Abendlied 1818. Der Tag ist nun vergangen, Und dunkel schläft die Welt, Die hellen Sterne prangen Am blauen Himmelszelt; Nur in den grünen Zweigen Singt noch die Nachtigall, Im weiten, tiefen Schweigen Der einz'ge Lebensschall. Ich aber, Vater, stehe In meiner Hüttentür Und schau' hinauf zur Höhe Und schau' hinauf zu dir; Wie gerne möcht' ich klingen Als helle Nachtigall, Dir Preis und Dank zu bringen Mit tiefem Schmerzenschall. Ja, mit dem Schall der Schmerzen: Denn geht die Nacht herauf, So springt in meinem Herzen Ein Quell der Tränen auf, Der Tränen und der Klagen – Du, Vater, weißt es best, Was singen nicht und sagen, Was sich nicht sprechen läßt. Du kennest meinen Kummer, Der auf gen Himmel blickt, Wann für den süßen Schlummer Die ganze Welt sich schickt, Womit so schwer beladen Mein Herz nach oben schaut, Nach deinem Born der Gnaden, Der Labsal niedertaut. Ja, deine süße Liebe, Die tröstet mir den Schmerz, Ja, deine süße Liebe, Die stillet mir das Herz, Die löst in heißen Tränen Das Eis des Busens auf Und stellet Sinn und Sehnen Zum hohen Sternenlauf. O laß mich ewig schauen Im stillen Kindersinn Zu jenen güldnen Auen, Woher ich kommen bin! O richte Herz und Sinne, Mein Vater, für und für Zu deiner süßen Minne, Zum Himmel hin, zu dir. So mag ich froh mich legen Nun mit der Welt zur Ruh', Mein Amen und mein Segen, Mein Wächter, das bist du; So mag in deinem Frieden Ich fröhlich schlafen ein, Dort oben und hienieden Im Schlaf und Wachen dein.