Versuch über die Elektricität, worinn Theorie und Ausübung dieser Wissenschaft durch eine Menge methodisch geordneter Experimente erläutert wird, nebst einem Versuch über den Magnet von George Adams königl. großbritannisch. Mechanikus. Aus dem Englischen, mit sechs Kupfertafeln. Leipzig, im Schwickertschen Verlage 1785. Vorrede. Schon die Aufschrift dieses Versuchs zeigt, daß man hier kein vollkommen ausge- führtes System der Elektricität zu erwarten ha- be. Eine ganz vollständige Abhandlung über die Theorie und Praxis der Elektricität würde ein weitläuftigeres Werk und mehr Zeit erfor- dern, als ich darauf zu verwenden im Stande bin. Man ist jetzt allgemein über den Nutzen und die Wichtigkeit der Lehre von der Elektricität einverstanden; und man kann mit Grund ver- muthen, daß man in den künftigen Zeitaltern diese Lehre als die Quelle ansehen werde, von welcher die ersten Grundsätze der Naturkunde abfließen; ihre wissentschaftliche Würde ist daher eben so groß, als ihr Nutzen für die Mensch- heit. Jch habe es nicht unternommen, die Ge- schichte dieser Lehre von ihrem ersten rohen An- Vorrede. fange an zu beschreiben, und dem menschlichen Verstande auf den mannichfaltigen und unre- gelmäßigen Wegen nachzugehen, auf welchen er den Gesetzen und der Quelle der Elektricität nachgeforschet hat. Dies hat unstreitig D. Priestley mit vieler Vortreflichkeit ausge- führet. Unsere Kenntnisse sind noch so einge- schränkt, und die Geheimnisse der Natur so tief verborgen, daß es schwer zu bestimmen bleibt, ob die angenommene Theorie in der Wahrheit gegründet und der Natur gemäß sey, oder ob uns die Physiker der künftigen Zeit als bloße Kinder ansehen werden, die sich mit un- vollkommenen Meinungen und schlecht überdach- ten Hypothesen befriediget haben. Wenn man viele Dinge zusammenmischt, welche wenig oder gar keine Verbindung mit eiander haben, so entsteht daraus natürlich Ver- wirrung. Jch habe mich daher in diesem Ver- suche bestrebt, die wesentlichen Theile der Elek- tricität methodisch und kurz zusammenzufassen und zu ordnen, um dadurch ihre Anwendung leicht, angenehm und dem angehenden Prakti- ker faßlich zu m a chen, und durch Zusammen- stellung aller Versuche, welche zu einerley Fa- Vorrede. che gehören, wechselseitige Erläuterung des ei- nen durch den andern zu bewirken, damit man hierdurch die Stärke oder Schwäche der daraus hergeleiteten Theorien desto besser beurtheilen könne. Und obgleich die Beschaffenheit und die engen Grenzen meines Plans keinen Reich- thum an Bemerkungen und keine umständliche Anführung aller Kleinigkeiten zuließen, so wird doch, wie ich hoffe, wenig Brauchbares und Wichtiges ganz übergangen worden seyn. Da ich mich nicht gern eines Plagiats beschuldiget sehen möchte, so bekenne ich mit Vergnügen die Unterstützung, welche mir ver- schiedene über meinen Gegenstand ausgearbeitete Schriften gewährt habe. Mit uneingeschränk- ter Freyheit habe ich aus diesen Schriften ausgewählt, was ich zu meiner Absicht dien- liches darinn gefunden habe. Besonders ha- be ich Herrn Banks für die Gefälligkeit zu danken, mit welcher er mir die Memoires de l’Academie de Berlin vom Jahr 1780 zum Gebrauch bey meiner Arbeit überlassen hat. Die häufigen Abhaltungen und Störungen, denen ich, als Handelsmann, unterworfen bin, Vorrede. werden mich hoffentlich entschuldigen, wenn meine Leser einige Fehler entdecken sollten, die sie selbst gütigst verbessern werden. Es sey mir noch erlaubt, bey dieser Ge- legenheit dem Publikum bekannt zu machen, daß ich jetzt mit einem Werke beschäftiget bin, in welchem ich die mechanischen Theile der mathematischen und physikalischen Wissenschaf- ten beschreiben, und den mannigfaltigen Ge- brauch der Instrumente mit ihren neuesten Verbesserungen erklären will: welches, wie ich hoffe, die Erlernung der Wissenschaft er- leichtern, und ihren Fortgang befördern soll. Jch werde bey diesem Werke weder Mühe noch Kosten scheuen. Innhalt. Erstes Capitel. Von der Elektricität überhaupt. Seite 1 1. 2. Versuch. Anziehen und Zurückstoßen geriebnen Glases und Siegellacks. 2 Definition der Elektricität. 3 Definition der Erregung der Elektricität. ebend. Elektrische und nicht-elektrische Körper. ebend. 3. 4. – Erläuterung der Definition der Leiter und Nicht-leiter. 4 Unterschied zwischen erregter und mitgetheilter Elektri- cität. ebend. 5. 6. – Entgegengesetzte Elektricitäten. 5 Verzeichniß leitender Substanzen. 6 – elektrischer Körper. 9 Achard’s Meinung über den Unterschied zwischen elek- trischen und nicht-elektrischen Körpern. ebend. Verzeichniß elektrischer Körper, welche verschiedene Elektricitäten hervorbringen. 11 Bergmanns Beobachtungen hierüber. ebend. Zweytes Capitel. Von der Elektrisirmaschine, nebst Anweisungen zu ihrem Gebrauch. 14 Beschreibung der Elektrisirmaschine. ebend. 7. Versuch. Erregung positiver und negativer Elektrici- tät. 16 Wirkung des Küssens. 18 9. – Entgegengesetzte Elektricitäten an einer zerbroche- nen Siegellackstange. 22 Innhalt. 10 Versuch. Elektrische Erscheinungen zwischen dem ne- gativen und positiven Condu cto r. S. 22 11. 12 – Wirkungen des isolirten Küssens, und D. Franklin’s darauf gebaute Theorie. 23 Beschreibung des Ausladers. 25 – des Ausladers mit Gelenk. ebend. – des allgemeinen Ausladers. 26 – einer hölzernen Presse. ebend. – des elektrischen Luftthermometers von Rinners- ley. ebend. – des Quadrantenelektrometers. 27 Townshend’s Elektrometer 28 Drittes Capitel. Die Eigenschaften des elektrischen Anziehens und Zurückstoßens, durch Versuche mit leichten Körpern erläutert. 29 Allgemeine Eigenschaften des Anziehens und Zurück- stoßens. 30 13 Versuch. Der Federbusch. 31 14 – Anziehen und Zurückstoßen der Korkkugeln. ebend. 15 – – – der Fäden. 32 16 – Nollets Reif mit Fäden. ebend. 17. 18 – Tanzende Bilder. 33 19 – Das schwebende Goldblättchen. 35 20 – Das um eine Kugel bewegte Goldblättchen. ebend. 21 – Elektrischer Seiltänzer. ebend. 22 – Elektrischer Fisch. ebend. 23 – Die umlaufende Glaskugel. 36 24 – Elektrisches Glockenspiel. ebend. 25 – Elektrisches Sphäroid. 37 26 – Elektristrte Feder und Glasröhre. 38 27 – Kugeln unter dem Trinkglase. ebend. 28. 29 – Daß die Anziehung durch elektrische Körper wirke. 39 Innhalt. Viertes Capitel. Das Anziehen und Zurückstoßen in Absicht auf die entgegengesetzten Elektricitäten. S. 39 30 – 39 Versuch. Ueber die Wirkungen und die ent- gegengesetzte Beschaffenheit der Elektricitäten. 40 u. f. 40 – 42 – Ueber die abwechselnden Zonen von po- sitiver und negativer Elektricität. 43 u. f. 43 – Ueber die schwingende Bewegung zwischen der Luft und der elektrischen Materie. 45 44 – 52. Ueber das Anziehen, Zurückstoßen und Zusammenhängen geriebner seidner Bänder. 46 u. f. Fünftes Capitel. Vom elektrischen Funken. 50 53 Versuch. Das Funkenziehen. ebend. Ueber die Natur und Entstehung des elektrischen Funkens. ebend. 54 – Die leuchtende elfenbeinerne Kugel. 52 55 – Die leuchtende hölzerne Kugel. ebend. 56 – Hawksbee’s Versuch. 53 57 – D. Príestley’s Versuch. ebend. 58 – Leuchtendes Wasser. 54 59 – Der grüne Funken. ebend. 60 – Die Spiralröhre. ebend. 61 – Leuchtende Buchstaben. 55 62. 63 – Funken an Spitzen. ebend. 64 – Funken von isolirten Personen. 56 65 – Anzünden des Weingeists durch die Elektricität. 57 66. 67 – Phänomene des elektrisirten Dampfs. ebend. 68 – Die Pistole mit entzündbarer Luft. 59 Sechstes Capitel. Von elektrisirten Spitzen. 61 69 – 72 Versuch. Erscheinungen des Lichts an nega- tiv oder positiv elektristrten Spitzen. 61 Innhalt. 73. 74 – Wirkungen einer geriebenen Glasröhre auf diese Erscheinungen. S. 62 75 – Biegung einer Lichtflamme nach verschiedentlich elektrisirten Conductoren. 63 76 – Elektrisches Flugrad. ebend. 77 – dergl. auf einer schiefen Fläche laufendes. 64 78 – Elektrischer Krahn. ebend. 79 – Verschiedne Flugräder. ebend. Vom elektrischen Winde. ebend. Siebentes Capitel. Von der leidner Flasche. 65 80 Versuch. Ladung und Entladung der leidner Fla- sche. 65 81 – Elektrischer Schlag. 66 Bemerkungen über die leidner Flasche. 67 D. Franklin’s Theorie derselben. 68 82 Versuch. Eine isolirte Flasche kann nicht geladen werden. 69 83. 84 – So viel Elektricität aus der äußern Seite heraus geht, eben so viel geht in die innere hinein. 70 85 – Uebergang der Elektricität von einer Seite zur andern. 71 86 – Zwo positiv geladene Flaschen explodiren nicht. ebend. 87 – Zwo verschiedentlich geladene Flaschen schlagen gegen einander. ebend. 88 – Eine negativ entladene Flasche. ebend. 89 – Zwo Flaschen werden zugleich mit entgegenge- setzten Kräften geladen. 72 90 – Eine Flasche mit beweglichen Belegungen. ebend. 91 – Eine fleckenweis belegte Flasche. ebend. 92 – Eine durch Schrot geladene Flasche. 73 93 – Eine bloß inwendig belegte Flasche. ebend. 94 – Eine Flasche mit der Kette. ebend. Innhalt. 95 Versuch. Die doppelte Flasche. S. 74 96. 97 – Kugeln durch die Belegung und den Knopf einer Flasche zu elektrisiren. 75 98 – Die zwischen zwo Flaschen spielende Korkkugel. ebend. 99 – Spiel der Korkkugel zwischen dem Knopf einer Flasche und einer mit der äußern Belegung verbun- denen messingenen Kugel. 76 100 – Korkkugel zwischen zwo mit einerley Kraft ge- ladenen Flaschen. ebend. 101 – Das umgedrehte Flugrad. ebend. 102 – Die geriebene Glastafel. 77 Beschreibung eines verbesserten Apparatus. 78 103 – 106 Versuch. Erscheinungen des Lichts an zu- gespitzten Dräthen beym Laden einer Flasche. 79 107 – Die mit verschiedenen Zonen belegte Flasche. 80 108 – Erscheinungen des Lichts. 81 109 – Geriebnes Glas am Knopfe einer Flasche. 82 110 – Das Leidner Vacuum. ebend. 111 – Der leuchtende Conductor. ebend. 112 – Geladene Flasche im luftleeren Raume. 83 113. 114 Versuch mit einem Wachslichte. ebend. 115 – Mit einer Karte. 84 116 – Mit vier Korkkugeln. ebend. 117 – Mit einem gemahlten Kartenblatt. ebend. 118 – 124. Versuche, welche wider die angenom- mene Theorie streiten. 85 Achtes Capitel. Von der elektrischen Batterie. 87 125 Versuch. Glühend gemachter Drath. 89 126 – Ein Buch Papier zu durchlöchern. ebend. 127 – Mitgetheilter Magnetismus. ebend. 128 – Aufgehobne Polarität des Magnets. ebend. 129 – Schmelzen des Draths. 90 Innhalt. 130 Versuch. Schmelzung des Draths in einer Glas- röhre. S. 90 131 – Merkmale, welche eine Kette zurückläßt. 91 132 – Goldblättchen zu schmelzen. ebend. 133 – Glas zu zerbrechen 92 134 – Gewichte aufzuheben. ebend. 135 – Beschreibung der Lateral-explosion. 93 136. 137 – Ueber die Lateral-explosion. 94 138 – Explosion durch eine Glasröhre mit Quecksil- ber. 95 139 – – – – mit Wasser. 96 140 – Künstliches Erdbeben. ebend. 141 – Verlängerter Drath. 97 142 – Schlag durch Wasser. ebend. 143 – Erzeugung prismatischer Farben. 98 D. Watson’s Versuche über die Distanz, bis auf welche man den elektrischen Schlag fortführen kann. ebend. Volta’s Bemerkungen über Watsons Versuche. 99 Hypothese. 202 Neuntes Capitel. Ueber den Einfluß zugespitzter Ableiter an den Gebäuden. 103 144 Versuch. Das Donnerhaus. 105 145 – 148 – Entladungen durch Kugeln und Spi- tzen. 106 149 – Die bewegliche Blase. 107 150 – Flocken von Baumwolle. 108 151 – Feine Fäden. ebend. 152 – Das herabhängende Bret. 109 Wilsons gabelförmiger Apparatus und Versuche mit demselben. 110 Beobachtungen über den Blitz und die Ableiter. 114 Innhalt. Zehntes Capitel. Ladung einer Luftplatte. S. 121 Beschreibung des Apparatus. 122 152 Versuch. Schlag aus den Bretern. ebend. 153 – Nachahmung des Blitzes. 124 154 – Mit Federn an den Bretern. ebend. 155 – Mit Kleyen auf denselben. 125 156 – Mit einem Lichte an dem einen Brete. ebend. Eilftes Capitel. Vom Elektrophor. 126 157 – 168. Versuche mit dem Elektrophor. 127 169 – Figuren des Harzstaubs auf dem Elektro- phor. 133 170. 171 – Elektrischer Becher. ebend. 172 Elektrische Kanne und Kette. 134 173 – Ronayne’s Versuch mit gerolltem Flanell. ebend. Volta über das unvollkommne Isoliren. 135 Beschreibung des Condensators oder Mikro-elektro- meters. ebend. Gebrauch desselben. 137 Funken aus einer entladnen leidner Flasche. 139 Funken aus einer Maschine, welche vorher kein merk- liches Zeichen einer Elektricität gab. 140 174 Versuch, mit den Condensatoren. 142 175 – mit dem Elektrophor. 143 176 – 178 mit den Condensatoren. 144 179 – Zur Erläuterung eines Theils der Theorie. 148 Zwölftes Capitel. Von der atmosphärischen Elektricität. 151 Des p. Beccaria Apparatus. 152 Wirkungen der Feuchtigkeit in der Luft. 153 Innhalt. Zeichen des sich aufklärenden Wetters. S. 154 Elektrische Nebel. 155 Tägliche atmosphärische Elektricität. 157 Elektricität des Abendthaues. 158 180 Versuch. Erklärung der Elektricität des Thaues. 159 Bemerkungen über den elektrischen Drachen und des- sen Zubereitung. 160 Flasche, um eine Ladung auszubewahren. 162 Atmosphärisches Elektrometer. ebend. Regenelektrometer. 163 Tragbares atmosphärisches Elektrometer. 164 Allgemeine Gesetze aus den Versuchen mit dem elektri- schen Drachen. 166 Achard von der elektrischen Meteorologie. 168 Ebendess. atmosphärisches Elektrometer. 172 Dreyzehntes Capitel. Von der Verbreitung und Zertheilung der flüßigen Materien durch die Elektricität. 178 181 Versuch, mit einer Haarröhre. 179 182 – mit zwo Haarröhren an verschiedentlich elek- trisirten Conductoren. ebend. 183 – Der leuchtende Wasserstrom. 180 184 – Der Feuerregen. ebend. 185 – Ein Gefäß mit mehreren Haarröhren. ebend. 186 – Anziehung eines Wassertropfens. ebend. 187 – Entladung einer Batterie durch einen Wasser- tropfen. ebend. 188 – mit einem Wassertropfen. 181 189 – Ein langer Funken aus Wasser gezogen. ebend. 190 – Feine Fäden aus Siegellak gezogen. ebend. 191. 192 – Elektrisirter Wasserstral. 182 Innhalt. Vierzehntes Capitel. Vom elektrischen Lichte im luftleeren Raume. S. 182 193 Versuch mit einer hohen Glocke. ebend. Beobachtung des Herrn Wilson. 183 194 – Daß die Elektricität sich selbst nicht zurück- stoße. ebend. 195. 196 – Elektrische Erscheinungen im luftleeren Raume. 184 197 – Nachahmung des Nordlichts. 185 198 – Leidner Flasche im luftleeren Raume. 186 199 – Doppelbarometer. ebend. 200 – Grüne Funken im luftleeren Raume. 187. Funfzehntes Capitel. Von der medicinischen Elektricität. 188 Bemerkungen über die Wichtigkeit und den allgemei- nen Einfluß der Elektricität. 188 u. f. 201 Versuch, mit einer Maus. 194 202 – Schlag durch verschiedene Theile des mensch- lichen Körpers. ebend. 203 – Erregung der Elektricität durch Wärme und Kälte. 196 204 – Das Thermometer steigt durch die Elektricität. 197 Apparatus zur medicinischen Elektricität und dessen Gebrauch. 199 Sechszehntes Capitel. Vermischte Versuche und Beobachtungen. 206 205 Versuch im pantheon. 207 206 – Schießpulver zu zünden. ebend. 207 – Beschreibung einer pyramide. 208 208 – Kampher zu entzünden. 209 209 – Baumwolle anzuzünden. ebend. Volta’s Lampe mit entzündbarer’, Luft. ebend. Innhalt. 210 Versuch mit Rinnersley’s Luftthermometer. S. 210 211 – Chrystallistrtes Weinsteinöl. 211 212 – Ein sehr langer Funken. 212 213 – 215. Mit phosphorus. ebend. 216 – von Herrn Achard. 214 217 – Eine Glasröhre zu durchbohren. 216 218 – Das Zaubergemälde. 218 219 – Mit Messingfeile. 219 220 – Ueber dem Rauch. ebend. 221 – Die leuchtende Kette. ebend. 222 – Der leuchtende Auslader. 220 223 – Leuchtende Röhren. ebend. 224 – Die umlaufende Kugel. 221 Herrn Brooke’s Elektrometer. ebend. 225 – Veränderung der Farbe vegetabilischer Säfte 223 Versuche über verschiedene elastische Fluida. 224 226 – von Herrn Marsham. 229 Ueber die Aehnlichkeit zwischen Wärme und Elektrici- tät von Herrn Achard. 230 Versuch über den Magnetismus, worinn die Eigenschaften des Magnets durch viele merkwürdige Versuche erläutert werden. 237 Versuch über die Elektricität. Erstes Capitel. Von der Elektricität überhaupt. Es muß jedem Forscher nach Wahrheit auffallend und befremdend scheinen, daß die Elektricität, diese jetzt allgemein anerkannte Haupttriebfeder bey Hervorbringung der Naturbegebenheiten, so lange Zeit in Dunkel gehüllt und unbekannt geblieben ist; denn kaum wußten die Alten etwas von ihrem Daseyn. Zwar waren ihnen die besondern Eigenschaften dererjenigen Körper, welche wir jetzt idioelektrische (corpora per se ele- ctrica) nennen, nicht gänzlich unbekannt; allein ihre Kenntnisse davon waren sehr unbedeutend, und der Weg, auf welchem sie dazu gelangten, höchst eingeschränkt. Da- her gewann dieses Fach der Naturlehre sehr wenigen Fort- gang, bis endlich der glückliche Zeitpunkt erschien, seit welchem sich die Naturforscher von den Fesseln der Hypo- thesen losgerissen und von der Ungewißheit nichtiger Muth- massungen befreyt haben. Erst damals ward das Daseyn dieser so feinen und in den meisten Fällen unsichtbaren Kraft erwiesen; man ent- deckte viele ihrer Eigenschaften, und fand, daß ihre Wirk- samkeit allgemein, und ihr Einfluß uneingeschränkt sey. Die Elektricität hat das besondere Glück gehabt, die Aufmerksamkeit eines vortreflichen philosophischen Ge- schichtschreibers auf sich zu ziehen, der den Fortgang der Erstes Capitel. Entdeckungen in diesem Fach auf eine sehr angenehme Art beschrieben, die verschiedenen zu Erklärung der elektrischen Erscheinungen erfundenen Theorien angezeigt, dem Pu- blikum viele wichtige von ihm selbst erdachte Versuche mit- getheilt, und das, was in diesem weiten Felde noch zu untersuchen übrig bleibt, richtig angegeben hat Der Verfasser redet von des D. Priestley History of electricity, wovon die deutsche Uebersetzung unter dem Titel: Geschichte und gegenwärtiger Zustand der Elektricität, aus dem Englischen von D. J. G. Krünitz, Berlin und Stralsund 1 772. 4. bekannt ist. A. d. U. . Aber seit der Erscheinung der Priestleyischen Ge- schichte der Elektricität ist dennoch der elektrische Appara- tus aufs neue beträchtlich vermehrt, und eine Menge neuer Versuche angestellt worden. Diese Vermehrungen zu beschreiben, und diese Versuche so zu ordnen, daß daraus die Verbindung zwischen ihnen und der angenommenen Theorie der Elektricität erhelle, dies war eine meiner vor- nehmsten Absichten bey der Ausarbeitung der gegenwärti- gen Schrift. Auch wünschte ich, meinen Bekannten ein Werk in die Hände zu geben, wodurch sie sich in Stand setzen könnten, die elektrischen Maschinen und Geräth- schaften, die ich ihnen empfehle, mit Leichtigkeit und gu- tem Erfolg zu gebrauchen. Da die Lehre von der Elektricität, als Wissenschaft betrachtet, noch in ihrer ersten Kindheit ist, so lassen sich ihre Definitionen und Grundsätze freylich nicht mit geome- tischer Strenge abfassen. Jch werde daher alle positive und entscheidende Aussprüche, so viel möglich, vermeiden. Vielmehr wünschte ich meine Leser zu eigner Untersuchung und Vergleichung der Versuche, und zu eigner Herleitung der Folgerungen aus denselben, zu ermuntern. 1. Versuch. Man reibe eine trockne Glasröhre mit trocknem Sei- denzeuge, und bringe leichte Körper, z. B. Pflaumfe- Von der Elektricität überhaupt. dern, Kork- oder Holundermarkkügelchen gegen dieselbe, so werden diese Körper von der Röhre zuerst angezogen, und hernach zurückgestossen werden. 2. Versuch. Man reibe eine trockne Stange Siegellak, so wird auch diese leichte Körper, die man dagegen hält, zuerst anziehen, und hernach zurückstoßen. Bey beyden vorstehenden Versuchen hat das Reiben eine Kraft in Wirksamkeit gesetzt, welche leichte Körper anzieht und zurückstößt; diese Kraft heißt Elektricität. Man nimmt insgemein an, es sey durch alle Körper eine gewisse natürliche Menge oder ein natürliches Maaß von elektrischer Materie verbreitet, und in diesem natürli- chen Zustande wirkt diese Materi e nicht auf unsere Sinne; wenn aber durch natürliche oder künstliche Mittel dieses Gleichgewicht gestöret, und in den Körper mehr oder weniger gebracht wird, als das natürliche Ma a ß beträgt, so entstehen Wirkungen, die wir elektrische nennen, und man sagt, der Körper sey elektrisirt Von einem Körper, der durch Reiben vermögend gemacht worden ist, elektrische Erscheinungen hervorzu- bringen, sagt man, seine Elektricität sey erreget, oder er sey u r sprünglich elektrisiret (excited). Bernstein, Seide, Harz, trocknes Holz und viele andere Substanzen ziehen, gerieben, leichte Körper an und stossen sie wieder zurück; sie heissen elektrische, ur- sprünglich elektrische Körper (idio-electrica, per se electrica.) Substanzen, deren Reiben dieses Anzie- hen und Zurückstossen nicht bewirkt, z. B. Metalle, Was- ser ꝛc. heissen nicht-elektrische Körper (anelectrica.) Ist die geriebene Glasröhre oder Siegellackstange in gutem Stande, so strömen freywillig Lichtbüschel aus ihr, welche ein sehr schönes Schauspiel darstellen; auch hört man bey Annäherung eines nicht-elektrischen Körpers ein kni- sterndes Geräusch. Erstes Capitel. 3. Versuch. Man lege einen metallenen Cylinder auf seidene Schnüre, oder setze ihn auf Glas, und bringe einen ge- riebenen elektrischen Körper gegen ihn, so werden alle Thei- le des metallenen Cylinders leichte Körper eben so stark an- ziehen und zurückstossen, als der geriebene elektrische Kör- per selbst. 4. Versuch. Man hänge eine trockene Glasstange an seidene Schnüre, oder stelle sie auf Glas, und bringe einen gerie- benen elektrischen Körper dagegen, so wird sich an dem Glasstabe kein Anziehen und Zurückstossen zeigen; weil die Elekricität nicht durch das Glas hindurchgehen kan. Metallische und andere Körper, welche der Elektrici- tät den Durchgang verstatten, werden Leiter oder Con- duktoren genannt. Substanzen, durch welche die Elek- tricität nicht dringen kan, heissen Nicht-Leiter. Ein Körper, welcher mit lauter Nicht-Leitern um- geben ist, heißt isolirt. Hätte man dieses Vermögen gewisser Körper, dem Durchgange der Elektricität durch ihre Substanz und Zwi- schenräume zu widerstehen, nicht entdeckt, so würden die wichtigsten und sonderbarsten Wirkungen der Elektricität unbekannt geblieben seyn. Fast auf allen Seiten dieses Werks wird man Beweise von der Wahrheit dieses Satzes antreffen. Wir sehen aus dem 3ten und 4ten Versuche, daß man isolirten leitenden Substanzen die elektrische Kraft durch geriebene elektrische Körper mittheilen kan, und daß sie alsdann leichte Körpergen eben so, wie die elektrischen selbst, anziehen und zurückstossen. Nur findet sich hiebey der Unterschied, daß ein Leiter, dem man die Elektricität mitgetheilt hat, wenn er von einem andern mit der Erde verbundenen Leiter berührt wird, diese Elektricität auf Von der Elektricität überhaupt. einmal ganz abgiebt, da hingegen ein elektrischer Körper unter eben den Umständen seine Elektricität nur zum Theil verliert. 5. Versuch. Man elektrisire, mit geriebenen Glas oder Siegel- lak, zwo isolirte Korkkugeln, welche an 6 Zoll langen Fä- den hängen, so werden die Kugeln aus einander gehen und sich zurückstossen. 6. Versuch. Man elektrisire die eine Kugel mit Glas, die andere mit Siegellak, so werden sie beyde einander anziehen. Diese beyden so merklich verschiedenen und entgegen- gesetzten Wirkungen der anziehenden und zurückstossenden Kraft der Elektricität, sind erst in der neusten Periode der Geschichte dieser Wissenschaft entdeckt worden. Die durch Reiben des Glases erregte Elektricität wir d die positive, die durch Reiben des Siegellaks hervorge- brachte hingegen die negative genannt. Man glaubte anfänglich, der Unterschied komme von dem elektrischen Körper her, und beyde Arten der Elektricität seyen wesent- lich verschieden; jetzt aber weiß man, daß sich alle beyde sowohl durchs Reiben des Glases als des Siegellaks her- vorbringen lassen. Die Entdeckung dieser unterschiedenen Kennzeichen zwoer Arten von elektrischen Körpern, veranlaßte die Na- turforscher, die elektrischen Eigenschaften der meisten Kör- per durch die Erfahrung zu untersuchen, um zu bestim- men, welche Körper eine positive und welche eine negative Elektricität hätten. Dadurch ist die Anzahl der bekann- ten elektrischen Körper, welche sonst sehr gering war, nun- mehr ausserordentlich angewachsen, wie folgende aus Priestley’s Geschichte der Elektricität und Cavallo’s Erstes Capitel. vollständiger Abhandlung der Lehre von der Elektricität Von Cavallo’s Compleat Treatise on Electricity, London, 1778. 8 ist die deutsche Uebersetzung unter oben an- gegebenem Titel Leipzig 1779. 8. heraus gekommen und 1783 mit einigen Zusätzen vermehrt, wieder aufgelegt worden. A. d. U. genommene Tabelle zeigen wird. Verzeichniß der leitenden Substanzen. 1. Steinartige Substanzen. Steinartige Körper überhaupt leiten sehr gut, wenn sie gleich trocken und warm sind. Kalkstein und frisch gebrannter Kalk sind beydes schlechte Leiter. Marmor leitet weit besser, als Sandstein; auch hat man unter den verschiedenen Proben von Marmor, welche man versucht hat, sehr wenig Unterschied gefunden. Ein großes Stück von weißem Spath, halbdurch- sichtig und ein wenig ins Blaue fallend, leitete kaum im geringsten: man konnte aus dem ersten Leiter der Maschi- ne, während daß es an denselben gehalten wurde, noch immer sehr starke Funken ziehen. Ein halb durchsichtiges Stück Achat nimmt den elek- trischen Funken in seine Substanz auf; doch geht derselbe, wenn er den Finger erreichen kan, auf ¾; Zoll weit über die Oberfläche dieses Steins. Auch kan man dadurch eine Batterie, wiewohl sehr langsam, entladen. Ein Stück Schiefer, dergleichen man gewöhnlich zu Schreibtafeln gebraucht, ist ein weit besserer Leiter als Sandstein, welcher nur schwach leitet. Probirstein leitet sehr gut. Gypsstein und französischer Alabaster leiten sehr gut; nur erhält der letztere einen stärkern Funken, weil er eine glättere Oberfläche hat. Von der Elektricität überhaupt. Schottischer Asbest, so wie er aus seinem Lager kömmt, leitet nicht. Wenn man ihn an den Conduktor der Ma- schine hält, so kan man währender Zeit bey sehr mäßigem Elektrisiren noch immer Funken von einem halben Zoll aus dem Conduktor ziehen. Spanische Kreide leitet eben so stark, als Marmor. Egyptischer Granit leitet weit besser, als Sandstein. 2. Salzige Substanzen. Vitriolöl leitet sehr gut. Die metallischen Salze leiten überhaupt besser, als die Mittelsalze. Kupfer und Eisenvitriol leiten sehr gut, ob sie gleich den Schlag nicht durchlassen. Vitriolisirter Weinstein giebt einen schwachen Fun- ken. Salpeter leitet nicht so gut, als Salmiak. Wenn der elektrische Schlag über seine Dberfläche geht, so zer- schlägt er sich mit beträchtlicher Gewalt nach allen Rich- tungen in sehr viele Stücken. Der flüchtige Salmiak giebt einen schwachen Fun- ken. Steinsalz leitet, doch nicht völlig so gut, als Alaun; der darauf schlagende Funken ist sehr roth. Salmiak übertrift an leitender Kraft das Steinsalz und den Alaun, nimmt aber nicht den geringsten Funken an. Er scheint also aus einer unzählbaren Menge der feinsten Spitzen zu bestehen. Die selenitischen Salze leiten nur wenig. Beym Alaun ist der elektrische Schlag mit einem besondern Laut, wie das Zischen einer Rackete, begleitet. 3. Brennbare Körper. Ein Stück Kies von dunkler Farbe nimmt aus dem ersten Leiter der Maschine bis auf eine beträchtliche Weite Erstes Capitel. Funken an, etwa so, wie die schlechtern Stücken der Kohle. Ein anderes Stück Kies, welches ein Theil einer regelmäßig gestalteten Kugel gewesen ist, und einen me- tallischen Glanz hat, leitet nicht völlig so gut, doch weit besser, als irgend eine andere steinartige Substanz. Es hält das Mittel zwischen Stein und Metall. Wasserbley im Bleystift leitet den Schlag eben so gut, als Metall und Kohle. Ein kleines Bleystift- klümpgen zieht aus dem ersten Leiter einen eben so voll- kommenen und starken Funken, als ein messingener Knopf. 4. Metalle und Minern. Eine mexikanische Goldstufe leitet so gut, daß man kaum einen Unterschied zwischen ihr und dem Golde selbst finden kann. Eine Silberstufe aus Potosi leitet sehr gut, ob sie gleich mit eingesprengtem Kies vermischt ist. Zwo Stufen Kupfererz, die eine so reichhaltig, als man nur irgend eine kennt, die andere nur halb so kupfer- haltig, zeigen kaum den geringsten Unterschied in ihrer leitenden Kraft. Blutstein ist ein sehr guter Leiter. Schwarzer Sand von den afrikanischen Küsten, der sehr eisenhaltig ist, und zum Theil vom Magnet eben so stark, als Stahlfeile, angezogen wird, leitet zwar die Elektricität, aber nicht den Schlag. Sondert man mit dem Magnet alles das ab, was derselbe leicht anzieht, so leitet dieses den Schlag sehr gut; alles übrige leitet fast gar nicht. Auch diejenigen Minern, in welchen die Metalle mit Schwefel oder Arsenik vererzet sind, z. B. Bley- und Zinnerze, oder Zinnober, als das Quecksilbererz, sind et- was schlechtere Leiter, als Gold und Silberstufen. Von der Elektricität überhaupt. Mineralien, welche nichts weiter als metallische Er- de enthalten, leiten wenig besser, als andere Steine. Bley, Eisen, Zinn, Messing, Kupfer, Silber und Gold sind die besten Leiter. 5. Flüßige Materien. Alle Säfte des thierischen Körpers. Alle flüßige Materien, Luft und Oele ausgenom- men. Die Ausflüsse brennender Körper Schnee, Rauch, Dämpfe des heißen Wassers, das Vakuum unter der Glocke der Luftpumpe, Kohlen ꝛc. Elektrische Körper. Bernstein, Glas, Pech und Schwefel; alle Edel- gesteine, als Diamanten, Rubinen, Granaten, Topasen, Hyacinthen, Chrysolithen, Smaragden, Sapphyre, Amethyste, Opale und besonbers die Turmalins: alle Harze und harzige Compositionen, Wachs, Seide, Baum- wolle; alle trockne thierische Substanzen, z. B. Federn, Wolle, Haare ꝛc. Papier, Zucker, Luft, Oel, Chocolat, metallische Kalke, trockne Vegetabilien u. s w. Der innere wesentliche Unterschied zwischen elektri- schen und nicht- elektrischen Körpern gehört zu den noch unentdeckten Geheimnissen der Natur. Nur soviel ist ausgemacht, daß das leitende Vermögen der Körper eini- germaßen von der Wärme abhängt, oder durch dieselbe verändert wird. Glas, Harz und viele andere elektrische Körper werden durch die Hitze in Leiter verwandlet; da hingegen die Kälte, wenn nur keine Feuchtigkeit dabey ist, alle elektrische Substanzen noch stärker elektrisch macht. Herr Achard in Berlin hat in Rozier’s Jo nr nal de physique eine sehr lehrreiche Abhandlung hierüber mit- getheilt, worinn er durch Versuche erweiset: 1) daß ge- wisse Umstände einen Körper, der vorher ein Nicht-Leiter Erstes Capitel. war, zu einem Leiter machen können. 2) Daß diese Um- stände nichts anders sind, als die Grade der Hitze, wel- chen dieser Körper ausgesetzt wird. Er bemüht sich, zu zeigen, daß die vornehmsten Veränderungen, welche bey Verstärkung der Hitze in den Körpern vorgehen, in Ver- größerung der Zwischenräume und in Verstärkung der Geschwindigkeit derer im Körper enthaltenen und auf ihn wirkenden Feuertheilchen bestehen. Hierauf beweiset er, daß der letztere Umstand nichts zu Veränderung der elek- trischen Eigenschaften beytrage, und schließt also, der Eulerischen Hypothese gemäß, daß der Hauptunterschied zwischen Leitern und Nicht-Leitern in der Größe der Zwischenräume zwischen den Bestandtheilen der Körper bestehe. In einer andern wichtigen Abhandlung, welche sich in den Schriften der Berliner Akademie vom Jahre 1779 befindet, zeigt Herr Achard die Aehnlichkeit zwischen der Erregung und den Wirkungen der Elektricität und der Wärme; ingleichen zwischen der leitenden Eigenschaft der Körper und ihrer Empfänglichkeit für die Hitze. Er be- schreibt zugleich ein neues Werkzeug, wodurch man die Menge von elektrischer Materie bestimmen kann, welche von Körpern verschiedener Art, unter übrigens gleichen Umständen, fortgeleitet wird. Mit Hülfe dieses Instru- ments läßt sich mit großer Genauigkeit die Menge von Elektricität bestimmen, welche ein Körper in einer gegeb- nen Zeit verliert, wenn er einen andern nicht elektrisirten Körper berühret. Noch hat er den Erfolg seiner damit angestellten Versuche nicht bekannt gemacht; doch behaup- tet er immer bemerkt zu haben, daß diejenigen Körper, welche den jedesmaligen Grad der Wärme schwer anneh- men und lang behalten, auch die Elektricität schwer an- nehmen und verlieren. Die Beschreibung des erwähnten Instruments wird man weiter unten in diesem Versuche finden. Von der Elektricität überhaupt. Verzeichniß elektrischer Substanzen und der verschiedenen Elek- tricitäten, welche sie beym Reiben erhalten. Katzenhaar positiv Jede Substanz, mit welcher man bisher den Versuch an- gestellet hat. Glattes Glas positiv Jede Substanz, mit der man es bisher versucht hat, das Katzenhaar ausgenommen. Mattgeschliffe- nes Glas positiv Trockner Wachstaffet, Schwefel, Metalle. negativ Wollenzeug, Federkiel, Holz, Papier, Siegellak, weißes Wachs, die Hand. Turmalin positiv Bernstein, Luft. D. h. wenn man mit Blasebälgen barauf bläset. Durch dieses Mittel läßt sich in vielen Körpern die Elektrici- tät erregen; bey einigen noch besser. wenn die darauf ge- blasene Luft warm ist, ob man gleich allemahl nur eine sehr schwache Elektricität erhält. negativ Diamant, die Hand. Hasenfell positiv Metalle, Seide, Magnetstein, Leder, die Hand, Papier, gedörrtes Holz. negativ Andere feinere Felle. Weiße Seide positiv Schwarze Seide, Metalle, schwarz Tuch. negativ Papier, die Hand, Haare, Wie- selfell. Erstes Capitel. Schwarze Sei- de positiv Siegellak. negativ Hasen-Wiesel- und Iltisfelle, Magnetstein, Messing, Sil- ber, Eisen, die Hand. Siegellak positiv Metalle. negativ Hasen- Wiesel- und Iltisfelle, die Hand, Leder, wollen Zeug, Papier. Gedörrtes Holz positiv Seide. negativ Flanell. Viele dem Anscheine nach ganz unbedeutende Um- stände machen Aenderungen in diesen entgegengesetzten Elektricitäten. Man hat behauptet, daß beym Reiben zwoer gleichartigen Substanzen diejenige die negative Elektricität erhalte, welche am stärksten gerieben, oder am meisten erwärmt wird. Dies trifft zwar in vielen Fällen, besonders in Absicht auf seidne Bänder, wirklich zu. Den- noch aber sagt Herr Bergmann, ein schwarzes Band werde nie positiv, wenn nicht das andere, an dem es ge- rieben wird, ebenfalls schwarz sey. Bey Glasstücken ist die Wirkung gerade die entgegengesetzte; denn wenn sie beyde gleich groß sind, so wird das Stück, A, welches über das andere unbewegliche B geführt wird, negativ; B hingegen wird positiv, ob es gleich die stärkste Reibung lei- det. Erwärmung am Feuer thut eben die Wirkung, wie stärkeres Reiben. Ist ein Stück Glas dicker, als das andere, so wird das dickere positiv, das dünnere negativ. Gefärbtes Glas wird, auch erwärmt, negativ, wenn es an gemeinem weißen Glase gerieben wird. Reibt man blaues Glas an grünem, so wird das blaue stark positiv ꝛc. Man s. Bergmanns Abhandlung in den Schriften der königl. schwedischen Akademie der Wissenschaft vom Jah- re 1765. Von der Elektricität überhaupt, Wenn man Haar und Glas an einander reibt, so scheinen die dadurch erzeugten Elektricitäten einander das Gleichgewicht zu halten, und sind also nach der verschie- denen Art des Reibens und nach der Beschaffenheit des Haares verschieden. Reibt man Haare eines lebenden Thieres, oder frisch abgeschnittene Haare mit einer Glasröhre der Länge nach, so werden sie positiv, und das Glas, welches hier die stärkste Reibung leidet, wird negativ. Wird aber die Glasröhre queer über den Rücken des Thieres, oder über ein frisches Fell gezogen, so wird das Glas positiv. Altes trocknes Haar, an Glas oder an frischem Haare ge- rieben, wird allezeit negativ; wenn man es aber ein we- nig mit Talg bestreicht, so thut es eben die Wirkung, wie frisches Haar. Man s. Wilke in den Abh. der königl. schwed. Akad. vom Jahre 1769. Die elektrischen Körper sind in Absicht auf die Leich- tigkeit, mit welcher sich ihre Elektricität erregen läßt, in- gleichen in Absicht auf die Stärke und Dauer ihrer Elek- tricität sehr von einander verschieden. Die Seide scheint in Rücksicht auf ihre lang anhal- tende und starke anziehende und zurückstoßende Kraft den Vorzug vor allen andern elektrischen Körpern zu ver- dienen. Das Glas hat den Vortheil, daß es das elektrische Licht und das Anziehen und Zurückstoßen in einem sehr schnellen Fortgange und stark zeiget, aber ohne lang an- haltende Dauer. Die negativen elektrischen Körper, z. B. Bernstein, Gummilak, Schwefel, Harz und alle harzige Substan- zen zeigen die elektrischen Erscheinungen am längsten und anhaltendsten. Bey günstigen Umständen ist eine einzi- ge Erregung auf viele Wochen hinreichend. Eben diese Zweytes Capitel. Körper sind auch darum merkwürdig, weil sie den Leitern, die mit ihnen in Berührung kommen, eine sehr starke elektrische Kraft mittheilen, und auch diese Mittheilung eine beträchtliche Zeit lang fortsetzen. Zweytes Capitel. Von den Elektrisirmaschinen, nebst Anweisungen zu ihrem Gebrauch. Sobald man die Eigenschaften der Elektricität nur ei- nigermaßen entwickelt hatte, so bestrebten sich Na- turforscher und Künstler, eine Menge Maschinen zu Er- regung und Anhäufung dieser außerordentlichen Kraft an- zugeben und zu verfertigen. Seitdem aber die Kennt- nisse der Elektricität zugenommen haben, und die Gren- zen dieser Wissenschaft erweitert worden sind, hat man diese Maschinen größtentheils wieder auf die Seite gelegt. Jch will daher nur diejenige Elektrisirmaschine beschrei- ben, welche jetzt allgemein im Gebrauch ist. Ihre Ein- richtung ist höchst einfach, und sehr wohl geschickt, die elektrische Materie nicht allein in großer Menge zu erre- gen, sondern auch in einem starken und anhaltenden Strome in den ersten Leiter überzuführen. Taf. I. Fig. 1 und 2. stellen zwo nach dieser allge- mein beliebten Einrichtung gearbeitete Maschinen vor. Beyde werden auf einerley Art aufgestellet und gebraucht; sie sind bloß in Absicht auf den Mechanismus unterschie- den, durch welchen der Cylinder in Bewegung gesetzt wird. In Fig. 2. wird der Cylinder vermittelst zweyer Räder a b, c d umgedrehet, welche durch eine Schnur verbunden sind, von der man bey e und f einen Theil sehen kan; in Fig. 1. hingegen wird er durch eine bloße Kurbel Von den Elektrisirmaschinen. bewegt, welche Einrichtung einfacher ist, und nicht so leicht in Unordnung geräth. Dennoch ziehen viele praktische Liebhaber der Elektricität eine Maschine mit mehrern ver- bundenen Rädern vor. Sie sagen, der Operator werde dadurch nicht so sehr, als durch das Umdrehen der bloßen Kurbel, ermüdet; und eine mäßige Verstärkung der Ge- schwindigkeit des Cylinders vermehre die Bewegung der elektrischen Materie, und bringe in eben derselben Zeit eine größere Menge Materie hervor, daher sie das Küssen nicht so leicht einschlucken könne. Da beyde Maschinen, Taf. I. Fig. 1 und 2. ein- ander so ähnlich sind, so kann ich bey ihrer Beschreibung für beyde einerley Buchstaben gebrauchen. A B C ist das Fußbret der Maschine, auf welchem die beyden Stützen D und E, die den gläsernen Cylinder F G H I tragen, fest aufstehen. Die Axe, an welcher der Cylinder gedrehet wird, ist in zwo Hauben befestigt, welche bisweilen von Messing, bisweilen von Holz, ge- macht werden; an jedes Ende des Cylinders ist eine von diesen Hauben angeküttet, die man in den Figuren bey K siehet. Die in der Haube K befestigte Axe geht durch die Stütze D; ans Ende dieser Axe ist entweder, wie in Fig. 1. eine bloße Kurbel, oder wie in Fig. 2., ein Wür- tel angepaßt. Die Axe der andern Haube läuft in einem kleinen Zapfenloche im obern Theile der Stütze E. OP ist eine Glassäule, welche das Küssen trägt; T, eine messingene Schraube am Fuße dieser Säule, dient den Druck des Küssens gegen den Cylinder zu reguliren; g h i ein Stück Seidenzeug, welches von dem untern Rande des Küssens aus, und über den Cylinder so weit hinweg- geht, daß es fast an den Collector, oder an die einsaugen- den Spitzen des ersten Leiters anstößt. Oben an der Glassäule O P befindet sich ein hölzerner Arm, welcher einen mit dem Küssen verbundenen Conduktor, oder den sogenannten negativen Conduktor trägt. In beyden Fi- guren wird derselbe hart am Küssen anliegend und mit Zweytes Capitel. dem Glascylinder parallel laufend vorgestellt. In Fig. 1 ist er etwas zu weit vorwärts und der Kurbel zu nahe ge- rückt, damit man bey R S etwas davon zu sehen bekom- me; in Fig. 2. sieht man bloß das Ende R S. Y Z, Fig. 1 und 2, ist der positive erste Leiter, oder derjenige, welcher die Elektricität unmittelbar aus dem Cylinder erhält, L M die Glassäule, welche ihn trägt und isolirt, und V X der hölzerne Fuß dieser Glassäule. In Fig. 1 ist dieser Conduktor mit dem Glascylinder parallel gestellt; Fig. 2 aber steht er gegen den Cylinder recht- winklicht; man kan ihm nach Befinden der Umstände, und so, wie es dem Operator am bequemsten fällt, entweder die eine, oder die andere Stellung geben. Soll der negative Conduktor ebenfalls rechtwinklicht gegen den Cylinder, und mit dem Conduktor Y Z, Fig. 2, parallel stehen, so muß er auf ein isolirendes Stativ befestiget, und durch einen unter dem Cylinder hindurch- gehenden Drath mit dem Küssen verbunden werden. 7. Versuch. Man drehe die Maschine, und verbinde das Küssen durch eine Kette mit dem Fußboden des Zimmers, so werden die Körper, welche mit dem positiven Conduktor verbunden sind, positiv elektrisirt werden. Verbindet man hingegen den positiven Conduktor burch eine Kette mit der Erde, und nimmt die Kette vom Küssen hinweg, so werden die Körper, welche mit dem negativen Conduktor verbunden sind, negativ elektrisiret. Die vornehmsten Theile einer Elektrisirmaschine sind folgende: 1) Der elektrische Körper, hier der Glascylinder. 2) Die mechanische Vorrichtung, durch welche der Cylinder bewegt wird. 3) Das Küssen nebst Zubehör. 4) Die zween ersten Leiter. Von den Elektristrmaschinen. Ehe man die Elektrisirmaschine drehet, untersuche man vorher diejenigen Theile, welche durch das Reiben oder durch Schmuz und Sand zwischen den reibenden Flä- chen beschädigt werden könnten, besonders die Axen, wel- che in den hölzernen Stützen D und E umlaufen, und die Zapfen des großen Rades c d Fig. 2. Wenn man das Küssen wegnimmt, so muß der Cylinder vollkommen frey umlaufen. Hört man beym Umdrehen desselben ein Kra- tzen oder ein anderes unangenehmes Geräusch, so suche man die Stelle, von der es herkömmt, wische sie rein ab, und streiche etwas sehr weniges Unschlitt darüb e r. Eben so untersuche man die Axe des großen Rads c d Fig. 2. Gelegentlich lasse man einen Tropfen Oel auf die Axe des Cylinders fallen, untersuche die Schrauben am Gestell und Cylinder, und ziehe sie fester an, wenn sie locker sind. Den Glascylinder wische man sorgfältig ab, um ihn von der Feuchtigkeit zu befreyen, welche das Glas aus der Luft an sich nimmt; insbesondere sorge man dafür, daß an den Enden des Cylinders nichts feuchtes bleibe. Jede daselbst zurückbleibende Nässe leitet die Elektricität aus dem Cylinder in die Stützen ꝛc. Man sorge, daß kein Staub, keine Fäden oder Fa- sern auf dem Cylinder, dem Gestell, den Leitern und den isolirenden Säulen bleiben; sie würden die elektrische Ma- terie nach und nach zerstreuen, und die Wirkung der Maschine schwächen. Man reibe den Cylinder zuerst mit einem reinen dichten, trocknen, warmen leinenen Tuche, oder mit Waschleder, und dann mit einem trocknen, warmen und weichen Stück Seidenzeug; eben so verfahre man mit allen gläsernen isolirenden Säulen der Maschine und des übrigen Apparats: doch müssen diese Säulen, weil sie überfirnißt sind, gelinder als der Cylinder gerieben werden. Bisweilen setzt man auch ein heißes Eisen auf den Fuß des Conductors, um die Feuchtigkeit abzudampfen, welche den Versuchen hinderlich seyn könnte. Zweytes Capitel. Wenn man gute und wirksame Mittel ausfindig machen will, durch eine Elektrisirmaschine die Elektricität stark zu erregen, so muß man sich nothwendig Begriffe von dem Mechanismus machen, durch welchen der Cylin- der die elektrische Materie aus dem Küssen und den damit verbundenen Körpern ausziehet. Jch will daher die Muthmaßungen beyfügen, nach welchen ich selbst gear- beitet habe. Sie haben mich in Stand gesetzt, mit den Maschinen, welche durch meine Hände gegangen sind, allezeit eine sehr starke Elektricität zu erregen. Jch halte dafür, daß da, wo das Küssen genau an den Cylinder anschließt, der Widerstand der Luft ge- schwächt werde, oder eine Art von Vacuum entstehe. Vermöge der Gesetze aller elastischen flüßigen Materien dringt die elektrische Materie dahin ein, wo sie den we- nigsten Widerstand findet; in dem Augenblicke also, da der Cylinder das Küssen verläßt, strömt elektrische Ma- terie in Menge aus. Je vollkommner nun die Berüh- rung ist, und je schneller sie aufgehoben wird, desto größer ist die Menge der aus dem Küssen ausgehenden Materie. Da aber die elektrische Materie in diesem Zustande begie- rig in jede in der Nähe befindliche leitende Substanz ein- dringt, so wird, wofern einiges Amalgama über der Stel- le des Kissens liegt, die der Cylinder berührt, dasselbe einen Theil der elektrischen Materie in sich nehmen und in das Behältniß, aus welchem er gekommen ist, zurück- führen. Sind diese Muthmaßungen gegründet, so muß man, um die Elektricität durch eine Maschine stark zu erregen. 1) Die Theile des Küssens aussuchen, welche von dem Glascylinder gedrückt werden. 2) Das Amalgama nur allein auf diese Theile streichen. 3) Die Berührungslinie zwischen dem Cylinder und dem Küssen so vollkommen, als möglich, machen. Von den Elektrisirmaschinen. 4) Die gesammlete elektrische Materie vor der Zer- streuung bewahren. Um das Jahr 1772 versuchte ich, auf die Vorder- seite des Küssens einen lockern ledernen Lappen zu legen; das Amalgama ward über den ganzen Lappen gestrichen, das Küssen an den gehörigen Ort gestellt, und der lederne Lappen mehr oder weniger niederwärts oder vielmehr ein- wärts gebogen, bis ich durch wiederholte Versuche end- lich die Stellung fand, in welcher die Wirkung am stärk- sten war; denn durch dieses Mittel ward die Menge des gegen den Cylinder wirkenden Amalgama vermindert. Na- türlich führte mich dies darauf, die Breite des Küssens zu vermindern, und es so zu stellen, daß man es leicht erhö- hen oder erniedrigen konnte. Die Vortheile, welche ich durch diese Methode er- hielt, wurden durch die Erfindung eines sinnreichen Na- turforschers noch mehr vergrößert. Dieser leimte ein Stück Leder an ein großes Stück Kork, strich sein Amal- gama auf das Leder, und rieb damit die Zone des Glas- cylinders, welche gegen das Küssen drückte. Durch diese vortrefliche Erfindung wird die Berührungslinie zwischen dem Cylinder und dem Küssen sehr vollkommen, die klei- nern Zwischenräume des Glases werden mit dem Amal- gama ausgefüllt, und die überflüßigen Theile desselben se- tzen sich an das Küssen ab. Beccaria giebt an, das so auf der Oberfläche des Glases haftende Amalgama bilde eine ununterbrochene Reihe von leitenden Theilchen, welche die elektrische Ma- terie in den ersten Leiter, und unter gewissen Umständen wieder zurück in das Küssen führten. Ein anderer scharfsinniger Kenner der Elektricität bestimmt die Berührungslinie zwischen Cylinder und Küs- sen dadurch, daß er mit aufgelöseter weißer Farbe eine Li- nie auf dem Cylinder zieht: beym Umdrehen setzt sich diese Farbe ans Küssen ab, und bezeichnet die Stellen, welche ge- gen den Cylinder drücken. Das Amalgama wird alsdann Zweytes Capitel. bloß an die Stellen gestrichen, welche von der weißen Far- be bezeichnet sind. Beyde Methoden führen zum Zweck. Wählt man die erste, so darf man kein Amalgama auf das Küssen streichen; das auf den Cylinder geriebene und von demsel- ben beym Umdrehen auf das Küssen abgesetzte, ist schon hinreichend, eine erstaunliche Menge elektrische Materie hervorzubringen. Wenn man den Cylinder mit dem amalgamirten Leder reiben will, so muß man das Stück Wachstaffet oder schwarzen Taffet, welches über dem Küssen liegt, zurückschlagen, und wenn zufälliger Weise einige Theilchen Amalgama daran kleben, dieselben sorg- fältig abwischen , Wenn die Elektricität des Cylinders schwächer wer- den will, so kann man sie leicht von neuem verstärken, wenn man den darüber liegenden Taffet zurückschlägt, und dann den Cylinder mit dem amalgamirten Leder reibt. Ein wenig Unschlitt über das Amalgama gestrichen, verstärkt, wie man gefunden hat, das elektrische Vermö- gen des Cylinders. 8. Versuch. Wenn der Cylinder stark in Wirkung gesetzt ist, so geht eine Menge runder leuchtender Stralen aus dem Küssen; hält man aber eine Reihe metallischer Spitzen dagegen, so verschwinden sie wieder. Die leitende Sub- stanz des Metalls saugt die elektrische Materie ein, noch ehe sie die Gestalt dieser Stralen annehmen, oder sich in die Luft zerstreuen kann. Wir sehen hieraus, daß man, um den Verlust der erregten elektrischen Materie zu verhüten, die Luft abhal- ten müsse, auf die Materie zu wirken, welche durch die Erregung in Bewegung gesetzt wird. Denn die Luft wi- dersteht nicht allein dem Ausgange der elektrischen Mate- rie, sondern sie zerstreut auch die gesammlete Materie wie- Von den Elektrisirmaschinen. der vermittelst der leitenden Stäubgen, welche jederzeit in ihr herumfliegen. Diese Absichten werden nun sehr glücklich erreicht, wenn man eine nicht leitende Substanz von der Berüh- rungslinie an bis an die einsaugenden Spitzen des ersten Leiters gehen läßt, und diese Spitzen in ihre Atmosphäre setzt. Ist kein Amalgama auf das Küssen gestrichen, so ist ein bloßes Stück schwarzer Taffet, allenfalls ganz leicht mit Wachs imprägnirt, hinreichend. Man befe- stiget es an den untern Rand des Küssens, und läßt es bis an die einsaugenden Spitzen des Conduktors gehen. Ist aber das Amalgama auf dem Kissen, so thut ein Stück Wachstaffet die besten Dienste. Einer meiner Freunde erzählte mir, er habe vor ei- nigen Jahren ein Stück schwarzen Seidenzeug gebraucht, und dasselbe über und über mit einem mit ein wenig Wachs vermischten Amolgama imprägnirt, welches er mit einem Schwamm in die Seide eingerieben habe. Sey die Kraft der Maschine unter währendem Gebrauch schwächer geworden, so habe er sie dadurch wieder ver- stärkt, daß er den amalgamirten Schwamm an den Cy- linder gehalten und denselben umgedrehet habe. Oft ist es sehr vortheilhaft, den Wachstaffet oder Seidenzeug vorher zu trocknen, ehe die Maschine ge- braucht wird. Man muß nicht eher glauben, daß die Maschine in gutem Stande sey, als bis sie das elektrische Licht in gros- ser Menge ausströmt, und man aus dem Conductor starke, dichte und schnell auf einander folgende Funken erhält. Wird der Conductor weggenommen, so muß das Feuer rund um den Cylinder leuchten und viele schöne leuchtende Büschel auswerfen. Man schätzt gegenwärtig besonders zwo Arten von Amalgama. Die eine besteht aus fünf Theilen Quecksil- ber, und einem Theile Zink mit ein wenig Wachs zusam- mengeschmolzen: die andere ist das in den Kaufläden zu Zweytes Capitel. habende Aurum musivum. Nach vielfältigen Proben finde ich es dennoch schwer zu entscheiden, welche Art die beste sey. Der nachfolgende Versuch scheint die vorhergegange- nen Muthmaßungen über den Mechanismus, durch wel- chen die elektrische Materie aus dem Küssen und den da- mit verbundenen Körpern gezogen wird, zu erläutern und zu bestätigen. 9. Versuch. Man zerbreche eine Stange Siegellak in zwey Stü- cken; so werden die beyden Enden auf dem Bruche, die sich vorher berührten, entgegengesetzte Elektricitäten zei- gen; das eine wird positiv, das andere negativ elektrisirt seyn. Iede Elektrisirmaschine muß mit einem isolirten Küssen und mit zween Conductoren, einem zur positiven, dem andern zur negativen Elektricität, versehen seyn; auf diese Art kann man beyde Elektricitäten nach Gefallen hervorbringen, eine größere Anzahl Versuche anstellen, und die Eigenschaften der elektrischen Materie leichter erklären. 10. Versuch. Man verbinde den positiven Conductor durch eine Kette mit dem Tische, und drehe den Cylinder, so wird man das Küssen negativ elektrisiret finden. Nun nehme man die Kette von dem positiven Conductor hinweg, so werden beyde, der Conductor und das Küssen, Zeichen der Elektricität von sich geben; aber jeder elektrisirte Körper, der von dem einen angezogen wird, wird von dem andern zurückgestoßen werden. Bringt man beyde nahe genug an einander, so werden Funken zwischen ihnen entstehen, und sie werden auf einander selbst stärker, als auf andere Körper, wirken. Verbindet man sie mit einander, so Von den Elektrisirmaschinen. werden sich beyder Elektricitäten unter einander aufheben; denn, obgleich die Elektricität aus dem Küssen in den Con- ductor überzugehen scheinet, so werden doch beyde, wenn sie verbunden sind, kein Zeichen der Elektricität von sich geben, weil die elektrische Materie beständig von einem zum andern circuliret, und allezeit in eben demselben Zustande bleibt. Wir sehen aus diesem Versuche, daß die elektrischen Erscheinungen sowohl in dem elektrischen Körper, welcher gerieben wird, als auch in der Substanz, mit welcher man ihn reibt, entstehen, wofern nur diese Substanz iso- lirt ist; aber beyder Elektricitäten sind einander gerade entgegengesetzt, und geben sich durch entgegengesetzte Wir- kungen zu erkennen. 11. Versuch. Sind der Conductor und das Kissen beyde isolirt, so erhält man desto weniger elektrische Materie, je vollkom- mener die Isolirung ist. Die Feuchtigkeit, welche sich zu allen Zeiten in der Luft befindet, und die seinen spitzigen Fasern, von welchen man das Küssen unmöglich ganz befreyen kan, lassen keine vollkommene Isolirung des Küssens zu, und machen, daß der elektrischen Materie immer noch einiger Zugang zu demselben übrig bleibt. Wenn die Lust und die andern Theile des Apparatus sehr trocken sind, so wird man unter den oben beschriebe- nen Umständen wenig oder gar keine Elektricität erhalten. Man hat aus diesem Versuche geschlossen, daß die elektrische Materie nicht blos in den elektrischen Körpern selbst liege, sondern durch das Reiben derselben aus der Erde gezogen werde; oder, daß die elektrische Materie des ersten Leiters nicht durch das Reiben des Cylinders am Küssen hervorgebracht, sondern nur durch diese Ope- ration aus dem Küssen und den damit verbundenen Kör- pern gesammlet werde. Zweytes Capitel. Da D. Franklin diesen Gedanken, daß die elektri- sche Materie aus der Erde gesammlet werde, zuerst auf- gebracht hat, so habe ich hier den Versuch, der ihn auf diese Schlußfolge leitete, nach seiner eignen Erzählung beyfügen wollen. 12. Versuch. 1) Man lasse eine Person auf Pech treten und eine Glasröhre reiben, eine andere aber, die ebenfalls auf Pech stehet, einen Funken aus derselben ziehen, so wer- den beyde (wofern sie nur nicht so nahe stehen, daß sie einander berühren) gegen eine dritte Person, welche auf dem Boden des Zimmers stehet, Zeichen der Elektricität von sich geben. 2) Wenn aber die auf Pech stehenden Personen einander selbst während des Reibens der Röhre berühren, so findet sich bey keiner von beyden ein Zei- chen einer Elektricität. 3) Wenn sie einander nach dem der Reiben der Röhre berühren, und wie vorher einen Funken ausziehen, so wird der Funken zwischen ihnen beyden stärker seyn, als der Funken zwischen einem von ihnen und einer auf dem Boden stehenden Person. 4) Nach diesem starken Funken wird sich an keinem von bey- den weiter einige Elektricität zeigen. Von diesen Erscheinungen giebt er folgende Erklä- rung. Er nimmt an, die elektrische Materie sey ein ge- meinschaftliches Element, von welchem jede dieser drey Personen, ehe das Reiben der Nöhre anfieng, ein gleich großes Maaß gehabt habe. A, welcher auf Pech steht, und die Röhre reibt, giebt seine eigne elektrische Materie an das Glas ab, und da seine Verbindung mit der Erde durch das Pech abgeschnitten ist, so wird dieser Verlust seinem Körper nicht sogleich wieder ersetzet. B, der eben- falls auf Pech stehet, nimmt, indem er den Knöchel sei- nes Fingers längst der Röhre hinführet, die aus dem Kör- per des A gesammlete Materie an sich, und behält diesen Ueberschuß, weil er isolirt ist. C, der auf dem Boden Von den Elektrisirmaschinen. steht, findet sie also beyde elektrisiret; denn da er nur die mittlere Quantität elektrischer Materie in sich hat, so er- hält er einen Funken bey der Annäherung an B, welcher Ueberschuß hat, und giebt einen Funken an A, welcher Mangel hat. Nähern sich A und B einander selbst, so ist der Funken stärker, weil der Unterschied zwischen beyden größer ist. Nach der Berührung zeigen sich keine Funken mehr zwischen ihnen und C, weil die elektrische Materie bey allen wieder zu ihrer ursprünglichen Gleichheit zurückgekommen ist. Berühren sie einander währendem Reiben, so wird die Gleichheit nicht gestört, die Materie geht nur aus dem einen in den andern über. Man sagt daher, B sey posi- tiv, A negativ elektrisiret. Beschreibung einiger Theile der elektrischen Geräthschaft. Taf. II. Fig. 1. zeigt den gewöhnlichen Auslader (discharging rod, excitateur); er wird insgemein von meßingenem Drath gemacht, und ist an beyden Enden mit Knöpfen oder Kugeln versehen. Will man eine Leidner Flasche damit entladen, so nimmt man den halbkreisför- migen Theil in die Hand, setzt die eine Kugel an die Be- legung der Flasche, und bringt die andere gegen den Knopf des ins Innere der Flasche gehenden Draths. Es wird alsdann eine Explosion entstehen, und die Flasche entladen werden. Taf. II. Fig. 2 ist ein Auslader mit einem Char- nier und gläsernen Handgrif. Man kan vermittelst des Charniers C seine beyden Schenkel bewegen, und in jede beliebige Entfernung stellen. Die Enden dieser Schenkel sind spitzig; man kan aber die Kugeln a, b über die Spi- tzen schrauben, und nach Gefallen wieder abnehmen; so daß man, je nachdem es erforderlich ist, entweder die Ku- geln oder die Spitzen gebrauchen kan. Zweytes Capitel. Taf. II. Fig. 3. zeigt den allgemeinen Auslader, ein Instrument von sehr ausgebreitetem Nutzen, wenn man Verbindungen machen will, um den elektrischen Schlag durch einen Theil eines gegebenen Körpers zu führen. Es werden im folgenden viele Beyspiele von dem Gebrauche dieses Werkz e ugs vorkommen. Wenn dieser allgemeine Auslader e t was groß gemacht wird, so übertrift er alle andere Werkzeuge, die man bisher angegeben hat, um sich selbst elektrisiren zu können. A B ist der hölzerne Fuß des Instruments; auf diesem stehen zwo senkrechte Glas- säulen C D, auf deren jede eine meßingene Kappe geküttet ist. An diesen Kappen besindet sich ein doppeltes Char- nier, das man sowohl vertical als horizontal drehen kan; oben an jedem Gelenk ist eine fe d ernde Röhre, in welche man die Dräthe E T, E F stecken kan. Diese Dräthe lassen sich in jede beliebige Entfernung von einander stel- len, und nach allen Richtungen d r ehen. Ihre Enden sind zugespitzt, man kan aber an die Spitzen erforderlichen Falls die meßingenen Kugeln stecken, welche durch eine Feder mit einem Drucker daran befestiget werden. G H ist ein kleines hölzernes Tischgen, auf dessen oberer Fläche ein Streif Elfenbein eingelegt ist: dieses Tischgen hat einen cylindrischen Fuß, welcher in die Höhlung der Säule I passet; man kann es nach Befinden der Umstände höher oder niedriger stellen, und in jeder Stellung durch die Schraube K befestigen. Tas. II. Fig. 4. ist eine kleine hölzerne Presse, mit einem Stiele versehen, der in die Höhlung der Säule I Fig. 3. passet, und in dieselbe gesteckt werden kann, wenn man das Tischgen G H weggenommen hat. Die Presse besteht aus zwey Bretgen, welche durch die Schrauben a a hart an einander ge d rückt werden. Taf. II. Fig. 5. ist des Herrn Rinnersley elektri- sches Luftthermometer. a b ist eine Glasröhre, an jedem Ende mit einer angekütteten meßingenen Kappe ver- Von den Electrisirmaschinen. sehen; c d eine engere an beyden Enden offene Glasröhre, welche durch die obere Platte hindurch geht, und bis nahe an die untere Platte reicht; an den obern Theil dieser Röh- re ist eine buchsbäumene Scale befestiget, und in Zolle und Zehntheile getheilt; g ist ein meßingener Stab mit einem Knopfe, den man in die untere Platte einschraubet. Ein anderer ähnlicher Stab f h geht vermittelst eines luftdichten Leders durch die obere Platte, und kan in jede beliebige Entfernung von dem untern Stabe gestellt wer- den. Die Liebhaber der Elektricität haben schon längst ein Instrument gewünscht, wodurch man auf eine genaue und bestimmte Art den Grad der Stärke der Elektricität bey jedem Versuche finden könnte. Man hat in dieser Absicht sehr viele Vorschläge gethan und ausgeführt, die aber bey angestellten Proben alle mangelhaft befunden worden sind. Herr Achard, der diese Materie sehr aufmerksam untersucht hat, verlangt von einem Elektrometer fol- gende Eigenschaften. 1) Daß es einfach und nicht aus vielen Theilen zu- sammengesetzt sey. 2) Daß die Veränderungen der Atmosphäre nicht darauf wirken. 3) Daß es eben sowohl kleine als große Grade der Elektricität anzeige. 4) Daß es sich auf kein willkührliches Maaß beziehe. 5) Daß die Stärke der Elektricität durch eine be- stimmte unveränderliche Kraft, z. B. durch die Schwere, ausgedrückt werde. 6) Daß der Observator die Theilungen bis auf eine gewisse Entfernung sehen könne, wodurch verhindert wird, daß er den Einfluß der Elektricität nicht durch die Annä- herung seines Körpers schwächen kan. Taf. II. Fig. 6 stellt das Duadranten-elektrome- ter vor, welches unter den bisher erfundenen Instrumen- Zweytes Capitel. ten dieser Art das brauchbarste ist, theils um den Grad der Elektricität eines Körpers zu messen, theils die Stärke der Ladung vor der Explosion zu bestimmen, theils auch den Zeitpunkt genau zu bemerken, in welchem sich die Elektricität einer Flasche verändert, wenn sie ohne Explo- sion entladen wird, indem man ihr eine gewisse Quantität von der entgegengesetzten Elektricität mittheilet. Die Säule L M wird insgemein von Holz, der graduirte Bo- gen N O P von Elfenb e in, der Stab R S aber von sehr leichtem Holze mit einer Holundermarkkugel am Ende, ge- macht; der letztere dreht sich um den Mittelpunkt des Halbkreises so, daß er allezeit nahe an der Oberfläche desselben bleibt; das Ende der Säule L M kann entweder an den Conductor oder an den Knopf einer Flasche ange- passet werden. Wenn der Apparatus elektrisirt ist, so wird der Stab von der Säule zurückgestossen, bewegt sich längst am getheilten Bogen des Halbkreises hin, und be- zeichnet den Grad, bis auf welchen der Conductor elektri- siret, oder bis auf welchen die Ladung der Flasche gestie- gen ist. Beccaria räth an, den Zeiger zwischen zween Halb- kreisen zu befestigen, weil er, wenn er nur an einem ein- zigen Halbkreise gehe, von der Elektricität desselben zurück- gestoßen werde, und sich nicht frey bewegen könne. Noch andere Verbesserungen und Veränderungen dieses Instru- ments werden wir unten beschreiben. Taf. II. Fig. 9 ist ein schon vor vielen Jahren von Herrn Townshend erfundenes Elektrometer, um die jedesmalige Stärke der elektrischen Explosion zu messen. a b ist eine kleine elfenbeinerne Platte, c ein locker gestell- ter elsenbeinerner Kegel, der auf die Platte a b gesetzt wird; e f g eine runde Scheibe, welche sich ganz frey in zwoen Spitzen drehen kan; aus dieser Scheibe geht der hölzerne Arm d hervor, und liegt auf dem elfenbeinernen Kegel c auf. Man läßt den entladenden Schlag unter d em Kegel durchgehen, so daß er den Arm d in die Höhe Von den Elektrisirmaschinen. wirft; der Zeiger h bemerkt die Höhe dieses Wurfs. An dem einen Ende des Fußbrets i ist eine seidne Schnur be- festiget, welche über die Scheibe e f g geleitet, und am andern Ende mit einem Gegengewichte k beschweret ist, um die Friktion der Scheibe zu reguliren. Fig. 8 ist ein isolirendes Stativ, dessen Füsse von Glas sind. Beym Gebrauch wird die Iso l irung voll- kommener seyn, wenn man einen recht trocknen Bogen Papier unter die Füsse des Stativs leget. Drittes Capitel. Eigenschaften des elektrischen Anziehens u nd Zu- rückstoßens, durch Versuche mit leichten Körpern erläutert. Das starke Anziehen und Zurückstossen war das erste, was die Naturforscher auf die Natur der Elektrici- tät aufmerksam machte. Diese räthselhaften Eigenschaf- ten veranlassen so mannigfaltige und so angenehme Er- scheinungen, daß man sich gleichsam durch eine Zauber- kraft zu weitern Untersuchungen fortgerissen fühlte, welche auch durch die wichtigsten Entdeckungen hinreichend be- lohnt wurden. Man hat mit dem eifrigsten Bestreben alle Kräfte des Genies aufgeboten, um die Ursachen dieser Eigen- schaften zu entdecken; allein wir müssen leider bekennen, daß sie noch immer ins tiesste Dunkel gehüllt bleiben, und daß wir uns in Absicht auf den Mechanismus, durch wel- chen leichte Körper, wenn sie elektrisiret werden, sich ein- ander nähern oder von einander entfernen, fast gänzlich in Unwissenheit befinden. Drittes Capitel. Eine Untersuchung der Schwierigkeiten, in welche diese Materie verwickelt ist, würde mich zu weit von der Absicht des gegenwärtigen Werks entfernen; ich gehe da- her sogleich zur Erzählung der allgemeinen Eigenschaften oder Wirkungsarten fort, welche man bey dem elektrischen Anziehen und Zurückstoßen bemerkt, und werde hernach die Versuche beschreiben, aus welchen man diese Eigen- schaften hergeleitet hat, oder durch welche man sie erläu- tern kan. Allgemeine Eigenschaften des elektrischen Anziehens und Zurückstoßens. 1) Wenn die elektrische Materie in Bewegung ist, so setzt sie leichte Körper in diejenige Stellung, in welcher sie dieselben am leichtesten und geschwindesten durchdringen kann; und dieß im Verhältniß des Gewichts der Körper, ihrer leitenden Kraft und des Zustands der Luft. 2) Positiv elektrisirte Körper stoßen einander zurück. 3) Negativ elektrisirte Körper stoßen einander eben- falls zurück. 4) Körper, welche auf entgegengesetzte Art elektrisi- ret sind, ziehen einander stark an. 5) Elektrisirte Körper ziehen nichtelektrisirte Sub- stanzen an. 6) Substanzen, welche in den Wirkungskreis elek- trisirter Körper gebracht werden, erhalten die entgegenge- setzte Elektricität. Oder: Elektrisirte Substanzen wirken auf andere in ihrer Nachbarschaft befindliche Körper und bringen in ihnen diejenige Elektricität hervor, welche ihrer eignen entgegengesetzt ist, ohne jedoch dadurch etwas von ihrer eignen Elektricität zu verlieren. Oder auch: Kör- per, welche in eine elektrische Atmosphäre kommen, erhal- ten allezeit diejenige Elektricität, welche der Elektricität des Körpers, in dessen Atmosphäre sie sich besinden, ent- gegengesetzt ist. Elektrisches Anziehen und Zurückstoßen. 13. Versuch. Man stecke das Ende A des Draths A B, Fig. 10, in die kleine Oeffnung, welche sich am Ende des ersten Conductors befindet, und drehe den Cylinder, so werden sich die Federn, welche durch leinene Fäden mit dem Dra- the verbunden sind, von einander trennen; die saserigten Theile derselben werden auffchwellen, und sich auf eine an- genehme Art nach allen Richtungen ausbreiten. Man bringe nunmehr eine metallische Spitze, den Finger, oder einen andern leitenden Körper gegen die Fe- dern, so werden die faserigten Theile derselben sogleich zu- sammenfallen, die Federn werden nicht mehr auseinander gehen, sondern zusammenkommen und sich an den leiten- den Körper hängen. Die Ursache dieser Entfernung der Federn von ein- ander und ihres Strebens gegen leitende Körper ist das Bestreben der ihnen mitgetheilten Elektricität, sich aus- zubreiten, und der Widerstand, den dasselbe in der Luft antrift. 14. Versuch. Man stecke das Ende C des Draths C D, Fig. 11, in die Oefnung am Ende des Conductors, und drehe die Maschine, so werden die beyden Kügelchen c d aus einan- der gehen. Man bringe einen leitenden Körper in ihren Wirkungskreis, so werden sie gegen denselben fliegen. Man berühre den Conductor mit einem leitenden Körper, so werden sie sogleich zusammen kommen. Die Kugeln gehen nicht allezeit so weit aus einan- der, als man von der Wirkung ihrer Atmosphären erwar- ten sollte, weil die Atmosphäre des Conductors Einfluß auf sie hat. Die Kugeln und Federn werden die nämlichen Er- scheinungen zeigen, wenn sie mit einem negativ elektrisir- ten Conductor verbunden werden. Drittes Capitel. 15. Versuch. Man halte einen feinen Faden gegen einen elek t ri- sirten Conductor; wenn man in die gehörige Entfernung kömmt, so wird der Faden gegen den Conductor fliegen, an demselben hängen bleiben und die elektrische Materie daraus in die Hand führen. Man ziehe den Faden ein wenig vom Conductor ab, so wird er sehr schnell und auf eine sehr angenehme Art rückwärts und vorwärts fliegen. Man halte eben diesen Faden gegen einen andern, der vom Conductor herabhängt, so werden beyde einander an- ziehen und an einander hängen bleiben. Man bringe einen leitenden Körper, z. B. eine messingene Kugel, ge- gen diese Fäden, so wird diese Kugel den mit der Hand gehaltenen Faden zurückstoßen, den am Conductor befe- stigten aber anziehen. Der obere Faden nämlich macht die messingene Kugel negativ, und geht also auf sie zu; der untere hingegen, der ebenfalls negativ ist, wird von ihr zurückgestoßen. Bringt man die Kugel an den un- tern Theil des untern Fadens, so wird dieser von ihr an- gezogen. Das Anhängen beyder Fäden an einander kömmt von dem Bestreben der elektrischen Materie, sich durch beyde zu verbreiten. 16. Versuch. An dem innern Rande des messingenen Ringes b c d Fig. 12., sind in gleichen Entfernungen von einander, sechs bis sieben Fäden, etwa vier Zoll lang befestiget; unten an dem Ringe ist ein Drath, der in die Höhlung des Stativs D passet; z e ist ein messingener Stab, an dessen Ende einige kleine Fäden befestiget sind. Man ste- cke das andere Ende des Stabs in die am Ende des Con- ductors befindliche Oefnung, stelle den Ring b c d recht- winklicht gegen den Stab z e, und gerade über die Fä- den am Ende z, und drehe die Maschine, so werden die am Ringe befindlichen Fäden von denen am Stabe z e Elektrisches Anziehen und Zurückstoßen. befestigten angezogen werden, und beyde werden gegen einander s t reben, und eben so viele Halbmesser des Cir- kels, als Fäden sind, vorstellen. Die elektrische Materie geht aus den Fäden des Stabs in die Fäden des Ringes über, und veranlaßt auf diese Art das Phänomen der An- ziehung zwischen beyden. 17. Versuch. Man hänge die kleine Metallplatte F, Fig. 13, mit dem Hacken H an den Conductor, setze das Stativ I gerade darunter, und auf dasselbe die größere Platte G; der obere Theil des Stativs muß beweglich seyn, damit man die Entfernung beyder Platten von einander nach Befinden der Umstände verändern könne. Man lege klei- ne Papierfiguren, oder andere leichte Körper auf die un- tere Platte, und drehe die Maschine, so werden diese Kör- per wechselsweise von beyden Platten angezogen und zu- rückgestoßen, und bewegen sich mit großer Geschwindigkeit von einer zur andern. Die auf der untern Platte liegenden Körper erhal- ten eine Elektricität, welche der Elektricität der obern Platte entgegengesetzt ist; sie werden daher von der letz- tern angezogen, und erhalten nun einerley Elektricität mit ihr; daher werden sie wieder zurückgestoßen, geben diese Elektricität an das Stativ ab, und werden also wiederum in Stand gesetzt, von der obern Platte angezogen zu wer- den. Daß aber diese Körper nicht eher von der obern Platte angezogen werden, als bis sie die der ihrigen ent- gegengesetzte Elektricität erhalten haben, oder bis das Gleichgewicht der elektrischen Materie in ihnen gestört ist, das wird aus folgendem Versuche erhellen. 18. Versuch. Man nehme die untere Platte und das Stativ hin- weg, und halte statt desselben eine Glastasel, die man an Drittes Capitel. einer Ecke anfassen muß, unter, nachdem man sie vorher recht rein und trocken gemacht hat. Da nun das Glas keine Elektricität durchläßt, so können keine entgegenge- setzten Elektricitäten im Conductor und den leichten Kör- pergen entstehen, daher zeigt sich auch in diesem Falle kein Anziehen oder Zurückstoßen. Hält man einen Finger an die untere Seite der Glastafel, so werden die leichten Körper angezogen und zurückgestoßen; die Ursache hievon wird sich zeigen, wenn wir die Natur der leidner Flasche erklären werden. Herr Eeles, der in seinen Philosophical Essays (S. 25 der Vorrede) von diesem abwechselnden Anziehen und Zurückstoßen redet, führt an, daß man dasse l be nach Gefallen verändern könne, wenn man zu e rst die Köpfe der Papierfiguren, und wenn diese getrocknet, hernach die Füße befeuchte. “Wenn man den Kopf einer solchen Figur trocknet, sagt er, so kann die aus dem Conductor gehende Mate- rie nicht mit eben der Leichtigkeit in die Figur eindrin- gen, mit welcher die entgegengesetzte Elektricität aus der Platte in den Fuß eindringt, welcher nicht so trocken ist; daher fährt die Figur an die obere Platte, und bleibt an derselben. Man kehre den Versuch um, t rockne den Fuß und befeuchte den Kopf, so werden sich die Figuren an die untere Platte hängen. Behält die Figur so viel Ueberschuß der anziehenden Kraft über ihr eignes Ge- wicht, als der entgegengesetzten von dem Conductor ab- stoßenden Kraft gerade das Gleichgewicht halten kann, so bleibt sie zwischen beyden Platten in der Luft schweben. “Dies kann man bewerkstelligen, wenn man den Kopf der Figur breit und rund macht, so daß er die Elektricität nicht so leicht abgiebt, als der scharfe und spitzige Fuß sie annimmt; die geringste Veränderung dieses Umstands macht, daß die Figuren entweder tan- zen oder fest an einer von beyden Platten hängen bleiben. Elektrisches Anziehen und Zurückstoßen. 19. Versuch. Man lege ein viereckigtes Gold- oder Silberblätt- chen auf die untere Platte, halte sie parallel mit der obern etwa fünf bis sechs Zoll von derselben entfernt, und drehe die Maschine, so wird sich das Blättgen vertikal aufrich- ten, und zwischen beyden Platten schwebend bleiben, ohne eine von beyden zu berühren. Man halte eine metallene S p itze gegen das Blättgen, so wird es sogleich herab- fallen. 20. Versuch. Man befestige bey K, Fig. 14, eine messingene Kugel an das Ende des Conductors. Wenn die Gold- blättchen zwischen der Platte und der Kugel schweben, so führe man die Platte rund um die Kugel herum, und das Blättchen wird mit ihr zugleich rund herumgehen, ohne die Kugel oder die Platte zu berühren. Gelegentlich kann man einen Glascylinder zwischen die beyden Metallplatten Fig. 13. setzen, um zu verhü- ten, daß die Kleyen, der Sand und andere leichte Sub- stanzen nicht herausfliegen und verstreut werden. 21. Versuch. Man stelle zween Dräthe gerade unter einander und parallel mit einander, hänge den einen an den Conductor an, und verbinde den andern mit dem Tische, so wird eine dazwischen gestellte leichte Figur, wenn man den Conduc- tor elektrisiret, eine Art von elektrischem Seiltänzer vor- stellen. Man s. Fig. 15. 22. Versuch. Man schneide ein Goldblättchen so aus, daß das eine Ende einen stumpfen, das andere einen sehr spitzigen Winkel bildet, halte das breite Ende gegen einen elektri- sitten Conductor, und lasse das Blättchen loß, sobald es Drittes Capitel. in die Atmosphäre desselben kömmt, so wird es sich mit der Spitze seines stumpfen Winkels an den Conductor hängen, und wegen seiner wellenförmigen Bewegung gleichsam belebt scheinen. Der nächstfolgende Versuch ersordert, wenn er ge- lingen soll, sehr viel Aufmerksamkeit; der geringste Unter- sch i ed im Apparatus, oder in der Stärke der Maschine kann ihn mißlingen machen Gelingt er aber, so macht er gemeiniglich den Zuschauern viel Vergnügen und erregt Bewunderung. 23. Versuch. Man befestige den Ring, Fig. 16, an das Ende des Conductors, stelle die Platte G, Fig. 13, mit ih- rem Gestell I darunter, und setze in geringer Entfernung davon eine sehr leichte hohle Glaskugel auf die Platte, doch so, daß sie innerhalb des Ringes steht. Dreht man nun die Maschine, so wird die kleine Kugel im Kreise um den Ring laufen, und sich zugleich um ihre Axe dre- hen, so, daß die Axe der Umdrehung auf der Ebne ihrer Kreisbahn fast senkrecht stehet. 24. Versuch. Fig. 17. sieht man eine Reihe kleiner Glöckchen; die beyden äußersten sind durch eine messingene Kette mit dem Drathe V Y verbunden, die mittelste Glocke und die Klöppel hängen an seidnen Fäden. Man hänge alle diese Glocken mit dem Hacken R S an den Conductor, lasse die Kette aus der mittelsten Glo- cke auf den Tisch fallen und drehe den Cylinder, so wer- den die Klöppel unaufhörlich von einer Glocke zur andern fliegen, so lang die Elektricität dauret. Die messingene Kette, welche die zwo äußersten Glocken mit dem Conductor verbindet, führt die elektri- sche Materie denselben zu, daher ziehen sie die Klöppel Elektrisches Anziehen und Zurückstoßen. an; wenn diese die elektrische Materie ebenfalls angenom- men haben, so werden sie von den äußersten Glocken zu- rückges t ossen und von der mittelsten angezogen, an welche sie ihre Elektricität abgeben; hierauf werden sie wieder von den äussersten Glocken angezogen und zurückgestossen. Hält man die Kette X, welche aus der mittelsten Glocke hervorgehet, mit einem seidnen Faden in die Höhe, so hört das Läuten auf, weil die mittelste Glocke die von den K l öppeln ihr mitgetheilte elektrische Materie nicht in die Erde abführen kan. Fig. 18 stellt eine schönere Einrichtung dieses Glo- ckenspiels vor. Hiebey muß die Kugel a mit dem Con- ductor verbunden werden. Fig. 19 zeigt noch eine andere Art. Hiebey hängt der Klöppel an dem Flugrade b c d dessen Axe in einem kleinen Zapfenloche der gläsernen Säule e f ruht; der obere Theil der Axe geht durch ein Loch in dem messingenen Stück g, worinn er sich frey bewegen kan. Das Fußbret h i k wird ringsherum mit Glocken von verschiedenen Tö- nen besetzt. Man nehme den ersten Leiter von der Ma- schine hinweg, und setze diesen Apparatus an den Cylinder. Wenn dieser nun gedreht wird, so setzt er das Flugrad in Bewegung, der Klöppel streift bey seiner Umschwingung an alle Glocken, und bringt dadurch einen sehr angeneh- men und harmonischen Klang hervor. 25. Versuch. Man nehme 10 bis 12 Stück Fäden, jeden etwa 10 Zoll lang, binde sie oben und unten in Knoten zusam- men, wie bey Fig. 20, und hänge sie an den Conductor; so werden sich die Fäden, wenn man elektrisiret, bestreben auseinander zu gehen, der untere Knoten wird bey zuneh- mender Repulsion der Fäden in die Höhe gehen, und das Ganze wird eine sphäroidische Gestalt annehmen. Drittes Capitel. 26. Versuch. Man bringe eine Pflaumseder, oder eine Flocke Baumwolle gegen das Ende einer geriebenen Glasröhre, oder gegen den Knopf einer geladenen Leidner Flasche, so wird die Feder zuerst gegen die Röhre fliegen, wenn sie aber mit elektrischer Materie gesättiget ist, wieder zurück- gehen. Man wird sie alsdann mit einer geriebenen Glas- röhre durch das Zimmer treiben können, bis sie einen Lei- ter antrist, dem sie ihre Elektricität mittheilen kan. Es kehrt sich dabey beständig einerley Seite der Feder gegen die Röhre, weil die von der Feder angenommene elektrische Materie durch die Wirkung der Röhre in die von der Röh- re abgekehrte Seite getrieben, und daher die Feder zurück- gestossen wird. Man sieht aus diesem und den vorhergehenden Ver- suchen leicht, daß nicht blos die Materie angezogen werde, sondern daß die verschiedenen Erscheinungen durch den Zu- stand der elektrischen Materie in den Substanzen, auf wel- che die Maschine wirkt, veranlasset werden. 27. Versuch. Man stecke einen zugespitzten Drath in eine von de- nen am Ende des Conductors befindlichen Desnungen, halte ein Trinkglas über die Spitze, elektris i re den Con- ductor, und führe das Glas so in die Runde herum, daß die ganze innere Fläche desselben elektrische Materie aus der Spitze erhalte. Nunmehr lege man einige kleine Kork- oder Holundermarkkügelchen auf den Tisch, und decke das Trinkglas darüber, so werden die Kügelgen sogleich an- fangen auf und nieder zu hüpfen, gleichsam als ob sie leb- ten, und diese Bewegung werden sie eine lange Zeit fort- setzen. S. Fig. 21. Mit zwenen Trinkgläsern läßt sich dieser Ver- such auf eine sehr angenehme Art verändern. Man elek- trisire die innere Seite bey dem einen positiv, bey dem an- Elektrisches Anziehen und Zurückstoßen. dern negativ, werfe die Kugeln in das eine Glas, und halte beyde Gläser mit ihren Oefnungen aneinander, so werden die Kugeln aus einem Glase in das andere so lange übergehen, bis die entgegengesetzten Elektricitäten beyder Gläser sich unter einander aufgehoben haben. Eine elektrische Substanz mit zw o en parallelen Flä- chen, in welcher Stellung sie sich auch übrigens befinden mag, heißt eine elektrische Platte. 28. Versuch. Elektrisirte Substanzen ziehen die nicht-elektrisirten an, wenn sich auch gleich zwischen beyden eine elektrische Platte befindet. 29. Versuch. Körper, welche auf entgegengesetzte Art elektrisirt sind, ziehen einander stark an, wenn sich gleich eine elek- trische Platte dazwischen befindet. Viertes Capitel.Vom Anziehen und Zurückstoßen in Rücksicht auf die beyden entgegengesetzten Elektricitäten. Alle in diesem Capitel beschriebene Versuche sind einfach, leicht anzustellen und von sehr sicherem Erfolg, und so geringfügig sie vielleicht auf den ersten Blick scheinen, so findet man sie doch bey genauerer Untersuchung höchst wichtig. Sie geben uns den Leitfaden zur Prüfung und Erklärung vieler elektrischen Phänomene, und setzen einige von den entgegengesetzten Wirkungen der negativen und positiven Elektricität in ein vorzüglich helles Licht. Viertes Capitel. Man kan alle diese Versuche mit einer einzigen sehr kleinen und leicht tragbaren Vorrichtung anstellen. Diese besteht insgemein aus zwoen messingenen Röhren wie A und B, Fig. 22, deren jede auf einer gläsernen Säule G stehet, welche in den hölzernen Fuß H eingeschraubt ist. An jede dieser Röhren sind mit Hülfe eines kleinen messin- genen Ringes ein paar kleine Korkkugeln an leinenen Fä- den befestiget, wie I, K. Diese Röhren nebst einer Stan- ge Siegellack oder einer Glasröhre sind hinreichend, den größten Theil der Versuche dieses Capitels anzustellen, und einige der vornehmsten elektrischen Erscheinungen zu erläutern. Vollständiger wird diese Geräthschaft, wenn man noch zwo messigene Röhren mehr, nebst den dazu gehöri- gen Gestellen, eine kleine leidner Flasche, und ein Stück gefirnißten Seidenzeug dazu nimmt. Mit einem solchen Apparatus hat Herr Wilson in seiner vortreflichen Schrift: A short View of Electricity alle allgemeine Grundsätze der Elektricität erkläret und erläutert. 30. Versuch. Man berühre ein paar isolirte Korkkugeln mit einer geriebenen Glasröhre, so werden sie elektrisiret werden, und auseinander gehen. Sie sind positiv elektrisirt, und werden daher von geriebenem Siegellack angezogen, und von geriebenem Glas zurückgestossen. 31. Versuch. Man halte eine geriebene Glasröhre über eine von den vorerwähnten messingenen Röhren, jedoch in einiger Entfernung von derselben, so wird ein Theil der natürli- chen Menge elektrischer Materie, welche in der messinge- nen Röhre enthalten ist, durch die Wirkung der geriebe- nen Glasröhre in die an der messingenen Röhre hängenden Korkkugeln getrieben werden, und diese werden mit posi- Entgegengesetzte Elektricitäten. tiver Elektricität auseinander gehen; man nehme die ge- riebene Glasröhre hinweg, und die Kugeln werden wieder in ihren natürlichen Zustand zurückkehren und zusammen- fallen. 32. Versuch. Man elektrisire die Korkkugeln an der messingenen Röhre A, Fig. 27, und bringe das Ende dieser Röhre in Berührung mit dem Ende der Röhre B, deren Korkku- geln nicht elektrisiret sind; so wird sich die der Röhre A mitgetheilte Elektricität gleichförmig durch beyde Paare Kugeln vertheilen; die Kugeln an B werden auseinander, die an A wieder ein wenig zusammengehen. 33. Versuch. Man elektrisire die Röhren A und B, Fig. 27, beyde gleich stark und auf einerley Art, und setze die Enden bey- der Röhren an einander, so wird sich in der Divergenz der Bälle keine Veränderung zeigen. 34. Versuch. Man elektrisire die Röhren gleich stark, aber auf entgegengesetzte Art, die eine mit Glas, die andere mit Siegellack, und bringe ihre Enden in Berührung, so werden die Kugeln zusammenfallen. Wir sehen aus diesen Versuchen, daß positive und negative Elektricität einander entgegen wirken. Wenn daher beyde zugleich auf einen Körper wirken, so ist die Elektricität, die derselbe erhält, bloß dem Unterschiede beyder gleich, und von der Art der stärkeren. 35. Versuch. Man halte eine geriebene Glasröhre an eine der mes- singenen Röhren, und berühre sogleich diese Röhre mit dem Finger, so wird ein Theil der in der messingenen Viertes Capitel. Röhre von Natur befindlichen elektrischen Materie durch die Wirkung der geriebenen Glasröhre in den Finger ge- trieben. Nimmt man Finger und Glasröhre in einem und demselben Augenblicke hinweg, so bleibt die Röhre negativ elektrisirt. 36. Versuch. Man stelle die messingenen Röhren A und B, Fig. 22, in eine gerade Linie so, daß ihre Enden sich berüh- ren, und halte die geriebene Glasröhre über A, so wird ein Theil der von Natur darinn befindlichen elektrischen Materie in B getrieben werden. Man rücke nunmehr beyde Röhren von einander, so werden die Kugeln an A negativ, und die an B positiv seyn. 37. Versuch. Man isolire einen langen metallenen Stab, hänge an jedes Ende desselben ein paar Korkkugeln, stelle das eine Ende ohngefehr zween Zoll weit von dem ersten Con- ductor, das andere so weit davon, als möglich, und elek- trisire den Conductor, so wird die elektrische Materie in dem Stabe in das vom Conductor entfernte Ende getrie- ben werden, so daß das eine Ende des Stabs, wie die Kugeln zeigen, negativ, daß andere positiv elektrisiret seyn wird. 38. Versuch. Man halte gegen die Röhre D Fig. 23, eine gerie- bene Stange Siegellack, wie bey A, so werden die Ku- geln, so lang das Siegellack in A bleibt, mit negativer Elektricität auseinander gehen; man halte das Siegellack etwas höher, wie bey B, so werden sie zusammengehen; man erhebe es noch weiter, so werden sie mit positiver Elektricität auseinander gehen. Entgegengesetzte Elektricitäten. 39. Versuch. Wenn geriebenes Glas mitten über die Röhre A, Fig. 24, gehalten wird, so wird ein Theil der natürlichen Menge von Elektricität in A in die Kugeln, ein Theil auch aus beyden Enden heraus in die Luft getrieben. Während dieses Versuchs werden die Kugeln an A vom Glase zurückgestossen, und sind daher positiv. Nimmt man aber die geriebene Glasröhre hinweg, so gehen sie in sehr kurzer Zeit in den negativen Zustand über, weil ein Theil der natürlichen Menge von Elektricität durch die zuge- spitzten Enden in die Luft übergegangen ist, indem die Glasröhre sich noch über der metallenen Röhre befand; wird nun die Glasröhre weggenommen, so tritt zwar der in den Kugeln enthaltene Ueberfluß von selbst zurück, und verbreitet sich gleichförmig durch die Röhre, da aber der- selbe nicht hinreichend ist, den erhaltenen Verlust zu er- setzen, so bleiben Röhre, Fäden und Kugeln in negativem Zustande zurück Man s. Wilson’s short View of Electricity, p. 7. . 40. Versuch. Stellt man drey Röhren A, B, C, Fig. 25, in eine Linie und in Berührung mit einander, so wird ein über A gehaltenes geriebenes Glas, einen Theil der in A befindli- chen natürlichen Menge elektrischer Materie in B und C übertreiben. Man rücke nun B und C von A ab; so wird man A negativ, B und C positiv finden. Rückt man die drey Röhren wieder zusammen, so stellt sich das Gleich- gewicht wieder her, und die Kugeln fallen zusammen Ebend. p. 8. . 41. Versuch. Stellt man vier Röhren, wie A, B, C, D, Fig. 26, in Berührung mit einander, so wird eine geriebene Glas- röhre über A gehalten, einen Theil der in A enthaltenen Viertes Capitel. Materie in B übertreiben, und dieser in B übergegangene Theil wird einen gewissen Theil aus C in D treiben. Den Augenblick vorher, ehe man die geriebene Glasröhre von A wegnimmt, rücke man B und D von A und C ab, so wird man A und C negativ, B und D aber positiv fin- den. Ebendas. p. 8. 42. Versuch. Eine geriebene Glasröhre ohngefähr einen Zoll weit von dem Ende B eines massiven sechs Schuh langen und etwa einen halben Zoll starken Glascylinders B D, Fig. 28 Taf. III. gehalten, treibt einen Theil der elektrischen Ma- terie am Ende B gegen das entfernte Ende D; hiebey aber leidet die natürliche Menge elektrischer Materie im Glase mancherley Veränderungen, welche sich zu erkennen geben, wenn man an die Korkkugeln, die, wie die Figur zeigt, in gleichen Entfernungen von einander zwischen B und D aufgehängt sind, eine geriebene Glasröhre bringt; in kur- zer Zeit verändert sich die Elektricität dieser Korkkugeln; die vorher positiv waren, werden negativ, die vorher ne- gativ waren, positiv. Hält man die geriebene Glasröhre in Berührung mit dem Ende B. so verursacht der in B übergehende Zu- satz von elektrischer Materie wiederum verschiedene Ver- änderungen in der Dichtigkeit der elektrischen Materie zwischen B und D; diese Veränderungen sind den vorigen gerade entgegengesetzt, und kehren sich nach kurzer Zeit ebenfalls um. Aus diesen Versuchen läßt sich schließen, daß, wenn die elektrische Materie in einem Theile eines Körpers plötz- lich dichter wird, die in dem benachbarten Theile dünner werde, und umgekehrt. Diese Abwechselungen dünner und dichter Zonen müssen der Natur elastischer flüßiger Materien zufolge, eine lange Zeit hindurch mancherley vorwärts und rückwärts gehende Schwingungen veranlas- Entgegengesetzte Elektricitäten. sen, ehe die flüßige Materie in Ruhe kommen kann, ob- gleich diese Schwingungen, wenn sie bis auf einen gewis- sen Grad geschwächt worden sind, dem Beobachter endlich unmerklich werden. Ebendas. p. 18. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die anziehenden und zurückstoßenden Bewegungen elektrisirter Körper von der abwechselnden Verdichtung und Verdünnung der elek- trischen Materie an der Oberfläche dieser Körper kom- men, da sie natürlicher Weise dahin getrieben werden, wo sie den wenigsten Widerstand finden. Daß zwischen der in Wirksamkeit gesetzten elektri- schen Materie und der Luft, eine schwingende Bewegung und eine Art von Kampf statt finde, zeigt sich deutlich aus der Empfindung, welche man fühlt, wenn ein stark geriebener elektrischer Körper einem Theile des menschlichen Körpers genähert wird; dies Gefühl ist, als ob ein Spinnenge- webe gelind über die Haut gezogen würde. Noch deut- licher zeigt sich dieses aus einem Versuche, den D. Priest- ley in der Absicht anstellte, um zu entdecken, ob die Elek- tricität beym Gefrieren des Wassers mitwirke. 43. Versuch. D. Priestley setzte zwo Schüsseln mit Wasser bey strenger Kälte der freyen Luft aus, deren eine er stark elek- trisirt erhielt. Er konnte zwischen beyden Schüsseln in der Zeit, wenn der Frost anfieng, und in der Dicke des Eises keinen Unterschied bemerken: wohl aber sahe er an beyden Seiten des elektrisirten Draths eben den zitternden Dunst, den man an heißen Tagen an der Oberfläche der Erde, und überhaupt allemal an stark erhitzten Körpern bemerkt. Aus verschiedenen Versuchen des P. Beccaria er- hellet, daß in einer luftleeren gläsernen Glocke, das An- ziehen und Zurückstoßen elektrisirter Körper schwach wird, und bald gänzlich aufhört. Viertes Capitel. Versuche über das Anziehen und Zurückstoßen geriebener seidner Bänder. 44. Versuch. Man lege ein schwarzes und ein weißes Band zu- sammen, und ziehe beyde durch die Finger; so wird da- durch das weiße Band positiv und das schwarze negativ elektrisiret; beyde werden also einander stark anziehen. 45. Versuch. Man lege beyde Bänder auf Papier und streiche sie mit’ Bernstein, Siegellak oder einem andern negativ elek- trischen Körper, so werden sie positiv elektrisch. Reibt man die Bänder mit positiv elektrischen Kör- pern, so werden sie negativ elektrisch. 46. Versuch. Ein Stück Flanell und ein schwarzes Band werden an einander gerieben eben so wohl elektrisch, als ein schwarzes und ein weißes Band. 47. Versuch. Man trockne zwey weiße seidne Bänder am Feuer, breite sie beyde über einander auf einer glatten Fläche aus, und fahre mit der Kante eines scharfen elfenbeinernen Li- neals darüber. So lang sie so auf der Fläche liegen blei- ben, geben sie kein Zeichen der Elektricität; nimmt man sie aber, jedes besonders, hinweg, so findet man sie beyde negativ elektrisiret, und sie stoßen einander zurück. Indem man sie beyde von einander zieht, sieht man elektrische Funken zwischen ihnen; legt man sie aber wie- der zusammen auf die Fläche, so bemerkt man kein Licht, bis man sie wieder gerieben hat. Versuche mit seidnen Bändern. 48. Versuch. Man lege die Bänder auf eine rauhe leitende Sub- stanz, und reibe sie, wie vorher, so werden sie, von ein- a n der getrennt, entgegengesetzte Elektricitäten zeigen, we l - che wieder verschwinden, wenn sie zusammengelegt werden. Macht man zuerst, daß die Bänder einander zurück- stoßen, legt sie darauf wieder zusammen, und bringt sie auf die vorerwähnte rauhe Fläche, so ziehen sie nach wenig Minuten einander an; das obere ist positiv, das untere negativ elektrisirt. Werden zwey weiße Bänder an einer rauhen Fläche gerieben, so erhalten sie allezeit entgegengesetzte Elektrici- täten, das obere ist negativ, das untere positiv. 49. Versuch. Bringt man zwey Bänder in den Zustand, daß sie einander zurückstoßen, und führt die Spitze einer Nadel der Länge nach über das eine Band, so werden sie beyde zusammenfahren. 50. Versuch. Man bringe ein elektrisirtes Band gegen eine kleine isolirte Metallplatte, so wird es von derselben schwach an- gezogen; man bringe den Finger gegen die Platte, so entsteht ein Funken zwischen beyden, obgleich Band und Platte zusammen kein Zeichen einiger Elektricität von sich geben; zieht man das Band von der Platte ab, so sind beyde wieder elektrisirt, und es entsteht ein Funken zwi- schen der Platte und dem Finger. 51. Versuch. Man lege mehrere Bänder von gleicher Farbe über einander auf eine rauhe leitende Substanz, fahre mit dem elfenbeinernen Lineal darüber, und hebe jedes einzeln auf, Viertes Capitel. so wird jedes an der Stelle, wo es sich von dem folgen- den trennt, einen Funken geben, und das letzte wird eben dies gegen die leitende Substanz thun; alle Bänder sind negativ elektrisirt. Man nehme sie zusammen von der Fläche ab, so hängen sie alle an einander, und machen eine Masse aus, die auf beyden Seiten negativ elektri- sirt ist. 52. Versuch. Man lege sie, wie vorher, auf eine rauhe leitende Substanz, und nehme sie einzeln ab, so daß man mit dem untersten den Anfang macht, so erscheinen Funken, wie vorher, aber alle Bänder werden positiv, nur das oberste ausgenommen. Werden sie auf dem rauhen lei- tenden Körper gerieben, und alle auf einmal weggenom- men, so erhalten alle in der Mitte liegende Bänder, wenn man sie trennt, die Elektricität des obersten oder des un- tersten, je nachdem man den Anfang der Trennung bey dem obersten oder bey dem untersten gemacht hat. Folgende ungemein merkwürdige Beobachtungen und Versuche sind von Herrn Symmer zuerst angestellt worden. Er trug gewöhnlich zwey Paar seidne Strüm- pfe, ein paar weiße und ein paar schwarze. Wenn er diese zugleich und auf einmal auszog, so bemerkte er kein Zeichen der Elektricität; wenn er aber den schwarzen Strumpf von dem weißen abzog, so hörte er ein knistern- des Geräusch, und sahe im Dunklen Funken zwi- schen beyden Strümpfen. Um nun diese und die nachfol- genden Erscheinungen in gehöriger Vollkommenheit her- vor zu bringen, durfte er nur mit seiner Hand einigemal über den Schenkel, an welchem er die Strümpfe trug, hin und her fahren. Wenn die Strümpfe getrennt, und in einiger Ent- fernung von einander gehalten wurden, so zeigten sich beyde stark elektrisch; der weiße positiv, der schwarze ne- gativ. Während dieser Zeit waren beyde so stark aufge- Versuche mit seidnen Bändern. blasen, daß sie die ganze Gestalt des Schenkels zeigten. Hält man die beyden weißen oder die beyden schwarzen Strümpfe in einer Hand, so stoßen sie einander mit be- trächtlicher Gewalt zurück. Hält man einen weißen und einen schwarzen Strumpf an einander, so ziehen sie sich an, und fahren, wenn man es zuläßt, mit großer Ge- walt zusammen. So wie sie einander nahe kommen, hört auch das Aufblasen nach und nach auf, und sie ziehen fremde Gegenstände weniger, sich selbst aber desto stärker an; erreichen sie einander wirklich, so werden sie ganz platt und legen sich dicht zusammen; trennt man sie wie- der, so scheint ihre elektrische Kraft durch das Zusammen- legen nicht im geringsten schwächer geworden zu seyn. Diese Erscheinungen zeigen sie eine sehr lange Zeit hin- durch. Läßt man die Strümpfe zusammen, so fahren sie mit beträchtlicher Gewalt an einander; Herr Symmer fand, daß bis auf 12 Unzen Gewicht nöthig war, um sie aus einander zu ziehen. Ein andermal hielten sie 17 Unzen. Neugefärbte schwarze Strümpfe, und neuge- waschene und geschwefelte weiße so in einander gesteckt, daß die rauhen Seiten zusammen kamen, hielten 3 Pfund und 3 Unzen, ehe sie aus einander gerissen wurden. Wurde der weiße Strumpf so in den schwarzen ge- steckt, daß die äußere Seite des weißen und die innere des schwarzen einander berührten, so hielten sie 9 Pfund we- niger etliche Unzen; kamen aber beyde rauhe Seiten zu- sammen, so hielten sie 15 Pfund 1 ½ Pfenniggewicht. Fünftes Capitel. Fünftes Capitel. Vom elektrischen Funken. 53. Versuch. Man befestige den Drath mit der Kugel B an das Ende des Conductors, wie bey A, Fig. 29, drehe den Cylinder, und bringe den Knöchel des Fingers oder eine andere metallene Kugel, wie C, gegen B; wenn nun die Maschine stark ist, so wird ein langer, im Zikzak gebrochener, glänzender elektrischer Funken, wie ein Feuer, mit einem knisternden Geräusch zwischen beyden Kugeln, oder zwischen der Kugel und dem Knöchel entstehen. Die Versuche des vorigen Capitels zeigen, daß die- jenigen Substanzen, welche in den Wirkungskreis elck- trisirter Körper kommen, eine entgegengesetzte Elektricität erhalten, und sich folglich im Stande befinden, von dem mit elektrischer Materie angefüllten Körper einen Funken zu erhalten. Wenn sie ihm nun nahe genug kommen, so erhalten sie die elektrische Materie wirklich in Gestalt eines Funkens. Ist der Conductor negativ, so geht die elek- trische Materie aus dem angenäherten Körper in ihn über. Der Funken bricht nicht eher auf die größte Weite in einen gegebenen Körper aus, bis man ihn vorher in einer geringern Weite hat schlagen lassen, wodurch der Aus- bruch gleichsam vorwärts gelocket wird. Die längsten und stärksten Funken kommen aus dem vom Cylinder abgekehrten Ende des Conductors, ob man gleich auch lange und krummlinigte Funken in der Nähe der isolirenden Säule, auf welcher der Conductor ruht, herausziehen kann. Der Funken, oder die ausbrechende Menge elektri- scher Materie, steht ziemlich nahe im Verhältniß mit der Größe des Conductors. Hat der Conductor eine große Vom elektrischen Funken. Oberfläche, so erhält man aus ihm stärkere und längere Funken, als aus einem kleinern. Man hat dies so weit getrieben, daß die aus dem Conductor erhaltenen Funken den Schlägen aus einer ziemlich großen Flasche gleich ge- wesen sind. Das Moment oder die Stärke der elektrischen Ma- terie scheint von dem Drucke der Atmosphäre auf dieselbe, und von dem Drucke ihrer Theile selbst gegen einander abzuhängen, welcher sehr groß seyn muß, wenn sich ihre Theile berühren, oder durch den unermeßlich weiten Raum unmittelbar auf einander wirken. Wenn die Elektricität schwach und nicht vermögend ist, bis auf eine große Weite zu schlagen, so ist der Funken geradlinicht; ist sie hingegen stark, und schlägt sie auf eine größere Weite, so nimmt er seine Richtung im Zikzak; und dies wahrscheinlich darum, weil die flüßigere elektri- sche Materie sehr schnell durch die dichtere und weniger flüßige Atmosphäre durchgehen muß, wobey beyde auf einander wirken. Man wird aus sehr vielen Versuchen sehen, daß sich die elektrische Materie zerstreuer, wofern ihr nicht der Druck der Atmosphäre widerstehet, der den Funken in eine Masse zusammenhält, und dadurch seine Stärke und seinen Glanz vermehret. Der in der Luft ausbrechende Funken ist lebhaft und dem Blitze ähnlich; stellt man aber den Versuch im luftleeren Raume an, so erhält man statt des Funkens und der Explosion bloß ein stilles, schwa- ches und seines Ausströmen. Beccaria sagt, die Luft widerstehe dem elektrischen Funken im Verhältniß ihrer Dichte, und der Dicke der Schicht, die sie dem Funken entgegensetzt, oder der Länge des Weges, den sie dem Funken durch ihre Substanz öf- net. Er zeigt auch durch viele Versuche, daß die Luft von der elektrischen Materie nach allen Richtungen ausgetrie- ben wird, mit einer Gewalt, deren Wirtung nicht so- gleich aufhöret. Fünftes Capitel. Die Farbe des elektrischen Funkens ist nach dem Maaße seiner Dichtigkeit verschieden: ist er dünn, so hat er eine bläuliche, ist er dichter, eine purpurrothe Farbe und ist er sehr concentrit, so zeigt er sich weiß und hell, wie das Licht der Sonne. Oft scheint der mittlere Theil des elektrischen Fun- kens dünner, und fällt ins röthliche oder violetblaue, da hingegen die Enden lebhafter und weiß aussehen, wahr- scheinlich darum, weil die elektrische Materie den größten Widerstand bey ihrem Eingange und Ausgange findet. Bisweilen theilt sich der Funken, wie in Fig. 30, in viele Theile. Die Stralen des Büschels vereinigen sich an dem Orte, wo sie in die Kugel schlagen, wieder mit einander, und bilden auf derselben viele dichte und helle Funken. 54. Versuch. Man bringe eine elfenbeinerne Kugel an den Con- ductor, und ziehe einen starken Funken aus derselben (oder lasse den Schlag einer leidner Flasche durch ihren Mittel- punkt gehen), so wird die Kugel durchaus leuchtend er- scheinen. Geht der Schlag nicht durch den Mittelpunkt, so streift er über die Oberfläche der Kugel, und greift dieselbe an. 55. Versuch. Man lasse einen Funken durch eine Kugel von Buchsbaumholz gehen, so wird dieselbe eine schöne carmin- oder vielmehr scharlachrothe Farbe zeigen. Man kann auch den Schlag durch Stücken Holz von verschiedner Stärke und Dichtigkeit gehen lassen, wodurch sich ein wei- tes Feld zu Beobachtungen und Versuchen eröfnet. Die beyden vorhergehenden Versuche haben so viel ähnliches mit dem berühmten Versuche des Hawksbee, und einigen andern seitdem angestellten, daß ich auch diese noch beyfügen will, in Hofnung, daß sie zu fernern Un- Vom elektrischen Funken. tersuchungen dieses merkwürdigen Gegenstandes Anlaß ge- ben werden. 56. Versuch. Hawksbee bestrich die innere Seite einer Glasku- gel über die Helfte mit Siegellak, zog die Luft aus der Kugel, und drehte sie. Als er nun, um ihre Elektricität zu erregen, die Hand daran legte, so sahe er die Gestalt und das Bild seiner Hand sehr deutlich inwendig an der hohlen Fläche des Siegellaks, als ob sich zwischen seinem Auge und der Hand nichts weiter, als Glas, befände. Der Ueberzug von Siegellak war an den dünnsten Stellen gerade so stark, daß man den Schein einer Lichtflamme dadurch sehen konnte. An andern Stellen war das Sie- gellak wenigstens einen Achtel Zoll dick; aber eben an die- sen Stellen war das Bild der Hand eben so deutlich, als an den andern, zu erkennen. Beccaria ließ einen elektrischen Schlag durch et- was feinen messingenen Feilstaub durchgehen, der zwischen zwo Platten Siegellak gestreuet war; dabey wurde alles leuchtend und durchsichtig. 57. Versuch. Dieser von D. Priestley angestellte außerordentli- che Versuch wird von ihm selbst so beschrieben. “Jch legt eine Kette, die mit der äußern Seite einer Flasche verbunden war, ganz leicht an meinen Finger, und hielt sie bisweilen vermittelst eines dünnen Stücks Glas nahe an den Knopf. Ließ ich nun den Schlag in der Ent- fernung von ohngefähr drey Zollen hindurchgehen, so war das elektrische Licht an der Oberfläche des Fingers sichtbar, und gab demse l ben eine plötzliche Erschütterung, welche dem Gefühl nach bis in das innerste Mark des Knochens drang: geschahe dies an derjenigen Seite des Fingers, welche vom Auge abge- Fünftes Capitel. kehrt war, so schien im Dunklen der ganze Finger voll- kommen durchsichtig.” 58. Versuch. Man verbinde das eine Ende einer Kette mit der äußern Seite einer geladenen Flasche, und lasse das an- dere auf dem Tische liegen. Man stelle das Ende einer andern Kette ohngefähr einen Viertel Zoll weit von dem ersten ab, seße ein Gefäß mit Wasser auf diese neben ein- ander liegende Enden, und entlade die Flasche durch die Kette, so wird das Wasser vollkommen und sehr schön er- leuchtet scheinen. Diesen Versuch habe ich von Herrn Haas, dem Erfinder einer verbesserten Luftpumpe, welche die bisher gewöhnlichen sehr weit übertrift. Zeigen nicht diese Versuche’, daß es sowohl in elek- trischen als nichtelektrischen Körpern eine feine Materie giebt, w e lche die Körper durchsichtig macht, wenn sie in Bewegung gesetzt wird? 59. Versuch. Wenn die Funken über ein Stück Silberpapier ge- hen, so erhalten sie eine grüne Farbe. 60. Versuch. E F, Fig. 31, ist eine Glasröhre, um welche her- um von einem Ende zum andern, in kleinen, aber gleichen Entfernungen von einander, Stücken Stanniol in einer Spirallinie (daher sie auch die Spiralröhre heißt) ge- klebt sind. Diese Röhre steckt in einer größern, welche letztere an beyden Enden in messingene Kappen gefasset ist, die mit dem Stanniol der innern Röhre in Verbin- dung stehen. Man halte das eine Ende in der Hand, und bringe das andere so nahe an den ersten Leiter, daß ein Funken entstehen kann, so wird man an jedem Raume zwischen zweyen neben einander liegenden Stanniolblätt- Vom elektrischen Funken. chen einen schönen und hellen Funken sehen; dadurch wird der aus dem Conductor gezogene Funken gleichsam ver- vielfältiget, denn wäre keine Unterbrechung im Stanniol, so würde die elektrische Materie unbemerkt übergehen. 61. Versuch. Leuchtende Buchstaben. Dieser Versuch beruht auf einerley Grundsätzen mit dem vorigen. Die Buchstaben werden durch die kleinen Unterbrechungen gebildet, welche man in einem auf Glas geklebten Stück Stanniol macht; das Glas wird in einen Rahmen von gedörrtem Holze befestiget, wie Fig. 32. Um den Versuch anzustellen, halte man den Rahmen in der Hand, und nähere die Kugel G an den Conductor, so wird der Funken aus demselben in den Stanniol über- gehen, und ihm durch alle seine Windungen folgen, bis an den Haken h, der ihn durch eine angehangene Kette in den Boden führt: die bey jeder Unterbrechung entste- henden Funken bilden ein Wort mit leuchtenden Buch- staben. 62. Versuch. Um einen Funken mit einer metallenen Spitze aus- zuziehen, schraube man einen zugespitzten messingenen Drath an das eine Ende einer Spiralröhre, und halte die- felbe gegen den Conductor, indem die Maschine gedrehet wird, so wird zwischen dem Conductor und der Spitze ein starker Funken entstehen. 63. Versuch. Man nehme eine reine trockne Glasröhre, die im Lichten ohngefähr einen Viertel Zoll weit ist, stecke einen zugespitzten Drath in diese Röhre, stelle das zugespitzte Ende in einige Entfernung von dem Ende der Röhre, ver- binde das andere Ende mit dem Boden, und bringe das Fünftes Capitel. vorgedachte Ende gegen den Conductor der Maschine, so werden sich zwischen demselben und der Spitze starke im Zikzak gehende Funken zeigen, und ein starkes Geräusch verursachen. Im 62 sten Versuche macht die Trennung zwischen den Stücken Stanniol einen Widerstand, welcher den unmittelbaren Uebergang der elektrischen Materie hindert, und auf diese Art die gewöhnliche Wirkung der Spitzen auf den Conductor einigermassen verändert. Oder mit andern Worten: das Vermögen der Spitzen, den Schlag zu verhüten, hängt von der vollkommenen und unterbro- chenen metallischen Verbindung derselben mit der Erde ab; obgleich auch diese noch nicht ganz hinreichend ist, wie der 63 ste Versuch zeigt, wo die elektrische Materie von der nichtleitenden Substanz, welche die Spitze umringt, concentriret und eingesammlet wird. 64. Versuch. Man stelle jemand auf den isolirenden Stuhl, und verbinde ihn durch einen Drath oder eine Kette mit dem Conductor, so wird er eben dasjenige bewirken können, was der Conductor thut; er wird leichte Körper anziehen, Funken geben u. s. w. und so wird man eine Menge sehr angenehmer Versuche anstellen können. Es ist hiebey schlechterdings nothwendig, wenn der Versuch vollkom- men gelingen soll, daß kein Theil der Kleidung den Bo- den des Zimmers oder den Tisch berühre, und daß die G l asfüße des Stuhls sehr trocken sind. Um die Isoli- rung desto vollkommener zu machen, wird ein untergeleg- ter trockner Bogen braun Papier sehr gute Dienste thun. Legt die isolirte Person ihre Hand auf die Kleidung einer andern nicht isolirten, so werden beyde, besonders, wenn die Kleidung von Wollenzeug ist, eine Empfindung fühlen, als ob sie mit vielen Nadeln gestochen würden, so lang der Cylinder bewegt wird. Vom elektrischen Funken. 65. Versuch. Um brennbare Geister mit dem elektrischen Funken zu entzünden, erwärme man den Löffel, Fig. 33, gieße ein wenig Weingeist hinein, und befestige ihn mit dem daran befindlichen Stiele an das Ende des ersten Leiters; oder man zünde den Weingeist an, und blase die Flamme kurz vor dem Bersuche wieder aus; dann lasse man ver- mittelst einer messingenen Kugel einen Funken mitten durch den Löffel gehen, so wird derselbe den Weingeist entzünden. Oder man lasfe jemand, der auf einem isolirenden Stuhle stehet und mit dem ersten Leiter verbunden ist, den Löffel mit dem Weingeiste in der Hand halten, und eine auf dem Boden des Zimmers stehende Person einen Fun- ken daraus ziehen, so wird der Weingeist entzündet wer- den. Der Versuch geht eben so wohl von statten, wenn die auf dem Boden stehende Person den Löffel hält, und die isolirte den Funken zieht. 66. Versuch. Setzt man ein Gefäß mit angezündetem Terpentinöl auf den Conductor, und läßt den Dampf davon an eine Platte gehen, welche von einer isolirten Person gehalten wird, so wird diese dadurch elektrisiret werden und Wein- geist anzünden können u. s. w. Hält diese isolirte Person einen messingenen Drath an die Spitze der Flamme von brennendem Weingeist, welcher mit dem Conductor ver- bunden ist, so wird sie ebenfalls elektrisiret. Wir sehen hieraus, daß sowohl Rauch als Flamme Leiter der elektri- schen Materie sind. Herr Volta hat auch aus dem bloßen Dampfe des Wassers und aus einigen chemischen Gährungen unbe- zweifelte Zeichen der Elektricität erhalten. Fünftes Capitel. 67. Versuch. Man isolire eine kleine Kohlenpfanne mit drey oder vier glühenden Kohlen, und schütte einen Löffel voll Was- ser auf die Kohlen, so wird ein mit den Kohlen durch einen Drath verbundenes Elektrometer in kurzer Zeit mit negativer Elektricität aus einander gehen. Man sieht hieraus, daß die Dämpfe des Wassers, und überhaupt diejenigen Theile eines Körpers, welche durch die Verflüchtigung getrennt werden, nicht nur einen Theil des Elementarfeuers, sondern auch einen Theil der elektrischen Materie mit sich hinwegführen, so daß der Körper, von welchem sich diese verflüchtigten Theile ge- trennt haben, nicht nur abgekühlt, sondern auch negativ elektrisirt wird, woraus zugleich erhellet, d aß bey der Auflösung der Körper in flüchtige elastische Materien ihre Fähigkeit, Feuermatcrie und elektrische Materie zu ent- hallen, vermehrt wird. Es giebt eine entzündbare Luftgattung, welche sich sehr oft in den Steinkohlenschächten erzeuget: auch ist die- jenige Luft, welche man durch Stören im Schlamme der stehenden Wässer erhält, entzündbar. Eben diese Luft steigt aus faulenden thierischen Materien auf, wird auch durch die Destillation aus Wachs, Pech, Bernstein, Koh- len und andern phlogistischen Substanzen erhalten. Die bequemste Methode, sie zu erhalten, ist folgende. Man schütte kleine Nägel oder etwas Eisenfeile in die Flasche r Fig. 38, gieße so viel Wasser darauf, als sie gerade be- deckt, und thue ohngefähr den vierten Theil Vitriolöl hinzu, stecke das untere Ende der gebognen Röhre s in den Hals der Flasche, und bringe das andere Ende durch das Wasser des Beckens T in den Hals der Flasche K, welche mit Wasser gefüllt ist und im Becken umgekehrt stehet, auch während der Operation gehalten werden muß: so wird die Mischung in r in kurzer Zeit aufbrausen, und eine flüßige Materie aufsteigen lassen, welche durch die Vom elektrischen Funken. gebogne Röhre in die Flasche K übergehen, das Wasser aus derselben heraus treiben, und sie endlich ganz anfüllen wird. Alsdenn nimmt man die Flasche hinweg, und ver- stopst sie so geschwind, als möglich. Fig. 39. stellt eine me ssingene Pistole zum Abfeu- ern der entzündbaren Luft vor; a b ist eine messingene Kam- mer, in deren Oefnung a c ein Korkstöpsel eingepasset ist; an den Boden dieser Kammer ist ein durchbohrtes Stück Messing angeschraubt, (welches Fig. 40. für sich allein vorgestellt ist) in die Höhlung desselben ist eine gläserne Röhre, und in diese wiederum ein messingener Drath ein- geküttet. Das eine Ende dieses Draths ist mit einem messingenen Knopfe versehen, das andere Ende aber so gebogen, daß es ohngefähr einen Zehntel Zoll von dem mes- singenen Stück abstehet. Fig. 41. ist eine m e ssingene Haube, welche man an die Pistole schrauben kann, um die Glasröhre für dem Zerbrechen zu sichern. Die Lust, womit die Pistole geladen werden soll, muß man in einer verstopften Flasche aufbewahren. Man ziehe den Stöp- sel heraus, und bringe in demselben Augenblicke die Oef- nung der Pistole an den Mund der Flasche, so werden sich die gemeine und die entzündbare Luft mit einander ver- mischen, weil die erstere leichter als die letztere ist, und also natürlicher Weise herunter sinken muß. Man halte die Pistole etwa 15 Secunden lang in dieser Stellung, nehme sie alsdann hinweg, und verstopfe Flasche und Pi- stole mit der möglichsten Geschwindigkeit. Hält man die Pistole allzulang über die Flasche, so daß sie sich ganz mit entzündbarer Luft anfüllt, so wird sie nicht explodiren. 68. Versuch. Man bringe die Kugel der mit brennbarer Luft gela- denen Pistole gegen den Conductor, oder gegen den Knopf e iner geladenen Flasche, so wird der Funken, welcher zwi- Fünftes Capitel. schen dem Ende des Draths f und dem Stück g Fig. 40 entsteht, die brennbare Luft entzünden, und den Kork- stöpsel bis auf eine beträchtliche Weite heraustreiben. Diese Luftgattung erfordert, wenn sie sich entzünden soll, so wie überhaupt alle Körper, die Gegenwart der gemei- nen Luft oder der Salpetersäure; wenn man sie aber mit etwas gemeiner Luft vermischet, so wird sie durch den elek- trischen Funken entzündet, und macht eine Explosion. Herr Cavallo empfiehlt denjenigen, welche mit entzündbarer und dephlogisticirter Luft oder mit gegebnen Quantitäten von gemeiner und entzündbarer Luft Versuche anstellen wollen, eine Pistole von anderer Art. Sie besteht aus einer 6 Zoll langen und 1 Zoll weiten messingenen Röhre, an deren Ende ein durchgebohrtes Stück Holz sehr sicher befestiget ist; ein messingner etwa 4 Zoll langer Drath ist seiner ganzen Länge nach, ausgenommen an den Enden, mit Siegellack, dann mit umgewundener Seide, und dann wieder mit Siegellack überzogen. Dieser Drath wird in die Oefnung des hölzernen Stücks eingeküttet, so daß er etwa zween Zoll weit in die Röhre hineinreichet, der übrige Theil bleibt ausserhalb der Röhre; der in die Röhre hin- eingehende Theil des Draths wird so umgebogen, daß er von der innern Seite der Röhre nur etwa einen Zehntel Zoll weit absteht. Man s. Cavallo Abhandlung von den verschiedenen Gattungen der Luft und anderer beständig elastischen Mate- rien, aus dem Engl. übersetzt. Leipzig, 1783, 8. S. 274. u. f. Will man diese Pistole gebrauchen, so fülle man sie mit Wasser, und kehre sie alsdann in einem Becken mit Wasser um; die erforderliche Mischung von brennbarer und gemeiner Luft mache man in einem andern Gefäße, in- dem man bekannte und gehörig proportionirte Maaße von benden Luftgattungen hineinläßt; man lasse hierauf diese Mischung in die Pistole, verstopfe sie mit einem Kork. Vom elektrischen Funken. stöpsel, nehme sie aus dem Wasser und lasse auf die ge- wöhnliche Art den Schlag einer geladenen Flasche hin- durchgehen, so wird sich die brennbare Luft entzünden. Die Instrumente zur Entzündung der brennbaren Luft mit dem elektrischen Funken werden oft auch in Ge- stalt einer Canone gemacht. Sechstes Capitel. Von elektrisirten Spitzen. 69. Versuch. Man halte das zugespitzte Ende eines Draths gegen einen positiv elektrisirten Conductor, so wird an der Spitze ein heller runder Punkt oder Stern erscheinen, und die elektrische Materie wird augenscheinlich aus dem Conductor fortgeführt und zerstreuet werden. 70. Versuch. Man halte den zugespitzten Drath gegen einen nega- tiv elektrisirten Conductor; so wird man einen aus der Spitze auss t römenden hellen Stralenkegel oder Stralen- büschel sehen, und die Menge der elektrischen Materie wird zunehmen. 71. Versuch. An den einsaugenden Spitzen (Collector) am positiven Conductor sieht man den leuchtenden Punkt; an einer ans Ende des Conductors angesteckten Spitze aber zeigt sich ein divergirender Stralenkegel. 72. Versuch. Am Collector des negativen Conductors zeigt sich der Stralenkegel; an einer ans Ende des Conductors befestig- ten Spitze hingegen der leuchtende Punkt. Sechstes Capitel. Die Leichtigkeit, mit welcher die Spitzen die elektri- sche Materie annehmen und mittheilen, und die verschie- denen Erscheinungen des Lichts an den Spitzen in verschie- denen Versuchen, haben vielen Physikern Anlaß gegeben zu glauben, daß diese Erscheinungen die Richtungen der elektrischen Materie auf eine ganz entscheidende Art bewie- sen. Sie nehmen an, die Erscheinung des runden Lichts oder Sterns sey ein Zeichen, daß die elektrische Materie in die Spitze eindringe, aus derjenigen Spitze hingegen, an welcher der helle Kegel oder Büschel erscheint, ströme die Materie aus. Diese Meinung bestätiget sich dadurch, daß diese Erscheinungen den Gesetzen der Bewegung an- derer flüssiger Materien gemäß sind, welche beym Aus- strömen durch den Widerstand der Luft eben so divergent gemacht werden, wie die elektrische Materie, welche aus einer am Ende des positiven Conductors befestigten Spitze ausströmt. Man hat zwar den Einwurf gemacht, daß man die Stralen auch so ansehen könne, als ob sie aus eben so vielen Punkten der umliegenden Luft gegen die me- tallische Spitze zuströmten. Es ist aber schwer anzuge- ben, warum ein sichtbarer Stral eher aus einem Punkte der Atmosphäre ausbrechen sollte, als aus einem andern, da doch die Luft dem Durchgange der elektrischen Materie aller Wahrscheinlichkeit nach überall gleichförmig wider- steht, und also diese Materie aus der Luft gegen die Spitze nicht anders als langsam, unmerklich und auf allen Sei- ten gleichförmig hinzudringen kan, bis sie ihr so nahe kömmt, daß sie sich einen Weg durch den Zwischenraum durchbrechen, und an die Spitze selbst kommen kan, wo sie sich als ein leuchtendes Kügelchen zeiget. 73. Versuch. Man bringe eine geriebene Glasröhre nahe an eine am Ende eines positiv elektrisirten Conductors befestigte Spitze, so wird der leuchtende Büschel durch die Wirkung d er geriebenen Röhre gebogen und aus dem Wege gelen- Wirkungen der Spitzen. ket werden. Hält man die Röhre der Spitze gerade ent gegen, so verschwindet der Vüschel. 74. Versuch. Man befestige die Spitze an das Ende eines negati- ven Conductors, so wird sich der leuchtende Stern gegen die geriebene Glasröhre zu kehren. Diese beyden Versuche kommen mit dem 69 – 72 sten überein, und führen auf eben dieselbe Schlußfolge, daß nämlich der Stralenbüschel ein Zeichen der positiven, und der Stern ein Zeichen der negativen Elektricität sey, wel- ches folgende Versuche noch mehr bestätigen. 75. Versuch. Man stecke einen Drath, an dessen Ende sich eine Kugel befindet, in die Oesnung am Ende eines positiven Conductors, stelle ein angezündetes Licht so, daß die Mitte der Flamme der Mitte der Kugel gerade gegen über kömmt, und etwa einen Zoll weit davon absteht, und drehe die Maschine, so wird die Flamme von der Kugel hinwegge- trieben. Man stecke eben diesen Drath an das Ende des negativen Conductors, so wird sich die Erscheinung um- kehren, die Lichtflamme wird gegen die Kugel getrieben, und die letztere dadurch in kurzer Zeit erhitzt werden. 76. Versuch. Man befestige einen zugespitzten Drath in der Oef- nung der obern Seite des Conductors, und stelle auf die Spitze den Mit t elpunkt des messingenen Kreuzes k, Fig. 34, dessen Enden alle nach einerley Richtung umgebogen sind; man elektrisire den Conductor, so wird sich das Kreuz sehr schnell um den Mittelpunkt drehen. Ist das Zimmer dunkel, so wird die elektrische Materie an den umlaufen- den Spitzen der Dräthe einen hellen Cirkel bilden. Es ist der Widerstand der Luft gegen die divergirenden Büschel Sechstes Capitel. der elektrischen Materie, welcher den Spitzen der Dräthe eine rückgängige Bewegung giebt. Das Kreuz dreht sich immer nach eben derselben Richtung, es mag nun positiv oder negativ elektrisirt seyn; im luftleeren Raume aber bewegt es sich gar nicht, wo- fern man nicht den Finger oder einen andern Leiter an die Glocke, einer der Spitzen gegen über, hält, in welchem Falle es anfängt sich zu bewegen, und mit großer Ge- schwindigkeit so lange fortfährt bis das Glas geladen ist. 77. Versuch. Man elektrisire die beyden isolirten Dräthe M N, o P, Fig. 35, so wird der Widerstand der Luft gegen den elektrischen Strom aus den Spitzen des Flugrads L (des- sen Axe auf Rollen auf den Dräthen läuft) das Flugrad auf der schiefen Fläche M N o P aufwärts treiben. 78. Versuch. Fig. 36 stellt einen kleinen Krahn vor, der aus glei- cher Ursache mit dem vorherbeschriebenen Rade umläuft, und ein kleines Gewicht in die Höhe hebt. 79. Versuch. Man kan, wie bey Fig. 37 mehrere Flugräder zu- gleich umlaufen lassen, und nach dieser Anleitung man- cherley angenehme Versuche veranstalten. Wenn die elektrische Materie aus einer hölzernen Spitze ausströmt, so scheint der Strom oder Büschel dünner, und in gewisser Maaße dem purpurfarbnen elek- trischen Lichte im leeren Raume ähnlich. Die Wirkung der elektrischen Materie auf die Luft, an einer elektrisirten Spitze, bringt einen merklichen Wind oder ein Blasen her- vor, welches, wie man oben gesehen hat, stark genug ist, um leichte Körper zu bewegen, eine Lichtflamme zu stören, oder flüssige Materien in eine wellenförmige Bewegung zu Wirkungen der Spitzen. setzen. Die Wirkung der elektrischen Materie wird durch Spitzen so gemäßiget, daß sie eine angenehme Empfin- dung, gleich einem gelinden Anhauchen, hervorbringt; diese Empfindung kan mehr oder weniger reizend seyn, je nachdem die Materie bey ihrer Wirkung auf den mensch- lichen Körper mehr oder weniger Widerstand antrift, wor- aus man bey der medicinischen Elektricität große Vortheile ziehet. Siebentes Capitel. Von der leidner Flasche. Die Versuche mit der Leidner Flasche gehören unter die wichtigsten in der Lehre von der Elektricität; sie haben mehr, als alle andere, die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf diesen Gegenstand gelenkt, und sind jederzeit mit Bewunderung und Erstaunen betrachtet worden. Die Erscheinungen dieser höchst ausserordentlichen Versuche schienen ganz unerklärbar, bis die sinnreiche Theorie des D. Franklin einiges Licht darüber zu ver- breiten anfieng. Diese Theorie erklärt die meisten Schwie- rigkeiten in diesem verwickelten Fache der Elektricität auf eine einfache und deutliche Art, und läßt sich so leicht und so befriedigend auf eine Menge von Erscheinungen anwenden, daß wir darüber die Einwendungen gegen dieselbe fast ganz aus dem Gesichte verlieren. 80. Versuch. Man bringe die messingene Kugel einer belegten Flasche in Berührung mit dem ersten Leiter, indem die äußere Seite der Flasche mit dem Tische verbunden ist. Siebentes Capitel. Dreht man nun den Cylinder, so wird die Flasche in kur- zer Zeit geladen, d. i. die elektrische Materie wird darinn auf eine besondere Art modificiret. Um die Flasche zu entladen, oder wiederum in ihren natürlichen Zustand zu setzen, bringe man das eine Ende eines leitenden Körpers in Berührung mit der äussern Belegung, und nähere das andere Ende dem Knopfe der Flasche, welcher mit der in- nern Belegung in Verbindung steht, so wird eine starke Explosion mit einem hellen elektrischen Funken und einem beträchtlichen Schalle entstehen. 81. Versuch. Man lade die Leidner Flasche, berühre die äußere Belegung mit einer, und den Knopf mit der andern Hand, so wird die Flasche entladen werden, und man wird eine plötzliche und sonderbare Empfindung fühlen. Dies heist der elektrische Schlag, und trift, wenn es auf die beschriebene Art angestellt wird, gemeiniglich die Gelenke der Hand und des Arms nebst der Brust; ist aber der Schlag stark, so trift er den ganzen Körper. Wahr- scheinlich rührt diese besondere Empfindung von der plötzli- chen doppelten Wirkung der elektrischen Materie her, wel- che in den Körper und in die verschiedenen dabey betroffe- nen Theile desselben zu gleicher Zeit ein- und ausgehet. Man hat auch bemerkt, daß die Natur in allen Körpern auf der Erde ein gewisses Gleichgewicht der elektrischen Materie festgesetzt hat, welches wir bey unsern Versuchen stören. Ist diese Störung gering, so wirken die Kräfte der Natur nur ganz gelind, um die veranlassete Unord- nung aufzuheben; ist hingegen die Abweichung beträcht- lich, so stellt die Natur das ursprüngliche Gleichgewicht mit der äussersten Gewalt wieder her. Geben mehrere Personen einander die Hände, und berührt die erste die äussere Seite der Flasche, die letzte aber den Knopf, so wird die Flasche entladen, und alle fühlen den Schlag in einem Augenblicke; je größer aber Die leidner Flasche. die Anzahl der Personen ist, welche sich die Hände geben, desto schwächer ist der Schlag. Die Stärke des Schlags kömmt auf die Quantität von belegter Fläche, auf die Dünne des Glases und auf das Vermögen der Maschine an; oder die Wirkung der leid- ner Flasche wird in eben dem Verhältnisse stärker, in wel- chem das Gleichgewicht der Oberf l ächen gestöret wird. Ist eine geladene Flasche allzuhoch belegt, so entla- det sie sich selbst, noch ehe sie die Ladung erhält, welche sie hätte ertragen können, wenn die Belegung niedriger gewesen wäre. Ist die Belegung sehr niedrig, so kan zwar der belegte Theil der Oberfläche sehr stark geladen werden, aber ein beträchtlicher Theil des Glases wird gar nicht geladen. Ist eine Flasche sehr stark geladen, so entladet sie sich oft von selbst über das Glas hinweg, von einer beleg- ten Oberfläche bis zur andern, oder bricht, wenn das Glas dünn ist, ein Loch hindurch, treibt die Belegung an beyden Seiten in die Höhe, zerschmettert das Glas in dem Loche zu Pulver, und macht sehr oft eine Menge Risse, welche in verschiedenen Richtungen von dem Loche ausgehen. Oft erhält eine leidner Flasche nach der Entladung einen geringen Theil ihrer Elektricität wieder; dieser zwey- te Schlag wird der Ueberres t der Ladung genannt. Die Gestalt oder Größe des Glases hat keinen Ein- fluß auf die Entstehung des Schlags. Will man keinen Schlag erhalten, so muß man sich sorgfältig hüten, weder den Knopf und die Aussenseite der Flasche zu gleicher Zeit zu berühren, noch auch in irgend eine zwischen der äussern und innern Seite der Flasche ge- machte Verbindung zu kommen. Beobachtet man dies, so kan man Flaschen von jeder Größe sehr sicher behan- deln. Zwar thut auch der menschliche Körper dem freyen Durchgange der feinen elektrischen Materie so wenig Wi- verstand, daß man von einem Schlage aus einer gewöhn- Siebentes Capitel. lichen Flasche keinen weitern Schaden, als eine vorüber- gehende unangenehme Empsindung, erhält. Man berühre den Knopf einer geladenen Flasche, so erfolgt kein Schlag; aber der Finger oder der berührende Theil fühlt eine s t echende Empfindung, als wenn er von einer Nadelspitze berührt würde. Man kan eine geladene Flasche, wenn sie auf idio- elektrischen Substanzen steht, ohne Gefahr bey der Be- legung oder an dem Drathe anfassen und aufheben; nur erhält man einen sehr kleinen Funken daraus. D. Franklin’s Theorie der leidner Flasche. Man nimmt an, das Glas enthalte zu jeder Zeit an seinen beyden Oberflächen eine beträchtliche Menge elek- trischer Materie, und diese sey so eingetheilet, daß, wenn die eine Seite positiv ist, die andere negativ seyn muß. Da nun in die eine Seite nicht mehr elektrische Materie hineingedrängt werden kan, als aus der andern heraus- geht, so ist nach geschehener Ladung nicht mehr in der Flasche, als vorher; die Menge der elektrischen Materie wird im Ganzen weder vermehrt noch verringert, sie ver- ändert nur ihren Ort und ihre Stellung; d. i. man kan nur alsdann einen Zusatz in die eine Seite bringen, wenn zugleich eine eben so große Menge aus der andern Seite herausgehen kan. Diese Veränderung wird dadurch be- wirkt, daß man beyde Flächen des Glases zum Theil mit einer leitenden Substanz belegt. Durch dieses Mittel wird die elektrische Materie auf jeden physikalischen Punkt der zu ladenden Oberfläche geführt, wo sie ihre Wirkung dadurch äussert, daß s i e die von Natur in der andern Seite befindlichen elektrischen Theile austreibt, welche durch die mit der Fläche in Berührung stehende Belegung sehr gut ausweichen können, daher diese Belegung mit der Erde verbunden werden muß. Wenn nun aus der einen Fläche Die leidner Flasche. die ganze elektrische Materie herausgegangen, in die an- dere aber eben so viel hineingekommen ist, so ist die Fla- sche so stark, als möglich, geladen. Beyde Flächen sind alsdann in einem gewaltsamen Zustande; die innere oder positive Seite ist stark geneigt, ihren Ueberschuß von elek- trischer Materie abzugeben; die äußere oder negative Seite hingegen strebt eben so stark, dasjenige wieder an sich zu nehmen, was sie verlohren hat; keine von beyden aber kan ihren Zustand verändern, ohne eine gleichgroße und gleichzeitige Theilnehmung der andern. Man nimmt ferner an, daß ohngeachtet der geringen Entfernung bey- der Flächen, und des starken Bestrebens der elektrischen Materie, auf der einen Seite den Ueberfluß abzugeben, und auf der andern das ermangelnde wieder anzunehmen, sich dennoch zwischen beyden ein undurchdringliches Hin- derniß befinde; weil nämlich das Glas für die elektrische Materie undurchdringlich ist (ob es gleich nicht hindert, daß eine Seite auf die andere wirken kan), und also bey- de Flächen so lange in diesem entgegengesetzten Zustande bleiben, bis man durch einen oder mehrere Leiter zwischen beyden eine Verbindung von aussen macht, da sich als- dann das Gleichgewicht plötzlich und gewaltsam wieder- herstellet, und die elektrische Materie auf beyden Seiten des Glases zu ihrer ursprünglichen Gleichheit zurückkehrt. Versuche über die Ladung und Entladung der leid- ner Flasche, zu Erläuterung und Bestätigung der Theorie des Dr. Franklin. 82. Versuch. Man schraube eine leidner Flasche, deren Belegung ganz frey von Spitzen ist, auf ein isolirtes Gestell, und setze sie so, daß ihr Knopf den Conductor berührt (wobey man auch verhüten muß, daß sich keine leitende Substanz in der Nähe der Belegung befinde); man drehe nun den Siebentes Capitel. Cylinder so vielmal herum, als sonst nöthig ist, um die Flasche zu laden, und untersuche sie dann mit einem Aus- lader, so wird man finden, daß sie keine Ladung erhalten habe; woraus sich deutlich zeigt, daß die eine Seite der Flasche keine elektrische Materie annehmen könne, wenn diese Materie nicht aus der andern Seite herausgehen kan. 83. Versuch. Man stelle eben diese isolirte Flasche so, daß ihr Knopf ohngefähr einen halben Zoll vom Conductor ab- steht, und halte während der Umdrehung des Cylinders eine messingene Kugel nahe an die Belegung der Flasche, so wird bey jedem Funken, der aus dem Conductor in den Knopf übergeht, ein anderer Funken zwischen der Be- legung und der Kugel entstehen, und die Flasche wird in kurzer Zeit geladen seyn, indem die Elektricität in die eine Seite hinein, und aus der andern herausgeht. 84. Versuch. Man schraube die Flasche a, Fig. 42, auf den iso- lirten Fuß d, und bringe ihren Knopf in Berührung mit dem Conductor; halte dann eine andere Flasche c von glei- cher Größe mit a so, daß ihr Knopf die äußere Belegung der Flasche a berührt, drehe den Cylinder, und stelle, wenn die Flasche a geladen ist, c auf den Tisch, schraube a von dem Fuße ab, und stelle sie ebenfalls auf den Tisch in einiger Entfernung von c. Man stecke eine messingene Kugel an den Stiel eines Quadrantenelektrometers, und halte es mit einer seidnen Schnur so, daß die messingene Kugel den Knopf der Flasche berührt. Man bemerke in dieser Stellung den Stand des Zeigers am Elektrometer, und bringe dasselbe nunmehr an die andere Flasche, wo der Zeiger auf eben dem Grade stehen wird. Hieraus er- hellet sehr deutlich, daß die Flasche aus ihrer äußern Seite Die leidner Flasche. eben soviel Elektricität ausgestoßen habe, als sie mit der innern aufgenommen hat. 85. Versuch. Man bringe den Knopf einer isolirten Flasche in Berührung mit einem positiven Conductor, verbinde die äußere Belegung mit dem Küssen oder mit einem negati- ven Conductor, und drehe den Cylinder, so wird die Fla- sche mit ihrer eignen Elektricität geladen, und die elektri- sche Materie wird aus der äußern Belegung in die innere übergeführt. 86. Versuch. Man lade die beyden Flaschen, Fig. 43, positiv; verbinde ihre äußern Belegungen durch einen Drath oder eine Kette, und bringe ihre Knöpfe an einander, so wird kein Funken dazwischen entstehen, und die Flaschen wer- den nicht entladen werden, weil keine Seite der andern etwas abzugeben hat. 87. Versuch. Man lade die isolirte Flasche, Fig. 43, negativ, und die andere positiv, verbinde die Belegungen mit einer Kette, und bringe die Knöpfe zusammen, so wird ein Schlag entstehen, und die Flaschen werden entladen wer- den. Stellt man ein brennendes licht zwische beyde Knö- pfe, so wird der Schlag auf eine sehr angenehme Art, und auf eine Entfernung von einigen Zollen durch die Flamme gehen. Man s. Fig. 44. 88. Versuch. Man befestige ein Quadrantenelektrometer auf den Knopf einer Leidner Flasche, und lade dieselbe negativ; wenn sie die völlige Ladung erhalten hat, so wird der Zei- ger auf dem 90sten Grade stehen. Man setze nun die Flasche mit dem Elektrometer an einen positiven Condu- Siebentes Capitel. ctor, und drehe den Cylinder, so wird der Zeiger wieder fallen, und die Flasche wird durch die entgegengesetzte Elektricität ihre Ladung verlieren. 89. Versuch. Man isolire zwo leidner Flaschen, bringe ihre Ve- legungen in Berührung, lade die innere Seite der einen positiv, und lasse währender Zeit eine auf dem Boden stehende Person den Finger auf den Knopf der andern Flasche halten, so wird die letztere negativ geladen werden 90. Versuch. L M, Fig. 45, ist eine leidner Flasche mit beweg- lichen Stanniolbelegungen; die innere Belegung N kan durch die seidnen Schnüre f, g, h, abgenommen wer- den, aus der äußern Belegung kan man die Flasche her- ausheben. Ladet man nun die Flasche, nimmt die Belegungen hinweg, und bringt ein paar Korkkugeln an das Glas, so werden sie von demselben sehr stark angezogen; legt man die Belegungen wieder an, so giebt die Flasche noch im- mer einen beträchtlichen Schlag; woraus erhellet, daß die Kraft im Glase, nicht in den Belegungen, hafte. 91. Versuch. T V, Fig. 46, ist eine Flasche, deren äußere Be- legung aus kleinen, nicht weit aus einander stehenden, Stücken Stanniol bestehet. Ladet man diese Flasche auf die gewöhnliche Art, so werden starke elektrische Funken nach mancherley Richtungen von einem Stück Stanniol zum andern gehen; denn die Unterbrechung des Stanniols macht den Uebergang der Materie von der äußern Seite in den Tisch merklich. Entladet man diese Flasche durch einen zugespitzten Drath, den man allmählig dem Knopfe nähert, so werden die unbelegten Theile des Glases zwi- Die leidner Flasche. schen dem Stanniol sehr schön erleuchtet erscheinen, und man wird ein Geräusch, wie von angezündeten kleinen Schwärmern, hören. Entladet man die Flasche plötzlich, so erscheint die ganze äußere Fläche erleuchtet. Zu diesem Versuche muß das Glas sehr trocken seyn. 92. Versuch. Man reihe eine Anzahl Schrotkörner an einen seid- nen Faden, und lasse zwischen jeden zwey Körnern einen kleinen Zwischenraum; hänge diese Schnur an den Con- ductor so, daß sie bis an den Boden einer belegten Flasche herabreicht, die auf einem isolirten Fuße steht; eine an- dere dergleichen Schnur von Schrotkörnern hänge man an den Boden der Flasche, verbinde sie mit dem Tische, und drehe die Maschine, so wird sich zwischen allen Schrotkör- nern ein lebhafter Funken zeigen, sowohl in als außer der Flasche, gerade als ob das Feuer durch das Glas hin- durchgienge. 93. Versuch. Man halte eine Flasche, welche auswendig keine Be- legung hat, in der Hand, und bringe ihren Knopf gegen einen elektrisirten Conductor; so wird das Feuer, indem die Flasche geladen wird, auf eine sehr angenehme Art aus der äußern Seite in die Hand übergehen; beym Entla- den werden von dem an der Aussenseite anliegenden Kno- pfe des Ausladers die schönsten leuchtenden Aeste ausge- hen, und sich über die ganze Flasche verbreiten. 94. Versuch. Man hänge eine Kette an den Conductor, und lasse sie in eine unbelegte Flasche so herabgehen, daß sie den Boden derselben nicht berührt; dreht man nun die Ma- schine, so wird sich die Kette in die Runde herum bewe- gen, gleichsam als ob sie die elektrische Materie über die Siebentes Capitel. innere Seite des Glases verbreiten, und so dasselbe nach und nach laden wollte. 95. Versuch. Fig. 47 zeigt zwo übereinander gestellte leidner Fla- schen. Man kan mit dieser doppelten Flasche viele Ver- suche anstellen, welche sehr belustigend sind, und die an- genommene Theorie ungemein erläutern. Man bringe die äußere Belegung der Flasche A in Berührung mit dem ersten Leiter, drehe die Maschine, bis die Flasche geladen ist, stelle den einen Knopf des Ausla- ders auf die Belegung von B, und berühre mit dem an- dern den Knopf der Flasche A, so wird eine Explosion entstehen. Nunmehr stelle man einen Knopf des Ausla- ders auf den Knopf von A, und bringe den andern an die Belegung von A, so wird ein zweyter Schlag erfolgen. Bringt man wiederum einen Knopf des Ausladers an die Belegung von A, so entsteht eine dritte Explosion. Man erhält noch eine vierte, wenn man den Schlag aus der Be- legung von A in den Knopf dieser Flasche gehen läßt. Die äußere Belegung der obern Flasche steht in Ver- bindung mit der innern Seite der untern, und führt die elektrische Materie aus dem Conductor in die untere große Flasche, welche daher positiv geladen wird; die obere wird nicht geladen, weil die innere Seite nichts von ihrer elektrischen Materie mittheilen kan. Macht man aber eine Verbindung zwischen der innern Seite von A und der äußern von B, so wird ein Theil der Materie aus der in- nern Seite von A in die negative Belegung von B über- geführt, und die Flasche B entladen. Die zwote Explo- sion entsteht durch die Entladung der Flasche A; da aber dieser Flasche äußere Seite durch leitende Substanzen mit der positiven innern Seite der Flasche B verbunden ist, so darf der Knopf des Ausladers nur noch die geringste Zeit über nach der Entladung am Knopfe von A verweilen, und es wird sogleich ein Theil von der Materie der innern Seite Die leidner Flasche. von A herausgehen, und durch eine aus B kommende Quantität an der äußern Seite ersetzt werden, wodurch A zum zweytenmale geladen wird. Die Entladung von A veranlasset den dritten, und die von B den vierten Schlag. Beweis, daß die beyden Seiten einer geladenen Flasche entgegengesetzte Elektricitäten haben, durch ihr Anziehen und Zurückstoßen. 96. Versuch. Man schraube die Flasche H, Fig. 49, mit dem daran befindlichen Ringe seitwärts auf das isolirende Sta- tiv, wie in Fig. 48, und lade sie positiv, berühre hier- auf den Knopf mit ein paar Korkkugeln, so werden diese mit positiver Elektricität aus einander gehen. Man halte ein paar andere an die Belegung, so werden sie sich mit negativer Elektricität trennen. 97. Versuch. Man elektrisire zwey paar Korkkugeln an messinge- nen Röhren, wie Taf. 11. Fig. 22, durch den Knopf ei- ner positiv geladenen Flasche, stelle sie in geringer Entfer- nung aus einander, und schiebe dann die Röhren zusam- men, daß sich ihre Enden berühren, so bleiben die Ku- geln in eben dem Zustande, in welchem sie sich vor der Berührung der Röhren befanden, weil ihre Elektricität von gleicher Art ist. Eben dies erfolgt, wenn beyde Paare an der Belegung elektrisiret werden; wird aber ein Paar an der Belegung und das andere an dem Knopfe elektrisiret, so fallen sie, sobald sie an einander gebracht werden, sogleich zusammen. 98. Versuch. Eine Korkkugel, oder eine künstliche Spinne von gebranntem Kork, mit Füßen von leinenen Fäden, an Siebentes Capitel. einem seidnen Faden aufgehangen, wird zwischen den Knöpfen zwoer Flaschen, deren eine positiv, die andere negativ geladen ist, hin und her spielen, und die Flaschen werden dadurch in kurzer Zeit entladen werden. 99. Versuch. Eine an Seide aufgehangene Kugel, zwischen zwo messingenen Knöpfen, deren einer von der äußern, der an- dere von der innern Seite einer leidner Flasche hervor- geht, wird, wenn die Flasche geladen ist, von einem Knopf zum andern fliegen, und auf diese Art die Flasche entla- den, indem sie die elektrische Materie aus der innern Seite in die äußere führt. 100. Versuch. Zwischen zwo Flaschen, welche auf einerley Art ge- laden sind, wird eine isolirte Korkkugel, wenn sie einmal einen Funken erhalten hat, nicht hin und her gehen, son- dern von beyden Flaschen gleich stark zurückgestoßen werden. 101. Versuch. In Fig. 58. ist an den untern Theil einer isolirten belegten Flasche ein Drath befestiget, auf welchem ein an- derer Drath b c rechtwinklicht aufsteht, auf der Spitze des letztern steht ein messingenes Kreuz. Ladet man die Flasche, so wird das Kreuz während der Ladung umlau- fen, wenn aber die Flasche geladen ist, stillstehen. Man berühre den Knopf der Flasche mit dem Finger oder einem andern leitenden Körper, so wird sich das Kreuz wieder so lang drehen, bis die Flasche entladen ist. Ein paar Korkkugeln werden von dem Kreuze während der Ladung positiv, und während der Entladung negativ elektrisirt. Die leidner Flasche. 102. Versuch. Man lege eine reine und trockne geriebene Glastafel, etwa einen Quadratschuh groß, auf ein isolirtes Kästgen mit Korkkugeln, so werden die Kugeln mit positiver Elek- tricität aus einander gehen, und in trockner Luft wohl vier Stunden lang fortfahren einander aufwärts zurückzu- stoßen. Wenn die Kugeln endlich zusammen kommen, nehme man das Glas hinweg, so werden sie mit negati- ver Elektricität aus einander gehen; man lege das Glas wieder darauf, so werden sie zusammenfallen; man neh- me es hinweg, so werden sie aus einander gehen; diese Abwechselung dauret so lange fort, als noch einige Elek- tricität im Glase ist. Wird die Glastafel in einen hölzernen Rahmen ge- faßt, und eine leichte Korkkugel auf ihre Oberfläche ge- legt, so wird die Kugel, wenn man den Finger oder eine Nadelspitze dagegen bringt, mit einer sehr schnellen Be- wegung davon zurückfliegen, und kann so auf der ganzen Oberfläche des Glases, wie eine Feder in der Luft durch eine geriebene Röhre, herumgetrieben werden. Denn da die Kugel durch die Nadel ihrer Elektricität beraubt wird, so fliegt sie augenblicklich nach demjenigen Theile des Gla- ses, der sie am stärksten anzieht. Um die Elektricität der Glastafel zu erregen, lege man dieselbe auf einen trocknen Bogen Papier, und reibe sie mit reinem trocknen Flanell. Beweise der entgegengesetzten Elektricitäten beyder Seiten der leidner Flasche, und der Richtung der elektrischen Materie beym Laden und Entla- den, durch die Erscheinungen des elek- trischen Lichts. Wir haben bereits im 6ten Capitel bemerkt, daß man die verschiedenen Erscheinungen des Lichts an elektri- Siebentes Capitel. sirten Spitzen für ein Kennzeichen der Richtung der elek- trischen Materie halte, indem der leuchtende Stern oder Punkt zeigt, daß die Spitze elektrische Materie annehme, da hingegen der helle Kegel oder Stralenbüschel ein Aus- gehen der Materie aus der Spitze andeutet. Wir wol- len jetzt durch diese Erscheinung den Zustand beyder Sei- ten der leidner Flasche untersuchen. Hiezu so wohl, als auch zu vielen andern Absichten, wird man die Fig. 49. vorgestellte Geräthschaft sehr bequem finden; ich habe die Theile derselben so zu verbinden gesucht, daß das Ganze dadurch zu sehr vielen Zwecken brauchbar wird, ohne doch sehr zusammengesetzt zu seyn. A ist eine isolirende Glas- säule, auf den hölzernen Fuß B geschraubt; alle übrigen Theile der Geräthschaft lassen sich auf diese Säule schrau- ben. C ist eine luftleere Glasröhre, an beyden Enden in messingene Hauben gefasset; am Ende D ist ein Ventil gehörig unter der messingenen Platte angebracht; aus der obern Haube geht ein messingener Drath mit einer Kugel, aus der untern Platte ein zugespitzter Drath hervor; diese Röhre heist der leuchtende Conductor. Die bey E vorgestellte Flasche heist das leidner Vacuum. Sie hat unter der Kugel E ein Ventil; man kann die Kugel abschrauben, um leichter zum Ventile zu kommen; ein stumpfgeendeter Drath geht bis ein wenig unter den Hals der Flasche herab; der Boden der Flasche ist mit Stan- niol belegt, und auswendig eine Schraubenmutter ange- küttet, um sie an die Glassäule A zu schrauben. F ist eine kleine Pumpe, mit welcher man die Luft nach Erfordern entweder aus dem leuchtenden Conductor oder aus dem leidner Vacuum ziehen kann. In dieser Absicht schraubt man von dem leidner Vacuum die Kugel, oder von dem leuchtenden Conductor die Platte ab, schraubt an deren Stelle die Pumpe an, sorgt dafür, daß die Schraubenmutter G fest an das Leder bey a b, c d an- schließe, und arbeitet mit der Pumpe, so werden die Glä- Die leidner Flasche. ser in wenigen Minuten hinlänglich ausgepumpt seyn. H und I sind zwo leidner Flaschen, deren jede eine Schrau- benmutter am Boden hat, um sich gelegentlich an die Säule A anschrauben zu lassen. Die Flasche H ist mit einem Ringe versehen, damit man sie seitwärts an die Säule A anschrauben könne. K und L sind zween dünne Dräthe, welche man gelegentlich in die Kugel E, in die Knöpfe e und f, in die Haube C, oder in g an die Glas- säule schrauben kann. Die Kugeln lassen sich von diesen Dräthen abschrauben, und alsdann haben sie stumpfe Spitzen. M ist ein hölzernes Täfelchen, das man gele- gentlich auf die Glassäule schrauben kann. 103. Versuch. Schraubt man die Flasche I auf die isolirende Säu- le, und den zugespitzten Drath in das Loch g, befestiget einen andern spitzigen Drath an das Ende des Condu- ctors, bringt den Knopf der Flasche gegen diesen Drath, und drehet die Maschine, so wird aus dem spitzigen Drathe am Conductor ein Stralenbüschel gegen den Knopf der Flasche gehen, und zugleich wird ein anderer Stralenbü- schel aus der Spitze am Boden der Flasche in die Luft ausfahren, Man s. Fig. 50. Man wiederhole diesen Versuch mit dem negativen Conductor, so wird am Ende beyder Dräthe ein leuchten- der Stern erscheinen. 104. Versuch. Man schraube einen spitzigen Drath in den Knopf der Flasche (s. Fig. 51.), und lade sie positiv, so wird der spitzige Drath die elektrische Materie aus dem Con- ductor in sich nehmen; diese wird also als ein leuchtender Stern erscheinen, indeß der Drath an der äußern Seite der Flasche einen divergirenden Stralenkegel aussendet. Siebentes Capitel. Fig. 52. zeigt die vorigen Erscheinungen umgekehrt, wenn man nämlich die Flasche am positiven Conductor negativ ladet. Man kann diesen Versuch noch weiter abändern, wenn man die Flasche an einem negativen Conductor ladet. 105. Versuch. Wenn die Flasche, wie in den vorigen Versuchen, geladen ist, so drehe man den Drath, der sich vorhin ge- gen den Cylinder zukehrte, nunmehr von demselben ab, und drehe die Maschine, so wird der Zu- und Abfluß noch deutlicher, als vorher, erscheinen: indem die elektrische Materie mit der größten Heftigkeit von der einen Spitze eingesogen, und von der andern ausgestoßen wird, wo- durch sich die Flasche in kurzer Zeit entladet. 106. Versuch. Man lade die Flasche, wie vorher, und berühre dann den mit der negativen Seite verbundenen Drath, so wird der entgegengesetzte Drath einen divergir e nden Stra- lenkegel aussenden; wird hingegen die positive Seite be- rührt, so zeigt sich bloß ein leuchtender Punkt an dem an- dern Drathe. 107. Versuch. Fig. 53. ist eine elektrische Flasche, B B die Stan- niolbelegung, C ein Stativ, welches die Flasche trägt, D eine metallene Tülle, auf welcher die Glassäule E ste- het; ein gebogner und an beyden Enden zugespitzter me- tallischer Drath F ist an das Ende des Stabes G befesti- get, welcher Stab sich nach Gefallen in der federnden Röhre N verschieben läßt. Diese Röhre ist auf die Glas- säule E befestiget; der zur Ladung dienende Stab aber ist mit den verschiedenen Abtheilungen der innern Belegung der Flasche durch horizontale Dräthe verbunden. Die leidner Flasche. Man stelle die Flasche, wie gewöhnlich, und setze die Maschine in Bewegung, so wird sich an der obern Spitze des Draths F ein kleiner leuchtender Punkt zeigen (ein deutliches Zeichen, daß die Spitze alsdann aus dem obern Ringe der äußern Belegung Elektricität in sich nimmt), zugleich wird aus der untern Spitze des Draths F ein sehr schöner feiner Stralenkegel gegen die unterste Zone der Belegung zu schießen. Wenn diese Erscheinun- gen aufhören, welches geschieht, sobald die Flasche gela- den ist, bringe man einen zugespitzten Drath gegen den ersten Leiter; dieser wird die Flasche stillschweigend entla- den, und während dieser Entladung wird die untere Spitze mit einem kleinen Funken erleuchtet seyn, die obere hinge- gen wird einen Stralenbüschel aussenden, welcher gegen die obere Zone der Belegung zu divergiret. 108. Versuch. Man nehme eine leidner Flasche, deren Hals nicht sehr breit ist, stelle ihre Belegung an den Conductor, und lade sie negativ. Es wird alsdann, wenn die Flasche nicht allzutrocken ist, der obere Rand der Belegung einen oder mehrere Lichtbüschel in die Luft aussenden, welche sich sehr merklich gegen den ladenden Drath in der Mitte der Flasche beugen, und bisweilen denselben wirklich erreichen werden. Man halte den Knopf an den ersten Leiter, und lade die Flasche positiv, so wird anfänglich nach einigen Umdrehungen des Cylinders ein kleiner leuchtender Funken am Rande des Korkes im Halse der Flasche erscheinen; dieser Funken verwandlet sich in einen Stralenbüschel, der vom Korke ausgeht, und sich nach und nach in einen Bo- gen verlängert, dessen Ende sich niederwärts bis an den Rand der Belegung erstrecket. Ist die Flasche trocken, so entladet sie sich in beyden Fällen freywillig. Man s. Fig. 54 und 55. Siebentes Capitel. 109. Versuch. Eine isolirte positiv geladene Flasche giebt einer ge- riebenen Stange Siegellak aus ihrem Knopfe einen Fun- ken; da hingegen zwischen demselben und einer geriebe- nen Glasröhre kein Funken entsteht. 110. Versuch.Zergliederung der leidner Flasche durch das leidner Vacuum E, Fig. 49. Man schraube das leidner Vacuum auf den isoliren- den Fuß, mit dem zugespitzten Drathe am Boden. Fig. 56. z igt die Erscheinungen der elektrischen Materie an den Spitzen, wenn die Flasche an einem positiven Con- ductor negativ geladen wird. Fig. 57. zeigt die Erscheinungen, wenn die Flasche an eben demselben Conductor positiv geladen wird. Fig. 59. wird dieselbe Flasche am negativen Con- ductor positiv, und Fig. 60. an eben demselben negativ geladen. 111. Versuch. Fig. 61. stellt den leuchtenden Conductor auf dem isolirten Fuße vor. Man setze die einsaugende Spitze nahe an den Cylinder, bringe den Knopf einer ungelade- nen Flasche in Berührung mit der Kugel, oder lasse eine Kette von derselben auf den Tisch herabhängen, und drehe die Maschine, so wird sich die Kugel in eine dichte elek- trische Atmosphäre hüllen. Wird die Spitze an ein iso- lirtes Küssen gebracht, und die Kugel mit dem Tische ver- bunden, so wird sich die Atmosphäre an der in der Röhre befindlichen Spitze zeigen. Bringt man eine positiv ge- ladene Flasche dagegen, so sind die Erscheinungen in der Röhre, wie bey Fig. 62. Wird aber eine negativ gela- dene Flasche dagegen gehalten, so sind sie, wie Fig. 61. Die leidner Flasche. Man kan diese Röhre, wenn sie auf dem isolirenden Fuße stehet, anstatt des ersten Leiters gebrauchen, und alle gewöhnliche Versuche damit anstellen; sie leuchtet wäh- rend der Operation unaufhörlich. Von der Richtung der elektrischen Materie beym Entladen der leidner Flasche. 112. Versuch. Man stelle eine geladene Flasche auf einem kleinen gläsernen Stativ unter die Glocke einer Luftpumpe; so wie nun die Glocke ausgeleeret wird, so wird die elektrische Muterie in Gestalt eines sehr hellen Stralenkegels aus dem Drathe der Flasche herausgehen, und nach der Be- legung zu strömen, bis die Luft völlig ausgeleert ist. Als- dann wird man auch die Flasche entladen finden. Ist die Flasche negativ geladen, so wird der leuch- tende Strom gerade die entgegengesetzte Richtung von der vorigen nehmen. Man kan aus diesem Versuche die Wirkung des Drucks der Atmosphäre auf die leidner Flasche beurtheilen, und sehen, daß dieser Druck die natürliche Grenze jeder Ladung mit Elektricität bestimme, und daß also eine Flasche in einer doppelt so dichten Lust eine doppelt so starke Ladung halte, als in der gemeinen atmosphärischen Luft, indem die Stär- ke der elektrischen Atmosphäre durch den Druck der Luft vergrößert wird. 113. Versuch. Man setze ein kleines angezündetes Wachslicht zwi- schen die beyden Knöpfe des allgemeinen Ausladers, und lasse eine sehr schwache Ladung einer positiven Flasche hin- durchgehen, so wird die Flamme des Wachslichts nach der Richtung der elektrischen Materie gegen die Belegung zu, angezogen werden. Man s. Fig. 63. Siebentes Capitel. 114. Versuch. Ist eben diese schwache Ladung einer negativen Fla- sche gegeben, so wird die Erscheinung gerade die umge- kehrte seyn. Bey beyden Versuchen muß man die Ladung so schwach, als möglich, geben, so daß sie nur gerade hin- reichend ist, über die Unterbrechung in der Verbindung zu schlagen. 115. Versuch. Man lege ein Kartenblatt auf das Tischgen des all- gemeinen Ausladers, bringe das Ende des einen Draths unter das Kartenblatt, und verbinde es mit der Belegung einer positiv geladenen Flasche, das Ende des andern Draths lege man oben auf das Kartenblatt etwa andert- halb Zoll weit von dem vorigen entfernt; man mache hier- auf die Verbindung vollständig, indem man den Ausla- der an den letzten Drath und an den Knopf der Flasche bringt, so wird die elektrische Materie durch den obern Drath längst der Oberfläche des Kartenblatts hingehen, bis sie an das unter der Karte befindliche Ende des andern Draths kömmt. Hier wird sie ein Loch durch das Kartenblatt bohren, und durch den Drath in die Bele- gung der Flasche übergehen. Man s. Fig. 64. 116. Versuch. Wenn man vier Korkkugeln A, B, C, D in glei- chen Entfernungen von einander, zwischen den Knopf des Ausladers und die Belegung einer positiv geladenen Fla- sche stellt, und nun die Flasche entladet, so wird die Ku- gel A, die dem Auslader am nächsten liegt, gegen B, und B gegen C gestoßen, C bleibt unbewegt, und D fliegt ge- gen die Belegung der Flasche. Die leidner Flasche. 117. Versuch. Man mache auf beyde Seiten eines Kartenblatts einen fingerbreiten Strich mit Zinnober, befestige dieses Blatt mit ein wenig Wachs vertikal auf das Tischgen des allgemeinen Ausladers, lasse das Ende des einen Draths die eine, und das Ende des andern Draths die entgegen- gesetzte Seite berühren; die Entfernung beyder Enden von einander muß mit der Stärke der Ladung im Verhältniß stehen. Entladet man nun die Flasche durch die Dräthe, so zeigt der schwarze Streif, den die Explosion auf dem mit Zinnober gefärbten Striche zurückläßt, daß die elek- trische Materie von dem Drathe, der mit der innern Seite der Flasche in Verbindung steht, in denjenigen überge- gangen sey, welcher mit der äußern Seite verbunden ist, gegen welchen letztern sie ein Loch schlägt. Versuche, welche gegen die angenommene Theorie der Elektricität zu streiten scheinen. 118. Versuch. Man lade die Oberflächen einer elektrischen Platte ganz gelind, isolire sie, und mache eine unterbrochene Ver- bindung, so werden beyde Kräfte sichtbar werden, und die an der unterbrochenen Verbindung befindlichen Spitzen erleuchten: jede Kraft wird sich von der Oberfläche, von welcher sie ausgeht, immer weiter erstrecken, je stärker die Platte geladen wird; wenn aber die Erleuchtungen von beyden Seiten einander begegnen, so wird sogleich eine Explosion der ganzen Ladung erfolgen. 119. Versuch. Wenn man eine cylindrische Lustplatte unter der Glocke einer Luftpumpe ladet, so werden sich beyde Kräfte desto leichter vereinigen, je mehr Luft zwischen beyden Flächen weggepumpet wird. Siebentes Capitel. 120. Versuch. Wenn eine luftleere Glocke zum Theile einer elektri- schen Verbindung gemacht wird, und die Ladung nicht hinreichend ist, einen Schlag zu verursachen, so wird man ein elektrisches Licht in entgegengesetzten Richtungen aus den Theilen hervorgehen sehen, welche mit der positiven und negativen Fläche verbunden sind. 121. Versuch. Man setze eine belegte Flasche auf ein isolirendes Stativ, und berühre ihren Knopf mit dem Knopfe einer andern negativ geladenen Flasche, so wird man zwischen beyden einen kleinen Funken sehen, und beyde Seiten der isolirten Flasche werden sogleich negativ elektrisiret seyn. 122. Versuch. Man befestige ein Elektrometer von Korkkugeln mit ein wenig Wachs an die äußere Belegung einer Flasche, lade die Flasche ganz gelind positiv, und setze sie auf ein iso- lirendes Stativ, so werden die Kugeln entweder gar nicht oder nur sehr wenig aus einander gehen. Man bringe den Knopf einer stark positiv geladenen Flasche an den Knopf der vorigen, so werden die Bälle mit positiver Elektricität aus einander gehen. 123. Versuch. Man lade eben diese Flasche mit den an ihre äußere Belegung befestigten Korkkugeln, gelind negativ, isolire sie hierauf, und bringe den Knopf einer stark negativ ge- ladenen Flasche an den Knopf der isolirten, so werden die Kugeln mit negativer Elektricität aus einander gehen. 124. Versuch. Man lade eine Flasche positiv, isolire sie, lade eine andere sehr stark negativ, und bringe den Knopf der ne- Die leidner Flasche. gativen nahe an den Knopf der positiven, so wird ein Faden zwischen beyden hin und her spielen; wenn aber die Knöpfe einander berühren, so werden die Fäden zuerst angezogen, und dann von beyden zurückgestoßen. Die negative Elektricität tritt gleich- sam an die Stelle der positiven, und, wenn man beyde wieder von einander trennt, so sind sie einige Minuten lang beyde negativ; wenn man aber dem Kno- pfe der Flasche, in welche die negative Elektricität ge- bracht wurde, den Finger nähert, so zerstreut sich diese Elektricität augenblicklich, der Finger erhält einen schwa- chen Funken, und die Flasche ist wieder positiv geladen, wie vorher. Achtes Capitel. Von der elektrischen Batterie, und der Lateral- explosion geladener Flaschen. Zu Verstärkung der elektrischen Explosion pflegt man mehrere leidner Flaschen mit einander in einem Ka- sten zu verbinden, und diese Geräthschaft eine elektrische Batterie zu nennen. Fig. 65. stellt eine der beliebte- sten Einrichtungen derselben vor. Der Boden des Kastens ist mit Stanniol überlegt, um die äußern Belegungen der Flaschen mit einander zu verbinden. Die innern sind durch die Dräthe b, c, d, e, f, g verbunden, welche sich in die große Kugel A vereinigen; C ist ein Hacken am Boden des Kastens, durch welchen man etwas mit der äußern Belegung der Flaschen verbin- den kann; von der innern Seite geht die Kugel B hervor- durch welche die Verbindung gelegentlich vollständig ge- macht werden kann. Beym Gebrauch der elektrischen Batterie sind folgende Vorsichtsregeln in Acht zu nehmen. Achtes Capitel. Den obern unbelegten Theil der Flaschen muß man trocken und rein vom Staub halten, und nach der Explo- sion einen Drath vom Hacken bis an die Kugel gehen las- sen, welcher in dieser Lage bleiben muß, bis man die Bat- terie wieder laden will. Dadurch wird man allen Scha- den, welcher sonst aus dem Ueberreste der Ladung entste- hen könnte, gänzlich vermeiden. Wenn eine Flasche in der Batterie zerbrochen ist, so ist es unmöglich, die übrigen zu laden, bis die zerbroche- ne weggenommen ist. Um die Flaschen einer großen Batterie vor dem Zerbrechen beym Schlage zu bewahren, hat man angera- then, keine Batterie durch einen guten Leiter zu entladen, wofern nicht die Verbindung aufs wenigste fünf Schuh lang sey. Aber was man durch diese Methode auf der einen Seite gewinnt, das verliert man auf der andern wieder; denn durch Verlängerung der Verbindung wird die Stärke des Schlags verhältnißmäßig vermindert. Man hat mir gesagt, daß die zu Newcastle ver- fertigten Flaschen von grünem Glas nicht leicht von einer Explosion zerbrächen; allein ich habe nicht Gelegenheit gehabt, mit dergleichen Glase selbst Versuche anzustellen. Dle Stärke einer Batterie wird beträchtlich ver- mehrt, wenn man den Schlag bey der Explosion concen- triret, welches geschiehet, wenn man ihn durch kleine Ver- bindungen nicht-leitender Substanzen gehen läßt. Hie- durch kann das widerstehende Mittel, durch welches der Funken gehen muß, so zubereitet werden, daß es die Stär- ke desselben vermehret. Läßt man ihn durch eine ein Zwölftel oder ein Sechstel Zoll weite Oefnung in einer Glasplatte gehen, so wird er weniger zerstreut, compa- cter und kräftiger. Wird die Stelle um die Oefnung herum mit ein wenig Wasser angefeuchtet, so wird der Funken, der dieses Wasser in Dämpfe verwandlet, auf eine größere Weite fortgeführet, seine Geschwindigkeit ver- größert, und der Schall ist lauter, als gewöhnlich. Elektrische Batterie und Lateralexplosion. Durch diese und einige andere Mittel hat Herr Morgan mit ganz kleinen Flaschen Drath geschmolzen u. dgl. Vielleicht wird er diese und seine übrigen wichti- gen Entdeckungen dem Publikum bald mittheilen. 125. Versuch. Man lasse die Ladung einer starken Batterie durch 2 – 3 Zoll dünnen Drath gehen, so wird derselbe biswei- len glühend werden, zuerst auf der positiven Seite, und in der Regel wird das Glühen nach dem andern Ende zu fortgehen. 126. Versuch. Man entlade eine Batterie durch ein Buch Papier, so wird sie ein Loch durch dasselbe schlagen; jedes Blatt wird durch den Schlag von der Mitte aus gegen die aus- sen anliegenden Blätter zu durchbrochen, gerade als ob der Schlag von seinem Innern aus auf beyde Seiten ausge- brochen wäre. Ist das papier sehr trocken, so findet die elektrische Materie in ihrem Uebergange mehr Widerstand, und das Loch ist klein. Ist der Theil des Papiers, durch welchen die Eplosion geht, feucht, so ist das Loch größer, das Licht lebhafter und der Schlag lauter. 127. Versuch. Die Entladung einer Batterie durch eine kleine stäh- lerne Nadel wird, wenn die Ladung stark genug ist, die Nadel magnetisch machen. 128. Versuch. Die Entladung einer Batterie durch eine kleine und dünne Magnetnadel wird ihr gemeiniglich die magnetische Eigenschaft ganz benehmen, bisweilen aber auch ihre Pole umkehren. Soll dieser Versuch gelingen, so ist es oft nöthig, mehrere starke Schläge durch die Nadel gehen Achtes Capitel. zu lassen, ehe man sie aus der Verbindung hinweg nimmt. Aus des P. Beccaria Versuchen erhellet, daß die magnetische Richtung, welche eine Nadel durch die Elek- tricität erhält, von der Lage der Nadel beym Schlage ab- hängt, und nicht auf die Richtung der elektrischen Mate- rie beym Eingange in die Nadel ankömmt. 129. Versuch. Man entlade eine Batterie durch einen dünnen Drath, der z. B. ein Funfzigtheilchen eines Zolles im Durchmesser hat, so wird der Drath in Stücken zerbrochen oder geschmolzen werden, so daß er in glühenden Kügel- chen herabfällt. Wenn ein Drath auf diese Art geschmolzen wird, so fliegen häufige Funken bis auf eine beträchtliche Entfer- nung herum, indem sie durch die Explosion nach allen Richtungen ausgeworfen werden. Ist die Kraft der Batterie sehr groß, so wird der Drath durch die Stärke der Explosion gänzlich zerstreut. Kleine Stückchen solcher Substanzen, die sich nicht leicht in einen Drath ausziehen lassen, als Platina, Goldkör- ner, Erze ꝛc . kann man in Wachs drücken, und so in die Verbindung bringen; geht nun ein Schlag von genugsa- mer Stärke hindurch, so werden sie geschmolzen. Die Kraft einer Batterie, Dräthe zu schmelzen, ändert sich mit der Länge der Verbindung, weil die elek- trische Materie desto mehr Widerstand antrift, je länger der Weg ist, durch welchen sie gehen muß. D. priest- ley konnte 9 Zoll dünnen eisernen Drath in einer Entfer- nung von 15 Fuß schmelzen, aber in der Entfernung von 20 Fuß konnte er nur 6 Zoll davon glühend machen. 130. Versuch. Man schließe einen sehr dünnen Drath in eine Glas- r öhre ein, und entlade eine Batterie durch denselben, so Elektrische Batterie und Lateralexplosion. wird er in Kügelchen von verschiedener Größe zertheilt, welche man von der innern Fläche der Glasröhre zusam- menlesen kann. Man findet sie oft hohl, und sie sind dann nicht viel mehr, als eine Metallschlacke. Man hat viele Versuche angestellt, um die verschie- denen leitenden Kräfte der Metalle durch den hindurchge- lassenen Schlag einer Batterie zu untersuchen; allein man hat noch nicht bestimmen können, ob die größere Leichtig- keit, mit welcher einige Metalle explodiren, von der Leich- tigkeit des Durchgangs der elektrischen Materie, oder von dem Grade des Widerstands, welchen sie dem Durchgan- ge dieser Materie entgegensetzen, oder von einem Mangel an Ductilität, wodurch sie der Ausdehnung unfähiger werden, herkomme. 131. Versuch. Man entlade eine Batterie durch eine Kette, wel- che auf Papier liegt, so werden an den Stellen, wo die Glieder der Kette einander berühren, schwarze Flecken auf dem Papiere zurückbleiben; auch werden die Glieder an diesen Stellen mehr oder weniger geschmolzen werden. 132. Versuch. Man nehme zwey Stücken Fensterglas, etwa 3 Zoll lang und 2 Zoll breit, lege einen Streif Messing- oder Goldblättchen zwischen beyde und lasse die Blättchen auf beyden Seiten vor dem Glase hervorragen; stelle die bey- den Stücken Glas in die Presse des allgemeinen Ausla- ders, bringe die beyden Enden der Dräthe E T, E F. Fig. 33. an die Enden der Metallblättchen, und lasse den Schlag durch dieselben gehen, so wird dieser einen Theil des Metalls in das Glas hineintreiben, und die Farbe des- selben in etwas verändern. Das Metallblättchen muß in der Mitte am schmälsten seyn, weil die Stärke der elek- trischen Materie sich wie ihre Dichtigkeit verhält, welche Achtes Capitel. zunimmt, wenn eben dieselbe Menge von Materie durch weniger leitende Theile hindurchgedrängt wird. Wenn die Streifen von Goldblättchen durch die Explosion geschmolzen sind, so werden sie dadurch nicht- leitend, und verlieren die Fähigkeit, nach dem ersten Schlage noch einen zweyten durchzulassen. Einige Theil- chen des Metalls werden in das Glas getrieben, welches dadurch wirklich geschmolzen wird; die am Glase anlie- genden Theile des Metalls werden am vollkommensten ge- schnolzen. Die Stücken Glas, welche das Metallblätt- chen bedecken, werden durch den Auslader gemeiniglich in Stücken zerbrochen. 133. Versuch. Man lege ein starkes Stück Glas auf die elfenbei- nerne Platte des allgemeinen Ausladers Taf. 11. Fig. 3, auf das Glas ein starkes Stück Elfenbein, und auf dieses ein Gewicht von 1 – 7 Pfund; bringe die Enden der Dräthe E F, E T gegen den Rand des Glases, und lasse den Schlag durch die Dräthe gehen, indem man den einen dersel- ben, z. B. E F, mit dem Hacken der Batterie C, Taf. IV. Fig. 65, verbindet, und nach geladener Batterie eine Verbindung zwischen der Kugel und dem Drathe E T macht, so wird das Glas zerbrochen, und ein Theil davon in ein feines Pulver zermalmet werden. Ist das Glas stark genug, dem Schlage zu widerstehen, so wird es oft mit den schön- sten und lebhaftesten Farben bezeichnet. Herr Morgan hat mich versichert, daß die Wirkung eben dieselbe sey, wenn das Glas von unten angeküttet wird; welche Me- thode bey verschiedenen Versuchen noch schicklicher ist. 134. Versuch. Geht der Schlag unter dem Elfenbein mit den Ge- wichten durch, ohne daß noch ein Glas zwischen demsel- ben und der Tafel des allgemeinen Ausladers G H liegt, so werden die Gewichte durch die Lateralkraft des Schla- Elektrische Batterie und Lateralexplosion. ges ausgehoben. Die Anzahl der Gewichte muß mit der Stärke der Explosion im Verhältniß stehen. 135. Versuch. Fig. 66. a ist ein isolirter Stab, der eine geladene Flasche d beynahe berühret, b ein anderer isolirter Stab, nahe an den vorigen und in gerader Linie mit demselben gestellet. Man entlade die Flasche durch den Auslader e, von welchem eine Kette herabhängt, welche den Boden der Flasche nicht berühret, so wird der Stab b einen elek- trischen Funken erhalten, welcher ihn aber fast in eben demselben Augenblicke wieder verläßt, indem auch die feinsten daran gehangenen Fäden durch diesen Funken nicht elektrisiret werden. Diese elektrische Erscheinung, welche sich ganz aus- serhalb der Verbindung der entladenen Flasche äußert, heist die Lateralexplosion. Wenn man kleine Stücken Kork oder andere leichte Körper in die Nähe einer geladenen Flasche oder Batterie bringet, so werden sie bey der Entladung nach allen Rich- tungen vom Mittelpunkte der Explosion aus von ihrer Stelle getrieben werden; und je stärker die Explosion ist, desto weiter werden sie verschoben. Es ist daher nicht zu verwundern, daß schwere Körper durch starke Blitze bis auf beträchtliche Entfernungen fortgeschoben werden. D. priestley vermuthet, daß diese Art von Lateralwirkung durch die Luft verursachet werde, welche aus der Stelle, durch die der elektrische Schlag gehet, vertrieben wird. Diese Lateralwirkung in der Nachbarschaft eines Schlags äußert sich nicht allein, wenn der Schlag zwi- schen zweyen Stücken Metall in freyer Luft entstehet, son- dern auch, wenn er durch Drath gehet, der nicht stark ge- nug ist, ihn vollkommen zu leiten. Je dünner der Drath, und je stärker die Schmelzung ist, desto heftiger ist auch die Zerstreuung leichter Körper um denselben herum. Achtes Capitel. 136. Versuch. 1. Wenn zwischen den beyden geladenen Flächen einer elektrischen Platte mehrere Verbindungen von ver- schiedener Länge und aus verschiedenen Materien gemacht werden; so geht der Schlag durch diejenige Verbindung, weiche aus den besten Leitern besteht, wie lang oder kurz auch die übrigen seyn mögen. 2. Werden mehrere Verbindungen von einerley Ma- terien, aber von verschiedener Länge, gemacht, so geht der Schlag durch die kürzeste derselben. 3. Sind die Verbindungen in aller Absicht elnan- der gleich, so geht der Schlag durch mehrere zu gleicher Zeit. Einer meiner Freunde hat mir erzählt, er habe oft mehrere Verbindungen zu gleicher Zeit gemacht, um große Flaschen oder Batterien zu entladen. Wenn deren eine hin- reichende Anzahl gewesen, so habe er sich selbst in eine der- selben hineinstellen, und ohne den geringsten Schaden An- theil am Schlage nehmen können; die Empfindung sey sogar nicht unangenehm gewesen, und er habe sie durch dieses Mittel fast bis zum Unmerklichen schwächen können. 137. Versuch. Herr Henly machte eine doppelte Verbindung, die erste durch einen eisernen Stab, der ein und einen halben Zoll breit und einen halben Zoll dick war; die andere durch eine vier und einen halben Schuh lange dünne Kette. Bey Entladung einer Flasche von 500 Quadratzoll be- legter Fläche gieng die Elektricität durch beyde Verbin- dungen, und man sahe an vielen Stellen der Kette Fun- ken. Er entlud ferner drey Flaschen, welche zusammen 16 Quadratschuh belegte Fläche enthielten, durch drey ver- schiedene Ketten auf einmal, wie bey Fig. 67, und man sahe in allen Ketten helle Funken. Die Ketten waren von Eisen und Messing, von sehr verschiedenen Längen; Elektrische Batterie uud Lateralexplosion. die kürzeste 10 – 12 Zoll, die längste mehrere Schuhe lang. Wenn diese Flaschen durch den vorerwähnten eisernen Stab, und zugleich durch eine dünne drey Viertel Yards lange Kette entladen wurden, so war die ganze Kette er- leuchtet, und durchaus mit den schönsten Stralen, wie mit Borsten, oder mit goldnen Haaren, bedeckt. Er hatte eine große Flasche mit dem ersten Leiter in Berührung ge- bracht, und eine eiserne Kette an ihre Belegung gehangen, welche mit einer Metallplatte verbunden war, in welche der Schlag durch den Auslader übergieng; er hieng hier- auf eine weit längere messingene Kette an die entgegenge- setzte Seite der Flasche, und stellte ihr Ende acht und einen halben Zoll weit von der Metallplatte ab. An die- ses Ende legte er ein dünnes 8 Zoll langes Stäbgen von Eichenholz, und bestreute dasselbe mit tannenen Sägspä- nen. Wenn er nun die Flaschen durch die Platte entlud, so leuchteten beyde Ketten ihrer ganzen Länge nach, so wie auch die Sägspäne, welche mit einem leuchtenden Streif bedeckt waren, der ein sehr schönes Schauspiel darstellte. In den Glashütten findet man gemeiniglich eine große Anzahl massiver Glasstangen, die ohngefähr einen Viertel Zoll im Durchmesser halten. Wenn man diese Stangen genau untersucht, so wird man viele davon durch einen beträchtlichen Theil ihrer Länge hohl finden; doch macht der Durchmesser der Höhlung selten mehr als ein Zweyhunderttheilchen eines Zolles aus. Man sondere den hohlen Theil ab, und fülle ihn durch Saugen mit Quecksil- ber, verhüte aber, daß vorher keine Feuchtigkeit hinein- komme; so ist die Röhre zu folgendem Versuche zube- reitet. 138. Versuch. Man lasse den elektrischen Schlag durch diesen schmalen Quecksilberfaden gehen, so wird derselbe augen- blicklich zertheilet, und zerschmettert oder splittert die Glas- röhre auf eine sonderbare Art. Achtes Capitel. 139. Versuch. Man nehme eine Glasröhre, deren Weite im Lich- ten etwa einen Viertel Zoll beträgt, fülle sie mit Wasser, verstopfe die Enden mit Kork, stecke durch die Korke zween Dräthe in die Röhre, so daß ihre Enden beynahe zusammen kommen, und bringe die äußern Enden derselben in die Verbindung beyder Seiten einer Batterie; so wird sich bey der Entladung das Wasser nach allen Richtun- gen zerstreuen, und die Röhre durch den Schlag in Stü- cken zerbrochen werden. Die elektrische Materie verwandlet eben so, wie das gemeine Feuer, das Wasser in einen höchst elastischen Dampf. D. Franklin, der obigen Versuch mit Dinte anstellte, konnte nicht den geringsten Flecken auf dem Pa- piere wahrnehmen, auf welchem die Röhre gelegen hatte. Beccaria ließ den Schlag durch einen Wassertropfen ge- hen, der mitten in einer starken gläsernen Kugel zwischen den Enden zweener eisernen Dräthe schwebte, und die Kugel ward durch die Explosion in Stücken zerbrochen. Er baute auf diesen Grund die Erfindung des sogenannten elektrischen Mörsers, welcher eine kleine Bleykugel auf 20 Schuh weit forttreibt. Aus verschiedenen der vori- gen Versuche erhellet, daß die elektrische Materie die Theile der widerstehenden Substanzen, durch welche sie gehet, nach allen Richtungen zu zerstreuen sucht. 140. Versuch. Man stelle ein Haus, aus kleinen Hölzern locker er- baut, auf einem feuchten Brete mitten in ein großes Ge- fäß voll Wasser, und lasse den elektrischen Schlag einer Batterie über das Bret, oder über das Wasser, oder über beyde, gehen, so wird das Wasser stark in Bewe- gung gerathen, und das Haus umgeworfen werden. Auch ist der Schall stärker, als wenn die Explosion bloß durch die Luft gehet. Die elektrische Materie strebt nahe an Elektrische Batterie und Lateralexplosion. der Oberfläche des Wassers hinzugehen, wo sie mehr Wi- derstand antrift, als wenn sie durch das Wasser wäre hin- durchgetrieben worden. Dies kömmt zum Theil auch da- von her, daß die elektrische Materie ein Vermögen besitzt, einen elastischen Dampf aus dem Wasser zu erzeugen, der die umliegende Luft aus der Stelle treibt. Ein über ein Stück Eis geleiteter Schlag läßt auf demselben kleine ungleiche Löcher zurück, als ob eine er- wärmte Kette darauf wäre gelegt worden. Ein Schlag, der durch ein grünes Blatt gehet, zer- reißt die Oberfläche desselben in verschiedenen Richtungen, und stellt mancherley Wirkungen des Blitzes im Kleinen dar. Ueber Weingeist geht der Schlag bis auf eine ge- wisse Weite, ohne ihn zu entzünden; wird aber die Weite größer, so setzt er ihn in Flammen. Man sieht hieraus, daß die Leichtigkeit, mit welcher sich die elektrische Mate- rie über die Oberfläche feuchter Körper leiten läßt, von ihrer Fähigkeit in Dünste verwandelt zu werden, abhängt. Wenn der Schlag die Theilchen der Metalle schmel- zet, so treibt er die leitenden Dämpfe, welche von ihnen aufsteigen, mit sich fort; und je leichter sich die Theile eines Körpers in Dampf oder Staub verwandeln lassen, desto weiter geht der Schlag. 141. Versuch. Wenn ein Drath durch Gewichte ausgedehnt, und durch einen elektrischen Schlag glühend gemacht wird, so findet man ihn nach dem Schlage beträchtlich verlängert. Ist der Drath locker, so soll er, wie man behaupten will, durch den Schlag verkürzt werden. 142. Versuch. Wenn man ein langes und enges Gefäß mit Wasser zu einem Theile der Verbindung bey dem Entladen einer Batterie macht, und jemand seine Hand während der Achtes Capitel. Explosion unter das Wasser taucht, so wird er eine son- derbare Erschütterung im Wasser fühlen, die von der Empfindung des elektrischen Schlages sehr verschieden ist. Der schnelle Stoß von dem Zurückprallen der Luft und des Dampfes theilet sich durch das Wasser der Hand mit, und sie erhält daher eine Erschütterung, welche derjenigen ähn- lich ist, die ein Schiff auf der See bey einem Erdbeben empfindet. 143. Versuch. Man stelle ein plattes Stück Metall zwischen die Spitzen des allgemeinen Ausladers, und lasse mehrere Schläge aus einer Batterie durch die Dräthe gehen, so werden sie nach und nach auf dem Metalle verschiedene Kreise bilden, welche die schönsten prismatischen Farben zeigen. Diese Kreise erscheinen desto eher und stehen de- sto dichter an einander, je näher die Spitze an der Ober- fläche des Metalls stehet. Die Anzahl der Ringe oder Kreise, hängt von der Schärfe der Spitze ab; deswegen geht der Versuch besser von statten, wenn man an die eine Spitze des Ausladers eine spitzige Nadel befestiget. D. Watson und andere haben viele sehr merkwür- dige Versuche angestellt, um die Entfernung, bis auf welche der elektrische Schlag geführt werden kan, und die Geschwindigkeit, mit welcher er sich bewegt, zu bestim- men. Bey Watsons erstem Versuche ward durch elek- trische Materie, welche durch die Themse geführt war, ein Schlag gegeben und Weingeist angezündet. Beym fol- genden Versuche leitete man die elektrische Materie durch eine Verbindung von zwo Meilen, welche den New-river zweymal kreuzte, und über viele Sandgruben und weite Felder gieng. Er ward hierauf durch eine vier Meilen lange Verbindung geleitet. Durch diese Räume gieng er, so viel man bemerken konnte, in einem Augenblicke. Diese augenblickliche Entladung ward dadurch ausser allen Zweifel gesetzt, daß ein Beobachter, der sich mit der ge- Elektrische Batterie und Lateralexplosion. ladenen Flasche in einerley Zimmer, zugleich aber in der Mitte einer Verbindung von zwo Meilen befand, denSchlag in eben dem Augenblicke empfand, in welchem er die Fla- sche sich entladen sahe. Dieser erstaunenswürdigen Geschwindigkeit ungeach- tet, ist es doch gewiß, daß man beyde Seiten einer gelade- nen Flasche, sogar durch die besten Leiter, so schnell be- rühren kan, daß nicht alle elektrische Materie Zeit hat, den Umlauf zu macheu, und die Flasche nur halb entladen wird. Es giebt auch verschiedene Beyspiele, in welchen die Bewegung langsam scheint, welches sich mit jener un- ermeßlichen Geschwindigkeit nicht leicht vereinigen läßt; es ist also gewiß, daß die elektrische Materie bey ihrent Durchgange durch oder über die Körper, Widerstand leidet. Dennoch verschwindet das Unbegreifliche der erzähl- ten Versuche gänzlich, wenn wir den Gedanken des Herrn Volta über diese Materie Beyfall geben. Man wird auch die Muthmassungen dieses Gelehrten durch den 118. 119. und 120. Versuch bestätiget finden, welche sich ur- sprünglich vom Herrn Atwood herschreiben; ob man gleich gestehen muß, daß diese Versuche noch viel weiter führen, und von der Richtung der elektrischen Materie bey der Entladung der leidner Flasche einen Begriff geben, der von der angenommenen Theorie gänzlich verschieden ist. Folgendes ist ein Auszug aus einer sehr weitläufti- gen Abhandlung des Herrn Volta, im Journal de phy- sique vom Jahre 1779. Man nehine an, daß a, b, c, d, e, f, g, h, i, k, l, m, n, o die Hände zusammen geben, daß a die äußere Seite einer geladenen leidner Flasche, und o ihren Knopf berühre. In dem Augenblicke, in welchem o die elektri- sche Materie aus der innern Seite durch den Knopf erhält, wird a der äussern Seite etwas von seinem natürlichen Vorrathe abgeben, ohne erst zu erwarten, bis die aus der innern Seite kommende Materie von o, durch n, m Achtes Capitel. u. s. w. zu ihm komme. Mittlerweile wird der Verlust, den a leidet, von b ersetzt, b erhält wiederum Materie von c u. s. w. Zwar ist es, wenn wir blos auf die Rich- tung der Materie sehen, immer nur ein einziger Strom, der an beyden Enden zugleich entsteht, und sich in eben den- selben Zeitmomenten fortbewegt; obgleich derselbe, wenn man sich genauer ausdrücken will, aus zween in einen ver- einigten Strömen besteht. Wenn die ausserordentliche Geschwindigkeit, mit welcher die Materie fortgeht, uns nicht verhinderte, die Zeitfolge der Erschütterungen bey den verschiedenen Personen, welche die Kette machen, zu be- merken, so würden wir finden, daß diese Erschütterungen nicht in der Ordnung o, n, l, m fortgehen, sondern daß sie zu gleicher Zeit, zuerst an den beyden Enden o und a, dann bey n und b, hierauf bey m und c u. s. f. gefühlt werden, und immer mehr nach dem Mittel der Kette zu gehen. Dem zu folge fühlen bey einer kleinen Flasche die- jenigen, welche am weitsten von den Enden abstehen, den Schlag desto schwächer, je länger die gemachte Verbin- dung ist. Um diese Erklärung deutlicher zu machen, trenne man die Kette, und mache auf einem trocknen Boden zwo Reihen, a, b, c, d – e, f, g, h, welche in der Mitte unterbrochen sind; d berühre die Flasche an der äußern Seite, und e errege den Schlag durch Berührung des Knopfs. Wenn nun die elektrische Materie den kür- zesten Weg nehmen sollte, um in die äußere negative Flä- che zu gelangen, so müßte sie in den Fuß der Person e her- ab, über den Boden in den Fuß von d, und durch des letztern Körper in die äußere Seite kommen, ohne auf f, g, h zu wirken, welche alsdann ganz außer der Verbin- dung stehen würden. Allein sie geht, dieser Voraus- setzung ganz entgegen, aus diesem geraden Wege heraus, und folgt der Ordnung der leitenden Personen, die ihr einen schicklichen Leitfaden giebt, um durch einen andern Weg in die äußere Seite zu kommen. Die von der in- Elektrische Batterie und Lateralexplosion. nern Seite von e durch f, g, h gehende Materie giebt diesen Personen einen merklichen Schlag in den Händen und Knöcheln, zeigt sich, wenn die Hände und Füße ein wenig von einander abstehen, durch einen Funken, und zer- streut sich endlich in die Erde, als das allgemeine Behält- niß der elektrischen Materie. Eben so erhält d, welcher die Materie zuerst an die äußere Seite abgiebt, seinen Verlust durch c, b, a wieder, welche ihren Ersatz aus dem Boden erhalten. Der Strom also, welcher aus dem Knopfe der Flasche kömmt, geht durch die leitenden Kör- per, und verliert sich in dem Erdboden; aus diesem hin- gegen kömmt eine zureichende Menge neuer elektrischer Materie hervor, und ersetzt den in der äußern Fläche be- findlichen Mangel. Wenn f, g, h keine Kette machen, sondern sich ohne regelmäßige Ordnung um e herumstellen, so sieht man den positiven Theil des Stroms sich auf verschiedene Seiten verbreiten, und den Boden, in mehrere Ströme vertheilt, erreichen. Auf eben diese Art geht die elektri- sche Materie aus dem Boden in d über, wenn a, b und e unregelmäßig um d herumgestellt sind; daß also jede Flä- che ihren eignen Strom erregt, von welchen der eine in die Flasche hinein, der andere aus derselben herausgeht. Eben so war es bey dem vorhererwähnten Versuche des D. Watson, wobey man sonst annahm, daß die elektrische Materie die erstaunenswürdigsten Umwege, durch Flüsse, über Felder u. dgl. nehme. Die Materie aus der innern Seite zerstreute sich durch den Fluß in dem Augenblicke, in welchem die äußere Seite aus eben dieser Quelle den Vorrath zog, der ihren Mangel ersetzen mußte. Man sieht auch aus andern Versuchen, daß die eine Seite eines geladenen elektrischen Körpers mehr von der einen Kraft enthalten könne, als gerade hinreichend ist, um der entgegengesetzten Kraft auf der andern Seite das Gleichgewicht zu halten. Denn, wenn eine geladene Fla- sche isoliret, und durch einen Auslader mit einem gläser- Achtes Capitel. nen Handgriff entladen wird, so werden, nach dem Schla- ge, der Auslader und beyde Seiten der Flasche die entge- gengesetzte Kraft von derjenigen haben, welche an der vor dem Schlage zuletzt berührten Seite der Flasche statt fand. Es wird nicht unschicklich seyn, hier eine Hypothese einzuschalten, welche man dem Publikum anstatt der an- genommenen Theorie hat vorschlagen wollen. Hypothese. 1) In allen Körpern sind beyde elektrische Kräfte zugleich vorhanden. 2) Da sie in dieser Verbindung einander aufheben, so kan man sie den Sinnen nicht anders fühlbar machen, als durch ihre Trennung. 3) In nicht – elektrischen Körpern werden diese bey- den Kräfte durch das Reiben an elektrischen Körpern, oder durch die Verbindung mit geriebenen elektrischen getrennt. 4) In elektrischen Körpern können diese Kräfte nicht getrennt werden. 5) Die beyden Elektricitäten ziehen einander durch die Substanz elektrischer Körper stark an. 6) Elektrische Körper lassen sich von den beyden Elektricitäten nicht durchdringen. 7) Beyde Kräfte, wenn sie an elektrisirte Körper gebracht werden, stoßen die Kräfte von eben derselben Art zurück, und ziehen die entgegengesetzten Kräfte an. Neuntes Capitel. Von der Wirkung der zugespitzten Ableiter an den Gebäuden. Die Wichtigkeit und der große Einfluß der Elektricität zeigt sich immer mehr, je näher wir mit ihr bekannt werden. Wir finden keinen Körper in der Natur, auf den sie nicht, entweder als auf einen Leiter, oder als auf einen elektrischen Körper, wirkte; und wir entdecken, daß die erstaunenswürdigen Phänomene des Donners und Bli- tzes aus ihr entstehen, und mit ihr von einerley Natur sind. Man hatte noch sehr wenig Fortgang in der Lehre von der Elektricität gemacht, als die Aehnlichkeit zwischen dem elektrischen Funken und dem Blitze entdeckt ward; der große Gedanke, diese Muthmaßungen auszuführen und zu beweisen, daß das Feuer, welches vom Himmel herab- blitzt, eben dasjenige sey, welches bey unsern Versuchen die Explosion und den Schlag verursacht, entstand bey dem D. Franklin, der auch zuerst den Nutzen der zuge- spitzten metallischen Ableiter zur Beschützung der Gebäu- de vor den fürchterlichen Wirkungen des Blitzes, angab; einen Gedanken, der mit allgemeinem Beyfall und Bewun- derung aufgenommen wurde. Es haben sich aber seit die- ser Zeit viele Naturforscher verleiten lassen, ihre Meinung von dem Nutzen dieser Ableiter zu ändern; und unter den Kennern ist gestritten worden, ob man den zugespitzten oder den stumpfgeendeten Ableitern den Vorzug zu geben habe. Die Versuche, welche man hierüber angestellt hak, sind zwar sehr zahlreich, sie scheinen mir aber größtentheils nicht viel zu beweisen, und zeigen die Sache nur aus einem sehr eingeschränkten Gesichtspunkte. Neuntes Capitel. Ein zugespitzter und mit der Erde verbundener Ab- leiter hat nicht etwa eine besondere Kraft, die Elektricität an sich zu ziehen, sondern er wirkt blos wie jede andere leitende Substanz, welche dem Durchgange der elektrischen Materie nicht widersteht. Zwar geht die Elektricität freylich aus einem elektri- sirten Körper weit leichter in einen zugespitzten, als in ei- nen platt oder kugelförmig geendeten Ableiter über; weil die Elasticität der elektrischen Materie und ihre Kraft die Luft zu durchbrechen, durch die platte Oberfläche geschwächt wird, welche eine entgegengesetzte Elektricität annimmt, und die Intensität der elektrischen Materie mehr vermin- dert, als eine Spitze thun kan, da hingegen die Spitze leicht einsauget, weil in diesem Falle das Bestreben der Materie, aus dem elektrisirten Körper herauszugehen, größer ist, als wenn ihm eine platte Oberfläche entgegen- stehet. Es ist also nicht eine besondere Eigenschaft der Spitze und der platten Fläche, sondern es ist der verschie- dene Zustand des elektrisirten Körpers die Ursache, um deren willen die Elektricität leichter und auf eine größere Weite übergeht, wenn ihr ein zugespitzter Leiter, als wenn ein platter oder kugelförmiger Ableiter entgegensteht. Man s. Volta’s Abhandl. in den Philos. Transact. Vol. LXXII. Die Fähigkeit der Ableiter, Elektricität aufzuneh- men, steht im Verhältniß mit der G röße der Oberfläche, welche frey ist, oder auf welche keine ähnliche Atmosphäre wirkt; ein Umstand, der auf die Ableiter an den Gebäu- den mehr oder weniger Einfluß hat, nach Beschaffenheit der Wolken und ihrer Atmosphären, der Zeit, in welcher sich ihr Einfluß äußert, der Natur der leitenden Erdschich- ten und ihrer elektrischen Lage. Fig. 68. stellt die Giebesseite eines Hauses vor, wel- che senkrecht auf dem horizontalen Fußbrete F G befestiget Von den zugespitzten Blitzableitern. ist. Bey h i ist in dieselbe eine viereckigte Höhlung ein- geschnitten, in welche ein hölzernes Quadrat einpasset, über dessen Diagonallinie ein Drath hinweggeht. Auch sind zween Dräthe an dem Giebel selbst befestiget, das un- tere Ende des einen geht an die obere Ecke der quadrati- schen Höhlung, das obere Ende des andern an ihre untere Ecke. Die messingene Kugel kan von dem Drathe abge- nommen werden, um nach Erfordern der Umstände das zugespitzte Ende dem Schlage auszusetzen. 144. Versuch. Man bringe den Knopf einer Flasche in Berührung mit dem Conductor, verbinde den Boden der Flasche mit dem Hacken H, lade die Flasche und bringe die Kugel un- ter den Conductor, so wird die Flasche durch eine Explo- sion aus dem Conductor in die Kugel auf dem Hause ent- laden werden. Sind nun die Dräthe und Ketten alle in Verbindung, so wird der Schlag bis in die äußere Seite der Flasche geleitet werden, ohne das Haus zu beschädi- gen; ist aber das quadratische Holz so gestellet, daß die Dräthe dadurch nicht verbunden werden, sondern die Com- munikation abgeschnitten ist, so wird die elektrische Ma- terie, bey ihrem Uebergange in die äußere Seite der Fla- sche, das kleine Holz durch die Lateralkraft des Schlages bis auf eine beträchtliche Weite fortwerfen. Man sehe Fig. 68. Man schraube nun die Kugel ab, und bringe die darunter befindliche Spitze gegen den Conductor, so wird man nicht im Stande seyn, die Flasche zu laden; denn die scharfe Spitze zieht nach und nach die Elektricität aus dem Conductor, und führt sie in die äußere Belegung der Flasche. Hiebey stellt der erste Leiter eine Gewitterwolke vor, welche ihre Elektricität an einen Wetterhahn, oder einen andern metallischen Theil an der Spitze eines Hauses ab- Neuntes Capitel. giebt. Viele haben aus diesem Versuche geschlossen, daß das Gebäude keinen Schaden leide, wenn eine metallische Verbindung die elektrische Materie bis in die Erde herab- führen kan; daß hingegen diese Materie, wenn die Ver- bindung unvollkommen ist, von einem Theile zum andern ü berspringe, und dadurch das ganze Gebäude beschädige. 145. Versuch. Herr Henly stellte auf einen gläsernen Fuß einen Drath, welcher drey Achtel eines Zolles im Durchmesser hielt, an dem einen Ende eine Kugel von drey Viertels Zoll Durchmesser, und an dem andern eine sehr scharfe Spitze hatte. (Man s. Fig. 69.) Um die Mitte dieses Draths hieng eine 12 Zoll lange Kette; er verband diese Kette mit der Belegung einer geladenen Flasche, und brachte den Knopf derselben sehr langsam gegen die Ku- gel des isolirten Draths, um genau zu beobachten, in welcher Entfernung der Schlag erfolgen würde; welches allezeit in der Weite eines halben Zolles mit einer lauten und starken Explosion geschahe. Hierauf lud er die Fla- sche wieder, und brachte ihren Knopf eben so langsam gegen die Spitze des isolirten Draths, um auch hier zu versuchen, in welcher Weite der Schlag erfolgen würde; hier aber erfolgte nach vielen Versuchen, gar kein Schlag; die langsam genäherte Spitze zog allezeit die Ladung un- merklich und stillschweigend aus, so daß kaum das schwäch- ste Fünkchen in der Flasche zurückblieb. 146. Versuch. Eben dieser Gelehrte verband eine Flasche von 509 Quadratzoll belegter Fläche mit dem ersten Leiter (s. Fig. 68.) War die Flasche so stark geladen, daß sie das Elek- trometer auf 60° erhob, und brachte er die Kugel auf dem Donnerhause der Kugel am ersten Leiter bis auf einen halben Zoll nahe, so ward die Flasche entladen, und das Von den zugespitzten Blitzableitern. Holz im Donnerhause bis auf eine beträchtliche Weite her- ausgeworfen. Gebrauchte er aber statt der Kugel den zugespitzten Drath des Donnerhauses, so ward die Flasche zwar schnell, aber doch ohne Schlag entladen, und das Holz blieb ruhig an seiner Stelle. 147. Versuch. Er machte hierauf eine doppelte Verbindung am Donnerhause; die eine durch eine Kugel, die andere durch einen scharf zugespitzten Drath. Beyde standen 1¼ Zoll von einander, aber in einerley Höhe. Bey eben so starker Ladung, als vorher, brachte er zuerst die Kugel unter den ersten Conductor, so daß dieser einen halben Zoll über ihr, die Spitze aber 1¼ Zoll von ihr abstand; allein die Ku- gel erhielt keinen Schlag, indem die Spitze die Ladung stillschweigend auszog. Auch blieb das Holz im Donner- hause unbewegt liegen. 148. Versuch. Er isolirte eine große Flasche, und verband durch Ketten mit der äußern Belegung, auf einer Seite eine Kugel, auf der andern einen scharf zugespitzten Drath. Beyde waren isolirt, und standen 5 Zoll weit von einan- der. (s. Fig. 70.) Er stellte nunmehr eine isolirte küpfer- ne Kugel von 8 Zoll im Durchmesser so, daß sie gerade einen halben Zoll weit sowohl von dem Knopfe als von der Spitze abstand. Die Flasche ward geladen, und die Entladung geschahe vermittelst des Ausladers auf die Ku- gel, aus welcher sie in den Knopf A übersprang, der drey Viertel Zoll im Durchmesser hielt. Die Explosion wav sehr laut und stark, und die Kette leuchtete. 149. Versuch. Herr Henly hieng an das Ende eines hölzernen Stabes, der sich in horizontaler Richtung frey um eine Neuntes Capitel. Nadelspitze drehen konnte, mit seidnen Schnüren eine große mit Metallblättchen vergoldete Ochsenblase auf, die durch ein Gegengewicht am andern Ende des Stabes ge- halten wurde. Man sehe Fig. 71. Er gab dieser Blase einen starken Funken aus dem Knopfe einer geladenen Flasche, und näherte ihr alsdann eine messingene Kugel von 2 Zollen im Durchmesser, wobey er bemerkte, daß die Blase der Kugel auf 3 Zoll weit entgegen kam, und als sie noch um einen Zoll entfernt war, die Elektricität in einem starken Funken übergieng. Er gab hierauf der Blase einen neuen Funken, und näherte ihr einen zuge- spitzten Drath. Diesem kam sie nicht entgegen, gab ihm auch keinen Funken, sondern ihre Elektricität gieng still- schweigend in die Spitze über. 150. Versuch. Man nehme 2 bis 3 Flocken feine Baumwolle, befesti. ge eine davon mit einem feinen Faden an den Conductor, die zwote an die erste, und die dritte an die zwote, und drehe die Maschine, so werden die baumwollenen Flocken ihre Fäden ausbreiten, und sich gegen den Tisch zu ver- längern. Man halte eine scharfe Spitze gegen die unter- ste, so wird sie aufwärts gegen die zwote, diese gegen die dritte, und alle zusammen gegen den Conductor zusam- menschrumpfen, und in diesem Zustande so lange bleiben, als die Spitze darunter steht. 151. Versuch. Man befestige eine Menge feine Fäden oder Haare an das Ende des ersten Leiters; wenn man nun den Cy- linder umdreht, so werden dieselben wie Halbmesser des Kreises vom Mittelpunkte aus divergiren: man fahre fort, den Cylinder zu drehen, und bringe eine Spitze gegen die eine Seite des Conductors, so werden die Fäden an dieser Seite herabfallen, und ihre Divergenz verlieren; die an Von den zugespitzten Blitzableitern. der andern Seite aber werden noch immer diverglren. Hieraus erhellet, daß das Vermögen der Spitzen, die Elektricität auszuziehen, sich nicht rund um den elektri- sirten Körper herum erstrecke, wenn Mittel angewende t werden, den Verlust der Elektricität zu ersetzen. Fig. 72 zeigt ein ovales Bret, 3 Schuhe lang und 2 Schuhe breit, auf beyden Seiten mit Stanniol belegt, und mit seidnen Fäden an den beyden Armen eines Hebels aufgehangen. Dieser Hebel dreht sich um eine Achse, wel- che an den einen Arm einer seinen Wage befestiget ist, und am andern Arme durch ein Gegengewicht gehalten wird. Ein Theil des Tisches unter dem Brete muß mit Stanniol belegt, und durch eine Kette mit dem Boden verbunden werden. 152. Versuch. Man verbinde das herabhangende Bret durch einen feinen Drath mit dem ersten Leiter, so wird durch einige wenige Umdrehungen der Maschine der ganze Apparatus elektrisiret. Bey Anstellung dieses Versuchs ward das Bret vom Tische auf 15 Zoll weit angezogen, und ent- lud sich von selbst mit einem starken Funken. Eben die- ses erfolgte, wenn man eine metallene Kugel auf den Tisch stellte, und das Bret derselben bis auf einen Zoll weit näherte, da es sich denn mit einem Funken entlud. Befestiget man statt der Kugel eine Spitze auf den Tisch, so fängt das hangende Bret zwar an, sich derselben zu nähern, allein es steht 4 – 5 Zoll weit vom Tische still, und kömmt nicht näher, giebt auch keinen Funken: im Dunkeln sieht man ein schwaches Licht an der Spitze. Es ward hierauf eíne leidner Flasche mit dem ersten Leiter verbunden; und nun waren mehrere Umdrehungen der Maschine nöthig, um den Apparatus zu laden; die Wir- kung aber war eben so, wie vorher. Man hielt das Ge- gengewicht, damit das Bret nicht eher herabsinken möch- te, bis es die völlige Ladung erhalten hätte; sobald man Neuntes Capitel. es aber frey ließ, ward es nicht allein von der Spitze an- gezogen, sondern gab ihr auch eine sehr laute und starke Explosion, daß sogar der umliegende Stanniol von dem darüber fliegenden Feuer befleckt ward. Der nachfolgende Versuch ist aus Herrn Wilsons Nachricht von den im Pantheon über die Na- tur und den Nugen der Ableiter angestellten Versuchen genommen. Er ward in der Abficht ange- stellt, um auszumachen, was in dem Versuche des Herrn Henly, welcher bey uns der 148ste ist, fehlerhaft sey. Die gemachte Verbindung bestand aus zween Theilen. Den einen Theil machte ein gebogener messingener Stab aus, an dessen oberes Ende eine messingene Kugel von drey Viertel Zoll Durchmesser, an das untere aber eine küpferne Kugel von 5 Zoll Durchmesser angeschraubt war. Dieser Theil stand auf einem hölzernen Fuße mit einer messingenen Haube, in welche der messingene Stab erforderlichen Falls eingeschraubt werden konnte. Der andere Theil der Verbindung bestand ebenfalls aus einem messingenen Stabe, dessen Ende gabelförmig gebogen war, mit zween Spitzen, die sich nach dem Mit- telpunkte der küpfernen Kugel richteten. Diese Spitzen waren so eingerichtet, daß man sie nach Erfordern des Versuchs länger oder kürzer machen konnte. Am Ende der einen Spitze war eine messingene Kugel von drey Vier- tel Zoll Durchmesser, und am Ende der andern eine stäh- lerne Spitze oder Nadel befestiget. Der Stiel dieser Ga- bel war in eine kleine eiserne Platte geschraubt, welche an der innern Seite eines hölzernen Gefäßes befestiget war, das den größten Theil einer cylindrischen gläsernen Flasche umschloß. Diese Flasche war zwölf und drey Viertel Zoll hoch, und hatte ohngefähr 4 Zoll im Durchmesser. Die- ses Glas war stärker, als sonst gewöhnlich, und hatte an jeder Seite ohngefähr 144 Quadratzoll Stanniolbele- gung. Ueberdies war auch ein Theil der inwendigen Von den zugespitzten Blitzableitern. Seite des hölzernen Gefäßes mit Stanniol belegt, um eine bessere Verbindung zwischen der eisernen Platte und der äußern Belegung der Flasche machen zu können. In die Flasche selbst war ein hölzerner ebenfalls mit Stanniol überzogner Cylinder befestiget, um die innere Belegung des Glases desto besser mit dem messingenen Stabe zu verbinden, der aus der Mitte des hölzernen Cylinders senkrecht herauf gieng. Dieser aufwärts gehende Stab hatte am Ende eine messingene Kugel von drey Viertel Zoll Durchmesser, und war gegen den ersten Theil der Verbindung zu gebogen, so daß die beyden Kugeln A und B, Fig. 73. wagrecht gegen einander standen, aber von Zeit zu Zeit nach Erfordern in andere Entfernungen von einander gestellt werden konnten, und sich also statt eines Elektrometers brauchen ließen. Herr Wilson fieng die Versuche da an, wo das Elektrometer bis auf die größte Weite von dem Schlage getrossen wurde, und richtete die Distanzen der Kugel gehörig darnach ein, daß, wenn der Schlag die Spitze traf, eine Verrückung der Kugel um \nicefrac {1}{32} Zoll machte, daß die Kugel nur allein, und die Spitze nicht getroffen wurde, und umgekehrt. Hierauf verminderte er die Schlagweite des Elektrometers in jedem Versuche, bis er die geringste Weite erreicht hatte. Alle diese Versuche wurden hierauf mit umgekehr- tem Apparatus wiederhohlt, daß nämlich die Kugel auf die Flasche und die Gabel auf das Stativ befestiget ward; als diese Reihe von Versuchen vollständig war, stellte er noch andere an, wobey zuerst die Kugel allein, und dann die Spitze allein gegen die küpferne Kugel gehalten ward. Nachdem alle diese Versuche vollendet waren, wie sie in der ersten Tabelle verzeichnet sind, wiederholte er auch die Versuche mit der Kette nach Herrn Henly’s Art. Ihre Resultate so wohl, als die mit dem umge- kehrten Apparatus sind in der zweyten Tabelle verzeichnet. Neuntes Capitel. Erste Tafel.Versuche bey D. Higgins am 19 Junii 1778 mit der leidner Flasche und dem gabelförmigen Apparatus. Anm. Alle in den Tafeln vorkommende Maaße beziehen sich auf Zweyunddreyßigtheile des Zolles. Die Zahl bey dem Worte: Elektrometer bedeu- tet die Entfernung der Kugeln des Elektrometers von einander; die Zahlen bey den Worten: Rugel und Spige zeigen die größten Distanzen, bis auf welche jedes von ihnen den Schlag empfieng. Von den zugespitzten Blitzableitern. Zweyte Tafel. Versuche mit der Kette, nach Herrn Henly’s Art. Dritte Tafel. Versuche der ersten und zweyten Tafel, wiederholet bey Herrn Partington am 23 Jun. 1778. mit einer messingenen Kette statt der Gabel. Neuntes Capitel. Seitdem es bekannt ist, sagt Herr Wilson, daß die Elektricität mit dem Blitze einerley sey, ist auch durchgängig zugegeben worden, daß man in Ländern, wo die Gewitter häufig sind, der Ableiter zur Sicher- heit der Gebäude nicht wohl entbehren könne. Der Grundsatz, nach welchem die Ableiter wirken, ist dieser: daß die elektrische Materie, wenn sie durch irgend eine Kraft angetrieben wird, allezeit dahin gehe, wo sie den wenigsten Widerstand findet. Da ihr nun die Metalle den wenigsten Widerstand bey ihrem Fortgange entge- gensetzen, so wird sie allezeit eher an einem metallenen Stabe fortlaufen, als einen andern Weg suchen. Man muß aber hiebey bemerken, daß die Elektricität nie- mals in einen Körper bloß um dieses Körpers selbst willen geht, sondern nur, in so fern sie durch ihn an den Ort ihrer Bestimmung gelangen kann. Wenn durch eine Elektrisirmaschine eine Menge Elektricität aus der Erde gesammlet wird, so erhält ein mit der Erde ver- bundener Körper einen starken Funken aus dem ersten Leiter; diesen Funken bekömmt er nicht darum, weil er etwa fähig wäre, alle im Cylinder und Conductor ent- haltene Elektricität in sich aufzunehmen, sondern darum, weil der natürliche Zustand der elektrischen Materie durch die Bewegung der Maschine gestört ist, und ein Strom von dergleichen Materie aus der Erde gelockt wird. Daher bestreben sich die natürlichen Kräfte, das, was auf diese Art aus der Erde gezogen wird, derselben wieder zu ersetzen; und da der Ueberschuß, welcher sich im Conductor befindet, zu Ersetzung dieses Mangels gerade am geschicktesten ist, weil er zu keiner weitern Absicht verwendet wird, so zeigt er jederzeit ein Bestreben, wie- der zur Erde zurückzukehren. Wird alsdann ein leiten- der mit der Erde verbundener Körper dem ersten Leiter genähert, so richtet sich die ganze Kraft der Elektricität gegen diesen Körper; nicht bloß darum, weil er ein Lei- ter ist, sondern, weil er an die Stelle leitet, nach wel- Von den zugespitzten Blitzableitern. cher die elektrische Materie durch die in ihr herrschenden natürlichen Kräfte getrieben wird, und nach der sie sich auch andere Wege bahnen würde, wenn ihr gleich dieser leitende Körper nicht wäre dargestellt worden. Daß dies wirklich der Fall sey, sieht man leicht, wenn man dem Conductor der Maschine eben diese leitende Sub- stanz in einem isolirten Zustande entgegenstellet, wobey nur ein sehr schwacher Funken entsteht. Eben so, wenn der Blitz einen Baum, ein Haus oder einen Ableiter trift, geschieht dies nicht darum, weil diese Gegenstände hoch oder der Wolke nahe sind, sondern weil sie mit einer Stelle unter der Erdfläche in Verbindung stehen, gegen welche das Bestreben des Blitzes gerichtet ist, und an welche derselbe gewiß auch gelangt wäre, wenn gleich keiner der erwähnten Gegenstände dazwischen gestanden hätte. Wenn die Atmosphäre anfängt, entweder negativ oder positiv elektrisirt zu werden, so nimmt die Erde ver- mittelst der Unebenheit und Feuchtigkeit ihrer Oberfläche, hauptsächlich aber durch die auf ihr wachsenden Vegeta- bilien diese Elektricität ebenfalls an, und wird bald auf gleiche Art mit der Atmosphäre elektrisirt; diese Mit- theilung aber hört in kurzer Zeit auf, weil sie nicht fort- dauren kann, ohne zugleich die ganze in der Erde selbst enthaltene elektrische Materie in Bewegung zu setzen. Nunmehr entstehen aus bereits angegebnen Ursachen unter der Oberfläche der Erde abwechselnde Zonen von positiver und negativer Elektricität. Der Wetterstral entsteht jederzeit zwischen der Atmosphäre und einer dieser Zonen. Nimmt man z. B. an, die Atmosphäre sey positiv elektrisiret, so wird die Erdfläche durch die Bäu- me u.s.f. bald ebenfalls positiv elektrisiret werden; wir wollen annehmen bis auf eine Tiefe von 10 Schuh: weiter kann die Elektricität nicht dringen, weil ihr die elektrische Materie im Innern der Erde zu stark wider- steht. In der Tiefe von 10 Schuh fängt eine Zone Neuntes Capitel. von negativ elektrifirter Erde an, von welcher die Elek- tricität der Atmosphäre angezogen wird. Diese kann aber nicht in die negative Zone gelangen, ohne vorher die darüber liegende positive zu durchbrechen, und alle ihr im Wege liegende schlechte Leiter zu zerschmettern. Man kann also sicher behaupten, daß der Blitz da durch- schlagen werde, wo die Zone von positiv elektrisirter Er- de am dünnsten ist, es mag sich nun daselbst ein Leiter befinden oder nicht. Ist ein Leiter vorhanden, so wird ihn der Blitz unfehlbar treffen, er sey nun zugespitzt oder stumpfgeendet: er würde aber an dieser Stelle auch ein Gebäude ohne Leiter, und wenn kein Gebäude da gewesen wäre, den Boden selbst getroffen haben. Steht hinge- gen ein Gebäude mit seinem Ableiter an einer Stelle, wo die positiv elektrisirte Zone sehr dick ist, so wird we- der der Ableiter die Elektricität stillschweigend abführen, noch der Blitz dahin treffen; obgleich derselbe vielleicht einen weit niedriger liegenden Gegenstand oder wohl gar den Boden selbst ganz nahe dabey treffen kann; aus der Ursache, weil daselbst die positiv elektrisirte Zone dünner ist, als an dem Orte des Ableiters. Der Satz, daß ein zugespitzter Ableiter eine Ge- witterwolke ihrer ganzen Elektricität berauben könne, scheint auf den ersten Blick sehr interessant, ist aber, wenn man ihn genau betrachtet, lächerlich. Unzähliche Gegenstände auf der Erdfläche ziehen die Elektrici- tät eben so wohl an, als der Ableiter, wenn sie sich an- ders aus der Wolke ziehen ließe; es ist aber unmöglich, dieses zu bewirken, weil alle diese Gegenstände einerley Elektricität mit den Wolken selbst haben. Ueberdies hat Beccaria beobachtet, daß während des Fortgangs und Zunehmens der Gewitter, wenn auch der Blitz noch so häufig in die Erde schlägt, den- noch die Wolke den Augenblick darauf wieder bereit sey, eine noch größere Explosion zu machen, und daß sein Von den zugespitzten Blitzableitern. Apparatus nach dem Schlage immer noch so stark eletri- sirt geblieben sey, als vor demselben. Der Ableiter hat nicht einmal das Vermögen, den Blitz um wenig Schuhe von der Richtung, die er sich selbst gewählt hat, abzulenken: wir haben hievon ein sehr entscheidendes Beyspiel an dem Magazin zu Pursleet in Esser gesehen. Dieses Haus war mit einem Ableiter versehen, der über den höchsten Theil des Gebäudes her- vorragte; demohngeachtet schlug ein Wetterstral in eine eiserne Klammer an der Ecke des Gebäudes, welche weit niedriger lag, als die Spitze des Ableiters, und von der- selben nur 46 Schuh weit in einer abhangenden Linie abstand. Hier war der Ableiter, mit aller seiner Krast, die Elektricität auszuziehen, nicht im Stande, den Schlag zu verhüten, noch ihn 46 Schuh weit von seinem Wege abzulenken. In der That verhielt sich die Sache so. Der Blitz ward bestimmt, an dem Orte, wo das Schif- magazin steht, oder nahe dabey, in die Erde zu gehen; der am Hause befindliche Ableiter bot ihm zwar an sich den leichtesten Weg dar, allein da sich 40 Schuh Luft zwischen der Spitze des Ableiters und der Stelle der Er- plosion befanden, so war der Widerstand geringer, wenn der Blitz durch die stumpfe eiserne Klammer und einige wenige vom Regen befeuchtete Ziegel in die Seite der metallischen Leitung gieng, als wenn er seinen Weg durch 46 Schuh Luft in die Spitze des Ableiters nahm; und in der That folgte er auch dem erstern Wege. Die Blitze, welche im Zikzak gehen, sind die ge- sährlichsten, weil sie einen sehr heftigen Widerstand in der Atmosphäre überwinden müssen. Wenn sie also ir- gendwo einen nur im geringsten Grade schwächern Wider- stand antreffen, so schlagen sie unfehlbar dahin, auch bis auf eine beträchtliche Weite. Ganz anders ist es mit denjenigen Blitzen, we l che unter keiner bestimmten Gestalt erscheinen: bey ihnen wird die elektrische Mate- Neuntes Capitel. rie augenscheinlich durch leitende Substanzen zerstreut, und ihre Kraft dadurch vermindert. Die allerverderblichsten Blitze aber sind diejenigen, welche die Form der Feuerbälle annehmen. Diese ent- stehen durch eine außerordentlich große Gewalt der Elek- tricität, die sich nach und nach anhäufet, bis der Wider- stand der Atmosphäre nicht mehr vermögend ist, sie zu- sammen zu halten. Gemeiniglich brechen die Blitze aus der elektrisirten Wolke durch Annäherung einer lei- tenden Substanz aus; allein diese Feuerbälle scheinen nicht durch eine Substanz, welche die elektrische Materie der Wolke an÷sich zieht, zu entstehen, sondern bloß da- her, weil sich die Elektricität in solcher Menge anhäuft, daß die Wolke sie nicht länger halten kann. Daher ge- hen diese Bälle langsam fort, haben keine bestimmte Richtung, und es zeigt sogleich ihr Ansehen eine unge- mein starke Anhäufung und Bewegung der Elektricität in der Atmosphäre an, ohne eine verhältnißmäßige Dis- position der Erde, sie aufzunehmen. Inzwischen wird diese Disposition durch tausenderley Umstände verändert, und diejenige Stelle, welche am ersten fahig wird, Elek- tricität aufzunehmen, wird auch zuerst von dem Feuer- balle getroffen. Man sieht daher, daß sich die Blitze dieser Art eine lange Zeit langsam in der Luft vor- und rückwärts bewegen, und dann plötzlich auf ein oder auf mehrere Gebäude fallen, je nachdem dieselben zu der Zeit mehr oder weniger von der entgegengesetzten Elektricität enthalten. Sie laufen auch wohl längst dem Erdboden hin, theilen sich in mehrere Theile, und veranlassen mehrere Schläge auf einmal. Es ist sehr schwer, diese Art von Blitzen durch unsere elektrischen Versuche nachzuahmen. Die einzi- gen Fälle, in welchen dieses einigermaßen geschehen ist, sind diejenigen, in welchen D. Driestley den Schlag einer Batterie durch eine beträchtliche Weite über die Oberfläche von rohem Fleisch, Wasser ꝛc . gehen ließ. Von den zugespitzten Blitzableitern. Wenn es in diesen Fällen während der Zeit, in welcher die elektrische Materie über die Oberfläche des Fleisches gieng, möglich wäre, die metallische Verbindung durch Wegnehmung der Kette zu unterbrechen, so wäre die entladene elektrische Meterie genau in dem Falle der er- wähnten Feuerbälle; d. i. sie hätte keinen Leiter, der sie weiter führen könnte. Die negative Seite der Batterie wäre der Ort ihrer Bestimmung, sie könnte aber nicht leicht dahin gelangen, wegen der im Wege liegenden großen Menge von Luft, und der Unfähigkeit der benachbarten Körper, Elektricität aufzunehmen. Wenn nun aber während der Zeit, in welcher die elektrische Materie aus Mangel eines Leiters still stünde, jemand in der Nähe der negativen Seite der Batterie wäre, oder dieselbe berührte, und zugleich seinen Finger gegen diesen dem Anscheine nach unschädlichen hellen Körper hielte, so würde er augenblicklich einen starken Schlag erhalten, weil nunmehr durch seinen Körper eine freye Verbindung entstünde, und die Kräfte, durch welche die elektrische Materie von einer Stelle zur andern getrieben wird, dieselbe durch ihn führen würden. Nehmen wir aber an, eine mit der Batterie nicht verbundene Person halte den Finger gegen diesen Körper, so würde diese vielleicht einen gelinden Funken, aber keinen beträchtli- chen Schlag von demselben erhalten. Hieraus läßt sich die dem Anscheine nach so eigen- sinnige Natur aller Blitze, besonders aber derer, welche in Form der Feuerbälle erscheinen, erklären. Biswei- len treffen sie Väume, hohe Gebäude u. dgl. ohne be- nachbarte Hütten, Menschen, Thiere ꝛc . zu beschädi- gen; zu andern Zeiten schlagen sie auf niedrige Gebäu- de, Viehheerden ꝛc , indeß hohe Bäume und Thürme in der Nachbarschaft verschont bleiben. Hievon führt Herr Achard in einer der berliner Aka- demie vorgelesenen Abhandlung zwey merkwürdige Bey- spiele an. Und Beccaria warnt jedermann, sich bey Die Ursache Neuntes Capitel. hievon ist, weil es unter der Erdfläche eine Zone giebt, in welche der Blitz (wenn man sich so ausdrücken darf) zu schlagen sucht, weil sie eine dem Blitze selbst entge- gengesetzte Elektricität hat. Es werden daher diejeni- gen Gegenstände vom Blitze getroffen, welche die voll- kommensten Leiter zwischen den elektrisirten Wolken und der gedachten Zone ausmachen, sie mögen hoch oder nie- drig seyn. Gesetzt, es bilde sich über einem gewissen Theile der Erdfläche eine positive Wolke; so geht die elektrische Materie aus derselben zuerst in den rund umher liegenden Theil der Atmosphäre aus, und wäh- rend dieser Zeit ist die Atmosphäre negativ elektrisirt. Je größere Theile der Atmosphäre inzwischen dieser elek- trische Strom durchläuft, desto mehr wächst der Wider- stand gegen seine Bewegung, bis zuletzt die Luft eben so wohl, als die Wolke, positiv elektrisiret wird, und bey- de als ein einziger Körper wirken. Dann fängt die Erd- fläche an elektrisiret zu werden, und nimmt vermittelst der auf ihr wachsenden Bäume, des Grases u. s. w. die elektrische Materie stillschweigend auf, bis sie zuletzt ebenfalls positiv elektrisiret wird, und einen Strom von Elektricität von der Oberfläche niederwärts auszusenden anfängt. Wenn die Ursachen, welche die Elektricität anfäng- lich hervorbrachten, noch immer zu wirken fortfahren, so wird die Kraft des elektrischen Stroms ungemein groß. Nunmehr fängt die Gefahr eines Wetterschlags an; denn da die Kraft des Blitzes auf eine Stelle unterhalb der Erdfläche gerichtet ist, so wird derselbe gewiß gegen diese Stelle schlagen, und alles, was seinem Durch- gange widersteht, zerschmettern. Nunmehr wird sich auch der Nutzen der Ableiter deutlich zeigen. Denn wir wissen zuverläßig, daß die Gewittern mit einem hühern, oder bessern Leiter zu ver- binden, als der menschliche Körper an sich selbst ist. Von den zugespitzten Blitzableitern. elektrische Materie in allen Fällen denjenigen Weg vor- ziehe, wo sie den wenigsten Widerstand findet, d. i. den Weg über die Oberfläche der Metalle. Steht also in einem solchen Falle ein mit einem Ableiter versehenes Haus gerade unter der Wolke, und befindet sich zugleich eine Zone von negativ elektrisirtem Erdreich nicht fern von dem Grunde des Gebäudes, so wird der Blitz fast zuverläßig in den Ableiter schlagen; das Gebäude aber wird unbeschädigt bleiben. Hat hingegen das Gebäude keinen Ableiter, so wird der Blitz demohngeachtet an eben der Stelle einschlagen, um in die obenerwähnte elektrisirte Zone zu kommen; jetzt aber wird das Gebäu- de beschädiget, weil die Materialien desselben die elektri- sche Materie nicht leicht leiten können. “Daß die elektrische Materie, welche die Gewitterwol- ken bildet und belebet, aus Stellen komme, welche tief unter der Erdfläche liegen, und sich in diesen Stellen entzünde, ist wahrscheinlich, wegen der tiefen Höhlen, welche der Blitz an vielen Orten macht, und wegen der gewaltsamen Ueberschwemmungen bey Gewittern, wel- che nicht durch Regen, sondern durch Wasser entste- hen, welches aus dem Innersten der Erde bervorbricht, und durch eine innere Erschütterung aus derselben muß seyn getrieben worden.” s. Priestleys Geschichte der Elektricität. S. 328. Zehntes Capitel.Ladung einer Luftplatte. Da die Luft ein idioelektrischer Körper ist, so nimmt sie auch, wie alle dergleichen Körper, eine Ladung an. Aus dieser Eigenschaft der Luft lassen sich viele Er- scheinungen bey den gewöhnlichen elektrischen Versuchen erklären; denn die Luft, welche einen elektrisirten Leiter Zehntes Capitel. umgiebt, ist allezeit einigermaßen mit elektrischer Materie geladen, und wirkt also auf die Atmosphäre des elektrisir- ten Leiters nicht allein durch ihren Druck, sondern auch durch ihre elektrische Kraft. Daß aber die Elektricität durch eine beträchtliche Menge Luft dringen könne, ist daraus klar, weil man die Luft eines Zimmers auf ver- schiedene Art elektrisiren kann. Man überziehe zwey große Breter mit Stanniol, hänge das eine mit seidnen Schnüren an der Deck e des Zimmers auf, verbinde es mit dem Conductor der Maschine, und stelle das zweyte parallel mit dem ersten auf ein isolirendes Stativ, das man leicht erhöhen oder erniedrigen kann, um die Entfernung beyder Breter nach Gefallen zu verändern. Man kann auch beyde in verti- kaler Stellung auf isolirende Stative von gleicher Höh e setzen, welches letztere in den meisten Fällen als das be- quemste wird befunden werden. Diese Breter sind als Belegungen der zwischen ihnen befindlichen Luftplatte an- zusehen. 152. Versuch. Man verbinde das obere Bret mit dem positiven Conductor, das andere mit dem Boden, und drehe den Cylinder, so wird das obere positiv, das untere negativ elektrisiret. Die Luft zwischen beyden wirkt nunmehr, wie eine Glasplatte, sie trennt beyde Elektricitäten, und hält sie auseinander. Berührt man die negative Platte mit einer Hand, und die obere mit der andern, so erhält man einen Schlag, welcher dem aus einer leidner Flasche ähn- lich ist. Man fühlt den elektrischen Schlag allezeit, wenn ei- ne Menge elektrischer Materie plötzlich und in einem Au- genblicke durch den Körper geht. Die Stärke des Schlags steht mit der Menge der angehäuften Elektricität und mit der Schwierigkeit ihres Durchgangs im Verhältniß; denn die ganze Wirksamkeit der Elektricität hängt von ihrer An- Ladung einer Luftplatte. strengung oder von der Kraft ab, mit welcher sie von dem elektrisirten Körper auszugehen strebt. Wenn sich beyde Platten oder Breter in entgegen- gesetztem Zustande befinden, so ziehen sie einander stark an, und kommen zusammen, wofern sie nicht mit Gewalt auseinander gehalten werden. Bisweilen entsteht ein Funken zwischen beyden, und hebt beyder Elektricitäten auf. Befindet sich auf der untern Platte eine Erhöhung, so wird der Funken bey der freywilligen Entladung dieselbe treffen. Die Versuche mit diesen Platten werden noch an- genehmer, wenn die eine Fläche der obern Platte mit ver- goldetem Leder überzogen ist. Beyde Platten, wenn sie geladen sind, stellen den Zustand der Erde und der Wol- ken bey einem Gewitter vor. Die Wolken befinden sich in dem einen, und die Erde im entgegengesetzten elektri- schen Zustande: die dazwischen liegende Luftplatte wirkt als ein elektrischer Körper, und die freywilligen Entla- dungen stellen die Erscheinungen des Blitzes dar. Man hat bey diesem Versuche eine Bemerkung ge- macht, welche auf einen der vornehmsten Grundsätze der angenommenen Theorie Beziehung zu haben scheint. Jch habe sie hier beyfügen wollen, um denen, welche sich mit der Elektricität beschäftigen, Anlaß zu genauerer Unter- suchung der Sache zu geben. Es scheint bey diesem Versuche fast unmöglich, zu läugnen, daß die Luft von der elektrischen Materie durch- drungen werde. Der Abstand beyder Platten von einan- der ist so gering, daß es thöricht scheint, zu behaupten, dieser Raum werde bloß von einer zurückstoßenden Kraft durchdrungen, da wir zumal in andern Fällen die elektri- sche Materie durch weit größere Lufträume dringen sehen. Wenn aber einmal eine elektrische Substanz sich von der elektrischen Materie durchdringen läßt, so entsteht wenig- stens eine sehr starke Vermuthung, daß alle übrigen die elektrische Materie ebenfalls durchlassen. Wenn alles Glas für die elektrische Materie undurchdringlich wäre so müßte Zehntes Capitel. man natürlicher Weise schließen, daß diese Materie sehr leicht über die Oberfläche desselben gehen werde. Statt dessen aber ist vielmehr ihr Bestreben in das Glas einzu- dringen so groß, daß ein zwischen zwoen hart aneinander gepreßten Glasplatten durchgehender Schlag diese Plat- ten allezeit in Stücken bricht, und einen Theil davon so- gar zum feinsten Pulver zermalmet. Diese Wirkung kan keiner andern Ursache zugeschrieben werden, als dieser, daß die elektrische Materie in die Zwischenräume des Glases eindringt, und daß bey dem Widerstande, den sie daselbst antrift, die Gewalt ihrer fortgehenden Bewegung die Glastheilchen nach allen Richtungen mit Heftigkeit von einander treibt. 153. Versuch. Man kehre die mit vergoldetem Leder überzogene Seite des obern Brets gegen das untere, stelle eine oder zwo metallene Halbkugeln auf das untere Bret; verbinde das obere mit dem positiven, das untere mit dem negati- ven Conductor, und setze die Maschine in Bewegung, so wird das obere Bret seinen ganzen Vorrath von elektri- scher Materie in einem starken Strale mit einer heftigen Explosion an eine von den Halbkugeln abgeben; und man wird an der Oberfläche des vergoldeten Leders lebhafte Stralen des elektrischen Lichts in verschiedenen Richtungen sehen. “Dieser Versuch,” sagt Becket, “ist dem Blitze mehr als ähnlich, es ist die Natur selbst, mit ihrem eignen Gewand angethan.” Verbindet man eine belegte Flasche mit dem positiven Conductor so, daß sie mit den Bretern zugleich entladen werden kan, so werden sich die Lichtstralen noch weiter aus- breiten, und der Schlag wird noch stärker seyn. 154. Versuch. Man stecke den Drath, Fig. 10, mit den daran be- festigten Federn mitten in das eine Bret, so werden sie Ladung einer Luftplatte. in dieser Stellung nicht so stark divergiren, als wenn sie an den Rand des Brets gesetzt werden. Legt man eine Pflaumfeder nahe an den Rand des Brets, so fliegt sie heraus, und dem nächsten Leiter zu; setzt man sie aber in die Mitte, so dauert es sehr lang, ehe sie sich bewegt, und sie giebt kaum das geringste Zeichen einer Anziehung von sich. 155. Versuch. Man streue Kleyen oder kleine Stückchen Papier auf die Mitte des untern Brets; wenn nun die Maschine in Bewegung gesetzt wird, so werden dieselben sehr schnell wechselsweise angezogen und zurückgestoßen, und auf eine sehr belustigende Art hin und her getrieben. Eine ange- nehme Veränderung kan man mit diesem Versuche ma- chen, wenn man die Kette von dem untern Brete abnimmt, und es von zu Zeit Zeit mit der Hand berührt: berührt man alsdann beyde Breter zugleich, so hört die Bewegung auf. Die auffallendste Erscheinung bey diesem Versuche aber ist, daß bisweilen, wenn die Elektricität stark ist, eine Menge Papier oder Kleyen sich auf einem Orte an- häufet, und eine Art von Säule zwischen beyden Bretern bildet, welche plötzlich eine schnelle horizontale Bewegung annimmt, und wie eine Wasserhose, nach dem Rande der Breter zu läuft, wo sie sich zerstreuet, und bis auf eine beträchtliche Weite im Zimmer herumgeworfen wird. 156. Versuch. Man nehme zwo Flaschen, deren eine positiv, die andere negativ geladen ist, stelle sie auf das isolirte Bret so weit von einander, als die Größe des Brets zuläßt; und stelle eine Reihe Lichter in einc hölzerne Tülle, jedes zween Zoll weit von dem andern entfernt und so, daß die Flammen mit einander genau parallel laufen. Bringt man nun diese Lichter plötzlich zwischen die Knöpfe beyder Eilftes Capitel. Flaschen, so sieht man den Funken durch alle Flammen durchschlagen, und hat die Erscheinung einer Linie von Feuer, die sich in tausenderley verschiedene Krümmungen vertheilt. Eilftes Capitel. Vom Elektrophor. Fig. 74 zeigt einen Elektrophor. Der Erfinder dieses Instruments ist Herr Volta Zwar hat schon Herr Wilke in den Abhandl. der kö- niglich schwedischen Akademie der Wissenschaften vom Jahre 1762 eine Vorrichtung beschrieben, welche im Grunde nichts anders, als ein Elektrophor, ist. Herr Volta aber gab 1775 diesem Werkzeuge die gegenwärtige bequeme Einrichtung, und den Namen. Dieses Werkzeug gehört jetzt unter die vornehm- sten Theile der elektrischen Geräthschaft. Man s. darüber die Zusätze des Uebersetzers zu Cavallo’s Abhandlung der Lebre von der Elektricität, zw o te Aufl. S. 302 u. f. und die da- selbst angeführten Schriften. von Como in Ita- lien. Es besteht aus zwo kreisrunden Platten: die untere ist von Messing mit einem Ueberzuge von einer idioelektri- schen Substanz bedeckt, insgemein von einem negativ elek- trischen Körper, z.B. Siegellak, Schwefel ꝛ .: die obere ist von Messing, und hat einen gläsernen in die Mitte ih- rer obern Fläche eingeschraubten Handgrif. Harzige elektrische Körper thun bey dem Elektrophor bessere Dienste, als Glas, nicht allein darum, weil sie die Feuchtigkeit aus der Luft nicht so stark anziehen, sondern auch, weil sie allem Anschein nach das Vermögen besi- tzen, die ihnen mitgetheilte Elektricität länger an sich zu halten. Vom Elektrophor. Wenn man dieses Instrument gebrauchen will, so erregt man zuerst die Elektricität der untern Platte, in- dem man ihre überzogene Seite mit einem reinen und trocknen Stück Flanell oder Hasenfell reibt; hierauf legt man diese Platte auf den Tisch, den elektrischen Ueberzug oberwärts gekehrt. Zweytens stellt man die Metallplatte auf den elektrischen Ueberzug, wie bey Fig. 74 und 75. Drittens berührt man die Metallplatte mit dem Finger, oder mit einem andern Leiter. Viertens hebt man die Metallplatte mit dem gläsernen Handgrif von dem elektri- schen Ueberzuge ab. Wenn nun dieselbe bis auf einige Weite von der untern Platte erhoben wird, so findet man sie stark elektrisiret, und zwar auf eine der Elektricität der untern Platte entgegengesetzte Art; sie giebt einem ihr ge- näherten Leiter einen Funken. Wiederhohlt man das Verfahren, d. i. setzt man die Metallplatte von neuem auf den elektrischen Ueberzug, und berührt sie mit dem Finger, so kan man ohne neue Reibung des elektrischen Ueberzugs eine große Menge Funken, einen nach dem an- dern, erhalten. Folgende Versuche sind in der Absicht angestellet wor- den, um dieses merkwürdige kleine Instrument zu unter- suchen, und finden sich in einer Abhandlung des Herrn Acha r d in den Schriften der Berliner Akademie vom Jahre 1776. 157. Versuch. Herr Achard stellte eine kreisrunde Glasplatte, welche ohngefähr \nicefrac {2}{10} Zoll dick war, und einen Schuh im Durchmesser hatte, horizontal auf eine zinnerne Platte, welche das Glas nur in wenig Punkten berührte. Als er die Oberfläche des Glases gerieben hatte, that diese Vor- richtung alle Wirkungen des Elektrophors, woraus er schließt, es sey nicht nöthig, daß die untere Metallplatte den elektrischen Ueberzug mit ihrer ganzen Fläche genau berühre. Eilftes Capitel. 158. Versuch. Er isolirte in horizontaler Stellung eine Glasplatte von einem Schuh Durchmesser, rieb sie, setzte die obere Platte auf die gewöhnliche Art auf, und erhielt eine Reihe schwacher Funken, einen nach dem andern; doch mußte er, wenn Funken entstehen sollten, den Finger eine Zeit- lang auf der obern Platte liegen lassen. Wenn er die Glasplatte nicht mit Glas, sondern mit Siegellak oder Pech isolirte, so fand er die Funken allezeit stärker. Aus die- sem Versuche schließt er, daß zu der Hervorbringung der Wirkungen dieses Instruments die untere Platte nicht nö- thig sey, und daß es, wenn auch diese fehlet, dennoch alle seine Eigenschaften behalte. 159. Versuch. Er rieb die Oberfläche eines Harzelektrophors, stellte die Metallplatte darauf, und hob sie eine kleine Zeit her- nach mit dem isolirenden Handgrif auf, ohne sie vorher mit dem Finger zu berühren. Sie gab in diesem Zustan- de keinen Funken, zeigte auch nicht das geringste Anzie- hen oder Zurückstoßen; woraus erhellet, daß der Elektro- phor die Metallplatte nicht elektrisiren könne, wenn sie nicht von einem Körper berührt wird, der ihr Elektricität geben, oder diese von ihr annehmen kan. 160. Versuch. Man stelle die Metallplatte auf einen geriebenen Elektrophor, und bringe den Finger daran, so wird sich zwischen beyden ein Funken zeigen. Da nun die elektrische Materie niemals als ein Funken erscheint, ausser wenn sie plötzlich und mit Gewalt aus einem Körper in den andern übergeht, und da die Metallplatte keine elektrischen Er- scheinungen zeigt, wenn sie nicht vorher von einem Leiter ist berührt worden, so können wir hieraus schließen, daß der Elektrophor die obere Platte nur alsdann elektrisire, Vom Elektrophor. wenn dieselbe einen Theil ihrer Elektricität abgegeben oder neue angenommen hat. 161. Versuch. Man befestige ein messingenes Stäbchen mit herab- hängenden Korkkugeln an die Metallplatte, und stelle bey- des zusammen auf den Elektrophor, so werden die Ku- geln sogleich ein wenig auseinander gehen; man berühre die obere Platte mit dem Finger, so werden sie wieder zu- sammenfallen; wenn man aber diese Platte mit ihrem glä- sernen Handgrif von dem Elektrophor aufhebt, so gehen die Kugeln sehr stark, und unter einem großen Winkel, auseinander; zieht man aber einen Funken heraus, so fal- len sie sogleich zusammen. Das Auseinandergehen der Kugeln zeigt deutlich, daß die obere Platte der untern Elektricität entziehet, oder etwas von ihrem natürlichen Vorrathe mittheilet; es zeigt auch, daß die erstere, sobald sie auf den Elektrophor gelegt wird, einen geringen Grad von Elektricität erhält, den sie wieder verliert, wenn sie mit dem Finger berührt wird; sie wird aber aufs neue elektrisirt, wenn man sie von dem Elektrophor trennt. 162. Versuch. Man isolire einen Elektrophor, und hänge eine Kork- kugel an einem leinenen Faden so auf, daß sie ohngefähr ¼ Zoll von einem mit der untern Platte verbundenen Stück Metall absteht. Die Kugel bewegt sich nicht, wenn die obere Platte auf den Elektrophor gelegt wird; wenn man aber dieselbe mit dem Finger berührt, so wird die Kugel angezogen. Sobald die obere Platte weggenommen wird, so zieht die untere metallische Belegung die Kugel an, läßt sie aber wieder gehen, wenn man die Belegung mit dem Finger berührt. Auch wird die Kugel angezogen, wenn man die obere Platte aufsetzt, ehe der Funken aus dersel- ben gezogen ist, obgleich das Anziehen länger dauert und Eilftes Capitel. stärker ist, wenn man den Funken herauszieht, ehe man die Platte auf den Elektrophor setzt. 163. Versuch. Man elektrisire die untere Seite des Elektrophors, indem man die untere Platte mit dem Conductor einer Maschine verbindet; so wird die obere Platte der Hand, oder einem andern Leiter, starke Funken geben. Berührt man die obere Platte mit einer, und die untere mit der andern Hand, so erhält man einen Schlag. Eben diese Wirkung erfolgt, wenn die obere Platte durch die Ma- schine elektrisiret wird. 164. Versuch. Man isolire einen nicht geriebenen Elektrophor, stelle die obere Platte darauf, und elektrisire die untere durch eine mit dem ersten Leiter verbundene Kette. Man ziehe hierauf einen Funken aus der Kette, so wird der Elektro- phor alle die Eigenschaften erhalten, welche er sonst durch das Reiben seiner Oberfläche bekömmt. 165. Versuch. Man verbinde die obere Platte durch eine Kette mit dem ersten Leiter, elektrisire sie, und ziehe hierauf einen Funken aus der Kette, so wird auch in diesem Falle der Elektrophor alle Eigenschaften annehmen, welche er sonst durch Reiben erhält. 166. Versuch. Eben diese Wirkung erfolgt, wenn man eine leidner Flasche auf die obere Platte eines nicht geriebenen Elektro- phors setzt, und dieselbe auf der Platte ladet und entladet. Aus den drey letztern Versuchen sieht man, daß der Elektrophor eben sowohl durch Mittheilung, als durch Reiben, in Wirksamkeit gesetzt werden könne. Vom Elektrophor. 167. Versuch. Herr Achard stellte die obere Platte auf einen gerie- benen Elektrophor, und auf diese Platte einen metallenen Würfel mit einem gläsernen Handgriffe; wenn er diesen Würfel mit dem Handgriffe abnahm, ohne ihn vorher zu berühren, so zog er eine leichte Kugel an. Wiederhohlte er den Versuch, berührte aber die Platte vorher, ehe er den Würfel abnahm, so fand er nicht das geringste Zei- chen von Elektricität. 168. Versuch. Wenn man den Elektrophor mit einem Elektrometer von Korkkugeln untersucht, so findet man folgendes: 1) Sobald die obere Platte auf einen Harzelektro- phor gesetzt wird, so erhält sie eine schwache positive Elek- tricität; setzt man sie aber auf einen Glaselektrophor, so wird sie negativ elektrisiret. 2) Berührt man die obere Platte mit dem Finger, so verliert sie alle ihre Elektricität. 3) Wird die obere Platte mit dem Finger berührt, und von dem Elektrophor weggenommen, so erhält sie eine starke negative Elektricität, wenn der Elektrophor von Glas, hingegen eine positive, wenn er von Harz ist. Man kann sich den Elektrophor in mehrere horizon- tale Schichten getheilt, vorstellen, so daß beym Elektrisi- ren durch Mittheilen oder Reiben die obere Schicht ver- mittelst der untern isolirt wird. Nun behalten alle isolirte elektrische Körper ihre Elektricität eine beträchtliche Zeit- lang, und dies ist die Ursache, warum die Elektricität des Elektrophors sich so lang erhält. Isolirtes und geriebenes Glas giebt Körpern, welche in seinen Wirkungskreis gebracht werden, die negative Elektricität; da hingegen negative elektrische Körper im ähnlichen Falle positive Elektricität hervorbringen. Da- her muß die Oberfläche des Elektrophors, wenn er von Eilftes Capitel. Harz ist, die positive, wenn er hingegen von Glas ist, die negative Elektricität hervorbringen, welches mit den Ver- suchen vollkommen übereinstimmt. Wird nun die obere Platte mit dem Finger berührt, so hört die Oberfläche des Elektrophors auf, isolirt zu seyn, und giebt der obern Platte die negative Elektricität, wenn sie von Glas, und die positive, wenn sie von Harz ist, wie dies mit den ver- schidenen im vierten Capitel beschriebenen Versuchen übereinstimmt. So lange elektrische Körper mit leitenden Substan- zen in Berührung stehen, setzen sie niemals die elektrische Materie in denjenigen Grad von Bewegung, welcher nöthig ist, um einen Funken zu erzeugen, oder die Phä- nomene des Anziehens und Zurückstoßens hervorzubrin- gen. Dies ist die Ursache, warum die obere Platte kein Zeichen einer Elektricität von sich giebt, so lange sie mit der untern in Berührung ist, obgleich diese Zeichen au- genblicklich sichtbar werden, sobald man die obere Platte abhebt. Da man die Theorie des Elektrophors für sehr ver- wickelt hält, so will ich noch eine andere Erklärung dersel- ben aus dem Monthly Review mittheilen. Daher wirkt (bey einem Glaselektrophor, weil die- ser Fall eine deutlichere Erläuterung zuläßt) die geriebe- ne Platte so auf die in der obern messingenen Platte von Natur enthaltene elektrische Materie, daß sie einen Theil des natürlichen Vorraths derselben in Form eines Fun- kens an der Stelle, wo der Finger angehalten wird, aus- treibt. Hebt man in diesem Zustande die messingene Platte an ihrem Handgriffe auf, so nimmt sie diesen Funken aus dem Finger wieder an sich. Wird sie wie- der aufgesetzt, und das Verfahren wiederholt, so erhält man dasselbe Resultat von neuem wieder, und kann da- mit eine sehr lange Zeit fortfahren, ohne die Krast des geriebenen elektrischen Körpers zu vermindern, indem der- selbe in der That nichts von seiner eignen Elektricität Vom Elektrophor. mittheilt, sondern nur einen Theil derjenigen elektrischen Materie, welche sich in der obern Platte befindet, zu- rückstößt, welcher Verlust dieser Platte von Zeit zu Zeit durch die mit der Erde verbundene Person, die sie mit dem Finger berührt, wiederersetzt wird. 169. Versuch. Man stelle ein Stück Metall auf einen geriebenen Elektrophor. Die Gestalt desselben ist gleichgültig. Man elektrisire dieses Stück Metall mit derjenigen Kraft, wel- che der Elektricität des Elektrophors entgegen gesetzt ist, nehme es alsdann mit Hülfe eines elektrischen Körpers hin- weg, und streue feingestoßenen Harzstaub auf den Elek- trophor, so werden sich auf der Oberfläche desselben sonder- bare strahligte Figuren bilden. Ist die Platte negativ und das Metall positiv, so legt sich der Staub hauptsäch- lich auf diejenigen Stellen, wo das Metall gestanden hat; ist hingegen die Platte positiv und das Metall negativ, so bleiben die vom Metall berührten Stellen vom Staube frey, und es fällt derselbe mehr auf die übrigen. 170. Versuch. Man isolire ein blechernes Quartmaaß, hänge ein Paar Korkkugeln an seidnen Fäden so auf, daß das ganze Elektrometer innerhalb des Maaßes stehe, und elektrisire das Maaß, so wird das Elektrometer nicht die geringste Elektricität zeigen. Die gleichartigen Atmosphären wir- ken gegen einander, und da keine entgegengesetzte Elektri- cität im Elektrometer Statt finden kann, so bleibt es un- elektrisirt. Berührt man aber das Maaß mit einem Lei- ter, so zieht es die Kugeln augenblicklich an. 171. Versuch. Man hänge einen kleinen Cylinder von Goldpapier an Stanniol auf, und berühre damit das elektrisirte und Eilftes Capitel. isolirte Maaß, so entsteht ein Funken zwischen beyden, und die Elektricität vertheilt sich unter beyde nach dem Ver- hältniß ihrer Capacitäten. Nun senke man den isolirten Cylinder auf den Boden des Maaßes herab, so giebt er demselben die Elektricität, die er von ihm bekommen hatte, wieder, und man bemerkt an ihm, wenn er herausge- nommen wird, nicht das geringste Merkmal einer Elek- kricität. 172. Versuch. Man verbinde ein Paar Korkkugeln mit einem iso- lirten metallenen Gefäß, in welchem eine metallene Kette liegt, und hebe die Kette mit einem seidnen Faden in die Höhe, so wird das Auseinandergehen der Kugeln immer schwächer werden, je mehr man die Kette erhebt, und aus- einanderziehet. Man sieht hieraus, daß die Elektricität geschwächt, und ihre Dichtigkeit vermindert wird, je mehr sie sich von der Oberfläche des Gefäßes gegen die ausge- breitete Kette verbreitet. Dies bestätigt sich auch dadurch, daß die Kugeln wieder auseinanderfahren, wenn man die Kette im Gefäße niederleget. Dieser Versuch giebt eine leichte Erklärung von vielen Phänomenen der atmosphä- rischen Elektricität, z. B. warum die Dämpfe des elektri- sirten Wassers so wenig Elektricität zeigen, und warum die Elektricität einer Wolke durch die Zusammendrückung oder Verdichtung derselben stärker wird. 173. Versuch. Man reibe einen Streif weißen Flanell oder ein seid- nes Band, ziehe so viel Funken aus demselben, als man erhalten kann und lege oder rolle es alsdann zusammen, so wird es unter dieser Gestalt noch stark elektrisch seyn, Funken geben, und Lichtbüschel ausströmen. Vom Elektrophor. Von den Vortheilen des unvollkommenen Isolirens und wie man sehr geringe Grade der natürlichen und künstlichen Elektricität merklich machen könne, von Herrn Volta. Ein zur Beobachtung der atmosphärischen Elektricität eingerichteter Conductor wird bey heiterm Himmel sehr selten auf das Elektrometer, wenn es auch noch so em- pfindlich wäre, wirken. Vermittelst des nunmehr zu be- schreibenden Apparatus aber kann man zeigen, daß ein solcher Conductor fast allezeit elektrisch, und also die Luft, die ihn umgiebt, zu jeder Zeit elektrisirt sey. Diese Me- thode zeigt auch nicht allein das Daseyn, sondern auch die Beschaffenheit der Elektricität, ob sie positiv oder negativ sey, und dies selbst in allen Fällen, in welchen der Con- ductor nicht einmal den feinsten Faden anzieht; ist das Anziehen an dem Conductor nur einigermassen merklich, so giebt dieser Apparatus schon sehr lange Funken. Man kann dem Elektrophor, der hierzu gebraucht wird, sehr schicklich den Namen eines Mikro-elektro- meters, oder eines Condensators der Elektricität, geben. Wenn der atmosphärische Conduktor schon an sich hinlängliche Merkmale der Elektricität giebt, so wird dieser condensirende Apparatus unbrauchbar. Denn wenn die Elektricität stark ist, so fügt sichs oft, daß ein Theil der Elektricität der Metallplatte der andern Platte mitge- theilt wird, in welchem Falle der Apparatus als ein Elek- trophor wirkt, und zu der hier vorkommenden Absicht un- geschickt wird. Der zu dieser Absicht dienende Apparatus besteht aus der obern Metallplatte eines Elektrophors und einer halb- elektrischen oder sehr unvollkommenen leitenden Platte, welche den Durchgang der Elektricität nur in einem ge- wissen Grade hindert. Man findet vielerley solche Leiter z. B. eine reine trockne Marmorplatte, eine hölzerne mit Eilftes Capitel. Firnis überzogene Tafel u. dgl. Da die Oberfläche solcher Körper keine Elektricität annimmt, oder wenn sich auch einige daran hinge, sie wegen ihrer halbleitenden Natur bald wieder verliert, so können sie nicht zu Elektrophoren, wohl aber zu Condensatoren der Elektricität gebraucht werden. Inzwischen muß man sich bey der Auswahl solcher Platten wohl hüten, daß man nicht allzufreye Leiter oder solche Körper wähle, die durch den Gebrauch gute Leiter werden, weil es schlechterdings nothwendig ist, daß die Elektricität beym Uebergange über ihre Oberfläche be- trächtlichen Widerstand finde. Wenn man eine solche Platte durch Trocknen, oder auf andere Art, zubereitet, so ist es weit besser, sie der Natur der elektrischen Körper näher zu bringen, als ihr zu viel von den Eigenschaften der Leiter zu lassen. Eine wohlgetrocknete Marmorplatte oder hölzerne Tafel thut sehr gute Dienste und ist allen andern Platten vorzuziehen; sonst ist aber auch die Platte eines Elektrophors selbst besser, als alle unzubereitete Körper. Auch die schlechteste Sorte von Marmor, wenn sie mit Copal- Bernstein- oder Lackfirniß überzogen, und auf kurze Zeit auf einem Ofen erwärmt wird, thut die besten Dienste, auch ohne bey jedem Versuche besonders erwärmt zu werden. Dies, könnte man sagen, hieße sie zur Na- tur eines Elektrophors zurückbringen: denn Marmor, Holz u. dgl. wenn es überfirnißt und erwärmt wird, läßt sich durch ein sehr gelindes Reiben, und oft sogar durch das bloße Aufsetzen einer Metallplatte elektrisch machen; allein eben um dieses zu verhüten, darf man diese Platten beym Gebrauch nicht erwärmen. Die Vortheile, welche Platten von dieser Art vor dem gewöhnlichen Elektrophor voraus haben, sind folgen- de: 1) Daß der Firniß allezeit dünner ist, als die ge- wöhnliche Harzschicht eines Elektrophors. 2) Daß er Vom Elektrophor. eine glättere und ebnere Oberfläche annimmt: daher die Metallplatte besser anpasset. Mit eben so vielem Vortheile kann man jede Sorte von Platten, mit Wachstuch, Wachstaffet, Sattin, oder einem andern nicht allzustarken seidnen Stoff überzogen, gebrauchen, wenn sie vorher ein wenig erwärmt wird. Seidne Zeuge sind zu dieser Absicht besser, als baumwol- lene oder wollene, und beyde besser als leinene. Papier, Leder, Holz, Elfenbein, Knochen, und alle Arten von unvollkommnen Leitern kan man in gewissem Grade dazu geschickt machen, wenn man sie vorher trocknet, und wäh- rend des Versuchs warm erhält. Noch einfacher wird der Apparatus, wenn man die Seide a. an die obere Metallplatte mit dem gläsernen Handgriffe anbringt, wobey die Marmorplatte oder die untere unnöthig wird, indem man an ihrer Statt jede Fläche gebrauchen kann, z. B. eine gemeine hölzerne oder Marmortafel, wenn sie auch nicht ganz trocken ist, eine Metallplatte, ein Buch, oder jeden Leiter, der eine ebne Oberfläche hat. Es wird überhaupt zu diesen Versuchen nichts weiter erfordert, als daß die Elektricität, welche aus der einen Fläche in die andere übergehen will, in der einen Fläche einigen Widerstand finde, wie man im folgenden deutlich sehen wird. Daher ist es gleichgültig, ob die nicht-leitende oder halb-leitende Schicht auf der einen oder auf der anderen Fläche liegt; nur dies ist nothwendig, daß beyde auf ein- ander passen; daher es sehr bequem ist, zwo aneinander geschliffene Flächen zu gebrauchen, wovon die eine über- firnißt ist. Zu den gewöhnlichen Versuchen kann man auch eine einzelne mit Seide überzogene Metallplatte mit drey seidnen Schnüren, mit welchen sie sich aufheben läßt, gebrauchen. Um nun von diesem Apparatus Gebrauch zu ma- chen, stellt man die obere Metallplatte auf die un- Eilftes Capitel. elektrisirte Platte, und in vollkommene Berührung mit derselben. In dieser Stellung der Platten läßt man einen mit dem Conductor verbundenen Drath die Metallplatte des Elektrophors, aber diese nur allein, berühren. Läßt man nun den Apparatus eine Zeitlang in diesem Zustande, so erhält er einen hinreichenden Grad von Elektricität, je- doch nur sehr langsam. Man nehme nun den Drath von der Metallplatte hinweg, und hebe sie mit dem isolirenden Handgriffe von der untern ab; so wird sie nunmehr Fäden anziehen, auf das Elektrometer wirken, wenn die Elektricität stark ist, Funken geben u. s. w., wenn gleich der atmosphärische Conductor nicht die geringste Elektricität zeiget. Es läßt sich nicht leicht genau bestimmen, wie lange diese Geräthschaft in Verbindung mit dem Conductor blei- ben müsse, weil dies von vielerley Umständen abhängt; giebt der Conductor gar kein Zeichen einer Elektricität, so werden 8 bis 10 Minuten Zeit erfordert; zieht er hingegen einen feinen Faden an, so sind eben so viel Secunden hin- reichend. Eben so schwer ist es, den Gra d genau zu bestimmen, bis auf welchen man die Elektricität condensiren, oder die elektrischen Erscheinungen verstärken kann; auch dies hängt von mancherley Umständen ab. Inzwischen ist die Ver- stärkung desto größer, je mehr der Conductor, der der Metallplatte Elektricität zuführt, Capacität hat, inglei- chen, je schwächer die Elektricität ist. So ist z. B. der atmosphärische Conductor, wenn er gleich kaum die Kraft hat, einen Faden anzuziehen, dennoch im Stande, der Metallplatte des Elektrophors so viel Elektricität zu geben, daß sie nicht allein auf das Elektrometer wirkt, sondern auch starke Funken giebt. Ist hingegen die Elektricität des at- mosphärischen Conductors stark genug, um Funken zu ge- ben, oder den Zeiger des Elektrometers 5 bis 6 Grad zu erheben, so erhebt zwat die Platte des Elektrophors nach Vom Elektrophor. ser Methode den Zeiger auf den höchsten Grad, und giebt einen stärkern Funken; man sieht aber dennoch deutlich, daß die Condensation in diesem Falle verhältnißmäßig we- niger beträgt, als im vorigen; denn die Elektricität kann niemals bis über einen gewissen Grad angehäuft werden, d. i. bis über denjenigen, da sie sich nach allen Richtungen zerstreuet. Wenn daher die elektrische Kraft, welche in den Condensator wirkt, dem höchsten Grade am nächsten ist, so ist die Condensation im Verhältniß schwächer. In diesem Falle aber ist auch der Condensator unnöthig; seine vornehmste Absicht ist, die kleinen Quantitäten von Elek- tricität anzuhäufen und merklich zu machen, welche ohne dieses Hülfsmittel unmerklich bleiben würden. Bis hieher haben wir unsern Condensator nur zu Entdeckung der schwachen atmosphärischen Elektricität gebraucht, welche der Conductor aus der Luft herabbringt; dies ist nun zwar die Hauptabsicht, aber nicht der einzige Gebrauch desselben. Er entdeckt eben sowohl die künstli- che Elektricität, wenn sie so schwach ist, daß sie sich durch kein anderes Mittel bemerken läßt. Wenn man eine leidner Flasche ladet, und hierauf durch Berührung beyder Seiten mit dem Auslader oder der Hand entladet, so scheint sie aller Elektricität gänzlich beraubt zu seyn; berührt man aber ihren Knopf mit der Metallplatte des Condensators (indeß dieselbe auf einer unvollkommen leitenden Substanz liegt,) und hebt man sie sogleich ab, so giebt sie merkliche Kennzeichen der Elek- tricität von sich. Ist aber noch so viel Ladung in der Fla- sche geblieben, daß sie einen feinen Faden anziehet, und bringt man nun die Metallplatte auf einen Augenblick mit dem Knopfe in Berührung, so giebt sie, aufgehoben, ei- nen Funken, und wieder berührt, einen fast eben so star- ken, und so kann man eine lange Zeit hindurch einen Fun- ken nach dem andern erhalten. Man kann durch diese Methode, Funken vermittelst einer Flasche hervorzubringen, welche nicht stark geladen Eilftes Capitel. ist, um für sich selbst Funken zu geben, verschiedene an- genehme Versuche anstellen, z. B. die Pistole mit entzünd- barer Luft losbrennen, oder ein Licht anzünden, besonders, wenn man eine Flasche nach der Erfindung des Herrn Ca- vallo besitzt, welche man geladen in der Tasche tragen kann. Diese Flaschen halten eine merkliche Ladung meh- rere Tage, und eine unmerkliche mehrere Wochen und Mo- nate lang; die letztere zeigt sich freylich ohne Condensator gar nicht, kann aber durch diesen sehr merklich gemacht werrden, so daß sie zu dem Versuche mit der elektrischen Pistole hinreichend ist. Zweytens. Ist eine Elektrisirmaschine in so schlech- tem Stande, daß ihr Conductor keinen Funken geben und keinen Faden anziehen will, so bringe man die Metallplatte des Condensators an diesen Conductor, und lasse sie einige Minuten lang daran (inde m die Maschine immerfort ge- drehet wird). Hebt man alsdann die Metallplatte auf, so wird man einen starken Funken daraus erhalten. Drittens. Wenn zwar die Maschine gute Wirkung thut, aber der Conductor so schlecht isolirt ist, daß er kei- nen Funken giebt, weil er entweder mit den Wänden des Zimmers, oder durch eine Kette mit dem Boden verbun- den ist, so berühre man den Conductor in diesem Zustan- de mit der Metallplatte des Condensators, indem die Ma- schine immer in Bewegung bleibt, und diese Platte wird hierauf ziemlich starke Kennzeichen der Elektricität von sich geben; woraus man auf das Vermögen dieses Appa- ratus, die Elektricität auszuziehen und anzuhäufen, schließen kann. Viertens. Wenn ein Elektrometer nicht empfindlich genug ist, um die Stärke einer erregten Elektricität an- zugeben, so ka nn man diese Elektricität leicht durch den Condensator prüfen. In dieser Absicht reibe man die Körper an der Mettallplatte des Condensators, welche hiebey nicht überzogen seyn darf; wenn man nun- wehr diese Platte gegen ein Elektrometer hält, so wird Vom Elektrophor. man dasselbe beträchtlich elektrisirt finden, wenn gleich der geriebene Körper wenig oder gar keine Elektricität er- halten hat. Ob die Elektricität positiv oder negativ sey, kann man leicht bestimmen, weil die Elektricität der Me- tallplatte die entgegengesetzte von der im geriebenen Kör- per seyn muß. Nach dieser Methode hat Herr Cavallo die Elektricität vieler Körper untersucht. Wenn aber die zu untersuchenden Körper sich nicht leicht an die Metall- platte bringen lassen, so kann man sich noch besser folgen- der Methode bedienen. Man legt die Metallplatte auf die unvollkommen leitende Fläche, reibt oder streicht den zu untersuchenden Körper dagegen, und hebt alsdann die Platte ab, um sie mit dem Elektrometer zu untersuchen. Ist der untersuchte Körper Leder, eine Schnur, Leinwand, Sammet, oder ein anderer ähnlicher unvollkommener Lei- ter, so wird man die Platte gewiß elektrisirt finden, und zwar auf diese Art viel stärker, als wenn sie isolirt in der Luft schwebend mit eben dem Körper wäre gerieben wor- den. Kurz durch die eine oder die andere Methode wird man Elektricität aus Körpern erhalten, von welchen man kaum irgend einige erwarten sollte; auch wenn sie nicht sehr trocken sind. Alle Körper, nur Kohlen und Metalle aus- genommen, werden einige Elektricität geben. Man erhält oft sogar einige durch Streichen mit der bloßen Hand. Die Metallplatte hat, wie man aus den vorherge- henden Versuchen sieht, ein weit größeres Vermögen, die Elektricität an sich zu halten, wenn sie auf einer dazu ge- hörigen Fläche liegt, als wenn sie ganz isolirt ist. Man sieht leicht, daß die Stärke der Elektricität in Proportion geringer seyn muß, wenn die Capacität, Elektricität zu halten, größ e r ist; denn es ist alsdann eine größere Menge erforderlich, um sie bis auf einen bestimm- ten Grad der Stärke zu erheben; daß sich also die Ca- pacität umgekehrt verhält, wie die Intensität, wor- unter wir das Bestreben verstehen, mit welchem die Elek- tricität eines elektrisirten Körpers aus allen seinen Theilen Eilftes Capitel. auszugehen sucht, mit welchem Bestreben die elektrischen Phänomene des Anziehens und Zurückstoßens, und be- sonders der Grad der Erhebung des Elektrometers über- einstimmen. Daß sich die Intensität der Elektricität umgekehrt wie die Capacität des elektrisirten Körpers verhalte, wird aus folgendem Versuche deutlich erhellen. 174. Versuch. Man nehme zween metallene Stäbe von gleichem Durchmesser, den einen 1 Schuh, den andern 5 Schuh lang; elektrisire den ersten so lange, bis der Zeiger des Elektrometers auf 60° steigt, und bringe ihn sodann mit dem andern Stabe in Berührung- so ist in diesem Falle klar, daß die Intensität der Elektricität, die sich jezt durch beyde Stäbe vertheilt, desto mehr abnehmen muß, je mehr die Capacität zunimmt; daß also der Zeiger des Elektrometers, der sich vorher bis 60° erhob, nun auf 10° herabfallen, d.i. nur den sechsten Theil der vorigen Inten- sität zeigen muß. Eben so müßte die Intensität, wenn man eben so viel Elektricität einem 60 Schuh langen Stabe mitgetheilt hätte, auf einen Grad herabfallen; hät- te man hingegen die Elektricität des langen Conductors in den 60sten Theil der Capacität dessen zusammengedrängt, so würde die Intensität bis 60° gewachsen seyn. Nicht allein Conductoren von verschiedener Größe haben verschiedene Capacitäten, Elektricität in sich zu hal- ten, sondern es wird auch die Capacität eines und eben desselben Conductors vergrößert oder vermindert, je nach- dem man seine Oberfläche größer oder geringer macht; wie man aus D. Franklin’s Versuche mit dem Becher und der Kette sieht, aus welchem man geschlossen hat, daß die Capacität der Conductoren im Verhältniß ihrer Ober- fläche, und nicht ihrer Masse, wachse. Vom Elektrophor. Man hat die oben angeführten Umstände, durch welche die natürliche Capacität der Conductoren so be- trächtlich verstärkt wird, bisher gänzlich übersehen, und daher noch keine Vortheile daraus gezogen. Der folgen- de Versuch wird diese Verstärkung der Capacität auf die einfachste Art zeigen. 175. Versuch. Man nehme die Metallplatte eines Elektrophors, halte sie bey ihrem Handgriffe in der Luft, und elektrisire sie so stark, daß der Zeiger eines damit verbundenen Elek- trometers bis 60° steigt; hierauf lasse man diese Platte nach und nach gegen den Tisch, oder eine andere ebne lei- tende Fläche zu sinken, so wird der Zeiger nach und nach von 60° auf 50°, 40°, 30° u. s. w. fallen. Dennoch bleibt in der Platte immer eben dieselbe Menge von Elek- tricität, sie müßte denn so nahe an den Tisch gebracht wer- den, daß dadurch ein Uebergang der Elektricität aus der Platte in den Tisch veranlasset würde; wenigstens bleibt sie in so fern immer von gleicher Größe, als ihr durch die Feuchtigkeit der Luft u. dgl. nichts entzogen wird. Die Abnahme der Intensität kömmt also bloß von der verstärk- ten Capacität der Platte her, welche nicht mehr völlig iso- lirt, oder abgesondert sondern combinitt, oder eini- germassen mit einem andern Leiter verbunden ist: denn wenn man die Platte nach und nach wieder von dem Tische entfernet, so steigt das Elektrometer wieder auf den vori- gen Grad, nämlich 60°; den Verlust abgerechnet, den sie während des Versuchs durch die Luft a. kann gelitten haben. Diese Ursache dieser Erscheinung läßt sich leicht aus der Wirkung der elektrischen Atmosphären erklären. Die Atmosphäre der Metallplatte, die ich jezt für positiv elektri- sirt annehmen will, wirkt auf den Tisch, oder sonst auf den Leiter, dem dieselbe genähert wird: so, daß die elek- trische Materie im Tische, in dem sie sich gegen die ent- Eilftes Capitel. ferntern Theile desselben zurückziehet, in denjenigen Thei- len, welche sich gegen die Metallplatte zu kehren, dünner wird, und diese Verdünnung zunimmt, je näher die Me- tallplatte dem Tische gebracht wird. Ist diese Platte ne- gativ elektrisirt, so findet die entgegengesetzte Wirkung statt. Kurz, die Theile, welche in den Wirkungskreis der elektrisirten Platte kommen, erhalten eine entgegenge- setzte Elektricität, und geben dadurch der Elektricität der Metallplatte Anlaß, sich auszubreiten, daher die Inten- sität derselben vermindert wird, wie sich dies durch das Herabsinken des Zeigers am Elektrometer deutlich an den Tag leget. Die beyden folgenden Versuche verbreiten noch mehr licht über die gegenseitige Wirkung der elektrischen At- mosphären. 176. Versuch. Man elektrisire zween flache Leiter, beyde entweder positiv oder negativ, und nähere sie einander allmählich, so wird man an den damit verbundenen Elektrometern se- hen, daß ihre Elektricitäten immer stärker werden, je nä- her sie einander kommen, indem alle elastische Körper in eben dem Verhältniss e widerstehen, in welchem auf sie gewirkt wird; woraus man sieht, daß jede von den bey- den mit einander verbundenen Kräften, jezt weit we- niger Capacität hat, mehr elektrische Materie anzuneh- men, als vorher, da beyde einzeln isolirt waren, und kei- nen Einfluß auf einander hatten. Aus diesem Versuche läßt sich erklären, warum die Spannung der elektrischen Atmosphäre bey einem elektrisirten Leiter größer wird, wenn man sie in einen engern Raum zusammenziehet; in- gleichen, warum ein lang ausgedehnter Leiter bey gleicher Oberfläche und gleicher Menge von Elektricität weniger Intensität zeigt, als ein mehr compakter; weil im ersten Falle die gleichartigen Atmosphären der Theile des Leiters weiter aus einander liegen, als im letztern, und also, da Vom Elektrophor. die Wirkung schwächer ist, auch die Gegenwirkung gerin- ger seyn muß. 177. Versuch. Man elektrisire den einen von diesen flachen Leitern positiv, und den andern negativ, so werden die Wirkun- gen gerade die entgegengesetzten seyn; d. i. die Intensi- tät der Elektricitäten wird abnehmen, weil die Capacitä- ten, oder die Kräfte sich auszubreiten, desto größer wer- den, je näher die Leiter zu einander kommen. Man kann nunmehr die Erklärung dieses letztern Versuchs auch auf den vorher erwähnten Fall anwenden, da man nämlich die elektrisirte Metallplatte gegen eine nicht isolirte leitende Fläche bringt. Denn, da diese Flä- che eine entgegengesetzte Elektricität erhält, so folgt, daß die Intensität der Elektricität in der Metallplatte abneh- men müsse, und das mit ihr verbundene Elektrometer fällt immer weiter herab, je mehr die Capacität der Plat- te zunimmt, oder die Dichtigkeit ihrer Atmosphäre ver- mindert wird; folglich ist die Platte unter diesen Umstän- den im Stande, eine größere Menge Elektricität an- zunehmen. Dies wird noch deutlicher durch folgenden Versuch: 178. Versuch. Man isolire die leitende Fläche, indem die andere elektrisirte Platte darauf liegt, und trenne dann beyde von einander, so wird man beyde, so wohl die Metallplatte, als auch die leitende Fläche (welche man auch die untere Platte nennen kann) elektrisirt finden, aber, wie die Elek- trometer zeigen werden, mit entgegengesetzten Elektri- citäten. Wird die untere Platte erst isolirt, und dann die elektrisirte Platte darauf gesetzt, so wird die letztere in der erstern ein Bestreben nach entgegengesetzter Elektricität erregen, welche aber wegen der Isolirung nicht wirklich Eilftes Capitel. entstehen kann; daher wird die Intensitat der Elektricität in der Platte nicht verringert, wenigstens zeigt das Elek- trometer nur ein sehr geringes und fast unmerkliches Fal- len, welches von der Unvollkommenheit der Isolirung der untern Platte, und von der geringen Verdünnung und Verdichtung der elektrischen Materie in den verschiedenen Stellen dieser Platte herkömmt. Wenn man aber unter diesen Umständen die untere Platte so berührt, daß die Isolirung auf einen Augenblick unterbrochen wird, so er- hält sie die entgegengesetzte Elektricität, und die Intensi- tät in der Metallplatte wird schwächer. Wäre die untere Platte, anstatt i solirt zu seyn, selbst eine nicht leitende Substanz, so würden eben die Phäno- mene erfolgen, d. i. die Intensität der darauf liegenden elektrisirten Metallplatte würde nicht vermindert werden. Dennoch geschieht dies nicht allezeit; denn wenn die un- tere nicht leitende Platte sehr dünn ist, und auf einem Lei- t er liegt, so wird die Intensität der elektrisirten Metall- platte vermindert, und ihre Capacität vergrößert, wenn sie auf den dünnen isolirenden Körper gelegt wird; weil in diesem Falle die leitende Substanz, welche unter dem nicht leitenden Körper liegt, eine der Metallplatte entge- gengesetzte Elektricität erhält, und also ihre Intensität vermindert u. s. w. Der isolitende Körper vermindert hiebey nur die wechselseitige Wirkung beyder Atmosphä- ren mehr oder weniger, je nachdem er sie weiter oder we- niger aus einander hält. Die Intensität oder die elektrische Wirkung der Me- kallplatte, welche nach und nach abnimmt, je näher die- selbe an eine nicht isolirte leitende Fläche gebracht wird, verschwindet fast gänzlich, wenn die Platte beynahe in Berührung mit der Fläche kömmt, weil hier das natür- liche Gleichgewicht beynahe vollkommen wird. Wenn daher die untere Platte dem Durchgange der Elektricität nur den geringsten Widerstand entgegensetzt (es mag Vom Elektrophor. nun derselbe von einem dünnen elektrischen Ueberzuge, oder von der unvollkommen leitenden Natur der Fläche, wie bey trocknem Holz, Marmor ꝛc . herrühren), so kann dieser Widerstand, verbunden mit dem, obgleich gerin- gen, Zwischenraume zwischen beyden Platten, von der ge- ringen Intensität der Elektricität in der Metallplatte nicht überwunden werden. Daher giebt diese Platte der un- tern Fläche keinen Funken (es müßte denn ihre Elektrici- tät sehr stark, oder ihr Rand nicht wohl abgerundet seyn) und behält vielmehr ihre Elektricität; daß also das Elek- trometer, wenn man sie von der untern Platte abhebt, bey- nahe wieder auf seine vorige Höhe steigt. Die elektrisirte Platte kann sogar mit der unvollkommen leitenden Fläche in Berührung gebracht werden, und eine Zeit lang in dieser Stellung verbleiben; in welchem Falle die Intensi- tät beynahe bis auf Nichts herabsinkt, und daher die Elek- tricität nur sehr langsam in die untere Platte übergeht. Ganz anders aber ist der Fall, wenn bey Anstellung dieses Versuchs die elektrisirte Metallplatte die untere mit der Schärfe des Randes berührt; denn alsdann ist ihre Inten- sität größer, als wenn sie flach liegt, wie das Elektrometer zeigt, die Elektricität überwindet also den schwachen Wi- derstand, und geht in die untere Fläche über, auch wohl durch einen dünnen elektrischen Ueberzug, weil die Elek- tricität der einen Platte von der Elektricität der andern nur im Verhältniß der Menge von Oberfläche, welche sie einander innerhalb einer gegebenen Distanz entgegenstel- len, im Gleichgewicht erhalten wird, daß sich also die Elektricität gar nicht zerstreuet, wenn die Platten einan- der flach und in vielen Punkten berühren. Dieses an- scheinende Paradoron erklärt sich sehr deutlich aus der Theorie der elektrischen Atmosphären. Noch sonderbarer scheint es, daß nicht einmal die Berührung mit dem Finger oder mit einem Metallstabe, die Metallplatte ihrer ganzen Elektricität beraubt, wenn sie auf der untern Fläche aufstehet; sie bleibt gemeinig- Eilftes Capitel. lich noch so stark elektrisirt, daß sie nach dem Aufheben noch einen Funken giebt. In der That würde dieses Phä- nomen ganz unerklärbar seyn, wenn man den Finger oder die Metalle für vollkommene Leiter annehmen müßte. Da wir aber gar keinen Körper kennen, der ein vollkom- mener Leiter wäre, so läßt sich annehmen, daß das Metall oder der Finger hinreichend wiederstehe, um die Zerstreu- ung der Elektricität der Platte zu verhindern, welche auch in diesem Falle durch einen sehr geringen Grad von In- tensität oder Bestreben nach Ausbreitung angetrieben wird. Man nehme z. B. an, das Metall oder der Finger, der die Platte berührt, nehme so viel von ihrer Elektrici- tät hinweg, daß dadurch die Intensität des Ueberrests auf den 50 sten Theil eines Grades herabgesetzt werde, so wird dieser Ueberrest jezt kaum merklich seyn; wenn aber die Platte aufgehoben und dadurch ihre Capacität so sehr ver- mindert wird, daß ihre Elektricität eine 100mal größere Intensität erhält, so steigt sie auf 2 Grad und drüber, d. i. sie wird stark genug, um einen Funken zu geben. Wir haben nunmehr die Wirkung der elektrischen Atmosphären auf die Elektricität der Metallplatte in ver- schiedenen Stellungen betrachtet, und es wäre noch übrig, die Wirkungen zu untersuchen, welche statt finden, wenn eine Metallplatte auf der untern Fläche stehend, elektrisi- ret wird. Da die ganze Sache im vorigen völlig ausge- führet ist, so ist es sehr leicht, die Anwendung auch auf diesen Fall zu machen; inzwischen wird es doch nicht ohne Nutzen seyn, diese Anwendung beyspielsweise durch einen Versuch zu erläutern. 179. Versuch. Man setze, eine leidner Flasche oder ein Conductor sey so schwach elektrisirt, daß seine Intensität nur einen halben Grad oder noch weniger betrage. Wenn nun die auf ihrer untern Fläche stehende Metallplatte des Condensa- Vom Elektrophor. t ors mit dieser Flasche oder diesem Conductor berührt wird, so ist klar, daß ihr beyde einen so großen Theil ih- rer Elektricität mittheilen werden, als der Capacität der Platte proportional ist, d. i. so viel, daß dadurch die Elektricität der Platte eine gleiche Intensität mit der Elek- tricität des Conductors erhält, beyde nämlich einen hal- ben Grad. Da aber die Capacität der Platte anjetzt, da sie auf einer gehörig zubereiteten Fläche liegt, z. B. 100 mal größer ist, als wenn sie isolirt in der Luft schwebte, so nimmt sie auch 100 mal mehr Elektricität aus der Fla- sche oder dem Conductor an. Hieraus folgt natürlich, daß, wenn die Metallplatte von der untern Fläche auf \nicefrac {1}{100} ihrer vorigen Größe herabgesetz t wird, die Intensi- tät 100 mal größer werden, also bis auf 50° steigen müs- se, da sie in der Flasche oder im Conductor nur ½ Grad betrug. Da eine so geringe Elektricität die Metallplatte des Condensators in Stand setzt, einen starken Funken zu ge- ben, so könnte man fragen, was eine stärkere Elektricität thun werde. Warum thut diese letztere nichts mehr? Die Antwort ist, weil die der Metallplatte mitgetheilte Elektricität lzerstreuet wird, so bald sie so groß ist, daß sie den schwachen Widerstand der untern Platte überwin- den kann. Man begreift leicht, daß die Metallplatte, wenn sie gleich aus einer leidner Flasche oder einem großen Con- ductor, wenn er auch schwach elektrisirt ist, eine große Menge Elektricität annehmen kann, dennoch keine be- trächtliche Menge aus einem Conductor von geringer Ca- pacität erhalten könne; denn dieser Conductor kann ihr das nicht geben, was er selbst nicht hat, er müßte denn beständig einen neuen, obgleich schwachen, Zufluß erhal- ten. Dies ist der Fall bey einem atmosphärischen Con- ductor, oder bey dem Conductor einer Maschine, welche zwar schwach, aber doch unaufhörlich fortwirkt. In die- sen Fällen aber ist eine ziemliche Zeit nöthig, ehe die- Eilftes Capitel. Metallplatte einen hinreichenden Grad von Elektricität erhält. Da ein großer, aber schwach elektrisirter Conductor der Metallplatte des Condensators eine beträchtliche Men- ge Elektricität mittheilt, und diese Elektricität nach auf- gehobener Platte sehr verdichtet und verstärkt erscheint; so kann man, wenn auch diese Platte noch zu wenig Elek- tricität enthält, um einen Funken zu geben oder das Elek- trometer zu bewegen, diese Elektricität merklicher machen, wenn man sie einer andern kleinern Platte oder einem zweyten Condensator mittheilt. Auf diese Verbesserung verfiel zuerst Herr Cavallo durch Nachdenken über die Versuche des Volta. Er gebrauchte dazu eine kleine Metallplatte, welche nicht größer war, als ein Schilling. Dieser zweyte Conden- sator ist in vielen Fällen brauchbar, wo die Elektricität so schwach ist, daß man sie durch einen Condensator allein gar nicht, oder doch nicht deutlich, bemerkt. Bisweilen erhält die gewöhnliche Metallplatte meines Condensators so wenig Elektricität, daß sie, von der untern Fläche weg- genommen, und gegen ein höchst empfindliches von Herrn Cavallo verfertigtes Elektrometer gehalten, gar nicht auf dieses letztere wirkt. Wenn ich in diesem Falle diese so schwach elektrisirte Platte an die gehörig aufgestellte kleinere Platte bringe, und diese alsdann gegen ein Elek- trometer halte, so ist die Elektricität gemeiniglich stärker, als zu Bestimmung ihrer Beschaffenheit nöthig wäre. Wenn nun mit Hülfe beyder Condensatoren die Elek- tricität 1000mal verstärkt wird (welche Angabe gar nicht übertrieben ist), wie schwach muß dann die Elektricität des untersuchten Körpers seyn, und wie schwach diejenige, welche durch das Reiben des Metalls mit der Hand er- zeugt wird? Diese Elektricität wirkt nur mit Mühe aufs Elektrometer, wenn sie gleich durch beyde Condensatoren verstärkt ist; sie ist gerade nur hinreichend, die Ueberzeu- Atmosphärische Elektricität. gung zu verschaffen, daß sich das Metall durch Reibe n mit der Hand elektrisiren lasse. Vor der Entdeckung des Condensators und des so empfindlichen Elektrometers des Herrn Cavallo waren wir nicht im Stande, so schwache Elektricitäten zu bemer- ken; da wir hingegen jetzt Grade der Elektricität beob- achten können, welche ohne alle Vergleichung geringer sind, als die schwächsten, die sich damals bemerken ließen. Zwölftes Capitel. Von der atmosphärischen Elektricität. In Absicht auf den Gegenstand dieses Capitels haben wir das meiste dem P. Beccaria zu danken, wel- cher viele Jahre lang die verschiedenen Abwechselungen der Elektricität der Atmosphäre und ihre Verbindung mit den übrigen Phänomenen der Witterung genau beobachtet hat. Sein Apparatus war zu dieser Absicht ungemein geschickt, und übertrift bey weitem alle bisher bekannte Anstalten zu leichter und ungehinderter Beobachtung der Luftelektricität. Da man anfänglich nicht glaubte, daß die Elektricität mit allen Wirkungen der Natur so innig verbunden sey, als wir es jezt wissen, so ist die Anzahl der in diesem Fache arbeitenden Naturforscher noch nicht groß gewesen; die vornehmsten derselben sind der P. Bec- caria, Herr Ronayne und Herr Cavallo, Jch habe hier die Resultate der Beobachtungen des P. Beccaria in einen Auszug und eine gehörige Ord- nung gebracht, und gelegentlich die Beobachtungen ande- rer Gelehrten eingeschaltet, um den Leser mit den Haupt- sachen bekannt zu machen, und zu aufmerksamer Unter- suchung dieses so wichtigen und feinen Gegenstandes anzu- locken; denn man kann nie von einem meteorologischen Zwölftes Capitel. System einige Gewißheit erwarten, wofern nicht dabey die Wirkung der Elektricität, als einer der vornehmsten Triebfedern, besonders in Betrachtung gezogen wird. Der Apparatus des P. Beccaria zu Untersuchung der Elektricität der Atmosphäre bestand aus einem 132 Schuh langen eisernen Drathe, den er den E xplorator nennet. Das eine Ende desselben befestigte er an eine über den Schorstein hervorragende Stange; das andere an den Gipfel eines Kirschbaums. Die Enden des Draths waren isolirt und mit einem kleinen zinnernen Knöpfchen versehen. Ein andrer Drath ward von dem vori- gen (durch eine dicke mit Siegellak überzogne Glasröhre) ins Zimmer geführt; wodurch man beständig in Stand gesetzt ward, den Zustand der Elektricität in dem Explo- rator zu beobachten. Beccaria verband mit diesem letz- tern Drathe einen kleinen Streif Metall; an jeder Seite desselben befand sich eine Korkkugel von 1 Linie Durch- messer; diese Kugeln waren an seidnen 16 Linien langen Faden aufgehangen. Bey heiterm Himmel ist die Elektricität gemeinig- lich so stark, daß die Kugeln ohngefähr 6 Linien von der Metallplatte abstehen; ist sie sehr stark, so stehen sie 15 bis 20 Grad ab; ist sie schwach, so ist die Divergenz sehr gering. Bey heiterm Himmel braucht der Drath, wenn man ihn berührt hat, eine Minute Zeit oder noch mehr, ehe er wieder Zeichen einiger Elektricität von sich giebt; ob er gleich zu andern Zeiten schon in einer Sekunde wieder elektristrt wird. Die Elektricität ist bey heiterm Himmel allezeit po- sitiv. Nur höchst selten ist sie negativ, und alsdann bringt sie der Wind aus andern (vielleicht vom Beob- achtungsorte sehr entfernten) Gegenden der Atmosphäre, wo es zu derselben Zeit Nebel, Schnee, Regen oder Wolken giebt. Diesen Satz bestätiget die ganze Reihe der von Beccatia gemachten Beobachtungen. Nur Atmosphärische Elektricität. zwey oder dreymal hat er Beyspiele vom Gegentheil ge- funden. Nach D. Franklin’s Beobachtungen sind die Wol- ken bisweilen negativ, welches gewiß sehr richtig ist; sie verschlucken bisweilen aus und durch den Apparatus eine große und vollgeladene Flasche positiver Elektricität, von welcher der Apparatus nicht den 100sten Theil hätte anneh- men und behalten können. Man kann sich auch leicht vorstellen, wie eine stark geladene große positive Wolke kleinere Wolken negativ machen könne. Die Elektricität der Atmosphäre steht mit dem Zu- stande der Luft in Absicht auf Feuchtigkeit und Trockenheit in der genauesten Verbindung, daß man also nothwendig auf das Hygrometer Acht haben muß, wenn man über die verschiedenen Grade der Elektricität zu verschiedenen Zeiten ein gegründetes Urtheil fällen will. Das Hygro- meter des Herrn Coventty von Papier wird hiebey die besten Dienste thun; es ist sehr empfindlich, zieht die Feuchtigkeit bald an sich, theilt sie auch leicht wieder mit; und läßt sich mit andern Hygrometern eben dieser Art ver- gleichen. Auch ist es nöthig, ein Thermometer neben das Hygrometer zu stellen, um zu bestimmen, wie viel Feuchtigkeit die Luft bey einem jeden gegebnen Grade der Wärme aufgelöset enthalten könne; obgleich diese Absicht sich noch besser möchte erreichen lassen, wenn man genau beobachtete, wie viel Feuchtigkeit zu verschiedenen Zeiten aus einer gegebnen Oberfläche ausdünstet. Auch ist zu bemerken, daß die Dichtigkeit der Luft auf die Menge der darinn enthaltenen Feuchtigkeit Einfluß hat. Die Feuchtigkeit in der Luft ist der beständige Leiter der atmosphärischen Elektricität bey heiterm Himmel; da- her steht auch die Menge der Elektricität im Verhältniß mit der Menge von Feuchtigkeit, welche den Explorator umgiebt; bis deren endlich so viel wird, daß sie die Isoli- rung des Draths und der Atmosphäre unvollkommen macht. Bey trockner Luft wird es oft über eine Minute Zwölftes Capitel. lang dauren, che die Kugeln, wenn der Drath berührt worden ist, wiederum einige Elektricität zeigen; da hin- gegen bey feuchterer Luft kaum eine Sekunde vergangen ist, wenn die Kugeln schon wieder zwischen dem Finger und der messingenen Platte, an welcher sie hängen, schnell e Oscillationen machen Bey heiterm Himmel muß man die Beobachtungen übet die Elektricität der Atmosphäre sehr oft wiederholen, um die Geschwindigkeit zu beobachten, mit welcher die Elek- tricität, wenn man sie aufgehoben hat, wieder steigt; welches der P. Beccaria gemeiniglich nach der Anzahl von Sekunden bestimmt, welche verfließen mußten, ehe die Kugeln wieder ihre Elektricität zeigten. . Wenn sich der Himmel aufklärt, ist die Elektricität allezeit positiv. Geschieht dies plötzlich, und wird die Luft schnell trocken, so steigt die Elektricität auf einen ho- hen Grad, und giebt häufige Gelegenheit, die Beobach- tungen zu wiederholen. Bisweilen hält die durch Auf- flärung des Himmels verursachte Elektricität eine lange Zeit mit gleicher Intensität an; fängt auch wohl nach ei- niger Unterbrechung von neuem an, stark zu werden. Dies scheint von derjenigen Elektrieität herzurühren, wel- che der Wind aus großen Entfernungen herbey führt. P. Beccatia sagt, wenn er beobachtet habe, daß die über seinem Scheitel befindlichen dicken niedrigen Wol- ken sich zu zertheilen, und die darüber stehenden dünnern und gleichförmigern dünner zu werden angefangen hätten, daß der Regen aufgehört, und das Elektrometer positive Eletricität gezeigt hätte, so habe er seinen Beobachtungen allezeit beygeschrieben: Zuverläßiger Uebergang zu heiterm wetter. Starke positive Elektricität nach dem Regen ist ein Zeichen, daß die gute Witterung einige Tage lang anhal- ten werde. Ist die Elektricität schwach, so zeigt dies an, Atmosphärische Elektricität. das gute Wetter werde nicht den ganzen Tag über anhal- ten, es werde bald trüb werden und regnen. Wenn sich der Himmel über dem Orte der Beob- achtung trübet, und eine hohe Wolke entsteht, welche keine niedrige Wolken unter sich hat, auch kein Theil einer schon anderwärts regnenden Wolke ist, so bemerkt man entwe- der gar keine, oder eine positive Elektricität. Entstehen die Wolken in Gestalt wollener Flocken, und bewegen sich erst näher an einander, und dann aus einander; oder liegt die entstehende große Wolke sehr hoch, und streckt sich dann niederwärts, wie ein herabsinkender Rauch, so zeigt sich gemeiniglich positive Elektricität, de- ren Stärke sich verhält, wie die Geschwindigkeit, mit welcher die Wolke entsteht; und man kann aus derselben die Menge und Geschwindigkeit des darauf folgenden Re- gens oder Schnees in voraus abnehmen. Bildet sich eine dünne, ebne und weit ausgebreitete Wolke, welche den Himmel trübt, und eine graue Farbe zeigt, so bemerkt man eine starke und sich schnell wieder ersetzende positive Elektricität; je langsamer aber die Ent- stehung der Wolke erfolgt, desto schwächer wird diese Elek- tricität; bisweilen verschwindet sie gänzlich. Entsteht hingegen die dünne ausgebreitete Wolke nach und nach aus kleinen Wolken, die sich wie Flocken, beständig daran hängen, und einander abstoßen, so hält die positive Elek- tricität gemeiniglich an. Niedrige und dicke Nebel (besonders, wenn die Lufe um den Ort, wo sie aufsteigen, von Feuchtigkeit frey ist) geben dem Explorator eine Elektricität, welche zu wieder- holtenmalen kleine Funken giebt, und eine Divergenz der Kugeln von 20° – 25° oder wohl 30° hervorbringt. Ent- steht der Nebel schnell, und bleibt er eine Zeit lang in der Gegend des Explorators, so verschwindet diese Elektrici- tät bald; fährt er aber fort, zu steigen, und tritt eine neue Wolke an die Stelle der vorigen, so elektrisiret die- Zwölftes Capitel. selbe den Drath von neuem, obgleich nicht so stark, als vorher. Läßt man Racketen durch solche dicke, niedrige und anhaltende Nebel gehen, so erhält man oft Zeichen einer Elektricität. Der P. Beccaria hat unter den oben angeführten Umständen niemals ein Beyspiel von negativer Elektricität gefunden; außer vielleicht ein ein- ziges mal, da er eine Rackete mit einer Schnur durch einen niedrigen dicken Nebel gehen ließ: ob er gleich nach- her sehr gegründete Ursachen erhielt, zu glauben, daß er sich in Absicht auf den an der Spitze bemerkten Stern geirrt habe. Herr Ronayne fand die Luft in Irland beym Ne- bel, auch beym Reif, gemeiniglich elektrisirt, und das so wohl bey Tag als bey Nacht, vorzüglich aber im Win- ter; im Sommer selten, und nur von positiven Wolken, oder kalten Nebeln. Die Elektricität der Luft beym Reif oder Nebel ist allezeit positiv. Auch hat er beym Ueber- gange einer Wolke oft Abwechselungen von negativer und positiver Elektricität beobachtet. Die meisten Nebel haben einen Geruch, der dem Geruche einer geriebenen Glasröhre sehr ähnlich ist. Herr Henly hat gezeigt, daß die Nebel bey oder gleich nach einem Froste stärker elektrisirt sind, als zu an- derer Zeit, und daß ihre Elektricität oft, gleich nach ihrer Entstehung, am stärksten ist. Wenn ein dicker Nebel aufsteigt, und zugleich die Luft scharf und kalt ist, so ist der Nebel stark positiv elek- trisirt. Den Regen hält er nicht für eine unmittelbare Ursa- che der Luftelektricität, aber er vermuthet, daß er eine entfernte Folge derselben sey. Gemeiniglich fand er, daß, wenn die Luft sehr stark elektrisirt war, zwey oder drey Tage darauf Regen oder andere üble Witterung erfolgte. Wenn bey heiterm Himmel eine niedrige Wolke, die sich langsam bewegt, und von andern Wolken entfernt ist, über den Drath geht, so wird die positive Elektricität ge- Atmosphärische Elektricität. meiniglich sehr schwach, jedoch nicht negativ; sobald die Wolke vorüber ist, kömmt sie auf den vorigen Grad zu- rück. Wenn viele weißliche Wolken, wie Flocken, über dem Drathe stehen, die sich bald mit einander vereinigen, bald wieder von einander entfernen, und zusammen ein weit ausgebreitetes Ganzes ausmachen, so nimmt die po- sitive Elektricität gemeiniglich zu. In allen angeführten Fällen geht die positive Elektricität niemals in die negative über. Wolken, welche sich fortbewegen, schwächen die Elek- tricität des Explorators; doch scheinen auch diejenigen, welche niedrig stehen, diese Wirkung hervorzubringen. Von der täglichen atmosphärischen Elek t ricität. Des Morgens, wenn das Hygrometer eben so viel oder etwas weniger Trockenheit zeiget, als Tages vorher, entsteht vor Sonnenaufgang einige Elektricität. Sie zeigt sich durch Zusammengehen, Anhängen oder auch durch einige Divergenz der Kugeln, und ist desto größer, je trockner die Luft, und je geringer der Unterschied ihres Zustandes von dem am vorigen Tage ist. Ist die Luft nicht trocken genug, so nimmt man keine Elektricität vot oder kurz nach Sonnenaufgang wahr. Da die Luft ge- wöhnlicher Weise die Nacht über feucht ist, so kann man diese Elektricität bey Sonnenaufgang nur selten bemerken. P. Beccaria fand bey dreymonatlichen Beobachtungen nur an achtzehn Morgen Elektricität vor Sonnenaufgang; und aus der ganzen Reihe seiner zahlreichen Beobachtun- gen erhellet, daß diese Erscheinung im Winter häufiger vorkomme, als im Sommer, besonders wenn man den Apparatus vor dem Reif und aller Feuchtigkeit bewahret. Des Vormittags wird die Elektricität nach und nach stärker, je höher die Sonne steigt, sie mag nun vor Son- nenaufgang, oder erst nachher, sichtbar geworden seyn. Zwölftes Capitel. Dieses stufenweise Zunehmen der vormittäglichen Elektri- cität fängt früher an, wenn das Hygrometer nach Son- nenaufgang fortfährt, größere Grade der zunehmenden Trockenheit zu zeigen. Die Stärke und das Wieder- kommen der Elektricität (wenn man sie durch Berüh- rung des Draths weggenommen hat) bleibt an heitern Tagen, an welche n kein heftiger Wind wehet, und das Hygrometer an der höchsten Stelle, die es erreichet, ruhig stehen bleibt, so lange einerley, bis die Sonne bald unter- gehen will. Kömmt die Sonne ihrem Untergange nahe, so nimmt diese tägliche Elektricität desto mehr ab, je mehr Feuchtigkeit das Hygrometer in sich zieht. Wenn gleich das Hygrometer an verschiedenen Ta- gen um 12 Uhr gleiche Grade der Trockenheit zeigt, so erscheint doch die Elektricität nach der Berührung des Draths immer an einem Tage früher wieder, als am an- dern; und dieß steht großentheils mit der Wärme im Ver- hältniß. An solchen Tagen fängt auch die Elektricität des Morgens früher an, und hört des Abends früher auf. Das Reiben der Winde an der Erdfläche ist nicht die Ursache der atmosphärischen Elektricität. Heftige Winde schwächen die Elektricität bey heiterm Himmel. Sind sie feucht, so schwächen sie ihre Intensität desto stärker. je mehr sie die vollkommene Isolirung des Draths und der Atmosphäre vermindern. Von der Elektricität beym Abendthaue. In den kühlern Jahrszeiten entsteht, wenn der Him- mel heiter ist, ein wenig Wind wehet und die Trockenheit stark zunimmt, nach Sonnenuntergang mit Anfang des Thaues eine Elektricität von beträchtlicher Stärke. Diese Elektricität kömmt sogar weit schneller wieder, als die tägliche selbst, und vergeht sehr langsam. In gemäßigten oder warmen Jahrszeiten, zeigt sich unter eben den Umständen eine der vorigen völlig ähnliche Atmosphärische Elektricität. Elektricität sogleich mit Sonnenuntergange; nur ist ihre Intensität nicht so beständig; sie fängt mit größerer Geschwindigkeit an, vergeht aber auch früher. Ist unter obigen Umständen die Trockenheit der Luft, im Durchschnitt genommen, geringer, so ist die Abends mit dem Thaue entstehende Elektricität desto schwächer, je mehr sie die Vollkommenheit der Isolirung des Draths und der Atmosphäre vermindert; sie kömmt aber, wenn man den Drath berührt hat, desto schneller wieder, je größer die Menge des Thaues ist. Die Elektricität des Thaues scheint von der Meng e desselben abzuhängen, und bey ihren verschiedenen Ver- änderungen eben denjenigen Verhältnissen zu folgen, welche zwischen der Elektricität des stillen und sanften Regens, und der stürmischen Platzregen statt findet; auch verändert sie sich nach den Jahrszeiten. So wie der Regen, die Platzregen, das Nordlich t und das Zodiakallicht stets einige Tage nach einander von eben denselben charakteristischen Umständen begleitet zu er- scheinen pflegen, so sucht sich auch die Elektricität des Thaues einige Abende nach einander mit eben denselben Charakteren zu erhalten. 180. Versuch. Man elektrisire die Luft, d. i. die in derselben schwe- bende Feuchtigkeit und andere Dämpfe, in einem wohl verwahrten Zimmer, und erhebe eine Flasche, welche man mit kälterm Wasser, als die Luft im Zimmer ist, gefüllt, und in einer gläsernen Röhre isolirt hat, sehr hoch in die- sem Zimmer. Die Isolirung des Glases muß man mit warmen leinenen Tüchern zu unterhalten suchen. Die elektrischen Phänomene zweyer an der Flasche hängenden Fäden werden die Erscheinungen der Elektricität des Thau- es sehr genau darstellen. Hieraus werden sich die verschie- Zwdlftes Capitel. denen Arten an den Tag legen, auf welche diese Elektrici- tät entsteht, je nachdem die elektrisirten Dämpfe im Zim- mer dünner oder dichter sind, nachdem der Unterschied zwischen der Wärme der Luft im Zimmer und des Wassers in der Flasche größer oder geringer, und die Isolirung der Flasche mehr oder weniger vollkommen ist. Herr Ronayne hat bemerkt, daß bey Gewittern die Blitze schnelle Veränderungen bewirken. Oft wird da- durch die Elektricität weiter verbreitet, bisweilen vermin- dert; bald verstärkt, bald sogar in die entgegengesetzte verwandlet; bisweilen kömmt sie, wenn vorher gar keine da war, mit einem Blitze plötzlich zum Vorschein. Eine große Gewitterwolke, welche den ganzen Himmel verdun- kelt, bringt nicht soviel Elektricität hervor, als ein Theil von ihr, oder ein gewöhnlicher Schauer; auch geht ein Gewitter nicht der regelmäßigen Richtung des Windes nach, sondern schief und im Zikzak, d. i. es regnet an Or- ten, wo das Gewitter gar nicht hinkommen sollte. Versuche und Beobachtungen über die atmosphäri- sche Elektricität, von Herrn Cavallo. Diese sind größtentheils mit dem elektrischen Dra- chen angestellt, welcher die Elektricität aus der Luft zu je- der Zeit aufsammlet. Das Vermögen dieses Werkzeugs kömmt auf die Schnur desselben an. Die beste Methode, diese Schnur zu verfertigen, ist diese, daß man zween dünne hänfene Bindfaden mit einem Kupferfaden, der- gleichen zu unächten Stickereyen gebraucht werden, zu- sammendrehet: ein gemeiner Drache, wie die, womit die Knaben spielen, mit dieser Schnur, thut eben so gute Dienste, als irgend ein anderer. Wenn Herr Cavallo einen auf diese Art eingerichteten Drachen steigen ließ, so fand er allezeit an der Schnur Merkmale der Elektricität, nur ein einzigesmal ausgenommen, wobey das Wettet warm und der Wind so schwach war, daß er den Drachen Atmosphärische Elektricität. nur mit Mühe zum Steigen brachte, und kaum einige Minuten lang in der Höhe erhalten konnte: als hernach der Wind stärker ward, erhielt er, wie gewöhnlich, eine starke positive Elektricität. Stieg der Drache zu einer Zeit, da wegen der großen Menge der Elektricität einige Gefahr zu befürchten war, so band Herr Cavallo an die Schnur das eine Ende einer Kette, ließ das andere auf den Boden fallen, und stellte sich auf ein isolirendes Stativ. Den Fall ausge- nommen, da man den Drachen bey einem Gewitter stei- gen läßt, läuft der Operator nicht sehr Gefahr, einen Schlag zu bekommen. Ob er gleich den Drachen hun- dertmal ohne die geringste Vorsicht steigen ließ, bekam er doch nur höchst selten einige schwache Schläge in die Arme. Nur ist nicht rathsam, ihn steigen zu lassen, wenn Gewitterwolken über dem Scheitel stehen; dies ist aber auch nicht nöthig, da man alsdann andere Mittel hat, die Elektricität zu beobachten. Oft zog er, wenn der Drache stieg, die Schnur durch ein Fenster ins Zimmer, und befestigte sie mit einer andern starken seidnen Schnur an einen schweren Stuhl im Zimmer. In Fig. 78 stellr A B einen Theil der ins Zimmer gezogenen Schnur des Drachen, C die seidne Schnur, D E einen kleinen Conductor vor, der durch einen dünnen Drath mit der Schnur des Drachen verbunden ist; F ist ein Ouadrantenelektrometer auf einem isolirenden Stativ neben dem Conductor ge- stellt; G eine etwa 18 Zoll lange Glasröhre, gn ein in diese Glasröhre gekütteter messingener Drath mit einem Knopfe. Man kann hiedurch die Beschaffenheit der Elek- tricität sehr leicht bestimmen, wenn man nicht sicher nahe an die Schnur kommen darf. Man berührt in dieser Ab- sicht die Schnur mit dem Knopfe des Draths, welcher so- viel Elektricität aus ihr in sich nimmt, daß man ihre Be- schaffenheit entweder durch das Anziehen und Abstoßen leichter Kügelchen, oder durch die Erscheinungen des elektrischen Lichts untersuchen kann. Man kann sie auch Zwölftes Capitel. vermittelst einer leidner Flasche bestimmen, welche s o ein- gerichtet ist, daß sie die Ladung eine sehr lange Zeit hält; in diesem Falle braucht man den Drachen nicht länger in der Luft zu lassen, als es nöthig ist, um die Flasche zu laden, welche dann die Beschaffenheit der Elektricität auch noch nach Verlauf einiger Tage zeigen wird. Wenn man von einer geladenen Flasche alles dasje- nige, was sie entladen könnte, sorgfältig abhält, so wird sie ihre Ladung eine lange Zeit behalten. Auf diesem Grundsatze beruhet die Einrichtung der erwähnten Flasche. Sie ist auf die gewöhnliche Art belegt: der unbelegte Theil des Glases aber ist mit Siegellak oder sonst mit Firniß überzogen. In den Hals dieser Flasche ist eine an beyden Enden offene Glasröhre eingeküttet, an deren unterm Ende ein Stück Stanniol bis an die innere Belegung herüber- geht. In diese Glasröhre geht ein Drath mit einem Knopfe, an welchem sich ein gläserner Handgriff befindet; der Drath ist so lang, daß er den mit der innern Seite verbundenen Stanniol berühret. Man lade die Flasche, wie gewöhnlich, und ziehe dann vermittelst des gläsernen Handgrifs den Drath aus der Glasröhre, welches man thun kann, ohne die Flasche zu entladen. Da in diesem Zustande die elektrische Materie nicht leicht herauskann, so bleibt eine solche Flasche viele Wochen lang geladen. Fig. 80 ist ein sehr einfaches, ebenfalls von Herrn Cavallo erfundenes Instrument zu Versuchen über die Elektricität der Atmosphäre, welches in verschiedenen Rücksichten das beste zu dieser Absicht zu seyn scheinet. A B ist eine gemeine aus verschiedenen Gliedern zusam- mengesetzte Angelruthe, von der jedoch das letzte dünnste Glied abgenommen ist. Aus dem Ende dieser Ruthe geht eine dünne mit Siegellak überzogne Glasröhre C hervor. An ihr befindet sich ein Stück Kork D, von welchem ein Elektrometer mit Korkkügelchen herabhängt. H G I ist ein Bindfaden, welcher an das andere Ende der Röhre befestiget ist, und bey G von einem Schnürchen F G ge- Atmosphärische Elektricität. halten wird. Am Ende des Bindsadens bey T ist eine Stecknadel befestiget. Wenn man diese in den Kork D steckt, so ist das Elektrometer E unisolirt. Will man nun mit diesem Instrumente die Elektricität der Atmosphäre beobachten, so stoße man die Stecknadel T in den Kork D, halte den Stab bey dem untern Ende A, stecke ihn zu ei- nem Fenster im obersten Stockwerke des Hauses heraus, und halte das andere Ende der Röhre mit dem Elektrome- ter so hoch, daß der Stab mit dem Horizont einen Win- kel von 50° – 60° macht. In dieser Stellung halte man das Instrument einige Secunden, ziehe dann an dem Bindfaden bey H, und mache dadurch die Stecknadel von dem Korke D los, wodurch der Bindfaden in die punk- tirte Lage K L fällt, das Elektrometer aber isolirt, und auf die der Elektricität der Atmosphäre entgegengesetzte Art elektrisirt bleibt. Hierauf ziehe man das Elektrometer ins Zimmer, so kann man die Beschaffenheit der Elektricität untersuchen, ohne durch Wind oder Dunkelheit gehindert zu werden. Fig. 81 ist das ebenfalls vom Herrn Cavallo er- fundene Regenelektrometer.A B C T ist eine starke Glasröhre, ohngefähr 2½ Schuh lang, an deren Ende ein zinnerner Trichter D E angeküttet ist, welcher einen Theil der Rühre vor dem Regen beschützet. Die äußere Oberfläche der Röhre von A bis B ist mit Siegellak öber- zogen, so wie auch der Theil, der von dem Trichter bedeckt wird. F D ist ein Stück Rohr, um welches einige messin- gene Dräthe in verschiedenen Richtungen geflochten sind, so daß sie leicht etwas Regen auffangen, und doch dem Winde nicht Widerstand thun. Dieses Stück Rohr ist an die Röhre befestiget; aus ihm geht ein dünner Drath durch die Röhre hindurch, und ist mit dem stärkern Dra- the A G verbunden, der in einem Stück Kork steckt, wel- ches in das Ende der Röhre A befestiget ist. Das Ende G des Drathes A G ist in einen Ring gebogen, an wel- chen man ein empfindliches Korkelektrometer hängen kann. Zwölftes Capitel. Dieses Instrument wird an die Seite des Fensterrahmens befestiget, wo es von starken messingenen Haken getragen wird. In dieser Absicht wird die Röhre bey C B mit einer seidnen Schnur umwunden, damit die Haken desto besser fassen können. Der Theil F C ragt zu dem Fen- ster heraus, und das Ende F ist ein wenig über die Hori- zontallinie erhöhet. Der übrige Theil des Instruments geht durch ein Loch in dem Fensterrahmen in das Zimmer hinein, und innerhalb des Rahmens selbst befindet sich blos der Theil C B. Wenn es regnet, und vorzüglich bey vorübergehenden Platzregen, wird dieses Instrument öfters elektrisirt, und man kann durch die Divergenz der Kügelchen des Elektrometers die Stärke und Beschaffen- heit der Elektricität des Regens beobachten, ohne dabey einem Irrthume ausgesetzt zu seyn. Herr Cavallo ist im Stande gewesen, mit diesem Instrumente am Drathe A G eine kleine belegte Flasche zu laden. Es muß so be- festiget werden, daß man es leicht vom Fenster abnehmen und wieder darauf stellen kann; denn man muß es sehr oft abwischen und trocknen, besonders wenn sich ein Platz- regen nähert. Beschreibung eines kleinen portativen atmosphäri- schen Elektrometers, von Herrn Cavallo. Der vornehmste Theil dieses Instruments ist eine glä- serne Röhre C D M N Fig. 76. Diese ist an ihrem un- tern Theile in das messingene Stück A B eingeküttet, an welchem man das Instrument halten kann, wenn es zur Untersuchung der Atmosphäre gebraucht werden soll; auch dient es, um das Instrument in das messingene Gehäuse A B O einzuschrauben. Der obere Theil der Röhre C D M N läuft in ein schmales cylindrisches Ende aus, welches ganz mit Siegellack überzogen ist; in dieses Ende ist eine kleine Glasröhre eingeküttet, deren unteres ebenfalls mit Siegellak überzogn s Ende ein wenig in die Röhre C D M N hineinreicht; in diese kleine Röhre ist ein Drath Atmosphärische Elektricität. eingeküttet, dessen unteres Ende das flache Stück Elfen- bein H, welches durch einen Kork in die Röhre befestiget ist, berühret; das obere Ende des Draths geht ohngefähr ¼ Zoll weit über die Röhre hinaus, und läßt sich in die messingene Haube E F einschrauben, welche am Boden offen ist, und den Regen von dem mit Siegellak überzo- genen Theile des Instruments abhält. T M und K N sind zween schmale Streifen Stan- niol an der innern Seite der Röhre C D M N befestiget; sie stehen mit dem messingenen Boden A B in Verbin- dung, und dienen, die Elektricität abzuleiten, welche sich den Korkkugeln, wenn sie das Glas berühren, mittheilet, und welche sonst, wenn sie sich anhäufte, die freye Bewe- gung dieser Kugeln hindern möchte. Will man dieses Instrument zur künstlichen Elek- tricität gebrauchen, so elektrisire man die messingene Hau- be durch eine elektrisirte Substanz, und die Divergenz oder Convergenz der Korkkugeln bey Annäherung eines geriebenen elektrischen Körpers wird die Beschaffenheit der Elektricität zeigen. Die beste Art das Instrument zu elektrisiren ist diese, daß man geriebenes Siegellak so nahe an die messingene Haube bringt, daß eine oder beyde Korkkugeln die Seiten der Flasche C D M N berühren; nach dieser Berührung werden sie sogleich zusammen fal- len und unelektrisirt scheinen. Nimmt man nun das Sie- gellak wieder hinweg, so werden sie wiederum divergiren, und positiv elektrisirt bleiben. Will man aber dieses Elektrometer zu Untersuchung der Elektricität des Nebels, der Luft, der Wolken u. dgl. gebrauchen, so darf man es nur von dem Gehäuse A B O abschrauben, und es bey dem Boden A B in die Luft hal- ten, so hoch, daß es ein wenig über dem Kopfe steht, und man die Korkkugeln P bequem sehen kann. Diese Ku- geln werden, wofern einige Elektricität vorhanden ist, so- gleich divergiren; und ob diese Elektricität positid oder negativ sey, wird man bestimmen können, wenn man eine Zwölftes Capitel. geriebene Stange Siegellak oder eiven andern geriebenen elektrischen Körper gegen die messingene Haube E F bringet. Allgenteine Gesetze, aus den Versuchen mit dem elektrischen Drachen hergeleitet. 1) Es scheint allezeit einige Elektricität in der Luft zu geben. Ihre Elektricität ist allezeit positiv, und weit stärker bey kaltem als bey warmem Wetter; auch ist sie keinesweges in der Nacht geringer, als am Tage. 2) Die Gegenwart der Wolken vermindert gemei- niglich die Elektricität des Drachens; bisweilen hat sie gar keinen Einfluß auf dieselbe, und sehr selten ver- stärkt sie sie ein wenig. 3) Wenn es regnet, ist die Elektricität des Dra- chen mehrentheils negativ, und sehr selten positiv. 4) Das Nordlicht scheint auf die Elektricität des Drachen keinen Einfluß zu haben. 5) Der elektrische Funken, den man aus der Schnur des Drachen oder aus einem damit verbundenen isolirten Leiter ziehet, ist, besonders wenn es nicht regnet, sehr sel- ten länger als ¼ Zoll, aber außerordentlich stechend. Wenn der Zeiger des Elektrometers auch nicht höher als 20° steht, so wird die Person, die den Funken ziehet, dennoch denselben bis in die Schenkel sühlen; er ist also mehr dem Schlage einer geladenen Flasche, als dem Funken aus dem ersten Leiter einer Elektrisirmaschine ähnlich. 6) Die Elektricität des Drachens ist überhaupt stär- ker oder schwächer, je nachdem die Schnur länger oder kürzer ist, doch bleibt sie nicht in Proportion mit der Län- ge der Schnur. Wenn z. B. die durch eine Schnur von 100 Yards erhaltene Elektricität den Zeiger des Elektro- meters bis 20° erhebt, so wird ihn die durch eine doppelt so lange Schnur herabgeleitete nicht höher als auf 25° erheben. Atmosphärische Elektricität. 7) Wenn das Wetter feucht und die Elektricität stark ist, so steigt der Zeiger des Elektrometers, wenn man einen Funken aus der Schnur gezogen, oder den Knopf einer belegten Flasche gegen dieselbe gehalten hat, mit großer Geschwindigkeit wieder an seine Stelle; aber bey trocknem und warmen Wetter steigt er außerordentlich langsam. Aus denen über die Elektricität der Atmosphäre an- gestellten Beobachtungen erhellet, daß die Natur von der elektrischen Materie bey Beförderung der Vegetation Ge- brauch mache. 1) Im Frühling, wenn die Pflanzen zu wachsen anfangen, fangen auch von Zeit zu Zeit elektrische Wolken an zu erscheinen, und elektrischen Regen auszugießen. Die Elektricität der Wolken und des Regens nimmt zu bis in diejenige Zeit das Herbstes, in welcher die letzten Früchte eingesammlet werden. 2) Die elektrische Materie versieht das natürliche Feuer mit derjenigen Feuchtigkeit, durch deren Hülfe es die Vegetation bewirkt und belebet; sie ist die Triebfeder, welche die Dünste sammlet, die Wolken bildet, und dann wieder gebraucht wird, sie zu zerstören und in Regen aufzulösen. 3) Aus eben diesem Grundsatze läßt sich das Sprich- wort erklären, daß kein Begießen so fruchtbar sey, als der Regen. Die Regenwolken wirken durch ihre elektrische Atmosphäre auf die Pfla nzen, und machen die Oefnungen und Zwischenräume derselben geschickter, das Wasser auf- zunehmen, welches mit dieser durchdringenden und aus- dehnenden Materie imprägnirt ist. Ucberdies ist es auch sehr natürlich, anzunehmen, daß die positive Elektricität, welche bey gutem Wetter allezeit die Oberhand hat, zur Beförderung der Vegetation beytrage, da man dies auch bey der künstlichen Elektricität in der That so befunden hat. Zwölftes Capitel. Ueber die Nothwendigkeit der Beobachtungen der atmosphärischen Elektricität zur Meteorologie, von Herrn Achard. Da es nunmehr sehr deutlich erwiesen ist, daß die Elektricität die Ursache verschiedner meteorologischen Phä- nomene sey, so muß man sich wundern, daß die Natur- forscher noch nicht die unumgängliche Nothwendigkeit ein- gesehen haben, den Werkzeugen, welche die Schwere, Wärme und Feuchtigkeit der Luft angeben, auch eines zu Bestimmung ihrer Elektricität beyzufügen. Ohne uns hier auf die verschiedenen Beweise des Einflusses der Elektricität auf die Meteore einzulassen, wird es genug seyn, zu bemerken, daß wir keine genaue Kenntniß von Phänomenen, die aus mehreren mit einan- der verbundenen Ursachen entstehen, erlangen können, ohne mit allen diesen Ursachen bekannt zu seyn; denn wird nur eine einzige davon vernachläßiget, so ist es unmöglich, die Phänomene durchgängig zu erklären. Wenn auch die Elektricität nicht die einzige Ursache verschiedener meteo- rologischer Erscheinungen ist, so ist sie doch gewiß bey ihrer Entstehung mitwirkend, und wenn wir sie also nicht eben so wohl, als das Barometer a. beobachten, so verlieren wiv alle Vortheile der übrigen, sonst noch so genauen, meteorologischen Beobachtungen. Der Einfluß der Elektricität auf die Vegetation ist durch Beobachtungen mehrerer Gelehrten außer Zweifel gesetzt; man sieht also deutlich, daß die botanischen Wet- terbeobachtungen nie so brauchbar werden können, als sich erwarten läßt, wofern wir nicht Beobachtungen über den elektrischen Zustand der Atmosphäre hinzufügen. Viel- leicht liegt darinn die Ursache, warum es unmöglich ist, aus denen von 1751 bis 1769 fortgesetzten botanischen Wetterbeobachtungen der Herren Gautier und Duha- mel einige Folgen zu ziehen. Atmosphärische Elektricität. Herr Achard hat zwar nur Gelegenheit gehabt, einige wenige Beobachtungen zu machen; aber schon diese waren hinreichend, ihn von der genauen Verbindung zwi- schen den meisten Lusterscheinungen und der atmosphäri- schen Elektricität zu überzeugen. Um zu entdecken, ob die Atmosphäre elektrisirt sey, gebrauchte er ein Paar leichte Rorkkugeln an einer Stange Siegellak. Dieses Elektrometer ist wegen seiner Sim- plicität fast allen andern vorzuziehen, wenn es bloß dar- auf ankömmt, zu entdecken, ob Elektricität in der Atmo- sphäre sey. Im Monat Julius 1778 beobachtete Herr Achard täglich die Elektricität der Atmosphäre Morgens, Mit- tags und Abends mit einem Paar kleiner Korkkugeln, welche über dem Dache des Hauses ohngefähr 40 Schuh hoch standen, und von Gebäuden, Bäumen a. hinläng- lich entfernt waren. Diese ganze Zeit über fand er nur 10 Tage, an welchen gar kein Zeichen einer Elektricität zu bemerken war; und 17 Tage, die vorigen 10 mit ein- geschlossen, an welchen er keine Elektricität des Morgens bemerkte, ob sie gleich sonst des Mittags sichtbar ward, und gegen Sonnenuntergang stark zunahm. An allen übri- gen Tagen zeigte sich die Luft den ganzen Tag elektrisch, aber allezeit am stärksten gegen Sonnenuntergang, nach wel- cher Zeit die Elektricität dann bald wieder anfieng abzu- nehmen. Wenn sich der vorher heitere Himmel plötzlich mit Wolken überzog, so zeigte das Elektrometer beständige Veränderungen in der Elektricität der Atmosphäre an, welche bald stieg, bald verschwand, bald wieder erschien; in welchem letztern Falle sie gemeiniglich von der positiven zur negativen, oder umgekehrt, übergegangen war. Bey stürmischen Wetter fand er es wegen der beständigen Be- wegung der Kugeln schwer, mit diesem Elektrometer zu beobachten. War die Luft schwer, aber nicht windigt, so schien es sich beträchtlich zu ändern. War das Wetter Zwölftes Capitel. sehr still, und der Himmel ohne Wolken, so änderte es sich nicht im geringsten, außer daß es gegen Sonnenunter- gang ein wenig stieg. Merkwürdig ist es, daß in der Nacht kein Thau fiel, wenn den Tag vorher keine Elektricität in der Luft bemerkt worden war; in den übrigen Nächten fiel bald mehr, bald weniger Thau. Er hält zwar seine Beobachtungen nicht für hinreichend, zu erweisen, daß der Thau von der Elek- tricität entstehe; allein so viel glaubt er sicher daraus her- leiten zu können, daß das Aufsteigen und Niederfallen des Thaues durch die Elektricität der Luft befördert oder ver- hindert werden könne. Man kann sich leicht denken, auf welche Art die Elektricität diese Wirkung hervorbringe. Gesetzt, die Luft sey positiv oder negativ elektrisirt, die Erdfläche aber nicht; so werden die wässerigen und flüch- tigen Theile der Pflanzen, welche von den Sonnenstralen aufgezogen werden, und in der Luft schweben, durch die Mittheilung elektrisiret. Wenn die Luft nach Sonnen- untergang abkühlet, so hält sie die wässerigen Theilchen nicht mehr mit der vorigen Kraft an sich, und da diese von den leitenden Körpern auf der Oberfläche der Erde an- gezogen werden, so legen sie sich in Gestalt des Thaues an dieselben. Ist die Oberfläche der Erde elektrisirt, und die Luft nicht, so wird die Wirkung eben dieselbe seyn. Sind Erde und Luft beyde, aber auf entgegengesetzte Art, elektrisirt, so wird die Anziehung stärker und der Thau häufiger seyn; haben aber beyde einerley Elektricität, und dies in gleichem Grade, so wird kein Thau fallen. Auch ist bekannt, daß der Thau nicht auf alle Körper mit glei- cher Leichtigkeit, und daß er auf elektrische Körper am häufigsten fällt. Diese Erfahrung läßt sich sehr leicht erklären, wenn wir annehmen, die Elektricität sey die Ur- sache des Thaues; denn elektrische Körper nehmen nicht so leicht die Elektricität des sie umgebenden Mittels an, daher findet sich allezeit ein größerer Unterschied zwischen der Elektricität der Luft und der darinn liegenden elektri- Atmosphärische Elektricität. schen Körptr, als zwischen der Elektricität der Luft und der darinn befindlichen Leiter. Da nun die Kraft der elektrischen Anziehung in der Verhältniß dieses Unter- schicds wirkt, so muß der Thau allerdings häufiger auf elektrische Körper fallen. Weil also die Elektricität oft, und vielleicht allezeit, die Ursache des Thaues ist, so kann man nicht zweiflen, daß ihre Beobachtung zur botanischen Meteorologie höchst nöthig sey, indem der Einfluß des Thaues auf das Wachs- thum der Pflanzen allgemein bekannt ist. In den philosophischen Transactionen vom Jahre 1773 findet man Beobachtungen über die Elektricität der Nebel, woraus erhellet, daß dieselben gemeiniglich elek- trisch sind. Herr Achard hat einige Beobachtungen ge- macht, welche damit vollkommen übereinstimmen: er fand die Luft beym Nebel allezeit mehr oder weniger elektrisch. Zweymal bemerkte er, daß der Nebel in wenigen Minu- ten gänzlich aufhörete, und in Gestalt eines feinen Regens herabfiel; und obgleich der Nebel sehr stark war, ver- schwand er doch in sieben Minuten völlig. Es ist auch sehr wahrscheinlich, daß der Regen durch die Elektricität veranlasset werde. Wir werden hievon überführt, wenn wir an das Anziehen und Zurückstoßen denken, welches die irdische und atmosphärische Elektricität so wohl zwi- schen der Oberfläche der Erde und den in der Luft enthal- tenen Dünsten, als auch zwischen den Theilen dieser Dün- ste selbst veranlassen muß, welches nothwendig strebt, die in der Atmosphäre schwebenden Wassertheilchen zu zer- streuen oder zu verbinden, und sie der Erde näher zu brin- gen, oder von derselben weiter zu entfernen. Nachdem Herr Achard bewiesen hat, wie nothwen- dig es sey, die Beobachtungen der Elektricität der At- mosphäre mit den übrigen meteorologischen zu verbinden, so kömmt er nunmehr auf die Anzeige der Eigenschaften, welche von einem guten atmosphärischen Elektrometer er- Zwölftes Capitel. fordert werden, dessen Mangel sehr deutlich zeigt, wie nachläßig die Naturforscher bisher über diesen Punkt ge- dacht haben. Nothwendige Eigenschaften eines atmosphärischen Elektrometers. 1) Sein Gebrauch muß leicht seyn. 2) Es muß nicht allein anzeigen, daß die Luft elek- trisch sey, sondern auch, in welchem Grade sie es sey. 3) Es muß angeben, ob sie positiv oder negativ sey. 4) Es muß bey Gewittern den Beobachter keine Gefahr aussetzen. 5) Es muß sich bequem tragen lassen. Der Verfertigung eines Instruments, welches alle diese Vorzüge in sich vereinigen soll, stehen sehr viele Schwierigkeiten entgegen. Die größte besteht darinn, daß das Metall, welches die Elertricität aus der Luft er- hält, so isolirt werden muß, daß der Regen keine Ver- bindung zwischen demselben und der Erde machen kann, und daß die Isolirung vollkommen genug seyn muß, um eine allzuschnelle Zerstreuung der Elektricität des Metalls zu verhüten. Herr Achard behauptet zwar nicht, alle diese Schwierigkeiten überwunden zu haben; er hat aber doch nach verschiednen Versuchen ein Instrument erfunden, das sich leicht genug tragen, und ohne alle Gefahr zu Be- obachtungen gebrauchen läßt. Beschreibung eines tragbaren atmosphärischen Elektrometers. Dieses Instrument besteht aus einem hohlen abge- kürzten Kegel von Zinn, dessen oberes Ende offen, das untere aber durch eine zinnerne Platte verschlossen ist. Diese Platte ist auf der innern Seite mit einer 2 Zoll di- Atmosphärische Elektricität. cken Lage von Pech überzogen: an die untere Fläche dieser Lage von Pech ist eine zinnerne Röhre geküttet, welche man auf ein hölzernes Stativ setzen, und dadurch den Ke- gel so stellen kann, daß seine größere niederwärts gekehrte Grundfläche horizontal steht; das Pech isolirt den Kegel vollkommen, und hindert den Verlust seiner Elektricität, wenn er elektrisiret wird. Der Kegel muß hoch genug, und seine untere Grundfläche in Vergleichung mit der obern groß genug seyn, um den Regen, wenn er auch schief auf- fallen sollte, abzuhalten, daß er nicht entweder im Falle selbst, oder beym Abspritzen vom Fußgestelle die untere Fläche des Pechs bespritze, mit welchem der Boden des abgekürzten Kegels inwendig bedeckt ist; sonst würde der Kegel nicht mehr isolirt seyn, und das Elektrometer sich in einen Conductor verwandlen. An den schmalen Theil des Kegels befestigt Herr Achard einen viereckigten eiser- nen Stab, und hängt an denselben ein Thermorneter und zwey Elektrometer, von denen das eine sehr leicht ist, und sich also durch sehr geringe Grade der Elektricität in Bewegung setzen läßt, das andere aber mehr Schwere hat, und sich daher nur dann bewegt, wenn die Elektrici- tät für das leichtere Elektrometer zu stark wird. Außer diesen beyden Elektrometern bindet Herr Achard noch ei- nen Faden an den eisernen Stab, welcher durch sein Auf- steigen die geringsten Grade der Elektricität anzeigt. Das Ganze ist in eine oben und unten ofne gläserne Glocke ein- geschlossen: der Grund dieser Glocke ist ebenfalls mit Pech isolirt, damit er keine Elektricität von dem zinnernen Ke- gel ableite; der Zwischenraum am obern Ende der Glocke, zwischen der eisernen Stange, welche durch dasselbe hin- durchgeht, und dem Glase, wird ebenfalls mit Pech aus- gefüllt, um die Mittheilung der Elektricität an das Glas zu verhüten; um aber dieses Pech vor dem Regen zu be- schützen, welcher sonst dasselbe beseuchten, und eine Com- munication zwischen dem Stabe und der Glocke machen würde, wird das Pech mit einem gläsernen Trichter be- Zwölftes Capitel. deckt, durch welchen der Stab durchgeht, und der den Regen von dem Peche abhält. Diese Glocke ist auch un- entbehrlich, um den Wind von den Elektrometern abzu- halten, welcher es sonst unmöglich machen würde, sie ge- nau zu beobachten. Ans Ende des durch die Glocke hin- durchgehenden metallenen Stabes kann man hohle zinner- ne Röhren befestigen, die aber nur einen kleinen Durch- messer haben dürfen, damit sie so leicht, als möglich, wer- den, und mit diesen kann man eine Höhe von 10, 20 bis 30 Schuhen erreichen. Die letzte Röhre endigt sich oben in eine eiserne sehr scharfe und wohl vergoldete Spitze; die Vergoldung ist nothwendig, damit die Spitze, welche allzeit eben und glatt bleiben muß, nicht roste. Die Hö- he, die man diesen zinnernen Röhren zu geben hat, muß sich nach der Höhe der Gebäude oder Bäume an den verschiedenen Beobachtungsorten richten; das oberste Ende der Röhre muß allezeit wenigstens 6 Schuhe über alle in der Nähe befindliche Körper hervorragen. Herr Achard verbindet mit dieser Maschine ein Thermometer, das man zugleich beobachten und dadurch vielleicht die Verbindung zwischen der Elektricität und der Tempera- tur der Luft entdecken kann. In ähnlicher Absicht kann man auch leicht noch ein Barometer und ein Hygrometer hinzusetzen. Um zu bestimmen, ob die Elektricität der Luft posi- tiv oder negativ sey, hängt Herr Achard eine Korkkugel an einem leinenen Faden an den Drath, welcher mit dem eisernen Stabe verbunden ist, und durch das Pech am Boden des abgekürzten Kegels hindurchgehet. Dieser Drath muß so lang seyn, daß man positiv oder negativ elektrische Körper bequem an die daranhängende Korkku- gel bringen kann; je nachdem nun diese Körper die Kugel anziehen oder zurückstoßen, ist die Elektricität, welche das Iustrument von der Luft angenommen hat, positiv oder negativ. Atmosphärische Elektricität. Um den Beobachter gegen die plötzlichen Anhäufun- gen der Elektricität, welche bisweilen erfolgen, sicher zu stellen, befestiget Herr Achard an den Grund des Fuß- gestells einen eisernen Stab, der mit der Erde nicht allein in Verbindung steht, sondern sogar einige Schuhe tief in dieselbe hinein geht. Das obere Ende dieses Stabs ist mit einem runden Knopfe oder Balle versehen, der nur einen Zoll weit von dem Kegel abstehen darf. Wenn sich die Elektricität so anhäuft, daß das Instrument sie nicht mehr fassen kann, so entladet sie sich von selbst in den metallenen Stab, der sie unter die Erde führt. Eben dies geschieht, wenn der Blitz auf das Instrument fällt, wobey der Beobachter in einer Entfernung von wenigen Schuhen nicht die geringste Gefahr läuft. Steht das Instrument in einem Garten, so hat diese Art, eine Ver- bindung mit der Erde zu machen, nichts unbequemes; will man aber das Instrument lieber im Hause gebrau- chen (wobey man die zinnerne Röhre durch eine Oefnung im Dache führen, und die Maschine in eine Dachkammer stellen muß) so läßt sich die angezeigte Methode nicht leicht anbringen: in diesem Falle muß man die Verbin- dung durch einen metallenen Stab machen, der von der Dachkammer einige Schuh tief unter die Erde hinab geht. Zu größerer Sicher heit gegen ein herannahendes Gewit- ter würde es dienen, wenn man den metallenen Stab mit dem zinnernen Kegel in Berührung brächte: so würde das Instrument ein wirklicher Ableiter werden. und an- statt das Haus der Gefahr auszusetzen, dasselbe vielmehr vor aller Beschädigung durch den Blitz beschützen. Wenn das Instrument in einer Dachkammer oder auf dem Platform eines Hauses steht, so hat man nichts von dem Aufsteigen des Thaues zu befürchten; steht es aber in einem Garten, so hängt sich der Thau an das Pech, welches die abgestumpfte Grundfläche des Kegels bedeckt, und macht auf diese Art eine Communication zwischen dem Kegel und der Erde, wodurch das Instru- Zwölftes Capitel. ment die Elektricität, mit der es geladen ist, verlieret. Um diesen Zufall zu verhüten, muß man den Boden um die Stelle des Instruments herum so pflastern, daß sich das Pflaster nach allen Seiten zu, wenigstens 2 bis 3 Schuh über die Peripherie der untern Grundfläche des Kegels hinaus erstrecke: so wird das Aufsteigen des Thau- es, welcher sich an das Pech hängen und das Instrument beschädigen könnte, mit dem besten Erfolge verhindert seyn. Wenn die Luft elektrisirt ist, so muß sie nothwendig ihre Elektricität den in ihr enthaltenen Dämpfen mitthei- len. Dies erhellet augenscheinlich aus der Entstehung des Blitzes, welcher nicht durch Entladung der elektrischen Materie aus der Luft, sondern aus den in ihr schwebenden Dünsten erzeugt wird. Hieraus folgt, daß Regen, Schnee, Hagel, Reif und Thau sehr oft elektrisch seyn müssen. Da es Herrn Achard von großer Wichtigkeit zu seyn scheinet, die Elektricität dieser Meteore genau zu kennen und zu beobachten, so hat er zu Entdeckung ihrer Natur und des Grades ihrer Stärke eine eigne Maschine erfunden. Diese besteht aus einem abgekürzten Kegel von Zinn, der am obern Ende verschlossen, unten aber offen, und eben so, wie die Maschine zur Luftelektricität auf einem Fußgestell isolirt ist. Mitten in den obern abgestumpften Theil des Kegels befestiget Herr Achard eine mit einer Kugel geen- dete eiserne Stange, bedeckt das Ganze mit einer isolirten gläsernen Glocke, welche mit ihrem obern Ende noch 3 Zoll weit über die Kugel hinausreicht: an die Kugel bringt er ein sehr empfindliches Elektrometer, und über- dieß einen leinenen Faden, um die geringsten Grade der Elektricität zu entdecken. Da dieses Instrument wenig Höhe, und kein zugespitztes Ende hat, so nimmt es nicht leichtlich die Elektricität der Luft an, welche so nahe bey der Erde allezeit unmerklich ist; hingegen der Regen, Schnee, Hagel, Reif und Thau, weicher auf den Kegel fällt, macht es elektrisch, und der Grad dieser Elektricität Atmosphärische Elektricität. wird von dem unter der Glocke befindlichen Elektrometer angegeben. Um nun zu erfahren, ob sie positiv oder ne- gativ sey, darf der Beobachter nur eben so verfahren, wie oben bey Erklärung des Instruments zur Luftelektricität angewiesen worden ist. Außer den Beobachtungen der Elektricität wässeriger Meteore kann dieses Instrument auch noch zu andern Absichten gebraucht werden. Man kann es auf eine sehr vortheilhafte Art mit dem atmosphä- rischen Elektrometer vergleichen, um den wahren Ursprung der Luftelektricität zu entdecken, und zu sehen, ob sie un- mittelbar aus der Luft oder aus den fremden in der At- mosphäre schwebenden Körpern komme; denn das at- mosphärische Elektrometer kann auch durch Regen, Schnee, Hagel a. elektrisch werden, und die Verglei- chung beyder Instrumente ist das einzige Herrn Acha d bekannte Mittel, zu erfahren, ob das atmosphärische Elektrometer seine Elektricität unmittelbar aus der Lust, oder mittelbar durch die in derselben schwebenden leitenden Kötper erhalte. Wenn während des Regens, Schnees, Hagels a. das atmosphärische Elektrometer elektrisch, hingegen das zur Elektricität wässeriger Meteore bestimm- re nicht elektrisch ist, so kann man mit Gewißheit schließen, daß die Elektricität des erstern bloß aus der Luft komme; sind hingegen beyde elektrisch, so muß man untersuchen, ob sie es in gleichem Grade sind; ist dies der Fall, so muß man die Elektricität lediglich dem Regen oder Schnee u. s. w. zuschreiben. Jch habe nicht erst nöthig, anzuführen, daß in Ermangelung des Regens, Schnees u. s. w. des atmosphärische Elektrometer allezeit die Elektricität der Luft anzeige. Dreyzehntes Capitel. Dreyzehntes Capitel. Von der Ausbreitung und Zertheilung flüßiger Materien durch die Elektricität. Wir sind die Kenntnisse des Gegenstandes, der den Inhalt dieses Capitels ausmacht, größtentheils dem Abt Nollet schuldig, welcher diese Materie mit unglaublichem Fleiße und anhaltender Gedult untersucht hat. Jch habe hier bloß die vornehmsten Resultate sei- ner Versuche anführen können, und muß die Leser, in Ab- sicht auf umständlichere Nachrichten, auf Nollet’s eig- ne Schriften oder auf des D. Priestley Geschichte der Elektricität verweisen. Die Electricität vermehrt die natürliche Ausdün- stung flüßiger Materien; alle flüßige Körper, mit wel- chen man den Versuch angestellt hat, nur Quecksilber und Oele ausgenommen, haben dabey eine Verminderung er- litten, die man keiner andern Ursache, als der Elektrici- rät, zuschreiben konnte. Sie verstärkt auch die Ausdünstung derjenigen flüßi- gen Materien am meisten, welche von Natur leicht zur Ausdünstung geneigt sind. Flüchtiger Salmiakgeist ver. liert mehr, als Weingeist, dieser mehr als Wasser u.s.w. Die Elektricität wirkt am stärksten auf flüßige Ma- terien, wenn die Gefäße, worinn sie sich befinden, Lei- ter sind. Die Ausdünstung war am stärksten, wenn die Gefäße große Oefnungen hatten, sie nahm aber nicht im Verhältniß der Oefnungen zu. Inzwischen be- wirkt die Elektricität nie eine Ausdünstung durch die Zwi- schenräume der Metalle oder des Glases. Um diesen Grundsätzen noch mehrern Umfang zu geben, stellte der Abt Noilet eine große Anzahl Versu- che mit elektrisirten Haarröhren an, und fand, daß der Zertheilung flüßiger Materien durch die Elektric. aus denselben ausgehende Strom sich zwar theilte, aber doch nicht merklich beschleuniget wurde, wenn die Röhre nicht weniger als ⅒ Zoll Weite im Lichten hatte. Ist der Durchmesser kleiner, aber doch noch weit genug, um die flüßige Materie in einem Strome fortrinnen zu lassen, so beschleunigt die Elektricität die Bewegung in einem geringen Grade. Ist aber die Röhre so eng, daß das Wasser nur in einzelnen Tropfen heraus geht, so verwand- let sich dieses Tröpfeln durch das Elektrisiren in einen be- ständigen Strom, theilt sich sogar in mehrere kleine Strö- me, und die Bewegung wird beträchtlich beschleuniget: je enger die Röhre, desto größer ist die Beschleunigung. Ist die Oefnung weiter als ⅒ Zoll, so scheint die Elek- tricität die Bewegung vielmehr aufzuhalten. 181. Versuch. Fig. 77. zeigt ein metallnes Gefäß, an welches eine Haarröhre angebracht ist, aus der das Wasser nur in un- terbrochenen Tropfen heraus gehen kann. Man fülle das Gefäß mit Wasser, hänge es an den ersten Leiter der Ma- schine, und drehe den Cylinder derselben, so wird das Wasser in einem ununterbrochenen Strome durch die Röh- re laufen; auch wird sich dieser Strom in mehrere andere zertheilen, und im Finstern leuchten. 182. Versuch. Man hänge ein Gefäß an einen positiven und ein anderes an einen negativen Conductor so, daß die Enden der Röhren etwa 3 – 4 Zoll von einander abstehen, so wird der Strom, der aus der einen hervorgeht, von dem andern angezogen werden, und beyde werden einen einzi- gen im Finstern leuchtenden Strom ausmachen. Werden die Gefäße an zwe e n positive, oder an zween negative Conductoren gehangen, so stoßen sich die Ströme zurück, und weichen einander aus. Dreyzehntes Capitel. 183. Versuch. Man stelle ein metallnes Becken auf ein isolirendes Stativ, verbinde es mit dem ersten Leiter, und lasse einen schwachen Strom Wasser in dasselbe rinnen, so wird sich im Dunkeln ein sehr schönes Schauspiel zeigen, und der Strom wird sich in eine große Anzahl leuchtender Tropfen zu vertheilen scheinen. 184. Versuch. Man tauche einen Schwamm in Wasser, und hän- ge ihn an den Conductor; so wird das Wasser, welches vorher nur herabtröpfelte, nunmehr sehr häufig herab- fließen, und im Dunklen eine Art von Feuerregen bilden. 185. Versuch. Man halte ein Gefäß, welches mit mehreren in ver- schiedenen Richtungen gestellten Haarröhren versehen ist, nahe an einen elektrisirten Conductor, so wird das Wasser aus den gegen den Conductor gekehrten Röhren ausströ- men, aus den vom Conductor abgewendeten hingegen nur unterbrochen und tropfenweise herabfallen. 186. Versuch. Der Knopf einer geladenen Flasche zieht einen Tro- pfen Wasser aus einem Napfe an sich. So bald man die Flasche von dem Napfe hinwegnimmt, so nimmt dieser Tropsen eine conische Gestalt an, und wenn man ihn ei- nem Leiter nähert, so wird er mit Gewalt in kleinen Strö- men fortgetrieben, welche im Finstern leuchten. Man sieht aus diesem Versuche, daß die elektrische Materie nicht allein die Wassertheilchen von einander zu trennen, und eben so, wie das Feuer, in Dämpfe zu zer- streuen suche, sondern auch, daß sie dies mit ungemeiner Gewalt und Geschwindigkeit thue. 187. Versuch. Man entlade eine Batterie durch einen Wassertro- pfen, den man vorher auf den Knopf einer von ihren Fla- Zertheilung flüßiger Materien durch Elektricität. schen hat fallen lassen, so wird der ganze Tropfen augen- blicklich in Dampf zerstrcut; auch sind die Funken weit länger und dichter, als gewöhnlich. Beccaria bemerkt, wenn man einen Schlag auf eine gewisse Weite durch einen oder mehrere Tropfen Quecksilber gehen lasse, so verbreite sich der Schlag durch die Tropfen und treibe sie in Dämpfen auf; ein Theil die- ser Dämpfe steige in Form eines Rauchs in die Luft, ein anderer Theil bleibe am Glase hängen. 188. Versuch. Ein Wassertropfen, der von der condensirenden Ku- gel eines elektrisirten Conductors herabhängt, streckt sich, wenn man einen Becher mit Wasser darunter setzt, gegen dasselbe aus, und verlängert und verkürzt sich nach der jedesmaligen Stärke der Elektricität. 189. Versuch. Man bringe einen Wassertropfen an den ersten Lei- ter, und drehe die Maschine, so wird man lange im Zik- zak gehende Funken aus demselben ziehen können; der Tropfen wird eine conische Gestalt annehmen, der Kör- per, der den Funken erhält, wird befeuchtet werden, und die Funken werden beträchtlich länger seyn, als man sie ohne Wasser aus dem Conductor erhalten kann. 190. Versuch. Man stelle eine Stange Siegellak so auf den Con- ductor, daß man sie leicht mit einem Lichte anzünden kann, und drehe den Cylinder, indem das Siegellak brennt, so wird das schmelzende Ende spitzig werden, und einen feinen fast unsichtbaren Faden, der über eine Elle lang ist, in die Luft auswerfen. Wenn man die Fäden, welche das Siegellak auf diese Art ausstößt, mit einem Bogen Papier auffängt, so wird das Papier davon auf eine sonderbare Art bedeckt, und die Theilchen des Siegel- laks werden in so feine Fäden zertheilt, daß man es für Vierzehntes Capitel. feine Baumwolle halten sollte. Um das Siegellak schick- lich auf den Conductor zu befestigen, klebe man es auf einen dünnen Streif Papier, und beuge die Enden des Papiers so, daß es in eine der Höhlungen des Condu- ctors einpaßt; so kann man es bequem aufstellen, und mit dem Lichte anzünden. 191. Versuch. Man isolire einen kleinen Springbrunnen, (wie man dergleichen durch Verdichtung der Luft leicht machen kann), der nur einen einzigen Strom aussendet, und elektrisire denselben, so wird sich der Strom in sehr viele andere theilen, die sich gleichförmig über einen sehr großen Raum auf dem Boden verbreiten werden. Durch ab- wechselndes Auflegen eines Fingers auf den Conductor und Wegnehmung desselben, kann man nach Gefallen be- fehlen, ob das Wasser in einem Strome, oder in mehre- ren, springen solle. 192. Versuch. Man elektrisire zween isolirte Springbrunnen mit entgegengesetzten Elektricitäten, so werden sich die Strö- me aus beyden in sehr kleine Theilchen zertrennen, die sich oben mit einander vereinigen, und in schwerern Tropfen, wie ein Platzregen, herabfallen werden. Vierzehntes Capitel. Vom elektrischen Lichte im luftleeren Raume. 193. Versuch. Man nehme eine hohe trockne gläserne Glocke, kütte in den obern Theil derselben einen Drath mit einem abgerundeten Knopfe ein, ziehe die Luft aus der Glocke, und halte den Knopf des Draths gegen einen Conductor, Elektrisches Licht im luftleeren Raume. so wird jeder Funken in Gestalt eines breiten Lichtstroms durch den luftleeren Raum gehen, und längst der ganzen Glocke sichtbar seyn. Oft trennet sich der Strom in meh- rere Aeste vom schönsten Ansehen, die sich auf eine höchst angenehme Art theilen und wieder vereinigen. Legt man die Hand an die Glocke, so fühlt man bey jedem Funken eine kleine Erschütterung, wie einen Pulsschlag, und das Feuer lenkt sich gegen die Hand. Diese Erschütterung fühlt man sogar in einiger Entfernung von der Glocke, und im Dunkeln sieht man ein Licht zwischen der Hand und dem Glase. Vor einigen Jahren bemerkte Herr Wilson bey einigen mit einer vortreflichen Smeatonschen Luftpum- pe angestellten Versuchen, daß die geringsten Verschie- denheiten der Luft einen sehr beträchtlichen Unterschied in dem durch die Elektricität hervorgebrachten Lichte veran- lasseten; denn wenn alle Luft, welche die Pumpe auszu- ziehen vermochte, aus der Glocke gezogen war, so zeigte sich im Dunkeln gar kein elektrisches Licht. Ließ man durch einen Hahn ein wenig Luft hinzu, so erschien ein sehr schwaches Licht, bey etwas mehr Luft verstärkte sich dasselbe, aber noch mehr Luft machte es wieder schwächer, bis es zuletzt bey Hinzulassung vieler Luft völlig ver- schwand. Aus diesem Versuche erhellet, daß zu Hervor- bringung des stärksten Leuchtens eine gewisse eingeschränkte Quantität Lust nothwendig sey. 194. Versuch.. Fig. 82. stellt eine auf dem Teller der Luftpumpe stehende luftleere Glocke vor, a b ist der elektrisirte Drath, der einen Strom elektrischer Materie b c auf den Teller der Luftpumpe herabsendet. Wenn die an der äußern Seite der Glocke anliegende Luftschicht durch Anlegung des Fingers an die Glocke vermindert, und dadurch der elektrischen Materie auf der äußern Seite Veranlassung gegeben wird, heraus zu gehen, so wird die innere Mate- Vierzehntes Capitel. rie gegen diese Stelle getrieben, wie bey d e f. Man hat aus diesem Versuche schließen wollen, daß zwischen den Theilchen der elektrischen Materie keine zurückstoßende Kraft statt finde; weil sie allem Ansehen nach, wenn sie an sich selbst elastisch, oder mit einer repellirenden Kraft ihrer Theile gegen einander versehen wäre, nach wegge- nommenem Widerstande nicht in einem ununterbrochenen Strome fortfließen könnte, wie bey b c; sondern sich durch ihre Elasticität nach allen Seiten ausbreiten müßte. D. Watson sagt, es sey wahrscheinlicher, anzu- nehmen, daß die Repulsion der Theilchen, welche man in freyer Luft wahrnimmt, von dem Widerstande der Luft, und nicht von einem natürlichen Bestreben der Elektricität selbst, herrühre. Folgender Versuch des Beccaria giebt einen deut- lichen Begriff von dem Widerstande, den die Luft dem Durchgange der elektrischen Materie entgegensetzt, und von der Verminderung dieses Widerstandes in der luft- leeren Glocke. 195. Versuch. Ehe die Luft aus der Glocke ausgezogen war, gieng aus dem an ihrem obern Theile befindlichen elektrisirten Drathe ein divergirender Stralenbüschel hervor, der ohn- gefähr einen Zoll lang war. Zog man nun die Luft aus der Glocke, so zeigten sich folgende Veränderungen. Zu- erst wurden die Stralen des Büschels länger; hierauf divergirten sie weniger, ihre Anzahl verminderte sich, und die übrigbleibenden Stralen wurden größer; endlich ver- einigten sie sich alle mit einander, und bildeten eine unun- terbrochene Lichtsäule, welche von dem Drathe bis in den Teller der Luftpumpe übergieng. Aus diesem Versuche ist klar, daß die Luft das Mit- tel sey, wodurch wir mit Hülfe anderer idioelektrischer Kör- per im Stande sind, die Elektricität sowohl den elektri- schen Körpern, als den Leitern mitzutheilen; denn wenn Elektrisches Licht im luftleeren Raume man die Luft wegnimmt, so geht die elektrische Materie durch den leeren Raum, und verbreitet sich bis auf die entferntesten Weiten. 196. Versuch. Um die Veränderungen der Gestalt und Länge des elektrischen Funkens, wenn er durch eine Glocke geht, in der die Luft mehr oder weniger verdünnt ist, sehr genau zu unterscheiden, befestige man eine Kugel an den Drath, und lasse eine andere von dem Teller der Luftpumpe her- vorgehen so, daß beyde etwa einen Zoll weit aus einander stehen. Wenn das Vacuum gut ist, so geht ein einziger einförmiger purpurfarbner Stral von einer Kugel zur andern; je mehr man aber Luft hinzuläßt, desto mehr erhält der Stral eine zitternde Bewegung, welche zeigt, daß seine Bewegung nunmehr anfange, Widerstand zu finden, hierauf folgt eine Theilung des Strales oder Stroms, das Licht wird lebhafter, und verwandlet sich endlich in den gewöhnlichen Funken, welcher mit mehr oder weniger Leichtigkeit ausgeht, je nachdem die Kraft der Maschine und der Widerstand der Luft größer ist. 197. Versuch. Man bringe an den Conductor eine dünne luftleere Flasche, wie die Fig. 49. vorgestellte, aber ohne alle Be- legung an der äußern Seite, so wird sie von einem Ende bis zum andern leuchten, und noch, wenn man sie von dem Conductor wegnimmt, zu leuchten fortfahren; das Licht wird sich eine lange Zeit nach krummlinigten Rich- tungen bewegen, und von Zeit zu Zeit gleich dem Nord- lichte blitzen. Man kann das Licht von neuem wieder be- leben, wenn man mit der Hand über das Glas fährt. In diesem Versuche hört und fühlt man das Schlagen der elektrischen Materie gegen das Glas sehr deutlich. Man kann die krummlinigten Bewegungen der elek- trischen Materie in einer luftleeren Glocke gewissermaßen nach Gefallen hervorbringen. Wenn man die äußere Vierzehntes Capitel. Seite der Glocke befeuchtet, so folgt das Feuer der Rich- tung der befeuchteten Linien, weil daselbst der Widerstand auf einer Seite geschwächet wird; es kann sich nämlich die elektrische Materie an der innern Seite anhäufen und anhängen, weil andre Materie vermittelst der Feuchtigkeit aus der äußern Seite herausgetrieben wird. Dieser Versuch fällt sehr angenehm aus, wenn man die Torricellische Leere in einer Z Schuh langen Glasröhre hervorbringt, und alsdann dieselbe hermetisch ver- schließt. Hält man das eine Ende dieser Röhre in der Hand, und bringt das andere an den Conductor, so wird die ganze Röhre von einem Ende bis zum andern erleuch- tet, und bleibt dies auch noch eine ziemliche Zeit, wenn sie gleich vom Conductor weggenommen wird; sie leuchtet blickweise oft noch viele Stunden lang. 198. Versuch. Ein anderes sehr schönes Schauspiel kann man im Dunkeln hervorbringen, wenn man eine kleine leidner Fla- sche in den Hals einer hohen gläsernen Glocke bringt, so daß die äußere Belegung im Vacuum steht. Zieht man die Luft aus der Glocke, und ladet die Flasche, so wird bey jedem Funken, der aus dem Conductor in die innere Seite übergeht, ein Licht von allen Punkten der äußern Fläche ausgehen, und die ganze Glocke auszufüllen schei- nen. Entladet man wieder, so kehrt das Licht in Gestalt eines compakten Funkens zurück. 199. Versuch. Eine zum Uebergange der elektrischen Materie sehr geschickte Leere kann man hervorbringen, wenn man ein Doppelbarometer oder eine lange gebogne Glasröhre mit Quecksilber füllet, und mit jedem Schenkel in einem Ge- fäß mit Quecksilber stehend umkehret, wobey der gebog- ne Theil der Röhre über dem Quecksilber ein vollkommnes Vacuum wird. Entladet man eine Flasche durch diesen Elektrisches Licht im luftleeren Raume. Raum, so erscheint ein durchaus gleichförmiges Licht, desto lebhafter, je stärker der Schlag ist. D. Watson iso- lirte diese Zubereitung, brachte das eine Gefäß mit Queck- silber mit dem Conductor in Berührung, und berührte das andere mit einem Leiter; so gieng die elektrische Ma- terie in einer ununterbrochenen Flamme durch den leeren Raum, ohne die geringste Divergenz: ward das eine Gefäß mit dem isolirten Küssen verbunden, so sahe man das Feuer nach der entgegengesetzten Richtung durch das Vacuum gehen. 200. Versuch. Fig. 83. ist eine Glasröhre, wie man sie gewöhn- lich zu den Barometern gebraucht: am Ende b ist sie in eine stählerne Haube geküttet, aus welcher ein eiserner Drath mit einem Knopfe c d in die Röhre herabgeht. Man fülle diese Röhre mit Quecksilber, lasse zu wieder- holten mahlen eine Luftblase hinein, kehre dann die Röhre um, und befreye dadurch das Quecksilber und den eisernen Drath von aller daran hängenden Luft, nach der gewöhn- lichen Art, Barometer zu füllen. Hierauf lasse man ei- nen kleinen Tropfen Aether auf das Quecksilber fallen, halte den Finger auf die Oefnung der Glasrohre, kehre die Röhre um, und bringe das Ende f in ein Gefäß mit Quecksilber, nehme aber den Finger nicht eher weg, als bis das Ende der Röhre einen halben Zall tief unter dem Quecksilber steht. Nimmt man nun den Finger weg, so fällt das Quecksilber, der Aether breitet sich aus, vermin- dert das Vacuum, und drückt das Quecksilber in der Röh- re tiefer herab. Bringt man nun die metallene Haube der Röhre gegen einen großen geladenen Conductor, so wird man einen schönen grünen Funken von der Kugel bis ans Quecksilber gehen sehen. Läßt man etwas Luft in den leeren Raum, so zeigt sich eine den Sternschnuppen ähnliche Erscheinung. Diesen schönen Versuch habe ich durch Herrn Morgan kennen gelernt. Funfzehntes Capitel. Mehrere Beobachtungen über die Erscheinungen des elektrischen Lichts im luftleeren Raume kann man ver- mittelst des 110ten 111ten 119ten und 120sten Ver- suchs anstellen. Funfzehntes Capitel. Von der medicinischen Elektricität. Der Abt Nollet versichert, er habe über keine seiner Erfindungen mehr Vergnügen empfunden, als über die Entdeckung, daß die Bewegung flüssiger Mate- rien durch Haarröhren, und die unmerkliche Ausdünstung thierischer Körper durch die Elektricität verstärkt werde; weil ihm diese Entdeckung, bey gehöriger Anwendung durch geschickte Männer so ungemeine Vortheile für die mensch- liche Gesellschast versprochen habe. Aber um wie viel größer würde sein Vergnügen gewesen seyn, wenn er die Erfüllung dieser Hosnung erlebt, und gesehen hätte, wie dieser Zweig der Elektricität fast eben soviel medicinische Zuverlässigkeit erreicht hat, als der Gebrauch der China- rinde bey Wechselfiebern. Zwar sind auch der Elektricität, so wie allen andern für die Menschheit wohlthätigen einfachen Arzneymitteln, theils aus eigennützigen Absichten, theils aus Unwissenheit, viele Hindernisse in den Weg gelegt worden; man hat sie verächtlich behandelt, und mit übelangebrachter Vorsichtig- keit herabgesetzt. Man muß aber denen, welche sich ihr auf diese Art entgegensetzen, anempfehlen, eine Sache nicht zu verdammen, die sie nicht kennen, und sie nicht ung e hört zu verurtheilen; vielmehr sich um einige Kennt- niß von der Natur der Elektricität zu bemühen, die Elek- trisirmaschine auf eine wirksame Art gebrauchen zu lernen, und sie dann nur einige Wochen lang bey den Krankheiten anzuwenden, in welchen sie die besten Dienste thut. Auf Medicinische Elektricität. diese Art würden sie ohne Zweifel bald überzeugt werden, daß die Elektricität unter den Arzneymitteln einen ausge- zeichneten Rang behaupte. Man hat der Arzneywissenschaft und den praktischen Aerzten den Vorwurf der Unbeständigkeit und Veränder- lichkeit in der Praxis gemacht, die einmal kalt wie das Eis in Novazembla, ein andermal heiß wie die hitzige Zone sey; man hat sie beschuldiget, daß sie sich von der Mode leiten und von Vorurtheilen beherrschen ließen. Aus die- sem Grunde hat man vorhersagen wollen, so vortheilhaft auch der Gebrauch der Elektricität seyn möge, so werde man sie doch nur für die Zeit der Mode beybehalten, und dann der Vergessenheit überlassen. Jch kann aber dieser Meinung nicht beypflichten, und mich nicht verleiten las- sen zu glauben, daß eine Classe von Männern, deren Ur- theilskraft durch Wissenschaften und Erfahrung geschärft ist, eine Kraft ganz vernachlässigen werde, welche allem Ansehen nach den wichtigsten Theil der Constitution des Körpers ausmacht. Die Elektricität ist ein wirkendes Principium, das nie erzeugt und nie zerstört wird, das überall und allezeit anzutreffen ist, wenn es auch gleich verborgen und unmerklich bleibt, das sich zu jeder Zeit bewegt, um ein stets veränderliches Gleichgewicht zu be- haupten. Um nur ein einziges Beyspiel aus vielen an- dern auszuheben, so ist der Regen, der bey Gewittern herabfällt, stark mit der Elektricität imprägnirt, und bringt auf diese Art dasjenige herab, was die erhitzten Dämpfe in die Luft hinaufgeführt haben, bis der Mangel in der Erde durch den im Himmel befindlichen Ueberfluß wieder ersetzt und aufgehoben ist. Unaufhörlich verbin- den sich mancherley Ursachen, um das Gleichgewicht dieser Materie zu ändern, woraus die beständige innere Bewe- gung entsteht, welche soviel zur Ausführung der Natur- begebenheiten beyträgt. Wenn ferner durch eine jede Substanz eine gewisse ihr eigenthümliche Portion dieser Materie vertheilt ist, so muß jede Veränderung ihrer Ca- Funfzehntes Capitel. pacität, welche sich durch Hitze und Kälte beständig ver- ändert, sie bewegen und auf sie wirken. Da die Wärme oder die Bewegung des Feuers das erste Triebrad in der thierischen Maschine ist, und so lange diese Maschine dauert, das Hauptprincipium ihrer Erhal- tung ausmacht, da ferner die Elektricität so viele Erschei- nungen zeigt, welche man von den Phänomenen des Feu- ers gar nicht unterscheiden kann, so müssen wir uns noth- wendig eine große Vorstellung von der Wichtigkeit der elektrischen Materie für die Medicin machen. Doch kann man, allgemein genommen, die Stärke der Lebenskräfte nicht nach dem Grade der Wärme beurtheilen, weil der Grad der Wärme bloß eine gewisse Menge derselben be- stimmt, welche auf eine besondere Art wirket. Es ist bekannt, daß dieses belebende Principium auch das Wachsthum der Pflanzen beschleuniget. Elektrisirte Myrthen blühten eher, als andere von eben derselben Art und Größe in eben demselben Gewächshause. Täglich elektrisirte Saamen sind in drey bis vier Tagen besser auf- gegangen und gewachsen, als andere von eben derselben Art und unter übrigens vollkommen gleichen Umständen in eilf bis zwölf Tagen. Eben so hat Herr Achard gezeigt, daß man die Elektricität an statt der Wärme zu Beschleu- nigung des Auslaufens der Eyer gebrauchen könne. Die Vermuthung eines scharfsinnigen Schriftstellers ist gar nicht unwahrscheinlich, daß die vegetirende Kraft, welche in den immergrünenden Bäumen und Pflanzen das ganze Jahr hindurch wirkt, davon herrühre, weil diese Bäume mehr Harz enthalten, als diejenigen, deren Blätter im Herbste abfallen, und daß sie dadurch in den Stand ge- setzt werden, die Säfte, welche ihre beständige Vegetation unterha l ten, an sich zu ziehen und zu behalten, wodurch der Mangel der Sonnenwärme einigermassen ersetzt wird. Man kann dieses aus ihren natürlichen Eigenschaften schließen, und die starke elektrische Kraft ihrer Blätter bestätiget es. Eben dieser Schriftsteller glaubt, das bey Medicinische Elektricität. unsern Versuchen gesammlete elekteische Fluidum bestehe bloß aus den Sonnenstralen, welche von der Erde aufge- fangen und zurückbehalten worden wären; welcher Ge- danke auch durch die Beobachtungen über die atmosphäri- sche Elektricität, und durch verschiedene aus der Verwand- schaft zwischen Feuer, Licht und Wärme gezogne Schlüsse bestätiget wird. Das Daseyn und die Wirksamkeit dieser Materie in den thierischen Körpern ist durch die Versuche über den Zitteraal und Zitterfisch vollkommen erwiesen worden; denn die Aehnlichkeit zwischen der Elektricität des Zitter- fisches und derjenigen, die man in der Natur im Großen antrift, ist so groß, daß man in physikalischem Sinne beyde für einerley halten kann. Herr Hunter hat sehr richtig bemerkt Philos. Transact. Vol. LXIII. no. 40. , daß die Größe und Menge der Ner- ven, welche sich in den elektrischen Organen des Zitterfi- sches befinden, im Vergleich mit der Größe dieser Organe selbst, eben so außerordentlich scheinen muß, als ihre Wirkungen, und daß es, wenn wir die sinnlichen Organe des menschlichen Körpers ausnehmen, in keinem Thiere, selbst in den vollkommensten, irgend einen Theil gebe, der so häufig mit Nerven versehen sey, als der Zitterfisch. Dennoch scheinen diese Nerven seiner elektrischen Organe zu keiner Empfindung, welche in dieselben eindringen könnte, nothwendig zu seyn; und was die Kraft betrift, so bemerkt Herr Hunter ebenfalls, daß es keinen Theil in irgend einem Thiere gebe, so stark und anhaltend auch die Kraft desselben seyn möge, der eine so große Menge Nerven enthalte. Da es also wahrscheinlich ist, daß diese Nerven weder zur Empsindung noch zur Bewegung die- nen, müssen wir nicht vermuthen, daß sie die Hervor- bringung, Aufsammlung und Behandlung der elektrischen Materie zur Absicht haben, besonders, da nach den Ver- suchen des Hn. Walsy die elektrischen Wirkungen dieser Funfzehntes Capitel. Organe von dem Willen des Thieres abhängen? Sind diese Bemerkungen richtig, so können wir mit vieler Wahr- scheinlichkeit voraussagen, daß von den künftigen Natur- forschern keine Entdeckung von Wichtigkeit über die Natur des Nervensafts werde gemacht werden, bey welcher sie nicht werden eingestehen müssen, daß sie dieselbe dem Lichte zu danken haben, welches die Versuche des Herrn Walsy über den lebenden Zitterfisch, und des Herrn Hunter Zer- gliederungen des todten Fisches über diese Materie ver, breitet haben. Sehr diele merkwürdige Beobachtungen überzeugen uns deutlich, daß die elektrische Materie mit dem mensch- lichen Körper in der genauesten Verbindung stehe, und ihren Einfluß auf denselben unaufhörlich fortsetze. Herr Brydone gedenkt einer Dame, welche bisweilen, wenn sie sich bey kaltem Wetter im Dunkeln gekämmt, feurige Funken aus ihrem Haare habe kommen sehen; dies brachte ihn auf den Gedanken, die elektrische Materie bloß aus den Haaren der Menschen, ohne einige andere elektrische Geräthschaft zu sammlen. In dieser Absicht ließ er ein junges Frauenzimmer auf Pech treten, und die Haare ihrer Schwester kämmen, die vor ihr auf einem Stuhle saß; kaum hatte jene zu kämmen angefangen, so ward ihr ganzer Körper elektrisirt, und warf gegen jeden Gegen- stand, der sich ihr näherte, Funken aus. Das Haar war sehr stark elektrisch, und wirkte in beträchtlicher Ent- fernung auf das Elektrometer. Er lud einen metallnen Conductor mit dieser Elektricität, und sammlete in wenig Minuten soviel von derselben, daß er Weingeist anzün- den, und mit Hülfe einer kleinen Flasche der ganzen Ge- sellschaft mehrere starke Schläge geben konnte. Herr Cavallo erhielt vermittelst eines kleinen Con- densators sehr merkliche Zeichen der Elektricität aus der- schiednen Theilen seines eignen Körpers, und aus den Haupthaaren dieler andern Personen. Medicinische Elektricität. Wenn die Entdeckungen in dieser Wissenschaft, sagt Herr Btydone, höher steigen werden, so wer- den wir vielleicht finden, daß die sogenannten Nerden- schwächen und andere Krankheiten, welche wir bloß dem Namen nach kennen, davon herkommen, daß sich in den Körpern entweder zu viel oder zu wenig von dieser feinen Materie befindet, welche vielleicht das Vehiculum aller unserer Empfindungen ist. Bekanntermassen wird bey feuchtem und neblichen Wetter diese Materie von der Feuchtigkeit geschwächt und absorbiret, ihre Wirksamkeit vermindert, und das, was man von ihr gesammlet hat, bald zerstreuet; alsdann ermatten unsere Lebenskräste, und unser Gefühl wird stumpfer. Bey den schädlichen Win- den in Neapel, wobey die Lust aller elektrischen Materie beraubt zu seyn scheinet, wird der ganze Körper erschlaffet, und die Nerven scheinen ihre Spannung und Elasticität zu verlieren, bis der Nordwestwind die belebende Kraft wiederherstellet, die dem Körper seine Spannung wie- vergiebt, und die ganze in ihrer Abwesenheit ermattete Natur wieder verjünget. Es ist dies auch gar nicht zu verwundern, da die Spannung und Erschlaffung im menschlichen Körper von dem verschiednen Zustande der elektrischen Materie, und nicht von einer Veränderung ver Fibern selbst, oder von einer Ausdehnung und Zu- sammenziehung derselben herrührt. Man hat sonst der Kälte eine solche zusammenziehende Kraft zugeschrieben, obgleich die Muskeln des thierischen Körpers mehr zusam- mengezogen werden, wenn sie warm sind, und in der Kälte hingegen erschlaffen. Die Herren Iallabert und de Saussüre kamen auf ihren Alpenreisen in Gewitterwolken, und fanden da- bey ihren ganzen Körper elektrisch. Aus ihren Fingern strömten freywillig Feuerstralen mit einem knisternden Ge- räusch, und ihre Empfindungen waren eben so, als ob sie durch Kunst sehr stark elektrisirek wären. Es fällt sehr deutlich in die Augen, daß diese Empfindungen von einem Funfzehntes Kapitel. allzugroßen Ueberfluß der elektrischen Materie in ihren Körpern herkamen; daher ist es seht wahrscheinlich, daß viele Kranken ihre Empsindungen der entgegengesetzten Ursache zuzuschreiben haben. 201. Versuch. Man lasse den Schlag einer großen geladenen Fla- sche oder einer Batterie durch den Kopf und Rücken einer Maus gehen, so wird er, wenn er stark genug ist, das Thier tödten. Wenn es todt ist, wiederhohle man den Versuch, so wird die elektrische Materie augenscheinlich über den Körper hinweg, und nicht durch denselben gehen, woraus erhellet, daß die Kraft oder das Mittel, welches den Schlag durch den Körper des Thieres leitete, mit dem Leben desselben verlohren gegangen sey. Dieser Ver- such ist aus des Herrn Cavallo Abhandlung von der me- dicinischen Elektricität Versuch über die Theorie und Anwendung der medici- nischen Elektricität, von Tib. Cavallo, aus dem Engl. übers. Leipz. 1782. 8. genommen. Seine Wichtig- keit fällt in die Augen, und er vervient ohne Zweifel von Männern, welche sowohl mit der thierischen Oekonomie, als mit der Elektricität bekannt sind, weiter untersucht zu werden. Der folgende Versuch zeigt, daß die elektrische Ma- terie durch diejenige Reihe von Muskeln gehe, welche ihr den kürzesten Weg darbietet, und deren leitende Kraft oder elektrische Capacität ihr am vortheilhaftesten ist. 202. Versuch. Man lasse die Person A in ihrer rechten Hand eine leidner Flasche halten, und mit einem in der linken Hand gehaltenen messingenen Stabe den entblößten rech- ten Fuß von B berühren; der linke Fuß von B sey durch einen messingenen Stab mit dem rechten Fuße von C ver- Medicinische Elektricität. bunden; D halte mit seiner rechten Hand das linke Ohr von C, und berühre den Knopf der Flasche mit der linken Hand: so wird A den Schlag in den Muskeln der rechten Hand und des Arms, der Brust, und des linken Arms fühlen; B in den Muskeln des rechten und linken Fußes, Schenkels und dicken Beins; C hingegen in derjenigen Reihe von Muskeln, welche vom Schenkel bis zum Ohre gehen, durch welches er mit D verbunden ist. Die Wir- kung der elektrischen Materie auf den menschlichen Kör- per beym Schlage ist die nämliche, wenn er mit gleicher Dichtigkeit durch ähnliche Theile geht. Sie ist stärker, wenn die Materie dichter ist, und folglich am stärksten, wenn sie Widerstand antrift. Beccatia hat mit Hülfe eines Wundarztes verschie- dene Versuche über die Wirkung der Elektricität auf die Muskeln im linken Beine eines Hahns gemacht. DieMuskeln wurden, wenn der Schlag hindurchgieng, stark zusammenge- zogen und dieses Zusammenziehen war allezeit mit einem plötzlichen und proportionirten Aufschwellen derselben beglei- tet, denjenigen Theil ausgenommen, wo das Häutchen, wel- ches einen Muskel von dem andern trennet, anliegt, welcher Theil allezeit eingedrückt ward. Das Häutchen, welches den Theil des Muskels, durch welchen der Schlag gieng, be- deckte, ward trocken und schrumpfte zusammen, auch stieg aus diesem Theile ein Dampf auf; wenn ein Muskel zu- sammengezogen ward, so äusserte sich zugleich ein allge- meines Zusammenziehen in allen anliegenden Muskeln, und dieselben blieben auch einige Zeit nach dem Schlage in einer convulsivischen Bewegung. Bey einem andern Versuche, wo der Muskel abge- löset und vom Beine loßgemacht worden war, zog sich derselbe, als der Schlag durchgieng, von selbst zusam- men, und ward wiederum in seine vorige natürliche Stelle zurückgeworfen, konnte auch nicht anders als mit Gewalt von derselben getrennt werden, woraus die Kraft der Elek- tricität, erschlafften Fibern ihre Spannung wiederzugeben, Funfzehntes Capitel. deutlich erhellet. In der That, wenn wir bedenken, daß die elektrische Materie Muskeln in Bewegung gebracht, vom Schlage gelähmte Glieder gestärkt, ja sogar bey vie- len, deren Lähmungen nicht aus dem Rückenmark ent- sprangen, die Lebenskraft und Bewegung wiederhergestel- let hat, ist dies nicht ein überzeugender Beweiß, daß die Ursache, welche die Muskeln in Bewegung setzt, mit dem- jenigen Fluidum einerley sey, welches wir durch die Elek- trisirmaschine einsammlen? Da die Arzneykunde kein Universalmittel kennt, so können wir auch nicht annehmen, daß die Elektricität alle Krankheiten, gegen welche sie gebraucht wird, hebe. Ihre Wirkung wird immer im Verhältniß der Disposition des Kranken, und der Talente des Arztes stärker oder schwä- cher seyn; daher man sich auch gar nicht verwundern darf, wenn viele Krankheiten ihr den hartnäckigsten Widerstand gethan haben, und andere nur in einigem Grade gesindert worden sind, oder wenn der Fortgang der Cur oft durch Ungedult oder Vorurtheil des Kranken gehemmet worden ist. Man muß hierbey dennoch eingestehen, daß der Fort- gang der medicinischen Elektricität, selbst in ihrer Kind- heit, und da sie noch mit Furcht, Vorurtheil und Eigen- nutz zu kämpfen hatte, in der That groß war, und daß wir uns jetzt die größte Hoffnung einer beträchtlichen Er- weiterung derselben machen künnen, da sie durch Aerzte von den ausgezeichnetsten Verdiensten bearbeitet und be- fördert wird. 203. Versuch. Dieser Versuch zeigt, daß man die Elektricität durch Wärme und Kälte in Bewegung setzen könne. Er schreibt sich ursprünglich von Canton her. Dieser nahm einige dünne Glaskugeln von etwa 1½ Zoll Durchmesser, mit 8 – 9 Zoll langen Stielen oder Röhren, elektrisirte sie, einige auf der innern Seite positiv, andere negativ, und verschloß sie hermetrisch. Bald hierauf brachte er diese Bälle gegen das Elektrometer, und konnte nicht das ge- Medicinische Elektricität. ringste Merkmal einer Elektricität wahrnehmen; wenn er sie aber in einer Entfernung von 5 – 6 Zoll ans Feuer hielt, so wurden sie in kurzer Zeit stark elektrisch, und noch stärker, wenn sie abkühlten. Diese Kugeln gaben auch jederzeit, wenn sie erhitzt waren, an andere Körper Elektricität ab, oder nahmen sie von ihnen an, je nach- dem die in ihnen befindliche Elektricität positiv oder nega- tiv war. Allzuöfteres Erwärmen verminderte ihre Kraft; wenn man aber eine davon eine Woche lang unter Wasser legte, so schadete ihr dies im geringsten nicht. Sie be- hielten ihre Kraft auf sechs Jahre lang. Von dem Tur- malin und vielen andern Edelsteinen ist ebenfalls bekannt, daß sie durch Erwärmung elektrisch werden. Der Turma- lin hat allemahl zugleich positive und negative Elektricität, so, daß sich auf einer Seite die eine, auf der andern die ent- gegengesetzte befindet. Man kann diese Elektricität sowohl durch Reiben, als durch Erwärmen, ja sogar durch Ein- senken des Steins in kochendes Wasser erregen. 204. Versuch. Man isolire ein empsindliches Quecksilberthermome- ter, und stelle die Kugel desselben zwischen zwo hölzerne Kugeln, von denen die eine an den Conductor befestiget ist, die andere aber mit der Erde in Verbindung steht, so wird beym Durchgange der elektrischen Materie zwi- schen beyden Kugeln das Quecksilber im Thermometer be- trächtlich steigen. Bey einem Cylinder von 7½ Zoll Durch- messer, erhob die elektrische Materie, indem sie aus einer Ku- gel von Lebensbaum in eine von Büchenholz übergieng, das Quecksilber im Thermometer von 68° – 110°, und zum 2 tenmal bis 150°. Beym Uebergange aus einer Spitze von Buchsbaum in eine von Lebensbaum stieg das Thermome- ter von 68° – 85°; aus einer Spitze von Buchsbaum in eine Kugel von Buchsbaum von 67° – 100°; aus einer Kugel von Buchsbaum in eine messingne Spitze von 66° – 100°; aus einer Kugel in die andere, wenn die Kugel des Ther- mometers mit Flanell bedeckt war, von 69° – 100°. Funfzehntes Capitel. Einige Schriftsteller haben Verzeichnisse von Krank- heiten gegeben, in welchen die Elektricität mit gutem Er- folg gebraucht worden ist; ich will aber hier diesem Bey- spiele nicht folgen, da ich höre, daß man diese Krankhei- ten nach Anleitung der in den letzten vier Jahren angestell- ten Versuche, in ein ordentliches System gebracht hat, welches aber gehörig zu übersehen, eine genaue Kenntniß der Krankheiten und ihrer Ursachen und Symptome, er- forderlich ist. Man hat in diesem System die Elektricität unter die krampfstillenden Arzneyen geordnet, und sie als eines der wirksamsten äusserlichen Mittel angesehen; sie dienet nach der verschiedenen Art ihrer Anwendung bald als ein schmerzstillendes, bald als ein reizendes, bald als ein zer- theilendes Mittel. Jn der Arzneykunst läßt sie sich bey Lähmungen, beym Reißen, bey Wechselfiebern, Kräm- pfen, Verstopfungen und Entzündungen gebrauchen. Dem Wundarzt leistet sie beträchtlichen Nutzen bey Vertrock- nungen, Verrenkungen, Geschwülsten, besonders bey an- gelaufenen Drüsen, Schwinden der Muskeln, und einer Menge von andern in die Augen fallenden Uebeln, welche den Umstehenden sowohl als dem Patienten selbst öfters großen Kummer verursachen. Auch die Gicht und den Kropf, zwo Krankheiten, welche heut zu Tage das menschliche Geschlecht so häufig plagen und den Aerzten ein Stein des Anstoßes sind, rechnet man unter die Zu- fälle, bey welchen sich die Elektricität anwenden läßt, und besonders im Anfange der Krankheit, wie man mir gesagt hat, beynahe Wunder thut. Bey gichtischen Anfällen an gefährlichen Theilen des Körpers scheint sie weit besser zu seyn, als irgend ein anderes Arzneymittel, da man sie unmittelbar an den Sitz der Krankheit bringen kann, wo sie stärker und schneller, als alle andere Kräfte der Arz- neykunst, wirket, und nach Befinden gemäßiget werden kann. Da sie überdieß ein Mittel ist, dessen Wirkung der Kranke durch Nachdenken beurtheilen und durchs Ge- Medicinische Elektricität. fühl empfinden kann, so scheint sie mir die Aufmerksam- keit und fernere Untersuchung vernünftiger Männer weit mehr zu verdienen, als irgend eine zusammengesetzte Arz- ney, in die man wenig Vertrauen setzt, oder ein aufge- legtes Pflaster, auf das man gar nicht achtet. Der gute Erfolg der Elektricität in Linderung der Uebel des menschlichen Körpers wird dadurch beträchtlich vermehrt, daß man sie auf so verschiedne Art und in so verschiednen Graden der Stärke anbringen kann, wodurch auch ihre Wirkungen schneller, empfindlicher und stärker werden. Die ehemals gebräuchlichen Methoden waren der Schlag, der Funken und bisweilen, obgleich sehr sel- ten, das simple Elektrisiren. Iezt sind sie mannichfalti- ger und zahlreicher geworden. Man kann den Strom der elektrischen Materie ohne Schlag durch jeden Theil des Körpers gehen lassen; man kann ihn auch in jeden Theil hineinbringen, oder aus jedem ausziehen, und die Wirkung in jedem Falle wieder dadurch abändern, daß man die Materie durch Körper gehen läßt, die ihr stärker oder schwächer widerstehen; man kann ihn auf die bloße Haut gehen lassen, oder dieselbe mit verschiedenen wider- stehenden Substanzen bedecken; man kann die Kraft nach Gefallen verdünnen oder verdichten, auf eine Stelle ein- schränken, oder auf mehrere Theile des Körpers ver- breiten. Die hiezu nöthige Geräthschaft ist einfach und be- steht aus folgenden Stücken. 1) Eine Elektrisirmaschine mit einem isolirten Küs- sen, durch welche man einen starken und anhaltenden Strom von elektrischer Materie erhalten kann. 2) Ein Stuhl mit isolirenden Füssen, oder vielmehr ein Armstuhl auf einem großen isolirenden Gestelle. Den innern Theil der Rücklehne muß man niederlassen oder wegnehmen können, um im erforderlichen Falle den Rü- cken eines Kranken elektrisiren zu können: auch müssen die Arme des Stuhls länger als gewöhnlich seyn. Funfzehntes Capitel. 3) Eine leidner Flasche mit einem Elektrometer. 4) Ein paar große Directoren uud hölzerne Spitzen. 5) Einige Glasröhren von verschiedenen Durchmes- sern, deren einige sich in haarröhrenförmige Spitzen en- digen. Hiezu kann man noch einen etwas großen allgemeinen Auslader, ein paar kleine Directoren mit silbernen Drä- then und eine isolirende Zange setzen. Fig. 93. zeigt die Directoren, deren Handgriffe von Glas sind. A ist ein messingener Drath mit einer Kugel am Ende. An dem einen Director ist der Drath gebogen, um die elektrische Materie desto bequemer ins Auge u. d. gl. gehen zu lassen. Die Kugeln kann man von den Dräthen abschrauben und die hölzerne Spitze B an ihre Stelle setzen, oder auch das zugespitzte Ende des messingenen Draths selbst gebrauchen. Die Directoren müssen allezeit an dem vom Messinge entferntesten Ende des gläsernen Handgrifs gehalten werden, wobey man Sorge tragen muß, daß das Messing durch die Wärme der Hand nicht feucht werde. Fig. 85. ist die Flasche zur medicinischen Elektrici- tät, mit einem Elektrometer versehen, um die Gewalt ves Schlags einzuschränken, und dem Operator es mög- lich zu machen, daß er mehrere Schläge von gleicher Stärke nach einander geben könne. C ist ein gebogenes Stück Glas, an dessen obern Theil eine messingene Hülse D mit einer federnden Röhre E angeküttet ist; der Drath F ist in dieser Röhre beweglich, so daß man die Kugel G in jede beliebige Entfernung von der Kugel H brin- gen kann. Auch das Ende I des gebognen gläsernen Stücks ist mit einer sedernden Röhre versehen, die sich an dem mit der innern Seite verbundenen Drathe K auf und ab schieben läßt. Wenn man diese Flasche gebrauchen will, so stelle man die Kugel H in Berührung mit dem Conductor, oder verbinde sie mit demselben durch einen Drath, und lade Medicinische Elektricität. sie auf die gewöhnliche Art. Wenn nun ein Drath von der Kugel L bis an die äußere Belegung geht, so wird die Flasche entladen, sobald nur die elektrische Materie Kraft genug hat, durch die Luft zwischen den beyden Ku- geln G und H durchzubrechen; folglich ist der Schlag desto stärker, je weiter diese beyden Kugeln von einander abstehen. Es fällt in die Augen, daß das Elektrometer in die- ser Verbindung eben so, wie der gewöhnliche Auslader, wirkt, und eine Communication zwischen der äußern und innern Seite der Flasche macht; nur mit diesem Unter- schiede, daß der Abstand von dem Ende, welches mit der innern Seite in Verbindung steht, eingeschränkt und re- guliret werden kann. Man kann nun den Schlag durch jeden Theil des menschlichen Körpers gehen lassen, wenn man diesen Theil mit in die zwischen beyden Seiten der Flasche gemachte Verbindung bringet. Dies kann sehr bequem geschehen, wenn man ven einen Director durch einen Drath mit dem Elektrometer, und den andern mit der äußern Seite der Flasche verbindet; man hält alsdann die Directoren bey ihren gläsernen Handgriffen, und bringt ihre Kugeln an die Enden der Theile, durch welche die Schläge gehen sollen. Die Stärke des Schlags wird, wie wir bereits be- merkt haben, vermehrt oder vermindert, wenn man den Abstand der beyden Kugeln G und H von einanver ver- größert oder verringert, welches der Operator nach der Stärke und Empfindlichkeit des Patienten abmessen muß. Die Handgriffe der Directoren, das gebogne Stück Glas C, und die über die Belegung hervorragenden Theile der Flasche müssen sorgfältig getrocknet werden. Auch muß man die Enden der Directoren gegen den leidenden Theil andrücken, um den Schlag leichter durch denselben zu führen. Einige haben auch die elektrische Zange für ein sehr bequemes Instrument zu Leitung des Schlags durch ein- Funfzehntes Capitel. zelne Theile des Körpers gehalten. Ihre Einrichtung und ihr Gebrauch erhellet genugsam aus Fig. 86. Auch hat man folgende Methode, die condensirte elektrische Materie aus der innern Seite einer geladenen leidner Flasche zu ziehen, unter gewissen Umständen vor- züglich vortheilhaft gefunden. Man verbinde einen Di- rector durch einen Drath mit dem Knopfe einer leidner Flasche, lade die Flasche entweder völlig oder zum Theil, und halte dann die Kugel oder Spitze des Directors an den Theil des Körpers, den man elektrisiren will, so wird die in der Flasche condensirte elektrische Materie in einem dich- ten und langsamen Strome in diesen Theil übergehen und eine stechende Empsindung verursachen, welche eine beträcht- liche Wärme hervorbrigt. Hält man gegen das Ende des Directors einen mit der Erde verbundenen Drath, so wird der Uebergang der Materie schneller, und die Em- pfindung stärker. Man sieht leicht, daß in diesem Falle die Verbindung zwischen der innern und äußern Seite der Flasche nicht vollständig ist, daher man auch keinen Schlag fühlt. Die condensirte Materie geht in einem dichten langsamen Strome durch den erforderlichen Theil, indem die äußere Seite eine hinreichende Menge elektrischer Ma- terie aus den umliegenden leitenden Substanzen an sich nimmt, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Um einen Strom von elektrischer Materie durch einen Theil des menschlichen Körpers hindurchgehen zu lassen, verbinde man den einen Director durch einen Drath mit dem positiven, den andern mit dem negativen Conductor oder mit einem isolirten Küssen, stelle die En- den der Directoren an die Enden des leidenden Theils, und drehe die Maschine, so wird die elektrische Materie aus dem einen Director in den andern durch den gedach- ten Theil überströmen. Um den Strom der elektrischen Materie auf einen Theil des Körpers zu leiten, verbinde man den Director Medicinische Elektricität. mit dem positiven Conductor, drehe die Maschine und halte das messingene Ende des Directors gegen den Kör- per des Kranken, so wird die Materie aus der Kugel in den Körper übergehen. Oder man isolire den Kranken, und ziehe die ihm mitgetheilte Elektricität vermittelst der Directoren aus seinem Körper. In diesem Falle muß ein Drath von dem messingenen Theile des Directors auf die Erde oder in die Hand des Operators gehen. In beyden Fällen kann man die Menge und Wirkungsart der Materie verändern, wenn man sie durch messingene oder hölzerne Kugeln oder Spitzen gehen läßt, oder die Haut mit Flanell bedeckt; in allen Fällen, in welchen sonst die Friction angerathen wird, kann man sehr wahr- scheinlich vermuthen, daß die Bedeckung des leidenden Theils mit Flanell, und das Reiben desselben mit der Ku- gel eines mit der Elektrisirmaschine verbundenen Dire- ctors, eine vortrefliche Wirkung thun werde. Der Wi- derstand, den die Bewegung der Materie leidet, läßt sich verschiedentlich abändern, wenn man eine dickere Be- deckung wählt, oder statt des Flanells eine andere Sub- stanz nimmt, durch welche die Materie durchgehen muß. Einige besondere Wirkungen finden statt; wenn man den unterbrochenen Funken gebraucht, d. i. wenn man den Funken aus einem zweyten Condunctor nimmt, der innerhalb der Schlagweite des ersten Condu- ctors steht. Es ist sehr wahrscheinlich, daß in diesem Falle die Verdichtung und Ausdehnung des Funkens weit heftiger sey, als wenn er bloß aus dem ersten Conductor allein gezogen wird. Wenn ein unterbrochner Funken erforderlich ist, so wird der Director mit dem zweyten Conductor verbunden, und dann, wie gewöhnlich, ge- braucht. Fig. 87. zeigt einen etwas großen allgemeinen Aus- lader, mit einem zwischen den beyden Säulen vesselben sitzenden Kranken; wobey die eine Kugel bey A, die an- dere bey B stehet. Wie bequem dieser Apparatus sey, fällt Funfzehntes Capitel. bey Betrachtung der Figur in die Augen; denn da die Gelenke sowohl eine horizontale als eine verticale Bewe- gung zulassen, und die Dräthe durch zwo federnde Hülsen durchgehen, so können diese letztern in jede Richtung, und die Kugeln in jede beliebige Stellung gebracht werden. Wenn man daher den einen Drath mit einem positi- den, den andern mit einem negativen Conductor, oder auch den einen mit dem Boden einer leidner Flasche, und den andern mit dem Elektrometer verbindet, so kann der Schlag oder Strom mit der größten Leich- tigkeit auf jeden Theil geführt werden. Man sieht auch leicht, daß ein jeder vermittelst der zwey Gelen- ke dieses höchst einfachen Apparatus sehr leicht sich selbst oder einen Kranken, ohne Beyhülfe einer andern Person elektrisiren kann; er kann nämlich mit einer Hand die Maschine drehen, indem er vermittelst dieses allgemeinen Ausladers den Strom oder Schlag der elektrischen Ma- terie erhält. Man kann eben dieses leicht auch so bewir- ken, daß man an den einen Conductor einen Drath befe- stiget, und das andere Ende desselben an das Ende des Theils, durch welchen man den Schlag oder den Strom führen will, anstecket; dann aber einen Director mit dem andern Conductor verbindet, und ihn an das andere Ende dieses Theils hält. Kommen etwa dabey die Dräthe mit dem Tische in Berührung, so darf man nur eine kleine Glasröhre darüber stecken, welche die Zerstreuung der elektrischen Materie verhindern wird. L und M, Fig. 84, sind Glasröhren, durch welche dünne Dräthe gehen, um die elektrische Materie in das Ohr oder den Schlund zu führen. Fig. 88. zeigt eine andere etwas größere Glasröhre, welche am Ende in eine Haarröhre ausläuft; darein wird etwas weniges Rosenwasser oder eine andere flüßige Ma- terie gegossen, hierauf die Röhre durch einen Drath mit dem ersten Conductor verbunden und und der Cylinder gedreht, so kann man einen zertheilten, sanften und er- Medicinische Elektricität. frischenden Strom von dieser flüßigen Materie auf den leidenden Theil führen. In allen Fällen ist es sehr rathsam, mit den gelin- desten Operationen anzufangen, und sie nur nach und nach so zu verstärken, wie es die Stärke und Constitution des Patienten, oder die Natur der Krankheit erfordert. Zuerst kann man das Ausströmen aus einer hölzernen Spitze, einer hölzernen Kugel, oder aus einer messinge- nen Spitze gebrauchen, dann, wofern es nöthig ist, Fun- ken ziehen, oder schwache Schläge geben. Bey rhevmatischen Zufällen wird insgemein die elek- trische Friction gebraucht. Bleiben die Schmerzen auf einer Stelle, so kann man auch schwache Schläge geben. Zur Linderung der Zahnschmerzen kann man sehr schwa- che Schläge durch den Zahn gehen lassen; oder den lei- denden Theil mit Flanell bedecken, und mit einem mit der Maschine verbundenen Director reiben. Bey Augenentzündungen und andern Augenkrank- heiten muß man die elektrische Materie aus einer hölzer- nen Spitze strömen lassen: dies erregt eine Empfindung, die dem Gefühl eines sanften kühlenden Windes ähnlich ist, erzeugt aber auch zugleich eine gelinde Wärme in dem leidenden Theile. Bey Lähmungen wird die elektrische Friction nebst schwachen Schlägen gebraucht. Man muß auch allezeit Ströme von elektrischer Materie durch den kranken Theil gehen lassen. Die einzige Abhandlung, die wir noch bisher von einem Arzte über die medicinische Elektricität erhalten ha- ben, ist eine kleine Schrift des Herrn Birch unter dem Titul: Betrachtungen über die Wirksamkeit der Elektri- cität bey Verstopfungen der monatlichen Reinigung. Jch habe diesem würdigen Manne viele wichtige Beobachtun- gen und praktische Bemerkungen über verschiedene zur Elektricität gehörige Gegenstände zu danken. Wären auch die Vortheile der Elektricität bloß auf diese einzige Sechszehntes Capitel. Krankheit (bey welcher man sie für ein specifisches Mittel rechnen kann) eingeschränkt, so würde sie doch schon deswe- gen allein die Aufmerksamkeit der praktischen Aerzte ver- dienen; wir haben aber sehr viel Ursache, noch weit mehr von ihr zu erwarten, da jezt die Vorurtheile der Aerzte ausgerottet scheinen, und der Gebrauch der Elektricität sich täglich mehr und mehr ausbreitet. Sechszehntes Capitel. Vermischte Versuche und Beobachtungen. Die Streitigkeit über die Vorzüge der zugespitzten Blitzableiter vor den stumpfgeendeten gab die Ver- anlassung zu einem elektrischen Apparatus, der an Pracht alle vorher bekannten überttaf. Auf Kosten der Admira- lität ward unter der Direction des Herrn Wilson ein Conductor von ungeheurer Groöße errichtet und im Pan- theon aufgehangen. Er bestand aus einer großen Anzahl Trommeln, welche mit Stanniol überzogen waren, und einen ohngefähr 155 Schuh langen und mehr als 16 Zoll im Durchmesser haltenden Cylinder ausmachten; diesem großen Cylinder wurden gelegentlich noch 4800 Yards Drath beygefügt. Der elektrische Strom aus dieser Maschine zündete Schießpulver selbst unter den ungünstig- sten Umständen, nämlich wenn er aus einer scharfen Spi- tze gezogen ward. Es geschahe dies aber auf folgende Art. Eine messingene Säule ward auf einem hölzernen Fußbrete befestiget, und endigte sich oben in eine eiserne Spitze; diese Spitze ward in das Ende einer kleinen pa- piernen Rolle gesteckt, welche ohngefähr die Form einer Patrone, \nicefrac {2}{10} Zoll Durchmesser und 1¼ Zoll Länge hatte, und mit gemeinen Schießpulver gefüllt war: an den un- tern Theil der messingenen Stange ward ein mit der Erde verbundener Drath gehangen. Die Ladung des großen Vermischte Versuche. Cylinders ward durch beständiges Umdrehen des Rades unterhalten, und der obere Theil der Patrone dem Stan- niol genähert, so daß er denselben oft berührte. Hiebey sahe man oft einen schwachen leuchtenden Strom zwischen dem obern Theile der Patrone und dem Metalle. Bis- weilen entzündete dieser Strom das Schießpulver im er- sten Augenblicke, zu andern Zeiten aber währte es auch wohl eine halbe Minute oder drüber, ehe diese Wirkung erfolgte. Diesen Unterschied in der Zeit schrieb man eini- ger im Papiere oder im Pulver enthaltenen Feuchtig- keit zu. Sonst kann man das Schießpulver auch durch einen Strom aus einer großen leidner Flasche auf folgende Art entzünden. 205. Versuch. Man befestige eine kleine Patrone an eine metallene Spitze, welche einen hölzernen oder gläsernen Handgrif hac, verbinde die Spitze mit dem Boden, halte hierauf die Patrone an den Knopf der Flasche, so wird sich das Schießpulver durch den Uebergang des elektrischen Stroms in die Patrone entzünden. Man kann auch Zunder oder Schwamm in einer metallenen Schale anzünden, wenn man den Strom aus der innern Seite der Flasche, wie im vorigen Versuche, durch denselben gehen läßt, ohne die Verbindung vollständig zu machen. Da man also sieht, daß die elektrische Materie die Körper entzündet, wenn sie sich entweder mit großer Geschwindigkeit oder in großer Menge durch dieselben be- weget, so kann man schwerlich daran zweiflen, daß diese Materie mit dem Elemente des Feuers einerley sey. 206. Versuch. Um die kleine elektrische Canone abzufeuern, lade man dieselbe auf die gewöhnliche Art mit Schießpulver, Sechszehntes Capitel. schütte Pulver auf das elfenbeinerne Zündloch, stampfe dasselbe wohl hinunter, und stecke die messingene Nadel hinein, so daß ihr Ende nahe an den Boden der Höhlung kömmt. Man mache nun eine Verbindung zwischen der äußern Seite einer geladenen Flasche oder Batterie und dem Körper der Canone, indem man das eine Ende des Ausladers an die Nadel, welche in das Zündloch hinein- geht, das andere Ende aber an den Knopf der Flasche setzt, so wird der Schlag das Pulver entzünden. 207. Versuch. Fig. 89. zeigt eine perspectivische Abbildung des Pulverhauses, wobey die dem Auge zugekehrte Seiten- wand weggelassen ist, damit man das Innere besser sehen könne. Die Vorderseite dieses Modells wird so, wie beym Donnerhause aufgestellt, und eben so gebraucht; die Seitenwände, die Vor, und Rückwand sind durch Ha- cken mit dem Boden verbunden; das Dach ist in zwey Theile getheilet, welche ebenfalls mit Hacken an die Sei- tenwände befestiget sind; das Gauze wird durch einen Riegel am Dache zusammen gehalten; wenn das Dach herabgeworfen wird, so fällt es nebst allen Wänden zu- sammen. Um dieses Modell zu gebrauchen, fülle man die kleine Rohre a mit Schießpulver, und stecke den Drath c etwas fest hinein, verbinde den Hacken e mit dem Bo- den einer großen Flasche oder einer Batterie, und mache, wenn diese geladen ist, eine Verbindung zwischen dem Hacken d und dem Knopfe der Flasche, so wird der Schlag das Pulver entzünden, die Explosion desselben wird das Dach abwerfen, und die Seitenwände, Vor- und Rückwand werden zusammenfallen. Fig. 90. ist eine hölzerne Pyramide, welche zu den Versuchen mit dem Donnerhause bestimmt ist, und auf ebendieselbe Art gebraucht wird. Wenn durch die Ent- ladung das Stück a heraus geschlagen wird, so fällt der obere Theil der Pyramide herab. Vermischte Versuche. 208. Versuch. Man befestige den Löffel I, Fig. 33. in die Höh- lung am Ende des Conductors, lege ein kleines Stück Campher in denselben, zünde es an, und drehe das Rad der Maschine, so wird der Campher eine Menge kleine Zweige aussenden, und eine Art von unvollkommener Vegetation darstellen. 209. Versuch. Man wickle etwas lockere Baumwolle, welche man vorher in fein gestoßenem Colophonium herumgerollet hat, um eine von den Kugeln eines Ausladers, halte das an- dere Ende desselben an die äußere Belegung einer gelade- nen Flasche, und bringe die umwickelte Kugel gegen den Knopf der Flasche, so wird sich das Colophonium durch die Entladung entzünden, und die Baumwolle anbrennen. Fig. 91. zeigt die von Herrn Volta erfundene Lam- pe mit entzündbarer Lust. A ist eine gläserne Kugel zur entzündbaren Luft, B ein gläsernes Becken oder Behält- niß, um Wasser hineinzugießen; D cin Hahn, um erfor- derlichen Falls eine Communication zwischen dem Wasser- behältniß B und dem Luftbehältniß A zu eröfnen; das Wasser geht in das letztere durch die metallene Röhre gg, welche an den obern Theil des Behältnisses A befestiget ist; s ist ein kleiner Hahn, um die Communication zwi- schen der Luft in der Kugel und dem Sprungrohre K zu verschließen oder zu eröfnen. N ist eine kleine Spitze, worauf man ein Stück Wachslicht setzen kann; L eine messingene Säule, oben mit einer messingenen Kugel ver- sehen; a eine Glassäule, oben mit einer Hülse, in welcher sich der Drath b hin und her schieben läßt, ans Ende die- ses Draths läßt sich eine Kugel anschrauben. F ist del Hahn, durch welchen die Kugel A mit entzündbarer Luft gefüllt werden kann, und welcher hernach dienet, um die Lust, und das Wasser, welches aus dem Bassin B in die Kugel A fällt, zu verschließen. Sechszehntes Capitel. Um dieses Instrument zu gebrauchen, fülle man das Behältniß A mit reiner entzündbarer Luft, und das Bassin B mit Wasser, und drehe die Hähne D und s auf, so wird das aus B herabfallende Wasser entzündbare Luft aus A heraus, und durch die Sprungröhre K in die Luft treiben. Läßt man einen elektrischen Funken aus der messingenen Kugel m in die Kugel n gehen, so wird der brennbare Luftstral, der aus der Röhre K hervorgeht, ent- zündet. Um die Lampe auszulöschen, verschließe man zuerst den Hahn s, und dann den Hahn D. Um das Behältniß A mit brennbarer Luft zu füllen, welche auf die gewöhnliche Art und mit dem gewöhnlichen Apparatus zubereitet wird, fülle man vorläufig A mit Wasser, stelle den Fuß R unter Was- ser auf ein Bret in einer großen mit Wasser gefüll- ten Wanne, damit die gebogne Glasröhre, durch wel- che die brennbare Luft geht, bequem unter den Fuß der Lampe gebracht werden könne. Wenn die Luft fast alles Wasser ausgetrieben hat, drehe man den Hahn F zu, so ist der Apparatus zum Gebrauch fertig. Man kann die- ses Instrument auch sehr bequem gebrauchen, um eine Quantität brennbare Luft zu gelegentlichen Versuchen, z. B. zu Ladung der elektrischen Pistole 2c. leicht aufzube, wahren. Auch ist es bequem ein Licht zum gemeinen Ge- brauche daran anzuzünden, da der geringste Funken aus einem Elektrophor, oder einer kleinen Flasche schon hinrei- chend ist, die brennbare Luft zu entzünden. Man kann auch nach Gelegenheit eine kleine Batte- rie von Pistolen mit brennbarer Luft machen, wodurch man sich viel Vergnügen verschaffen kann, da man ent- weder eine Pistole nach der andern, oder alle zusammen, nach Gefallen abfeuern kann. Folgenden Versuch hat Herr Kinnersley mit sei- nem elektrischen Luftthermometer angestellt, welches wir oben im zweyten Capitel S. 26 beschrieben haben. Vermischte Versuche. 210. Versuch. Er hatte in die weite Röhre seines Luftthermome- ters etwas gefärbtes Wasser gegossen, stellte die beyden in der Röhre befindlichen Dräthe mit einander in Berüh- rung und ließ eine starke elektrische Ladung von ohngefähr 30 Quadratfuß belegter Fläche hindurchgehen, welche aber keine Ausdehnung der Luft hervorbrachte, und also zeigte, daß die Dräthe bey dem Durchgange der elektri- schen Materie nicht erhitzt wurden. Standen aber die Dräthe etwa zween Zoll weit von einander, so ward die Luft durch die Entladung einer Drey-Pinten-Flasche merklich verdünnet und ausgedehnet. Der Schlag aus einer Flasche, welche ohngefähr 5½ Gallons enthielt, ver- anlassete eine sehr beträchtliche Ausdehnung der Luft; und der aus einer Batterie von 30 Quadratschuh belegter Glasfläche würde das Wasser in der kleinen Röhre bis ganz an die Spitze hinauf treiben. Wenn die Luft sich nicht weiter ausdehnet, so bleibt die Wassersäule einen Augenblick stehen, bis sie mit der verdünnten Luft im Gleichgewicht ist; alsdann fällt sie wieder nach und nach bis an ihren vorigen Ort, indem sich die Luft abkühlet. Wenn man genau bemerkt, in welcher Höhe das Wasser zuerst stehen bleibt, so kann man den Grad der Verdün- nung leicht bestimmen. 211. Versuch. Man nehme eine Glasröhre, etwa 4 Zoll lang und ¼ Zoll im Durchmesser, welche an beyden Enden offen ist; befeuchte ihre innern Wände mit zerflossenem Weinsteinöl (Oleum Tartari per deliquium), stecke zwey Stücke Kork in die Enden der Röhre, und durch jedes einen Drath, so daß die Enden der Dräthe innerhalb der Röhre ohngefähr ¾; Zoll aus einander kommen. Den einen Drath verbinde man mit der äußern Belegung einer gela- denen Flasche, und den andern mit dem Knopfe derselben, so daß die Entladung der Flasche durch die Röhre geht; Sechszehntes Capitel. man wiederhole dieses einigemahl, so wird das Wein- steinöl sehr oft deutliche Merkmale einer Crystallisation zeigen. 212. Versuch. Man lade eine leidner Flasche (deren Knopf in die Flasche eingeküttet ist), stelle sie auf ein isolirendes Sta- tiv, hebe sie beym Knopfe auf, und halte die äußere Be- legung gegen die condensirende Kugel eines ersten Leiters, indem die Maschine gedrehet wird, so wird ein langer Stralenbüschel und Funken zwischen der Belegung der Flasche und der Kugel des ersten Leitcrs entstehen, dessen Länge 4 – 12 Zoll und drüber betragen wird. 213. Versuch. Man nehme etwas gestoßenen Cantonschen Phospho- rus, und streiche ihn, mit etwas Weingeist vermischt, über die ganze innere Seite einer reinen gläsernen Phiole, ver- stopfe dieselbe, und entferne sie vom Lichte. Wenn man einige starke Funken aus einem Conductor zieht, und die Phiole 2 – 3 Zoll von diesen Funken abhält, daß das Licht der Funken auf sie fallen kann, so wird die Phiole leuchten, und dies eine lange Zeit fortsetzen. 214. Versuch. Man entlade eine Flasche über ein dünnes Stückgen Holz, welches die Gestalt eines halben Monds hat, und mit dem gedachten Phosphorus bestrichen ist, so wird der halbe Mond im Finstern leuchten. Man lege einen kleinen Schlüssel auf den Phospho- rus, entlade eine leidner Flasche über denselben, und neh- me den Schlüssel herab, so wird sich im Finstern die Form des Schlüssels mit allen seinen Theilen vollkommen deutlich zeigen. Da die Versuche mit dem Phosphorus nicht allein an sich sehr merkwürdig sind, sondern auch mit der Natur der Elektricität in der genausten Verbindung zu stehen Vermischte Versuche. scheinen, so hoffe ich mich nicht allzuweit von dem Gegen- stande dieses Werks zu entfernen, wenn ich noch einige von Herrn Wilson hierüber angestellte Versuche anfüh- re; und dies um desto mehr, da die Hervorbringung der prismatischen Farben keinesweges schwer ist, und nichts weiter, als einige Austerschalen und ein starkes Feuer er- fordert. Denn wenn diese Schalen nur ganz nachläßig mitten ins Feuer geworfen, und die gehörige Zeit über darinn gelassen werden (welche Zeit von 10 Min, einer bis 2 oder 3 Viertelstunden, bis 1, 2, 3 Stunden geht, je nachdem die Schalen stärker und dichter sind, und der Grad des Feuers größer oder getinger ist), so zeigen sie sehr lebhafte prismatische Farben, wenn män sie aus der Sonne plötzlich ins Dunkle bringt, und die Augen vorher ein wenig vorbereitet sind. Herr Wilson erregte das Licht dieser Schalen durch die Elektricität auf folgende Art. 215. Versuch. Er stellte eine präparirte Austerschale, welche die prismatischen Farben sehr lebhaft zeigte, auf ein metalle- nes, oben abgerundetes Stativ, welches ohngefähr einen halben Zoll im Durchmesser hatte; an die Oberfläche die- ser Schale, und nahe an das Mittel, wo die farbenerre- genden Theile am häufigsten beysammen waren, brachte er das Ende eines metallenen Stabs, und verband hier- auf beyde Metalle gehörig mit den Belegungen einer ge- ladenen Flasche, als ob er dieselbe entladen wollte. Doch ließ er in dieser Verbindung mit Vorsatz eine Lücke von etwa drey Zollen zunächst an der einen Seite des Glases; die Entladung erfolgte, sobald er diese Lücke mit Metall ausfüllte. Im Augenblicke der Entladung selbst fieng die Schale an mit der größten Schönheit zu leuchten, so daß alle Farben vollkommen deutlich erschienen, und jede nach der verschiedenen Lage der farben-erregenden Theile an ihrer gehörigen Stelle stand. Diese Farben blieben Sechszehntes Capitel. einige Minuten lang sichtbar, und wenn sie verschwanden, so trat ein weißliches und ins purpurrothe fallendes Licht an ihre Stelle, welches eine lange Zeit anhielt. Und wenn gleich der Versuch mit ebenderselben oder andern Schalen einigemahl wiederholet wurde, so blieben doch die Farben an ihren gehörigen Stellen, und behielten fast ebendensel- ben Grad des Glanzes; nur wurden bisweilen in der Ge- gend, wodurch der Schlag gieng, einige Schuppen abge- schlagen. 216. Versuch. Körper von einerley Art, aber von verschiedenen Groößen und Massen, werden mit elektrischer Materie bloß in Proportion ihrer Oberfläche geladen, ohne daß die Größe der Masse in diesem Falle einigen Einfluß oder Mitwirkung zeigt. Die Naturforscher sind zwar hierüber sehr verschie- dener Meinung gewesen; aber folgender Versuch, den ich mit Herrn Achard’s eignen Worten vortragen will, scheint die Frage völlig zu entscheiden. Jch elektrisirte, sagt er, einen hohlen cylindrischen messingenen Conductor, der 7 Zoll lang war, und 1½ Zoll im Durchmesser hatte. Als er 40 Grad Elektricität er- halten hatte, zog ich einen Funken aus ihm, mit einem ebenfalls 7 Zoll langen und 1½ Zoll im Durchmesser hal- tenden hohlen messingenen Conductor, welcher acht Unzen wog, und sorgfältig isolirt war. Der erste Conductor verlor dadurch 15 Grad Elektricität. Jch wiederholte den Versuch, da der Conductor 30 Grad Elektricität hat- te, und hiebey verlor er 10 Grad. Endlich, wenn er nur 20 Grad hatte, verlor er durch eine augenblickliche Berührung mit eben demselben Cylinder nur 7 Grad. Jch füllte nunmehr diesen Cylinder mit Bley aus, wo- durch er um 5 Pfund schwerer ward, und also eben soviel Masse mehr erhielt, wiederholte eben dieselben Versuche, und erhielt noch immer eben dieselben Resultate. Vermischte Versuche. Es folgen hierauf noch andere Versuche, welche Herrn Achard’s Meynung noch mehr bestätigen. Diese Versuche zeigen, 1) daß Körper von gleichen Oberflächen, aber verschiedenen Massen, unter gleichen Umständen mit gleichen Mengen von elektrischer Ma- terie geladen werden; 2) daß Körper von gleichen Massen, aber verschiedenen Oberflächen, unter übrigens gleichen Umständen mit ungleichen Mengen von elektri- scher Materie geladen werden, und daß der Körper von größerer Oberfläche stärker geladen wird, als der von ge- ringerer Oberfläche. Daher erhalten die Körper mehr oder weniger Elektricität, nicht in Proportion ihrer Mas- sen, sondern in Proportion ihrer Oberflächen. Noch ehe diese Versuche angestellt wurden, hatte man bemerkt, daß die ungemeine Feinheit und die in den meisten Fällen statt findende Unsichtbarkeit der elektrischen Materie, alle Beobachtungen und Muthmaßungen über ihre Geschwindigkeit unmöglich mache. Inzwischen ist es doch unglaublich, daß diese Materie durch die wirkli- che Substanz metallischer Körper durchgehen, und doch durch ihre festen Theile nicht aufgehalten werden sollte. In solchen Fällen, wo die festen Theile der Metalle wirk- lich und augenscheinlich durchdrungen werden, z. B. wenn der elektrische Schlag durch Drath geht, sieht man den Widerstand deutlich, denn die Theile des Draths werden mit Gewalt nach allen Richtungen aus einander geworfen und zerstreuet. Eben dies geschahe bey den Ringen, welche D. Ptiestley auf glatte Stücken Metall schlug. Es ward ein Theil des Metalls zerstreut und heraus geworfen, denn die cirkelrunden Flecke bestanden aus lauter kleinen Lö- chern. Wenn daher die elektrische Materie durch die Substanz der Meralle, und nicht über ihre Oberfläche gienge, so müsse augenscheinlich ein Drath, dessen Durch- messer einem solchen cirkelrunden Flecke gleich wäre, durch eine Explosion von gleicher Stärke ebenfalls zerschmettert Sechszehntes Capitel. werden; da doch ein Drath, dessen Durchmesser dem Durchmesser eines solchen runden Fleckens gleich ist, einen weit stärkern Schlag, als irgend eine bis hieher verfertigte Batterie zu geben im Stande ist, ohne die geringste Be- schädigung fortleitet. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß, obgleich starke elektrische Schläge, welche überhaupt wie Feuer wirken, in die Substanz der Metalle eindrin- gen und dieselbe verzehren, dennoch die Elektricität sich über die Oberfläche der Metalle verbreite, und nicht eher in die Substanz derselben eindringe, als bis sie gezwun- gen wird, sich in einen engen Raum zusammen zu drän- gen, wobey sie alsdann, wie Feuer, wirkt. In vielen Fällen wird die Elektricität durch Metalle, welche fast auf bloße Oberfläche reducirt sind, sehr wohl geleitet. Ein weißes Papier, da es ein elektrischer Kör- per ist, leitet keinen Schlag, ohne dadurch zerrissen zu werden; aber eine mit Bleystift darauf gezogne Linie lei- tet unbeschädigt die Ladung mehrerer Flaschen. Unmög- lich können wir hiebey annehmen, daß die elektrische Ma- terie durch die Substanz des Bleystiftstrichs gehe; sie muß über die Oberfläche desselben fließen. Und, wenn wir einige Eigenschaften der Metalle in Betrachtung zie- hen, so finden wir große Ursache anzunehmen, daß ihre leitende Kraft in ihrer Oberfläche liege. Fig. 92. zeigt eine kleine Glasröhre, an einem En- de mit Kork verstopft; K ist ein Drath, der durch einen andern Kork geht, welcher in das andere Ende der Röhre befestiget ist. Am obern Ende des Draths befindet sich eine messingene Kugel, das innerhalb der Röhre befind- liche Ende ist unter einem rechten Winkel umgebogen. 217. Versuch. Man nehme den obern Kork mit dem Drathe her- aus, gieße etwas Oel in die Röhre, passe den Kork wie- der ein, und stoße den Drath hinab, bis das Ende an oder lieber etwas unter der Oberfläche des Oels steht. Wenn Vermischte Versuche. man nun die Kugel gegen den ersten Leiter einer Maschine hält, und den Finger oder einen andern leitenden Körper dem gebognen Ende des Draths gegen über bringt, so wird ein Funken aus dem Leiter der Maschine in die mes- singene Kugel, ein anderer aber zugleich aus dem Ende des Draths hervorgehen und das Glas durchbohren, wo- bey das Oel auf eine besondere Art bewegt wird. Dieser Versuch gewinnt ein weit schöneres Ansehen, wenn er im Dunkeln angestellt wird. Wenn das erste Loch ins Glas geschlagen ist, drehe man das Ende des Draths in die Runde gegen eine andere Stelle der Glas- röhre, so wird auf eben diese Art ein zweytes Loch geschla- gen. Diesen Versuch habe ich dem Herrn Morgan von Norwich zu danken, der denselben noch weiter getrie- ben, kleine Flaschen mit Kütt ausgefüllet, und dann auf ähnliche Art den Schlag durch dieselben geführt hat. Man kann die Glasröhre auch durchlöchern, wenn sich gleich nur Wasser anstatt des Oels in derselben befindet. Herr Cullen hat durch den Schlag in Röhren mit Oel sehr beträchtliche Wirkungen hervorgebracht. Der Funken scheint im Oele groößer, als wenn er durch Wasser geht. Herr de Villette füllte einen metallenen Teller mit Oel, elektrisirte denselben und tauchte eine Nadel ins Oel. Er erhielt einen sehr starken Funken, sobald die Spitze der Nadel dem Teller nahe kam. Er ließ eine kleine Korkku- gel auf dem Oele schwimmen; als er derselben das dicke Ende eines Stengels von Lindenholz näherte, senkte sie sich zu Boden, stieg aber sogleich wieder in die Höhe. Mit dem Versuche des Herrn Morgan haben ei- nige Beobachtungen des D. Priestley Aehnlichkeit. Wenn dieser die zerbrochenen Stellen einer Flasche mit Kütt oder Firniß überzog, so fand er beständig, daß sie allezeit an der Stelle wieder zerbrach, wo der Kütt auf- hörte; hier ward das Glas von neuem durchlöchert, so daß der Bruch keine Verbindung mit dem vorigen hatte. Sechszehntes Capitel. Die Flasche zerbrach allezeit bey der ersten Ladung, gemei- niglich noch ehe sie ihre halbe Ladung erhalten hatte. D. Priestley, welchem dieses Phänomen ausfiel, machte den Versuch mit einer Flasche, welche nicht zerbrochen war, und von deren Stärke er sich im voraus durch verschiedene Entladungen versichert hatte: er nahm etwas von ihrer äußern Belegung hinweg, legte einen Fleck Kütt, etwa von einem Zolle im Durchmesser, darauf, zog die Bele- gung wieder darüber, und lud die Flasche; aber, ehe sie noch ihre halbe Ladung erhalten hatte, zerbrach sie durch eine freywillige Entladung, zwat nicht am Ende, sondern in der Mitte des Küttflecks, wo das Glas am dünnsten war. Er bedeckte eine andere Flasche ganz mit Kütt, und diese zerbrach nahe am Boden, wo das Glas gemei- niglich am dicksten ist. Eine von innen und außen ganz mit Kütt überzogene und dann mit Stanniol belegte Fla- sche zerbrach bey dem ersten Versuche, sie zu laden. 218. Versuch. Das Zaubergemälde (magische Gemälde) be- steht aus einer belegten Glastafel, dergleichen zu dem leid- ner Versuche gebraucht werden; über die Belegung der einen Seite wird ein Gemälde, und über die andere Seite ein weißes Papier geklebt, so daß es das ganze Glas be- deckt; dieses wird in einen Rahmen gefasset, mit aus. wärts gekehrtem Gemälde, und eine Verbindung zwischen dem Stanniol der hintern Seite und der untern Leiste des Rahmens gemacht, auch wird diese Leiste mit Stanniol überzogen. Man lege dieses Gemälde mit aufwärts gekehrtem Bilde auf den Tifch, und ein Stück Geld darauf, lasse von dem Conductor einer Maschine eine Kette darauf her- abfallen, und drehe den Cylinder, so wird die Glasplatte bald geladen seyn. Nun hebe man das Gemälde bey der obern Leiste auf, und lasse eine andere Person die untere Leiste berühren, und zugleich versuchen, das Geldstück Vermischte Versuche. wegzunehmen, so wird dieselbe einen Schlag erhalten, und gemeiniglich ihre Absicht verfehlen. 219. Versuch. Man schütte etwas Messingspäne in eine belegte Flasche, lade dieselbe, kehre sie um, und lasse etwas von den Spänen heraus fallen, so werden sich dieselben über jede untergelegte glatte Fläche ganz gleichförmig verbrei- ten, und gerade so, wie Regen oder Schnee niederfallen. Sollte man nicht die Frage aufwerfen können, ob nicht das Wasser, wenn es aus den höchsten Gegenden der mit Wolken beladenen Atmosphäre herabfällt, in weit größern Tropfen, oder wohl gar in ganzen Strömen auf die Erde kommen würde, wenn nicht das Zusammenfließen der Tropfen durch ihre elektrischen Atmosphären verhindert würde? 220. Versuch. Man stelle ein rauchendes Wachslicht auf den ersten Leiter, und drehe die Maschine, so wird sich der Rauch in ein engeres Volumen zusammen ziehen, und seine aufstei- gende Bewegung wird beschleuniget werden. Man nehme die Elektricität aus dem Conductor durch einen Funken hinweg, hänge ein paar Korkkugeln über denselben, die etwa 5 Schuh weit von ihm abstehen, und drehe die Maschine von neuem, so werden die Kugeln in wenigen Sekunden auf einen halben Zoll weit aus einander gehen; nimmt man aber das Wachslicht hinweg, so gehen die Kugeln nicht aus einander. Dieser Versuch beweiset also deutlich, daß der Rauch ein Leiter von Elektricität sey. 221. Versuch. Man nehme ein rundes überfirnißtes Bret, lege eine Kette in Form einer Spirallinie darauf, lasse das innere Ende der Kette durch das Bret hindurchgehen, und ver- binde es mit der Belegung einer großen Flasche; das äus- Sechszehntes Capitel. sere Ende befestige man an einen Auslader und entlade die Flasche; so wird man an jedem Gelenke der Kette einen schönen Funken sehen. Man kann durch eine solche Kette eine unzählbare Menge verschiedener Illuminationen her- vorbringen. 222. Versuch. Man klebe Stücken Stanniol, in gleichen Entfernun- gen von einander, auf einen gebognen Glasstab, dessen beyde Enden mit messingenen Kugeln versehen sind, und befestige an die Mitte dieses Stabs einen gläsernen Hand- griff. Dieses Instrument, als Auslader gebraucht, zeigt zu gleicher Zeit das elektrische Licht an jeder Lücke zwischen den Stanniolstücken. Jch habe seit einigen Jahren verschiedene solche leuchtende Auslader gemacht, um dadurch zu beweisen, daß die elektrische Materie bey jeder Entladung sowohl aus der negativen als aus der positiven Belegung ausgehe, der Idee gemäß, welche Herrn Atwood’s Versuche angeben (man s. den 118. – 120. Versuch). Jch fand aber bald, daß der Umfang eines Ausladers zu dieser Ab- sicht viel zu klein und zu unbeträchtlich sey. 223. Versuch. Fig. 98 zeigt einige Spiralröhren, welche in der Runde auf einem Brete stehen. Jn der Mitte des Brets steht eine Glassäule, worauf eine messingene Haube geküt- tet ist, in welcher eine kleine stählerne Spitze steckt; auf dieser Spitze balancirt ein messingener Drath, der an jedem Ende mit einer Kugel versehen ist. Man stelle die Mitte dieses Draths unter eine vom Conductor der Maschine hervorgehende Kugel, so daß der Drath beständige Fun- ken aus dem Conductor erhält; dann gebe man dem Dra- the eine umdrehende Bewegung, so werden die Kugeln bey der Umdrehung jedem Knopfe der Spiralröhren einen Funken geben, der sich durch den Stanniol der Röhren Vermischte Versuche. dem Vrete mittheilet, und wegen des glänzenden Lichts und der schnellen Bewegung ein sehr angenehmes Schau- spiel darstellt. Alle diese Versuche mit dem unterbrochenen Funken kann man sehr schön verändern, und dem Funken nach Gefallen verschiedene Farben geben. 224. Versuch. Man hänge eine leichte Korkkugel, welche mit Stan- niol oder Goldblättchen überzogen ist, an einem sehr lan- gen seidnen Faden auf, so daß sie gerade den Knopf einer auf dem Tische stehenden geladenen Flasche berühret; so wird sie zuerst angezogen, und dann auf eine gewisse Distanz zurückgestoßen, wo sie nach einigen Schwingun- gen, endlich in Ruhe bleibt. Wird nun in einiger Ent- fernung ein angezündetes Licht dahinter gestellt, so daß die Flamme ziemlich eben so hoch, als der Knopf der Flasche steht, so wird sich die Korkkugel sogleich bewegen, und nach einigen unregelmäßigen Bewegungen eine krumme Linie um den Knopf der Flasche beschreiben, welche Be- wegung sie auch eine Zeitlang fortsetzen wird. Fig. 96 und 97 zelgen ein Elektrometer, welches dem von Herrn Brooke erfundenen ziemlich ähnlich ist. Beyde Instrumente werden bisweilen zu einem einzigen verbunden, bisweilen auch jedes besonders gebraucht, wie in den Figuren. Die Arme F H, fk, Fig. 97 müssen beym Gebrauch so weit, als möglich, von der Atmosphäre der Flasche, der Batterie, des ersten Leiters u. s. f. ent- fernt werden. Der Arm F H und der Ball K sind von Kupfer, und so leicht, als möglich. Die Theilungsgrade am Arme F H betragen jeder einen Gran. Sie werden zuerst bestimmt, indem man Grangewichte in eine messin- gene Kugel legt, welche sich in der Kugel I befindet (diese Kugel hält ganz genau das Gleichgewicht mit dem Arme F H und dem Balle K, wenn der Schieber r auf dem ersten Theilungspunkte steht) und dann den Schieber r Sechzehntes Capitel. solange fortschiebt, bis er zugleich mit dem Balle K, der Kugel I und dem darinn befindlichen Gewichte das Gleich- gewicht hält. A, Fig. 96 ist eine in 90 gleiche Theile getheilte Cirkelscheibe. Der Zeiger dieser Scheibe geht einmal her- um, wenn sich der Arm B C durch 90 Grad oder den vierten Theil eines Cirkels bewegt hat. Der Zeiger erhält seine Bewegung durch die zurückstossende Kraft der zwi- schen den Bällen D und B wirkenden Ladung Man sehe Philos. Transact. Vel. LXXXII. p.384. . Wenn der Arm B C zurückgestoßen wird, so zeigt dies, daß die Ladung stärker werde; der Arm FH hinge- gen zeigt, wie groß die zurückstoßende Kraft zwischen zween Bällen von dieser Größe in Granen sey, durch die Zahl, auf welcher das Gewicht stehen bleibt, wenn der Arm durch die zurückstoßende Kraft der Ladung aufgeho- ben wird. Zugleich giebt der Arm B C die Anzahl der Grade an, auf welche der Ball B zurückgestoßen wird; so daß man durch wiederholte Versuche die Anzahl der Grade, welche jeder gegebenen Anzahl von Granen zu- kömmt, bestimmen, und eine Tabelle darüber verfertigen kann, mit deren Hülfe man dann das Elektrometer Fig. 96 ohne das Fig. 97 vorgestellte gebrauchen kann. Herr Brooke glaubt, kein mit Elektricität gelade- nes Glas vertrage eine stärkere Ladung, als diejenige, de- ren zurückstoßende Kraft zwischen Bällen von der Größe, wie er sie gebrauchte, 60 Gran betrage; in wenigen Fäl- len halte es 60 Gran Gewicht, und es sey jederzeit ge- fährlich, weiter, als auf 45 Gran zu gehen. Wenn nun die Größe einer belegten Fläche und der Durchmesser der Bälle bekannt ist, so kann man daraus bestimmen, wieviel belegte Fläche und wieviel Grane Re- pulsion nöthig sind, um einen Drath von gegebner Größe zu schmelzen, ein Thier zu tödten u. s. w. Vermischte Versuche. Herr Brooke glaubt zwar noch nicht hinlänglich bekannt mit allen Vorzügen dieses Elektrometers zu seyn; soviel aber, sagt er, sey doch klar, daß er eine allgemein verständliche Sprache rede, welches bey keinem andern Elektrometer möglich sey; denn obgleich andere Elektro- meter zeigten, ob eine Ladung stärker oder schwächer sey, wenn ihr Zeiger mehr oder weniger abgestoßen würde, oder die Ladung auf größere oder geringere Distanzen explodirte, so werde doch die eigentliche Größe der Ladung dadurch nicht bestimmt: dieses Elektrometer hingegen zeige die Stärke der zurückstoßenden Kraft in Granen; und die Ge- nauigkeit des Instruments könne leicht probiret werden, wenn man Gewichte auf die innere Kugel lege, und sehe, ob sie mit den Graden der Theilung in F H, auf welche der Schieber gestellt sey, übereinstimmen. Beobachtungen und Versuche des D. Priestley über die Wirkungen der Elektricität auf ver- schiedene elastische Flüssigkeiten. 225. Versuch. Blaue mit vegetabilischen Säften gefärbte Liquoren roth zu färben. Der hiezu dienende Apparatus ist Fig. 94 vorgestellt. A B ist eine 4 – 5 Zoll lange und ⅒ – \nicefrac {2}{10} Zoll Weite im Lichten haltende Glasröhre; in das eine Ende derselben ist ein Drath eingeküttet, an welchem sich eine messingene Kugel befindet; der untere Theil der Röhre von a an wird mit Wasser gefüllt, das mit Lakmus oder Veilchensaft blau gefärbt ist. Man kann dies leicht bewerkstelligen, wenn man die Röhre in ein Gefäß mit gefärbtem Wasser stellt, und alles zusammen unter die Glocke der Luftpum- pe setzt; denn wenn man nun die Luft aus der Glocke zie- het, und sie dann wieder hinein läßt, so wird der gefärbte Liquor in der Röhre in die Höhe steigen, und zwar desto Sechzehntes Capitel. höher, je reiner das Vacuum gewesen ist. Nunmehe nehme man Röhre und Gefäß aus der Glocke heraus, und lasse aus dem ersten Leiter starke Funken in die messingene Kugel schlagen. Wenn D. Priestley diesen Versuch anstellte, so fand er, daß ohngefehr eine Minute nach gezogenem Fun- ken zwischen dem Drathe b und dem Liquor bey a, der obere Theil des Liquors roth zu werden anfieng; in zwo Minuten ward er völlig roth, und der rothgefärbre Theil vermischte sich nicht leicht mit dem übrigen Liquor. Ward die Röhre beym Ausziehen des Funkens schief gestellt, so erstreckte sich die Röthe an der untern Seite doppelt so weit, als an der obern. Je röther der Liquor ward, desto näher kam er dem Drathe, daß also die Luft, durch wel- che der Funken gieng, vermindert ward; dies erstreckte sich etwa bis auf ein Fünftel des ganzen Raums, worauf ein fortgesetztes Elektrisiren weiter keine merkliche Wirkung mehr hervorbrachte. Um nun zu bestimmen, ob die Ursache dieser Ver- änderung der Farbe in der Luft, oder in der elektrischen Materie liege, dehnte D. Priestley mit Hülfe der Luft- pumpe die Luft in der Röhre so lang aus, bis aller Liquor heraus war, und ließ frischen blauen Liquor anstatt des vorigen hinein, auf welchen aber die Elektricität keine merkliche Wirkung that. Man sahe also deutlich, daß die elektrische Materie die Luft decomponiret, und diese etwas Säure abgesetzt habe. Das Resultat war immer einerley, wenn er gleich Dräthe von verschiedenen Metal- len nahm. Es blieb auch noch immer eben dasselbe, wenn er in einer umgebognen Röhre den Funken von dem Li- quor des einen Schenkels in den Liquor des andern über- gehen ließ. Die auf diese Art verminderte Luft war im höchsten Grade schädlich. Gieng der elektrische Funken durch verschiedne Luft- gattungen, so zeigte er verschiedne Farben. In fixer Luft war der Funken sehr weiß, in brennbarer und laugenarti- Vermischte Versuche. ger Luft hatte er eine purpurrothe oder rothe Farbe. Man kann hieraus schließen, daß die leitende Kraft dieser Luftgattungen verschieden, und daß die fixe Luft ein voll- kommnerer Nicht-leiter, als die brennbare sey. In einer von Herrn Lane aus dem kaustischen Al- kali gezognen Luftart, ingleichen in Luft aus Salzgeist, war der Funken gar nicht sichtbar, daß also diese Luftgat- tungen noch vollkommnere Leiter der Elektricität zu seyn scheinen, als das Wasser oder andere flüssige Substanzen. Aus allen Arten von Oel entbindet der elektrische Funken brennbare Luft. D. Priestley machte den Ver- such mit Aether, mit Olivenöl, Terpentinöl, wesentlichem Oel der Münze 2c. und zog elektrische Funken aus densel- ben ohne allen Zugang der Luft; es ward aber aus allen brennbare Luft entbunden. D. Priestley fand, wenn er eine schwache elektri- sche Explosion eine Stunde lang in einen Zoll fixe Luft ge- hen ließ, welche in eine Glasröhre von ⅒ Zoll Durch- messer eingeschlossen war, daß alsdann nur ein Viertel dieser Luft vom Wasser eingesogen ward. Wahrscheinlich würde das Ganze seyn eingesogen worden, wenn die elektri- sche Operation lange genug wäre fortgesetzt worden. In laugenartiger Luft erscheint der elektrische Funken roth: elektrische Explosionen, welche durch diese Luft ge- hen, vergrößern das Volumen derselben, so daß eine Quantität dieser Luft, wenn man etwa 200 Explosionen durch dieselbe gehen läßt, bisweilen um den vierten Theil ihres anfänglichen Volumens vergrößert wird. Läßt man alsdann Wasser zu dieser Luft, so absorbirt dasselbe die anfängliche Quantität, und läßt nur soviel elastisches Flui- dum übrig, als die Elektricität erzeugt hat, und dieser Ueberrest ist stark brennbare Luft. Wenn D. Priestley den elektrischen Funken in vi- triolsaurer Luft auszog, so fand er, daß die innere Seite der Röhre, in welche dieselbe eingeschlossen war, mit einer schwarzgrauen Substanz überzogen ward. Er scheint da- Sechszehntes Capitel. für zu halten, daß sich die ganze vitriolsaure Luft in diese schwarze Materie verwandeln lasse, und zwar nicht durch eine Verbindung mit der elektrischen Materie, sondern bloß durch die von der Explosion veranlassete Erschütte- rung; und daß man, wenn es der Kalk des Metalls sey, welches das Phlogiston hergegeben habe, nicht unterschei- den könne, aus welchem Metalle, und überhaupt aus wel- cher Substanz die Lust sey ausgezogen worden. D. Priestley ließ 150 Explosionen aus einer ge- meinen Flasche in ein Viertelunzenmaaß vitriolsaure Luft aus Kupfer gehen, wodurch das Volumen derselben ohn- gefähr um ein Drittel vermindert wurde, der Ueberrest aber dem Anscheine nach nicht verändert war, indem er ganz vom Wasser absorbiret wurde. Diese Luft ward fer- ner sehr sorgfältig dreymal aus einem Gefäße in ein an- deres gelassen; und das letzte Gefäß, in welchem die Er- plosionen gemacht wurden, ward dadurch eben so schwarz, als das erste, so daß es scheint, als ob sich diese Luft ganz in diese schwarze Substanz verwandeln lasse. Weil er vermuthete, es könne diese Verminderung der vitriolsauren Luft davon herrühren, daß dieselbe von dem Kütt, mit welchem die beym Versuche gebrauchten Glasröhren verschlossen waren, absorbirt würde, so wie- derholte er den Versuch mit Luft aus Quecksilber, die in einer gläsernen gebognen Röhre mit Quecksilber eingeschlos- sen war, fand aber eben dasselbe Resultat. Daß diese Materie bloß aus der vitriolsauren Luft, und nicht aus einer Verbindung der elektrischen Materie mit derselben entstehe, wird aus folgendem Versuche er- hellen. D. Priestley zog aus einem Conductor von mässi- g e r Größe fünf Minuten lang ununterbrochen den einfachen elektrischen Funken in eine Quantität vitriolsaurer Luft, ohne daß an der innern Seite des Glases die geringste Veränderung erfolgte; wenn er aber gleich darauf nur zwo Explosionen einer gemeinen Flasche durchgehen ließ, deren Vermischte Versuche. jede in weniger als einer Viertelminute von derselben Ma- schine in ebendemselben Zustande hervorgebracht wurde, so wurde die ganze innere Seite des Glases völlig mit der schwarzen Materie überzogen. Hätte sich nun die elektrische Materie mit der Luft verbunden, und wäre diese schwarze Materie das Resultat dieser Verbindung gewesen, so könnte der ganze Unterschied zwischen der Wirkung des einfachen Funkens und der Explosion, aufs höchste nur in dem Grade oder in der schnellern Entstehung dieser Mate- rie bestanden haben. Wenn eine große ohngefähr 1 ½ Zoll weite Flasche mit dieser Luft gefüllt ward, so that die Explosion einer sehr großen Flasche, welche mehr als 2 Quadratfuß belegte Fläche enthielt, gar keine Wirkung darauf; woraus er- hellet, daß in diesen Fällen die Kraft des Schlags nicht im Stande war, dieser größern Menge von Luft eine so starke Erschütterung zu geben, als zu Decomposition eines Theils derselben nöthig gewesen wäre. Er hatte zu Entbindung dieser Luft gewöhnlich Kup- fer gebraucht, hernach abat zog er sie fast aus allen Sub- stanzen, aus welchen man sie erhalten kann; die elektrische Explosion that in allen die nehmliche Wirkung. Da sich aber doch bey einigen von diesen Versuchen besondere Um- stände zeigten, so erwähnt er derselben mit wenigem, wie folget. Wenn er vitriolsaure Luft aus Bley zu erhalten such- te, und deswegen eine Quantität bleyernen Schrot in eine Flasche mit Vitriol schüttete, und nur den gewöhnlichen Grad der Wärme gebrauchte, so entstand eine sehr be- trächtliche Hiße; endlich aber konnte keine Luft mehr er- halten werden, obgleich die Hitze bis zum Kochen der Säure verstärkt wurde. Er muthmaßte daher, daß in diesem Falle das Phlogiston durch etwas, das an dem Schrote angehangen habe, sey ersetzt worden. Inzwi- schen ließ er die elektrische Explosion durch die so erzeugte Luft gehen; in der ersten Quantität, die er auf diese Art Sechszehntes Capitel. untersuchte, erzeugte sich eine weißliche Materie, welche die innere Seite der Röhre fast ganz bedeckte; zuletzt aber ward nichts weiter, als schwarze Materie erzeugt, wie in allen übrigen Versuchen. Ließ man Wasser zu dieser, so blieb ein beträchtlicher Ueberrest zurück, welcher in sehr ge- ringem Grade kenntbar war. Man kann auch sehr leicht vitriolsaure Luft aus dem Weingeist erhalten; die Mischung wird schwarz, ehe man einige Luft erhält. Auch in dieser Luft ward durch die elektrische Explosion die schwarze Materie erzeugt. Die Versuche mit dem Aether scheinen das meiste Licht über diese Materie zu verbreiten, da diese Luftgat- tung aus dem Aether eben sowohl, als aus jeder Phlogi- ston enthaltenden Substanz gezogen werden kann. In der aus dem Aether gezognen Luft färbte der elektrische Schlag das Glas sehr schwarz, mehr, als bey irgend ei- nem andern Versuche dieser Art; und wenn das Wasser soviel, als möglich, von dieser Luft eingeschluckt hatte, so blieb ein Ueberrest, in welchem ein Licht mit einer lodern- den blauen Farbe brannte. Das merkwürdigste bey die- sem Versuche aber war dieses, daß nicht nur das Vitriolöl während des Processes sehr schwarz ward, sondern auch eine schwarze dicke Substanz erzeugt wurde, welche auf der Oberfläche der Säure schwamm. Vielleicht könnte die chemische Zergliederung dieser Substanz mehr Licht über die Natur der schwarzen Mate- rie verbreiten, welche durch elektrische Explosionen in vi- triolsaurer Luft entsteht, da sie beyde einander sehr ähnlich zu seyn scheinen. In gemeiner mit Quecksilber in eine Glasröhre ein- gesperrter Luft, bedeckt der elektrische Funken oder Schlag die innere Seite der Röhre mit einer schwarzen Materie, welche, wenn sie erhitzt wird, sich als reines Quecksilber zeiget. Dies mag daher wohl auch der Fall mit der schwarzen Materie seyn, in welche nach Priestley’s Ver- muthung durch eben dieses Verfahren die vitriolsaure Luft Vermischte Versuche. verwandlet werden soll, obgleich hiebey die Wirkung w e it stärker war, als in der gemeinen Luft. Die Explosion bringt die Verminderung der gemeinen Luft oft in der Hälfte derjenigen Zeit hervor, in welcher der einfache Funken dieses thut, wenn die Maschine in gleich viel Zeit gleich viel elektrische Materie giebt: auch wird die Röhre durch die Schläge viel eher schwarz, als durch die Funken. Ist die Röhre viel weiter als \nicefrac {3}{10} Zoll, so wird sie biswei- len sehr schwarz, ohne daß jedoch eine merkliche Vermin- derung der Quantität der Luft entsteht. 226. Versuch. Dieser besondere Versuch ward vom Herrn Mar- sham eigentlich in der Absicht angestellt, um Dräthe mit einer kleinen leidner Flasche zu schmelzen. Die Wir- kungen sind merkwürdig, und scheinen ein ganz neues Feld zu Untersuchung der Kraft und Richtung der elektrischen Materie zu eröffnen. Er befestigte ein kleines Stück Wachs auf die äußere Belegung der leidner Flasche, und steckte den Kopf einer kleinen Nadel so in dasselbe, daß die Nadel mit der Belegung rechte Winkel machte; der Spitze dieser Nadel gegen über und etwa einen halben Zoll weit davon ward eine andere Nadel befestiget, indem man sie durch den Boden einer Schachtel steckte; diese ward durch einen Drath mit dem Auslader verbunden. Ward nun die Flasche entladen, so ward die Nadel mit dem Wachse von der Belegung der Flasche ab- und in die gegenüberste- hende Schachtel getrieben. Man vergrößerte den Abstand beyder Nadeln bis auf 2 ½ Zoll, welches die größte Schlag- weite war. Der Kopf derjenigen Nadel, welche an der Flasche befestiget war, ward augenscheinlich an zwo bis drey Stellen geschmolzen. War die Ladung stark, und das Wachs nicht fest an die Belegung geklebt, so wurden Wachs und Nadel einige Zoll weit von der Flasche wegge- worfen. Steckte man eine Wachskugel an die Spitze jeder Nadel, und ließ den Schlag durch dieselben gehen, so ward die Kugel von der mit der Flasche verbundenen völli- Sechszehntes Capitel. ge zween Schuh weit hinweggeworfen. Bey nochmaliger Wiederholung konnte er diese Wirkung nicht wieder her- vorbringen. Herr Marsham befestigte nun die Nadel, welche der an der Flasche entgegengesetzt war, mit Wachs an eine messingne Platte. Ließ er nunmehr die Ladung durchge- hen, wenn die Nadeln ½ Zoll weit von einander abstan- den, so ward die Nadel 6 Zoll weit von der messingenen Platte weggeworfen, die andere Nadel aber blieb an ihrer Stelle. Vergrößerte er ihren Abstand von einander, so war die Wirkung noch ebendieselbe, bis sie auf 1 ½ Zoll weit auscinander kamen, da sie nicht mehr herausgewor- fen wurden. In vielen Fällen wurden auch beyde heraus- geworfen, und ließen das Wachs zurück. In allen diesen Versuchen giengen die Nadeln durch das Wachs, so daß sie die Belegung sowohl als die Platte berührten; die Belegung sowohl als die Platte waren bey jeder Explosion sehr schön angeschmolzen. Herr Marsham nahm hierauf kleine Stücken Kütt anstatt des Wachses; wenn er alsdann die Spitzen nur \nicefrac {3}{8} Zoll weit von einander stellte, und den Schlag durchgehen ließ, so ward die Nadel aus der Flasche ge- worfen, und der Kütt auf die Nadel getrieben. Die Spitzen wurden nunmehr einander so nahe, als möglich, gestellt, da alsdann bey der Entladung der Kütt von bey- den Nadeln in Stücken gebrochen, und die Nadel auf eine beträchtliche Weite fortgeworfen wurde; die messingene Platte ward auch auf eine sonderbare Art geschmolzen, und die Flasche zerbrochen. Ueber die Aehnlichkeit zwischen der Entstehung und den Wirkungen der Elektricität und der Wär- me, ingleichen der Kraft, mit welcher die Kör- per Elektricität fortleiten und Wärme anneh- men, nebst Beschreibung eines Instruments zu Vermischte Versuche. Messung der Quantität von elektrischer Ma- terie, welche Körper von verschiedner Natur unter ähnlichen Umständen fortleiten, von Herrn Achard In den Mémoires de l’Acad. de Berlin, ann. 1779. . Die Entstehung der Wärme hat viel ähnliches mit der Erregung der Elektricität. Alles Reiben erzeugt Wärme und erregt Elektricität. Man könnte zwar einwenden, wenn die Aehnlichkeit voll- kommen seyn sollte, so müßte das Reiben eines jeden Kör- pers Elektricität erzeugen, welches doch der Erfahrung entgegen ist, indem die Metalle und andere leitende Kör- per nicht anders, als durch die Berührung elektrischer Kör- per, und nicht durch das unmittelbare Reiben elektrisirt werden können. Man kann aber hierauf antworten, daß ein leitender Körper, an welchem ein elektrischer gerieben wird, wofern er nur isolirt ist, eben so starke Merkmale der Elektricität von sich giebt, als der elektrische Körper selbst. Diese Elektricität ist ihm nicht von dem elektrischen mitgetheilt, denn sie ist von der ganz entgegengesetzten Art, negativ, wenn der elektrische Körper positiv elektrisirt ist, und um- gekehrt. Diese Bemerkung beweiset nicht allein, daß die lei- tenden Körper eben sowohl, als die elektrischen, durch das Reiben elektrisiret werden, sondern sie zeigt auch, daß zu Erregung der Elektricität eine Zerstörung des Gleichge- wichts zwischen den Elektricitäten der reibenden Körper erforderlich sey; wenn jede Substanz gleich geschickt ist, die elektrische Materie anzunehmen und abzugeben, so fällt in die Augen, daß das Gleichgewicht der Materie zwischen ihnen nicht gestört werden könne; weil die Materie, die einer von dem andern empfängt, sich in eben dem Augen- Sechszehntes Capitel. blicke durch ihre Elasticität wieder unter beyde vertheilet: wir können daher schließen, 1) daß die durchs Reiben zweener Körper erregte Elektricität desto stärker sey, je mehr der Unterschied zwi- schen den leitenden Kräften dieser Körper zunimmt. 2) daß zween Körper, welche gleich geschickt sind, die elektrische Materie anzunehmen und abzugeben, kein Zeichen der Elektricität von sich geben; nicht darum, weil sie nicht durch Reiben elektrisirt werden könnten, sondern weil das durchs Reiben gestörte Gleichgewicht in eben dem Augenblicke durch die Leichtigkeit, mit welcher die elektri- sche Materie jeden Körper durchdringt, wieder hergestellt wird. Aus fast ähnlichen Ursachen werden elektrische Kör- per, wenn man sie an einander reibt, nicht elektrisiret. Wir dürfen also wohl aus dieser auf Erfahrung ge- gründeten Theorie schließen, daß die Friction in allen Fäl- len Elektricität hervor bringe, von welcher Art auch die geriebenen Substanzen seyn mögen; und daß diese Elek- tricität bisweilen nur darum nicht merklich sey, weil sie sogleich bey ihrer Entstehung wieder verloren geht. Alle Substanzen, welche an einem Körper gerieben werden, der die elektrische Materie mit mehr oder weniger Schwierigkeit durchläßt, als sie selbst, geben Zeichen der Elektricität; also sind die Metalle eben so wohl für sich elektrisch, als Glas und Siegellak. Da also das Reiben allezeit und in allen Fällen Elektricität hervorbringt, so findet zwischen der Erzeu- gung der Wärme und der Erregung der Electricität eine vollkommene Aehnlichkeit statt. Ferner sind die Wirkungen der Elektricität den Wirkungen der Wärme ähnlich. Die Wärme dehnt alle Körper aus. So beweißt die Wirkung der elektrischen Materie aufs Thermometer ebenfalls die ausdehnende Kraft derselben; und wenn wir dieselbe nicht in allen Fällen bemerken, so geschieht dies Vermischte Versuche. darum, weil die Kraft des Zusammenhangs der Körper stärker ist, als die ausdehnende Kraft der Elektricität. Die Wärme befördert nnd beschleuniget das Auf- keimen und die Vegetation: die Elektricität, sie sey posi- tiv oder negetiv, thut ebendasselbe. Die Elektricität beschleuniget die Ausdünstung eben sowohl, als die Wärme. Wärme und Elektricität befördern die Bewegung des Blutes. Zwar kann die geringste Furcht, Anstren- gung oder Aufmerksamkeit auf den Versuch den Puls be- schleunigen, und dies könnte mit Unrecht der Elektricität zugeschrieben werden. Allein Herr Achard stellte den Versuch mit einem Hunde an, indem er schlief, und fand allezeit, daß die Zahl der Pulsschläge zunahm, wenn das Thier elektrisirt wurde. Herrn Achard’s und anderer Versuche mit Hü- nereyern und Fliegeneyern beweisen, daß die Elektricität sowohl als die Wärme, die Entwickelung dieser Thiere begünstiget. Die elektrische Materie schmelzt auch Me- talle, eben so, wie das Feuer. Wenu sich ungleich erwärmte Körper berühren, so vertheilt sich die Wärme gleichförmig unter sie. Eben so stellt sich das Gleichgewicht her, wenn sich zween Körper mit ungleichen Graden oder verschiedenen Arten von Elek- tricität berühren. Endlich findet auch zwischen der Fähigkeit der Körper, die Elektricität zu leiten, und Wärme anzu- nehmen, eine vollkommene Aehnlichkeit statt. Wenn Körper von verschiedener Art und von glei- chen Graden der Wärme in ein Mittel von verschiedener Temperatur gestellt werden, so nehmen sie nach Verlauf einer gewissen Zeit alle einen gleichen Grad der Wärme an. Inzwischen bleibt noch immer ein beträchtlicher Un- terschied in der Größe des Zeitraums, in welchem sie die Temperatur des Mittels annehmen, z. B. die Metalle Sechszehntes Capitel. brauchen weniger Zeit als Glas, um gleiche Grade der Wärme anzunehmen oder zu verlieren. Bey aufmerksamer Untersuchung derer Körper, wel- che ihre Wärme am schnellsten annehmen und verlieren, wenn sie in Mittel von verschiedener Temperatur gestellt werden, findet man, daß es ebendieselben Körper sind, welche am leichtesten Elektricität annehmen und verlieren. Die Metalle, welche am geschwindesten warm und wie- der kalt werden, nehmen auch am schnellsten Elektricität an und theilen sie wieder mit. Holz, welches mehr Zeit erfodert, um erwärmt und abgekühlt zu werden, erhält und verliert auch seine Elektricität langsamer. Endlich Glas und harzige Substanzen, welche die elektrische Ma- terie sehr langsam annehmen und verlieren, nehmen auch die Temperatur des sie umgebenden Mittels nicht anders, als mit Schwierigkeit, an. Wenn man das eine Ende eines eisernen Stabs glü- hend macht, so wird das andere Ende, wenn gleich der Stab mehrere Schuhe lang ist, in kurzer Zeit so heiß, daß man die Hand nicht daran halten kann, weil das Ei- sen die Hitze sehr leicht leitet; da man hingegen eine Glas- röhre, wenn sie auch nur wenige Zolle lang ist, sicher in der Hand halten kann, wenn gleich ihr anderes Ende schmelzet. Eben so geht die elektrische Materie mit gros- ser Geschwindigkeit von einem Ende eines Stabs zum an- dern über; hingegen vergeht eine lange Zeit, ehe eine Glas- röhre, an deren Ende man einen geriebenen elektrischen Kör- per hält, am andern Ende Zeichen einer Elektricität giebt. Diese Bemerkungen beweisen, daß verschiedene Kör- per, welche ihren Grad der Wärme schwer annehmen und verlieren, auch ihre Elektricität schwer erhalten und abge- ben. Um zu bestimmen, ob dieses Gesetz allgemein sey, und welches die Ausnahmen davon sind, werden noch viele Versuche erfordert. Wenn wir zwo Substanzen annehmen, deren eine elektrisirt ist, die andere aber nicht, deren erste einen be- Vermischte Versuche. kannten Grad von Elektricität hat, die letzte aber, indem sie die erste berührt, ihr einen gegebnen Grad von Elek- tricität raubet; so bestimmt dieser Verlust die Leichtigkeit, mit welcher der berührende Körper die elektrische Materie annimmt. Außer der Gestalt und dem Volumen dieser Substanz, macht auch die Zeit, durch welche beyde Kör- per in Berührung bleiben, eine Veränderung in der Quantität, welche aus der elektrisirten Substanz über- geht; so daß unter übrigens gleichen Umständen, die Fä- higkeit der Körper, andere ihrer Elektricität zu berauben, oder mit andern Worten, die elektrische Materie fortzulei- ten, sich umgekehrt verhält, wie die Zeit, welche nöthig ist, um den Körpern einen gleichen Grad von Elektricität zu entziehen. Das Fig. 95 vorgestellte Werkzeug ist auf diese Grundsätze gebaut, und es kann dadurch die Menge von Elektricität, welche ein Körper in einer gegebnen Zeit verliert, wenn er von einem andern berührt wird, genau bestimmt werden. A B ist eine sehr empfindliche Wage; am Ende jedes Arms befindet sich eine sehr leichte küpfer- ne Kugel; C F D ist ein getheilter Halbkreis, an die Un- terlage befestiget, auf welcher die Axe der Wage ruhet; die Grade können durch eine Nadel, oder durch die Arme der Wage selbst gezeigt werden; die Unterlage ist an einer messingenen Haube fest, welche auf die Glassäule G G ge- küttet ist; diese Glassäule steht auf dem Brete Q R S T, und ist wenigstens 18 Zoll hoch. U ist eine leidner Fla- sche; an den mit der innern Belegung verbundenen Drath Z Z sind drey horizontale Dräthe V Z, X Z, Y Z befesti- get, und deren Enden mit hohlen messingenen Kugeln versehen; die Flasche U ist so auf das Bret befestiget, daß bey horizontaler Stellung der Wage, die Kugeln B und X einander berühren, wie dies in der Figur vorgestellt wird. K N ist ein metallener Hebel, der sich bey I so um eine Axe bewegt, daß er sich frey in der Verticalfläche drehen kann, welche durch den Stab V X geht; er wird Sechszehntes Capitel. Vermischte Versuche. von der hölzernen Säule I H getragen, welche auf dem Brete Q R S T aufsteht; am Ende K befindet sich eine Schraube, um die Substanz zu halten, mit welcher man den Versuch anstellen will; das obere Ende dieser Sub- stanz muß eine convere Gestalt haben. Am andern Ende des Hebels N befindet sich der Drath N O mit dem klei- nen Hacken O, an welchen man die Kugel P hängen kann. Der Abstand der Säule I H von der Flasche wird so ein- gerichtet, daß, wenn das Ende N niedergeht, der Körper L die Kugel V in einem Punkte berührt; die Proportion zwischen den Gewichten der Arme des Hebels, dem Ge- wichte P und dem Körpor L, auch zwischen den Längen der Säule I H und des Draths N O ist so einzurichten, daß, wenn die Substanz L den Ball V berührt, die Ku- gel P in eben dem Augenblicke das Bret Q R S T berühre, und sich von dem Drathe N O losmache; auf diese Art wird auch die Substanz L in eben dem Augenblicke die Kugel V verlassen. Um dieses Instrument zu gebrauchen, verbinde man die Flasche U mit dem ersten Leiter durch die Kugel Y, mache vermittelst eines Draths eine Verbindung zwischen Y und der Haube G, und lade die Flasche, so wird die Kugel X den Ball B zurückstoßen, und der Arm der Wage wird den Repulsionswinkel bemerken. Gesetzt, dieser sey 20 Grad. Man bringe nunmehr, wie im vo- rigen beschrieben worden ist, L in Berührung mit V, so wird es eine Quantität von elektrischer Materie in sich nehmen, die ihrer leitenden Kraft proportional ist, die Kugel B wird in Proportion mit dieser verlohrnen Quan- tität herabsinken, und man wird die Größe des Unter- schieds an dem Halbcirkel bemerken können; sie sey 5 Grad. Man wiederhole nun den Versuch mit einer an- dern Substanz anstatt des Körpers L: gesetzt bey dieser Substanz betrage die Verminderung 8 Grad, so verhal- ten sich die leitenden Kräfte dieser Substanzen, wie 5: 8. Versuch über den Magnetismus. Versuch über den Magnetismus. Die Erscheinungen des Magnets haben zwar schon seit vielen Jahrhunderten, nicht allein wegen ihrer besondern Wichtigkeit, sondern auch wegen der Dunkel- heit, in welche sie verhüllt sind, die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf sich gezogen; aber dennoch ist zu den Entdeckungen der ersten Untersucher dieser Materie sehr wenig hinzugesetzt worden. Alle Kräfte des Genies, wel- che man bisher zu Betreibung dieses Gegenstandes aufge- boten hat, sind nicht vermögend gewesen, eine Hypothese aufzubringen, welche alle die mannichfaltigen Eigenschaf- ten des Magnets auf eine leichte und genugthuende Art zu erklären im Stande wäre, oder die Glieder der Kette angäbe, durch welche diese merkwürdigen Erscheinungen mit den übrigen Phänomenen der Natur zusammenhängen. Aus den Schriften des Plato und Aristoteles erhellet, daß schon die Alten die anziehenden und zurück- stoßenden Kräfte des Magnets gekannt haben: man fin- det aber nicht, daß ihnen die Richtung desselben nach dem Pole oder der Gebrauch des Compasses bekannt gewesen wäre. Da sie noch nicht mit der gehörigen Methode, die Natur zu untersuchen, bekannt waren, und sich bloß mit den in die Augen fallenden Beobachtungen befriedigten, so waren ihre Kenntnisse der Natur in sehr enge Grenzen eingeschlossen, und brachten der menschlichen Gesellschaft keine großen Vortheile. Die neuern Naturforscher hin- gegen, welche die Beobachtungen mit Versuchen ver- banden, erweiterten gar bald die Grenzen dieser Wissen- schaft, und entdeckten die Polarität des Magnets, eine Eigenschaft, auf welcher gewissermaßen die ganze Schiff- fahrt und die Seele der Handlung beruht. Der rohe oder natürliche Magnet ist ein Eisenerz, welches in der Erde, gemeiniglich in Eisengruben, gefun- den wird; man findet ihn unter allerley Gestalten und Größen, und von verschiedenen Farben. Die Magnete sind insgemein sehr hart und brüchig, und mehrentheils desto stärker, je härter sie sind. Man kann aus ihnen einen beträchtlichen Theil Eisen zie- hen. Nach Neumann lassen sie sich fast gänzlich in Scheldewasser, und zum Theil in der Vitriol- und Salz- säure auflösen. Die aus Stahl verfertigten künstlichen Magnete werden jetzt durchgängig lieber, als die natürlichen, ge- braucht; nicht allein, weil man sie leichter anschaffen kann, sondern auch; weil sie die natürlichen an Stärke weit übertreffen, die magnetische Kraft stärker mitthei- len, und in ihrer Gestalt leichter verändert werden können. Die Kraft des Magnets, welche sich auch dem Ei- sen und Stahle mitcheilen läßt, wird der Magnetis- mus genennt. Ein eiserner oder stählerner Stab, dem man eine beständige Polarität mitgetheilt hat, heißt ein künst- licher Magnet. Die Punkte des Magnets, welche dem Anscheine nach die meiste Kraft besitzen, oder in welchen seine Kraft concentrirt zu seyn scheinet, heissen Pole des Magnets Der magnetische Meridian ist ein Verticalkreis am Himmel, welcher den Horizont in denjenigen Punkten schneidet, nach welchen die Magnetnadei, wenn sie ruhet, gerichtet ist. Die Axe eines Magnets ist eine gerade Linie, wel- che von einem seiner Pole zum andern geht. Der Aequator eines Magnets ist eine auf seiner Axe senkrecht stehende Linie, genau mitten zwischen bey- den Polen. Die unterscheidenden und charakteristischen Eigen- schaften eines Magnets sind folgende: über den Magnetismus. 1) seine anziehenden und zurückstoßenden Kräfte. 2) die Kraft, mit welcher er sich, wenn er frey aufgehangen wird, in eine gewisse Richtung gegen die Pole der Erde stellt. 3) seine Neigung oder Inclination gegen einen Punkt unter dem Horizont. 4) die Eigenschaft, vorerwähnte Kräfte dem Eisen oder Stahl mitzutheilen. Hypothese. Herr E uler nimmt an, daß die zwo Hauptursa- chen der wunderbaren Eigenschaften des Magnets, er- stens in der besondern Structur der innern Poren des Magnets und der magnetischen Körper, und zweytens in einer äußern Triebfeder oder einer flüßigen Materie beste- hen, welche auf diese Poren wirkt und durch sie hindurch- gehet. Er glaubt, diese flüßige Materie sey die Atmo- sphäre der Sonne oder der sogenannte Aether, welcher un- ser ganzes System erfüllet. Die meisten Schriftsteller über diesen Gegenstand vereinigen sich darinn, daß es kleine Körper von besonde- rer Gestalt und Wirksamkeit gebe, welche um und durch den Magnet einen beständigen Umlauf machen; und daß ein Wirbel von eben dieser Art um und durch die Erde gehe. Ein Magnet hat außer den Zwischenräumen, die ihm mit andern Körpern gemein sind, noch andere sehr viel kleinere Poren, welche bloß für den Durchgang der magnetischen Materie bestimmt sind. Diese sind so ge- stellt, daß sie mit einander communiciren, und Röhren oder Canäle ausmachen, durch welche die magnetische Materie von einem Ende zum andern kommen kann. Sie sind aber so gestaltet, daß die magnetische Materie nur nach einer einzigen Richtung hindurch kommen, aber nicht durch eben den Weg wieder zurück gehen kann: so, wie die Blutadern und lymphatischen Gefäße des thieri- schen Körpers, welche in dieser Absicht mit Klappen ver- Versuch schen sind: duß man sich also die Poren als mehrere enge neben einander liegende und mit einander parallel laufende Röhren vorstellen kann, wie bey A B, Fig. 99., durch welche die feinern Theile des Aethers frey von A nach B kommen, aber wegen des Widerstandes, den sie bey a, a, b, b antreffen, nicht wieder zurückkommen, auch den Widerstand des gröbern Aethers nicht überwinden können, welcher ihre Bewegung veranlasset und unterhält. Denn, wenn man annimmt, der Pol A eines Magnets sey mit mehreren Oefnungen solcher Röhren angefüllt, so wird die magnetische Materie, welche von den gröbern Theilen des Aethers fortgetrieben wird, mit einer unge- meinen Geschwindigkeit, welche sich nach der Elasticität des Aethers selbst richtet, nach B gehen; diese Materie, welche, ehe sie in B ankam, von den gröbern Theilen des Aethers durch die Röhren getrennt ward, trift nun wie- der dergleichen gröbere Theile an, wodurch ihre Geschwin- digkeit vermindert, und ihre Richtung geändert wird; da- her wird der vom Aether, mit welchem er sich nicht so- gleich vermischen kann, zurückgebogne Strom auf beyde Seiten nach C und D gelenket, beschreibt, wiewohl mit geringerer Geschwindigkeit, die krummen Linien D E und C F e, fällt endlich in den Strom der bey m m zuflies- senden Materie, geht wieder in den Magnet, und bildet dadurch den merkwürdigeu Wirbel, welcher sichtbar wird, wenn man Stahlfeile auf ein über den Magnet gelegtes Papier schüttet. Im Eisen und im Magnet liegt ein Bestreben, sich einander zu nähern, und sich an einander zu hängen und zwar mit so viel Kraft, daß oft ein beträchtliches Gewicht erfordert wird, um sie von einander zu trennen. Man kann diese sonderbaren Phänomene durch jeden Magnet beweisen; jeder trägt ein schwereres oder leichteres Gewicht nach Proportion seiner Stärke. über den Magnetismus. Man stecke ein Stück Eisen auf einen Kork, und setze den Kork auf Wasser, so wird das Eisen auf eine sehr belustigende Art vom Magnete angezogen, und folgt dem- selben überall nach. Auf diesen Grundsatz hat man viele sinnreiche und unterhaltende mechanische Kunststücke gebaut. Man kann z. B. kleine Schwäne verfertigen, welche auf dem Was- ser schwimmen, und die Tagesstunde angeben. Man stelle einen Magnet auf ein messingenes Sta- tiv, und halte das Ende einer kleinen Nadel gegen densel- ben, das andere Ende halte man durch einen Drath, da- mit sich die Nadel nicht ganz an den Magnet hängen kön- ne, so wird man die Nadel auf eine sehr angenehme Art in der Luft schweben sehen. Man hänge einen Magnet unten an die Schale ei- ner Wage, und lege in die andere Schale so viel Gegen- gewicht, als nöthig ist. Nun halte man ein Stück Eisen gegen den Magnet, so wird er sich sogleich senken, und an das Eisen hängen, wenn der Abstand desselben nicht all- zugroß ist. Man hänge dann das Eifen anstatt des Magnets an die Wage, und bringe den Magnet dagegen, so wird das Eisen herabsinken und sich an den Magnet hängen. Man kann die Kräfte oder Eigenschaften des Mag. nets dem Eisen und Stahle mittheilen. Eine Beschreibung der verschiedenen Methoden, wel, che man vorgeschlagen hat, um dem Eisen oder Stahle die Eigenschaften des Magnets mitzutheilen, würde allein einen ganzen Band ausfüllen. Jch will daher bloß zwo allgemeine und gute Methoden anführen, welche meines Erachtens zu allen gewöhnlichen Absichten hinreichend sind. 1) Man stelle zween magnetische Stäbe A B, Fig. 100 so, daß das nördliche oder gezeichnete Ende des einen, Versuch dem südlichen oder unbezeichneten Ende des andern entge, gen gekehrt ist: sie müssen aber so weit von einander lie- gen, deß der Stab C, welcher berührt werden soll, mit seinem bezeichneten Ende auf dem unbezeichneten Ende von A, und mit seinem unbezeichneten Ende auf dem be- zeichneten von B aufliegen kann. Nunmehr lege man das nördliche Ende des Magnets D und das südliche von E auf die Mitte des Stabs C zusammen, hebe das andere Ende in die Höhe, wie die Figur vorstellet; ziehe D und E aus einander und längst dem Stabe C hin, das eine gegen A, das andere gegen B, behalte immer dieselbe Schiefe bey, und entferne D und E, wenn sie von den En- den des Stabs C hinweg sind, ein bis zwey Schuhe weit von denselben; bringe hierauf den Nord- und Südpol dieser Magnete aufs neue zusammen, und lege sie wieder, wie vorher, auf die Mitte des Stabs C. Dieses Verfah- ren wiederhole man fünf oder sechsmal, bestreiche die ent- gegengesetzte Fläche des Stabs C auf eben diese Art, und, nachher auch noch die beyden übrigen Seitenflächen, so wird dieser Stab dadurch eine starke und anhaltende magnetische Kraft erlangen. 2) Man lege die zween Stäbe, welche bestrichen werden sollen, parallel mit einander, und verbinde ihre Enden durch zwo eiserne Unterlagen, um während der Operation den Umlauf der magnetischen Materie zu ver- hüten; die Stäbe müssen so gestellt werden, daß das be- zeichnete Ende D, Fig. 101. dem unbezeichneten Ende B gegenüber liege. Nunmehr stelle man die zween einander anziehenden Pole G und I zweener Magnete mitten auf einen der zu bestreichenden Stäbe, und hebe die andern Enden so weit in die Höhe, daß sie mit dem liegenden Stabe einen stumpfen Winkel von 100 – 120 Graden machen; die Enden G und I müssen 2 – 3 Zehntheil Zoll von einander entfernt bleiben. In dieser Stellung halte man die Stäbe, bewege sie langsam über den Stab A B von einem Ende zum andern, und gehe so etwa 15 mal über den Magnetismus. über den Stab. Hierauf verwechsele man die Pole der Stäbe d. i. das bezeichnete Ende des einen muß allezeit dem unbezeichneten Ende des andern gegenüber liegen. , und wiederhole eben dasselbe Verfahren, zu- erst an dem Stabe C D, und dann an den entgegengeseß- ten Seiten beyder Stäbe. Die mitgetheilte Kraft kann noch mehr verstärkt werden, wenn man die verschiedenen Seit en der Stäbe mit Sätzen von Magnetstäben reibet, die, wie in Fig. 102 gestellet sind. Allem Ansehen nach muß man, um den Stahl mag- netisch zu machen, seine Zwischenräüme in eine solche Ord- nung bringen, daß sie an einander liegende parallele Röh- ren ausmachen, welche die magnetische Materie aufneh- men und ihre Bewegung fortpflanzen können, so daß der magnetische Strom leicht eingehen und mit der größten Gewalt durch dieselben circuliren kann. Es ist daher nothwendig, in der Wahl des Stahls, welcher bestrichen werden soll, so sorgfältig, als möglich, zu seyn. Das Korn desselben muß fein, gleichförmig und ohne Knoten seyn, damit es der Materie von einem Ende bis zum an- dern eine Anzahl gleicher und ununterbrochener Canäle darbiete. Dies ist noch weit nöthiger bey der Wahl des Stahls zu Magnetnadeln für die Seecompasse; denn, wenn der Stahl unrein ist, oder nicht auf die gehörige Art bestrichen wird, so kann die Nadel mehrere Pole be- kommen, welche der Wirkung der Hauptnadel nach Be- schaffenheit ihrer Stärke und Lage mehr oder weniger hin- derlich fallen. Der Stahl muß auch gut gelöscht und gehärtet seyn, damit die Zwischenräume die Stellung, die sie erhalten haben, eine lange Zeit beybehalten, und den Veränderun- gen der Richtung, welchen Eisen und weicher Stahl unterworfen sind, besser widerstehen. Der Unterschied Versuch in der Güte des Stahls ist sehr groß, wie man leicht erfahren kann, wenn man zwey Stücken Stahl von gleicher Größe, aber von verschiedener Art, auf einerley Weise und mit einerley Stäben bestreicht. Gehärteter Stahl nimmt eine dauerhaftere magne- tische Kraft an, als weicher Stahl, obgleich beyde allem Ansehen nach in nichts weiter, als in der Anordnung der Theile unterschieden sind; vielleicht enthält der weiche Stahl Phlogiston in seinen weitsten Zwischenräumen, und der gehärtete nur in den engsten. Eisen und Stahl haben sehr wenig Luft in ihren Zwischenräu- men; wenn sie aus den Eisenerzen ausgeschmolzen werden, sind siel einem sehr hohen Grade der Hitze aus- gesetzt, und die meisten Veränderungen, denen sie nach- her unterworfen werden, wiederfahren ihnen im Zu- stande der Glühhitze. Federharter Stahl behält nicht soviel magnetische Kraft, als harter, weicher Stahl noch weniger und Eisen fast gar keine. Aus einigen Versuchen des Musschenbroek erhellet, daß Eisen mit einer Säure verbunden nicht magnetisch wird; trennt man aber die Säure davon, und stellt das Phlogiston wieder her, so wird es wieder so magne- tisch, als jemals. Auch. Größe und Gestalt des Magnets machen einen Unterschied in seiner Stärke; daher müssen die Stäbe, die man bestreichen will, weder zu lang noch zu kurz in Proportion mit ihrer Dicke seyn. Sind sie zu lang, so wird der Umlauf der magnetischen Materie, welche aus dem einen Pole hervorkömmt und rund um den Magnet in den andern Pol über- geht, verhindert, und ihre Geschwindigkeit geschwächt werden. Sind sie zu kurz, so wird die Materie, wel- che aus dem einen Pole ausströmet, von den übrigen wirkenden Theilen des Magnets zurückgetrieben, und zu über den Magnetismus. weit von dem Pole, in welchen sie gehen soll, abge- lenkt, und es wird dadurch der fortgesetzte Umlauf der magnetischen Materie unterbrochen. Sind sie zu dünn, so ist die Anzahl der Zwischenräume zu klein, um einen Strom aufzunehmen, der stark genug wäre, den Hinder- nissen im äußern Raume zu widerstehen; sind sie endlich zu dick, so wird die gerade und regelmäßige Richtung der Canäle durch die Schwierigkeiten gehindert, welche bey der Anordnung der innern Theile statt finden, da die magnetische Materie nicht Krast genug hat, den Stahl bis auf eine beträchtliche Tiefe zu durchdringen; es wird also die Circulation der Materie gehindert. Alle Stücken müssen wohl poliret seyn; es ist von der äußersten Wichtigkeit, die Enden glatt und gerade zu machen, damit sie die Enden des weichen Eisens, wel- ches die Circulation aufhalten soll, in so viel Punkten, als möglich, berühren. Alle Ungleichheiten an den Sei- ten, besonders in der Nähe der Pole, müssen sorgfältig vermieden werden, weil sie Unregelmäßigkeit in die Cir- culation bringen, und daher die Geschwindigkeit dersel- ben vermindern, welche eine von den vornehmsten Quel- len der magnetischen Kraft ist. Indem man die Stäbe bestreicht, müssen die En- den des weichen Eisens in beständiger Berührung mit ihnen erhalten werden, denn eine Trennung auf einen einzigen Augenblick ist hinreichend, die Wirkung der ganzen Operation aufzuheben, weil sich die Materie au- genblicklich in die Luft zerstreuet. Der Operator muß bey dem ersten Stabe nicht län- ger verweilen, als nöthig ist, seine Zwischenräume zu öff- nen, und denselben die magnetische Anordnung zu geben; er muß alsdann sogleich zu dem andern Stabe übergehen, um der aus dem ersten ausgehenden Materie eine Oef- nung zu verschaffen. Versuch Es ist am vortheilhaftesten, wenn man den Stob, dem man verlassen hat, während der Zeit, da die bestrei- chenden Magnete auf dem andern liegen, umkehret; auf diese Art, wird der zu erregende Strom die Canäle des ersten Stabs in die gehörige Lage bringen, und so die Operation wirksamer machen; überdies hat man, wenn man nur einen Stab auf einmal umkehret, niemals nö- thig, die bestreichenden Magnete während der Operation ganz wegzunehmen, welcher Umstand sehr viel zur Stärke des Magnets beyträgt. Die bestreichenden Stäbe dürfen nie anderswo ge- trennt werden, als am Aequator des Magnets; und ihre Bewegung über die andern Theile muß langsam und te- gelmäßig seyn. Die magnetische Kraft bestrichener Nadeln wird ver- stärkt, wenn man sie einige Zeit in Leinöl leget. Es kann zur Wirksamkeit der Operation viel bey- tragen, wenn die Stäbe A und B, Fig. 100, in die Rich- tung des magnetischen Meridians gestellt, und gegen den Horizont unter einem Winkel geneigt werden, welcher der Inclination der Magnetnadel gleich ist. Die dem Magnete auf diese Art mitgetheilte Kraft wird geschwächt, wenn er unter Eisen liegt, oder rostet, ingleichen durchs Feuer, indem alle diese Umstände die Richtung des magnetischen Stroms ändern oder ver- wirren. Man stelle eine kleine Magnetnadel auf die Spitze eines kleinen Stativs, und bringe sie zwischen zween mag- netische Stäbe, so daß das nördliche Ende des Stabs dem südlichen Ende der Nadel entgegensteht; so wird die kleine Nadel, ohne irgend eine in die Augen fallende Ur- sache in eine heftige Schwungbewegung gerathen, und gleich- sam belebt scheinen, bis sie mit magnetischer Kraft gesät- tiget ist; alsdann wird sie in Ruhe bleiben. Diese Schwungbewegung entsteht vermuthlich aus den unregel- mäßigen Eindrücken, welche sie von der magnetischen Ma- über den Magnetismus. terie erhält, und aus der Schwierigkeit, welche die Ma- terie findet, in die Nadel einzudringen. Alle Ursachen, welche fähig sind, die magnetische Materie in eine strömende Bewegung zu setzen, bringen auch in den Körpern, welche magnetische Kraft anzuneh- men fähig sind, einen Magnetismus hervor. Wenn man eiserne Stäbe heiß macht, und dann gleichförmig abkühlet, und zwar in verschiedenen Richtun- gen, z. B. parallel, perpendiculär oder schief gegen die Richtung der inclinirenden Nadel, so erhalten sie eine Po- larität nach ihrer Lage; sie ist am stärksten, wenn die Stäbe mit der Inclination der Magnetnadel parallel ge- wesen sind, und wird nach und nach immer geringer, bis auf den Fall, da die Stäbe senkrecht auf diese Richtung gestanden haben, in welchem Falle sie gar keine bestimmte Polarität haben. Wenn aber beym Abkühlen eines eiser- nen Stabs in Wasser das untere Ende beträchtlich heißer, als das obere, ist, und das obere zuerst abkühlet, so wird dieses bisweilen der Nordpol, obgleich nicht allezeit. Wenn Eisen oder Stahl eine gewaltsame Reibung an einer ein- zelnen Stelle erleiden, so erhalten sie eine Polarität: ist das Eisen weich, so dauret der Magnetismus nicht viel länger, als die Wärme anhält. Der Blitz ist die stärkste bisher bekannte Kraft, welche einen magnetischen Strom hervorzubringen vermag; er macht gehärteten Stahl in einem Augenblicke stark magnetisch, und pflegt bisweilen die Pole einer Magnetnadel umzukehren. Um einen magnetischen Stab mit mehreren Polen zu machen, stelle man Magnete an diejenigen Stellen, an welche die Pole kommen sollen. Wenn an eine Stelle ein Südpol kommen soll, so müssen Nordpole an die bey- den nächsten Stellen gesetzt werden; nunmehr betrachte man jedes Stück zwischen den Unterlagen als einen be- sondern Magnet, und bestreiche es dem gemäß. Versuch Es giebt in jedem Magnete gewisse Stellen, in welchen seine Kraft gleichsam concentrirt zu seyn scheinet. Man stelle einen Magnet auf ein messingenes Sta- tiv, und versuche, wie viel eiserne Kugeln er an verschie- denen Stellen trägt; so wird man finden, daß er gegen die Enden zu die meisten trägt, woraus erhellet, daß sich daselbst die magnetische Kraft mit der größten Stärke zeige. Man lege ein kleines messingenes Gewicht auf das nördliche Ende der Inclinations-Nadel, und bringe den Südpol eines Magnets gegen das Ende des getheilten Bogens, so wird derselbe das Ende der Nadel bis auf einen gewissen Grad zurückstoßen; nunmehr bewege man den Magnet nach und nach vorwärts, so wird die Nadel nach und nach herabfallen, bis sie auf Null kömmt. Be- wegt man den Magnet weiter fort, so wird der Zeiger ge- gen ihn gezogen. Die Pole eines Magnets zu finden. Man lege einen Magnet unter eine Glastafel, siebe etwas Stahlfeile auf das Glas, und schlage sanft mit einem Schlüssel darauf, um das Glas in eine schwingende Bewegung zu setzen. Dadurch wird sich die Stahlfeile losmachen und sich bald auf eine sehr angenehme Art ord- nen; die Stellen des Magnets, von welchen die krum- men Linien auszugehen, und über welchen die Stahltheil- chen fast aufgerichtet zu stehen scheinen, sind die Pole. In diesem sowohl, als in vielen andern magneti- schen Versuchen äußert sich augenscheinlich eine magneti- sche Kraft, die die Eisentheilchen aus ihrer natürlichen Lage in eine andere bringt, und in derselben mit beträcht- licher Gewalt erhält. Noch genauer kann man die Pole eines Magnets mit einer kleinen Inclinationsnadel bestimmen. Man über den Magnetismus. setze dieselbe auf einen Magnet, und bewege sie vor- und rückwärts, bis die Nadel senkrecht gegen den Magnet steht, alsdann wird sie gerade auf den einen Pol zeigen. Wenn sie so zwischen dem Nord- und Südpole steht, daß beyder gegenseitige Wirkungen einander das Gleichgewicht halten, so wird der Mittelpunkt der Nadel gerade über dem Aequator des Magnets stehen, und die Nadel wird mit der Axe genau parallel liegen. Wenu man sie von hieraus gegen den einen Pol führet, so wird sie nach Ver- hältniß ihres Abstandes von den Polen verschiedene schiefe Lagen annehmen. Man halte eine gemeine kleine Nähnadel an einem durchgezognen Faden einige Secunden lang nahe an einen Magnet, und bringe sie dann nach und nach gegen die Mitte eines magnetischen Stabs, so wird die Kraft des Magnets ihrer Schwere so stark entgegenwirken, daß sie in der Luft schwebend bleiben, und eine dem Magnetstabe beynahe parallele Richtung annehmen wird. Da es keine magnetische Anziehung ohne Polarität geben kann, so wäre es widersprechend, zu behaupten, daß ein Magnet eine starke anziehende Kraft haben könne, ohne zugleich eine starke Polarität zu besitzen. Man hänge einen eisernen Stab ingenauem Gleich- gewichte an einem Punkte so auf, daß er sich in einer Horizontalebne frey drehen könne, und theilte diesem Stabe die magnetische Kraft mit, so wird sich das eine Ende desselben alle- zeit gegen Norden richten. Stellt man eine unbestrichene Nadel auf eine Spitze, so wird sie in jeder bsliebigen Richtung stehen bleiben; theilt man ihr aber die magnetische Kraft mit, so bestimmt sie sich zu einer gewissen Richtung, und kehrt allezeit das eine Ende gegen Norden, das andere gegen Süden. Versuch Es ist nicht unwahrscheinlich, daß man in Zukunft an den meisten Körpern eine Polarität entdecken werde, vermöge welcher sie Richtungen annehmen, die mit den verschiedenen Affinitäten der Elemente, aus welchen sie zusammengesetzt sind, im Verhältnisse stehen. Diese Richtung der mit dem Magnet bestrichenen Nadeln ist von der größten Wichtigkeit für die menschliche Gesellschaft. Sie setzt den Schiffer in Stand, über das Meer zu seegeln, und bringt durch dieses Mittel die Kün- ste, Manufacturen und Kenntnisse entsernter Länder mit einander in Verbindung. Der Feldmesser, der Mark- scheider und der Astronom ziehen aus dieser wunderbaren Eigenschaft mancherley Vortheile. Der Seecompaß besteht aus drey Theilen, der Büch- se, der Scheibe und der Nadel. Die Scheibe ist ein Kreis von steifem Papier, wel- cher den Horizont vorstellet, mit den darauf verzeichneten Weltgegenden; die Magnetnadel wird an der untern Seite dieser Scheibe befestiget; der Mittelpunkt der Nadel ist durchbohrt, und in das Loch ist eine Haube mit einem ke- gelförmigen Achate befestiget; diese Haube ruht auf einer an den Boden der Büchse befestigten Nadel; die Büchse hat einen Glasdeckel, und hängt vermittelst zweener Stifte in einem Kasten. Es ist nicht gewiß ausgemacht, wer der erste Erfin- der des Seecompasses gewesen sey; einige schreiben diese Ehre dem Flavio Gioja von Amalfi in Campanien zu, welcher im Anfange des 14ten Jahrhunderts lebte, an- dere leiten die Erfindung aus dem Orient her, noch andere glauben, sie sey schon früher in Europa bekannt gewesen. Die entgegengesetzten Pole zweener Magnete ziehen einander an. Die Nordpole zweener Magnete stoßen ein- ander ab, und eben so auch die Südpole. Diese Phäno mene lassen sich sehr leicht durch eine Menge angenehmer Versuche erläutern. über den Magnetismus. Man hänge eine bestrichene Nadel an einem Punkte auf, und halte den Südpol eines Magnets gegen ihren Nordpol, so wird sie vom Magnet angezogen werden, und gegen ihn zu fliegen; man halte den andern Pol des Mag- nets dagegen, so wird die Nadel vor demselben fliehen. Man befestige zwo Nadeln horizontal in zwo Stü- cken Kork, und setze sie auf Wasser; kehren sich nun die gleichnahmigen Pole gegen einander, so werden die Na- deln einander zurückstoßen; kehrt man aber die ungleich- nahmigen Pole gegen einander, so werden sie sich anzie- hen und zusammen kommen. Man stecke die beyden Enden zweener Magnete in Stahlfeile, welche sich daran hängen und in Form von Klumpen oder Fäden herabhangen wird. Man bringe nun die beyden Nordpole zusammen, so wird die Stahl- feile des einen der Stahlfeile des andern ausweichen. Bringt man aber den Nordpol des einen und den Süd- pol des andern zusammen, so wird sich die Stahlfeile ver- binden, und kleine Cirkelbogen von einem Stabe zum andern bilden. Man lege einen cylindrischen Magnet auf eine glatte horizontale Fläche, und bringe einen stählernen Magnet, der wie ein Fisch gestaltet ist, nahe an denselben in einer parallelen Lage. Kehrt man nun den Kopf des Fisches gegen das eine Ende des Cylinders, so wird der letztere von dem Fische hinweg rollen, kehrt man aber den Schwanz des Fisches gegen dasselbe, so rollt der Cylinder auf den Fisch zu, und folgt ihm nach. Auf diese besondere Eigenschaft des Magnets grün- den sich die Versuche, welche Herr Comus vor einigen Jahren in London gezeigt hat, und von denen man eine große Menge in Hoopers Rational Recreation beschrie- ben findet. Um die Beschaffenheit dieser Versuche zu er- läutern, schließe man einen Magnet in ein Stück Mes- sing ein, welches die Gestalt eines Herzes hat, lege das Herz in ein Kästgen, stelle einen Compaß über das Versuch Kästgen so, daß der Nordpunkt gegen das Charnier des Deckels zu gekehrt ist, und beobachte die Stellung der Na- del. Man nehme nunmehr das Herz heraus, lege es um- gekehrt wieder hinein, und beobachte die Stellung der Nadel von neuem; behält man nun diese Stellungen im Gedächtniß, so kann man leicht wissen, wie das Herz lie- ge, wenn es gleich im Verborgnen ist hineingelegt worden. Die magnetische Materie bewegt sich inwendig in einem Strome von einem Pole zum andern, und geht dann in krummen Linien äußerlich fort, bis sie wieder an den Pol kömmt, in welchen sie zuerst eingieng, und in welchen sie nunmehr von neuem eingeht. Man lege eine Glastafel über einen magnetischen Stab, siebe Stahlfeile darauf, und schlage sanft auf das Glas, so werden sich die Feilspäne von selbst in eine solche Ordnung legen, welche den Lauf der magnetischen Mate- rie mit großer Genauigkeit darstellt. Auch die krummen Linien, in welchen sie zu dem Pole, in den sie zuerst ein- gi e ng, wieder zurückkehret, werden durch die Lage der Stahlfeile sehr deutlich angezeiget. Die breitsten Curven entstehen an der einen Polarfläche und erstrecken sich bis an die andere; sie sind desto breiter, je näher sie an der Axe oder an der Mitte der Polarfläche ents p ringen; die- jenigen, welche aus den Seitenflächen des magnetischen Stabes hervorgehen, liegen innerhalb jener, welche aus den Polarflächen entspringen, und werden immer enger, je weiter sie von den Enden abstehen. Daß die magnetische Materie zurückgehe, und auswendig die entgegengesetzte Richtung von derjenigen habe, in welcher sie durch den Magnet durchgeht, das beweisen die Stellungen einer kleinen Magnetnadel, wenn man dieselbe an verschiedenen Stellen gegen den Magnetstab hält. Man s. Fig. 103. über den Magnetismus. Je größer der Abstand beyder Pole des Magnets ist, desto breiter sind die Curven, welche dus den Polar- flächen entspringen. Die unmittelbare Ursache, warum zwey oder meh- rere magnetische Körper einander anziehen, ist der Durchgang eines und ebendesselben magnetischen Stroms durch beyde. Man stelle zween Magnete in einiger Entfernung von einander so, daß der Südpol des einen dem Nordpole des andern entgegen gekehrt ist, lege eine Glastafel dar- über, bestreue dieselbe mit Stahlfeile, und schlage mit ei- nem Schlüssel ganz sanft darauf, so werden sich die Feil- späne nach der Richtung der magnetischen Kraft ordnen. Die Späne, welche zwischen den beyden Polarflächen lie- gen, und der gemeinschaftlichen Axe nahe sind, werden sich in gerade Linien legen, welche von dem Nordpole des einen bis zu dem Südpole des andern Magnets gehen: die Zwischenräume beyder Magnete liegen jetzt in einerley Richtung, so daß die Materie, welche durch A B, Fig. 104, geht, am Pole a die Zwischenräume zum Eingange offen findet. Sie geht daher hinein, kömmt in b heraus und kehrt gegen A zurück, um ihren Strom durch den Magnet wieder anzufangen, und so bildet sie eine Atmos- phäre oder einen Wirbel, der auf allen Seiten durch die elastische Kraft des andern zusammengedrückt wird, und also die Magnete gegen einander treibt. In verschiede- nen Entfernungen von der Axe beschreiben die Feilspäne reguläre krumme Linien, welche von einem Pole zum an- dern gehen, und vom Südpole aus bis in die Mitte di- vergiren, dann aber wieder convergiren, bis sie an den Nordpol kommen. Wenn die entgegengesetzten Pole weit von einander abstehen, so gehen einige Bogen von einem Pole bis zum andern Pole eben desselben Magnets; bringt man die Magnete näher zusammen, so entstehen Versuch weniger solche Bogen, es gehen deren mehrere von einem Magnet zum andern, und der Strom der magnetischen Materie scheint häufiger und concentrirter. Während der Zeit, da sich die Magnete in der an- gezeigten Lage befinden, bringe man ein kleines unbestri- chenes Stäbchen oder eine Nadel in den Strom der mag- netischen Materie; so wird dieser Strom durchgehen und der Nadel eine Polarität nach seiner Richtung geben. Aus eben dieser Ursache wird ein großer Schlüssel oder ein anderes unbestrichenes Stück Eisen, so lange es sich in dem Wirkungskreise eines magnetischen Pols befin- det, ein kleineres Eisen anziehen und tragen, hingegen dasselbe fallen lassen, sobald es aus dem magnetischen Strome herauskömmt. Eine Kugel von weichem Eisen, welche mit einem Magnet in Berührung ist, wird eine zweyte Kugel, diese eine dritte u. s. w. tragen, bis der magnetische Strom zu schwach wird, um ein größeres Gewicht zu halten. Man drehe einen kleinen Dreher mit einer eisernen Axe, und ziehe ihn mit einem Magnet in die Höhe, so wird er seine umdrehende Bewegung weit länger fortsetzen, als wenn man ihn auf dem Tische hätte laufen lassen; man kann noch einen zweyten und dritten Dreher darunter an- hängen, nach Verhältniß der Stärke des Magnets, und sie werden alle ihre umdrehende Bewegung fortsetzen. Man stellte zween Magnete auf messingene Stative so, daß sie die ungleichnahmigen Pole auf einander zu keh- ren, so kann man auf eine sehr angenehme Art eine Kette von eisernen Kugeln zwischen ihnen aufhängen. Bringt man den Pol eines andern Magnets daran, so fallen die Kugeln herab. Wenn man ein großes Stück Eisen an den einen Pol eines Magnets hält, so wird dadurch die anziehende Kraft des andern Pols verstärkt, und er in Stand gesetzt, mehr als sonst aufzuheben. über den Magnetismus. Das magnetische Zurückstoßen entsteht aus der An- häufung der magnetischen Materie, und aus dem Widerstande, den sie bey ihrem Eingange in den Magnet leidet. Wenn man die beyden gleichnamigen Pole zweener Magnete nahe an einander bringt, und unter eine mit Ei- senfeile bestreute Glastafel legt, so ordnen sich die Feilspäne in krumme Linien, welche von einander zurück und nach den entgegengesetzten Polen zu gehen. Die aus B, Fig. 105 hervorkommende Materie trift gegen D zu Wider- stand an, wird also gezwungen zurück und um ihren eignen Magnet herumzugehen, und so entstehen zween Wirbel, welche einander im Verhältniß der Stärke des durchgehen- den Stroms entgegen wirken. Man nehme eine stählerne Nadel, und bestreiche sie von dem Ohr an bis zur Spitze fünf oder sechsmal mit dem Nordpole eines Magnetstabs, so wird das Ohr der Nordpol, und die Spitze der Südpol der Nadel wer d en. Das Anziehen und Zurückstossen der Magnete wird durch zwischenstehende Körper nicht gehindert. Man stecke die Spitze der Nadel in Stahlfeile, so wird sie eine beträchtliche Menge Feilspäne mit sich in die Höhe nehmen. Nun nehme man den Magnetstab in die eine Hand, und die Nadel mit den Feilspänen in die andere, halte beyde mit dem Horizont parallel und so, daß sich die Spitze der Nadel gegen den Südpol des Magnets zu kehret, so wer- den die Feilspäne von der Nadel abfallen; sobald dieß ge- schieht, ziehe man die Nadelspitze aus dem Wirkungskreise des Magnets hinweg, so wird sie dadurch ihre anziehende Kraft verlieren, und keine Stahlfeile mehr anziehen. Wird die Nadel nicht weggenommen, sondern einige Minuten lang ½ Zoll weit von dem Stabe ab gehalten, so wird ihre Polarität u m gekehrt. Man hänge eine Anzahl Kugeln aneinander an den Nordpol eines Magnets, und halte den Südpol eines an, Versuch dern Magnets an eine von den mittlern Kugeln, so wer- den alle unter derselben hängenden Kugeln aus dem mag- netischen Strome herauskommen und herunterfallen; die Kugel, an welche man den Magnet gehalten hat, wird von demselben angezogen werden, und alle übrigen werden zwischen beyden Magneten hängen bleiben. Hält man den Nordpol eines Magnets dagegen, so wird die Kugel, an welche derselbe gehalten wird, ebenfalls herabfallen. Einige alte Schriftsteller vom Magnet führen eine besondere Erscheinung an. Wenn man nemlich zween Magnete, einen stärkern und einen schwächern, mit ihren zurückstoßenden Polen zusammenbringe, so komme die magnetische Kraft des schwächern in Unordnung, und er- hole sich erst nach einigen Tagen wieder; die Polarität des berührten Theils werde durch die stärkere Kraft umge- kehrt; da aber diese Kraft nicht weit über die Polarfläche hinausreiche, so sey die unveränderte Kraft im übrigen Theile des Steins im Stande, durch ihre entgegengesezte Gewalt den in Unordnung gerathenen Theil des Steins in wenig Tagen wiederherzustellen. Man hat noch kein gewisses Gesetz entdecken können, nach welchem sich die Anziehung des Magnets richtete; denn in verschiednen Magneten verändert sich die Kraft in verschiedenen Entfernungen ganz anders. Man hat übrigens die magnetische Anziehung nicht vom Mittel- punkte der Magnete, sondern von den Polen aus zu rech- nen. Ob man gleich viele Versuche gemacht hat, zu ent- decken, ob die Kraft, durch welche zween Magnete einan- der anziehen oder zurückstoßen, nur bis auf eine gewisse Entfernung wirke, ob der Grad ihrer Wirkung innerhalb und in dieser Entfernung gleichförmig oder veränderlich sey, und in welchem Verhältnisse zur Entfernung er ab oder zunehme, so hat man doch nichts weiter schließen können, als daß die magnetische Kraft sich manchmal wei- über den Magnetismus. ter erstrecke, als zu anderer Zeit, und daß ihr Wirkungs- kreis veränderlich sey. Je kleiner der Magnet ist, desto größer ist, bey übrigens gleichen Umständen, seine Gewalt im Verhält- niß mit seiner Größe. Dennoch wird die magnetische Kraft durch die Einwirkung beyder Pole auf einander geschwächt, wenn die Axe allzukurz ist, und also die Pole einander sehr nahe liegen. Es giebt noch viele andere Ursachen, welche große Unregelmäßigkeit in der Anziehung der Magnete verursachen. Wenn man das Ende eines Magnets in Stahlfeile taucht, so vertheilt sich die Stahlfeile selten gleichförmig, sie legt sich vielmehr fleckweise an, und liegt an manchen Stellen dicker, als an andern. Man kann die Stärke der magnetischen Anziehung in ebenderselben Entfernung verändern, wenn man die Magnete um ihre Axe umwendet, und dadurch macht, daß sich andere Stel- len der Polarflächen auf einander zu kehren. Wenn man einen stärkern Magnet an einen schwächern bringt, so zeigt sich eine Art von Repulsion zwischen den gleichnamigen Polen, aber sie wird durch die Anziehung des stärkern Magnets überwunden. Wenn eine bestrichene Nadel nahe an einen Magnet gestellt wird, so wird ihre Richtung nach dem magne- tischen Meridian gestöret, und sie nimmt eine andere Richtung an, welche von ihrer Lage gegen die Pole des Magnets und von ihrer Entfernung von denselben ab- hängt. Man stelle eine kleine Nadel auf eine messingene Spitze, und bringe sie gegen den Magnet, so wird sie sich verschiedentlich richten, je nachdem es ihr Abstand von den Polen des Magnets mit sich bringt. Auf eine noch angenehmere Art kann man diese verschiedenen Lagen und Richtungen beobachten, wenn man mehrere bestrichene Nadeln zugleich um einen magnetischen Stab herum stellt. Auch die Bewegung einer kleinen Inclinationsnadel er- Versuch läutert dieses Phänomen. Aus den drey letzten Versuchen kann man verschiedene andere herleiten, um die krummen Linien genau zu untersuchen, nach welchen der Magnet wirkt, und einige der wichtigsten Zweige der Lehre vom Magnet mehr zu erläutern. Der nördliche Magnetismus wird durch Verbindung mit dem südlichen aufgehoben, und umgekehrt. Daher ist klar, daß die beyden magnetischen Kräfte einander ent- gegenwirken, und wenn sie beyde einerley Arme eines Magnets mitgetheilt werden, dieser Arm die Kraft des stärkern Magnetismus erhält, und zwar in der Propor- tion, in welcher derselbe den schwächern übertrift. Zween gerade Magnete werden nicht schwächer, wenn sie mit einander parallel so gelegt werden, daß die un- gleichnamigen Pole einander gegenüber stehen, und ihre Enden durch zwey Stücken Eisen mit einander verbunden werden, welche den Umlauf der magnetischen Materie befördern und unterhalten; man muß aber die Magnete nie einander berühren lassen, wofern sie nicht in einerley Richtung und mit den ungleichnamigen Polen beysam- men liegen. Einen einzelnen geraden Magnet muß man allezeit mit seinem Südpole gegen Norden oder niederwärts in der nördlichen magnetischen Halbkugel halten, umgekehrt aber in der südlichen. Eisen muß man in unserer Halbkugel nie anders als mit dem Südpole eines geraden Magnets aufheben. Jede Art von gewaltsamen Schlagen schwächt die Kraft eines Magnets; ein starker Magnet ist durch ver- schiedene starke Hammerschläge seiner Kraft gänzlich be- raubt worden, und überhaupt alles, was die innere Zu- sammensetzung und Anordnung der Theile eines Magnets stört oder ändert, z. B. das Beugen eines geraden eiser- nen Stabs oder Draths u. s. w., thut auch seiner Kraft Schaden. über den Magnetismus. Man fülle eine kleine trockne Glasröhre mit Eisen- feile, drücke dieselbe fest zusammen und bestreiche dann die Röhre so, als ob es ein stählerner Stab wäre, so wird sie eine leichte Nadel u. dgl. anziehen; schüttelt man aber die Röhre so, daß die Lage der Feilspäne verändert wird, so verschwindet die magnetische Kraft. Obgleich ein gewaltsames Schlagen den bereits er- haltenen Magnetismus aushebt, so giebt doch ebendasselbe dem Eisen eine Polarität, wenn es dieselbe vorher noch nicht hatte; einige wenige starke Hammerschläge geben einem eisernen Stabe die Polarität, und wenn man den Stab in vertikaler Stellung hält, und erst das eine, dann das andere Ende desselben hämmert, so kann man die Pole verändern. Dreht man ein langes Stück Eisendrath mehrere male vor- und rückwärts, bis es zerbricht, so findet man die zerbrochene Stelle magnetisch. Wird ein Magnet durch die Axe geschnitten, so stoßen beyde Stücke, die vorher zusammen hiengen, ein- ander zurück. Durchschneidet man einen Magnet senkrecht durch seine Axe, so bekommen die Theile, welche vorher zusam- men hiengen, entgegengesetzte Pole, und es wird aus je- dem Stück ein neuer Magnet. Aus diesen und ähnlichen Versuchen schließt Herr Beles, daß der Magnetismus aus zwoen verschiedenen Kräften bestehe, welche in ihrem natürlichen Zustande verbunden sind, und nur wenig merkliche Wirkung thun, doch einander selbst jederzeit stark anziehen; wenn sie aber mit Gewalt getrennt werden, eben so, wie die Kräfte der Elektricität wirken. Denn, wenn der Magnetismus in zweyen verschiedenen Stücken Stahl durch den Südpol ei- nes Magnets erregt wird, so stoßen die Enden einander zurück; wird aber das eine Stück mit de m Nordpole und Versuch das andre mit dem Südpole bestrichen, so ziehen sie einan- der an. Er nimmt ferner an, daß ein Magnet nicht ganz nach dem Verhältniß seiner eignen Stärke, sondern auch nach dem Verhältniß der Menge des anzuziehenden Eisens anziehe und angezogen werde; daß der Magnetismus eine allem Eisen anhängende Eigenschaft sey, die von demsel- ben nicht könne getrennt werden; denn das Feuer, ob es gleich den schon vorhandenen Magnetismus aufhebt, beraubt doch das Eisen nicht seiner natürlichen Menge von magne- tischer Materie, es giebt ihm vielmehr eine Polarität, oder einen bestimmten Magnetismus, je nachdem man das Eisen auf verschiedene Art erhitzet oder abkühlet. In einem unbewafneten Magnet geht der magneti- sche Strom auf allen Seiten in krummen Linien gegen die entgegengesetzten Pole zurück; setzt man aber Armaturen oder eiserne Platten an jeden Pol, so wird die Richtung der magnetischen Materie verändert, und in den Fuß der Armatur geleitet, wo sie sich concentriret, so daß der Strom der magnetischen Materie, welcher sonst von einem Pole zum andern geht, wenn man an die Füße der Armaturen einen eisernen Träger anbringt, von einem Fuße zum an- dern durch den Träger geleitet wird, wodurch eine Anzie- hung von beträchtlicher Stärke bewirkt wird. Man kann auch zwischen beyden Füßen eine Kette von Kugeln anstatt des Trägers anbringen. Man lege den armirten Magnet unter eine mit Stahlfeile bestreute Glasscheibe, so wird sich die Feile in krumme Linien ordnen, die von einem Fuße zum andern gehen. Die Armatur muß von weichem Eisen, das ein recht gleichförmiges Korn hat, gemacht, und an die Enden des Magnets wohl angepaßt werden; auch muß sie desto dicker seyn, je größer der Abstand beyder Pole von einan- der ist. über den Magnetismus. Herr Savery führt verschiedene Beyspiele an, um die Gewalt und Wirkung des Magnetismus der Erdkugel daraus zu erklären, unter andern bemerkt er, daß eiserne Stangen kleine Stückchen Eisen halten. Er hieng eine 5 Schuh lange eiserne Stange an einer am obern Ende befestigten Schlinge auf, wischte das untere Ende der- selben und die Spitze eines eisernen Nagels sorgfältig ab, damit kein Staub oder Feuchtigkeit die vollkomme- ne Berührung beyder verhindere; alsdann hielt er den Nagel mit aufwärts gekehrter Spitze unter den Stab, drückte ihn hart daran, hielte den Finger etwa 30 Secunden lang unter den Kopf des Nagels, und zog denselben alsdann sanft niederwärts, so daß der Na- gel nicht in Schwingung gerathen konnte; fiel er her- ab, so wischte er die Spitze, wie zuvor, ab, und ver- suchte eine neue Stelle an der Grundfläche der Stan- ge. Waren beyde Enden der Stange gleich gestaltet, und hatte sie keine beständige magnetische Kraft, so war es gleichgültig, welches Ende er unterwärts kehr- te; hatte sie aber einen geringen Grad von Polarität, so gieng der Versuch mit einem Ende besser von stat- ten, als mit dem andern. Das obere Ende A eines langen eisernen Sta- bes, welcher keine bestimmte Polarität hat, wird das nördliche Ende einer Magnetnadel anziehen, das un- tere Ende B aber wird dasselbe zurückstoßen; kehrt man aber den Stab um, so wird B, welches nun- mehr das obere Ende ist, den Nordpol der Nadel, den es vorher zurückstieß, anziehen. Eben so ist der Fall, wenn der Stab horizontal in den magnetischen Meridian gelegt wird, das südwärts gekehrte Ende wird ein Nordpol seyn. Eiserne Fensterstäbe, welche lange Zeit in einer vertikalen Stellung gestanden haben, erhalten eine be- Versuch stimmte Polarität. Leuwenhoek gedenket eines eiser- nen Kreuzes, welches auf 200 Jahre lang auf der Spitze eines Kirchthurms gestanden, und einen starken bleiben- den Magnetismus erhalten hatte. Die Nadel des Seecompasses zeigt nicht genau nach Norden, sondern verändert ihr Azimuth, und weicht bisweilen ostwärts, bisweilen west- wärts vom Meridian ab. Diese Abweichung vom Meridian wird die De- clination oder Variation der Nadel genennt, und ist an verschiedenen Orten der Erde verschieden, hier westlich, dort östlich, auch an Orten, wo sie nach ei- nerley Gegend geht, dennoch von verschiedener Größe. Man hat zwar die Richtung des Seecompasses schon im vierzehnten und funfzehnten Jahrhundert zum Ge- brauch der Schiffahrt angewendet; aber man findet keine Spur, daß man damals etwas von ihrer Abweichung von Norden und Süden gewußt habe. Colom soll zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts auf seiner Reise nach Amerika die Variation der Magnet- nadel zuerst gemuthmasset haben. Aber der erste, der ihre Wirklichkeit außer Zweifel setzte, und fand, daß sie an einerley Orte bey allen Nadeln die nehmliche sey, ist nach allgemeinem Geständniß Sebastian Cabot im Jahre 1497 gewesen. Man hielt diese Variation nach ihrer Entdeckung durch Cabot lange Zeit für unveränderlich; bis Gel- librand, ohngefähr im Jahr 1625, fand, daß sie auch an einem und ebendemselben Orte zu verschiedenen Zeiten verschieden sey. Wenn eine genau im Gleichgewicht aufgehangene Magnetnadel sich frey in einer vertikalen Ebne drehen über den Magnetismus. kann, so neigt sich ihr Nordpol unter den Ho- rizont, und ihr Südpol erhebt sich über den- selben; diese Eigenschaft, welche die Inclination oder Neigung der Nadel heißt, ward von Robert Normann um das Jahr 1576 entdeckt. Es ist hieraus klar, daß sich die magnetische Kraft an der Nadel des Compasses auf eine doppelte Art äußert, einmal indem sie sich nach dem magnetischen Meridian richtet, das anderemahl, indem sie einen Winkel mit dem Horizonte macht. Die Stellung der inclinirenden Nadel, wenn sie im magnetischen Meridiane ruht, wird die magneti- sche Linie genannt. Man hat verschiedene Arten von runden Magneten, unter dem Namen der Terrellen (terrellae) gemacht, um die Phänomene der Variation und Neigung der Nadel durch Beobachtungen der Stellungen des Compasses an verschiedenen Punkten der Terrellen, und Vergleichung derselben mit den beobachteten Stellungen der Magnet- nadel an verschiedenen Orten der Erde, zu erklären. Zwar hat man hierinn wegen unvollkommner Einrichtung dieser Kugeln noch wenig glücklichen Fortgang gemacht; inzwi- schen hat doch Herr Magellan eine angegeben, von welcher sich hoffen läßt, daß man sie wirklich zu Ent- deckung der Gesetze, nach welchen sich diese räthselhaften Erscheinungen richten, werde gebrauchen können. Man wird finden, daß die meisten Phänomene der Richtung der Magnetnadel mit den Erscheinungen einer auf die Terrelle gestellten Nadel übereinstimmen. Um das Jahr 1722 und 1723 machte Georg Graham eine Menge Beobachtungen über die tägliche Variation der Magnetnadel. Im Jahr 1750 fand Herr Wargentin eine reguläre tägliche Veränderung der Declination, ingleichen eine Störung derselben bey Versuch Nordlichtern. Um das Ende des Jahrs 1756 fieng Herr Canton seine Beobachtungen über die Variation an, und 1759 theilte er der königlichen Societät folgende wichtige Versuche mit. Er hatte seine Beobachtungen 603 Tage lang fort- gesetzt, und an 574 Tagen die tägliche Veränderung re- gelmäßig befunden. Die damalige westliche Ab- weichung der Nadel nahm von 8 oder 9 Uhr des Morgens bis etwa 1 oder 2 Uhr des Nach- mittags zu; alsdann stand die Nadel eine Zeitlang still, endlich gieng sie wieder zurück, bis sie in der Nacht, oder am nächsten Morgen wieder an ihre vorige Stelle kam. Diese tägliche Veränderung ist irregulär, wenn sich die Nadel im ersten Theile des Vormittags ostwärts, oder im letzten Theile des Nachmittags westwärts beweget; auch wenn sie sich in der Nacht stark oder plötzlich und in kurzer Zeit nach beyderley Seiten beweget. Dergleichen Unregelmässigkeiten kommen selten öfter, als monatlich ein bis zweymal vor, und sind jederzeit mit einem Nordlichte begleitet. Die anziehende Kraft eines Magnets nimmt ab, indem er erwärmt wird, und wächst, indem er abkühlet; je stärker ein Magnet ist, desto mehr verliert er in eben demselben Grade der Wärme. Erster Versuch. Herr Canton stellte an die Gegend Ost-Nord-Ost eines Compasses, der etwas über 3 Zoll im Durchmesser hatte, einen kleinen 2 Zoll langen, ½ Zoll breiten und \nicefrac {3}{20} Zoll dicken Magnet parallel mit dem magnetischen Meridian, und so weit ab, daß die Kraft seines südli- chen Endes gerade im Stande war, den Nordpol der Nadel auf Nord-Ost, oder auf 45° zu halten. über den Magnetismus. Nachdem er den Magnet mit einem messingenen Gewichte von 16 Unzen beschweret hatte, goß er ohnge- fähr 2 Unzen siedendes Wasser darauf, wodurch der Magnet etwa 7 – 8 Minuten lang nach und nach erhitzt ward, während dieser Zeit bewegte sich die Nadel etwa ¾; Grad westwärts, und stand bey 44¼° still; binnen 9 Minuten kam sie um ¼ Grad, oder bis 44½° zurück, brauchte aber einige Stunden Zeit, ehe sie ihre vorige Stellung auf 45° wieder erhielt. Zweyter Versuch. Er stellte an jeder Seite des Compasses parallel mit dem magnetischen Meridian, einen starken Magnet von der obenerwähnten Größe so, daß die südlichen Enden beyder Magnete gleich stark auf den Nordp o l der Nadel wirkten, und dieselbe in dem magnetischen Meridiane erhielten; ward aber einer von den Magneten weggenom- men, so zog der andere die Nadel so an, daß sie auf 45° stand. Jeder Magnet ward nunmehr mit einem Ge- wichte von 16 Unzen beschwert. Auf den ötlichen Magnet wurden zwo Unzen siedendes Wasser gegossen, und die Nadel bewegte fich in einer Minute um einen halben Grad, und fuhr 7 Minuten lang fort, sich westwärts zu bewegen, wodurch sie bis 2¾;° kam. Hier stand sie eine Zeit lang still, kam aber in 24 Minuten vom ersten Anfange gerechnet, auf 2½, und in 50 Mi- nuten auf 2¼° zurück. Er füllte nunmehr das westliche Gewicht mit siedendem Wasser, wobey die Nadel in einer Minute auf 1¼° zurückkam, in 6 Minuten dar- auf stand sie ½° östlich; und etwa 40 Minuten dar- nach kehrte sie zu dem magnetischen Nordpunkte, d. i. in ihre anfängliche Stellung zurück. Es ist klar, daß die magnetischen Theile der Erde auf der Ostseite des magnetischen Meridians den Nord- Versuch pol der Nadel eben so stark anziehen, als die magneti- schen Theile auf der Westseite desselben. Werden nun die östlichen Theile Vormittags eher von der Sonne er- wärmt, als die westlichen, so wird sich die Nadel westwärts bewegen, und ihre westliche Variation wird größer werden; wenn die Wärme der anziehenden Theile der Erde auf jeder Seite des magnetischen Me- ridians gleich stark zunimmt, so wird die Nadel still stehen, und die Variation wird alsdann am größten seyn; wenn aber die westlichen magnetischen Theile ent- weder schneller erwärmt werden, oder langsamer abküh- len, als die östlichen, so wird sich die Nadel ostwärts bewegen, oder die westliche Abweichung wird abnehmen, und wenn die üstlichen und westlichen Theile gleich ge- schwind abkühlen, so wird die Nadel wieder still stehen, und ihre westliche Abweichung am kleinsten seyn. Man kann dies noch mehr erläutern, wenn man den Compaß mit den beyden Magneten, wie im letzten Versuche, an einem Sommertage hinter einen Sonnenschirm stellt; denn wenn der Schirm so gestellt wird, daß die Sonne nur den östlichen Magnet bescheinen kann, so wird die Nadel ihre Richtung merklich ändern, und sich westwärts be- wegen; steht aber der östliche Magnet im Schatten, in- dem die Sonne auf den westlichen scheint, so geht die Nadel nach der andern Seite. Nach dieser Theorie muß die tägliche Variation im Sommer größer, als im Win- ter seyn; die Beobachtungen stimmen hiemit äberein, und sie wird im Junius und Julius fast doppelt so groß, als im December und Januar, gesunden. Die unregelmäßige tägliche Variation muß von einer andern Ursache, als von der Sonnenwärme, ent- stehen; und hier müssen wir unsere Zuflucht zu der unter- irdischen Wärme nehmen, welche keine regelmäßige Be- ziehung auf die Zeit hat, und dennoch, wenn sie sich in den nordischen Gegenden vergrößert, die anziehende Kraft über den Magnetismus. ber magnetischen Erdtheile gegen den Nordpol der Nadel verstärkt. D. Hales hat im Anhange des zweyten Ban- des seiner Statischen Versuche eine gute Beobachtung über diese Wärme. “Daß die Wärme der Erde, sagt er, in einiger Tiefe unter der Oberfläche, Einfluß auf die Beförderung des Thauens und auf den Uebergang vom Froste zum Thauwetter habe, ist aus folgender Beobachtung klar. Am 27sten November 1731 war der wenige Schnee, der die Nacht über gefallen war, den Vormittag darauf um eilf Uhr, mehrentheils ge- schmolzen, einige Stellen im Park ausgenommen, wo es Wasserbehältnisse gab, die mit Erde bedeckt waren, auf welchen der Schnee liegen blieb, die Behältnisse mochten mit Wasser angefüllt, oder leer seyn; so wie auch an denjenigen Stellen, wo Röhren unter der Erde lagen. Ein Beweis, daß diese Behältnisse die Wär- me der Erde aufhielten, und aus der Tiefe hervorzu- dringen hinderten; denn der Schnee blieb auch an Or- ten liegen, wo die Behältnisse mit mehr als 4 Schuh hoch Erde bedeckt waren. So blieb er auch auf dem Strohe, den Ziegeln, und den obern Flächen der Mau- ern liegen.” Daß die Luft zunächst an der Erde durch die Wär- me der Erde erwärmt werde, fällt in die Augen; der D. Miles hat zu Tooting in Surren darüber häufige Beobachtungen mit Thermomet?rn angestellt, die er früh vor Tage in verschiedenen Höhen über der Erde aufstellete, wie er im 48sten Bande der Transactionen umständlich erzählet. Man kann die Nordlichter, welche zu der Zeit er- scheinen, wenn die Richtung der Nadel durch die Wärme der Erde verändert wird, für Elektricität der erwärmten Luft über der Erde annehmen. Sie erscheinen haupt- sächlich in den nordischen Gegenden, weil daselbst die Versuch über den Magnetismus. Veränderungen der Wärme am größten sind. Diese Hypothese wird wahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß die Elektricität die Ursache des Donners und Blitzes ist, und daß man sie zur Zeit des Nordlichts aus den Wolken ziehen kann; daß die Bewohner der Nordländer vorzüg- lich starke Nordlichter bemerken, wenn nach strenger Kälte plötzliches Thauwetter einfällt, daß man auch nunmehr eine Substanz kennet, welche ohne Reiben, bloß durch Zunehmen oder Abnehmen ihrer Wärme, elektrisch wird. Dieses ist der Turmalin. Legt man denselben auf eine erwärmte Glas, oder Metallplatte, so daß beyde gegen die Fläche der heißen Platte senkrecht gestellte Seiten gleich stark erwärmt werden, so wird während der Er- wärmung die eine Seite eine positive, die andere eine negative Elektricität zeigen; eben dies wird geschehen, wenn man ihn aus siedendem Wasser nimmt, und abküh- len läßt, nur daß diejenige Seite, welche beym Erwär- men positiv war, beym Abkühlen negativ, und die vor- her negative Seite jetzt positiv wird. Fig: 1. Fig: 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 10. Fig. 20. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 6. Fig. 5. Fig. 12. Fig 21 Fig. 11. Fig. 17. Fig. 15. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 23. Fig. 22. Fig. 19. Fig. 18. Fig. 16. Fig. 27. Fig. 24. Fig. 25. Fig. 26. Fig. 28. Fig. 32. Fig. 34. Fig 37. Fig 39. Fig 40. Fig. 41. Fig. 29. Fig. 31. Fig 30 Fig. 33. Fig. 36. Fig. 35. Fig. 42. Fig. 44. Fig. 49 Fig. 48. Fig. 45. Fig. 46. Fig. 47. Fig. 53. Fig. 43 Fig 58. Fig. 38. Fig 50 Fig 51. Fig 52. Fig. 54. Fig 55. Fig 56. Fig 57. Fig. 59. Fig. 60. Fig. 61. Fig. 62. Fig. 63. Fig. 66. Fig. 68. Fig. 64. Fig. 63. Fig. 69. Fig. 70. Fig. 71. Fig. 73. Fig 72. Fig 67 Fig. 77. Fig. 74 Fig. 75. Fig. 76. Fig 78. Fig. 80. Fig. 87. Fig. 85. Fig. 86. Fig. 81. Fig. 93. Fig. 84. Fig. 94. Fig. 89. Fig. 90. Fig. 82. Fig. 95. Fig. 83. Fig. 92. Fig. 96. Fig. 88. Fig. 106. Fig 91. Fig. 98. Fig. 88. Fig. 97. Fig 100. Fig. 99 Fig. 103 Fig. 101 Fig. 104 Fig. 102 Fig. 105