Einsamkeit Was ist wahre Einsamkeit? Sind wir einsam, wenn das Leben Rings von Stille ist umgeben? Wenn die rege Fantasie Uns in schaffender Magie Neu beseelt mit süssem Streben Bilder der Vergangenheit? – Ist das wahre Einsamkeit? Oder wenn in stillen Gründen, In des Waldes heil'ger Nacht, Sonnenglanz in reiner Pracht Durch die leis' bewegten Wipfel, Durch die glanzumsäumten Gipfel Nur verstohlen blickend, lacht, Und in den verworrnen Zweigen Selbst die kleinen Sänger schweigen? Oder wenn in dunklen Mauern, In des Kerkers engen Raum, Der Gefangene sich kaum Darf in seinen Ketten regen, Wenn sein Herz mit raschen Schlägen Nährt der Hoffnung Göttertraum, Und getheilt in Freud' und Trauern, Ahndungen ihn tief durchschauern? – Nein, nur das ist Einsamkeit, Wenn sich Wesen um uns drangen, Denen nicht in zarten Klängen Sich vernehmbar macht das Herz, Oft voll Wonne, oft voll Schmerz – Die uns das Gemüth verengen Durch der Langeweile Leid – – Das ist wahre Einsamkeit!