Der Pfalzgraf Romanze. Der Pfalzgraf von dem Rheine Saß in dem Abendscheine, Der Berg und Thal umfloß, Am Heidelberger Schloß, Auf einer hohen Platte Von Gallerien umringt. Da sah der Lebenssatte, So weit sein Auge dringt, Des Glückes Purpurthau, Der Rhein erblinket blau, Der Neckar kommt gewunden, Rechts, links von Lust gebunden. Tief unter Wallnußbäumen Des Alten Blicke säumen Bei einem weißen Haus, Wo Klara schaut heraus, Die seinen Leib erfrischet, Daß er den Geist erträgt, Und sein Getränk ihm mischet, Das ihm den Frohnsinn regt, Wenn er nach Herrscherlast Sucht Abends frohe Rast, Jetzt sieht er sie da spinnen, Auf neu Liebkosen sinnen. Dann sieht er unten sitzen, Bei Wein und guten Witzen Und bei dem lieben Weib, Die frommen Arbeitsleut, Doch wenn sie wollen singen, Da kommt ein groß Geschrei, Daß alle Ohren klingen, Dort von der Sakristei, Der Theologen Schaar Drein sitzet schon ein Jahr, Die pressen ihren Glauben Aus den unreifen Trauben. Der Pfalzgraf die Doktoren Läßt kommen, die wie Thoren Voll Bosheit sind für Gott, Sich hassen auf den Tod: »Heut müßt ihr euch vereinen, Weil still die Welt heut ruht, Wie Gold die Berge scheinen, Ihr Schatten frischen thut, Der Strom rauscht hier noch toll, Wo er recht tragen soll, Muß er still eben fließen, Da werden Schiffer grüßen.« Die Calvinisten rufen: »Die Berge sind nur Stufen Zum reinen Himmelssaal, Sein Bild ist da zumal, Kein irdisches Gepränge Wie in dem Lutherthum, Das hält Vernunft gar enge; Vernunft sei unser Ruhm, Bestimmung unser Gott, Kein Blut hat er zum Spott, Trinkt ihr's im Abendmahle, So klebt ihr an der Schale.« Die Lutheraner schreien: »Ihr wollt uns hier entweihen Die große Gottes Welt Mit eurer Herzenskält, Wozu hat Gott geschaffen Der grünen Wälder Pracht, Der Wolken helle Waffen, Und ihrer Blitze Macht, Wollt ihr nicht sehn um euch, Doch wir verstehen euch gleich; Denn wir verstehn die Welten, Ihr könnet sie nur schelten.« »Das Wort ist Fleisch geworden, Wer will das Wort ermorden? Der Geist ist in dem Blut, Es treibt in Gottes Fluth!« Da schrein die Calvinisten: »Ihr seid ein Pantheist, Wir sind allein nur Christen, Wir kennen eure List!« – Der Lutheraner tobt Und Gott im Himmel lobt, Daß er nicht blos im Geiste, Daß Wahrheit hier das Meiste. Den Graf bewacht ein Leue Der meint bei dem Geschreie Den Herren in Gefahr, Sprengt seine Kett fürwahr Und springt zu seinem Herren, Sich auf die Schulter legt, Den Rachen thut aufsperren, Die Tatze drohend trägt, Die Doktors werden still: »Der euch vereinen will, Das ist des Papstes Schrecken, Der möcht' euch beide strecken.« Der Pfalzgraf sagt mit Lachen: »So stehn nun eure Sachen, Wer hält nun Stich im Tod, Doch streitet ihr ohn' Noth, Nun mag der Streit nur währen, Der Leue sieht euch zu, Wollt ihr ganz ruhig lehren So läßt er euch in Ruh, Ich bind' ihn wieder an, Was ich sonst nicht mehr kann; Der weltlich' Arm soll streiten, Der Geist in Lieb' fortschreiten.« »Wenn einst dies Schloß verfallen, Aus Ritzen Bäumlein wallen Statt Fähnlein auf dem Thurm, Als einz'ge Wach' im Sturm, Manch steinern Bild der Ahnen Nur schwacher Epheu hält; Den Weg sich Wandrer bahnen Zu schaun die öde Welt, Mit Graun durch Säle ziehn, Wo wilde Blumen blühn; Seht wie die Berge grauen, Ich mein' das all zu schauen.« »Seh mein Geschlecht verdränget, Die Löwen all' versprenget, Die in dem Graben brülln, Das Faß will sich nicht fülln, Die heil'ge Lind gehauen Am Wolfsbrunn und kein Tanz Find' ich mehr anzuschauen Bei der Forellen Glanz, Der Glaub' wird überall Ein später Wiederhall Vom Spruch, der lang' vergessen: So wird er neu besessen.« »So wird in allem Trauern, Was Liebe schuf doch dauern, Und aller euer Haß Ist dann der Leute Spaß, Drum wollt ihr ewig leben, Ihr Herren, nun wohlan, So müsset ihr aufgeben Des blut'gen Hasses Bann, Drauf gebt euch Hand und Mund In dieser ernsten Stund, Auf, sondert fromm die Lehren, Ihr sollt euch lieben, ehren.« Die Doktors gar in Nöthen Sich gern die Hände böten, Da legt der Graf auf's neu An seine Kett den Leu: Doch wer kann Teufel ketten, Kaum waren sie bergab, Sich von dem Schwert zu retten, Da schrie – Dickkopf – ein Rab, Den Luthrischen zum Trutz, Aus war der ganze Nutz, Auf zweie thät's nur wirken, Die wurden gar zu Türken. Nur Klara weiß zu lohnen Des Grafen liebreich Schonen, Sie schmückt der Jungfraun Schaar Mit Blumen in dem Haar, Mit Blumen um die Leiber, Mit Blumen um den Hals, Und drei der schönsten Weiber Hochfroh des Stimmenschalls Zum Schlosse gehn empor Mit diesem frohen Chor, Beim letzten Sonnenscheine, Sie singen ihm so feine: Die Neigung nur kann freie Mädchen binden Zu einem Kranz sich tanzend zu umwinden, Daß Arm und Fuß zugleich gezogen In ihrem sanften Bogen Den lieben Fürsten leicht umringen, Ein Loblied ihm zu singen. Ehrwürd'ger Greis, du suchtest auf die Gassen, Daß unsre Noth dich bittend konnt' erfassen, Die Noth hast du geendet weise, Nun hör' auf frohe Weise, Tritt mit in unsern frohen Reihen, Beglückend ihn zu weihen. Wir preisen hoch dein Silberhaar in Locken, Dein helles Aug' macht unsre Augen trocken, Dein Lächeln ist der schönste Segen, Die Furcht vor dir zu legen, So mögen wir in liebendem Vertrauen Dich alle gern anschauen. Heil dir, du hast des Tages Müh getragen, Mit Geist und Muth den Feind geschlagen, Mit Kunst geschmückt der Kirche Hallen, Du bist des Volkes Wohlgefallen, Du bist zu unserm Glück geboren, Dein Glück hat uns erkoren. Heil uns! Laß dir von dreien edlen Schönen Die lichte Stirne rosig krönen, Und lüfte dich im Abendtanze, Im letzten Sonnenglanze, Du bist nicht alt, du wirst verjünget, Wenn dich der Kranz umschlinget. Gleich schön sind wir, die schönsten drei von allen, Gleich Seiten von Krystallen, So sind wir gleich und fest verbunden Zu deinen frohen Stunden, So gleich sind wir, dir eifrig zu gefallen, Des Volkes Wohlgefallen.