Geschichte des Mohrenjungen Pripert war ein mächt'ger Herzog Von dem großen Volk der Pripen, Saß auf einem hohen Schlosse Bei dem dunklen Karpfenteiche, Wo die braunen Frösche hüpfen; Seine Schwester hieß Fikette, Fidibus sein schlankes Weibchen. Als die Schwester in den Jahren, Wo sie könnte sich vermählen, Denn verliebt war sie schon lange, Fordert er von seinen Ständen Ihre Ausstattung ganz schleunig, Sammt und Seide wie gewöhnlich, Und die Stände bringen beides. Doch nachdem er es befühlet Scheint ihm beides also köstlich, Daß er es gern selbst behielte, Um sich einen neuen Schlafrock Statt des alten, der zerrissen, Zu der Cour daraus zu schneidern; Und die schöne junge Schwester Sendet er nun als Äbtissin Nach dem großen Fräuleinstifte, Daß sie es nicht fordern könne. »Sammt und Seide sind jetzt theuer« Sagte ihr der gute Bruder; »Kommen gar viel fremde Prinzen, Wie es bei der Werbung möglich Geht mehr Hafer, Weißbrodt, Kuchen Auf an einem einz'gen Tage, Als du ißt im ganzen Jahre; Auch die alten Livereien Sind dann nöthig umzuwenden, Mancher Knopf geht da verloren, Mancher Flecken kommt beim Essen: Darum ist es mehr gerathen, Daß du bleibest unvermählet.« Traurig fährt Prinzeß Fikette Nach dem alten Fräuleinstifte, Doch gedenkt sie, da zu finden Holde liebliche Freundinnen, Denen sie sich kann vertrauen; Ach was findet sie für alte Ausgedürrte, ausgeschriene, Gelbe Tabacksschnupferinnen, Die im ewigen Gezänke Ihr das Blau im Aug' abstreiten; Alle fluchten, wie die Landsknecht', Kommen stets zu spät zum Singen; Keine wollte Brod abschneiden, Keine das Gebet hersagen. Wenn sie dann in ihren Nöthen Zu dem tapfern Stiftshauptmann Hat gesendet ihre Diener, Da begann erst recht die Fehde, Und der Hauptmann war noch fröhlich, Wenn er ohne Nägelmahle Zu der Thür hinaus geflüchtet; Sicher fand er Reihen Zähne In dem Rocke fest verbissen, Ziegenhaarige Perücken, Lappen Flor in seinen Händen; Ach es sind zu alte Sünder, Um sich jemals noch zu bessern! Zählt zusammen ihre Jahre, Steigen sie zu vielen tausend Bis zu Medern und Assyrern, Und Methusalem dagegen Ist ein elend junges Bürschgen. Also war der Stamm beschaffen, Also war ihr reines Leben; Denn unheil'ger ist wohl nimmer Auf der Erd' ein Stift gewesen, Und geplagter war auch keines. »Sagt was spotten denn die Männer Über uns die alten Jungfern Also frech von allen Seiten, Ist es nicht die Schuld der Männer, Unser Wille war es nimmer!« Also seufzte manches Fräulein, Das recht tückisch war genecket, Wenn die Knaben aus dem Städtchen Mit den flinken Blaseröhren Ihren Kater niederschossen, Der zum Nachbarhaus geschlichen, Auf den Dächern kühnlich irrte. Gab es Schnee, so standen morgens Weiße Männer vor dem Fenster; Jeder Baum, der in der Nähe, Ward bezeichnet mit Skandalen, Und die Früchte weggestohlen; Und für so viel stete Leiden Was war die Entschädigung? Keine reichen Nadelgelder, Keine Leckerein beim Schmause, Gleiche Kost an jedem Tage, Täglich Ziegenfleisch und Erbsen, Damit war das Stift dotiret: – Schwere Kost für alte Magen! Darum suchte jedes Fräulein, Ihre mächtgen Portionen Heimlich solchen zu verkaufen, Die dafür was Leckres brachten; Darum schlichen viele Leute Abends durch des Stiftes Garten, Um zu tauschen, um zu kaufen Ziegenfleisch und gelbe Erbsen, Heimlich, daß doch die Äbtissin Nichts von dem Erwerbe wisse. Arme, arme Fürstentochter! Die in ihren frühen Jahren Mit so manchem schönen Pagen Ein Versteckens oft gespielet, Und nach ihrem frohen Sinne Sie genecket und geküsset. Ach noch denkt sie an den Einen, Der so oft am gläsern Wagen Neben ihrem Sitz gehangen Und mit seiner heißen Liebe Ihr das Spiegelglas behauchte, Bis er ihr darin verschwunden! Ach er ist nicht ganz verschwunden! Seit er ist herangewachsen Reitet er nach der Parade Täglich bei dem Stift vorüber, Als ein prächtiger Dragoner Mit dem Degen an der Seite, Mit der Feder auf dem Hute, Mit den schönen blanken Stiefeln, Mit der weißen Kraus am Hemde, Mit der hohen schwarzen Binde, Mit dem Rock Vergißmeinnicht, Mit den Wangen Milch und Blut, Mit dem schwarzen Knebelbarte; Kommt geritten, sie begrüßend Seinem Pferd hat er gelehret, Sich zu bäumen und zu wiehern, Daß der Puder weit aufflieget, Hat er ab den Hut genommen – Also weicht er von dem Stifte Wie ein schönes Wolkenbild. Alle Nächte denkt sie seiner, Wenn das Dunkel Frieden stiftet, Und kein Blick sie mehr belauschet, Wenn sie wandelt in dem Garten, Süßes Schmachten in dem Herzen, Holde Töne auf den Lippen, Denen sie sich gern vertrauet, Weil sie nicht als Zeugen dienen, Sondern alsogleich versinken Wie der Traum, der sie geschaffen. Leise singt sie ihre Lieder. Wie die Quellen zu den Veilchen, Und im Hauche dieser Veilchen Scheint der Liebling ihr zu nahen, Mit dem Degen, mit dem Hute, Mit der Krause, mit den Spornen, Mit dem Zopfe, mit dem Puder; Und mit ausgespannten Armen, Wie mit Segeln zu dem Hafen, Stürzt sie in den Arm des Theuren: Und da sind es leere Lüfte, Eine Hand, die faßt die andre; Traurig singt sie leise flüsternd: Soll ich's mir wie Strahlen denken, Wie die Veilchen ferne düften Und den Lüften Doch die nahe Wollust schenken? Will der Wind sie zu mir lenken, Muß ich denken Meiner Lieb' in allen Sinnen, Träumend ihn in Liebe grüßen; Ihn zu küssen Mein' ich und mich einzuspinnen In des Vielgeliebten Armen; Süß Erwarmen! Seine Lippen Hyazinthen In dem frischen runden Schnitte Und die Mitte Ist ein Kelch, den zu ergründen Tausend schöne Worte dienen! Welch Erkühnen! Alle möchte ich ergreifen, Ihn zu finden unter allen; Ich muß fallen In ein wüstes leeres Schweifen! Wiederum ein Jahr vergangen Im Verlangen! Etwas muß der Mensch doch lieben, Süßer Duft, du mußt vor allen: Mich umwallen, Flieh die Blumen, die betrüben, Weil von jenes Frühlings Scherzen Zeugen schwärzen; Süßer Duft, nimm mein Vertrauen, Denn zu hart sind die Gespielen Den Gefühlen, Daß sie nie die Liebe schauen; Lieblos sich dem Himmel geben, Ist ihr Leben. Alles hab' ich dir gegeben Schönes fernes Bild im Herzen, Lust und Schmerzen, Nahe endlich, nimm mein Leben! – Wie die Reben niederhängen In den Gängen, Die ich sonst um feste Bäume Mit der eignen Hand geschlungen! Ach umschlungen Hab' ich oft, o süße Träume, Diesen Baum, der dir geweihet, Tief erfreuet! – Also sang die Frau Äbtissin, Glaubt den dunklen Stamm zu fassen, Den sie dem Geliebten weihte, Doch von ihrer Gluth getäuschet Hat sie einen Mann umfasset, Der da heimlich sich gestellet, Als ob er ein Baum gewesen, Daß sie ihn nicht möchte sehen. Und sie meint, sie thäte Wunder Und belebte liebend Bäume; Das ist Schwärmerei nicht Sünde, Denn sie war sonst sehr moralisch; Doch zu groß ist dieses Wunder Für die liebekranke Seele! Ist der Baum zum Menschen worden, Kann sie ihm doch nicht entziehen, Was ihm schon als Baum so eigen, Ihrer Liebe schönen Glauben; Und so sehen wir hier wieder, Daß die Phantasie verbunden Mit der Wahrheit falschem Bilde Sei wie Pulver in der Bombe, Die von Unschuld aufgelesen, Wie alt Eisen in das Feuer Wird geworfen und zersprenget Schuld und Unschuld, falsche Wahrheit, Wahre Phantasie und falsche. Daß der Mann kein Baum gewesen Muß sie endlich doch wohl glauben, Daß es aber der Geliebte, Prächtig glänzende Offzirer, Dem wie Milch und Blut die Wangen, Glaubt sie mit demselben Glauben. Traurig und verlangend schmachtet Die Prinzessin nach zwei Monden, Müde ärgerlich sie fühlet, Sich in ihrem Stift verschlossen, Und in ihrem Innern treibet, Was wohl nicht verschlossen bleibet. Kühnheit haben schwangre Frauen Und Entschluß in den Gefahren; Die Prinzessin setzt sich nieder An den Schrank von bunten Masern, Schneidet eine Pfauenfeder, Schreibt dem Herzog, ihrem Bruder. Bruder, du hast mich verschlossen In dem alten Fräuleinstifte Um die Ausstattung zu sparen, Sammt und Hafer, und das Weißbrod, Von den Ständen mir geschenket. Sieh zur Strafe von dem Himmel Bist du ohne Kind geblieben, Das er mir zur Straf' bescheeret; Doch es stammt von einem Helden, Also wird's ein Held auch werden, Darum seid geneigt dem Rathe, Den ich euch in Demuth gebe. Euer Reich fällt heim den Fremden Und mein armes Kind muß sterben, Und ich geh' in Schand' verloren, Wenn ihr diesem Rath nicht folget, Nicht mein Kind, in Schuld empfangen, Mild zu eurem Kind annehmet. Eure Frau, die Herzoginne Muß sich stellen guter Hoffnung Und ich komme dann im Schlosse Heimlich nieder: Gott wird helfen! Und mein Kindlein wird getragen Heimlich zu der Herzoginne, Als ob sie es hätt' geboren. Denkt darüber nach in Liebe Und dann seid ihr überzeuget, Fühlet recht den Willen Gottes, Wie er Böses gut hier mache, So verzeihet der Äbtissin. Als der Herzog dies gelesen, Schloß er sich in seinem Zimmer Ein mit Ärzten und mit Räthen, Und nach dreien schweren Tagen, Wo sie ohne Schlaf verhandelt, Ist der kühne Plan gebilligt Und mit ihnen angeordnet, Wie er leichtlich auszuführen. In dem Schlosse, wo er thronet; Nach dem Astronomenthurme, In der Mitt' vom Karpfenteiche, Tragen sie den Thron, den weichen, Als Geburtsstuhl ihn zu richten; Aus dem astronomischen Werkzeug Wird die Zange bald geschmiedet Und im Spiegelteleskope Sei die Wiege für das Kindlein. Als dies alles angeordnet Setzt er sich zum Tisch von Pappe, Der mit die Goldpapier bezogen, Schreibt mit einer Kasuarfeder. Pripert Magnus, Herzog aller Groß und kleinen Karpfenteiche, Euch entbiethet Gruß und Gnade! – Schwester, seid ihr ganz des Teufels? Doch es sei euch dies verziehen, Möchte euch nicht gern erschrecken, Könnte eurer Frucht sonst schaden; Euer Vorschlag ist genehmigt Wegen eurer klugen Listen, Und ihr sollt in's Kindbett kommen Auf dem Astronomenthurme; Heimlich reiset ihr zur Hauptstadt, Als ob ihr zum Bade reistet Wegen eines innern Übels Von der schlechten Kost im Stifte; Schreiben ist nicht meine Sache, Sprechen läßt sich alles besser, Ich bin wohl affectioniret. Also hat sie ungesäumet Sich zur Reise angeschicket. Und die Fräuleins alle möchten Mit ihr ziehen nach dem Bade, Doch sie läßt sie all zurücke. Nächtlich kommt sie nach dem Schlosse, Wird vom Leibarzt hingeführet Nach dem hohen Schmerzensthurme. Ach wie viele müß'ge Stunden Sind ihr nun von tausend Uhren, Die im ganzen Hause ticken Vorgerechnet, wo sie müßig Legt im Schooß die schönen Hände, Und sie will Kalender machen, Schauet kalkulirt und rechnet Mit den Ärzten ganze Tage. Während sie so eng verschlossen Trägt die Herzogin die Zeichen Ihrer guten Hoffnung mühsam; Wird begrüßt von allen Ständen, Die nach dem Gelusten fragen, Was sie wünsche, was sie fordre. Äpfel, indiansche Nester Marzipan und Pfeffernüsse, Alles wird herbeigeschaffet, Alle Edlen sind in Sorgen, Alle Landeskirchen beten Um die glückliche Befreiung. Doch die Herzogin viel lieber Wär befreiet von dem Panzer, Den die Ärzte ihr bereitet, Ihr den schlanken Wuchs verstellend: Denn sie war so zart gewachsen, Wie ihr Name es bezeichnet; Wie ein Fidibus für Pfeifen Schien sie sonst im weißen Kleide, Mit den kranken rothen Wangen. Stolz ging jetzt der dicke Herzog Auf und nieder in dem Schlosse, Strich sich seine goldne Weste, Meinte, daß ein jeder sehe, Nun auf ihn, weil bald ein Kindlein Würde auch nach ihm genennet; Denn nach allen Glückwünschungen Meinte er sich wirklich Vater, Sprach von nichts als von der Ehre, Von der Würde eines Vaters, Von der Mühe es zu werden; Gnädig ließ er sich die Hände Küssen von der Herzoginne, That, als wenn er Vater wäre Aller Kinder in dem Reiche. Endlich naht der Tag der Freude, Alle Telegraphen spielen, Kanonir mit brennenden Lunten, Und der Herzog wie ein Puthahn Kullernd in dem ganzen Hause, Und die Herzogin verlegen, Und die Ärzte ängstlich laufend, Daß man ihren Weg nicht sehe Nach dem Astronomenthurme; Und die alten Fraun vom Hofe Sehr erbittert, daß man ihnen Allen Zutritt hat verschlossen; Jede hat ein volles Dutzend Lieblicher Historien Aus dem Rauch dazu genommen, Und nun müssen sie einander In der Kürze alles sagen, Weil es kalt ist auf den Treppen, – Der Effekt ist ganz verloren. Endlich seht das große Zeichen In den tiefen nächt'gen Stunden, Und der Marschall mit dem Schnupftuch Winket zweimal aus dem Fenster, Von den Fackeln wohlbeleuchtet, Also ist ein Prinz geboren, Und die Kanonire schießen, Daß die Scheiben aus den Fenstern, Menschen aus den Thüren fliegen; Und es giebt ein frohes Jauchzen, Daß die Frösche in dem Teiche Nicht alleine nächtlich singen. Als das Wappen eingebrennet Unserm Prinzen an den Hüften, Daß man ihn nicht mög' vertauschen, Merkt man eine eigne Farbe In der Haut, die schwer zu nennen; Doch das ist gar oft an Kindern Die erst neu zur Welt gekommen, Eins ist grün, das andre bläulich, Das vergeht in wenig Wochen. Als die Glückwünschung empfangen, Und die Taufe ist verrichtet, Und noch vierzehn Tage später Dauert unsers Herzogs Freude. Doch da wird der Prinz viel schwärzer Als des Herzogs Dintenfinger, Den er braucht zum Unterzeichnen, Und der Herzog sieht mit Schrecken, Daß es sei ein Mohrenjunge, Was noch keiner von den Ärzten Hat gewagt, ihm zu verkünden. Und der Herzog will verzweifeln, Beißet sich auf seinen Finger Und der schmecket gar nach Dinte; Und die Herzogin erboßet, Daß ihr guter Ruf könnt' leiden, Wüthet ein auf die Prinzessin, – Doch es muß verheimlicht werden. Traurend wird des Thrones Erbe Bei dem Volke todt gesaget, Und ein Affe wird geschlachtet Von den beiden flinken Ärzten, Wohlrasirt und angezogen, Mit dem Myrthenkranz und Degen, In ein kleines Sarg geleget, Schwach beleuchtet ausgestellet, Und mit großem Leichenzuge Beigesetzt in der Kapelle. Ach du Ärmste der Prinzessen, Wie viel Schimpf mußt du ertragen, Heimlich wirst du ausgekiffen Von der bösen Herzoginne, Und du sehnst dich nach dem Stifte. Kinderlos bleibt so der Herzog, Doch genügte ihm am Ruhme, Daß ein Kind von ihm entsprossen; Nur zum Schein hat er gescholten Die Äbtissin, daß sie frevelnd Sich mit Heiden abgegeben. Sie beschwört die eigne Unschuld, Will doch nicht den Vater nennen, Weil sie ihn nicht hat gesehen, Weil sein Leben ihr noch theuer, Hat er's Kind gleich angeschwärzet. Sie erzählt nur wie im Garten Sich belebte jener Nußbaum, Meint, daß sie sich hab' versehen An der Nacht, die gar zu dunkel, Oder daß, wie grüne Schale Von den Nüssen schwärzt die Finger, So auch dieses Kind des Nußbaums Sei in seiner Haut geschwärzet, Und man hätt' es schwefeln sollen, Doch das ist nun viel zu späte: – Als sie ganz gesund zur Reise Kehrt sie heim zum Fräuleinstifte, Alle Lieb' ist ihr vergangen Seit sie Sternenkunst getrieben; Und sie hält sich zu den andern Schwätzend, spielend, zankend, putzend. Bei dem Landvolk aufgezogen, Unbewußt, woher er stamme, Wächst der kleine Mohrenjunge, Und durch seine Wundergaben Alle Nachbarn fast erschrecket. Während noch die andern Kinder Mit ihm spielen ihres Gleichen, Wer gestohlen konnt' er wissen, Wer zu Nachte umgegangen, Wer vom Morgen abgepflüget, Welcher Schneider in die Hölle Hat gepeitschet große Lappen, Welche Kühe würden kalben, Welche Tauben sich verfliegen, Alles wußt' er zu errathen, Und der Kukuk war vor allen Ihm gewogen mit dem Rufen. Wie ein rechtes Meereswunder, Wurde dieser schwarze Flecken In der Ehre der Prinzessin Rings im Lande vorgezeiget; Also kam er auch zum Stifte, Machte schamroth alle Fräuleins, Daß sie ihn ermorden wollten. Doch er bittet, eh' er sterbe, Daß ihn höre die Äbtissin Ganz allein in ihrem Zimmer, Was sie endlich ihm gewähret, Ahndend daß es sei ihr Knabe; Und da zeigt er ihr sein Wappen, Das ihm eingebrannt so frühe Und zu löschen ist vergessen, Er begrüßet sie als Mutter. Und sie frägt ihn freundlich küssend Trotz der aufgeworfnen Lippen: »Da du alles kannst errathen, Sage mir, wer war dein Vater? War es nicht der Herr Offzirer, Der so oft vorbei geritten Mit den Wangen röthlich weißlich?« Und der Knabe spricht mit Lächeln: Nimmer nein, es war ein Pauker, Eypripor, das war sein Name, Bei dem Regiment Dragoner Wovon jener war der Oberst; Sicher habt ihr ihn gesehen, War ein Mohr, ein schwarzer Teufel, Und der Teufel war im Vater, Als er euch in schönem Dunkel Überraschte und besiegte; Also teuflisch sind die Kräfte, Die er mir damit verliehen; Doch weil ihr in reiner Unschuld Seid gefallen von dem Guten, Nur von Einbildung befangen, Wohl so sind mir alle Kräfte Nun zum Guten hingewendet. – Nun erzählt er ihr ausführlich, Wie der Vater, wenn es dunkel, In des Stiftes Garten kommen, Ziegenfleisch und gelbe Erbsen Von den Fräuleins einzuhandeln, Was zu reichlich war dotiret: Und so hab' ihn da Frau Mutter, In dem Wahnsinn alter Liebe, Schmachtend ihn im Kuß umfangen, Hat geglaubt es sei der Oberst, Das sei gar nicht zu verwundern, War doch seine Stimm' nicht schwärzer, Als von allen andern Männern, Trug er doch so gut den Degen Und die Feder auf dem Hute, Schwere Stiefeln, Klapperspornen, Und die Binde und die Krause, Wie der schönste Stabsoffzirer. Die Moral ist nun gewesen: Dieser kleine Mohrenjunge, Der mit recht beredter Zunge, Jetzt geschützt von der Äbtissin, Trat zu ihren alten Fräulein Und mit rechtem scharfen Besen Aus den Winkeln der Gemüther Hat gefeget weltlich Leben. Die Äbtissin schickt ihn heimlich Zu dem Herzog, der gealtert Jetzt nun gar nichts denken konnte, Sondern alles unterschriebe, Seine besten Freund' ließ hängen, Wenn nur zu der rechten Stunde Ihm das Mittagsmahl bereitet. Und der Herzog läßt ihn kommen, Frägt ihn lächelnd, was er könne, Ob er auf dem Seile tanze, Oder Kartenkünste mache, Ob er unverbrennlich wäre? Alles dreies macht der Knabe, Und der Herzog wählt ihn gnädig Sich zum ersten Staatsminister, Und will gerne mit ihm reden Von der wahren Staatsverfassung. Wie ein Buch spricht da der Knabe. Doch der Herzog hat noch nimmer Acht gegeben, was gesprochen; Und der Knabe kann auch singen, Nun verstehet ihn der Herzog, Aber ich verschweig dies Liedchen, Denn es riechet gar zu mystisch. Es beweiset die Verwandlung In dem Kopf des alten Herzogs, Weil er sei der Stein der Weisen, Der Metalle kann verwandeln, Daß zum Chaos alles kehre. Als der Herzog dies vernommen, Wird ihm bange und beklommen, Sieht wie schon in den Gedanken, Alles Runde sich verwandelt Und die Krone ihm als Mühlrad Und als Suppendeckel scheinet, Während viele list'ge Feinde Nach der einen Krone trachten, Die auf seinem Haupte wackelt, Klüglich nimmt er an den Jungen, Sich zum Hof- und Staatspropheten, Daß er ihm die Krone halte: Der nun alles weiß was künftig Bringt die Welt gar bald zum Ende. Und so endet mein Gedicht.