Alrunens Warnung an Deutschland Mein Deutschland! mercke wohl/ was ich dir mit Verdruß/ (Doch hats der Himmel so verhangen) melden muß? Dein Herman hat zwar izt der Römer stoltze Pracht Durch wohlerfochtnen Sieg zu unsern Füssen bracht/ Die Wölffin ist erlegt durch deinen kühnen Arm/ Der Affter-Gott August frist sich in Leyd und Harm/ Der frey-gemachte Rhein hebt nun sein Haubt empor/ Die Weser dringet sich der frechen Tyber vor: Ach aber! daß dein Glück auch möchte feste stehn/ Und nicht manch rauher Sturm auff deine Scheitel gehn! Dein Unfall spinnet sich aus deiner eignen Brust. Daß du durch Einigkeit gesiegt/ ist dir bewust. Die Zwietracht wetzet schon auff dich ihr gifftigs Schwerdt/ Und läst nicht eher ab biß dirs ins Hertze fährt. Man neidet Hermans Mutt/ verkleinert seinen Ruhm/ Gibt für/ er achte dich sein dienstbars Eigenthum: Es will jedweder Fürst bey dir ein König seyn/ Und fragt nicht/ ob dazu die Mittel treffen ein; Drauff folget Neyd und Haß/ samt Zwietracht/ Mord und List Biß du der Tummelplatz auch fremder Waffen bist. Zwar wirst du auff einmahl zu Bodem nicht gelegt/ Weil sich dein Mutt noch offt in gröster Ohnmacht regt. Es schleust dir Welschland nie so strenge Fässel an/ Daß sie nicht manchmahl noch dein Arm zubrechen kan/ Du dringest Käyser aus/ und setzest Käyser ein/ Doch must du fremder Macht Gehülff und Werckzeug seyn. Die Beute/ die du hast erfochten/ ziehet Rom/ Die Wölffin nährt dein Blutt/ dein Schweiß den Tiberstrom/ Sie führt dich durch die Welt in Kriegen hin und her/ Macht dich an Ruhme reich/ an Volck und Tugend leer. Ihr falsch-vermummter Sinn/ die Lüste fremder Welt/ Die uns noch unbekant und manches Reich gefällt/ Sind deiner Dienste Sold/ den man als eine Pest Dein junges Volck mit sich zu Hause nehmen läst. Indessen finden sich entlegne Völcker zu/ Die schmälern deine Gräntz und stören deine Ruh/ Die Mannschafft ist zerstreut/ die Mannheit ist zu weich/ Die Einigkeit zutrennt: so fällt das deutsche Reich! Ein Theil von deinem Volck erwehlt der Gallen Land/ Läst deutschen Mund und Sinn/ ein Theil sucht seinen Stand/ Mit fremder Art vermischt/ in Welschlands weicher Schoß/ Giebt seinem Feinde Rom zulezt den härtsten Stoß/ Der Uberrest bleibt hier/ prüfft mancherley Gefahr; Mit kurtzem: Deutschland wird nicht wieder was es war/ Biß sich ein Grosser Carl zur Francken Krone schwingt/ Und den zertheilten Leib zusammen wieder bringt. Der göldne Käyser-Stuhl bleibt dir von solcher Zeit: Wo aber bleiben Fried? und Macht? und Einigkeit? Dein eigen Eingeweyd ist deine liebste Kost: Offt bistu allzufaul/ die Waffen frist der Rost/ Wenn Fremde sie/ auff dich zu schmeissen/ ziehen aus/ Offt bistu allzu gach und stürmst dein eigen Hauß. Man streitet nicht um Ehr und Freyheit/ wie vorhin/ Der Deutsche dienet Freund und Fremden um Gewinn/ Die Nachbarn äffen dich/ dein Einfalt wird verlacht/ Dein treu- und redlich seyn giebt leider! gutte Nacht/ Dein junges Volck ersäufft in Pfützen geiler Lust/ Bedeckt an Eisen statt mit Golde seine Brust/ Will sonder Ungemach vollführen Krieg und Streit: Diß ist der rechte Weg zu schwerer Dienstbarkeit. Alrune hat mir diß/ als künfftig/ offenbahrt/ Und ich/ auff ihr Geheiß/ in diesem Stamm verwahrt. Ach/ daß wenn diese Schrifft wird kommen an den Tag/ Sie für manch deutsches Hertz ein Wecker werden mag! Wacht/ Helden-Kinder/ auff/ scheut Müh und Arbeit nicht; Bedörnert ist der Weg/ auff dem man Rosen bricht. Was nüzt euch/ wenn ihr faul/ der Ahnen lange Zahl? Sie haben ihren Ruhm geprägt in harten Stahl/ Drum daurt er heute noch; wolt ihr euch schreiben ein In Sand und Mos/ so wird eur bald vergessen seyn. Was ist es/ daß ihr dann mit vielem Schmucke prahlt? Sie haben ihren Schild mit eigner Faust gemahlt. Das unverzagte Roth/ das unbefleckte Weiß/ Das tren beständge Schwartz behielt den besten Preiß. Folgt ihren Tritten nach/ verlangt ihr ihren Ruhm/ Sonst ist kein deutsches Blutt eur wahres Eigenthum!