135. Gegen-Satz. 1. Ach! triumphier nicht vor dem Siege/ O Seel/ wo wiltu fliehen hin/ Da dein geblendter Eigen-Sinn Vor Feinden frey und sicher liege. Suchstu noch Ruh in äussern Dingen? Ach! glaube mir/ du findst sie nicht. Wirstu nicht nach dem innern ringen/ So ists mit dem nicht außgericht. 2. Laß dein Verlangen weißlich hangen An jener wahren Einsamkeit/ Die dich erst von dir selbst befreyt/ Wenn du bist auß dir selbst gegangen. Die Selbst-Lieb muß dich gantz verlassen/ Die Dauben-Flügel müssen dich In Krafft des Geistes starck erfassen/ Mit Gott verbinden festiglich. 3. Drum bleib nur im Gehorsam stehen; Kein Kriegs-Mann weicht von seiner Post/ Obs auch schon Blut und Leben kost! Wenn ihn sein Herr dahin heißt gehen. Der Glaube weiß nicht von eignem Willen/ Er sieht ihm selbst den Weg nicht auß/ Dadurch er Gottes Will erfüllen/ Und auß dem Streit will kommen rauß. 4. Du bist dir selbst die gröste Plage/ Du trägst noch Babel stäts in dir. Wiltu noch Ruh geniessen hier/ So laß dir keine süsse Tage Durch süsse Träume hier vorlegen/ Du machst dich nur mehr mißvergnügt; Die Liebe Jesu wird dich hegen/ Die alles Wissen überwiegt. 5. Nun freue dich auff jene Kammer des Friedens/ da du wohnen wirst/ Wenn dich nicht mehr nach Ruhe dürst/ Und bist befreyt von allem Jammer/ Den hier noch Städt und Wüsten haben/ Und wo du nur wilt fliehen hin. Die Einsamkeit kan dich nicht laben/ Wenn mit dir zieht dein eigen Sinn. 6. Du kanst auch mitten im Getümmel Der Welt den Vatter beten an/ Der dich doch bald erlösen kan/ Wenn dir schon nützte jener Himmel/ Und dich Egypten nicht soll üben/ Daß deiner Treiber schweres Joch Dich lernte recht den Himmel lieben/ Und dein Verlangen stillte noch. 7. Da ist ein Canaan zu hoffen/ Kein Paradieß ist mehr allhier. Es hat noch niemand/ der mit dir Entfliehen will/ den Zweck getroffen. Die Hoffnung mehrt sich mit den Dingen/ Die süß und doch unsichtbar sind/ Es muß uns doch zuletzt gelingen: Bleib nur in Einfalt Gottes Kind.