Gott der Hirt 1811. Es ist ein Schäfer fromm und gut, Der treibet güldne Schafe aus, Er hält sie wohl in sichrer Hut, Und jedes kommt ihm froh zu Haus; Blau ist die weite Himmelsweide, Der Schäfer sitzt auf höchster Höh' Und schaut die Weltenenden beide, Daß seiner Schar kein Leid gescheh'. So weidet sie in Ewigkeit, Und jedes kennet seine Flur Und weichet keinen Finger breit Von seines Weges fester Spur; Man sieht die einen um die andern Gar lustig ohne Anstoß gehn, Denn könnten sie in Irre wandern, So müßte gleich die Welt vergehn. Der Herde Fürstin Sonne heißt, Ihr folgt ihr Sohn, der helle Tag, Der Mond wird als ihr Fürst gepreist, Daß sich die Nacht erfreuen mag; Ihm folgen viele tausend Lichter Als schnelle Diener hübsch und fein Und ziehn die Menschenangesichter Empor mit wunderbarem Schein. Denn wie mit Gottes Augen blickt Das ganze Firmament herab, Und bis ins tiefste Herz entzückt Verläßt der Mensch sein Erdengrab, Er schwingt sich über Erdenqualen Hin, wo der Seraph selig fliegt, Wo aller Tand von Wort und Zahlen, Wo der Gedanke selbst versiegt. Du, der die güldnen Schafe treibt, Du guter, treuer, frommer Gott, Was in die Brust so tief sich schreibt, Das ist kein Wahn, das ist kein Spott: Ich werde mit der sel'gen Herde Einst droben lustig weiden gehn Und als ein dunkles Bild die Erde Tief unter mir sich wälzen sehn. Laß denn die güldnen Schafe aus, O Schäfer, laß sie wieder ein, Ich schaue immer froh hinaus In deiner Auen hehren Schein; Und wann der Mond mit seinen Sternen So lieb auf mich herniederblinkt, Dann fühl' ich, wie aus jenen Fernen Dein Licht empor zur Wonne winkt.