Klage eines verliebten mädgens. 1. Niemand hat so schöne sitten Als der edle Lucius / Niemand geht mit engern tritten Und setzt netter seinen fuß / Daß ihn auch ein iedes kind Auff der gassen lieb gewinnt. 2. Doch was hilfft das leere brennen / Und der liebe gauckelspiel / Wenn er keine neigung kennen Und sie nicht erwiedern will? Wenn er diese / so ihn liebt / Dem verzweifeln übergibt? 3. Ach ihr götter dieser erden / Denen meine brunst bekandt / Wenn soll ich erlöset werden Von dem heißen liebes-brand? Soll ich unter solcher pein Ewig unerquicket seyn? 4. Ändert doch die harten sinnen / Die er von mir abgelenckt / Daß er mich muß lieb gewinnen / Weil ich ihm mein hertz geschenckt. Brechet seinen harten schluß / Daß er mich doch lieben muß. 5. Lasset doch die treuen blicke Und des angesichtes schein / Den ich täglich auf ihn schicke / Nicht so gar vergebens seyn / Sonst erstickt der rauhe schmertz Endlich das verschmähtehertz. 6. Ach ihr götter hört mein flehen / Sehet meinen jammer an / Lasset doch den wundsch geschehen / Daß ich ihn umbfangen kan! Denn ich muß und will allein Nur von ihm geküsset seyn.