Zweites Buch Die Psyche betrachtet den blutigen Schweiß Christi im Garten 1 O du allerliebster Gott, Was wird mit dir werden? Daß du liegst voll Angst und Not Bebend auf der Erden, Daß dein rosenfarbnes Blut Durch dein Antlitz dringet Und ein Engel Trost und Mut Dir, dem Tröster, bringet? 2 Ach, du siehst die große Pein Und das bittre Leiden, Welches dir wird Mark und Bein, Leib und Seel durchschneiden. Siehst, daß aller Menschen Schuld Und, was ich verbrochen, Ernstlich und ohn einge Huld Wird an dir gerochen. 3 Ach, wie sollte nicht dein Herz Zittern, beben, zagen, Weil es schon des Todes Schmerz Fühlt und all die Plagen! Weil auf dich alleine fällt Alle Last der Sünden, Mußt du freilich, Heil der Welt, Große Pein empfinden! 4 Ach mein Heiland, könnt ich doch Mindern solches Leiden Und von diesem schweren Joch Eine Bürd abschneiden! Könnt ich doch, o Gotteslamm, Dir was helfen tragen Und für dich, mein Bräutigam, Zittern, stehn und zagen. 5 Denn du bist in diesen Tod Meinetwegen kommen, Hast aus Liebe meine Not Ganz auf dich genommen. Du ergibst dich willig drein, Gottes Vaterwillen Auch in unerhörter Pein Gänzlich zu erfüllen. 6 Ei, so hilf denn, ewger Freund, Meiner armen Seele, Wenn sie vor dem Tod und Feind Bebt samt ihrer Höhle. Laß mir deinen teuren Schweiß Wohl zustatten kommen, Wenn ich von dem Erdenkreis Werde weggenommen.