bringen/ die Zeit ein wenig mit dem Frantzosen/ der ein Filau oder beu- telschneider war/ zu vertreiben: Vnter dessen aber hatte der Bref sein Gespraͤch mit dem andern Spanier/ welcher jhm von allerley Sachen zu es- sen gabe/ sonderlich aber von den Rechtfertigun- gen/ dardurch Franckreich sich selber verzehret/ vnd das Eingeweid aufffrisset. Der Spanier zu den drey weissen Dauben nim- met die Karten/ vnnd spricht zu dem Filau/ dem Frantzosen/ er woͤlle jhm ein Spiel weissen/ mit welchem er in kurtzer Zeit fuͤnfftzig Pistolen habe verlohren: Aber er halte darvor/ daß der jenige/ so mit jhme gespielet habe/ seye ein Schwartzkuͤnstler gewesen/ daß sein Spiel sey so gut vnnd gewiß ge- wesen/ daß er billich/ wann es sonsten recht were zu- gangen/ hette sollen oder koͤnnen verlieren. Dieses Spiel aber der gantzen Gesellschafft zu weisen/ machet er drey Hauffen von Karten/ vnnd spricht erstlich/ sie sollen die Karte/ so oben auff dem ersten Hauffen lige/ wol behalten darnach weist er jhnen die Karte/ welche vnten vnter dem zweyten Hauffen lage/ vnnd lesset sie den zweyten Hauffen auff den ersten Hauffen legen/ vnnd also lage die Karte/ welche sie als die zweyte gesehen hatten/ auff der Diebs Historien/ das II. Buch. der jenige Karten/ welche sie zum ersten gesehen hatten: Der Spanier nennet diese zweyte Karten die Sandvhr: Fuͤrs dritte gibt er jhm ein Karten von dem dritten Hauffen/ vnnd sagte zu jhnen/ sie solten sie in dem Spiel hinlegen/ wo sie selber wol- ten. Als nun dieses alles also geschehen war/ sagte er: die erste Karte wuͤrde sich nicht finden nach der zweyte/ welche die Sandvhr war: Noch gleichwol hette der Schwartzkuͤnstler gemacht/ daß sie sich all- zeit gefunden hette/ vnd hette jhm also viel Gelt ab- gewonnen. Der ander Spanier gehet vnter dessen ein we- nig hinauß/ nimmet sich an/ als habe er etwas drunden im Hauß zu verꝛichten/ vnnd bleibet der Bref allein mit dem Filou dem Frantzosen/ welcher Filou sagte/ er verstunde das Spiel gar wol/ vnnd wolte mit jhm auff solchem Spiel vmb eine Kro- nen spielen/ wann es dem Herꝛn Spanier beliebe- te/ welcher/ weil er nichts mehr als eben das begehr- te/ darmit gar wol zu frieden ware: Sie fangen hierauff miteinander an zu spielen/ der Breff aber zu zusehen vnd das Spiel auch zu lernen/ welches er dann so bald lernete/ dieweil es gar leicht ware/ wiewol er sein lebenlang nit mehr mit Karten gespielet hatte. So bald aber als er das Spiel verstunde/ fienge er an bey sich selber zu beweinen das Gluͤck dieses armen frembden: Dann er dachte bey sich/ er wurde all sein Gelt verlieren mit solchem Spiel: Er mei- nete/ der vermeinte frembde were entweder gantz truncken oder naͤrꝛisch vnd hatte grosses mitleyden mit seiner Thorheit. Als Beutelschneider/ oder Als sie aber nun also ferꝛners fortspieleten/ ka- men zween jhres Handwercks inn jhre Kammer hinein/ baten aber/ sie solten es nit fuͤr vngut auff- nehmen/ daß sie also in jre Kammer hinein kaͤmen: Giengen nicht allein bey das Fewer/ sondern auch bey den Tisch/ vnd namen sich an/ als wann einer den andern gantz vnd gar nicht kennete: O wie wu- sten aber diese Beutelschneyder den Schalck so wol zu verbergen vnnd jhre Personen in dem Spiel zu vertretten: Als sie nun dise beyde einem Spiel oder zwey zu- gesehen hatten/ sagten sie zu dem Spanier: Mein Herꝛ/ wir rahten euch/ jhr sollet auffhoͤren zu spie- len: Dann mit dem Spiel werdet jhr all ewer Gelt verspielen. Der Bref/ als er dieses hoͤrete/ meinete er/ die beyde ersten ankommene hetten auch ein solches Mittleyden mit dem Spanier/ wie er/ Vnnd ware wol zu frieden/ daß es jhm diese beyde gesagt hatten: Dann er hatte Sorg er doͤrffte es jhm dem Spa- nier nicht sagen vnd jn warnen. Der Frembde sag- te aber hierauff/ Er wuste das Spiel wol/ vnd wolte noch dreyssig Pistolen auffsetzen vnd spielen: Dann es war also angestellet. Deß Brefs Geselle/ welcher lange zeit da gestan- den/ vnd kein Wort nicht darzu gesagt hatte/ wen- det sich herumb zu dem Bref vnnd spricht also zu jhm/ inn dem daß der vermeinte frembde Spanier mit den andern zweyen/ so darzu waren kommen/ redete: Wann ich Gelt gnug hette solches Spiel außzuspielen/ wolte ichs auch spielen: Dann jhr se- het/ Diebs Historien/ das II. Buch. het/ daß ich es allzeit gewinne: Derhalben wann jr das halbe theil woͤllet einsetzen/ so will ich geschwind hingehen vnnd bey einem meiner Freunden/ der stracks darvon wohnet/ so vil holen vnd entlehnen/ als mir wird von noͤthen seyn: Ey es were doch ein außbuͤndiger Lust/ wann vnser jeglicher dem Spa- nier so viel koͤndte abgewinnen/ daß er jhm ein gut stattliches Kleyd darvon koͤndte kauffen vnnd ma- chen lassen. Die zween so frisch ankommen waren/ erbotten sich auch/ sie wolten halben theil einsetzen/ welches als es der Bref sahe/ daß nicht allein die beyde wol- ten mitspielen/ sondern daß auch der vermeinte Frembde so hertzhafftig war zu spielen/ dachte er al- so bey sich: Es were eben so gut/ daß er (als die an- dern) deß Frembden Gelt hette/ sagte derohalben/ er wolte in das Spiel setzen alles was er hette: So bald gehet hierauff sein Gefell zur Kammer hin- auß/ vnd nimmet sich an/ er wolle hingehen/ vnnd Gelt entlehnen/ welches er thete/ damit der Bref den Betrug desto weniger koͤndte mercken: Vnter dessen aber suchet der Bref in einem klemen neben- secklein in seinem Hosensack/ macht ledig ein klei- nes Saͤcklein/ in welchem zwantzig Cronen waren. Der Filou der Frantzoß kompt so bald wider/ vnd wirfft auff den Tisch fuͤnfftzehen Pistolen fuͤr seinen Theil/ aber der Bref sagt/ er habe nicht mehr als zwantzig Cronen: Wiewol aber der Spanier sich beschwerete vmb vnnd vor so wenig zu spielen/ doch sagt er/ er wolte wider sie nicht weniger als viertzig Cronen setzen/ vnd solten sie beyde mit ein- ander Beutelschneider/ oder ander dergleichen viertzig Cronen einsetzen Er zeh- let hierauff seine viertzig Cronen/ vnd thut sie in ein Wischtuch/ vnd jhr gesetztes Gelt thut er in ein an- ders/ welches er zu dem Ende thete/ auff daß er d e- sto leichtlicher hernacher alles mit einander moͤch- te hinweg nehmen. Der Filou sagt zu dem Bref hierauff also: Nun wolan/ nehmet jhr die Karten/ jr spielet eben so wol als ich dann ich weiß/ wir beyde werden gewinnen. Der Bref/ der da nicht dachte/ daß er solte verlieh- ren/ nimmet die Karten in die Haͤnde/ vnnd nach dem er sie in drey Theil getheilet/ vnd die erste Kar- ten gesehen hatte/ sihet er die andere an/ welche die Sandvhr war/ das ist/ deß als dann/ wann die erste wuͤrde kommen/ sie jhm wuͤrde anzeigen/ daß die erste darauff folgen wuͤrde: Vnd damit er es ja nicht vergesse/ sahe er sie mehr als drey mal an: Sein Gesell sagt hierauff zu jhm: Weisset mich die Vhr/ daß ich sie erkenne/ auff daß/ wann es wird kommen/ ich es euch sage: Vnd als er dieses ge- sagt/ nimmet er die Karten/ stellet sich/ als sehe er die Sandvhr an/ vnter dessen aber steckeꝛ er ge- schwind vnd vnvermerckter weise eine Karten zwi- schen die zwo/ nemlich zwischen die Sandvhr vnd die erste Karte/ vnnd gibt jhm darauff die Karten wider: Der Bref/ der sich im geringsten keines Be- trugs versahe/ sihet gar nicht darnach/ hat jhm auch nicht acht auff die Garn/ vnd/ als er die dritte Karte genommen hatte/ legt er sie vnter die Sand- vhr/ auff daß sie sich nicht zwischen den zwoen fuͤn- de: Darauff fanget er an die Karten/ eine nach der andern Diebs Historien das II. Buch. andern vmb zuschlagen/ vnd schluge zweymal auff jede/ wie man thun muste/ also sagend: Das ist sie nicht/ das ist sie nicht/ biß so lang als er die Sand- vhr gefunden/ vnd seinen Gesellen dessen erinnert hatte/ da sagt er: Das ist sie/ das ist sie: dann er meynete/ er hette das Spiel gar gewiß inn seinen Haͤnden: Aber die Sandvhr wurde zu einem Luͤg- ner/ dann da sie eine Vhr schlagen oder zeigen sol- te/ schluge sie fuͤnffe/ vnnd fuͤr ein as de cœur, daß er solte finden/ bekahme er ein cinq de carreau. Hie moͤget jhr nun selber gedencken/ ob jm auch der Angstschweiß außgebrochen vnd der Schweiß dem Angesicht sey herunter gelauffen. Dann er veꝛ- stummete daruͤber wie ein Fisch vnd verstarꝛet/ wie eine Saltzseuel: Der Spanier aber stund auff von seinem sitze/ name die zwey Wischtuͤcher mit dem Gelt vnd kundte den weg in sein Herberg/ ohne ei- nige nachfrage gar wol finden. Aber das ware noch nicht genug: Dann der an- dere Filou oder Beutelschneider/ der Frantzoß fien- ge an wider den Bref zu rasen vnd zu schreyen/ sag- te/ er hette gemacht/ daß sie beyde das Spiel verlo- ren hetten Dann/ da er die dritte Karte vnten vn- ter die ander hette sollen legen/ hette er sie zwischen die beyde geleget/ dann die dritte Karte ware auch ein cinq de carreau, gleichwol aber so ware es dem Frantzosen mehr vmb Forcht als vmb schaden zu thun/ vnd begehrete nur dem Bref angst vnd bang zu machen. Dann er traffe die Thuͤr eben so wol als die an- dern/ aber Bref bliebe gantz allein vnd so bestuͤrtzet als Beutelschneider/ oder als ein Glockengiesser: Dann er hatte das Recht seiner Rechtfertigung/ das ist/ sein Gelt verlohren/ vnd vor einen Sambstag die gantze Wochen ver- spielet. Als er aber nun auß dem Wirtshauß herauß gienge vnd seine Freunde antraffe wolte er etlichen seinen Freunden sein grosses Vngluͤck/ so jhm be- gegnet ware/ klagen/ aber sie spotteten nur seiner vnd sagten/ er solte jhm das lassen ein gar grossen Trost seyn daß er nicht der erste were/ der also gewi- tziget were worden: Dann etliche kommen vmb das jhrige/ wann sie gar zu viel das Damspiel spielen/ etliche werden durch die Beutelschneider vmb jhr Gelt gesprenget: Et liche kommen vmb das jhrige/ daß sie es an nasse Wahr legen/ etliche/ daß sie dem Retzen vnd Spielen sich gar zu viel ergeben: Vnd daß man das Spiel nimmermehr soll so hitzig an- fangen/ wann man nicht die jenige/ mit welchen man wil spielen/ wol kennet Vnd sehet/ lieber Leser/ also wurde dieser arme Picard betrogen vnnd ge- schneutzet/ vnnd lernete mit seinem eigenen Scha- den/ daß auff der ne w en Brucken eben so wol/ als in Paris selber viel Dieb vnd Beu- telschneider sich befinden. Das Diebs Historien/ das II, Buch. Das VIII. Capitel. Historien von einem durchtriebenen aꝛgli- stigen Rauber genannt Aminthus vnd was er sonsten vor meineydige Buben- stuͤck hat begangen. W Iewol das nichts anders ist/ als ein alte Wunde/ so anfaͤngt zu heilen/ ernewern/ wann ich auch beschreibe die wunderseltzame Bu- benstuͤck deß Herꝛn Aminte welcher ein sehr be- kandter Rauber in Franckreich ist gewesen/ wann jemals einer darinnen ist gewesen: Jedoch so hat mich das gerecht Gericht Gottes/ welches an sei- nem Todt ist vorgangen/ gleichsam also zu reden/ gezwungen/ euch etliche sonderliche Bubenstuͤck/ so er begangen/ zu erzehlen/ doch das ich weder sei- nes Namens/ noch seines Vatterlands gedencke/ damit ich seine Aschen nicht vervnruhige/ noch den Schmertzen/ welchen seine Verwandten deßwegen empfunden/ vnd außgestanden/ ernewere/ dann sol- cher Schmertz ist fuͤrwar sehr groß gewesen. Ehe ich aber weiters fortschreite/ muß ich allhie straffen die jenige/ welche auß lauterm Ehrgeitz deß Koͤnigs Autoritet vnd Gewalt mißbrauchen/ vnd welche durch den Schein/ den sie vorgeben/ sie seyn von dem Koͤnig selber inn dieses oder jenes Ampt gesetzet/ alle jhre Bubenstuͤck vnnd Schinderey/ so sie an dem gemeinen Mann uͤben/ bekraͤfftigen vnd vertheydigen: das ist nichts anderst/ als wie ein an- derer Paethon den Zuͤgel vnnd den Wagen der J Son- Beutelschneider/ oder Sonnen nehmen/ vnnd diesem Liecht GOtt der Sonnen gleich wollen lauffen/ vnd scheinen: Also muß man sich auch nicht verwundern/ wann die jenige/ welche durch jhren Ehrgeitz dem Koͤnig sei- ne Geldkasten habe außgedruͤcknet/ vnd außgeleh- ret/ endlich von dem grossen Gott Jove mit Hagel vnnd Donner getroffen/ vnnd erschlagen werden. Es were der Herꝛ Aminte nimmermehr dahin kommen/ wohin jhm sein Ehrgeitz stuͤrtzete/ wann er deß Koͤnigs Macht vnnd Gewalt nicht so uͤbel hette mißbrauchet. Vnd wann er nicht wie ein an- derer Icarus mit den schwachen Fluͤgeln seines Ehrgeitzes sich gar zu hoch in die Lufft begeben vnd geschwungen hette: Aber wann wir gar oben auff dem Gluͤcksrade sitzen/ so machet vnns das gute Gluͤck so blind/ daß wir darnach einen schaͤdlichen Fall heraber thun/ vnnd manchmals daruͤber gar zu grunde gehen. Aminte wohnete in der Gegend Picardien/ vnd war gesetzet uͤber die Jaͤhrlichen Einkommen deß Saltz vnd Fruͤchten im Lande/ vnd nam der Zeit so wol dabey in acht/ daß er sehr viel Gelt/ Gut vnd Lande erꝛunge vnnd zusammen brachte: Aber bey vnd mit solcher seiner Nahrung zoge vnnd lude er sich auff den Halß einen grossen Haß von allem vmbligenden benachbarten Volck: dann er bedran- gete vnd beschwerete sie uͤber alle massen mit aller- ley newen Aufflagen: Er zwange sie solche Gesetz auff sich zu nehmen/ vnd solche Aufflagen zu bezah- len/ daꝛan zuvor niemands gedacht hatte/ oder auch hette gedencken koͤnnen: Nichts desto weniger aber war Diebs Historien das II. Buch. war seine Authoritet vnd Ansehen so groß im gan- tzen Lande/ daß seine Werck so hoch als vnwider- ruffliche Rathschluͤß/ vnnd seine Rahtschluͤsse so hoch als Gesetze gehalten wurden. Solon hat nie- mals so viel Gewalt vnd Macht uͤber die Antheni- enser vnd gantz Griechenland/ noch Lycurgus uͤber die Lacedemonier/ noch Numa Pompilius uͤber die Roͤmer gehabt/ als Aminte deßmals jhm selber uͤ- ber das Land vnd gemeine Volck nam/ vnd zuschri- be: Wann man von dem Herꝛn Aminte redet/ so war es/ als wann man von einem grossen Oracu- lo oder Gott redete: Ja wann er ein Wort redete/ so dorffte man weder zur Rechten noch zur Lincken darvon abweichen/ oder hatte man seinen grossen Zorn/ ja den Todt selber daruͤber zugewarten: dann bey seinem Leben hat er mehr als dreissig Personen sterben lassen/ dieweil sie jm nicht bezahlen kundten die grosse Stewer/ so er dem Volck aufflegete: Vnd daß ich die warheit rund vnd richtig herausser sage/ so ware er wie ein schaͤdliche ansteckende Peste/ wel- che das gantze Land Picardien ansteckete: Der drey- koͤpffichte grosse Hunde/ von welchem die Poeten sagen/ daß er in der Heil sey/ hat niemals so schreck- lich gebollen/ als Aminthe thete: Die Schlang Pi- thon ist bey weitem nit so erschrecklich zu sehen ge- wesen/ als Aminthe: Das Thier mit den siben koͤpf- fen/ genannt Hydra/ welches der Hercules in dem Morꝛast Lerna vnnd nahe bey der Hoͤllen vmb- bracht hat/ ist niemals so rasend vnd toll gewesen/ als abermals dieser gedachte Herꝛ Aminthe ware: J ij Dann Beutelschneider/ oder Dann er name alles mit/ wo eꝛ hinkame/ gleich wie ein grosses vngestuͤmmes Wasser/ wann es auß- bricht/ die Daͤmme/ so seinen Lauff auffhalten sol- len/ zerbricht/ reist vnd wirfft vmb alles was es an- trifft/ fuͤhret die Haͤuser hinweg/ vnd verderbet das Feld/ vnd laͤsset allenthalben schaͤdliche Merckzei- chen seiner gewaltthaͤtigen Vnsinnigkeit/ wo es nur hinkommet. Ein solcher ware auch Aminte: Dann allent- halben/ wo er hingienge oder hinkame/ da wuste man gewiß/ daß der Hagel wurde schlagen/ vnnd daß der schad/ so darauff erfolgete/ wurde so groß seyn/ daß es jederman wol wurde fuͤhlen: Vnnd wann man jhn nur sahe/ so bildete ein jeglicher jh- me ein/ er were wie ein Comet/ welcher alle Zeit groß Vngluͤck bedeutet/ oder wie ein Donner- schlag/ welcher das Gelt im Beutel zerschmeltzet/ vnd die Schnuͤr vnverletzet laͤsset In Summa/ in solchem Land ist dergleichen erschreckliches vnnd schaͤdliches Wunder Thier nie gesehen noch gehoͤ- ret worden/ vnd dessen Gemeinschafft man so sehr foͤrchtete. Daß er aber solche Authoritet vnd grosses Ansehen hatte/ bey dem Volck kame daher/ daß er uͤber vnterschiedliche Flecken vnd Schloͤsser Herꝛ ware/ vnd dorffte also niemands wider jn mucken: Wie aber nach dem Sprichwort all zu streng nit lang weret/ also bekame er etliche Feinde/ welche jn an gebuͤrendem Ort vnd Ende anklagten vnd jhm boͤse Bossen bey der Obrigkeit machten: Aber jeder- man foͤrchtete sich so schrecklich vor jhm/ daß keiner den Namen wolt haben daß er jhn solte angeklaget haben. End- Diebshistorien/ das II. Buch. Endlichen aber so name sich die hohe Obrigkeit (welche jhr Authoritet sehen laͤsset durch diese alte Ruthe vnnd durch das Scepter der Persen/ auff welchem ein Aug gegraben waꝛe/ jhren fleiß vnnd versorge darmit anzudeuten/) der sachen an/ vnnd dieweil es ein gemein Landgeschrey vnd Landklage ware/ wie der Aminte wider alle jhm geschehene verbot die Leut im Lande solte schinden vnd plagen/ ließ sie jhn fuͤr sich fordern/ jhn deßwegen Ernstlich anzusehen: Er erschiene auch so bald vnverschaͤmb- ter weise sich deren jhme zugelegten sachen vnd Ty- ranney halben zu entschuldigen/ vnnd machte sich dem eusseꝛlichen ansehen nach duꝛch seine arglistig- keit gantz Engelrein vnnd glaß schoͤn/ welches er dann gar leichtlich thun kundte: Dann da war niemands zugegen der jhn ankla- gete/ so dorffte auch keiner in seinem Land sich vn- terstehen/ jhn zu verklagen: gleichwol aber so wurde jhm ernstlich aufferleget/ vnd gesagt: Er solte sich hinfuͤro vor dergleichen Tyranney huͤten vnd ab- stehen dann wann man dergleichen mehr solte von jhm erfahren so wuͤrde man den Sachen nachfra- gen vnnd jhn ernstlich nach seinem Verbrechen straffen. Aber das alles hiesse bey jhm Wasser in ein Sib gegossen: er bessert sich sehr wenig auff solche ange- hoͤrte vermahnung vnd Trawung: Ja/ da er billich hette dem guten Rath folgen sollen: wendete er das Spiel vmb/ vnd machte es aͤrger/ als er zuvor ge- than hatte: er trachte Tag vnd Nacht darnach/ wel- ches ein wunderliches Ding ware/ wie er doch die J iij jenigt Beutelschneider/ oder jenige wissen vnd erfahren moͤchte/ welche jhn ver- klaget/ vnd das jenige von jm außgebracht hatten/ vnd musten sehr viel/ welche jr lebenlang nit daran gedacht hatten/ daß sie jhn verklagen wolten/ fuͤr jhre Gesellen das Geloch bezahlen. Als er aber nun also in seiner Schinderey vnnd Tyranney foꝛtfuhre/ vnd die Schatzung vnd Steu- er mehr als fich es gebuͤrete/ ersteigerte/ auch die ar- me Bauersleute zwunge/ daß sie zweymal so viel/ als sie vor jre Haußhaltung bedoͤrffen/ Saltz neh- men/ vnd jhm bezahlen musten/ trug es sich zu/ daß er inn einen Streit geriethe mit seinem obersten Diener/ welcher alle seine Tyranney vnd Schinde- rey wuste/ welcher alles mit seinen Augen selber ge- sehen hatte/ vnd all sein stelen vnd rauben gnugsam kundte beweisen/ kamen auch mit Worten so hart zusammen/ daß dieser sagte vnd jm tꝛewete/ er wolte jhm solchen bossen machen/ wann er jhn inn Har- nisch jagete/ daß er vmb seinen Kopff solte sprin- gen: Ja wann er jhm noch im geringsten etwas zu leyd thete/ wolte er selber hingehen vnd jhn vor dem Koͤnig verklagen. Aminte/ welcher sich fuͤr diesem Streich sehr foͤrchtete: Dann er wuste wol/ daß die vornehme Ra esherꝛu/ so von dem Koͤnig uͤber jhn gesetzet waren/ deß Argi Augen hatten vnd kundten einem auch wol im Gesicht ansehen/ was er im Schild fuͤhrete/ nimmet jhm bey sich selber vor/ er woͤlle sich seines obersten Dieners ledig machen/ damit jhm solcher Dorn auß dem Fuß gezogen werde vnd sein Diener jhn nit mehr koͤnne oder moͤge verklagen. Er Diebshistorien/ das II. Buch. Er laͤst sich aber deß Dings im geringsten nicht mercken/ verbirget sein Zorn/ thut als wann er nit mehr daran gedencke/ damit ja sein Diener den boͤ- sen Vorschlag/ so er wider jhn vor hatte desto weni- ger moͤge riechen. Der Diener aber/ welcher ein heimlichen Haß wider seinen Herꝛn hatte gefasset/ schicket der O- brigkeit vnterschiedliche Brieff vnd entdecket also viel boͤse stuͤck/ welche sein Herꝛ an den armen Vn- terthanen begangen hatte/ Er zeigete auch an: Wie jhm seinem Herꝛn zwar jederman zu wider seye: Es doͤrffe aber kein Mensch sich mucken oder mer- cken lassen/ Es doͤrffe jhn niemands verklagen/ dann er trohe den Leuten/ er wolle sie Kopffs kuͤrtzer machen lassen. Ehe aber das gewoͤlck sich theile/ vnd damit das vngewitter sich nicht auff seinen Kopff ziehe: dann er wuste wol/ daß sein Diener allein jhn koͤndte sehr boͤse bossen machen vnd gar in deß Teuffels Kuͤchen bringen: Nimbt er der Zeit in acht/ setzet jm vor/ er wolle sehen/ daß sein Diener moͤge abgethan vnnd hingerichtet werden. Hoͤret vnd mercket aber wol den betrug/ dessen er sich gebrauchete sein verdamb- liches Vornehmen in das Werck zu setzen. Auff ein zeit vff einen Montag uͤbergibt Aminte deß morgens fruͤ den Schultheissen seines Dorffs ein Schreiben/ in welchem er seinen Diener eines Diebsstals halben anklaget: vnd bege et/ er soll jhn gefaͤnglich einziehen/ biß so lang/ daß man der sach rechten grund erfahꝛe vnd veꝛnehme/ wer mehr mit im Spiel sein moͤge: Dann er gabe vor/ der Dieb- J iiij sta Beutelschneider/ oder stall lieffe allzeit auff die 1500. Cronen: Nun muß man allhier mehr fragen/ ob der Schultheiß sol- ches Schreiben habe vnterschrieben vnd gut gehei- sen/ vnd ob er jm vollkoͤmliche Gewalt habe gegebẽ/ mit seinen Diener nach seinẽ gefallen vmbzugehn: dann es were recht oder vnrechtgewessen/ so hette es der Schultheiß jm nit doͤrffen abschlagen/ oder sei- nen eigenen willen widerstehen: Derohalben so schicket der Schultheiß 2. Stattknecht hin/ welche den Diener in das Gefaͤngnuß/ (welche inn deß Aminte Schloß war/ vnd zu welchem er 2. Schluͤ- sel hatte: Dann ehe dann er sein verdamliches vor- haben ins Werck setzete/ hatte er jhm ein newen Schluͤssel zu dem Gefaͤngnuß machen lassen/ vnd vorgeben/ der ander Schluͤssel were verlohren wor- den: Vnd da hette einer fuͤrwar gar spitzfindig sein muͤssen/ welcher da hette erꝛathen woͤllen/ was er mit dem newen Schluͤssel zum Gefaͤngnuß wuͤrde machen) hinein setzen. Da lieget nun der arme Diener im Gefaͤngnuß vnd weiß selber nit/ warumb/ vnd wessen man jhn will beschuldigen/ ist auch vnschuldig aller der din- ge/ welche man jhm will zu messen/ vnnd verdreust jhn am allermeisten/ daß sein Widersacher soll sein Richter sein/ vnd daß er solchẽ Tyrannen der schon so viel vnterschiedliche Personen hatte sterben las- sen/ in seine Haͤnde ist kommen: Doch dencket er wi- derumb er muͤsse gedultig sein/ vnd muͤste erwartẽ/ was auff solches Gefaͤngnuß weiter erfolgen wer- de es ist aber der Schmertz so groß/ daß er sich nit kan enthalten/ sondern verfluchet vnd vermaledey- et den Dibshistorien/ das II. Buch. et den Schultheissen vnd die Stattknecht/ daß sie ohne einige Vrsach (den Aminte nit zu erzuͤrnen) jn haben Gesaͤnglich eingezogen. Nach dem nun dieser Diener ware in das Ge- faͤngnuß gesetzet/ hatte schon Aminte erlaget ein stuͤck von dem das sein Hertz gewuͤnschet hatte. A- ber das ist noch nicht alles: Dann er will lieber sei- nen Diener Todt als lebendig sehen: Er bedencket sich auff mittel vnd Weg/ wie er doch deß Dieners moͤge loß werden vnnd hinrichten? Aber er kan nichts erdencken/ vnd dardurch er jme nit zugleich ein Argwohn zuziehe: Dann solte er jhn inn dem Gefaͤngnuß gewaltthaͤtiger weise vmbringen: das wolte sich nicht schicken: dann da hette jederman gesagt: es were auß feindschafft geschehen: Solte er jhm dann mit Gifft vergeben/ das wolte sich aller- dings auch nicht zu gar wol schicken/ dann er hatte sorg/ es wuͤrde nicht angehen/ der Diener wuͤrde jhm nicht getrawen. Endlich aber so nimmet er dieses verꝛaͤhterische boͤse mittel an die Hand/ daß er jhn wil im Gefaͤng- nuß erwuͤrgen/ daß es kein Mensch jnnen werde. Ich bitte euch/ jr woͤllet diese Historien mit fleiß le- sen/ vielmehr zu dem ende/ daß/ nach dem jhr diesel- bige werdet gelesen haben/ jhr solches meineydiges Stuͤck verfluchet/ vnd ein Abschewen darvor ha- bet/ als daß jhr derselbigen viel gedencket. Er laͤst seinen Gaͤrtner zu jhm kommen vnd sa- get zu jhm: Er sol machen/ daß er morgends vmb fuͤnff Vhr fertig sey: Dann er wolle jhn dreyssig Meil Wegs hinweg schicken zu einem vornehmen Her- Beutelschneider/ oder Herꝛn/ den er jhm mit Nahmen nennete: Der Gaͤrtner welcher niemals mit Brieffen vnd ande- rer Sachen halben wahre verschicket worden/ sa- get/ er woͤlle sich schon fertig machen/ wann es dem Herꝛn gefaͤllig sein werde/ kundte aber jhm nicht einbilden/ daß sein Herꝛ so eine schreckliche boͤse That solte vorgenommen haben: Leget sich auch darauff so bald zu Bett/ auff daß er deß morgends desto fruͤher moͤge auff seyn. Alß es aber nun gantz stich finster wahre/ nim- met der vnmenschliche Tyrann auß einer verzweif- felten Vnsinnigkeit/ ein Dolchen heimlich bey sich/ gehet hin mit seinem Labqueyen in das Gefaͤngnuß hinein/ da der arme Diener/ welcher den gantzen langen Tag kein Bissen in sein Leib gebracht hatte/ lage: Nehmen sich an/ sie wollen jhm etwas zu es- sen vnd zu trincken geben: Aber Aminte nimbt der Zeit wol in acht/ thut sein Hand in seinen Hosen- sack nach dem Dolchen zugreiffen/ aber er hel t doch ein darmit: Dann er dencket bey sich selber al- so: Wann er jhm den Dolch ins Hertz oder in den Leib hinein stosse/ so werde man das Blut an dem Ort sehen/ vnd werde dannenhero jederman ein Argwohn auff jhn haben. In dem er sich aber also bedencket/ was er doch seinem Diener vor ein Todt woͤlle anthun/ damit er seiner abkom̃e/ sihet der Diener seinem Herꝛn in das Angesicht/ vnd sihet/ daß er gantz schrecklich außsihet/ daß er wunderliche grillen muß im Kopff haben vnd ahnet jm/ es werde sein Herꝛ jhme das Leben nemen: Dann die grosse Finsternuß solcher Nacht/ Diebs Historien/ das II. Buch. Nacht/ wie auch das von den Leuten weit abgelege- ne Gefaͤngnuß/ in welchem er lage/ propheceyet jh- me/ daß er sein Leben jaͤmmerlicher weise werde las- sen muͤssen: Vnd diese Gedancken machen jhm so angst vnd bang/ daß er anfanget zu schreyen/ als sey er gantz doll/ vnd vnsinnig: Er lauffet von einer Ecken zu/ der andern in dem Gefaͤngnuß vnd sihet/ ob er koͤnne darvon kommen/ aber sie hatten das Gefaͤngnuß mit dem Schluͤssel zugeschlossen vnd wol verwahret: Derohalben so nim̃et jm Amin- te vor/ er woͤlle jhn ersticken vnd solches vmb der zwoen nachfolgenden Vrsachen willen: Erstlich auff daß man in dem Gefaͤngnuß auch das gering- ste Merckzeichen seines Todts nicht koͤnne sehen oder finden: Zum andern/ auff daß er jhm auß sei- nen Haͤnd e n nicht komme: Hierauff bindet Aminte seinen Hosenbendel auff/ wirffet jhn dem Diener vmb den Halß vnd spricht also zu jhm: Jetzunder solt vnd mustu von meinen Haͤnden sterben/ jetzunder soltu mir buͤssen vnd bezahlen den Schimpff/ den du mir hast an- gethan/ vnd welchen ich dir so manchmals habe verziehen: Sihe/ jetzt hab ich einmal gewuͤnschte gelegenheit bekommen mich an dir zu rechen/ we- gen diener heimlichen P r acticken vnnd Anschlaͤ- gen/ so du wider mich hast fuͤr genommen: Vnd in dem er diese Wort redet/ wirff er jhm den Hosen- bendel an den Halß/ zeucht jhn zur Erden nider vnd springet mit Fuͤßen auff jhn: Der arme Die- ner will zwar anfangen vmb huͤlff zu schreyen/ aber der Lacqueye/ welchen Aminte bey sich hatte trit jm mit Beutelschneider/ oder mit Fuͤssen auff den Halß/ schlaͤge er auff jn zu/ vnd ersticken/ vnd toͤdten jhn also: Vnd wiewol sie mei- neten/ sie hetten jhn gar ersticket: Jedoch sahen sie nach einer guten weile daß der Pulß jhm noch ein wenig schluge in den Adern/ derohalben machten sie sich von newem uͤber jhn/ vnd in dem daß der La- quey/ welcher nit weniger als sein Herꝛ tyrannisch vnd blutgierig war/ jhm mit den Fuͤssen auff dem Halß stunde/ hielte Aminte jhn mit seinen Haͤnden Mund vnd Naß wol zu/ vnd ersteckten also den ar- men gefangenen Diener/ dz er kein Fuß oder Glied mehr regete. O du Himmel/ ist es nit muͤglich/ dz in der groͤsten Finsternuß der nacht die Vnsinnigkeit deiner Flammen uͤberzwerch durch die Wolcken dringe vnd disen meineydigen Aminte in abgrund der hellen begrabe. Du grosser Gott/ warum̃ chlaͤg- stu nicht so bald mit dem Donner deines gerechten Zorns den meineidigen schelmẽ vnd Meuchelmoͤr- der auff sein Kopff/ vnd lasset jn nit mehr anschawẽ dz Licht deiner schoͤnen gestirnen/ O vnmenschliche tyranney/ welche erger ist als der Cantbalen wohin leytest du/ wohin fuͤhrest du/ wohin stuͤrtzest du einen Menschen/ daß er seiner so gar vergesset/ ja das er nit mehr gedencket/ daß ein Gott im Himmel sey/ der solche schreckliche Thaten/ ja welcher alle boͤse stuͤck offenbaret/ vnnd vor der gantzen Welt den Menschen/ so sie begangen/ vor jhr Angesicht stellet. Die Roͤmer wusten nichts erschrecklichers noch wunderbarlichers zu erdencken/ als jhre leibeigene Knecht zu straffen/ wann sie etwas begangen hat- ten/ als daß sie jnen die Kleyder biß vnter den Guͤr- tel ab- Diebs Historien/ das II. Buch. tel abschnitten vnd liessen sie daꝛnach also von einer Gassen zu der andern gehen/ wie die Hermaphro- diten: Waren halb nackendt vnnd halb gekleydet: Dann dieser Schimpff/ spott vnd schande/ welche jhnen auff den Gassen von jederman wurde ange- than/ ware so groß/ daß sie sich lieber hetten foldern lassen/ oder sonsten allerley schwere Pein vnd mar- ter außstehen. Aber was wird als dann mit dir/ Aminte/ ge- schehen/ wann der Himel welcher durch deine mei- neydige Verꝛaͤtherey sehr erzuͤrnet ist/ alle Sinn Krafft vnd Macht wird gebrauchen deine Mord- stuͤck zu straffen. O wie ein grosses hertzenleyd ist es/ daß man an solchen ort/ vor allen Volck deine mei- neydige Bubenstuͤck muß sehen vnd dulden. Du ju- bilirest/ du erfreuest/ (beduncket mich) dich uͤber dei- nen Feind? Vnd weil derselbige nun mehr todt ist/ bildest du dir ein/ es sey kein Mensch auff der Welt/ der deine bubenstuͤck koͤnne verꝛahten vnd offenba- ren? Aber Gott ist ein gerechter Richter vnd wird dermal eins die vnempfindliche Creaturen gebrau- chen dein meineydige Schelmenstuͤck zu offenba- ren vnd schrecklich zustraffen. Diese Motiven vnd bedencken seyn kraͤfftig vnd maͤchtig gnug einem Menschen/ welcher die Forcht Gottes in dem Hertzen vnd der Welt schand vnnd Spott fleissig fuͤr Augen hat/ von einem solchen blutgterigen verdamlichen vornemen abzuhalten: Aber bey deß Aminte vorsetzlich boͤsen Gemuͤthe wolte solches alles nicht verfangen: Die Vnsin- nigkeit vnd Rachgier wahren allein zween Braͤn- de/ mit Beutelschneider/ oder de/ mit welchem er selber das Fewer seines verder- bens hat angezuͤndet/ vnnd welche jhn auch verur- sacheten zuverherbergen vnd zu verderben was jm nur auffstiesse. Nach dem aber Aminte jaͤmmerlicher weise sei- nen Diener hatte ersticket/ deßwegen/ dieweil er jm seine schaͤndliche Bubenstuͤck vnd Tyranney nicht hatte gut heissen woͤllen/ vnnd dieweil er nicht wie sein Herꝛ/ das arme Volck wolte bedrangen vnnd fressen helffen: Nimmet er ein Kluppel Zangen vnd andere vnterschiedliche Werckzeuge/ zerbricht darmit ein eysernes Gegitter/ welches an dem Ge- faͤngnuß ware/ vnnd machet an demselbigen ein solches Loch/ daß ein Mensch daꝛdurch kan auß vnd einkommen: Vnd dieweil dieses Gefaͤngnuß auff die Wassergraͤben hinauß giengt/ machet er an das uͤbrige Gegittet ein langes Seyl/ welches an der Mawr heraber gar biß auff die Erden gienge. Sein Laquey/ welcher im hatte zu diesem Meuchelmord geholffen/ fraget jhn/ warumb er an das Gegitter ein solches Seyl knuͤpffe? Aber er gibet jhm kein an- dere newe zeitung als diese/ daß er den morgenden tag newe Zeitung darvon hoͤren werde. Auff diese Wort vnnd antwort nimmet er den Todtencoͤrper dises armen erstickten Dieners/ vnd ladet jhn dem Laqueyen auff seinen Halß/ daß er jhn soll von dem Ort hinweg tragen vnnd in das heimliche Gemach werffen: Die schrecklichkeit die- ses Lasters macht/ dz mir die Haar auff dem Kopf- fe zu Berge stehen: Dann der Himmel selber bede- ckete sein Angesicht mit einer dicken Wolcken/ da- mit Diebshistorten/ das II. Buch. mit er solchen Suͤnden grewel/ nit doͤrffte ansehen/ die gestirne/ welche mit einem freundlichen vñ lieb- lichen Auge die Erden ansahen vnd sie jrer Stra- len vnud heimlichen wirckunge geniessen liessen/ wurden daruͤber finster vnd trawrig vnd wann der Mond zu der zeit bey vns hette geschienen/ so hette diese vnmenschliche Teufflische that von jhm seine schoͤnheit benommen vnd in eine grosse Finsternuß eingewickelt. Als nun Aminte diese blutgierige schreckliche That außgerichtet hatte/ lest er die Thuͤr am Gefaͤngnuß offen steyen/ sihet seinem Laqueyen nach/ welcher den armen Coͤrper in das heimliche Gemach wirffet/ vnnd leget sich in seines Herꝛn Kammer darauff schlaffen/ welches dann der an- fang solches trawrigen Spiels ist gewesen. Aminte wolte auch hierauff schlaffen/ aber es wolte jhm der Schlaff gar nicht in die Angen kom- men/ dann die gantze Nacht wurde er inn seinem Hertzen vnd Gewissen geaͤngstiget: Wie er sich be- sorgete/ sein begangener Meuchelmord moͤchte of- fenbar werden? Also schwebete er die gantze Nacht in grosser Forcht vnd bangigkeit: Dann es deuch- te jhn/ seines ermordeten Dieners gestalt vnd An- gesicht stehe vor jhm vnd schꝛeye Rach wegen seines todtes: Ja es deuchte jhn/ sein Diener stuͤnde vor seinem Bett vnd fienge uͤberlaut an zu schreyen/ de- rohalben so wurde er daruͤber so toll vnd vnsinnig/ daß er jhm vornahme/ er wolte seinen Laqueyen/ als welcher darbey ware gewesen/ auch opffern/ damit die That desto besser moͤchte verschwiegen bleiben. Aber/ es ist eine gantz vergebliche Arbeit/ du vn- mensch, Beutelschneider/ oder menschlicher grawsamer Tyrann/ daß du dir Ein- bildest/ du woͤllest dem gerechten Zorn deß Aller- hoͤchsten/ der die Gestiern beweget vnd regieret/ ent- fliehen: Dann sihe/ es wird nicht lang anstehen/ so wird er dir zu erteñn geben/ daß er sich der vnschul- digen annimmet vnd dieselbige erectet: Du wirst noch selber erfaren/ daß gleich wie der gerechte Gott langsam ist zur Rache vnd hat bleyerne Fuͤsse dein Meuchelmord zu straffen; Also ist sein Arme desto schwerer vnd vnertraͤglicher/ wann er anfanget zu straffen: Sihe du Gottloser vñ verdamlicher Meu- chelmoͤrder/ wañ schon dein Mordstuͤck aller Men- schen Augen vnd Hertzen verborgen vnd vnbewust were: Wann auch schon kein Mensch auff dem gantzen Erdboden etwas darvon hette gehoͤret oder gesehen: sihe so ist doch noch der Himmel vber dir/ vnder welchem du dein Todschlag hast begangen: Derselbige wird als ein vnverwerfflicher zeuge dei- ner vngerechtigkeit/ dermal eins Vrsach vnd gele- genheit an die Hand geben/ daß du moͤgest gestꝛaffet werden: Der Himmel selber wird deinen eygenen Mund gebrauchen/ daß du selber wirst dein Meu- chelmord bekennẽ vnd zur Straffe offenbaren muͤs- sen. Sehet/ also gehet es nun dem Meuchelmoͤrder Aminte: Er wird von newen in seinem Hertzen vñ Gewissen geaͤngstiget; Tisiphon, Megera vnd A- lecto, wie die Heyden dichten/ quelen jhm mit jh- rem Fewr sein Gewissen/ sie giessen jhm tausenter- ley newe Furcht vnd aͤngste in sein Hertz vnd gewis- sen: Summa an stat deß schlaffens/ wird jhm in seinem Bett so angst vnd bang/ daß er nicht mehr dar- Diebs Historien/ das II. Buch. darinnen kan bleiben: Er stehet auff/ gehet zu sei- nem Laqueyen/ ergreifft denselben bey der Gurgel ersticket jn auch so bald/ wiewol er sich mit Haͤnden vnd Fuͤssen schrecklich wehret: Dann damit er sein moͤrderischen anschlag desto vnverhinderter an sei- nem Laqueyen koͤnte vollbringen/ hatte er jhn schon zuvor/ so bald als er entschlaffen ware/ vnvermerck- ter weise die Fuͤsse jusammen gebunden/ (welches dann vngefehr vmb zwo Vhr nach Mitternacht geschahe) vnd da er jhn je wolte ersticken/ knyete er jhm mit den Knyen auff den Leib/ vnnd griff jhm mit den Haͤnden nach der Gorgel/ daß es dem ar- men Laqueyen vnmoͤglich ware sich zu erꝛetten oder jemands vmb Huͤlffe anzuschreyen: Muste also jaͤmmerlicher weise sein Leben enden. Als aber Aminte seinen Laqueyen auch also er- sticket hatte/ truge er jhn wiewol er sich noch etli- cher massen regete vnd bewegete/ inn das heimliche Gemach vnnd warffe ihn daselbsten hinein: Wel- ches zwar eine scharpffe straff ware/ aber gleichwol eine solche/ die er sehr wol verdienet hatte: Dann wie er deß Aminte Diener hette ersticken helffen: al- so wird er selber ersticket? Wie er deß Aminte Die- ner selber hatte in das heimliche Gemach geworf- fen? Also truge vnd warffe jhn sein Herꝛ Aminte auch drein: Vnd als nun solches geschehen/ begabe sich Aminte widerumb zu Bett vnd hoffete/ er wuͤr- de nun besser/ als zu vor/ ruhen vnd schlaffen koͤnnen Aber die schrecklichkeit seines begangenen Lasters nagete vnd plagete jhn tausentmal mehr/ als zuvor geschehen war: Dann es kommet jhm vor vnnd K duͤncket Beutelschneider/ oder duͤncket jhn/ seyn Schloß sey gantz vnnd gar mit vielem Volck vmbgeben: Es kommet jhm vor vnd duncket ihn/ man fuͤhre jhn schon/ wie ein offentli- ches opffer auff die Richtstaͤrte: Vnd wann er auch schon einmal in einen Schlaff fellet/ so hat er so schwere vnd erschreckliche Traͤume/ dz er im schlaff mehr als einmal dardurch wird gepeiniget vnd ge- martert: Summa/ alles was die Poeten vns er zeh- len von der Hoͤll/ von den Raͤdern/ von dem durch- loͤcherten Fessern/ von dem Fewer vnd erschreckli- chen Fewerflammen/ von dem Foltern/ von der Hoͤllischen Qual vnd Pein: das alles kommet jhm vor/ das alles quelet jhm sein Hertz/ naget jhm sein gewissen vnd macht jm so angst vnd Bang/ daß er nit weiß/ wo er sich soll hinwenden. Was thut er aber hierauff? Weil er vor gros- ser Forcht vnd Bangigkeit deß Hertzens/ im Bett nit schlaffen oder bleiben kan/ stehet er wiewol gantz bestuͤrtzet vnd im Kopff verirꝛet/ vmb vier vhr auff: Vnd dieweil er seinen Meuchelmord auff eine an- dere Manier will vermaͤnteln vnd jederman uͤber- reden/ der Diener sey außgebrochen vnnd darvon gelauffen/ so erdencket er noch ein newes Buben- stuͤck vnnd nimmet jhm fuͤr er woͤlle seinen Gaͤrt- ner auch hinrichten/ auff daß also kein Mensch auff der Welt etwas von seinen sachen wissen oder ver- rathen koͤnne. Er machet ein groß packet Brieff zusammen/ schreibet dieselbige an einen Herꝛn/ so in der gegen- wart de Discion solte wohnen (Aber es ware einer im Sinn vorgebildeter Herꝛ/ vnnd sein Name al- so von Diebshistorien/ das II. Buch. so von Aminte erdichtet) In dem Brieff stundte nichts mehr als die blosse Vberschrifft/ vnnd hatte Aminte auch seine Hand vnd Schrifft verfaͤlschet/ damit man sie desto weniger erkennen koͤndte: Das uͤberige aber an den Brieffen war nichts anderst/ als blosses weisses Papier: Bedencket allhier/ ich bitte euch/ die jhr dieses werdet lesen/ den Betrug vnd verschlagenheit dieses vnsinnigen Tyrannen/ welcher zwo oder drey vnschuldige Personen vmb jhr Leben bringet/ nur allein/ daß er seiner verdam- ten vnsinnigkeit vnd Rachgier ein gnuͤgen thue. Es ist nicht genug/ daß er seinen Diener vnnd Laqueyen hat Meuchelmoͤrderischer weise vmbge- bracht: Er hat das Gegitter an dem Gefaͤngnuß selber zerꝛissen/ zerschlagen/ auff daß er desto besser seinen Diener koͤnne anklagen/ als sey er auß dem Gefaͤngnuß außgebrochen: Vnnd durch seinen Gaͤrtner/ der deß morgens fruͤh solte außgehen vnd verꝛeisen will er die Leut uͤberꝛeden/ es sey sein Die- ner gewesen/ der sich deß morgens fruͤh auß dem Gefaͤngnuß habe darvon gemacht: Auff der ande- ren Seiten aber/ damit sein Gaͤrtner nimmer- mehr widerkomme/ sondern/ vnfehlbarlich auff dem Weg sterbe/ so hatte er den abend zuvor Gifft bereitet/ wolte es auch seinem Gaͤrtner/ ehe er hin- weg reiset/ deß morgens fruͤ zu essen oder zu trincken geben/ auff daß er also mitten auff dem Weg sterbe vnnd nimmermehr widerumb heim kaͤme: Dann er machte jhm diese Gedancken vnnd Rechnung? Wann er seinen Diener vnd Gaͤrtner/ als welche K ij allezeit Beutelschneider/ oder allezeit bey einander waren/ einander gar gleich sa- hen/ vnd einander viel vertraweten/ hette abge- schaffet/ so wurde kein Mensch auff dem gantzen Erdbodem mehr seyn/ der jhn entweder wurde an- klagen koͤnnen/ oder etwas von seinen boͤsen Sa- chen wissen, Der Gaͤrtner vergisset nicht/ was jhm sein Herr befohlen hatte/ sondern stehet des morgens auff vmb 5 Vhr/ vnd gehet zu seinem Herꝛn/ (welcher das Fruͤhstuͤck schon bereitet hatte/) in die Kam- mer/ zu fragen/ was er witers solle außrichten? Als er aber in die Kammer hinein koͤmmet vnd fra- get/ ob er etwas weiters solle außrichten/ will auch die Brieffe abholen/ saget sein Herꝛ Aminte also zu jhm: Ich wil nicht haben/ daß du vngessen auß- gehest: Dann auff dem Weg den du must gehen/ kanstu auff vier Meylen kein Herberg antreffen/ derohalben so ist es am allerbesten daß du ein Biß- lein Brod vnd Ey essest/ ehe du dich solt vnd wilt auff den Weg machen: Da neme den Schluͤssel/ schließ das Tresor auff/ du wirst Eyer dariñen fin- den/ gehe hin vnd laß etliche geschwind sieden. Der Gaͤrtner thut alles/ was jhm sein Herꝛ be- fihlet vnd laͤst zwey Eyer sieden: Vnd als nun der Gaͤrtner die Eyer bringet/ vnd wil ein Bißlein es- sen/ dencket Aminte jetzt sey es zeit/ daß er sein vor- nehmen vollbringe/ thut derhalben/ als habe er ein grossen Lusten zu Trincken/ thut auch ein Ey auff/ als wann er mit dem Gaͤrtner woͤlle fruͤhstuͤ- cken/ laͤst den Gaͤrtner hingehen vnd Wein zaps- sen: Vnder Diebs Historien/ das II, Buch. Vnder dessen aber bereitet er sein Gifft/ thut es dem Gaͤrtner in ein Ey/ vnd damit der Gaͤrtner solches desto weniger mercke/ nimmet er das ande- re Ey/ als der Gaͤrtner auß dem Keller wider kom- met/ thut alß wann er es woͤlle essen vnd sagte zu jhm also: Sihe/ neme du das Ey/ vnd esse es/ dann es ist gar zu weich vor mich: Ich will das meini- ge etwas haͤrter sieten lassen: Der Gaͤrtner nim- met hierauff sein Ey/ schlucket es ein vnd mei- net nicht/ daß er sein todt darmit einschlurcken werde: Aminte nimmet das andere Ey/ welches nicht vergifftet wahre/ vnd isset es: Vnnd nach dem ein jeglicher ein guten Trunck darauff gethan hatte/ machet sich der Bott auff den Weg/ in meinung/ er woͤlle das jm uͤberlifferte packet brieff dem Edelmann/ dessen Nahme auff der Vber- schrifft stunde/ bringen: Aber als er noch nit fuͤnff vnd sechs meilen ist gegangen/ da wird jm so uͤbel vnd weh an seinem Hertzen/ daß er nicht weiter ge- trauet fortzureisen/ begibt sich in eine Herberg vnd laͤset den Wundartzt zu sich kommen. Als er aber in die Herberg kahme/ meineten die jenigen/ so in der Herberg waren/ Er hette die Pest am Halße: Dann es war noch nit lang/ daß man daruon geredet vnd gesagt hatte/ Es fienge in der Nachbarschafft ahn an der Peste zu sterben: Er a- ber betheuerte/ er were an keinem Ort/ da die Pest regierete gewesen/ vnnd wann er solte wissen/ daß die Pest sein solte/ so wolte er lieber tausentmal sterben/ als daß er solte in jhr Hauß kommen vnd jhnen vngelegenheit vervrsachen/ Als sie aber al- K iij so Beutelschneider/ oder so miteinander reden vnnd der Wundartzt jhn be- suchet/ so traͤgt es sich zu/ daß ein feiner Mann/ wie ein frembder gekleydet voruͤber reisset/ in solche Her- berg einkehret vnd begeret/ man woͤlle jhm einen trunck Wein holen vñ ein bissen zu Mittag zu essen geben: In dem man nun jhm erwas zurichtet/ auch seinem Pferd das seinige reichet/ so sihet er/ daß die jenige in der Herberg so sehr auff vnnd ab lauffen. Fraget darauff/ ob vielleicht jemandt inn der Her- berg kranck seye/ darauff im dann wird angezeiget/ es seye jetzt ein frembder Gast ankommen/ derselbige seye todt kranck. Dieser/ welcher ein Medicus ware/ gehet oben auff zu dem krancken/ sihet den krancken wol an/ be- trachtet seine Zufaͤ ll vnd die Ohnmacht/ so jhn an- kommet/ schleust vnd saget so bald darauff/ er muͤste entweder von einer gifftigen Schlangen seyn ge- bissen worden/ oder muß er ein gifftigen Trunck be- kommen haben. Der Gaͤrtner aber will weder eines oder das an- dere gestehen vnd zugeben: Saget/ er sey von keiner Schlang gebissen worden/ so wisse er auch von kei- nem dergleichen vergifften Trunck/ den er moͤge bekommen vnd gethan haben: Dann er hette nim- mermehr gemeinet? Daß sein Herꝛ Aminte jhm solches meineydiges Stuͤck hette beweisen sollen: Als er aber sihet/ daß der Medicus auff seiner Mei- nung bleibet/ vnnd es je laͤnger je mehr behauptet/ fanget er endlich auch an daran zu zweiffeln: Vnd das jenige/ das jhn je laͤnger je mehr bewegte zu zweiffeln/ ja dessen gar zu vergewissern/ daß er hatte ein Diebs Historien das II. Buch. ein gifftigen Trunck eingenommen/ ware dieses: Daß nach dem der Medicus jhm eine Artzney wi- der den Gifft/ so er sonsten auch zu Rom gebrau- chet/ hatte eingegeben/ er eine viertheil Stunde her- nacher anfienge alles auß seinem Leib zu speyen/ warff auß den Gifft/ so er in seinen Leib hatte einge- trancken/ wie auch das gantze Ey/ mit vielen an- dern abschewlichen sachen/ dessen ich mich foͤrchte vor grossem grawen zu erzehlen. Hierauff kame der Gaͤrtner allgemach wider zu sich selbsten/ vnd als er alles wol bey sich bedachte/ was vorgangen ware/ wie sein Herꝛ gehauset vnd die arme Leute geplaget hatte/ kundte er nicht an- ders gedencken vnd außsinnen/ als daß sein Herꝛ Aminte selber jhm solchen Gifft im Ey muste bey- bracht haben: Bricht hierauff auff die Brieffe/ so jhm sein Herꝛ Aminte hatte gegeben/ vnd als er nit mehr als ein blosse Vberschriff findet/ sihet vnnd befindet er in der That selber/ daß sein Herꝛ jhm solches Gifft hatte beygebracht/ damit er seiner moͤ- ge ledig werden. Derohalben/ damit sein Herꝛ nit Vrsach suche jhn vollends vmbzubringen kommet er nicht widerumb zu ihm/ sondern lauffet darvon vnnd begibt sich zu einem vom Adel/ welcher auff zwantzig Meilen darvon wohnete. Vnter dessen aber so meinet Aminte sein Gaͤrt- ner sey todt vnnd hoffet/ dieweil er nun jhm diesen Dorn/ wegen deß Gaͤrtners auch auß dem Fusse habe gezogen/ so werde nimmermehr kein Hahn nach seinem ermordeten Diener vnnd Laquenen mehr kraͤhen: Aber GOtt/ der Hertzen vnnd Nie- K iiij ren Beutelschneider/ oder ren pruͤffet/ vnd der dem Menschen in sein verbor- genes Hertz kan hinein sehen/ wie ein grosser Heilige dar von redet/ der wird endlich das gantze Koͤnig- reich Franckreich lehren/ daß vor jhm nichts kan verborgen seyn vnd bleiben. So bald als es nun vmb sieben oder acht Vhr ware/ kommet Aminte/ mit etlichen seinen Leu- ten/ (welche von dem jenigen/ was die Nacht uͤber ware vorgangen/ im geringsten nichts wusten o- der auch wissen kundten/) vnd nimmet sich an als wann sie mit jhm in das Gefaͤngnuß gehn vnnd dem armen Gefangenen zu Essen vnd zu Trincken solten bringen. Als er aber die Thuͤr der Gefaͤng- nuß sihet angelweit auffstehen/ er sihet/ wie das Ge- gitter am Gefaͤngnuß ist zerschlagen vnd zerꝛissen/ er findet auch das Seile/ welches oben an dem Ge- gitter angebunden ware vnd biß vnten an die Graͤ- ben gienge? Da fanget er an zu rasen vnd zu toben/ schreyet wie ein Blinder/ der seinen Stecken hat verlohren/ er schreyet wie ein Esel/ der ohn Hinder- beuge vnd Schwantzriemen ist: Er thut nicht an- ders/ als wann er seine Leute gar fressen vnnd todt schlagen woͤlle/ daß sie jhm den Gefangenen nicht besser verwahret haben? Bald klagte er diese/ bald jene an als die vornembsten Redleinsfuͤhrer vnnd als die jenige/ so mit dem Gefangen zugehalten ha- ben: Saget/ er woͤlle die jenige/ so mit dem Gefange- nem Kuppel/ Zangen vnd andere Werckzeug ge- geben haben/ daß er sey darvon kommen/ noch wol erfahren vnd sie also stꝛaffen/ daß sich andere gewiß- lich daran stossen solten: Alle seine Leute werden hier- Dibshistorien/ das II. Buch. hieruͤber sehr bestuͤrtzet/ sie wissen nicht was sie dar- zu sagen sollen/ sie sehen einander an vnd ist jhnen so angst vnd bang/ als wann der Himmel Stein regnete: Vnd wiewol sie alle miteinander sich vn- schuldig wissen/ jedoch hat ein jeglicher sorg/ das loß fall auff jhn/ dann sie wusten gar wol/ was A- minte fuͤr ein wunderseltzamer Tyrannischer Man were Vnter dessen aber lest er den Schultheissen vnd Obrigkeit deß Orts kommen lest alles wol hese- hen/ auffzeichnen vnnd auffschreiben/ wie das Ge- faͤngnuß sey auff gestanden vnd andere Vmbstaͤnde mehr/ damit er sich desselbigen zu seiner Zeit vnnd an gebuͤhrendem Ort koͤnne gebrauchen/ vnnd da- mit man jhn im geringsten nicht koͤnne anklagen/ als habe er seinen Diener vmbbringen lassen: Wel- ches dann ein schreckliche Boßheit an diesem A- minte ist gewesen. Also ist vnnd bleibet aber nun dieser begangene Meuchelmord ein zeitlang begraben/ vnd bildet A- minte jhm ein/ es werde nun mehr kein Hahn nicht darnach kraͤhen/ Es werde dieser Stein nimmer- mehr verꝛucket werden: Fanget auch hierauss an viel aͤrger/ als zuvor von jhm jem als ware gesche- hen/ zu hausen/ bedranget die vm bliegende benach- barte Doͤrffer/ beschweret sie von newen/ mit vner- traͤglichen aufflag vnnd Schatzung/ also daß viel Witwe dardurch gezwungen worden/ ihr Tisch vnd Bette zuverkauffen/ damit sie jhre Schatzung erlegen vnd deß Aminte vnersaͤttliche begierd vnd Geltgeitz ersaͤttigen: Daruͤber aber seufftzen vnnd schreyen Witwe vnd Weysen/ jhr Geschrey vnnd K v seuff, Beutelschneider/ oder seufftzen dringet durch die Wolcken vnd koͤmmet fuͤr Gottes Thron/ welches dann gar bald den A. minre zur Straffe wird ziehen: Dann alß solches Geschrey vor die Rent Kammer kahme/ wie nemb- lich Aminte das Volck so gar viel solte plagen/ wurden zwo vornehme vnd wolqualificirte Perso- nen geordnet/ welche der Sachen richtigen vnd be- staͤndigen Grund solten erfahren/ welches dann so bald geschahe vnnd wurde Aminte darauff gehn Pariß gefangen gefuͤhret. Vnder dessen aber/ da man wegen Aminte al- benthalben ließ nachfragen/ wahre das gemeine Volck so furchtsam/ daß sie nichts wider jhn sagen wolten: Dann es wuste ein jeglicher das wol/ daß/ wann Aminte solte loß kommen/ wurden die jeni- ge/ welche jhn entweder angeklaget oder das ge- ringst Wort jhm zu wider geredet hette/ sehr vbel anlauffen/ sie wurden nicht allein jhnen seinen zorn auff den Halß laden/ sondern ohnfehlbarlich auch vmb jhre Koͤpffe springen mussen: Alß sie aber sa- hen/ daß es mit jhm recht ernst wurde/ daß er ge- faͤnglich eingezogen ware/ da ware keiner vnder al- lem Volck/ der jhm nicht begehrte ein guten stoß zugeben/ vnd gieng da dem Aminte/ wie einem Wolff/ welchem/ wann er gefangen ist/ alle Hunde den Hindern spicken/ das ist/ auff welchen alle die Hunde zulauffen vnd jhn beissen woͤllen. Vnd daß wir die Warheit sagen/ so muß das folgen/ daß das gemeine Volck einen grossen haß wider jn gefasset hatte: Dann es funden sich mehr als fuͤnffhundert Zeugen/ welche hernacher offentlichen wider jhn zeu- Diebshistorien/ das II. Buch. zeugeten vnd gnugsam bewiesen/ wie er das arme Volck hatte bedranget vnd geschunden. Er aber verharꝛet nichts desto weniger fleiff vnd fest auff seinem Nein/ er leugnet alles/ was man wider jhn angibet vnd außsaget/ vnd vnderstehet sich die redlichkeit vnd auffrichtigkeit deren uͤber jn gesetzten Herꝛn vnd Richtern zubetriegen vnd ei- nes andern zu uͤberreden: Vber das alles helt man jm vor den Todschlag seines Dieners/ vnd saget jm/ daß niemands anders/ als er allein muͤsse sei- nen Diener heimlich hingerichtet vnd ermordet haben: Dann wiewol man keine zeugen wider jhn kondte auffstellen welche solches mit Augen gesehn hetten; Jedoch gieng es bey Aminte, wie das alte Sprichwoꝛt lautet: Vox populi, vox Christi, das ist/ die Stimme deß gemeinen Volcks ist die Stimm Christi: Wann ein gantze Gemeinde/ ein gantzes Volck von etwas reden/ so muß auff das allerwenigste etwas daran war seyn; Dann jeder- man in solcher Gegend vnd Nachbarschafft hielte darvor/ es muste Aminte selber heimlicher weyse seinen Diener hingerichtet haben vnd das ware auch durch vnderschiedliche vnd gantzglaubliche muthmassung sehr betraͤfftiget: Dann von dem Tage an hatte man nichts von solchem Diener gehoͤret oder gesehen welches nicht hette geschehen koͤnnen/ wann er auß dem Gefaͤngnuß were außge- brochen: Dann da wurde ja jemands entweder jn gesehen/ oder etwas von jm gehoͤret haben. Aminte vertheydigt sich hierwider hefftig/ zei- get an/ wie der Schulheiß vnd Obrigkeit selber das Ge- Beutelschneider/ oder Gefaͤngnuß offen haben gefunden/ brauchet aller- ley Spitzfindigkeit vnd Luͤgen/ das Gegentheil den Richtern einzubilden: Gibet vor/ wann dem je also seyn solte daß sein Diener solte ermordert seyn worden/ so koͤnne es wol seyn/ daß sein Gaͤrtner/ als welcher so bald darauff von jhm were hinweg gegangen vnd entlauffen/ solches gethan hette: Ist also dises ein solche schwere/ dunckele vnd verwor- ne Sache/ daß die Richter selber bald nicht wissen wie sie sich darinnen verhalten sollen: Gleichwol die Warheit/ welche von den Egyptiern ist vorge- bildet worden durch die Sonn/ welche die Finster- nuß vertreibet vnd dicke Wolcken zertheilet/ wird endlich vns sehen lassen/ daß sich nichts vor jhrem hellglaͤntzenden Liecht kan verbergen/ wann sie ein- mal anfanget vnd laͤst jhre Stralen glaͤntzen vnd schimmern. In dem aber daß dises alles mit dem Aminte vorgehet/ (welches zwoͤlff Jahr nach seinem be- gangenen Meuchelmord geschahe/) Erfahren sei- ne Freunde/ daß der gedachte Gaͤrtner solte zwan- tzig Meilen Wegs darvon wohnen: Schicken de- rohalben heimlich nach jhm/ zeigen jhm an alles/ was mit seinem gewesenen Herꝛn vorgehe/ verheis- sen jhm nicht allein fuͤnffhundert Kronen/ wann er wolle gen Pariß ziehen vnd sagen er sey der Die- ner/ von welchem jederman sagte/ daß er von sei- nem Herꝛn Aminte muste erschlagen seyn wordẽ: (Ich habe euch aber droben schon angezeiget/ daß der erschlagene Diener vnd Gaͤrtner einander gar gleich sahen: Derohalben so kundte der Gaͤrtner sol- Diebs Historien/ das II. Buch. solches mit desto mehrerm Schein der Warheit von sich außgeben/ bevorab/ dieweil vnder dessen/ wie wir auch angeruͤhret/ zwoͤlff gantzer Jahr ver- flossen waren/) sondern sie uͤberreden jn auch/ daß er auß Hoffnung solches Geld zu erlangen/ jn sol- ches zuspricht vnd verheisset. Er laͤst sich wol kleiden/ zeugt auff die gethane Verheissung gen Pariß gibt sich bey den Richtern an/ zeiget/ daß sein Herꝛ gantz vnschuldiger weise sey angeklaget woꝛden/ wegen eines an seinem Die- ner begangenen Todschlages: Dann er selber in der Person sey derselbige sein Diener/ von welchem man solches/ wiewol gantz saͤlschlich/ habe außge- geben: Es sey zwar nicht ohn/ daß er auß dem Ge- faͤngnuß seye außgebrochen vnd habe sich mit ei- nem Seyl auß dem Gefaͤngnuß heraber gelassen; Aber er habe hernach durch vnwiderlegliche Zeug- nuß seine Vnschuld also bewiesen/ daß sein Herꝛ wol widerumb mit jme sey zu frieden gewesen/ hab auch seinen Herꝛn offtermals vnder dessen besu- chet vnd sey er durch seines Herꝛn beforderung zu einen solchen Herꝛen den er mit Namen nennete/ kommen. Hic nova Judicii facies, Das ist/ hie wissen abermals die Richter nicht/ was sie zu den Sachen sollen sagen/ wie sie in solchen schweren Sachen weißlich gnug verfahren sollen. Dann es kunde der Gaͤrtner seine Sache so artig vnd zierlich vorbringen/ daß man in dem ge- ringsten keinen Betrug darbey mercken oder ver- spuͤren kundte: Man bringet vnd helt jhm fuͤr die Register vnd Brieffe/ welche der Diener geschrie- ben Beutelschneider/ oder ben hatte: Aber er spricht/ solches seye seine Hand nicht: Man lest auch Schreiber kommen/ jhn den Gaͤrtner als den vermeinten Diener selber etwas schreiben/ aber es findet sich da kein Gleichheit zwi- schen den 2. Schrifften: Jederman sihet es selber/ daß es zwo gantz vnterschiedliche Schrifften seyn. Also daß man abermals zweiffelhafftig ist/ uͤber der Sachen/ vnd meinet Aminte/ er dabt die Rich- ter schon wider betrogen vnd werde bald auß jhren Haͤnden kommen: Aber/ damit man ja der sachen guten Grund habe/ was deß Gaͤrtners Außsag an- langet/ so schicket man an vnterschiedliche Oerter/ damit man ja alle Particulariteten vnd Vmbstaͤn- de wol erfahren moͤge/ so wol was den Gaͤrtner als den ermordeten Diener anlanget. Vnd wie nun die Warheit allzeit flaͤrcker ist als die Luͤgen? Also befindet man/ daß alles das jenige/ was der Gaͤrt- ner vorgeben hatte/ lauter Betrug/ Luͤgen vnnd Falschheit ist: Wird derohalben der Stab uͤber A- minte gebrochen vnd jm dises Vrtheil gesprochen: Daß er allenthalben soll offentliche Buß thun/ vñ jm zu wolverdienter Straff der Kopff abgeschlagen werden: Was aber den Gaͤrtner anlanget/ weil er gantz vorsetzlicher weise die Richter betriegen vnd seines gewesenen Herꝛn Aminte Mordstuͤck habt vertheydigen vnd vermaͤnteln woͤllen helffen/ soll er in dem blossen Hembt vnd mit einem Strang an dem Halß seinem Herꝛn auff den Richtplatz nach- folgen. Vnd darauß sehen vnd lernen wir nun/ wie die Gottlosen der Straffe Gottes/ es geschehe bald oder langsam/ nicht entgehen koͤnnen. Das Diebs Historien/ das II. Buch. Das I X. Capiel. Von einem erschrecklichen Meuchelmoꝛd so zwen Gewissenslose vnd beruͤhmßte Rauber an einer vornemen Edelfrauen vnd jhrem Junckherꝛn vnd Eheman be- gangen haben. E S ist das ausser allem zweiffel vnd gar gewiß/ daß die Liebe/ wann sie einmal inn dem Beutelschneider/ oder dem Hertzen deß Menschen ist Meister worden vnd helt vnser Vernunfft gefangen vnter der schaͤrpffe jrer Gesetze sie seltzame Wirckung hat vnd mit sich bringet Dann sie uͤber vnd beweiset an vns das al- lerschreck licheste/ daß sie nur kan erdichten vnnd er- finden; Aber da ist kein Toben vnd Rasen zu ver- gleichen der Zaumlosen vnd verzweiffelten Vnsin- nigkeit/ welche ein von Lib eingenommener Mensch als dann hat vnd erfaͤhꝛet/ wann er muß sehen/ daß er von dem jenigen/ so er doch so hertzlich lieb hat/ noch gering geschaͤtzet/ ja gar verspottet vnnd ver- achtet wird: Ja daß die schmaͤhliche Verachtung soll ein Belohnung seiner getragenen Liebe seyn: Dann wann die verzweifflung vnd Hoffnung sich antreffen vnnd zusammen stossen/ wann man sich auch erinnert/ dessen was geschehen ist/ vnd solches helt gegen dem/ was zu gegenwertiger Zeit vorge- het/ dardurch wird im Gemuͤht deß jenigen/ der von Lieb ist eingenommen/ ein solches schreckliches Vngewitter erwecket/ daß er nicht Straff genug kan finden/ seine Vnsinnigkeit vnd Rache zuersaͤt- tigen. Wir haben dessen ein solches wunderliches vnd zugleich frisches Exempel gesehen an der Per- son deß Clario, eines uͤber alle massen spitzfindigen Diebs/ (dergleichen wol nie in der Welt ist gewe- sen/) daß wer die alte Historien wolte deßwegen auffschlagen vnd durchblettern/ damit er beweisen moͤge/ was wir Eingangs allhie gesagt haben/ der thete nichts anders/ als wann er wolte den Hanni- bal zu Chartagine suchen/ da er doch an vnsern Pforten ist anzutreffen. Dann Diebs Historien/ das II. Buch. Dann wie jhr selber durch lesung dieser Histo- rien werdet erkennen/ so kone met all das Vngluͤck dieses jungen Champagner von nichts anders/ als von Lieb her. Dieser Junge Mensch war von einem sehr ehr- lichen vnd vornehmen Geschlechte/ dessen Namen vnd Reputation ich allhier nicht will beschmuͤtzen (vnd deßwegen hab ich auch diesem jungen Men- schen den Namen Clario gegeben) vnnd liesse sich in seiner jugend sehr wol an/ also daß jederman eine gute Hoffnung von jhm schoͤpffete/ hatte auch das ansehen/ als wann er gar verschlagen were: Als er aber das sieben dz ehende Jahr erꝛeichet hatte/ fienge er an zu fuͤhlen die stechende Pfeile deß Gottes der Liebe/ vnd wurde in seinem Hertzen durch Lieb sehr verwundet: Er gienge von einer Gesellschafft zu der andern/ hielte sich fleissig zu den Weibern vnnd Jungfrauen/ ware lustiger Natur vnd gabt allzeit zur vrsach Froͤligkeit/ also daß sein dapfferer Muth vnd Kuͤhnheit vieler Jungen vnnd schoͤnen Toͤch- ter Gunst inn seiner Statt erlangete? Es reissen vnd zancketen sich die Jungfrawen vmb jhn/ vnd hette gern ein jegliche jhn zu jhrem Schatz gehabt: Aber an statt daß er sie widerumb solt lieb gewin- nen/ verachtete er jhrer aller seufftzen vnnd klagen vnd warffe seine Liebe auff die schoͤnheit der Clori- de/ einer jungen vnd schoͤnen Edel Jungfrawen/ so in solcher Statt auch wohnete/ vnd begehrte der- selbigen allein seine Geluͤbde zu opffern: Aber alle seine Seufftzen vnnd trawrige Beklagung kundte nicht erweichen das vnbarmhertzige Hertz dieser L schoͤ- Beutelschneider/ oder schoͤnen Jungfrauen/ welche gleichsam ein Ab- schewen hatte jhn zusehen oder mit jhme dem Clarlo zu reden/ vnd achtete sie seiner gar nichts/ wie er es hergegen anderen Jungfrauen/ so jhn lie- beten/ auch machte. Dieses gosse jhm nun die Verzweiffelung in sei- ne Seele: Er laͤst zwar durch seine Freunde Clori- de zu Ehren begehren/ aber es ist alles vmbsonst: Sie hat gantz vnd gar keinen Lusten zu jhme. Sie will vnd mag jhn nicht haben. Vnd ist allhier vnmuͤglich euch zuerzehlen/ wie dieser junge Mensch dieser Jungfrawen halben so hefftig anhielte/ vnnd was er fuͤr Mittel erdachte/ damit er sie moͤchte bekommen: Es ist gnug allhie zu sagen/ daß sein lebelang kein Mensch verliebter ist gewesen/ als eben dieser junge Mensch gegen der jungen vnd schoͤnen Edel Jungfrawen/ vnd wann er sich nicht besorget hette/ er moͤchte seinem ehrli- chen vnd vornehmen Geschlecht einen Schandfle- cken anhencken/ oder sich in grosses Vngluͤck vnd Gefahr selber stuͤrtzen/ so hette er es gewaget vnnd mit Gewalt gesuchet/ was er mit Liebe vnd gutem Willen nicht kundte erlangen: Aber diese Furcht verursachete/ daß er ein anderen boͤsen Anschlag jhm in seinem Hertzen vornahme: Dann auß grosser Vnsinnigkeit/ in welche er geriethe/ dieweil er seiner Liebe nicht kundte geniessen/ verliesse er sei- ne Freunde vnnd Vatterlandt/ vnnd zoge gehn Pariß. Als aber das Geld verzehrẽt vnd dahin ware/ fienge er ein ander Handwerck an vnd begabe sich zu Diebs Historien/ das II. Buch. zu solchen boͤsen sachen/ welche er sonsten vnd zuvor selbsten hatte verfluchet vnd verdammet: Dahin geriethe er aber durch die Vnsinnigkeit seiner Lie- be/ vnd fiele endlich auß einem Vngluͤck in das an- dere. Als er aber nun in die Diebs Gesellschafft auff- genommen vnd auffgeschrieben ware/ name er durch die wenige Hoffnung/ so er wegen eines bes- sern Gluͤcks hatte/ Vrsach sich zu boͤsen dingen zu- begeben: Da redete man von niemands andern als von dem Clario: Er gienge bey Tag vnd Nachs auß zu stehlen/ vnd ware da kein Ort/ da er nicht ein Merck zeichen seiner arglistigen Dieberey hin- derliesse: Er schnitte die Beutel ab/ er uͤberdoͤlpelte die Einfeltigtn/ Er erdappet die Bauersleute/ Er betroge die jenige/ so frisch zu Pariß waren ankom- men: Ja er machte sich auff der Kauffleute Vn- kosten allenthalben bekant vnd sehr beruͤhmt: Vnd muͤste ich allhier sehꝛ viel Zeit haben/ wann ich euch wolte vnd solte alle die Bubenstuͤck/ so er mit den andern Filous oder Beutelschneidern begienge/ er- zehlen: Dann sie gebrauchten sich seiner/ wie auff ein zeit der Affe deß Hasenpfotten gebrauchte/ die Kastanien auß der Aschen zu ziehen/ vnd wie es ge- meiniglich die Becker machen/ welche die Offen- gabel gebrauchen daß sie das Brodt darmit auß dem Offen ziehen: Also gebrauchen die Beutelschneider sich deß jungen Glario/ alle jhre Vorschlaͤge durch jhn in das Werck zu setzen vnd außzurichten/ vnd weil sie sahen/ daß er Hertzhafftig ware/ vnd es ohn alle L ij Fucht Beutelschneider/ oder Furcht hinein wagte/ muste er alles das jenige/ was sie in jhrer Zusammenkunfft vnd erbarem weysen Raht schlossen/ außrichten/ also daß in kurtzer Zeit er fuͤr den besten vornembsten Beutelschneyder vnd fuͤr den loͤsesten Schelmen/ so in Pariß ware zufin- den/ gehalten wurde. Vnder dessen aber truge es sich zu/ daß Cloride deß Clario Lieb verachtet hat- te/ welche zuvor sich verheurahtete an einen an- dern vom Adel auß Champagne/ vnd verhielten sich diese beyde angehende Eheleut also/ daß jeder- man hoffete/ es wuͤrden jhre Freund alle Freude vnd Trost an jhnen erleben. Aber wie der Edelman sich fleissig zu Hoff hielte/ (dann er hatte auch an/ Koͤniglichen Hoff ein gewisses Ampt/) also gerie- the er auff ein Zeit in einen Streit/ mit einem sei- ner Mit gesellen/ forderten einander herausser vnd erstache dieser Edelmann den andern seinen Gesel- len: Er wurde aber so bald von deß erstochenen Freundschafft so hart verfolget/ daß er endlich erdappet/ vnnd gehn Pariß gefungen gefuͤhret wurde. Als nun Cloride solche trawrige Zeitung er- saͤhret/ machet sie sich auff auß jhrem Land vnnd zeucht gehn Pariß/ helt an fuͤr jhren Eheman/ vnd erdencket alles/ was jhr Menschlich vnnd moͤglich ist/ jhrem Ehemann das Leben zu erhalten: Sie gehet zu der Obrigkeit vnd Richtern/ erdencket al- lerley Mittel jhren vorgesetzten Zweck zu erreichen/ hoffet/ sie woͤlle durch jhre Freundliche vnnd liebli- che Wort die schoͤne Lichter/ deren glantz sich in die aller weit abgelegeneste Provintzen vnnd Laͤnder der Diebshistorien/ das II. Buch. der Erden außstrecket/ verfinstern vnnd verblen- den. Als sie nun in der Statt Pariß also auff vnd ab gehet/ ersihet sie auff ein zeit Clario in der Gassen S. Jacques/ vnd so bald klopffet jhm sein Hertz/ die Farb im Angesicht verendert sich: Er erinnert sich der vorigen Liebe/ so er zu ihr hatte getragen/ Er kan sich nicht enthalten/ er muß diese Junge E- delfraw wohl ansehen: Sie aber nimmet nicht wahr/ daß dieser Beutelschneyder (welcher jhr von einer Gaß zu der andern nachfolget/ hatte die Naß in den Mantel eingewickelt vnd wolte außse- hen/ wo sie hingienge/ vnnd warumb sie ware gen Pariß kommen/) sie so wol an siehet: Endlich a- ber als sie nah zu S. Yves kommet/ sihet er/ daß sie mit einem Hoff Procuratore redet wegen jhres ge- fangenen Ehemanns Sachen vnnd Rechtferti- gung/ gehet derohalben auch herbey vnd laustert/ was sie miteinander reden: In dem er aber also zu- hoͤret/ vernimmet er/ daß sie den nechstfolgenden Sambstag soll vnd muß widerumb nach hauß zie- hen vnd fuͤnffhundert Kronen holen: Dann man setzte jhrem Ehemann so hart zu/ daß/ wann sie nit wuͤrde eylends zu den Sachen thun/ er vmb sein Kopff moͤchte springen: Als er nun solche newe Zeitung anhoͤret/ schleichet er sich allgemach wi- der darvon/ vnd setzet jhm vor/ er woͤlle sich an der Cloride/ wegen deß Schimpffs vnd verachtung/ so jhm von jhr war widerfahren/ rechen. Er erwartet der vorgenommenen vnnd ange- stelten Zeit: Macht sich auff vnd zeucht hinweg L iij den Beutelschneider/ oder den Sambstag/ da sie auch soll auff seyn/ begibet sich mit seinem Gesellen auff den Weg nach Cam- pagne: Aber sie begeren fuͤr dieses mal jhr boͤses Vornehmen nicht ins Werck zu setzen: Dann sie gedencken also bey sich selber: Wann sie die Clori- de so bald vmbbringen/ so koͤnnen sie keine andere Beut als jhren Leib darvon haben/ dann sie solte erst hin ziehen vnd Geldt holen: Derohalben so machte die hoffnung (welche sie haten/ daß sie ver- meinten sie wolten die Cloride/ wann sie mit dem Geldt widerumb gen Pariß wolte ziehen/ uͤberfal- len vnnd jhr die fuͤnffhundert Eronen abnemen) daß sie anders Sinnes wurden/ vnd jhr boͤses vor- nehmen biß auff andere vnd bessere gelegenh i it ver- spareten: Sie gehen auß jhrem hinderhalt/ da sie sich an einer Waldt Ecken verstecket hatten vnnd lassen Cloride welche an nichts wenigers als an sie dachte/ fuͤruͤber gehen: Damit jhnen aber gleichwol der Braten nicht entgehe so laͤst Clario der Cloride nachfolgen durch seinen Gesellen/ welcher jhr vol- lends ein Champagnen nachzeucht/ damit er moͤge außkundtschafften/ wann sie widerumb nach Pa- riß werde ziehen: Vnd wañ er solches wuͤste/ wol- le er ein frisches Pferdt entlehnen vnd es dem Cla- rio zu wissen thun/ dann Clario hatte jhm vorgese- tzet er woͤlle sie vmbbringen vnd sich an jhr rechen/ deßwegen/ daß sie jhn verachtet vnd nicht zur Ehe hatte haben vnd nemen woͤllen. Dieser Vorschlag wirdt auch in das Werck ge- setzet: Vnnd als Clario die Zeit weiß/ da Cloride soll widerumb gen Pariß ziehen/ macht er sich auff von Diebshistorien das II. Buch. von Ponthoise, da er deßmals in deß Capitain Corfoirs (welcher zu derselbigen zeit gar bekandt ware: Dann er bedrangete das gantze Land Vexin, gar sehr: Er pressete die arme Bauersleute/ daß sie jhm/ was sie nur erscharꝛen vnd erkratzen kundren/ geben musten/ wie wir in Beschreibung seines boͤ- sen Lebens angehoͤret haben) Gesellschafft ware. Als er nun mit seinem Gesellen auff Cloride laustert vnnd bedencket sich mit jhm auff allerley mittel/ wie er doch Cloride arglistiger weise erdap- pen vnd machen moͤge/ daß sie jhm in seine Garn falle/ saget er zu seinem Gesellen/ welcher ein uͤbe- ler boͤser vnd verschlagener Schelm ware: Wann er die junge Edelfrau sehe daher kommen/ solle er jhr entgegen gehen/ sie freundlich empfangen/ ja sich stellen vnd sie auch uͤberreden/ er sey jhr Vet- ter/ vnd gehoͤre jhm das nechste Schloß zu: Dann er hoffe/ durch solche betriegliche Wort werde er sie bewegen koͤnnen/ daß sie jhm in den Wald nachfol- ge: Vnd wann sie Cloride in den Wald bekom- men/ wollen sie darnach offentlich mit jhr spielen/ vnd die Maßquen oder Larven abziehen. Dann er woͤlle sich nicht sehen lassen/ biß daß er wircklich sein meineydiges vornehmen an jhr koͤnne voll- bringen. Filandre (dann also hiesse deß Clario Gesell) folget diesem Rath vnd Voꝛschlag/ gehet mit einem kleinen Staͤblein/ als wolte er auff die Jacht ge- hen/ auff dem Weg auff vnd ab spatziren/ vnd als er Cloride ersihet/ gehet er jhr entgegen/ empfan- gen sie freundlich/ vnd redet sie mit diesen wortẽ an. L iiij O Gott Beutelschneider/ oder O Gott mein liebe Baaß/ wer hette heut diesen Tag solches gꝛosses Gluͤck hoffen koͤnnen/ daß ich euch allhie solte antreffen? Fuͤrwar/ ich habe dem Gluͤck sehr darvor zu dancken: Ir kennet mich viel- leicht nit/ vnd ich hab euch doch vil in eweren schwe- ren Sachen gedienet sonderlich aber/ was meinen Vettern ewern lieben Herꝛn vnd Junckern anlan- get: Dann gestern bin ich zu dem Koͤnig gangen vnd habe Gnad vor jhn erlanget/ vnd hat man mir gesagt: Ihr seyt heimgezogen vnd woͤllet Geldt ho- len/ welches jhr dem Anklager zu seiner befriedigung sollet geben/ aber Gott sey lob vnd danck/ das Haupt- stuͤck ist nunmehr verꝛichtet: vnd dieweil ich euch e- ben zu rechter zeit antrisse/ solt jhr nicht fuͤruͤber ge- hen/ sondern wann es euch beliebet inn diesem mei- nem Hause/ das jr vor euch sehet/ ein armes schlech- tes Mittagmal geniessen helffen: Dann meine Haußfraw wuͤrde gar vnwillig werden/ wann jhr voruͤber ziehet vnd sie nicht besuchen wollet. Cloride verwundert sich sehr/ daß sie von dem Filandre so freundlich wird empfangen vnd ange- redet: Sie weiß selber nicht was sie darzu soll sagen oder gedencken: Sie weiß wol daß sie in solcher Ge- gendt Freund vnd Verwandten hat/ vnnd das jh- res Ehemans Freund auch allda gewohnet haben/ aber sie hat jhr lebenlang den jenigen/ der sie also an- redet vnd jhr solche vnterschiedliche Sachen/ son- derlich aber/ was jren Ehemann anlanget/ erzehlet/ mit Augen nit gesehen: gleichwol aber wird sie hertz- lich frob da sie anhoͤret die newe Zeitung/ so Filan- dre jhr von jhrem Junckhern erzehlet vnnd daß er bey Diebs Historien/ das II, Buch. bey dem Koͤnig solte Gnad erlanget haben/ derohal- ben spricht sie also zu jhm. Mein Herꝛ/ wiewol ich noch niemals dz Gluͤck vnd die Ehr gehabt habe euch zu sehen vnd zu ken- nen/ jedoch so verursachet die Hoffnung/ die jhr von der Gnad/ so mein Eheman soll erlanget haben/ mir machet/ daß ich tausentmal gesegne den Tag/ daß ich euch habe angetroffen: Dann das kan ich wol mit warheit sagen/ daß seit der Zeit/ da ich von Pa- riß bin außgezogen/ vnd ich nicht hab sehen koͤnnen den jenigen/ welcher die Vrsach meiner Reise ist ge- wesen/ hab auch sonsten keine Zeitung von jhm ge- hoͤret/ mich gedeucht hatte/ die stunde seyn nit allein zu Monden/ sonder gar zu Jahren worden: Bitte euch derohalben/ jhr woͤllet mich fuͤr entschuldiget halten/ daß ich bey euch fuͤr dißmal nit kan bleiben: Dann wann ich mich nur ein wenig auffhalte/ so ist es mir vnmoͤglich/ heut noch gen Pariß zu kom- men/ welches ich dann noch gern thun wolte/ wann es euch beliebete mich gehen zulassen: Dañ ich ver- spreche euch/ daß mein Ehemann vnd ich/ wann wir wider vmbkehren werden/ euch gewißlich besu- chen woͤllen. Meine liebe Baaß/ sagt hierauff Filandre/ es ist verlohrne Arbeit/ daß jhr mir solche Gespraͤch hal- tet: Dann ich lasse es nicht zu/ daß/ wie jhr ohne das so nah bey meinem Losament voruͤber reyset/ jhr mich nicht zu Hauß besuchen sollet: Vnd wann das mein Haußfraw erfuͤhre/ daß ich euch nit mit mir hette heimgefuͤret/ so wuͤrde sie zornig werden vnd mir in vierzehen tagen nicht zu reden: Dann L v meine Beutelschneider/ oder meine Haußfrawe hat mir nun bald sechs gantzer Monat angelegen/ ich solte doch einmal nach vnser lieben Frawen de Liesse ziehen/ damit ich bey euch voruͤber ziehe/ vnd ewern Herꝛn/ meinen lieben Vet- ter besuche: Derohalben so bitte ich dienstfreund- lich/ jhr wollet mir dieses fuͤr diß mal nicht abschla- gen: Ihr sollet mein schlimm Hauß vnnd Schloß besehen: Aber alles/ was darinnen ist/ das stehet zu ewerm Dienst/ wie auch der Herꝛ deß Hauses sel- ber. Weil jhr mir diesen gefallen erzeiget/ antwortet Cloride/ kan ich es euch nicht wol abschlagen/ dann das hiesse sich gantz vnhoͤfflich auff solche freundli- che Bitt vnd Einladung erzeigen: So wolte ich oh- ne das gern meine liebe Baaß/ ewere Haußfraw se- hen/ besuchen vnd kennen lernen/ dieweil ich doch noch niemal das Gluͤck vnd Ehr gehabt habe sie zu sehen vnd mit jhr vmbzugehen. Auff diese Wort fuͤhret sie Filandre stracks zu dem Wald/ darinnen Clario jhrer mit festem Fusse wartete vnd wolt sie lernen erkennen/ wie sein Zorn/ den er wider sie hette gefasset/ so groß vnd vnertraͤg- lich were. Hier aber in dem voruͤbergehenden haben wir zu mercken die Schwachheit dieses Weibs/ welche sich so leichtlich laͤst uͤberꝛeden vnd bewegen/ wie die Fahnen auff den Haͤussern von dem Wind: Sie hat jhren Kopff gantz voll Wind/ vnd koͤndte Vlys- ses sie fuͤr eine blase gebrauchen seine Wind darein zu thun/ welche sonsten der Æolus oder Koͤnige der Winden in seine Windechte Hoͤlen pfleget einzu- schlies- Diebshistorien/ das II. Buch. schliessen: Dann man bedarffe nicht mehr als ein wenig Stroh/ die Weiber von jhrem Wege abzu- wenden: Saget nur zu jhnen/ jhr habet sie sonsten einmal gesehen/ so werden sie es so bald glauben/ vnd werden sich selbsten uͤberꝛeden/ es seye nahe Ver- wandtschafft: Dann jhr zimlich alt seyt/ vnnd habt vor der Zeit nahe bey jhrer Mutter gewohnet/ doͤrf- fen sie euch wol vor jren Vettern halten/ dieweil ge- meiniglich jederman mit jhrer Elen wird abge- messen: Gebt jhr jhnen ein freundliches Gesicht vnd Anblick/ so werden sie glauben/ jhre Anblick seyn so krefftig vnnd maͤchtig daß ewer Fett darvon zer- schmeltze vnd gar zu einer Bruͤ werde: Ja sie doͤrf- fen jhnen dann einbilden ewer Hertz seye durch ihre schoͤnheit mit lib also gefangen vnd eingenommen/ daß jr nicht mehr kennet leben/ wann jr jrer Lieb nit koͤnnet geniessen: Gebet jhn nur ein freundliches liebliches Wort/ so werdet jr machen/ daß sie so bald hindersich auff die Versen fallen: Jr werdet mit dem Aristorele, als mit dem Außbund vnter allen Philosophen/ selbst sagen vnd erkennen muͤssen/ daß auff dieser Welt vnnd auff dem gantzen Erdbodem nichts schwaͤchers/ nichts beweglichers/ nichts vn- bestaͤndigers/ nichts wanckelmuͤtigers ist als ein Weibsbild? Dann jr kennet sie wol uͤberꝛeden/ es sey vmb Mittag stick finster/ vnd schwartz sey weiß/ weiß sey hergegen schwartz. Summa/ ein Weibs- bild ist ein schwaches elendes Werckzeug/ ein Form vnd Muͤster ohne Muster/ Irꝛend/ uͤbel gemacht/ vngezogen/ uͤbel gefuͤhret/ uͤbel zusammen gesetzet vnnd hat allerley Vnvollkommenheit an sich/ so man Beutelschneider/ oder man in der Welt kan finden oder erdencken. Lieber saget mir/ ich bitte euch/ Cloride, welche sich vor die vollkommenste vnnd verstaͤndigste in gantz Champagnen hielte/ was hatte sie fuͤr vrsach/ daß sie dem Filandre in einen dicken gefaͤhrlichen Wald nachfolgete/ nur allein deßwegen/ daß er vorgeben hatte/ er were jhr Vetter: Sahe sie nicht fuͤr sich den vnfreundlichen finstern Walde: Kun- de sie nicht gedencken/ daß/ wann jhr ein Vngluͤck in solchem Wald solte begegnen/ sie keinen Men- schen kuͤndte vmb huͤlff anschreyen/ sondern muͤste in der Gefahr sterben vnd verderben Noch gleich- wol gehet sie mit dem Beutelschneider vnnd ge- dencket nit an die schreckliche grosse Gefahr/ darin- nen sie sich selber stuͤrtzet? kan sie nicht gedencken/ daß ein Betrug ein Bubenstuͤck muͤste darhinder stecken/ in dem daß sich der erschreckliche Minotau- rus, den sie jhr lebenlang nicht mehr hat gesehen/ so freundlich gegen jhr stellet? Aber sie wird gar bald erfahren/ daß man von den Citronen vnnd Melo- nen nicht nur auß der blossen Schelen muß vrthei- len/ sonder daß man sie inwendig wol muß besehen vnd den Grund wol erfahren. Diese junge Edelfrau hatte bey sich ein Laqueyen so vngefehr 12 oder 13 jahꝛ alt war/ derselbige mer- ckete es so bald/ dz die Sach nit richtig ware/ sonder daß Filandre seiner Frauen wolte ein Bubenstuͤck beweisen: Derohalben so sagt er es jhr auch/ vnd ba- te sie/ weil sie den vermeinten Vetter jhr lebenlang nicht mehr gesehen hette/ solte sie sich durch jhn von ihrem Wege nicht abwenden lassen/ vnd wann sie sich nur ein wenig auffhielte/ koͤndte sie den Tag Diebshistorien das II. Buch. nicht gen Pariß kommen: Aber diese Erinnerung vnd Vermahnung galte nichts bey diesem fliehen- den Kopffe: Sie meynet jhr gut Hertz vnd Ver- trauen werde sie auch vor allem Vngluͤck vnd Ge- fahr behuͤten: Gleichwol aber da sie in den Wald hinein gehen/ (gleich als wann Gott selber jhr hette ein heimliche wahrnung geben vor dem Vngluͤck/ das man jhr zubereitete) kommet sie/ ich weiß nit/ was fuͤr eine kalte furcht ahn/ welche jhr durch alle Glieder gehet/ vnnd wird jhr darauff so angst vnd bang/ dz sie gantz bleich vnder dem Angesicht wird/ vnd zu solcher furcht kame hernach der Argwohn den sie von jhrem Vngluͤck hatte: Dann sie mer- ckete wol/ daß sie Filandre nicht stracks zu dem Schloß/ welches er jhr im Anfang gewissen hatte/ zu fuͤhrte/ sondern daß er sie je laͤnger je mehr in den dicken finstern vnd vnfreundlichen Wald hinein fuͤhrete/ derohalben fragte sie jhn/ ob das der rechte vnd stracke Wege zum Schloß zu were? Er ant- wortete jhr aber vnd sagte: Es were zwar nicht der straͤckeste/ aber doch der schoͤnste vnd beste Wege: Vnnd hette nichts zu bedeuten/ daß sie ein wenig von dem Wege abgewichen wehrn: Dann er thaͤte es darumb/ damit sie nicht durch so viel Wasser gehn duͤrfften/ dann den vorigen tage hatte es gar sehr geregnet: Aber also kamen sie je laͤnger je mehr in den Waldt vnd hette gewolt/ daß sie weit von jhme were gewesen: Dann je mehr sie in den Wald hinein kame/ je mehr erschreckete sie das/ daß es so still vnd vnfreundlich vmb sie hero wahre: Doch hatte sie noch alle weil ein kleines fuͤncklein der hoff- nung Beutelschneider/ oder nung inn jrem Hertzen: Dann Filandre hatte sol- che gute vnd freundliche Gespraͤch mit jr/ er erzeh- lete jhr so viel vnterschiedliche dinge/ daß sie es fuͤr ein grosses Laster selber hette gehalten/ nur allein zu gedencken/ daß er sie solte oder wuͤrde inn Vngluͤck oder Gefahr fuͤhren. Als sie aber nun alle drey mitten in dem finstern vnd dicken Wald se n/ da man dann nichts anders als grosse Baͤum/ allerley Gestreuch/ finstere hoͤlen fuͤr sich sahe: Sihe da kommet Clario/ (welcher sich an solchem Ort verborgen hatte/ der Jungen E- delfrawen das Garn zu stellen/ vnd sie zu fangen/) gantz vermummet vnnd mit einem Degen inn der Hand herfuͤr gesprungen: Fanget an/ fluchet vnnd schweret bey Himmel vnd Erden/ Er wolle von jh- nen allen beyden den Beutel sampt dem Gelt ha- ben: Der junge Laquey/ welcher seiner Frawen Pferd bey dem Zuͤgel fuͤhrete/ entspringet so bald vnd laufft darvon/ vnd laͤst seine Fraw Cloride mit- ten vnter diesen zween reissenden Woͤlffen. Filandre nimmet sich an/ als kenne er den Cla- rio nicht: Saget zu Cloride sie solle deßwegen nicht so forchtsam seyn: Dann wann der Dieb nur al- lein seye/ wolle er seiner wol maͤchtig vnnd bald mit jm fertig werden: Sie solle nur von dem Pferd absteigen/ es mit dem Zuͤgel an einen Baum bin- den vnd sich als nur hinder jhm halten/ dardurch dann Cloride abermals eine neue Hoffnung in jrem Hertzen bekame: Dann sie meinete/ Filandre were doch noch trew gegen Jr: Sie gedachte nicht/ daß das alles solte oder koͤndte angestelt ding seyn. Erst- Diebshistorien/ das II. Buch. Erstlich zwar sahen vnsere zween Beutelschnei- der sich vntereinander gar sawer an/ vnd hatte das ansehen/ als wann einer dem andern das Leben gar nehmen wolte: Der klang jhrer Daͤgen/ so sie zu- sammen schlugen/ machte daß Cloride zu ruͤck wi- che/ vnnd vnter einen grossen Baum stellete zu se- hen/ was es fuͤr einen außgang gewinnen vnd was das gluͤck mit jhrem Leben fuͤrnehmen wuͤrde: Aber der Streit dieser zwen Kempffer werete nicht lang: Dann Filandre stellet sich/ als kenne er sich nicht lenger wider den Clario wehren/ nimmet die Flucht lauffet hin vnd verbirget sich bey der Cloride: End- lich aber da legen diese zween Hencker jhre Daͤgen auff seiten/ fallen uͤber diese arme Edelfraw/ stossen jhr ein Wischtuch ins Maul/ damit sie nicht laut koͤnne schreyen/ oder wann sie schon ein wenig schreye/ daß es niemandts inn solcher gegend koͤnne hoͤren. Hie stehet nun still jhr zween meineydige Schel- men/ vnnd wann jhr noch ein Blutstropffen Menschliches Gemuͤhts in euch habt/ so hoͤret an die trawrige klage/ die stumme Saͤufftzer der jeni- gen deren jhr den Mund zu haltet: Erinnert euch/ daß jhr auch Menschen seynt/ wann euch anderst die Natur nicht ein Tyger oder Loͤwenhertz hat ge- geben? Habt jhr wol das Hertz ein solche That vor zunehmen/ dardurch dieser jungen Frawen jhr Zucht/ Ehr vnd Keuschheit/ die sie so lange Zeit inn jhrem Hertzen hat verwahret/ wird geraubet vnnd gestolen? Ist dem also/ O Gott/ O so schlag doch mit Donner vnnd Hagel diesen Schelmen auff Beutelschneider/ oder auff jhre Gottlose Koͤpff/ Laß sich doch die Erden auffthun/ auff daß sie die Hell lebendig verschlinge/ dann du kanst sonsten deinen Donner/ Hagel vnd Fewer nicht besser anwenden. Das seyn new Tita- nes welche durch jhre schreckliche Laster jr Gewalt vnd Reich groß machen/ vnd sich dir selber woͤllen widersetzen: Das hiesse/ auff einen streich dem schaͤd- lichen Thier Hidr æ / welches vns seinen schaͤdlichen Gifft vnterstehet/ beyzubꝛingen/ den Kopff abhauen. Alle dise Gedancken kundten bey disen vnmensch- lichen Tyrannen kein start finden: Sie vergessen al- ler Gottsforcht vnd Barmhertzigkeit/ sie tretten mit Fuͤssen die Guͤte vnd Liebe: Sie werffen diese arme junge Edelfraw nider zur Erden/ welche/ weil sie nicht mehr kan reden/ strecket sie jhre Arm auß sie vmb Barmhertzigkeit anzuruffen/ aber das wil keine statt bey jhnen finden: Mit grossen Kordeln binden sie diese arme Edelfraw an vier kleine Baͤumlein so starck/ daß die Kordeln schier jhr jhre zarte Haͤnd- lein hette durchschnitten. O lieber Gott/ muß dann meine Feder sich noch lenger auffhalten/ in Beschreibung eines so trawri- gen Spectackels? Muß ich allhier beschreiben den Lesern/ so dieses Blat werden lesen mit was fuͤr vn- sinnigkeit diese zwen hungerige Loͤwen diese arme Cloride empfangen vnnd tractiret haben? O jhr Baͤume in dem Wald jhr wisset es? Hettet jhr euch regen/ bewegen/ schreyen oder reden koͤnnen/ so hettet jhr selber dieser armen Eloride vngluͤck beweinen muͤssen: Dann da kan ich wol sagen/ daß sie alle jre Rach/ Zorn vnnd Vnsinnigkeit uͤber dieser armen Cloride liessen außgehen. Wie Diebs Historien/ das II, Buch. Wie es nun der Cloride sehr weh thete/ nicht al- lein/ daß sie sich auff deß Filandre Wort hatte ver- lassen/ sondern/ daß sie sich solte schaͤnden lassen? Also thete jhr das noch mehr weh/ daß sie den je- nigen/ der mit solcher Vnsinnigkeit alle Gelegen- heit sie zu toͤdten suchte/ nicht kundte erkennen: A- ber da er nun seine Larven abgezogen vnd sich ent- decket hatte/ da erkandte sie jhn vnd wurde daruͤber noch mehr erschrecket vnd bestuͤrtzet: Sie meinete/ der Todt solte sie ankommen: Dann sie wuste das selber wol/ daß die Liebe sich in Rach vnd verzweif- felung verkehret/ vnd daß ein Liebhaber/ wann er si- het/ daß er noch von der jenigen/ so er liebet/ wird verachtet/ daruͤber gantz toll vnd rasend wird/ also/ daß er vornimmet alles/ was jhm seine Vnsinnig- keit eingibet: Sie sahe vor jhren Augen den jeni- gen/ dessen gegenwart jhr allezeit war widerspen- stig/ gefehrlich vnd verhast gewesen: Sie sihet das Blut vnd den Meuchelmord an seiner Stimme/ den Zorn in seinen Augen vnnd die Vnsreundlig- keit in seinen Worten. Endlich aber da arbeitete vnd bewegte sich Clo- ride so sehr/ daß sie das Wischtuch/ (so sie jhr inn den Mund gestecket hatten/ damit sie nicht schreyen vnd ruffen koͤndte/) auß dem Mund hinweg thete/ vnnd fienge also an zu diesen Tyrannen zu seuff- tzen vnd zu sagen. Ihr vnmenschliche Tyrannen/ die jhr seyt/ es ist moͤglich/ daß jhr so schrecklich/ so vnbarmhertzig/ so barbarisch sollet vmbgehen mit einer armen Weibsperson/ die euch einen Fußfall thut vnd euch vmb jhr Leben so hertzlich hittet: Vnd M du/ Beutelschneider/ oder du/ ôClario, wann hie bevor die Liebe/ welche du zu mir hast getragen/ noch ein Fuͤncklein einer recht- schaffnen Freundschafft an vnd in sich gehabt hat/ warumb kommestu dann jetzunder also zu mir/ mit dem Degen in der Hand/ eine arme Weibsperson welche schon geschlagen ist/ zu uͤberwinden? Weil du eine solche schꝛeckliche Mordthat wider mich fuͤr hast/ so gedencke doch/ ôClario, daß du hiebevor mir alle deine Geluͤbde hast geopffert? Die jenige/ welche dich jetzunder vmb Huͤlff vnd Barmhertzig- keit anschreyet/ ist die jenige/ zu welcher du all deine Klagen vnd Gebet richtetest/ O daß es Gott in dem Himmel erbarme/ O in was grosses Vngluͤck bin ich jetzundergerahten/ Solte ich glauben den freundlichen Worten dieses vermeinten Vetters/ welcher mich verkauffet vnd mich vberlieffert in die Hand deß jenigen/ der außtruͤcklich saget/ Er koͤn- ne nicht leben/ er hasse vnd veꝛfolge mich dann: Ist es vielleicht vmb meinen Seckel mit dem Geld zu thun/ begehret jr denselbigen? So gebe ich jhn euch hiermit so bald/ allein last doch ewer toben vnd ra- sen nicht weiter kommen/ vnd wann jhr noch ein Fuͤncklein eines Menschlichen Hertzens vnd mit- leidens bey euch habt/ ach so sehet an mein Elend/ ich bitte euch/ jhr selber woͤllet mir mein Leben vnd meine Ehr retten vnd erhalten helffen. Clario, der jhm diese Hertzbrechende Wort sehr wenig liesse zu Hertzen gehn/ antwortet jhr also: Wir seyn jetzunder mit einander in einer Zeit vnd an einem solchen Ort/ da das Bitten vnnd Bet- ten kein platz oder gehoͤr mehr kan finden: Weil du hie Diebshistorien/ das II. Buch. hiebevor meines Willens nicht hast geleben woͤl- len/ vnd hiebevor meiner freundlichen Bitt nit hast ein genuͤgen thun woͤllen/ so muß es jetzunder mit gewalt geschehen: Jetzunder wil ich dich lernen er- kennen/ was ein blutiger Zorn thut/ wo man zu vor alle seufftzen bitten vnd klagen so gar nicht hat hoͤren woͤllen. Auff diese wort binden sie die Cloride an Haͤn- den vnd Fuͤssen mit newen Stricken vnnd Ban- den/ thun jhr das Wischtuch in den Mund hinein/ damit sie nicht schreyen koͤnne/ vnd schicken sich darzu/ mit jhr Vnzucht zu treiben vnd sie zu Noth- zuͤchtigen. Cloride aber fanget an vor grosser Vn- sinnigkeit mit jhrem Mund zu schammen/ sie ruffet den Himmel vnd die Gestirn an zu Zeugen: Sie arbeitet sich/ ob sie die Bande/ mit welchen sie ange- fesselt ware/ koͤnne loß machen vnnd diesen Bar- barischen Tyrannen entgehen: Sie arbeitet sich/ sie wendet sich von einer Seiten zu der andern: Aber es war alles vergebens vnd vmb sonst. Dann Clario vnd Filandre ware gar zu verhitzet auff die- ses Wildpret vnd wolte es jhnen nicht entgehen lassen. Erlaubet meiner Fedder/ wann es euch beliebet/ daß sie mit stillschweigen die schreckligkeit vnd den Grewel dieses Lasters vbergehet: Dann ich muste blutige Dinten vnnd eine Eyserne Fedder haben/ wann ich nur das hunderste theil aller der Grewel/ der Schand/ der Mateer/ welche diese beyde Hen- cker der armen Cloride anthaͤten/ wolte beschrei- ben: Ich will es lieber haben/ daß ewere Gemuͤ- M ij ter Beutelschneider/ oder ter selber sehen vnd bey sich selbsten bedencken das traurige vnnd erschreckliche Spectackel/ als daß ich es euch allhie auff diesem weissen Papier soll be- schreiben. Clario vnnd Filandre wolten jetzo jhr Viehl- sches vornehmen an der Cloride erfuͤllen: Der Laquey aber/ welcher so bald die Flucht genom- men hatte/ stunde am eingang deß Waldes/ da- mit/ wann er jemandes sehe voruͤber wandern/ er denselbigen vmb huͤlff anschrye/ vnd seiner Frauen eylendts moͤge Huͤlff geschehen. Als er aber also schreyet/ ersihet er drey Maͤnner zu Pferd/ wel- che gar geschwind auff dem Wege daher ritten/ vnnd schreyet denselbigen zu/ sie sollen jhm doch zu Huͤlff kommen: Als sie nun sehen/ daß der La- quey so ernstlich schreyet/ kehren sie von dem Weg ab vnnd Reitten stracks auff jhn zu: Aber er er- schracke sehr/ als sie nahe zu jhm kamen: Dann er sahe/ daß es sein Herꝛ ware/ welcher noch Reutter vnnd gute Gesellen bey sich hatte/ hatten treffliche gute Pferde/ waren wol beritten/ vnd mit Pistolen vnd guten Daͤgen wol versehen. Als er nun seinen Herꝛen ersihet/ Redet er jhn also an: Mein Herꝛ/ wann jhr woͤllet ewerm Ehe- weib das Leben retten/ so kommet geschwind mit mir in diesen Wald: Dann es seyn zwen Rauber uͤber jhr/ vnnd woͤllen sie hinrichten: Madincourt (dann also hiesse der von Adel) als er solche trauri- ge Zeitung hoͤret/ bittet die jenige/ welche bey jhm waren/ sie wollen jhm doch in dem Wald nachfol- gen/ vnd einen Beystand leisten: Hierauff reiten sie Diebs Historien das II. Buch. sie sporen streich dem Wald hinein uͤber dickes vnd dinnes vnd kom̃en endlich an den Ort/ da Clario vnd Filandre bey seinem Weibe seyn: Vnd als er sein liebes Eheweib/ welcher die Haar dem Kopff heraber hiengen vnd sich uͤbel gehobe (welches dann dem Edelmann ein trauriges Spectackel ist gewe- sen/) wie auch die zween Rauber/ so da sassen vnnd das Geld/ das sie der Cloride abgenommen hat- ten/ zehleten/ ersiehet; ergrimmet er sich daruͤber/ machet die Bande loß/ darmit sein Eheweib ware angebunden/ vnd dieweil er sich wegen solcher jhm zugefuͤgten Schmach vnnd Vnehr will Rechen/ verfolget er Clario vnd seinen Mitgesellen. Cloride, welche uͤber solche vnversehene Huͤlff so bestuͤrtzet als erfrewet wurde/ leget jhr Haͤnde zu hauff/ hob sie auff gen Himmel/ vnd dancket Gott/ daß er sie so gnaͤdiglich hat errettet/ vnd als sie sich herumber wendet/ vnd jhres lieben Jungkern vnd Ehemanns/ wie auch der beyden anderen/ so sie wi- derumb auffgebunden hatten/ ansichtig wird/ da spricht sie also zu jhnen! O wie seyt jhr so zu einer gluͤckseltgen stunde ankommen: Gelobet sey Gott in ewigkeit/ der euch an dieses Ort hat hergefuͤhret/ dann wann jhr nicht jetzo weret darzu kommen/ so hetten mich diese Rauber ermordet: Ihr sehet/ wie diese Rauber mit mir seyn vmbgangen: Sie ha- ben mich geschaͤndet/ sie haben mich beraubet vnd mir all mein Geld abgenommen: Es ist mir vn- moͤglich euch zuerzehlen/ wie sie so vnbarmhertzig/ so schaͤndlich/ so tyrañisch mit mir seyn vmbgangẽ. Die Wort der Cloride bewogen Madincourt M iij so Beutelschneider/ oder so sehr/ daß er Clario vnnd seinem Gesellen hart nachsetzet/ vnd als er Clario antrifft/ stoͤsset er jhm den Degen durch den lincken Arm hindurch/ vnnd da er den Filandre auch antrifft/ hawet vnd schlaͤ- get er mit aller macht auff jhn zu vnnd verletzet jhn vnter den Magen/ setzet jhnen beyden also zu/ daß sie so bald auff der Wahlstatt den seinem lieben E- heweib abgenommenen Seckel mit dem Gelt wider- geben muͤssen. Sehet also gehet es nun vnsern zween Schel- men vnd Raubern: Da seyn sie nun inn eusserster Gefahr: Sollen sie die Flucht nemen/ so koͤnnen sie es nicht: Dann da waren jhnen drey dapffere Reu- ter auff dem Halß/ die hetten sie gar bald widerumb erdappen koͤnnen/ uͤber das/ so waren sie auch also zugerichtet vnnd gebutzet/ daß sie nicht weit lauffen kundten: Solten sie sich dann zur Wehre stellen/ das wolte auch nicht angehen: Dann es war einer von dem andern gar zu weit: Derohalben ist das das beste: Daß sie auff die Erden nider fallen/ ein Fußfall thun vnnd vmb Gnade bitten: Welches als es Mandicourt sihet/ nimmer er jhme vor/ er woͤlle sie inn die nechste Statt fuͤhren vnnd auff- hencken lassen: Er bindet sie hierauff so fest vnnd starck/ daß sie nicht entwischen koͤnnen/ vnnd mit seinen andern zween Gesellen/ deren wir zuvor ge- dacht haben/ machte er/ daß die zween Rauber mit auß dem Wald gehen muͤssen/ schlagen mit den fla- chen Degen auff sie zu vnnd messen jhnen den Ruͤ- cken so wol/ daß sie wol fortgehen muͤssen: Vnd all- hier muß man nicht fragen/ ob Clario vnd Filan- dre/ Diebshistorien/ das II. Buch. dre/ welche nicht gewonet waren/ solche harte Speiß zu essen/ solches alles inn jhren Maͤgen haben ver- daͤwen koͤnnen/ dann fuͤr die lange weil musten sie ein wenig gedultig seyn/ weil sie doch selber solches Vngluͤck jnen zugerichtet hatten. Cloride fraget vnter dessen jhren lieben Ehe- man/ wie er doch were ledig worden/ vnd vermeine- te noch/ Filandre/ der sie inn den Wald verfuͤhret hatte/ hette etwas darzu geholffen/ bevorab/ dieweil er gesagt hatte/ er selber hette von dem Koͤnig gnad vor jhren Ehemann erlanget: Sie kondte jhr auch noch nicht einbilden/ daß wiewol Filandre solche ge- walt an jhr geuͤbet hatte/ er solcher Schelm/ wie Clario seyn solte. Ich kan euch das wol sagen/ antwortete Madin- court, daß ich gar gluͤcklich bin herausser kommen/ vnd hat nicht viel gefehlet/ Ich were schier wider- umb erdappet worden: Dann da ich noch inn der Gefaͤngnuß ware/ wie jhr wisset/ hatte ich nichts anders als gewiß den Todt zugewarten: Derohal- ben so gedachte ich bey mir selber/ ich muͤste etwas erdencken/ wie ich mich ledig machen moͤchte: Vnd vmb den Mittag/ da alle Gefangenen wider inn jh- re Loͤcher sich hinein machen/ liesse ich mir den Bart gantz abscheren/ wie jhr es auch an mir sehet/ vnnd mich ewer Lebenlang nicht mehr inn solcher Ge- stalt habt gesehen/ name ein andern Mantel/ ein schaͤndliches Kleyd/ ein garstigen schaͤndlichen Hut vnnd ein Flasch inn die Hand/ als wann ich were außgeschicket Wein zu holen/ vnd bin also darvon kommen/ daß es auch der Thorhuͤter vnd Pfoͤrtner M iiij keiner Beutelschneider/ oder keiner ist gewahr worden/ vnd zu allem Gluͤck hab ich diese beyde Herꝛn antroffen/ welche vnsern weg ziehen/ Endlich hab ich auff dem Weg ewern La- queyen ersehen/ der hat mir vnd den beyden Herꝛen von weitem vmb Huͤlffe zugeschryen/ vnnd glaube ich/ daß der Himmel selber mich zu allem Gluͤck hieher an diesen Ort hat gefuͤhret zu euch/ da ihr meiner Huͤlff vnd Beystand am meysten habt be- doͤrffet: Dann ich glaube/ wann ich nicht so bald were darzu kommen/ so hetten euch diese Moͤrder die Gurgel abgeschnitten: Vnd hierauff wendet er sich zu Clario/ gibt ihm vnd seinen Gesellen etliche außbuͤndige gute Kropff vnnd Ruͤckstoͤsse/ vnnd spricht also zu jhnen: Ihr Gottlose Schelmen/ jhr habt mir eine grosse Schmach bewiesen/ Aber Ich wil es euch wol bezahlen/ weil ihr noch inn diesem Wald seyt/ die Holtzwellen sollen euch nichts kosten/ dann ich wil euch so viel aufflegen/ daß jhr sie nicht alle solt tragen koͤnnen. Filandre hette gewoͤllet/ daß er hundert Meilen weit darvon were gewesen/ als er sahe/ daß er so fest gebunden vnnd so sehr gepruͤgelt wurde: Dann er doͤrffte eben so wenig/ als sein Gesell/ das Maul auffthun: Er muste das alles einschlucken vnd mit grosser Gedult leyden: Vnd daß in am meisten ver- drosse/ ware dieses: Daß er muste sehen/ wie man jn zum Galgen zu schleppet: Dann Er kundte jhm die Rechnung selber machen/ wann jhr verdambliches verbrechen der Obrigkeit wurde angezeiget werden/ wurden sie ohne allen zweiffel inn de Herberg zum Mond der Haͤmel huͤten muͤssen/ oder an einem Galgen Diebs Historien/ das II. Buch. Galgen auff die Schildwacht gestellet werden: A- ber ich weiß nicht/ was fuͤr ein gutes Gluͤck jhnen auffstiesse/ daß sie auß dieser Gefahr widerumb erloͤset wurden. Dann als sie den Wald herausser gehen/ ersihet Maudicourt fuͤnff oder sechs Personen zu Pferd/ welche wol beritten waren/ vnd dieweil er nicht ey- gentlich sie erkennen kundte/ wer sie waren/ sihet er hernach/ da er ein wenig naͤher zu jhnen kommet/ daß es Schuͤtzen vnd wolgeruͤstete Leu t seyn/ welche gar geschwind daher reyten/ als wolten sie zu i hme reiten: So bald fallen Mandicourt diese schwere Gedancken ein: Es werde ohn allen zweiffel der O- berste Blutrichter erfahren haben/ daß er sey auß- gebrochen/ vnnd werde diese Reysige jhm nachge- schicket haben/ jhn zu suchen: Wendet hierauff vmb laͤst die zween Gefangene fahren/ setzet sein Weib hinder sich auff das Pferd vnd gibet dem Pferd die Sporen. Die andere/ als sie sehen/ daß Mandicourt die Flucht gibet/ theilen sie sich in zween hauffen vnd se- tzen jhm starck nach/ also/ daß/ da sie noch auff ein fuͤnfftzig Schrit von einander seyn/ Mandicourt sein Weib muß vom Pferd auff die Erden nider se- tzen/ damit er desto besser entfliehen vnnd entgehen moͤge: Aber es ware doch solches alles vmbsonst/ dann er hatte mit schrecklichen Reutern zuthun/ welche/ als sie jn erdappet hatten/ jme so bald im na- men deß Koͤnigs befahlen/ er solte jnen nachfolgen/ vnd das Wehr von sich geben. Mandicourt erschricket uͤber diese traurige Zei- M v tung Beutelschneider/ oder tung uͤber alle massen vnnd will jhnen all sein Gelt geben/ damit sie jhn lassen gen vnnd darvon fliehen: dann er hatte bey sich die fuͤnff hundert Cronen an lauterm Golt/ welches sein Eheweib jhm hatte gen Pariß woͤllen bringen/ damit er desto ehe moͤchte ledtg werden: Aber sie woͤllen das Gelt auch nicht annemen sie wuͤsten dann zuvor/ warumb er solche Gefangene/ welche noch an dem Wald angebunden vnd angefesselt waren/ mit sich fuͤhren/ vnd sonder- lich/ wer jhm solche gewalt gegeben hette die Leute also anzufesseln vnd gefangen zu nehmen. Mandicourt welcher sich schuldig wuͤste/ wuste nicht was er darauff solte antwoꝛten: ob er sich solte entschuldigen/ oder ob er jhn den Verlauff deß gan- tzen Handels solte erzehlen/ vnnd was jhn darzu bewogen hette: Hergegen aber so ware dem Clario vnd Filandre auch nicht heimlich bey den Sachen/ dann das zittern jhres gantzen Leibs vnd aller jrer Glieder gabe genugsam zu erkennen/ daß jr Hertz von forcht gantz eingenommen ware: dann zween auß den Schuͤtzen vnd Reissigen waren bey Cla- rio vnd Filandre blieben/ sie zuverwahren/ vnter des- sen/ daß die andere vier dem Mandicourt vnnd sei- nen Gesellen nachfolgeten. Endlich aber/ damit ich euch nicht lang auffhal- te/ fuͤhrete der Capitaͤn dieser Reysigen Mandi- court inn den dicken vnnd finstern Wald hinein: Liesse jhn gantz/ biß auff das Hembd/ außziehen/ name seinem Weib alles was sie vmb vnnd bey sich hatte vnd sich in jhren Kram schickete: Vnd wart er noch Diebshistorien das II. Buch. er noch froh/ daß er mit dem Leben solte darvon kommen: Vnd als er an den Ort kame/ da Clario vnd Filandre waren/ thaͤten Clario vnd Filandre dem Capitanen ein Fußfall vnd sprache Clario al- so zu jhm: Mein Herꝛ/ Gesegnet vnd Gebenedeyet sey die Stunde/ da jhr hieher zu allem Gluͤck in diesen wuͤsten Wald kommet: Dann die Vnsinnigkeit deß jenigen/ den jhr verfolget vnd erdappet habt/ ware so groß gegen vns (wie er dann dessen Vr- sach gehabt hat: Dann wir haben jhm sein Ehe- weib beraubet vnd genohtzuͤchtiget) daß er vns wol- te hinfuͤhren vnd auffhencken lassen/ wann jhr nit darzu kommen weret: Derohalben so bitte ich euch/ jhr woͤlltt vns vnsere vorige Freyheit widerge- ben/ vnd vns in ewre gesellschafft auffnemen: Dañ wann dieser Edelmann/ welchen jhr habt verfolget/ noch nicht tod ist/ so muß er noch von meiner Hand sterben/ vnd muß sein Weib eben das auch außste- hen: Dann jhr sehet wie er vns gebunden vnd so uͤbel hat gebutzet vnd zugerichtet. Der Capitaͤn dieser Reysigen oder vielmehr die- ser Moͤrder vnnd Rauber befih et hierauff so bald/ man soll sie ledig machen/ vnd dieweil er selber die- se beyde an dem Madincourt will rechen/ ist er wi- der auff/ reitet zu Madincourt vñ desselbigen Wei- be/ welche allein sitzen/ jhr Vngluͤck beweinen vnd so sehr schreyen/ daß sie sich in jhren Traͤnen hetten baden koͤnnen/ (dann die zween andere hetten sich bey guter Zeit auß dem Staube gemacht) vnd als er jhrer ansichtig wird/ stoͤsset er jhnen beyden Ehe- leuten Beutelschneider/ oder leuten auß einer Vnsinnigen Rache den Degen durch den Leib hindurch/ daß sie so bald todt seyn vnd dahin fallen: Vnnd also gienge es nun dem Madincourt: Dann da er meinite/ er were nun le- dig auß dem Gefaͤngnuß worden/ damit er seinen Kopff nicht zu Pariß en Greve verloͤhre/ geriethe er in sein groͤstes Vngluͤck/ da er sein liebes Ehe- weib wolte retten: Ja da sie alle beyde vermeineten/ eines dem andern sein Leben zu erhalten vnnd auß der grossen Gefahr/ darinn sie gerathen waren/ zu erloͤsen/ kundten sie doch dem Todt nicht entgehen/ sondern musten alle beyde beyeinander so schaͤnd- lich vmb jhr leben kommen. Jetzt sehe ich schon wol/ daß jhr mit Vngedult erwartet vnnd gern wissen woͤllet/ wer doch der schreckliche Rauber vnd Moͤrder sey gewesen/ wel- cher vnder dem Schein eines Schuͤtzen solche schroͤckliche That wegen seiner Gesellen/ dieselbige an Madincourt zu rechen hat begangen? Weil jhr es zu wissen begehret/ will ich euch sa- gen: Es ist niemands anders als der Carfour ge- wesen/ welchen Clario sehr wol kennete/ vnnd von welchem er (wann man anders also soll reden) sei- ne Lehrbrieff hatte bekommen. Dieser Carfour wie er in dem ersten Buch ein Beschreibung seines Lebens habt angehoͤret/ wart nach dem Guillerij der vornembsten vnd beruͤhm- sten Rauber einer/ so jemals in Franckreich seyn gewesen/ vnd pflegte von einem Land zu dem an- dern zu streichen vnd zu ziehen: Er name mit alles/ was er nur antraffe: Aber vierzehen tage zuvor/ eht Clario Diebshistorien/ das II. Buch. Clario dieses meineydige Mordstuͤck begienge/ hatt er jhm sechs Reuters Roͤck/ wie deß Obersten Blut Richters Diener pflegen zutragen/ machen lassen/ dieselbigen ließ er seine Mitgesellen anle- gen/ zoge also vnverschaͤmbter weise durch alle Haͤuser der Bauern vnnd der Hoffleuthe vnder dem schein als wann er diesen oder jenen Vbel- thaͤter suchete/ vnnd stale deß Nachts was er deß Tags nicht hette mitnehmen doͤrffen/ ja das beste das er fande vnd sich in seinen Kram schickte: Also daß das Gluͤck dem Clario sonderlich wol wolte/ dz Carfour eben an dẽ Ort kame/ da er seiner am mei- sten beduͤrffte/ vnd Carfour machte es fuͤr sein muͤh vnd arbeit nach dem alten Sprichwort. Eligentis melior est cõditio : Der die wahl hat/ kan allzeit dz beste darauß lesen: Dann von den fuͤnffhundert Cronen name er nicht mehꝛ als vier hundert/ vnd ließ Clario vnd Filandre die uͤbrige hundert Cro- nen/ also daß ein jeglicher funfftzig darvon bekame: welches dann auch billich ware wegen der auß- buͤndigen stattlichen Stoͤsse/ so sie von Madincourt daruͤber empfangen hatten. Wie aber die Hunde/ je mehr man sie in einer Kuchen schlaͤget/ je erger werden/ vnd man die Stecken vnd Bruͤgel zu nichts anders als wider die Hunde will gebrauchen; Also nach dem diese zwen Schelmen wol waren abgepruͤgelt worden/ vnd sie jhnen einbildeten/ sie weren nun Meister auff dem Diebshandwerck worden/ zogen sie gen Pariß so frewdig als wann sie auß Perou wider kommen weren: Doch lage das dem Clario noch im Beutelschneider/ oder im Magen/ daß der Carfour so vngleich die Beu- te mit jhnen abgetheilet/ vnd jhnen von fuͤnffhun- dert nicht mehr als ein hundert Cronen hatte gege- ben: Derohalben name er jhm fuͤr/ er wolte solches an Carfour rechen/ vnd solte er auch daruͤber sein Leben einbuͤssen. Er macht sich auff von Paris vnnd zeucht in Champagnen/ da Carfour sich auffhielte vnd alles verhergete vnd verderbete/ wie ein grosses Wasser/ welches alle Daͤmme zerreist vnd mit sich hinweg fuͤhret/ alles was es nur antrifft: Vnd dieweil sein vnverschaͤmkeit jhn hatte hertzhafft gemacht/ mach- te ser in kurtzer zeit so viel kundschafft vnd freundt- schafft mit dem Carfour, daß er Carfour jhn den Clario fuͤr seinen besten Gesellen hielte/ fuͤhrete jhn mit hinauß auff die Beute/ entdecket jhme sein An- schlaͤge vnnd erzeiget jhm alle Ehr vnnd Freund- schafft Aber Clario sihet vnder dessen alles auß/ wo Carfour sein Gelt hinthaͤte/ wo er die Schluͤs- sel zu seiner Laden hatte/ vnd nimmet jhm vor/ er wolle es wider wett machen/ wegen der vierhundert Cronen/ so er von dem Madincourt bekommen hatte. Hierauff bricht Clario dem Carfour ein Lade vnden auff/ thut ein stuͤck Bodem vnden hinweg/ vnd nimmet jhm nicht mehr als hundert Pistolen/ welche Carfour den Abend zuvor in deß Clario gegenwart hingeschlossen hatte: Machen sich mit solchem Geldt darvon/ aber er kan nicht weit hin- weg kommen: Dann Carfour, welchem Clario das Geldt genommen hatte/ schmecket den Bra- ten/ Diebshistorien das II. Buch. ten/ als der viel verschlagener als Clario ware/ Reitet seinem/ Kerlen nach/ erdappet jhn/ vnnd fuͤhret jhn in einen dicken finstern Wald/ vnd will jhn allda erkennen lehren: Daß/ wann jhn sein hertzhafftigkeit habe beweget/ jhn zubestelen vnnd zu berauben/ so kõnne sein Zorn/ vnd Toben jhn den Carfour auch bewegen sich an jhme zu rechen/ vnd jhn todt zuschlagen: Bindet jhn also in dem Wald an einen Baum/ vnnd will seine Gesellen holen/ auff daß sie auch an deß Clario Exempel lehrnen/ daß sich nimmermehr keiner an seinen Lehrmeister soll reiben/ vnd daß es gar gefaͤhrlich ist/ wann man einen der viel verschlagener ist als wir seyn/ wil angreiffen. Als aber jhrer einer oder vier kommen vnd woͤl- len den Clario, welchen Carfour schon uͤbel zer- schlagen/ vnd jhm seinen Leib mit starcken Strei- chen wie einen Capaunen von Maes schoͤn het- te gespicket/ vollendts fertig machen vnd todtschla- gen: Sihe da kommen ein hauffen Reutter von Dision daher geritten/ vnd wollen Carfour fan- gen: Dann weil sie den Abend zuvor erfahren hat- ten/ daß er sich in der Gegend Auxerre in einem Wald/ so zwen oder drey Meilen davon ligt/ solte auffhalten/ hatten sie sich mit Pistolen/ Daͤgen vnd Waffen wol versehen/ damit sie auff allen nothfall sich genugsam vertheydigen vnd verwahren koͤnd- ten/ vnd Ritten auff solchen Wald zu. Als aber Carfour sihet/ daß jhme diese Reuter gar zu nahe auff den Hals kommen woͤllen/ gibt er seinem Pferd die Sporen so hart/ daß er in einer viertel Beutelschneider/ oder virtel stund jnen gar entgehet/ vnd auß dem Gesicht kommet Zwen aber von seiner Gesellschafft/ welche wegen jrer abgematteten Pferde jm nicht folgen kundten/ musten zum Pfande bleiben/ vnd zeigeten jn an den Ort/ da Clario angebunden war/ auch jꝛen vorschlag/ daß sie Clario tod zuschlagen vorgenom- men hatten/ wann sie nicht darzu kommen weren. Als nun dises die Reuter hoͤreten/ kehreten sie vmb/ ritten in den Wald hinein/ vnnd fanden den ehrli- chen Mann an dem Baum angebunden/ welcher auff nichts anders wartete/ als daß je zu Carfour vnd seine Gesellen kommen vnd jhm den Kopff ein- schlagen wuͤrden/ welches er dann wegen seiner be- gangenen schelmenstuͤck wol verdienet hatte: Aber der Himel behielte jn zu einer andern augenschein- lichen straff/ auff daß alle die jenige welche jn wuͤrdẽ sterben sehen/ an solchem Exempel sich spiegelten vñ vor dergleichen Vbelthaten sich huͤteten: Derohal- ben/ wiewol Clario gantz blutig vnd von Carfour blaw vnnd schwartz geschlagen ware: Es zeugett auch die Erde/ so von seinem Blut war geferbet/ wie uͤbel er von Carfour ware zerschlagen vnd era- ctiret worden: wurde er doch von den Reutern hin- weg genommen: Dieselbige setzeten jn sampt seinen zween andern Gesellen hinde sich auff die Pferde vnd fuͤreten sie in die Statt Dision/ da dann nach außgestandener Folter vnnd darauff erfolgten be- kandtnuß sie miteinander zum Rad verdammet wurden damit sie/ wie jhre verbrechen wol verdie- net hatten/ andern zum Exempel gestraffet wurden deß Carfours Gesellen klagten den Clarto an we- gen vie- Diebs Historien/ das II. Buch. Clario an wegen vieler Mordstuͤck/ so jhme vor seinem todt vorgehalten worden. Auß dieser erzehlten Historien aber sehen vnnd lehrnen wir/ daß GOtt als ein gerechter Richter die jenige endtlich ernstlich vnd schrecklich straf- fet/ welche muthwilliger vnd vorsetzlicher weise den Lastern vnd Vntugenden sich ergeben/ uͤbertretten seine heilige Gesetze vnd Ordnung: Vnnd wann die Menschen das Schamhuͤtlein so gar abziehen/ vnd die Gesetz Gottes uͤbertretten/ so hat er seinen Donner in der Hand/ Er ist ein Allmaͤchtiger Gott/ der sie nach jhrem Verdienst belohnet: Vnd wann sich da einer verberget vnd verstecket so gut als er kan weiß jhn der Allwissende Gott gar fein widerumb zu finden: dann deß Clario Mitgesell wurde zwen Monat hernach in der Gassen San- cto Dees an seinen Hals auffgehencket wegen ei- nes Mords/ so er an einem ehrlichen Kauffmann/ als er deß Abends wolte nach Hauß gehen/ began- gen hatte. Das X. Capitel. Von den Bubenstuͤcken deß Adraste vnd sei- ner Mitgesellen/ von den vnterschiedlichen Rencken/ deren er sich hat gebrauchet. I N erzehlung der zwoen vorhergehenden Historien habt jhr angehoͤret/ die schreckli- che traurige vñ blutige Mordstuͤck/ welche etliche gottlose verzweiffelte Buben vnd Personen N began- Beutelschneider/ oder begangen haben: In dieser Historien aber werdet jhr lehrnen/ daß das Hertz vnd Gemuͤth deß Men- schen/ welcher einmal ein Bubenstuͤck hat began- gen/ sich darnach zu allerley Suͤnden leset gebrau- chen: Jene Historien waren voll schrecken/ Mord- stuͤck/ Metzeln vnd Blutvergiessen: Da hoͤret man von nichs anders als von Todtschlagen/ von vn- sinnigkeit toben vnnd rasen: Diese Historien aber werden etwas lieblicher zuhoͤren vnnd lustiger seyn zu lesen: Dann da wil man nichts mehr von Blut- vergiessen hoͤren/ sondern von dem Durchlauff/ so die Beutel bekommen haben: Da wird man nichts mehr hoͤren/ wie den Leuthen die Koͤpff abgeschla- gen werden/ sondern wie die Beutel sein vnsichtbar worden: Vnd seyen doch solche geschehene ding in jhrem Geschlecht nicht weniger als die andere/ voll Boßheit/ wiewol Adrastus in allen seinen Rath- schlaͤgen das fuͤr eine gemeine Regel hat gehalten/ man solle sein Heꝛtz vnd Haͤnde nit mit Menschen- blut besudlen vnd beschweren. Ich erinnere mich jetzunder dessen/ daß ich hiebe- vor hab gelesen in der Fabeln Esopi/ daß als Xan- thus einen Knecht auff eine zeit suchete/ fande er ei- nen vnder vielen andern/ der sich ruͤhmete/ er wuͤste vnd kuͤndte alles. Auff dem Kornspeicher thaͤte er wunder: Dann da bekame er die Maͤgde vnd spielete also mit jnen/ daß es jhr Bauch nicht laͤugnen kunde: Gleich wie viel zuthun pflegen/ welche wann sie die hohe Oerter suchen/ hernacher gar in finstere Gruben heraber steigen. In Diebshistorien das II. Buch. In der Kammer ware er ein Wunderwerck Daß Cornici Tapanda hat niemals so viel wissen koͤnnen. Was die Kuͤche anlanget/ thaͤte er sein Ampt auch: Dann damit ja niemand seinem Herꝛn mit Gifft in der Speise vergeben koͤndte/ pflegete er zuvor alle Bruͤh vnd Gericht in der Kuͤ- chen wol zuversuchen/ damit er also den Speissen die bitterkeit/ vnd zugleich auch den Argwohn be- nehme. In dem Weinkeller da kundte es jhm niemands vorthun: Dann er kundte den Wein so meisterlich außpfeiffen/ daß es ein lust ware: Man findet viel Leute/ welchen es uͤbel gehet/ wann sie ein Glaß voll Wein sollen auß trincken/ dieser aber kondte ohne Seyl vnd Strick den Wein wol inn seinen Magen hinab lassen: Xanthus hat wol sein leben- lang einen solchen Weinsauffer nicht gesehen/ vnd kundte man wol von jhm sagen/ daß er alles kundte. Aber das ist alles weniger als nichts/ gegen dem Adrasto/ welcher in seinem Leben mehr Kunst vnd Handwercker gelernet hat/ als Archimedes mit allen seinen Mathematicis in einer Stunde het- te erzehlen koͤnnen. Es war viel ein ander Werck mit jhm/ als mit jenem Englischen Landfahrer/ welcher von einem Gluͤck in das andere wie ein Schneeball/ der von einem hohen Berg heraber lauffet/ ware geweltzet worden: Dann wie ein vornehmer Historienschreiber zu seiner zeit/ wel- cher es von Sandelo gelehrnet hat geschrieben/ so N ij ware Beutelschneider/ oder ware er ein Meßner/ Allmosenpfleger/ Bischoff/ Ertzbischoff/ Cantzler/ Cardinal/ Apt/ Legat/ Key- sers Caroli deß Fuͤnfften Kostgaͤnger/ Hauß- vatter/ Bettler/ vnd endtlich alles vnd gar nichts gewesen. Aber Adrastus wuste noch tausentmal so viel: es ist zwar war/ daß er nicht so hoch ware gestiegen: Aber er hat sich besser in der Welt vmbgesehen/ er hatte viel Land vnd Koͤnigreich durch zogen: Es ware jhm nicht genug/ daß er ware gewesen ein Sticknadel macher/ daß er kleine Bilder auß Pa- pier gemacht vnd solches Kunstreiche Handwerck getrieben hatte/ daß er war gewesen ein rechter Fabelhans/ der die Leute mit alten verlegenen vnd verlogenen Fabeln kundte erlustiren/ daß er die Schwartze vnd dirlint die dint guter lint die dinten hatte außgeruffen/ daß er ein Lumpensam- ler/ ein Schuhflicker mie dreyfachen Solen/ ein Wollzieher/ ein Laquey/ ein Wambsmacher/ ein Grempeler war gewesen/ daß er die Ostern mit den Schalen verkauffet/ daß er ein Hock vnnd Speßikremer/ ein Hurenwirth/ ein Vhr- macher vnnd vollkommener Bettler were gewe- sen/ dardurch ein gemeiner Mann kan geadelt vnd so groß hoch vnd vornehme/ als der Koͤnig võ Juetot kan gemacht werden: Sondern er war al- les/ er wuste alles/ er verstunde alles/ nichts war jhm zu kalt oder zu warm: Heut ware er zu Hoff/ morgen stunde er vor einer Kirchen vnnd bettelte/ bald ware er einer vom Adel/ bald gar ein Bettel- mann/ bald gieng er wol gekleydet/ bald gieng er so zerlum- Diebs Historten/ das II, Buch. zerlumpet vnd so zerrissen daher/ dz er die Schwar- te oder Haut nicht recht bedecken kundte: Vnd das ich es euch mit einem Wort sage: So ware er einer von den bestẽ Beutelschneidern/ so man in der gan- tzen Bruderschafft kundte finden. Er hat so vil Bu- benstuͤck angestellet/ so viel Schelmenstuͤck began- gen so viel Renck vnd Schwenck gebrauchet/ daß niemandts sich bald wird finden/ der nicht von jh- me als von dem vornembsten vnnd beruͤhmbsten Dieb/ so jemal auff Erden mag seyn gewesen/ habe reden vnd sagen hoͤren. Er ware von Ponthoise buͤrtig/ vnd da er vier- zehen Jahr alt war/ hatte er schon viel Land vnd Koͤnigreich durchlauffen/ also daß er in allen stuͤ- cken wol fuͤr einen Meister passiren kuͤndte. Ich wil anfangen von seinen stuͤcken/ so er so bald im an- fang hat getrieben/ vnd will mein Gespraͤch mit sei- nem Leben enden. Die Gosettes sagen vnd erzehlen (wann man anders auch allerley Fabeln/ welche man vns uͤber das Gebirg herbringet/ soll glauben) daß er auff ein Zeit in Italien in der Statt Panzano dem All- lerobersten vnd vornembsten der Statt sein Leben hat errettet/ als drey seiner Feinde an einer Gassen- Ecken auff jhn warteten vnd jhm sein Leben ne- men wolten: Dann nach dem er jhren heimlichen Anschlag außgekundeschaffet hatte/ gienge er hin zu dem Obersten in der Statt vnd zeigte jm solches an/ welcher auch im Werck selber befunde/ daß A- drastus die Warheit gesaget hatte: Dann als sol- ches der Obriste erfahren hatte/ name er fuͤnff oder N iij sechs Beutelschneider/ oder sechs wol geruͤstete vnd starcke Maͤnner bey sich/ er- griffe vnd fienge die jenige/ welche jhn hatten uͤber- fallen woͤllen: Er ließ in Gefaͤngnuß werffen die je- nige/ welche jhm das Hertz im Leibe hatten durch- stechen woͤllen: Vnnd von derselbigen Zeit an sahe man auff allen Gassen auffgerichtete Galgen/ als offentliche Zeugnuß/ daß der Obriste in der Statt solche Mordstuͤck ernstlich wolte straffen lassen. Seyt der Zeit aber/ daß Adrastus solche heimli- che Zusammenschwerung hatte verꝛahten vnd ent- decket/ wurde er von dem gesagten Obersten so lieb vnd werth gehalten/ daß er ledig gesprochen wurde/ wann er auch schon das aller vnverantwortlichste Bubenstuͤck hatte begangen: Er wuste wol/ daß er nicht gefangen geleget wurde/ wann er schon aller- ley Renck vnd Liste gebrauchet/ den Italienern jh- re Beutel zuerdappen: Vnnd ob wol die Italiener sonsten spitzfindige arge Koͤpff seyn/ so kundten sie doch diesem Gesellen nicht klug genug seyn/ daß er sie nicht wie die Gaͤnß ropffete vnnd jhnen die Beutel außfuͤhrete: Dann wie ich es schon in dem Anfang habe gedacht/ so begerte er keinen/ den er be- raubete vnd bestahle/ et was an dem Leben zu thun: Ja er hette sich lieber hencken lassen/ als daß er sein Haͤnde mit eines Menschen/ den er deß Nachts auff seinem wege antraffe/ Blut solte besudeln vnd be- schweren. Das Geschrey von seinem rauben vnd stelen wa- re so groß/ daß der Oberste in der Statt gleichsam gezwungen wurde jhn zur straffe zu ziehen/ damit also dem Geschrey deß gemeinen Volckes welches jn gern in der Lufft hette sehen dantzen ein gnuͤgen Diebshistorien/ das II. Buch. geschehe: Ehe er jhn aber gefangen name/ ließ er jm auff ein Zeit ein Botten schicken vnd jm sagen/ er solle ein gang zu jhm kommen/ dann er habe jhm et- was nothwendigs zu sagen: Vnnd als er sich nun einstellete/ redete er jhn also an. Du weist wie sehr ich dich liebe vnd ehre/ deßwe- gen/ daß du mir mein Leben hast erꝛettet: So wolte ich auch nicht gern etwas fuͤrnehmen/ daß dir zu wider were/ oder daß zu deinem Schimpff/ Spott/ Schaden vnnd Lebensgefahr solte außschlagen: Du bist in der gantzen Stat Panzano/ wie der boͤ- se Pfenning beschreyet: Jederman klaget vber dein stelen vnd duncket jederman/ Es seyen nicht Raͤder oder Galgen genug dich darmit zu straffen: gleich- wol aber so wil ich nichts wider dich fuͤrnehmen/ ich habe dich dann dessen zuvor vnnd zwar genug- sam erinnert: Derohalben so erinnere vnnd bitte ich dich/ du woͤllest hinfuͤro dich der schaͤndlichen boͤsen Gewonheit/ welche du zu stehlen hast/ du kom- mest oder gehest hin/ wo du woͤllest/ abthun: Dann sonsten wirdt mich das Gemeine Geschrey deß Volckes vnnd der Buͤrger zwingen die schaͤrpf- fe der Gerechtigkeit wider dich zugebrauchen/ vnnd werde die Hand anlegen lassen/ wie du sonsten dei- ne Hand uͤber alle Dinge/ so du nur ersihest/ pflegest zu legen. Mein Herꝛ/ antwortet hierauff Adrastus/ jhr koͤnnet vnd moͤget thun/ was euch selbsten wolge- faͤllet: Aber weil wir eben von der sachen reden/ so kan ich nicht voruͤber/ sondern muß es euch selber bekennen vnnd sagen/ daß ich solche Zuneigung zu N iiij dem Beutelschneider/ oder dem stehlen habe/ daß mich beduͤncket/ gleich wie die Vogel zum fliehen/ also seye ich zum stehlen geboh- ren: Vnd kan mich nicht erinnern/ daß ich mein lebenlang an einem eintzigen Ort sey gewesen/ da ich nicht etwas habe vnsichtbar gemacht vnd mit- gehen heissen: Verzeyhet mir es/ daß ich so frey vor euch allhier rede: Dann die Ehr die jhr mir bewei- set in dem/ daß jr mir alles liebs vnd gutes erzeiget/ zwinget mich gleichsam diese ding zu reden/ welche ich viel mehr als ein Verstaͤndiger solte verschwei- gen: Aber ich verwundere mich uͤber mich selber/ daß ich mich so gar nicht zwingen vnnd enthalten kan/ wann ich an einen Ort komme/ da etwas ist mitzunemen. Ihr sollet bald sagen/ meine Haͤnde weren von Magnet gemacht: Dann sie ziehen al- les an sich/ was sie nur finden vnd antreffen: Dann was sie anruͤhren/ das bleibt an jhnen hencken/ vnd verlieret sich vor mir. Ich bin deßwegen auß dem Koͤnigreich/ Franck- reich verwiesen vnd verbannet vnd also gezwungen worden mich hiehero in Italien zubegeben/ dieweil mein Nam vnd meine begangene Stuͤck zu Pariß viel bekandter/ als die Barmhertzigen Weiber in Italien seyn: Vnd wann jhr das mit mir woͤllet probiren/ so verspꝛich ich euch/ daß ich euch ein recht Meisterstuͤck meines Handwercks wil sehen lassen; Ihr sollet es mit ewren Augen sehen/ daß kein Mensch/ er seye so verschlagen als er jmmer woͤlle/ sich vor mir vnd meinen Haͤnden soll vorsehen koͤn- nen/ wann ich einmal mir in meinen Sinn hab vorgesetzet jhn zubestehlen. Dann Diebshistorien/ das II. Buch. Dann da wil ich vmb fuͤnfftzig Kronen mit euch wetten/ daß ich euch (so fern als jhr allein inn ewer Schlafkammer seyt) das Bett vnter dem Leib will hinweg stelen/ vnd sollet mich auch daran nit hin- dern koͤnnen: Vnd da solt jhr ein recht Meisterstuͤck meiner verschlagenheit sehen. So mustu dañ (sagt der Oberste) ein Schwartz- kuͤnstler seyn/ es kan nicht anders seyn/ du must et- was von der Schwartzen kunst wissen: Ich versichere euch/ mein Herꝛ/ antwortet hier- auff Adrastus/ daß ich mein Lebenlang nicht in der schwartzen Land bin gewesen/ die Schwartze Kunst allda zu sehen oder zu lernen: Aber diesen Abend sol- let jr in der That erfahren/ daß ich euch die warheit habe gesagt/ vnd jr selber werdet mir alsdann geste- hen muͤssen/ daß die Rauber vnd Diebe in Franck- reich die Rauber in Italien weit mit jrer Verschla- gendeit uͤbertreffen. Der Oberste Regent saget/ Er woͤlle seiner mit festem Fuß warten/ woͤlle auch die Thuͤr so wol ver- wahren/ daß er nicht soll inn sein Hauß kommen koͤnnen/ vnd also gaben sie das Gelt/ darumb sie ge- wettet hatten/ in die dritte Hand/ damit wer das Gelt wuͤrde gewinnen/ es bald haben moͤge: Vnd das geschahe vngefehr nach Mittag vmb vier vhr/ also daß Adrestus wenig Zeit zum besten hatte sei- ne Bereitschafft zu seinem Vorhaben zu machen: Er hatte da niemands als sich selber/ der jm etwas hette koͤnnen erfinden helffen: Er spintisiret bey sich selbsten/ wie er die Sach soll angreiffen/ Er gehet auff vnd ab/ vnd weiß nicht was er soll anfangen/ N v damit Beutelschneider/ oder damit er seiner Verheissung ein gnuͤgen thue/ vnd das Geldt/ darumb sie mit einander gewettet/ ge- winnen moͤge: Endlich aber sihet er sich vmb/ daß er ein Leyter/ Klippel/ Zangen/ vnd andere Maͤurer Gezeug bekoͤmmet/ laͤdet dieselbige auff sein Halß/ vnd ist darmit/ wie ein Maulesel von Auvergne be- laden/ vnd gehet mit seiner Gesellschafft zu deß O- bersten Regenten Hauß zu. Nun ist aber allhie zu mercken/ daß deß gedach- ten Herꝛn Hauß gar nidrig war/ dann es hatte nicht mehr als zwey Stockwerck/ vnd pflegte der Herꝛ gemeiniglich inn der hoͤchsten Kammer zu schlaffen/ vnnd ware zwischen solcher Kammer vnd den Dachziegeln nichts als ein schlechter ge- bretterter Soͤller/ welcher gar leichtlich kundte durchboret werden. Nach dem nun Adraste seine Leyter angeschla- gen hatte/ steiget er oben auff den Haußgiebel/ fan- get an mit seinen Instrumenten zu arbeiten vnd zu blasen/ damit er Wind in die Orgel der Barfuͤsser Muͤnch zu Pariß bringe/ Er thut die Dachziegek ab/ zerreisset das Dach/ thut oben den Bodem hin- weg vnd fraget nichts darnach/ wann er schon das Hauß gar einreisse/ wann er nur das Bett/ dar- umb sie gewettet hatten/ mit bekommen moͤge. Der Herꝛ vnd Regent/ welcher in seinem Bett liget/ hoͤret das klopffen vnd bochen/ vnd saget bey sich selber also: Man sihet wol/ Adraste/ daß du die sachen uͤbel verstehest/ deine funfftzig Kronen seyn verlohren: Dann das geboͤch vnd das gekloͤpff das du oben im Hauß machest/ koͤndte mich erwe- cken/ Diebshistorien/ das II. Buch. cken/ wann ich schon hart eingeschlaffen were: Vñ meinest du wol du wollest mich jetzunder betriegen/ da ich die Augen offen habe/ vnnd da du mich auß dem ersten Schlaff hast erwecket? Das waren die Gedancken/ welche der Herꝛ bey sich selber hatte: Vnder dessen aber arbeitete A- drastus gar fleissig mit seinen Werckzeugen in hof- nung/ er wolte seinen vorgenommenen Raub in dz werck setzen: Wiewol es auch den Herꝛn im Hauß etwas verdrosse/ daß man jhm die Dachziegel ab- hobe/ vñ das Hauß oben sehr verderbete/ jedoch weil er hoffete/ er wolte die geschehene Wettung gewin- nen/ liede er es mit gedult vnd sagte kein Wort dar- wider/ schwiege gar still in seinem Bett/ als wann er in einem Franciscaner Closter were gewesen: Vnd gemanet mich wie der jenige/ so vor vergangenen Jahren/ weil er sich wolte stellen/ als were er Maͤuß tod/ jhm alle Gliedmassen/ welche jn zu einem Men- schen machten/ liesse abschneiden. Als nun das Loch oben an der Kammer durch Adrastum gemacht ware/ wartet der Herꝛ oder Regent mit Vngedult zu sehen/ was doch das spiel faͤr ein Ende wurde nemen/ vnnd meinete nicht anders/ als daß er gewißlich die Wettung gewon- nen hette: Schrye oben zu dem spitzfindigen Raͤu- ber/ welcher im den Boden oben schon hatte durch- loͤchert/ er moͤge so lang arbeiten als er woͤlle/ dann es werde doch alle seine Arbeit vergeblich vnd vmb sonst seyn: Als er aber das Wort noch nicht hat recht hat außgeredet/ sihe da fellt der arme Tropff oben durch das Loch heraber/ ist maͤußtod/ vnd reget kein Hand noch Fuß mehr. Der Beutelschneider/ oder Der Vogt oder Oberste erschricket sehr uͤber die- sem Spectackel vnd weiß nicht/ was er soll anfan- gen: Er stehet auff/ besihet den Todten Coͤrper vnnd sihet endlich/ daß es der arme Adrastus ist/ welcher gantz todt ist: Er ruffet so bald seinen Leuten/ sonder- lich aber seinem Diener/ welchem er den gantzen Handel erzehlet/ welcher sehr daruͤber erschricket vnd sich verwundert: Man wendet den Coͤrper von einer Seiten zu der andern/ aber da ist kein regen/ kein bewegen/ kein leben mehr. Vnd was woͤllen wir nun mit diesem todten Coͤrper anfangen/ sagt der Diener zu seinem Herꝛn/ man wird vns anklagen/ als haben wir ihn todt geschlagen: Wir muͤssen jn an solches Ort/ da man vns nicht kan kennen/ werf- fen: Dann wann wir daruͤber solten erdappet wer- den/ wiewol dieser ist ein Dieb vnd Rauber gewesen/ wurde man jhn vnns besser abfordern/ als er selber ist gewesen. Sihe da/ sagt hierauff sein Herꝛ/ das were ein feiner Handel/ wird vns das Recht Zeug- nuß gnug seyn/ wann wir zeigen werden die Dach- ziegel/ die er abgethan vnd zerbrochen/ vnnd die Loͤ- cher/ so er mich zuberauben/ gemacht hat? Ich wil sagen/ er sey kommen mich zu ermorden/ vnnd wer wird sich auch dem jenigen/ der selber Richter ist/ widersetzen? Wie solte jemands kommen/ mich su- chen vnd straffen/ da ich selber der jenige bin/ der an- dere Vbelthaͤter suchet vnd straffet. Auff diese Wort namen sie den todten Coͤrper/ welcher schon aller kalt ware worden/ gehen heim- lich vnd stillschweigens der Thuͤr hinauß/ woͤllen jhn ein Schritt oder fuͤnfftzig von dem Hause hin- werffen Diebs Historien/ das II. Buch. werffen/ vnd sich der schweren Last/ so sie trugen ent- ledigen. Vnd dauchte sie/ er hette vor seinem Todt das Ingeweyd nicht außgelehret/ dann er war zim- lich schwer: Aber als sie je zu jhn an ein Ort/ da al- lerley Vnraht zusammen flosse/ werffen woͤllen/ sihe da kommen fuͤnff oder sechs Nachtwaͤchter/ (wel- che in der Statt Pansano deß Nachts durch alle Gassen gehen allem Mord vnd Todtschlag/ so biß- weilen fuͤrgehet/ zu wehren vnd vorzukommen) da- her gegangen/ welche als sie ein gemurmel hoͤren vnd sehen/ daß jhrer zween einen todten Coͤrper tra- gen/ gehen sie mit jhrem Liecht darbey vnd greiffen den beyden nach den Koͤpffen. Dem Obersten inn der Statt kommet das gar frembd vor/ daß er auff solche Manier soll gegruͤs- set vnd empfangen werden dann er hatte sich nicht angezogen/ daß man jhn hette fuͤr den jenigen der ers ware/ erkennen moͤgen: Schaͤmete sich auch/ daß er sich solte zu erkennen geben/ dieweil sie jhn inn einer solchen Arbeit/ darvon er nichts anders als Schimpff/ Spott vnd Schand wurde haben/ antraffen: Als er aber sihet/ daß es gar Ernst will werden vnd sie jn sampt seinem Diener weiter fort- schleppen woͤllen/ wird er gezwungen sich zu erken- nen zu geben/ saget zu jhn: Er appellire von jhnen vor sich selber/ dann er seye der Statt Oberste: Vnnd als er auch zu seinem Hauß/ welches er vn- ter dessen hatte offen stehen lassen/ kommet vnd der Thuͤr hinein gehet/ weiset er sie mit starcken Droh- worten ab. Die Waͤchter/ als sie sehen/ daß sie sich an jhren Meister Beutelschneider/ oder Meister vnd Obersten gemacht hatten/ nemen so bald die Flucht vnd gehen darvon/ wie ein Hund/ so den Schwantz zwischen die Beine schlaͤgt: sie fan- gen an vnd dantzen einen Couranten de Poictou, Sie seyn so bestuͤrtzet vnd naͤrꝛisch daruͤber wie der Paßquil vnd wie der Marforio von Rom/ ja die grosse Forcht/ so sie wegen jhres Lasters ankame (wann man anderst das soll ein Suͤnde oder Laster heissen/ wann man die Suͤnde verfolget vnd straf- fet/) machet/ daß sie nicht getrawen nur ein mal hinder sich zusehen. Der Oberste aber gehet hierauff wider in sein Bett in meinung zu schlaffen vnd zu ruhen: Wie er aber zu vor ware sehr erschrecket wor- den nicht allein durch den herab gefallenden Tod- ten Menschen/ sondern auch durch die Nachtwaͤch- ter/ welche jhm vnd seinem Diener hatten gefan- gen fuͤhren woͤllen; Also kompt jhm das noch wun- derlicher vnd seltzamer vor/ daß/ da er in seine Kam- mer kompt/ er sein Bett nit mehr findet/ vnd muß also/ will er sich nider legen/ auff der harten Erden in solcher Kammer liegen. Ihr moͤget mir das wol glauben/ daß der ge- dachte Herꝛ hieruͤber nicht weniger erschracke: Es ware der Schrecken bey jhm so groß/ daß wann er nicht schon Hoͤrner gehabt hette/ so weren jhm die- selbige Nacht noch gewachsen: Er gehet inn seiner Kammer auff vnd ab/ Er fihet alle Ecken vnd win- ckel auß/ Er besichtiget die Thuͤr vnd weiß nicht/ ob das jenige/ was er sihet ein Traume oder Zau- berey seye: Er kan nichts anders gedencken/ als daß es Zauberey vnnd deß Teuffels Werck seyn muͤsse: Biß- Diebs Historien das II. Buch. Bißweilen bildet er jhme ein/ Adrastus hab sich ge- stellet/ als wann er todt seye/ auff daß vnter dessen/ daß man jhn als einen todten hinweg trage/ einer seiner Gesellen komme vnnd jme das Bett hinweg trage: Wann er aber widerumb bedencket/ wie der todte Coͤrper gantz kalt ist gewesen/ wie kein Glied am Leibe sich mehr hat gereget vnd beweget/ wird er einer gantz andern Meinung: Inn dem er aber in solchem Zweiffel stehet vnd vngefehr auff den Tisch sihet/ da findet er ein kleines Briefflein/ in welchem also geschrieben stehet. Mein Herꝛ/ Es ist mir selber leyd/ daß ich euch diese Nacht in ewerem Schlaff vnd Ruhe habe verhindert: Dann die wettung/ so ich mit euch gethan/ hat mich gezwungen euch ewer Bett hinweg zu tragen: Es ist aber solches zu keinem andern Ende geschehen/ als euch wuͤꝛck- lich zu bezeugen/ daß keine Arglistigkeit oder Schalckheit ist/ welche ich nicht wisse anzustel- len: Vnd wie wol jhr mich gantz todt gesehen vnd gefunden habt/ so will ich doch Vrsach nemen/ euch den morgenden Tage zubesuchen/ ewere Befelch anzuhoͤren vnnd außzurichten/ auch zu beweisen/ daß ich allzeit bin vnnd blei- ben will. Mein Herꝛ Ewer demuͤtigster Diener Adrestus. Der Beutelschneider/ oder Der Oberste erschricket vber disen Brief nicht an- ders/ als wann man jhme den Kopff hette entzwey gehauen: Er sihet vnd lieset den Brief/ Er weiß nicht/ ob das jenige/ was er sihet/ Gauckelwerck sey/ oder ob der Teuffel selber dises alles hab angestellet: Vnd jr selber/ die jr jetzunder dises leset/ doͤrffet vielleicht auch selber gedencken/ Adrastus muß ein Zauberer oder Doctor Fausten Schuler gewesen seyn. Aber jr werdet in Erzehlung diser Historien selber vernemen/ daß gantz vnd gar/ wie jr vielleicht moͤget meinen/ kein Zauberey dahinder ist/ sondern allein die spitzfindigkeit/ vnd nicht die Schwartze- Kunst/ hat dieses alles/ was jr angehoͤret/ zu wegen gebracht: Habet ein wenig gedult/ biß daß jhr die gantze Historien habet auß gehoͤret. Deß morgends kommet Adrastus zu der ver- sprochenen zeit mit einem Refferaͤger/ welcher dem Heꝛrn das Bett widerbringet/ vnd fordert er Adra- stus die Funfftzig Kronen/ welche er gewuñen hatte. Mein Freund/ sagt zu jhm der Herꝛ/ jhr seyt ein rechter bescheisser/ (verzeihet mir es/ das ich also re- de) Ihr solt das Geld darumb wir gewettet haben/ heut nicht bekommen: Dann ich hab außdruͤcklich das in meinem Kauff oder wettung außgedinget/ jhr sollet keine Zauberey darbey brauchen/ welches jhr aber nicht gehalten habet: Dann ich sehe euch jetzunder lebendig vnnd bey guter Gesundheit/ da ich euch doch die vergangene nacht Tod gesehen vnd fur Tod auch gehalten habe: Derohalben ziehet nur widerumb hin/ wo jhr seyt herkommen. Ich begehre euch nichts zugeben: Es ist mit dem genug/ ja zu viel/ Diebshistorien das II. Buch. viel/ daß jhr mir die vorige Nacht mein Dach vnd Bodem zerbrochen vnd durchloͤchert habt/ wil ge- schweigen daß ich euch noch Geldt fuͤr ewre muh vnd arbeit soll geben/ vnd muß auch noch dem Steindeck er vnd Zimmermann Geld geben/ daß sie mir Hauß vnd Dach widerumb machen. Mein Herꝛ/ antwortet hierauff dieser Stoͤrger vnd Plauderer/ jhr moͤget thun/ was euch beliebet: Wann ich aber mache/ daß jhr es selber muͤsser be- kennen/ daß es mit keiner zauberey oder Schwartz- kunst ist zugangen/ seyt jhr dann zu frieden/ daß man mir die funfftzig Kronen/ darumb wir beyde miteinander gewettet haben/ lieffere vnd gebe? Ja/ ja/ sagt hierauff der Oberste/ das soll geschehen: A- ber jhr werdet das nicht zu wegen bringen koͤnnen/ daß ich mit meinem Munde bekenne/ daß das alles richtig vnd ohne Zauberey seye zugangen: Dann das ist ein ding/ welches natuͤrlicher weise nicht al- so kan geschehen. Damit ich euch nun den rechten Grund der sa- chen sage/ antwortet widerumb Adrastus/ vnd euch beweise/ daß ich nichts als die Warheit gesagt ha- be: So wisset jhr euch ja selber zu entsinnen/ daß gestern morgen jhr einem Menschen habt das Vr- theil gesprochen/ daß er ist auffgehencket worden: So wisset jhr auch selber wol daß er mir gar gleich hat gesehen/ sonderlich aber/ was die Naß vnd den Bart anlanget. Da sollet jhr euch selber einbilden/ daß/ als ich nicht wuste/ was ich doch fuͤr ein Renck solte erdencken/ wuste auch nicht/ was ich doch fuͤr tinen Anschlag solt machen in ewer Hauß zu kom- O men/ Beutelschneider/ oder men/ daß jhr es gleichwol nicht mercken koͤndtet/ da fiele mir das ein/ daß ich euch am allerersten wur- de erdappen vnnd meinen Anschlag ins Werck se- tzen koͤnnen/ wann ich ein wunderliches/ seltzames Barlament in ewrem Hauß koͤndte anstellen: Bin also hingangen vnd habe den jenigen/ wel- chen jhr habt hencken lassen/ von dem Galgen ab- genommen/ jhm meine Kleyder angezogen (wie jhr dann selber sehet/ daß ich von einer anderen Farbe Kleyder als der Todte/ welchen jhr selber auß ewe- rer Kammer habt hinweg getragen/ gehabt/ jetzun- der anhabe) vnnd hab jhn durch Huͤlff meiner Mitgesellen oben auff ewer Hause geschleppet: vnnd wehre all meine Vorbereitung/ Anschlag/ Muͤh vnd Arbeit gantz vmb sonst gewesen/ wann jhr nicht oben auff dem obersten Stockwerck hettet gelegen: Aber als ich sahe/ daß ich nicht mehr/ als ein Loch doͤrffte machen/ hinein zukommen/ name ich mir vor meinen Vorschlag in das Werck zuse- tzen: Vnnd nach dem ich das Loch oben an der Kammer gemacht hatte/ liesse ich deß gehenckten Todten Coͤrper hinab in ewer Kammer fallen/ dañ ich wuste gar wol/ daß jhr jhn wurdet hinweg tra- gen/ oder auß ewrer Kammer tragen lassen/ vnnd wurde ich also vnder dessen mein Streich verrich- ten koͤnnen: Welches mir dann so gluͤcklich ist an- gangen/ daß/ wiewol ich im anfang mir hette vor- genommen/ nichts mehr als nur den Vorhang am Bett hinweg zu nemen/ die weil mir es schwer fal- len wolte/ euch das gantze Bett hinweg zu nemen/ jedoch als ich sahe/ daß jhr so lang auß bliebet/ hat- te ich Diebshistorien/ das II. Buch. te ich vnder dessen zeit vnd weil genug durch huͤlff meines Mit gesellen das gantze Bett hinweg zu- tragen/ wie jhr solches selber gesehen vnd erfahren habt. Ihr koͤnnet nun eines thun/ hingehen vnd den todten Coͤrper deß gehenckten selber besichtigen: Dann jhr kennet jhn ja wol: Er ist noch an dem Ort/ da jhr jhn die vergangene Nacht habt hinge- worffen: Vnd koͤnnet mir darnach das Geld/ so ich gewunnen/ geben. Der Oberste wurde hieruͤber noch mehr/ als zu- vor/ bestuͤrtzet: Schluge dem Adrasto dreymal vff die Achsel/ vnd sagte: Er muͤste sich selber uͤber sol- ches Meisterstuͤck verwundern: Vnd dieweil er doch nicht so bald seinen Worten wolte glauben/ auch jhm das Geld nicht geben/ er hette dann zuvor alles wol Examiniret vnd besehen/ giengen sie mit einander hin deß erhenckten todten Coͤrper zubese- hen/ welcher dann noch ein stuͤck von dem Strick/ damit er ware gehencket worden/ an seinem Halß hatte/ vnd jhm in seinem Busem hinab hienge. A- drastus aber/ weil er wol wuste/ daß er gewonnen hatte/ auch so viel Geld bekame/ daß er jhm ande- re Kleyder davor machen kundte lassen/ wolte seine Kleyder nicht wider von dem todten Coͤrper nemẽ. Seyt der zeit nun/ daß Adrastus diesen spitzfin- digen Streich hatte gethan/ hielte der Oberste sehꝛ viel von diesem Meister Rauber/ vnd saget man: er hab jhn zu einem Trabanten gemacht: Dann er wolte gern allezeit einen bey sich haben/ der allerley arglistigkeit koͤnne erdencken/ vnnd mit welchem O ij die Beutelschneider/ oder die Spitzfindigkeit selber ware geboren worden: Das ist/ das man von Adrasto erzehlet/ da er noch in der Statt Panzano sich auffhielte: Ihr moͤget nun glauben/ was jhr selber wollet: Dann was mich anlanget/ so halte ich es nicht fuͤr erlo- gen/ noch auch fuͤr warhafftig: Dann ich pflege nichts mehr zu glauben/ als das jenige/ was ich mit meinen Augen selber sehe/ vnnd wann ich auch schon etwas selber sehe/ so glaube ich doch nicht mehr als das halbe Theil/ was Historien anlanget: Man saget aber gleichwol/ Es sey gar gewiß war/ vnd laͤst sich auch die Historien ansehen/ daß sie war seye/ dann es ist nichts vnmuͤgliches darin- nen zu finden: Vnd ist es nicht geschehen/ so ist es doch also beschaffen/ daß es noch kan geschehen/ sonderlich aber von einem spitzfindigen Frantzosen gegen einem doͤlpischen Italiener/ wie der Oberste zu Panzano ware: Dann die jenige/ welche jhn sonsten selber gesehen haben/ haben mir gesagt/ Es sey viel mehr ein grosses Stuͤck Fleisch als ein Mensch gewesen/ sey auch so fett gewesen/ daß er mit den Backen die Augen habe bedecket: Aber das jenige/ das ich von eben diesem Adrasto wil erzeh- len/ vnd welches er in der Statt Panzano nah bey Florentz hat begangen/ ist gewiß lich war/ vnnd hab es von dem jenigen/ der es selber mit seinen Augen hat gesehen. Es ist niemandts/ der da nicht wisse/ daß man Italiam wol kan nennen/ der Welt allgemei- nes Hurenhauß/ dieweil von allen Ecken vnnd Orten der Welt die Maͤnner vnd die Weiber zu einan- Diebs Historien/ das II, Buch. einander gehen/ die eine zu suchen/ die andere aber zu warten: Ob aber das herkomme von deß Lands eygenschafft oder von dem ort selber/ oder daher/ das man saget die Goͤttin Venus habe vor der zeit sol- ches Land regieret/ davon weiß ich nicht zu sagen: Aber das weiß ich gleichwol gar wol/ daß es viel Huren in solchem Land gibet/ vnd findet man der Kinder sehr viel/ welche deß Nebucadnezars Bild/ welches von allerley Materien vnnd auß vnder- schiedlichen stuͤcken ware zusammen geflickt vnd gemacht: Dann wann schon die Kammern wol seyn zugeschlossen/ oder die Fenster mit Gegitter wol verwahret/ es ist auch nicht ein Loch da/ daß man eine Katz kan ein oder außbringen; so wissen doch die Italiaͤni s che Weiber mittel zu finden/ daß sie die Thuͤren auffbringen: Wann ich es selber nicht mit meinen Augen gesehen hette/ ja wann ich es selber nicht in meiner letzten Reyse/ welche ich im Jahr ein tausent sechshundert vnd fuͤnffzehen dahin gethan habe/ probieret vnnd erfahren hette/ koͤnote ich es selber nicht glauben: Dann alles was die alten Fabeln von der Danae vnd dem Obersten Gott Jove/ welcher sie in der gestallt eines Gulde- nen Regens besuchte/ erzehlen/ das geschiehet vnd gehet vor in Italien/ vnnd ist den Maͤnnern vnd Weibern vnmuͤglich/ daß sie sich vor diesem Vn- gluͤck huͤtten: Dann sie seyn vnter einander so schrecklich verliebet/ daß nach dem Exempel jener dicken groben Magd/ welche jhr von jhrem Die- ner vnd Schatz den Hindern durch ein Thuͤrloch Hesse kuͤssen/ sie die aller schaͤndlichste vnd verdam- O iij lichste Beutelschneider/ oder lichste Wollust an die Hand nemen/ jhr Viehi- sches begier vnd vornehmen zu erfuͤllen. Es ist genug mit dem/ das ich euch gesagt habe daß gantz Italien nicht anders ist als ein allgemei- nes Hurenhauß/ vnd bedarff es allhier nicht/ daß ich euch erzehle alle die sachen vnd Suͤnde/ welche in Italien in einer jeglichen Statt/ Flecken vnnd Dorff zu gehen/ da die Weiber mit Essenspeiß han- deln vnd dieselbige verkauffen/ als mit Pfraumen vnd dergleichen/ vnd haben das fuͤr den Metzgen/ zum besten/ daß sie ein Schincken deß Tags wo hundert mal verkauffen/ vnd geben jhn doch nicht dem jenigen der jhn kauffet: Aber die jenige/ so jhre Kauffleut seyn/ haben das widerumb zum beften / daß sie auß Italien bringẽ das jenige/ was die Ita- liaͤner vns uͤberreden woͤllen/ daß sie es von vns ha- ben: Dann jhr seydt/ wo jhr woͤllet/ entweder zu Rom/ in Calabrien/ zu Toscan/ Florentz/ Meyland/ vnd an andern oͤrtern/ so bald als jhr in ein Huren- hauß hinein gehet/ so seyt jr verfichert/ daß wañ jhr schon die Post nicht nemet/ jhr zu Neaples eher als in einer viertel Stund seyn koͤnnet: Vnd wann jhr schon nicht frische Pferdt auff dem Wege findet/ so habet jhr auff das aller wenigste keinen mangel an Fuͤllen/ die jhꝛ dann verkoͤstigen vnd versoꝛgen muͤs- set/ dañ das gebuͤret den jenigen/ welche gute Reiß- leuth vnd Reuter seyn. Aber ich sehe wol/ daß ich gar auß vnd von mei- nem vorigen Gespraͤch komme/ vnd daß ich/ in dem ich will von Adrasto euch reden/ ich euch auffhalte mit einem andern Gespraͤch/ daß wir alle meyden vnd Diebs Historien/ das II. Buch. vnd fliehen sollen: Aber gedencket auch daran/ wañ ein Mahler will ein schoͤn Stuck mahlen/ so span- net er erstlich das Tuch auff: Also/ will ich euch auch erzehlen ein arglistiges Bubenstuͤck/ welches Adrastus an einer Italiaͤnischen Frauen hat be- gangen/ so erinnert euch/ daß man erstlich das Ort/ da solches ist geschehen/ ein wenig zuvor muß ein- bilden vnd abreissen/ vnd mit einem Bensel grob abreissen vnd vormahlen die Eygenschafft/ so die Weiber in solchem Lande haben. Nach dem nun Adrastus ein zeitlang inn der Statt Panzano deß obersten an solchem Ort Tra- bandt vnd Auffwaͤrter ware gewesen/ vnd hatte zugleich das Trabanten vnd Rauber handwerck bey einander getrieben/ nach der alten gewonheit solcher Leuthe/ welche solche Handwercker gemel- niglich bey einander treiben/ als welche/ auch jhre besoldung von der Beutelschnelder Gesellschafft davon haben/ lehrnte er alle vornehme vnd gute Oerter in der gantzen Statt kennen/ sonderlich aber wo die schoͤnen Donnes vnd Frauen zufinden waren. Er machet kundtschafft mit einer/ welche sehr reich war/ vnd welche lange zeit zimblich Geld von jhm einname: Aber er gabe jhr allezeit ein Erbesen ein gute Bonen darfuͤr zu haben/ vnd einen kleinen Fisch/ zween grosse darfuͤr zubekommen: Dann er hoffete/ er wolte vnder dessen etwas erdichten/ da- mit er sie erdappen kuͤndte: Vnd seit der zeit/ daß Adrastus mit der gesagten Donna oder Frauen/ (welche grosse Correspondentz mit vielen Ita- O iiij liaͤnt- Beutelschneider/ oder liaͤnischen Herꝛen/ welche von Florentz kamen/ vnd sie besuchet hatten/) gemeinschafft vnd kandt- schafft gemacht hatte/ spuͤrete daß sich allezeit ein mangel an seiner arbeit befunde: Es bliebe jetzo ein Silberner Deller oder Becher auff dem Weg dahinden/ welcher nicht widerumb in das Thresor wolte kommen: Aber sie hette gleichwol Adrastum deßwegen nicht anklagen doͤrffen/ welcher jhr alle- zeit reichlich gab/ vnd welcher den Raub/ den er bey jhr thaͤte/ jhr widerumb gar wol vergalte/ dann er pflegete sie nicht mehr als deß Nachts zu besuchen/ vnd sahe sich wol fuͤr/ daß er von niemandts er- kandt wurde/ damit jhm der Schwantzriemen nicht abgehauen wuͤrde: Dann er hatte diese Eygen- schafft an sich/ daß er seiner wol in achtung name. Als nun dieses deß Adrasti besuchen ein zeitlang gewehret/ vnd die Frau vnter dessen jhn ein wenig hette lernen erkennen/ dauchte sie/ Adrastus gieng darmit schwanger/ wie er jhr eines anschmitzen moͤge/ name derohalben fleissig achtung auff sich selber: Vnnd wann er bey jhr schlieffe/ ware sie sorgfeltig gnug/ liesse Kammer vnd Thuͤren wol verwahren/ damit er jhr ja nicht entwischen vnd etwas auß jhrem Hauß mit sich heim nemen koͤnd- te: Aber als nun allgemach der Beutel anfienge die Schwindsucht zubekommen/ stellete er sich als wañ er gar verliebet gegen jhr were/ gabe auch auß/ wiewol er weit von seinem Land were/ jedoch wolte er alle seine Freund vnnd freundlichkeit darzu ge- branchen/ damit er sie moͤge zur Ehe bekommen: Diese Frau aber/ welche sich stellete/ als were sie gar Diebshistorien das II. Buch. gar verschlagen/ hielte darvor/ es were nun Zeit et- was zu ruͤck zu weichen/ vnd dieweil sie hoͤrete/ daß er von heurathen redete/ stellete sie sich mit Gesicht vnd Worten so freundlich/ daß sie sich vnter ein- ander die Ehe verheissen: Adrastus hatte aber in sei- nem Hertzen keinen andern Vorschlag/ als daß er sie vnter diesem schoͤnen schein wolte betriegen: Ent- lehnet derhalben etliches Gelt von seinen Freunden/ vnd stellet seine Sach also an/ daß sie Hochzeit ma- chen vnd zur Kirchen gehen: Vnd da ist nun nicht mehr als ein Hertz an diesen beyden Eheleuten man redet von nichts an ders als von jhrer Heurath: Et- liche hoffen/ es werde einen gluͤcklichen fortgang gewinnen/ andere aber sagen/ daß eine Hur vnnd ein Dieb niemals gute Frucht gebracht vnd getra- gen haben vnd daß sich die Goͤttin Venus mit dem Mercurio njemals habe vertragen koͤnnen: Diese Fraw froh sey/ daß sie ein solchen Hurndeckel habe bekommen: Sie habe Adrastum genommen daß sie nur seiner spotte vnd mache/ daß jhm so viel Hoͤr- ner wachsen/ als Hirschen in dem gantzen Wald E- rymante sich finden. Aber das Geschrey vergehet sich also Adrastus wartet auff nichts anderst/ als auff Zeit vnnd gele- genheit sein Weib zu pluͤndern vnnd zu berauben. Der jenige/ der sich zuvor jhren Diener selbst nen- nete/ heist sich jetzunder Herꝛ/ er hat den Schluͤssel zu allem: Der jenige welche zuvor keinem Men- schen auff der Welt vertrawete/ vererawet dem je- nigen/ der sie durch seinevermeinte Liebe hat gefan- gen. Der Name deß Ehemanns vnd deß Ehe- O v standts Beutelschneider/ oder stands machet/ daß sie alle Furcht vnd Gedancken auß jhrem Hertzen laͤst fahꝛen/ daß er sie nunmehr berauben vnd bestehlen werde. Aber als auff ein zeit sie war in die Kirche gangen/ thut mein guter Mañ eins/ nim̃t die Schluͤssel/ schleust Kisten vnd Kastẽ auff/ vnd stiehlet jhr nicht mehr als 800. Cronen/ welche dise gute Gevatterin mit muͤh vnd schweiß jhꝛes Leibs hatte errungen/ vnd stahl jr also in einer stund das jenige/ an welchem sie lenger als 6. gan- tzer Jar hatte gesamblet: Vnd als er nun dises ge- than/ suchet er seine Kegel zusammen/ macht sein Sack vnd Pack/ vnd zeucht gen Florentz/ da man dann der Wahren eben so wol/ als an andern Or- ten in Italien findet: Nach dem er sich wie ein vor- nehmer vom Adel hatte gekleydet/ fengt er sein vori- ges Gottloses Leben wider an/ vnd als er sich zu 3. oder 4. losen Schelmen ( dz ist auff gut Frantzoͤsisch/ Hurenwirt) gesellet hatte fuͤhrt man jm die schoͤn- ste Weiber in Florentz zu: Vnd da laß ich euch nun selber bedencken/ ob die 800. Cronen/ welche er zu Panzano hatte gefischet/ lang geweret haben: dann das Spiel/ Wirth vnd Hurenhauß war sein staͤti- ges Losament/ also/ daß wann man jn nicht kundte an einem Ort finden/ ware es gewiß/ daß man jhn an einem andern Ort funde: Vnd gienge mit dem Gelt zu/ wie es sonsten mit vnrechtem Gut pfleget herzugehen/ daß es nit lang wehret/ dann es kame wider in das Loch/ darauß es zuvor war kommen: Es ware in der gantzen Statt Florentz/ kein Hu- renhauß/ kein Ballhauß/ da er nicht seine Racket- vnd Ballen mit brachte. Daß Diebshistorien das II. Buch. Daß ich es allhie im voruͤbergang mit kurtzen Worten beruͤhre/ so ist das die schoͤne vbung vn- serer jungen Frantzosen/ welche/ wann sie in Ita- lien zihen/ einen guten hauffen Geldts mit hinein fuͤhren: Wann sie wider herausser ziehen/ so brin- gen sie gar gewiß die Frantzosen mit/ vnd wann ich auch die jungen Schnautzhanen sehe/ welche durch vnsere Statt Lion durch reisen/ vnnd uͤber das Ge- birge inn Italien woͤllen/ sage ich manchmals bey mir selber also: O jhr meine liebe Kinder/ jhr kom- met auß einem Labyrint oder Irꝛ Garten/ vnnd stuͤrtzet euch gar inn einen Abgrundt: Ihr kommet auß einem etwas uͤbelriechenden Ort/ vnnd stuͤrtzet euch selber in ein stinckendes heimliches Gemach: Ehe jhr da widerumb herausser kommet/ werdet jhr euch so dreckicht machen/ vnnd euch selber ver- brennen/ wie sich das Inschlit an einem Liecht ver- zehret. Aber es will da nie anderst sein: Man will es nit derst vnd besser haben: Das ist die vnreinigkeit der Zeit/ der Welt lauff/ vnd die vermischung der din- gen in der Natur/ welche vns in solche schaͤndliche stinckende vnd vergiffte Ocrter fuͤhret. Daß ich aber widerumb auff vnsere Historien komme/ so gieng Adrastus so lang zum Brunnen/ biß daß endlich sein Krug davon zerbrache/ das ist/ er bekame mehr/ als er hatte dargeleget: An statt der Rubinstein/ welche er den Florentinischen Donnes vnd Frawen hatte gegeben/ vnd jhnen an die Finger gestecket/ stecketen sie jm an die Stirn andere/ welche so schendlich vnd abschewlich außsahen/ als kaͤmen sie Beutelschneider/ oder sie vielmehr auß der Hellen Loch/ als auß den Ori- entalischen Indien: Summa/ er ware mit solchen Rubinen/ welche er von den Florentinischen Frau- en hatte bekommen/ so schoͤn gebutzet/ daß er ge- zwungen wurde (doch also daß er von der statt nit kame oder sich recht regen doͤrffte) ein Reiß vorzu- nehmen von sechs Wochen/ oder von drey Nonat inn Schweden inn der Zahnklaͤpper Insel/ vnd in das Land/ da der Brengekochet wird/ fuͤr die jeni- ge/ welche zwar Zaͤhne haben aber nicht recht kewen koͤnnen: Da lernete er mit seinem grossen schaden/ was ein Quintlein Wollusten gilt gegen so vielem Schmertzen/ die gemeiniglich darauff erfolgen: Ja wie theuer wir die vergebliche Fleischliche Wollu- sten kauffen. Dann er scheumete bißweilen/ wie ein Eber: Vnnd weiß ich nicht/ ob er so viel spatzier- gaͤng hatte gethan/ als jenes Hollaͤndisches Schiff/ welches den gantzen Erdbodem hat vmbschiffet. Das weiß ich wol/ daß er durch die Equinoctiali- schen Linien ist hindurch kommen/ vnnd durch Zo- nam Torridam, das ist durch das theil der Welt/ darinnen allezeit grosse Hitz ist: Dann er hat die merckzeichen auch mit auff die Galgenleiter ge- bracht. Wiewol er aber so vnaußsprechliche Schmertzen an seinem Leib außgestanden hatte/ so hat er jhm doch solches keine warnung sein lassen/ sondern/ da er widerumb ist geheilet gewesen/ hat er sein vo- riges leben wider angefangen: Dann er hielte das fuͤr ein gewisse Regel/ daß deß Pelei Speiß die ge- machte Wunden wider heilen kuͤndte/ vnnd wann einer Diebs Historien/ das II. Buch. einer von einem Hund oder Wolff ist gebissen/ das nichts bessers ist/ solchen biß zu heilen/ als daß man von solches Thiers Haaren nimmet vnnd sie auff die Wunden leget. Er fanget/ wie gesagt/ sein voriges Leben wider- umb an/ vnnd dieweil er noch etliche hundert Cro- nen von seinem gethanen Raub uͤbrig hat/ meinet er/ er habe Gelts genug/ das Koͤnigreich Chine o- der das Land Perou darvor zukauffen: Er sihet/ daß er kundtschafft machet mit einer Italtanischen Donne oder Weibsbild/ welche jhn noch nicht ge- sehen hatte: Dann es kommen jhm alle Tag frische an/ eben so wol/ als die Ostern vnd Seefisch an dem Hafen S Malo. Wie nun diese sehr schoͤn war/ als hatte sie viel guldene Ketten/ Demant vnd andere koͤstliche Sa- chen. Adrastus der solche Edelgestein vnd toͤstliche ding sahe/ bedencket sich/ wie er doch die Sach kluͤg- lich moͤge anstellen/ damit er etliche bekommen moͤ- ge: Aber solche in seinen Hosensack zustecken/ das wer so viel gewesen/ als wann er jhm selber ein Gal- gen auffrichten vnd ein Strick an seinen Halß het- te spinnen wollen. Nun truge es sich zu allem gluͤck/ daß/ in dem Adrastus alle mittel vnd wege suchete seinen streich zuthun/ die schoͤne Kette von Demanten/ welche sie hiebevor von einem fuͤrnehmen Florentinischen Herꝛen hatte bekommen/ zerbrache: Ließ derhalben so bald zu sich kom̃en einen Goldschmid/ welcher sie uͤberꝛedete/ er muͤste das Gold all miteinander auff- machen/ vnd die Ketten auff ein newe Manier/ so deß- Beutelschneider/ oder deßmals gebraͤuch lich ware/ machen: Er thut auch so bald die Demanten ab/ in Meinung er wolle es gantz von neuem machen vnd fuͤnfftzig Cꝛonen dar- an verdienen: Als er sie aber auff den Disch geleget hatte/ sihe da kommet ein sehr fuͤrnehmer Herꝛ/ der will die Donna Laura (dann so heist sie mit Na- men/ eben so wol als deß Plutarchi Schatze) ein- mal besuchen: Derohalben/ saget sie zu dem Goldt- schmid/ er solle dieses mal heimgehen vnnd den an- dern Tag fruͤh widerkommen/ dann sie habe jetzun- der sonsten etwas noͤtiges zuverrichten/ vnnd koͤn- ne seiner nit außwarten/ beduͤrffte auch keines Zeu- gens zu dem ding/ daß sie jetzunder zuverꝛichten het- te: Vnter dessen aber wickelt sie jhre Demant inn ein Papier/ stecket sie bey sich in den Sack vnnd ge- het zu dem Florentinischen Herꝛn/ welcher jhrer in der Kammer wartet/ jhn zu empfangen/ vnnd mit freundtlichen Gespraͤchen auffzuhalten. In dem aber dieses alles also vorgienge/ hatte deß Adrasti Weib/ welche zu Panzano wohnet er- fahren/ daß er solte zu Florentz seyn/ macht sich auff von Panzano vnnd kommet deß Abendts gen Flo- rentz/ in meinung jhn allenthalben zu suchen/ vnnd nach dem sie etliche Hurenwirth angetroffen/ gefra- get vnd jhnen ein stuͤck Gold gegeben hatte/ erfuhre sie von jhnen/ daß jhr Vogel mit der Donna Laura gute kundtschafft hatte/ vnd daß man jn vor wenig Tagen bey jhr gesehen hatte. Diese newe Zeitung gabe jhr ein wenig Trost: Dann seyd fuͤnff oder sechs Monat ware sie in staͤ- tiger trawrigkeit gesessen/ nicht deßwegen/ daß sie jhren Diebshistorien/ das II. Buch. jhren newlich genommenen Ehemann/ sondern viel mehr/ daß sie jhr Golt/ welches jhr lieber als al- les in der Welt ware/ verlohren hatte. Adrastus ware deßmals bey der Donna Laura, dann er wolte denselbigen Abend bey jhr schlaffen/ bevorab/ dieweil er nicht allein gesehen hatte/ daß die Demant an einem solchen Ort waren/ daß er sie leichtlich kundte erfischen/ vnd dieweil auch der vor- nehme Herꝛ/ von welchem wir geredet haben/ nicht mehr als ein spatzirgang da gethan hatte vnd schon hinweg ware gangen. Als nun der Abend herbey kommet/ da essen die- se beyde miteinander/ Donna Laura auff deß Adra- sti Seckel/ welcher aber hoffete er wolte das jenige was er spendiren wuͤrde/ gar bald widerumb haben: Was geschicht? Vmb die Mitternacht stehet A- drastus auff auß dem Bett/ nimmet sich an/ als wolle er auff das heimliche Gemach gehen/ oder die Bruntzscherbe suchen: Er aber begehrete nichts an- ders/ als der Donna Laura jhren Rock vnd die De- mant/ welche sie in dem Sack bey sich gestecket hat- te/ zu suchen: Er findet den Rock/ greifft subtiler weiß in den Rock hinein vnd findet/ was er begerte: vnd weil er nicht weiß/ wo er sie soll hin verstecken/ damit man sie bey jhm nicht finden moͤge/ nim: met er sie in daß Maul vnnd verschlinget sie als wann es Pillen oder Provintz Pfraumen weren/ vnnd leget sie darauff widerumb in das Bett: Aber als er widerumb zu dem Bett wil zugehen/ stehet ein Stuel im wege/ vber den faͤllet er so hart/ Beutelschneider/ oder hart/ dz Donna Laure im Bett daruͤber erwachet/ welche als sie im Bett nach jhrem Bulen greiffet/ findet sie nichts als die Leylduͤcher: Sie ruffet hier- auff dem Adrasto/ wo er seye/ welcher/ ob er wol noch ein wenig an den Diamanten hatte einzu- schlingen/ muste er jhr doch endtlich antworten/ vnd saget/ er habe die Bruntzscherbe gesuchet/ wel- ches dann die Donna Laura widerumb zu frieden stellete daß/ ob sie wol meinete/ es weren Diebe in der Kammer/ so entschlieffen sie doch alle beyde wi- derumb daruͤber. Deß Morgendts aber/ als sie in jhrem Sack suchete/ vnd nichts als daß bloße Papier vnd das Nest der Deamant funde/ ehe sie ein geschrey dar- von macht/ rieffet sie jhꝛem Maͤgden/ nimmet sie al- lein vor vnd fraget sie: Ob sie jhre Demanten nit gesehen oder genommen haben: Vnd als sie an jh- rer Maͤgden worten vnd geberden wol sihet/ daß sie vnschuldig seyn/ gehet sie in die Kammer/ darin- nen Adrastus auch lage vnd schnarcket als wann er noch hart schlieffe/ nimmet seine Kleyder/ vnnd gibt sie den Meyden/ daß sie dieselbige wol durch- suchen sollen. Als sie nun dem Adrasto seine Kley- der also durchsuchen/ erwachet Adrastns daruͤber/ fraget was da sey/ vnd was sie thuen? Aber er wird heßlich von der Frawen Laura angeschnautzet: Sie fallt vber jhn in das Bett/ spricht sie woͤlle jhm die Augen auß dem Kopff kratzen/ vnnd solle jhr auch auß jhrem Bett nicht kommen/ er habe jhr dann gesagt/ wo die Demanten seyen. Adrastur macht sich hierauff auch vnnuͤtz: Sagt er wuͤste nicht/ Diebs Historien das II. Buch. nicht/ wessen man jhn anklage/ vnnd thue sie jhm groß vnrecht/ daß sie nur allein an seiner trew vnd auffrichtigkeit zweiffele: Dann seit der zeit/ daß er das Gluͤck vnd die Ehr gehabt habe/ mit jhr so weit in kundtschafft zugerathen/ habe sie selber an jhm gespuͤret/ wie hertzlich lieb er sie habe/ wie er jhr allen willen vnd gefallen erzeiget habe/ wil geschweigen/ daß er jhr solches stuͤck solle beweissen/ vnd was der- gleichen Wort mehr waren/ welche aber Donna Laura, die jhre gantze Wochen fuͤr vnd durch einen Sambstag hatte verlohren/ fuͤr baar Gelt nit wolt annemen/ noch sich mit denselbigẽ befridigẽ lassen. In dem nun dises alles vorgehet/ vnd Adrastus sich alleweil anzeucht/ Donna Laura aber jhm draͤ- wet/ wann er jhr die gestolene Demant nit wider- gebe/ woͤlle sie den Commissarium holen/ vnd jhn ins finstere setzen lassen/ sihe da kommet deß Adra- sti Eheweib (welche außtruͤcklich von Panzano gen Florentz ware kommen daß sie jhren Ballen nach- lauffe/ vnd die achthundert Kronen/ welche sie ver- lohren hatte/ widerbekaͤme) dem Hauß hinein ge- gangen/ vnd weil sie bey der Obrigkeit erlanget hat- te/ daß man jhn solt greiffen vnd einziehen/ laͤst sie jhm durch die jenige Leute welche sie mit gebracht hatte/ nach dem Kopff greiffen/ vnd wirfft jm tau- sent mal seine Vntrew vnd Meineyd vor. Wer da einen erschrockenen Menschen hette gern sehen wollen/ der hette nur Adrastum vnnd seine wunderliche Geberden ansehen moͤgen Dann auff einer seiten wolt jhn Donna Laura uuß jhrẽ Hauß nicht gehen lassen/ er hette jhr dann zuvor jhre gesto- P lene Beutelschneider/ oder lene Demant widergegeben: Auff der andern seiten aber stunde die Bulerine von Pansano/ vnd wolte jhn gesangen setzen lassen. Der Commissarius vnd seine Diener werden daruͤber zweiffelhafftig/ vnd wissen nicht/ was sie mit dem Adrasto anfangen sollen: Dann solten sie jhm nach dem Kopff greif- fen vnd gefangen hinfuͤhren/ das wolte sich ohne gewissen grund vnd beweißthumb nicht thun las- sen: Solten sie jhn dann lassen darvon lauffen/ das wolle sich auch nit schicken/ dieweil eine Anklag uͤ- ber die andere kame: Die Donna Laura ruffet vn- der dessen die Obrigkeit auff jhrer seyten vmb huͤlff an/ vnd erlanget so viel/ daß die Richter vnd Re- genten zu Florentz befahlen/ man solle Adrastum auff der Donna Laura anklag gefaͤnglich einziehen/ vnnd jhn darnach wegen der geschehenen Anklag ferꝛners Examiniren vnd fragen: Aber etliche an- dere spitzfindige Koͤpff liessen der Donna Laura heimlich sagen/ daß/ weil sie von jhren Demanten nichts in seinem Wambst/ Hosen vnnd Kleydern gefunden hette/ er sie ohn allen zweiffel wie Pillen wurde in seinen Leib eingeschlucket haben: Solte derohalben jhme ein starck es treibendes Clystir ein- geben lassen: Dieser rath wurde von jederman fuͤr gut angesehen/ außgenommen von der ersten Frau- en/ deß Adrasti Eheweib/ welche jhn lieber vnter deß Kerckermeisters/ als vnter der Commissarien Haͤn- de hette gesehen. Wiewol nun Adrastus wider die geschehene an- klag allerley einwendete/ vnnd sich entschuldigte/ Himmel vnd Erden zu zeugen seiner vnschuld an- rieffe/ Diebshistorien/ das II. Buch. rieffe/ vnd sich dem Teuffel verhiesse vnd gar erge- ben wolte/ wann er die Demant nur gesehen hatte/ (wie er dann hierinnen die Warheit sagte: Dann weil er sie in der Finsternuß/ ja in der stichfinstern Nacht genommen hatte/ hatte er sie nicht/ wiewol sie ein kleines Liechtlein oder schein an sich hatten/ sehen koͤnnen) jedoch liesse man nichts desto weni- ger den Apotecker kommen/ vnd jhm ein scharpffes treibendes Clystir zu bereiten: Allhie laß ich euch nun selber bedencken/ wie Adrastus sich stellete/ vnd so wunderlich geberdete/ als man jhme diese koͤst- liche Materien hinden einspruͤtzete: Dañ der Teuf- fel den man vnter S. Michel niderwirffet/ hat sein lebenlang nicht so sauer außgesehen: Er schlosse mit ehren zu melden den Hindern zu/ vnd verdroß jhn gar sehr/ das man jhm mitten in seinem Eingeweid vnd Daͤrme die Demant/ welche er eingeschlucket hatte/ suchen wolte: Er schwur bey Himmel vnnd Erden/ er were vnschuldig/ vnd wolte sich dermal eins wegen solches schimpffs rechẽ: Aber das gluͤck wolte jm gleichwol noch wol: Dann weil entweder die Demanten jhme noch nit auß dem Magen wa- ren kommen/ oder sonsten nicht hatten fortgehen koͤnnen/ gabe er nichts wider als die blosse Clystir: Verzeyhet es mir/ daß ich euch die Nasen in sol- che vnfreundliche stinckende Materien muß ste- cken: die worte stincken nit/ vnd haben keinen boͤsen gschmack an sich: Es ist nit der stinckende See Me- phitis, oder der Gott Stercurius, das ich euch allhie vorhalte: Donna Laura wird sehr bestuͤrtzet/ als sie sahe/ daß sie in jrer hoffnung betrogen war: Dañ sie P ij hoffete Beutelschneider/ oder hoffete/ sie wurde ohnzweiffentlich die verlohrene Demant in deß ehrlichen Vogels (wie sie gleich- wol auch nicht viel schatzes werth war) vnreinig- keit finden. Aber noch bestuͤrtzter vnd betruͤbter wur- de sie/ da sie sahe/ daß die andere Frau/ deß Adrasti vermeintes Eheweib jhn liesse in das Gefaͤngnuß legen: Dann da wurde sie beraubet alles deß jeni- gen/ was sie suchete: Doch wurde sie noch etwas durch dar jenige/ was hernach folget/ getroͤstet: Dann als er nun in dem Gefaͤngnuß sasse) vnder dessen daß man jhm sein Vrtheil fassete) vnd jhm im Bauch etwas uͤbel wurde/ lehrete er auß/ nicht allein die Demantẽ/ welche die andere so fleissig bey jhm gesuchet hatten/ sondern auch das ander ding/ dessen ich mich schaͤme allhie zugedencken/ oder das- selbige zuneñen. Mit 2. Demanten aber weichete er dem Pfoͤrtner sein Hertz also/ dz er jhm deß nachts die Thuͤr deß Gefaͤngnuß auffmachte/ vnd jhn liesse davon lauffen: Vñ da muß keiner fragen/ ob er auch seine Fuͤsse habe finden koͤnnen: Dañ ich wil mit dẽ jenigen/ welche diese Historien lesen werden/ das ge- wiß glauben/ dz er seine Fuͤß nit hat auff die Achseln geleget: Sondern er lieffe mit solcher geschwindig- keit darvon/ als er sonsten niemals gethan hatte: Von dannen begabe er sich hernacher in Franck- reich/ in die Statt Lion/ da wir bald von jhm andert newe Zeitungen anhoͤren werden: Dann innerhalb acht Tagen hatte er schon zwen oder drey Raube be- gangen/ vnd mehr als dreyssig Beutel deren schnuͤr vnd Riemen in das Wasser Roßne geworffen wur- den/ gestohlen: Weil er aber nicht mehr gedachte an Diebshistorien das II. Buch. an das grosse Vngluͤck welches er vor der zeit zu Pariß hatte außgestanden/ begabe er sich wider- umb dahin/ da er dann mehr als zuvor/ arglistige Dieb- vnd Schelmenstuͤck begienge/ wie jhr sol- ches in dem nachfolgenden Capitl werdet anhoͤren. Das XI. Capitel. Ferꝛnere Beschreibung vnd Erzehlung etli- cher anderer arglistigen Griffen/ vnnd spitzfindigen Bubenstuͤcken/ so Adrasius hat begangen. D As waren nun/ wie jhr in dem vorher ge- henden Capitel angehoͤret habt/ die spitz- findige Bossen/ mit vnnd durch welche Adrastus die Italiener ein wenig witzig macht/ vnd die Fuͤnde/ deren er sich gebrauchet jhnen jhꝛ Geld vnd Beutel zu erdappen: Vnd wiewol es sich an- sehen laͤst/ als ob der Ort eines Lands die Lufft/ die man an sich zeucht/ die Hitz/ welche ein gantzes Jar lang in solchem Land ist/ viel darzu helffe/ daß die Leute so an solchem Ort wohnen/ so spitzfindig vnd verschlagen werden; Jedoch so findet man eben so wol da/ als in Franckreich grobe vngehobelte/ vnge- schickte Doͤlpel vnd Esel/ welche sich wol doͤrffen verwundern uͤber eine Fliege/ oder uͤber den Fluͤgel eines Sommer Vogels/ als uͤber das letzte vnnd vollko/ meneste Meisterstuͤck der Natur: Ja uͤber das aller geringste dinge/ welches sie wider die ge- P iij meine Beutelschneider/ oder meine Gewonheit sehen/ doͤrffen sie sich wol gar verwundert stellen/ vnd solche Geberde/ wie Mu- hamedes machen/ nit anderst/ als wann der Him̃el einfiele/ oder als wann die Erde wolte in die Ge- stirn hinein lauffen: Derohalben so ware das dem Adrasto nicht schwer/ daß er solche Gesellen uͤber- doͤlpeln/ vnd jhnen Beutel vnd Geld kundte ablau- sen. Jetzunder aber/ da er widerumb in Franckreich kommet/ vnd von nichts anders/ als von Rauben vnd Stehlen kan leben/ da wird er zu thun haben/ daß er sich also verhalte/ daß er nicht an den Gal- gen komme: Dann wie das kein grosser Sieg ist/ wann man einen ort/ der von niemands wird be- schuͤtzet vnd vereheydiget/ einnimmet; Also ist das kein grosse Kunst/ einen alberen Troppen zu uͤber- doͤlpeln vnd einem newen Ankommenen/ in dem daß er die Bilder vnnd Gemaͤhls angaffet/ in den Hosensack wischen vnd jhm das Geld außsuͤhren: Also ware das auch keine grosse Kunst dem Adra- sto einen Italiener anzufuͤhren/ wiewol sie vermei- nen gar spitzfindig vnd verschlagen zu seyn: Dann jhre groͤste Spitzfindigkeit ist doch alle zeit mit einer natuͤrlichen Alberkeit vermischet: Sie koͤnnen wol die Arglistigkeit der jhrigen/ als welche gemeinig- lich mit weissen Zwirn seyn genaͤhet/ erkennen/ a- ber sie koͤnnen nicht ersehen vnd erkennen die Argli- stigkeit jrer Nachbarn/ wiewol sie manchmals nur von Hanff vnd Stopffwerck gemacht seyn. Wie Adrastus sich im geringsten nicht daruͤber bekuͤmmerte/ daß er vor seiner Reyse in Italien/ (gleich wie die Hunde/ vor welchen man sich be- sorget/ Diebs Historien/ das II. Buch. sorget/ daß sie rasend moͤgen werden/) in der Statt Pariß auff seiner Achseln mit einem gewissen Merck ware gezeichnet worden: Also befande Er das bey sich/ daß Pariß ein solcher Ort ist/ da die gantze Welt/ gute vnd boͤse sich auffhalten koͤnnen: Name jhm derohalben fuͤr/ er wolte sich wider- umb dahin begeben/ vnd solte er auch daruͤber seine Stiffeln vnd Sporen im Stich lassen muͤssen. So bald aber als er gen Pariß kommet/ besu- chet er seine alte gute Freunde vnd Mitgesellen/ richtet mit denselbigen newe Freundschafft vnnd Buͤndnuß auff: Weil er aber bey seinen Gesellen hatte erfahren daß zu Pariß ein Wechßler ware/ welcher nahe bey dem Koͤniglichen Hofe wohnete vnd ein grewlicher Wucherer vnd Schinder wa- re/ name er jhm fuͤr/ er wolle jhm hinder seinen Seckel mit dem Geld nisten vnd jhn lehren/ daß vnder dessen/ daß er in Italien ware gewesen/ er nichts vergessen hatte/ vnd daß der alte Verß war bleibet/ welcher also lautet: Cœlum non animum mutant, qui trans maro currunt. Das ist/ auff Frantzoͤsisch. Que bon cheval ny meschant himme. N’ amende prim d’ aller à Rome, Das ist/ auff Deutsch/ Ein gutes Pferd/ ein boͤser Mensch kein besserung erwirbt/ Wann er schon gen Rom zeucht vnd bleibt/ lebt oder gar da stirbt. Dieser Wechßler hatte gute Correspondentz P iiij vnd Beutelschneider/ oder vnd Freundschafft mit einem Italiener/ vnnd ge- wanne sehr viel bey seinem wechselen: Aber es ware der Wucher/ gleichsam also zu reden/ mit jhme ge- boren/ daß man jhm allzeit doppelt so viel/ als an- dern muste bezahlen/ vnnd durch seine arglistige Practicken gewonne er allzeit die halbe Summa/ so er einem liehe. Es hatte schon vor der Zeit die gantze Bruͤder- schafft der Beutelschneider all jhre Kraͤfften/ Sinn vnnd Verstandt daran gestreck et/ wie sie jhm doch beykommen moͤchten: Aber er ware jnen allezeit zu- verschlagen vnd fielen jnen alle jre Anschlaͤg wider in den Brunnen Er machte es wie die Hirsche/ welche den Hunden/ so sie verfolgen/ auch wider- umb Stoͤsse mit jren Hoͤrnern geben/ das ist/ spot- ten jrer vnd jrer Verfolgung. Als aber dieses dem Adrasto/ welcher auß Ita- lien frisch ware ankommen/ vorkame/ setzet er jhm vor bey sich selbsten/ er wolte den Anschlag inns Werck setzen vnnd sehen/ daß er diesem Wechßler ein stattliches anschmitzete: Aber es gehoͤrete gu- te Zeit darzu/ den Sachen recht vnnd wol nach zu- dencken. Was thut aber Adrastus? Vnnd wie stellet Er seine Sach an? Er sihet/ daß er einen feinen Jun- gen Menschen/ welcher von ehrlichen Eltern vnnd Herkom̃ens war bringet zu dem gedachten Wechß- ler/ daß er bey jme solte dienen: Dann sonsten hette er diesem Wechßler nicht beykommen koͤnnen: Der- selbige junge Mensch hielte sich nun so wol bey dem gedachten Wechßler/ daß er jhme all seine Brieff/ seine Diebshistorien/ das II. Buch. seine Rechnung vnd sachen vertrawete; Er fande jhn auch in allen sachen so trew vnd fleissig/ daß er keine vrsach hatte im gringsten an seiner trew vnd auffrichtigkeit zu zweifflen: Vnd daß ich euch die warheit sage/ so merckete dieser junge Mensch selber nit/ warumb Adrastus jhm hatte nicht allein das Hauß dieses Wechßlers gewisen/ sondern auch ge- rahten/ er solte sich zu solchem Herꝛn verdingen vnd jhme dienen/ vnnd warumb er so fleissig jhm hatte eingebildet/ er wuͤrde zu seinem Gluͤck keinen bessern Herꝛn finden koͤnnen: Dann dem eusserlichen an- sehen vnd Kleidern nach zu vrtheilen so versahe die- ser junge Mensch den Adrastum fuͤr einen fuͤrneh- men vnd dapffern vom Adel/ vnd hette er nimmer- mehr gedencken koͤnnen an den Betrug/ welchen Adrastus durch jn in seinem Hertzen sich hatte vor- genommen: Ader nach verlauffung etlicher Mona- ten gewann jhn Adrastus/ daß er jhn zu seinem ge- machten anschlag gebrauchte: Er fuͤhrete jhn/ alß er zeit hatte/ auß seines Herꝛn Laden in ein Wirths- hauß/ daß sie allda einmal mit einander essen/ trin- cken vnd sich erlustireten/ vnd als sie nun den Kaͤß bekommen hatten/ vnd von allerley sachen redeten/ suchet er vrsach vnd gelegenheit auff sein vornehmẽ zu kommen/ finge an mit jhm zu reden vnd sagte/ wann er jhm wolte folgen/ wolte er jhm Mittel vnd Wege zeigen/ daß er bald solte reich werden koͤnnen/ vnd nimmermehr die Haͤnde ledig haben: Vnd als er das mit jhm geredet hatte/ fuͤhret er jhn an ein solches Ort/ da er so bald mit einem Strick gefangen wurde: Dann wiewol er sich in der erst P v etwas Beutelschneider/ oder etwas wegerte/ so kundte jhm Adrastus doch mit Worten also begegnen/ daß er gleichsam wider sei- nen willen jhm folgete. Du sihest selber/ sagte er zu jhme/ daß der jenige/ bey dem du bist/ ein alter Greiner vnd wunderbarli- cher seltzamer Mann ist/ er ist gantz vnd gar in dem Geitz ersoffen/ Er ist ein rechter Schinder/ Er ist ein alter Mißtrawiger Mann/ der dich an deiner Wolfahrt verhindert/ Er stihlet dir gleichsamb die Frewde deiner Jugend ab: Er verhindert es/ daß wir beyde nicht zusammen kommen vnnd vns ein wenig auff seinen Vnkosten lustig machen koͤnnen. Mein lieber Freund: Wir seyn nunmehr inn einer solchen Zeit/ da ein jeglicher auff sich selber sehen vñ ein jeglicher Fuchs seinen Balck verwahren: Es ist niemands/ der fuͤr vns sorget vnd sich vmb vns bekaͤmmert: Der jenige der heutiges Tages in der Possession vnd besitzung eines Diensts ist/ der ist der staͤrcke- ste: Du hast treffliche gute Mittel/ nicht allein dir/ sondern auch deinen Freunden Dienst vnd Gefal- len/ vnd zwar ohn alle Muͤh/ Arbeit vnd Gefahr zu erzeigen. Allein thue eins/ vnd folge meinen Raht/ thue nur/ was ich dir sagen werde/ so wird alles wol auß- schlagen. Dieser junge Kerles/ welcher sich auch gern lu- stig machte/ vnd lieber in den Wirthshaͤusern/ als in seines Herꝛn Laden ware/ liesse jhm diesen vor- schlag nicht uͤbel gefallen/ vnnd hoͤrete jhm deßwe- gen gar fleissig zu: Dann er sahe vnd bedachte das- selbe/ Diebs Historien/ das II. Buch. selbe/ daß wann er solte laͤnger zu Pariß bleiben/ so thaͤte er nichts anders/ als daß er seine Jugend vn- nuͤtzlicher Weise zubraͤchte/ vnd ware er von sei- ner Kindheit schon gewohnet/ in dem Lande vmb- her zu streichen: Fraget derohalben Adrastum/ was fuͤr mittel vnd wege er dann solte gebrauchen/ damit er sei- nen Herꝛn/ den Wechßler betroͤge: Dann er sagte/ er were so spitzfindig vnd verschlagen/ daß jhn nicht baldt ein Mensch koͤndte betriegen/ ja er koͤndte ei- nem Menschen an seinen Augen ansehen/ was er im Schild fuͤhrete vnd in seinem Sinn vorhette. Mein lieber Freund/ antwortete jhme hierauff Adrastus die erste vornembste Haupt Regel/ wel- che wir den jenigen/ so sich in vnser Orden vnnd Zunfft begeben/ geben/ ist diese/ daß einer nicht so bald uͤber einem ding/ dessen er wird angeklaget/ roth werde oder erschrecke/ man traͤwe jhm auch/ wie man woͤlle/ er komme auch in Noth vnd Ge- fahr/ wie die Namen haben moͤge: Sonder man zeyhe jhn/ was man woͤlle/ so muß er steiff vnd vest vnd alles wie ein Brenner leugnen/ er muß/ wañ es schon nit war ist/ Himel/ Hell zu zeugen anruffen/ er muß nicht viel in seinen Reden stutzen oder vnbe- staͤndig seyn/ er muß seyn hertzhafft/ dollkuͤhn/ vn- verschaͤmbt/ verschlagen/ vorsichtig vnd muhtig. Sehe/ lieber Freund/ das ist die erste Farbe/ welche wir dem jenigen/ der in vnsere hochgelobte Bruͤ- derschafft begert auftgenommen zu werden/ geben. Darnach vnd fuͤr das andere/ wann wir sehen/ daß sich ein solcher/ der in vnser Bruderschafft will kom- Beutelschneider/ oder kommen/ wol schicket/ ist artig vnnd verschwiegen ein Anschlag in das Werck zu richten: Er ist spitz- findig vnd anschlaͤgig etwas zu erdencken vnnd zu erfinden: Er ist bestaͤndig vnd also genaturet/ daß er eine Folter/ darauff er moͤchte gespannet werden/ wann er solte in einem vnseꝛer stuͤcke ergriffen wer- den/ kan außstehen vnd außdauren: alsdann lernen wir ihn all vnsere gemeine Meister- vnd Kunststuͤck/ vnnd mag er darnach auff dieselbige selber mehr er- dichten vnd erfinden. Ferners vnd zum dꝛitten so lassen wir ein solchen darauff in vnsere Zunfft vnnd Versamblung kom- men: Da dann niemands mehr/ als den jenigen/ welche vnsere Bundsgenossen vnnd Zunfftbruͤder seyn/ ist erlaubet die Nasen drein zu stecken/ Vnnd wann das geschehen ist/ so muß ein jeglicher anzei- gen/ wo er einen guten Ort weiß vnd erfahren hat/ da man etwas kan fischen vnd fangen: Der Capi- taͤn/ wann er solches hoͤret/ bedencket vnnd beraht- schlaget mit den seinigen/ ob es leicht oder schwer sey zu verꝛichten: Vnnd nach dem er die Sache befin- det/ erwehlet vnd ordnet er solche Personen darzu/ durch welche er vermeinet/ den Anschlag zu volln- bringen: Vnd wann die Sach wol ist außgerichtet/ so hat der jenige/ der sie anbracht vnnd vorgeschla- gen/ sein Theil darvon/ der Capitaͤn/ wie auch die je- nige/ so Kopff vnd Hand angeleget/ haben das uͤbe- rige/ welches darnach abermals vnter wenig oder viel wird außgetheilet/ nach dem der Diebstal ist groß gewesen. Wie viel Gewinn meinestu wol/ daß du darvon haben Diebs Historien/ das II. Buch. haben koͤnnest/ wann du dich zu vns gesellen woͤllest. Dann es vergehet bald keine Woche/ da wir nicht mehr als tausent oder zwey tausent Kronen bekom- men? Dann/ weil vnserer sehr viel seyn/ theilen wir vns in gewisse Hauffen auß/ vnnd seyn daß gewiß/ daß es vns nimmer mangelt: Dann wann schon der eine Hauff vnd Gesellschafft nichts bekommet/ so bekommet doch auff das aller wenigste die ande- re etwas. Kuͤrtzlich darvon zu reden/ so ist vnser Handwerck so gut/ daß die jenige/ so einmal solches anfangen/ nicht widerumb begehren darvon abzu- lassen/ dann/ baar Gelt zu haben/ so doͤrffen wir nit inn Perou ziehen/ noch den Vnterthanen schwere vnnd newe Stewer aufflegen/ noch das arme ge- meine Volck bestehlen/ sondern wir brauchen ein- tzig vnd allein vnser Handwerck/ vnd machen vnns nur an die grosse vnd vornehme Herꝛn/ die es wol außdawren koͤnnen/ dann wir wissen selber wol/ daß bey den gemeinen armen Leuten nicht viel ist zu erlauffen: Vnd was meinestu/ daß vor ein grosser Gotteslohn seye/ wann man ein solchen grossen Dieb/ Wechßler/ Schinder/ wie dein Herꝛ ist/ ein wenig bestihlet: On dit gu’ à voler ur larron On gai gne Cent ans de pardon. Das ist/ auff Deutsch: Hundert Jahr all sein Suͤnd verziehen seyn dem Mann/ Der die stattliche Dieb auch recht bestehlen kan. Vnnd wann dem schon nicht also were/ wie ich nach dem Sprichwort gesagt habe: Ja wann es schon Beutelschneider/ oder schon gantz falsch wehre/ wie es vielleicht seyn mag/ jedoch so thu man gleichwol noch ein gutes Weick in dem/ daß man die jenige/ so die gantze Welt beste- len/ auch widerumb bestiehlet: Dieses alles soll dich billich bewegen meinen tre- wen Raht vnnd in dienen eigenen Seckel wolge- meinte Vermahnung anzunehmen/ vnd dahin zu trachten/ daß du die Schluͤssel/ welche dein Herꝛ zu den Kisten vnd Laden/ darinnen er seine Kauffbuͤ- cher/ seine Schrifften/ Brieff vnd Handschrifften hin thut/ brauchet/ bekommest/ dieselbige in ein Wachß wol abdruckest vnnd mir den Model oder Muster vberschickest: Laß mich darnach fuͤr das v- brige sorgen/ so will ich wol mittel finden/ daß wir auch zu etwas kommen vnd reich moͤgen werden. Als nun deß Wechßlers Jung auff angehoͤrte Weiß vnterꝛichtet/ angefuͤhret vnnd auch schon gantz vnd gar uͤberꝛedet ist/ daß er sich in deß Adra- sti Bruderschafft woͤlle begeben/ verheist er dem A- drasto/ er wolle thun/ alles was er an jhn begehre/ vnd mit seiner geschwinden Verꝛichtung jhn ver- gewissern/ daß er einen sonderlichen Lust zu solcher edlen Rauber-uͤbung habe: Wie dann auch seine El- tern in seiner Jugend an jhm gemercket hatten/ daß er ein grosse zuneygung zu dem Boͤsen/ sonderlich aber zu dem Diebstal hatte. Acht Tage nach diesem Eingang vnnd Anfang kommet Adrastus/ (der bey dem Naucles) also hies- se dieser junge Kerles/ welcher dem Wechßler die- nete (schon durch seinen Raht viel guts geschaffet vnd gewircket hatte) zu diesem jungen Kerles vnd fraget Diebshistorien/ das II. Buch. fraget jhn/ ob er seiner Verheissung ein gnuͤgen ge- than hette: Naucles antwortet jhm vnnd spricht: Was versprochen vnnd befohlen seye worden/ das habe er zum aller fleissigsten auß gerichtet/ gibt jhm hierauff das in has Wachs gedruckte Muster der Schluͤssel zu seines Herꝛn Condor/ zeiget jhm auch/ wie er so grosse Muͤh gehabt habe solche Schluͤssel in seine Haͤnde zubekommen/ dann sein Herꝛ habe sie allezeit mit einer Armbrust Nuß an dem Guͤr- tel hangen gehabt: Er habe aber das Vortheil erse- hen/ daß als sein Herꝛ geschlaffen/ habe er sie jhm vnter seinem Hauptkuͤssen/ darunter er sie alle- zeit pflege zu legen/ herfuͤr gezogen vnnd in aller eyl abgedrucket. Adrastus ist froh/ daß der Streich so wol ist an- gangen/ vnnd daß jhm sein Anschlag so gluͤcklich fortgehet? Verfuͤgt sich derhalben zu einem Schlos- ser, vnd laͤst jhm solche Schluͤssel machen/ welche deß Wechßlers Schluͤssel gleich seyn: Vnd als sie gemacht/ gibt er sie dem Naucles/ daß er sie wann jederman zn Bett vnd schlaffen sey/ probiere/ ob sie auch recht seyen/ vnd gern auß vnd ein gehen: Wel- ches als es nun mehr auch geschehen/ vnd die schluͤs- sel recht waren/ mangelt es an nicht mehr/ als daß nun jhr Anschlag ins Werck gerichtet wurde. Adrastus erinnert/ oder besiehlet vielmehr dem Naucles (dann er kundte nun mehr den Naucles regieren vnd fuͤhren/ wie er selber wolte) Er soll es jhm zu wissen thun/ wann sein Herꝛ/ der Wechßler/ eine grosse Summen Geldts werde empfangen/ die er nach Rom soll uͤbermachen: Auff daß er eben solche- Beutelschneider/ oder solchen Tag sein Journal moͤge haben vnd auß richten was er jhm vorgesetzet hatte: Dann wie wol Naucles falsche Schluͤssel hatte zu seines Her- ren Condor vnd Geld/ kundte auch wol/ wie man in dem gemeinen Sprichwort redet/ ein Loch in die Nacht machen/ das ist/ hette darvon lauffen koͤn- nen/ ehe es ein eintziger Mensch were gewahr wor- den/ oder daß er eintzige Gefahr daruͤber hette auß- stehen moͤgen. Jedoch wolte er solches Mittel nicht gebrauchen/ sondern/ was er vorgenommen hatte/ das wolte er offentlich vnd vor aller Welt außrich- ten: Darauß jhr dann habt zu erkennen die grosse vnverschaͤmkeit vnnd vorsetzlichen Betrug dieses jungen Vogels/ welcher/ da andere nicht als deß Nachts zustehlen außgehen/ wolte/ daß der helle Tage/ der Himmel/ die Sonn/ die Erde vnd gantze Welt seines meineydigen Vornehmens Zeugen weren. Acht Tage verlauffen sich/ daß in das Hauß des gesagten Wechßlers keine Summa Gelds/ die jh- res Anschlags were werth gewesen/ kame Endlich aber auff einen Sontag bringet man jhm tausent Kronen an purem guten Gold/ welche er nach Rohm an einen Prelaten/ welcher fuͤr weniger zeyt dahin wahre gezogen/ vnd welchen man hie nicht darff mit Nahmen nennen/ solte vbermachen: Vnd sosches Geld ware in zween Saͤcken. Dieses wurde nun so bald dem Adrasto/ der alle Tag fleissig darauff wartete/ angesagt/ jm darbey erzehlet die Summ alle vnd a Vmbstaͤnde solches eingeli efferten Geldes: Vnder dessen aber/ daß der Diebs Historien das II. Buch. der Wechßler wahre außgegangen/ mit einem sei- ner Freunde zu Nacht zu essen/ gabe Naucles jhm seines Herꝛn Buch/ dariñen alles auffgeschrieben war/ was er fuͤr Geld empfangen hatte: Er sagte jhm auch die Spccies / so in den zween Saͤcken wa- ren: Nemblich lauter Kronen/ vnd schriebe er sol- che Wort darein: Ich Firmin Adraste/ hab heut diesen Tag gegeben dem Herꝛn Martin le Noir, Ordi- nari-Wechßler von Pariß nach Rom/ die Summa zwoͤlff Tausent Kronen/ in zween Saͤcken: Nemblich Fuͤnff hundert Kronen an Gold/ vnd Kronen/ vnnd Fuͤnff hundert Kronen an Pistolen/ die Pistole fuͤr sieben Pfundt sechs Schilling: Dessen seyn Zeu- gen Frantz Timon vnd Peter le Reux: Wel- che Sum̃en Geldts er mir versprochen von Pariß gehn Rohm zu vbermachen auff ein solche Zeit/ welche ich werde begehren/ vnd so bald/ alß ich allda werde ankommẽ seyn. Ge- schehen den 10. Aprilis/ vnd hat es dieser vnd dieser vnderschrieben. Vnden an dieser Schrifft verwandelt er die Buchstaben/ vnd wie er in diesem Handwerck wol geuͤbet ware/ also machte er dem gesagten Wechß- ler sein Hand vnd Schrifft so artig nach/ daß man geschworen hette/ es were seine eygne Hand gewe- Q sen/ Beutelschneider/ oder sen/ vnd schriebe diese Wort drunder: Ich habe die- se Summen Golds dem Herꝛn Carre Wechßler uͤberlieffert/ daß er sie in meinem Abwesen gen Rom solle uͤbermachen. Als nun Naucles diese Wort lieset/ saget er/ der Handel werde sich gar wol schicken/ aber er hette die Species nicht recht gesetzet/ dann in den zwey- en Saͤcken sey gar keine Pistole/ sondern die gan- tze sum̃en Gelds sey an lauterm Gold vnd Kronen. Vnd das ist eben das Mittel/ sagt Adrastus/ dardurch ich den Wechßler will erdappen: Dann ich will jetz so bald hingehen vnd die fuͤnffhundert Kronen an Pistolen holen vnd geben: Vnder des- sen aber/ daß dein Herꝛ nicht daheim ist/ solt du die zween Saͤcke nemen vnnd fuͤnff hundert Kro- nen darauß thun/ auß einem jeglichen Sack/ zwey hundert vnd sunfftzig/ vnd solt die Pistolen/ die ich dir jetzunder will holen/ an der hinweg genomme- nen Kronen platz thun: Es ist Gold/ welches ich gestern vmb den abend außdruͤcklich zu diesem vn- sern Anschlag hab entlehnet: Was das uͤbrige an- langet/ so vergesse es bey leib nicht/ sondern thue die zwey kleine Zettelein/ so an den Saͤcken seyn ab/ vnd thue hergegen diese zween Zettel/ so ich dir jetzt ge- ben will/ in die Saͤck hinein: Vnd als er dieses sa- get/ gibet er jhm zwey kleine Zettelein/ auff welchen also geschrieben stunde: Fuͤr Herꝛn Adrastum. Als nun Naucles gnugsam vnderrichtet wa- re/ wie er alles anfangen solte/ vnder dessen/ daß sein Herꝛ nicht daheim were/ nimpt er hierauff der Zeit wol in acht: Vnd als sein Herꝛ/ wie Ich schon Diebs Historien das II. Buch. schon gedacht/ ware bey einem seiner Freunde/ welcher seine Tochter verheurahtet/ bey dem A- bendessen/ es ware auch sonsten kein Mensch mehr als eine eintzige Magd im Hause/ schleust er mit dem falschen Schluͤssel/ welchen er zu seines Her- ren/ deß Wechßlers Condor hatte machen lassen/ dasselbige auff/ wie auch die Kisten/ darinnen sein Herꝛ pflegte all sein Geld/ sein Kauffb uͤcher/ Ver- schreibungen/ Handschrifften vnnd dergleichen Sachen/ daran viel gelegen ware/ zu schliessen vnd zubewahren/ thut das Buch/ welches er dem Adra- sto gegeben hatte/ wider hinein/ lehret die zween Saͤcke/ deren ist gedacht worden/ auß/ nimmet fuͤnffhundert Kronen hinweg/ vnd thut an dersel- bigen statt hinein die Pistolen/ so jhme waren ge- gegeben worden/ vnd nach dem er die Thuͤr allge- mach vnd fein leiß widerumb hatte zugeschlossen/ wirffet er die Schluͤffel in das heimliche Gemach/ wie jhme war befohlen worden/ gehet hin vnnd bringet dem Adrasto/ welcher seiner in der nech- sten Herberg wartete/ die fuͤnff hundert Kronen/ an welcher statt er die Pistolen gethan hatte: Adrastus nimmet solche fuͤnffhundert Kronen/ vnd gibet sie so bald wider den jenigen/ welche jhm den vergangenen Abend die gedachte Pistolen geliehen hatten: Dann die gantze Bruͤderschaffe der Beutelschneider hatte zu sammen geschossen/ darmit solcher kuͤhner Anschlag inn das Werck moͤchte gerichtet werden: Vnnd ware auch daran gar nichts zu verlieren/ dieweil Adrastus nun die Fuͤnffhunde r t Kronen schon widerumb Q ij zu Beutelschneider/ oder zu sich hatte gezogen/ sondern ware noch viel daran zugewinnen/ wann man anderst auch Gewinn kan nennen/ was gestohlen wird. Daß ich euch aber hiervon auch meine meinung sage/ so hette man wol sagen moͤgen/ Naucles were ein arglistiger Verschlagener Kopffe/ wann er an statt/ daß er hingienge vnd brachte die Fuͤnffhun- dert Kronen dem Adrasto/ durch eine andere Thuͤr ware mit dem Geld hinauß gegangen/ vñ hette sich heimlich auß deß Wechßlers seines Herꝛn Hause darvon gemacht: Dann uͤber das/ daß er kein Vr- sach an dem verderben seines Herꝛn were gewesen/ wie auch deß grossen Schimpffs/ welcher jhm her- nach widerfuhre/ wie wir anhoͤren werden: So hat- te es das ansehen gehabt/ als wann er nicht so gar uͤbel daran gethan hette: Dann er hette niemands anders/ als ein Raͤuber selber beraubet: Aber wann man alles wol bedencket/ daß er/ in dem er seinen Herꝛn beraubet/ er ein Rauber hat bestolen/ eben so wol als Adrastus/ so kan man jhn nicht vor vnschuldig erkennen/ oder von dem Galgen loß sprechen: Wann er entweder nur daruͤber were er- dappet worden/ oder wann man jhn seines Dieb- stals hette uͤberzeugen koͤnnen. Vnder dessen aber so kompt der Wechßler wider hinein/ vnd gedencket im geringsten nicht/ daß jhm in seinem abwesen ein solches Bubenstuͤck solte be- wiesen oder angerichtet seyn worden: Deß Mor- gendts aber sehr fruͤh/ bekame er von einem/ ich weiß selber nicht wer/ hundert Cronen/ welche er nach Rom solte verschicken/ oder durch einẽ Wech- selbrieff Diebshistorien/ das II. Buch. selbrieff uͤbermachen: Schriebe solches auch in sein Buch/ sahe aber nicht an was man jhm dahin ge- leget hatte: Dañ da sein wir Menschen manchmals so geitzig vnd begierig/ auff das Geld vnd den Ge- win/ daß wir ein ding selber nicht recht ansehen o- der bedencken. Etliche Tage hernacher/ als Adrastum duncke- te/ es were zeit seinen Anschlag ins Werck zu setzen/ vnnd Einzuerndten/ die Frucht deren er zuvor ein solchen guten Samen gesaͤet hat/ kommet er mit etlichen vnd zwar mit den vornembsten Filaus oder Beutelschneidern/ inn das Hauß deß gedachten Wechßlers/ begeret ein Wort mit jhm zu reden/ vnd als er kommet/ redet er jhn also an. Mein Herꝛ/ Es seyn mir in dieser Statt/ seyt deß letzten Sambstages da ich mit euch geredet ha- be/ etliche Geschaͤffte zu verrichten vorgefallen/ wel- che mich verhindern/ daß ich in Italiam/ wie ich mir zwar gaͤntzlich vorgenommen hatte/ nicht kan ziehen: Derohalben/ so bitte ich euch/ jhr woͤllet mir das Geldt/ so ich euch/ mir nach Rom zu uͤberma- chen/ hab gegeben/ widerumb zustellen: Ich will euch ewer Gebuͤr gern darvon geben/ vnd will sol- che Gutthat zu erkennen nicht vnterlassen. Mein Herꝛ/ antwortet der Wechßler/ es ist hie nicht/ das jhr recht suchet: Es wird vielleicht da vn- den bey einem andern seyn/ zu dem jhr sollet vnd woͤllet gehen: Ihr kommet nicht zu ewerem rechten Mann (verzeyhet mir es/ daß ich euch solches wort sage) es wird vielleicht Herꝛ Carre seyn/ nach wel- chem jhr fraget/ dann der ist eben so wol als ich/ ein Q iij Wechß- Beutelschneider/ oder Wechßler/ er wohnete auch eben in dieser Gassen: Ich weiß nicht/ antwortet Adrastus/ wer Herꝛ Carre ist/ aber ich weiß keinen andern Mann/ der mein Geld hat empfangen/ als jhr allein: Euch/ sage ich/ hab ich newlich tausent Cronen geben/ fuͤnffhundert an Cronen/ fuͤnff hundert an Pi- stolen. Der Wechßler/ welcher wol wuste/ daß er tau- sent Cronen empfangen hatte/ aber nicht in was fuͤr speciebus, antwortet jhm mit grossem vnwil- len vnd sagte/ er kennete jhn nit/ er moͤchte wol ein vnverschaͤmbter Gesell seyn/ daß er jhm ein solches doͤrffte abfordern: Was/ sagte hierauff Adrastus/ vnverschaͤmbter Gesell? haltet jhr mich fuͤr einen albern Gesellen oder Narꝛen? wollet jhr mir mein Geldt auch leugnen/ wie jhr vielen andern ehrli- chen Leuthen gethan habt. Ich bitte euch/ last vns nicht viel mit einander zancken: Wann jhr durch laut schreyen vnd ruffen ewer Sachen gewinnen kuͤndtet/ so were es zwar gut/ aber also wird es nicht gehen? Gestehet jhr nicht daß jhr vor acht Tagen tausent Cronen von mir empfangen habet/ welche jhr in Italien mir nach Rom soltet uͤbermachen? Mein Freund/ antwortet der Wechßler/ ich weiß nicht/ ob jhr voll Wein/ oder gar naͤrꝛisch seyet? A- ber dem sey/ wie jhm wolle/ daß jhr mich entweder fuͤr einen andern ansehet/ oder daß jhr das also sa- gtt/ mich offentlich zu betriegen/ so sage ich euch das hiermit: Daß ich euch nit kenne/ euch auch niemals mit meinen Augen hab gesehen. Das Volck lauff auff dieses gezaͤnck zusammen/ ein jeglicher will se hen/ Diebshistorien/ das II. Buch. hen/ was das Spiel fuͤr ein ende werde gewinnen: Dañ/ wie ohne das dieser Wechßler bey den Bur- gern vnd bey der gantzen Nachbarschafft ein boͤses Geschrey hatte: Also wuste Adrastus dermassen zu reden vnd auffzuschneyden/ daß kein Mensch ge- glaubet haͤtte/ daß ein betrug darhinder solte stecken: So bedorffte Adrastus auch keiner Larven/ sein Bubenstuͤck darmit zu verdecken/ dann er hatte ein solches Gesicht/ das allerley Geberden an sich neh- men kundte: Er kundte sich eusserlich also stellen vnd geberden/ daß mancher ein Eyd geschworen/ hette/ er meinete es auch also in seinem Hertzen. Last vns nicht so laut schreyen/ spricht Adrastus zum Wechßler: Heist jhr nit Martin le Neir? Der Wechßler/ als er seinen Namen hoͤret nennen/ wird er so bestuͤrtzet/ daß er nicht weiß/ was er darauff soll sagẽ: es zittern jm alle seine Glieder: vñ als er saget: Ja/ er heisse also: Da fanget Adrastus an jhm recht zu zusetzen/ vnd zu draͤwen/ wann er jhm sein Geld nicht so bald wider gebe/ wolle er jhm vorge- bieten lassen/ vnd wolle sich an jhme aller seiner vn- kosten/ so jhm daruͤber auffgehen wurden/ erholen: Vnd wann er schon alle seine renck vnd schwenck gebrauchete/ jhn vmb sein Geld zubringen/ solte er doch darmit nichts gewinnen/ sondern jhm sein Geld wider geben. Wie sagt der Kauffmann zu jhm/ kommet jhr hieher zu mir/ mich also zu uͤbergeben? Wollet jhr mich vor aller Menschen Augen bestehlen vnd be- rauben? Werdet jhr euch nit hinweg packen/ so will ich den Commissarium holen/ vnd euch einstecken Q iiij lassen? Beutelschneider/ oder lassen? Nicht so boͤß/ nicht so zornig/ sagt Adrastus wider zu jhm: Meinet jhr/ ich sey ewer Narꝛ? Nein/ jhr habt vnrecht bey mir angetroffen: Mit ewerem grossen gewaͤsch werdet jhr die sach nicht gewinnen noch mir Gelt abstelen koͤnnen. Als nun die jenige/ welche Adrastus als Zeugen mit sich gebracht hatte/ vermeinten/ es were Volck gnug beyeinander/ setzen sie auch an den Wechß- ler/ sagen jhm/ inn sein Angesicht/ er sey ein loser Mann/ der nit werth sey/ daß er solle leben: Dann er ernehre sich von nichts andets als von verdambli- chen Wucher vnnd Rauben: Vnd sie selber haben es mit jren Augen gesehen/ daß er die tausent Cro- nen empfangen habe: Derhalben soll man die O- brigkeit vmb huͤlff ersuchen vnd anschreyen. Der Commissarius/ so in solcher Gegendt woh- nete/ als er dieses Gezaͤnck vnnd Geschrey inn deß Wechßlers Hauß hoͤrete/ machet sich auff/ vnd ge- het mit etlichen Dienern/ so er zu allem gluͤck auff dem Wege antraffe/ in deß Wechßlers Hauß hin- ein/ welches als es Adrastus sihet/ daß nemblich der Commissarius daher kommet/ machet er sich noch viel vnnuͤtzer/ vnnd will kurtz rund sein Gelt von dem Wechßler haben/ auff daß jederman/ so da ware/ moͤge sehen/ daß er billiche Vrsach habe sein Gelt widerumb zu fordern/ vnd sich zubeklagen uͤber den Raub/ so der Wechßler/ welcher schon bey jederman stancke vnnd verhasset war/ an jhm solte begangen haben. Mein Herꝛ/ sagte er zu dem Commissario/ ich bitt mich nur ein wenig mit gedult anzuhoͤren: Es ist nun Diebs Historien/ das II, Buch. ist nun mehr acht Tage daß ich inn Italien zuver- reisen/ mir gentzlich vorgesetzet hatte/ vnnd habe dem Herꝛen le Nair allhier zugegen tausendt Cro- nen zugestellet/ auff daß er mir solche gen Rom uͤbermache: Aber vnter dessen sein mir andere Ge- schaͤffte vorkommen/ vmb welcher willen ich noch zween Monat allhier in dieser Statt muß verblei- ben/ vnd da ich nun herkomme/ vnd will mein Geld von diesem Mann wider haben/ schicket er mich nach Niord spricht er kenne mich nicht/ ich sey ein Landbetrieger. Mein Herꝛ/ sagt der Wechßler/ ich sage euch das daß dieser ein rechter Rauber ist/ vnd soll man jhn billich gefangen nehmen: Allgemach/ allge- mach/ antwortete hierauff das Volck/ welches vmb sie herumber stunde) jhr redet gar hertzhafftig: Ja freylich/ sagt der Wechßler/ vnd warumb nicht? Er will mich uͤberꝛeden/ er habe mir Gelt gegeben vnd hab ihn doch mein lebenlang nit gesehen? Hab ich nit vrsach/ mich uͤber jn zu beklagen/ vnd die Obrig- keit deßwegen an zuruffen? Adrastus aber antwortet hierauff also: Wiewol ich das jenige/ was ich sage vnd begere/ mit Zeugen genugsam kan beweisen/ wie ich dann endtlich sol- ches mittel auch werde gebrauchen muͤssen jedoch/ wann er mir mein Gelt weiters wil leugnen/ so be- gehre ich meinem beweißthumb nicht mehr zu se- hen als sein eigenes Buch/ darinnen er seine Auß- vnd Eingaben pfleget einzuschreiben/ so weiß ich/ daß jhr allemiteinander dieses Manns betrug wer- det mit augen sehen: Ob er nit vielleicht das Blat/ Q v dar Beutelschneider/ oder darauff meine Summen Geldts geschrieben ste- het/ habe außgerissen/ damit ich jhm ja nichts ab- fordern koͤnne. Der Wechßler/ welcher nichts anderst wuͤnsche- te vnd begehrte/ als deß er auß dem argwohn/ wel- chen alle das Volck so vor seinem Hauß ware vnd diesem gezaͤnck zuhoͤrete/ durch deß Diebstals fal- sche Anklag auff jhn hette geworffen/ kaͤme/ vnnd das alle Welt seine vnschuld moͤchte sehen vnd er- kennen/ saget also: Wiewol er gantz vnd gar nicht schuldig seye jhm seine Regnung/ Register vnnd handelsbuͤcher zuzeigen/ jedoch/ weil er jhn so faͤlsch- lich vor aller Welt anklage/ so wolte er sie gern se- hen lassen/ auff daß ja niemandts zweiffelt an seinẽ Nahmen/ noch auch an dem jenigen/ mit welchem er zuthun habe/ vnd welcher sich Adrastum nenne: laͤst auch hierauff seine Register vnnd Buͤcher her- fuͤr bringen. In dem aber/ das der Wechßler seine Buͤcher lestholen/ nimmet Adrastus der zeit wol in acht/ zeucht den Commissatium auff eine Seyt/ vnd sa- get zu jhm: Sein Geld sey in zween Saͤcken/ zeiget jhm auch an/ wie die Saͤck seyen/ was sie fuͤr eine farbe vnd merck zeichen haben/ nennet jhme die spe- cies, so in den Saͤcken seyen/ wilches gerad ein tau- sent Cronen machte: wuste auch nicht anderst/ als daß er solches sein Geld in eineviereckigte doppelte Laden/ so er in seiner Kammer stehen habe/ vnd all- zeit zwen Schluͤssel darzu bey sich trage/ hinge- schlossen habe. Das Buch wird gebracht vnd auffgethan: A- dra Diebs Historien/ das II. Buch. drastus suchet den Tag/ an welchem dem Wechs- ler solche summen Gelts ware zugestellet worden/ vnd nach dem er es wol durchblettert hatte/ spricht er zu dem Commissario: Mein Herꝛ ich bitte euch/ jhr woͤllet diese Elausul lesen vnd mir darnach sa- gen: Ob das nicht ein rechtes metneydiges Schel- menstuͤck seye von dem Mann/ daß er mir mein Gut verleugnen/ vnd mich auff solche weiß will be- stehlen. Der Commissarius nimmet das Buch inn die Hand/ liset uͤberlaut das jenige/ was Adrastus zuvor durch gelegenheit deß Naucles inn solches Buch hatte geschrieben. Der Wechßler wird hieruͤber so bestuͤrtzet/ als wann jhm seine Fuͤsse/ wie dem Acteoni, weren ge- spalten worden: Er weiß nicht was er darauff soll antworten/ Er wird vnter seinem Angesicht gantz bleich/ jederman klaget jhn an/ vnnd in dem ein jeg- licher jhn inn den Abgrundt der Hoͤllen verfluchet vnd vermaledeyet/ weiß er nichts anders zu thun/ als daß er Gott/ Sonn/ Mond/ Himmel vnnd Er- den zu Zeugen anruffet/ daß er Adrastum niemals hat gesehen. Ihr moͤget so lang schweren als jhr woͤllet/ sagt Adrastus/ einem solchen falschen meineydigen Schinder vnd Wucherer/ der den Geitz/ Golt vnd Silber fuͤr sein GOtt helt/ will ich auff sein schwe- ren nicht getrawen: Man muß auff der Statt hin- gehn zu dem Wechßler Herꝛen Carre, ewerem Bundtsgenossen/ zu sehen/ ob jhr jhm mein Gelt nicht habt gegeben/ oder jhn ewere Kisten habt auff- schliessen lassen/ vnd ob sich die zwen Saͤck mit den beschrie- Beutelschneider/ oder beschriebenen speciebus nit bey jhm finden: Dann diesem vnserem Streit kan leichtlich abgeholffen werden. Der Augenschein/ so das Volck/ welches vmb vns herstehet daruͤber wird einnehmen/ wird selbst machen/ daß wir one allen Streit vnd Recht- fertigung von einander werden kommen koͤnnen. Man gehet so bald zu Herꝛn Carre, aber da will er von allen solchen Sachen im geringsten nichts wissen: Man schleust hernach dem angeklagten Wechßler die Kisten vnnd Kasten auff/ wiewol er sich sehr daruͤber beschwerte: Dann er hatte sorg/ es moͤchte jhm ein schimpff/ vnnd schaden dardurch widerfahren/ aber das Volck/ so dabey ware/ uͤber- taubete jhn mit seinem schreyen vnnd draͤwen: Je- derman schalt jhn/ vnd gabe jhm vnrecht: Der al- lergeringste rotzigste Lehrbub fluchet jhm/ vnd gab jhm stichrede: Aber da erschracke er noch mehr/ da die zween Saͤcke auff gethan/ vnnd kleine Zettelein/ welche nicht allein anzeigten/ daß das Gelt dem Herꝛn Adrasto zuhoͤrete/ sondern auch der specie- rum inn solchen Saͤcken gedachten/ darinnen ge- funden wurden: Das machte Adrastus/ weil er oh- ne das auch Zeugen/ welche außsagten/ sie wehren darbey gewesen/ da das Geld dem Wechßler were zugestellet worden/ bey sich hatte/ uͤber die zween Saͤck mit Gelt fiele/ sie zu sich zoge/ sagte/ sie ge- hoͤrten ihm zu/ vnd gabe jhm sein gebuͤr vnnd auff- wechsel darvon. Als nun der Wechßler sihet daß Adrastus mit aller Gewalt jhm die Saͤck mit Gelt nimmet/ ver- fluchet er sich schrecklich/ sagt/ der Teuffel soll jhn mit Diebshistorien das II. Buch. mit Leib vnd Seel hinweg fuͤhren/ wann das Gelt deß Adrasti seye: Aber so sehr als er schrye vnnd sich verfluchte/ so wenig wurde es geachtet: Dann der Commissarius vnd der gemeine allda vmbherste- hende vnd zuhoͤrende Poͤbel schryen jhn auß vor ei- nen losen Mann/ vnd gabe der Commissarius dem Adrasto das Gelt in seine Haͤnde/ welcher jhm die Saͤck wolte lassen/ auff daß er auch mit den Wechs- ler moͤchte zu thun bekommen: uͤberꝛedet also Adra- stus das Volck/ was er selber wolte. Vnd sehet/ also hat Adrastus nun diesen Wechßler vor aller Welt Augen betrogen/ vnd jm arglistiger weise sein Gelt hinweg gestolen. Ich muͤste sehr viel Zeit haben/ wann ich alle die arglistige Diebstuͤck/ welche er zu Paris vnd in vie- len andern Staͤtten in Franckreich hat begangen/ solte erzehlen: Da ist kein Ort/ kein End/ da er nicht etliche Merck vnd Gedenck zeichen seiner Dieberey vnd boßheit hinder sich hat gelassen: Aber wie alle Suͤnde vnd Laster entweder bald oder langsam von Gott gestraffet werden/ vnd ein ende nehmen/ also/ nach dem Naucles auß seines Herꝛn/ deß Wechß- lers Hause/ sich hinweg gemacht/ vnd jhm vorge- nommen hatte/ das Land durchzustreichen: Wur- de er zu Senlis, da er etliche Beutel abgeschnitten hatte/ gefangen vnd durch eine Appellation/ welche wider jhn ware vorgenommen/ hieher in diese Statt Paris gefuͤhret/ da dann nach gnugsamer vorge- gangener Examinirung befunden wurde/ daß er bey fuͤnff vnnd sechs grossen begangenen Rauben ware gewesen: Wurde hierauff von der Obtigkeit zum Beutelschneider/ oder zum Strang verdammet: Als er aber anff die Gal- genleyter kame/ klaget er Adrastum hefftig an/ vnnd sagte nicht allein das Ort vnd das Ende/ wo jhn der Blutrichter wurde gewißlich antreffen/ damit er auch auff gehencket wuͤrde/ sondern/ daß et Adra- stus allein vrsach were daß er in solches Diebsleben gerahten wer/ vnd daß auch dem gedachten Wechß- ler solcher grosser schimpff vnnd spott vnschuldiger weise widerfahren were. Die Schuͤtzen vnd Trabanden gehen so bald in das Losament/ welches Naucles verꝛathen vnd an- gezeiget hatte/ vnd finden Herꝛn Adrastum/ welcher noch wol auff ist/ vnd sich mit zween seiner Spieß gesellen gar lustig machet/ vnnd will all seines Her- tzens Trawrigkeit vnd Schwermut mit dem Wein vergraben: Wird so bald in das Gefaͤngnuß hinge- fuͤhret/ vnd als man jhn auff die Folter spannet/ be- kennet er einen vnzehlichen grossen hauffen Buben- vnd Diebstuͤck/ welche noch in der Registratur sein zu finden: Zur belohnung aber seiner vielfaltigen gehabten Muͤhe vnd zum Trost seines Creutzes vnd Elendes verkuͤrtzete man jm die forcht/ so er hatte deßwegen/ dieweil er sorget/ er moͤchte geraͤdert wer- den/ vnd liesse jhn nur schlechts hinweg an Galgen auffhencken vnd solches auff hefftige klage/ welche wider jhn gefuͤhret wurde durch den offtmals ge- dachten Wechßler/ welcher zwar durch solches mit- tel sich alles argwohns/ so man wider jhn hatte/ ent- schuͤttete vnd sein Ehr wider bekame/ aber doch nit die tausent Cronen/ als welche Adrastus vnd seine Mitgesellen schon durch die Gurgel gejagt hatten. Sehet/ Diebshistorien das II. Buch. Sehet/ das ist das schmaͤhliche End deß Adra- sti vnd aller der jenigen/ welche der Tugendt absa- gen/ vnnd sich allen Lastern ergeben/ ja welche alle Freyheit suchen/ vnnd sich den Goͤttlichen vnnd Menschlichen Gesetzen nicht vnterwerffen woͤllen. Diese Historien ist zwar etwas lang/ aber die vnter- schiedliche Materien hat mich gezwungen/ sie so weitleufftig zubeschreiben/ vnd hab ich sie euch ohne eintzige Schwenck vnd Farbe vorgehalten/ wie sie zu vnsern Zeiten ist geschehen. Das XII. Capitel. Von den Bossen deß Fillemon/ vnnd was er sonsten fuͤr denckwuͤrdige Stuͤcke hatte be- gaugen. D Ie vnverschaͤmbkeit vnnd Diebsta! sein Bruder vnd Geschwister/ vnnd wer in dem einen will vollkommen seyn/ der muß dns ander auch wissen: Dann man hat sein lebenlang keine Diebe gesehen/ die nicht zu gleich vnverschaͤmbt vnd dollkuͤhn gewesen seyn: Vnnd langsam sihet man einen vnverschaͤmbden Men- schen/ der nicht zugleich auch ein Dieb seye: Das sein zwey Synonima oder gleichgiltige dinge: Die zwey stuͤck finden sich gemeiniglich beyeinander/ wie Theseus, Pirithous, Pilades vnd Orestes, wel- che allezeit an einem Orr beyeinander seyn. Ihr habt dieses in dem vorhergehenden Histori- en verstanden/ vnnd ich halte darvor/ ich hab ge- nugsamb bewiesen/ daß ein verschlagener Dieb ein uͤbe- Beutelschneider/ oder uͤber alle massen vnverschambter Schelm ist/ vnd das will ich noch ferꝛners beweisen mit der Persone deß Fillemon/ welcher einer ist gewesen auß den ve r schlagenesten Dieben/ so jemals auff die Gabeln zu Montfaucon sein auffgestecket/ oder an Galgen gehencket worden: Dieser schlimme Schelm sahe sehr gleich dem Mercurio/ von welchem wir ange- hoͤret haben/ daß die zuneigung zum stehlen so groß bey jhm ware/ daß/ so bald als er den hinden auß der Schalen hatte/ die Haͤnde sich fuͤr den Fuͤssen se- hen liessen/ vnnd name alles/ was er nur antraffe/ außgenommen/ daß er es nicht macht/ wie jene A- merische Voͤlcker/ welche als sie Rosen sahen/ dar- fuͤr fuͤrchteten vnd dieselbige nicht getraueten an- zugreiffen/ dann sie meineten/ es were Fewer: Dañ als er auff ein zeit mit seinen Haͤnden dem obersten Gott Jovi wolte seinen Stral stehlen/ verbrennet er die Haͤnd alle miteinander daran/ vnd daher kompt es/ daß er noch auff den heutigen Tage (eben so wol als die andere Diebe/ deren Gott/ Schutzherꝛ vnd Patron er ist) krumme Haͤnde hat: Vnd das kan ich eben so wol von dem Filemon sagen: Dañ von seiner bluͤhenden Jugend an/ war jhm nichts zu kalt/ noch zu warm: Er liesse die Haͤnde sincken allenthalben/ wo er nur hin kaͤme: Vnd wiewol er jhm die Haͤnde nicht verbrennen hatte lassen/ so hatte er es doch so weit versehen/ daß er auff dem Ruͤck gezeichnet wurde/ welches dann jhme zum be- sten geschahe/ auff daß er selber wuste/ daß er vnder die gemeine Herde gehoͤrete vnd sich desto weniger verlieren moͤchte: Ich will anfangen euch seine er- ste Bos- Diebshistorien/ das II. Buch. ste Bossen zu erzehlen/ vnd will endtlich zu den letz- ten auch kommen. Als er auff ein Zeit wol gekleydet ware/ vnnd in dem Palais oder Koͤniglichen Hause zu Paris da- her auff vnnd ab spatzirete/ ersahe er einen Buͤrger auß vnserer Statt Lion/ welcher/ ob er wol zimlich schlecht gekleydet ware/ doch zimlich viel Pistolen in seinem Hosensack bey sich hatte: Dann dem sey wie jhm wolle/ daß er sich entweder nicht besser hat kleyden wollen/ oder daß er vielleicht verliebet ist gewesen/ so hette jederman jhn fuͤr einen armen schlechten Droppen/ ja wol gar fuͤr ein Haluncken angesehen. Filemon sihet jhn an/ vnd achtet seiner sehr we- nig Dann solche Leut begeren keine Lerchen zu ropf- fen/ wann sie ein Rebhun haben koͤnnen: Aber einer auß seinen Mitbruͤdern kommet zu jhm/ vnd saget jhm heimlich in das Ohr/ bey dem Mann/ sey wol etwas zufischen/ wiewol sein Adel/ das ist seine Klei- der (dann viel suchen jhren Adel nur in stattlichen Kleydungen) so gar zerlumpt vnd zerꝛissen seye/ ja es gebe heutiges Tages viel dreckichter Edelleut/ welche den Seckel nicht so wol/ als der Mann/ ge- spicket haben: Dann/ sagt er zu jhm/ ich hab sein Gelt bey einem Handtschuchmacher gesehen/ da er vmb ein par Handschuch gemarcket vnd mehr als 25. Pistolen auß seinem Sack hat gezogen. Ist es moͤglich/ sagte hierauff Filemon/ daß ein solcher zerꝛissener Mantel ein solches altes zerschabe- nes Sammetes Wambs so viel Gelt vermoͤge? Das hette ich nimmermehr gemeinet: Wann er R Sche- Beutelschneider/ oder Scheren vnd ein kurtzen Degen bey sich truͤge/ wol- te ich gern sagen/ er gehoͤrete in vnsere Bruͤder- schafft: Vnd als er diese Wort sagete/ machen sie einen Bund mit einander/ sie wollen diesen Kauff- mann betriegen: Vnd hoͤret doch/ ich bitte euch darumb alle miteinander zu den newen Fund/ den sie erdachten jhn zuerdappen: Ich will eins thun/ sagete Filemon, vnd will jm meinen Beutel mit dem Geld in seinen Hosensack stossen/ da hergegen wir pflegen nach vnserer alten loͤblichen gewonheit andern die Saͤckel außzufuͤhꝛen auch vnsere Mit- bruͤder andern Leuten die Pistolen abnehmen: das ist ein neues Stratagema oder list die Beutel abzu- schneyden vnd die Buͤrger anfuͤhren: Ich will auch das gantze Spiel so wol fuͤhren/ das ich die fuͤnff vnd zwantzig Pistolen/ so du gesehen hast/ auch will bekom̃en: Allein folge mir auff dem Fuß nach/ vnd wann du wirst sehen/ daß ich meinem Kerlen werde nach dem Kopff greiffen so schreye/ vnd neme dich an/ als habestu deinen Beutel verloren. Als nun Filemon dise Instruction vnd Anlen- tung seinem Gesellen gegeben hatte/ sihet vnd fol- get er dem Kauffman von Lion allgemach nach/ (welcher/ wie ich euch zuvor hab erzehlet/ in Kley- dung so schlecht daher gienge/ daß man jn vielmehꝛ vor einen Landstreicher/ fuͤr einen Allchymeyblaͤser/ fuͤr ein Italiaͤnischen Arbeiter/ als fuͤr einen Kauff- man angesehen hette) vnd als sie sahen/ daß er sich in einem Laden bey einem Leinwandkraͤmer auff- helt/ thun sie als woͤllen sie fuͤruͤber gehen/ blicken jn aber doch uͤber die Schulter an/ auff daß sie die Schnuͤr Diebshistorien das II. Buch. Schnuͤr an seinem Beuttel desto besser erkennen/ vnd desto weniger an jhrem vornemen verhindert werden: Deß Filemons Gesell gehet auch gar nah bey jhn/ auff daß er sehe wie viel Geld vnd was fuͤr species er im Seckel habe. Als nun dises alles wol ist außgekundschaffet/ vnd Filemon sihet/ daß der Kauffman in den grossen Saal du Palais (da es gemeiniglich wegen deß vielen Volcks ein grosses dringen vnnd druͤ- cken gibet/ wegen der Audtentz/ vnd der dreckigten Procuratorn, die sich da finden/ vnd welche auß Goscognen kommen/ jhre Rechtfertigung allda zu- fuͤhren) hingebet/ gehet er jhm gar auff der Seitten her/ hatte in seiner Hand ein par kleiner subtiler Schaͤrlein/ welche außbuͤndig wol schnitten/ ja so gut waren/ daß man in der gantzen Bruderschafft keine bessere hette finden koͤnnen/ wie auch einen blawen Beutel darvon die Schnuͤr abgeschnitten waren/ vnd waren in solchem Beutel acht Cronen/ vier stuͤck Gelds von zwantzig Schillinge: Sol- ches Werckgezeugk vnd Beutel miteinander stoͤs- set er jhm so geschwind in den Hosensack hinein/ daß auch kein Mensch nicht kundte gewahr wer- den/ vnd laͤst jhn darauff zwey oder dreymal in dem grossen Saal auff vnd ab spatziren/ vnd sihet jhm fleissig nach: Dann es were jhm leyd gewesen/ daß/ weil er seinen Angel so wol hette geworffen Fische zu fangen/ der Kauffmann jhn solte in seiner hoff- nung betriegen. Endtlichen aber/ da Filemon duncket/ es sey zeit das Spiel anzufangen/ thut er als wann er sehr R ij erschre- Beutelschneider/ oder erschrecke/ sihet sich von einen Seiten zu der andern vmb/ wie ein Mensch der halb voll ist/ er verendert das Angesicht in so vil Farben als der Mond wann er verfinstert wird: Er lauffet auff vnd ab/ sihet sich vmb vnnd suchet/ schreyet uͤberlaut es habe jhm je- mands den Beutel gestolen: Sihet den Kauffman wol an vnter dem Gesicht vnd spricht zu jhm fuͤr al- len Menschen/ Er habe jhm den Beutel gestolen: Dann da er inn der heiligen Capellen sey gewesen vnd er seinen Beutel gesuchet habe/ sey niemands mehr vmb vnd bey jme/ als der Kauffman allein ge- wesen: Derhalben so muͤsse er seinen Beutel haben/ vnd da doͤrffe es nicht viel beweisens. Man sehe es jm an seinem Gesicht vnnd an seinen geberden an/ daß er den Beutel gestolen habe. Der Kauffman verneinet es bestaͤndig/ als ein Mann/ der sich auff sein gut Gewissen verliesse: Si- het Filemon wol an in sein Angesicht/ sagt zu jm er solle wol sehen/ was er thue/ dann er vergreiff vnnd versehe sich an ime: Er sey ein ehrlicher Mann/ vnd wann er nit ablasse/ wolte er jme zu erkennen geben daß er sich gewaltig jrꝛe/ jme solches Laster/ daran er jederzeit ein grewel gehabt hatte/ auffzulegen. Mein Freund/ (sagte Filemon/ der sich stelete/ als were er einer vom Adel vnd welcher auch/) Ich bitte euch die ihr diese Historien leset/ jhr wollet doch selber bedencken die Boßheit vnnd das Schelmen- stuͤck dieses Menschen) vnder seinem Arm ein gros- sen Sack voll Brieff vnnd Schrifften truge/ als wann er vielleicht inn der grossen Kammer der aux Tuornelles eine Rechtfertigung hette:) Alles was du mir Diebs Historien/ das II. Buch. du mir sagest/ seyn nichts als blosse Wort: Aber warlich/ du vnd kein ander Mensch warest bey mir/ da mir mein Beutel ist abgeschnitten worden: Ich bitte dich/ gib mir jhn wider/ damit dir nicht ein Schimpff widerfahre: Dann wiewol wenig Geldt darinnen ist/ so ist es doch gnug/ daß dir deßwegen kan nach dem Kopff gegriffen vnnd du da hinab in der Loͤcher oder Gefaͤngnussen eines kanst gestecket werden/ wann du mir jhn nicht mit guten Worten willst widergeben. Ist das Ernst oder Spott/ sagte der Kauffman/ daß jr mir eweren Seckel abfordert? Oder geschicht es nur/ mich also zu versuchen? Ich bin nit der Voͤ- gel einer/ wie jhr meinet? Alles/ was du sagest ist gar gut/ sagt Filemon/ a- ber du hast gleichwol meinen Beutel/ er ist von ro- tem Sammet/ ich will es ein mal allhie auff der Wahlstatt wissen/ ohne weiters disputiren vnd zan- cken/ wo du jhn hast hingethan: Ey sihe da/ mein lieber Gesell/ das were mir ja ein schoͤner Handel/ wann mir einer den Biutel hette genommen/ vnd ich solte jn nit doͤrffen suchen noch abfordern den je- nigen/ welche mir jhn außgefuͤhret haben. Ein ander Filou oder Beutelschneider/ stehet e- ben zu der Zeit auch vnter dem Volck/ vnd als er si- het/ daß vmb Filemon so viel Leute herumber stehen/ thut er/ als wann er sich deß Kauffmanns ernstlich annehme vnd spricht also zu Filemon: Mein Herꝛ/ sehet ein wenig zu/ was jhr thut? Ich halte nit dar- fuͤr/ daß dieser ehrliche Mann ewern Beutel habe/ es wird euch uͤbel bekommen/ jhr werdet uͤbelanlauf- R iij fen/ Beutelschneider/ oder fen/ wann jhr den Beutel nicht bey jhm findet : Er wird das an euch rechen daß jhr jhn an seiner Ehr vnnd guten Namen andastet/ ja daß jhr jhm vor jederman solchen Schimpff anthut: Ihr thaͤtet viel besser/ daß jhr euch auß dem Staube maͤcht/ vnd ewern Beutel anderstwo suchtet: Dieser Mañ hat das ansehen gar nicht/ daß er ein Dieb vnnd Rauber seyn soll: Vnd als er dieses gesagt/ schlei- chelt er sich allgemach vnder dem Volck hinweg. Hierauff fanget Filemon zu schreyen vnd thut/ als wann er mit dem Filou oder Beutelschneider/ welcher sich allgemach vnder dem Volck hinweg machte/ wolle reden/ vnd spricht also : Sihe da/ das ist dein Advocat/ ohne allen zweiffel ist das einer von der Gesellschafft vnd Bruderschafft der Beu- telschneyder/ dann er vertheydiget seinen Gesellen/ aber wo ist er so geschwind hinkommen? Er ttaͤwet mir/ es soll solches an mir gerochen werden/ ich a- ber will es nicht dahinden lassen/ ich will diesen Ker- les nicht gehen lassen/ biß ich habe das jenige/ was mir zustehet. Mein Gott/ was fuͤr ein Vnverschaͤmkeit ist das/ daß man mir das ding wil zu legen! Bin ich ein Dieb oder Rauber/ sagt der Kauffmann/ daß ich soll Beutel abschneyden? Jederman ken- net mich wol/ wer ich bin? Mein Herꝛ/ ich will es mit euch zu thun haben/ jhr sollet mir deß angetha- nen Schimpffs halben vor der Obrigkeit Rechen- schafft thun/ ich will hiermit den gantzen vmbstand zu Zeugen angeruffen haben. Mein Freund/ sagt Filemon/ du magst sagen/ was Diebshistorien/ das II. Buch. was du wilt/ dein Betrug ist mit Hanff vñ Stopff- werck genaͤhet: Ich wil dich einmal besuchen las- sen/ vnd zu allem Gluͤck trifft er einen Stattknecht an/ bittet denselbigen/ er woͤlle jhm ein Beystand leisten vnd den Bernhaͤuter/ (also nennete er den ehrlichen Kauffmann/) so jhn beraubet habe/ be- suchen: Mein Beutel/ sagt er/ ist von rotem Sam- met: Es seyn darinnen acht Kronen vnd vier stuͤck Gelds von zwantzig Schilling: Ich will euch ewer Gebuͤr vnd Belohnung ge r n geben. Der Stattknecht/ welcher gewaltig durftig vnd hungerig war/ dieweil er den gantzen Tag noch kein Broͤckel oder Tropffen in den Leib brachte hatte/ ist nicht faul hier auff/ greifft dem Kauffmann nach dem Halse/ wirffet jhn nider/ besuchet jhm seine Hosensaͤcke/ vnd das aller erste/ das er in den Ho- sensaͤcken findet/ seyn kleine scharffe Diebsschaͤrlein. Hierauff schreyet Filemon uͤberlaut/ sehet da/ jhr Herꝛen/ ob ich gejrret habe? Sehet das ist das Werck gezeug/ mit welchem denehrliche Vogel den Leuten die Beutel abschneydet? Noch dannoch wa- re er so gehertzet/ daß er zu mir durffte sagen/ er wol- te es mit mir zu thun haben/ Ich sol e jhm ein Wi- derruff thun. Ja warlich/ sey zu frieden/ ich wil dir es machen/ du Kerles. Mein Herꝛ/ sagt der Statt k necht/ von was fuͤr einer Farbe ist ewer Beutel? Ich hab es euch doch schon gesagt/ spricht Filenon/ er ist von rote Sammet/ es seyen acht Kronen an Gold darinnen mit etlicher anderer Muͤntze. So ist es dann dieser Beutel nicht/ sagt der R iiij Statt- Beutelschneider/ oder Stattknecht/ dann er hat blawe Schnuͤr/ man muß weiters suchen/ vnnd inn dem er diese Wort redet/ zeucht er den rohten Beutel herausser: Man thut jn auff vnd befihet das Geld/ das darinnen ist/ vnd fin- det die acht Kronen vnd die andere species/ wie Fi- lemon gesagt hatte. Der Kauffmann/ als er diesen Betrug sihet/ wird daruͤber so roth wie ein Fewer. Filemon aber macht sich lustig mit dem kleinen Diebsschaͤrlein/ weiset solche dem Volck/ wie auch den Beutel/ an welchem die Schnuͤr abgeschnitten waren/ also daß es vnmuͤglich ist allhie außzusprechen/ wie uͤbel die- ser arme vnschuldige Kauffmann mit Faͤusten ge- schlagen/ mit Fuͤssen getretten vnd mit stꝛeichen von jedermann wurde empfangen/ dann da ware kein Kind/ kein Laqey/ der nicht sein Hut dahinden lies- se/ damit er nur weydlich auff diesen vermeinten Dieb koͤndte zuschlagen. Der arme Mann schreyet vmb Rach vnd Bey- standt/ spricht/ man habe jhm das Bubenstuͤck be- wiesen vnnd jhm ein frembden Beutel sampt den Diebsschaͤren in seinen Hosensack gestossen. File- mon sey ein loser Schelm/ er muͤsse jhm vielleicht etwas zu wider gethan haben/ daß er aber doch nit koͤnne wissen/ weil er jm solches Meineydiges Schel- menstuck habe bewiesen. Was woͤllet jhr mehr? Er ruffet Himmel vnnd Erden zu Zeugen an/ daß er vnschuldig seye/ aber da ist niemands/ der jhm wil glauben. Der Stattknecht fraget Filemon/ ob er begebre/ daß man den jenigen/ bey deme der Beutel seye fun- den Diebshistorien das II. Buch. den worden/ in das Gefaͤngnuß werffe/ vnd ob er es woͤlle verantworten: Filemon aber gibt jhm eine Krone zur Belohnung vnnd saget/ er begehre es nicht/ er sey damit wol zufrieden/ daß er sein Beu- tel vnnd Gelt wider habe bey einem solchen Mann/ welcher sich fuͤr so gerecht vnd heilig habe außgege- ben: Vnnd solche Rede/ welche File mon fuͤhrete/ machten/ daß jemandts den angestelten Betrug/ (so ferꝛners wird folgen) kundte mercken/ auch der Kauffmann selber nicht/ der doch als ein Dieb vnd Rauber so jaͤmmerlich schon ware zerschlagen wor- den/ vnd stunde noch in der Gefahr/ daß er solte ge- fangen gefuͤhret werden. Als aber das Volck widerumb will von einan- der lauffen/ sihe da kommet deß Filemon Spießge- selle/ fanget an gantz hitzig z u schreyen vnd uͤberlaut zu ruffen/ Es habe jhm einer fuͤnff vnd zwantzig Pi- stolen/ so in einem blawen Beutel seyn/ gestolen. Je- derman sagt hierauff/ es werde vielleicht der jenige sein/ so alle weil besuchet vnd so uͤbel seye zerschlagen worden : Das Volck laufft hierauff widerumb zu- sammen/ Filemon kommet auch darzu vnd saget zu dem jenigen (gegen welchem er sich stellete/ als ken- nete er jn gar nit/ wiewol er sein Diebs vnd Spieß- gesell ware) da er in der naͤhe sey ein Schelm/ der habe jm alleweil seinen Beutel gestohlen/ er habe jn wider bey jm bekommen/ vnd sey fuͤr sein Gelt wol abgestriegelt worden. Hierauff gehet dieser Vogel/ deß Filemons Ge- sell/ stracks zu dem Kauffmann zu/ vnd weil er gar wol gekleydet ware/ meinete iedermann/ er hette/ R v wie Beutelschneider/ oder wie er/ wiewol faͤlschlich außgeben hatte/ seinen Beutel verlohren. Der arme vnschuldige Leonnische Kauffmann/ als er aber sihet/ daß man jhn noch ein mal will an- sprengen/ nimmet jhm vor/ er woͤlle seinen Beutel in seine Hosen verstecken : Dann er dachte bey sich selber also: Hat man mir einen frembden Beutel mit Diebsschaͤren in meinen Hosensack gestossen/ so doͤrffte man wol auch uͤber dich fallen vnnd sich vnterstehen/ dir deinen eygenen Beutel zu neh- men. Was nun der Kauffmann bey sich gedachte/ das widerfuhre jhm auch hernacher: Dann deß Filemons Gesell kame mit den jenigen/ welche jhn so uͤbel geschlagen vnnd blutruͤstig gemacht hat- ten/ zu jhme vnd sagte jhm in sein Angesicht hinein: Er were ein Dieb/ er hette jhm ohne allen zweiffel seinen Beutel gestohlen: Das vmbstehende vnnd zusammenlauffende Volck schreye Haraut uͤber diesen armen Teuffel/ das ist/ man soll jhn fangen vnd angreiffen: Man wirfft jhn so bald nieder auff die Erden vnd schleppet jhn fort/ vnnd ist da keiner vnter dem Volck/ der sich nicht selber angebe jhn inn seinen Hosensaͤcken zu besuchen: Ja der jenige Stattknecht/ welcher auch geitzig vnd begierig dar- auff war/ kommet darzu vnnd saget zu dem Kauff- mann er solle gedencken vnd den gestohlenen Beu- tel wider geben. Der Kauffmann meinet/ er muͤste hieruͤber ver- zweifflen/ er verfluchet vnnd vermaledeyet die jeni- gen/ welche jn also halten vnd schleppen: Saget/ er wolle Diebs Historien das II. Buch. wolle das nicht vngerochen lassen/ vnd solte er dar- uber an seinen Halß gehenckt werden Wie sagt er/ soll ich das verstehen/ daß man mich vor aller Men- schen Augen will berauben? Soll die Vnverschaͤ- migkeit fo sehr uͤberhand nehmen/ daß mir mein Gelt offentlich gestolen werde? Vnnd in was fuͤr einer Zeit leben wir jetzunder? Aber auff alle diese seine Wort weiset man jhm die Diebsschaͤren vnd saget zu jhm: Die enige/ welche solche Waffen bey sich tragen/ pflegen nicht mit laͤhren Haͤnden dar- von zugehen: Summa: Man will jhn mit gantzer Gewalt uͤberꝛeden/ er seye ein Beutelschneider. Man suchet in seinen Hosensaͤcken/ aber es findet sich nichts: Der Beutel ware nicht mehr da: Es durffte aber dieser arme vnschuldige Kauffmann weder ja noch nein sagen: Es wolte sich nicht schi- cken/ daß er sein Beutel verleugnete oder aber sel- ber anzeigete: Dann solte er es leugnen/ so hette er selber Vrsach gegeben/ seinen Beutel zu verliehren : Dann er kondte jhm die Rechnung wol selber ma- chen daß wann er sein Beutel verleugnete/ vnd dar- auff sie jhn besucheten vnnd jhn bey jhme funden/ daß sie jn den nehmen wuͤrden: Solte er dann ja sa- gen/ er hette den Bentel so hette er jhn so bald dem jenigen/ der jhn begehrete/ geben muͤssen/ weil er den Beutel vnd Gelr nach allen Farben vnd vmbstaͤn- den beschrieben hatte. Auff der andern seiten ware dem Filemon vnnd seinen Gesellen/ welche diesem spiel zu sahen/ angst vnd bang/ vnd hatten sorg/ jhre Crone/ welche sie dem Stattknecht den Kauffmann zu besuchen ge- ben Beutelschneider/ oder ben hatten/ wuͤrde uͤbel angeleget seyn: Aber vnder diesem schoͤnen Schein/ den sie vorgaben/ befihlet Filemon dem Stattknecht/ er soll jhn allenthalben wol besuchen/ sonderlich aber sagte es auch der je- nige/ welcher sich anname/ als hette er den Beu- tel verlohren/ ja er verhiesse jhm eine Pistole zu geben/ wann er den Beutel wuͤrde finden. Ohn allen zweiffel/ sagt er hierauff/ hat er den Beueel in seinen Hosen verstecket/ auff daß man jhn ja nicht finden moͤge : Ich wil jhn gantz außzie- hen lassen. Als nun der Kauffmann das sihet/ daß man jhn will gantz außziehen vnd besuchen/ spricht er also zu jhnen : Ja es ist war/ ich hab einen Beu- tel von einer solchen Farbe/ wie jhr saget vnd ein solchen von mir begehret/ zeucht jhn auch auß dem Hosensack/ weiset denselbigen jhnen/ vnd spricht : Sehet/ da sehet jhr jhn: Aber er ist mein vnd keines andern Menschen/ ich wil es mit mehr als dreyssig Zeugen beweisen/ daß der Beutel mein ist vnd mir zustehet. O der heyllose Landbetrieger/ schreyet hierauff Filemon/ sehet jhr nun/ daß ich den rechten Mann habe erdappet : Du Schelm/ du Dieb/ du Bern- heuter/ wann du den gestohlenen Beutel schon lang verbirgest/ so hilffet es dich doch nichts : Die warheit ist allezeit viel staͤrcker/ als die Luͤgen: Du must mir doch endlich den Beutel wider geben. Vnnd in dem er diese Wort saget/ ergreifft er den Beutel vnd wil jhn dem Kauffmann/ welcher- wie halb verzweiffelt ware auß den Haͤnden reis- sen/ Diebs Historien/ das II, Buch. sen/ welcher aber jhm widerstehet: Doch endlich fellet das Volck zu/ vnnd schlagen so schrecklich auff den armen Kauffmann/ daß er den Beutel muß folgen vnd Gewalt fuͤr Recht gehen lassen. Mein GOtt! O was fuͤr ein grosses vntraͤgli- ches Hertzenleyd ware das diesem armen vnschul- digen Mann/ daß er so vnverschaͤmbder weyse/ fuͤr mehr als sechshundert Personen/ mitten in dem Koͤniglichen Hofe/ da die Gerechtigkeit selber woh- net/ da die Stattknecht/ gantz vnwissend diesem Laster die Hand bieten/ soll bestohlen/ beraubet vnd so uͤbel zerschlagen werden Hiesse das nicht Elen- dig seyn/ in Anfechtung gerahten/ vnd gar vn- der einem vngluͤckseligen Planeten geboren seyn worden. Der verdammliche Beutelschneider ware mit dem noch nicht zu frieden/ sondern sein Schelmen- stuͤck desto besser zu bemaͤnteln/ sagte er gantz uͤber- laut: Er muͤsse auch sehen/ ob er seiner Rechnung zu kaͤme/ vnd ob das Geld auch noch all im Beutel tel seye: Dann es muͤsten fuͤnff vnd zwantzig Pi- stolen darinnen seyn: Man besihet den Beutel/ vnnd findet die gedachte Zahl: Vnnd gabe sol- ches abermals Vrsach/ daß der arme Kauffmann von newem uͤbel zerschlagen vnnd elendiglichen in das Gefaͤngnuß als ein Beutelschneider gefuͤhret wurde: Vnder dessen daß Filemon vnnd seine Diebsge- sellen sich auff deß Kauffmanns Vnkosten lustig machten: Vnd hette ohn allen zweiffel der gute Mann uͤber Nacht im Gefaͤngnuß bleiben muͤssen/ wann Beutelschneider/ oder wann er nicht zween Kauffmaͤnner welche seine gu- te Freund waren/ in der Gassen S. Sents anspre- chen vnd zu sich hette kommen lassen/ welche so bald gut fuͤr jhn sprachen vnd bezeugeten/ daß man jhn wider alle Recht vnd Billigkeit da hinein hette ge- worffen/ begereten auch/ daß die Stattknecht jn wi- der gut machen solten/ aber das alles wolte nit statt finden. Endlich wuꝛde auff anhaltung vnd außspꝛe- chung seiner Freunden/ der beyden Kauffleute/ der gute Mann ledig gelassen welcher zwar allen moͤg- lichen fleiß anwendete/ ob er Filemon vnnd seinen Gesellen koͤndte antreffen/ aber es ware alles vmb- sonst: Dann sie pflegten alle Tag jre Kleyder jhr Herberg/ jr Angesicht zu verendern/ ja wie der Pro- theus vnnd Cameleon veraͤnderten sie alle Tag jhr Haut vnd jhre Herberg. Sehet/ jhr Leser/ da habt jhr nun angehoͤret ein sehr arglistigen Streich/ welchen Filemon einem ehrlichen vnschuldigen Kauffmann hat bewiesen/ vnnd wie er vor aller Menschen Augen verschlage- ner weise hatt gestolen/ was andere heimlich/ vnnd mit grosser Forcht vnd Gefahr muͤssen ranben vnd stelen. Der ander Streich vnd Bossen/ den ich euch je- tzunder wil erzehlen von eben der Person/ ist nicht weniger vnverschaͤmbt vnnd stecket eben so wol voll Betrug/ als der vorige. Wie der Beutels ch neider allenthalben jre kundt- schafft vnd Corꝛespondentz haben? Also begabe es sich/ daß einer auß den vorneinbsten vnd verschla- genesten vnter der Bruͤderschafft kame zu einem vor- Diebs Historien/ das II. Buch. vornemen Raht (ober am Parlament oder inn der Re kammer Raht seye gewesen/ weiß ich eben nit: Es ist nichts daran gelegen/ ob wir es wissen oder nit: Das dienet doch ohne das nichts zu vnsern sa- ehen) vnd sahe/ daß einer/ der eine schwere Recht- fertigung zu fuͤhren hatte/ dem gedachten Raht/ der sein Referent ware/ einen solchen schoͤnen uͤber- guͤldeten Becher/ dergleichen wol niemals auff dem Jahrmarckt zu Sanct Germain ist gesehen wor- den/ brachte vnd verehrete inn Hoffnung/ er wolte seine Sach desto eher vnd mehr gewinnen/ wolte doch dem gedachten Raht die Augen mit Golt zu- decken/ damit er seine boͤse Sache desto weniger se- hen vnd erkennen moͤchte: Aber er kame da gar zu dem vnrechten Mañ: Dann diese Herꝛn vnd Raͤht sein halbe Goͤtter/ vnnd wann diese schoͤne Goͤttin die Gerechtigkeit/ von welcher die Poeten sagen/ sie seye von der Erden gen Himmel geflogen/ sich bey j h nen nicht findet/ so mag man das wol sagen/ daß sie inn der gantzen Welt nicht mehr ist zu fin- den Der Fisch genannt Torpedo/ entschlaͤffet gantz vnvermerckter weise den Fischer/ der seinen Angel außwirffet/ jhn zu fangen : Aber inn diesem Edlen vnd Weisen Raht kan das Goldt/ so man alda hin- ein wirffet/ die Richter nicht schlaffendt machen noch die schoͤne Liechter/ so allda scheinen/ verfin- stern: Aber dieses sey nur im voruͤbergehen gefagt fuͤr einen hauffen Narꝛen/ welche vermeinen/ wann sie schon die allerschlimmeste/ vnd boͤseste Sach auff der Welt haben/ wollen ste doch dieselbige durch jre Geschenck/ so sie diesem vnd jenem thun/ gewinnen vnd erhalten. Daß Beutelschneider/ oder Daß ich aber wider zu vnser Historien komme/ so sagt der Raht uͤber laut zu dem jenigen/ der jhm solches Guͤldene Geschirꝛ wolte verehren/ er woͤl- le es nicht annemen/ Er solte es kurtz rund wider- umb heim tragen/ er seye nicht ein solcher Richter/ der sich mit Geld bestechen lasse: Der Filou oder Beutelschneider aber/ der dieses alles hoͤrete vnd sahe sagte bey sich selber also: Wann ich an ewerer statt were/ wolte ich es gern thun vnnd solchen schoͤnen Becher annemen/ dann es ist ein außbun- diges schoͤnes Stuͤcke. Endlich wurde der Raht so sehr gebeten/ daß er zu dem jenigen/ der jhm den Becher zur Present wolte auffdringen/ sagte/ er wolte jhn zwar behal- ten/ aber doch mit dem bedinge/ daß er jhm wolte darfuͤr geben/ was er gekostet hette. Als nun der Filou oder Beutelschneider/ welcher auß der Kundschaffer Bruderschafft ware/ gesehen hatte/ daß der Becher von dem Raht auff den Ti- sche ware gestellet worden/ gehet er hinweg sich zu bedencken/ wie er jhn doch bekommen moͤchte: Dann er sahe selbst wol/ daß es vnmuͤglich war jhn also zu erhaschen/ dann es ware allenthalben gar zu Tag/ solchen Diebstahl zubegehen: Es muß zimlich finster seyn/ wann man solche Sa- chen will anfangen : Gleichwol aber/ als er der Thuͤr herausser gehet/ trifft er zu allem Gluͤck an den Filemon/ welchem er alles/ was er gesehen hat- te/ erzehlet: Saget auch das guldene Geschirꝛ/ weil es entweder von purem Gold/ oder uͤberguͤldet seye/ vnd viel Demanten vnd Edelgesteine daran seyen/ muͤsse Diebs Historien/ das II. Buch. muͤsse mehr als dreyhundert Kronen wert sein. Als das Filemon hoͤret/ thut er seine Ohren so weit/ als Midas auff/ ja er spitzet seine Ohren/ wie ein Haaß/ der von den Hunden wird verfolget: Er fraget/ was vor Leut bey dem Herꝛn seyn: Darauff zeigt jhm der Beutelschneider an/ es sey niemands mehr bey jme als zwo Personen/ welche jhn bitten/ daß er doch jre Sachen woͤlle befordern helffen/ damit sie einmal ein Außgang gewinne: Es sey der Herꝛ mit dem Guldenen Geschirꝛ gar allein in der Kammer/ wel- ches dann dem Filemon desto mehr Hoffnung machet/ das Geschirꝛ zu erdappen: Er nimmet jhm vor/ er woͤlle zu dem Herꝛn in sein Hauß gehen vnd sehen/ daß er seine vier Finger vnd den Daumen auff das gedachte guldene Ge- schirꝛ legen moͤge. Er nimmet die Sache vor/ gehet in deß gedach- ten Herꝛn Hoff hinein. Vnnd als er an die Thuͤr kommet/ sihet er die Parteyen heraber gehen/ wel- ches jhm abermals eine newe Hoffnung vnd Hertz machet: Er verfuͤget sich zu jhnen; fraget sie/ was sie fuͤr eine Rechtfertigung haben/ vnd nimmet sich an/ als sey er deß gedachten Rahts Freund vnd ver- wandter: Diese Parteyen meineten erstlich es were jhr Widersacher/ oder wolte sonsten wegen seiner Sachen den Raht auch ansprechen: Aber als sie se- hen/ daß er es nicht ist/ sondern/ daß er sich fuͤr deß Rahts Freund vnd Verwandten außgibet/ erzeh- len sie jhme jhre gantze Sache vnd Rechtfertigung/ welcher jhnen auch darauff verspricht/ Er woͤlle jh- S rent- Beutelschneider/ oder renthalben mit gedachtem Herꝛen reden vnnd so viel bey jhm erlangen moͤgen/ daß er jhre Sache eusserstem Vermoͤgen nach gewißlich solte befor- dern helffen. Dessen thun sich nun die Parteyen zum aller- freundlichsten bedancken/ vnd gehen mir freudigem Hertzen darvon/ dann sie meinen/ jhr Sache stehe nun gar wol/ weil auch jhres Referenten Freunde das beste darzu zu reden versprochen habe. Als nun Filemon der gantzen Sachen Bericht eingenommen hatte/ gehet er/ (wie er dann wol ge- kleidet war) in deß Rahts Kammer hinein/ thut jm seine Ehrerbietung vnd redet jn also an. Mein Herꝛ/ Ich komme hieher zu dem Herꝛn von wegen meines gnedigen Herꝛn von Nemours/ bey welchem ich die Ehre habe sein Diener zu seyn desselbigen gnaͤdiges Ansinnen vnnd Begehren a den Herꝛn ist dieses/ daß er sich doch deß Herꝛn R gnolet/ welcher alle weil von dem Herꝛn ist gangen Sachen vnd Rechtfertigung wolle anbefohlen sey lassen/ vnd dieselbige helffen nach aller moͤglichkel befoͤrdern. Dann es ist ein solcher Mann/ welche mein gnaͤdiger Herꝛ sehr gewogen ist vnd wird Gunst/ so der Herꝛ dem Herꝛ Rignolet hierin erz gen wird/ also auffnehmen/ als were es jhm selb geschehen. Mein Herꝛ/ antwortet hierauff der Raht/ J bin meines Gnaͤdigen Herꝛn/ deß Fuͤrsten von N mours vnterthaͤnigster Diener/ vnd were nit vo noͤhten gewesen sich deßwegen so sehr zubemuͤhe vnd mir gedachte Sachen Herꝛn Rignolets an zu befeh Diebs Historien/ das II. Buch. befehlen : Dann mein Ampt vnd Gewissen verbin- det vnd treibet mich selber Recht zusprechen dem je- nigen dem es gebuͤhret: Vnd eben das jenige habe ich alleweil zur Antwoꝛt gegeben den Parteyen/ vmb welcher willen jr mich ansprechet: Dieselbige haben mich gleichsam zwingen vnd noͤhtigen woͤllen/ das Guͤldene Geschirꝛ/ welches jhr allda fuͤr Augen se- het/ anzunehmen/ welches ich jnen aber bezalen will: Einem guten Richter darff man eine solche Sache nit so sehr befehlen : Derhalben/ so koͤnnet jr das mel- nem gnaͤdigen Herꝛn ansagen/ daß ich jhm zum al- lervnterthaͤnigsten die Haͤnde kuͤsse vnd wil die sach also außfuͤhren/ daß deßwegen niemands wird vr- sach haben sich uͤber mich zubeklagen: Ich wil auch die Sach so klar machen/ daß entweder man wird blind seyn muͤssen/ wer sie nicht verstehen will/ oder mein Vrtheil gut heissen vnd annehmen. Hierauff sihet Filemon das Guͤldene Geschire an/ wendet sein Rock vmb/ das ist/ kommet von dem ersten gespraͤch auff dieses vnd spricht: Mein Herꝛ/ das ist ein uͤberauß schoͤnes stuͤckle ich bitte vm̃ ver- zeihung/ ich muß es ein wenig besehen. Man hat mir newlich eines inn meiner Kammer gestolen/ welches zwar noch nicht halb so groß war/ als die- ses: Aber es hatte eben die Form/ wie dieses/ vnnd kan wol seyn/ daß sie beyde ein Meister gemacht hat. Vnd dieweil mir eben allhie solcher Streich einfellt/ muß ich machen/ daß jhr ein mal lachet/ Dann es ist ein solcher außbuͤndiger Streich/ als ich mein lebenlang gehoͤret. Es kame zu mir ein Mann/ welcher sehr wol ge- S ij kleydet Beutelschneider/ oder kleydet war/ vnd brachte mir einen Brieff/ von mel- nem gnaͤdigen Herꝛn von Nemours, vnnd als er das guldine Geschirꝛ auff meinem Tisch sahe/ sagte er also: Sihe/ das ist fuͤrwar ein Excellent schoͤnes Stuͤckle: (Erlaubet mir/ mein Herꝛ/ da ich doch zeige die wort vnd geberde/ so er gebrau chete/ mein guldenes Geschirꝛ vor meinen Auge zu stelen) was hat es/ sagt er/ wol gekostet? Es i allezeit hundert Pistolen werth: Nein es hat nich so viel gekostet/ sagte ich darauff zu jhme/ vnd d ich mich ein wenig vmbsahe/ name er das G schirꝛ/ vnd lieffe so geschwind darvon/ daß ich jh nicht ereylen kundte. In dem aber Filemon diese wort zu dem Ra saget/ vnd jhm weiset die Geberde/ welche er v gab/ daß sie der ander gegen jhme solte gebrauch vnd jhm das Geschirꝛ gestohlen haben/ ehe er d betrug recht hatte mercken koͤnnen/ weichet er all mach zuruͤck vnd der Thuͤr zu/ hebet den Depp so gemeiniglich bey solchen Herꝛen fuͤr vnnd uͤ den Thuͤren hencken/ schleust die Thuͤr deß Sa so bald nach jhm zu: Vnd wie solche Gesellen a zeit jhren Haußrath vnd sonderliche Werckzeu bey sich haben; also/ (damit der Rath jhm nicht bald hernach kuͤndte auß dem Saal herausser hen) greiffet er in seinen Hosensack/ zeucht ein Weinboͤrer herausser/ vnd bohret jhn in die Th am Saal mit solcher geschwindigkeit/ das nicht außzusprechen/ vnnd schleust also den Saal a wendig zu/ vnd laufft mit dem guldenen Gesch darvon: Ich bitte euch jhr Leser/ bedencket doch Diebs Historien/ das II, Buch. hie die geschwinde arglistigkeit dieses Diebs : Dañ ich selber koͤndte es bald nicht glauben/ daß das sol- te geschehen seyn/ wann ich es nicht gar wol wuste. Der Rath/ welcher anfaͤnglich lachet deß Be- trugs/ vnd sich verwunderte uͤber die vnverschaͤm- keit deß Diebs/ daß er diesem vermeinten Edel- mann/ der mit jhm redete/ auff solche Diebische weise solte das Geschirꝛ gestolen haben/ fanget an den Sachen nachzudencken vnd gedencket/ der er- zehlte Bossen doͤrffte wol falsch seyn bey dem ver- meinten Edelmann/ so jhm denselbigen erzehle/ vñ nichts desto weniger bey jhm waar werden/ stehet derhalben auff von seinem Orth/ gehet hinder die Tapezerey/ vnd will sehen/ wo der Edelman bleibe/ aber da kan er weder stumpff oder stiel mehr sehen oder finden. Nun giengen zu allem vngluͤck die Fenster nicht auff den Forderhoff/ sondern in einen Garten/ vnd wann man wolte in den Saal hinein gehen/ muste man erstlich uͤber eine hohe auffgerichte Seul stei- gen vnd hinuͤber gehen/ also daß weil die Thuͤr zu- geschlossen ware/ er niemand von seinen Leuthen kandte zuruffen. Er hebet die Tapezerey auff vnd will hingehen vnd die Thuͤr auff machen/ aber es ist zugeschlos- sen/ der Weinboͤrer/ welcher sampt einem zimb- lichen langen Stecken an die Thuͤr angemacht ware/ verhinderte/ daß die Thuͤr nicht kundte auffgehen/ welches Filemon mit allem fleiß also angemacht hatte/ vff daß vnder dessen/ da der Rath sich wurde bemuͤhen/ die Thuͤr auffzumachen/ er die S iij flucht Beutelschneider/ oder flucht nemen vnnd darvon lauffen koͤndte/ welches jhm dann gar gluͤcklich abgienge: Dann wiewol so bald darauff vnd lange Zeit hernacher der Rath jhm liesse fleissig nachstellen vnnd nachfragen/ so kundte er doch weder Mann noch Geschirꝛ antref- fen: Wie er aber inn seinem Leben/ Handel vnnd Wandel auffeichtig ware/ vnnd nicht wolte/ daß durch das aller geringste geschenck/ jhm sein ehrli- cher Name beschmitzet wuͤrde? Also bezahlete er her- nacher den jenigen/ welche jhm das Guͤldene Ge- schirꝛ hatten verehren wollen/ dasselbige/ sagte auch/ er wolle sich jhrer Sachen gantz vnd gar nicht an- nehmen/ wann sie nicht von jhme das Gelt vor den Becher annehmen: Dann weil er jhm selber ware gestolen worden/ so kundt er jhn jhnen nicht wider zustellen: Solten derhalben das Gelt darvor von jhm annemen. Sehet das sein zwey vnverschaͤmbte stuͤck/ der- gleichen wol nie gehoͤret sein worden/ welche File- mon hat begangen/ aber den Streich/ welchen ich euch jetzunder wil beschreiben vnd erzehlen/ ist in sei- nem Geschlecht nicht geringer. Es ist ein allgemeine alte Regel: Daß das Gelt vnd Gut/ so vnbillicher weise wird er obert nicht viel nutzen bringet oder lang weret. Vnd die jenige/ wel- che von Rauben vnd Stelen leben vnnd sich berei- chen/ bluͤhen zwar ein zeitlang vnd haben gute Ta- ge/ aber endtlich zerschmeltzen vnd gehen sie vnter/ wie die Sonn/ welche von Morgen gen Abend/ von Mittag gen Mitternacht gehet. Sol oritur \& occi- di girat per Meridiem, \& vertitur ad Aquilo- nem Diebshistorien/ das II. Buch. nem \& ad idem recidit, das ist/ die Sonn gehet auff vnd vnter/ sie wendet sich von Mittag gegen Mitternacht/ vnnd kommet allezeit wider zu jhrem vorigen Puncten. Also gehet es mit solchen Leuten auch/ sie gerahten wider an den Ort/ da sie her sein kommen/ sie sein vnd bleiben Bettler vnd verdorbe- ne Leute/ wie sie zuvor auch sein gewesen/ sie ma- chen auß hundert Schilling vier Pfund/ vnnd auß vier Pfund gar nichts. Filemon war eben der Haar/ vnd hett einem auch ein Liedlein darvon fingen koͤnnen: Dann wann er einmal ein Raub gethan hatte/ so sahe man jhn nit auff der Gassen/ so lang als sein Gelt werete: Er thet alle Tag nicht mehr als einen sprung auß dem Bett an den Tisch/ vnd von dem Tisch in das Bett hin- ein/ er lage Tag vnd Nacht in den Wirthshaͤusern/ biß daß er endlich kein Oel mehr in seiner Lampen/ vnd keinen Geldsamen mehr in dem Beutel hatte: Dann da ware er alsdann gezwungen etwas new- es zu erdichten/ damit er sich erhielte: Dann daß er solte hungerssterben/ das hatte er jhm auch nie inn seinen Sinn kommen lassen. Aber jetzunder werdet jhr anhoͤren ein Arglisti- gen bossen/ darauß jhr werdet erkennen/ wie deß Menschen Geist so fruchtbar ist in Boßheit vnnd Arglistigkeit/ vnd wolte Gott im Himmel/ daß er nimmermehr lein ergers Bubenstuͤck hette began- gen als eben dieses/ das ich euch jetzunder will be- schreiben: Dann wann er nichts mehr/ als das het- te begangen/ so were er jetzunder noch im Leben vnd S iiij hette Beutelschneider/ oder hette das Beinhauß oder Schinkaut zu Montfau- con mit seinen Beinen nicht doͤrffen fuͤllen: Dann wie daß ein außbuͤndiger stattlicher Streich ist; al- lein hatte er jn nit besser/ als an dem Spanier/ wie wir hoͤren werden/ anlegen vnd beweisen koͤnnen. Es wahr/ ein vornehmer Spanier/ welchen ich fuͤr dieses mal will nennen Don Richardo damit ich ja niemandts erergere: Dann eben diser Boß/ den jhr jetzunder anhoͤren werdet/ ist geschehen/ vnd sehr gelobet worden/ von einem vnder den groͤsten Fuͤrsten/ die jemals in Franckreich die Kron auff jhrem Haupt tragen werden Wie nun dieser Don Richardo, entweder deß- wegen das er gar Melancolisch vnd mit schwartzer feuchtigkeit in seinem Leiben ware beladen/ oder die- weil er von Jugendt darzu gewehnet ware worden/ oder dieweil er sonsten eine jnnerliche schwachheit an seinem Leib hatte/ allzeit pflegete/ Esels milch zu trincken: Also/ nach dem er gehn Paris kame/ kunde er nirgendts kein Eseleine nach seinem Kopff vnd Sinn/ antreffen/ sonderlich aber zu Paris/ da es doch bald eben so viel Esell/ als im Arcadien vnd Spanin gibet. Man muste alle Doͤrffer vmb Paris vmbher durchlauffen/ damit man die aller reineste vnnd beste Milch/ so zu finden ware/ fuͤr jhn bekommen moͤchte: Dann wer diesem Spanier die Eselmilch hette abgesprochen/ der hette jhm zugleich sein Le- ben genommen: Dann von seiner Kindheit an/ ware er gewohnet Eselsmilch zu trincken: Ja da er an seiner Mutter oder Waͤrterin Brust noch hie Diebshistorien das II. Buch. hienge/ trancke er schon die Eselsmilche: Wie dann solche Leut nicht spitzfindig/ sondern etwas alber sein vnd haben inn vielen stuͤcken der Eselinnen Natur vnnd Eygenschafft an sich: Es ist aber ein solches ding/ wie man von dem Romulo vnd Remo erzeh- let/ daß sie von einer Woͤlffine seye gezeuget wor- den: Welches man nicht also muß verstehen/ als wann sit von einer Natuͤrlichen Woͤlffine seyn ge- sauget worden : Sondern es ist von einem Weib zu- verstehen/ welche entwederden Namen hatte vnnd Wolffin hiesse/ oder sonsten ein solche Eigenschafft wie die Woͤlffinne/ an sich hatte: Also gab Don Ri- chardo auch auß/ er were mit Eselsmilch auffgezo- gen worden: Aber das ware auch also zuverstehen/ daß seine Mutter viel Elgenschafften der Esel vnd Eselinnen an sich gehabt hatte: Summa vnd kuͤrtz- lich darvon zu reden/ es ware dieser wiewol vorneh- me Spannier ein solcher Eselsmann/ daß man jm schwartze Eselinne solte suchen/ vnd solte es auch ko- sten/ was es jmmer wolte: Welches aber in Franck- reich gar schwerlich ist zu finden. Es ist zwar war/ daß es sehr viel Rothe Esel inn Franckreich gibet/ wann anderst das Sprichwort/ nach welchem wir von einem Menschen/ so sich al- len Lastern hat ergeben/ pflegen zu sagen: Er ist so rg wie ein Rother Esel/ war ist: Aber schwartze selinnen zu finden/ were es von noͤthen/ daß man u den Gobelin gienge vnd sie ferben liesse/ wer der- selbigen wolte haben: Gleichwol aber so muste man fuͤr Don Rielnardo haben/ vnd solt es auch noch so viel kosten: Alle Marcktage muste seinetwegen je- S v mandts Beutelschneider/ oder mandts auß gehen vnnd sehen/ ob er derselbigen koͤndte finden vnd antreffen. Als nun Filemon das ding gemercket hatte/ nahme er jhm vor/ weil Don Richardo so einen grossen lusten darzu hette/ er wolte jhm zuwegen bringen/ vnd solte es auch mit seines Lebens gefahr geschehen/ ja er wolte machen/ daß es sich satt ge- nug daran solte essen vnd trincken. Er gehet auff ein zeit auff den Marck/ kauffet eine grawe Esellinne (dann andere darff man in Franckreich nicht suchen) vnnd wiewol jhr die Haar auß fielen/ vnd mehr als halb kahl wahre: Dann jhr Haut schickte sich nun mehr viel besser zu einem Sack oder Trommen/ als zu etwas an- derst/ jedoch so kostete sie jhn funfftzig Schilling: Er aber dachte/ er wolte daran nichts verliehren/ sondern sein Geldt noch mit grossem Wucher vnd Nutzen davon bekommen. Er fuͤhet die Eselinne mit sich heim in sein Herberg/ vnd thaͤte acht gantzer Tage nichts an- ders/ als daß er sie schwaͤrtzete/ reibt vnd butzete/ als/ daß wer die Eselinne hette sehen sollen/ hette wol gesagt/ die Natur hette in der geburt jhr eine andere Farbe gegeben: Dergleichen hatte man niemahls in Franckreich gesehen. Die jenige/ welche dem Filemon zu sahen wie er seine Eselinne riebe vnd zerbutzete/ kundten nicht erachten/ was er doch mit der Eselinne vorhette/ oder was er jmmer mehr an solchem Excellenten vnnd wunderseltzamen Thier wurd anfange Man sagt zwar im Frantzoͤsischen Sprichwor also Diebs Historien das II. Buch. also: A laver la teste d’au Asne on n’y perd que la lexive : das ist/ wenn man einem Esel will den Kopff waschen/ verlieret vnd verderdet man nichts als die gute Laugen: Aber ich kan euch das mit Warheit wol sagen/ daß Filemon weder seine Lau- gen noch seine arbeit an solcher seiner Eselinne hat verlohren. Dann als nun mehr die Eselinne/ wol gerie- ben/ schoͤn gebutzet/ vnd außbuͤndig schwartz ware/ kleydet sich Filemon wie ein Bauersmann/ legt einen Sack auff die Achsel/ nimpt einen Stecken in die Hand/ vnd gehet mir seiner Eselinne vor- uͤber fuͤr dem Hause deß Don Richardo, fuͤr wel- chem Hauß viel Laqueyen vnd andere Leute stun- den/ dann dieser Spanier war gar ein grosser vor- nehmer Herꝛ. Als er nun dahin kame/ hatte er es mit einem alten Weib angestellet/ daß jhm entgegen kom- men vnd von jhm seiner Eselinen Milch solte be- geren: Vnd hatte er auch die Sachen so wol be- stellet/ daß das alte Weib zu jhme kommet/ vnd bit- tet jhn/ er wolle jhr ein halbe Maß Eselsmilch ge- ben: Vnd als nun Filemon jhr eine halbe Maß hatte gegeben will sie jhm ein stuͤck Gelds von ze- hen Schillingen darfuͤr geben: Filemon machet sich vnnuͤtz daruͤber vnnd spricht/ er woͤlle jhr die halbe maß nicht wolfeyler als vmb zwey quart ei- ner Cronen geben: Dann was er jhr gebe sey keine schlechte vnd gemeine Eselsmilch/ also daß darauff zwischen dem Filemon vnd dem alten Weibe/ als rechtem Diebsgesindlein/ ein grosses Gezaͤnck vnd Streit Beutelschneider/ oder Streit entstunde: (Dann das alte Weibe gehoͤ- rete eben so wol in die Schwesterschafft als File- mon, in die Bruͤderschafft der Beu telschnelder/) welches Vrsach vnd Gelegenheit gabe/ daß alle die Spanier/ so in deß Don Richardo Hauß wa- ren/ herausser lieffen : Wie sie aber sonsten von Na- tur albere Leut seyn/ also kundten sie diesen betrug nicht mercken. Vnder den jenigen aber/ welche auß deß Don Richardo Hauß herauß gelauffen kamen/ ware einer/ welcher mehr als zehenmal auff dem gantzen Marck schwartze Eseline hatte gesuchet/ wie auch auff allen Flecken vnd Doͤrffern vmb gantz Paris herumber: Als nun derselbige die schwartze Eselin- ne deß Filemon sahe/ sienge er an/ vnd machte sol- che wunderbarliche Geberden wie Mahometh/ ja er sperrete fuͤr grosser schrecklicher verwunderung das Freß so weit auff/ als wann er die gantze grosse Brod von Gonesse, so alle Mittwoch auff den Marck kommen/ wolte einschlucken: O Gott sey lob vnd danck sagt er/ daß ich einmal finde/ was wir lange zeit gesuchet haben? Er lauffet geschwind vnnd ruffet dem Hoffmeister deß Don Richardo : Der Koch kommet auch mit einem Doͤpffen/ vnd fuͤr die Milch/ fuͤr welche das Weib nicht mehr als zehen Schilling hatte geben wollen/ gibt er viertzig. Filemon macht sich gar tewer mit seiner Milch vnnd weiß seine Person außbuͤndig wol in dem Spiel zu vertretten/ ja so wol/ als einer vnder der gantzen Diebsgesellschafft: Mein Herꝛ/ sagt er/ wann jhr mir schon so schwer Gold fuͤr das Thier gebet/ Diebshistorien/ das II. Buch. gebet/ koͤndet jhr mir doch seine Guͤte nicht bezah- len: Das Thier kommet weiter als von hundert Meilen her/ vnnd kan das wol sagen/ daß sein Milch die allerbeste ist/ ja die aller kraͤfftigste/ so man in gantz Franckreich kan finden. Der eine Spanier/ als er die Milch versuchet/ beweget die Achseln vnnd spricht fuͤr grosser ver- wunderung also: O wie ein liebliche/ suͤsse/ außbuͤn- dige vnd herꝛliche gute Milch ist/ O das wirdt ein trefflicher trunck fuͤr vnsern Herꝛn seyn! Endtlich fraget man Filemon/ ob er seine Ese- linne nicht wolle verkauffen/ vnd wie thewer er sie halte? Sie ist mir so lieb vnnd nutzlich/ spricht Fi- lemon/ daß ich sie bald selber nicht weiß zu schaͤtzen : Ihr habt ewer lebenlang kein besser Thier gesehen: Wann ich sie verkauffete/ thaͤte ich nichts anders als daß ich mir das Leben selber nehme: Dann sie ernehret mich vnd die meinige : Alle Tag kan ich mehr als vier Francken gewins von jhr haben: O jhr glaubet mir es nicht/ wie mir die Leut so sehr angelegen haben/ ich soll sie verkauffen: Man hat mir mehr als tausentmal Geldt darauff gebot- ten/ wann ich sie nur hette verkauffen woͤllen. In dem aber dieser dapffere Kauffmann seine Wahr so sehr lobet/ vnd sich so thewer machte we- gen seiner schlechten geringen Wahre/ welche er vmb funfftzig Schilling gekauffet hatte/ wird des- sen durch seinen Diener gewahr Don Richardo, kommet heraber vnd will selbsten sehen/ daß er den marck mache vnd beschliesse. Als Beutelschneider/ oder Als man aber dem Filemon so sehr anliget/ er solle seine schwartze Eselinne verkauffen/ spricht er/ wann jhnen je darmit gedienet seye/ so woͤlle er sie dem Herꝛn verkauffen/ aber nicht anderst/ als vmb fuͤnff vnd zwantzig Pistolen: Spricht/ es sey ein rechtes excellent gutes Thier/ vnnd weiß seine Sachen so wol anzustellen/ daß er (welches fuͤr- war ein wunderseltzames ding ist) fuͤnff vnd zwan- tzig Pistolen darvon bekommet: Ja wol dreyssig/ wann er sie nur im anfang gefordert hette/ so gar lieb hette der Spanier die Esel/ so viel hielte er von fuͤnff Schilling schwaͤrtze/ welche dieser Beutel- schneider angewendet hatte das grawe Haar an seiner Eselinne damit zu faͤrben. Als nun Filemon seine fuͤnff vnd zwantzig Pi- stolen hat/ leget er seine leine Juppen vnd Rock wi- der ab/ vnnd leget an seine vorige schoͤne Kleyder/ fangt an zu essen vñ zu trincken auff deß Spaniers vnkosten. Hettet jhr da Filemon sehen sollen/ so hettet jhr gesagt/ er were der lustigste Mensch auff Erden/ dann er war so lustig wie ein Doͤpffen voll Maͤuse mitten vnder zwoen Flaͤschen/ auff daß jhm nicht uͤbel moͤchte werden: Summa/ er war ein solcher Mensch/ der sich wuste lustig zu machen/ vnd seine Traurigkeit zu vertreiben/ vnnd sein zukuͤnfftiges vngluͤck mit der Weinkannen zuvergessen: Er hat- te so rothe Augen vnd ein solche schoͤne rothe Naß/ als wann sie inn Scharlack were geduncket wor- den/ die Rubinstein stunden jhm in seinem gan- tzen Angesicht/ wie dem Koͤnig von Calecut: Kurtz- lich Diebshistorien das II. Buch. lich darvon zu reden/ so ware er ein rechter Barchen so lang als er Geldt hatte. Aber das ware ein rechtes Elend zu sehen/ als zween oder drey Tage hernacher deß Don Richar- do Stallknecht die Eselinne strigeln vnd waschen wolten/ damit sie nicht so dreckicht außsehe : Dann sie war der Streich mehr/ als deß waschens vnd bu- tzens gewohnet : Die Haar fielen jhr von den Schultern/ wie die Pfraumen von einem Baum/ wenn man jhn schuͤttelt. Vnd da sie die Eselinne in ein Wasser gefuͤh- ret hatten/ wurden alle jhre Glieder/ welche im Wasser gewesen waren/ wider grawe/ vnd namen jhre vorige Farbe wider an. Da das Don Richardo sahe/ fienge er an zu verfluchen vnd zu vermaledeyen die Crapaux Fran- cho (dann also hiesse er vns) sagte: Es were doch in der gantzen Statt Paris nicht anders/ als be- trug/ vervortheilung/ Schelmen- vnd Diebstuͤcke: Vnd was woͤllet jhr mehr: Er hette eine Rechtfer- tigung wegen der Eselinne angefangen/ wann er jhren vorigen Herꝛn hette antreffen koͤnnen: Aber das alles ware vergebliche Arbeit: Dann er hette jhn nicht finden koͤnnen/ wann er schon alle Wirtshaͤuser in Paris außgesuchet hette. Das Geschrey dieses Betrugs erschalle so bald in der gantze Statt Paris/ vnnd kame auch gen Hoff/ dahin dann der Spanier alle Tage gienge wegen etlicher Sachen/ die er allda begerete zu pra- c ciren vnd zu erlangen: Vnnd da laß ich euch selber bedencken/ wie dieser Spanier/ so schaͤndlich wurde Beutelschneider/ oder wurde außgelachet/ wie jhn vnser Frantzosen mit schimpff vnnd spott widerumb in sein Land schick- ten/ daß er eine kahle Eselinne fuͤr fuͤnff vnd zwan- tzig Pistolen/ darfuͤr man ein stattliches Spani- sches Pferd hette kauffen koͤnnen/ gekauffet hatte: Dieser Eselinnen schreyen war so groß vnd starck/ daß wir es auch bey vns zu Lion hoͤreten: Es ist zwar war/ daß deß Filemons Eselinne nicht ist von Gold gewesen/ wie deß Apuleij guldener Esel: Aber er hatte gleichwol seine fuͤnfftzig Schilling wol angeleget/ vnd wolte ich/ daß/ so wenig Ren- ten als ich habe/ ich sie auch wol anlegen/ vnd in acht oder viertzehe Tage eine Pistolen fuͤr zween Schilling kondte haben ; so wolte ich in zwantzig Jaren so reich als Crœsus werden: Nach diesem allem aber/ daß Filemon sampt seine Gesellen viel lose Schelmstuͤcklein gespielet/ auch viel Beutel er- dappet vnd abgeschnitten haben/ wurden sie kurtz hernacher ergriffen/ vnd auff die Galeen geschicket/ daß sie allda die vbrige Brocken/ so sie eingeschlun- gen hatten/ verdaͤwen moͤchten. Auß diesen Disco- urs aber vnnd Gespraͤch koͤnnet jhr selber erkennen die grosse Vnverschaͤmbkeit deß Filemon/ vnd daß die vnverschaͤmbkeit vnd Diebstal sich gemeiniglich beyeinan- der finden. Das Diebshistorien/ das II. Buch. Das XIII. Capitel. Von der erschrecklichen Boßheit vnd Todt- schlag deß Forestler/ vnd wie er endlich so schaͤndlich sein Leben hat geendet. W Ann ich bedencke die Boßheit/ welche alle Tag in der Welt voꝛgehen/ das tod- schlagen/ morden/ metzeln/ das rauben/ stelen/ pluͤndern/ die barbarey vnd grew- ligkeit/ so verwundere ich mich/ daß nicht der Don- ner deß Him̃els vns in Abgrund der Hoͤllen schlaͤ- get/ vnd diesen gantzen grossen Weltbau uͤber vnd druͤber wirffet. Aber alles das Vbel/ alle die Suͤn- de/ die sonsten in der Welt geschehen vnd verneh- men/ daß sie anderstwo vorgehen/ ist nichts als ein Rauch gegen allem dem jenigen/ was vnsere Au- gen alle tag in Pariß sehen: Pariß ist ein Abgrund alles deß Vngluͤcks/ das vnder dem Himmel kan geschehen Sie ist der Hoͤllen Loch/ ja ich kan das wol sagen/ daß sie ist der Berg Vesuve oder Helce welcher nichts anders als Fewer vnd Flammen wider den Himmel außspeyet/ vnd dessen vnsinni- ges Gewitter sich wider die Gestirn will aufflegen. Vergehet auch wol ein eintziger Tage in dieser boͤsen Statt Pariß/ da nicht ein Todschlag vorge- he? Seyn nicht alle Gassen vnd Pflaster geferbet von den rohten Wasserbaͤchen/ welche von dem morden so vieler Menschen herkommen? In was fuͤr einer elenden vnd betruͤbten Zeit leben wir je- tzunder? Wir leben/ die warheit zu sagen/ in einer T eyser- Beutelschneider/ oder eysernen ja pleyernen Zeit/ oder vielmehr inn einer vnbarmhertzigen Tyrannischen Blutzeit/ da die Menschen einen sonderlichen Lust vnnd wolgefal- len haben/ jhre Haͤnde inn Menschen Blut zu wa- schen vnd zu baden/ vnd kommet der Menschen Ty- ranney so weit/ daß auch am hellen Mittag (wel- ches ein schreckliches vnerhoͤrtes ding ist) vor dem Himmel/ vnnd den Gestirnen zehen oder zwoͤlff Meuchelmoͤrder sich auff der newen Bruͤcken ver- samblen vnd einen armen vnschuldigen vom Adel doͤrffen vmbringen: Drey vom Adel doͤrffen wol zusammen thun/ vnd uͤber einen armen Teuffel fal- len vnd jhn mit jhren Degen zu einer solcher Zeit/ da er sich nicht kan vertheydigen/ zu todt schlagen: Es gehet heutiges Tages bald also zu/ daß wer fuͤr einen vom Adel will angesehen vnd gehalten seyn/ der darff nichts mehr thun/ als daß er seinen gra - wen Mantel inn eines armen erschlagenen Men- schen Blut duncket vnd faͤrbet/ also daß er auch rot/ als ein Merck vnd Kennzeichen deß Adels/ trage. Was woͤllet jhr mehr? Es ist noch nicht zu gar lang/ daß zu Pariß ein Geschrey außkame/ daß sich allda ein Gesellschafft Reuber solte finden/ wel- che man vmb eine gewisse Summen Geldts din- gen koͤndte: Von demselbigen sagte man/ daß wann man einem oder dem andern wolte das Liecht auß blasen lassen/ so dorffte man nichts mehr thun/ al nur mit solchen Raubern den Marck machen/ w viel sie Gelt wolten nehmen/ diesen oder jenen zuer schlagen/ darnach jhnen solche Personen zeigen/ da mit die Moͤrder dieselbige nur wol eꝛkenneten/ so we re den Diebshistorien das II. Buch. re den Sachen schon geholffen/ vnd koͤndte man sei- ne Widersacher leichtlich hinrichten lassen. Meinet ihr aber wol/ daß auch schrecklichere Barbarey koͤn- te erfunden werden? Die Seyther vnd Tartarn sein zwar tyrannische vnd vnbarmhertzige Voͤlcker ge- wesen/ aber niemals haben sie solche Mordstuͤcke er- funden? Das ist nichts anders/ als ein Geschlecht der Canibalen vnd wilden Leute/ welche sich selber vnder einander fressen/ widerumb pflantzen vnd auffkommen lassen. Eben von d i ser verdamlichen Gesellschafft ist es/ daß ich etwas mit wenigen Worten will reden/ in dem ich euch deß Forestiers Leben vnd seine vor- nembste boͤse Stuck thue beschreiben. Erstlichen/ halte ich das fuͤr gewiß/ daß alle die vorige Zeyten niemals so arg vnd boͤse seyn gewe- sen/ als die gegenwertige/ darinnen wir jetzunder le- ben: Dann vnsere Zeit ist so verzweiffelt boͤse/ daß auff der gantzen Welt kein Zeit hat erger seyn koͤn- nen: Man sagt zwar viel von der Verbannung deß Syll æ vnd Marij/ welche mit vnwiderbringli- chem Schaden deß gemeinen Nutzens vnd jhres gantzen Vatterlands gespielet haben/ wie einer den andern auß dem Sattel koͤnnte heben/ nicht an- derst/ als wann jhr eygenes Vatterlands jh- nen solte darzu dienen/ daß sie sich mit einan- der vmb die Hochheit vnnd Herꝛligkeit zanckten; vnd jhren vngezaumbten Begierden ein gnuͤgen thaͤten: Aber uͤber das alles/ daß sie von jhrer Na- tur vnd Geburt greuliche Tyrannische Leute/ ja viel barbarischer als die Voͤlcker/ welche sie uͤber- T ij wun- Beutelschneider/ oder wunden hatten/ waren: Kan man das wol von jhnen sagen/ daß sie kein Mord oder Todschlag/ als nur vmb jhres eygenen Nutzens willen gethan vnd begangen haben. Was anlanget die Verbannung deß Triumvi- rats/ geschahe es eben auch vmb solcher Vrsachen willen/ daß die Parteyen einander verfolgeten: Vnnd gleichwol aber ware es ein sehr jaͤmmerli- ches Spectackel zu sehen/ daß die Gassen voll Blut von den erwuͤrgten Burgern waren/ ja daß man sahe/ daß auff die tausendt tapffere Leute vnd Per- sonen/ welche sich vmb den gemeinen Nutzen wol verdienet hatten/ auff den Gassen außgestrecket vnd todt da lagen. Aber zu vnserer zeit ist die Tyranney vnd Grew- ligkeit viel hoͤher gestiegen: Dann es hat sich eine Company oder Gesellschafft von gantz vnbekand- ten Leuten (welchen ich wol den Namen deß Ty- gerthiers kan geben) auffgeworffen/ welche sich dem aller ersten/ so zu jhnen kame vnd sie/ ein Tod- schlag ins Werck zu richten/ gebrauchen wolte/ ver- kaufften; so gar/ daß wann einer wider einen an- dern eine Feindschafft hatte/ vnd sich gern an jhm gerochen hette/ dorffte er nichts anders thun/ als gienge nur zu jhnen/ holete/ acht/ zehen/ zwoͤlff/ so vil als er zu dem vorgenommenen Todtschlag bedurff- te/ vnd sagte: Er wolte jhnen von einem Kopff so vnd so viel geben; so waren diese Loͤwen schon fer- tig/ stelleten sich an eine Gassen Ecken/ warteten auff ihren Mann/ vnd wann sie jhn sahen daher kommen/ fielen sie vor aller Welt Augen uͤber jhn am Diebs Historien/ das II. Buch. am hellen liechten Tage/ vnd schlugen jhn wie ei- nen Hund todt/ vnd dorffte kein Mensch sich zu jhn nahen oder sie sauer ansehen/ also daß es sich anlies- se/ daß ein Mensch an einer Waldt Ecken viel siche- rer als zu Pariß an einer Gassen Ecken seyn wurde. Das alles haben wir mit vnsern Augen gesehen/ vñ die jenige/ so deßwegen en Greve auff dem platz Maubert/ auff der Bruͤcken S. Michel seyn hinge- richtet worden/ koͤndten auch newe zeitung darvon erzehlen/ wann sie wider an diese Welt noch einmal kommen koͤndten: Das Laster hat nicht mehr/ als ein zeit/ die Vntugend muß doch endlich vnderge- hen vnd der Tugend weichen: Der grosse Fleiß der Obrigkeit hat eylends vnd schnell zerstrewet dieses Gewurme vnd außgestaubert vnd außgejaget die Raͤdlinsfuͤhrer dieser schaͤdlichen vnd verdam̃li- chen Gesellschafft/ durch ernste scharffe Straffe der jenigen/ so daruͤber seyn erdappet vnd ergriffen worden. Nach dem ich euch nun zwey Wort gesagt habe von der boßhafftigen vnnd verdam̃lichen Gesell- schafft/ sollet jhr wissen/ daß Forestier der vornemb- sten einer in solcher Gesellschafft ist gewesen/ vnd hat sich zu solchem Handwerck begeben/ nach dem er das Beutelschneyden hatte auffgeben: Dann sein Leben zuerhalten pflegte er andern Ehrlichen Leuten das jhrige zu nemen: Es ware ein grosse lange Person/ mager vnd schwartz/ ein Nasenab- schneider/ ein solcher Mensch/ der mehr rasend vnd vnsinnig/ als hertzhafft ware: Wir woͤllen allhie erstlich sein Leben ein wenig beschreiben vnd was er T iij hat Beutelschneider/ oder hat begangen/ darnach woͤllen wir auch anhoͤren/ das gerechte Gericht Gottes/ so endlich uͤber jhn ist ergangen/ das erste Stuck/ dz ergangen/ ist schreck- lich vnd ist wol werth/ daß es auffgezeichnet werde. Als diser auff eine zeit erfahren hatte/ daß einer/ genant Votris/ gen Poictou zohe/ auch sehr viel Gelt bey sich hatte/ nimmet er ein Pferd/ gibet sich fuͤr einen Kauffmann auß/ reitet jhm nach vnnd triffe jhn an inn der Gegend Fontaine- bleau: Da machen sie Kundschafft miteinander vnd weist Fo- restier den Schalck so wol zuverbergen/ sich eusser- lich also zu geberden vnd zu stellen/ gegen dem Vo- tris/ daß er hette gemeinet/ man solte den jenigen/ welcher an deß Forestiers Redligkeit vnd Auffrich- tigkeit nur zweiffeln wolte/ fuͤr keinen ehrlichen Mann halten: Wie dann auch dieser Rauber der freundlichste vnnd verschlageneste vnter dem gan- tzen Handwerck vnd Zunfft ware. Sie waren aber noch nit recht vor Orleans fuͤr- uͤber kommen/ kame einer/ ich weiß selber nit wer/ zu jnen/ gienge jren weg auch vnd kehreten deß Abends nicht allein in einem Wirthshauß ein/ sondern la- gen auch deß Nachts uͤber alle drey in einer Kam̃er. Deß morgends aber wolte der jenige/ welcher am letzten ware kommen/ bey guter Zeit fortwan- dern/ vnd nimmet vnversehens vnnd vnwissentlich deß Votris Satteldasch vnnd laͤst hergegen die sei- nige in der Kammer liegen/ gehet hin/ wo jhme sei- ne geschaͤffte hinzugehen befahlen: Votris/ dieweil er auch eine Satteldaschen an dem Ort/ da er die seinige den vorigen Abend hatte hingeleget/ findet/ meinet Diebs Historien das II. Buch. meinet nit anders/ als daß es die seine seye/ nimmet sie ohne weiters bedencken fuͤr die seinige vnd wen- det seinen weg fort. Forestier aber/ welcher auff seiner seiten auß etli- chen Worten/ so Votris gesagt hatte/ spuͤrete vnnd merckete/ daß Votris in seiner Satteldaschen Gelt hatte/ nimmet jhm vor/ er wolte jhm zwar wol das Gelt außfuͤhren/ aber doch nichts am Leben thun: Derohalben/ als sie widerumb in die erste Herberg kommen vnnd Votris hingehet/ das Abendmal zu bestellen vnd zubefehlen/ daß Kammer vnnd Bett zubereitet werden/ nimpt Forestier eylends deß Vo- tris Satteldaschen/ vnnd thut sie auff/ zu sehen/ ob so viel Gelt darinnen were/ wie man jhme auch gesagt hatte/ da er deßwegen von Paris zoge vnnd er vermeinete/ er wolte Zeit vnnd Muͤhe bey sol- chem Votris nicht vergeblich anwenden: Aber was geschicht? Da er die Satteltasche auffthut vnnd vermeinete Geldt zu sehen/ da siehet er an statt deß Gelts/ einen Kopff eines Menschen/ welcher ware enthauptet worden: Daruͤber erschrickt er schreck- lich/ die Haar stehen jhm daruͤber zu Berg vnd weiß nit/ was er soll gedencken oder sagen uͤber das jeni- ge/ das er in deß Votris Satteldasch sihet: Dann er hatte nimmermehr gemeinet/ daß er in deß Vo- tris Satteldasche solche sachen sehen oder antreffen wurde. Er thut allgemach die Satteltaschen wider zu/ nimmet sich nicht an/ als wann er etwas darvon wisse: Gehet hinab in das Wirthshauß/ suchet Vo- tris/ welcher vnter dessen etwas liesse zubereiten/ wo: T iiij er sey Beutelschneider/ oder er seye: Nimmet jhm aber fuͤr/ er wolle Votris vn- versehener weyse uͤberfallen vnd todtschlagen/ zu se- hen/ ob er sein Geld nicht anderswo bey sich als in seiner Daschen habe: Sie essen mit einander zu nacht vnd gehen auch zu Bett miteinander: Mor- gends als der Tag anbricht/ flehen sie auff vnd woͤl- len sich ferꝛners zu jhrer Reyse schicken: Aber als Votris das Gloch will bezahlen vnd an statt seines gelds in seiner Satteltaschen eines Menschenkopff/ so abgehauen vnnd noch gantz blutig ware findet/ wird er so bestuͤrtzet/ dz er nit weiß/ wz er jmmermehꝛ soll gedencken vnd sagen: Dann er kundte jm nicht einbildẽ/ wo doch dz Wunderwerck solte herkom̃en. Man saget/ daß als man den Tempel in dem Cavitolio zu Rom gebauet/ habe man dergleichen wunderliches ding gefunden: Aber ich halte doch nicht darfuͤr/ daß die Roͤmer sich so sehꝛ daruͤber als Votris uͤber seine Satteldasch/ verwundert haben: Dann er besiehet sie auch widerumb zum zwey- ten mal vnd weiß nicht/ was er darauß soll machen oder gedencken/ er weiset sie auch dem Forestier/ wel- cher anfangs thut/ als wann er sich auch sehr dar- uͤber verwunderte/ ja thut als wann er es noch nit gesehen habe: Aber als sie hernacher in der gegend Saumur an einer Wald Ecken kommen/ sihe/ da greiffet dieses vnmenschliche Tigerthier/ welches bißhero ein freundliches Schafsgesicht gehabt hat- te/ dem Votris nach dem Kopff/ heist jhn von dem Pferd heraber steigen/ wirffet jhn vnder sich ohne einigen widerstandt/ dann. Votris ware vielmehr bestuͤrtzet uͤber die Vnsinnigkeit vnd Moͤrderisches anta- Diebs Historien/ das II. Buch. antasten deß Forestiers/ welcher so viel Tage lang sich alles liebs vnd gutes gegen jm hatte angenom- men/ als uͤber den abgehauenen Menschen Kopff/ welchen er in seiner Satteldaschen an statt seines Gelds gesehen vnd funden hatte. Forestier fordert jhm das Geld ab/ so er bey sich gefuͤhret hatte/ aber er kan es jhm nicht geben/ die- weil es jhm ware genommen worden/ da man jh- me seine Satteldaschen hatte genommen. Was thut aber vnder dessen diser leibhafftige Teuffel/ Fo- restier? Er trit mit Fuͤssen auff jhn/ er schaumet vor vnsinnigkeit/ er setzet jhm ein Rohr auff die Brust/ vnd dieweil er sihet/ daß er seiner Hoffnung welche er jhm zu Pariß uͤber Votris Satteltasch gemacht hatte/ soll beraubet seyn/ laͤst er seinen Zorn uͤber jh- me außgehen/ gibt jhm einen Schuß durch den Kopff/ vnd mit seinem Dolchen vier stiche in das Hertz hinein/ vnd nimmet jhm also/ wiewol er jhn so hertzlich darfuͤr bittet/ das leben: Dann er mei- net/ wann er jhn besuche/ so woll er noch wol finden/ was er suche vnd begehre: Aber als er jhn nun wol durchsuchet hat/ findet er gleichwol nichts mehr bey jhm/ als ein kleines Vhrlein/ welches von Silber vnd uͤberguldet/ vnd ohngefehr viertzig oder funff- tzig Kronen werth ware. Als er nun den Todschlag an dem Votris began- gen/ begraͤbet er jhn selber an dem Ort/ da er jhn er- schlagen hatte (welches dann bald nicht zu glauben were/ wann Forestier in seiner Gefaͤngnuß solches nicht selber bekennet hette/ nimmet deß Votris Pferd vnd verkauffet es in der negsten Statt/ zeugt T v darauff Beutelschneider/ oder darauff gen Orleans vnnd helt sich allda ein Zeit- lang auff. Daß wir nun widerumb auff das vorige Ge- spraͤch kommen/ so soller jhr wissen/ daß der abge- hawene Menschenkopff/ welchen Forestir inn der Satteldaschen hatte funden/ ware der Kopff ei- nes Edelmanns/ welcher zu Orleans ware ent- hauptet worden/ vnd dieweil auch in dem uͤber den Edelmann außgesprochenen Todts Vrtheil stun- de/ daß der Hencker solte hingehen vnnd denselbi- gen Kopff auff einen Psal vor desselbigen gerich- ten Edelmanns Schlosse auffstecken/ hatte sich der Hencker auff den Weg gemacht solchem Vrtheil nachzukommen/ ware vngefehr in deß Votris vnd Forestier Gesellschafft kommen/ vnd hatte also deß morgends/ da er fort wenden woͤllen/ vnversehens vnd vnwissend eine Satteldasch fuͤr die andere ge- nommen. Als nun Forestier sich ein zeitlang zu Orleans auffhielt/ erfuhre er/ daß der gedachte Edelmann ware enthauptet worden/ vnnd als er fragete/ was der Hencker fuͤr eine Person were/ vnd wie er gestalt vnd gekleydet were befunde er endlich bey sich selb- sten/ daß der jenige/ welcher ben jhm vnd Votris in einer Kammer uͤber nacht gelegen hatte/ muͤste der Hencker zu Vrleans seyn/ vñ daß der Todtenkopff/ welchen Votris in seinem Sack funden hatte/ des- sen enthaupteten vom Adels seyn Kopff were: De- rohalben so gehet er vnverschaͤmbdter weyse hin zum Hencker vnd alß er jhn daheim antrifft/ spricht er zu jhm: Er solle gedencken vnnd solle jhm sein Diebshistorien das II. Buch. Satteldasch/ welche er fuͤr die seinige hette hinweg genommen/ wider geben. Der Hencker wolte sich dessen im anfang etwas beschweren/ aber endlich wurde er auff deß Fore- stiers anklag nicht allein durch die Oberigkeit ge- zwungen dem Forestier Sack vnnd Geld wider zu zustellen/ sondern er wurde auch/ wiewol heimlich vnd in dem Gefaͤngnuß mit Ruthen gestrichen/ die- weil er wider alle billigkeit einem andern sein Geld vnd gut hatte vorbehalten woͤllen. Da nimmet nun dieser Ranber das Geld deß Votris/ welchen er zuvor todt geschlagen hatte/ vñ zeucht widerumb gehn Pariß: Vnd da hoͤret man in seiner Gesellschafft von nichts anders/ als von fressen vnd sauffen/ schwermen vnd die zeit lustiger weise zuzubringen/ vnnd bekuͤmmerte sich Forestier wenig vmb die Todten. Vnder dessen aber laͤst man fleissig nachf r agen wegen deß Votris/ dann er wahre von einem ehr- lichen vnnd vornehmen Geschlechte. Man schicket allenthalben Botten auß/ ob man etwas von jhm erfahren koͤnne wo hin er sey gezogen/ vnd wo man jhn vielleicht moͤge gesehen haben aber man kund- te nichts anders vnnd mehrers von jhm erfahren/ als daß sein Pferd einem Bawersmann nah bey Saumur wehre verkauffet wordẽ/ welcher Bawers- mann nur auff solchen blossen argwon eingezogen vnnd gefoltert wurde/ aber endlich wurde er gantz vnschuldig erfunden. Forestier aber kundte nicht ablassen von seinem Grewel/ sondern triebe das Mord Handwerck jm- mer Beutelschneider/ oder mer fort: Es ist jhm niemals besser nach seiner Einbildung/ als wann er seine moͤrderische Haͤnde in Menschenblut hat geduncket: Alle Tag begehet er einen neuen Mord/ aber er bleibet nimmermehr zween Monat lang in einem Quartier/ damit Er nicht moͤge erdappet werden. Vnd was woͤllet jhꝛ mehr von jhme hoͤꝛen/ Er hat auch seine eigene vnd leibliche Mutter meuchelmoͤrdischer weyse vmbge- bracht? Mein GOtt/ was ist das fuͤr ein vnauß- sprechliche Teuffliche Tyranney/ vnbarmhertzig- keit vnd vnmenschligk ei t: Vnd das hat er also vol- bracht/ daß es kein Mensch kunde wissen oder of- fenbahren: Es wuste es niemands mehr als Gott allein/ derohalben werden wir auch hoͤꝛen/ wie Got- tes gerechtes Gericht uͤber jhn ist ergangen. Aber last vns allhie ein wenig still stehen/ vnd er- zehlen hoͤren den verdamblichen Mord/ welchen er auff der newen Bruͤcken hat begangen: Da er dann nicht allein den Laqueyen/ welcher solte heimgehen vnd die Kutschen fuͤr seinen Junckern holen/ son- dern auch den Junckherꝛn selber/ welchem solcher Laquey dienete/ hat Meuchelmoͤrderischer weise er- schlagen. Last vns ein wenig anhoͤren/ wie solches alles ist zugangen: Zwen vom Adel hatten einen streit miteinander/ vnd waren so weit kommen/ daß sie nicht allein sich herauß gefordert hatten/ sondern daß ich auch schon an dem bestimpten Ort waren zusammen kommen/ jhren Streit mit dem Daͤgen außzufuͤhren vnnd zuvergleichen: Aber das erfuhre der Koͤnig so bald: Derohalben schickete er etliche von seinen Leib-tra- ban- Diebshistorien/ das II. Buch. banten/ jhnen zu befehlen/ daß sie einhalten/ vnnd das Schwerdt widerumb inn die Scheiden solten stecken: Welches/ als es der eine vom Adel sahe/ daß er sich offentlich an seinem Widersachern nicht kundte rechen/ suchet er/ wie er gantz verbittert wi- der jhn ware/ alle mittel vnd gelegenheit/ jhn heim- lich hinzurichten/ nach der alten schoͤnen Regel/ dolus en virtus, quis in hoste requirat, das ist/ Betrug oder Tugendt/ wer will das bey einem fein- de suchen oder jhme abfordern. Er gewinnet vnnd stellet an den Forester/ von welchem er wol wuste/ daß er ein loser Schelm vnnd Moͤrder ware/ gibt jhm so bald auff die Hand fuͤnfftzig Cronen/ vnnd verheisset jhm noch fuͤnfftzig darzu/ wann er den E- delmann/ so er jhm nennete/ kuͤndte vnd wuͤrde hin- richten. Forester/ als er von so viel Geldt hoͤret reden/ ist nicht faul/ sondern verheist dem Edelmann/ er wol- le sehen/ daß er den andern seinen Widersacher er- dappe/ vnnd jhm das Liecht außblase: Wolle auch die Sache also anstellen/ daß nimmermehr kein Hahn solle darnach kraͤhen: Vnnd als er die halbe summen deß Gelts/ nemblich funfftzig Cronen inn seine Haͤnde bekommen/ gehet er geschwind hin/ in dessen vom Adel (welcher in dem Quartier S Hon- nore wohnete) sein Hauß/ fraget vnvermerckter weise alles auß/ wie der vom Adel hiesse/ wie seine Diener hiessen/ wie viel er derselbigen habe/ wie reich vnnd vermoͤglich er seye/ was er fuͤr fuͤrnehme Freund vnd Verwandten habe. Vnd nach vielem vnnd langem außfragen erfaͤhret er/ daß er ein Schwe- Beutelschneider/ oder Schwester inn der Gegend der Augustiner hat wohnen/ zu welcher er alle Sontag pfleget zu kommen/ vnd deß Abends mit jhr zu Nacht zu essen. Als er nun dieses alles genugsam hat außge- kundtschaffet/ gehet er hin zu dem Edelmann/ wel- cher mit jhm den marck gemacht hatte/ den andern vmbzubringen/ vnd fraget jhn: Ob er nicht ausser- halb der Statt Paris ein Landgut hette/ daß/ in dem er den Todtschlag wurde verrichten/ er doch dahin mit seinem gantzen Haußwesen zoͤge/ auff daß man desto weniger gedancken vnnd argwohn wegen solches Todtschlags auff jhn haben moͤch- te. Dieser Edelmann/ welcher mit grosser vngedult erwartete biß daß Forestier seine verheissung wur- de erfuͤllet vnd den andern vom Adel auffgeopffert haben/ machte sich auff Paris/ vnd zeucht auff ein Landgut/ welches er nahe bey Rouen hatte/ vnnd welches auff die funfftzig Meil wegs von Pa- ris lage: Vnnd zwar vngefaͤhr vierzehen Tage zu vor machte er sich hinweg/ ehe dann der Todtschlag mit solchem anderen vom Adel fuͤr- gienge. Da seyn nun alle Vorbereitung vor der band/ solchen schroͤcklichen Mord in das Werck zurich- ten: Forestier thut solches sechsen seiner Mitgesel- len zuwissen/ welche sich so bald den Tag/ den er jh- nen bestimmet hatte/ auff der newen Bruͤcken fin- den vnd auffwarten/ vnder dessen daß Forestier hin- gienge auß zu kundischafften/ ob auch der vom A- del Diebs Historien/ das II. Buch. del nach alter gewonheit wurde zu seiner Schwe- ster fahren vnd mit jhr zu Nacht essen. Als es nun deß Abends zehen geschlagen/ vnd der vom Adel zu Nacht mit seiner Schwester ges- sen hatte/ will er sich widerumb nach Hauß bege- ben/ schicket seinen Laqueyen hin/ vnd soll die Kut- schen holen: Forestier aber/ der den Laqueyen wol kandte (dann er wuste/ wie er gekleydet gienge/ vnd hatte ein verborgene Latern bey sich/ mit welcher er den voruͤbergehenden kundte in das Angesicht se- hen) schlaͤgt jhn auff der Brucken todt/ vnd wirf- fet jhn in das Wasser hinein. Sein Herꝛ verwun- dert sich/ daß der Laquey so lang außbleibet/ vnnd die Kutschen nicht einmal bringet/ nimmet jhm auch fuͤr/ er wolle die Nacht in seiner Schwester Hause bleiben: Als aber Forestier sihet/ daß jhm sein Edelmann gar zu lang wil außbleiben/ vnnd nicht gern wolte in seiner Hoffnung betrogen wer- den/ viel weniger daß einem andern der usus fru- ctus vnd solche abnutzung solte in die Haͤnde kom- men/ er dencket er ein arglistigen Fund damit er den Edelmann auß seiner Schwester Hauß herausser locke vnd in sein Garn bringe. Er schicket zwen seiner Gesellen hinein in das Hauß/ darinn der Edelmann zu nacht asse/ vnd laͤst jm im Namen seines Ehegemahls anzeigen/ es koͤn- ne jetzunder weder der Laquey noch die Kutsche kom- men/ dañ es habe in deß nechsten Hause angefangen zu brennen/ vnd musten sie fleissig auff jhr Hauß achtung geben: Vnnd seyen sie beide außtrucklich zu Beutelschneider/ oder zu jhm dem Junckern geschicket/ daß sie jhn holen vnd heim begleyten sollen. Die jenigen/ welche nun auff jhre Sachen wol abgericht waren/ wollen jhren anschlag vollbrin- gen: gehen zu deß Jungkern Schwester Hause/ klopffen so starck an/ als wann sie naͤrꝛisch seyen/ ja wie solche Leute die nichts fuͤrchten: Man thut jh- nen auff: Sie fragen nach dem Junckern ob er nit da seye: Sagen/ er solle doch eylendts mit jhnen heim gehen: Dann sie seyen zu dem ende abgeferti- get worden/ jhn zu holen vnd heim zu gleyten/ we- gen der Fewers Brunst/ so in deß nechsten Nach- bars Hause sey angangen/ vnnd sey grosse Gefahr/ daß das Fewer auch nicht deß Jungkern Hause ergreiffe/ vnd das sey auch die Vrsach/ warumb jhm die Kutsche nicht seye geschicket worden/ dann es lasse deß Jungkern Haußfrau allen jhren Hauß- rath außtragen vnnd an ein sicheres Ort verwah- ren: Es gehe alles uͤber vnd druͤber: Es seye ein grosser Jammer solches zu sehen: Die gantz Gas- se S. Honnore stehe in der Ruͤstung/ vnd seyn die Gassenketten vorgespannet/ derohalben soll er nur sein Degen nemen vnd eylends mit jhnen gehen. Der Edelmann nimmet das fuͤr baar Geld an vnd meinet es sey alles das jenige/ was jhm wird erzehlet/ war: Gibt seiner Schwester ein guten Abend/ welche jhn mit einem Laqueyen laͤst begley- ten/ welches diese beyde Dieb vnd Moͤrder sehr ver- drosse: Dann sie hatten sorge/ jhr anschlag moͤchte jhnen zu ruͤck gehen/ dieweil jhrer so viel waren: Gleichwol aber/ damit der Edelmann keinen arg- wohn Diebs Historien/ das II. Buch. wohn auff sie werffen moͤchte/ namen sie sich an/ als weren sie darmit wol zu frieden/ daß der Laquey mit gienge: Aber sie theten als wolten sie (mit Eh- ren zu melden) das Wasser ein wenig abschlagen/ blieben zu ruͤck/ vnd berathschlagten sich also vnter- einander/ daß wann Forestier sich mit seinen Kam- merraden sehen liesse/ solte jhrer einer dem Edel- mann/ vnnd der andere dem Laqueyen nach dem Halß greiffen. Sie koͤnnen kaum recht auff die newe Bruͤcken kommen/ sihe da kommet Forestier vnd seine Gesel- len/ dem Edelmann entgegen/ vnnd spricht also zu jhm/ halt still/ oder ich schlage dich todt. Der E- delmann will zu seinem Wehr greiffen/ vnd befih- let den dreyen andern/ sie sollen sich auch zur Wehr stellen: Aber er vnd der Laquey wurden sehr bestuͤr- tzet/ als sie sahen/ daß die beyde/ welche sie vermein- ten auff jhrer seyten zu haben/ jhnen selbsten inn die Wehr fielen: Derohalben sagt der Laquey zu dem Junckern: Herꝛ last vns fliehen/ dann hie sein wir vmb vnser leben. In dem aber/ daß die andere den Edelmann halten/ nimmet Forestier sein Rohr in die Hand/ vnnd scheust jhn durch den Kopff hin- durch/ daß er so bald zur Erden todt nider felt: Be- suchet jhn hierauff inn seinen Kleydern/ vnter des- sen daß die andere den Laqueyen mit jhren Dol- chen todt stachen/ vnnd findet bey jhm fuͤnff vnnd zwantzig Pistoleten/ wie auch einen Demant an einem Finger/ welcher hundert vnd zwantzig Cro- nen werth ware. Aber das gabe hernacher einen newen Strelt V vnter Beutelschneider/ oder vnter jhnen/ da sie die Beut solten theilen: Dann es wolte einer so groß als der ander sein/ es wolte einer so wol als der ander Meister seyn vnnd gleiche theil ein jeglicher darvon haben/ zogen an/ Fore- stier hette nicht mehr als sie gethan: Er aber sagte/ er wolte jhnen allen zum trotz den Demant zu vor außhaben/ vnnd darnach in dem uͤbrigen gleichen theil mit den andern haben: Dann er hette solchen Mord practiciret vnnd angestellet/ er hette den er- sten Sereich gethan: Dieser Streit weret so lang/ biß daß sie endtlichen zu den Streichen kommen/ fangen vnter einander an sich zu balgen vnnd zu schlagen/ also daß zween daruͤber auff der Wahl- statt todt blieben: Forestier wird an einem Arm verletzet/ doch gleichwol thut er sich mit der Flucht salviren. In dem sie sich aber also vntereinander hauen vñ zermetzeln/ gehet die Nachtwacht voruͤber sie theilen sich von ein ander/ einer laufft hie/ der ander dort hinaussen: Aber zween armer Teuffel vnter jhnen/ welche nicht aller dings wol zu Fuß waren/ koͤnnen nicht entlauffen: Werden so bald auff das Chaste- let gefangen gefuͤhret/ hernacher gehet man hin vnd besihet den todten Coͤrper: Deß Edelmanns Kutsche kommet auch daher uͤber die Brucken/ den Junckeꝛn abzuholen/ aber der Kurscher sihet so bald/ daß es sein Juncker ist/ der so jaͤmmerlich ist erschla- gen worden/ har ein schuß in Kopff vnd ein stich in Leib vnd in das Hertz hinein: Er schreyet nach den Moͤrdern vnd machet einen Aufflauff: Die Nach- barn/ so von dem geschrey erwachen vnnd herausser lauffen/ Diebshistorien das II. Buch. lauffen/ sagen sie haben ein grosses geschrey gehoͤret: Die Nacht wach ist auch noch da. Aber man kan nicht wissen wer der Thaͤter ist/ wer solches Mords anfaͤnger ist gewesen: Deß erschlagenen Edelmans Schwester erfaͤhret auch solches hertzenleyd/ da sie je zu in jr Bett will steigen/ laufft mit fliegenden Haa- ren auß jhrem Hause auff die newe Bruͤcke/ laͤst jh- res Bruders todten Coͤrper in die Kutschen legen/ vnd jhren erschlagenen Laqueyen in jhr Hauß tra- gen/ vnd faͤhret inn die Gassen S. Honnore, da sie dann jres Bruders Eheweib vnd Kinder antrifft/ welche an nichts weniger/ als an solchen Meuchel- mord gedencken. Darauff fanget sich nun im gantzen Hauß ein heulen/ vnd zettergeschrey an/ man kan weder Mut- ter noch Kinder troͤsten oder stillen: Vnnd das jh- nen am wehesten thut/ ist dieses/ daß sie noch nicht wissen koͤnnen/ wer solchen Mord begangen habe? Gleichwol aber hoffen sie/ es werden die jenigen/ welche gefangen gefuͤhret sein worden/ newe Zei- tung darvon sagen koͤnnen/ oder werde die Nacht- wache/ welche zu solchem Handel seyen kommen/ die Meuchelmoͤrder erfahren haben. Deß mor- gends aber/ als man die jenigen/ so gefangen waren worden/ fragete wer solchen Mord begangen hette/ sagten sie wuͤsten gar nichts von dem erschlagenen vom Adel/ geben vor/ sie weren/ als sie hetten uͤber die Bruͤcken gehen wollen/ vnter einen hauffen Dieb geweret/ hetten sich auch wider dieselbige al- so gerechnet/ daß daruͤber der Diebe zween weren auff dem platz geblieben/ vnnd daß sie/ was den er- V ij schla- Beutelschneider/ oder schlagenen Edelman anlanget/ nicht wissen koͤn- nen/ wie es mit demselbigen wehr zu gegangen. Diese von den beyden gefangenen geebene antwort gabe nichts desto weniger den jenigen/ so sie Examinirten/ grosse vrsach zu zweiffeln: Dann wie ich euch schon erzehlet habe/ so waren zwen von jhrer Gesellschafft auff der Wahlstatt todt blieben/ vnd zwar eben an dem Ort auch/ da der Edelmann ware erschlagen worden: Vber das/ so spuͤrete man an jhnen ein sonderliche furcht vnd bangig- keit/ wie dann auch ein verwechselung der Farbe in jren Angesichten/ derohalben so ließ man sie auff die Folter spannen/ vnd ließ jnen also die warheit/ so sie verhelen wolten/ mit marter vnd gewalt her- auß pressen/ da sie dann bekandten/ daß sie vnder solche Diebsgesellschafft gehoͤreten/ vnd daß der rechte Anfaͤnger vnd Vrsaͤcher solches geschehenen Mordts were einer genannt Forestier: Aber auß was fuͤr vrsachen/ er zu solchem Meuchelmord we- re bewogen worden/ sagten sie hette er jhnen nicht offenbaret: Sie aber hetten sich vnder einander ge- schlagen/ weil Forestier das meiste vnd beste theil von der Beut hette haben woͤllen/ vnd auch bekom- men: hette sich mit der flucht salviret/ vnd koͤnnen sie nicht wissen/ wo er hingegangen were. Sie erzehleten auch noch viel andere boͤse stuͤck von dem Forestier/ vnd sagten den jenigen/ so sie examinirten/ er pflege nimmermehr zweymal an einem Ort uͤbernacht zu ligen vnd zu bleiben/ halte sich gar heimlich vnd entdecke keinem Menschen seine anschlaͤge. Vnder Diebshistorien/ das II. Buch. Vnder dessen aber liesse man auff der betruͤb- ten Wittib begehren/ welche alle jhre kraͤffte vnd vermoͤgen darauff wendete/ solchen Meuchelmoͤr- der zu erfaren/ allenthalben fleissig nachfragen: Aber Forestier/ der sich sonsten keinem Menschen entdeckete/ auch den jenigen nicht/ welche seines Handwercks vnd beste Freund waren/ ware vn- der dessen/ da sie jhn zu Paris sucheten/ weit von jhnen: Dann als er gesehen hatte/ daß man zwen seiner Gesellen gefangen gefuͤhret/ hat er die neben- gassen troffen/ vnd sich Angesichts auß dem Stau- be gemacht/ vnnd ware hinauß gezogen zu dem Edelman (der den Meuchelmord durch jhn vmb gewisses Geld hatte angestellet) sein vbriges ver- sprochenes Geld jhme abzufodern/ weil er solchen Anschlag in das Werck gesetzet hatte. Es wolte aber der Edelman jhm das vbrige versprochene Geld nicht geben/ er wuste dann zu vor gewiß/ daß sein Widersacher were durch Forestier auffgeopf- fert worden: Derhalben nahme er sich an/ er muͤste zu Paris etliche Wahren einkauffen lassen/ schick- te darauff seinen Laqueyen gehn Paris/ vnnd be- fahle jhm nicht allein die Wahren ein zukauffen/ sondern zugleich sich auch zu erkuͤndigen/ wie es mit solchem Edelman stunde: Hielte vnder dessen Forestier bey sich auff/ fuͤhrete jhn mit sich auff die Jacht/ jhm die zeit zu vertreiben/ biß vnder dessen sein Laquey wider kahme/ vnd wegen deß erschla- genen vom Adels gewisse Zeittung mitbrachte/ vnd er also die warheit erfuͤhre: Aber jhr beyde/ moͤ- get so lang vnd weit fliehen/ als jhr immer wollet/ V iij Gott Beutelschneider/ oder Gott wird euch doch entweder bald oder langsam zu finden wissen: jhm ist nichts verborgen: Er kan vnsere verborgene Hertzensgedancken ergruͤnden: Er weiß vnsere heimlichkeiten zu forschen/ vnser geheimbste anschlag kann vor aller Wellt Augen offenbahren vnd vnsere Angesicht voll schande zu- machen. Als nun der Edelman gewiß weiß/ daß sein Feind todt geschlagen ist/ gibet er dem Forestier die vbrigen summen Goldts nach seiner geschehe- nen verheissung/ auff daß er sie hinweg machen moͤge: Stehet aber lang in dem zweiffel/ ob er jhn den Forestier solle todtschlagen/ oder hingehen las- sen: Dann da machet er jhm die Rechnung also: Schlegt er jhn todt/ so ziehe er jhm selber einen Dorn auß dem Fuß/ vnd schaffe ruhe seinem Ge- wissen/ welches jhm angst vnd bang machet/ jhn Tag vnd Nacht quelete/ vnnd stetigs predigte/ er moͤchte offenbaret vnnd verꝛathen werden: Nicht zwar also/ als wañ er sich besorgte Forestier moͤch- te selber hingehen vnd jhn verꝛathen/ sondern die- weil er sorgte/ wann Forestier (welcher von kei- nem andern Handwerck sich erhielte/ als von Morden vnd Todtschlagen: Dann man kundte mit warheit das wol von jhm sagen/ daß er nicht ein bissen asse oder trancke/ daß nicht dieses oder je- nes erschlagenen Menschen Blut kostete: wie er dann auch deß Menschen leben nicht mehr als ei- nes Hunes leben achtete) in einem Mord solte er- griffen/ vnnd darnach auff die Folter gespannet werden/ so durffte er alles vnnd also auch seines durch Diebshistorien/ das II. Buch. durch jhn angesteltes Mordstuͤck bekennen: Dero- halben so kame er so weit in seinen Gedancken/ daß er jhn auß seinem Landgut geleitet/ hielte einen De- gen inn der Hand vnter dem Mantel jhn zu erste- chen: Aber dieser Meister Rauber hatte auff seiner Stirn ein solche vnverschaͤmbkeit/ inn seinen Au- gen ein solche erschrecklich grimmigkeit/ vnd an sei- nem Leib vnd allen Gliedern ein solche tyrannische vnbarmhertzigkeit/ daß er sich doch nicht wagen durffte/ jhn die geringste vngelegenheit zuzufuͤgen: Dann er wuste das gewiß/ daß wann er seines Stichs verfehlen solte/ so wuͤrde es vmb sein Leben sein geschehen. Sie namen also den Abschied von einander: Forestier aber streichet sechs Monat lang im Lande vmbher: Dann so bald widerumb nach Paris zuziehen/ da hette er nichts anders gethan/ als daß er selbsten vmb den Galgen gebuhlet vnnd gefryen hette: Er streiffet durch gantz Normandien/ Er pluͤndert/ er raubet/ er stelet alles/ was er antraff/ vnd handelt gar wie der Teuffel selber: Niemals hat man einen solchen Ertzrauber gesehen: Wann er schon gar allein were/ vnd zwen wolberittene Maͤn- ner in einem Wald antraffe/ forderte er jnen nichts desto weniger gantz vnverschembdt den Beutel ab/ sie musten jme jhn auch geben oder jhr leben auff der Wahlstatt lassen/ so gar ein schrecklicher Teuffel ware dieser Rauber Forestier. Es wolte zwar auff ein Zeit die Wachte zu Caen jhn außheben: Aber er spottet nur jhrer: Er ware jhnen all zugeschwind vnnd zuverschlagen/ Dann er gabe einem Bawern inn solcher Gegend V iiij seine Beutelschneider/ oder seine Kleyder/ vnnd zoge hergegen an desselbigen Bawern Kleyder/ vnnd gienge also mitten durch sie hin wie ein Blitz/ ehe man sich es versehen kund- te: Liesse auch nach jhm fallen ein Briefflein/ in wel- chem er die Wach erinnerte/ sie solten achtung auff jn geben wann es zeit were/ aber jr lebenlang solten sie in nit mehr in jrem Lande sehen. Dann hierauff zoge er stracks in Picardien/ vnd fienge an von newem zu rauben vnnd zu stelen/ be- zeugete also im Werck selber/ daß je elter ein Aff wird/ je aͤrger vnnd boßhafftiger pfleget er auch zu werden? Die vnterschiedliche grosse Waͤlde de Compiegne, de Sentis vnd de Scissans daͤmpffen/ ja sie bluten noch von dem Blut/ das er allda hat vergossen. Vnter dessen aber fuhre man mit seinen Gesel- len fort vnd liesse sie raͤdern/ vnnd verhoffete man/ sie wurden inn jhrem Todt offenbaren die anstiffter deß Meuchelmords/ welcher an dem vom Adel/ dar- von wir zuvor geredet haben/ ware begangen wor- den: sechs Monat hernacher kommet Forestier wi- derumb gen Paris/ da er sich dann mit nichts an- ders als mit dem Mantel der Nacht vnnd Finster- noß bedecket vnd fanget sein voriges verdambliches Leben wider an: Dann er hielte darfuͤr/ der Todt deß erschlagenen vom Adel were an seinen zween Gesellen/ so geradbrechet waren worden/ genugsam gerochen worden: Aber Gott laͤsset die Gottlosen ein zeitlang in jhrer blindheit/ daß er sie darnach/ wann sie sich nicht bessern/ zu desto schwerer Straff ziehe. Als Diebs Historien/ das II. Buch. Als Forestier auff ein Zett durch die Statt ge- het/ vnd sehr wenig Geldt im Seckel hatte/ trifft er auff der Bruͤcken Sanct Michel an einen fremb- den Kauffmann/ welcher gar uͤbel gekleydet ware/ vnnd sein Geldt auff der Gassen auff einem Laden zehlete: Solchen Kauffmann sihet er wol an/ sihet auch daß er mehr als fuͤnfftzig Cronen bey sich hat: Er aber hatte deßmals eine Lauten vnter dem Arm welche er verkauffen wolte/ damit er etwas zu Mit- tag zu essen jhm darfuͤr kauffete: Dann er hatte gantz vnnd gar nichts mehr zu leben/ er wartet biß daß der Kauffmann sein Geldt wol gezehlet vnnd widerumb inn den Hosensack sein bey sich hatte ge- stecket. Vnd als er sihet wo er hinauß will/ folget er jhm auff dem Fuß nach/ vnd wie er nun wol gekley- det ware/ also/ da er zu jhm kommet/ gruͤsset in/ vnd bittet jhn er wolle jm doch solche seine Laute inn sein Losament tragen/ er wolte es jhm gern verlohnen: Der frembde Kauffmann/ als er in Seyden vnnd Sammet jhn so stattlich gekleydet siehet/ helt jhn fuͤr einen fuͤrnehmen vom Adel (wiewol er ein loser Schelm war) spricht derhalben zu jhm: Ja er wol- te es gern thun/ was er an jhn begere: Dann er dachte/ er wolte vielleicht auff solche weiß ein freyes mittagmal haben Forestier fuͤhret jhn mit sich inn sein Losament/ welches nichts anderst/ als ein gan- tzes Nest voll Rauber/ wie es auch ware: Vnnd als sie da hinein kommen/ fuͤret er jn oben in eine Kam- mer/ vnd schleust so bald die Stegenthuͤr hindersich zu/ welches dann so bald dem Kauffman wunder- lich vnd seltzam fuͤrkame/ dann er wuste nicht/ was V v er dar- Beutelschneider/ oder er darauß schliessen solte: Aber Forestier kundte jhm so freundliche vnd liebliche wort geben (wie die Sy- renen/ oder Meerthier/ welche durch die lieblichkeit vnnd suͤssigkeit jhres Gesangs die Menschen betrie- gen) daß er jhn auch mit auff das dritte stockwerck/ da sein Kammer ware/ brachte: Als sie aber in sol- che Kammer mit einander kom̃en/ schleust Forestier abermals hinder sich zu/ vnd fuͤhret jhn in ein klei- nes Kaͤmmerlein darinnen drey Rauber waren/ dieselbige/ an statt daß sie jhn willkom heissen solten/ fallen miteinander uͤber jhn auff ein mal/ also daß sich der Kauffmann gantz vnd gar nit kan wehren: vnd da er will vmb huͤlff schreyen/ stossen sie jhme in den Mund ein Angstbier ein recht Teufflisches Instrument/ dessen sich die Diebe lang gebrauchet habẽ. Es ist aber solche poire d’anhoise, oder angst- bier formiret vnd gemacht wie ein Mahlschloß/ vnd hatte seine gewisse Federlein: Vnd wann sie einem Menschen in Mund wird gestossen/ so fangen die Federlein an zu spielen/ darauff gehen durch vnder- schiedliche Loͤchlein/ welche außdruͤcklich darzu ge- macht seyn kleine spitzlein herausser/ welche wañ sie die Backen anruͤhren vnd treffen den Menschen/ der solchen harten bissen muß einschlingen/ zwingẽ/ daß er Lefftzen/ Backen/ ja das gantz Maul so weit wie ein Backoffen muß auffsperꝛen/ vnd kan doch kein wort nit reden. Der Kauffmann/ als er sihet/ daß er auff diese Manier wird gegruͤsset/ vnd will- kommen geheissen/ er kan auch nit mehr reden/ vnd kan selber gedencken/ was man mit ihm will anfan- gen/ nim met alles was er in seinem Beutel hat/ vnd Diebshistorien das II. Buch. vnd gibt es dem Forestier/ vnd dieweil er nit mehr kan reden/ gibt er mit seinen gen Himmel auffge- habenen Haͤnden/ vnd andern traurigen erbaͤrm- lichen gebaͤrden so viel zu verstehen/ daß er sie alle vmb sein Leben bitte: Aber dieser vnmenschliche Tyrann laͤst sich so wenig durch solche rechtmessige bitte vnd erbaͤrmliche Geberden bewegen/ daß er vielmehr so bald nach seinem Dolchen griff vnd dem Kauffmann denselbigen mitten durch sein Hertz stosset/ daß er so bald darvon muß sterben/ wie er dann hernacher solches selber hat bekennet: Vnd als nun dieser Streich geschehẽ/ zeucht er jhn gantz nackend auß vnd wirfft jn in das heimlich Gemach hinein/ da viel andere auch hingeworffen/ vnd also verlohren weren worden/ zu geschweigen der jeni- gen/ welche durch huͤlff seiner Mitgesellen deß Nachts auff die Gassen getragen vnnd geworffen ware worden. Auff eine andere zeit name er zu sich vier oder fuͤnff starcke Galgenschwengel/ deren zwen waren darbey gewesen/ als der Edelmann ware erschla- gen worden/ wie wir zuvor angehoͤret haben/ vnd gienge mit denselbigen in die Gaß Sanct Hon- nore vnder dessen/ daß der Herꝛ in einem Hauß mit seinem Haußgesinde nicht daheim wahre: Vnd name sich also an/ als were er deß jenigen/ dem das Hauß zustunde/ leiblicher Vetter/ vnnd sagte vnverschaͤmbter weise also zu der Magd: Wo ist mein Vetter? Ist er noch drauß auff sei- nem Landgut mit seinem Haußgesinde? Ja/ mein Herꝛ antwortet die Magd: Es ist nun vier Tage/ daß Beutelschneider/ oder daß er da ist: Ich bitte dich/ spricht er hierauff/ mei- ne liebe Tochter/ lege doch dises Packet in seine kam- mer: Ich will es heut oder morgen wider holen. Auff diese Wort/ gibt er jhr ein Packet/ welches vngefehr zwantzig Pfund wiget/ thut als wann er den Herꝛn im Hause gar wol kenne/ vnd fraget vnder dessen alles wol auß/ als wann er gute kund- schafft im Hauß hette. Die Magd/ welche gar zu schlecht vnd einfeltig ware/ laͤst sich uͤberreden vnd glaubet/ er sey der je- nige/ so mit jhr rede/ jhres Herꝛn Vetter/ weil er von allen jhres Herꝛn sachen so wol wuste zu reden vnd nach allen dingen so wol zu fragen/ nimmet jhm das Packet ab/ vnd tregt es oben auff in die Kammer/ sagte zu jhm: Wann er widerumb vor- uͤber gehe vnd es abholen wolle/ solle er sie allezeit daheim finden. Dieser Raͤuber laͤst jhm das wol gesagt seyn: kommet deß Abendts vmb neun Vhr mit einer Fackel/ als wann er ein ehrlicher vornehmer vom Adel were/ vnd hat zwen Diebsgesellen bey sich/ die Magd thut jhm die Thuͤr auff/ vnder dem schein aber/ den er vorgibet sein Packet abzuho- len/ bindet er mit seinen Gesellen die Magd/ vnd stecken jhr etwas in das Maul/ daß sie nicht kan schreyen/ durchsuchen alles vnd tragen hinweg al- les was sie selber woͤllen/ silberne vnd guͤldene Ge- schirꝛ/ Perlen/ Demant vnd das allerbeste/ das sie finden in den Kisten vnd Kasten/ welche sie auffge- schlagen vnd verherget hatten: Gehen hernacher hin vnd verkauffen solche Sachen jhren Hehlern auff Diebshistorien/ das II. Buch. auß der Wechselbruͤcken/ darauß dann hernacher ein grosser Streit entstunde: Dann als der Hauß- herꝛ widerkommet/ vnd sihet seine Magd in solchen traurigen Zustande/ vnd wie das gantze Hauß be- stohlen ware/ laͤst er allenthalben nachfragen vnd trifft endlich etliche Perlen bey einem Goldschmid an/ welche er fuͤr die seinige hielte vnd erkandte/ fan- get mit demselbigen eine Rechtfertigung an/ welche lange zeit wehrete; Aber das Hauptstuͤck/ welches Forestier ware/ wolte sich nicht finden/ dann er hat- te sich darvon gemacht/ vnnd ware nachgefolget dem Exempel der Hunde/ welche/ wann sie sich der Streich befuͤrchten/ lauffen sie darvon vnd tragen den Schwantz zwischen den Beinen. Vnder dessen aber liesse die Wittib deß Edel- manns/ welchen Forestier sampt seinen Gesellen auff der newen Bruͤcken meuchelmoͤrdischer weise hatte vmbgebracht/ fleissig nachforschen/ damit sie den jenigen/ welcher den Mord angestifftet vnd ge- than/ finden/ vnd jhn nach der schaͤrffe vnd beschaf- fenheit der schroͤcklichen grossen Suͤnde straffen moͤchte lassen: Sie schickte bald alle Tag frische Leut auß auff das Land/ zuerfahren/ wo sich doch Forestier hielte/ damit sie den Tod jhres lieben Ehe- mans/ welcher so vnschuldiger vnnd vnversehener weise ware erschlagen worden/ rechen koͤndte: Dann wiewol schon vnder dessen sechs gantzer Monat waren verlauffen/ daß solches geschehen ware/ je- doch so ware dieser Kohl noch nicht außgelesche / sondern rauchere als noch in der Wittiben He tz vnd Gedaͤchtnuß: Es ware die Wunde in jhrem Hertz Beutelschneider/ oder Hertzen noch so frisch/ daß sie gern hette sterben moͤ- gen/ wann sie nur zuvor gesehen vnnd erlebet hette/ daß jhres lieben Jungkern Todt were gerochen worden. Diese Edelfrau ware nicht gesinnet/ wie heu- tiges Tages ein grosser hauff Weiber/ welche die eheliche Lieb gegen jhren Maͤnnern nur auff jhren Lefftzen im munde vnd vorn her haben/ hinden her aber verfluchen sie die gegenwart jhrer Ehemaͤnner vnd woltẽ sie lieber in einem todtenbaar als in dem Ehebett sehen: Sie ware nicht auß der zahl der je- nigen weiber/ welche Crocobils weinen haben/ vnd welche hent fuͤr den Leuten schreyen/ morgen aber lachen sie mit dem ersten/ den sie antreffen: Dañ sie ware so betruͤbet uͤber den Todt jhres lieben Jung- herꝛn/ welcher allerley schoͤne Gaben vnd Tugenden an sich hatte/ daß sie kein ruh in jrem Hertzen kund- te haben/ biß daß sie die jenige/ so jhn so jaͤmmerlich erschlagẽ/ erfahrẽ vnd sich an denselbigen gerochen hette. Als sie nun erfuhre/ daß Forestier widerumb zu Pariß seyn solte/ vñ sein voriges Leben widerumb anfienge/ suchet sie alle gelegenheit jhme nach dem Kopff zu greiffen: Aber das sey nun zugangen/ wie es woͤlle/ daß er entweder Lunden mag gerochen ha- ben/ oder daß jhn die jenige selber/ so jhn fangen sollen/ gewarnet haben/ name jhme fuͤr Pariß zu- verlassen vnd noch einmal in dem Land vmbher zu streiffen/ damit also das Gedaͤchtnuß deß vorge- gangenes Todschlags moͤchte desto besser vergraben werden/ gerad in/ als wann ein solches Laster der Gerechtigkeit Gottes entlauffen koͤndte/ wie auch der Diebs Historien/ das II. Buch. der Straffe/ so er vmb vieler Suͤnden willen biß auff gegenwertige zeit wol verdienet hatte. Nun muͤsset jhr euch aber allhie erinnern/ wann es euch beliebet/ daß als er in der Gegend Saumur den Votris todtschluge (wie ihr im anfang habt angehoͤret) vnd er nach seiner Hoffnung kein Geld bey jhm fande/ name er jhm ein kleines uͤbergulde- tes Vherlein/ welches er allezeit auff die zehen Jahr bey sich truge Nun begab es sich/ daß an dem ge- dachten Vhrlein etwas zerbrochen ware/ dero- halben truge er sie auff das Palais oder Koͤnigliche Hause zu Pariß zu einem kleinen Vhermacher/ daß er sie wider machen solte vnd das geschahe e- ben den Abend zuvor/ da er deß morgends wolte auff sein vnd darvon ziehen. Nun kame zu allem Gluͤck auch an solchen ort auff das Palais deß Votris leiblicher Vetter/ vnd wolte sich einen Pitschier Ring vnd sonsten noch etwas dessen er beduͤrfftig ware/ machen lassen: Vnnd als er bey einem kleinen Vhermacher/ wel- cher sich dran gemacht/ das kleine jhm von dem Forestier gebrachte Vherlein zuverbessern/ fuͤruͤber gehet/ ersihet er solches Vherlein/ gehet widerumb zu ruͤck/ erinner t sich/ daß er solches Vherlein fuͤr der zeit bey einem seiner Freunde hat gesehen/ gehet zu dem Vhermacher/ nimmet solches Vherlein in die Hand/ besihet es gar wol vnd fraget endlich/ wem doch das Vherlein zustehe: Der Vhrmacher antwortet jhm: Es habe ein Edelmann jhm solches gebracht/ widerumb außzubessern/ kenne jhn aber nicht/ dech hab er jhm so viel angesehen/ daß er ein verschlagener arger Mann seye. Das Beutelschneider/ oder Das ist gewißlich ein Raͤuber/ spricht der ander zu dem Vhermacher/ dann das Vherlein stehet zu meinem leiblichen Vetter/ welcher nunmehr vor zehen Jahren ist erschlagen worden/ vnd hat man nie erfahren koͤnnen/ wer solchen Mord habe began- gen. Ihr werdet sehen/ daß das gerechte Gericht Gottes jhn wird zur Straff ziehen/ vnd daß der je- nige der euch solches Vhrlein zu machen gebracht hat/ ist der Thaͤter selber/ der meinen Vetter hat er- schlagen: Derohalben so bitte ich euch/ jhr wollet jhn/ wann er kommet/ auffhalten/ vnd mir es zuwis- sen thun: Wir woͤllen jhn einsetzen lassen/ ich halte gewißlich darfuͤr/ er wird die That gestehen; Dann der Diebstal vnnd Mord muͤssen sich doch selber entweder bald oder langsam verrahten: Die war- heit ist doch endlich staͤrcker als die Lugen: Gott hat vnderschiedliche Wege die Menschen zu Bekandt- nuß jhrer boͤsen Stuͤcke vnd Tuͤcke zubringen/ son- derlich aber die Meuchelmoͤrder vnd Todtschlaͤger. Als nun der Vhermacher so fleissig wird gebe- ten/ versprichet er deß Votris Vetter/ er wolle jhn seiner Bitt gewehren vnd so bald/ als er nur zu jhm komme das Vherlein abzuholen/ jhm solches zu- wissen thun: Dann es ware dieser Vormacher von einem ehrlichen Geschlecht vnd Herkommen vnd hatte ein grossen-Argwohn auff den Forestier deßwegen/ dieweil/ als er jhme die Vher gebracht/ er jhm hatte verbotten/ keinem Menschen vnder der Sonnen sie zu zeigen oder zu weisen. Aber der Anschlag gienge weder bey dem einen/ noch bey dem andern an: Dann da Forestier mer- ckete/ Diebs Historien das II. Buch. ckete/ daß man jn allenthalben suchete vnd nachstel- lete/ liesse er sein kleines Vherlein im stich/ traff das Thor vnd zoge in Brie/ da er dann sein boͤses Leben jmmer fortfuͤhrete/ raubete/ stahle vnd mordete/ wie wir jetzt weiters hoͤren werden. In der Gegend der Statt Meaux ware auff ein Sontag eine Hochzeit/ da vnter den jenigen/ so auff der Hochzeit waren/ auch sich fande eine schoͤne junge Wittib auß der Statt Meaux/ welche deß morgends sich auff machte vnd auff die Hochzeit zo- ge/ damit sie jhren Freunden nach Christlicher Ge- wonheit auch zu ehren erschiene. Die Hochzeit fan- get sich an/ man ist lustig/ man springet vnnd dan- tzet/ jederman ist lustig vnd ist niemands/ der nicht ein sonderliche hertzliche Frewde hat an den jungen Eheleuten/ vnd wuͤnschet jnen jederman Gluͤck vnd Heyl zu jhrem Ehestand: Der Tag gehet also da- hin/ deß nachts fanget sich das Fest noch mehr an; Da ist allenthalben nichts als Frewde vnnd lustig- keit: Die eingeladene Gaͤst aber sein/ weder inn deß Breutigams noch in der Braut Hause/ sondern inn dem fuͤrnembsten Wirthshause/ so inn dem Dorff ist/ vnd solches deßwegen/ dieweil der Wirth deß Braͤutigams leiblicher Vetter ware/ hatte auch gute gelegenheit vnnd feine lustige gemecher die Hochzeit darinnen zu halten: Vnnd als man nun die Nacht mit allem frewden zugebracht/ nimmet ein jeglicher jm fuͤr/ widerumb nach Hause zuziehen wann sie deß morgends zuvor gefruͤhstuͤcket wer- den haben: Das geschicht auch/ vnd schicket sich ein jegliches auff den wege/ vnter anderen auch die ge- X dachte Beutelschneider/ oder gedachte junge Witrib von Meaux: Dieselbige sagt Braut vnd Braͤutigam gute Nacht vnd will widerumb nach Hauß ziehen/ wegen jhrer zweyen kleinen Kindern/ die sie zu Hauß gelassen hette. Wie es nun der brauch ist/ daß man den Hoch- zeitgaͤsten etwas von der Hochzeit mit heimzutra- gen gibet; Also wird dieser Witwen auch etwas fuͤr jhre kleine Kinder mitgegeben: Ein Servietten voll Tarten/ Kuchen vnd dergleichen: Darauff macht sie sich nun auff den Weg/ aber sie wird nimmer- mehr heimkommen/ dann sie begibet sich auff einen sehr gefehrlichen Weg/ da sie auch jhr Leben muß lassen. Nun ware zu allem Vngluͤck fuͤr diese junge Wittib Forestier mit einem seiner diebsgesellen von Paris gezogen/ dieweil/ wie jhr habt zuvor gehoͤret/ jhm allenthalben so sehr nachgestellet wurde: Der ersihet dise Wittib/ daß sie an einem Wald her gantz allein gehet/ er eylet jhr nach/ vnd als er zu jhr kom- met vnd sihet/ daß sie noch so schoͤn vnnd jung ist/ fanget er an jhr von der Liebe zu reden/ vnd sihet da- hin/ ob er sie durch seine leibliche wort betriegen vnd so weit bringen moͤge/ daß sie seines willens lebe vnd vnzucht mit jhm begehe: Aber, weil sie nichts weni- gers als solche gespraͤch mag anhoͤren/ sie will auch nicht zugeben/ daß sie im geringsten an jhrer Ehre/ die sie in jrem gantzen leben so fleissig verwahꝛet hat- te/ geschaͤndet werde; Gibet sie jhm kurtze Antwort vnd stumpffen bescheid darauff/ vnnd gibt jhm mit jhren vnfreundlichen Worten so viel zuverstehen/ daß sie jhr eh vnd lieber das Leben/ als jhr Ehre sol- ten nemen. Fore- Diebs Historien/ das II. Buch. Forestier/ als er sihet/ daß er von dieser jungen Wittib gar verachtet vñ verschmaͤhet wird/ wendet sich auch gegen jhr: Sein Lieb verkehret sich in eine vnsinnigkeit/ das Fewer vnd die Flammen zuͤnden sich an in seinen Augen/ zeucht sein Wehr auß vnd macht/ daß diese arme Frawe muß zu ruͤck gehen: Er vnd sein Gesell fuͤhren sie mit Gewalt in einen dicken vnd finsteren Wald/ vnd da fie sie allda mit jhren Hosenbaͤndeln gebunden/ begehren sie zum zweyten mal/ sie solle sie mit gutem willen geniessen lassen/ was sie hernacher mit gewalt von jr empfin- gen: Aber das zuͤchtige keusche Hertz dieser jungen Wittib erklaͤret sich sie wolle lieber jhr junges Leben daruͤber auffopffern/ als daß sie jhnen in einem sol- chen verdamlichen begehren wolle willfahren. Ich uͤbergehe all hie mit stillschweigen die gros- se Gewalt/ so sie dieser jungen Wittib angeleger haben: Dann ich halte darfuͤr/ daß keine schreck- lichere Tyranney auff der Welt seye/ als eben die- se/ welche einem Hertzen vorkommet/ wann es inn solche Angst vnd Noth geraͤthet: Inn Summa/ als sie nun jhr viehisches begehren erfuͤllet/ schlagen sie die junge Wittib gar zu todt vnd geben jhr fuͤnff Stich in die lincke Brust/ auff daß sie nicht von jhr koͤnnen verꝛahten vnnd offenbahret werden: Vnnd damit man ja kein argwohn deßwegen auff sie werffen moͤge/ so binden sie jhre Hosenbendel/ darmit sie die Wittib angebunden hatten/ wider- umb ab/ werffen sie in einen Graben/ so allda frisch gemacht war worden/ fuͤllen es hernach voll Er- den/ gehen daruͤber vnd machen das Grab der Erdẽ X ij gleich/ Beutelschneider/ oder gleich/ auff daß man es desto weniger spuͤren koͤnne. Nun ist allhie zu mercken/ daß diese junge Wit- tib ein Hund bey sich hatte/ welcher vnter dessen/ daß Forestier vnnd sein Gesell so uͤbel mit jhr vmb- giengen/ jnen allezeit nachbellete/ vnd fiele auch etli- che mal dem Forestier gar an die Bein: Aber er wa- re so verblendet vnnd in seinen Suͤnden verstocket/ daß er jhm nicht der Zeit name solchen Hund ent- weder abzujagen oder gar zu erschlagen: Vnnd das hat auch hernach vrsach gegeben/ daß Forestier ist erdappet worden. Man erzehlet viel vnterschiedliche dinge von der grossen Trewe der Hunde/ als von dem Hund/ welcher als er sahe/ daß sein Herꝛ im wasser in gros- ser Lebens gefahr ware/ in das wasser zu seinẽ Herꝛn hinein sprange/ kame seinem Herꝛn vnter dem Leib/ vnd wolte lieber vnter seinen Herꝛn sterben/ als daß er seinen Herꝛn im Wasser solte sehen vntergehen vnd ersauffen: Deßgleichen von einem andern Hunde/ welcher drey Jahr nach dem sein Herꝛ wa- re erschlagen worden/ den Meuchelmoͤrder hat er- kennet/ hat jn angefallen vnd gethan/ als wann er jhn fressen vnd verderben woͤlle: aber alle solche wun- der hielte ich selber fuͤr Fabeln/ wann ich nit wuste/ daß dergleichen bey der Historien/ so ich euch allhie erzehle were vorgangen. Als Forestier den Todten Coͤrper der gedachten Wittib begraben/ vnd jhre Servietten/ Tarten vnd Kuchen genommen: Dieweil er vielleicht noch nit zu morgen gessen hette/ gehen sie beyde miteinander auff das erste Dorff/ welches sie vor jhren Augen sahen: Diebs Historien/ das II, Buch. sahen: Als aber sie noch nicht recht von dem Gra- be hinweg kommen waren/ kompt der erschlagenen Wittib Hund auff das Grabe/ heulet/ kratzet vnnd thut nicht anders/ als wann er den todten Coͤrper woͤlle auß dem Grabe widerumb ziehen: Vnnd als er die Erden nicht kan hinweg bringen/ folget er den Meuchelmoͤrdern allgemach vnd ohne einiges bel- len nach. Forestier nimmet Stein vnd wirfft nach dem Hunde etliche mal/ vnd will jhn von sich jagen/ a- ber er kan jhn doch nicht vertreiben/ sondern folget jhm auff dem Fusse nach. Sie kommen also eben in das Dorff/ darauß die Wittib ware gegangen nach Hauß zu gehen: (Ich bitte euch/ jhr woͤllet allhier selber bey euch bedencken/ daß wann vns GOtt will fangen/ so kan er vns gar leichtlich erdappen) vnd als sie nach der besten Herberg im Dorff fragen/ weiset man sie eben in das Wirthshauß/ darinnen die Hochzeit gehalten wurde: Sie gehen dahinein/ man gibet jnen oben eine Kammer ein/ vnd will jh- nen auch zu essen geben/ aber sie sagen/ sie haben sel- ber essen mit gebracht vnd doͤrffen nichts mehr als einen drunck Wein: Sie decken jhr Tischtuch auff vnd fangen an zu essen Trote vnnd die Kuchen der Wittib/ so sie im Wald erschlagen hatten. Vnter dessen aber so kompt der Hund/ so jhnen allezeit nachgefolget ware/ auch in die Herberg ohn allen zweiffel durch GOttes gerechtes Gericht: Er laufft auff vnd aber lauff in die Kammer vnnd wi- der heraber: Er fanget an zu bellen vnnd thut/ als wenn er woͤlle Rasendt werden: Der Haußwirt er- X iij sihet Beutelschneider/ oder sihet den Hund vñ spricht er: Sihe da/ das ist vnser Basen Hundt: Ohne allen zweiffel hat sie jn auff dem Wege verlohren: Dann er suchet seine Fraw allenthalben: ich bitte euch/ spricht er bedencket die Freundschafft vnd trewe dieses Hundes. Ich weiß wol/ spricht ein anderer/ daß er mit jhr ist hinweg gelauffen: Es muß etwas anders darhinder stecken daß der Hund wider kommet. Je mehr sie nun den Hund ansehen/ je weniger sie wissen/ was sie darzu sagen sollen/ dann er heulet vnd thaͤte als wann er entweder schon rasend weh- re/ oder als wann er auff das aller wenigste von ei- nem Rasenden Hund were gebissen worden. Vnder dessen aber dienet man dem Forestier vnd bringt jm Wein hinauff in seine Kam̃er: Als aber der Haußknecht auff den Tisch sihet/ vnnd er sihet den Kuchen vnd die Servietten/ welche er sel- ber mit seiner Handt der gesagten Wittib von Me- aux hatte gegeben/ erschricket er daruͤber so sehr daß er nicht weiß was er darauß soll gedencken: Er gehet hinab/ zeiget seinem Herꝛen an/ was er bey dem Forestier gesehen habe: Also daß sie ein Arg- wohn deß wegen auff Forestier werffen/ sonderlich auch/ weil der Hunde nach je zu so grewlich balle vnd tobete: Der Haußherꝛ gehet selber in die Kammer/ thut als wann er sonsten etwas droben zu thun habe/ vnd als er auch/ wie sein Haußknecht/ die Serviet- ten vnd Kuchen siehet/ schicket er eylens nach Me- aux vnd laͤst etliche Schuͤtzen vnd Personen holen/ zu erfahren/ wo doch die gedachte Wittib moͤge hin- kom- Diebshistorien/ das II. Buch. kommen seyn: Der jenige/ welcher hingienge/ na- me den Hund mit sich: Aber an statt/ daß der Hund die Landstrassen solte lauffen/ lauffet er in den Wald hinein da der Wind jn hinfuͤhrete: Vnd als er auff seiner Frawen Grabe kommet/ fanget er an mehr als zuvor zu heulen/ kratzet die Erden auff/ gleichsam als wann er wolte huch vnd herfuͤr ziehen den tod- ten Coͤrper der jenigen/ welche in jrem Leben jhn so lieb gehabt hatte: Welches als es der jenige/ so nach Meaux/ wegen der gesagten Wittib nach/ zu fra- gen gehet/ sihet/ folget er dem Hund nach biß auff das Grabe/ vnd wie er sihet/ daß solches Grab noch gar frisch ist/ nimmet er einen Stecken/ sticht hin- ein/ so weit als er kan vnd weil diese arme Fraw nit dieff vnter der Erden lage/ kommet er jhr auff die Fuͤsse: welches als er es sihet/ lauffet er eylends vom Grabe hinweg nach Hauß damit die Moͤrder nicht entwischen moͤgen/ saget zu seinem Herꝛn/ die ge- dachte Wittib sey erschlagen worden/ vnd muß es niemands anders gethan haben/ als eben die jenige so noch droben in der Kammer seyn. Hierauff laͤst so bald der Haußherꝛ den Statt- knecht holen/ vnnd bindet man diese zween Rauber durch Huͤlff zehen oder zwoͤlff Bawern/ welche mit Gabeln/ Hellbardten/ Stangen vnd Degen kom- men waren/ biß so lang/ daß man weitere nach- richtung habe: Man nimmet jhn die Servietten vnd das halbe Theil deß Kuchens/ welchen fie der erschlagenen Wittib genommen hatten: Vnd vn- der dessen daß etliche nach Meaux lieffen/ die wacht vnd Schuͤtzen zu holen/ lieffen andere mit Haugen X iiij vnd Beutelschneider/ oder vnd mit Stangen in den Wald die arme Witwen außzugraben vnd in dem das alles vorgienge/ heu- lete vnd winselte der Hund so jaͤmmerlich/ daß alle die jenige/ welche es hoͤreten nicht allein daruͤber be- truͤbet sondern auch so zornig wurden/ daß sie den Forestler inn der Kammer darinnen man jhn ge- bunden vnd gefangen hielte/ wolten todtschlagen: Aber das ware hernacher noch schrecklicher zu se- hen vnnd ein gnugsamer beweißthumb/ daß Fore- stier vnnd sein Gesell den Mord begangen hatten: Dann da man der Witwen todten Coͤrper inn die Herberg brachte/ vnd dem Forestier fuͤr sein Moͤr- derisches Angesicht legte/ fienge er an zu schweissen vnd zu bluten/ gleichsam als wann er noch eine em- pfindligkeit bey sich hette vnd bey Gott vmb Rache schrye vnd anhielte. Da muste Forestier erkennen/ daß die zeit ware kommen/ daß GOtt sein Suͤnde straffen vnnd jhn zur Rechnung wolte fordern: Da hettet jhr gesehen die bleichheit auff seiner Stirnen/ die grewligkeit in seinem Gesicht/ der schrecken verblendete jhm die Augen: er leugnet zwar/ er hab den mord nit began- gen: Aber auß seinen worten vnd an seinen gebeꝛden sahe man wol/ daß er der thaͤter allein ware: Das Gewissen/ so sich schuldig befindet/ kan sich nit ver- bergen/ sondern muß sich doch endlich selber verꝛah- ten: Endlich laͤst sich die Warheit sehen/ vnd solte sie auch inn dem allerdieffesten Brunnen deß De- mocriti stecken. Inn dem man aber dem Forestier also Exami- niret/ wegen deß geschehenen Todschlags/ kommen die Diebs Historien/ das II. Buch. die Wacht vnd Schuͤtzen von Meaux/ welche nach dem sie den gantzen verlauff angehoͤret/ sie alle bey- de gefangen nehmen/ setzen sie auff zwey Pferde/ auff daß sie desto ehe vnd mit weniger beschwerlich- keit sie gehn Meaux moͤgen bringen. Aber last vns widerumb ein wenig zu ruͤck in vn- sere Historien gehen vnd last vns anhoͤren/ wie die Edelfraw den Forestier wegen jhres von jhm auff der newen Bruͤcken erschlagenen ehemans hat ver- foͤlget: Dann als dieselbe vernommen hatte/ daß dieser dieb gen Brye ware gezogen/ fertigte sie zehen oder zwoͤlff Personen ab jhn zu verfolgen/ vnd vn- der jhnen wahre einer/ der den Forestier wohl ken- nete/ vnd welcher von der Edelfrawen zehen Pisto- len hatte bekommen/ daß er jhn den andern auch solte zeigen. Als nun die Schuͤtzen von Meaux dem Forestier vnnd seinen Gesellen also gefangen daher fuͤhren da kom̃en zu allem gluͤck die von Pa- riß abgefertigte Personen darzu/ vñ der jenige/ wel- cher die zehen Pistolen empfangen hatte/ fanget an zu schreyen man fuhre eben den jenigen gefangen/ vmb welches willen sie seyn auß gezogen: Weissen auch jhre Brieff vnd Commissiones auff warumb sie von Paris seyen abgefertiget/ nemlich den jeni- gen zu suchen/ welchen sie schon gegriffen hatten/ begehren auch man soll Forestier jhnen in jre Haͤn- de liessern, Die Schuͤtzen von Meaux beschweren sich zwar dessen im Anfang/ daß sie solchen Raub sollen jnen entgehen lassen/ sonderlich aber da sie hoͤreten/ daß Forestier der voꝛnembsten Rauber einer in Fꝛanck- X v reich Beutelschneider/ oder reich seyn solte: Aber endlich musten sie jn doch fol- gen lassen: Dann es ware jhrer 10 wider 5 vnd hett gewaltige stoͤß gegeben/ wenn sie gleich gewesen weren: Aber sie musten dem staͤrcksten weichen: man uͤbergibet jn aber zugleich die bericht/ so sie von dem Hund vnd Servieten hatten: Vnd wurde also Forestter gen Paris gefangen gefuͤhret/ da dann das geschrey von seiner Ankunfft so bald in der gan- tzen Statt erschalle vnd Vrsach gabe/ daß jederman sich an die Fenster legete: Dann da ware jederman fro/ daß solcher boͤser Bube einmal gefangen were: Doch waren das die Anklagen nicht alle/ die man wider jn fuͤhrete/ dann es musten alle seine Buben- stuck offenbart vnd gestraffet werden: Muste der je- nige/ der seine Mutter so jaͤm̃erlich hatte ermordet/ vñ alle gottesforcht auß seinem Hertzen gesetzet hat- te/ die straffe außstehen/ so er wol verdienet hatte. Als man jn nun fuͤruͤber fuͤhrete in das Palais/ vnd jederman jn sehen wolte/ fande sich auch vnter dem Volck der Vhrmacher/ welchem Forestter ein kleines Vhrlein zumachen gegeben hatte/ wuste es aber nit daß es Forestier/ von welchem je derman re- dete/ ware: Als er jn aber recht vnter dem Angesicht ansihet/ sihet er daß es der Edelman ist/ welcher jm die Vhr zu machen gegeben hatte. Das Blut lauf- fet jm in alle Adern/ er sihet jn noch einmal an vnd meinet/ er habe nicht recht gesehen: Aber er befindet daß es sein Mann ist/ vnd daß man jhn gefangen fuͤhret/ wegen eines Mords/ welchen er auff der neu- en Brucken vor sechs Monat solte begangen ha- ben: Daruͤber erschricket er nun vnd befindet/ daß der Diebshistorien/ das II. Buch. der jenige/ so das klein Vhrlein bey jhm gesehen vnd gesagt hatte/ der jenige/ so es jhm bracht hette/ muste ein Rauber seyn/ die warheit gesagt hatte: Derhal- ben als Votris Vetter wider zu jhm kame/ vnd jhn fragete/ ob der jenige sein Vhrlein noch nicht hette abgeholt/ sagte er zu jm der jenige/ so sie jm gebracht sey gefangen gefuͤhrt woͤrden. Hierauff gehen deß Votris Freunde in dz Gefaͤngnuß/ daß sie dẽ Moͤr- der sehen vnd erkennen/ klagen jn bey der Obrigkeit an/ zeigen jhm auch die Vhr ob er sie kenne/ vñ ob er nit dem Vhrmacher solches uͤhrlein hab zugestellet. Forestier als er sihet/ daß man jhm so hart zusetzt/ leugnet alles: Sagt er kenne die Vhr nit/ hab sie jm auch nicht gegeben/ verwirffet alle Zeugen/ die man jm fuͤrstellet/ saget/ sie seyen alle betrieger/ er habe die Leut/ so man jm fuͤrstellt/ sein lebenlang nit gesehen. Die Wittib deß erschlagenen Edelmans setzte jm auch hart zu/ vnd macht jm viel zuschaffen/ will jetzunder geschweigen der anderen vielfaltigen kla- gen/ so wegen seines Mordes auß Brye wider jhn einkamen: So druckete jhn auch sein eygenes Ge- wissen wegen deß Todtschlags/ so er an seiner leibli- chen Mutter hatte begangen/ welches dann eine schreckliche That ware: Wird also Forestier allent- halben angefochten: Der Himmel/ die Erde/ die Lufft vnd das Wasser seyn wider jhn/ Gott vnd die Menschen klagen jhn an/ vnd er sihet auch/ daß jhn sein eygenes Gewissen anklaget. Man Examiniret jhn wegen der jenigen wider jhn eingegebenen anklagen: Als man jhm aber redet von dem Mord an dem Edelmann began- gen Beutelschneider/ oder gen/ leugnet er alles/ vnd sagt/ er wisse nichts von den dingen/ vnd von Votris noch weniger: Er ge- stehet nicht mehr/ als was in Brien ist fuͤrgangen: Dann das kan er nicht leugnen: Dieweil man jh- me solche ding fuͤrhelt/ da er nicht kan voruͤber: Er vnd sein Gesell werden auff die Folter gespannet/ vnd bekennen zwar daß sie den Todschlag in Brien an der jungen Wittib begangen haben/ aber was anlange den Edelmañ/ so auff der newen Bruͤcken soll erschlagen seyn worden/ woͤllen sie nichts wis- sen/ sagen auch/ das werde man vff sie nicht bringen koͤnnen: Man Examiniret sie zwar wegen der zwen letzten Moͤrd/ aber sie wollen nichts gestehen. Fore- stier hat ein gutes Maul/ welches wol schweigen kundte: Deß Votris Freund weisen jhm die kleine Vhr/ man helt jm vor/ daß zwen seiner Mitgesellen/ so geraͤdert seyn worden/ solches auff jhn bekannt hetten/ aber er leugnet alles/ biß endlich der hencker jm die seiden etwas besser spannete vnd also zuspra- che/ daß er zwar bekandte/ er hette dem Vhrmacher das uͤhrlein geben/ aber er hett sie einem Edelmann abgekauffet/ welcher vorgeben hett/ er hette sie in der Gegend Orleans gefunden: Aber was den erschla- genen Edelmann anlanget/ wolte er im geringsten nichts gestehen/ dann er wuste wol/ daß er darmit sein Sache noch erger machen wurde/ wann er nur das geringste darvon bekennete: Dann alsdann wurde man von jhm wissen wollen/ was jhn darzu beweget hatte/ vnd also wurde er den andern vom Adel welcher jhn hatte angestellet/ in grosse Gefahr flecken. Die Diebshistorien/ das II. Buch. Die Edelfrau/ welche jhn hart verklaget/ als sie sahe/ daß er so gar nichts bekennen wolte/ hatte sorge/ sie wurde nicht erfahren koͤnnen/ wer der Thaͤter wer: Gleichwol aber hielte sie an/ man sol- te jhn zum Todt verdam̃en/ dann sie hoffete/ er wur- de noch an seinem letzten Ende bekennen/ was er in seinem Leben geleugnet hatte: Acht tage her- nacher wird er wider fuͤrgestellet/ vnd von deß Vo- tris Freunden/ von der Edelfraue/ vnd von den je- nigen auß Bryehan angeklaget/ es wird jhm auch nach vielfaltiger geschehener Exam ination das Vrtheil gesprochen/ daß er auff dem platz de la Groix du Tiroir lebendig soll geraͤdert werden/ sein Gesell ader wird auff einen andern Tag gehalten. Als nun Forestier auff dem Richtplatz ist/ da schweiget er ein zeitlang gantz still/ gedencket an sein boͤses gefuͤhrtes Leben/ vnd an das gerechte Gericht Gottes/ wendet seine Augen zu dem vmbstehenden Volck/ vnd fanget also an zu reden: Meine liebe Freunde/ Es ist das ausser allen zweiffel/ daß ich hiehero durch das gerechte Gericht GOttes kom- me: Dann eben diesen Tag/ eben diese Stunde/ da jhr mich allhie an diesem Ort sehet/ hab ich jaͤm- merlicher weise ermordet die jenige/ die mich in jh- rem Leib hat getragen/ welches nun mehr fuͤr zwoͤlff Jahren ist geschehen: Eben zu dieser Stunde hab ich nun mehr fuͤr zehen Jahren den Herꝛn Votris todt geschlagen: Ich erkenne nunmehr/ daß kein Laster vngestrafft kan bleiben/ Alle Suͤnde werden entweder bald oder langsam gestraffet. GOtt al- lein weiß das jenige/ so ich hab begangen: Was den Edel- Beutelschneider/ oder Edelmann anlanget/ welches ich bißhero hab ge- taugnet/ hat niemands anders/ als ich den Mord gethan: Der vnd der vom Adel hat mich darzu an- gereget/ vnnd mir deßwegen hundert Kronen ge- ben. Zum Beschluß meines Lebens bitte ich euch/ jhr wollet Gott im Himmel fuͤr mich bitten/ vnd auff diese Wort leget er sich nider auff das Creutz/ vnd wurde vom Hencker angebunden vnd lebendig geradbrechet. Der Schreiber/ welcher alle seine begangene Stuͤck hatte auffgeschrieben/ liesse sol- ches der Edelfrauen zu wissen thun/ dieselbige liesse so bald den anderen vom Adel/ welcher jhren Ehe- mann durch Forestier hatte todtschlagen lassen/ ein- ziehen/ vnd wiewol sich seine Freunde sehr bemuͤ- heten/ jhme das Leben zu erhalten/ wurde jhme doch nach dreyen Mona- ten der Kopff abge- schlagen. Das Diebshistorien das II. Buch. Das XIV. Capitel. Ein erschreckliche Historien von einem alten Gewandkraͤmer/ welche fuͤr kurtzer zeit ist geschehen/ vnd wie er sein Leben so jaͤm̃er- lich hat geendet. S Eneca hat niemals schoͤner geredt/ als wann er spricht: Daß die Goͤtter vns das Vbel/ das wir dem Nechsten zufuͤgen/ mit grossem Wucher vergelten. Dann wann wir entweder ansehen die jenige welche durch deß gemeinen Volcks Schaden groß vnd reich werden/ oder welche/ weil sie das nit langen koͤnnen/ sich also verhalten/ als ob sie nur in dir Welt seyen/ daß sie boͤses thun soͤllen/ so befinden wie allzeit/ daß sie in die Grube/ so sie andern gegra- ben/ endlich selber seyn gefallen/ vnd daß das Garn/ das sie andern gestelt haben/ sie endlich selber gefan- gen vnd gestuͤrtzet hat. Wir haben dessen ein so frisches vnd zu gleich schreckliches Exempel zu vnser zeit/ daß das ein of- fentlicher vorwitz ware von weitem Exempel zu holen: Dann ich wil euch in diesem Capitel se- hen lassen/ daß der jenige/ so vermeinet hat/ er habe fuͤr zwen seiner Gesellen ein Grube gegraben/ end- lich selber darein ist gefallen/ vnd hat sein Leben so jaͤmmerlich geendet/ als jemals/ ich sage nicht ein Christ/ sondern Seyter oder sonsten Barbarischer Mensch gethan hat. Ehe ich aber diese Tragedien anfange/ Ist es nicht vnachtsam daß ich lasse fuͤr euch fuͤruͤber ge- hen Beutelschneider/ oder hen die Personen/ so in diß Spiel gehoͤren/ auff daß jhr ohne verwirrung alles desto besser behalten moͤget Es ist ein Vatter dessen Tochter zween Ehemaͤnner hat: Ein Sohn wird jaͤmmerlicher weise von zween seiner Gesellen vmbgebracht: Ei- ner auß den Ehemaͤnnern verzweiffelt in dem Ge- faͤngnuß/ damit er die Straffe vermeyde/ vnd nit vor aller Welt doͤrffte so schmaͤlich sterben. Der Vatter soll heissen Filandre, die Tochter Clione, der erste Eheman/ Alcandre: der zweyte/ Cratilis, vnd der Sohn auß der ersten Ehe/ wel- cher in den Weingarten de Charonne auß anre- gung deß Cratilis ist erschlagen worden/ soll heis- sen Floridor. Das seyn die vnderschiedliche Personen/ welche in diesem Spiel werden herauß vnnd herfuͤr kom- men/ daß jhr sehet vnd hoͤret die traurige Histo- rien/ so seyd zwantzig Jahren ist fuͤrgangen. Last vns anfangen ab ovo, vom Ey/ wie die Latiner zu reden pflegen/ vnd last vns die Historien von jhrem anfang recht erzehlen. Filandre, welcher ein vermoͤglicher Mann ware/ hatte eine Tochter (deren Ehr ich nicht will beschmitzen/ noch jhre Verdienst zu hoch erheben/ Damit ich die lebendige nicht erzuͤrne/ noch mich an den Todten vergreiffe) welche/ als sie zu jhrem Alter kame/ wegen jhrer Schoͤnheit also beschaffen ware daß jhrer viel sie zur Ehe hetten haben moͤgent Ich will euch allhier mehr reden von jhres Vat- ters Handwerck: Dann jedermann weiß gar wol/ daß er ein alt Gewandtkraͤmer ware: Doch will ich euch Diebs Historien/ das II, Buch. euch das wol sagen/ daß wie es deß Handwercks gar viel Meister gibet; Also haben sie sehr kleine Haͤußlein/ vnd muß manchmals eins auff dem an- dern liegen/ so gar stecken sie ineinander. Dieser Filandre hatte einen Landbuben/ wel- cher gar verschlagen ware vnnd Alcandre hiesse: Verhielte sich auch also/ daß jhm die gantze Hauß- haltung vertrawet/ vnnd so lieb als das Kind im Hause gehalten wurde: Ja weil er sich so gar wol auliesse/ liesse man sich dessen gegen jm vermercken/ daß wann die Haußtochter/ welche auffs hoͤchste nicht mehr als zehen Jahr alt ware/ ein wenig elter were/ vnd er der Zeit erwarten wolte/ solte er sie zur Ehe bekommen/ wegen seines wolverhaltens: Vnd sagt man das von jnen (wañ es anderst war ist/ wie die Leute darvon reden) daß wegen deß engen Pla- tzes so sie im Hause hatten/ Vatter/ Tochter/ vnnd Alcandre, sie drey miteinander nicht mehr als ein Bett hielten: Als aber Clione ein wenig elter wur- de/ legte man sie widerumb von einander; Aber die natuͤrliche Zuneygung/ so sie zu einander hatten/ verursachete/ daß sie solche Gemeinschafft sucheten/ welche nicht als in dem Ehestandt kan statt haben: Welches als es Filandre spuͤrete/ verheurathete er sie zusammen/ damit er seinem Geschlecht keinen Schandflecken anhenckete vnnd der Dochter der Bauch nicht fuͤr der zeit geschwuͤlle. Sie werden also verheurathet: Vnd da ist nicht mehr als ein Seel in zween Leibern/ vnnd ein Hertz in zween Seelen: Sie fuͤhren jhr Haußhaltung in der Still vnd ohne viel Geschrey: Endlich bekom- Y men Beutelschneider/ oder men sie einen Sohn/ der Floridor hiesse: Derselbi- ge liesse sich wol an/ wann man jhm das Graß nicht vnder den Fuͤssen hette abgeschnitten: Aber wann wir anfangen zu leben/ wissen wir nicht die Zeit daß wir sterben muͤssen. Nach dem nun Alcandre etliche Jahr ware ver- heurathet gewesen/ begabe er sich gar in ein boͤses Leben/ welches dahero kame/ entweder dieweil er von jugendt auff zum Diebstahl geneyget ware/ (wie man dann der jenigen findet/ welche sich deß stehlens nicht enthalten koͤnnen) oder dieweil er mit boͤser Gesellschafft vmbgienge: Begienge einen Raub/ vnnd wurde zu allem Vngluͤck nicht allein erkandt/ sondern auch ergriffen vnd verdammet/ daß er neun gantzer Jahr solte auff die Galten ge- schicket werden. Als sie nun von einander solten scheyden/ da gienge es an ein heulen vnd schreyen: Da schrye Schwervatter vnd Tochtermann/ Vat- ter vnd Sohn/ Mann vnd Eheweib/ vnd hetten sie jhn gern mit all jhrem Gut auß solchem Elend er- kauffet/ damit er nicht Weib vnd Kind verliesse: Dann das kleine Kind schrye vnd reichet jhm die Haͤnde/ nicht anders/ als wann jhm das grosse Vn- gluͤcke/ so jm hernacher widerfuhre/ schon traumete. Sie bringen etliche zeit zu in solcher traurigkeit/ vnd die Schande/ welche Alcandre vnnd Clione davon batten/ thaͤte jnen weher/ als wann sie das halbe theil jhres Guts verlohren hetten: Aber je len- ger je mehr vergisset Clione jhres Elends vñ Trau- rigkeit/ begibet sich wider/ wie zuvor/ zu der Gesell- schafft/ sie bekuͤmmert sich nicht mehr/ was man von Diebshistorien/ das II. Buch. von jhr mag sagen: Entschuldiget sich/ die Schuld sey nicht jhr/ sondern jhres Ehemanns selber/ daß er in solches vngluͤck seye kommen dann er keinem gu- ten rath folgen woͤllen/ vnnd hab alles wider den Strom gethan. In sum̃a die grosse gemeinschafft verursachet bey Clione, daß sie jres vorigen Man- nes gar vergisset vnnd hergegen lieb gewinnet den Cratilis, welcher sich stellete/ als hette er sie auch uͤ- ber alle massen lieb: Dann er ware nicht lustig/ als wann er bey jhr ware: Er kame zu jhr vnd schertzet mit jhr an der Thuͤr: Er fuhrere sie bißweilen auch spatzieren vnd gefiele jm wol/ daß sie den Narꝛen so gar an jhm gefressen hatte: Clione aber hergegen ware auch wol darmit gedienet: Dann wie sonsten die Weibspersonen lust vnnd lieb zu solchen sachen haben/ also hoͤrete sie auch seinen Liebs gespraͤchen gern zu/ erzeigt jhm allen guten willen/ sagt es were jhr leyd/ daß sie jhn nit zur Ehe toͤndte haben/ dann jhr Ehemann seye vnd lebe noch zu Marsillen/ doch thaͤte sie jhm sonsten/ was sie kundte vnd ich allhier vnbeschrieben will lassen: Kurtzlich darvon zu re- den/ vnder dessen/ daß der arme Alcandre das Meer masse vnd sein vngluͤck beweinete/ machte sein Wei- be jhr gute Tag/ das ist sie machte sich lustig/ gien- ge zu den Leuten/ bekuͤmmert sich wenig vmb jhren auff die Galeen geschickten Ehemann: Dann ich will hie nicht uͤbel von jhr vrtheilen/ weil die Obrig- keit sie selbsten in jhren Standt hat gelassen/ vnnd koͤnnen auch am besten darvon reden vnd vrtheilen die jenige/ welche vertraute gute kundtschafft mit jhr gehabt haben. Y ij Als Beutelschneider/ oder Als nun Cratilis sihet/ daß er sie nicht zur Ehe kan haben/ weil jhr Ehemann noch im leben ist wie- wol er weltlicher weise todt ware/ vnd sie gleichwol vor kurtzer zeit von jhm newe Zeitung angehoͤret hatten: Erdencket er einen fund (ob solches aber mit wissen vnd willen der Clione sey geschehen/ weiß ich nicht/ dann die Weiber seyn bißweilen auch gar boͤß/ wann sie jhren Kopff auffsetzen) vnd schreibet einen Brieff/ als wann er von einem Kauffmann von Machillen komme/ an Filandre, vnnd zeiget jhm an/ daß weil Arcandre solcher lufft vnd arbeit nicht seye gewobnet gewesen/ seye er gestorben vnd nach dem Gebrauch/ so man auff den Galten hal- te begraben worden/ an einen solchen Ort/ welchen er jm mit Namen nennet/ vnd nah am Hafen seye. Als nun der Clione Vatter solches Schreiben bekommet sampt dem Zeugnuß deß Meßvriesters/ welcher jhn hatte begraben lassen/ vnd welches alles von dem Eratilis/ (wiewol kein Mensch auff der Welt mehr/ als er/ etwas darvon wuste) angestellet ware/ zeigt er es seinen Freunden/ laͤst jhnen sagen/ sein Tochtermann sey gestorben: Die Tochter/ sein Weib Clione trauet jhme auch (ob sie aber etwas von solchem Betrug gewust/ weiß ich nicht) man laͤst auch etliche Messen zu S. Eustache fuͤr Alcan- dre lesen/ wiewol er noch im Leben ware. Vnter dessen aber in wehrender solcher traur Zeit meidet Cratilis der Clione Hauß/ auff daß man ja den Betrug desto weniger mercke: Oder wann er sie schon besuchte/ so geschahe es deß Nachts: Zween oder drey Monat verlauffen sich also/ nach welcher zeit Diebshistorien das II. Buch. zeit Cratilis wider anfanget Clione zu besuchen/ erlanget auch so viel durch mittel seiner Freunde daß sie jm zur Ehe wird versprochen/ vnd wird die Hochzeit bald darauff angestellet. Gibt also ein neue Heurath zwischen den beyden/ vnd wiewol et- liche den Cratiles gar fuͤr einen Narren hielten/ daß er ein solchs Weib name/ deren Eheman auff die Galeen ware geschicket worden/ bekuͤmmerte er sich doch wenig daruͤber vnd fuhre in seinem vor- nemen fort/ wie angezeiget ist worden. Vor der Zeit wahre ein Mann fuͤr zwey oder drey Weiber/ ja biß weilẽ auch fuͤr hundert/ aber hie sehen wir das gegenspiel: Dann allhie ist ein Weib fuͤr zween Maͤnner/ vnnd wird das Ehebet durch eine zweyte Ehe gescheiden/ welches nochjer ger ist als das erste. Aber bey dem allem muß Floridor allein leiden: Dann was da in dem gantzen Hauß geschihet vnd vorgehet/ wann ein Lehrjung oder Knecht ein Glaß zerbricht das alles muß vber den Sohn auß gehen: derselbige straffet bißweilen seine Mutter selbsten wegen der geringen Liebe die sie zu jm hatte: Doͤꝛsste jr auch wol in daß Angesicht hinein sagen/ daß wañ schon sein Vatter auff den Galeen gestorben were/ solte sie sich doch erinnern/ daß sie jn in jhren Leibe getragen hette/ vnd daß sie seine Mutter wehre. Der alte Filandere, als er seines newen Eydams grillen sahe vnd daß er mit seinen Enickel vil tyrannischer als mit einem Ladenbuben vmbgienge/ wolte jhn etliche mal zu sich nehmen/ aber die Mutter/ welche dessen von jhrem Eheman auch muste rede hoͤren/ Y iij behiel- Beutelschneider/ oder behielte jhn doch bey sich/ verhieß auch jrem Vatter sie wolte jren Sohn besser/ als zuuor geschehen wa- re halten. Vnter dessen aber traͤgt sich ein sehr wunder- licher Fall zu/ nemlich das Alcandre als er zu Marsillen auff dem Meer seine neun Jahr auß ge- stan den hatte/ wider umb nach Paris kommet/ will in sein altes Losament gehen vnd begehre/ daß man jhme die Thuͤr auffmache: Daruͤber erschrecken Gratilis vnd Clione vber allemassen/ der Altvatter Filandre weiß auch nicht/ was er darzu sol sagen: Er wolte lieber todt seyn/ als solches Vngluͤck er- leben: Er sihet das grosse ergernuß/ daß in seinem Hausse fuͤr gehet vnd weiß nicht/ was er soll anfan- gen/ dañ wie ers mache/ was er auch anfange sihet er wol/ daß es vber vnd druͤber wird gehen. Clione wird sehr daruͤber besturtzt/ dann sie kan jhr die rech- nung selber leichtlich machen/ daß lederman jhr werde Vnrecht geben/ doch hoffet sie es werden die an jhrem Vatter abgangner Brieff vnd Zeugnuß sie entschuldigen vnnd Loß sprechen von aller An- klag/ so man deß wegen wider sie vornehmen moͤge: Auff drr andern Seiten schreyet Floridor auch wi- der Cratilis, sagt/ er sey nicht sein Vatter/ die Ehe/ so er mit seiner Mutter habe angefangen/ sey vnkraͤff- tig vnd vndultig/ dann jr erster Mann sey noch im Leben/ vnd koͤnne wol seyn/ daß er Cratilis selber solche falsche Brieff habe geschrieben. Alcandre wil einmal in sein Hauß vnd Gut vnd das jenige geniessen/ was Cratilis jm mit falschem Titel zuschreibet: Ich lasse euch allhier selber beden- cken/ Diebshistorien/ das II. Buch. cken/ was das fuͤr ein wunderliches gefraͤß vnd ge- werꝛ hat gegeben bey dem Vatter vnd bey der Toch- ter: Dann da kundte sich der Vatter wol ruͤhmen/ daß er zween Tochtermaͤnner hatte/ eben so wol als jener Fuͤrst von Albanien/ aber sie waren nicht sol- che dapffere Helden: Dann zu der zeit der Palla- diner der Rodomons vnd Roges hetten sie sich dar- umb geschlagen/ wer die Clione allein solte haben. Der Fortgang dieses Anschlags gereichet zum besten. Filandre wil lieber etwas/ als alles verlie- ren: Er nimmet Alcandre auff ein seiten vnd sagt zu jhm: Weil er nun mehr auff die neun Jahre sey auß gewesen/ vnnd inn der Welt fuͤr todt gehalten worden/ so sey es gantz vmbsonst/ daß er den Cratilis woͤlle außtreiben/ vnd sein Weib wider haben: Dañ weil er so lang auff den Galeen sey gewesen/ vnnd sie schon deß jetzigen Manns wol gewohnet sey/ wuꝛ- de sie jn nimmer mehr verlassen/ jhn aber allezeit mit einem Schelen Auge ansehen: Derohalben so sey das beste das/ daß er widerumb hinweg ziehe: Man solte jm deßhalben eine sum̃en Gelds geben/ damit allenthalben groß Ergernuß verhuͤtet werde/ vnd der gantzen Freundschafft solcher Schandflecken nicht angehencket werde: Was dann seinen Sohn anlange/ so seye ein Inventarium uͤber alle sein ver- moͤgen auffgerichtet/ welches er bey sich habe/ vnnd wolle er selber seines Enckels Vormunder seyn. Alcandre laͤst sich durch diese suͤsse Wort uͤber- reden/ vnd dieweil er doch sihet/ daß er zu Paris nit hoch wird geehret/ nimmet er jhm fuͤr/ er wolle ein gewisse summen Gelds nehmen/ vnnd widerumb Y iiij nach Beutelschneider/ oder nach Marsilien ziehen/ da er dann gute kundschaffe schon gemacht hatte: Der Kauff wird geschlossen. Er gibt seinen Schwervatter vnd Weib gute nacht Sein Sohn geleytet jhn auß Paris/ vnd redet mit jhm von allem dem Vbel/ das im sein newer Vat- ter zufuge/ halte jhn gar wie ein Bettler vnd losen Schelmen: Alcandre troͤstet jhn vnnd macht jhm Hoffnung/ daß solches nicht lang mehr solle weren: Dann er woͤlle selber sehen/ daß er jhm ein Heu- rath zu wegen bringe. So muͤsse man jm dann sein Gut geben vnd komme er auß einer Dienstbar vnd Leibeigenschafft/ vnd koͤnne alsdann selber Herꝛ seyn Sie hatten auch sonst allerley Gespraͤche mit ein- ander/ vnnd da es an ein abscheiden gienge/ gabe es auff beyden seiten nasse Augen. Dann es thete Flo- ridor uͤber alle massen wehe/ daß ein anderer seines Vatters Ehebett besudeln solte. Floridor kehret nach dem von seinem Vatter genommenen Abscheid widerumb nach Hauß/ vnd wird Cratilis so feind daß er alles mit vnlusten vnd widerwillen thut Befihlet jhm Cratilis sein Stiff- vatter etwas/ so grautzet er darwider/ vnd zeiget mit Worten vnd Geberden an daß er jhm gar feind ist: Er kommet auch auff ein Zeit so weit mit worꝛen an Cratilis, daß er jhm in das Gesicht hinein sagt: er sey ein loser Mann: Er habe falsche Brieff ge- macht vnd geschrieben/ sein Vatter sey gestorben/ er verthut jhm das seinige/ vnnd viel andere Wort mehr: Welche den Cratilis bewegeten/ daß er jhm vornahme/ er wolte solchen seinen Stieffsohn hin- richten lassen/ vnd solte es auch kosten/ was es jm̃er woͤl- Diebs Historien/ das II. Buch. woͤlle: Darzu bewogen jhn aber zwey Stuͤck: Erst- lich der grosse Vngehorsamb/ den jhm sein Stiff- sohn erzeiget: Wie auch das taͤgliche traͤwen/ daß jhm sein Sohn traͤwete er wolte jn bey der Obrigkeit oerklagen: Darnach/ die Hoffnung die er jm mach- te/ daß wann sein Stieffsohn todt were/ er deß alten Filandre vnd deß Alcandre Gut alle mit einander vnd allein koͤnnte haben/ vnd geniessen. Ob er nun diesen erschrecklichen vnd boͤsen Fuͤr- schlag seinem Weib der Clione hab entdecket/ kan ich nit wissen/ vnd hat jederman daran gezweiffelt: Dann weil er hernacher im Gefaͤngnuß sich den Todt selber anthate/ wurde dardurch der Obrigkeit das mittel benommen/ die Warheit solcher That zu erfahren. Was thut aber dieser verzweiffelte boͤse Mensch/ daß er sein boͤsen Anschlag ins Werck setze? Er be- kommet zween Schneider Jungen/ welche fuͤr der Zeit bey jm gearbeitet hatten/ vnd dieweil er sie wol kannte/ daß es gute Droppen waren/ vnnd vmb Gelts willen sich zu solcher That wol solten uͤberꝛe- den lassen/ fuͤhret er sie auff ein Zeit in das Wirts- hauß/ vnd nach dem sie wol getruncken hatten/ er- zehlet er jnen seinen Anschlag/ verheist jhnen auch fuͤnfftzig Cronen/ wann sie solchen Anschlag wolten ins Werck richten vnd machen/ daß man Floridor nimmermehr moͤchte reden hoͤren. Diese beyde erschrecken erstlich uͤber solcher zu- muthung/ jedoch/ als jhnen so viel Geldt wird ver- sprochen/ versprechen sie Cratilis sie wollen sein be- gehren außrichten vnd Floridor, welcher nicht eltel Y als Beutelschneider/ oder als funffzehen Jahr ware/ das Liecht außblassen. Der Kauff wird beschlossen: Kurtze darauff auff einen Feyertag (dann sie hatten gute Kundschafft mit einander) kamen sie zu Floridor / bitten jn/ daß er doch ein weil mit jhnen woͤlle spatziren gehen. Floridor will erstlich nit mit jhnen gehen: Es ist jhm solchs spatzieren gehen gantz vnd gar zu wider/ gleichsam als wann jhm sein Gewissen etwas sage von dem grossen Vngluͤck welches man jm zu rich- tet: Doch lagen sie jhm so lang an/ biß daß er mit jhnen gienge. Sie gehen alle drey der Pforten S. Anthoine hin- auß (vnd ich glaube auch sie haben mit einander zu- vor gessen vnd getruncken) vnnd dieweil sie frische Lufft schoͤpffen woͤllen/ gehen sie in die Weingaͤrten de Charonne, da die zween Schneyder Jungen der Zeit wol in acht nehmen/ vnd als sie sehen/ daß gar niemands vmb sie ist/ schlagen sie jhn mit jhren Degen todt/ geben jhm im Anfang einen solchen starcken streich uͤber den Kopff/ daß er so bald zur Erden sincket/ vnd nider sellet/ schlagen jhn dar- auff vollendts todt/ lassen jhn in den Weingarten liegen/ vnd kehren wider nach Paris/ so frisch als wenn sie einen Trauben gessen hetten. Hierauff ge- hen sie zu Cratilis, vnd wollen den Lohn wegen jrer verrichteten verdamblichen Arbeit haben/ aber sie werden heßlich in jhrer Hoffnung betrogen: Dann da sie vermeinen hundert Cronen/ welche jhnen ver- heissen waren worden/ gab jhn Cratilis nicht mehꝛ als vier vnd zwantzig/ sagte jhnen/ sie solten mit sol- chem Gelt zu frieden seyn. Aber Diebs Historien das II. Buch. Aber diese vnmenschliche Moͤrder wolten dar- mit sich nicht abspeisen lassen/ sondern setzten Gra- tili also zu/ daß er jhnen in vierzehen Tagen noch so viel solt geben/ vnd giengen also darvon: Vnd wie man das boͤse gar leichtlich kan gewohnen/ wann man nur einmal etwas boͤses begehet/ also/ da sie solten jrer arbeit abwarten/ vnd sich wider bey jrem Meister einstellen/ da giengen sie in das Wirtshau- se/ fiengen an zu Fressen vnd zu Sauffen/ vnd als sie all da vnter die Beutelschneyder vnd Diebe gerieh- ren/ erstachen sie jhr ehrliches Handwerck vnd be- gaben sich gar in die Diebsgesellschafft. Clione vnd Gratilis verwunderten sich aber vn- ter dessen gar sehr/ daß jhr Floridor nicht wider ka- me: Vnd wann man sie fragte/ wo er were hin- gegangen/ sagten sie/ er wurde ohn allen zweiffel in ein boͤse Gesellschafft gerathen/ vnd damit darvon gezogen seyn: Oder koͤndte wol seyn/ daß er gen Marsillen zu seinem Vatter were gezogen: Aber Cratilis wuste gar wol/ daß er ein solche Reiß hatte vorgenommen/ daß er nicht wider kommen koͤnnte. Vierzehen Tage verlauffen sich also: Vnd die jenige/ welche den jungen Knaben erschlagen het- ten/ verhoffen/ sie wollen bey Cratilis den uͤbrigen versprochnen Gelt Reft schon gezehlet finden: Aber Cratilis har andere Tauben vnnd Grillen in dem Kopff/ dann es duncket jhn: Deß Floride Geist schwebe jhm stets fuͤr Augen vnd schrey bey Gott vmb Rach wegen dessen an jhm geuͤbten Todschla- ges: Er kan sich in der Haut nicht behalten/ baldt lauffet Beutelschneider/ oder lauffet er hieher bald anderstwo hin/ aber er kan doch kein Ruh in seinem Hertzen haben: Als er aber auff ein zeit/ nach dem Mittag essen ein wenig ist außgegangen/ kommen die zween Meuchelmoͤrder deß Floridor, vnd begehren das uͤberige Gelt/ so er jhnen versprochen habe: Glione sagt sie wisse nicht was sie woͤllen: Haben sie vor der zeit jhnen gear- beitet/ so hette man sie auch bezahlet: Was/ sagt a- ber einer aus diesen zween Schelmen/ wollet jr vns also betriegen/ vnd vmb vnser Gelt sprengen? Bey dem Todt/ ja bey meinem Leben/ ich wils euch nicht vergessen/ ewer Mann mag wol auff sich selber ach- tung haben/ dann wir woͤllen jhn bey der Obrigkeit verklagen. Als die Nachbarn solches Gezaͤnck vnnd Ge- schrey hoͤren/ lauffen sie zusammen/ vnd ist das gar gewiß/ daß wann Cratilis were daheim gewesen/ wuͤrden sie den Todschlag/ darzu er sie beweget hat- te/ fuͤr jedermann offenbaret haben: Aber nach dem alten Sprichwort/ lang geborget ist nicht ge- schencket: Es wird doch endlich offenbar werden: Dann ein Diebstal vnd Mordstuͤck kan man doch in die laͤnge nicht verhelen. Als nun Cratilis widerumb heim kommet/ er- zehlet jhm Glione das Spiel/ das vnder dessen wa- re fuͤrgangen/ welcher aber jhr antwortete/ wann die Schneidergesellen widerkaͤmen/ wolte er sie ge- fangen lassen legen. Lange zeit aber hernacher/ als nun Cratilis mel- nete/ Es were alles vergessen/ were auch kein Mensch inn der Welt/ der es offenbaren koͤndte/ traͤgt es sich zu/ Diebshistorien das II. Buch. zu/ daß auß gerechtem Gericht GOttes diese zween Moͤrder deß Floridor mit andern Raubern einge- zogen werden (dann von der Zeit an/ da sie an Flo- ridor den Mord begangen hatten/ hatten sie kein an- der Handwerck/ als Rauben vnd stelen/ getrieben) vnd als sie auff die Folter gespannet werden/ beken- nen vnd sagen sie/ sie haben zwar das jenige/ dessen man sie anklage/ nicht begangen/ doch erkennen sie Gottes gerechtes Gericht an jnen: Dann sie haben sonst einen erschrecklichen Mord an einem jungen Knaben begangen/ vnd hab sie einer/ genant Crati- lis, darzu angereitzet vnd beweget. Erzehlen auch hierauff der Obrigkeit den gantzen Verlauff/ Zeit vnd alle Vmbstaͤnde solches begangenen Mordes/ wie wir solchen erzehlet vnd beschrieben haben/ vnd klagen allzeit Cratilis an/ daß er sie darzu hab gerei- tzet vnd angefuͤhret. Als nun Cratilis dieses heimlich erfehret/ daß man jhn so hart anklaget/ schweret er/ er wolle die jenige/ so jhn anklagen/ hencken lassen: Fanget auch eine Rechtfertigung mit jhnen an/ klaget sie an/ als haben sie jhn bestohlen/ vnd meinet/ weil er sie selber anklage/ vnd sich zu ihrem Widersacher mache/ wer- de er der Obrigkeit darmit ein Auge verkleyben koͤn- nen/ vnd werde jre wider jn gethane Klag fuͤr nich- tig gehalten werden. Hatte auch seine Sach so ver- schlagen vnd angestellet vnd sagte/ weil er die beyde anklagte/ so wuͤften sie nicht/ was sie wider jn sagen sollen/ wolten jhme derohalben einen solchen Mord aufflegen/ sie moͤchten noch mehr auff jhn liegen/ je- derman wuͤste wol/ wer es were/ vnd wie er sich inn seinem Leben verhalten hette. Durch Beutelschneider/ oder Durch dieses mittel machte Cratilis, daß alle Anklagen der beyden Moͤrder fuͤr nichtig gehalten/ sie aber wegen jhres raubens/ stelens vnd mordens zum Tod vervrtheilet vnd geraͤdert wurden. Als man aber sahe/ daß diese beyde in jhrem todt/ vnnd da jhnen die Seel auff der Zungen schwebete/ noch darauff verharꝛeten vnd bekandten/ Cratilis allein were Vrsacher/ daß sie in solche Suͤnde vnd Hertzenleyd gerahten weren: Er hette sie angereget/ den Floridor todtzuschlagen. Er hette jnen weg vnd mittel solchen mord zu begehen/ gezeiget; Hielte je- derman darfuͤr/ er muste an solchem todschlag auch schuld haben: Wurde auch so bald darauff auff das Chastelet gefangen gefuͤhret/ mit grosser verwun- derung aller der jenigen/ so jn kandten. Ich will euch all hier nichts sagen von dem gros- sen Schrecken vnd Schand/ darinnen Cratilis ge- riethe: dann er sahe sich in Lebensgefahr/ sein eigenes Gewissen klaget jhn an/ vnd warffe jhm heimlicher weisse seine Vndanckbarkeit fuͤr: Niemands duͤrffte fuͤr jhn bitten/ oder die Obrigkeit anlauffen: Dann man sahe es jhm an seinem Angesicht an/ daß ein hoͤher Richter/ als die Menschen/ jhn wegen seiner Suͤnde wolte straffen Ja Cliena, sein eigenes Ehe- weib/ damit sie auch nicht in einen Argwohn kaͤme/ dorffte nit fuͤr jhn bitten Aber die Schand/ so man allezeit will vermeyden/ viel kan zu wegen bringen/ Also da er hoͤret/ daß er lebendig soll geraͤdert/ vnnd hernach verbrennet werden: Also name er jhm fuͤr/ er wolte durch ein anders Vngluͤck solcher Schan- de zuvor kommen. Vnd Diebshistorien/ das II. Buch. Vnd weil er im Gefaͤngnuß einen Strang beka- me/ erhenckete er sich selber/ verlohr also Leib vnnd Seel/ vnd opfferte sich selber allen Teusseln: Die O- brigkeit wurde daruͤber sehr bestuͤrtzet/ aber man ließ nichts desto weniger das wider jhn außgesprochene Todts Vrtheil an jhm vollnstrecken: Wurde also auff einer Hurde an den Galgen Montfaucon ge- schleppet/ damit jederman sehen vnd erfahren moͤchte/ den Mord/ welchen dieser ver- damliche Moͤrder an sich selbsten begangen hatte. ENDE .