Das Lied vom Stein 1814. Wo zu des Rheines heil'gen Wogen Die Lahn in bunten Ufern rauscht, Da ist ein Adler aufgeflogen, Der früh dem Sphärenklang gelauscht, Der frühe in des Lichtes Wonne Die junge Seele eingetaucht, Den früh der goldne Reiz der Sonne Mit stolzer Sehnsucht angehaucht. Da saß er in dem Felsenneste, Das seine Väter einst gebaut, Da klang ihm auf der hohen Feste Der grauen Vorzeit Wunderlaut: Hei! Wie dem Jüngling von dem Klingen Die Brust erschwoll im süßen Wahn! Hei! Wie er oft geregt die Schwingen, Als mäß' er schon die Sonnenbahn! Drauf in das Leben ausgeflogen Wie find't er alles anders gar! Verfinstert hat den Himmelsbogen Ein wüster Schwarm dem Sonnenaar, Die Krähen und die Dohlen haben Verhüllt des Lichtes goldnen Schein, Und Eulen wollen gar und Raben Herolde und Propheten sein. Doch mitten in den Truggestalten Schirmt ihn des Herzens fromme Scheu, Er bleibt den himmlischen Gewalten Des Jugendwahnes redlich treu, Er winkt hinauf zur höchsten Ferne, Hinab zum tiefsten Geisterort Und spricht: »Die Götter und die Sterne Sie halten ewig fest ihr Wort. Ist gleich der Sonnenpfad der Väter Vom schwarzen Pöbelschwarm verhüllt, So brennt mir doch vom lichten Äther In tiefster Brust ein Flammenbild; Laß ewige Nacht das All bedecken, Den Himmel tun den Höllenfall, Die Seele zittert keinen Schrecken, Sie trägt das All, sie ist das All.« Heil dir, du Sohn vom Felsenneste! Heil dir, du mutig Sonnenkind! Der hohe Walter ob der Feste, Er hat gesandt den Sausewind: Die schwachen Flügel sind zerbrochen, Dem Adler sind die Lüfte rein, Das Nichts ist in sein Nichts gekrochen, Der Tugend soll das Zepter sein! Heil, fester Stein von festem Steine! Heil, stolzer, freier, deutscher Mann! Der in des Ruhmes Sonnenscheine Vor aller Welt nun leuchten kann! Zerschmettert liegt die Pöbelrotte, Zerflogen ist der Knechte Wahn, Und mit dem alten deutschen Gotte Geht Ehre auf der Ehrenbahn. Heil, fester Stein von festem Steine! Heil Freiheit, Vaterland und Recht! Sieh lange noch am deutschen Rheine In Freuden blühen Teuts Geschlecht! Sieh lange noch vom Sitz der Ahnen Im schönsten Lebensabendschein Die freien Enkel der Germanen, Das freie Land, den freien Rhein!