1. Heimkeyr . Der Bursche August fuhr mit dem Krümperwagen , dem stolßen Fuhrwerk des Regiments , am Bahnhofsgebäude vor . Neugierig kam der Herr Stationsvorsteher herbeigelaufen . Aha ! Er hatte es sich doch gedacht ! Draußen auf dem Bahnsteig warteten bereits Frau Adolfine Hohndorf aus Lubowo mit dem Herrn Sohn und dem anderen Herrn Leutnant . Kein ßweifel mehr ! Tosia Eschenhorst , die Tochter des Majors , deren Streiche vor einem Jahr Krotoschewo dauernd in Aufregung versetzt hatten , wurde jedenfalls aus Schloß Frauenstein , der Pension , ßurückerwartet . Na , ihn sollte wundern , ob es dort gelungen war , das tolle Fräulein ßu ßähmen ! Der Rotbemütßte begab sich wieder in seine Amtsstube , um hinter dem Fenstervorsetßer weitere Beobachtungen anßustellen . Sein Scharfsinn täuschte ihn nicht . Wie vor Jahresfrist hatten die Getreuen sich hier versammelt . Nur Fanny Müller , die Freundin aus Tosias Kindertagen , fehlte . Nach dem fernen Westen hatte das Schicksal sie verschlagen . Sonst war alles wie damals . Oder doch nicht ? Nein , damals gab es nasse Augen und beschwerte Herßen . Tosia ging in die " Verbannung " , wie sie selbst sagte . Heute galt es , frohen Herßens die Heimkehrende ßu begrüßen . In freudigster Erwartung trippelte Tante Adolfine von einem Fuß auf den anderen . Sie war unverändert . Ihr frisches , rundes Gesicht und die guten , freundlichen Augen strahlten wie ehedem unter dem schier vorsintflutlichen Kapottehut hervor , von dem sie sich , aller Mode ßum Trotz , nicht trennen mochte . Desto mehr machte sich die Spanne eines ganßen verflossenen Jahres an den beiden Herren bemerkbar . Der Leutnant Adolf Hohndorf erschien bedeutend männlicher , breiter in den Schultern , weggeblasen das Anmaßende in seinem Wesen . Überall mochte man den liebenswürdigen Offißier gut leiden . Seine Tüchtigkeit wurde geschätzt , und nicht ohne Berechtigung liebäugelte er mit der Adjutantenschärpe . Kaum wiederßuerkennen indessen war Tosias Speßialfreund " Tönchen " . Mit Stolß und sichtlicher Genugtuung trug er seine junge Leutnantswürde und - seinen rasierten Bartwuchs ßur Schau . Er hatte es sich abgewöhnt , nur Abklatsch und Echo seines bewunderten Freundes ßu sein und war ein selbständig denkender und handelnder Mann geworden . - Schließlich tröpfelte die anfangs lebhafte Unterhaltung ßwischen den drei nur noch . Je weiter der ßeiger der Bahnhofsuhr vorrückte , desto mehr wuchs die Spannung . Mit kleinen , unruhigen Schritten lief Frau Hohndorf plötzlich eine Strecke auf dem Bahnsteig dahin , um dann ebenso plötzlich auf den harrenden vo Burschen losßusteuern . " Kommt denn der Herr Major nicht selbst , seine Tochter abßuholen ? 3 u se ihr ei E de R sie sa de tue Ni lassen Er de Un wie " Nein , gnädige Frau . " Heim- " Ja , aber - um alles in der Welt - warum denn nicht ? " Hab ich gehört , wie gesagt hat Major meiniges ßu Frau seiniges , daß er wollte bleiben bei kranke Pana * ) und empfangen ßusammen Kind ihriges ! " Frau Hohndorf seufßte leicht . Sie mißbilligte das entunter schieden . Wenn ein Kind nach einem vollen , runden Jahr ins Elternhaus ßurückkehrte , so ließ man es nicht durch einen unbekannten , polnischen Dienstboten an der Bahn in Empfang nehmen . Freilich , man verließ sich dabei auf sie . Ihr Vetter , der Major Eschenhorst , wußte , mit welcher Freude sie der Rückkehr Tosias entgegensah , und daß sie auf dem Bahnhof sicherlich nicht fehlen würde . Aber dennoch - sorgenvoll sah sie ins Weite . - - Wenn das alles nur gut ablief ! " Da kommt der ßug , Mutter ! " rief Adolf und eilte dem fauchenden Ungetüm entgegen . Noch ehe der ßug gänßlich hielt , riß er einige Wagentüren auf . " Dort . . . dort . . . Tosia ! !! " Eine Mutter hätte nicht ßärtlicher , nicht beglückter den Namen ihres Kindes rufen können , als es Tante Adolfine tat . Eine schlanke , junge Dame mit goldblondem Haar stieg langsam über das Trittbrett herab . Und nun betrat Tosia Eschenhorst unter glücklichem Erschauern den Boden der Heimat . " Du liebe , liebe Tante ! " flüsterte sie , ergriffen von der innigen , warmen ßärtlichkeit , mit der die Gute sie umfing . Unwillkürlich schweiften ihre Gedanken ßu dem Abschied vor einem Jahre an eben dieser Stelle ßurück . Und sie * ) Gnädige Frau . schämte sich . " Ehrliche Feindschaft ! " hatte sie damals gerufen , verblendet , wie sie gewesen war . Gott Lob und Dank , daß das hinter ihr lag , weit - weit ßurück . " Wo sind die Eltern ? " fragte sie , die Tante nochmals innig auf beide Wangen küssend . " Du wirst begreifen , wie ich mich auf sie freue . . . " Die Mama kann die Abendluft leider nicht vertragen " , phantasierte Frau Hohndorf in dem Bestreben , Tosias Betrübnis und Enttäuschung ßu milderen . " Und da dachte der Papa es sich so viel netter , dich mit ihr ßusammen in eurem alten , lieben Hause ßu empfangen . Diese Notlüge wollte sie dereinst vor ihrem Gott verantworten . Die glatte Wahrheit ßu sagen , brachte sie nicht übers Herß . über des jungen Mädchens reißendes Antlitß huschte ein Schatten . Hastig öffnete sie ihre Geldtasche und suchte angelegentlich nach Fahrkarte und Gepäckschein , obwohl die beide sichtbar obenauf lagen . Nur rasch und unauffällig mit dem plötzlichen Schmers fertig werden , der sie bei den Worten der Tante überfiel . " da War es möglich ? Der Papa . . . ihr " Pappchen " eilte nicht herbei , sein Kind nach einjähriger Trennung in die Arme ßu schließen ? ! Aber er hatte recht ! Sicher . . . sicher hatte er recht . und Sie kam erst in ßweiter Linie , nachdem nun die Mutter den heimgekehrt war , die nach der langen Abwesenheit , nach dem endlosen Kränkeln ein Anrecht auf Liebe und Pflege , ung von auf alle nur erdenkliche Rücksicht hatte . Tosia hob den Kopf . Noch lag es wie ein feuchter die Schleier über ihren Augen . Aber ihre Lippen lächelten . Ster Tapfer wollte sie sein , allen Egoismus hintenan setzen Hof und stets der Lehren ihres Schutßengels in der Pension , der geliebten Lehrerin Fräulein von Junghart , eingedenk . O He tie "2 we ab- Un en Au Eid - suchte fällig eilte recht . setzen Ihre Blicke begegneten denen der beiden jungen Offißiere , und mit fast schüchterner Gebärde streckte sie die Hand aus . Ihr - ? - - ? " sprach sie in ßögernder Frage . Da schritten beide auf sie ßu , hastig , stürßend fast . Adolf ergriff als erster ihre Hand und verneigte sich tief , tief und feierlich , wie vor einer richtigen Dame , und " Tönchen " gar küßte die kleine Mädchenhand . Tosia erglühte und ßog schleunigst ihre Hand weg . " Nee , Kindes . . . wißt ihr , das geht denn doch ßu weit ! ! Ich habe mir ßwar alle meine schönen Kraftausdrücke abgewöhnt , aber mir scheint , ihr kennt mich nicht mehr ! Und so muß ich - so schwer es mir auch fällt - euch Gans energisch ob eures Gebarens ßur Rede stellen und sage : ßum Donnerwetter , wollt ihr mich ußen ? " Ihre blauen Schelmenaugen lachten , und erst in diesem Augenblick war sie die alte Tosia . Erleichtert atmeten die Leutnants auf . Von neuem , diesmal aber ohne jedes ßeremoniell , schüttelten sie der Freundin Hand . " Na , Gott sei Dank , " sagte der Vetter Adolf lachend , " dann wäre ja alles wieder im richtigen Fahrwasser ! " Und Freund Anton meinte mit düsterer Stirn : " Ich dachte schon , ich müßte dich nun " gnädiges Fräulein und " Sie nennen , als ich dich so scheußlich ßivilisiert aus dem Abteil steigen sah ! ! Man lachte fröhlich und betrachtete sich gegenseitig ungeniert mit prüfenden Blicken . Und man war befriedigt von der Musterung . Da kam der Bursche August angetrabt . Laut klapperten die Nägel seiner Kommißstiefel auf den Steinfliesen . Stramm stand er vor den Offißieren , die Hände an der Hosennaht . " Iss sich nicht gekommen Koffer von gnädige Freilein ! " Im ersten Augenblick hörte Tosia bloß die Komik seiner Worte . Doch dann überfiel sie helle Angst . Unersetßliche Schätze barg ihr Gepäck ; alle die köstlichen Andenken an die Pension . 114 " Ja , mit welchem ßuge wird er denn dann kommen ? fragte sie betreten . " Sagt Vorsteher von Station , was hat rote Mütße auf Kopf seiniges , wird sich kommen Koffer vielleicht morgen , wird sich kommen vielleicht in paar Taggen , wird sich kommen vielleicht gor nicht ! ! " Das sind ja hübsche Aussichten " , sprach Tosia mit ßitternden Lippen . Weiter nichts . Kein ßornesausbruch , kein Wettern und Schimpfen , nicht die geringste Explosion , auf welche die Leutnants warteten . Während sie nach dem Bahnhofsgebäude eilten , um personuch wegen des Gepäcks ßu verhandeln , stellten sie fe "1 sa te ri V. he m. M seiner Mütße - fest , daß dieses Jahr in der strengen ßucht des Stiftes " die arme Tosia " wirklich um und umgewandelt ßu haben schien . Sie würde doch hoffentlich keine langweilige , temperamentlose ßierpuppe geworden sein ? Nur Frau Hohndorf schätzte der Nichte Schweigen richtig ein . Sie spürte die Selbstbeherrschung , die sonst des Mädchens Sache nicht gewesen und gewißlich nur unter heißen Kämpfen errungen war . So streichelte sie innig die erhitßten Wangen und sagte mütterlich : " Nun aber heim , mein süßes Kind ! ßu Vater und Mutter , ins Paradies deiner Kindertage ! " Sc 2. Tosia erlebt Enttäuschungen . An den winßigen Kleinsttathäusern vorbei , über das schauderhafte Pflaster dahin ratterte der Wagen . Schon schlief das Leben der Stadt . Nur ab und ßu glitt schemenhaft eine menschliche Gestalt durch das Halbdunkel der von weichem Frühlingshauch erfüllten Gassen . Tosia staunte . Gans anders stand dieses Bild vor ihrer Erinnerung ; großartiger . .. imposanter ! So klein wie ein Spielßeug erschien ihr nun dies alles . Und dennoch ! Es war die Heimat , die ersehnte , das Paradies glückseliger Kindertage . Und wenn in dem Jahre des Fernseins sich auch ihr Blick geschärft hatte , wenn sie die Dinge nun vielleicht mit anderen Augen ansah , wenn manches klein und bedeutungslos geworden war , was ihr ein Jahr früher noch herrlich und groß und von weltbewegender Wichtigkeit gedeicht - - so würde sie neue - köstlichere Schätze für die verlorenen Illusionen Br eintauschen . Eine Mutter . . . Mutterliebe ! Süße Pflichten ; die uni endlich Heimgekehrte hegen und pflegen ßu dürfen und als wonnigen Lohn eine sorgende , ßärtliche Mutterhand über ihrem Leben ßu spüren . . . Aufgeregt sprang sie aus der Krümperkutsche , als siesch wie lassen Ka ßu Ab * tra die da 3 stet bei daohn von Bl . tra ver Arnun nid schließlich vor dem kleinen , trauten Hause hielt , vor diesem wohlbekannten , unscheinbaren Hause , um das ßwölf Monate lang unaufhörlich ihre sehnenden Gedanken gekreist waren . Kaum , daß sie der Tante , die sie begleitet hatte , Lebewohl ßu sagen vermochte . Die Gute ! Sie wollte das Wiedersehen , diesen ersten Abend nicht stören und wandte sich , nicht Gans leichten Herßens , heimwärts . Durch das Geräusch der anhaltenden Räder gelockt , trat die alte Köchin vor die Haustür . Ihre Hand hielt einen dicken Blumenstrauß . das " Na , Fräulein Tosia , sind Sie gottlob auch wieder da ? " rief sie froh erregt , die runden , roten Arme , die sie stets entblößt trug , der Heimkehrenden entgegenstreckend . " Und was die Pana ist , die will ja nun auch für immerßu bei uns bleiben ! Nee , daß ich das noch Mal erleben würde , das hätte ich mir nie nicht träumen lassen . Mit flüchtigem Gruße , ohne die Blumen ßu nehmen , ohne Dank , stürmte Tosia an der treuen , alten Person vorüber . Heiß schossen die Tränen ihr in die leuchtenden das Blauaugen . dem Wo war der Vater ? Auch auf der Schwelle des Hauses trat er ihr nicht entgegen ? Bedeutete sie , die früher sein verwöhnter Liebling gewesen war , ihm denn nichts mehr ? war , Doch da öffnete sich hastig die Wohnßimmertür . Ein Schrei - ein Jubellaut - - und sie lag in seinen Armen . Innig schloß der Major das schlanke Mädchen an seine Brust . In leidenschaftlicher ßärtlichkeit küßte er sie wieder die und wieder und murmelte kaum vernehmbar : und " Tosia ! Mein Kind . . . mein Herßblatt ! Willst du nun bei deinem alten Vater bleiben - - - willst du ihn nicht mehr verlassen ? " " Du hast mich ja weggeschickt , du Böser ! " flüsterte Tosia unter Lachen und Weinen und preßte sich nur Bei Takt noch enger in seine Arme . " Weißt du es nicht mehr ? der Ich habe doch niemals fortgewollt . . . Pappchen . .. ßuk Pappchen . . . daß ich nun wieder bei dir bin - - daheim - - - und die liebe , liebe Mutter . . . mu Sanft löste er sich aus der Umklammerung und ßog ger sie in das von einer rot verschleierten Lampe magisch beleuchtete Wohnßimmer . Dort ruhte auf einem Diwan die sie ßarte Gestalt der Leidenden . " Komme ßur Mutter , Tosia ! " sagte er , ein glückliches wann Leuchten in den ernsten Augen . " Nun bleiben wir ßusammen , sie und du und ich ! Tosia sank an dem Ruhebett in die Knie und schlang ihre Arme um die schmächtige Frauengestalt . Ein Quell die friss von Liebe und ßärtlichkeit sprang reißend in ihr auf für die so schmerßlich Entbehrte , die , fast so weit ihre Erinnerung ßurückreichte , meist nur als Gast im eigenen Hause geweilt hatte . wür Wenn auch der Empfang , den man ihr in der Heimat Gel bot , ein anderer war , als sie sich in nimmermüden , glückßeit seligen Träumen vorgestellt , so leuchteten doch all die mu guten , beglückenden Vorsätße , die sie in Frauenstein unter halte dem Einfluß von Fräulein von Junghart gefaßt hatte , wie mit Flammenschrift vor ihrem inneren Auge . sa " Mutter . . . Mütterchen , laß dich lieb haben ! " sprach ge sie fast flehend . " Ich will für dich sorgen und denken , dich hegen und pflegen und immer nur glücklich sein , weil ich 0 * nun eine Mutter haben darf ! Frau Eschenhorst hob das schmale Gesichtchen , um das der kurße , dunkle Locken sich ringelten , von dem brennend roten es Seidenkissen . Schah Sie war ein wenig ärgerlich . Mit der verßeihlichen teuf Selbstsucht , die andauernde Kränklichkeit in vielen Menschen Vor großßieyt , fühlte sie sich vernachlässigt durch die lange Begrüßung ßwischen Vater und Kind . Das war nicht nur taktvoll von Tosia . Sie hätte fühlen müssen , daß nun ihr , der Mutter , in erster Reihe alle Rücksicht und alles Denken ßukam . Nachdem Frau Eschenhorst sie ßum Willkommen geküßt , musterte sie das schlanke Mädchen , das sich wieder aufßog gerichtet hatte und , ihre Hände haltend , neben ihr stand . be- Solch eine große Tochter ! Wie eine junge Dame sah t die sie fast schon aus . Gans erstaunt war sie darüber , denn - veranlaßt durch die lange Trennung - sie hatte erwartet , in der Siebßehnjährigen noch ein Kind ßu finden . ßu- Leiser Mutterstolß regte sich in ihr . Hübsch war sie geworden und hold und mädchenhaft , die wilde Tosia . Und wie sie plauderte und erßählte ! Wie frisch und fröhlich ihr Lachen klang . für Gans verklärt hing des Vaters Auge an seiner jungen Tochter. ge- Da wurde Frau Eschenhorst nachdenklich . Der Vater würde wieder anfangen , wie früher , das Mädchen über Gebühr ßu verwöhnen und den ganßen Erfolg der Pensionsßeit in Frage stellen . Wenn es ihr auch schwer ankam , die mußte sie stets darauf bedacht sein , das Gegengewicht ßu halten . Es war nur ßum Besten des Kindes . " Sprich nicht so laut , das ist ja eine entsetzliche Manier ! " sagte sie verweisend in ihrem leicht gebrochenen , polnisch gefärbten Deutsch . " Du mußt dich nun daran gewöhnen , ,dich ßu denken an andere , ßu nehmen Rücksichten , mein Kind ! " Tosias Blick irrte hilflos ßum Vater hinüber . Würde er es ruhig geschehen lassen , daß man ihr in der ersten halben Stunde bittere Worte gab ? Konnte er es mit anhören , daß die Mutter vorwurfsvoll mit ihr schalt , nachdem sie soeben stumm all die schwere Enttäuschung hinabgewürgt und mit ungewohnter Demut gute Vorsätße geäußert hatte ? War es denn möglich , daß er sie nicht in seine Arme schloß und in gerührter , ßärtlicher stie Verwunderung ihren Edelmut und die mit ihr vorgegangene Wandlung anerkannte und rühmte und in hohen Tönen pries ? Allein Tosias wortlose , dringliche Bitte um Beistand wü der blieb erfolglos . Mit leichtem Seufßer wandte der Major sich ab und gut machte sich umständlich mit Kohlenkasten und Feuerhaken 444. da ßu tun . Denn man heißt noch . Vorläufig war die Frühlingsviel wärme noch nicht in die Häuser gedrungen . Sch Kein Wort war gefallen , seit die klagende Stimme der Majorin verstummt war . Und es schien Tosia in dem schr Sturm der Gefühle , der sie durchtobte , als seien Ewigkeiten such seitdem verstrichen . Allein sein , nur allein sein mit sich ! Sich abfinden mit auf den erlittenen Enttäuschungen , klar sich werden über sich Van selbst und die so neue , so ungeahnte Lebenslage . Das waren die Empfindungen , die sie qualvoll beherrschten . das Sie legte die noch immer vom Handschuh bekleidete Ker Rechte auf die Türklinke . " Ich will nun ablegen und mich ein bißchen ßurechtnich machen " , sagte sie leise . Dann stand sie mit hervorbrechenden Tränen draußen dam im Flur . Alle Selbstbeherrschung verließ sie . sich Das also war die Heimkehr ? Die Erfüllung jener weil unstillbaren , nie schweigenden Sehnsucht , die ßwölf Monate lang sie unablässig begleitet und ihr jeden Genuß , jede noch leid . Freude vergällt hatte ! ? Als wären Verfolger hinter ihr her , so lief sie die Treppe Auge erho empor . In der Traulichkeit des ßimmers , das man der großen Tochter gewiß liebend bereitet hatte , wollte sie sich wieder- Gest finden , gute Vorsätße fassen , neue Liebe in ihrem Herßen werde sammeln . Klopfenden Herßens , von heimlichem Hoffen beseelt , stieß sie die Tür ihres ßimmers auf . . . Sie fand Kälte und Finsternis . Nach dem ersten Schreck tröstete sie sich . Sicherlich würde man ihr das große , schöne Fremdenßimmer neben der Schlafstube der Eltern eingeräumt haben ! Oh , der gute , gute Vater , diese liebe Mutter ! Ihre geheimsten und Wünsche hatten sie ihr abgelauscht ! Was für Überraschungen da wohl noch ihrer warteten ? Ein echtes Mädchenstübchen vielleicht ? Mit Sofa und Schreibtisch und Bücherschrank wohl gar - ? - - dem Tosias ßitternde Hand suchte nach dem Leuchter auf dem Nachttisch des Vaters . Endlich . . Das Und ßweimal erlosch das Streichholß , ehe die Keße wirklich brannte . Ach , daß die Eltern sie nicht heraufbegleitet hatten , außen damit sie alle ßusammen sich an der Überraschung jener weideten ! Vergessen war das eben leid . Leuchtenden , lachenden erhobenen Hand . Ein deckenhoher Spiegel warf funkelnd ihre ganße Aber nein ! Solch ein Luxus ! Gans eitel würde sie werden , wenn sie in ihren vier Wänden keinen Schritt in ßukunft tun könnte , ohne ihre niedliche - wirklich , sie l fand es - , riesig niedliche Person vom Scheitel bis ßur Stoß Fußspitße bewundern ßu müssen . una Ah ! Und diese wohlige Wärme ! Und der Duft ! ! Das heißt , es roch viel ßu stark im ßimmer . Sie würde wen die Fenster bis ßum Schlafengehen weit öffnen müssen . Tosias Fuß betrat einen weichen , weichen Teppich . und Ach , und da war auch das kühn erträumte Sofa - - Ein Schrei des Entßückens hallte von ihren Lippen , Das doch der jedoch ebenso jäh abbrach . Kein Bett im ßimmer ? Und hier und dort und da Gegenstände , die unmöglich für sie bestimmt sein konnten , gew und die sie ßum Teil als der Mutter gehörend erkannte . Beschämt schlich sie davon . Es war natürlich das Ankleideßimmer der Mutter , das kosige Nest der armen , ewig Frei Kränkelnden , das sie da Gans vermessen für das ihre gewori Was halten hatte . Schaf Und wieder tröstete sie sich rasch . Das wäre ja auch viel ßu schön und üppig für sie ge- und Wesen ! Drüben würde man ihr schon auch ein niedliches he- Nest bereitet haben . Was tat es , daß man vergessen hatte echte ßu heißen ? Es war ja doch Frühling - - Aber dann weinte Tosia fassungslos . Als ob es nie , ßu , 3 nie wieder im ganßen Leben Glück und Freude geben frühkönnte , als ob alles Leid der Erde auf ihr junges Herß sogan ßermalmend sich gesenkt hätte . Auf dem schmalen , eisernen Bett , in dem sie die lustigen , Sie von keinem Kummer getrübten Träume ihrer Kindheit sprac geträumt hatte , lag sie wie vom Blitze hingefällt und vergrub das Antlitß in dem harten Roßhaarkissen . trat Nur nichts sehen - ! - Nicht sehen , daß da alles - alles noch beim alten war ! traut Das " gräßliche " Arbeitspult mit der Holßbank davor , 19 an dem sie die schlimmsten Stunden ihres Daseins seufßend Mutt sie verbracht hatte . Der klobige Tisch , verschrammt und verßur stoßen , eine leibhaftige Anklage gegen taschenmesserbewehrte , unartige Mädchenhände . Und der elende Kinderwaschtisch - - ach , alles an seinem alten Platz . Nur der Puppenwinkel grinste leer und öde nach ihr hin . Von neuem umklammerten ihre Hände die Bettstatt und rüttelten ßornig daran . Natürlich ! Die Puppen hatte man ihr genommen ! ! Das einßige , woran ihr Herß hing - - - und vergaß doch Gans und gar , was für schlecht behandelte , bemitleidenswerte Geschöpfe diese Puppen schon seit Jahren gewesen waren . Oh , wäre sie an Rose-Maries Stelle ! An- Die war nun auch daheim . Wie ßärtlich würde die ewig Freundin im Kreise der großen Familie wohl aufgenommen e geworden sein ! Und solch einen Bruder ßu haben wie Rolf ! ! Was für verheißungsvolle Andeutungen er auf der gemeinschaftlichen Reise gemacht hatte , über die Vorbereitungen und - Gans im Vertrauen - die Überraschungen , die ihrer bei der Rückkehr aus der Pension harrten ! Gewiß ein hatte echtes , süßes Jung-Mädchen-ßimmer . .. Nein , Tosia hatte ein Recht ßum Weinen . Sie war geben früher aus all solchem " Kram " nichts gemacht , ja , ihn Herß sogar als " weibisch " verachtet hatte . Und plötzlich war sie eingeschlafen . Aller Not entrückt . ndheit sprach so liebe Worte vom Wiedersehen - - - Und dann war sie in Krotoschewo , und Fräulein von Junghart , die geliebte Lehrerin aus Schloß Frauenstein , trat mit ihrem leichten Schritt über die Schwelle des alten , Licht und hell gestalten für die geliebten Eltern - - Glück auf , Tosia ! Und Tosia schluchßte und lächelte im Traum . . Dann kam die alte , treue Dore herauf , stellte einen großmächtigen Napfkuchen auf den Tisch und steckte den Blumenstrauß hinein , so daß der erste Blick der Erwachenden darauf fallen mußte . Und aus dem Schrank nahm sie all die schönen Sachen , welche die " Pana " ßum Empfang des Töchterleins hatte machen lassen , und breitete sie im ßimmer aus . Mit einem liebevollen Blick auf die Schläferin schlich sie schmunßelnd auf knarrenden Sohlen davon . Als später der Major heraufstieg , um ßu sehen , wo Tosia blieb , und sie ßum Abendessen ßu holen , mußte er mehrmals ihren Namen rufen , ehe sie sich ermunterte . Lächelnd , all des Kummers nicht mehr gedenkend , sprang sie in die Höhe . Dankbar und freudig bewunderte sie die " Bescherung " , die Dore höchst eigenartig bereitet , und hüpfte dann plaudernd am Arme des Vaters die Treppe hinab . d 1 e n v ei fe he den des im wo und 3 . " Auf Wiedersehen , Mama ! " Für einen Augenblick steckte Tosia den Kopf durch die Spalte der Wohnßimmertür , um sie hastig wieder hinter sich ßußuschlagen . Eilend wollte sie davon , doch der Mutter Stimme hielt sie ßurück . " Tosia ! - Tosia - - ! Wo willst du hin ? " Tosia ßauderte . Wäre es nicht möglich , diesen Ruf überhört ßu haben ? Denn ihr ahnte nichts Gutes . Aber schließlich siegten Ehrlichkeit und gute Vorsätße . Langsam ging sie hinein , den aufsteigenden Unmut niederswingend . Frau Eschenhorst lag , von Kissen und Decken fast begraben , in einem Schaukelstuhl an der geöffneten Gartentür , durch die eine ungewöhnlich warme Maisonne hereinlachte . Nach einer langen Reihe von Regentagen , die Tosia das Siechwieder-Einleben in der alten Heimat nicht erleichtert und verschönt hatten , war es der erste köstlich warme Sonnentag . " Wo willst du denn hin ? " fragte Frau Eschenhorst noch einmal unwillig . " Adolf und " Tönchen " holen mich ßum Spaßierenfahren ab . " " Du vergißt wohl Gans , daß du um Erlaubnis ßu fragen hast , ehe du das Haus verläßt - - " Sie darf nicht ! Tosia lachte belustigt . " O Mama , du machst wohl Spaß ! ! Früher fragte ich doch auch keinen Menschen ! Und nun jetzt gar , wo ich erwachsen bin . . . " Schlimm genug ! " brauste die Mutter auf . " Jedenfalls , jetzt wirst du fragen ! Außerdem schickt es sich nicht , ßu fahren allein mit ßwei Leutnants ! Hole Handarbeit und setze dich ßu mir . " Ohne ein Wort ßu erwidern , verließ Tosia das ßimmer und trat aus der Haustür . Der Leutnant Hohndorf fuhr seinen Dogcart in dem großen Hof herum , immer mitten ßwischen die sich empörende Enten- und Hühnerschar . Es war ein Höllenlärm . " Na , kommst du endlich , Tosia ! " rief er und hielt seinen Goldfuchs dicht neben der Kusine an . Und " Tönchen " schüttelte mißbilligend den Kopf : " Was man von dir denken soll , weiß ich wirklich nicht , Tosia ! Früher brauchtest du noch keine Minute , um das Kleid ßu wechseln . " Ja , früher ! " sagte Tosia bitter . " Freilich , es steht dir entßückend ! " fuhr der jüngste Leutnant im Regiment feurig fort . " Rede ' doch kein Blech ! " fertigte das junge Mädchen ihn unwirsch ab . Die Leutnants lachten . Gans glücklich waren sie immer , wenn Tosias alte Natur einmal wieder durchbrach . Tödliche Beleidigungen hätte sie jetzt schleudern dürfen , ohne daß man sie übelnahm . Aber sie schleuderte keine - - leider - - " Nun steige ' bloß Mal endlich auf ! " drängte Adolf , ungeduldig die Uhr ßiehend . " Wir haben nur noch eine Stunde und achtßehn Minuten ßeit . " Fahrt alleine ! " sprach sie Kurs und wandte ihnen den Rücken . " Tosia - . .. - !! wo ich fahren of : jüngste immer , Stunde " Tönchen " riß die lange Fahrpeitsche an sich und war , sie der Davonschreitenden gleich einem Lafso über den Kopf . " Nee , du , so haben wir nicht gewettet ! Kehrt gemacht und Rede gestanden . Vorsichtig versuchte er , die Freundin wieder an den Wagen heranßußiehen . Schweigend kroch sie aus der Schlinge . Mit würde- 1 *2 5 Hif t u i dd B vollen , abgemessenen Bewegungen . Was war das nur mit ihr ? Und sie lachte nicht und schalt und wetterte nicht ? Nun schlug sie ßum erstenmal die Augen ßu ihnen auf , diese sonst so klaren , schönen blauen Augen . Donnerwetter , weint sie etwa ? dachten die beiden Herren erschrocken und sahen diskret von ihr weg nach verschiedenen Seiten . Sie streckte ihnen die Hand entgegen und sagte in einem Tone , als gälte es einen langen , schweren Abschied ßu nehmen : " Lebt wohl ! " Der Vetter ergriff ihre Hand und hielt sie fest . Innig sah er auf sie nieder . " Nun sagst du uns aber erst , was los ist , Tosia ! Bitte 16 ja ? Und " Tönchen " sekundierte eifrig . " Ja , denkst du etwa , wir führen nun lustig davon und ließen dich hier einfach Trübsal blasend ßurück ? Was glaubst du eigentlich von uns ? " Sein Grimm war so voller Komik , daß Tosia nun doch lächeln mußte . Und damit hatte sie sich auch wiedergefunden . " Ich darf nicht ! " sagte sie betrübt und entrüstet ßugleich . " Denkt euch bloß so etwas : Tosia Eschenhorst , die daheim immer alles getan hat , was sie nur irgend wollte . . . sie darf nicht ! ! Und in Frauenstein bildete ich mir ein , das freie Leben ginge nun wieder von vorne an ! Gans ratlos sahen die Leutnants auf sie herab . Auch ihnen erschien es schier unglaublich , daß Tosia , dieses in Freiheit aufgewachsene Füllen , nun plötzlich etwas nicht " dürfen " sollte . " Ja , aber warum denn nicht , um Himmels Willen ? " fragte Adolf und kitßelte gedankenlos den Goldfuchs mit der Peitsche . Und Anton hetßte kindisch : " Laß es dir nicht gefallen , Tosia ! " " Jüngelchen , davon verstehst du ja nun nichts ! " sagte Tosia ruhig überlegen und setzte dann pompös hinßu , so hoch sich aufreckend , wie es nur möglich war , "- denn es schickt sich nämlich nicht , meine sehr verehrten Herren ! Die Leutnants machten nicht eben geistreiche Gesichter , was Tosia vollends ihren Frohsinn wiedergab . Ihr altes , frisches , wohlbekanntes Lachen tönte über den Hof . nun an ! " nicht " Na , ihr seid wirklich possierlich ! Geht euch das etwa über euren Horißont ? ! Ich bin doch nun eine " junge Dame und - - und habe einen ernsten Lebensßweck - Blick und Stimme verschleierten sich von neuem , und um das nicht merken ßu lassen , versetzte sie dem Goldfuchs einen so heftigen Schlag auf den Hals , daß er nervös davonstob . Adolf haschte eiligst nach den sorglos hängenden ßügeln , " Tönchen " riß aufgeregt die Peitsche an sich . Und von Tosias jubelndem Lachen verfolgt , karriolte das leichte Gefährt in hüpfenden Sprüngen durch das noch genau wie vor Jahresfrist schief in seinen Angeln hängende Hoftor . Denn der Hausbesitßer ließ lieber alles verfallen , ehe er auch nur einen Groschen für Reparaturen verausgabte . Vorüber an dem langen , wackligen Gartenßaun , an anderen , ähnlich verfallenen Häusern ging es im Saus , und man war schon auf der ßdunyer Chaussee angelangt , als es dem Leutnant Hohndorf endlich gelang , das eigenwillige Pferd ßu einem regelrechten Trab ßu bewegen . " Wollen wir nicht umkehren und sie holen ? " fragte der Leutnant von Brederloh - wie " Tönchen " nämlich außerdem noch hieß . " Woßu ? Sie " darf " ja doch nicht ! " Eine Weile fuhren sie schweigend ßwischen den unabsehbaren Feldern , auf denen in lichtem Grün die junge Saat prangte , dahin . Endlich begann " Tönchen " von neuem , schüchtern und unter heißem Erröten , was ihn recht mädchenhaft erscheinen ließ : " Findest du nicht , Hohndorf , daß sie einfach süß geworden ist ? " Mit düsterer Miene starrte der Angeredete auf des Tieres Mähne , die in lauter niedliche , kleine ßöpfchen geflochten war und mit himmelblauen Schleifchen endeten . Erstens hatte er sich das als ßarte Aufmerksamkeit für die goldblonde Tosia und ihre Leibcouleur ausgedacht , dann aber liebte er es auch , etwas Apartes ßu haben , etwas , worüber die Krotoschewoer Spießbürger sich aufregen konnten . " Ich werde sie umtaufen ! " sagte er , nachdem der Freund lange genug auf eine Antwort geharrt hatte , und knallte mit der Peitsche über dem Roßlein hin , so daß es nicht übel Lust beßeigte , wiederum einen kecken Galopp ßu riskieren . Verständnislos sah Brederloh auf den unvorsichtigen Rosslenker . " Wen - - 2 ! - Die Tosia - ? - 1 " " Blödsinn ! ! Die Rosinante natürlich . J4 " Ja , das wollen wir ! " begeisterte " Tönchen " sich , " das ist ein grandioser Gedanke ! Und als sie nun endlich im Walde anlangten und ein kleines Bächlein ßu Seiten des Weges gluckste und murmelte , sprang er vom Wagen . Hingenommen von der herrlichen Idee , vergaß er alle Sparsamkeit und schöpfte mit seiner guten , neuen Mütße Wasser . Unter vorsichtigem Balancieren erklomm er dann wieder seinen Sitz . " Los ! Nun taufe , Hohndorf , aber etwas plötzlich , wenn ich bitten darf ! Sonst dritt das Jordanwasser durch die Mütße hindurch . " Kindskopf ! " sagte Hohndorf und lächelte überlegen . " Tönchen " aber war nun einmal im ßuge . " So taufe ich dich denn , du Schöne , an Stelle deines Besitßers , der dich nicht verdient ! " sprach er feierlich , daß es klingend den Wald durchdrang . " Tosia sei fortan dein Name ! Mache deiner Gevatterin Ehre ! Und bei dem mit Pathos hervorgeschleudert Worte " Ehre " schwangen seine Hände die Mütße über Tosia JJ . Natürlich kam es ßur Katastrophe . Für die nächste etwas , daß es Lob ßu ichtigen nächste Viertelstunde wußten die beiden Leutnants nicht recht , wie ihnen eigentlich geschehen war . Querfeldein , über Stock und Stein jagte die empörte " Schöne " , die von der ganßen Taufhandlung recht wenig verstanden und nur den Guß " Jordanwasser " auf ihrem goldglänßenden Fellchen mehr als übel vermerkt hatte . Atemlos und schweißtriefend landete das Trio dann glücklich nach geraumer ßeit vor den Pforten der Kaserne , nicht Gans pünktlich nota bene . Und dank der Mücken Tosias der Vierbeinigen erhielten die beiden Leutnants von dem Herrn Vorgesetzten eine Gans gehörige Nase . 4. Tosias Mission . Als sie den Dogcart ßum Hoftor hinaussausen sah , kehrte Tosia lachend ins Haus ßurück . Der Anblick der verblüfften Leutnants und des nach allen Seiten auskeilenden Goldfuchses hatte sie derart erheitert , daß der Schmers , nicht mit bei dieser gewiß köstlich wilden Partie sein ßu können - für den Augenblick wenigstens - vergessen war . Strahlend betrat sie die Gartenstube . Und da ihre lebhafte Natur nach Mitteilung verlangte , begann sie sofort : " Nein , Muttel , das hättest du bloß sehen müssen . Sie sind davongejuxt , als ob der Gottseibeiuns hinter ihnen her wäre . Unwillig sah Frau Eschenhorst ihr entgegen . " Wie oft sage ich dir , daß ich nicht will hören dies vulgäre " Muttel " , tadelte sie in ihrem hart gesprochenen Deutsch . " Und überhaupt , was für eine unfeine , jungenhafte Ausdrucksweise ! Und wie du wieder mit dem Kamm durch die Haare fährst . Wie eine Wilde siehst du aus um den Kopf . . . - Man tut das überhaupt in seinem Schlafßimmer . Diese ßurechtweisung paßte Tosia durchaus nicht . sah , der Auster ihre Sie dies nicht . Doch einer Vision gleich tauchte der mahnend erhobene Finger Fräulein von Junghardts vor ihr auf . Noch lebte dieses Bild frisch in ihr , noch wirkte diese Erinnerung nach . Und so preßte Tosia die Lippen aufeinander und schwieg . Aber sie kannte sich ßu genau , um sich nicht klar darüber ßu sein , daß das sich eines Tages ändern würde . Und was dann werden sollte - - - Ein vernehmlicher Seufßer entfloh ihr . " Nun bist du natürlich schon wieder beleidigt ! " schalt die Majorin . " Ich kann mir denken , es war viel schöner , als man konnte tun und lassen alles nach eigenem Belieben . Als die arme , kranke Mama allein saß , mutterseelenallein in der Fremde - - " O Mama , das war deine freie Wahl ! Pappchen und ich haben dich genug entbehrt und uns gewünscht , daß es anders sein möchte - - " Tosias Stimme verlor sich in Schluchßen . " Ach , mein Kind , das klingt wie ein Vorwurf " , sagte die beklagenswerte Frau betrübt . " Du kannst mich nicht verstehen ! Glaubst du nicht , daß ich auch wie andere Mütter gern hätte gelebt immer mit meinem lieben Kinde und mich an ihm erfreut ? ! Meinst du nicht , daß es war namenlos traurig für mich , ßu Sitzen den größten Teil des Jahres 14 schwach und kränklich fern von meiner lieben Familie ? Sie brach in bittere Tränen aus . Sofort war Tosia an ihrer Seite . ßärtlich umfing sie die Gestalt der Weinenden . Wie man ein trostloses Kind beschwichtigt , so sprach sie liebe , beruhigende Worte . Sie hatten einfach die Rollen getauscht , und jede von beiden fühlte sich augenscheinlich in ihrem Element . Schnell wie der Ausbruch gekommen war , ging er auch vorüber . Ihre Tränen trocknend , lächelte Frau Eschenhorst innig der Tochter ßu , die für ihr Wohl sich liebevoll bemühte , die klaglos um ihretwillen das heiß ersehnte Vergnügen aufgab . Ermattet und dennoch froh und ßufrieden lehnte sie sich in die Kissen ßurück , die Tosia ihr frisch aufgeschüttelt hatte . " Nun Sätze dich , Kind , und erßähle mir etwas Hübsches . " Gleich , Mamachen , ich will mir nur eine Arbeit holen . " Das ist sehr gut . .. das gefällt mir ! " lobte die Mutter . " Aber höre , du wirst doch etwas machen für mich ? Einen schönen Kragen sticken oder ein Kissen ? Ich sah neulich etwas Gans Unnötiges in deinen Händen , einen mühsamen Durchbruch - " Ich brauche neue Hemden , Mamachen , und da dachte ich " J wo , da kauft man ein einfaches Spitßchen " , wehrte die Mutter ab . " Ich liebe es Gans und gar nicht , wenn junge Mädchen treiben Luxus in diesen Dingen . Und man kann den Dienstmädchen nicht ßumuten ßu plätten diese mühseligen Sachen . . . " O Mamachen , du hast doch aber selbst alles so wundervoll ! " warf Tosia schüchtern ein . " Das ist etwas Gans anderes , mein Kind . Ich bin noch einmal so alt wie du und krank , und meine einßige Freude diese Dinge . . . Gehe , oben in meinem Arbeitskorb liegt eine Kragengarnitur , sehr schön . Ich habe gekauft sie in Nißa - - Oh , la belle Nice ! " - wie Verklärung huschte es über ihr blasses , kränkliches Gesichtchen - - " die wirst du mir sticken fertig , nicht wahr , Tosia , Chrie ? Willig holte Tosia die Stickerei und machte sich an die sehr mühevolle Arbeit . Wie froh war sie nun , daß Fräulein von Junghart so energisch darauf bestanden hatte , ihr Und liegt wirst Eine Weile saß sie stumm . Emsig ßog sie den Seidenfaden durch den feinen Stoff ; doch ihre Gedanken waren bei den Freunden auf der lustigen Fahrt durch den grünen Wald . " Aber du solltest mir ja etwas erßählen , Tosia " , drängte schließlich Frau Eschenhorst , die das Schweigen langweilte . " Von der Pension und von der Reise . So wenig habe ich noch gehört von dem allen . " Und Tosia freute sich , daß die Mutter endlich Teilnahme dafür beßeigte , was ihr junges Herß noch so warm und wonnig erfüllte . Und wie aus einer aufgesogenen Schleuse , so schoß der Strom ihrer Erlebnisse und Erinnerungen durch die von Maienduft und -wärme durchflutete Gartenstube . Vom ersten Anfang an begann sie . Wie feindselig sie von Tante Adolfine geschieden sei . . . " Das ist kein Wunder ! Sie ist auch wohl nicht liebenswert " , sagte Frau Eschenhorst , welche die Kusine ihres Mannes nur sehr wenig kannte . Aber da geriet Tosia in Feuer . Mit ungeheurem Eifer verteidigte sie die " gute , gute " Tante Adolfine und gestand beschämt , wie sie selbst ein solcher Nichtsnutß und an allem , aber auch an allem schuld gewesen sei . Jedoch davon mochte die Mama nichts hören . " Passons là dessus ! " wehrte sie mit ihren kleinen , weißen Händen dem töchterlichen Redefluß , " du mußt dich nicht machen unnötig so schlecht . Du bist ein gutes Kind mit einem weichen Herßen . Sprich was anderes . " Und Tosia fing an , die kurßweilige Fahrt ßu schildern , nun oer das Pensionsjahr begonnen hatte . Doch bald alle diese Kunstfertigkeiten beißubringen . Nicht gern würde sie der Mutter gesagt haben : " Das kann ich nicht ! schon wieder stockte ihre Rede . Eine unwillkürliche Scheu verschloß ihr die Lippen und hinderte sie daran , der Mutter von Rolf Hardarsen , dem Bruder ihrer vielgeliebten Freundin Rose-Marie , ßu sprechen . Es tat ja auch nichts ßur Sache , ob sie erfuhr , daß die ßufällige Gegenwart dieses fröhlichen Menschen jene Reise ßu einer besonders heiteren gestaltet hatte . So sprang sie mit kühnem Satße mitten in den Klosterfrieden von Frauenstein hinein . Alt und jung , durch ein paar knappe Worte in seiner Eigenart geschildert , ßog an dem Auge der Majorin in fast greifbarer Wirklichkeit vorüber . " Liebkind " säuselte , der Professor wetterte , la Réunion des Six marschierte mit ihrem kecken Feldgeschrei durch die Stube und trieb mit " Monsieur " , dem drolligen Tanßlehrer , ihren Scherß . Und Frau Eschenhorst lachte und amüsierte sich . Gans stolß war sie auf die große Tochter , die so hübsch ßu erßählen verstand . Und fast ärgerte sie sich , als Tosia schließlich mit Gans veränderter Stimme von ihrem guten Engel , ihrem geliebten Fräulein von Junghart ßu reden begann . Denn mit dem Moment wurde Tosia eine Gans andere . Fortgewischt aller Übermut , die sprudelnde Schelmerei . Wie man ein Heiligtum nicht mit derber Hand angreifen möchte , so klang aus ihren Worten eine verhaltene , tiefe , dem Herßen entquellende Innigkeit . Doch mit dem feinen Taktgefühl , das sich unter der sorgsamen Pflege von Fräulein von Junghart so schön entwickelt hatte , spürte sie rasch , daß der Mutter gute Laune verflog . Daß sie nichts davon wissen mochte , wie lange einer anderen der erste Platz im Herßen ihres Kindes gehört hatte . Tosia wunderte sich , wie klar und vernünftig sie das alles sah . Welch ein Glück , daß Fräulein von Junghart sie solch liebevolles Verstehen gelehrt hatte ! Ach , wenn Scheu trieb Gans ihrem Denn Kindes sie das , wenn der liebe Gott ihr doch helfen wollte , immer nach dem Vorbilde dieser Teuren , Fernen ßu handeln ! Nachdem sie das Heer ihrer Gedanken gesichtet hatte , schickte sie sich an , von etwas anderem ßu sprechen , von etwas , das ihr sehr am Herßen lag . Sie hob den blonden Kopf und sah eindringlich ßu der Mutter hinüber . " Und was soll nun eigentlich aus mir werden , Mama ? " Erschrocken fuhr die Leidende in die Höhe . Wie Rotkäppchen den bösen Wolf , so schaute sie verängstigt ßu der Tochter hinüber . " Wie meinst du das , Tosia ? Ich verstehe dich überhaupt gar nicht . . . Tosia lachte vergnügt und warf die Arbeit hin . Mit jungenhaftem Satße , welcher der alten Tosia nichts nachgab , war sie neben dem Stuhl der Mutter . Stürmisch umhalste sie die nervös bebende Frau . " O du kleine , kleine Misi-Mama ! Du guckst mich ja an , als wäre ich der schwarße Mann ! So goldig siehst du aus , Mamachen , wie ein Gans kleines Mädchen , das sich vor einer bösen alten Märchen-Stiefgroßmutter fürchtet - ! " Sie lachte ausgelassen und nahm von neuem mit Beschütßerinnenmiene die ßarte Frau in ihre Arme . Vergebens versuchte die Majorin ein strenges Gesicht aufßustecken . Es mißlang vollständig . Und so lachten sie ßusammen ein gar vergnügliches Duett . Aber als sie genug gelacht hatte , warf Tosia die goldenen Haarringel aus der Stirn ßurück und sagte noch einmal , mit einem sehnsüchtigen Blick in die Weite und einem Ton , der keinen ßweifel an dem Ernst ihrer Frage aufkommen ließ : " Ja , Mamachen , also nun müssen wir doch Mal über meine ßukunft reden ! " Als Frau Eschenhorst merkte , daß die Tochter durchaus nicht spaßhaft aufgelegt ßu sein schien , warf sie sich so ungehalten in ihren Schaukelstuhl ßurück , daß er einige heftige Schwingungen vollführte . " Wie du einen aber doch kannst ärgern , Tosia ! " schalt sie aufgebracht . " Nun hast du mir wieder verdorben meine ganße gute Stimmung ! Ich weiß gar nicht , was diese törichten Fragen sollen ! Als ich war ein junges Mädchen , dachte kein Mensch an so etwas , und ich bin doch wahrhaftig auch noch keine Urgroßmutter . " Ja , an was dachtet ihr denn , als ihr junge Mädchen wart ? " fragte Tosia wißbegierig . Die Majorin hüstelte in leichter Verlegenheit . Tosia konnte recht unbequem als Fragestellerin sein . Viel besser , das verfängliche Thema kurßerhand abßubrechen . " Mit siebßehn Jahren macht man einfach noch kein ßukunftsprogramm . . . " Und warum nicht , Mamachen ? " fragte Tosia erstaunt . " Fräulein von Junghart hat uns in der Pension gerade das Gegenteil gelehrt . Sie meinte , daß wir nicht früh genug unser späteres Leben bedenken könnten . . " Du sprichst da lauter unverstandene Sachen , mein Kind " , sagte die Majorin kühl . " Und ich Teile gar nicht die Ansichten von deine liebe Fräulein . Ein heftiges Wort schwebte auf Tosias Lippen , doch schluckte sie es tapfer wieder hinunter . So fest hatte sie sich ja vorgenommen , nie außer acht ßu lassen , daß die Mutter durch stetes Kränkeln und Elendsein gereist und nervös war . Man durfte nicht mit ihr rechten . Außerdem hatte Fräulein von Junghart ja auch gesagt , daß ihr , als der Tochter , das gar nicht ßukam . " Vielleicht weißt du nicht , wie sie das gemeint hat , Mamachen " , sprach Tosia sanft . " Soll ich es dir Mal erßählen ? 1r Und auf ein kaum merkliches Kopfnicken hin wiederholte sie die treulich bewahrten Worte der geliebten Lehrerin . U se 4. d 9 9 5 tige ftig die sich der er- 35 Gewissenhaft hatte sie alles ßusammengetragen , was bei dieser und jener Gelegenheit gesprochen worden war . Und mit Stolß und Freude wurde sie sich bewußt , daß die liebevolle Hand nicht umsonst die gute Saat ausgestreut hatte , sondern daß die Samenkörner in ihrem Herßen fröhlich sproßten und grünten . meänß K. vmn Ranncan , B , cn , 3ger " So , also vom Heiraten rät euch ab diese Dame ? ! " -- setßungen der Tochter . " Aber wer kann wissen den Grund daßu ! Ich finde nicht schön von ihr , daß sie euch will machen alle ßu alte Jungfern . " " Nein , Mama , so verhält sich das wirklich nicht ! " flammte Tosia auf . " Glaube ' mir , wenn du Fräulein von Junghart kenntest , würdest du so etwas gar nicht denken . Sie meint ja nur - und hat sie denn nicht recht damit ? - , daß man doch nicht wissen kann , ob man nun gerade den Mann bekommt , den man lieb hat . Und die Liebe , Mamachen , die ist doch nun Mal die Hauptsache beim Heiraten , nicht wahr ? " setzte Tosia aus eigenem Ermessen mit allerliebst altkluger Miene hinßu . " Stelle ' dir doch nur vor , was sollte man denn wohl ein ganßes Leben lang mit solch einem Ehegesponst anfangen , das man nicht unmenschlich lieb hat ? Seufßend verschränkte Frau Eschenhorst die Hände hinter ihrem dunklen Lockenkopf . " Ach ja , so lieb hatten wir uns auch , dein Vater und ich . Aber dann kam das Unglück meines Krankseins , und ich mußte nach dem Süden , Jahr für Jahr , meines armseligen , gebrechlichen Körpers wegen . Jnßwischen habt ihr euch müssen gewöhnen ohne mich ßu sein , fertig ßu werden ohne mich ! Da ist es kein Wunder , wenn ihr mich nun auch nicht mehr braucht ! " " Mama !!! Das ist ein Irrtum ! Verßeih , aber wenn du das glaubst , kennst du den Vater nicht ! Wenn du wüßtest , wie er stets unter deinem Fernsein litt , wie er sich nach dir sehnte und wie er glückselig an mich schrieb , als es hieß , du wolltest nun für immer ßu uns ßurückkehren . Nein , meine geliebte Mama , tue ihm das nicht an und denke so von ihm ! " Mit glühenden Wangen war Tosia neben dem Stuhl der Mutter in die Knie gesunken . Bebend küßte sie immer wieder die feinen , blassen Hände und netßte sie mit ihren Tränen . Hier war - sie fühlte es so deutlich - wieder ein Teil ihrer Mission , deren Erfüllung , deren Segen Fräulein von Junghart ihr geweissagt und so warm ans Herß gelegt hatte . Wenn ihr das gelänge - - - Schluchßend , in einem unbeschreiblichen Gemisch von Angst und Glückseligkeit , preßte sie ihr Antlitß in der Mutter Schoß . Und Frau Eschenhorst weinte auch . Einem lindernden Balsam gleich fiel die hingebungsvolle Liebe ihres Kindes in ihr durch Lewen und Einsamkeit verbittertes Herß . d d i ihr du von von In ein Lächeln wehmutsvollen Glückes verwandelte sich der herbe ßug , der meist um ihre Lippen lag . " Mein Kind ! Meine gute Tosia ! ßärtlich hielten Mutter und Tochter sich umschlungen . Als der Major in diesem Augenblick die wenigen Stufen der Gartentreppe emporstieg und mit stillem Gruß über die Schwelle trat , herein in das vom Segen der Liebe erfüllte Gemach , streckte Frau Eschenhorst über das Haupt ihres Kindes hinweg beide Hände innig nach dem Gatten aus . Und mit einem dankerfüllten Aufblick ßum blauen Himmel , über dem ein allgütiger Schöpfer wohnt , nahm der ernste Mann wortlos Weib und Kind in seine starken , treuen Arme . 5enminie nect . Se- Wichtige Beratungen . Am folgenden Tage setzte Tosia sich freiwillig , ungeachtet der Lockungen , die von Seiten der Freunde an sie ergangen waren , ßur Mutter ins Gartenßimmer . Die guten Vorsätße , die unter der ßuweilen nicht leichten Aufgabe der letzten Wochen schon ein wenig ßu verblassen begonnen hatten , waren durch das gestrige Erlebnis wieder wachgerüttelt worden . Ein Sommertag war_es wie seine Vorgänger , und eine weiche Stimmung lagerte über den Gemütern . Auch Frau Eschenhorst hatte eine kleine Nadelarbeit ßur Hand genommen . Obgleich ihr Rücken heftig schmerßte , bemühte sie sich , minder bequem in ihrem Schaukelstuhl ßu Sitzen . So vielerlei gab es nun ßu tun , und man mußte doch der großen Tochter mit gutem Beispiel vorangehen . Und Gans von selbst nahm sie heute das Gespräch wieder auf , das sie gestern mit solchem Unwillen erfüllt hatte . " Du hast gestellt mir gestern eine sonderbare Frage , Tosia , und ich möchte kommen ßurück darauf noch einmal " , sprach sie sanft , ßwiefach gerührt durch den Eifer , mit dem die Tochter sich ihr und der schwierigen Handarbeit widmete . " Ich sage dir Gans offen , daß ich nicht sehe mit Freude solche neumodischen Ideen bei meiner Tochter , wo ich gefunden habe , daß die vorigen Generationen gewesen 2 in E 3 1 1 3 ßur dem * sind auch ohne das glücklich und ßufrieden - Oh , viele , viele Generationen . Aber nun bist du einmal erßogen in dieser Weise , und nun will ich , deine Mutter , auch hören deine Gedanken , die mir übrigens oft scheinen ein wenig kraus in deinem Kopfe . Über Tosias arbeitseifrige Miene huschte ein frohes Lächeln . " Das war eigentlich bei uns allen in Frauenstein der Fall , Mamachen . Stelle dir nur vor , was da für ein Unsinn ßusammengedacht wird , wo so viele unnütße Mädels beieinander sind ! Der Schaukelstuhl der Majorin begann etwas erregter ßu wippen . " Also war die ganße Reederei von ßukunft und was aus dir soll werden nur ein Unsinn ! ? " Tosia schnellte in die Höhe , obgleich sie sich die ganße mühsam angelegte Spinne , die den Kragen der Mutter ßieren sollte , dadurch verdarb . " Nein , Mama , das war mein bitterer Ernst . " Nun gut . . . also - 2 " Ich kann doch nicht immer einfach hier so Sitzen und handarbeiten oder die ßeit totschlagen , Mamachen - " und wieder den drollig belehrenden Ton anschlagend , " weißt du , das war früher so , als die Mädchen dasaßen und auf einen Mann warteten , und wenn er nicht kam , sehr schnell alte Jungfer wurden . Aber das ist eben jetzt Gans anders . Und so richtige , komische alte Jungfern , von denen manche Bücher noch erßählen , die gibt es eigentlich gar nicht mehr . Und ßwar deshalb , weil alle etwas Tüchtiges lernen und kein ßweckloses , unbefriedigtes Dasein führen . Auf diese Weise bleiben die Mädchen jung und frisch , wenn sie eigentlich auch schon uralt sind ; und wenn sie dann plötzlich noch Lust haben ßu heiraten , können sie es immer noch tun . Fräulein von Junghart sagt , das gäbe oft die glücklichsten Ehen . Erstens , weil solche Mädchen nicht wie oft die blutjungen Dinger die faule , sich bedienen lassende gnädige Frau spielen , sondern arbeiten wollten und die Arbeit verstünden , und ßweitens - - " , suchend glitten Tosias Augen umher , " und ßweitens - Jedoch der Weisheitsbronnen war augenscheinlich erschöpft . So schloß sie denn unbekümmert und Gans energisch : " Und Kurs und gut , Mamachen , ich muß etwas unternehmen ! " Aufmerksam hatte Frau Eschenhorst dem Redestrom ihres Töchterleins gelauscht . Da sie heute , im Gegensatz ßu gestern , der Unterhaltung wirklich einen guten Willen entgegenbrachte , ließ sie diese Auseinandersetßungen - so sehr sie ihrer Natur auch häufig ßuwiderliefen , ruhig über sich ergehen . Es mochte ja sein , daß ihre Anschauungen unmodern , veraltet waren . In ihrem Hotelleben da unten im Süden hatte sie nicht viel auf die Erßiehung der heutigen Jugend geachtet . Und wenn sie durch Lektüre darauf aufmerksam geworden war , so hatte sie nicht daran gedacht , daß dies auch ihr eigenes Kind betreffe . So leid tat ihr das nun , daß sie Trotz Krankheit den Ihrigen nicht mehr gewesen war , nicht inniger über alle Ferne hinweg mit ihnen gelebt hatte . Freundlich fragte sie : " Nun ja , also was willst du denn " unternehmen ? ! Du redest so große Worte , da wirst du vermutlich dir sein auch klar über alles Weitere ? " " Klar - ? Nein , Mamachen , das eigentlich nicht . Fräulein von Junghart meinte ßwar . . . " Nun , was meinte denn dein geliebtes Orakel ? " Tosia überhörte den leichten Spott in der Mutter Worten . Sie ließ ihre Arbeit im Stich , kam ßur Mutter herüber und , sich leicht auf die Lehne des Schaukelstuhles schwingend , legte sie ihre blühende Wange auf den dunkellockigen Scheitel der Majorin . " Fräulein von Junghart meinte , ich sollte meinen Lebensßweck nur darin sehen , dich ßu pflegen , für dich ßu sorgen , Gans mich dir ßu widmen . .. " Nun siehst du wohl , - Fräulein von Junghart ist vernünftiger , als ich dachte bisher nach deinen kuriosen Reden " , meinte Frau Eschenhorst befriedigt . " Sie hat richtig erfaßt die ganße Situation . Ich begreife nur nicht , was du denn eigentlich noch willst - - - Tosia lachte geßwungen . " Aber , Mamachen , du bist ja gar nicht so krank , wie sie dachte , Gott sei Dank ! ßu pflegen , so Gans richtig , was man pflegen nennt , das gibt es ja gar nicht bei dir . Ich kann dir keine Umschläge machen , keine Medißinen eingeben , keine kühlenden Getränke bereiten , nicht einmal die Temperatur messen . " Höre ' auf ! Höre auf ! " wehrte die für Tosias Betätigungsdrang nicht genügend kranke Kranke entsetzt ab . " Du wirst mir reden noch die gräßlichsten Sachen an den Hals . Als ob es wäre notwendig , ßu liegen gleich fast im Sterben , um ßu haben notwendig eine sorgsame Pflege ! Erschrocken streichelte Tosia der Mutter blasse Wange . " Um Gottes Willen , Mama , wie kannst du so etwas sagen ! Aber ich meine ja nur , daß ich doch mein Leben nicht damit ausfüllen kann , so heute und alle Tage bei dir ßu Sitzen und nutßlose Handarbeiten ßu fabrißieren ! Da würde es ja bald eine ganße Überschwemmung von Kissen , Deckchen und womöglich gar gestickten Pantoffeln geben ! Stelle dir das Mal vor , Mamachen ! Auf deinen seidenen Strümpfen ein Paar Kanevasschuhe mit Rosen und Vergißmeinnicht drauf . . . Nun machte die Majorin ein böses Gesicht . " Sei nicht albern , Tosia ! Als ob es auf der Welt keine anderen Handfertigkeiten gäbe ! Du behauptest ja , von deinem Fräulein von Junghart noch ßu haben gelernt alles mögliche andere . Beweise es also . Male , binde Bücher ein , schnitße , damit kannst du dir schaffen genug Abwechslung . Außerdem sollst du üben Klavier und franßösisch und englisch mir vorlesen . Du wirst nicht haben genügend ßeit - die Tage werden dir sein ßu Kurs für alles das ßu tun . " Und wo soll ich alle diese Beschäftigungen vornehmen , Mama ? " Nun , hier natürlich , in der Gartenstube ! " Aber wird - - " jetzt still , Tosia ! Ich mag nun nichts mehr hören . Richte dich nach meinen Wünschen . Du hast ja gesehen , daß deine Erßieherin in der Pension ist Gans und gar meiner Meinung . Damit war das Gespräch für Frau Eschenhorst beendet . Erschöpft schloß sie die Augen . Und die wilde Tosia setzte sich wieder still ßu ihrer Arbeit , während draußen der Sonnenschein lachte und die Vögel ihre süßen Lieder sangen . Das Programm scheitert , und Tante Adolfine greift ein . So begann nun Tosia nach Wunsch und Angaben der Mutter mit ihren verschiedenen Beschäftigungen . Und es gewährte der kränkelnden Frau eine neue und reißvolle Unterhaltung , der Tochter einen vollständigen Stundenplan ausßuarbeiten , für dessen Innehaltung sie selbst Sorge tragen wollte . Tosia , als die Mutter ihr diesen sauber notierten Stundenplan überreichte , erblaßte vor Entsetzen . Als sollte ihr trostloser Blick das Papier durchbohren , so grub er sich in die vor ihr einen wilden Reigentanß aufführenden Buchstaben . Also ade ihr Träume von Jugendlust und Freiheit ! Sie stürßte in ihr ßimmer und tobte dort ihren ersten Schmers aus . Fast ein Wutanfall war es , ein wildes , haderndes Siechauflehnen gegen die mütterliche Gewalt . Erst als sie in ihrem ßorn ein reißendes Kristallfläschchen , eine bis dahin ßärtlich gehütete Erinnerung an Rose-Marie ßerbrochen hatte , schlug ihr Grimm in weiche Schmerssensestimmung um , und sie vergoß heiße ßähren um den " unersetßlichen " Verlust , den sie selbst sich ßugefügt hatte . So steckte also noch immer ein Teil der ungebändigten , alten Tosia in ihr ? Sie schämte sich ehrlich . Wenn Fräulein von Junghart sie in diesem Augenblick im ßauberspiegel belauscht hätte ! Wie betrübt würde die so innig Geliebte das Haupt geschüttelt haben ! Aber sah denn nicht auch das Leben , das sich vor ihr auftat , gar ßu trostlos aus ? War das im Sinne der teuren Lehrerin ? Hatte sie das wirklich so gemeint ? Ein Dasein in klirrenden , eisernen Ketten ! Ein ödes , freudloses Einerlei , so dehnten sich wie eine endlose Sandwüste die kommenden Tage , Monate und Jahre vor Tosias schauderndem Blick . Und über allem das eine flammende , erbarmungslose Wort : Pflicht ! ! Keine Freude , keine Sonne , keine Blume an ihrem Lebensweg , immer nur das eine : Pflicht ! ! Tosia kam sich entsetzlich beklagenswert vor , gradeßu als Märtyrerin . Und wenn sie sich auch hundertmal vorsagte , daß ja gerade in erfüllten Pflichten , in freudig getaner Arbeit die höchste Befriedigung , der größte Segen des Lebens liegen sollte , so war sie noch nicht weit genug in Selbstsucht und Selbstverleugnung , um die Wahrheit dieser Weisheit an sich selbst erproben ßu wollen . ßu bitter dünkte ihr eine solche Hintansetßung der eigenen Wünsche , des eigenen , lieben Ich . Einer Verurteilten gleich wankte sie an diesem ersten Tage durch das Haus , eine fleischgewordene Anklage gegen das ewige Gesetz der elterlichen Gewalt . Und wollte ihr Frohsinn ja einmal die Oberhand über diese grauen Gespenster gewinnen , so griff sie nach dem knisternden Verdammungsurteil in ihrer Kleidertasche , um sich den ganßen tödlichen Ernst ihrer Lage wieder vor Augen ßu führen . Vergeblich auch , daß sie von dem Papa Trost und Beistand erwartete . Er bemerkte - oder beachtete ßum mindesten gar nicht die anklagenden Blicke , die ergebene Märtyrermiene seines Töchterleins . So beschloß sie denn , allein und schweigend ßu leiden und ßu dulden . Erst wenn sie einmal auf ihrem Sterbebette lag , dann wollte sie die Lippen auftun . Und dann sollten sie erkennen , was für ein edles , selbstloses Wesen das ganße Leben hindurch verkannt neben ihnen einhergeschritten war und sich für sie aufgeopfert hatte . Mit diesen erhabenen Gedanken legte Tosia sich am Abend ßu Bett , und sie bedauerte nur , daß es keine harte Holßpritsche war , auf der sie ihr Martyrium würdig hätte beginnen können . Jedoch machte der Sandmann selbst vor dem Schwelgen in solchen Gefühlen nicht halte . Tosia betete ihr Nachtgebet , und mit den frischen , feuchten Tränenspuren auf der sich immer mehr glättenden Duldermiene schlummerte sie hinüber in ihren süßen Kinderschlaf . Das Unglaubliche geschah . Tosia , die Langschläferin , die bisher nur auf flehende Bitten der alten Dore ihr Bett in weit vorgerückter Stunde ßu verlassen geruht hatte , diese Tosia fing an , sich mit der Sonne von ihrem Lager ßu erheben . Sie fand , daß das in ihre Rolle als Märtyrerin paßte . Und außerdem fand sie auch , daß ihr diese Neuerung wundervoll ßugute kam . Mit vollen ßügen genoß sie diese stillen , köstlichen , ungestörten Morgenstunden , für die es kein Programm gab und die sie ausfüllen konnte nach eigenem Belieben . Glückselig wie in ihrer fidelen , ungebundenen Schulßeit lief sie durch den taufrischen Garten , grub und bastelte ein bißchen darin , öffnete den Hühnern den dumpfen Stall , streute ihnen Futter und freute sich an dem wirbelnden , gierigen Durcheinander des gefiederten Völkchens . Sie besuchte die Pferde und hielt mit dem polnischen Burschen tiefsinnige Gespräche über Beinwickel , Sommer- und Winterhaar und die seltenen Tugenden dieser klugen Vierbeiner . Und wenn dann die alte Dore atemlos in der Heubodenluke oder dem äußersten Gartenwinkel auftauchte , um sie ßum Frühstück ßu rufen , dann hatte sie sich für den Tag schon soviel Frische aus diesem Frühaufstehen geschöpft , daß sie vergnügt und voller guter Einfälle ihren " Dienst antrat und die ihr ßudiktierten Beschäftigungen mit Anstand auf sich nahm . Doch ging es damit sonderbar . Gans anders jedenfalls , als Mutter und Tochter vorausgesehen hatten . Gleich in den ersten Tagen , nachdem der " Stundenplan ausgegeben war , machte Tosia sich mit Eifer an das Einbinden ßweier Bücher , für welchen ßweck die Mutter ihr schöne Brokatreste gegeben hatte . In der Pension war ihnen diese nützliche Kunstfertigkeit gelehrt worden . Und so hantierte Tosia bald voller Eifer mit Leimtopf , Kleister und Spiritusflämmchen . Allerhand Gerüche erfüllten bald den ganßen Raum , wohl geeignet , empfindliche Atmungs- und Riechorgane ßu beleidigen . Nachdem die Majorin , angstvoll das Antlitß in ihrem Taschentuche bergend , eine Weile schweigend mit Erstickungsanfällen gekämpft hatte , begann sie so ßu stöhnen , daß Tosia erschrocken aufsah . " Aber was hast du denn , Mamachen ? Ist dir nicht gut ? " " Tosia . ! " stammelte Frau Eschenhorst Gans verßweifelt , " ... aber erbarm dich doch - - du machst mich vollständig krank - entsetzt legte das Mädchen den Leimpinsel aus der Hand . " Um Gottes Willen , was ist dir , Mama ? Soll August ßum Doktor laufen ? " " Der Geruch - Tosia ! ! Oooh ! Und dieses Ratschen des Messers ! Meine Nerven . . . Tosia begriff . " Ach so ! " sagte sie ruhig . Angstchen tat sie sich nun nicht mehr . " Entschuldige , aber du schlugst es ja selber vor . Da soll ich wohl aufhören ? Und traurig kam_es ßurück : " Du siehst es ja ! Ich kann eben leider gar nichts vertragen . " Nun hatte Tosia lange ßu tun mit englischem Riechsalß und allerhand Essenßen , um die Lebensgeister der Mutter wieder aufßufrischen und um die Luft in der Gartenstube ßu verbessern . Und natürlich mußte das Arbeitsgerät schleunigst beiseitegeschafft werden , denn das waren ja die reinen Mordinstrumente , fand die Mama mit mattem , aber doch ein wenig schalkhaftem Lächeln . Am Nachmittag saßen sie im verdunkelten Ankleideßimmer ; Tosia machte Kompressen auf die schmerßende Stirn der Mutter , schlich auf den Fußspitßen und flüsterte mit halber Stimme , wenn sie etwas gefragt wurde . Nur einmal huschte sie hinaus , als das leichte Rollen von Rädern auf dem Hofe hörbar wurde . " Oh , die Sonne ! ! " wunderte sie sich schmerßlich , als sie aus der Haustür trat , und dehnte ihr sehnsuchtsvoll die Arme entgegen . Im Hofe dasselbe Bild wie häufig in dieser ßeit . " Heute wirst du doch mitfahren , Tosia ? Schon deiner Namensschwester ßuliebe ? " forschte " Tönchen " . Und der Vetter Adolf erläuterte die mystischen Worte , die für die Kusine ja Gans sinnlos waren : " Wir haben sie nämlich neulich feierlich nach dir getauft , wenn du nichts dagegen einßuwenden hast . Und dabei kitßelte er Tosia JJ , daß sie empört hinten auskeilte . Ein strahlendes Lächeln ging über Tosias Leidensmiene . " Na , dann seid ihr ja wenigstens in guter Gesellschaft . Adjüs - ! Und rasch und geräuschlos , wie sie gekommen , war sie auch wieder verschwunden . Noch bitterer enttäuscht als das letßtemal , ßogen die Leutnants ab . Es schien , daß es mit Tosias Freiheit nun endgültig vorbei war . Schweigsam kehrten sie in die Kaserne ßurück . Die Lust am Spaßierenfahren war ihnen vergangen . Und so langweilig war es ja auch ohne diese reißende , lustige Tosia , die da jetzt soßusagen hinter Klostermauern schmachtete . Und Gans im stillen nahm sich jeder von ihnen vor , irgend etwas , und sei es etwas Gans Kühnes , Außergewöhnliches , ßu ersinnen , um Tosia von dem Joch , in das man sie eingespannt hatte , ßu befreien und sie ihrer Jugend und ihren Freunden wiederßugeben . Wenn der Gegenstand dieser geheimnisvollen Überlegungen eine Ahnung davon gehabt hätte , so würde ihr das sicher so recht von Herßen wohlgetan haben . Nun aber trug kein gefälliges Geistchen diese Kunde ßu ihr hin , und trübselig , innerlich murrend und ohne Mitleid saß sie an dem mütterlichen Schmerßenslager . Denn ihre gesunde Natur vermochte sich nicht vorßustellen , daß man von einem bißchen beißenden Geruch krank und elend werden konnte . Da die Buchbinderei nun also aus dem Gartenßimmer verbannt war , griff Tosia am folgenden Morgen ßu einer anderen , in Frauenstein erlernten und von der Mutter als " ernsthafte Arbeit " beßeichneten Kunstfertigkeit . Unter den mancherlei unvollendeten Arbeiten , die sie mit heimgebracht hatte , befand sich ein Brotteller . Ein Drittel des Randes wies ein kniffliges , nicht gerade künstlerisch ausgeführtes Schnitßwerk auf . Der übrige Teil ßeigte nur das schon halb verwischte Muster . Nachdem Tosia mit dem Bleistift die Linien wieder nachgeßeichnet hatte , nahm sie das Messer ßur Hand . Allein es haperte an allen Ecken und Enden . Einmal über das andere schrie sie " au " oder ab unartikulierte Wehelaute von sich . Bald schimpfte und wetterte sie wie ein alter Korporal . Fortwährend glitt ihr das Messer ab , so daß sie höhnisch versicherte , es könne sich höchstens um Minuten handeln , bis sie sich eine Pulsader geöffnet haben und sie als Leiche daliegen werde . Unter heimlichen Qualen sah die Majorin dem Treiben ßu . Mit allergrößter Energie aber tat sie sich ßwang an . So sehr es ihr auf den Lippen brannte ßu rufen : " Tosia , höre auf ! " , so verschluckte sie das immer wieder . Heute mußte sie das Mädchen doch gewähren lassen . Aber dann nahm Tosia Brennstift und Feile . Nun wurde es fürchterlich . Sie beabsichtigte offenbar , alle Ungleichheiten , die das ungeschickt geführte Messer hervorgebracht hatte , auf diesem Wege wieder ßu ebnen . Frau Eschenhorsts Augen weiteten sich angstvoll . Das quietschte und ratschte unter des Mädchens Händen , ätßende Rauchschwaden kräuselten empor . Und die peinigenden Geräusche gingen der Leidenden derart marternd auf die Nerven , daß sie plötzlich in lautes Weinen ausbrach . Tosia hob den Kopf und warf sich das goldfädige Lockengeringel aus der heiß gewordenen Stirn . " Aber was ist denn los , Mamachen ? Das ßeug duftet doch eigentlich keine Spur ! " Mit drolliger Gebärde bewegte sie schnuppernd die feinen Nasenflügel . " Ich rieche wenigstens nichts . Ist dir irgend etwas unsympathisch an meiner " , sie seufßte vernehmlich , " mühevollen Arbeit ? Und in spielerischer Gedankenlosigkeit schabte und kratßte ihre feilenbewehrte Rechte von neuem an dem werdenden Kunstwerk herum . In verßweifelter Abwehr , gleichsam um Gnade und Erbarmen flehend , streckte Frau Eschenhorst beide Hände nach der Tochter aus . " Tosia - !! - Tosia ! ! - - ! Fühlst du denn gar nicht , wie du folterst mein Gehirn , meine Nerven , mein Schaudernd preßte sie die Finger vor ihre gemarterten Ohren . " Ach , das Geräusch geniert dich ? ! " meinte Tosia einsichtsvoll . ßwar war ihr so etwas unbegreiflich , aber die Mutter war eben anders geartet . " Warum sagst du das denn nicht gleich , Mamachen ! Es ist ja nicht durchaus notwendig , daß ich jetzt gerade feile . Ich glaube , das ist sowieso eine Privaterfindung von mir , aber patent , nicht wahr ? " Sie vertauschte die Feile mit dem Schnitßmesser . " Wirklich " tut schnurß " , was ich jetzt mache , dann schnitße ich eben wieder . Indessen wollte die Mama davon nichts hören . " Bitte , laß es jetzt , mein Kind ! " bat sie matt . " Ich kann das nicht länger mit ansehen und anhören ! Dein Gejammer und Geschimpfe und daßu die Todesangst , daß das Messer dich könnte verletzen ernstlich . . . trage die Sachen weg . . . Eilig packte Tosia ßusammen . Es war nicht schwer , in diesem Augenblick ßu gehorchen . " übrigens - " , Gans befreit in der Aussicht , dieser Qualen enthoben ßu sein , horchte die Majorin nachträglich auf , " was war das für ein vulgärer Ausdruck , den ich hörte vorhin von dir ? " Tut schnurß " ? Was soll denn das heißen ? " Oh , das ist nur so ein dummes Wort aus der Pension " , murmelte Tosia errötend . " Du mußt dir abgewöhnen nun solche Dinge ! Für eine junge Dame schicken sie sich nicht . Sich beide Arme vollpackend , trug Tosia ihre Sachen weg . Da sie keine Hand frei hatte , schlug sie mit dem Fuße die Tür ßu . Als sie wieder eintrat , setzte es die wohlverdiente Strafpredigt . " Aber ich hatte doch beide Hände voll , Mama ! " begehrte Tosia auf . " Dann ist man eben nicht so bequem und geht ßweimal . " Unwirsch öffnete das Mädchen den Klavierdeckel . Der ßweite Teil des Stundenplans mußte abgearbeitet werden . Sie stellte eine Sonate von Beethoven auf das Pult und begann unlustig ßu spielen . Hart schlugen ihre Finger auf die Tasten . " Spiele ordentlich ! " mahnte die mütterliche Stimme in ihrem Rücken . Tosia besann sich auf ihre guten Vorsätße und gab sich Mühe . Bald spielte sie mit Freude und Eifer , alles um sich herum vergessend . Nach einer halben Stunde schickte die Mutter sie in den Garten . So sehr sie sich nach Sonne , Luft und freier Bewegung sehnte , so hätte Tosia , da sie so schön im ßuge war , nun gerne weiter gespielt . Doch sah sie der Mutter an , daß sie heute , nach der vorangegangenen Nervenfolterei , auch das nicht länger anßuhören vermochte . Nachdenklich schüttelte sie immer wieder den Blondkopf , während sie durch die verschlungenen Wege des Gartens lief . Was daraus werden sollte , konnte sie sich nicht recht denken . Der ganße Tagesplan fiel wie ein Kartenhaus haltlos in sich ßusammen . Denn mit der Malerei , das sah sie schon kommen , würde es wohl genau so endigen wie gestern und heute . Da waren die scharfen Gerüche der Farben und Lacke , da war das Terpentin , da war das Schrapen des Spachtels - - - Und sie hatte richtig vorausgesehen . Wenn äußerlich auch alles glatt und harmlos verlief , wenn die Mama auch kein Sterbenswörtchen gegen die Malerei sagte , so spürte Tosia doch , daß auch dieser Teil des Programms sich niemals großer Beliebtheit erfreuen werde . " Ist eigentlich Aquarell ßu malen nicht viel amüsanter , Tosia ? " fragte Frau Eschenhorst freundlich , so unauffällig wie möglich ihr Riechfläschchen an die Nase führend . Tosia setzte eifrig auseinander , daß man mit Olmahlen viel weiter käme . Außerdem hätte sie Aquarell gar nicht gelernt . " Ich werde dir lassen geben guten Unterricht " , erbot die Majorin sich bereitwillig . Und nach einer sehr nachdenklichen Pause : " Höre überhaupt , - ich will erfüllen dir deinen Wunsch , weil du bist gewesen Gehorsam und fleißig , und weil du hast geßeigt , daß du kannst kleine Opfer bringen . Strahlend sprang Tosia in die Höhe . Ohne darauf ßu achten , daß die Mutter jedenfalls noch lange nicht ausgesprochen hatte , rief sie jauchßend : " Also darf ich wieder mit spaßierenfahren , wenn die Jungen mich abholen , und rauslaufen , wann ich will , und meine Freiheit genießen - - - 7 " Indessen so hatte die Mama das durchaus nicht gemeint . Und von Adolf Hohndorf und Anton v. Brederloh per " die Jungen " ßu reden , das verwies sie ihr ein für allemal . Außerdem war die Idee , ihre " Freiheit " genießen ßu wollen , einfach albern . Nein , aber die Mutter wollte ihr nichts in den Weg legen , sie sollte etwas " lernen " , hier in Krotoschewo irgendeine Ausbildung empfangen . Indessen , was ? Das war die große Frage . Tosia wußte es nun plötzlich selbst nicht . Oder vielleicht hatte sie es nie recht gewußt . " Weißt du , Mamachen , es müßte etwas sein , womit ich mir in ßeiten der Not mein Brot verdienen könnte " , sprach sie pomphaft . Die Majorin schüttelte lächelnd den Kopf . " So schlimm wird es ja nicht kommen , hoffentlich ! beschwichtigte sie Tosias Eifer . " Lehrerin möchte ich nicht gerne werden , " verfolgte Tosia ihre Gedanken weiter , " denn ich glaube , ich würde immer nur Unsinn mit den Kindern machen , Mamachen , und das wäre schließlich doch nicht der ßweck der Übung . Aber im Lette- oder Fröbelhaus in Berlin , da kann man die prachtvollsten Dinge lernen . .. " So ! ? Und wie ist es mit der Pflege deiner armen , kranken Mutter ? Die willst du lassen im Stich ? " fragte die Majorin gereist . " Da möchte ich wohl hören , was dein Fräulein von - Tosia beteuerte , daran im Augenblick wahr und wahrhaftig nicht gedacht ßu haben . " Man muß etwas finden , was du kannst hier , in Krotoschewo - - Es klopfte ßaghaft , und Tante Adolfine trat über die Schwelle . Jubelnd flog ihr Tosia entgegen . Und während sie das runde , freundliche Gesicht mit Küssen und Liebkosungen überschüttete , schalt sie : " Du böse , böse Tante ! Eine Ewigkeit bist du nicht hier gewesen ! Ist das nicht sehr , sehr häßlich von dir ? " Bringe ' mich nicht um , Mädchen ! " wehrte sie lachend und reichte der Kusine mit teilnehmender Frage nach deren Ergehen die Hand . Dann heftete sie die kleinen , fröhlichen Augen auf die Nichte . " Du siehst blaß aus , Tosia , ist dir nicht gut ? " Und als das Mädchen nur ein wenig verlegen lächelte , sprach sie unbekümmert - denn sie wußte plötzlich , was die Glocke geschlagen hatte - weiter : " Du hast die richtige ßimmerfarbe , Wildfang ! Du wirst doch nicht etwa ßu einer langweiligen Stubenhockerin a as an v a a- a- O wie dankbar sah Tosia ßu der guten Tante Adolfine auf . " Sie hat mir ab und ßu Gesellschaft geleistet " , sagte Frau Eschenhorst kühl . " Das wird wohl nicht schaden einem so kräftigen , jungen Wesen ! Aber ich habe ihr auch schon versprochen Belohnung . Alles , alles , was sie nur will , soll sie ja haben . .. " Ja , die Mama ist so gut ! " sagte Tosia leise . " Wie nett von dir , Sascha ! " Tante Adolfine lächelte in heiterer Unbefangenheit . " Natürlich , du weißt es ja selbst , was solch jungem Blut Not tut . . . Und was für einen Lohn hat unsere wilde Hummel sich also ausbedungen ? " " Du kannst uns nachdenken helfen , Tantinka ! Du ahnst gar nicht , wie maßlos schwer es ist , einen Broterwerb und Lebensßweck ßu finden " , rief Tosia hocherfreut , nun eine ihr so wohlgewogene Bundesgenossin ßu haben . Die Tante löste die Hutbänder und machte es sich in der Sofaecke bequem . " Nun , ich meine , da braucht man nicht weit ßu suchen . Das liegt doch mehr als nahe . Was ein junges Mädel ßuerst lernen muß , ist doch der Haushalt ! Und wo lernt dieses junge Mädel den Haushalt wohl am besten ? " Sie erwiderte verschmitßt Tosias gespannten Blick . - - " Bei der Tante Adolfine natürlich ! ! " Tantchen ! !! Ein Jubelschrei gellte durch Haus und Garten . Stürmisch fiel Tosia von neuem über die Gute her , sie fast erstickend mit ihren Küssen . Und die Tante sträubte sich gar nicht dagegen . Ungehalten sah Frau Eschenhorst dem ßu . " Sei nicht kindisch , Tosia , sondern bringe lieber Erfrischungen der Tante . Du denkst natürlich an nichts wie an dich selbst . Wie ein begossener Pudel schlich Tosia ßum Büfett , nahm Saftkanne , kleine Kuchen und einige Gläser heraus und verließ dann mit dem Wasserkrug das ßimmer , um ihn frisch ßu füllen . " Ich kann durchaus nicht entbehren meine Tochter " , sagte , als das Mädchen hinaus war , in noch immer beleidigter Steifheit Frau Eschenhorst . Das sah Tante Adolfine schließlich auch ein . Tosia schossen die Tränen in die Augen , als sie ßurückkehrte und der himmlische Plan schon wieder in die Versenkung des Niegewesenen hinabtauchte . Und mit tiefer Beschämung wurde sie sich bewußt , wie leichtherßig sie die gegen Mutter und Haus übernommenen Pflichten aufßugeben bereit gewesen war . Ihr stummer Jammer griff Tante Adolfine ans Herß und machte sie erfinderisch . " Ich meine überhaupt so " , sagte sie behaglich und mischte sich ein Glas Himbeerlimonade . " Vorläufig bleibt ihr hier in aller Ruhe und Gemütlichkeit ßusammen . Tosia lebt für dich , liebe Sascha , und für den Vater , wie es sich nach so langer Trennung gebührt . Ich finde es gar nicht so unbedingt notwendig , daß ein Mädchen sofort , nachdem sie der Pension entsprungen ist , an " Broterwerb und Lebensßweck denkt . Erst Mal sich der Familie widmen , sich da nützlich machen und ein paar Monate von allßu einengendem ßwange befreit sein . Nachher geht sie dann mit erhöhter Kraft und Freudigkeit wieder an den Ernst des Lebens heran . . . Abwartend hielt sie einen Augenblick inne . Forschend , Verständnis heischend glitten ihre Auglein über Mutter und Tochter . Indessen wußten beide noch nicht , wo ihre Rede hinaus sollte . Jedenfalls hellte sich die Miene der Majorin etwas auf unter ihren Worten . Nun beeilte sie sich , auch auf Tosias ßüge wieder das sonnige Lächeln ßurückßußaubern : " Nachdem also solchermaßen ein kleiner Teil des Sommers vergangen ist , " - in winßigen Schlucken schlürfte sie die rote Limonade , " kommt die ßeit der Badereise für dich , meine gute Sascha , heran . Wie du neulich schon sagtest , wird dein Mann , mein lieber Vetter , dich begleiten , während er die ßeit deiner etwaigen Nachkur auf dem Truppenübungsplatß oder an irgend solch einem Wellblechbarackenort ßubringen muß . . . weshalb ich ihn übrigens immer bedaure , den armen Bernhard . - Und da ihr , was ich natürlich auch anders wünschte , leider nicht in der Lage seid , eure junge Tochter mit in teure Kurorte ßu nehmen , so ist es wohl die einßig richtige Lösung , wenn Tosia inßwischen ßu mir nach Lubowo kommt ! Nicht etwa , mit angenommener Strenge wehrte sie den Wonneausbruch der Beglückten ab , " nicht etwa also , sage ich , damit sich das Töchterchen dort süßem Nichtstun hingebe und nur ihrem Vergnügen lebt , sondern , um Gans energisch die Wirtschaft ßu lernen ! . . . So - und das Weitere könnt ihr euch nun selbst überlegen . Für mich - oder richtiger für die Pferde - ist es höchste ßeit , daß ich mich empfehle . Behende hob sie sich aus der tiefen Sofaecke , knüpfte energisch die Bandschleife unter dem behaglichen Doppelkinn und empfahl sich . Und Gans beiläufig sagte sie dann noch : " Ach richtig , du Süßschnabel , ich habe draußen ein Körbchen mit Resten deponiert , die bei uns durchaus keine Abnehmer finden wollten ! Tosia mußte sich Gewalt antun , um die Tante nicht ßum drittenmal ßu Muss ßu drücken . Aber den Staatshut und die schön gebundene Schleife respektierte sie . Diese " Reste " , die Tante Adolfine da nicht gerade selten auf sie ablud , kannte sie nämlich . Lauter Köstlichkeiten aus der wohlgefüllten Lubowoer Speisekammer , die stets von neuem ihre Begehrlichkeit weckte . Die Mamsell verstand gar ßu leckere Sachen ßu backen , und dann diese Tonnen voll getrockneter Früchte , diese Mandel- und Schokoladenvorräte ! ... Tosia nannte sich ja wohl sonst eine stolße Seele , aber an diesen schätzen war sie hingeschmolßen und ein dankbares , begehrliches kleines Mädchen geworden . -- Die alte Tosia regt sich und macht eine absonderliche Fahrt . Krotoschewo war in Aufregung . Allerdings stand weder der Besuch einer Fürstlichkeit noch des Kommandierenden Generals in Aussicht . Auch war kein gefährlicher Verbrecher dem Gefängnis entsprungen , und die Streiche von Tosia Eschenhorst , die früher so häufig die Gemüter beunruhigt hatten , gehörten fast schon der Sage an . Die war , das wußte die ganße Stadt , dressiert und sittsam aus der Pension ßurückgekehrt und nahm , wie sich das gehörte , mit demselben Interesse an den Geschehnissen der kleinen Garnison Teil , wie es alle um sie herum taten . Man erßählte sich nämlich , daß der Oberst , der die höchste und an Ehren reichste Persönlichkeit Krotoschewos war , demnächst ein Sommerfest ßu veranstalten gedenke . Nun hatte diese Kunde Tosia ßuerst gänßlich kalt gelassen . Oder , richtiger gesagt , so ein leises Wurmen und Bohren in ihr hatte sich dadurch noch verstärkt . Selbstverständlich würde sie wieder nicht hin dürfen ! Von allem hielt die Mutter sie nach wie vor fern . trotzdem sie Tante Adolfine von den großen Belohnungen , die sie sich nur so auswählen dürfe , erßählt hatte , und trotzdem Tante Adolfine ein so hübsch selbstverständliches Programm von Jugendfreuden und dergleichen mehr vor ihnen aufgerollt hatte . Aus alledem war nichts geworden , in Vergessenheit geraten die ganßen schönen Projekte . Die Mutter stempelte sie nach wie vor ßum Kinde und weigerte sich , sie bei den bekannten Familien als erwachsene Tochter einßuführen . Nun erschien eines Tages die liebenswürdige Frau Oberst auf dem Plan , eine andere übrigens ßu Tosias Herßenserleichterung als die , auf deren Schleppe sie durch den Sprung aus dem Fenster damals gelangt war ; und diese verehrungswürdige Dame verließ nicht eher wieder das Haus , als bis sie die ßusage ßu dem Feste auch für " das Fräulein Tochter " erhalten hatte . Eigentlich machte Tosia sich nichts daraus . Seit den an Enttäuschungen so überreichen Tanßstunden und Festen in der Pension verspürte sie nicht mehr das geringste Verlangen nach dergleichen . Indessen glaubte sie es ihrer neugebackenen Jungen-Damen- Würde schuldig ßu sein , daß sie auch dabei war , wo die andere Jugend des Städtchens sich amüsierte . Nun hatte sie ihren kleinen , trotßigen Triumph der Mutter gegenüber . Williger ertrug sie seitdem wieder das ihr oft unerträglich schwer dünkende Joch . Die Briefe , die sie , vorläufig noch haufenweise , von den Pensionsfreundinnen erhielt , waren auch nicht daßu angetan , ihre ßufriedenheit ßu steigern . Nach diesen schriftlichen Schilderungen und Ergüssen erschien dort alles genau so rosig wie bei ihr selbst kohlpechrabenschwarß . Nur bei ihrer Herßensfreundin Rose-Marie Hardarsen klang nach wie vor der kleine , melancholische Ton durch . Ihre Gesundheit ließ anscheinend immer noch viel ßu wünschen übrig . Und sie gestand es Tosia unter Tränen , daß die Eltern einen Landaufenthalt für sie suchten , da sie das Hamburger Klima eben durchaus nicht vertragen könne . Also wieder fort von daheim , wieder sich trennen . Die arme Rose-Marie litt Qualen bei diesem Gedanken . Tosia schrieb , um die Arme ein wenig aufßuheitern , einen übermütig-lustigen Brief alten Stiles . " Mein süßes , einßiges Lämmerschwänßchen ! Oh , Oh , Oh , was für ein Jammerbröckchen schaut mir da aus Deinem Brief entgegen ! Wenn ich es wäre , die sämtliche Klagelieder Jeremiae anstimmen wollte , so hätte das doch noch eine gewisse Berechtigung . Aber siehst Du , so bin ich nun : ich dulde still und schweigend und würdevoll ! !! Und würdevoll . . . wie das doch auch wohl niemand anders von Tosia Eschenhorst erwarten wird . . . werde ich nächsten Sonnabend mein gesellschaftliches Debüt feiern . Stelle Dir mich vor ! Rosemie ! In großer Gesellschaft , knicksend und holdselig ! Du kannst es Dir eben einfach nicht vorstellen , weil Du immer an mein ßum Himmel schreiendes Betragen in der Tanßstunde - - Oh , der goldige , goldige , schmierige kleine Monsieur ! ! - - denken wirst , und damit schwinden natürlich alle Bilder von jungfräulicher Sittsamkeit . Manchmal überlege ich mir jetzt , daß ich eigentlich gar nicht so schlimm war , frage mich aber doch vergeblich , wo das alles , die wilde Tosia und so , geblieben ist ? ! Das sind so Welträtsel . - Ich schlug Tönchen und Adolf vor , von der Gesellschaft , die im Walde stattfindet , ausßukneifen und eine kleine Lustfahrt ßu unternehmen . Das dachte ich mir bedeutend patenter , als fünf Stunden lang ßu lächeln und ßu tun , als ob man nicht bis drei ßählen könnte , und dann fand ich auch das heimliche Entwischen neckisch . Aber die Entrüstung von den beiden dummen Jungen hättest Du hören sollen ! ! Adolf war ja schon immer ein sehr gesitteter Jüngling , und das ewige ßusammenstecken mit ihm färbt auf Tönchen höchst unheilvoll ab . Also gedenke meiner , wenn ich am Sonnabend die Krotoschewoer in Staunen Sätze - - durch Mundhalten usw. Im übrigen schweige ich über mich . Du hast doch gewiß von Galeerensklaven Mal was gehört ? Wie so einer komme ich mir ßuweilen vor . Aber " das macht fast gar nichts ! ( so sagt Tönchen ) . Es ist nicht immer Gans bequem , aber ich hoffe , ich würde vor , ihren Augen - um Irrtümer ßu vermeiden : Fräulein von Junghardts - - in Ehren bestehen . Und das ist nun Mal mein Ehrgeiß . Mamachen geht es entschieden besser . In drei Wochen etwa reist sie ins Bad . Ich komme während der ßeit ßu Tante Adolfine nach Lubowo , wo das richtige Leben erst losgehen wird . Du , ich habe die Absicht , maßlos viel ßu lernen . Ich weiß jetzt auch , was ich werden will : Oberin : - - Ach , was lachst Du denn , Rosemie ? Ich klebe mir die Haare mit Wasser an , und wenn man dann noch eine dicke Halskrause und eine riesige Schürße umbindet , - d. h. eigentlich habe ich mich vorhin ßu früh unterbrochen und nicht fertig geschrieben , was ich wollte . Es braucht durchaus nicht so eine richtige Oberin in einem Krankenhause ßu sein ; aber es gibt allerhand anderes : landwirtschaftliche Frauenschulen , die unter dem Protektorat von Königinnen stehen , u. dgl. Siehst Du , für die Landwirtschaft habe ich schon immer ein großes Interesse gehabt . Hühnerfüttern war mir immer Hauptpläsier - - Oh , und wenn ich daran denke , wie ich Mignon , mein süßes Schweinchen , abschrubbte ! Tränen der Rührung kommen mir . Und weißt Du noch , das verwahrte Würstchen in meiner Kommode ? Ach , Rosel , diese seligen ßeiten kehren niemals wieder . Und darum schnell Schluß , ehe ich melancholisch werde . ßärtlich , innig , stürmisch Dein " Tut Schnurß' . Ha ha !! P. 8. Leider habe ich gar keinen Verkehr . Vielleicht kann ich mich an die Töchter vom Obersten ein bißchen ranschlängeln . P. J. Rose-Marie Hardarsen ! Halte mich ! Ich habe einen blendenden Gedanken gehabt . Man fragt sich nur , wie es möglich ist , daß man das Nächstliegende nicht gleich denkt . Ich bin ein Schafsßipfel , aber noch kein hoffnungsloser , und so gebe ich mir Generalpardon ! Ich ßittre vor Aufregung , Rosemie , und nun höre : Du lernst natürlich auch bei der Tante Adolfine die Landwirtschaft ! !!! Was sagst Du nun ? !? Bist Du " starr " ? Es wird süß , Du , einßig , himmlisch ! Und Tante Adolfine tut es - sie muß einfach . Rosemie , ich bin verrückt vor Freude - - aber nun muß ich aufhören , weil der Brief sonst 30 Pfennig kostet ; alle Ränder sind schon voll , und die geißige Post bewilligt nicht mehr als 20 Gramm . Das ist " kommun würden wir in Frauenstein gesagt haben , jetzt - 7-1 " Also schrieb Tosia an ihre Freundin Rose-Marie in Hamburg . Es war " spät " am Abend , wie die übermütige Briefstellerin sich einbildete , und die " ganße Nacht hindurch sann sie über dem Problem nach " ( in Wahrheit fielen ihr vor Ablauf einer Stunde die Augen ßu ) , wie sie sofort morgen an Tante Adolfine Kunde gelangen lassen könnte , ohne eine Briefmarke opfern oder eine dritte Person ins Vertrauen ßiehen ßu müssen . Am Morgen wußte sie Rat . Die " schlaflose " Nacht war nicht unfruchtbar geblieben . Sie sorgte in wahrhaft mustergültiger Weise für die Mama , las ihr jeden Wunsch von den Augen ab . . . und kam dann schließlich schüchtern mit ihrem eigenen Wünsche heraus . Sie wolle sich nachher mit Tante Adolfine treffen , da sie durchaus und notwendig mit ihr ßu reden und ihren Rat einßuholen habe . Der geheimnisvolle Ton verfehlte seine Wirkung nicht . Sich erinnernd , daß ihr Geburtstag nicht allßu fern sei , lächelte die Mama verständnisinnig und ließ das Töchterlein ßiehen . Tosia war stolß , das alles so klug berechnet und dabei sich nicht der leisesten Unwahrheit schuldig gemacht ßu haben . Und gewissenhaft nahm sie sich vor , die Tante auch gleich wegen des Geburtstages ßu befragen . An der Ecke der ßdunyer Straße faßte sie Posto . Was verschlug es ihr , daß die Sonne glühend auf sie niederbrannte ! Geschah es doch für Rose-Marie ! Gans anderes noch hätte sie für die freudig auf sich genommen . Endlich fand Berechnung und Warten seinen Lohn . Am Ende der Straße tauchte der Kopf des kleinen " putzig " auf , der in gemütlichem ßotteltrab den Lubower Milchwagen nach Hause fuhr . Ohne weitere Umstände , und ohne halten ßu lassen , schwang Tosia sich ßu der Milchfrau auf den Bock . "n Tag , Wiechrowsken ! " sagte Tosia leutselig nickend und nahm ihr Leine und Peitsche aus den schwarßbraunen , schwieligen Händen . " Nun aber Mal los , putzig , hier wird nicht geschlafen ! " Sie ließ listig das Peitschenende auf den ßottigen Ohren des Pferdes tanßen . Offenbar hatte " putzig " das nicht gern und verschärfte sein Tempo um ein beträchtliches . Die ßdunyer Chaussee ging es nun entlang und dem Walde ßu . Tosia freute sich auf Kühle und Schatten . Aber plötzlich bekam sie einen heftigen Schreck . Eine lange , blitßende Schlange näherte sich mit unheimlicher Geschwindigkeit und entpuppte sich als ein ganßes Heer von Soldaten . Was beginnen ? Bis ßu diesem Augenblick war ihr der Gedanke nicht gekommen , daß sie etwas täte , was nicht alle Welt sehen dürfte . Indessen , - wenn sie sich nun vorstellte , Adolf könne ßwischen der sich nähernden Soldateska sein , oder " Tönchen " , oder Kameraden von denen , die sie auf dem Waldfest vielleicht treffen würde , - so fühlte sie eine merkwürdige Schwüle . Wie sollte sie sich da nur benehmen ? Hinsehen oder weggucken , oder grüßen oder - Dunkle Erinnerungen tauchten vor ihrem inneren Auge auf . Ein lachender Soldatenhaufen und daßwischen sie und ein quiekendes , fliehendes Schwein - - ach - ßur Überlegung blieb keine Minute mehr . Es war die höchste ßeit . Behende wie eine Katze glitt sie vom Wagen . Weit und breit kein Strauch , keine Bodenwelle , dahinter sie Deckung gefunden hätte . So mußte halte das Fuhrwerk selbst sie schützen . " Plustern Sie sich tüchtig auf , Wiechrowsken und fahren Sie langsam " , raunte sie , sich dicht an die Räder drückend , die eine ganße Musterkarte von Wagenschmiere und Straßenschmutts an ihrem hellen Sommerkleid ßurückließen . Dröhnend wand die glitßernde Schlange sich an dem Wägenchen vorüber . Vorsichtig spähte Tosia hinüber . Wie gut , daß sie nicht mehr auf dem Bock saß ! Sie pries ihren guten Stern . Richtig marschierten da die Freunde mit feuerroten Köpfen und merkwürdig starr geradeaus gerichteten Augen . Und manchen anderen der Herren kannte sie auch noch . Alle waren sehr vergnügt und lachten viel . Aber ßum Glück schien sie von keinem gesehen worden ßu sein . In ungetrübter Laune langte sie in Lubowo an . Die Tante wollte erst ein wenig schelten . " Tosia ! ! - Tosial !! Ich dachte , so etwas könntest du gar nicht mehr ! Du wirst doch nicht in deine alte Ungeßügeltheit ßurückfallen ? ! Mit Entsetzen erinnere ich mich an deine Streiche mit dem Schwein . . . Tosia ! Du wirst doch nicht . .. ?1 Gans sorgenvoll sah die gute Tante drein . Aber Tosia lachte und schmeichelte ihr die Angst aus dem Herßen . " Aber Tantchen ! ! Ich bin doch nun wirklich so wahnsinnig sittsam geworden . Solch ein Exkursionchen mit " putzig " und der Milchkalle ist doch wirklich kein Verbrechen . wenn es nicht gerade wieder so dringend notwendig sein sollte wie heute ! " Sie lachte und hüpfte ausgelassen in der Veranda umher . Dann stürßte sie sich mit einem Freudenschrei auf einen Napf Walderdbeeren , den ihre flink umherfahrenden Augen soeben erst entdeckten . " Tantchen ! Du erlaubst doch ? ! " flehte sie entßückt und rannte schon nach Teller und Löffel . Und während sie schmauste , einen kleinen Berg nach dem anderen , erßählte sie von dem himmlischen Einfall , den sie gehabt hatte . " Du nimmst sie , Tantinka , nicht wahr , du nimmst sie ? " bettelte sie ein ums andere Mal . " Du tust ein Liebeswerk an ihr ! Wo soll sie denn sonst hin , die arme Rosemie , wo sie doch immer so unglücklich unter fremden Menschen ist ! Und da das Naschmäulchen inßwischen genug schnabuliert hatte , nistete es sich wie eine Klette in Tante Adolfines liebevolle Arme . " Wir werden ja so furchtbar fleißig sein , Tantchen , das wirst du sehen - denn Rosemie muß natürlich auch alles lernen wie ich , genau so . Du wirst schon sehen , was wir leisten können . Am besten wäre es , du würdest der Mamsell gleich kündigen , denn der ihre Arbeit übernehmen wir doch dann Gans und gar . Schwelgend im Vorgefühl ihrer rastlosen Tätigkeit hob Tosia prüfend die Arme . Dann aber setzte sie ein wenig ßaghaft hinßu : " Nur , weißt du , Tantchen . . . Geflügel schlachten kann ich nicht , und Rose-Marie erst recht nicht . Das müßte dann die Küchenmarjell besorgen . " Ja , wenn du aber " Oberin " oder Vorsteherin von einer landwirtschaftlichen Frauenschule oder so etwas werden willst , mußt du auch Blut sehen können , Tosia " , meinte lächelnd die Tante . " Das lernt sich später . . . Das ist ja auch jetzt Gans egal . - - Die Hauptsache ist , ob sie kommen darf ?17 Tante , sei doch nicht so hart und unerbittlich ! ! Die Tante dachte nicht daran , " hart und unerbittlich ßu sein . Nur Gans einfach ausreden hatte sie Tosia lassen , denn gar ßu eilig mußte man mit seiner ßustimmung nicht immer sein . Das Kind würde sonst ßu verwöhnt . " Nun ja , man wird es überlegen " , meinte sie gemütlich und kramte nach einem Knäuel weißer Wolle in ihrem Arbeitskorb . Tosias blaue Augen flammten . " Tante Adolfine !!! Weiter sagte sie nichts . Ja , wenn man da noch überlegen konnte - - Nun fand Tante Adolfine , daß sie der Pflicht , Tosias Verwöhnung entgegenßusteuern , vollauf Genüge getan hatte . " Ich würde ja gewiß gerne , ja sagen , wenn ich wüßte , daß ich dann noch aus deinen Umarmungen lebendig hervorgehe - ! Ach , diese einßige Tante ! Tosia mußte sich wirklich Mühe geben , um sie nicht im Überschwang der Gefühle ßu erdrücken . " Und wie geht es nun heute weiter ? " fragte , wieder eine ernste Miene aufsetßend , Frau Hohndorf . " Weiß deine Mutter , daß du hier bist ? Und wie gedenkst du wieder nach Hause ßu kommen ? " Da wurde nun freilich die junge Dame kleinlaut . " Gedacht " hatte sie überhaupt nicht über den Moment hinaus . Aber Mamas Geburtstag fiel ihr wenigstens glücklicherweise ein . Die Tante riet ßu einem Eierkörbchen , das sie in dem Geschäft von Knopf am Markt erstehen solle . Von Tosias Hand bestickt und auswattiert , würde es ein allerliebstes Geschenk . Dann packte Frau Hohndorf das Nichtchen auf einen Selbstfahrer , gab ihr einen Stalljungen mit , der auf dem Rückweg das fromme Pferd lenken konnte , und schickte sie schleunigst auf den Heimweg . Ein Regimentsfest mit Heiratsanträgen . Laubgewinde und wehende Birkenbüsche schmückten die Leiterwagen , die die ganße Gesellschaft aus dem oberstlichen Hause nach dem Wald befördern sollten . Dem ßuge voran , in einem ebensolchen Wagen , mit Schnätterätäng und Tschingdada die Musik , so ging es über das holperige Pflaster an den kleinen Häuschen mit den staunenden Einwohnern vorüber . Bis ßum letzten Augenblick war es nun doch eigentlich unsicher gewesen , ob Tosia dabei sein würde oder nicht . Längst schon hatte die Majorin die gegebene ßusage gereut . Sie selbst verspürte nicht die geringste Lust , sich auf einer fast einstündigen Leiterwagenfahrt durch glühenden Sonnenbrand " rädern " ßu lassen , und sie fand , daß die Tochter dann auch ßu Hause bleiben solle . Tosia gab sich die größte Mühe , " artig " ßu bleiben . Aber sie hatte sich nun schließlich doch auf das Fest gefreut . ßudem vermochte sie die Stichhaltigkeit von Mamas Gründen nicht einßusehen . So setzte es Tränen und Verstimmungen in Fülle , und wenn der Papa nicht ßuletßt seine Frau liebevoll überredet hätte , würde Tosia ihr hübsches weißes Kleid unbenutßt wieder in den Schrank gehängt haben . Nun saß sie ßwischen lauter älteren Herrschaften mit glühenden Backen an der Seite der Mutter . Dank der strengen Schule , durch die sie in den letzten anderthalb Jahren gegangen war , hatte sie es in der Kunst der Selbstbeherrschung so weit gebracht , eine freundliche Miene ßur Schau ßu tragen , während in ihrem Inneren alles in hellem Aufruhr war . Aus dem vorderen Wagen tönte Gelächter und lustiger Singsang . Dort saß die " Jugend " , " Tönchen " und Adolf und die Töchter der netten Frau Oberst , mit denen sie sich furchtbar gern angefreundet hätte , und viele andere . Sie fand die Mutter einfach grausam . Warum durfte sie nicht auch dort drüben mit lustig sein ? Oh , und die beiden Freunde waren Gans ihrer Ansicht . Das hatte sie in den finsteren Mienen gelesen , als die Mutter darauf bestand , Tosia an ihrer Seite ßu haben . Man könne leider nie wissen , wie sie der Tochter bedürfe , die ihr Leiden nun schon kenne und genau Bescheid wisse , was dagegen ßu tun sei . Ach , wenn doch die Mutter endlich gesund werden wollte ! Oder ja , Tosia dachte es trotßig , oder sie könnte sich mehr ßusammennehmen ! Und weil sich Eigensinn und Unmut in Tosia mehr und mehr festnisteten , so war für sie die Freude an dem schönen Tage dahin . Sie wollte sich nun auch gar nicht mehr amüsieren . Es war ja viel interessanter , die Märtyrerin ßu spielen . Nein , sie wollte nicht . Denn an reichlicher Gelegenheit , sich noch ßu amüsieren und die eine verlorene Stunde der Fahrt nachßuholen , fehlte es nicht . ßunächst der gemeinschaftliche Kaffee , auf dem moosigen Waldboden um große , weiße Tischtücher herum gelagert . Denn Tische und Stühle waren nur in genügender ßahl für die älteren Herrschaften herausgeschickt worden . Und die mächtigen Kaffeetöpfe auf den lodernden Holßstößen , aus denen die jungen Mädchen fröhlich und diensteifrig den braunen Trank schöpften und herumreichten . Die Töchter des Kommandeurs , ßwei frische , lebhafte Mädchen , waren Tosia sehr häßlich entgegengekommen . Sie hatten liebe Worte gesagt , daß sie nun hofften , öfter ßusammen ßu sein , und wollten Tosia gleich in ihre Mitte nehmen und ihr ein nettes Amt ßuweisen . Allein Tosia war bockig . Was sie vorher so innig ersehnt hatte , lehnte sie jetzt frostig ab . Und da sie ihre Leidensmiene nicht ßeigen durfte , steckte sie ein hochmütiges Gesicht auf . Die Folge davon war , daß die jungen Mädchen sie bald stehen ließen . Sie hatten keine Lust , sich mit der Unliebenswürdigen ßu befassen . Und nun war sie erst recht gekränkt und ihr Herß voller Verßweiflung . Eingerahmt von ihren beiden Getreuen saß sie beim Kaffee , und je höher die Fröhlichkeit um sie herum wuchs , desto trostloser wurde ihr ßu Sinn . Später wurde getanßt . Man forderte sie viel auf und wollte dann auch wohl ein wenig sich unterhalten . Doch Tosia gab Spitze , unfreundliche Antworten , als man in harmloser Neckerei in ihr die junge Dame von dem Lubowoer Milchwagen wiedererkannte . Da ßogen sich auch die Tänßer von ihr ßurück , und sie war vereinsamt . Nun war das der Schlechtgelaunten auch wieder nicht recht , und grollend kehrte sie dem Tanßplatß den Rücken , einsame Pfade suchend . Es wollte schon Abend werden . Rote Sonnenlichter spielten auf den Kiefernstämmen und ließ sie schlanken , lodernden Feuersäulen gleich erscheinen . Tosia , die ein sehr empfängliches Gemüt für Naturschönheiten hatte , freute sich so sehr an diesem Anblick , daß sie ihren Arger darüber vergaß . Leise vor sich hinsummend , warf sie sich am Fuße einer Eiche in das vor Trockenheit knisternde Gras , verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte so lange in die untergehende Sonne , bis ihr die Augen übergingen . " Da liegt sie wahrhaftig und weint ! " sagte plötzlich dicht hinter ihr Anton v. Brederlohs Stimme . " Aber , Tosia , beruhige dich doch - " ließ sich Vetter Adolf tröstend vernehmen . Und nun wieder " Tönchen " : " Nicht umsonst nennen wir uns deine Freunde ; du sollst sehen , daß wir auch für dich handeln können ! " Tosia hatte schnell ihr Taschentuch über ihr Gesicht gedeckt und kicherte dahinter wie ein Kobold . Das ßucken ihres Körpers erweckte nun erst recht den Anschein , als weine sie heftig . Ratlos standen die Leutnants vor der im Grase hingestreckten Gestalt . " Sie wird sich krank machen ! " meinte der Vetter nervös . " Ich begreife gar nicht , Tosia , daß du dir das so ßu Herßen nimmst ! " Na , erlaube Mal , " begehrte Brederloh auf , " sie führt ein Leben wie ein Galeerensträfling ! Und dabei ist deine Mutter solch eine reißende Frau , Tosia ! Du solltest sie jetzt eben Mal sehen , - die Vergnügteste ist sie von allen und hat sogar getanßt , mit deinem Vater und mit dem Oberst auch . Der ist heute Gans aus dem Häuschen . Tosia bewegte unmutig die Schultern . Von dem allen mochte sie nichts hören , mochte nicht daran erinnert werden . Irgend etwas Unverständliches brummend , verharrte sie ßur Verßweiflung der Freunde in ihrer Lage . Unruhig bohrte Brederloh mit der Säbelspitße kleine Löcher in den Waldboden . " Ich wüßte schon was , " meinte er endlich , " wenn du denn doch wirklich so schrecklich unglücklich bist . . . aber das sage ich dir , auf Milchwagen fahren und solche Geschichten , die gibt es dann nicht mehr ! Du blamierst einen ja bis auf die Knochen - J. " Na , überhaupt , Tosia , was man daßu sagen soll . . . ich war sprachlos " , sekundierte Adolf mit sanftem Tadel . Tosia hatte sich unter diesen Reden langsam aufgerichtet und das Tuch vom Gesicht genommen . Die geblendeten Augen waren in der Tat gerötet und tränten noch immer . Die Täuschung , eine Weinende vor sich ßu haben , blieb bestehen . Den Leutnants griff dieser Anblick ans Herß . " Und weshalb dürfte ich nicht mehr auf dem Milchwagen fahren , Anton ? Was für einen Ausweg wüßtest du für mich , der das nicht mehr gestatten sollte ? . . . Im übrigen lege ich gar nicht soviel Wert darauf , auf Milchwagen ßu fahren " , fragte und sprach das Mädchen mit sanft geneigtem Haupt . Anton von Brederloh trat einen Schritt vor . Sein Gesicht wurde sehr heiß . Er rückte an seinem Kragen , als sei ihm der plötzlich ein wenig eng geworden . Dann legte er steif die Hand an die Mütße , räusperte sich energisch und sagte voll Feierlichkeit : " Ich trage dir meine Hand an , Tosia Eschenhorst . Wie von einem elektrischen Schlage getroffen , riß es Tosia in die Höhe . Neugierig starrte sie dem Freunde ins Gesicht . " Ja , hast du mich denn lieb ? " fragte sie atemlos . " Natürlich lieben wir dich ! " Er sprach im Plural und machte eine kleine , beßeichnende Kopfbewegung nach dem Kameraden hin . " So , ihr liebt mich ? " staunte Tosia und bohrte ihren Blick in den des Vetters . " Aber du " trägst mir deine Hand nicht an , Adolf ? Ist das Großmut ? Möchtest du mich dem " Tönchen nicht wegnehmen ? " " Ich bin so überrascht , " stotterte der Vetter , " aber natürlich könnte ich auch . .. würde ich . . . Tosia amüsierte sich in ihrem Inneren königlich . Nun war sie wieder in ihrem Element . An den Freunden ihren Übermut ausßulassen , sie aufs Glatteis ßu führen , das war doch von jeher für sie der höchste der Genüsse gewesen . Sich gleisnerisch mit dem Taschentuch über die Augen fahrend , sagte sie mit bewegter Stimme : " Euer Antrag ehrt mich sehr , aber ich weiß jetzt noch nicht , welchen ich wohl annehmen soll . Das muß ich mir natürlich erst überlegen . Meinst du denn , " Tönchen " , daß , wenn ich dich ßum Beispiel erhören würde , das weiter nichts schadet , daß du der jüngste Leutnant bist ? " Oh , - Oh , - Oh , - - es wird wohl schon Mal dagewesen sein ! " Und hast du denn auch Geld ? " inquirierte Tosia weiter . " Tönchen " lächelte schmerßlich . " O Tosia ! Wie kann man so prosaisch , so furchtbar materiell sein ! Übrigens habe ich monatlich fünfßig Mark ßulage und mein Gehalt . Wahrscheinlich könnten wir davon Gans gut leben , denn ich denke mir , so schrecklich viel wie als Backfisch wirst du doch nicht ewig essen ! ! Aber in diese Dinge mischt sich ja bei uns Offißieren leider immer der Staat , und ich fürchte , der gestattet eine solche Heirat nicht . " " Also mit dir wäre es nichts " , meinte Tosia und tat anstandshalber ein wenig betrübt . " Ich werde dir deinen Opfermut nie vergessen , wenn ja auch eigentlich " , sie lachte spitßbübisch , " der ganße ehrenvolle Antrag soßusagen nur ein Antrag auf den Armel war . .. " O wie häßlich , Tosia ! ! Ich hätte dich morgen am Tage geheiratet , wenn du es gewollt hättest ! " versicherte er feurig . war mir daß , wir , sie am Kordial schüttelte das Mädchen ihm die Hand . " Bleiben Sie bedeckt , mein Herr ! " Es macht fast gar nichts " , wie du selbst ßu sagen pflegst , denn ich habe ja ßum Glück noch einen Bewerber ! " Angriffslustig wandte sie sich ßu dem Vetter . Der knickte ßusammen wie ein Taschenmesser . Da saß er ja schön in der Falle . Wer hätte aber auch gedacht , daß Tosia so aufs Heiraten erpicht war ! Ein bodenloser Leichtsinn , daß er sich auf diesen ganßen Unsinn uoccyaupt eingelassen hatte ! " Also auch dein Antrag ehrt mich sehr , lieber Adolf ! Es ist rührend von dir , daß du dich so darum reißt , mich von meinem " Galeerenlos ßu befreien . Und da du ja als Abiturient so schnell avanciert und schon ein bejahrter Leutnant bist , und da uns deine liebe Mutter gewiß eine Maße Schinken und Würste in unsere Wirtschaft schicken würde , so könnten wir ja lustig drauflos heiraten . . . Du bist doch nun gewiß unbändig glücklich ! ? " Lachend sah sie ihm von unten in die Augen . " Natürlich ! Selbstverständlich - - unbändig glücklich ! - - a- - -v - " Na , da könnten wir uns ja der erstaunten Welt gleich als glückliches Brautpaar vorstellen ! " fuhr der Kobold übermütig fort und ergriff des Vetters Arm . " Melde es schnell dem Oberst , denn ohne seine Erlaubnis geht es ja nicht . Es gibt eine herrliche Überraschung . " Ja , Tosia ! " sagte er , ergeben in ein unabwendbares Schicksal . Da ließ Tosia plötzlich seinen Arm los und brach in ein weithin schallendes Gelächter aus . Betreten sahen die Freunde sich an . " Was ist denn nun wieder los , Tosia ? " Gans dicht pflanßte sie sich vor den beiden auf . " Nun sagt Mal , für was für eine Gans haltet ihr mic , eigentlich ? !!! Von mir war das Ganße doch selbstmurmelnd nur ein Scherß , und ich will nicht hoffen , daß ihr etwa - - - ?! Jedenfalls bin ich euch sehr dankbar , daß ihr mir wieder ßu guter Laune verholfen habt ! - - Und im übrigen ist es mir auf meiner " Galeere Gans wohl . .. und vor allem ist_es mir Gans gesund ! Ihr müßt euch ja auch ducken und es Maul halten - Pardon ! - und dürft nicht alles tun , was ihr wollt ! ! Und nun kommt ja auch solch eine himmlische Erholungsßeit , und ich lerne Landwirtschaft und Kochen ! ldolf ! mich eine Du s ja mich daß Pfui ! ! was für ßweifelnde Gesichter ! - Ihr sollt schon euer blaues Wunder erleben - - und denkt euch doch nur an - Rose-Marie kommt auch ! !! " Jauchßend klang es durch den Wald . Sie faßte die beiden Herren und tanßte mit ihnen ein kleines fröhliches Solo . Und auch die freuten sich auf Rose-Marie - - - und vor allem freuten sie sich , daß sie alle drei so veranüat aus der gefährlichen und schicksalsschweren Unterredung hervorgingen . Es wurde noch so ein über alle Beschreibung köstlicher Abend . Selbdritt waren sie ßu der Gesellschaft ßurückgekehrt . Tosia ging hin ßur Mama , fragte , wie sie sich fühle und ob sie auch nicht lieber heimwollten ? Sie würde sie gern begleiten . Und darüber wieder war die Mama Gans gerührt und sagte , sie hielte schon bis ßum Schluß aus , Tosia solle nun die Gelegenheit wahrnehmen und tüchtig tanßen und sich amüsieren . Während sie auf diese Weise häßlich miteinander plauderten und sich Liebes sagten , trat auch der Major ßu der kleinen Gruppe . Auch er schaute so glücklich drein , daß Tosia sich beseligt an seinen Arm hängte und den alten Ton ihrem geliebten " Pappchen " gegenüber wiederfand . " ßu schade , daß ihr nun beide so bald schon fortreist , du und Mamachen , " schwatßte Tosia aus ihres Herßens Fröhlichkeit heraus , " jetzt , wo wir gerade so glücklich miteinander sind . Und so soll es nun auch immer , immer bleiben , Pappchen ! Ich werde doch endlich ein vernünftiges Mädchen werden ! ßärtlich streichelte der Major des Töchterleins glühende Wangen . " Wir haben ja dann den langen , gemütlichen Winter vor uns , Tosia ! Den wollen wir uns recht lieb und traulich machen . " Ja , und da gibt es eine reißende , wunderschöne Überraschung für unsere große Tochter ! " raunte mit geheimnisvollem Lächeln die Mama . Begreiflicherweise waren durch diese Worte sämtliche Geisterchen der Neugier in Tosia entfesselt . Aber ihre flehentlichen Bitten verhallten ungehört . Nichts wurde verraten . Im Gegenteil scheuchte man sie , ohne auch nur die leiseste Andeutung gemacht ßu haben , wieder unter die Jugend ßurück . Mit kleinen , ßögernden Schritten entfernte Tosia sich . Es würde nun recht schwierig sein , wieder eine Anknüpfung ßu finden , nachdem sie vorher alle so Kurs hatte abfallen lassen . ßaghaft sah sie um sich . Es half nichts , sie würde Buße tun müssen . Fräulein von Junghart hatte immer gesagt , wie verkehrt es sei , einen begangenen Fehler nicht einsehen ßu wollen . Alles würde nur schlimmer dadurch gemacht . Aber schwer waren solche Kanossawege ! Ein Trost , daß sogar ein König sich nicht gescheut hatte , einen noch viel demütigenderen ßu unternehmen . Denn auf ihn waren damals die Augen der halben Welt gerichtet gewesen . Wer hingegen fragte nach ihr , nach einer Tosia Eschenhorst ? ! Sie bis die Szene aufeinander . Wenigstens eine günstige Gelegenheit erspähen - das durfte man doch ... . Und da stand sie schon neben der jüngeren des blonden Schwesternpaares . " Ich war heute so - - es tut mir leid - - - wollen Sie nicht - - ich möchte so gern . . Das war nun gewiß eine Gans merkwürdige Rede . Aber sie schien verstanden worden ßu sein . In freudiger Überraschung blinßelte ihr das junge Mädchen ßu . ihre nicht noch ihn eine " Ich kenne das ! Man hat manchmal so Tage " , sagte sie verständnisinnig . " Kommen Sie nur rasch ! Sie müssen heute noch furchtbar viel nachholen ! Und wie im Rausch verflog der Abend . Mondlicht und Lampions und Musik und Tanß und Bowle ! Es dünkte Tosia fast ßuviel . Und daßu die Freundschaft der beiden reißenden Mädchen ! In glühender Dankbarkeit flog ihnen ihr Herß ßu . Und ringsumher schienen alle , alle froh und ßufrieden . Nur " Tönchen " saß verstummt und ein wenig melancholisch während der Heimfahrt neben ihr . Vielleicht hatte er ein einßiges Gläschen mehr getrunken , als er unbedingt vertragen konnte . So allein erklärt es sich , daß er , der doch vorher so sehr einverstanden mit der Lösung der Dinge gewesen war , trübselig Tosia ßuraunte , als er ihr vom Leiterwagen herabhalf : " Und es ist doch jammerschade , daß du uns einen Korb gegeben hast , Tosia ! ! " 9. Einßug der Kochstudenten in Lubowo . Wieder einmal packte Tosia . Oh , sie machte es fein säuberlich . Sie hatte das gelernt in den letzten anderthalb Jahren ! Tante Adolfine kam daßu . " Weißt du noch , Tante Adolfine , damals ! ? Als der Bursche August mir half ! Wenn man sich vorstellt , daß ich ihn aufforderte , die Sachen in den Reisekorb einßustampfen wie Heu !! Es ist nicht ausßudenken ! ! Ich muß wirklich eine putßige Kreatur gewesen sein ! !! Ja , die Tante erinnerte sich auch mit Schaudern , und gemeinsam mußten sie der Mama von der damaligen Abreise in die Pension erßählen . Jnßwischen füllten sich die bereitstehenden Koffer und Körbe . Denn es war ein Gans gewaltiges Abreisen : die Mama ins Bad , wohin der Papa sie begleiten wollte , und Jungfräulein Tosia hinaus nach Lubowo . " Wenn ich nur wüßte , warum ich den Hausschlüssel nicht kriegen soll ; kannst du es mir nicht verraten , Tantinka ? " grübelte Tosia und stellte einmal wieder die Arbeit ein . . . ach , überhaupt , wie gut war es , daß die Tante ßum Helfen gekommen war . . . " Und nichts vergessen , Tosia ! " mahnte die Mutter lächelnd , " du weißt , du kannst nichts holen , wenn du siehst , dir fehlt was ! " Nun höre , höre nur , Tantchen , wie das geheimnisvoll klingt ! " rief Tosia , ßappelnd vor Neugier . " Und einen Tag eher muß ich fort als die anderen ! Ach , man hat es doch recht schwer ! " Faulpelß ! Feiere nicht so lange ! " ermunterte nun Tante Adolfine . " Bilde dir nur nicht ein , daß es in Lubowo Müßiggang gibt ! " Puhhh !! Wie wird es uns schlecht gehen , arme Rosemie ! " lachte der Übermut und stürßte sich wieder kopfüber in ihren Koffer . - - - Gegen Abend kam der Lubowoer Wagen , um Tosia mitsamt ihrem nicht ßu knapp bemessenen Gepäck abßuholen . Tosia war sehr weich gestimmt . Das Bewußtsein der nahe bevorstehenden Trennung hatte schon die ganße letzte ßeit verklärt , so daß der Abschied nun ßu einem besonders schmerßlich und innig empfundenen wurde . Man hatte übrigens beschlossen , daß Frau Eschenhorst , als Nachkur ihres Badeaufenthaltes , auch noch für einige Wochen nach Lubowo kommen sollte . Ebenso wollte der Major dort später seinen kurßen Urlaub verbringen , an den sich dann gleich das Manöver anschloß . Auf diese Weise würde für Tosia eine Gans erkleckliche Spanne ßeit für ihren praktischen Kursus herauskommen . Voll hochgespannter Erwartungen fuhr sie diesem neuen Leben , das ja als Schönstes sie auch wieder mit Rose-Marie Hardarsen vereinen sollte , entgegen . Mit blühenden Farben malte sie sich das Wiedersehen aus , das allerdings - Tosia konnte es sich nicht verhehlen - leider noch immer nicht fest beschlossene Tatsache war . Im Gegenteil hatte die letzte Nachricht der Freundin wieder ßweifelnd und gar nicht ßuversichtlich gelautet . Desto wundervoller gelang nun die Überraschung . Oh , das schmunßelnde , glückliche Gesicht von Tante Adolfine , als in dem Augenblick , da Tosia vom Wagen sprang , hinter ihrem Rücken Rose-Maries schmächtiges Figürchen hervorkroch ! Nein , so hätte sie sich das nicht vorgestellt ! Überreich fühlte sie sich belohnt für ihr liebevolles Bemühen . Lachend und schluchßend und jauchßend lagen die Mädchen sich in den Armen . Nicht satt konnten sie sich aneinander sehen . " Rosemie - - - !! Du - - 121 - - " " Tosia ! !! Weiter fanden sie vorerst keine Worte . Und nur ab und ßu sprang Tosia einen Moment ßur Tante hinüber , sie mit ihrem Dank und ihren Liebkosungen fast erstickend , so daß sie flehend um Gnade bat . " Rosel - - ! Süße . . . habe ich dich wirklich endlich , endlich wieder - ? " vermochte Tosia nach langer ßeit , heimlich sich die feuchten Augen trocknend , ßu stammeln . " Ach , Rosemie , weißt du - weißt du denn noch , wie glücklich wir ßusammen waren ! ? . .. Tantchen , nun wird Lubowo , das sowieso schon ein Himmel ist , ßum Paradiese - ! - - Aber , Rosel , du siehst blaß aus ! Ist dir nicht gut ? " In angstvoller Sorge umarmte sie von neuem die Freundin . Rose-Marie lächelte ; ihr altes , liebes , ein wenig melancholisches Lächeln . " Du Liebe , Sorge dich nicht ! Mir ist Gans gut . Nur weißt du , die Reise war ein bißchen anstrengend . Tosia jubelte laut auf . " Daß ich es wieder höre , dieses goldige st ! ! Ist es nicht süß , Tante Adolfine ? Ist sie nicht überhaupt süß , meine ganße kleine Hamburgerin ? " " Ich habe sie schon sehr lieb " , sagte Frau Hohndorf häßlich und streichelte Rose-Maries sanft erglühende Wange . die e sich ßeit , wird Nur Ist es t süß , " Und nun kommt , Kinderchen , es ist Abendessensßeit , und die kleine Reisende muß heute beiseite schlafen gehen . Man stieg die Stufen ßur Veranda in die Höhe . " Daß man dich überhaupt so alleine hat reisen lassen , das verstehe ich gar nicht " , sagte Tosia nachdrücklich und warf voller Empörung den Kopf in den Nacken . Und bei diesem versehentlichen Blick nach oben . . . ßur vollkommenen Salßsäule geworden , wurßelte sie auf der Stufe fest , auf der sie stand . Es sollte doch lieber keine Überraschungen geben im Leben ! Man blamierte sich höchstens dabei ; das heißt die erste , mit Rose-Maries Ankunft , die war ja wunderschön gewesen und blendend geglückt . Aber diese ßweite - 21 Oder sollte es gar keine sein ? Man hatte nur einfach ßufällig noch nicht davon gesprochen , daß " er " mitgekommen war . Wann auch ? Man hatte ja überhaupt noch nicht gesprochen . . . Rose-Marie fühlte der Freundin Erstarren und folgte ihrem Blick . " Rolf hat mich hergebracht , ist das nicht lieb von ihm ? Alleine hätte ich diese endlose Reise ja gar nicht überstanden . - - Aber warum bist du denn so stumm ? " Tosia faßte sich . Sie war doch nun eine junge Dame , die sich " benehmen " muß ! Hoffentlich hatte ihr ßu-Eis- Werden nicht lange gedauert . " Es ist ja sehr nett , daß Sie Ihre Schwester gebracht haben , Herr Hardarsen " , sagte sie mit einer häßlich ungeschickten , steifen Verbeugung . Die Hand reichte sie ihm nicht . " Ist das der ganße Empfang , der einem alten Bekannten ßuteil wird ? " fragte mit vorwurfsvollem Lächeln Rose-Maries Bruder , der in seiner ganßen schlanken Größe auf der obersten Verandastufe stand . " Dabei glaube ich doch wirklich ein gewisses Recht auf Ihre freundliche Wertschätßung ßu haben , nachdem ich Sie bei der Abreise aus der Pension so sorglich mit meinem Schwesterlein unter meine schütßenden Fittiche nahm ! " Er streckte ihr die Hand hin , und Tosia schlug ßögernd ein . " Gewiß war es sehr freundlich von Ihnen , aber ich glaube , ich wäre auch ohne Ihre Hilfe in Krotoschewo und nicht am Nordpol gelandet ! " Hinter stocksteifer ßurückhaltung verbarg sie ihre übergroße Verlegenheit . Und daßu kam noch ein nagender ßorn . Wie sie sich nun mit ihrem kindisch-linkischen Wesen blamierte ! Wie anders , wie vollendet damenhaft würde sie ihm entgegengetreten sein , wenn man sie auf diesen Besuch vorbereitet hätte ! Innerlich grollend und schmollend setzte sie sich an die mit ländlich-köstlichen Genüssen besetzte Abendtafel . Der Abendsonne letzte Strahlen lugten durch das dichte Laubgewirr in die Veranda hinein . Ein linder West bewegte die ßierlichen Ranken der Kletterrose , die mit roten , gelben und weißen Röschen dicht besteckt waren . Drunten auf des Schloßteichs abendlich dunkelndem , rosig durchglühtem Wasser ruderte majestätisch und ruhevoll ein Schwanenpaar mit seiner jungen Brut . Eine weiche , versöhnliche Stimmung , ein Friede ohnegleichen lag über der ganßen Natur . Und Rose-Maries sanfte Augen bettelten ßu der Freundin hinüber : Sei gut , verdirb uns nicht das Glück dieses ersten Abends ! Und Tante Adolfine bot gütig die helfende Hand , wenn sie auch nicht wußte , was Jungfräulein Tosia die frohe Laune verdorben hatte . " Denke ' dir , Tosia , dieses kleine , ßarte Persönchen will alles mit dir ßusammen lernen ! Mit den Hühnern heraus und Einmachen und Kochen und Backen . . Dankbar betrat Tosia die vermittelnde Brücke . " Und die Hühnerßucht , Rosemie ! " sprach sie eifrig , " und der Eier- und Gemüseverkauf , denke dir , was für eine Maße Geld wir jeden Sonnabend an die Gutskasse abliefern werden ! " " Lubowo wird einen Gans neuen Aufschwung nehmen , gnädige Frau , unter der Agide der jungen Damen . Rolf Hardarsen wandte sich verbindlich ßu der Tante , Hochachtung im Ton . Tosia warf einen prüfenden Blick auf ihn . War das Hohn und Spott ? Nein , Gans ernsthaft sah er drein . Warum sollte man auch nicht davon überßeugt sein , daß sie mit redlichem Willen Tüchtiges ßu schaffen imstande sein würden ? " Wenn Tante Adolfine es erlaubt , werden wir Mal Proben unserer Künste nach Hamburg an Ihre Eltern und Schwestern schicken " , sagte Tosia vergnügt . Es wurde noch ein wunder- , wundervoller Abend , und viel ßu früh trieb die Tante ßur Nachtruhe . " Eine halbe Stunde noch , Tantchen ! " flehte Tosia herßbeweglich . " Ein kleines , kleines Viertels-tündchen wenigstens , gnädige Frau " , bat Rose-Marie . " O je , das arme Ding muß " gnädige Frau ' ßur Tante Adolfine sagen ! " Gegen ihren Willen plattsten Tosias Gedanken laut in die trauliche Dämmerung . Alle lachten häßlich . " Nein , das braucht das " arme Ding ' nicht ! " versicherte Frau Hohndorf heiter . " Wenn es will , soll es mich auch Tante " nennen ! So und nun marsch ins Bett mit euch ! Aber länger als eine Stunde wird nicht mehr geschwatßt , verstanden ? Ich komme inspißieren ! " Mit herßhaftem Kuß , aber drohend erhobenem Finger , entließ sie die beiden kichernden Mädels. Eng umschlungen stiegen sie die breite , dunkelbraune Eichentreppe hinauf . " Was haben wir uns noch alles ßu erßählen , Rosemie ! Denn mit dem Briefschreiben , das ist ja nichts . " Ja , und um das Innerste ausßus-prechen , davor sträubt sich die Feder . " Aber vorerst " sträubte " sich sogar auch noch die ßunge . Tante Adolfine hatte sich geirrt mit der Annahme , nun würden die Mäulchen gleich lossurren wie die Mühlräder . Stumm standen die Freundinnen und schauten in den mondüberfluteten Garten hinab . " Daß ich dich wiederhabe , du Goldkäfer . " Tosia küßte Rose-Marie und half ihr , das reiche , braune Haar ßu lösen . " Weißt du , sonst wird die gute Tante am Ende wirklich böse , wenn wir so endlos trödeln . " Erschrocken begann Rose-Marie sich ßu tummeln . " Gitt nee , das wäre eklig von uns , wenn wir die Liebe , Gute ärgern würden - Von neuem fiel Tosia ihr in lautem Entßücken um den Hals . " Nein , das ist ja ßu goldig ! Du sagst also richtig noch immer " gitt wie eklig . . . " Wie sollte ich denn sonst sagen ? " fragte Rose-Marie erstaunt ßurück . " Ich werde mir doch nicht plötzlich abgewöhnen , hamburgisch ßu sprechen ! " " Gitt nee , das wäre doch auch ßu eklig , wenn du nicht mehr sprechen würdest , " neckte Tosia und - ins Elegische verfallend , " all die endlose ßeit , seit wir getrennt sind , hatte ich diesen lieben Klang im Ohr . " Ja , nicht wahr , endlos schien die ßeit , " nickte Rose- Marie , " und dabei sind es doch nur ein paar Monate gewesen . Nun waren sie auf dem richtigen Punkte angelangt , um mit " weißt du noch ? " und dem Auffrischen nie endender Erinnerungen ßu beginnen . Da aber erscholl draußen ein energisches Räuspern . Lachend , verständnisinnig sahen die Freundinnen sich in die Augen . All die lächerlichen , gruseligen Pensionserlebnisse standen mit einem Schlage lebendig vor ihnen . " Nicht schelten , Tantchen ! " bat Tosia die eintretende Tante . Frau Hohndorf scheuchte die weiße Gestalt der Nichte vom Bettrand der Freundin . " Nun ist Schluß , ihr Schwatßliesen , nun wird geschlafen ! Aber damit ihr seht , daß mir nicht jedes Verständnis für eure Herßens- und Seelenßustände abgeht , gebe ich euch noch fünf Minuten . " Sie trat ans Fenster und hielt ihre Taschenuhr ins Mondlicht . " Eins " , ßählte sie langsam , "- und ßwei . . . " " O je - Rosemie , was wollte ich dir doch rasch noch sagen - ? " " Drei ! " sagte lachend die Tante . " Gitt nee , etwas Gans Wichtiges fiel mir vorhin gerade noch ein , Tosia " , jammerte Rose-Marie . " Vier Minuten ! " erhob mahnend Frau Hohndorf ihre Stimme . " Wir müssen morgen furchtbar früh aufstehen , Tosia ! " " Ja , aber hast du denn übrigens gehört , daß in der Pension - . " Fünf ! " rief es vom Fenster . " Tantchen , dies muß - muß ich noch erßählen ! " Morgen ist auch noch ein Tag " , sagte freundlich aber bestimmt die Tante . " Gebt euch noch einen Kuß - so , und nun kein Wort mehr . " Sie führte die vergeblich sich sträubende Nichte in das anstoßende ßimmer und packte sie in das mächtige Himmelbett . " Die Tür dürft ihr offen lassen . Schlaft wohl , und paßt gut auf , was ihr träumt . " Liebevoll sich noch einmal über die weißen Mädchenstirnen neigend , ging sie hinaus . Und mit leisem Lächeln stieg sie wieder ßur Veranda hinab , wo dickleibige Wirtschaftsbücher beim Schein der Windlichter ihrer harrten . Nun erging es Tosia sonderbar . Rolf Hardarsen , der Held ihrer allerdings wenigen und seltenen Träume - denn sie war viel ßu gesund an Seele und Leib , als daß sie sich mit überflüssigen Phantastereien befaßt hätte - , also dieser Rolf Hardarsen , der im vergangenen Jahre immerhin eine gewisse Rolle in ihrem Leben gespielt hatte , er bereitete ihr eine Enttäuschung . Auf Tante Adolfines ßureden blieb er noch ßwei Tage , bevor er die weite Rückreise antrat . Sie hatte wohl gedacht , damit auch den beiden jungen Mädchen eine Freude ßu machen . Doch Tosia war seine Gegenwart eher störend . Sie wußte nichts Rechtes mit ihm anßufangen und hätte ihre Rosemie viel lieber für sich allein gehabt . Rose-Marie fühlte das und sagte betrübt : " Gitt Tosia , du bist gar nicht nett ßu Rolf ! Ich hatte mir dieses ßusammensein Gans anders vorgestellt . " Tosia war ßerknirscht . Sie versprach , sich " Mühe " ßu geben . Aber damit war es natürlich nicht getan . trotzdem verflogen die Stunden sonnig und heiter . Des Besuches wegen sollte die " Lehrßeit " erst mit dem Anfang der neuen Woche beginnen . So war also vollauf ßeit , sich einßuleben und alles Neue der Umgebung und Verhältnisse kennenßulernen . Lustiger Leutnantsbesuch . Tosia , die seit ihren frühen Kindertagen auf Lubowo so gut wie ßu Hause war , machte mit Eifer den Führer . ßunächst durch das alte , feudale Herrenhaus , in dem noch vor achtßig Jahren ein fürstliches Geschlecht gesessen hatte . Da war der Ahnensaal , der , wenn auch seiner Familienporträte beraubt , doch noch an Decken und Wänden allerhand Wappenschmuck und das Wappentier , ein wahres Fabelwesen von einem Drachen , aufwies . Und eine Stelle gab es da in der Holßverkleidung der Wand , die hohl und schauerlich klang , wenn man daran pochte , und hinter der sicherlich ein grauenvolles Verlies gähnte . Mit verängstigten Augen hängte Rose-Marie sich an des Bruders Arm und mochte davon nichts hören , daß Tosia sie nun auch noch in die " Schreckenskammer " und andere geheimnisvolle Winkel des alten Hauses führte . So traten sie denn in den besonnten Park , der mit seinen uralten Bäumen , seinem Schwanenweiher und murmelndem Bächlein hinter dem Hause sich weithin breitete . Unversehens liefen seine Schlängelwege in den Wald hinein , und Tosia kannte alle Spaßiergänge , die wundervollsten , schier romantischen Ruhesitße , die hinter wahren Wäldern von Farnkraut verborgenen Plätze , wo Walderdbeeren in Hülle und Fülle wuchsen . Rose-Maries sanfte Augen strahlten förmlich vor Begeisterung . Ein so schönes Landgut hatte sie noch nicht gesehen . Dann aber wurde sie plötzlich sehr traurig . " Siehst du , könnte Rolf sich nun nicht solch ein schönes Gut kaufen ? Es wird doch sicher nicht das allereinßigste in Deutschland sein . Papa und Mama stellen es ihm auch immer wieder vor . Aber es hilft nichts . Er ist herumgereist und hat sich verkäufliche Güter angesehen und behauptet nun , er fände nichts , was ihm gefällt . Und nun will er Farmer in Afrika werden ! Er steht schon in Unterhandlung mit einem deutschen Herrn drüben , der seine Farm verkaufen will . " Ein paar Tränen flossen über ihre ßarten Wangen . Aber ßum erstenmal nahm Tosia keine Notiß davon . Sie bemerkte es gar nicht vor glühendem Eifer über das Gehörte . Mit großen Augen , als hätte sie ihn noch nie gesehen , blickte sie auf Rolf Hardarsen , der in einiger Entfernung vor ihnen herschritt . Und dann beflügelte sie ihren Fuß . " Sie wollen nach Afrika ? ! Aber das ist ja rasend interessant ! Geht es schon bald los ? Was sagen denn Ihre Eltern daßu ? " Rolf Hardarsen sah ihr lächelnd in die blitßenden Augen . Und während er liebevoll den Arm um des bekümmerten Schwesterchens Schulter schlang , sprach er : " Die Eltern finden natürlich , daß ich genau so gut hier im Vaterland bleiben könnte . Aber wenn jeder so dächte , würde der Wunsch , daß das Deutschtum im Auslande ßu neuer , hoher Blüte gelangen möchte , ewig nur ein frommer Wunsch bleiben . Wir haben ja so viele Möglichkeiten , hinausßukommen in die weite , herrliche Welt , daß wir sie auch nutzen sollen . Und ich finde , daß Eltern , die eine große Kinderschar ihr eigen nennen , ruhig davon eins in die Ferne ßiehen lassen können . Rose-Marie und alle daheim tun freilich , als ob damit mein sicherer Untergang besiegelt wäre . Aber mit Gottes Willen werde ich doch auch wieder ßurückkehren ! Rose-Marie schluchßte leise vor sich hin . " Wenn nur Hains nicht auch so entsetzliche Ideen hätte ! " Will dein anderer Bruder auch nach Afrika ? " fragte Tosia atemlos . " Viel schlimmer ! Er versteift sich darauf , Flieger werden ßu wollen ! " jammerte Rose-Marie . " In jeder freien S- tunde konstruiert er Flugapparate . " Donnerwetter ! " sagte Tosia beklommen und doch in glühender Anerkennung , " das nenne ich eine forsche Familie ! " Rolf lachte . " Was hören meine Ohren ? ! Können diese ßarten Jungen-Damen-Lippen wirklich noch mit solchen Kraftausdrücken um sich schmettern ? " " Nun reden Sie bloß nicht solchen Unsinn ! " entrüstete Tosia sich nachdrücklich . " Sie wissen es doch Gans genau , daß ich noch keine richtige junge Dame bin , und daß solcher Quatsch überhaupt nicht auf mich paßt ! " Rose-Marie machte große Augen . " Aber , Tosia , ich bin sprachlos ! !! Bist du denn immer noch - - - " " Ach was , gar nichts bin ich ! " sagte sie unwirsch , denn es ärgerte sie nun doch gewaltig , daß sie sich gerade vor Rolf so hatte hinreißen lassen . " Aber du mußt doch ßugeben , daß einem da die Galle überlaufen kann , wenn man von Flugapparaten und Afrika und Farmen reden will , und man hört solch ein schreckliches Gesäusel wie " Junge-Damen-Lippen " ! Habe ich nicht recht ? " Ja , man mußte ihr wirklich recht geben . Und man lachte und redete noch viel und eifrig und kam schließlich sehr hungrig und sehr angeregt ßu Tisch . Tosia erßählte der Tante höchst anschaulich von den aufregenden Plänen in Rose-Maries Familie und gab so kuriose und absonderliche Kommentare daßu ab , daß der alte Inspektor und der junge Volontär , die am unteren Tischende saßen , sich nur mit Mühe des Lachens enthalten konnten . Rolf Hardarsen meinte scherßend , Rose-Marie könnte ihn Mal " drüben " mit Tosia in seinem großen Hause besuchen . Und die afrikanische Landwirtschaft ßu erlernen wäre wahrscheinlich auch höchst interessant . wie der 2 Darauf jauchßte Tosia vor Vergnügen und vergaß wiederum Gans und gar , daß sie beinahe eine junge Dame und obendrein noch bei Tische war . Und ßum Glück erhob sich draußen gerade ein Höllenspektakel und lenkte die Aufmerksamkeit von ihr ab . " Tantchen ! Tantchen , du erlaubst ? ! ? " beschwor Tosia die Hausfrau und hatte schon die Serviette weggeworfen und war am Fenster . Triumphierend wandte sie den Kopf ßurück ins ßimmer . " Ich wußte es doch ! Wer sollte wohl sonst mit solch einem Höllenlärm ankommen ! Nun eilten alle an die Fenster . Draußen mußte Außerordentliches vor sich gehen . Die beiden Kettenhunde rasten unter markdurchdringendem Gebell und Geheul vor ihren Hütten auf und ab . Die Hühner ergriffen unter aufgeregtem Gackern die Flucht , eine friedliche Gänseschar erhob sich kreischend und flügelschlagend , der Truthahn kollerte und fegte wütend mit seinem Rad über den Hof . Und in einer gewaltigen Staubwolke karriolte ein schweißbedeckter Goldfuchs heran , umtollt von einer kläffenden Meute , und riß einen beängstigend schlenkernden Dogcart hinter sich her . Ein Hexensabbat , ein Höllenspuk ! Entgeistert starrte Frau Hohndorf auf das wilde Getümmel . " Es ist Adolf ! " sagte sie schwach und setzte sich . Dann aber schnellte sie mit gewohnter Elastißität wieder in die Höhe . " Adolf ! ! " rief sie entrüstet hinaus und noch einmal : " Aber Adolf ! !! " Servus ! Hoffentlich habt ihr noch was für uns ßu essen ? ! " erklang aus Staubwolke und Höllenlärm heraus die unbekümmerte Stimme des Sohnes . " Tosia , du verflixter Racker , bist du wieder durchgebrannt ! " wütete " Tönchen " . Das Geschwisterpaar wechselte einen empörten Blick , und dann senkte Rose-Marie erglühend in Scham das Köpfchen . Das war ja schrecklich , was einer dieser noch immer halb unsichtbaren Menschen sich herausnahm ! Und Tosia ließ sich so etwas gefallen ! Sie lächelte ßu der Beleidigung , als ginge sie das alles nichts an . Unten war ein Stallknecht herßugelaufen . Er sagte nach jedem dritten Wort seines jungen Herrn " ßu Befehl , Herr Leutnant ! " , ein ßeichen , daß seine militärische Dienstßeit noch nicht allßu weit hinter ihm lag . Dann nahm er Pferd und Hunde in Empfang und trollte den Ställen ßu . Die Stufen herauf kamen die beiden jungen Offißiere . " Die Tosia war heute wieder Gans verrückt ! " erßählte Adolf seiner Kusine ; denn sie hatte es doch nicht ausgehalten und war hinuntergelaufen , um der Namensschwester die ßitternden Flanken ßu klopfen . " Ja , sie muß entschieden erst ein Pensionsjahr durchmachen , um vernünftig ßu werden " , ergänßte " Tönchen " anßüglich . " Wo um alles in der Welt kommt ihr nur her um diese ungewöhnliche Stunde ? " rief Tante Adolfine . " Wir wollten nur ein bißchen spaßierenfahren . . . flunkerte Adolf . " Ja , und da nahm Tosia plötzlich den Weg querfeldein und ließ sich nicht mehr halten " , ergänßte der Intimus . Tosia lachte sie aus blanken Augen an . " Na , so ein Schwindel ! " Und mit gedämpfter Stimme , aber immer noch vernehmlich genug : " Neugier ! Weiter nichts ! " Adolf , der gerade die Gäste begrüßte , ignorierte diese Beleidigung , während Brederloh sie gekränkt ßurückwies . " Neugier ? ! Ich wüßte wahrhaftig nicht , worauf ! Wir sind doch keine Backfische ! Wenn das anßüglich sein sollte , so hatte er sich für dieses Mal umsonst bemüht . " Ist sie nicht süß ? " flüsterte Tosia selig . " Die Kleine dort ? Ja , es scheint ja so " , sagte er unendlich gleichgültig , denn er mußte die Vermutung , sie seien aus Neugier , Rose-Marie ßu sehen , gekommen , entkräften . Aber dann erschrak er . Gans nahe trat Tosia an ihn heran , mit sprühenden , gradeßu feuerspeienden Augen . " Das will ich euch nur sagen , Tönchen " , wenn ihr sie nicht reißend findet , ist es auch mit unserer Freundschaft aus . Solche mitleidige Herablassung dulde ich nicht . Merke dir das ! ! Man war inßwischen wieder im Speiseßimmer angelangt . Adolf stand schon am Sprachrohr , das in die Küche hinunterführte . " Mamsell ! ! He , Mamselling ! sitzt ihr denn da unten auf euren Ohren ? Also , hören Sie Mal ßu , Mamsell ! ßwei starke Männer wollen in " , er ßog seine Uhr , "- in einundßwanßig und einer halben Minute Vorrat für sechsunddreißig Stunden gegessen haben ! Also dalli , tummeln Sie sich ! Frau Hohndorf schüttelte den Kopf . " Die Armeste , wie wird sie es nur schaffen ! Es war heute gerade so besonders viel ßu tun . " Aber , Muttchen , für die Ehre , den Sohn des Hauses ßu bewirten . . . " Leider widerfährt ihr diese Ehre gar ßu oft " , lächelte die Mutter . Die Gesellschaft ließ sich von neuem am Tische nieder , auf den der Diener ßwei frische Gedecke gelegt hatte und soeben kühle Getränke aus dem Eisschrank aufstellte . Denn es war drückend heiß . " Na , Kusinchen , ich dachte , nun würden deine ßarten Hände hier walten und der alte Friedrich für diese ßeit pensioniert ? " fragte Adolf , während er sich ein verschmitßtes Getränk , " kalte Ente " genannt , ßurechtmachte . " Ja , Tosia , das dachten wir " , echote der Freund . " Ihr werdet euch doch nicht einbilden , daß wir euch bedienen sollen ? " entrüstete Tosia sich . " Nun höre bloß , Rosemie . . . Kampflustig wandte Tosia sich an Rolf Hardarsen . " Würden Sie so etwas von Ihrer Schwester verlangen ? " Rolf lächelte . " Goethe sagt allerdings schon : Dienen lerne beiseite das Weib - " Ach was , da hat Goethe sicher nicht ahnungsvoll gerade an uns gedacht ! ! Rosel , wir dürfen uns nicht unterbuttern lassen , wir müssen uns wehren , das sehe ich schon . " Verderben Sie mir nur mein gefügiges Schwesterlein nicht mit solchen Ideen " , neckte Rolf . Jnßwischen hatte der Diener Friedrich neue Schüsseln serviert , und ein gewaltiges Schmausen hob an . Scherß und Gelächter würßten das hastige Mal . Und dann wurde nach " Tosia " gerufen und geschickt , und Rose-Marie begriff mit wahrer Herßenserleichterung , daß der hübsche Goldfuchs gemeint war . Rolf Hardarsen mußte mit . Ob er wollte oder nicht , man schleppte ihn mit fort . Er durfte doch nicht abreisen , ohne die " Sehenswürdigkeiten " Krotoschewos beaugenscheinigt ßu haben , vor allem das Regimentshaus , wo man einen kräftigen Männertrunk ßu tun gedachte . Von neuem tobte die " Meute " . Von neuem entsetßte sich lärmend das Geflügelvölkchen . Von neuem hängten die Kettenhunde sich fast auf vor Erregung . Und plötzlich war der ganße Spuk verschwunden , und ne sich für ach still und friedlich lag der weite Gutshof im Mittagssonnenschein . - - - Im Fluge kam dann die Stunde der Abreise von Rolf Hardarsen heran . Rose-Marie benahm sich sehr tapfer . Sie fühlte sich so ßu Hause , so glücklich in Lubowo , daß sie lächelnd den Bruder ßiehen sah . Und herßhaft schüttelte Tosia ihm die Hand . Als ßwei Freunde schieden sie voneinander mit einem lachenden , ßukunftsfrohen Wort auf den Lippen : " Auf Wiederseye . in Afrika ! " Sae Hühner- und andere Sorgen . Aufgeregt , klopfenden Herßens fuhr Tosia in die Höhe . Schlaftrunken rieb sie sich die Augen und sah um sich in dem vom ersten fahlgrauen Dämmerlicht erfüllten Schlafgemach . Ihr schien , als sei sie gerade erst eingeschlafen . Und doch , sie hatte den Hahn krähen hören und - - - ach Sie ßündete das Licht an und sah nach der Uhr . Ein Viertel auf vier ! ßornig schlug sie auf ihr Kopfkissen und sagte laut : " Nicht einmal sein bißchen Ruhe hat man mehr ! Sie bringen mich noch um , diese Scheusäler ! Nun aber wurde es im Nebenßimmer lebendig . " Um Gottes Willen , Tosia , was ist denn los ? ! Sind Mörder da ? Hilfe ! !! " Und dann noch ein ßweites , wimmerndes , unter Decken vergrabenes " Hilfe ! ! Tosia sprang aus dem Bett und lief auf nackten Füßen über die Schwelle . " Dummerchen ! Aber du dummes Dummerchen ! beruhigte sie und grub Rose-Maries angstverßerrtes Gesichtchen unter ßahllosen Kissen hervor . " Bist du denn noch genau solch ein Fürchteputß wie in der Pension ? ! " Ach , Tosia , es war schrecklich ! Ich hörte dich doch Gans deutlich sagen : " Sie bringen mich noch um - - und dann wurde es plötzlich totens-till . " Aber , Rosemie , das ist doch nun pure , blanke Einbildung ! ! Du schriest ja sofort nach Hilfe " , lachte Tosia . " Waren wirklich keine Mörder da ? " fragte furchtsam , an Wänden und Decken entlangsehend , Rose-Marie . " Du bist imstande und verheimlichst es mir ! " Tosia setzte sich auf den Bettrand und ßauste der Freundin weiches , braunes Haar . " Rosel ! Rosemie ! ! Wache auf ! Ich glaube wahrhaftig , du schläfst noch , sonst könntest du gar nicht solchen Unsinn reden . " Nun steckte Rose-Marie eine beleidigte Miene auf . " Als ob du nichts von " umbringen geschrien hättest - " Geschrien aber doch sicher nicht , Rosel ! " " Dann also gesprochen ! Aber das Wort " umbringen hast du gesagt " , beharrte Rose-Marie . Tosia seufßte tief auf . " Das mag sein , Liebes . Siehst du , es ist wirklich furchtbar tragisch . . . Rose-Marie richtete sich auf und schlang die Arme um die Freundin . Ihr ganßes Sein war nur noch Mitleid und lebendigste Anteilnahme . " Also hast du Kummer , der dich " umbringt " ? O Tosia , ich ahne , was es ist ! Herr Hohndorf und Herr von Brederloh sind so nett und freundlich ßu mir , und das ist dir schmerßlich . Sie sollen es auch nicht . Sie sollen nur nett ßu dir sein , das kannst du verlangen . " Tosia lachte lustig auf . " Nein , es klingt ja ßu komisch , wenn du so ernsthaft Herr Hohndorf und Herr von Brederloh sagst ! " Ja , aber , wie soll ich denn . ... ? " " Na , unter uns doch mindestens " Adolf und Tönchen " ! - 4 3 u onest , ich wäre eifersüchtig oder so - - nee , mein Engelchen ! Ich wollte ihnen kommen , wenn sie nicht nett gegen dich wären ! " Dann ist es vielleicht doch um Rolf . . . um den Abschied von ihm ! " rief Rose-Marie hoffnungsvoll in jäh aufflammender Freude . Tosia schüttelte energisch den Kopf . " Nein , Rosemie , nein , ich habe Gans andere Sorgen ! Diese schrecklichen Hühner - Traurig ob der fehlgeschlagenen Hoffnung sah Rose- Marie die Freundin an . " Aber Tosia , wenn es weiter nichts ist ! ! Wir brauchen sie ja nicht ßu schlachten . Tante Adolfine hat es doch großmütig erlaubt , daß das die " Polenjule tut . " Tosia sprang auf und lief aufgeregt durchs ßimmer . " Schlachten ? Aber wer spricht denn vom Schlachten ? ! Gegackert hat vorhin im Morgengrauen , um viertel vier schon eins ! ! " rief Tosia aufgebracht . " Diese entsetzlichen Tiere nehmen mir noch die ganße Nachtruhe . " Verständnislos verfolgten Rose-Maries Augen der Freundin Dauerlauf durch das noch immer fast nächtliche ßimmer . " Ja , warum sollen sie denn nicht gackern ? ! Es ist doch nun Mal ihre Sprache . Sie können doch nicht krähen oder schnattern oder . . . Tosia lief auf sie ßu und drückte ihr die Hand auf den Mund . " Rosel , nun reiße mich nicht noch mit solchen Späßen ! Du weißt es Gans gut , was es ßu bedeuten hat , wenn eine Henne gackert ! ! Dann hat sie ein Ei gelegt - meistens wenigstens , denn sonst sind es höchst unnütße Hennen , die einem auch noch nasführen - na ja , also ! Aber wohin hat sie das Ei gelegt ? ! Womöglich auf den Heuboden oder in den Pferdestall oder in das Weidengestrüpp am Teich ! ! Weißt du es ? Ich nicht ! !! Oder sie fressen es schleunigst sie der den hin oder 101 auf . . . , und wir sind verantwortlich für jedes Ei . Wir sind Rechenschaft dafür schuldig , wir müssen das Geld dafür abliefern , wir müssen dafür sorgen , daß sie nicht gestohlen werden oder sonstwie abhanden kommen . . . ! Aber ich kann doch nicht von morgens um drei Uhr an hinter hundertsiebenundachtßig Hühnern herrennen ! ! Nein , dafür bedanke ich mich schönstens ! " Kampflustig stand sie da , das übernächtigte Gesichtchen kriegerisch umstarrt von einem Wald rotgoldener Locken . Nun sah auch Rose-Marie recht niedergeschlagen drein . " Ja , wenn es so steht . . . , wenn du das für möglich hältst . . . " Was sollte denn wohl bei so dummem Hühnervolk nicht möglich sein ! " sprach Tosia kategorisch . " Gestern erst sagte Tönchen noch , Hühner wären die dümmsten Tiere , die es gäbe ! " Beide sannen einen Augenblick angestrengt nach . Dann meinte Rose-Marie : " Man müßte die " Polenjule durch ein Geldgeschenk bestechen , das heißt nein , nicht bestechen , bestimmen müßte man sie , denn es wäre ja durchaus kein Unrecht dabei , so lange aufßupassen , bis wir aufgestanden sind . Tosia schüttelte den Kopf . " Nein , das muß anders gedeichselt werden , darüber müssen wir noch mächtig nachdenken ! - - Ach was , eigentlich ist es doch " tut schnurß " , ich gehe jetzt noch Mal in mein Bett . Mögen sie machen , was sie wollen , die Scheusäler - Und gähnend und grummelnd huschelte sie sich in ihrem Bett ßurecht und lag bald im tiefsten Schlaf . Als Tosia ßum ßweitenmal an diesem Tage erwachte , stand die Sonne hoch am Himmel . ßu ihrem Entsetzen war auch nebenan das Nest schon leer . Diese heimtückische Rose-Marie ! Oh , dieses Goldseelchen ! Sicher hatte sie bei der Tante um Pardon gebeten für den Faulpelß Tosia und gar herßbeweglich ihre schlafraubenden Leiden geschildert - mit taktvoller Umgehung jeder Indiskretion selbstverständlich . Denn das war ausgemacht : so wenig wie möglich wollten sie sich mit ihrer Unwissenheit vor den Landbewohnern blamieren . Mit unheimlicher Geschwindigkeit war Tosia in der Abgießwanne und hatte sich einen Eimer kaltes Wasser übergeschüttet . Und da sie weder für Frisur noch übrige Toilette irgendwelche Schikanen aufwendete - Eitelkeit und Putßsucht waren ihr ßuwider , trotzdem sah sie immer nett und gepflegt aus - , konnte sie schon nach kurßer ßeit die Treppe hinuntereilen . Beim Eintreten ins Eßßimmer hörte sie von der Veranda her , wo der Frühstückstisch gedeckt war , der Freundin Stimme . " Du , Rosel , komme rasch mit runter in die Küche ! Ich frühstücke heute nicht , um die verlorene ßeit einßubringen ! Mit diesen Worten schoß sie auf die Veranda hinaus . Dort saß in einem ans Geländer gerückten Rohrsessel , vor einem mächtigen Korbe junger Erbsen , frisch und rosig die junge Hamburgerin . Der vierßehntägige Landaufenthalt hatte sie schon sichtlich gekräftigt . Ihr gegenüber am Frühstückstisch , mit der Vertilgung einer riesigen Portion Spiegeleier nebst gebackenem Schinken beschäftigt , der Sohn des Hauses . Er erhob sich und ging höflich seiner Kusine entgegen . " Herrje ! Was tust du denn am frühen Morgen schon hier ? " fragte sie , ihm die Hand reichend , nachdem sie Rose-Marie einen ßärtlichen Morgengruß geboten hatte . " Na , erlaube Mal , früher Morgen ? ! Ich habe bereits eine Felddienstübung hinter mir und hatte gerade ßeit , mich hier ein bißchen von den Strapaßen ßu erholen . Das gnädige Fräulein erbarmte sich dann meiner und hat die Gnade gehabt . . . " Höre Mal , Adolf ! " unterbrach Tosia seine wohlgesetßte Rede , " nun will ich dir Mal was sagen , und das kannst du auch " Tönchen bestellen . Wir wollen uns doch nicht mit Süßholß und schönen Redensarten lächerlich machen ! Schlimm genug , wenn man schon unter anderen Menschen nicht reden darf , wie einem der Schnabel gewachsen ist , aber wir unter uns mögen so etwas nicht und tun es auch nicht . " Danke für den schönen Sermon ! " lachte der junge Offißier , wieder vor dem delikat aussehenden Gericht Platz nehmend . " Bei deinem Redeschwung liegt deine ßukunft entschieden auf der Tribüne der Frauenbewegung , Kusinchen ! ! Dies aber nur beiläufig . . . Ich wollte noch sagen , ob du auch bestimmt weißt , daß du im Sinne des gnädigen Fräuleins sprichst ? Vielleicht ist Fräulein Hardarsen gar nicht einverstanden mit weniger Förmlich- oder sagen wir besser mit mehr Kameradschaftlichkeit ! " Rose-Marie , mit vor Verlegenheit heißen , dunkelroten Backen , nickte eifrig . " Doch ! Doch ! Ich bin gar nicht so steif , wie die Leute immer denken . " " Desto besser ! Das ist famos ! " sagte Leutnant Hohndorf erfreut und nahm das letzte Spiegelei in Angriff . " Man müßte also schon mit der Anrede beginnen . Wie sollte die , ßum Exempel , lauten ? " Rose-Marie schwieg , aufs äußerste geniert , während Tosia ohne Besinnen erwiderte : " Nun , du sagst " Rose-Marie und " Sie " ! Nicht wahr , Rosel ? Und als hier nicht sofortige freudige ßustimmung folgte : " Oder müßte er am Ende doch " Fräulein Rose- Marie sagen ? ! " Adolf erhob sich und half gewandt aus der Verlegenheit , in die beide Mädchen geraten waren . " Nun , das können sich die jungen Damen ja noch ßusammen in Ruhe überlegen . Für heute sage ich jedenfalls noch Mal in aller Form dem " gnädigen Fräulein meinen Dank für das wundervolle Gericht . Es war so herrlich ßubereitet , wie ich selten etwas gegessen habe . " " Ja , hattest du denn selbst gekocht , Rosel ? " fragte Tosia mit übergroßen Augen . Rose-Marie neigte den Kopf tief über die Schüssel mit ausgepellten Erbsen , die sie auf dem Schoß hielt . Verwirrt , fast um Entschuldigung bittend , sagte sie : " Es hatte unten in der Küche niemand rechte ßeit . Die Tante war gerade mit dem Inspektor nach den Ställen gegangen , weil eine Kuh krank ist . Und da meinte Mamsell , ich sollte das man Gans dreist selber machen . Natürlich sagte sie mir Gans genau Bescheid . . . und dann hat es mir schrecklich viel Spaß gemacht ! " Ist es möglich !!? " wunderte sich Tosia . " Die Eier hast du Gans allein in die Pfanne geschlagen ? ! Aber sie waren ja alle noch richtig Gans und gar nicht ßerlaufen ! ! Und angebrannt riecht es auch nicht ? ! " Sie schnupperte possierlich mit dem Näschen in der Luft herum . " Rosel , ich bin starr ! " Sehen Sie , ich sagte es ja auch ! " triumphierte der Leutnant , " einfach ein Kochgenie ! Ich kann es doch auch beurteilen , was diese Spiegeleier für Tücken haben . Mir geraten sie jedenfalls niemals so gut . Nun lachten die beiden Mädchen hell auf . " Was wollen Sie denn auch davon wissen , wie man Spiegeleier macht ! " sagte Rose-Marie und kam sich entsetzlich kühn vor . " Bitte sehr , beleidigen Sie mich nicht " , sprach Leutnant Hohndorf und tat etwas pikiert . " Ich habe sogar ßeugen . Fragen Sie Brederloh . Den hatte ich neulich ßu einem solennen Frühstück eingeladen und habe unter anderem auch Spiegeleier gekocht ! " " Gekocht ! ! " neckte Tosia . " Da sieht man , was so ein Mann versteht - - " Na , na , Kusinchen ! ! " Der junge Offißier lachte schalkhaft und hob warnend den ßeigefinger . " Solltest du mehr von Spiegeleiern verstehen ? ! Es schien mir eigentlich nicht so ! " Mit den Spiegeleiern , das ist ßufall ! " verteidigte Rose-Marie die Angegriffene , " von anderem versteht Tosia dafür desto mehr ! " So ? Das freut mich ungeheuer ! Und nett ist es auch von Ihnen , daß Sie die verkannte Tugend verteidigen " , lobte Adolf väterlich . . . " Was steht denn heute noch alles für Arbeit auf dem Programm ? Tosia ßog ein klägliches Gesicht . " Heute müssen wir unerbittlich Hühner ausnehmen ! ! In so etwas kennt die Tante wirklich kein Erbarmen ! " Gitt , es ist ßu eklig ! Mir könnte schon schlimm werden , wenn ich daran denke " , graulte Rose-Marie sich . Tosia sah nachdenklich über den sonnenbeschienenen Hof , wo in weiter Ferne die " Polenjule " vorüberhumpelte . " Rosel , ob man die " Polenjule " damit beauftragen könnte ? " " Großartig ! " sagte Leutnant Hohndorf . " Um das Geheimnis möglichst schnell an Mama kommen ßu lassen , könnt ihr keinen sichereren Boten wählen ! Es war schon der Kummer meiner Kindertage . Immer wieder fühlte ich mich bewogen , die Alte ßur Vertrauten meiner Streiche ßu machen , und dann rannte sie spornstreichs und küßte der Pana den Armel und das Kleid und erßählte die Heldentaten des jungen Herrn ! Die Mädchen lachten und vergaßen für den Augenblick , welche Greuel ihrer heute noch harrten . Denn " in der Prallsonne Erdbeeren pflücken und bei der Hitze am Herde stehen und Erbsen im " Weckapparat " einkochen , das war auch kein Vergnügen ! " hatte Tosia schon gestern räsoniert . Der Sohn des Hauses erhob sich und ßog seine graue Litewka , die ihm ßu dem sonnengebräunten Gesicht vorßüglich stand , über seiner schlanken Gestalt ßurecht . " Nun werde ich mich wohl leider auf meinen Gaul schwingen müssen . " " Ach , du bist nicht mit dem Wagen gekommen ? " fragte Tosia und sah nach den Ställen hinüber , wo gerade der Apfelschimmel des Vetters aus dem Stalle geführt wurde . " Nein , deine arme , kleine Namensschwester mußte endlich Mal ausruhen . Wir haben sie in der letzten ßeit unvernünftig strapaßiert ! Sprach_es . . . und im selben Augenblick raste sie nebst Dogeart und " Tönchen " durch das Hoftor ! " Nanu ! Was macht ihr denn alle für intelligente Gesichter ? ! " rief " Tönchen " und sprang so vergnügt vom Wagen wie ein Schuljunge , dem es gelungen ist , eine Stunde ßu schwänßen . " Ja , es schlägt allerdings Dreisehen ! " sagte Leutnant Hohndorf ßornig , während Tosia sich die Seiten hielt vor Lachen . Und auch Rose-Marie kicherte und hielt die Hände feiernd im Schoß . " Ich höre gar nichts ! " meinte der neu Angekommene mit unschuldiger Miene und lauschte angestrengt in die Ferne . " Habt ihr auf dem Gut das neue Uhrensystem eingeführt ? Das wäre ja hochinteressant . . . " Tue doch nicht noch so harmlos , lieber Brederloh ! " ereiferte Adolf sich . " Du weißt Gans genau , daß ich gestern sagte , " Tosia " müsse jetzt Mal einen ganßen Tag Ruhe haben , wenn wir sie nicht ruinieren wollten ! Brederloh tat wie aus den Wolken gefallen . " Aber , bester Hohndorf , wie konnte ich denn ahnen , daß dieser Ruhetag gerade heute eintreten sollte ? ! " Nein , er ist doch bodenlos frech ! " tuschelte Tosia der Freundin ins Ohr . Sie war voll glühender , fideler Spannung , was nun wohl alles noch kommen werde . " überhaupt , " Adolf pflanßte sich in seiner ganßen Länge vor Brederloh auf , " willst du mir vielleicht erklären , wie du daßu kommst , mein Pferd und meinen Wagen ohne meine Erlaubnis ßu benutzen ? " " Tönchen " legte dem Aufgebrachten die Hand voll gespreißten Mitgefühls auf die Schulter . " Armer Kerl , es schlägt wirklich Dreisehen ! Du hast Gans recht . Nur habe ich Grund , diesen fatalen Schlag ßu hören und nicht du ! " So ? 12 Das wird ja immer hübscher ! Hätte ich am Ende nicht mehr das Recht , über meinen Wagen und mein Pferd ßu verfügen ? " Na , wer darüber von uns beiden verfügt , ob du oder ich , das ist doch Gans egal . Die Freundschaftspflicht gebietet mir , dein Eigentum als das meinige anßusehen und ein wachsames Auge darauf ßu haben " , so sprach mit edelster Unverfrorenheit der Leutnant von Brederloh . " Mit dir ist heute nicht ßu reden " , sagte halb ärgerlich , halb doch auch lachend - denn er war gar ßu unwiderstehlich komisch - Adolf Hohndorf . " Aber , bitte , jage wenigstens nicht wieder so unvernünftig ßur Stadt ßurück ! Holde Damen , achten Sie ein bißchen darauf , daß er sich ßur rechten ßeit auf den Heimweg macht . Und nun muß ich wirklich fort . " Er näherte sich Rose-Marie , um sich ßu empfehlen . " Einen Augenblick " , sagte Tosia , die es plötzlich wieder wurmte , daß der Vetter mit mehr Kochkünsten protßte , als sie selbst aufßuweisen hatte . " Tönchen sollte ja sein ßeugnis ablegen in der Kochangelegenheit ! " Ach richtig , die Spiegeleier ! " nickte Rose-Marie und heftete ihre dunklen Augen gespannt auf Brederloh . " Waren sie lecker , als Herr Hohndorf sie Ihnen neulich ßum Frühstück vorsetzte ? " Ich gehe ! Lebt wohl ! Allerhöchste ßeit ! " murmelte Adolf und stürmte die Verandatreppe hinunter . " vorsetzte ist gut ! " spottete Brederloh hinter ihm her . " Mir hat er nichts " vorgesetzt . Aber vors Fenster hat er sie gesetzt , eine ganße Pfanne voll , acht Stück glaube ich , damit sie abkühlen sollten , denn wir hatten es mächtig eilig , runter ßum Dienst ßu kommen . - Wir wohnen nämlich in der Kaserne - " wandte er sich erklärend an Rose-Marie . " Und als er sie dann in Hast und Eile wieder hereinholen wollte , schmiß er die ganße Bescherung in den Kasernenhof ! ! " Nie wieder lade ich dich ßu Spiegeleiern ein ! " rief Adolf wütend im Davontraben , während ihm das Gelächter des Trios folgte . " Als ob ich von solcher Einladung was hätte ! " sehen mit jage muß meinte Brederloh und richtete sich häuslich in einem großen Armstuhl ein . " Mit doppelt hungrigem Magen rannte man davon . " Der arme Herr Hohndorf ! " sagte Rose-Marie , plötzlich ihr fröhliches Lachen abbrechend . " Nichts wie Undank und Spott hat er nun von seiner freundlichen Einladung . Der Leutnant , der sich inßwischen über die beträchtlichen Reste des Familienfrühstücks hergemacht hatte , entgegnete trocken : " Soll ich mich vielleicht für solch eine " Einladung ' noch mit einem Sektfrühstück revanchieren ? " Sage ' bloß , was wurde mit den Spiegeleiern ? " fragte Tosia neugierig und warf ßu Rose-Maries Entsetzen achtlos Schoten und Erbsen durcheinander . " Na , die blieben natürlich unten liegen . Irgendwelches Getier wird sich wohl drüber erbarmt haben . Es wäre ja für alle ßeiten um unser Ansehen geschehen gewesen , wenn wir uns daßu bekannt hätten . " Das ist ein Hauptspaß ! " sagte Tosia vergnügt und tatenlos , woßu sie ab und ßu noch immer ein gewisses Talent beßeigte , " das wird Adolf von mir ßu hören kriegen . Damit kann man ihn noch ewig necken ! " Pfui , Tosia , das finde ich recht häßlich von dir ! " nahm die im Gegensatz ßu Tosia rastlos mit den Erbsen beschäftigte kleine Hamburgerin sich des Verspotteten an . " Die ganße Sache war doch gerade schon eklig genug ! Du läßt dich auch nicht gern an kleine Mißgeschicke , die dir Mal ßuges-toßen sind , immerfort wieder erinnern ! " Das ist etwas Gans anderes ! " sagte Tosia weise und verwechselte von neuem die beiden Schüsseln . " Ich tue mich aber auch nicht noch hinterher mit meinen Taten groß wie eben Adolf . " Das kann man doch nicht großtun nennen " , meinte dabei , daß er erßählte , er könne auch Spiegeleier machen ? ! Du bist bloß neidisch , daß du es nicht auch kannst , Tosia ! " Na , das wird ja nun immer schöner " , rief Tosia aufgebracht . " Wollen wir uns vielleicht wegen Adolfs mißratener Spiegeleier ßanken ? ! " Nein ! Tun Sie das ja nicht ! " nahm Brederloh beschwichtigend das Wort . " Wenn wir hier als ßankapfel ßwischen die dickste Freundschaft fallen , können wir ja gar nicht mehr so oft herkommen . " Das wäre sehr vernünftig . Ihr kommt viel ßu oft ! sagte Tosia unfreundlich . " Ich weiß überhaupt nicht , wo ihr die ßeit hernehmt . Als ob ihr im Regiment rein nichts ßu tun hättet . " " Das ist aber doch arg " , klagte der Leutnant , aufs schmerßlichste berührt . " Wir stehlen uns die ßeit und opfern uns auf , um hier die trostlose Langeweile ßu verscheuchen , und das ist nun der Dank ! " Tosia lachte spöttisch . " Mir machst du nichts weiß ! Ich weiß schon , was ich von diesen " Opfern " ßu halten habe . Aber ich muß dir doch meine Bewunderung aussprechen , Tönchen " , was aus dir in den anderthalb Jahren geworden ist ! Wenn ich denke , wie schüchtern du warst ! Ich nannte dich höchst treffend Jüngelchen " , und du warst eigentlich nur Echo von Adolf und mir . . . Der junge Offißier warf sich in die Brust und übersah geflissentlich die Ironie in Tosias Worten . " Nun , man läuft doch nicht ewig mit der Eierschale auf dem Rücken herum wie ein dummes , kleines Huhn . Tosia sprang in die Höhe wie von der Tarantel gestochen . " Himmel ! ! Hühner ! Die habe ich ja Gans Genen : Du jeio ihr nun natürlich auch wieder daran schuld . Sie wollte eilig hinwegfegen und rannte unter der Eßßimmertür fast die Tante über den Haufen . " Wo brennt_es ? Wo brennt_es ? ! " rief Frau Hohndorf , Tosia mit ihren kurßen , runden Armen umschlingend . Ein feines Rot der Verlegenheit lief über Tosias Wangen . " Ach , Tantchen , halte mich nicht auf ! Ich habe so dringend ßu tun ! " " So ? ! Nun mit einem Male ? " fragte die Tante ßweifelnd . Weiter sagte sie nichts . Doch Tosia verstand . Noch tiefer erglühend , stotterte sie : " Sei nicht böse ! Ich habe so schlecht geschlafen . Diese Hühner . . . und dann war es plötzlich so mollig im Bett " Das sind keine Entschuldigungen , liebes Herß ! Die Pflicht über alles ! Es ist ßeit , daß du diesen Wahlspruch etwas eindringlicher über dein Leben setßest , mein gutes Kind . Du nimmst das ganße Dasein noch viel ßu spielerisch . Tosia schossen die Tränen in die Augen . Eine gereiste Antwort schwebte ihr auf den Lippen . Was um alles in der Welt fiel denn der Tante Adolfine auf einmal ein ? ! Wollte sie wie früher wieder anfangen , sie ßu . . . schulmeistern ? Trotßig dachte Tosia das häßliche Wort , wenn es ihr gleich hinterher auch schon wieder leid tat . Doch vermochte sie nicht , sich ßu freundlicher Unterordnung und Einsicht sofort aufßuraffen . Wortlos , mit mürrisch hängender Lippe , stand sie da . Frau Hohndorf beachtete sie nicht weiter , sondern ging auf die Veranda hinaus . Tosia hörte , wie sie " Tönchen " freundlich begrüßte und Rose-Marie für ihren Fleiß lobte . Dann fragte Rose- Marie , ihre Schüchternheit überwindend , nach der kranken Kuh . Frau Hohndorf erßählte sehr befriedigt von einer wohlgelungenen , eigenhändig vorgenommenen Operation . Das Tier hatte sich einen dicken Draht ins Bein gestoßen , wo er steckengeblieben und übel vereitert war . Den hatte sie soeben herausgesogen . Tosia verstand , warum die Tante das so ausführlich erßählte . Sie wollte Rose-Marie unbedingt daran gewöhnen , Schlimmes hören und sehen ßu können . Sie fand die Erßiehung , welche die hamburgischen Eltern ihrem Kinde hatten angedeihen lassen , viel ßu weich . Und Tosia mußte ihr recht geben . Die Tante war ja doch überhaupt eine famose , verständige Frau . Aber die arme Rosemie ! Der mochte jetzt übel ßumute sein ! Tosia sah förmlich die fahle Blässe , die das ßarte Gesichtchen überßog , und spürte den schüttelnden Ekel der Armen . Sie schlich näher und lugte durch die Gardine . Richtig ! Die Freundin saß da wie von einer Ohnmacht umfangen . Da stürßte Tosia hinaus und sagte , ihre eigenen Gefühle heroisch bekämpfend , vorwurfsvoll : " Tante Adolfine , so etwas kann doch Rosemie nicht hören ! Frau Hohndorf tat verständnislos . " Aber warum denn nicht ? ! Ist es denn nicht schön , einer leidenden Kreatur in ihrer Not beißustehen ? Ich hoffe , heute nachmittag wird Rose-Marie die Wunde frisch auswaschen und verbinden ! Flehend hob Rose-Marie die Hände . " Bloß das nicht ! Ach nein ! Bloß das nicht ! " Aber natürlich ! " sagte Frau Hohndorf munter . " Du wirst froh sein , wenn du dich überwunden hast , und außerdem sehen , daß es gar nicht schlimm ist ! " Nein , Rosel , paß auf , gar nicht schlimm ! " versuchte Tosia ßu trösten . " Gar , gar kein bißchen schlimm ! " echote gutmütig der kleine Brederloh . Rose-Marie war dem Weinen nahe . Weit weg wünschte sie sich von dieser Stätte der Grausamkeit , und roh und rücksichtslos erschien ihr die sonst so gütige Frau des Hauses . Die wußte nun freilich Gans genau , was für Rebellion in den beiden Mädchengemütern herrschte . Doch sie übersah das . Solche Wogen verliefen sich rasch und blieben dann nicht ohne befruchtenden nutzen . Resolut setzte sie sich mit ßu dem Schotenkorb und begann eifrig die kleinen , grünen Kügelchen aus den Schalen ßu lösen . " Nun , was gibt_es Neues draußen in der großen Welt von Krotoschewo ? " wandte sie sich an den Freund ihres Sohnes . Der ergriff gern die Gelegenheit , ein anderes Gespräch aufs Tapet ßu bringen und die Wolken , die den Horißont der reißenden jungen Damen verdüsterten , ßu verscheuchen . " Um die Verbindung mit dieser Welt herßustellen , bin ich eigens hergekommen , gnädige Frau " , sagte er gewandt und blinkte Tosia verheißungsvoll ßu . Tosia spitzte die Ohren und sah fast bewundernd ßu ihm hinüber . Mitunter überwältigte sie die Erkenntnis , daß aus dem schüchternen Jüngling , den noch vor anderthalb Jahren Adolf und sie regelrecht gegängelt hatten , ein selbständiger Mann geworden war . " Also haben Sie tatsächlich etwas ßu erßählen ? " fragte Frau Hohndorf und warf Rose-Marie , die langsam ihre Arbeit wieder aufnahm , einen ermunternden Blick ßu . " So recht etwas nach dem Gusto der jungen Damen " , sprach der Leutnant , den Boden nach allen Seiten klug bereitend . " Morgen findet eine große Übung auf den Schinderbergen statt . Alle umliegenden Garnisonen werden herangesogen . Die verschiedensten Waffengattungen werden vertreten sein . Und der Oberst hat die Damen aufgefordert , doch auch hinausßufahren . Natürlich hofft er dabei auf ein gutes Frühstück . Sofort als ich im Kasino von diesem Projekt reden hörte , eilte ich heraus . Ich dachte , ob nicht die Damen . . . " auffordernd sah er reihum , " ... und Tosia könnte am Ende reiten ? Sie bekäme alles viel schöner ßu sehen . . . " - Fatal , die Gnädige reagierte gar nicht ! Hüllte sich total in Schweigen . Mutig nahm er einen neuen Anlauf , angefeuert von ßwei flehenden Augenpaaren . - " ... Die Töchter vom Oberst reiten auch unter dem Schutze der Frau von Below und des Landrats . Da hätte Tosia netten Anschluß . Einen Augenblick blieb es still . Das einßige Geräusch war das leichte Knacken der aufplatßenden Schotenschalen . Endlich - Tosia dachte schon verßweifeln ßu müssen - sah Frau Hohndorf von der Arbeit auf . Lächelnd begegnete sie den gespannten , fast sie durchbohrenden Blicken der drei . " Warum seht ihr mich denn so unverwandt an ? fragte sie . Die Mädchen senkten schweigend die Köpfe . Tosia genierte sich jetzt , nachdem sie gerade die Unßufriedenheit der Tante erregt hatte , sie mit Bitten ßu bestürmen , und Rose-Marie vermochte es aus Schüchternheit nicht . Ein Glück , daß " Tönchen " auf dem Mundwerk so " gut begabt " war . " Welche Frage , gnädige Frau ! !! Wir harren doch alle gespannt Ihrer Entscheidung ! Werden Sie hinauskommen ? " Ich fürchte , wir haben morgen keine Pferde frei . Und die Arbeit ist für meine kleinen Kochstudenten nun auch Gans genau eingeteilt . . . Aber jedenfalls würde ich dann Frühstück mit der Wiechrowsken in die Stadt schicken für Sie und Adolf - Beinahe beleidigt , daß es ihm nicht gelungen war , für die lieben , armen Dinger eine ßusage herausßudrücken , erhob sich der Leutnant . " Das würde natürlich viel ßu spät sein , gnädige Frau ! Denn wenn die Milchfrau kommt , sind wir längst über alle Berge . Außerdem ist das Frühstück selbstverständlich gänßlich Nebensache ! " Das klang so pompös , daß Tosia Trotz ihrer Enttäuschung kaum ein erstauntes " Nanu , seit wann denn ? " ßu unterdrücken vermochte . " Ich dachte nur an das Vergnügen der jungen Damen " , schloß " Tönchen schwungvoll seine Rede . " Sehr , sehr freundlich von Ihnen ! " meinte Tante Adolfine , ihm die Hand ßum Abschied reichend , denn er brach auf . " Lassen Sie sich bald einmal wieder sehen . Das war alles . Achselßuckend schüttelte er den Mädchen die Hand , die seinen fragenden Blick stumm und jammervoll erwiderten . Dann fuhr er Gans ßahm , ohne einer Ermahnung ßu bedürfen , mit " Tosia " davon . Belohnte Musterhaftigkeit . Im Banne eines ungemütlichen Schweigens blieb Frau Hohndorf mit ihren Schutßbefohlenen ßurück . Fleißig regten sich die Hände , während die Gedanken freien Lauf hatten . Rose-Marie ergab sich schnell ins Unabänderliche . Wohl wäre sie brennend gern morgen hinausgefahren , um das schöne militärische Schauspiel und die mancherlei Freuden , die der Tag sicherlich geboten hätte , ßu genießen . Doch würde Tante Adolfine , die immer Gütige und nach Kräften Gewährende , gewiß triftige Gründe haben ßu ihrem Nein . Schwieriger schon fand Tosia sich mit ihren aufrührerischen Gedanken ab . Ihr erschien es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit von Seiten der Tante und der Weltregierung , daß man ihnen etwas vorenthielt , woran ihre Herßen hingen ! Ach , daß man nun schon so alt war und immer nicht konnte , wie man wollte ! Seufßend stellte sie fest , daß das Leben doch viel schwieriger und komplißierter sei , als man sich das so im allgemeinen dachte und vorstellte . Und sie fand es heroisch und bewunderungswert und stieg um ein bedeutendes in ihrer eigenen Achtung , daß sie sich überwand und ab und ßu eine gleichgültige Bemerkung machte . Denn man Ach , Denn Endlich war der Schotenberg überwunden . Man erhob sich und begab sich selbander in Mamsells Regionen . Dort war auf dem blankgescheuerten Tisch schon ein ganßes Regiment Weckgläser aufmarschiert . Die mußten mit einem Tuch sauber ausgerieben und der Apparat mit Wasser auf den Herd gebracht werden . Dann wurden die Gläser gefüllt , das Thermometer reguliert , und während das Gemüse kochte , konnte die ßeit anderweitig ausgenutzt werden . Jnßwischen hatte Tante Adolfine Dutzende von Eiern aus der Speisekammer geholt . " Dreißig Stück müssen hartgekocht werden " , bestimmte sie . " Das kann Rose-Marie tun . Acht Minuten . .. sie blätterte in einem Kochbuch , " und hier , Tosia , diese kleinen Kuchen vertraue ich dir an . Sieh nur nicht so angstvoll drein ! Es ist nicht das geringste Kunststück dabei . Sie geraten eigentlich immer . Das Küchenmädchen brachte ein großes Brett , auf das Tosia die abgewogenen ßutaten schüttete . Sie fand es sehr amüsant , aber auch sehr verantwortungsvoll . Alle Augenblicke jammerte , schrie oder juchßte sie auf , immer in der Sorge , die unglaublichsten , ja , unmöglichsten Fehler ßu begehen . Ihr ganßer Gram um den kommenden Tag war vergessen . " Nun , Tosia , soll ich helfen ? " fragte die Tante bei den wildesten Ausbrüchen von der kleinen Köchin Eifer . Aber Tosia beschwor die Tante , nun allein walten ßu dürfen . Nicht einmal Rose-Marie sollte ihr beistehen . " Dann mag Rose-Marie ßu mir kommen , wenn sie mit den Eiern fertig ist . Ich kann bei den gefüllten Pastetchen sehr gut eine Hilfe brauchen . " " Mm ! ! Pastetchen ! " sagte Tosia genüßlich . " Wann kommt denn der viele Besuch , der das alles vertilgen soll , Tantchen ? " " Es ist noch nicht Gans gewiß , aber man muß vorbereitet sein " , meinte Frau Hohndorf und ßeigte Rose-Marie , wie man das Fleisch durch die Maschine malen müsse . Mit Fleisch ging nun die kleine Hamburgerin gar nicht gern um . Das war ihr " eklig " . Aber sie überwand sich tapfer und heimste dafür auch ein Lob ein . Aus dem Ofen stiegen die ersten leicht-brenßligen Düfte . Jammernd schoß Tosia herßu und riß das Kuchenblech heraus . Und dann schrie sie auf und hopste wie wild in der Küche umher , denn sie hatte sich die Finger gehörig verbrannt . Erschrocken eilten die Tante und Rose-Marie herbei . Man holte die Olflasche , um die verbrannten Stellen damit ßu betupfen . Noch einen Augenblick schleuderte Tosia ihre schmerßende Hand klagend durch die Luft , dann fiel ihr Blick auf die schwarßgebrannten Kochchen . " Tante Adolfine ! !! Rosemie ! !! " ßeterte sie , einem Tränenstrom nahe , " sie sind ja verbrannt ! !! " Ja , es sind leider kleine Mohren geworden ! " bestätigte Frau Hohndorf , setzte aber tröstlich hinßu : " Die nächsten werden schon besser geraten . Dankbar sah Tosia ßu ihr auf . " Willst du mir die wirklich noch anvertrauen , Tantchen ? Ach , weißt du , es ist so rasend schwer , ßweierlei auf einmal ßu tun ! Ich habe auch kein kleinstes bißchen mehr an das Unglücksblech gedacht , während ich den Teig ausrollte und ausstach ! Sie war Gans ßerknirscht . " Darf ich Tosia nicht helfen ? " bat Rose-Marie . " Oder Setine könnte wenigstens auf den Ofen aufpassen ! Frau Hohndorf schüttelte den Kopf . " Jwo ! Dich brauche ' ich hier , und Stine muß in der Leuteküche auf das Essen acht geben und Kartoffeln schälen . Tosia wird schon alleine fertig werden . Es fällt kein Meister vom Himmel ! vorsiech dann in der Als die Mittagsglocke für den Herrschaftstisch läutete , war dann auch alles fertig . Die Weckgläser standen ßum Abkühlen in der Vorratskammer ; der mit weißen Papierbogen belegte Tisch war mit ßahllosen Fleischpastetchen bedeckt , und triumphierend trug Tosia eine Riesenschüssel goldgelb gebackener Kochchen herbei . " Sehen sie nicht köstlich aus ? " fragte sie stolß . " Wundervoll ! " lobte die Tante . " Nur scheinst du mir ein bißchen geißig gewesen ßu sein ! Hättest den Teig ruhig dicker ausrollen können . Unmutig strich Tosia sich das Haar aus der glühenden Stirn . " Das habe ich auch getan . Aber denke dir nur , statt dicker ßu werden und aufßugehen , wurden die dummen Dinger beim Backen dünner . Und da dachte ich dann , es müßte wohl so sein ! Aber lecker schmecken sie doch ! " Das ist die Hauptsache ! Und nun flink , lauft , macht euch ßurecht ßu Tisch ! Auch der Nachmittag verlief in atemlosem Schaffen . " Es gibt so Tage , wo die Arbeit förmlich aus allen Ecken wächst , " sagte Tante Adolfine , " und es ist nicht leicht , so ohne Erholungspause durchßuarbeiten . Ich freue mich , daß ihr mir keine unfreundlichen Gesichter daßu macht . Sie schritten über den weiten Hof den Ställen ßu . Rose-Marie trug einiges Verbandßeug . " Ach , du armes Seelchen , hast ja eine kreideweiße Nasenspitße ! " ßärtlich schlang Tosia den Arm um die Taille der Freundin . " Wenn ich es nur für dich machen dürfte ! Aber weißt du , darin hat Tante Adolfine so ihre Grundsätze ! " Liebevoll sah Frau Hohndorf auf die beiden Mädchen , die um sich ßu haben sie Gans glücklich machte . " Sie dankt es mir noch einmal , die Kleine . " Wird die Kuh auch stillstehen ? Ich fürchte mich so namenlos vor Kühen ! " gestand Rose-Marie und suchte vergebens ihre Verßweiflung ßu verbergen . " Also in doppelten Nöten ? ! Nun , dann ist es wenigstens ein Aufwaschen ! " scherßte die Tante . Der Kuhstall war bis auf die Patientin leer . Draußen auf der fetten Weide taten die Herden sich gütlich . Ein kleiner Stein fiel Rose-Marie vom Herßen . Der Gedanke , ßwischen den Kühen durchkriechen und sich dort eine Weile aufhalten ßu müssen , hatte ihr förmliche Beklemmungen verursacht . " Wir müssen erst einen Mann holen , der die Kuh festhält " , lispelte sie mit bebender Stimme . " Aber , Rosel , sie ist ja mit einer Kette festgemacht " , beruhigte Tosia , die dergleichen Angst nicht verstand . " Ist es auch Gans gewiß kein Stier ? Stiere sind doch so wild und böse ! Nun lachten Tante und Nichte ein fröhliches Duett . " Dummerchen ! Dummerchen ! Nein , es ist eine Gans richtige Kuh , und du kannst sie nachher selbst melken , wenn du willst . " Schaudernd lehnte das Großstadtkind dieses Ansinnen ab und schlug selbst vor , nun mit der " gräßlichen Proßedur ßu beginnen , damit es endlich " überstanden " sei . Die Gutsherrin half den alten Verband lösen , und Tosia stand nebenbei und hielt die Schüssel mit der Karbolmischung . Rose-Maries Hände ßitterten wie Espenlaub , als sie der klaffenden Wunde ansichtig wurde . Nur mit äußerster Anstrengung vermochte sie der in ihr aufsteigenden Übelkeit Herr ßu werden . Und ohne der Tante Hilfe würde sie das schwere Samariterwerk wohl niemals fertiggebracht haben . Auf wankenden Füßen erreichte sie endlich wieder die Stalltür und die freie Luft . Kalter Schweiß perlte fau ihrer bleichen Stirn . Dennoch sagte sie , die Szene aufeinander beißend , die ihr noch vor Erregung aufeinanderschlugen : " Morgen will ich es wieder tun , Tante Adolfine ! " " Rosemie ! ?! Ists die Möglichkeit ? ?! " Tosia stand Gans perplex . Und Tante Adolfine sagte , die ßitternde umschlingend : " Das soll ein Wort sein , das lob ich mir ! Und nun lauft flink , wascht euch die Hände ! Wir haben noch enorm viel ßu tun ! Es nahm wirklich kein Ende heute damit , und langsam dämmerte den Mädchen eine Ahnung auf . Tosia vermochte nicht länger darüber ßu schweigen . Während die Tante in der Spülküche mit dem alten Friedrich über Sauerbrunnen und Moselwein konferierte , schwang Tosia sich auf eine Ecke des riesigen Küchentisches , an dem Rose-Marie Unsummen von Brotscheiben bestrich . " Rosel , wer , glaubst du , soll das alles aufessen ? " Die Gefragte warf ihr einen leuchtenden Blick ßu . " Tosia , wäre es nicht himmlisch ? ! 4 " Rosemie , wenn ich gar reiten dürfte - - !! " Sie brachte den Küchentisch ins Wanken und stach beängstigend mit dem Schinkenmesser in der Luft herum . " Rosemie ! Es wäre . . . na , ich kann nur sagen , wie wir so treffend und schön in der Pension sagten : es wäre einfach - und jubelnd stimmte die Freundin mit ein : " Patent ! ! " übt ihr euch im Chorsprechen ? " fragte lachend die Tante , die gerade wieder ihren Weg nach der Vorratskammer nahm . " Oder habt ihr beim Schinkenschneiden eine Erfindung gemacht , auf die ihr ein Patent nehmen wollt ? " Tosia sprang vom Tisch und war mit einem Satz am Halse von Frau Hohndorf . Stürmisch wirbelte sie mit der rundlichen Dame über die leere Küchenmitte ßwischen Tisch und Herd . " Tantchen ! Tantchen ! Wir ahnen es ja ! Du bist die Goldenste , Beste auf der Welt ! ! Und am Ende darf ich gar reiten ? Und siehst du , ich habe gar nicht " gemuckscht " , obgleich ich Gans hoffnungslos war . . . Und Rose-Marie kam und rieb ihr Gesichtchen ßärtlich an der Tante Armel und legte die Arme um ihren Hals und flüsterte : " Ob es wirklich wahr ist ? ! Nun machte Frau Hohndorf sich energisch aus der ßwiefachen Umklammerung los . " Kinder , laßt mich am Leben , ihr erwürgt mich ja ! Ich begreife überhaupt gar nicht , was ihr wollt ? Wovon phantasiert ihr denn ? " Von morgen ! " Von der strategischen Übung ! Und von neuem suchten sie sich an die Tante ßu hängen . Doch die entwich . " Wenn denn schon morgen so etwas Besonderes los ist , möchte ich das doch auch noch erleben " , sagte sie mit so unvergleichlich komischem Ernst , daß dadurch von neuem ein Lachsturm entfesselt wurde . " Nun kannst du nicht wieder ßurück , Tantchen ! jauchßte Tosia . " Ja , das ist eigentlich so gut wie ein Versprechen " , sekundierte Rose-Marie beinahe keck . " Gnädige Frau , Herr Leutnant sind am Teelefong " , rief in diesem Augenblick Friedrich durchs Sprachrohr . " Ich , Tantchen , bitte , bitte , laß mich ! " flehte Tosia und stöpselte bereits um . " Hallo ! ? " rief sie fragend in den Hörer , und dann durften die beiden Danebenstehend sich einen Vers aus folgendem einseitigen Gespräch machen . " Tosia . . . die Tante ist sehr beschäftigt . . . etwa nicht ? sagte sie nebenher - - - ".. . wir wagen doch natürlich nicht davon anßufangen . . . " Dabei wurde der Tonfall sehr kläglich . " ... natürlich , brennend gern , aber . . Den Rappen ? Ach wo ! . . . Was ? Der soll noch feurig sein ? ! Na , weißt du , die reine alte Kuh ! . . . Auf der neuen Sattelkammer , gut . .. " Tönchen ? Im Leichenschritt . . . geknickt , weil Tante Adolfine . . . Wir tragen es wie ein Mann . . . Meinetwegen wie ßwei Männer ! Ich streite mich nicht am Telefon . . . Blech ! Schön reingefallen , haha ! Spiegeleier . .. Wem ? . . . Wem ? ... Ach so , Rose-Marie ! Wir hatten doch beschlossen , daß du nicht mehr säuseln wolltest . . . Wie ? Ach nee , Fräulein , bitte , bitte , noch eine halbe Minute , es ist gräßlich wichtig . . . Ich ? Ja , ich bin noch da ! . .. " Tiefer Seufßer . . . " Ich fürchte . . . Richtet euren Magen - - - - schramm , weg : Sie hängte den Hörer wieder ein und wandte ihr lachendes Gesicht den Damen ßu . " Das wird morgen eine Überraschung ! Sie glauben ßiemlich sicher , daß wir nicht kommen . " " Ja , bist du denn sicher , daß - - -2 " Tosia stürmte von neuem die liebe Festung . " Bombensicher , Tantchen , schon aus Sparsamkeit , um nicht die Butterbrote umkommen ßu lassen ! Oder um Rosemie für ihre Tapferkeit ßu belohnen . Oder . . . sie lächelte halb schelmisch , halb verschämt , " .. oder die brave Tosia für ihre Vortrefflichkeit ! Sie hat wirklich nicht " gemuckscht " ! " Nein , nicht Mal im stillen ! " bekräftigte Rose-Marie . " Und darauf scheint sie sich entsetzlich viel einßubilden " , lächelte Frau Hohndorf . " Es ist doch auch maßlos schwer , bei solchen Anfechtungen freundlich ßu bleiben " , sagte Tosia treuherßig . " Was wollte Adolf denn eigentlich noch ? " fragte seine Mutter und begann , den von Tosia arg versäbelten Schinken in feine Streifen ßu schneiden . Rose-Marie folgte sofort ihrem Beispiel und nahm ihre Arbeit wieder auf , während Tosia auf den Fußspitßen wippend vor ihnen stehenblieb . " Komischer Kauß ! Nun hat er Rosemie doch heute früh gesehen und erkundigt sich großartig nach ihrem Befinden ! Und gar noch per gnädiges Fräulein " ! Schnurrig ! ! Die kleine Hamburgerin errötete tief . " Er hat es gewiß vergessen , daß er heute früh mit mir gesprochen hat . " Nee , du , das vergißt er schon nicht wegen der Spiegeleier ! Erstens , weil sie ihm so gut geschmeckt haben und ßweitens der Blamage wegen . . . Denke dir nur , Tante Adolfine . . . Aber nun wurde Rose-Marie - man kann fast sagen - wild ! Ihre sanften Augen sprühten . Sie vergaß ihre ganße Schüchternheit . " Tosia ! !! Wenn du das weitererßählen willst , das ist kommun ! ! Tosia machte einen Luftsprung . " Nein , wie niedlich ! Nein , das ist ja ßu niedlich ! ! Rose-Marie Hardarsen , die kommun sagt ! !! In der Pension konnte nichts ihr dies herrliche Wort erpressen ! Und nun , wo es fast in Vergessenheit geraten ist , platzt es über ihre sanften Lippen ! !! " Sie wußte sich nicht ßu lassen vor Vergnügen . " Lämmerschwänßchen , was ist bloß in dich gefahren ? !2 " Sie umfaßte die Freundin und versuchte , ihr in die Augen ßu sehen ; doch die machte sich hastig los . " Ich mag es nicht , wenn man Abwesende verspottet ! sagte sie Kurs . Ihr Gesicht war wie in Glut und Purpur getaucht . " Das ist sehr hübsch von dir , Herßchen , " lobte Frau Hohndorf , " aber Tosia meint es ja auch nicht schlimm ! Du mußt nur denken , daß sie wie Geschwister miteinander nahm ßspitßen urig ! ! " t , das is. stehen . Und Bruder und Schwester necken sich bekanntlich gern . . . Sagte Adolf etwas wegen morgen ? Um welche ßeit " Natürlich ! Also um fünf Uhr sollen wir schon losfahren , wenn du dich noch erweichen ließest ! Und er behauptet , ich müßte schon deswegen reiten , damit im Wagen genug Platz für die Körbe ist . Aber er erlaubt bloß den alten Rappen . Schändlich , nicht ? Ebensogut könnte man ein Schaf satteln lassen . Und dabei will er behaupten , das gute , alte Tier wäre mitunter noch Gans " feurig ' In fidelster Planlosigkeit lief sie in der Küche herum . " Ich will dir Mal was sagen , Tosia , wenn du nun nicht bald etwas " feuriger " bei der Arbeit sein wirst , können wir morgen unmöglich . . . " Tantchen - - ! - - " Himmel ! Sie mordet uns ! " Das Schinkenmesser tat gewaltige Arbeit . Und als der lange Sommertag in dämmerige Nacht überging , standen die gepackten Körbe bereit , und man kroch müde , selig , in Erwartung glühend , in sein Nest . Nun hatte nur noch das Barometer , das Tosia am liebsten mit ins Bett genommen hätte , seine Schuldigkeit ßu tun . Alle Stunden wurde es von ihr , mit dem Streichholß in der Hand , befragt . Und als es drei Uhr morgens geworden war und das Quecksilber noch immer auf " beständig verharrte , da legte Tosia einen Augenblick dankbar ihre heiße Wange an das kühle Glas und schlief dann noch eine Stunde wie ein Sack . In der nicht ßu spottet ! Purpur schlimm ! Unerwartetes Wiedersehen bei einer Gefechtsübung . Es war ßur Kritik geblasen worden . Auf einem der niedrigen Hügel , die hier und da auder gelben Sandwüste emporragten , hielt der Oberst , umringt von seinem Stabe , und wartete , bis die Herren versammelt waren . Von allen Seiten nahten sie sich , ßu Fuß oder beritten , eilig den tiefen Sand durchwatend oder in gestrecktem Galopp , umwirbelt von undurchdringlichen Staubwolken , mitunter bänglichen Herßens , wenn man sich eines Fehlers bewußt war . Denn dergleichen entging dem Gestrengen nicht , dafür bekam man dann seinen " Wischer " . Fernab , im Schatten einiger Bäume , die wie eine Oase aus dem Sandmeere hervortauchten , warteten die " Schlachtenbummler " , die ßuschauer , die sich in allen möglichen Fuhrwerken , ßu Pferde und sogar auch ßu Fuß eingefunden hatten , um das militärische Schauspiel ßu genießen . Eine gewisse Abspannung hatte sich aller bemächtigt . Stundenlang war man im glühenden Sonnenbrande den Truppen gefolgt , hatte sich für Gefechte begeistert , hatte Partei für die " rote " oder " blaue " Armee genommen , hatte sich die Hälse ausgereckt nach einem Eindecker , von dessen Erscheinen gemunkelt worden war und der durchaus sich nicht ßeigen wollte . Kurs , man war gründlich müde und hungrig daßu und konnte nicht begreifen , was der Oberst da noch ewig ßu reden hatte . Und man begann das Frühstück ßu ordnen und ein wenig davon ßu naschen . Denn wer konnte wissen , ob man nachher noch etwas davon ßu sehen bekam ! Tosia hielt nicht neben dem Lubowoer Wagen , in dem Frau Hohndorf sich jetzt mit Rose-Maries Hilfe an das Auspacken der mitgebrachten Herrlichkeiten machte . Sie hatte sich an die reitenden Regimentsdamen angeschlossen . Der Rappe , wenn auch reichlich temperamentlos , hatte schließlich doch seine Schuldigkeit getan . Übrigens sah er , ßu seiner jungen Herrin Genugtuung , im Schmucke des fast neuen , silberbeschlagenen ßaumßeugs , das Adolf für seine Kusine angeordnet hatte , recht gut aus . Tosia spähte nach dem Kritikhügel hinüber . Endlich mußte es doch dort ßum Schlusse kommen . Ihr gutes Herß beunruhigte sich für " Tönchen " . Er hatte mit seinem ßuge den Feind von Osten statt von Süden angegriffen , wie er ihr im Vorübereilen vorhin ßugeraunt . Er würde schön verdonnert werden ! Na , sie wollten ihn dann schon mit den Frühstückskörben trösten . In der Nähe hörte man , wie in der Umgebung eines Bienenstockes , unablässiges Stimmengesurr . Es drang aus der Tiefe der Wagen , die ßum Teil fast überquollen von sommerlich gekleideter Weiblichkeit . Doch auch einige Herren waren darunter , Gutsbesitßer , die durch keine Dienststunden an ein Büro gebunden , frei über ihre ßeit verfügen konnten . Aus einem der nächsten Wagen scholl immer wieder ein sonores , jung-frohes Männerorgan an Tosias Ohr . Sehnsüchtig sah sie hinüber . Dort war man so vergnügt . Gar ßu gern hätte sie mitgelacht . Doch kannte sie weder da aus Oberst , Herren Fehlers ßu Fuß Fuhrwerk noch Herrn , und die Damen waren hinter einem unschönen , ostereifarbenen Sonnenschirm verborgen . Nun aber erhob sich hell eine etwas scharfe und doch schwärmerisch modulierte Mädchenstimme . Deutlich erreichten die Worte Tosias Ohr : " Ich finde den Anblick gradeßu poetisch ! All diese jungen , blühenden Söhne des Mars ! Regt Sie das nicht auch unwiderstehlich ßum Dichten an , Herr von Seebeck ? Gestehen Sie es nur ! Auch aus Ihrer Seele ringen sich Sonette ßum Preise des herrlichen Kriegsgottes ! Atemlos , Auge und Ohr ßum äußersten gespannt , hob Tosia sich soviel wie möglich im Sattel . Dann ließ sie sich plötzlich wieder ßurückfallen und stach , in einem plötzlichen Ausbruch innerlicher Fidelität , unversehens dem Rappen ihren Sporn in die Weiche . Der vermerkte das , aus dem Halbschlaf , dem er sich hingegeben , so rücksichtslos geschreckt , gewaltig übel . Meuchlings nahm er den Kopf ßwischen die Vorderbeine und keilte in einem schier jugendlichen Luftsprung mächtig nach hinten aus . Und als in hohem Bogen über seinen Kopf hinweg seine Herrin in den Sand flog und er sich los und ledig aller Last fühlte , blieb er mit harmlos-dummem Gesicht ruhig an seinem Platße stehen , als sei gar , aber auch gar nichts geschehen . Wie das nicht anders sein konnte , erhob sich auf dem Wagenplatß ein heftiger Tumult . Im Umsehen war Tosia umringt von Leuten aller Art . Man bot Hilfe an , man rief nach einem Arßt . Schreckensbleich stürßten Frau Hohndorf und Rose- Marie herbei . Mühsam drängten sie sich durch den schnell geschlossenen Menschenring . Und da - - - da saß Tosia und . . . lachte ! ! Lachte , daß blanke Tränen ihr in den Schelmenaugen blitßten ! " Rosemie ! " rief sie und dachte gar nicht an die vielen einem einem er sich seinen sich los Roseschnell Lachte , ßuschauer , die da herumstanden , " Rosemie , da , hinter dem Ostereischirm , da habe ich jemand entdeckt ! ! Und weißt du wen ? " Ja , Herßenskind , hast du dir denn wirklich nichts getan ? " fragte Tante Adolfine noch immer in begreiflicher Angst . " Nicht die Spur " , lachte Tosia und sprang elastisch in die Höhe . " Gott sei Dank ! Es war ßu entsetzlich ! " flüsterte Rose- Marie , die Hand auf ihr schlagendes Herß pressend . " Aber bist du denn gar nicht neugierig , wessen Anblick mich aus dem Sattel geworfen hat , Rosel ? " Sprich bloß nicht so laut , Tosia ! Sieh die vielen Menschen , wie sie horchen und uns anstarren . " " Das ist mir " tut schnurß " ! In diesem Augenblick ist was anderes ßehnmal wichtiger . Denke dir , Kalliope ist dort in einem Wagen ! !! Rose-Marie war einen Moment sprachlos . " Tosia , nein , du machst wohl Spaß ! ?! Hast du sie denn richtig gesehen ? " Gesehen ?2 ? Keine Spur ! Nur gehört ! ! Aber da wußte ich , so redet nur ein Mensch auf der Welt , Karola von Bierßipfel , die Dichterin aus unserer Pension Schloß Frauenstein !! " Also genau so überspannt wie früher ? " " Genau so ! ßum Totlachen ! Aber freuen tu ich mich doch , du nicht ? Ich habe sie Trotz allem riesig gern . Sie ist doch eine Schwester aus dem " Casants-Kränßchen , aus der Réunion des Sex , und wir haben uns ewige Treue gelobt ! " Nein , so etwas Sonderbares , hier auf dem Sandfeld , fast am Ende der Welt , finden wir eine Pensionsschwester wieder ! " staunte Rose-Marie , noch immer Gans fassungslos . " Was bringt euch denn so aus dem Häuschen , ihr Kinder ? " fragte Tante Adolfine und nahm einem müßig dort stehenden Kutscher die ßügel des Rappen ab . " Tosia hat eine Bekannte entdeckt " , erklärte Rose- Marie . So entßückt wie Tosia war sie eigentlich nicht . " Ja , Tante Adolfine , denke dir , eine Pensionsfreundin und eine " gottbegnadete Dichterin ' daßu ! " Nicht möglich ! Und wo ist das Wunderwesen ? " Heimlich ßeigte Tosia auf den Wagen . " Hinter dem furchtbar prächtigen Schirm hält sie Schönheit und Genie verborgen ! " ßweifelnd sah Frau Hohndorf der Nichte in die lachenden Augen . " Tosia ! Tosia ! Dir sitzt der Schelm wieder faustdick " Das schadet nichts , Tantchen ! Karola von Bierßipfel , Kalliope genannt , ist ja auch ein ßu närrisches Wesen . Aber ich habe sie ehrlich gern ! " Nun , dann geht hin ßu ihr . Jetzt überkam Tosia doch eine leise Scheu . " Ja , aber ich kenne doch die Menschen gar nicht , bei denen sie im Wagen sitzt . . " Ich werde euch bekanntmachen , kommt ! Es sind Seebecks aus Amalienhof . Tosia nahm die ßügel des Rappen und ßog das schläfrige Tier hinter sich her . " Darf ich sie einladen , Tantchen ? " Frau Hohndorf blieb stehen . " Wieso einladen ? ! " Nach Lubowo , für ein paar Tage wenigstens ! " bettelte Tosia . " Erlaube es doch , goldenstes Tantchen , du wirst sehen , wie lustig es wird ! Das gäbe ja einen Hauptspaß ! Die Tante nickte ergeben . " Also noch einen Kochstudenten ! ! Aber , das sage ich dir , mein Töchterchen , gefaulenßt wird nicht ! Ich halte eiserne ßucht . " " Puuuuhhh ! Wie du das sagst ! Man könnte sich fürchten ! " lachte Tosia . " Aber ich kenne dich ja ßum Glück . Und daß wir unermüdlich arbeiten werden , das ist doch selbstverständlich ! Da waren sie hinter dem knalligen Sonnenschirm angelangt . Und während der Rappe sich langsam , witternd diesem fremdartigen Gegenstand näherte , begann Tosia in hohlem Grabeston die eigenen Worte der Dichterin ßu deklamieren : " Müde , von der Lust der Welt übersättigt . . . traurig . . . matt . .. " Mit einem Ruck flog der Schirm beiseite , und duiope du sie 94 faustdick etwas grau-blasse Antlitß einer jungen Dame starrte . . . dem verdutzt prustenden Rappen direkt ins Gesicht . Karola schrie gellendes auf . Aber schon stand Tosia auf dem Trittbrett des Wagens und guckte unter den riesenhaften , allßu bunt-genialen Hut . " Kalliope ! Kennst du uns noch ? " jubelte Tosia . " Wir sind alle beide da , Tosia und die Intime ! " Und in stürmischer Häßlichkeit umarmte sie die Überraschte . " Herrje ! ! Die junge Dame , die eben so elegant aus dem Sattel flog ! " rief Herr von Seebeck lustig . " Na , ich möchte wissen , ob Sie nicht auch flögen , wenn Sie plötzlich jemand so gut wie vom Mond herunterfallen sehen ! " entgegnete Tosia ruhig , obgleich sie ihm innerlich ein " Kommun " und " Schofel " ums andere an den Kopf warf . " Tosia , das bist du ja gar nicht ! " sagte Karola von Bierßipfel in einer Art staunender Starrheit und schloß ihren Schirm . " Sonst hättest du eben unbedingt mit kommun und so losgefaucht ! Tosia errötete und schämte sich noch nachträglich ihrer Gedanken . " Aber du weißt doch , Karola , ich bin ja " dressiert " ! ! Und nun sage doch in aller Welt , wo du herkommst ? ! Hast du denn das Lämmerschwänßchen schon begrüßt ? Ich finde , wir haben uns gar nicht richtig " Guten Tag gesagt ! " Ich bin noch ßu perplex ! " sagte Karola und streckte beide Hände nach den Freundinnen aus . " Das hätte ich doch nie ßu hoffen gewagt , daß ich in diesem gottverlassenen Erdenwinkel " Menschen finden würde ! ! Sie sprach mit derselben hochtrabenden , rücksichtslosen Überschwenglichkeit wie früher . Die Freundinnen erschraken und wußten im Augenblick nichts Passendes ßu sagen . ßumal Herr von Seebeck , der in einer Unterhaltung " Wir schloß gt mit ssiert " ! ! streckte mit Frau Hohndorf und seiner Mutter begriffen war , sich umwandte und mit ironischer Verbindlichkeit sagte : " Ich bewundere nur Ihren Mut , hierhergekommen ßu sein , verehrtes Fräulein Kusine . Und bedauere Sie , daß Sie nun schon drei Wochen in so menschenunwürdiger Gesellschaft schmachten ! Karola bis sich auf die Lippe . Sie fühlte selbst , wie häßlich und undankbar ihre Worte geklungen haben mußten . Doch ihr falscher Stolß ließ es nicht ßu , einßulenken oder gar ein Wort der Entschuldigung ßu sagen . So war sie denn froh , als Rose-Marie in ihrer lieben , ausgleichenden Art sagte : " Unsere Freundin Karola meint es ja nicht so . Aber weil sie doch eine Dichterin ist , lebt sie in anderen Ideen und Vorstellungen als . " so ! ! Sie ist eine anerkannte Dichterin ! ? " Herr von Seebeck ßog in tiefer Hochachtung seinen Hut . " Und dergleichen ahnt man gar nicht . Nun geht mir natürlich manches Licht auf . Deshalb auch vorhin - - " , sein fröhlicher Blick suchte Tosia , " riefen Sie nicht , was mir Gans rätselhaft klang : Kalliope ? !2 Darum ! ! . - - Aber nun bitte , Fräulein Kalliope , machen Sie uns endlich miteinander bekannt . Denn wenn wir auch in einem " gottverlassenen Erdenwinkel " Sitzen , so machen wir doch 4 noch einigen Anspruch auf Menschentum und ßivilisation ! Nach und nach kam eine richtige , harmlose Vergnügtheit ßustande . Karola stieg , soviel ihr das überhaupt möglich war , von ihrem Kothurn herab . Ihre Freude , die Freundinnen so unvermutet wiedergefunden ßu haben , war eine durchaus ehrliche , und Tosias Vorschlag , den sie ihr leise unterbreitete , auf einige Tage mit nach Lubowo ßu kommen , begeisterte sie ßu schwungvollen Worten . Endlich war auch die Kritik ßu Ende . Ein fröhliches Gewimmel und Getümmel entfaltete sich um die Wagen mit ihren verführerischen Tischleindeckdich . Stolß boten die jungen Mädchen die Resultate ihres Fleißes und ihrer Kochkünste an . Man hatte die Wagen dicht Nebeneinanderfahren lassen , den Rappen einem Burschen übergeben , und nun tauschte man , gewürßt von leiblichen Genüssen , Witß- und Scherßworte . " Du siehst übrigens gar nicht ßerknirscht aus , " Tönchen " " , meinte Tosia befriedigt und bot ihre Kuchen herum . Der kleine Leutnant warf sich in die Brust . " Habe ich auch nicht nötig ! ! Habe heute das Strategengenie in mir entdeckt ! Es war gerade so richtig , wie ich es gemacht habe . " Fein ! Da wirst du es ja sicher ßum Feldmarschall bringen ! " neckte Tosia und füllte ihm verschwenderisch die Hand mit den selbstgebackenen Plätßchen . Als sie auch den Vetter von neuem damit bedenken wollte , lehnte er dankend ab . " Schmecken sie dir etwa nicht ? " fragte Tosia leise drohend . Adolf Hohndorf nahm Rose-Marie ein Fleischpastetchen aus den Händen . Sie hatte gerade selbst hineinbeißen wollen , nachdem jeder damit von ihr versorgt worden war . " Ich muß ehrlich gestehen , ich halte mich lieber an den anderen Kochstudenten meiner Mutter ! Wenn ich auch selbst mit Kochen nicht viel Glück habe , wie meine Spiegeleier ßeigten , so scheinen mir doch deine Plätßchen nicht Gans richtig geraten ! " Das möchte ich doch wissen ! Das soll mir einer beweisen " , begehrte Tosia auf . " Ich finde , sie schmecken delikat . " " Verblendung , Kusinchen ! Selbstbeweihräucherung , die immer vom Übel ist ! " lachte Adolf ; aber Tosia spürte , daß ein Korn Wahrheit hinter seinen Worten war . " Irgend etwas fehlt in deinen Kuchen , das lasse ich mir nicht nehmen . Man war in beiden Wagen aufmerksam geworden und aß nun auf Tod und Leben " Probe " . Tosia , also ßum unliebsamen Mittelpunkt gemacht , warf dem Vetter wütende Blicke ßu . " Meine Kusine ist nun böse auf mich , " klagte er , " dabei erkenne ich doch sicher sonst alle ihre Talente an ! Sie reitet wie eine Amaßone , ohne daß selbst der wildeste Gaul sie aus dem Sattel werfen könnte - - - " , er sah unschuldig im Kreise umher , "- - - was machen Sie alle für sonderbare Gesichter ? ! Kann jemand das Gegenteil beweisen ? Sie müssen die Reitkünste meiner Kusine nicht nach dem ßockeltrab des neunßehn Jahre alten Rappen bemessen ! . . . Doch mit den Plätßchen ist etwas nicht in Ordnung , das merkt selbst mein Laienverstand . " Tosia machte gute Miene ßum bösen Spiel . Das klügste , was sie tun konnte . Aber ein andermal würde sie sich rächen , das war sicher . So sagte sie denn pomphaft : " Daß Tosia Eschenhorst kein Gaul ßu wild ist , das weiß man auf ßwanßig Meilen in der Runde . Der kleine ßufall heute will gar nichts sagen . Hätte ich auf einem Stuhle gesessen , wäre ich genau so heruntergefallen , nur hätte ich mir vielleicht dabei das Genick gebrochen . Aber die Schmach mit den Plätßchen kann ich nicht auf mir Sitzen lassen . Tante Adolfine , entscheide du ! Du hast mir das Reßept gegeben - " und sie ßählte an den Fingern auf : " sechs Eier , 300 g ßucker , 300 g Butter , ein Pfund Puder . . " Puder - ? " wunderte sich der kleine Brederloh . " Ich denke , so was tun die Damen nur so auf ihr Gesicht , aber nicht in Gebäck ?! Komisch ! ! Alle lachten , und Tosia belehrte ihn großartig : " Mit diesem Puder ist natürlich Puderßucker gemeint ! " " Salß fehlt ! " sagte entschieden Herr von Seebeck , dessen Magen sich sträubte , länger ßu " kosten " . " Keine Spur ! Backpulver mit dem hellen Kopf ! widersprach " Tönchen " weise . Karola seufßte unmutig . " Also hier kochen Damen und Herren ? ! Wo bleibt da die Poesie , die jeder aus dem kriegerischen Schauspiel hätte schöpfen müssen ! ! Ich bin furchtbar enttäuscht über den prosaischen Geist Tosia vergaß einen Augenblick vollständig , wo sie war , als sie da so die beiden Pensionsgenossinnen vor sich sah . Nach Schloß Frauenstein fühlte sie sich versetzt , wo sie frisch von der Leber weg geredet hatte , und sagte entsprechend : " Rede ' kein Blech , Karlinchen ! " Mit flammenden Augen und schmerßlich bewegten ßügen blickte Karola von Bierßipfel auf Tosia . Doch ehe sie etwas ßu entgegnen vermochte , rief Adolf Hohndorf : " Ich habe_es ! Ist denn Mehl in den Kuchen , Tosia ? " Die sah ihn von oben herab an . " Es gelingt dir nicht , mich reinßulegen , lieber Adolf ! Da im Reßept nichts von Mehl stand , war ich natürlich nicht so töricht , den Teig mit Mehl verbessern " ßu wollen ! ! Frau Hohndorf wandte sich mit unterdrücktem Lächeln ab . Sie mochte Tosia nicht blamieren , die in eifriger Selbstsicherheit gar nicht daran dachte , daß sie irren könnte . Da aber mischte sich die alte Frau von Seebeck ins Gespräch : " Ja , liebes Fräulein Tosia , dann wird doch wohl Ihr Herr Vetter recht haben . Mit Puder war feines Mehl gemeint . Nun haben Sie doppelten ßucker und kein Mehl in den Kuchen . Damit ist die ganße Sache aufgeklärt . Arme Tosia ! Wie gern wäre sie irgendwohin in die Einsamkeit entflohen , wo es keine lächelnden Blicke und keinen " Puderkuchen " - dieses Wort fühlte sie auf aller Lippen schweben und würde ein Neckwort für ewige ßeiten bleiben - gab ! Blutübergossen stand sie da . Aber ehe noch die Tante ein tröstliches Wort an ihren kleinen Kochstudenten richten konnte , hatte eine höhere Macht sich ihrer angenommen . Laute Signale erschollen . Eine plötzliche Bewegung durchflutete alle Gruppen . Aufgeregt stampfende und wiehernde Pferde , hastiges Abschiednehmen . Die Mienen der bekanntesten Menschen wurden dienstlich , man rückte an der Feldbinde , man ßog den Sturmriemen unters Kinn , lockerte den Säbel in der Scheide . Laute Kommandorufe , sich fort- und fortpflanßend ins Weite . Ein Schüttern der Erde vom taktmäßigen Schritt vieler Kolonnen , vom Antraben der Schwadronen . Das dumpfe Rollen der sich in Bewegung setßenden Geschütße und dann nichts mehr wie eine undurchdringliche , unabsehbare Wolke Staub . . . Poesie und Prosa unter Parkbäumen . Den Rest dieses Tages gab die gestrenge Gutsherrin den drei Freundinnen frei . Sie war ja viel ßu gutmütig , ihr Herß viel ßu jung und warmfühlend mit der Jugend , als daß sie den jungen Mädchen nicht hätte nachempfinden können , wie es sie in die Tiefen des Parkes , an verborgene romantische Plätze ßog , um dort sich ßu erßählen , was sie seit der Trennung erlebt hatten . Karola vor allem konnte es kaum abwarten , ihr Herß ßu entladen . Wie sie früher in der Pension von irgendeiner Kommodenecke herab oder sonst einem erhöht gelegenen Sitz ihre Reden gehalten hatte , so schwang sie sich auch jetzt auf den Rand eines altersgrauen Springbrunnens , lehnte den Rücken gegen den Torso eines steinernen Tritonen , sah schwärmerisch in die leicht sich wiegenden Baumwipfel und begann : " Eine höhere Fügung hat uns wieder ßusammengeführt , nachdem die Stürme des Lebens uns grausam auseinandergerissen . . . " Na , Stürme waren es ja nun eigentlich nicht , meint Tosia trocken daßwischen , " Gans friedlich ßog jede von uns einen friedlichen Weg . Ungeduldig klopfte Karola mit dem Absatz gegen das Steinbecken . Reden nicht , og jede " Was weißt du , ob es mir in Frauenstein friedlich ergangen ist oder nicht ! ! Wie kann es einem überhaupt friedlich ergehen , wenn man vor lauter Fallstricken , die einem ßu dem elenden Examen gelegt werden , kaum weiß , wie man treten soll !! Im übrigen , Tosia Eschenhorst , war das nur bildlich gesprochen . Du solltest es wissen wie Rose-Marie , deren Anerkennung uni 9eute seid wohr- Segetan hat , daß ich als Dichterin mich einer bilderreichen , klangvollen Sprache bediene . " Tosia nickte ergeben . " Ja , das weiß ich noch von früher . " ßunächst werde ich euch einige meiner neuesten Schöpfungen vortragen . Ich habe mich seit kurßem der Balladendichtung ßugewendet und Gans erstaunliche Erfolge damit erßielt . Im übrigen ist vielleicht doch die epische Dichtung mein eigentlichstes Feld . Aber diese überflüssige Arbeiterei ßum Examen läßt mich ja ßu nichts kommen ! " Du mußt dich mit deinen dichterischen Wünschen auf später vertrösten " , wandte Rose-Marie bescheiden ein . " Sieh Mal , wenn man ein Examen bestehen will , muß man doch schließlich auch etwas Ordentliches daßu gelernt haben ! Und es hieß immer , in Frauenstein wäre es verhältnismäßig leicht , und man würde nicht mit unnütßem Wissenskram gequält . " Karola von Bierßipfel sah mitleidig von ihrer Höhe herab . " Du redest , wie du es verstehst , mein gutes Kind . Ich finde , wir werden unerhört geschunden . Aber sprechen wir nicht mehr davon . Daßu ist dieser göttliche Sommertag und unser schicksalgewolltes ßusammensein ßu schade . Mit pathetischer Gebärde warf sie die Dichterlocke von der Stirn ßurück - im Gegensatz ßu früher , wo sie wie ein kleiner Strohwisch über die Augen hinweg in die Luft gestarrt hatte , ßeigte sie jetzt eine vom Brenneisen wohlgefügte Form - , strich über die Falten ihres engen Rockes , gleichsam andeutend , daß man sich hier die fließenden Linien eines griechischen Gewandes ßu denken habe , und fing mit fremd klingender , schauerlich abgetönter Stimme an : " Der blutige Graf als Höllengeist . Graf Ulrich schlief auf seidenem Pfühle , Die Nachtluft wehte herein gar schwüle . Vom reichen Schmaus hatte er Magendrücken , Viel Träume täten ihn jämmerlich ßwicken . Da ruft eine Stimme ihm ßu : " Ein Satan bist und Räuber du ! ßum Lohn für deine Taten Mußt in der Hölle du braten ! " Übernichts Da fuhr Graf Ulrich vom Lager aus Seide Und stieg in sein Wams und Eisenkleide . Er rief nach Rossen und Hunden Und hat durch den Wald sich geschunden . " " Na , " geschunden finde ich ja nun nicht gerade so sehr poetisch ! Und überhaupt - - - " Tosia schwieg mit einem Gesicht , als ob sie ßahnreißen habe . " Mußt du einen denn auch immer und immer stören , Tosia ! " rief die Dichterin aufgebracht und fiel um ein Haar rücklings in den Springbrunnen . " Du bist also genau solch eine Barbarin den schönen Künsten gegenüber geblieben , wie du in der Pension warst . An dir ist wirklich Hopfen und Mals verloren . Was sagst du , Rose-Marie Hardarsen ? " Die Gefragte schwieg verlegen , während Tosia pfiffig vor sich hinlächelte . Sie kannten ja die von den Musen Besessene viel ßu gut , um ihr etwas übelßunehmen . " Sage ' deine Meinung frei heraus , Rose-Marie ! " forderte die Dichterin kühn und schlang einen Arm um die Reste des Brunnengottes . " Ich sah dir deine Ergriffenheit und dein gespanntes Interesse ja an . Nun ? ! " Ich verstehe so wenig davon " , stammelte Rose- Marie , die so gern der Freundin gesagt hätte , was sie ßu hören wünschte und doch ßu ehrlich daßu war , um es ßu können . " Von den Lippen der Unmündigen werden dem Genie oft die größten Offenbarungen ßuteil " , sagte die geniale Karola demütig . Rose-Marie nahm allen ihren Mut ßusammen . Diese letzte , von Eigenlob und Selbstherrlichkeit strotßende Rede erleichterte ihr entschieden das Sprechen . " Ich glaube , rein lyrische Sachen liegen dir besser , Karola . In dieser Ballade ist - und du beabsichtigst doch 142 gewiß , daß sie ernst stimmen soll ? - ßuviel , wie soll ich gleich sagen . . . ßuviel Komisches , Spaßhaftes - - - " Spaßhaftes ! 2 ! " schrie Karola mit rollenden Augen und sprang auf den Boden herab , " ja , habt ihr denn gar keinen Sinn für die Erfüllung eines hoch tragischen Geschicks - - - ? Stellt euch doch vor , wie der Graf nun durch den Wald irrt , verfolgt von den Furien seines Gewissens . . . " Ich sagte ja gleich , daß ich nichts davon verstehe und Tosia erst recht nicht . Wir haben beide keine poetische Begabung . Nicht wahr , Tosia ? " " Natürlich , wir sind ßu dumm ! Das ist ßu hoch für uns " , nickte Tosia mit mühselig erßwungenem Ernst . " Es wäre auch Gans gut , wir würden uns jetzt unsere Erlebnisse erßählen , denn wer weiß , wann wir noch einmal soviel schöne freie ßeit erwischen . " Ja , komme , erßähle " , bat Rose-Marie und nahm die erßürnte Dichterin bei der Hand . " Wie kommst du denn bloß in diese Gegend ? Tosia sagt , daß du auch ßu ihr nie von Verwandten oder Bekannten hier gesprochen hast . Nachdem Karola sich noch ein wenig hatte bitten lassen , überwand sie ihren Groll und setzte sich ßu den Freundinnen auf die Steinbank . " Davon ahnte ich damals selbst nichts " , sagte sie lässig . " Aber denkt euch an , als dieses Mal die Ferien herankommen , schreibt mir Mama , ich müsse in der Pension bleiben ! Und das sollte mir der Examenarbeiten wegen auch noch " erwünscht " sein ! ! " O jemine ! Wenn ich denke , wie unglücklich ich war , als ich in den Ferien nicht nach Hause durfte ! " erinnerte Tosia sich schaudernd . " Aus welchem Grunde solltest du denn in Frauenstein bleiben ? " fragte Rose-Marie teilnahmsvoll . soll ich 1. seines soviel " Sie muß bei meiner verheirateten Schwester pflegen helfen , die Kinder haben Scharlach ! " sagte Karola so empört , daß die beiden anderen in Lachen ausbrachen . " Ihr habt gut lachen , aber ist das etwa nicht eine Rücksichtslosigkeit , wenn ich gerade auf Ferien reisen will ? !2 Konnten die ihre Kinderkrankheiten nicht ßu anderer ßeit abmachen ? ! Und Papa mußte nach Nenndorf ins Bad . Und da saß ich denn schön neben draußen . Ihre Entrüstung war unwiderstehlich komisch . Doch achtete sie nun nicht mehr auf die entfesselte Heiterkeit der Freundinnen . Sie war so schön im ßuge und entlud weiter ihr übervolles Herß . " Das fiel mir ja nun gar nicht ein ! Keine ßehn Pferde konnten mich in Frauenstein halten . Ich schrieb also an Pontius und Pilatus . . . schrecklich war es , sage ich euch . Immer und immer wieder diese Absagen ßu bekommen ! Schließlich nahm ich mir den Stammbaum vor und suchte Verwandtschaften heraus . Und da entdeckte ich , daß vor neunundneunßig Jahren eine Bierßipfel nach Amalienhof einen Seebeck geheiratet hat . ßwar war es damals schon eine Nebenlinie und hatte mit uns wirklich nicht mehr viel ßu schaffen ; aber was tut man nicht alles in der Not ! Ich schrieb denn recht herßbeweglich hierher , und da luden sie mich wahrhaftig ein . " " Du hast ja schon immer , was eine gewisse Dickfelligkeit betraf , mehr fertiggebracht als andere Leute ! " meinte Tosia mit wundervollem Freimut . Karola von Bierßipfel ßuckte die Achseln . " Ich wußte mir nicht anders ßu helfen . . . Na , ein Paradies habe ich mir ja gerade auch nicht ergattert ! " " Aber Tante Adolfine sagt , Amalienhof wäre ein wunderschöner Besitz ? Und Seebecks machen doch einen sehr netten Eindruck ! Die Dichterin legte die Arme rechts und links um den nahm lassen , lässig . heranwägen Nacken der Freundinnen , sah ihnen nahe in die Augen und sprach verächtlich : " Ich will euch Mal was sagen - - : es sind Banausen ! Tosia und Rose-Marie blickten sich verdutzt an . Schließlich tat Tosia verständnisvoll : " So - so ! Banausen ! ? " Dann aber schüttelte sie fidel den Kopf . " Du , - davon verstehen wir beide nämlich nichts ! Von " Bananen habe ich schon gehört , sehr ! - Ach , ich esse sie leidenschaftlich gern ! Oder ... " Sicher ist es etwas Häßliches ! " sagte Rose- Marie in leichter Entrüstung . " Und über das Haus , in dem man Gastfreundschaft genießt , soll man nichts Schlechtes s- brechen . " Ein edler Grundsatz ! So Gans , wie du bist ! " Karola klopfte ein wenig herablassend Rose-Maries Wange . " Aber in dem Sinne wie du meinst , schmähe ich meine Gastfreunde durchaus nicht . Nein , wißt ihr , sie verstehen aber nichts von Poesie und Dichtkunst . Und das tut mir weh ! Die beiden Mädchen bedauerten Karola , bis sie merkten , daß Seebecks nur Karolas Werken gegenüber sich ablehnend verhielten . " Sie schwärmen für Goethe und Lilieneon und die Anna Ritter ! Liebe ßeit , das ist ja recht schön . Auch lassen sie sogar Gans Moderne gelten . Jedoch " Dann haben sie aber einen sehr guten Geschmack " , unterbrach Tosia trocken das Lamento . " Und ich finde , du kannst froh und dankbar für das nette Unterkommen sein . Es schien , als ob Karola ein wenig pikiert ßu sein gedachte , aber das ließ Rose-Marie nicht aufkommen . Sie begann von allerlei anderem ßu sprechen und ßu erßählen . Und natürlich kam sie da auch auf das Thema , das ihr so nah am Herßen lag und sie soviel beschäftigte und über das sie mit ihrer geliebten Tosia nicht mehr so recht den Mut hatte ßu reden . Auf ihren Bruder Rolf . " Du kennst ihn doch auch , Karola . Ist es nicht schrecklich , daß er nach Afrika gehen will ? " " Oh , wie interessant ! Ach , wie beneidenswert ! Wenn ich mein Examen gemacht habe , gehe ich vielleicht auch hin . Die heroische , einßige weiße Frau als Forscherin und Kulturträgerin . . . " Um Himmels Willen , höre auf ! " rief Tosia . " Das ist ja der helle , blanke Unsinn , den du sprichst ! " Und bitte sehr , wieso ? Wäre es etwa nicht dankenswert , wenn man den Leuten dort ßum Beispiel in Dichtermatineen die Schönheiten unserer heimischen Literatur ßugänglich machte ? " " Da du Goethe und Liliencron , die Anna Ritter und vermutlich alle anderen großen Geister nicht gelten läßt , würdest du wahrscheinlich nur eigene Produkte ßum besten geben . Und das würde am Ende selbst den Wilden ßuviel werden ! ! " Nun , ich muß sagen , du bist ja - - - " " Streitet euch nicht , o bitte , bitte , nicht ! " unterbrach Rose-Marie den ßornsprühenden Ausbruch . " Ich begreife gar nicht , daß ihr auch immer aneinandergeratet - " Na , bei Tosias Grobheit ... . " Wenn Karola so überspannte Ideen hat . " " trotzdem mögt ihr euch doch gern leiden ! Tosia hätte dich sonst nicht eingeladen , Karola - Sie legte die Hände der feindlichen Parteien ineinander . Die lächelten sich denn auch an und - - - dachten sich jede ihr Teil . Nachdem sie auf der Parkwiese Blumen gesammelt und ßum Krans geflochten hatten , den Karola sich in das spröde Haar drückte - es war ihr ewiger Kummer , daß sie keine wallenden Locken besaß - , begann sie noch einmal von Rolf . Die Neugier ließ ihr keine Ruhe . " Schwärmtest du eigentlich nicht für Rose-Maries Augen hr ! - Rosenichts Karola " Aber nichts * Auch 1 14 ) finde , so nah Bruder , Tosia ? Man darf das ja wohl ruhig so offen sagen . Wo ihr doch so dick befreundet seid , werdet ihr sicher keine Geheimnisse voreinander haben ? " Schwärmen ! !! " sagte Tosia überlegenen Tones und wurde dunkelrot , " ihr habt freilich damals derart für die Kandidaten " geschwärmt , daß du denkst , ich müßte auch . . . " Ich habe doch nicht geschwärmt ! " verwahrte Karola sich nun ihrerseits . " Du weißt doch , wie ich ihn abfahren ließ , nachdem ich entdeckt hatte , daß er ein Banause war ! Das Wort gefiel ihr offenbar ßu gut , als daß sie nicht gern jede Gelegenheit wahrgenommen hätte , um es ansauenden . " Aber das kannst du doch nicht bestreiten , daß dir Rose- Maries Bruder glänßend gefiel ! Einen Augenblick sah Tosia nachdenklich vor sich hin . Dann sagte sie ehrlich und ein wenig kläglich : " Ja , es ist wahr . Ich mochte ihn riesig gern und habe manchmal an ihn gedacht . Es war ein komisches Gefühl . .. vielleicht nennt man das " schwärmen " ? Wir hatten uns doch auf so drollige Weise kennengelernt , durch einen ßufall auf der Reise in die Pension . . . Vielleicht steckte es an , daß ihr alle einen Anbetungsgegenstand hattet . . . Und als ich ihn nun hier wiedersah , - Rosemie , du darfst es mir nicht übelnehmen , ich kann ja nichts dafür , " stürmisch umarmte sie die Freundin , " da war ich grenßenlos enttäuscht ! Rose-Marie schluckte an ihren Tränen . " Wenn ich nur wüßte , warum ? ! Er ist so ein lieber Mensch . . . Und Karola riß ihre kleinen Auglein weit auf und lauschte mit allen Sinnen . Höchst interessant ! Ein Problem , ein Semonsun - - ein glänßender Romanstoff vielleicht . Behutsam , um Tosias Offenherßigkeit nicht irgendwie ßu unterbinden , lispelte sie : " Ja , aber das muß doch einen Grund haben ? Was hat er denn verbrochen ? " " Verbrochen ? Nichts natürlich ! Liebe und nett war er . Und ewig bin ich ihm dankbar , daß er mir soviel Gutes erwiesen hat . Er ist der netteste Mensch , den ich kenne . . . " Nun also - ? " " Aber " schwärmen oder " lieben oder solch einen Kohl , nee , das kann ich nicht ! Mir sind die Männer alle " tut schnurß " ! !! " Schade ! " sagte Karola in einem Ton , als ob eine Welt herum um sie in Trümmer sänke . Dumm ! Sie würde sich nun den Romanschluß allein ausdenken müssen . Denn man konnte doch unmöglich die Heldin am Ende erklären lassen , daß die Männer ihr " tut schnurß " seien . Tosia war wirklich ßu recht wenig ßu gebrauchen . Aus dem Türmchen meldete heller Glockenklang , daß es ßeit sei , sich ßum Abendessen einßufinden . Arm in Arm wandelten die Freundinnen dem alten Gutshause ßu . Im Augenblick schwiegen sie . Jede hatte so ihre eigenen Gedanken . Aber am Abend , als der Mond über den Parkwipfeln stand , herrschte schon wieder fröhlichste Laune . offen Tones derart müßte Karola er ein es andarfst Kalliope überrascht durch eigenartige Kochkünste . " Nein , daßu bin ich nicht nach Lubowo gekommen , damit ich hier ßu nachtschlafender ßeit aufstehen und mich totarbeiten soll ! Es fällt mir gar nicht ein ! Damit warf Karola sich energisch nach der anderen Seite und machte die Augen ßu . Doch Tosia ließ nicht so leicht ab . " Man kann Gartenarbeit doch nicht in der Mittagshitße machen ! Es soll Salat gepflanßt werden und . . . " Das ist mir Gans egal , was ihr macht . Ich habe durchaus nicht die Absicht , Gärtner ßu werden . " Aber es ist doch hübsch , wenn man alles versteht . Und gesund ist es auch . " Mir nicht ! Ich kriege Kreußschmerßen , das kann man nicht verlangen ! " Sie schielte ßu Rose-Marie hinüber , die gerade dabei war , sich ein praktisches Arbeitskleid überßustreifen . " Es ist mir überhaupt ein Rätsel , wie du das aushältst ! Früher warst du immer so ßerbrechlich ! " Rosemie will ! Und was man will , kann man auch " , versetzte Tosia weisheitsvoll . " Stehst du wirklich nicht auf ? " Nein . Wütend wollte Tosia aus der Tür laufen . Dann kehrte sie aber noch einmal ßurück . " Jedenfalls mußt du dann allein in der Küche stehen und die Rehkeule ßurechtmachen . Es wäre doch viel netter , du gingst mit uns . " Rehkeule ? 1 ? Nein , mein Engel ! ßu so etwas kann mich doch kein Mensch ßwingen ! Bin ich etwa daßu hierher auf Besuch gekommen - - - 1 - Die beiden anderen eilten die Treppe hinunter , und Karola dehnte sich in ihrem Bette . Indessen versuchte sie vergebens , noch einmal einßuschlafen . So Gans wohl war ihr nicht bei ihrer Weigerung . Aufs höchste unßufrieden mit aller Welt - daß sie sich über sich selbst ärgerte , mochte sie sich nicht eingestehen - sprang sie schließlich von ihrem Lager . Und . .. nicht ßu glauben . . . eine Stunde später stand sie richtig in der Küche bei der Rehkeule ! ! So gründlich hatte sie sich vor Frau Hohndorf geschämt , daß sie , um den schlechten Eindruck ßu verwischen , sich ßu allem erbot . Und da war denn Tosias Propheßeiung in Erfüllung gegangen . Ratlos sah sie sich ihrer Arbeit gegenüber . Wie man das wohl anfing ? Die Gutsherrin hatte allerdings gefragt , ob sie Bescheid wisse . Hätte sie doch nur ihre gänßliche Unwissenheit eingestanden ! Aber das war ihr so peinlich gewesen . Die Mamsell würde ihr schon beistehen , kalkulierte sie . Nun war weit und breit keine Seele . Was fing sie bloß an ? Tiefsinnig starrte sie auf das Fell der Keule . Gänse und Hühner und Tauben rupfte man . Ja , und Hasen auch . Das glaubte sie Gans bestimmt ßu wissen . Also würde man Rehe wohl auch rupfen . Wie sollte man denn auch sonst wohl den dicken Pelß abbekommen ? Sie fing also ßu rupfen an . Oh , oooohhhh !!! Das war ja eine Pferdearbeit ! ! Hätte sie doch auf Tosia gehört ! Die hatte es wahrlich gut mit ihr gemeint , als sie ihr dies ersparen wollte ! anderen nicht so tagshitße du das wirklich Nein , es war überhaupt nicht möglich ! Daßu mußte irgendein Instrument gehören . Alles suchte sie in der Küche ab . Sie nahm einen Büchsenöffner , ein Spargelschälmesser , eine Geflügelschere , lauter ihr unbekannte Instrumente . . . nichts wollte ihr die Arbeit erleichtern . Nach kurßer ßeit hatte sie Gans schwielige , rissige Hände . Tränen- und schweißüberströmt stand sie da und rupfte und rupfte - - - eine Sisyphusarbeit ! Und nicht die Spur eines Erfolges ßu bemerken . Höchstens sah es nun so aus , als ob die Motten sich in dem Fell verlustiert hätten . Wie sollte denn die Keule nur auf diese Weise ßur rechten ßeit bratfertig werden ? ! Helle Wut befiel sie . Wie konnte nur eine Rehkeule im Fell in die Küche kommen ! Die müßten gleich gespickt fix und fertig vom Himmel in die Pfanne fallen ! Der Verßweiflung nahe , stieß und schubste sie das Unglücksobjekt planlos hin und her , und ihre Tränen flossen daßu immer reichlicher . So entsetzlich , so unwürdig und erniedrigend fand sie diesen ßustand , daß sie sich nicht nur nach Amalienhof , sondern nach der Pension ßurücksehnte . Und das wollte bei ihrer Verachtung derselben gewiß viel sagen . Endlich nahten Schritte und Stimmen . Tosias lustiges Schwatßen und Mamsells etwas unterwürfige Redensarten . Rose-Marie würde ja wohl auch nicht weit sein . Womöglich auch Frau Hohndorf . Also setzte sie sich in Pose . Das Märtyrerantlitß , über das langsam einige Tränen perlten , ergeben und leidvoll auf das Stück Wildbret gesenkt , mühte sie sich mit letzten , versagenden Kräften , dem widerspenstigen Fell ein Büschelchen Haare ßu entrupfen . " Je Karlinchen , was machst du denn da ? " Aber , du arme Karola , stehst du noch immer an dieser ekligen Arbeit ! " mußte 1 einen syphusin dem ! Helle fix und sie das Tränen ßurücklustiges Tränen gesenkt , " Gnäddiges Fräulein , hat sich wirklich Lump dieser , was ist alter Kawacßeck , nicht abgesogen Keule vom Reh ! Mit diesem Sprechterßett kamen die drei auf Karola ßu . Anklagend hob die junge Dame den Blick . Stumm wies sie auf ihre übel ßugerichteten Hände . " Ja , aber Beste , wenn ich nur wüßte , was du treibst ? " fragte Tosia , die rechte Not hatte , ihre Heiterkeit ßu unterdrücken . Der ganße Anblick , der entschieden tragisch wirken sollte , kam ihr nur lächerlich vor . " Was ich treibe ?! " klang es total gebrochen ßurück . " Ich opfere Gesundheit , Kraft und Schönheit , damit ihr euch den Magen füllt und den Gaumen reißt ! Aber vor übermorgen braucht ihr euch nicht auf diesen Braten ßu Spitzen ! Und wenn ich Tag und Nacht arbeiten wollte , eher könnte ich nicht fertig werden . .. wenn ich bis dahin nicht längst im Grabe liege , heißt das ! Mitleidig legte Rose-Marie den Arm um die Verßweifelte . " Liebe , ich verstehe aber wirklich immer noch nicht , was du eigentlich tust ? " Nun aber fiel Karola aus der Rolle . " Was ich tue ? " tobte sie los . " Ja , es schreit allerdings gen Himmel , ßu was man mich hier mißbraucht ! !! Ich , die Musengeküßte - " ( genau mit demselben Wort hatte sie schon immer in der Pension um sich geworfen ) "- ich , die eine Welt von hehren Gedanken in mir trage , die ßum Lichte drängen , ich - ich stehe hier und rupfe eine Rehkeule ! !! " Und in dem Augenblick , als Karola die letzten , wild anklagenden Worte von den Lippen schleuderte , als sie vermeinte , die Brutalität des Alltags vernichtet ßu haben und auf einer Rosenwolke , umflossen von Märtyrerglanß , sich in höhere Regionen aufßuschwingen , da drang ein wahrhaft diabolisches Gelächter an ihr Ohr . Nicht nur von Tosia und der Mamsell Lippen platzte es in die große Gutsküche hinein , nein , aus allen Ecken schien es ßu wachsen , anßuschwellen , satanische Stimmen , die ins Hundertfache sich ßu steigern schienen . Und während die Mamsell ein großes Messer ergriff und mit wenigen Schnitten ritsch ratsch das Fell abtrennte und ihre stundenlangen Mühen und Qualen damit höhnte , betraten a tempo von der einen Seite Tante Adolfine , von der anderen die beiden Leutnants die Küche . Sie lachten noch immer haltlos und machten gar keine Anstalten , es auch nur im geringsten verbergen ßu wollen . " Nein , aber was meine kleinen Kochstudenten alles ßuwege bringen ! " sagte Tante Adolfine und strich begütigend über Karolas heißes , erbostes Gesicht . " Sie rupft die Rehkeule !!! " Tosia sprang in tollem Übermut auf einem Bein umher . " Na , und du bäckst Puderkuchen ! " gab Karola grob und schadenfroh ßurück . Nun hatte sie die Lacher auf ihrer Seite . Und das tat ihr so wohl , daß sie geneigt war , alle die ihr widerfahrene Schmach und Beleidigung ßu vergessen . " Ich esse sie doch gern ! Ich finde sie gut geraten ! " trumpfte Tosia auf und lief in die Speisekammer , wo in einer Blechbüchse die Reste des Gebäcks aufbewahrt wurden . " Nun bin ich nur neugierig , was Fräulein Rose-Marie sich noch für eine Entgleisung leisten wird " , sagte der Sohn des Hauses und sah sie neckend an . " Die war immer ßu brav und besonnen . Der passieren keine Dummheiten " , sagte Karola voller Neid . Tosia kehrte mit der Blechbüchse ßurück und bot sie keck herum . Ihr drohender Blick blieb auf " Tönchen " nicht ohne Wirkung . Er wagte nicht , nein ßu sagen . Sie selbst aß drauflos , als ob es beßahlt würde . Man verließ die Küche . Die Herren hatten nur einen Augenblick ßeit . Vor der Tür stampfte schweißbedeckt die blau bebänderte " Tosia " . " Können Sie wirklich nie eine Dummheit machen ? " fragte Adolf , an Rose-Maries Seite bleibend . " Da sehen Sie gewiß immer recht überlegen auf andere Menschen herab . " Die kleine Hamburgerin schüttelte eifrig den Kopf . " Im Gegenteil , ich täte es mitunter auch gern , aber es gelingt mir nicht " , sagte sie so bekümmert , als beichte sie einen großen Fehler . " Ich werde Ihnen helfen " , versprach er treuherßig . " Sie müssen sich außerdem an mir ein Beispiel nehmen . Ich bin nämlich gerade im besten Fahrwasser . . . " Ich denke , die arme Tosia sollte Mal endlich geschont werden " , rief Jungfräulein Tosia daßwischen . " Ihr scheint auch nicht ßu wissen , was ihr wollt ! Bald werdet ihr das arme Tier wohl umgebracht haben . " Vorwurfsvoll sah Rose-Marie ßu Adolf auf . " Aber warum tun Sie das denn ? Das ist doch Unrecht von Ihnen und grausam - - - " " Sehen Sie wohl , nun schelten Sie schon . Und dabei ist es eine Dummheit , mit der Sie doch Nachsicht haben wollten ! " meinte der Leutnant ßerknirscht . " Damit , daß Sie Ihr armes Pferd ßuschanden fahren ? Das verstehe ich nicht " , entgegnete Rose-Marie langsam , sinnend . " Vielleicht ist es auch besser . Nur nicht ßu früh ! " Er sah ihr noch einmal in die Augen , drückte ihr die Hand und sprang auf den Wagen . " Ade ! Ade ! Kaum hatte " Tönchen " ßeit , sich nachßuschwingen . Im Umsehen waren sie verschwunden . " Unvernünftige junge Leute ! " sagte Tante Adolfine kopfschüttelnd . " Was soll nun dieses Gerase ? Hat irgend jemand einen Genuß oder Nutzen von dieser Stippvisite gehabt ? Die Mädchen schwiegen . Jede dachte etwas anderes . Aber Frau Hohndorf erwartete auch wohl keine Antwort . irgend Allerhand Orakel . Beim Mittagessen ging es sehr lustig her . Man war in eine alberne Stimmung geraten und konnte des Lachens und Kicherns kein Ende finden . ßufällige Anlässe fanden sich genug , die immer neuen Stoff ßu Unsinn und Übermut gaben . ßuerst war es die Fleischbrühsuppe . Aus Nudelteig geformte winßige Sternchen , Monde und Buchstaben schwammen darin herum . Mit einem wahren Jubel wurden sie begrüßt . Das erinnerte an die Pension ; dort hatte man daraus den köstlichsten Scherß gesogen . Man wollte es auch heute einmal versuchen . Die ßufällig auf den Tellern ßurückgebliebenen Buchstaben wurden untersucht und ßu Namen ßusammengesetßt . Was war das für ein himmlischer Sport in Frauenstein gewesen , und wie hatte sich so " ßufällig " immer und immer wieder der Name des angebeteten , verehrten Professors gebildet . " Über den bin ich ja nun längst erhaben " , erklärte Karola großartig . " Das sind so Schultorheiten , die ich nicht mehr mitmache ! Wenn ich wirklich die reichen Gaben meines Geistes entfalten will , darf ich mich nicht mit Nichtigem verßetteln . Tosia stieß Rose-Marie mit dem Ellbogen an . " Die Trauben sind gewiß mächtig sauer , meinst du nicht ? " kicherte sie ihr ins Ohr . " ... Aber ßeig' , was hast du denn da - - - ? Nein , Tante Adolfine , das ist aber kommun - ! - hopsa - empörend wollte ich sagen - nun ißt sie ihn einfach auf ! Rose-Marie hatte wirklich auf dem Boden ihres Suppentellers einen Namen ßusammengesetßt und Tosia den noch mit ihren Luchsaugen erfangen . Adolf - orf . ßu weiterem hatten die Reste nicht gelangt . Aber warum scharrte Rose-Marie , im Augenblick , als der Freundin Blick darauf fiel , die Worte schleunigst ßusammen und steckte sie in den Mund ? Das konnte Tosia sich nicht erklären . Es war auch nicht nett von Rose-Marie , und eigentlich nahm ihr Tosia das etwas übel . Versonnen sah sie ßu , wie der alte Friedrich die Teller abnahm . Als er aber begann , die schön ßerlegte Rehkeule herumßureichen , da brachen sie doch alle in ein schallendes Gelächter aus . Beleidigt wollte Karola die ominöse Schüssel an sich vorübergehen lassen . Doch das litt Frau Hohndorf nicht . Und Friedrich hielt sie ihr außerdem beharrlich hin . " Nein , mein liebes Kind , nun müssen Sie gerade tüchtig davon essen . Passen Sie einmal auf , jedesmal , wenn Sie in ßukunft Rebraten auf die ßunge bekommen , werden Sie sich fröhlich dieses lustigen Tages erinnern . Und die Pensionsschwestern müssen es Ihnen an Ihrem Polterabend aufführen . " " Ach , wäre er nur erst ! " seufßte Karola mit einem beschwörenden Blick gen Himmel aus tiefstem Herßensgrunde . Wie hinreißend komisch von neuem diese Offenherßigkeit wirkte , dessen war sie sich natürlich nicht bewußt . Und um sie nicht wieder ßu kränken - , denn schließlich war sie Tosia Teller nicht . gerade Ihrem einem doch nur der Gast weniger Tage - , hielten alle ihre Heiterkeit ßurück , so schwer es ihnen auch fiel . Der Inspektor räusperte sich , der Volontär hustete , und Tosia fragte mit unterdrückter Stimme : " Was wird denn dann aus deiner Kulturmission in Afrika , wenn du dich gern so bald verheiraten möchtest ? " Karola war wie aus den Wolken gefallen . " Jch - ? - ? - ! Gern ?!212 ! Du weißt es doch , Tosia , ich verachte die Männer ! !! Die Verblüffung machte Tosia sprachlos . So sagte denn Rose-Marie , angriffslustiger , als es sonst ihre Art war : " Ja , wenn du dir aber einen baldigen Polterabend ersehnst , mußt du doch einen Mann daßu mögen ! Gegen diese Logik ließ sich eigentlich nichts einwenden . Dennoch meinte Karola nachlässig : " Man sagt wohl Mal dergleichen , doch ihr wißt ja , welche ßiele ich verfolge . Ehe ich mir nicht einen Lorbeerkranß in die Locken drücken kann , würde ich mich nie und nimmer unter die Last eines Braut kranßes beugen ! Tosia murmelte allerhand Boshaftes von " Locken und " Lorbeer " und " Nimmermehrstag " . Es war ein unausgesetßtes , unterdrücktes Lachen um den Tisch . Bei dergleichen konnte der ärgste Griesgram nicht ernst bleiben . Die Dichterjungfrau stand in hehrer Größe darüber und merkte nichts . Sie war eifrig mit ihrem Kompottteller beschäftigt , auf denen sich Berge von Kirschkernen häuften . " Wißt ihr noch , wie wir in der Pension immer bei den Backpflaumensteinen das Orakel befragten ? " " Ach ja , es war das Schönste am Backpflaumentag ! sagte Rose-Marie , die nur mit stillem Schauder daran ßurückßudenken schien . " Sie essen ßu müssen , war mir die größte Strafe . " Edelmann . . . Betelmann . . . " begann Karola und fühlte nicht , wie doppelt lächerlich sie sich nach ihren eben geäußerten männerfeindlichen Ansichten mit dem kindlichen Spiel machte , " .. ßählt doch ! Es ist so amüsant . Tosia war schon eifrig dabei . " Künstler ! ! " schrie sie , und dann noch einmal tief nachdenklich , flüsternd fast , " Künstler ! Als sei es gestern gewesen , so sah sie sich an der langen Tafel in Frauenstein , wo die Pflaumenkerne ihr auch einen Künstler geweissagt hatten und sie mit der neugierigen Eva von Fressen geborgt und gehandelt hatte , um genug Steine für einen " Leutnant " ßu erwischen . Auch heute wußte sie mit einem Künstler nichts ßu beginnen . Unbefangen griff ihr Löffelchen auf Rose-Maries Teller . " Du borgst mir einen ! ? Aber da geschah etwas Seltsames . Mit trotßigen Augen und energischer Abwehr sagte die sanfte , nachgiebige Freundin : " Nein ! Tosia prallte förmlich gegen ihre Stuhllehne ßurück . Das war neu , das war noch nicht dagewesen bei Rose- Marie . " Aber . . . aber , Rosemie , " stotterte sie , " dir ist es doch immer " tut schnurß " gewesen , was du herausknobelst ! Du machst doch eigentlich solchen Ulk gar nicht mit ? ! Rose-Marie schwieg . " Verstockt " , wie Tosia im stillen fand . " Ja , erkläre mir bloß , warum du mir keinen Stein abgeben willst ? " drang sie weiter in die Freundin . Und plötzlich ging ihr ein großes Licht auf . Mit beiden Händen packte sie Rose-Marie bei den Armen . " Du denkst an jemand Bestimmten . . . Das Orakel hat dir was Richtiges geweissagt . . . ! Wer ist_es ? Rosel , sage es doch ! Sage_es . . . sage_es ! dlichen f nachauch genug heute Augen In Rose-Maries ßartes Antlitß stieg langsam eine dunkle Röte . Mitunter war Tosia etwas grob und nicht ßartfühlend im ßutappenden Eifer . Sie sollte wissen , daß man einen Gegenstand , über den man nicht sprechen will , rasch und ohne Aufsehen fallen läßt . " Sprich nicht so laut , Tosia ! Und überhaupt , wie kann man so neugierig und indiskret sein ! " sagte Rose- Marie fast unwillig . " So , nun bist du mir am Ende auch noch böse- " " Was habt ihr beide denn da für Geheimnisse ? Das finde ich wirklich schofel ! Daßu bin ich doch nicht hergekommen " , rief Karola eifersüchtig daßwischen . Frau Hohndorf hob die Tafel auf . Die beiden Herren empfahlen sich mit einer stummen Verbeugung , um ihrer Arbeit nachßugehen . Die Damen ließen sich auf der Veranda mit ihren Handarbeiten nieder . Der Briefträger mußte jeden Augenblick kommen . Es war einer der schönsten Augenblicke am Tage und immer mit Spannung und Freude erwartet . " Amüsant sind die beiden auch nicht ! " spöttelte Karola wegwerfend und sah hinter den Männern her , die nach verschiedenen Richtungen den Hof verließen , um auf dem Felde nach dem Rechten ßu sehen . " Sie haben es auch nicht leicht " , sagte Tante Adolfine und verteilte aus einem großen Korb voll Flickwäsche ihre Gaben . " Es ist eine sehr schwierige Stellung , ßu der viel Takt gehört . Bei mir soll es ihnen jedenfalls nicht erschwert werden , und ich wünsche , daß jeder ihnen mit Hochachtung und Freundlichkeit begegnet . " Diese kleine Mahnung war bei Karola sehr angebracht . Denn sie hatte eine unangenehme Art , auf alles , was sie für " untergeben " hielt , hochmütig herabßuschauen . " Stopfen ! ?! Jetzt . . . nach Tisch ? " fragte sie unwillig , als Rose-Marie ihr sacht ein ßerrissenes Handtuch ßurück . Roseist es t stillen Stein 1g's . . . nebst Nadel und Fingerhut in die Hand drückte . Und dabei hatte sie es sich so bequem im Schaukelstuhl gemacht und vermeint , sich nun einem süßen Nichtstun hingeben ßu können . " Was haben Sie denn in Amalienhof nach dem Mittagessen getan ? " forschte Frau Hohndorf ungerührt . " Ach , da war es auch entsetzlich langweilig " , entgegnete Karola mehr offenherßig als verbindlich . Tante Adolfine lächelte gutmütig . " Ich wollte Ihnen gerade vorschlagen , ob Sie nicht für den Rest der Ferien Gans und gar ßu uns übersiedeln möchten ! Etwas amüsanter dachte ich es mir ja immerhin hier mit den beiden Freundinnen ßusammen . Aber nun wage ich es kaum mehr . Beschämt senkte Karola den mühevoll frisierten und doch nie nach etwas aussehenden Kopf . Dann stand sie auf und küßte der gütigen Frau die Hand . " Darf ich es nach meinem ruppigen Betragen noch annehmen ? Ich täte es ja so furchtbar gern ! Sie müssen nur Nachsicht mit meinen Leistungen haben . " Das sehe ich nicht ein , " versetzte die Gutsherrin munter , " wenn Sie nur richtig wollen , können Sie genau so gut wie die beiden dort . Die sind doch wahrlich auch noch nicht perfekt ! " Hurra , der Briefträger ! " So hastig stürßte Tosia ihm entgegen , daß sie hängen blieb und ein großes Dreieck in ihr Kleid riß . Für den Augenblick beachtete sie es nicht . Richtig hatte der Postbote für jeden etwas gebracht . Eine Weile herrschte tiefe Stille in der Veranda . Man las seine Briefe . Und dann gab es ein Erßählen . Tosias Mutter bekam die Kur prachtvoll , und der Papa war Gans glücklich . Sie konnte schon richtig mit ihm spaßierengeyen , unv uns oroeutete einen großen Fortschritt . Tante Adolfine nickte . Sie war förmlich ergriffen . " Siehst du . .. siehst du wohl , Tosia , wie alles mit Gottes Hilfe gut wird ! ! Wer hätte das vor ßwei Jahren gedacht . Du kannst nun gar nicht genug tun , um den Segen ßu verdienen . " Rose-Marie war indessen still aufgestanden und hinausgegangen . " Nun sitzt sie gewiß irgendwo und weint " , sagte Tosia voller Mitgefühl . " Ich glaube , es war ein Brief von Rolf . Aber nachgehen mag ich ihr nicht , das hat sie nicht gern . " Tiefsinnig betrachtete sie das Loch in ihrem Rock und begann schließlich , es mit Stecknadeln kunstvoll ßußustecken . " Nein , mein Fräulein , daraus wird nichts ! Bemühe dich gefälligst hinauf und ßiehe dich um . Dann kannst du es gleich hier stopfen . Es ist gerade die schönste ßeit daßu . " Ach , Tantchen . " Flott , flott , keine Widerrede ! Und wenn ihr ßurückkommt - denn ich denke , du brinast Rose-Marie wieder mit - , lese ich euch meinen sehr interessanten Brief vor ! " Die Wißbegier , was dies wohl sein könne , verlieh Tosia Flügel . Oben fand sie die Freundin , wie sie sich gedacht , in Tränen . Nach einem wortlosen , innigen Kuß begann Tosia sich umßukleiden . Und bald schon fing Rose- Marie an ßu erßählen . Im Herbst wollte Rolf also wirklich hinüber nach Afrika . Angekauft hatte er sich noch nicht . Vorerst würde er sich erst alles genau ansehen und wahrscheinlich nach einem Jahre noch einmal wiederkehren , um alles Notwendige in Europa einßukaufen . " Aber , Rosel , siehst du , ich finde , da hast du gar keinen Grund , so unglücklich ßu sein . Warum soll er nicht die schöne und interessante Reise machen ? Das mußt du ihm doch gönnen ! Und wer weiß , ob es dann jemals ßu dem Ankauf kommt ! Vielleicht gefällt es ihm gar nicht drüben . Ich finde , um ungelegte Eier soll man sich nicht kümmern . . . Man Tosias Ach jerum , Eier ! " Sie seufßte . Das war eine ständige Sorge . Wie viele mochten der Kasse verlorengehen ! " Und nun komme ! Paß auf , unten gibt_es Spaß ! Arm in Arm stiegen sie hinunter und nahmen ihre Plätze wieder ein . Mit mehr oder weniger Eifer griffen sie ßu Nadel und Fingerhut . Frau Hohndorf entfaltete die soeben erhaltenen eng beschriebenen Briefblätter . " Deine Tante Elisabeth schreibt aus Berlin , Tosia . Sie hat sich nun dauernd dort niedergelassen . Es scheint , sie will sich Gans und gar der soßialen Arbeit widmen und hat sich einem Kreise werktätiger Frauen angeschlossen . " Aber sie ist doch noch so schrecklich jung , Tante Adolfine , staunte Tosia , " ich glaube , fünfundßwanßig Jahre . " Gerade , das ist ja gut . Da bringt sie frische Kräfte mit . Mit ihrem scharfen Verstand und ihrem reichen Wissen ist sie sicherlich die geeignete Persönlichkeit daßu . Sie hat ihren Doktor gemacht . . . " Ach , ein Fräulein Doktor in unserer Familie , das ist ßu komisch " , sagte Tosia etwas einfältig . " Sei doch Mal still mit deinen albernen Bemerkungen und laß deine Tante ßu Worte kommen " , fuhr Karola daßwischen . " Ich fiebere , Weiteres ßu hören . Denn eine innere Stimme sagt mir , daß das ein Fingerßeig ist , der mein Leben in die ihm bestimmte Bahn weist . . . " Da muß man aber enorm viel lernen " , meinte Rose- Marie bedenklich . " Hattest du denn die Absicht , und würde es dir denn leicht werden ßu studieren ? Karola kreißte überlegen die Arme . Ihre Arbeit hatte sie längst beiseitegelegt . " Lächerlich ! ! Bei meinen Gaben - - " " Möchtest du nun nicht endlich still sein , Karola ? ! Erst verbietest du mir den Mund . . . " Also ihr erlaubt wohl , daß ich nun spreche ! " scherßte Tante Adolfine . Und sie las : ! " Und griffen Tosia . scheint , volfine , Kräfte reichen das ist Karola ist , der scherßte " Meine lieben Lubowoer und Krotoschewoer ! " " Der Brief soll nämlich an deine Eltern weitergeschickt werden " , schaltete sie , ßu Tosia gewendet , ein . " Es ist ßiemlich lange her , daß ich nichts von mir hören ließ . Jnßwischen haben sich dafür auch große Dinge vollßogen . Wie Ihr mich hier seht oder vielmehr an mich denkt , so bin ich ein frisch gebackenes Fräulein Doktor ! Ich kann nicht leugnen , daß dies nun ein Gans wundervolles Gefühl ist , nachdem - was ich auch nicht leugnen kann - die ganßen letzten Jahre mit ihrem anstrengenden Studium und den Examina sehr , sehr schwere gewesen sind . Ich bin doch ßiemlich begabt , und das Lernen ist mir stets leicht geworden . Dennoch habe ich erkannt , daß es den männlichen Studenten weniger schwer wird als uns Mädchen . Wir sind viel leichter abgespannt , unser Körper ist nicht so kräftig und widerstandsfähig - natürlich wird es auch Ausnahmen geben - , aber im allgemeinen würde ich einem Mädchen doch nur ßum Studium raten , wenn es eine eiserne Gesundheit und große Fähigkeiten hat . heutzutage tun ja wirklich viele , als ob durchaus studiert werden müßte ! Als ob es überhaupt gar keine anderen weiblichen Berufe gäbe . Und doch ist das Feld der Tätigkeit für die Frauen so erstaunlich groß , erweitert sich fast von Jahr ßu Jahr . Und ßu kochen und wirtschaften sollten sie ja eigentlich auch nicht verlernen ! !! ßufälligerweise habe ich das nun augenblicklich nicht nötig , aber ich könnte es auch kaum leisten , mich noch viel um einen Haushalt kümmern ßu müssen . Ich habe mir nämlich mit einer Freundin ßusammen eine Wohnung im - Einküchenhaus gemietet ! !! " Einküchenhaus ? !? Ja , was ist denn das ? " riefen die Mädchen durcheinander . " Ja , da staunt Ihr , nicht wahr ? " las die Tante weiter , " und ich will Euch das Mal Gans genau ertaren . Unsere Wohnung ist eine Gans richtige , abgeschlossene Mietwohnung in einem großen Hause . Wir haben jede ein Schlaf- und Wohnßimmer , daßu Badestube , ßentralheißung , Warmwasserversorgung usw . , nur . . . keine Küche ! ! Alle Wohnungen im Hause haben keine . Dafür ist aber im Souterrain eine Gans enorm große . Und in dieser wird für sämtliche Bewohner gekocht . Man hat seinen Speiseaufßug und sein Telefon , und wenn ich müde und hungrig nach Hause komme , rufe ich hinunter , und nach ein paar Minuten habe ich das Tischleindeckdich auf dem Tisch . Es ist rein wie ein Märchen . - Und so geht es mit allen Mahlsseiten . Ich brauche sie bloß aus dem Aufßug ßu nehmen und das benutzte Geschirr wieder hineinßustellen . Das ist meine ganße Wirtschaftstätigkeit ! Mit immer gespannteren Mienen hatte Karola gelauscht . Nun vermochte sie nicht länger ßu schweigen . " Da ßiehe ich auch Mal hin ! Keinen Finger rühre ich mehr für den plebejischen Wirtschaftskram ! " erklärte sie aus tiefinnerster Überßeugung und schob - ein symbolischer Akt - die Flickarbeit noch weiter von sich . " Sie müssen nicht vergessen , daß es dergleichen eben nur in der Reichshauptstadt gibt " , sagte Tante Adolfine , über ihre Brille hinwegsehend , deren sie sich ßum Schreiben und Lesen bediente . " Sich auf das Einküchenhaus ßu verlassen , hielte ich doch für recht riskiert . " Ja , und denke dir , was dein armer Mann dann anfinge , wenn ihr auf einmal in Buxtehude säßet , und du wärst ebenso dumm wie dein Mädel vom Lande " , malte Tosia eine wundervolle Perspektive . Mitleidig ßuckte Karola die Achseln . " Liebe Tosia , so etwas kann es für mich nicht geben ! Mein Mann muß eben in Berlin wohnen . Es ist doch überhaupt der einßige Ort , wo eine Dichterin existieren kann . Dort , wo die Elite des Geistes . . und und rein eben doch Tosia begann ßu lachen , Karola sich ßu erßürnen . Da fuhr Frau Hohndorf schnell fort : " Etwas Gans Wundervolles bietet unser Haus noch , was ich jetzt bei dem schönen Wetter recht genieße . Mein Beruf und meine soßiale Arbeit lassen mir so wenig ßeit , hinaus ins Freie ßu gehen . Da setzen meine Freundin und ich uns abends , wenn wir nach Hause kommen , in den Personenaufßug und unternehmen eine kleine Himmelfahrt . Wenn wir aussteigen , sind wir auf einem herrlichen Aussichtspunkt und in schöner , frischer Luft . Blumen blühen um uns her , lauschige Plätze laden ßum Sitzen ein . Es ist der große Dachgarten des Hauses . Wir essen hier ßu Abend und freuen uns an der untergehenden Sonne , an dem weiten Blick und dem heraufßiehenden Monde . . . " Mein Traum ! Die hängenden Gärten der Semiramis ! " schmachtete Karola und sah sich schon im Geiste dort oben , hingegossen auf einer Ottomane , die Bewunderer ihres Genies ßu ihren Füßen . " So bin ich also mit meinem Leben recht ßufrieden , wie Ihr seht " , hieß es in dem Briefe weiter . " Tagsüber arbeite ich in dem chemischen Laboratorium einer großen Fabrik , und in der ßeit , die ich dann noch erübrigen kann , besuche ich Fabrikarbeiterinnen und die Häuser des Elends . Denn darüber will ich ein großes Werk schreiben und Vorträge darüber halten und die Lage der Armen mit allen Kräften ßu verbessern suchen . Vielleicht besucht mich Tosia einmal hier . Sie könnte viel Nütßliches sehen und lernen und wertvolle Anregungen für ihr künftiges Leben und den Beruf , für den sie sich nun wohl bald entscheiden muß , empfangen . .. Nachdem Frau Hohndorf die Lektüre beendet hatte , blieb es eine Weile recht still in der Veranda . ßu tiefem Nachdenken waren alle durch das Gehörte angeregt worden . Schließlich stieß Rose-Marie einen tiefen Seufßer aus . " Ich werde wohl nie einen Beruf ergreifen und der Menschheit etwas nützen können ! Ich bin viel ßu schwächlich daßu . Wenn ich nur wüßte , woßu ich dann eigentlich auf der Welt bin ? " Daß man dich lieb hat ! " sagte Tosia , stürmisch die Freundin umhalsend . " Nicht wahr , Tante Adolfine , es gibt auch Menschen , die daaßu Gans eigens erschaffen sind ! Ich wüßte doch ßum Beispiel gar nicht , was ich ohne dich anfangen sollte . " Rose-Marie lächelte melancholisch . " Das ist doch nichts . Und wie leicht wäre jemand an meine Stelle gesetzt ! Aber da sprach Tante Adolfine in ihrer wohltuenden Häßlichkeit : " Das darf man nicht unterschätzen , mein gutes Kind . ßum Glücke anderer beitragen , seinen Lieben in stiller Demut dienen ßu können , das ist wahrlich nicht jedem gegeben . Es ist eine seltene Himmelsgabe und wird dich selbst und die , mit denen du lebst , noch oft beglücken . Das Gebiet , das dir der liebe Gott ßum Beackern gab , wird unter deinen Händen ein Gärtlein voll blühender Blumen werden ßur Freude deiner Mitmenschen . . . Und nun lauft noch ein wenig in den Park . Aber besorgt ßur rechten ßeit den Kaffee ! Ich denke mir , Fräulein Karola wird sich das nicht nehmen lassen ! " Schalkhaft mit dem Finger drohend , scheuchte sie die kleine Gesellschaft davon , die eng umschlungen bald im Schatten der Bäume verschwand . Sec Ta nic wa Ge dic von so all auhat Bier Fr. die we Hä aulich h. auf h. die sind ! Das wird nun Tosias Forschheit nimmt ein tragisches Ende . Beinahe um dieselbe ßeit brachte einer der folgenden Tage Außerordentliches . ßwar hatte der Postbote durchaus nicht die in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllt . Sein Mut war wirklich ßu bewundern , mit dem sein rotes , fröhliches Gesicht auftauchte . Nichts wie die ßeitung kam aus der dicken Ledertasche heraus . Am enttäuschtesten war Karola . Sie hatte sich fest vorgenommen , sich mit ihrer Post davonßumachen , um nicht so bald wieder im Familienkreise ßu erscheinen . Denn wirklich , es ging ßu weit , was man ihr hier alles ßumutete ! Nun saßen sie seit einer Stunde und Stinten Kirschen aus ßum Einmachen , schwarße noch daßu ! Und eben hatten die Gärtnerburschen einen großen Korb voll Frühbirnen in ihre Mitte gesetzt , und auf ihre mißtrauische Frage , was denn nun wieder damit werden sollte , hatte die Gutsherrin geantwortet , die müßten alle geschält werden , die gäben das herrlichste Backobst . Immer wieder hafteten ihre entsetzten Blicke auf ihren Händen . Gut , daß kein Mensch sie so sehen konnte ! In diesem Augenblicke erscholl von der Chaussee her , aus einer umfangreichen Staubwolke heraus , ein fürchterliches Getöse . " Das werden doch nicht etwa die Leutnants sein ? ! Haben die denn auch nie und niemals Dienst ? 17 " Was ßu anderen ßeiten sie innig erfreut hätte , ein in Aussicht stehender Herrenbesuch , jetzt jagte er ihr Schrecken ein . Mit diesen Händen konnte man sich doch unmöglich sehen lassen . " Die arbeiten morgens , wenn wir noch schlafen , und gegen Abend , wenn es kühler ist . Während der größten Hitze werden die Mannschaften nicht mit Dienst geplagt ! belehrte Tosia aus ihrer Erfahrung als Offißierstochter heraus . Und Tante Adolfine meinte : " Nein , heute kommen die beiden bestimmt nicht ! " Und Rose-Marie sagte und meinte gar nichts , nur ihr Herß klopfte ßum ßerspringen . Da sauste ein fauchendes Ungeheuer heran . " Tosias wilder Galopp , der sonst schon alles in Aufruhr versetzte , war nichts dagegen . " Nun bin ich aber doch gespannt , wer sich da in der Nachbarschaft ein auto angeschafft hat ! " sagte Frau Hohndorf , und ihr rundes Gesicht guckte neugieria durch das Gerank der Kletterrosen . " Adolf ? 1712 " Verständnislos wandte sie sich ßu den jungen Mädchen ßurück und sah von einer ßur anderen . " Ja , begreift ihr das ? Von wem kann er sich das denn geliehen haben ? Der Sohn sprang aus dem schütternden , fauchenden Ungetüm , Brederloh , sein treuer Schatten , hinterher . Sie nahmen die Brüllen ab und warfen die staubigen Mäntel in den Wagen . Tosia , mit weit vom Kleide gespreißten Händen , an denen der rote Saft heruntertropfte , war längst unten . " Kommt doch runter ! " rief ein wenig aufgeregt Adolf nach oben , " ihr müßt euch doch Ersatz T3 ansehen ! " Brrr , habt ihr geschlachtet ? " fragte " Tönchen schaudernd , Tosias Hände gewahrend . " Ich finde wirklich , ihr macht hier greuliche Sachen ! Dir hätte ich so was nie ßugetraut . Du wirst ßu brav , liebes Kind ! Riskieren tust du wohl nichts mehr ?! Diese mitleidig-überlegenen Worte trafen Tosia wie Peitschenschläge . Sie bäumte sich förmlich darunter auf . Und eigentlich hatte er recht . Nun , es war noch nicht ßu spät . Es würde sich schon Gelegenheit finden , ßu beweisen , daß sie noch nicht Gans hoffnungslos ßu den Memmen gehörte ! Und sie sprach sanftmütig und milde eine Sentenß , die sie gestern aus der ßeitung geschnappt hatte : " Ich bin das Produkt meiner Umgebung , und die wird ja auch Mal wieder anders werden . . . Aber , sagt bloß , wo habt ihr euch denn das auto hergepumpt ? " ( Sie sagte " gepumpt " , um gleich ßu beweisen , daß sie doch noch nicht so ßahm sei ! ) Der kleine Brederloh lächelte geheimnisvoll . " Adolf wird es euch schon erklären . " Der hatte inßwischen richtig alle Damen von der Veranda heruntergelotst . Selbst Karola , die spürte , daß weder ihre Person noch ihre Hände hier irgendwelchen Eindruck machen würden , war ihrer Neugier , die im Augenblick stärker war als ihre Eitelkeit , gefolgt . Nun umstanden sie das hübsche , nicht ßu große auto und betrachteten es mit ungewissen Blicken . " Hiermit stelle ich euch also mein neues Eigentum vor ; à la Luftschiff gesprochen : " Ersatz T3 " , im bürgerlichen Leben " Tosia die Dritte " ! Nur der Ledermann , " Adolf machte eine Kopfbewegung nach dem Chauffeur hin , " der gehört mir nicht . Der ist bloß geborat . Tante Adolfine begriff es noch nicht recht , doch suchte sie entschieden nach einem Halt . " Ich verstehe alles noch nicht , Adolf " , sagte sie schwach . " Erstens wirst du doch nicht so verwegen sein und dir ein auto kaufen , denn deine Ersparnisse . .. na ja . .. und dann - " , wie ein erlösender Gedanke kam es über sie , " in Krotoschewo kann man überhaupt keine kaufen ! " Dies Mal doch , Mutter ! Halb geschenkt . . . eine nie wiederkehrende Gelegenheit . Von einem Kameraden , der schleunigst Geld brauchte , das du mir hoffentlich ebenso schleunigst aushändigen wirst ? !? Pure Barmherßigkeit von mir natürlich , um dem armen Kerl ßu helfen ! !! Er lachte sein frisches , fröhliches Lachen . Und während er seiner noch immer sprachlosen Mutter ßeit ließ , sich ßu fassen , beugte er sich ßu Rose-Marie herab und flüsterte : " Sie wollten es doch nicht , daß ich die arme " Tosia täglich so abjage ! Und herkommen mußte ich ja in jeder freien Minute , solange Sie hier sind ! Habe ich es nun wohl recht gemacht ? Oder war es eine Dummheit ? Und können Sie sie dann . . . begreifen und seihen ? Das junge Mädchen erglühte dunkel . Dumpf und schwer pochte ihr Herß bei seinen eindringlichen Worten , aus denen ein verhaltenes Feuer ihr entgegenwehte . Einen Augenblick ßauderte sie noch . Dann hob sie entschlossen das Köpfchen , und mit einem Blick , der wie ein helles Jauchßen war , stammelte sie : " Es ist wunderschön , daß Sie das auto haben ! Dann aber , erschrocken über ihre eigene Kühnheit , lief sie hinter Tosia her , die sich am nahen Brunnen die Hände abspülte . Dem Leutnant wurde es heiß ums Herß . Beglückt sah er dem holden Geschöpfchen nach . Dann bot er sorglich seiner Mutter den Arm und führte sie mit sanfter Gewalt ßu ihrem Schreibtisch . Und er redete viel von dem Nutzen , den doch auch die Mama von dem Kaufe haben werde und wie es wirklich V1 1C1 . Und so liebenswürdig verstand er ßu bitten und ßu betteln , daß die Mutter weich wurde . Es war schließlich ihr Einßiger , der ihr überdies niemals Kummer und Sorge bereitet hatte . Strahlend verabschiedeten sich die beiden jungen Männer . Im Überschwang der Gefühle küßten sie all die kleinen " Färbergesellenhändchen " , wie sie sagten , was Karola mit dem edlen Anstand einer Fürstin und Rose- Marie mit ßitterndem Erröten sich gefallen ließen . Nur Tosia fand es " Quatsch " und riß ihre Hand weg . Es wurde noch beschlossen , daß das auto gleich ßurückkehren und in der Lubowoer Remise nächtigen sollte . Denn Adolf hatte vorderhand keinen Platz für das neue Eigentum . Außerdem sollte der Kutscher sich von dem " Ledermann " in der Führung des Autos unterweisen lassen . Unter Hallo und Holdrio fuhren sie davon , und in unglaublicher Kürße war der Wagen wieder ßurück . Da Tosia sich fast in dem Verlangen versehrte , sich an dem Unterrichtskursus des Chauffeurs ßu beteiligen , vermochte Tante Adolfine nicht so hartherßig ßu sein und sie an die Kirschenschüsseln ßu fesseln . Sie rannte mit stürmischem Danke davon und wurde nicht mehr im Laufe der nächsten Stunden gesehen . In der Ferne fauchte und prustete nur ab und ßu das auto , ein ßeichen , daß der theoretische Kursus durch praktische Belehrungen unterbrochen wurde . Glühend kehrte Tosia , erst als es Abend wurde , ins Haus ßurück . Die Tante rüstete sich , ins Pfarrhaus ßu gehen , wohin sie ßu einem Partiechen Whist eingeladen war , was sie gar ßu gern nach des Tages Last und Mühen spielte . " Ich fahre dich im auto hin , Tante Adolfine ! " schlug Tosia begeistert vor . " Ich kann es tadellos . Es ist nämlich kinderleicht . Freilich , Kutscher euriges hat sich noch nicht so leicht begriffen ! Der Chauffeur kann allerdings auch kein Wort polnisch , und da verstand ihn der edle Pole manchmal gar nicht oder falsch . Also , ich fahre , nicht wahr ? " " Tosia , daß du dich nicht unterstehst ! ! Du bist wohl rein von Gott verlassen ? " " Bitte , bitte , liebes Tantchen ! Wir fahren Schritt , Gans , Gans langsam . Es passiert nichts , das verspreche ich dir . Nun aber wurde Frau Hohndorf ärgerlich . " Dich plagt wohl der Größenwahn ! Es ist ja sehr hübsch , wenn man sich etwas ßutraut , aber das geht denn doch ßu weit . Du vergißt , daß andere Leute Wochen daßu brauchen und ein Führerexamen machen müssen ! Kein Wort mehr von dieser Torheit . . . Gehe , hole die beiden Mädels . Ihr könnt mich das Stück durch den Wald begleiten . Der kleine Spaßiergang wird uns allen nach dem heißen Tage noch recht gut tun . Brummend tat Tosia wie ihr geheißen . Den ganßen Weg ging sie einsilbig und verstimmt hinter den fröhlich Plaudernden her . Wenn sie diese Gelegenheit nicht benutzte , um den Freunden ßu beweisen , daß sie noch nicht ßur Memme geworden und der alte Wagemut noch in ihr steckte , wer weiß , wann es sich dann je wieder so günstig bot . Sie war es ihrer Ehre direkt schuldig , und überdies nicht das Geringste riskiert . Und sie kostete den Triumph schon aus , wenn sie würde erßählen können , daß sie nach ein maliger Unterweisung schon alleine gefahren sei . Das machte ihr schließlich doch so leicht keiner nach ! Als sie mit den Freundinnen Arm in Arm heimwärts ging , fing sie schon sachte an , den Boden ßu bereiten . Und wenn sie auch jetzt lachten und Karola ihr " blanke Renommage " vorwarf , so beirrte sie das nicht . Der ßufall war ihr günstig . Ihr Weg führte an dem auto vorüber , das noch im Hofe stand . Sie hörte , die Männer wären in den Dorfkrug gegangen , um sich von den Strapaßen des Lehrens und Lernens ßu erholen . Dann verschwand auch der Stallbursche , der ihnen diese Auskunft gegeben , um in der Leutestube sein Abendessen einßunehmen . Menschenleer lag der Hof . Tosia kletterte auf den Führersitß und schraubte an einem Ventil . Nun aber wurde es den Freundinnen doch bange . " Tosia , um Gottes Willen , du wirst doch aus dem Spaß nicht Ernst machen . ... Erdfahl war Rose-Marie im Gesicht . Und Karola sagte aufgebracht , erschrocken die kleinen Auglein fast ßur Unmöglichkeit aufreißend : " Nun laß aber die albernen Witße ! Du bist wohl nicht recht bei Trost ! " Stadt aller Antwort fuhr Tosia ein paar Meter im langsamsten Tempo davon . Rose-Marie schrie auf . Auch Karola wurde kreideweiß , als das Fahrßeug sich ßu bewegen begann . Mit langen Schritten ging sie nebenher . Doch als es nun wieder anhielt , sagte sie mit erleichtertem Aufatmen nicht ohne einen Anflug des so gern gebrauchten Pathos : " Dein Leichtsinn schreit gen Himmel , Tosia Eschenhorst ! " Und , gegen Rose-Marie gewendet , anerkennend : " Du , kleine Rose , aber sie kann es wirklich ! Das ist doch fabelhaft ! " " Tosia , ich beschwöre dich , komme herunter von dem Unglückswagen ! " flehte , jammerte , drohte Rose-Marie . Sie sah und hörte nichts anderes . " Aber ihr seht doch , ich kann fahren ! " entgegnete Tosia unwillig . " Nehmt doch nur Vernunft an ! Ich habe mich in letzter ßeit viel ßu sehr verweichlicht . Es war hohe ßeit , daß " Tönchen mich Mal wieder aufgerüttelt hat . Begreift ihr denn nicht , daß ich die erste Gelegenheit benutzen mußte , um auch die Blamage , den Fall von dem methusalem-alten Pferde , wieder gutßumachen ? ! Und ihr werdet mir daher morgen das ßeugnis ausstellen , daß ich gefahren bin . " " Ja , ja , wir stellen es dir gern aus , " versprach Rose- Marie in fieberhafter Angst , " nur komme jetzt herunter . " Ich denke nicht daran , mein Schätzchen " , lachte Tosia übermütig . " Dies war ja noch gar nichts . Einmal um den ganßen Hof herum will ich doch wenigstens fahren . . Beruhigt euch nur , Gans , Gans langsam ! " Dann nimm mich wenigstens mit ! " Rose-Marie bebte , war aber ßum Schrecklichsten entschlossen . " Ich kann dir vielleicht helfen . " " Na , ihr seid närrisch ! " sagte Karola mit erßwungener Kauorungkeit . " Laßt euch lieber noch einmal warnen . Rose-Marie stieg indessen in den Wagen . " Großartig , Rosemie , du bildest dich noch ßur Heldin aus " , lobte die kühne Wagenlenkerin . " Aber nun dalli , bevor jemand von den Leuten kommt . Ausweichen ist nämlich mordsschwer . " " O Gott , Tosia . . . " Karola befiel eine lähmende Angst ; allein , nun war nichts mehr ßu machen . Da fuhren die beiden hin , sich nicht bewußt , welchem erbarmungslosen Ungeheuer sie sich anvertraut hatten . Mehr tot als lebendig saß Rose-Marie auf dem Wagen . Und auch Karola mußte die Hände aufs Herß pressen , so ßum ßerspringen schlug es ihr . Doch ging alles gut . Tosia fuhr wirklich langsam und vernünftig und begnügte sich mit der einen Runde um den Hof . " Bei Karola wollen wir wieder aussteigen " , sagte sie und drehte an dem Hebel , um anßuhalten . " Ja , " nickte Rose-Marie glücklich , " Gott Lob und Dank . .. " Ein gellender , entsetßlicher Schrei - - Nur durch ein Wunder war Karola nicht von den Rädern des Ungetüms ßermalmt worden . ßum Steinbild erstarrt , blickte sie ihm nach , wie es steuerlos auf die Stallgebäude ßuschoß . Dort mußte es , bei der Wucht des Anpralls , ßu Atomen ßerschellen und die Insassen . . Schaudernd verhüllte Karola ihr Angesicht . Keine Rettung , denn hier handelte es sich um Sekunden , und niemand weit und breit , der hätte helfen können ! Und dann ein ohrenbetäubender Knall . . und Stille . . . und nichts mehr . . . grauenhafte Ruhe in der noch eben von lärmendem Tosen erfüllten Luft . . Karola wandte sich ab . Sie konnte - - konnte das Fürchterliche nicht sehen . Aber Hilfe mußte sie holen aus dem Hause . . . Aber da kam man schon von allen Seiten herbeigelaufen . Geschrei erhob sich und Rufen und Wehklagen . Was mochte geschehen sein ? Ob sie . . . ob sie . . . tot waren . .. ? Ein ßittern lief durch Karolas Glieder . Sie mußte sich aufraffen , mußte an die Unglücksstätte gehen . Das war sie den Freundinnen schuldig . Vielleicht , daß es gnädig abgelaufen . . . Sie blinßelte durch die gespreißten Finger . Auf die Seite gekippt lag im Graben , der den Hof durchquerte , das auto . Seinem rasenden Lauf auf die Mauer ßu hatte dieser Vielgeschmähte , der längst schon beseitigt werden sollte , Einhalt getan . Es war nicht anders ßu denken , als daß der Sturß dadurch gelinder ausgefallen sein mußte . Als Karola dies sah , schöpfte sie neue Hoffnung . Sie rannte auf die Unfallstelle ßu und durchbrach den dichten Halbkreis , den die Hofleute bildeten . Was würde sie ßu sehen bekommen ? Beim ersten Blick fiel ihr eine Bergeslast von der Seele . Dort saß Tosia , anscheinend unversehrt , wenn auch weiß bis in die Lippen , an der Erde und hielt Rose-Marie im Schoß . Aber die . .. Karola stürßte herßu . Da war es , das entsetzliche , das grauenhafte Unglück . .. " Tosia - - was ist - - ? Lebt sie noch - -7 " Das Mädchen hob das angstverßerrte Antlitß ßu der Freundin empor . Nie würde Karola diesen Blick voll Seelennot vergessen . " Bringe Wasser , " raunte sie heiser , " und schickt ins Pfarrhaus . . . und Mamsell soll an den Arßt telephonieren . . . Karola und ßwei der Leute liefen davon . Achßend beugte Tosia sich über die stille Gestalt in ihren Armen . " Rosemie . . . Rosemie . . . bin ich deine Mörderin ? " Die Verunglückte regte sich nicht . Langsam rieselte das rote Blut Tropfen um Tropfen von ihrer Stirn über die fahle Wange . " Rosel ! " flehte Tosia gebrochen , " Rosel . . . Schlag einmal die Augen auf . .. nur einen Blick , der mir sagt , daß du . . . daß ich . . . großer Gott , laß sie leben- So rang sie mit ihrem schuldbeladenen Gewissen , mit dem Jammer um das , was sie angerichtet hatte , durch Leichtsinn und Ungehorsam . Und nun nahte das Gericht . Schaudernd kroch sie noch mehr in sich ßusammen . Ihr scharfes Ohr hatte fernes Räderrollen und leichten Hufschlag erfangen . Jetzt bog der kleine Wagen in die Allee ein . . . nun in den Hof ... . " Was ist geschehen , Leute - ? " klang des jungen Gebieters Stimme . Da wich der stumme Menschenknäuel ßur Seite . Leutnant Hohndorf war schon herunter und trat heran . Mit einem Blick hatte er den ganßen Hergang übersehen . " Rose-Marie ! ! " schrie er in heißem Schmers auf und in erbittertem ßorn , mit dumpfer Drohung : " Tosia ! ! Er kniete neben den beiden nieder und nahm sacht die Verunglückte an seine Brust . " Was haben sie dir getan , du holdes , süßes Kind ? " murmelte er fassungslos . " Wirst du deine geliebten Augen niemals mehr aufschlagen . .. " Da brach Tosia vollends ßusammen . Die Wucht der Erkenntnis , was sie alles ßerstört hatte , die eigenen Schmerßen , die Nachwirkung des furchtbaren Schreckens raubten nun auch ihr die Besinnung . Lautlos sank sie ßur Seite . Da sprang Leutnant von Brederloh herßu , der dafür gesorgt hatte , daß die Leute sich entfernten . Er nahm Karola das Gefäß mit Wasser ab und besprengte abwechselnd die Mädchen damit . Tatenlos stand Karola dabei . Sie konnte nur jammern und die Hände ringen . Daß nun auch Tosia noch ßusammenklappte . . . Doch die schlug eben die Augen wieder auf . " Tönchen ! " sagte sie , seiner ßuerst ansichtig werdend , der über sie geneigt stand , schwach mit herßerreißendem Lächeln , " Tönchen , wenn doch alles nicht wahr wäre ! " " Na , nur Mut ! Nur Kopf hoch , meine gute , alte Tosia ! " beschwichtigte er und streichelte ihr väterlich die Backe . " Es wird schon noch alles wieder gut werden . Aber was bist du auch für ein Teufelsmädchen . .. Ja , nun sagte er so und gestern noch - Mit ungeschickten Händen mühte er sich , Rose-Marie einen Verband um die blutende Stirn ßu legen . " Ja , können Sie denn nicht ein bißchen ßugreifen ? ! fuhr er die müßig dastehende Karola an . Beleidigt wollte die Angeredete sich ßurückßiehen . Doch dann fiel ihr ein , daß Empfindlichkeit jetzt wahrlich nicht am Platße sei . So versuchte sie denn ßu helfen , wenn auch mit Mißerfolg . Denn sie übertraf an Unbeholfenheit den Leutnant um ein beträchtliches . ßum Glück für alle erschien andere , tatkräftigere Hilfe . Auf Pastors Einspänner kam Frau Hohndorf angefahren und mit ihr der Landarßt , der auch im Pfarrhause ßum Whistspiel geladen war . Ohne ein Wort der Klage oder des Vorwurfs eilte Tante Adolfine heran . Nur ihr rundes , sonst so frisches Gesicht war blaß und voller Kummer . Sie nahm den Verband , von dem Karola und Brederloh je einen ßipfel gefaßt hielten , und legte ihn rasch und kunstgerecht um Rose-Maries Stirn , während der Doktor Puls und Herßschlag prüfte . Angstvoll hingen aller Augen an des alten Mannes Lippen . Wie würde sein Spruch fallen ? War es Leben oder Tod , worüber er entschied ? Vorerst sagte er wenig . " Eine tiefe Ohnmacht . Sie muß ins Haus geschafft werden . " Er sah sich nach Leuten um , die das besorgen könnten . Doch der Sohn des Hauses wehrte ab . " Ich werde sie tragen ! Noch fester schloß er die Arme um die ßarte Gestalt , hob sie sanft empor und brachte sie hinein . Die übrigen folgten . Eine traurige Proßession . Was die halbe Stunde , die nun folgte , an Qual und Angst in sich barg , das war nicht in Worte ßu fassen . Nur Frau Hohndorf durfte bei der Untersuchung ßugegen sein , die anderen mußten sich damit bescheiden , draußen in der geräumigen Vordiele ßu warten . Wie ein Löwe im Käfig rannte Adolf von einem der altersbraunen Eichenschränke ßum anderen , das Herß ßerwühlt von Schmers und Leid . Ab und ßu warf er einen Blick auf Tosia , so kalt , so vernichtend , so ohne Mitleid mit ihrem Jammer , daß sie nicht mehr nach ihm hinßusehen wagte . Ein trockenes Schluchßen stieg ihr in die Kehle . War es nicht ßu hart , wie er mit ihr verfuhr ? Wo war seine Freundschaft für sie hin ? Je länger es da drinnen dauerte , desto hoffnungsloser wurde es allen ßu Sinne . Arme Rose-Marie ! Arme , arme Tosia ! Wie würde sie denn jemals wieder froh werden können , wenn - - Immer näher kroch das Gespenst des Unglücks . Entsetßliches lagerte auf den Gemütern . Und dann war mit einemmal die ßeit des Wartens und der Ungewißheit ßu Ende . Mit verweinten Augen trat Tante Adolfine aus Rose-Maries ßimmer . Ihr folgte der Arßt . " In acht Tagen werden wir das kleine Fräulein wohl wieder hoch haben " , sagte er befriedigt . " Es ist wunderbar gnädig abgelaufen . " Da stürßte in langen setzen Adolf Hohndorf die Treppen hinab und in den Park hinaus . Er mußte allein sein mit sich und seinem Gott , um seinen Jubel , seine unbegrenßte Dankbarkeit austoben ßu können . Hatte die Stunde der Verßweiflung ihm doch erst geßeigt , wie unsäglich er das holde , ßarte Geschöpfchen liebte , das ihm fast entrissen worden wäre , noch ehe er es sein eigen genannt . Einen Augenblick hatten die ßurückbleibenden ihm verständnislos nachgeblickt . Dann wandte die Aufmerksamkeit sich Tosia ßu , die , mit einem wehen Jubellaut Tante Adolfines Knie umklammernd , vor der Erschrockenen besinnungslos ßusammenbrach . " Nun , nun ! " knurrte der alte Arßt . " Ich hätte gar nicht gedacht , daß die kleine Eschenhorst so exaltiert ist und mir nichts dir nichts die Besinnung verliert ! Oder - " er beugte sich näher ßu ihr herab und sah sie prüfend an , " sollten wir hier am Ende erst die schwere Patientin haben ? Tosia wurde ins Bett gebracht . Und nun stellte sich heraus , daß ihr linker Arm gebrochen und der Fuß verstaucht sei . Es schien , daß sie mit aller Wucht auf diese Seite gefallen war . Unerhörte Schmerßen mußte sie die ganße ßeit über erlitten und sich übermenschlich ßusammengenommen haben . " Tapferes kleines Ding " , murmelte gerührt ein übers andere Mal der Doktor , während er mit seinem inßwischen aus der Stadt daßugekommenen Kollegen Verbände und Schienen anlegte . Mit seligem , verklärtem Lächeln ließ Tosia ohne ßu mucksen alles mit sich geschehen . Und mit einer Engelsgeduld , die niemand dem lebhaften Mädchen ßugetraut hätte , ertrug sie eine lange Leidensßeit . Was mit ihr wurde , was sie ßu erdulden hatte , darüber verlor sie kein Wort , und niemand durfte sie bedauern . Die Hauptsache war , daß Rose-Marie rasch genas , daß sie kräftiger , gesunder erschien als je ßuvor . Daß sie aufblühte wie eine junge Mairose . Eine schwere ßeit war es und doch voll reichen , innerlichen Segens . Von ihrer Korbchaiselongue in der Veranda sah Tosia dem bunten Leben ßu , das um sie herum weiter seinen Gang ging . Neidlos begleiteten ihre Gedanken die Freundinnen auf Partien und ländliche Feste , denn sie konnten doch nicht ewig bei ihr Sitzen und ihr Gesellschaft leisten . Sie taten das ohnedies schon in rührender , aufopfernder Weise übergenug . Wenn sie dann aber so alleinsaß , den Malblock oder ein Buch in ihrem Schoß und tiefe , tiefe Stille um sie her und in ihr ein unbändiges Hinausverlangen in die herrliche , göttliche Sommerwelt , dann wollte ihr mitunter die Strafe doch hart erscheinen . In solchen Stunden focht sie heiße , erbitterte Kämpfe mit ihrem eigenen rebellischen Ich aus . Aber sie blieb Siegerin . So nahte der Herbst und mit ihm das Ende der langen Prüfungs- und Leidensßeit . Karola , die noch den Festtag erlebt hatte , wie Tosia ßum ersten Male wieder kräftig auf eigenen Futen stand , war längst ins Pensionat abgereist . Nicht ohne ein überlanges Epos ßu hinterlassen , in dem sie alle Geschehnisse dieser Sommerwochen in ungewollter Komik besang . Als sie kurße ßeit darauf Rose-Maries Verlobungsanßeige bekam , fand sie das ja nun einfach " kommun und rücksichtslos " , daß man sie das nicht hatte miterleben lassen . Doch sänftigte sie ihre Gefühle beim Anblick einer großen Kiste , die gewaltige Kostproben vom Verlobungsschmaus enthielt . Und Rose-Marie schrieb daßu einen lieben , ausführlichen Brief . ßunächst entschuldigte sie sich und ihren Adolf , was sie ja gar nicht nötig gehabt hätte . Aber es war nun einmal ihre Art so . Und dann berichtete sie beseligt weiter : Es hatte sie selbst Gans überraschend getroffen , dieses Himmelsglück . Traurigen Herßens sah sie den Augenblick herankommen , wo er ins Manöver ßiehen mußte . Und sie war Gans sicher gewesen , ihn niemals wiederßusehen , denn bei seiner Rückkehr mußte sie längst in Hamburg sein . Und da hatte er am letzten Tag Gans plötzlich im Park gefragt , ob sie - Aber nein , das konnte man natürlich nicht erßählen . ( Karola fand das recht albern , denn gar ßu gern hätte sie diesen Beitrag in ihrem demnächstigen Roman verwendet . ) Und " er " hätte sie schon lange lieb . . . ( Oh , und sie ihn noch viel länger ! ! ) . .. und das auto wäre nur von ihm angeschafft worden , weil sie das arme Pferdchen " Tosia ' so sehr bedauert hätte . .. Karola bekam Hochachtung vor Adolf Hohndorf . Ach , wenn sie doch auch erst soweit wäre , daß ihretwegen einer ein auto anschaffte ! ! ... Und ßum Schluß stand noch eine Neuigkeit im Brief : Tosias Vater war nach Düsseldorf versetzt worden ! Sehr , sehr unglücklich sollte Tosia sein . Dieser Erdenveu victen weltverlassen und kümmerlich vorkam , ngssie ihn ihm Ach , bedeutete für sie ein Paradies . Es war eben ihre Heimat , eine Heimat , an der sie mit fanatischer Liebe hing . So stob also dieser Kreis , der sich für ein paar herrliche Sommerwochen ßusammengefunden hatte , nach allen Richtungen der Windrose auseinander . Karola war_es ßufrieden . Weniger schwer dünkte ihr das Schuljoch in dem Gedanken , daß man in Lubowo nun auch nicht mehr beisammen war , daß sie dort nicht täglich etwas versäumte , um das sie die Freundinnen beneidete . Denn Selbstsucht und Eigennutß gehörten leider mit ßu den obersten Tugenden des Fräulein Kalliope . Krotoschewo ade ! Wie ein böser , häßlicher Traum gehörten Abschied und Umßug nun schon der Vergangenheit an . Tosia mochte nicht daran ßurückdenken . Gans schrecklich war es gewesen . Wie sie mit " Pappchen " heimgekommen war ins liebe Krotoschewoer Häuschen , wo die Eltern für ihre Rückkehr eine so reißende Überraschung vorbereitet hatten . Die Mutter , die ihre Nachkur im Sanatorium nicht unterbrechen durfte , weilte noch fern , und der Vater allein mußte sie in das Stübchen mit den hellen Lackmöbeln und den duftigen Vorhängen führen , das in ßukunft ihr kleines Reich bilden sollte . Tränen der Freude und Wehmut stürßten Tosia aus den Augen , als sie so ihren Traum erfüllt sah . Der Gedanke , dies sofort wieder ßerstören ßu müssen , schien ihr unerträglich . Und doch ! Auch das wurde überwunden , und die hübschen Sachen standen jetzt in einer drei Treppen hoch gelegenen Stadtwohnung in Düsseldorf . War das ein Unterschied ! Wie ein Vogel im Käfig , der noch vor kurßem seine Freiheit genossen hatte , so kam Tosia sich vor . Nicht , wie man ging und stand , jeden Augenblick hinauslaufen ßu können , nicht jeden Menschen , ja sogar jeden Hund auf der Straße ßu kennen , nicht ßu wissen , wer in diesem und jenem Hause wohnte , was hier und dort vorging , das war Tosia ßu ungewohnt , als daß es ihr nicht hätte hart , ja grausam erscheinen müssen . Aber auch daran gewöhnte man sich . Eine Gans andere Art Leben begann für Tosia . Hier trat sie nun wirklich als junge Dame auf . Sie machte und empfing mit den Eltern Besuche ; man ahnte nicht , welch ein tolles , echtes Kind sie noch vor kurßem gewesen war . Die erste ßeit verging unter dem Eindruck all des Neuen , der mannigfaltigen ßerstreuungen wie im Fluge . Freilich war es schön , die wundervoll angelegte Stadt , die allenthalben ein künstlerisches Gepräge trug , ßu durchstreifen , die Läden , denen Ostdeutschlands an Geschmack weit überlegen , ßu bewundern . Ein anderer Ton , ein anderer Geist herrschte in dieser großen , eleganten Stadt . Die sprichwörtliche Lebenslustigkeit des Rheinländers im Verein mit der Leichtlebigkeit des Malervölkchens drückte ihr einen Gans besonderen Stempel auf . Und wie anders die ärmere Bevölkerung , als sie es bisher kannte und gewohnt gewesen ! Da war nichts von der Devotion des Polen , nichts von Händeküssen und kriechender Unterwürfigkeit , die hinter dem Rücken des höher Geborenen sich vielleicht Gans anders ausnahm . Kaum sichtbar etwas von Armut und Elend . Kein Jammern und Klagen um den kommenden Tag ! Ein aufrechtes , fideles , sorgloses Völkchen , dem Standesunterschiede nichts bedeuteten , das die Stunde genoß und sich nicht darum scherte , ob da vielleicht doch noch ein dickes Ende nachkam . Was war das für eine drollige Sorte von Straßenjungen , die , weit entfernt von Lumpen und hungrigen , verkümmerten Gesichtern , plötzlich mit lachenden Augen neben einem herliefen . " Fräulein , soll ich Mal was für fünf Fennig Kobolß schlagen , eja ? ! Und dem Wort folgt die Tat . Wie ein Wiesel läuft er auf seinen Händen neben dem Spaßiergänger her . Der kann ihm nicht so leicht böse sein . Man entrichtet seine fünf Pfennige , während man früher einem Kinde ßwei gegeben hat . Aber der Junge ist doch so anständig gekleidet ! Und sein Lachen und seine Komik sind so beswingend . - Der Rhein brachte Tosia eine große Enttäuschung . Wohl hatte sie noch nie einen so breiten , majestätischen Strom gesehen . Aber was waren diese schmutßig-gelben Fluten gegen die durchsichtigen , grünen Wasser , von denen die Lieder sangen ? Und wo waren die weinbekränßten Berge , die mächtigen Burgen , die seine Ufer bilden sollten ? Tosia bedachte nicht , daß im Herbst die Flüsse durch anhaltenden Regen ihre schöne Farbe und Klarheit verlieren , daß die Berge erst oberhalb Kölns aufßuragen beginnen . Freilich , als sie dann einmal an einem schönen , sonnig warmen Oktobertage in Köln einen Dampfer bestiegen und rheinauf fuhren , da lernte sie den ganßen ßauber kennen , der den heiligen , deutschen Strom umspinnt . Da begann ihr ein Begriff davon aufßudämmern , daß auch hier in der herrlichen Gegend , ßwischen den heiteren Menschen das Leben schön und lebenswert sein könne . Noch andere Genüsse und Anregungen wirkten mit der ßeit auf Tosia fast überwältigend ein . Da ihre Mutter dank der Kur und des günstigen Klimas sich so wohl wie nie befand , nahm auch sie gern mit , was die schöne Stadt , in der ein reges geistiges Leben herrschte , bot . So besuchten Mutter und Tochter ßusammen die Kunstausstellungen , die in Tosia immer heftiger die Lust erwuchern neten , sich auf diesem Gebiete ßu betätigen . Und ßu wahren Offenbarungen wurden ihr die Goethe-Festspiele , diese Meistervorstellungen in dem rosenbekränßten Theater . Eine weihevolle Stimmung ging von dem Geist des edlen Werkes , von der Hingabe , mit der jeder einßelne Schauspieler sich seiner Aufgabe widmete , auf das Publikum über . Es war ein atemloses Lauschen , ein glühendes Siech-Versenken . . . ein Erleben , das nicht ohne Einfluß auf Tosia blieb . In diese ßeit heftiger , innerer Gärungen , in denen unbestimmtes Schwanken , nebelhafte Wünsche mit festen ßukunftsplänen abwechselten , saß Tosia eines Tages in ihrem ßimmerchen am Fenster und starrte auf die gegenüberliegende Hauswand . Unmutig hatte sie die Staffelei ßurückgeschoben , auf der sie versucht , ein Bild aus dem Gedächtnis wiederßugeben , das ihr in den letzten Tagen so besonders gefallen hatte . Doch hier war das ja nicht möglich ! Keine Beleuchtung , kein Licht . Das beklemmende Gefühl der nahrückenden Häuser , das Unvermögen der künstlerischen Technik hemmte ihren Schwung . Was waren schließlich die paar Malstunden , die sie in der Pension von dem geliebten Fräulein von Junghart erhalten hatte ! Überall , wo sie auch anfing , scheiterte sie an diesen bedrückenden Hindernissen . Da klopfte es an die Tür , und der Bursche kam herein . Er war sehr ßivilisiert in Aussehen und Manieren . So gar keine Ahnlichkeit mit den verschiedenen polnischen Augusts in Krotoschewo . Vorschriftsmäßig brachte er auf einem kleinen Tablett eine Besuchskarte . Indessen , ehe noch Tosia einen Blick darauf ßu werfen vermochte , sprang die Tür auf , und herein stürmte - neugiergeschwollen und übermütig , wie es schon in Frauenstein ihre Art gewesen war - die ehemalige Pensionsfreundin Eva von Fressen . " Nee , du , so 'ne Anmelderei ist doch ßwischen uns Blech , Tosia ! " rief sie , jubelnd der Überraschten um den Hals fallend . " Eva ! ! " Tosia konnte sich kaum fassen . " Ja , wo kommst du denn her ? ! Ich denke , du sitzt in Königsberg ? ! " Saß . . . saß ! " machte Eva geheimnisvoll . Ihre blanken Augen fuhren in der Stube umher , so daß schon nach einer Minute kein Gegenstand mehr darin war , den sie nicht gründlich gesehen hatte . " Sowie ich nun hörte , du wärst hier , bin ich schnurstracks hergelaufen . Du kannst dir denken , wie neugierig ich war ! " Ja , das kann ich mir allerdings denken bei deiner fabelhaften Neugier - " lachte Tosia . " Du , sage darauf nichts ! Die ist mir eigentlich immer ßustatten gekommen . In der Pension und überall ! " Sie warf sich auf das kleine Sofa . " Hübsch hast du es hier . Wir wollen nur recht oft ßusammenkommen . " Ja , wohnst du denn hier ? Ich verstehe gar nicht . Tosia konnte sich nicht ßurechtfinden . " Durch Karola , unsere teure Kalliope , und über viele Umwege ist die Kunde ßu mir gedrungen , daß ihr hierher versetzt seid " Der Stolß verbot es Rose-Marie und mir , dir noch länger ßu schreiben , da du ja alles unbeantwortet ließest " , sagte Tosia mit steif-ablehnender Miene . " Ja , ich habe seit Juni mit keinem Menschen korrespondiert . Ich bin ßu schreibfaul ! Auch die Nachricht von Karola verdanke ich einem ßufall . " Sie griff nach ihrer Visitenkarte , die vor ihr auf dem Tische lag , und knickte sie mitten durch . " Hattest du die Karte schon gesehen ? . .. Nicht ? . . . " Ihre Augen blitßten lachend auf . Und das Kärtchen in ihre Tasche versenkend , erhob sie sich ßum Abschied . " Ich will gehen , sonst plappere ich noch unnötig viel . . . Komme doch bald , ja ? ! Morgen abend um sieben , du , das wäre fein ! Aber sicher ! Marschallstraße 100 . " ßwischen Tür und Angel fragte sie Tosia noch alles nur irgend Wissenswerte ab und sprang dann übermütig davon . Gans verdutzt saß Tosia wieder auf ihrem Stuhl . Wie ein Wirbelsturm war das Ganße durch ihr kleines ßimmer gebraust und bedeutete für sie doch ein wichtiges Erlebnis . Entßückend die Aussicht , mit Eva öfters ßusammenkommen ßu können ! Denn nächst Rose-Marie hatte diese ßweite Genossin aus ihrer gemeinsamen Stube in der Pension , dem " Taubenschlag " , ihr bei weitem am nächsten gestanden . Mit einer gewissen Spannung machte Tosia sich am folgenden Abend auf den Weg . Eva hatte doch entschieden ein bißchen geheimnisvoll getan . Und nichts , aber auch gar nichts von sich selbst erßählt . . . Wenn das nicht verdächtig sein sollte - - - Marschallstraße 100 ! Da stand sie davor . Ein schmales Einfamilienhaus mit drei Fenstern Front . Das war hier eine vielverbreitete Sitte . Man wohnte nicht gern mit vielen anderen Mietern in einem Hause ßusammen , man scheute nicht das Treppauftreppab durch drei , auch vier Stockwerke . Tosia wollte auf die Klingel drücken , da fiel ihr Blick auf das blitßblanke Türschild : " Heller . " Schleunigst ßog sie ihre Hand ßurück . Nein , da war sie ja doch nicht am rechten Ort . Sie ging wieder die Stufen hinab und betrachtete das Haus von außen . Nr. 100. Eva hatte es ausdrücklich gesagt . Und da riß die Freundin auch schon die Haustür auf und winkte sie lachend herein . " Gestern hatte ich eigentlich verstanden , daß ihr hier wohnt . Nun scheinst du auf Besuch ßu sein ! Geschäftig hängte Eva die Sachen an die Kleiderhaken . Dabei umging sie die Antwort . " Wo kaufst du denn ? Du bist eigentlich Gans elegant ! Sie öffnete eine Tür , und sie betraten ein kleines , lauschiges Damenßimmer . Die Einrichtung war von modernstem Geschmack und funkelnagelneu . ßu beiden Seiten lagen andere ßimmer mit geöffneten Türen : ein Speiseßimmer und ein Herrenßimmer , in dem es mächtig gelehrt aussah . Und dann gab es einen Anbau nach dem Hof ßu , den Eva noch rasch sehen ließ . Ein großer , etwas kahler Raum mit vielen Stühlen und einem Harmonium und verschiedenen Stahlstichen , Sehnen aus der biblischen Geschichte darstellend . Tosia wurde es immer sonderbarer ßumute . Hier gab es ein Mysterium . Wenn Eva doch endlich sprechen wollte . . . Als sie in das erste ßimmer ßurückkehrten , stand da ein Herr . Er hatte ein schönes , kühnes , glattrasiertes Gesicht . Seine hohe , schlanke Gestalt trug einen sogenannten Lutherrock . Erfreut kam er auf den Gast ßu . " Seien Sie häßlich willkommen , gnädiges Fräulein ! " sagte er , ihr die Hand entgegenstreckend . " Sie haben keine Ahnung , wie aus dem Häuschen vor Vergnügen meine Frau war , als sie von Ihrem Hiersein hörte . Verständnislos sah Tosia von einem ßum anderen . Nein , in was für eine peinliche Situation Eva sie durch ihre Heimlichtuerei gebracht hatte ! Und nun jubelte die auch noch Gans ungeniert auf , steckte eine Hand unter Tosias und eine unter des fremden Herrn Arm und sah der Freundin mit ausgelassenem Lachen Gans nah in die Augen : " Was sagst du nun ? ! 2 Mich soll noch Mal ein Mensch schwatßhaft schelten ! Das ist mein - - - Mann , Tosia Eschenhorst ! Ja , falle nur nicht auf den Rücken , mein strenger Eheherr und Gebieter . . . " Eva ! Wenn du mich für so dumm hältst , daß du denkst , du könntest mir solch ein Märchen aufbinden sagte Tosia tief beleidigt . " Schorschel ! Nun höre bloß ! Kannst du das auf deiner Frau Sitzen lassen ? " empörte der Kobold sich . " Sie werden es schon glauben müssen , gnädiges gasen , Al Fla-Wga , Gin an n83 um Eva . " Und ich werde dir einen Gans dicken Beweis geben " , fcohlockte sie und versetzte ihrem " Schorschel " einen schallenden Kuß . Also dagegen war nun nichts mehr einßuwenden . Die Freundinnen fielen sich um den Hals . Es war ein Wundern und Staunen . Tosia schalt , daß Eva das alles so heimlich gemacht habe . Aber es waren wirklich Gans außerordentliche Verhältnisse gewesen . Man hatte sich im Juli in der Schweiß kennengelernt und eins ßwei drei verlobt . Und da Evas Eltern gerade im Begriff gewesen , eine Weltreise anßutreten , war schleunigst geheiratet worden , " alles innerhalb eines Urlaubs von sechs Wochen von " Schorschel ' . " Eva - Eva - ! " Er drohte lächelnd mit dem Finger . " Ich soll nämlich nicht " Schorschel ' sagen ! " erklärte sie Schaltaft . " Er findet , das schadet seiner Würde ! Und auf einen unsicher fragenden Blick Tosias : " Ach so , das weißt du auch noch nicht ! ! Na , nun halte dich aber am Stuhle fest . . . Schorschel , auf dem Schreibtisch steht Kölnisch Wasser , falls sie in Ohnmacht fällt . . . Tosia , sieh mich an ! !! So sieht die Frau Pa-sto-rin der neuen Laßarusgemeinde aus . . !! Richtig , ich sage es ja , ihr wird schwach ! In drolligem Eifer sprang sie herßu , um Tosia ßu stützen . Die lehnte das matt ab , obgleich ihr wirklich schwindelte . Es war ßuviel für einmal , viel ßuviel . Wer konnte denn das alles auf einmal verdauen ! Ihr Auge irrte ßu dem Hausherrn hinüber . Der Lutherrock ! Das war der Beweis . . . Da raffte sie sich auf . " Eva ! ! Du Pastorin ? !2 ! Mit deiner Neugier und Schwatßhaftigkeit -21 " - Die löbliche Gewohnheit von der Pension her , sich unverhüllt die Wahrheit ßu sagen , nahm Tosia auch heute noch für sich in Anspruch , und Eva fand es scheinbar Gans in der Ordnung . - - " Neugier und Schwatßsucht ? ! Du , das war einmal . Längst überwunden - - - ! " " Na , na , Frauchen ? ! " lächelte der junge Pastor liebenswürdig . - - - So flogen die Worte hin und her . Scherß und Ernst in buntem Wechsel . Ein entßückender , gastlicher , erinnerungsfroher Abend . Gans benommen schritt Tosia schließlich , als sie das gastliche Haus verlassen hatte , gefolgt von dem Burschen , durch die nächtlichen Straßen . Was für ein herrliches , goldfrohes , anregendes ßusammensein war das gewesen ! Was war , mit all ihren Tugenden und Fehlern , aus Eva für eine reißende Frau geworden ! Und so glücklich ! trotzdem er Geistlicher war , durfte sie so heiter sein , wie sie nur irgend wollte . Nur manchmal , wenn sie dem Übermut gar ßu sehr die ßügel schießen ließ , regierte er sie mit einem einßigen Blick , freundlich , ernst , liebevoll , und sie fügte sich willig . Für Tosia wurde dieser Verkehr von weittragender Bedeutung . Pastor Heller war ein kunstsinniger Mann . Er malte selbst und kannte unter den Künstlern Düsseldorfs diesen und jenen , die auch in seinem Hause verkehrten . Und er setzte es schließlich durch , daß Tosia in eins der berühmten Ateliers ßur Ausbildung eintreten durfte . Tosia war selig . ßwar sah sie bald , daß der Weg lang und steinig und mühevoll sei . Aber mit der ihr eigenen ßähigkeit wollte sie , und damit war auch das Vollbringen schon halb gesichert . Ihre Mutter jammerte ein wenig , daß sie gar so wenig von der erwachsenen Tochter habe . Aber ßum Glück war sie ja so weit genesen , daß sie weder der Pflege noch Hilfe Tosias bedurfte . Denn das hätte Tosia allerdings für ihre oberste Pflicht gehalten , sich den Eltern ßu widmen , wenn sie es dringend gebraucht hätten . Jnßwischen neigte der Winter sich seinem Ende ßu . Tosia hatte einige Bälle besucht , aber kein großes Vergnügen dabei gefunden . Wohl tanßte sie für ihr Leben gern , doch waren ihr die Menschen alle so fremd ; man konnte gar nicht mehr reden , wie einem der Schnabel gewachsen war ! Und " Tönchen " und Adolf fehlten an allen Ecken und Enden . Nun sollte den Schluß des Winters noch der Karneval krönen . Er fiel spät in diesem Jahr , und es wehten schon linde Frühlingslüfte . Gans etwas Neues und Absonderliches sollte Tosia da erleben . Ihr schien , als sei vier Tage lang die Stadt ßu einem wahren Tollhaus geworden . Ernsthafte Leute , grauhaarige Männer und Frauen , setzten sich eine Narrenkappe auf oder warfen Domino und Maskerade über und liefen so auf den Straßen umher , und kein vernünftiges Wort kam aus ihrem Munde . Jeder ließ es sich angelegen sein , so närrisch wie möglich sich ßu gebärden , und wer da nicht mittat , den schalt man einen Griesgram und Spielverderber . Am Rosenmontag , dem Tag vor Fastnacht , erreichte der Trubel und die tolle Laune ihren Höhepunkt . Die prächtige Königsallee entlang , durch die ganße Stadt , teils sehr enge Straßen , bewegte sich der imposante Karnevalsßug . Eschenhorsts waren ßu Bekannten eingeladen , an deren Hause der ßug vorüberkam . Da es fast sommerlich warm war , standen die Fenster überall weit geöffnet . Eine dichte , unabsehbare Menschenmenge drängte sich in Straßen und Häusern . Ein lärmendes Getöse von Pritschen und Knarren , von Knallerbsen und Feuerwerkskörpern aller Art erfüllte die Luft . Und da . .. da nahte endlich Prinß Karneval ! Mit Pauken und Trompeten ein Musikkorps ßu Pferde in Narrentracht , dahinter der hoch , hoch aufgebaute Wagen mit Seiner närrischen Hoheit . Gnädig winkte er nach allen Seiten und fing die Blumensträuße auf , die ihm von den Fenstern ßugeworfen wurden . Und so ging es wohl eine Stunde lang . Immer neue Wagen , denen irgendeine Idee ßugrunde gelegt war , in künstlerisch schöner Ausführung , immer neue Musikkapellen , immer neue Trupps ßu Fuß . . . Und daßu die ausgelassene Volksmenge ! Die Straßen überspannte bald ein Netz von farbigen Werfschlangen , die von Fenster ßu Fenster flogen ; Savoyardenknaben ließen ihre Afeschen in die Wohnungen klettern und dort um Almosen bitten ; Scherßworte flogen hin und her , als sei alles miteinander nahe bekannt . Aufatmend ßog man sich schließlich von den Fenstern ßurück , um ein Frühstück einßunehmen . Denn an ein Nachhausegehen war vorläufig nicht ßu denken . Die dickste Volksmenge mußte sich erst ßerstreut haben . Tosia brummte der Kopf , als sie sich abends in ihr Bett legte und den Wirbel dieses Tages überdachte . Mitunter konnte sie nicht anders , als laut herausßulachen . Wenn sie sich vorstellte , daß sie in Krotoschewo in einem solchen Aufßug auf der Straße erscheinen würde ! ! Und die gute Tante Adolfine in dieser närrischen Verkleidung ! ! Komisch , wie Sitten und Gebräuche doch so grundverschieden waren ! Sogar im eigenen Vaterlande hatte Nord und Süd , Ost und West seine streng getrennten Eigentümlichkeiten . Doch gedieh ihr philosophisches Grübeln nicht weit . Ehe sie sich dessen versah , war sie eingeschlafen . Eine Reise nach Berlin ßeitigt Entschlüsse . Die Osterferien des Ateliers begannen besonders früh . Der " Meister " - wie der Professor von schwärmenden Kunsteleveinnen mit Vorliebe genannt wurde - hatte sich eine ßehnte Wallfahrt nach Roms Kunststätten vorgenommen . Und da es ihm nicht darauf ankam , sich Schüler ßu erhalten oder ßu verscheuchen ( seine Berühmtheit hatte das nicht mehr nötig ) , handhabte er den Unterricht , wie es ihm paßte . Schweren Herßens verwahrte Tosia im Atelierschrank ihr Malgerät für so lange Ferien . ßwar , daß es überhaupt Ferien gab , das war ein Glück . Danach hatten ja Rose- Marie und Adolf eigens den Termin ihrer Hochßeit bestimmt . Aber die Wochen bis dahin , die heiße Ungeduld und Vorfreude , würde Tosia gern mit rastlosem Schaffen verbracht und gekürßt haben . Als sie heimkam , wartete ihrer eine herrliche Überraschung . Tante Elisabeth , die in Aachen und Köln Vorträge für Fabrikarbeiterinnen gehalten hatte , war bei ihnen eingekehrt . Freilich mußte sie in derselben Nacht noch nach Berlin ßurückreisen , da sie unter den Rednerinnen des Frauenkongresses vorgemerkt war , aber . . . nun kam das Herrliche . . . sie wollte Tosia mit sich nehmen , und die Eltern hatten auch schon halb und halb ihre ßustimmung gegeben . Jubelnd fiel das Töchterlein seinem " Pappchen " um den Hals , und die Mama , die man ja doch immer noch etwas ßart anfassen mußte , bekam auch ihr gründlich Teil . Das war von der jugendlichen Tante gradeßu wunderbar ausgedacht worden . Mit rückhaltloser Offenheit sprach sie in Tosias Gegenwart ßu den Eltern . Sie seien es ihrer Tochter einfach schuldig , Tosia an dem Kongreß und an der Ausstellung , welche die Frauen allein ßustande gebracht hatten , teilnehmen ßu lassen . Diese Ausstellung sei ein Markstein in der Geschichte der Frauen und Frauenarbeit , und man müßte einem Mädchen Gelegenheit geben , sich durch eigenen Augenschein ßu überßeugen von der kraftvollen Tätigkeit der Frauen und der Nütßlichkeit , ja , Notwendigkeit ihrer Bestrebungen , von dem hervorragenden Platz , den ihr Schaffen jetzt in der Welt einnehme . Und da Tosia in vierßehn Tagen sowieso nach Hamburg fahre und sie auch hier im Atelier nichts versäume , solle man ihr den kleinen Umweg erlauben . Wenn Frau Eschenhorst Elisabeth nicht so gern gehabt hätte , würde sie von der energischen Sprache , die sie führte , nicht gerade erbaut gewesen sein . So aber gab sie ihr recht . Auch der Major war einverstanden . Und als der Abend sich neigte , saß Tosia glühend vor Freude im D-ßug . Alle Hindernisse und Schwierigkeiten und Bedenken hatte Tante Elisabeth ßu entkräften und ßu ßerstreuen gewußt . Ja , gewiß , man schickte einfach nach , was in der Eile nicht mitgenommen werden konnte . Und den Hochßeitsstaat sollte Tosia in Hamburg vorfinden . Während der Reise hätte ja nun Tosia gern aus der jungen Tante noch alles mögliche herausgefragt . Doch die machte es sich gleich bequem in ihrer Ecke und schloß die Augen . Vor und hinter ihr lagen anstrengende Tage . Sie mußte darauf bedacht sein , mit ihren Kräften hausßuhalten . So war Tosia denn auf sich allein und das Heer ihrer aufgeregt umherschießenden Gedanken angewiesen . Um sich die ßeit ßu vertreiben , schrieb sie Karten an die Eltern . Und dann an Rose-Marie , die doch sofort erfahren mußte , daß sie schon halbwegs auf der Reise ßu ihr hin , ßu ihrer Hochßeit sei . Oh , wenn sie daran dachte ! Darauf freute sie sich ja nun doch am aller- , allermeisten . Noch viel mehr als auf den Berliner Aufenthalt . Schließlich mußte auch Eva eine Nachricht bekommen . Welch ein Glück , daß sie die Polterabend-Aufführung längst miteinander gedichtet und einstudiert hatten ! Ob Eva ihr böse sein würde ? Denn sie hatte sich darauf verlassen , daß sie die Reise nach Hamburg ßusammen unternähmen . Ach nein , das sähe ihr gar nicht ähnlich . Eva war wirklich ein Gans famoser Kerl ! Himmel ! " Famoser Kerl " ! Und dabei eine Pastorsfrau ! Damit konnte ja nun Tosia nicht fertig werden . . . Am Ende wirkte das gleichmäßige Rollen der Räder , die tiefe Stille um sie her , das Dämmern der blauverhüllten Lampe doch einschläfernd . Erstaunt fuhr sie in die Höhe , als der Schaffner geräuschvoll die Türen ßurückschob und die baldige Ankunft in Berlin meldete . Hastig wollte sie nach den umherliegenden Sachen greifen ; doch hatte Tante Elisabeth , ohne daß sie es gehört , schon alles geordnet und ßusammengeschnallt . " Berlin ! ! Bahnhof ßoologischer Garten ! An mehreren Bahnhöfen der Riesenstadt hielt der ßug , un uicjcun cason ieeß es für die beiden Damen aussteigen . Dann hatte man noch ein gehöriges Stück mit der elektrischen Bahn ßu fahren , ehe man Tante Elisabeths Heim , das " Einküchenhaus " , erreichte . Jnßwischen war es fast hell geworden ; das Leben auch im Hause schon erwacht . Tante Elisabeth bestellte am Haustelephon das Frühstück , und nach wenigen Minuten konnte Tosia das Tablett mit allem , was sie ßur Mahlßeit brauchten , aus dem Aufßug nehmen . Nur eine gestickte Kaffeedecke und Servietten hatte der eigene Wäscheschrank ßu liefern . Man schmauste mit unendlichem Behagen und entwarf dabei das Tagesprogramm . " Erst legen wir uns noch eine Stunde hin . .. jawohl , mein Schäfchen , auch du ! Es tut uns dringend Not . Nachher fahren wir ßum Kongreß . Um ßwölf Uhr steht ein Vortrag über die Arbeiterinnenverhältnisse in Süddeutschland auf dem Programm . Es ist mir ungeheuer wichtig , mich darüber ßu informieren , und auch du wirst vieles hören , über das nachßudenken sich verlohnt . " Wo ist denn deine Freundin , die mit dir ßusammenwohnt , Tante Elisabeth ? " fragte Tosia , als sie später ßusammen in der Elektrischen saßen . Über Fräulein Doktors Antlitß glitt ein Schatten . " Die ist mir schon untreu geworden . Sie hat sich verlobt und ist bei ihren Schwiegereltern auf Besuch . " Daß auch alle Mädchen sich immer so drauflos verloben müssen ! " sagte Tosia abfällig . Elisabeth lachte . " Nun , es ist ja schließlich doch die eigentliche Bestimmung der Frau , ßu heiraten ! Du tust beinahe , als sei es ein Verbrechen ! Aber in diesem Falle hat es mir so sehr leid getan . Wir waren so schön miteinander eingelebt . Und ich hatte immer den Eindruck , als sei sie durchaus männerfeindlich . " Ich glaube , das bin ich auch , Tante Elisabeth ! " meinte Tosia naiv . " Ich werde mich wohl nie verheiraten , sondern immer nur meiner Kunst leben . Elisabeth unterdrückte ein Lächeln . " Das ist ja möglich und wäre auch sehr schön . Sollte aber einmal der Rechte kommen , wirst du ihn schließlich nehmen . Jedenfalls aber ist es viel richtiger , nicht ßu früh diesen Schritt ßu tun . Erst sich in der Welt umsehen , um beurteilen ßu können , was sie bietet , wie weit der Beruf befriedigt . Und wenn man dann meint , in der Ehe glücklicher ßu werden , wird es wohl richtig sein , wenn gegenseitige Liebe vorhanden ist , ßu heiraten . Sie vertiefte sich in eine Broschüre , und Tosia schwieg daraufhin , obgleich sie das interessante Thema gern noch weitergesponnen hätte . In dieser Beßiehung mußte man doch eigentlich von Tante Elisabeth das Richtigste erfahren . So wandte sie denn ihre Gedanken dem Kongreß ßu . Sie vermochte sich gar kein Bild davon ßu machen , was man dort tat und wie es da ßugehen mochte . Mit hoher Spannung sah sie den Geschehnissen , die der heutige Tag bringen sollte , entgegen . " O Tante Elisabeth , es ist schon aus ! " sagte Tosia erschrocken , als sie die Wandelgänge betraten , in denen es lebhaft ßuging . Viele Damen saßen da und lasen die ßeitungen oder frühstückten oder standen in Gruppen beisammen und unterhielten sich angeregt . Elisabeth schüttelte den Kopf und ßog sie mit sich fort . Leise öffnete sie die Saaltür , an der junge Mädchen in weißen Kleidern mit breiten Schärpen standen . Es waren Saalordnerinnen , die für Ruhe und Ordnung ßu sorgen hatten . Der Saal war riesig groß und prachtvoll durch herabhängende Teppiche und Lorbeerbäume geschmückt . Am Ende befand sich ein mit Blumen und Gewächsen wundervoll geschmücktes Podium , auf dem eine Anßahl Damen Platz genommen hatte . Die Rednerinnen und der Vorstand , wie Elisabeth ihrer Nichte erklärte . Und dort an einer Seite , wieder auf einem extra erhöhten Pult , stand eine Dame und sprach mit lauter Stimme ßu der ungeheuren Versammlung . Kopf an Kopf drängte sich die lautlos horchende Menge . Alle Galerien , alle Gänge waren dicht besetzt , wohl an ßweitausend Personen . Jetzt schloß die Rednerin unter dem rauschenden Beifall der Anwesenden . Im Augenblick war das ganße Bild verändert . Man erhob sich von den Plätzen , man suchte Bekannte . An den Saaltüren flutete es unablässig ab und ßu . Das Geräusch ßahlloser Stimmen erfüllte an- und abschwellend die Luft . Bis vom Podium her eine Glocke ertönte , die Vorsitzende liebenswürdig um Ruhe bat , und eine neue Rednerin das Pult bestieg . Tosia versuchte mit gespanntester Aufmerksamkeit ßu folgen . Aber sie vermochte doch längst nicht alles ßu verstehen . Vieles war ihr gänßlich fremd , in ihrem ganßen Leben hatte sie noch nichts über diesen und jenen Gegenstand gehört . Desto eifriger entbrannte ihr Interesse an Dingen , die sie erfaßte . Es empörte sie , warum die Frauen weniger Lohn für dieselbe Arbeit als die Männer erhielten . Solche himmelschreiende Ungerechtigkeit konnte sie nicht fassen , und sie begriff nicht , daß man das dulden konnte . Indessen , es blieb keine ßeit , diesem Gedankengange lange nachßuhängen . Die Dame auf dem Pult sprach davon , daß jedes weibliche Wesen dem Staatswohl ein Jahr ihres Lebens widmen , Lotte . Beruf erhalten solle . Denn von der Unkenntnis in wirtschaftlichen Dingen leitete sie viel Unglück her . Und eine andere Dame schlug dann vor , was Tosia mehr einleuchtete und ihr bedeutend besser gefiel : um dem Staat in Kriegsßeiten und anderen schweren ßeitläuften ßu dienen , müßte jedes gesunde weibliche Wesen Krankenpflege , Krankenküche , Buchführung und mancherlei mehr erlernen . Denn nicht genug weibliche ausgebildete Kräfte könne es in solchen schweren ßeiten für das Vaterland geben , um sich im Feld , in Hospitälern usw. ßu betätigen . Und die Frauen müßten dann auch verpflichtet sein , falls die eigene Familie nicht dringend ihrer bedürfe , sich und ihr Können dem Allgemeinwohl ßur Verfügung ßu stellen . Erst spät am Nachmittag kehrten die beiden Damen in ihr trauliches Heim ßurück . Mit Behagen genossen sie die Annehmlichkeit des Tischleindeckdich . Elisabeth erklärte Tosia vieles , was ihr unklar geblieben war , und freute sich , wie gut sie aufgepaßt hatte und wieviel Verständnis sie den verschiedenen Dingen entgegenbrachte . Da Elisabeth von den anstrengenden letzten Tagen doch recht müde war , ging sie am Abend nicht noch einmal ßu dem Kongreß . Dafür hieß es aber am nächsten Morgen früh heraus . Sie brachte Tosia , für die das auf der Tagesordnung stehende Programm von wenig Wert war , in die Ausstellung , verabredete , wann und wo sie sich dort wieder treffen wollten , und überließ sie ihrem Schicksal . So lieb sie Elisabeth hatte , fand Tosia dies ja nun eigentlich wundervoll . Gans nach ihrem Belieben herumgehen ßu können , stehenßubleiben , wann es ihr behagte , anßusehen , was ihr gefiel , das war herrlich . Gleich am Eingang machte sie halte und betrachtete jede Kleinigkeit . Allein bald merkte sie , daß sie auf diese Weise in vielen , vielen Stunden noch nicht die Hälfte gesehen haben würde . Also mußte sie es anders anfangen . Langsam ging sie nun durch die Gänge , genoß den Gesamteindruck und hielt sich nur dort länger auf , wo sie Gans besondere Freude oder Belehrung schöpfte . Wunderbar schön und geschmackvoll war das Ganße hergerichtet . Und diese Blumenfülle , in künstlerischer Anordnung , die den Beruf als Gärtnerin verkörperte . Die selbstentworfenen Möbel , das sinnreich aus einem Nichts hergestellte Spielßeug der Kleinkinderschule ! Buchbinderei , Landwirtschaft . . . und da , die Frau im Kolonialhaushalt . Davon vermochte Tosia sich für eine ganße Weile nicht ßu trennen . Das Hauswesen auf einer Farm war veranschaulicht . Das eine Gans primitiv . Aus alten Kisten waren Sitßmöbel und Schränke hergestellt . Konservenbüchsen dienten als Blumenvasen oder Kochgeschirr . Dinge , die bei uns in den Mülleimer wandern , hatten hier noch ihre Dienste als Nutß- oder Schmuckgegenstand ßu erfüllen . Indessen auch ein eleganteres Heim war ßu sehen . Hübsche Möbel , aus Palmeblättern geflochten , Tierfelle , Hängematten . . . Tosia mußte an Rolf Hardarsen denken . Wie mochte es bei dem dann wohl einmal aussehen ? Vorläufig war er übrigens noch gar nicht abgereist . An des Schwesterleins Hochßeitstag mochte er doch nicht fehlen . Aus diesem Grunde hatte man den Termin der Hochßeit auch beschleunigt . Gleich hinterher wollte er sich einschiffen , wie Rose-Marie schrieb . Nachdenklich ging Tosia weiter . So Gans beneidenswert mochte das Leben " drüben doch nicht immer sein ! Wie vieles galt es da klaglos ßu entbehren ! Rolf tat ihr eigentlich leid . Aber immerhin ! Er war ein Mann ! ! Und es war seine freie Wahl . Sie stärkte sich an einer Tasse Sarottischokolade , die in einem lila dekorierten Raum in lila Tassen von lila gekleideten Damen gereicht wurde . Es sah entßückend aus und schmeckte prachtvoll . Und . . . o freudige Überraschung . .. kostete nur ßwanßig Pfennige ! ! Tosia wollte es gar nicht glauben . Und vor lauter Vergnügen trank sie gleich noch eine . Endlich kam auch Tante Elisabeth . Tosia war nun doch froh , sich über alles aussprechen ßu können . Man speicherte gar ßuviel in sich auf , was nach Ausdruck verlangte . Das Fräulein Doktor war müde und hungrig . Sie kehrten in dem Restaurant " ßum grünen Baum " ein , das sich auch in den Ausstellungshallen befand , und speisten dort , während sie den Klängen des nur aus Frauen bestehenden Orchesters lauschten , ßu Mittag . Dadurch gekräftigt und erfrischt , führte Elisabeth Tosia noch ein wenig herum . ßu der Seidenraupenßucht und den geschmackvoll ausgestellten fertigen Seidenstoffen und hinauf auf die große Empore , wohin Tosia in einer Anwandlung von Schüchternheit sich nicht gewagt hatte . " Sieh Mal , wie gefällt dir das ? " fragte Elisabeth , vor den Wertheimschen Schaufenstern stehenbleibend . Tosia war Gans begeistert . Der Effekt des künstlichen , unsichtbar von oben einfallenden Lichtes auf die kostbaren Stoffe , die Harmonie der Farben , das alles wirkte auf ihr " Malauge " berauschend . " Wer macht das , Tante Elisabeth ? Wer denkt sich so was aus ? Ach , wie muß es herrlich sein , so etwas tun ßu dürfen , immer neue Wirkungen aus diesem wunderbaren , köstlichen Material hervorßaubern ßu können ! Überrascht sah Elisabeth auf ihre Nichte . Das hätte sie ihr gar nicht ßugetraut ! Vielleicht sprach aus ihren begeisterten und doch auch verständigen Außerungen eine bestimmte Art von Talent ? Wie schön , wenn man das bei dieser Gelegenheit entdecken und wecken könnte ! Elisabeth erßählte Tosia , daß dies natürlich eine Dame sei . Denn es sei ja der ßweck der Ausstellung , Frauenarbeit ßu veranschaulichen . Sie wäre eine richtige , ausgebildete Künstlerin , besöge ein hohes Gehalt und schüfe oft gradeßu Wunderwerke an Geschmack , Schönheit und Originalität . " Wer das auch könnte ! Ob es wohl jemals möglich wäre , so etwas ßu erreichen ? " fragte Tosia beklommen . " Lerne nur tüchtig , Kindchen ! " sagte Elisabeth ßuversichtlich . " Das Gebiet der angewandten Kunst , das ist noch ein weites , weites Feld der Möglichkeiten für die künstlerisch gebildete Frau ! Wie sollte es mich freuen , Tosia , wenn du darin Mal etwas Schönes erreichtest . . Mit immer steigender Begeisterung besuchte Tosia in der nächsten ßeit Kongreß und Ausstellung . Sie sah und lernte dort mehr als sonst vielleicht in Jahren der Fall gewesen wäre ; und immer mehr auch festigte sich in ihr der Wunsch , nach vollendeter Ausbildung nicht allein beim Bildermalen ßu bleiben , sondern auf andere Weise das Gelernte ßu verwerten . Elisabeth gab ihr den Rat , nebenher einen kunstgewerblichen Kursus durchßumachen und gründlich Geschichte , Kunst- und Kulturgeschichte ßu treiben , was alles ihr einst sehr ßustatten kommen würde . " Aber dann müßte der Tag ja sechsunddreißig Stunden haben statt vierundßwanßig , Tante Elisabeth " , meinte Tosia kleinlaut . Das alles leisten ßu können schien ihr Gans unmöglich . " Bei geschickter Tageseinteilung geht alles ! " sagte das Fräulein Doktor sehr entschieden . " Freilich mußt du die Morgenstunde nutzen . Wer bis in den Tag hinein schläft , der wird es ßu nichts bringen . Außerdem brauchst du ja nicht alles auf einmal ßu lernen . Die Ausbildung im Malen dauert Jahre . Auf diese ßeit verteilst du einfach die anderen Studien . In allen Einßelheiten legten sie ihren Bildungsgang miteinander fest . Und später , wenn sie älter und reifer geworden sei , hoffte Tosia , sich einem der Gebiete ßußuwenden , für die der Kongreß jetzt ihr Interesse erweckt habe . So schied sie denn von Berlin eigentlich als eine andere , als die sie noch vor vierßehn Tagen gewesen war . Mit einem fest vorgeßeichneten Lebensplan , ßu dem , wie sie ßuversichtlich glaubte , die Eltern ihre Einwilligung geben würden . ßumal die tatkräftige Tante Elisabeth ihr versprochen hatte , ihr in allem beißustehen . Denn mitunter würde sie dessen wohl recht sehr bedürfen . Sie trennten sich als Freundinnen , die sie ihr Leben hindurch einander blieben . Sot . Hochßeit und Hochßeitsgäste . Schnurstracks flog Tosia Adolf und " Tönchen " in die Arme , als sie in Hamburg aus dem ßuge stieg . Sie freute sich , wie man sich eben freut , wenn man in der Fremde nach langer ßeit ein Stückchen Heimat , die Gefährten seiner glücklichen Kindertage , wiederfindet . " Na , ihr wißt doch wenigstens noch , was ihr mir schuldig seid ! " lachte sie selig . " Wir würden es nicht gewagt haben , dich durch jemand anderen abholen ßu lassen " , neckte Adolf . " Das möchte ich euch auch nicht geraten haben ! Ich , die Stifterin und Begründerin , überhaupt die ganße Veranlassung deines Glückes ! " Nach rascher Fahrt kam man in der weißen Villa an der Alster an . War das ein Jubel , ein Freuen , ein Spektakel ! Rose-Marie und Tosia unßertrennlich , und Adolf , der Bräutigam , ein wenig eifersüchtig daßwischen . Und die Schwesternschar , die Tosia noch nicht kannte , und Tante Adolfine , die liebe , gute , als strahlende Schwiegermama , und Rolf . . .. ja , das Wiedersehen mit Rolf war doch sehr nett . Tosia freute sich , besonders natürlich für Rose-Marie , daß er noch nicht in Afrika war . Jeder ßug brachte neue Gäste . Man stand auf der glasgedeckten Freitreppe des Hauses und nahm sie in Empfang . Keinen Augenblick gab es des Fremdseins . Eva versuchte einen Augenblick ihre Junge-Frauen- und Pfarrerinnen- Würde herausßukehren . Doch gab sie das sofort wieder auf . Es vertrug sich auch so gar nicht mit ihrem sonstigen Wesen . Sie mußte umherschießen wie ein Ball , mußte ihre kleine Nase neugierig in alles und jedes stecken , mußte alles gesehen und genau untersucht haben . Nach wenigen Stunden schon war sie , ob sie wollten oder nicht , die Vertraute sämtlicher Schwestern Rose- Maries , kannte ihre kleinen Geheimnisse , ihr Hoffen und Wünschen , ihre Leiden und Freuden . Sie ließ sich von den beiden Jüngsten anschwärmen und wachte mit Argusaugen darüber , daß sie ihr nicht untreu wurden . " Eva , wie ist es nur möglich , daß du so unverändert bist , gerade du , die schon solche Würde trägt ! " staunte Tosia beim ßubettgehen . Denn das " noch ein letßtesmal ßusammen schlafen " wie im " Taubenschlag " in Schloß Frauenstein , das hatten sie sich als Allerherrlichstes von Rose-Maries Mutter erbeten . Eva kehrte , Gans wie früher , atemlos noch von späten Besuchen ßurück , die sie an den Betten von Rose-Maries Schwestern abgestattet hatte . Es war ßu wundervoll . Sie fühlte sich einfach in ihrem Element . " ßum Glück pustet hier keiner die Lampe aus ! " stellte sie mit Genugtuung fest . " Das war ja in Frauenstein immer höchst unangenehm ! Wißt ihr es noch , wie ich mich immer eilen mußte ? ! Tosia ßog ihr die Nadeln aus dem Haar . " Eilen mußt du dich heute auch ! Die arme Frau Har- Rosemie braucht unbeogauf des b sie nicht alles und von von Sie Hardarsen hat uns überhaupt nur unter der Bedingung ßu Rosemie gelassen . " Willst du Küken mir Vorschriften machen ? ! Vergiß nicht , wen du vor dir hast ! " sagte Eva mit gutgespielter Überlegenheit . " Ich bin eine verheiratete Frau ! Träumerisch sah Rose-Marie vor sich hin . " Ja , Eva , wer das gedacht hätte ! ! Wir beide , und so bald schon ! " " Die Männer haben eben erkannt , was für unvergleichliche Perlen sie in uns gewinnen ! " lachte sie und lief mit ihrem Gutenachtkuß von einer ßur anderen . " Aber nun sagt bloß , ihr habt mir doch Kalliope verheißen ! Wo steckt sie denn ? Sie fehlt hier Gans entschieden noch ßu meinem Glück ! " Und übermütig riß sie sich eine Locke in die Stirn , schlang mit pathetischer Gebärde eine Bettdecke gleich einer Toga um ihre Gestalt und schwang sich auf die Ecke einer Kommode . Tosia schrie vor Lachen . " Genau ! ! Nein , Gans genau ! ! Sieh nur , Rosemie , meint man nicht , sie leibhaftig vor sich ßu sehen ? Damals ? Und auch jetzt noch in Lubowo ! ? " " Aber wir wollen sie nicht verspotten , wenn sie kommt ! bat die kleine Braut . " Ich habe es Dolf auch schon eindringlich gesagt . Er findet nämlich auch , daß sie so unaussprechlich ßum Necken reißt ! " " Ja , das tut sie wahrhaftig ! Ich kann ihr Kommen kaum erwarten ! " frohlockte Eva . " Wann erscheint sie denn eigentlich ? " " Morgen ! Und nur auf drei Tage . So nahe vor dem Examen erhielten sie eigentlich keinen Urlaub , schrieb sie . Man befürchtet , es könnte sie ßu sehr ßers-treuen " , erßählte Rose-Marie . " Bon ! Das wird fein ! ßu gespannt bin ich ja auch , was sie am Polterabend losläßt ! Das wird gewiß ßum Krempeln ! Aber , Kindes , sagt bloß in aller Welt , sollen wir denn hier verhungern ? Mit großen , hungrigen Augen sah sie umher , Gans , Gans unverändert die Eva aus der Pension . Und Tosia und Rose-Marie lachten und stopften der ewig Hungrigen Praline in den Mund , und dann drehte Tosia das Licht aus und drang auf Ruhe . Wer hätte es früher gedacht , daß Tosia von diesem Dreiblatt noch einmal die Vernünftiaste sein würde ! ! Jede stellte im stillen ihre Betrachtungen darüber an . Und nach einer Weile posaunte Eva , Gans wie es früher ihre Art gewesen war , in das schläfrige Schweigen : " Großartig ! Tosia , der Musterknabe ! ! Geradeßu glorios war der Polterabend verlaufen . Aufführungen in Hülle und Fülle ßogen in bunter Reihe über die kleine Bühne . Da hatte jeder sich etwas ersonnen : einen Scherß , ein fröhliches oder ernstes Abschieds- und Geleitwort . Die Geschwister , die Freundinnen , die Kameraden des Bräutigams . Es war des Lachens und der Rührung kein Ende gewesen . Den Vogel hatte Karola von Bierßipfel abgeschossen . Ein Sturm von Heiterkeit folgte ihr , als sie , die Schleppe ihres griechischen Gewandes hinter sich herwallen lassend , das rosenumkränßte Haupt hoch erhoben , das Podium verließ , auf dem sie in tönenden Versen , an Beispielen aus der Antike vergleichend , das Glück des jungen Paares gepriesen . von sein Gans frige und 1 kein ßwar war diese Art des Beifalls nicht Gans das , was sie sich gewünscht . Gar ßuviel Übermut mischte sich hinein . Allein , die meisten Menschen waren ja doch nun einmal " Banausen " , den hohen oder tiefen Sinn ihres Geistesfluges vermochte ein gewöhnlicher Sterblicher wohl nicht so ohne weiteres ßu fassen . So fühlte sie sich denn immerhin von dem Erfolg ihres Auftretens befriedigt und tat dies den Freundinnen , genau wie es Eva am Abend vorher prophetisch vorausgeßeigt , von der Kommodenecke aus mit klingenden Worten kund . " Eure Aufführung war ja auch Gans nett " , geruhte sie schließlich herablassend anßuerkennen . " Am Ende kann man von euch Dilettanten nicht mehr verlangen ! " Mit beschwörenden Blicken bannte Rose-Marie die Entrüstungsausbrüche von Eva und Tosia . Nein , sie sahen es ein . Heute durfte es nicht ßum Streit kommen . " Rosemie soll uns noch etwas über morgen verraten " , meinte Tosia freundlich ablenkend . " Weiß ich schon alles ! Längst ! ! " blubberte Eva los . " Ich kriege einen richtiggehenden Würdenträger , einen alten Senator , Großpapa ist er , glaube ich . . . Um Erbarmen heischend drehte sie die Augen ßum Himmel - " Nein , Eva , deine Phantasie spielt dir Mal wieder einen Streich ! " lächelte Rose-Marie . " Senator S-tevensen ist allerdings verheiratet , aber gar nicht alt und sehr nett und lustig . Ihr werdet sicher gut ßusammen passen . " Sie nahm aus der Nachttischschublade ein Neues Testament und legte andächtig ein paar Veilchen ßwischen seine Blätter , die ihr der Verlobte heute im Garten gepflückt hatte . " Um so besser ! " versetzte die junge Frau befriedigt . " Daßu kommt man ja auch schließlich nicht ßu einer Hochßeit angereist , um sich ßu mopsen ! . .. Na , ich habe mich Tosia gegenüber setzen lassen , da amüsiere ich mich auf jeden Fall . Ich kann sie da fein beobachten . " Ich möchte wohl wissen , was es an mir ßu beobachten gibt ! " sagte Tosia abweisend . " Du sitzt doch neben Rolf Hardarsen . . . ihr seht , ich weiß alles ! ßwischen Rolf und einem Maler aus München ! ! . .. " triumphierend ob ihrer Wissenschaft sah sie um sich . . . " na , und mit Rose-Maries Bruder - - ich erinnere mich doch - - - Nun sprang Karola in unschönem Satz von ihrer Kommodenecke herab . Die Graßien hatten doch nun einmal nicht an ihrer Wiege gestanden . Mit weit ausholender , tragischer Geste legte sie die Hand auf Evas Schulter . " Stelle ' dir vor . . . sie will ihn nicht ! !! " Hört Mal , nun verbitte ich mir das aber ! ! " rief Tosia aufgebracht . " Sie will . .. Schaufensterdekorateurin oder irgend so was Unglaubliches werden ! ! " fuhr die Dichterin unbeirrt fort . " Nie mehr erßähle ich euch was von mir , nie ! Bis an mein Lebensende nicht ! ! " verschwor Tosia sich wutentbrannt . " Das finde ich kommun von euch , daß ihr_es nur wißt ! Und eine Taktlosigkeit sondergleichen , vor Rose-Marie und mir so etwas ßu verhandeln ! Und überhaupt . . . Gans atemlos war sie vor Entrüstung . " Ja , aber Tosia - - " Eva fand vor Staunen keine passenden Worte . "- - - in der Pension liebtest du doch Rose-Maries schönen Bruder ? !?! " Von Liebe war überhaupt keine Rede ! Was wußten wir denn wohl damals von Liebe , wir dummen igt . sia ich sah Gören ! Und jetzt laßt mich ßufrieden . Ich will einen Beruf ergreifen , und das denke ich mir wundervoll ! Im übrigen ist eure Aufregung recht überflüssig . Er will mich gar nicht ! Er denkt nicht im entferntesten an mich . . . Sie knipste an dem elektrischen Licht . . . eins .... ßwei. . . und dunkel war_es . " Das ist toll ! Das ist unerhört ! ! " Eva und Karola stolperten übereinander hinweg . " Solch ein bodenloser Egoismus ! " schalt Karola . " Von meinem Tischherrn spricht natürlich kein Mensch ! ! Ob ich mich amüsiere , das ist euch höchst gleichgültig ! " Gitt , Karola , wie kannst du mich für so eklig halten ! Natürlich haben wir für meine Schwestern und Freundinnen doch die nettesten Herren herausgesucht ! " beschwichtigte Rose-Marie . " Na , und ob ! " sagte Eva und riß das Fenster auf , ßu dem der Mond voll und rund hereinlachte . " Du bekommst einen weißrockigen , silberbehelmten Kürassier . Ein unmelodischer Jauchßer scholl durch das dunkle ßimmer , bebende Hände tasteten an der Wand entlang . . . dann flammte das Licht auf . Verklärten Angesichts stand Karola inmitten des ßimmers , die Arme ekstatisch gen Himmel gereckt - was ihr ohnehin schon viel ßu kurßes Nachtkleid noch kürßer machte - , und ihr Mund quoll über in seligem Gestammel : " Einen Kriegsgott . . . Mars . . . ! Einen silbernen Panßer um die tapfere Brust . . . Lohengrin ! .. . Lohengrin . .. ! Den geflügelten Helm auf wallendem Blondhaar . . . " O Himmel , nein ! Ich habe ihn ja gesehen . .. er hat ne Glatße ! " sagte Tosia trocken . Da warf die Dichterin einen Blick voll schmerßlicher Verachtung über die drei , die sich des Lachens nicht ßu erwehren vermochten , und wandte ihnen den Rücken . Dann aber , sich eines anderen besinnend , sprach sie sanftmütig : " Ich will es euch seihen ! Man kann schließlich nicht mehr von euch verlangen . Gute Nacht ! " Sie gab Rose-Marie einen Kuß , nickte herablassend im Kreise und entschwand . " Lacht nicht , " bat Rose-Marie inständig , einen Heiterkeitsausbruch der ßurückbleibenden voraussehend , " sie soll nicht denken , wir spotteten hinter ihrem Rücken über sie ! Karola ist mein Gast , und das Gast- 14 recht ist heilig ! Ein wenig beschämt kroch Eva unter ihre Decke . Und bald schlief sie ein , einen Gutenachtgruß an ihren " Schorschel " auf den Lippen . Auch Tosia und Rose-Marie trennten sich unter ßärtlichen Küssen . Ein anstrengender Tag lag vor der jungen Braut . Die standesamtliche Trauung , Kirche , Festmahl und Abreise . Fast fürchtete sie sich etwas vor den Strapaßen . Sie mußte im Schlummer Kräfte sammeln und vermochte doch nicht sobald einßuschlafen . Ihr verflossenes Leben ßog an ihr vorüber . Wie hatte sich alles so wunderbar gefügt ! Sie , die nicht für Berufsarbeit geschaffen war . .. nun bekam sie ihr Blumengärtlein , wie es Tante Adolfine , die ihr nun ein so liebes Mütterlein wurde , vorausgesagt . Und alles hatte sie ihrer Tosia ßu verdanken . Ach , diese liebe , liebe Tosia ! Warum sie nur Rolf nicht mehr so gern mochte ? Der Drang , einen Beruf ßu ergreifen , steckte unüberwindlich in ihr . Mit vollen Segeln steuerte sie hinaus ins Leben der Arbeit und der Tat . Vielleicht besann sie sich später eines anderen . Oder der Münchner Vetter vielleicht , der Maler . .. die Pflaumensteine hatten ßweimal Tosia einen Künstler propheßeit . . . und heute , am Polterabend , waren sie sie istsie die sie schon sehr bekannt miteinander geworden . Aber auch mit Rolf war Tosia so nett . . . sie sollte morgen ßwischen beiden Sitzen . . . und morgen würde sie selbst Frau Leutnant Hohndorf sein . . . wie lieb sie ihren Dolf hatte . . . und das Blumengärtlein , so sonnig . . . Ein seliges Lächeln lag auf den Lippen der jungen Braut . Leise Atemßüge durchwehten das Gemach , durch das der Mond mit silbernen Strahlen bräutliche Schleier spann . Nachschrift . Ihrer Hochwohlgeboren Frau Rose-Marie Hohndorf gebe . Hardarsen Liebste Rose-Marie ! ßurßt . San Remo Hotel Bella Vista . Noch Sitzen wir fröhlich beisammen und haben einander so lieb ! Ja , kreußfidel sind wir ! Denn Dir brauchen wir ja ßum Glück nicht nachßutrauern , Du bist glücklich ! Nicht , es ist famos , verheiratet ßu sein ? Wenn Dein Dolf so himmlisch gut ist , wie mein Schorschel , dann kannst Du Dir gratulieren ! Schade , daß er nicht gestern dabei sein konnte ! Wir haben uns alle herrlich amüsiert . Das Essen schmeckte großartig . Es kostete mich Mühe , mir nicht den Magen ßu verderben . wir so Du ssen Aus dem fidelen Senator habe ich sämtliche Geheimnisse herausgelockt ! Leider waren es nicht allßu viele . Und bei meinem Tosia-Visavis bin ich auch nicht auf meine Kosten gekommen ! Sie war Gans gleich freundlich gegen Deinen Bruder wie gegen den Kunstjünger . . . Kalliope drängt ßum Aufhören . Ich soll sie und einen Marinierten ( mit dem Lohengrin scheint es nicht so toll gewesen ßu sein ! ) chaperonieren ! !! Siehst Du , ßu solchen Ehren gelangt man , wenn man verheiratet ist ! Genieße die schöne ßeit Deiner Hochßeitsreise mit allen Kräften und bringe mir doch einen Kasten kandierte Früchte mit . Man bekommt sie in der ganßen Welt nicht so himmlisch wie an der Riviera . Stets Deine treue Freundin Meine teure Rose-Marie ! Eva Heller. geb. v. Fressen . Nun sind sie verrauscht , die Hochßeitsklänge . Trauernd scharen wir ßurückgebliebenen uns um die verödeten Tafeln. D. h. das ist natürlich nur bildlich gesprochen . Vorläufig wimmelt das Haus noch von ßum Teil recht überflüssigen Gästen . An Deine Hochßeit werde ich Trotz allem gern ßurückdenken . Es war ja ein Opfer von mir , daß ich kam . Aber ich begreife , daß Du mich an diesem Tage nicht entbehren mochtest ! Mit dem Kürassier , das war allerdings ein Mißgriff von Deiner Seite , aber ich trage es Dir nicht nach . Du konntest ja nicht wissen , daß in der Lohengrinhülle ein vollständiger Banause steckte ! Ich habe nun erkannt , daß die Marine die einßige Waffe ist , die nicht verroht und noch für die edlen Künste ßeit und Interesse übrig läßt . Dieser Vetter Deines Gemahls will mich noch in Hamburg herumführen . ßwar sträubte er sich etwas , wahrscheinlich weil er es für seine Pflicht hielt , bei Deinen leider ßiemlich kindischen Schwestern ßu bleiben . Aber man muß die Menschen ßu ihrem Glücke ßwingen . Das habe ich getan . Wenn ich erst die Examenschinderei hinter mir habe , werde ich einen großen Roman schreiben . Wahrscheinlich wirst Du auch die Ehre haben , darin ßu figurieren . Schade , daß Ihr nicht nach Gans richtig Italien gereist seid ! In das Land des göttlichen Dante ! Das hättest Du eigentlich mit Rücksicht auf mich so arrangieren können ! Na , ich ßürne Dir deshalb nicht . Eigentlich könntest Du mir Seide ßu einem Kleid mitbringen . Du hast ja auf Gottes Welt nichts ßu tun , und dieses edle Gespinst soll lächerlich billig dort sein . Aber leuchtend rot , bitte , wabernde Lohe ! Gluten , die gen Himmel schlagen ! Nur so könntest Du wirklich erfreuen Deine Karola von Bierßipfel . P§ . Gegen welchen Namen werde ich wohl Mal meinen schönen Geburtsnamen eintauschen müssen ? ! Aber was tut man nicht alles , um andere glücklich ßu machen ? !? Meine einßige Rosemie , mein trautestes Lämmerschwänßchen ! ( so darf ich Dich doch hoffentlich noch Trotz Deiner neuen Frauenwürde nennen ? ! ) Bevor hier alles auseinander fliegt , soll doch noch ein gemeinsamer Gruß nach dem sonnigen Süden an Dich abgesandt werden ! An Euch ! Denn ich wende mich auch an Adolf , der mir ßum lieben Bruder durch die Verbindung mit Dir geworden ist , während Du mir als Kusine keinen Deut näher stehen kannst , als Du es nun seit ßwei Jahren tust . Rosemie , Deine Hochßeit war wundervoll . Ich glaube , Ihr wißt es gar nicht , wie schön sie war ! Wie blau der Himmel , wie sonnig die Welt ! Und auch ein paar Regentropfen fielen Gans vorschriftsmäßig in den Brautkranß , was ßum wahren Glücke unbedingt erforderlich sein soll ! Und so süß sahst Du aus in dem wallenden Schleier , wie ein richtiger Engel , und Adolf in seiner Gala mit den Generalsstreifen überwältigte mich fast ! Wißt Ihr , was ich glaube ? Nein , es ist ßu komisch und ßu niedlich ! Daß " Tönchen " darauf brennt , es seinem Intimus nachßumachen . Eure kleine Alice hat es ihm entschieden angetan . Sie müssen ja beide erst ein paar Jahre älter werden , aber dann vielleicht - - wer weiß - ? - - - Das ßusammensein mit Eva und Karola war ßu nett . Und beide so lächerlich unverändert , daß ich mich immer frage , ob ich denn auch so Gans und gar die Alte geblieben bin ? Ich hoffe , ich darf diese Frage verneinen . Denn es wäre schlimm , wenn die Jahre voll Mühen und Arbeit an meinem Ich vergeblich gewesen wären ! Ich werde übrigens Mal schnell Tante Adolfine fragen , die muß es wissen . .. Später . Hurra ! Sie sagt , ich wäre ein Prachtexemplar ! ( Natürlich , denn sie wird doch ihre eigene Erßiehungsmethode nicht schlecht machen ! ! ) Außerdem sagt sie aber noch , ich sollte auf meinen Lorbeeren nicht einschlafen , ich müßte mir noch viel mehr verdienen . Na , ich werde Euch fleißig in Krotoschewo und Lubowo besuchen , da könnt Ihr alle dabei helfen . Oder wie wäre es , wenn Adolf sich an den Rhein versetzen ließe . .. ? Kinder , dieser Gedanke ! ! Kalt und heiß wird mir vor Seligkeit dabei ! Und das Klima dort würde Rosemie auch viel besser sein als der rauhe Osten . Wer weiß , was bis dahin alles aus mir geworden ist ! ! . . . Ist es nicht herrlich , Pläne ßu schmieden ? Bleibt gut und bringt Eure unveränderte Liebe wieder mit heim Eurer Tu til .