Omphale Zwei Augen wie Kohlen so glühend und groß Durch's Zimmer, das dunkele, irren; Man hört nur ein seltsam eintönig Geräusch, Ein Schnurren und Rollen und Schwirren. Bisweilen ein Stöhnen so tief und schwer, Dann wieder das ew'ge Geschnurre; Bisweilen auch ist es, als kläng' im Gemach Eines riesigen Hundes Geknurre ... Da nahet die Sclavin im bunten Gewand, Zu erleuchten das üppige Dunkel: Und es strömet die Ampel vom Deckengebälk Hernieder ein duftend Gefunkel. Nicht achtet die Alte des Hünen, der dort Versenkt ist in grübelndes Sinnen, Dess' eherner Fuß nur beweget das Rad, Um schmählich erniedert zu spinnen. Wohl hängt ihm ein weibisches Frauengewand Nachlässig und schleppend hernieder, Doch jegliches Regen des Leibes enthüllt Die Formen der ehernen Glieder. Doch ha, nun schwebet sie selber herein, Die lydische Amazone, Goldspangen auf nacktem und rosigem Arm, Auf bräunlichen Locken die Krone. Ein höhnisches Lächeln umspielet den Mund, Schier lechzend die Augen erstrahlen, Als könnten sie nimmer gesättigt beschau'n Des Helden unendliche Qualen. Sie lagert sich nieder aus schwellendem Pfühl Und blicket herab zu dem Recken; »Nun komm, mein Hündchen, nun darfst du die Hand Der Herrin gehorsam belecken!« Und das Hündchen erhebt sich und schmieget sich hin Zu den Füßen des üppigen Weibes, Und küßt ihr die Hand und ein Beben durchzieht Die Glieder des üppigen Leibes. Und sie wirft sich ein Fell um den blendenden Hals, Um die Brust, um die Schulter, die nackten, Das Fell des nemeïschen Löwen, den einst Zwei Hände zerdrückten und packten. Dann greift nach der Keule die zierliche Hand, Und Omphale fragt ihn mit Höhnen: »Ei, Herakles, sag', die Gewaltigsten sind Und die Sieger doch immer die Schönen?« »Ach, Omphale, ja, die Gewaltigsten sind Und die Sieger wohl immer die Schönen, Doch stärker bedünkt mich die Göttin zu sein, Die uns lehret das träge Gewöhnen! « »O schweig, mein Trauter, und küß mir den Mund, Du wolltest ja sein mein Sclave, Ruh' aus bei mir von dem weibischen Dienst Und freue dich wieder der Strafe!« Es duften die lydischen Myrthen so heiß, So heiß auch die lydischen Rosen, Und es läß't sich, von Neuem gefangen in's Joch, Vom Weibe der Wackere kosen ... Und herzlos ist doch die Schöne zumal Und spielet doch nur mit dem Lieben, Kalt lächelnd, als Herakles einst ihr gestand: »Mich hat nur die Liebe getrieben!« »Aus Liebe nur hab ich an dich mich verkauft, Aus Liebe zum Sclaven verdungen« – Zu straff nicht, Herrin, ziehe das Band, Gar leicht ist die Kette gesprungen ... Schlaftrunken und nimmer erfrischt vom Schlaf Erwacht der Held in der Frühe; Wach steht schon vor ihm das reizende Weib Und spricht, doch sie lächelt mit Mühe: »Ergreife die Keule, das Löwengewand, Ich schenke dir einen der Tage, Und befreie das Land von dem Räuber im Wald, Schon ward er dem Lande zur Plage!« Und blitzschnell springt vom Lager der Held, Er fühlt in den Gliedern ein Schwellen: Es ist ihm, als säh' er zu sonnigstem Glanz Die dunkele Nacht sich erhellen. Umhängt sie ihm selber das glänzende Fell, Es däucht ihm wie kosendes Streicheln; Sie giebt ihm die Keule – so fest er sie drückt, Als wollt' er sie kosend umschmeicheln. Wie leicht doch die schmähliche Kette zerbrach! Er sieht nur im Geist den Gesellen; Er gedenkt ihn am Saume des schattigen Wald's Gleichwie eine Tanne zu fällen. Kaum achtet er weiter des Weibes Geschwätz, Kaum fühlt er die Wonne des letzten Der Küsse – der Küsse, die einst ihm das Blut In siedende Wogen versetzten! Er wandelt dahin und es ist ihm, was war, Wie Nacht und wie Nebel versunken; Er wandelt im sonnigen Lichte dahin, Vom Lichte, dem sonnigen, trunken. Da tönt es von fernher an sein Ohr Mit rauhem und heiserem Schalle: »Komm, zappelndes Mäuschen, dich hab' ich geseh'n, Und nimmer entrinnst du der Falle!« »Ei, seht nur die Keule, das Löwengewand, Welch' prahlendes, nichtiges Gleißen! Sag' an, mein zitterndes Mäuschen, wie mag Der Held, der dich zeugte, heißen?« »Es wohnt mein Vater im himmlischen Saal; Die Irdische, die mich geboren, Sie nannte mich Herakles ... Wer sich genannt Mein Feind, stets war er verloren.« »O, bist du der Kühne, von welchem im Land Umgeh'n seltsamliche Mären? Und du ein Sprosse der Götter? Der läßt Vom Weibe das Spinnen sich lehren? Wer Weibern gedienet, den fürchtet' ich nie! Komm her denn gewaltige Memme, Damit ich den Nacken, damit ich das Haupt Dir zwischen den Beinen zerklemme.« Da reckt sich der Held und es flattert das Fell, Und in eherner Faust schier blitzet Die Keule: sie saust auf das feindliche Haupt: Und das Hirn an den Bäumen verspritzet ... Es kehrt der Held zu dem Weibe zurück Mit dem blutigen Haupt in den Händen Und wirft es der Königin jäh in den Schooß – Kein Wörtchen die Lippen verschwenden. Voll Schaudern und Ahnung blickt ihm das Weib In's Antlitz, das ernste, das hohe, Es däucht sie, als ob es sein lockiges Haupt Umspiele wie flammende Lohe. Sie senkt erzitternd zur Erde den Blick, Verwirrt, wie ein Täubchen verschüchtert ... »O Weib, dein Becher der Lust ist geleert, Blut, Blut hat den Helden ernüchtert! Mein Dienst ist beendet, verflogen der Rausch, Leb' wohl!« – Und der Sohn der Alkmene, Er wendet den Rücken, verläßt das Gemach Und nicht mehr sieht er die Thräne. Die Thräne der Liebe, des Stolzes, der Wuth Im Auge der furchtbar Schönen ... »Verlassen von ihm! « – An den Wänden des Saal's Die Klagen des Weibes vertönen. »Verlassen von ihm!« – »Und ich wußt' es voraus, Doch sagt er nicht selber, die Schönen Sind stark und gewaltig, doch stärker noch sei Und gewalt'ger das träge Gewöhnen?« – Fern wandelt der Held und es ist ihm, was war, Wie Nacht und wie Nebel versunken; Er wandelt dahin, wie ein Lichtgott hin, Vom Lichte, dem göttlichen trunken.