Ludwig Achim von Arnim Ausgewählte Gedichte Stiftungslied Am Krönungstage den 18. Januar 1812. Unsre Krone ward erstritten Durch der deutschen Ritter Blut, Als die Heiden mußten bitten Um des ew'gen Friedens Gut; Seit die Heiden sind bekehret, Kam die gnadenfrohe Zeit. Und der Adel währt und lehret Freiheit in Ergebenheit; Freiheit christlich deutscher Treue Uns mit deinem Segen weihe! Ew'ger Glaube lebe hoch! Unser Glaube lebe hoch! Als am ersten Krönungstage Friedrich setzte auf die Stirn Unsre Krone, daß er trage Unsres Reiches Glanzgestirn, Einte uns mit höhrer Krone Zu dem großen Weltgeschick, Gott der Herr auf seinem Throne Mit der Hoffnung Segensblick, Ließ dem Könige zum Zeichen Seine heil'ge Salbung reichen. Daß die Krone lebe hoch. Unsre Krone lebe hoch! Unsres Volkes alte Rechte Halten beide Kronen fest, Schützt sie kommendem Geschlechte, Schützt die Adler in dem Nest, Bis sie auf den jungen Schwingen Über uns in hohem Flug Zu dem Glanz der Sonne dringen, Im vereinten Heldenzug; Schwört dem alten Herrscherhause, Bei der Krönung Jubelschmause, Ruft dem König Lebehoch! Unserm König Lebehoch! Nimmer sollen Fremde herrschen Über unsern deutschen Stamm, Allen wilden Kriegesmärschen Setzt die Treue einen Damm. Unsres Volkes treue Herzen Bindet eine Geisterhand, Und wir fühlen Sie in Schmerzen, Sie, die uns von Gott gesandt, Daß sich Glaub' und Liebe finde, Und in Hoffnung sich verkünde, Ewig lebt die Königin. Ewig lebt die Königin! Steigt der Wein uns in die Krone Bei der Krone frohem Fest, Freudengeber schone, schone, Daß uns Demuth nicht verläßt; Ernstes Leben muß uns weihen, Was der Einzelne vermag. Soll er dienend Allen leihen, Viele Strahlen machen Tag. Schwört, daß keiner will vor allen, Jeder treu mit allen schallen, Hier zu Preußens Lebehoch. Alle Preußen leben hoch! Sonett Mein Genius, du hast mir viel verliehen, Du kannst, was nie geahndet, mir erschließen, Wenn deine Blicke flüchtig mich begrüßen, Durch dich gedeiht mir jegliches Bemühen. O könnt ich dich mit meinem Arm umschließen, Daß du dich nimmer könntest mir entziehen, Daß meine Wangen nie von Scham erglühen, Verläßt mich Witz, wo Andrer Witze fließen. Schaff mich gewiß und fest in allen Kräften, Daß sie dem Augenblicke willig dienen, So bin ich tüchtig jeglichen Geschäften. Gleich fern von Furcht und Frechheit in den Mienen, Laß mich die Blicke frei auf Andre heften, Und aller Neid soll schwinden im Erkühnen. Mein Stammbuch 1. Am Eingang Selig rauschen heut des Waldes Kronen, Von dem Wind durchwühlt, Unten mag verschwiegne Ruhe lohnen, Selig wer die Ferne mitgefühlt! Ach, wie ziehn sie heut an mir vorüber, In dem Frühlingswind, Die dem Herzen immer näher, lieber, Weil sie nie zu fern der Liebe sind. Ihr verstorbnen freundlichen Genossen, Habt ihr auf mich acht! Immer hab' ich euch so ganz genossen, Niemals über euch hinausgedacht. Habt ihr mich, wie ich euch innig habe, Freudig wird das Fest, Doch mein Herz wird euch zum ew'gen Grabe, Wenn ihr treulos mich im Glück vergeßt. 2. Am Schluß Gern seh' ich die Namen der Freunde In meinem Stammbuch hier an, Und bete mit dieser Gemeinde. Dies Kirchlein ich schmücken kann: Mit Bildern und schönen Zeichen, Mit manchem herzlichen Wort, Vor dem die Zeichen weichen, Und auch der einsame Ort. Und bis die Augen erblinden, Und bis der Tag mir versinkt, Soll keiner vor mir verschwinden, Der mir je freundlich gewinkt; Er mag noch wandeln und wirken, Und schauen das ewige Licht, Er mag in andern Bezirken Verhüllen das bleiche Gesicht. Daß hier auf Erden die Treue Ein moosiger Eichenstamm, Braucht viele Jahre zur Weihe, Und stürzt in schneller Flamm', Die Flamme steiget zur Bläue, Und über die Bläue hinaus, Da findet auf Sternen die Treue Ein glänzend gezimmertes Haus. Es treiben wohl Hirten die Heerde, So weit der Himmel ist blau, Und meinen sich eigen die Erde, Glänzt himmlisch die blühende Au, Es treiben auch Fischer den Nachen, So weit die Meere sind blau Und spielen am Todesrachen Wie Fische in Netzes Bau; Auch Jäger kennen nicht Gränzen, So weit der Wald sie verbirgt, Mit bunten Federn sich kränzen Von Vögeln, die jubelnd erwürgt; Doch hör', der Hirt ist gepfändet, Der Fischer versenkt in das Meer, Der Jäger ist heimgesendet, Ihn drückte der Raub zu schwer. Nur treue Liebe sie dringet Noch über das Blau hinaus, Sich über die Meere erschwinget, Und über der Wälder Gebraus, Und zu den Sternen sich hebet, Und freuet sich da der Welt, Was war, was wird, was lebet, Ist vor ihr ausgestellt. An einen Sammler Professor Gräter in Schwäbisch-Hall. Der beste Sammler, das ist Gott, Es geht ihm nichts verloren, Er sammelt Leben aus dem Tod, So wird ihm neugeboren. Und in verherrlichter Gestalt Erscheint was hier mißlungen, Das Wort, das einsam hier verhallt, Ist ihm als Lied gesungen. Wir folgen ihm, er steht uns bei, Im Kloster-Büchersaale, Und wo ein Geist vergessen sei, Er ladet ihn zum Mahle. Da kommt ein Strahl vom Abendschein Durch's Fenster, dich erschrecket, Und richtet Aug' und Hände dein, Wo noch ein Buch verstecket. So sammelt er die Freunde auch, Die gleiche Wege gehen, Sie grüßen sich nach altem Brauch, Gestärket weitergehen. Vater und Sohn In Steffens' Stammbuch geschrieben. Sieger der Welt ist Alexander kommen Zum Abendstrand der Welt, Zum Greis hinaufgeklommen, Der ihm sein Zeichen stellt. Sterne des Tages sich ihm zuerst da zeigen, Nun sieht er erst das Meer, Sieht Well' auf Welle steigen, Und alles Treiben leer. Kreise im Kreis der Alte ruhig drehet, Und er versteht sie nicht, Sein Blick sich da ergehet, Wo Meer zum Himmel dicht. Schwindelnd er sieht vom steilen Felsen nieder Die aufgethane Lust, Wie alles schwingt die Glieder Und alles drehen mußt'. »Künde mir, Greis, ist nichts mehr zu vollbringen, Ist hier begränzt die Welt? Kann ich zum Thron nicht dringen, Der leuchtend hingestellt?« Halte den Muth und fürchte nur dich selber, Du König aller Welt, Die Eiche stürzet Wälder, Wenn sie herniederfällt. Eines du thust, und willst es doch gern meiden, Den Vater tödtest du, Die Welt soll dir's verleiden, Den Menschen zählen zu. Nieder hinab, du Schänder meines Glaubens, Vom Gott ich rein entsproß, Sink' mit den wilden Tauben Und lüg' im Meeresschooß. »Dank sei dir, Sohn, du bist's, ich sterb' dein Vater, Versöhn' den Göttern dich, Die deines Glückes, deiner Thaten Voll Neid erzürnten sich.« Wahrlich der Baum erstirbt in hohem Glücke, Den Schößlingsschatten stickt, So glänzt im höchsten Blicke, Den Sohnes Licht erdrückt. Wissen stürz Wissen war des Alten Wille, Das Wissen wird gebeugt In tiefe Meeresstille, Wenn es das Thun gezeugt. Also gelagert scheinen alle Flötze Des Weltbaus Schicht auf Schicht, Er folget dem Gesetze: »Das Höchste komm zum Licht.« Der preußische Adler Dezember 1805. Im Wagen schwank' ich hin und her, Beschaue mir die Welt. Den Kopf so voll, den Sinn so schwer, Der mir auf's Herze fällt. Die Pferde treib' ich rauchend fort, Daß mir die Luft versagt; Für jeden Sinn ist nur ein Ort, Ein Wort nur das ihn klagt. Der stillen Tannen Fackeltanz, Wo ich vorüber wall, Er tanzt vorbei im Abendglanz Ermüdet überall. Ich wein, weil in den kalten Wind Zu viel Vernunft gelegt. Als wär' die Sonn zu heiß gesinnt, Die mir im Herzen wegt. Was leidend schafft und schafft in Leid, Kam mir nicht wieder vor. Und hinter mir, da liegt es weit, Verschlossen ist das Thor. O Wissenschaft, wie sprichst du leis, Du hast die schwächste Brust; O süße Kunst, verbrennst du heiß Das Herz in Liebeslust. Ich halte auf die raschen Pferd', Nun bleibt die Welt mir stehn; Mein Herz so dumpf, mein Sinn so leer, Muß wieder rückwärts sehn. Wo ist mein eigner Schatten hin, Den ich rings um mir sah? Verzogen ist er ohn' Gewinn, Und war mir doch so nah! Ich stör die Vögel in dem Wald Mit meinen Klagen auf; Sie fallen aus dem Neste bald, Ich heb' sie nimmer auf. Doch wie mit zweien Flügel strebt Ein Kriegesheer herbei, Mein Herz wird still, mein Ohr sich hebt, Die Welt wird wieder neu. Was singet ihr von Jugendbraus! Wie euch ein Schloß erscheint, Ihr dringet in kein Hochzeithaus, Ihr dringet in den Feind. »Warum der Wald so wiederklingt, Die Sonn' sich wieder zeigt? Der Lorbeer aus der Erde dringt, Wie sich der Berg ersteigt. Warum wir singen, thun wir kund; Wie's im Gefieder weht, So singen wir aus unserm Mund, Wohl dem, der es versteht. Macht keine Langenweile Gott, So seid ihr tugendhaft, Die Klagen sind auf ihn ein Spott, Sein Lob ist unsre Kraft.« Ja, ich versteh des Vogels Sang, Verstehe seinen Flug; Was mich zuerst macht angst und bang, O tief geheimer Zug! Du gleicher Takt, du Trommelschlag, Du ziehst mich wie Magnet, Was mich aus Eisen hat gemacht, Mich richtet auf, erhöht. Ich spanne meine Pferde aus, Laß frei, die ich gesellt, Mir zeigt ein Vogel nun sein Haus, Mich in den Flügeln hält. Der Stralauer Fischzug, im Jahre 1806 Hoch will ich den König preisen, Der bei seines Volkes Rufen Steigt herab des Thrones Stufen, Frohen freundlich sich will zeigen, Wie die Sonn' aus Wolken bricht, Jedem strahlt und wärmt ihr Licht. Ja der König ist der unsre, Den wir in der Freude denken, Der im Schrecken uns will lenken, Wenn wir beten »Vater unser.« Heut noch sagt, es geht in Ruh, Morgen schließt die Thore zu. Blaue Gondeln, rothe Wimpel Blinken, zittern in der Spree, Kinder wie gejagte Reh' Springen drauf in dem Gewimmel, Vater, Mutter müssen nach, Treten unter's blaue Dach. Wein und Kuchen füllt den Himmel Heut die Kinder es vergessen, Nehmen's Ruder ganz vermessen, Niederdrücken's mit Getümmel, Und die Eltern schelten, lachen: Kinder, so müßt ihr's nicht machen. Laßt das Schwanken in dem Kahne, Macht uns nichts als Angst und Schrecken! Sagt die Mutter, und die Kinder Thun ganz ernstlich, und gelinder: Wie ihr schmutzig, muß mich schämen, Niemals wieder euch mitnehmen. Nun die wohlgeübten Schiffer Schlagen schnell und gleich die Ruder, Jagen wettend vor dem Bruder, Und die Kähne segeln schiefer, Mutter drückt sich an so dicht, Fische springen silberlicht. Eine Schlüsselbüchse brennet Heimlich los der ältste Knabe, Alle sich erzürnet haben, Weil sie das Verbot wohl kennen. Doch der eine Knabe meint, Das sei Übung, käm' der Feind. König ward ich in dem Schießen, Sagt der Vater, nach dem Feinde Schieße ich und meine Freunde. Durch die Mauer bis sie grüßen. Mutter sagt: Wenn still er hält, Schießt du wie ein großer Held. »Doch viel Unglück ist geschehen, Kinder, ihr könnt ruhig sitzen.« Nun mit den Hollunderspritzen Lassen sich dir Kinder sehen, Angeln auch und fangen nichts An dem Regenwurm gebrichts. Bunte Häuschen, grün umzogen Und bedeckt mit Sonnenschirmen Sich im Kranz am See aufthürmen, Wo der Fluß hindurchgezogen, Deckel klappen in den Krug, Jubel überall genug. Fern im See der Kirchthurm ruhet Wie ein Leuchtthurm der Gedanken, Rings der Menschen Ströme wanken, Und der Strom des Wassers ruhet, Netzes Bogen schwimmt darauf, Ohne Farben doch Glück' auf! Fischer in zwei bunten Nachen Ziehn das Netz, die Menge gaffet; Doch das Fischen gar nichts schaffet, Was sie auch für Lärmen machen. Alle Fische springen fort, Die bespricht kein fluchend Wort. Seht, ein Nachen kommt in Eile, Über dem ein Adler schwebet, Neben dem ein Schwan sich hebet; Rauschend sich die Wellen theilen, Und ein Singen hell und klar Steiget aus den Tiefen gar. Schaut, der Adler setzt die Krone Spielend auf des Schwanes Scheitel, Und der Schwan ist himmlisch eitel, Brüstet sich so schön zum Lohn, Jede Feder schwillt in Lust An der hochgeschwungnen Brust. Schaut wie sich die Netze füllen, Daß die Fischer kaum sie ziehen, Fisch vergessen zu entfliehen, Und die Menge will sich stillen, Ja ein Wunder stets geschieht, Wo ein Volk in Liebe glüht. Jeder athmet stolzer wieder, Wenn er hört vom fremden Munde, Auf dem ganzen Erdenrunde Ist kein König also bieder, Selbst aus diesem Wellenschaum Steigt die Kön'gin wie ein Traum. Schöner Traum, der zu uns wallet, Zu des armen Volkes Feste Kommt die Schönste und die Beste, Ihr ein Lebehoch erschallet. Bleibt in unsrer Mitte Beid, Kühne Jugend zieh zum Streit. Schönheit ist's, die uns bezwungen, Muth, der uns befreiet wieder. König sieh, wir fallen nieder, Huld'gen dir von Treu durchdrungen, Dieser Schwur macht frisch und jung, Da er aus der Seele drung. Wie sich jetzt die Stadt uns zeiget, Lieb ist uns der sichre Boden, In dem ruhen unsre Todten, Flamme steiget, Sonn' sich neiget, Unsre Liebe brennt so hell, Holt den Teufel aus der Höll'. Hört den Antichrist erschallen, Dessen Pfeife viele tanzen, Die Gerechten stehn im Ganzen, Wollen siegen oder fallen, Wie die Schlange giftig beißt, Treue Liebe sie zerreißt. König, bleibt bei uns so sicher, Vor dir her ziehn wir so tüchtig, Werden wir den Feind ansichtig, Denken wir an Stralau's Fischer, Unser Netz das füllt sich gleich, Lebe hoch, du deutsches Reich! Hell aus den azurnen Wellen Heben sich die Stern' im Bunde, So die Fürsten in der Runde Werden sich zu dir gesellen, Dunkel scheinet Thurm und Haus, Dennoch sind wir ohne Graus. Kinderspiel ist nicht im Kriege, Kinder setzet euch nun alle, Wasser hat doch keine Balken, Daß euch keine Nix' ankriege, Seht, da winkte eine klar, Perlen kämmt sie aus dem Haar. Kinder, ja nicht zu ihr dränget, Perlen deuten ja auf Thränen Ja die Hand nicht aus dem Kahne In dem kühlen Wasser hänget, Lieblich schläfert sie euch ein, Reißt euch in den Fluß hinein. Mutter, laß doch solche Lügen! Sagt der Vater mit Verstande, Nicht zum Guten, nur zur Schande Können wir uns hier betrügen, Unart, lästger Übermuth, Laßt ihr, oder's thut nicht gut. Wenn ich müßig, mag ich hören Am Kamin dergleichen Wunder Heller wird mir's da und munter, Nur mit Küssen möcht' ich stören, Auf dem Wasser ist Gefahr, Also sag' es offenbar. In dem Handeln sei die Klarheit, In der Ruhe Ahndungsbilder. So nur wird das Leben milder, Und uns führet reine Wahrheit, Jetzt ist alles voller Schein, Was ist schlecht und was ist rein? Scheinbar der Soldaten Taschen, Scheinbar die verschnittnen Kleider, Die Gewehre schießen leider Gar sehr schlecht wenn gleich sehr raschen! Kriegslust giebt es wohl beim Trunk, Guter Wille macht nicht jung. Soll uns Unglück überkommen, Laß es, Gott, uns wohlbestehen, Fest wie Sterne droben stehen, Wie wir sanft nach Haus geschwommen, Also thut im Unglück recht, Unglück macht oft Menschen schlecht. Rheinisches Bundeslied Sommer 1806. Mel. Der Wirth ist nicht zu Hause etc. Das Faß ist nun gebunden; Viel Schläge hat's empfunden, Doch ging es immer recht im Takt Bis es sich krumm gebogen hat. Das Faß ist nun gebunden. Die Dauben sind gehauen; Wollt ihr die Stubben schauen Von Eichen alt wie's deutsche Reich? Sonst ist der Grund nun kahl und gleich. Die Dauben sind gehauen. In Eisen ist's gebunden; Der Eichbaum ist verschwunden. Das deutsche Reich stand schön und stolz, Viel grüne Blätter trug das Holz. In Eisen ist's gebunden. Im Holz viel Vöglein sangen; Seit Beil und Axt erklangen – »Wo ist mein Kind, wo ist mein Haus? Franzosen nahmen Alles aus.« Die Vöglein flüsternd sangen. Der Böttcher, der's geschlagen, Will nicht mehr viel nachfragen. Er band es für die Langeweil. Zu Brennholz braucht er's bald in Eil, Der Böttcher, der's geschlagen. Wir wollen mal dran schlagen, Ob es recht voll im Magen! Das große Faß, es klingt so hohl, Als wenn es bald der Teufel hol, – Wir wollen mal dran schlagen! Für Fremde hängt zum Scheine ein Anker drin mit Weine; Das große Faß wird schon so spack, Der schlechte Bund läßt balde nach; Grün war das Holz vom Rheine. Zu Frankfurt steht's im Stillen, Der Rhein, der soll's noch füllen; Drum heißt es auch der Rheinsche Bund. Es kräht danach nicht Hahn noch Hund! Zu Frankfurt steht's im Stillen. Der Rhein trägt ächte Trauben, Franzosen auch dran glauben; Ganz höflich schneiden Deutsche ein, Ganz gröblich trinken sie den Wein. Der Rhein trägt ächte Trauben. So geht's dem Bund am Rheine, So geht es mit dem Weine. Der fromme Deutsche ist das Faß, Woraus der Franzmann trinkt zum Spaß, – So geht's dem Faß am Rheine! Der Primas sich drauf setzet, Und seine Kehle netzet; Wenn ihm der Franzmann giebt 'nen Tritt So tröstet er sich gleich damit, Daß er sich ruhig setzet. Der Böttcher ist Protekter, Er spricht zu ihm als Rekter: Ei sag doch an, mein lieber Sohn, Das Faß ist nicht gemacht zum Thron. Ich schlag dich hinunter mit dem Zepter! Vaterland In Varnhagen's Stammbuch. Sommer 1806. Fest beiß ich mich, mein schwankend Vaterland, Und beiß' ich dich mit allen Zähnen, Dir thut's nicht weh, ich mag nicht schrein. Sei's Liebeswuth, sei's häßlich ohn Verstand, So tief ich einbeiß', bist du gerne mein, Willst Mutterbrust dem Kinde sein. So schwanke denn im Wind, du loser Sand! Er schwankt, will meine lust'ge Wiege sein, Mein Vaterland, und ich bin dein. Der Landesvater 1806. Alles schweige, Jeder neige Ernsten Tönen nun sein Ohr. Hört, ich sing das Lied der Lieder, Hört's ihr meine deutschen Brüder, Hall' es, hall' es wieder, frohes Chor. Singen wir das Lied der Lieder, Hört es alle deutschen Brüder, Hall' es, hall' es wieder, frohes Chor. Preußens Söhne, Laut ertöne Euer Vaterlandsgesang! Dem Beglücker seiner Staaten, Dem Vollender großer Thaten, Zu der Erndte edler Saaten Töne euer Rundgesang. Dem Beglücker seiner Staaten Folgen wir zu großen Thaten, Töne ihm der Rundgesang. Friedrich lebe, Ihn erhebe Jeder brave Heldensohn, Herz und Hand dir, Herr, zu weihen, Sammel wir uns hier in Reihen, Segnen dich auf Preußens Thron. Herz und Hand dir, Herr, zu weihen Sammeln wir uns hier in Reihen, Sprechen jedem Feinde Hohn. Königin lebe! Uns umschwebe Wie ein schönes Heilgenbild! Zieh im Stillen muth'ge Söhne; Denn den Muth gebiert das Schöne, Hoffnung grünt in Schöne mild. Muth geboren von dem Schönen, Strömt von dir zu deinen Söhnen, Unsre Herzen ganz erfüllt. Hab' und Leben Euch zu geben Sind wir allesammt bereit, Sterben gern zu jeder Stunde, Achten nicht des Todes Wunde, Wenn's das Vaterland gebeut. Sterben gern in jeder Stunde, Achten nicht des Todes Wunde, Wenn das Vaterland befreit. Lied der Lieder Hall' es wieder, Groß und deutsch sei unser Muth, Seht hier den geweihten Degen, Thut, wie brave Preußen pflegen Und durchbohrt Franzosenbrut. Sehet den geweihten Degen, Fruchtbar ist ein Sommerregen, Weihend ist der Feinde Blut. Wer's nicht fühlet, Selbst nicht zielet Nach der alten Preußen Werth, Soll nicht unsern Kreis entehren, Nicht bei diesem Degen schwören, Nicht entweihn dies alte Schwert. Ja es schlägt das Blut der Väter Laut in uns und die Verräther Schlage dieses alte Schwert. Seht es blinken, Laßt es winken, Schwört dem Degen hoch geweiht! Schwöret mit dem ganzen Heere, Halten wollt ihr Preußens Ehre, Die aus uns um Rache schreit. Ja, durchbohrt den Hut, wir schwören, Halten wir nicht Preußens Ehre, So durchbohret uns noch heut. Nimm den Becher, Wackrer Zecher, Rheinschen Weines ist er voll; Wenn wir einst am Rhein ihn trinken, Laßt uns in die Arme sinken, Ruft auf Vaterlandes Wohl. Landesvater, Schutz und Rather, Friedrich Wilhelm lebe hoch. Siegreich soll mein König leben, Ihr Kamraden auch daneben, Und vor Allem Preußen hoch! Prinz Ludwig Ferdinand 1806. O Nixe von der Saale, Was röthet dein Gewand, Hast du beim Burschenmahle Den Becher umgewandt? »Der Becher ist geleeret, Der Geist ist schon dahin, Ich laufe ganz zerstöret, Weil ich nicht bei mir bin.« Nun weiß ich was geschehen, Warum sie floh daher, Nicht wagte umzusehen, Sich stürzte in das Meer. Warum die Blumen erbleichen Auf ihres Pfades Spur, Unschuldig Blut kann weichen Der schuld'gen Rache nur. Er ist bei ihr getödtet Bei ihr, sie stürzt ins Meer. Held Ocean erröthet Und seufzet auf so schwer. Also der Feinde Flotte Wirft aus am fernen Strand! »Sei frei beim Wellengotte, Da Sklaverei im Land!« Wer's mit dem Blut bewähret, Der ist ein Prinz vom Blut. Prinz Ludwig war bescheeret Und wie ein Schutzgott gut. Auf seinem leichten Schimmel, Auf seiner Tigerdeck, Da kam er wie vom Himmel So sicher und so keck. Er war bei allen Dingen Mit seiner ganzen Seel, Mocht es ihm wohl gelingen, Mocht es ihm schlagen fehl. Er war bei allen Dingen In allem gleich geschickt. Mit Feinden konnt er ringen, Durch Saitenklang beglückt. Die Meister ihn umstanden In Demuth bei dem Spiel, Und seine Worte fanden Wie spitz'ge Pfeil ihr Ziel. Mit seinem hohen Leibe, Mit seinem Stern und Glück Stellt er sich hin als Scheibe, Ob heilig unser Geschick? – Nur für sich selbst kann stehen Der edle, kühne Mann, Ob er die Welt gesehen, Das prüft er, wo er kann. Nicht in den Weg zu treten Der großen Weltenseel, Darum will er nicht beten, Er bleibet ohne Fehl. Denn was zum Heil begonnen, Das fängt sich an mit Glück, Die Opferthiere sonnen Sich in der Mordaxt Blick. Er läßt die Locken schneiden Für die Geliebte sein, Damit wenn er sollt scheiden, Ihr blieb von ihm ein Schein. »Umlockt vom Lorbeerkranze Komm ich zurück zu dir, Sonst seh ich in dem Lenze Nicht mehr die grüne Zier!« Betäubt der Trommel Schallen! Was du voraus gesagt, Die Guten werden fallen, Ihr Fall bleibt unbeklagt! Ihr Fall wird nicht mehr nützen, Sie fallen nach der Zeit, Die Thoren werden sitzen Mit klugem Spruch bereit. »Es sei! Doch nicht erblicken Will ich die Schmach der Welt, So nimm mein letzt Entzücken, Ich sieg, ich fall als Held!« Der alte Grenadier 1806. Hier auf Leichen muß ich sitzen In dem wüsten Auerstädt, Seh die Feinde näher blitzen, Wie ihr Schwert die Preußen mäht. Beide Füße sind zerschossen, Sterbend mich der Sohn forttrug, Wo mit Friederich dem Großen Ich die wilden Feinde schlug. Lieber Sohn, auf deinem Rücken Würfle ich um das Geschick, Denn ich kann mich nun nicht bücken, Denn ich sah des Alten Blick. Hier sollt ich gefangen werden. Fernhin sah ich Roßbachs Feld, Wo sie flohn wie Lämmerheerden, Wo ein jeder Preuße Held. Hieher mit den Grenadieren Zog ich ganz aus freiem Stück; Keiner weiß uns anzuführen, Es ist aus mit unserm Glück. Wär ich nun daheim geblieben, Glaubte ich es keinem Freund; Wäre ich nur todt geblieben, Ach schon trommelt nah der Feind. Wie die Gänse thun sie schreien, Nein, die Flinte kriegt ihr nicht, Alter Ruhm thät mir sie weihen, Die mein Arm in Stücken bricht. Auf dem Heerd das Feuer brennet, Hat ein Geist es angemacht? Wie es in dem Dorfe rennet, Freiheit weht in Flammenmacht. »Darum säe ich die Kohlen Hier im dichten Strohe aus, Daß uns nicht die Feinde holen, Knabe flieh, ich zünd das Haus.« Kommt der Knabe nicht gelaufen, Will nicht um sich sehn, er flieht, Die Blessirten sind in Haufen Und sie lächeln wie es glüht, Als die Flammen aufwärts steigen, Tausend Seelen ziehn empor, Und die Feinde müssen weichen Vor dem strahlenreichen Chor Und aus ihren Marterqualen Brennen die Blessirten auf, Ach wer kann den Alten mahlen, Wie er reisig steht zum Lauf, Und in mächtigen Gedanken Springet ihm der Scheitel durch, Ewger Muth bricht alle Schranken, Ringet in die Himmelsburg. Prinz Eugen 1 Prinz Eugen, der edle Ritter, Will dem Bonaparte machen Eine gar gewaltge Schlacht, Blieb in Halle stehn mit Lachen, Will der Feinde Plane wittern, Jede Sicherheit veracht. Wär ein Bollwerk auf der Brücke, Müßten wir uns lange halten, Und das kostet Menschenblut; Oder gingen wir zurücke, Würd man uns für feige halten, Vorzugehn thut auch nicht gut. Abzuwarten ist jetzt Mode, Kommt der Feind mal außer Othem, Stehen wir noch immer fest, Wie ein Zaunpfahl stehn ist Tugend, Lasset nur die rasche Jugend, Denn sie weiß nicht was das Best. Seine Truppen kantonieren, Er will sich nicht sehr genieren, Bleibt in seinem weichen Bett, Lacht zu seinem Adjutanten, Die zu ihm mit Eile rannten, Weil der Feind schon schießen thät. Das ist groß Rekognosziren, Meine Herrn, laßt euch nicht irren, Denn wir sind noch nicht bereit, Ei was sollten sie denn kommen Eh die Wagen weggenommen, Ei, das wär ja vor der Zeit. »Prinz, sie kommen hell in Haufen!« Ei so laßt sie immer laufen, Schießt, wenn da Kanonen sind, Die Bagag' besorg' ich immer, Zang und Stuhl geht mir in Trümmer Und verloren wär manch Kind. Prinz Eugen, du bist wohl schwanger, Hast wohl nach Franzosen Lusten, Machst du einen Kaiserschnitt? Als das die Franzosen wußten, Nahmen sie die rechte Zange, Kamen an in schnellem Schritt. Die Kanonen demontirten Sie im nächsten Augenblicke, Schickten ihre Schützen aus, Vor des Hofrath Schützens Blicken Ganz entsetzlich tiraillirten, Plünderten sogar sein Haus. Drängten auf dem offnen Markte Reiter, Fußvolk wie zum Kaufe, Von dem Blut die Straßen naß, Und der Feind entsetzlich harkte An den Ecken hohe Haufen, Wo er hintrifft, wächst kein Gras. Prinz Eugen, der wollt nun stellen Seine Truppen in Parade, Er erlaubt es uns aus Gnade, Daß sie fallen, weil sie todt, Wie in solchen Unglücksfällen Jeder sucht sich wegzustehlen, Natzmer nur half aus der Noth. Treskow wurde ganz vergessen, Kam ganz ungewarnt marschieret, Ist umringt und attakiret, Muß das Schlachtfeld bald verlieren, Ist in kurzer Zeit vermessen, – Prinz Eugen gar nichts verliert. Denn der Feind find's so geschenket, Was er hier so leicht empfangen, Hält es für ein Prinzenglück. Unsres Prinzen er gedenket, Den Geburtsstuhl und die Zange Schickt er ihm umsonst zurück. Als er die zurück bekommen, Meint er, daß er nichts verloren, Menschen schafft er nun sogleich, Denn was lebt, das ist geboren, Als Soldat wird angenommen, Dieser Nachwuchs rächet euch. So muß jeder accouchiren, Daß das Kindlein mit dem Bade Ausgegossen sich verlor, Braucht dann Ammen nicht zu führen, Wartet nicht auf Priesters Gnade, Wen'ger braucht des Prinzen Corps. Ruhig steckt er Pelz und Hose, Auch den Dollmann weit und lose Zu der allerschönsten That Hoch auf eine Bohnenstange, Also ward den Vögeln bange, Also schützt er unsre Saat! Er mit gar geschwinden Händen Muß sogleich das Kindlein wenden, Freien aus der Leibeshaft, Ei es ist ein gut Geselle, Keiner jetzt an seiner Stelle, Guter Wille ohne Kraft. Solch ein Überfall bei Tage, Den im voraus jeder wußte, Als ein Wunder Preußen ziert! Größre Wunder, größre Plage! Und den Prinzen hört ich sagen: »Hab gesiegt, dann retirirt.« Fußnoten 1 Prinz Eugen von Würtemberg, der 1806 bei Halle von den Franzosen sich schlagen ließ; er war ein eifriger Geburtshelfer. Bassewitz 1806. Bassewitz auf seinem Rappen Durch die Weser ist geschwommen, Um recht schnell zu Streit zu kommen; Führt mit Glanz sein altes Wappen. Über Hecken, über Zäune Setzt er spielend in dem Sonnenscheine Als in Blut die Sonn' gesunken Und sein Volk von Jena flüchtet, Er sich treu nach allem richtet, Und sein Muth ist nicht gesunken. Trauern kann er nicht, nur lachen, Weiß noch lustig sich mit Leid zu machen. Als zum Meere sie gedränget, Viele das Gewehr schon strecken, Mag er sich nicht mehr verstecken Hinter Demuth, die ihn enget, Auf die Feinde loszuschlagen Kann er Einmal sich nicht mehr versagen. Blau und roth sein Degen flimmert Und auf die geschlossenen Reihen Hauet er allein mit Schreien, Einen Adler ganz zertrümmert; Doch von vielen bösen Hunden Wird der Löwe selber überwunden. Gegen die verschlossne Thüre Vom Begräbniß all der Seinen Sie ihn drängen und nicht meinen, Daß es nur sein Feuer schüre, Wenn sie ihm das Leben schenken; Nicht von seinem Schimpfen kann's ihn lenken. Seine Hände, festgehalten, Können sich nicht los mehr reißen, Doch sein Mund kann sie noch beißen, Selbst den Ehrenkranz erhalten. Und sie spießen ihn mit Degen An die Thüre, seines Schimpfens wegen. Wie die Fledermaus genagelt, Wie der Falke an den Thoren, Lebend giebt er nichts verloren, Und er beißt noch in den Degen, Der den Lebensfaden schneidet, – So den Tod er unbezwungen leidet. – Wie ist so leer mein Sinnen 1806. Wie ist so leer mein Sinnen, Was mich erfreuen kann, Die Thränen nicht mehr rinnen, Komm ausgeweinet an. Hier ist der Ort, der schlimme, Hier sank mein armes Land, Doch fühl' ich nichts von Grimme, Mir ist das wie bekannt. Ich habe vorgenossen Die ganze Bitterkeit, Und wo mein Blut geflossen, Da steht es stille heut. Für uns seid ihr gefallen, Wie sollen wir euch danken? Ihr Streiter habt Gefallen Nicht an den Nachgedanken, Nur an gewalt'ger That Erfüllen, Wovon die Hügel beben, Die euer starkes Leben Mit ew'gem Grün als Denkmal hüllen. Wie bebt die Himmelsleiter, Ob ihr auch seid verloren, Ist euch der Himmel heiter, Seid ihr für ihn erkoren. Euch hilft da muthig weiter Streiten, Mit schwindelndem Entsetzen, Wir haben das Ergötzen, Goldnägel eurer Schuhe sehn wir schreiten. Die Uebergabe von Stettin, Küstrin, Magdeburg und Hameln 1806. Trompeter, komm' uns nicht zu nah! Die Wälle möchten fallen, Was auch bei Jericho geschah, Erst glaubt man's nicht, dann ist es da, Wenn die Trompeten schallen. Du Gouverneur der Stadt Stettin Machst gar sehr schwache Mienen, Du bist sonst grob, sei einmal kühn, Wenn sie an unsr Wälle ziehn, Mit Kugeln sie bedienen. Er füllet mit gewalt'ger Eil' Die eingestürzten Wälle, Geschieht das nur zur Kurzeweil, Da tausend Mann mit Axt und Beil Die schönen Bäume fällen. Sie fordern auf, und meinen nicht, Daß du dich würdest geben; Doch du verträgst kein solch Gericht, Der Tag sich auch schon wieder bricht, Du mußt dich übergeben. Wie das erhört ein altes Weib, Sie ging mit dem Pantoffel Dem Kommandanten sehr zu Leib, Es war ihr gar kein Zeitvertreib, Er schrie, der arme Teufel. Die Garnison hat kurz und klein All ihr Gewehr' zerbrochen, Zerrissen muß der Rock auch sein, Wir alle schwören Stein und Bein. Daß sie sich gern gerochen. Ihr Gouverneurs, denkt diesem nach, Nichts müßt ihr halb beginnen, Und brennt das Schnupftuch auch zu Asch' In eurer weiten alten Tasch', Ihr müßt euch nicht besinnen. Für Zaubereien hütet euch, Küstrin ist so gefallen, Der Kommandante kam sogleich Mit den Franzosen in Vergleich, Wie er hört Geld erschallen. In Magdeburg, da baten drum Elftausend der Jungfrauen, Sind so viel drin, so sei es drum! Der Kommandante war so dumm, Kaum will der Feind ihm trauen. In Hameln pfiff den Kommandant Der alte Rattenfänger, Es kräht der Hahn zu seiner Schand', Er hat verrathen Leut' und Land Und hielt sich auch nicht länger. Todtenopfer 1806. Nun die Schlacht vorüber, Nun die Lebenden gezählt, Ach der Todte, der uns fehlt, War vor allen uns doch lieber; Und der Nachruf klingt so trüb: Ach der Todte war uns lieb, Und die Nacht, die uns umgiebt, Hat vor allen ihn geliebt, Hat ihn an ihr Herz gelegt, Und so schwer an Thränen trägt. Wache auf, du Treuer, Ruft der Geister Himmelsschaar, Jeder Stern glänzt freudenklar Zu dem neuen Schlachtenfeuer, Sieh auf himmlischem Gefild Fromme fest und Böse wild, Schon erhebt sich Wolkendampf Von dem höhern Geisterkampf Über unserm Sternenzelt Sind sie schon zum Kampf gestellt. Kennst du deine Brüder, Die du lange hast vermißt, Freue dich, du frommer Christ; Schlage nicht die Augen nieder, Christus will vor ihnen ziehen, Seine Wunden rosig blühen; Und er winkt und rufet dich; Alle Brüder freuen sich, Ihre Schaar ist noch nicht groß, Du bist heut ihr Schlachtgenoß. Und jemehr hier fallen, Dort so größer wird das Heer, Zu des heil'gen Thrones Wehr, Der vom Bösen angefallen, Wundert euch darum nicht mehr, Daß die Frommen hier im Heer Früher sinken in dem Streit, Sie gehören hehrer Zeit, Wo ihr Herz einst ganz erkannt Und ihr Muth zur That entbrannt. Klein ist irdisch Streiten Gegen jene Heldenschlacht; Doch auch in der Erdennacht Wird ein Dämmerschein uns leiten, Himmelszeichen retten oft, Wer auf Himmelsgnade hofft, Steigern muß der ird'sche Streit Daß zum Höhern wir bereit; Ja, das Leben wäre Wahn, Wenn es nicht des Himmels Bahn. Sagt, was ist hier Lieben? Alles, was uns hier entzückt, Uns der Erde frei entrückt! Und ihr fragt, wo er geblieben? Droben weiß das Herz die Lust, Die es suchte unbewußt, Und der Schmerz enträthselt sich, Und was mit der Zeiten wich, Kommt dort endlich doch zurück. Trauert nicht um Todesglück! Der Geist des alten Königs (Friedrichs des Großen) Auf dem Berge ohne Sorgen Sitzt der große König krank, Hat mit Müh' den Kopf erhoben, Sieht zur Sonne hell und klar. Hat die Sonne fast geblendet, Hat zwei Sonnen im Gesicht, Und ganz ruhig er da denket: »Sonne, bin bald näher dir!« Will sein Testament nun machen, Findet, daß er gar nichts hab, Alles seinen Unterthanen Er mit milden Händen gab. Nur den heil'gen, alten Körper, Daß kein Mißbrauch ihn entehr', Daß man ihn nicht möchte stören, Möcht' er fernen vom Verkehr. Die mit Liebe an ihm hingen Alle Noth mit ihm getheilt, Seine Hündlein vor ihm springen, Mancher ist voraus geeilt. In der Näh' sind sie begraben, Und er schreibt mit eigner Hand: »Unter ihnen sei begraben Auch mein Leichnam ohne Pracht.« »Denn die meine Ältern scheinen, Machten mir den ersten Schmerz, Die mich zu beerben meinen, Erben nicht mein großes Herz.« Demuthvoll blieb unerfüllet Dieses Willens trüber Ernst, Ahndung damals schon enthüllte, Was die Klugheit nicht entfernt. Nein, zum großen Erbbegräbniß Trägt der Erb' ihn selbst mit Pracht, Und es zeiget dies Begegniß, Daß er schon ganz anders dacht'. Aus dem Marmorgrab der Kirche, Wo ihn keine Neigung band, Kam er oft zurück geirret, Zu den Thieren, ihm bekannt. Schüttelt dann mit seinem Kopfe, Drohet mit dem Krückenstock, Wenn's nicht alte Weiber logen, Denn die glauben an ihn noch. Einmal wollt' er ruhig schlafen In dem engen Kämmerleim, Kommen Leute an mit Fackeln, Und sie stellen sich da fein. Kommt ein König und ein Kaiser, Eine schöne Königin, Sprechen zu einander leiser, Reichen sich die Hände hin. Bald ist Krieg im ganzen Lande, Keiner weiß noch recht warum, Als die Truppen schon voll Schande Laufen um die Erd' herum Als vom Sarge dieses Helden Nimmt ein fremder Held das Schwert. Späte Zeiten werden melden, Was das heil'ge Schwert einst werth. Unruhvoll muß er nun wandern Mit dem eilend flücht'gen Heer, Weil er Stiefeln mußte tragen, Wurde ihm das Laufen schwer. Und von einem zu dem andern Gab er seinen besten Rath, Aber immer muß er wandern, Weil noch keiner danach that. Gar kein Feldherr wollt' ihn kennen, Dieser warf ihn aus dem Haus, Dieser wollte mehr noch können, Meint, man käm' damit nicht aus. Endlich kam er zu dem Dichter, Doch, weil er französisch sprach; Rief er auch den kritschen Richter Aus dem schönen Himmel wach. Doch der sprach von Lesearten, Und ich konnt' ihn nicht verstehn, Auf die Metrik sollt' ich halten, Und der Geist mußt' weiter gehn. Doch der Kritiker wollt' bleiben, Und ich mußte schreiben nun, Ach, womit ich nicht kann treiben Aus dem Backofen einen Hund! Halt dich Danzig! 1807. O Danzig, halt geschlossen Dein hochgemauert Thor, Die Gäste sind entschlossen, Sie klopfen an davor. Die selbst zu Gast sich laden, Sind ungebetne Gäst', Die stoßt nur mit der Nasen Wohl auf die Tischeck' fest. Die Gäst', die dein verlangen, Du kennst sie lange Zeit, Denn wo sie hergegangen, Brennt Feuer weit und breit, Sie thun zusammenraffen Gesindel aller Ort, Ein freies Land zu strafen, Beginnen sie den Mord. Und wo sonst nichts zu holen, Sie holen Räuber her, Sollst laufen jetzt die Polen, O Jungfrau voller Ehr'. Sei ruhig Jungfrau, reine, Dies ist die Feuerprob', Wohl in dem Bombenscheine Verdienst du großes Lob. Sie dienen all dem Teufel, Du aber dienest Gott, So fahren alle Zweifel Aus deiner grimmen Noth. »So will ich nicht verzagen, Ich armes Mägdelein, Gott will ich es nur klagen, Der wird mein Schutzherr sein.« Stadt Danzig, wir dich kennen Aus der Belagerung, Dich wird kein Feuer brennen, Dein Leid zum Himmel drung. Es brennet nie zu Asche Dein Schleier hell und klar, Das Schnupftuch in der Tasche Mit keiner Thrän' bewahr'. Nein, fasse Muth im Herzen, Und lösch' mit fester Hand Der Bomben Schwefelkerzen, Schick sie zurück gewandt. In Danzig sind geboren So manche Kindlein zart, Die sich der Herr erkoren, Die all' der Herr bewah In Danzig steht in Blüthe So manche Jungfräulein stolz, Sie beten von Gemüthe, Sind keinem Franzmann hold. In Danzig unter Sorgen, Da sitzt manch Nönnelein, Die winden alle Morgen Von Palm drei Kränzelein. Das eine Gott dem Vater, Das andre Gott dem Sohn, Das dritt' dem heil'gen Geiste, Gott sieht es von dem Thron, In Danzig stehn zur Wehre Der tapfern Krieger viel, Zu Fuß und auch zu Pferde, Die treffen wohl ihr Ziel. Im Zeughaus klirren Waffen, Aus alter, tapfrer Zeit, Und wen die einmal trafen, Der läuft dann gar nicht weit. Ihr Russen seid willkommen, Verbunden hält sich gut, Was einzeln unternommen, Zu gar nichts führen thut. Ihr Preußen seid begrüßet, Ihr Landsleut' gebt wohl acht, Viel edles Blut schon fließet, Gott über euch nun wacht. Das Freikorps muß ich preisen, Trägt Flinten von dem Feind, Die Freiheit muß sich weisen, Wenn Muth durch Ordnung scheint. Nun laßt uns einmal schauen, Wo jetzt die Feinde sind, Wie Schweine sie sich bauen Ihr irdisch Haus geschwind. Zu Danzig auf den Mauern, Da liegen Kanonen viel, All' Morgen sie belauern Der falschen Feinde Spiel. Es bellen alle Morgen Der wachsam Hündlein viel, Sei, Danzig, ohne Sorgen, Wenn dir der Morgen kühl. Vom Hagelsberg laß hageln Der runden Kugeln viel, Die Kegel fast verzagen Bei solchem guten Spiel. Ja, in dem eignen Graben Sie rollen auf den Feind, Die aufgestellt sie haben, Die haben's nicht gemeint. In Danzig auf dem Markte, Da stehen Fässer Wein, Wer trinken will den starken, Muß kein Franzose sein. Im Arthushof ohn' Sorge, Bei hoher Tafelrund, Da stehet Sankt George, Sticht bald den Lindwurm wund. Und ist der Wurm verwundet, Er durch sich selbst erliegt, Von eignem Gift, gesundet Kein Teufel, der besiegt. Heil Danzig, er bewahret Den jungfräulichen Kranz In deinen goldnen Haaren, Und Ehre kommt zum Glanz. Du kannst den Schmuck verschmerzen, Landhäuser voller Pracht, Du trägst den Schatz im Herzen, Der treuen Liebe Macht. Wirst dafür Schiffe senden In's Meer mit stolzer Pracht, Jetzt liegt in deinen Händen Die Welt mit ihrer Macht. So laß die Feinde stürmen, Ganz ruhig schau es an Von deinen hohen Thürmen, Die Feinde sind im Bann. Ein fester Sinn, der bannet Und herrschet in der Welt, Und jeder sich ermannet, Den Kalkreuth führt als Held. Er hat mit weiser Güte Die Kraft der Stadt vereint, Die Hände sich zu bieten Soldat und Bürger scheint. Und wer von seinen Treuen Soll bleiben für die Stadt, Der wird sich sterbend freuen, Ein Denkmal an dir hat. Dies hat so wohl gesungen Ein jung Soldatenkind, Die Russenlieder klungen Im Ohre nach geschwind. Sie ziehn zu dem Entsatze Mit gutem Wind und Muth, O wär' ich auf dem Platze, Es ließ mir wahrlich gut. Ich bin ein Mägdlein leider, O Danzig, so wie du; Hätt' ich nur Männerkleider Und Stiefeln auch dazu! Ich wollt' sie all' anführen In meiner Unschuld Kraft, Mich keiner sollt' anrühren, Der nicht den Feind bestraft. Scheinbarer Friede 1807. Ja, die Welt wird öde, Ja, die Welt wird leer, Und mein Aug' so schnöde, Grüßt das Licht nicht mehr; Was in Abendröthe Schien gewitternd her, Jetzt in Morgenröthe Macht die Luft so schwer; Ferne Donner rollen, Und die Arbeit gähnt, Ferne Feinde grollen, Friede wird gewähnt. Der freie Dichtergarten 1808. Kranker König, laß nicht schließen Mit der Eisengitterthür Deinen Garten, wo uns grüßen Edle Hirsch und Tannenthier, Wo die goldnen Fische spielen In dem letzten Sonnenstrahl, Wo sich goldne Aepfel kühlen In des Sees Spiegelthal Wo sich Goldfasanen brüsten Unter wildem Rosenglanz, Wo die stolzen Pfauen rüsten Hell den Tausend-Augen-Kranz Wo die türkschen Enten rauschen, Fast gedeckt von Schaum und Fluth, Und die lichten Schwäne lauschen Auf den Kreis von rothem Blut: Laß den Mädchen manche Blume, Laß den Kindern manchen Zweig, Ihrem Schatz ist die zum Ruhme, Dieser wird zum Schwert sogleich! Und mit solchen muth'gen Kindern, Und mit Buhlen keck und kühn, Kann dein Glück die Welt nicht hindern, Kannst du in die Schlachten ziehn. Bürger kommen an dem Abend, Wie es die Gewohnheit ist, Zu der Thüre, wo so labend Frischer Duft sich still ergießt, Treten an in frohem Tanze, Von der Arbeit, die beglückt; Zwitschernd aus dem Blätterkranze Der Kanarienvogel blickt, Zu des Abends lust'gem Reihen Macht er die Musik so gern, Kranich selber, tanzend schreien In dem Duft der Wiese fern. Doch die Thüre ist geschlossen, Die der Freude offen schien, Alle Bürger stehn verdrossen, Und die Frauen klagen kühn: »Wird der Garten uns genommen, Dieser Fluß, der kühl uns faßt; Wo wir frischend oft geschwommen, Wer ertrüg' der Arbeit Last? Will der König uns versperren? Stehn wir hier vor Feindes Land? Machte Gott ihn da zum Herren, Uns vom Paradies verbannt?« Zu des Volks empörten Sinnen Flimmernd durch das Gitterthor Schöne Flammenbäche rinnen, Dürstend steht das Volk davor! Hoch des Springbrunns Tropfen spritzen, Himmlisch wird ihr Zeugenchor, Hoch als Himmelsstern sie blitzen, Durstend steh das Volk am Thor. Nachtviole giebt ein Zeichen, Und ein Irrlicht steiget leis, Und die Leuchtgewürme streichen, Suchen in dem lichten Kreis, Leuchten, daß der Schimmer kehre Heim ins liebe grüne, Land, Daß der Hellespont nicht störe, Was die Liebe fest verband. Doch, die dunklen Reben weinen, Klagend steigt die Nachtigall, Kein Begegnen in den Hainen, Nirgend ist ein Liebesmahl. Schweigt, ihr Blätter, Flüsterstimmen Von versäumter Liebesstund', Wollet ihr das Volk ergrimmen, Seid ihr im geheimen Bund? Wiehernd kommt ein Zug von Rossen, Viere, schwarz und kraus heran, An die Thüre, die geschlossen, Spannt sie an ein Bürgersmann; Und die Thüre stürzet krachend Bei dem ersten Peitschenhieb, Und die Bürger ziehen lachend In den Garten doppelt lieb. Doch die Rappen von dem Knalle, Hintennach das Eisen schallt, Rissen aus und zogen's alle Durch die Straßen mit Gewalt; Wie ein Geist auf ihre Füße Schlug vom Pflaster hoch das Thor, Und sie traten aus wie Flüsse, Muth und Angst in ihrem Chor. Und der König kam gegangen, Dieser Stromwuth nicht entging, Blind sie auf den Kranken drangen, Wußte nicht wie's ihm erging; Nieder wurde er getreten, Seine Räthe allzugleich, Keiner konnte beichten, beten; Frei ist nun das ganze Reich. Erste Stimme. Selbstbescherung. Alles aus einem Gemüthe, Alles aus einer Brust, Springet mein Geblüte, Singet meine Lust. Vieles ihr möget tadeln, Vieles sei ehrenwerth, Alles um's zu adeln, Wird es mir beschert. Hell mir die Christnacht klinget, Thür auf, Thür zu die Welt, Und ein Kindlein bringet, Was mir wohlgefällt. Alles was abgeleget, Was es in Lust verbraucht, Was es sorgsam heget, Weil es mir nun taugt. Zweite Stimme. Selbstbeschwerung. O süßer Mai, Der Strom ist frei, Ich steh verschlossen, Mein Aug' verdrossen, Ich seh nicht deine grüne Tracht, Nicht deine buntgeblümte Pracht, Nicht dein Himmelsblau, Zur Erd' ich schau; O süßer Mai, Mich lasse frei, Wie den Gesang An den dunkeln Hecken entlang. Dritte Stimme. Selbstberuhigung. Wie übers Meer die Schiffe Zu heitrer Ferne ziehn, Schlag an der Laute Griffe Dir selber zu entfliehn. Die Ruder schlagen helle In die krystallne Fluth, Es springet Well' auf Welle, Ein junges Blut thut gut. Wie alle Segel schwellen, Wie schäumt der muntre Kiel, Mit Schäumen sich erhellen Der dunklen Wellen viel. Nun ruhet euch, ihr Arme, Ihr Ruder, tröpfelt ab, Ich fühle ein Erwarmen, Das ich mir selber gab. Die Winde sich versuchen, Wie's in der Laute tönt, Wer's Leben will versuchen, Der ist zur Stund' versöhnt. Im Schrecken zu genießen, Schau um im raschen Blitz, Verlorne Freuden grüßen Dich neu im Menschenwitz. Vierte Stimme. Das Wort. Mein lieber Sohn, Du starker Ton, Du trägst mich fort, Mich schwaches Wort. Die Wiege dein, Die enge Brust, Ist dir zu klein, Du springst in Lust. Ja wie ein Blick Hoch himmlisch trägt, Um mich Musik Die Flügel schlägt. Ein Luftschiff baut Sie mir behend Aus goldner Laut Ich streck' die Händ'. Glück auf, mein Sohn, Heb mich zum Thron, O sel'ge Stund, Zu ihrem Mund. Fünfte Stimme. Lieben und geliebt zu werden. Lieben und geliebt zu werden Ist das Einzige auf Erden, Was ich könnte, was ich möchte, Was ich dächte, Daß es mir noch könnte werden, Lieben und geliebt zu werden. Lieben und geliebt zu werden Lehrt ihr mich, ihr muntern Heerden, Wenn gehörnte Böcklein springen, Muß ich singen: Lieben und geliebt zu werden Wünsch' ich mir, es wird mir werden. Lieblich, um geliebt zu werden, Treibt des Abends Gold die Heerden Mit dem frohen Sängergruße Zu dem Flusse; Könnt' ich meinen Sinn erkühlen, Auszuströmen, auszufühlen. Liebend und geliebt zu werden, Ach wer trug da nicht Beschwerden, Seht die Stiere scharf sich drängen; Leichte Gänge! Streitend möcht' ich für sie sterben, Für sie leben, sie erwerben. Liebe, die ich lieben werde, Ich, die glücklichste der Erde, Und sie muß mir bald begegnen, Mich zu segnen; Denn noch nie mit süßerm Schallen Schmetterten die Nachtigallen. Liebe tritt mir bald entgegen, Wie dem Frühling warmer Regen, Grüne Blätter und von allen Tropfen fallen: Und kein Tropfen soll verkommen, Warum war ich doch beklommen? Liebend um geliebt zu werden, Lauscht der Wald dem Tritt von Pferden! Kommt Sie da? Ich hör' im Düstern Vögel flüstern! Nein, es jagen sich die Füllen, Kinder lieben nicht im Stillen. Lieb' ich, um geliebt zu werden, Still genügen mir Geberden, Vor mir leise reden, lachen, Sie umwachen! Mein vertrauter Lustgefährte Wär' der Traum auf ihrer Fährte. Liebend um geliebt zu werden, Reis' ich um die grüne Erde; Ach wo wird der Blick mich finden, Der mich bindet? Und an welchem frommen Heerde Bleib' ich, um geliebt zu werden? Lieben und geliebt zu werden, Lieblich Dasein, lieblich Werden, Heimlich Wesen und verstohlen, Wo sie holen? Ach in welchen öden Mauern Mag sie lauern, mag sie trauern. Liebend gleich geliebt zu werden, Letzte Abendröth' bescheere, Löse auf der rothen Schleifen Himmelsstreifen: Sinkt des Auges helle Wonne, Mir im Herzen steigt die Sonne. Wie mein Auge sich verklärte, Alles flüchtet, was beschwerte, Wie auf Wiesen Lüftlein zittern, Hell zu flittern: Flitterwoche wird mein Leben; Wird dann hell in Nacht verschweben. Liebend so geliebt zu werden, Ach zu arm ist diese Erde, In die Lüfte muß ich küssen, Sie zu grüßen: Nur der Überfluß der Sterne Giebt mir Zeichen aus der Ferne. Liebend wieder liebt zu werden, Lieget ruhig, liebe Heerden, Laßt euch nicht im Schlafe stören, Mich zu hören! Hört, ich muß nur Luft mir machen, Singend in das Feuer sehn und wachen. Sechste Stimme. Bund. Wenn des Frühlings Wachen ziehen, Lerche frisch die Trommel rührt, Ach da möchte ich mitziehen, Ach da werd ich leicht verführt; Handgeld, Druck und Kuß zu nehmen, Und ich kann mich gar nicht schämen. Wie die Waffen helle blinken, Helle Knospen brechen auf, Hohe Federbüsche winken, Die Kastanie hält was drauf, Blühen, duften, wehen, fallen, Und ich muß so lockend schallen. Wie gefährlich sind die Zeiten, Wenn die Bäume schlagen aus, Nachtigall schlug drauf bei Zeiten; Schießt Salat und macht sich kraus, Kinder, ihr müßt ihn bestehen, Die im Grünen sich ergehen. Schwinge nur die bunten Fahnen, Apfelblüth' im Morgenschein, Ja wir schwören beid' und bahnen Einen Weg, der uns verein'; Was im Frühling treu verbunden Lebt zusamm für alle Stunden. Ein recht Gemüth Springt mit den Nachtigallen Auf jede Blüth', Und freuet sich an allen! Von diesem Zweig Will Jener einzeln schallen, Nicht allzugleich Wie Saat der Menschen wallen. Doch was vermag Ihr wallend Herz zu stören? Nicht Trommelschlag! Zum Trotz sie schlägt in Chören. Nicht Kukusruf, Von Kindern oft befraget, Kein Schlag vom Huf, Der über Wiesen jaget. Nichts störet sie, Nur heller muß ich singen, Da höret sie Den Wiederhall erklingen; Ist voll das Herz, So geht der Mund wohl über, Und Lust und Schmerz Wird da unendlich lieber. Und nur zu bald Vergißt sie sich im Schlagen, Sich und den Wald, Fort kann der Falk sie tragen; Doch sieh den Falk, Er hört ihr zu betroffen, Der lose Schalk, Und hält den Schnabel offen. »Wehe, wehe, daß dem Schlechten Macht gegeben über's Beste!« Mit den Göttern ist kein Rechten, Flehe nur für dich das Beste, Daß sie dir dein Hälschen kühlen, Von der Fiebergluth verenget, Welche sonst die Ohren fühlen, Wenn dein Sang sie schwellend dränget. Denkt doch, Götter, wem gehöret Diese Stimme? Euer Leben Nicht mit solchem Muthwill störet, Wer kann sie euch wiedergeben? Hat doch jeder jetzt zu denken Schon genug, wer wird euch preisen, Und mit lieblichen Geschenken Euren Himmelsraum durchkreisen? Hiebevor, als wir Kinder waren, Beide, beide in den Jahren, Daß wir liefen auf den Wiesen, Von jenen hernieder zu diesen. Und unsre Stunden In Veilchen wunden, Da sieht man nun so hinein. Sieht so hinein, tief wie durch Bäume Jene goldne Berge scheinen, Soll der Abend denn schon dunkeln; Da dauert noch ferne das Funkeln! Kein Eichhorn springet, Kein Vogel singet, Die Nachtluft haucht schon herein. Wohl ich gedenk noch, daß wir saßen In den Blumen bis zur Nasen, Und es lispelten die Maien, Erschien da ein Kindlein im Freien, Geht mit dem Kranze Im Sonnenglanze, Also geht auch die Zeit von hinnen. Meinten nicht einmal, dies sei gewesen Unser Kranz, den wir gelesen, Lobten ihn und Beeren suchen Bei Tannen und rauschenden Buchen, Da rief ein Weiser Uns durch die Reiser, Wohl Kinder, geht nun hinein. Sahen uns nicht um nach seiner Weise, Sammelten die schwarze Speise, Und er ging mit schwarzem Munde, Wir lachten, es schallte im Grunde; Er hat gegessen, Was wir gelesen, Also geht auch die Zeit von hinnen. Farbig schien da in dem Kraute Eine Schlange, die ich schaute, Und ich nahm sie auf verlegen, Hat Blumen und Frucht nicht zu geben! Die Schlang' sich schwinget, Zum Ring sich schlinget; Also geht auch die Zeit von hinnen. Der Blinde schleicht am Wanderstabe, Weiß nicht, daß schon die Sonn' im Meer, Er trägt an seiner Last so schwer, Die Last ist seine letzte Habe Er trägt so treu zum sichren Grabe Den Knaben, der ihn führt bisher, Der fiel, denn Hunger drückt so schwer, Der bettelte für ihn um Gaben. Wird er den sichern Schooß nun finden, Der seinen Liebling sanft umfaßt, Doch was uns liebt und was uns haßt, Kann sich dem Blinden auch verkünden. Ich trug der Einsamkeit Vertraute, Die Laut', zerschmettert noch mit mir, Mein Herz war klagend ganz in ihr, Als ich vor mir ein Mädchen schaute. Die sang für sich und meine Laute Tönt heller wieder aus dem Mund, Er that mir andre Schönheit kund, Ich hörte wieder die Vertraute. Der Laute Ton ist heller funden, Ich fingre prüfend um den Hals, Ich freue mich des süßen Schalls, Und heller schlagen mir die Stunden. Den Finger legt sie auf mein Auge, Ein Wunder thut der Liebe Hand, Gar herrlich scheinet nun das Land, Durch tiefe Nächte kann ich schauen. Die Laute ist mir da entfallen, Ganz still im Gras sie liegen blieb, Wem alle Welt einmal nicht lieb, Wird tröstend in die Hand sie fallen. So ist der Freundschaft ahndend Wesen, Daß sie in sich zurücke tritt, Wenn sie gehört der Liebe Tritt, Sonst wär' es Freundschaft nicht gewesen. Dichter Wald der Dichter Erste Stimme. Die Verzweifelnde. Könnet ihr nur wiederhallen, Dunkle Wälder, meinen Ruf, Müsset ihr, wie ich, auch fallen, Meine Klage Sturm erschuf: Auf die umgestürzten Stämme Werf ich mich verzweifelnd hin, Und der Schmerz bricht durch die Dämme, Überfließt den dürren Sinn. Wie des wilden Weinens Reben Klammre ich mich an euch fest, Nie werd' ich mich wieder heben, Denn zerschmettert ist mein Nest; Horchend lieg' ich auf dem Boden, Auf der Ameis Trümmerreich, Und es zieht ein milder Odem, Eine Stimme hold und weich! Wir sind erschlossen Im Sange so freundlich, Und alle Genossen, Und keines mehr feindlich. Zweite Stimme. Die Liebende. Ach ihr ernsten, kühlen Winde, Wendend, prüfend jedes Blatt, Wendet nur mein Schiff geschwinde, Denn ich fühle mich schon matt: Eine Heerde Schmetterlinge Treib' ich nun durch Büsche hin, Ehe ich sie zu euch bringe, Naschen sie mit klugem Sinn. Aber mir bleibt ungenossen Ohne dich der Wiesen Glanz, Mancher Bach kommt angeflossen, Durstend flecht' ich dir den Kranz; Liebe führt mich wie die Fehe, Spannt zwei Schmetterlinge an, Daß ich dich, du Süßer, sehe, Den ich lang' schon hören kann. Wie sind wir erschlossen u.s.w. Was jeden gedrücket, Macht sorgenfrei alle, Und alles beglücket Und löst sich im Schalle. Dritte Stimme. Die Besorgte. Hat der Liebste nicht geschrieben, Wein' ich mit dem Abendthau, Hohe Felsen muß ich lieben, Weil ich gern zur Ferne schau. Ist er mit dem Roß gestürzet, Oder wohl aus Gram erkrankt? All mein Leben wär' verkürzet, Und mein Schritt schon zitternd wankt, Wenn das meine Mutter wüßte, Ach sie grämte sich zu todt, Daß so jung ich sterben müßte, Heute roth und morgen todt! Ach sein Sonnenschirm mich decket, Und die Sonne scheint nicht mehr! Seine Stimme fern erschrecket, Er ist nah und lachet sehr! Wie sind wir erschlossen u.s.w. Wie eilen die Schritte, Als wär' es ein Tanz, Es tanzt in der Mitte Der Abend mit Glanz. Vierte Stimme. Die Müssige. Ach was hat man vom Spazieren, Grün ist überall doch grün, Und wohin wollt ihr mich führen, Meine Füße, ihr seid kühn. Nein, der Tag soll nicht versinken, Unachtsam und unbemerkt, Sehnsuchtsvoll die Wälder trinken Aus dem Strahlenmeer gestärkt. Doch ich wollt' ich wär' am Ziele, Wollte, daß ich hätt' ein Ziel Doch es giebt so viel Gefühle, Und es wird schon etwas kühl; Ei das paßt sich ja recht prächtig, Allerliebst ist dieser Sang, Der so heimlich, der so mächtig Aus dem dunkeln Walde drang. Wie sind wir erschlossen u.s.w. Die Blumen umschlingen Die Füße mit Kränzen, Sie glänzen dem Singen, Sie duften den Tänzen. Fünfte Stimme. Die Studirende. Wie die Bäume vor dem Fenster Funkeln, rauschen hin und her, Und die Schwalben wie Gespenster, Pfeilschnell schießen kreuz und quer; In den Büchern wird's so trübe, Aller Sinn mir fast vergeht, Zwielicht scheut der Weisheit Liebe, Lieb' im Freien sich ergeht. Ach was hör' ich für ein Singen, Doch da fehlet meine Stimm', Kinder wie nun zu euch dringen, Daß ich mit zum Himmel klimm'; Bald so nah und bald so ferne Auf des Felsens Schlangengang, Seid ihr meinem Sinn wie Sterne, Nah dem Herzen, fern dem Drang. Wie sind wir erschlossen u.s.w. Der Waldglanz versinket Beim nächtlichen Gang, Und spiegelnd uns winket Viel heller der Sang. Sechste Stimme. Die Wirthliche. Alle sind wir fortgelaufen, Keine sorget für den Tisch, Denn die Erdbeer, roth im Haufen, Ladet sie zum Walde frisch; Wenn sie dann nach Hause kommen, Fragen sie nach Labung gleich, Eine hat sich müd' geschwommen, Jene kletternd durch den Zweig. Wenn ich auch so denken wollte, Wie bestände da das Haus, Lieber wär' mir's auch, ich holte Statt der Kräuter einen Strauß; Was sie da wohl wieder singen? Ach das klingt doch gar zu schön, Mag die Katz' das Essen bringen, Ich muß hin zu dem Getön. Wie sind wir erschlossen Im Sange so freundlich, Und alle Genossen Und keines mehr feindlich; Was jeden beglücket, Macht sorgenfrei alle, Uns alle beglücket Und löst sich im Schalle. Wie eilen die Schritte Als wär' es ein Tanz, Es tanzt in der Mitte Der Abend mit Glanz, Die Blumen umschlingen Die Füße mit Kränzen, Sie glänzen dem Singen, Sie duften den Tänzen. Der Waldglanz versinket Beim nächtlichen Gang, Und spiegelnd, uns winket Viel heller der Sang, Dies Bächlein noch rauschet, So träumend wir grüßen, Die Nachtigall tauschet Mit lustigen Küssen. Wie sind wir verbunden Im Sange so freundlich, Die feindlichen Stunden Sind allen vereinlich, Wie wird hier erschlossen Ein Wiederhall prächtig, Der nimmer genossen; Wir werden andächtig! Lehrgedicht an die Jugend Ganz in allem gegenwärtig, Sei es Ernst und sei es Spiel, Ist Natur des Winks gewärtig, Der ihr zeigt des Strebens Ziel: Gestern noch in Mädchenspielen Gleitet Sie auf Eis mit Lust; Frühling kommt, Sie lernet fühlen, Fromme Milch schwellt Ihre Brust. Sohn, Sie folget deinen Winken, Du der Geister Auge bist, Lasse nicht dein Auge sinken, Irrend Sie dich bald vermißt; Sprachrohr aller guten Geister, Sei bereit und nicht zerstreut, Wenn der ew'ge Himmelsmeister Dich mit mächt'gem Wort erfreut. Willst du was, ergieb dein Leben, Es mit ganzer Seele treib', Vieles wird sich dir ergeben, Vieles wird ein Zeitvertreib. Doch das meiste wird dich fliehen, Wo der Schein dich schnell besiegt, Vor des Geistes Vollerglühen Falsches Gold wie Rauch verfliegt. Eh' du kannst die Welt bezwingen, Bilde dich mit Fleiß an ihr, Und gar stille Freuden dringen Aus dem frommen Dienst zu dir, Wer zu dienen erst verstanden, Wird zum Herrschen dann geschickt, Nur aus vieler Formen Banden Steigt des Gottes Bild geglückt. Weil er alle Welt muß fühlen, Reift der höh're Mensch erst spät, Stürme grimmig in ihm wühlen, Ihn begeistert, was da weht. Bis er nach dem langen Stimmen Das Bestimmte trifft und kennt, In der Welt verschiednen Stimmen Dann vereinet, was getrennt. Deine Stimme in den Chören Klingt, obgleich es keiner weiß, Nur dich opfern, ihn zu ehren, Kannst du diesem höhern Kreis, Und sein Geist wird ohn' dein Wissen Dann zu lenken dich verstehn, Denn er ist wie das Gewissen, Läßt sich auch nur strafend sehn. Das Bestimmte muß er ehren, Umriß bleibt des Schicksals Sinn, Muß das Unbestimmte stören, Denn der Ärger bildet drin; Schonen darf er nicht die Kranken, Doch Erinnrung macht ihn zart, Wenn die Kräfte sich auszanken, Art läßt endlich nicht von Art. Liebe dich nicht im Verziehen, Liebe dich in harter Streng', Harter Stoff kann dauernd glühen, Weicher Sinn beschließ uns eng: Weicher Stoff kann sich verwandeln, Harter Stoff giebt die Gestalt, Und so herrscht im Denken, Handeln Fest besonnene Gewalt. Denke aus, was dich erschrecket, Also unterwirfst du's dir, Und der böse Geist, der necket, Wird zum lust'gen Diener schier. Sei im Geiste dir getreuer Und der Geist läßt dich allein, Ja er ist vor dir noch scheuer, Als du magst gewesen sein. Suche nie dich zu betäuben, Horche jedem Herzensschlag, Denn die Mühle mag wohl stäuben, Doch zu treiben sie vermag; Und die Räder gehn zu hörbar, Ehe noch der jüngste Tag Kommt Gedächtniß unzerstörbar Aus dem Rausche dumpf und wach. In dem Lernen sei ein Schaffen, In der That für andre Lehr, Stets dein Urtheil unter Waffen, Und Gefühl zur Gegenwehr. Muß die Sonn' sich ewig drehen, Glück ist nicht in träger Ruh, Denn die Füße sind zum Gehen, Geh auf eignen Füßen zu. Scheint es auch, das Hohe falle, Scheint es doch von Sternen auch, Doch die Sterne wieder wallen Ruhig nach dem alten Brauch, Schau ihr Fehlen nicht im Ärger, Nein, versteh ein göttlich Herz, Unter Wolken sie verbergen Ihren Freunden nur den Schmerz. Fühle Trost in jungen Jahren, An dem Gott im Menschenkleid, Manche sich durch Schrift bewahren, Einer lebt in unsrer Zeit: Will er mild den Arm dir reichen, Drück ihn nicht wie andre Freund', Glück, das paart sich nur in Gleichen, Gott ist mehr als Menschenfreund. Und erscheint als Gott dir Goethe Auf der Menschheit höherm Thron, O so glaub der Abendröthe, Werd' nicht roth vor ihm, mein Sohn; Rüstig dann mit tücht'gen Händen, Wirst du frisch zum eignen Werk, Was vollendet, kann nicht enden, Zum Vollenden fühl' die Stärk'. Überlaß dich deinem Gotte, Fühle was du selber bist, Was noch taugt, das trotzt dem Spotte, Roheit schlecht bestanden ist: Laß dich gern empfindsam schelten, Sei es wie die Weltgeschicht', Tief empfindsam sind die Helden, Nur der Sklav empfindet's nicht. Becherklang Melodie von J.F. Reichardt. Seit nun Gott die Welt durchschnitten Mit der Allmacht sausend Schwert, Liegt in Tag und Nacht inmitten, Wer des Weines Becher leert: Tief und dunkel zieht der Becher, Licht und strahlend singt der Zecher, Schwingt den Huth und jubelnd singt, Daß der Becher schwirrend springt. So soll Wein die Welt verbinden, Die getrennt in Licht und Nacht, Wie die Lichter mir verschwinden, Scheinet licht, was ich gedacht, Daß nun alle mit mir singen, Muß mir Herz und Mund aufspringen, Ja des Paradieses Baum Hat in diesem Keller Raum. Seht, es steigt aus mir hernieder Lucifer, der lang verbannt, Er und Bachus sind zwei Brüder, Es erscheint ein neues Land Weingelaubt der Jünger Schaaren, Flammen in des Waldes Haaren Leuchten durch die Dämmerung Alle in erhabnen Schwung. Panther, Löw' und blaue Schlangen Liegen auf dem Rücken schon; Faunenweibchen, ohne Bangen Säugst du Tieger ohne Lohn? Können sie dich nicht mehr missen, Einen hab ich abgerissen, Der hing fest an deiner Brust, Nimm mein Söhnlein dran zur Lust. Was erblick ich, die Gesellen Halten Kronen rings für mich, Wollt ihr euch wie Menschen stellen, Oder bin ein Gott auch ich? Nun so kann ich euch beglücken, Kann erschaffen mit Entzücken, Heute schaff ich euch die Welt, Wie ein jeder sie bestellt. Tanzet munter, tretet Leimen, Tretet Rosenblätter drein, Und ich will schon tüchtig reimen, Feuchtet an den Stoff mit Wein, Laßt den Honig aus den Zellen, Seht wie schlägt der Wein nun Wellen, Macht den Kopf zur Töpferscheib, Menschen formt zum Zeitvertreib. Lebe jeder, der's verlanget, Sterbe, wer nicht leben mag, Was der Brüder Herz erlanget Und verlanget, jeder sag, Was der Wein jetzt offenbaret Sinkt in Nacht, wenn Tag uns klaret, Nur der Augenblick sei ganz Offner Herzen Flammenkranz. Ich, der Becher geh im Kreise, Tausend Geister send' ich euch, Jeder bleib bei seiner Weise, Bin ich doch für alle reich. Wie ein Meer ich kann euch fassen Und die Welt, sie liegt im Nassen, Jedem wird ein Schatz gezeigt, Der sein Haupt recht tief mir neigt. Kommt, ihr meine lust'gen Böcke, Auf die höchste Felsenspitz', Pflanzt mir da die schönsten Stöcke, Daß der Wein hochthronend sitz', Unter lichten Rebenlauben Stoßen Ziegen sich um Trauben, Mir zum Munde spritzt der Saft, Alle Welt ist voller Kraft. Melodie An Fräulein von Hügel. Auch Melodie ist irdisch wandelbar, Dieselben Noten bleiben nicht dieselben, Aus einer Kehle klingt sie ernst und klar Und kann die Luft zu einer Kirche wölben; In andrer Kehle schwankt sie wie ein Meer, Auf dem Sirenen lockend mich umringen. Aus ganzer Seele singt, sonst ist sie leer, Ich lasse mich von beider Art bezwingen. Der Pokal In das Stammbuch der Frau von Goethe. Freunde, weihet den Pokal Jener fremden Menschenwelt, Die an gleichem Sonnenstrahl Sich erhellt, gesellt, gefällt; Glück den lieben unbekannten Lichtgesandten Herzverwandten, Deren Augen übergehen, Wen sie in die Sonne sehen. – Laune Ein kühner Sinn kann Ströme hemmen Und bricht durch Felsen seine Bahn, Doch wenn die Nebel ihn beklemmen, Da fühlt er, seine Macht sei Wahn. Verhüllt ist ihm die frohe Ferne, Das Nächste scheint ihm unbekannt; Die Sonne gleicht dem schwächsten Sterne, Er irrt, wohin er sich gewandt! – Bald wirken dann die Himmelszeichen, Die rings um unsre Erde ziehn; Die heitre Thatkraft muß entweichen, Wenn Scorpionen droben glühn. – Es reicht kein Arm zum Flammensterne, Der unerwartet zu uns dringt, Es ringt kein Arm zum Erdenkerne, Der uns der Krankheit Unheil bringt! Und geht die Welt noch einmal unter, So ist's in böser Laune Spiel; Dem Herrn gefiel sie, als sie munter Der Traurigen sind ihm zu viel. Jung und Alt im Frühling 1. Aus der Berge dunklen Klüften Braust nicht mehr die kalte Fluth, Fenster öffne ich den Lüften Und das Thor dem Jugendmuth; Springend geht's zum Thale nieder, Leicht beflügelt ist das Herz, Frühling breitet das Gefieder, Luft erklingt wie edles Erz. Neue Vögel sind erschienen, Fort in's Freie, in die Luft, Neues Schauspiel, grüne Bühnen, Nachtigall so sehnlich ruft: Seht das Schauspielhaus geschmücket Mit dem Dach aus Himmelblau, Wolken-Schäflein sehn entzücket Nach dem hocherhabnen Bau. Alle schweben im Verlangen Nach des Tages Neuigkeit: Ist der Vorhang aufgegangen? Welches Schauspiel giebt man heut? Soll ein Heldenspiel beginnen, Rüstet sich die frische Kraft? Soll die Lieb' in Lieb' zerinnen, Daß sich neues Volk erschafft? Alles drängt sich noch zusammen, Herz an Herz und Baum an Baum, All aus einer Erde stammen, Flammend einer Liebe Traum: Himmlisch Spiel, die frischen Kränze Decken all mit gleichem Grün, Jenen, daß er siegend glänze, Diese, daß sie drunter blühn. 2. Eine bange Reiselust Weht in Frühlingstagen, Füllt mit Wehmuth unsre Brust Will zum Himmel tragen, Wo die ganze Seligkeit Schimmert in dem Lichte Und ein Bild der Ewigkeit Wird des Jahrs Geschichte. Erste Jugend stellt sich dar Mit verwirrtem Leiden In den Blättern, die so klar Alles erst umkleiden, Wie wir aus erschloßner Haft In die Welt gedrungen, Wie in neuer Schöpfungskraft Vieles uns gelungen. Öffnet dann die Blüthenzeit Des Triumphes Pforte, Wird ihr Fall in Luft geweiht Durch die schönsten Worte; Jedes Wort, es dringt hinauf, Eh' wir es noch meinen, Aufwärts zu dem Sonnenlauf, Daß wir strahlend scheinen. Ja dies ist die Himmelfahrt Die wir heute feiern, Bis die Wolken golden zart Uns die Welt verschleiern: Ach dann fraget wohl die Welt, Wo wir sind geblieben, Vieles dann von uns gefällt, Manches lernt sie lieben. Belehrende Entschuldigung Du zürnst, weil ich dir um den Hals gefallen, Als heut dein Mund so freudig zu mir sprach, Laß meine Freude dir im Kuß erschallen, Mein Lächeln suchte sich ein freundlich Dach: Ein solcher Kuß, er deutet sich nicht weiter, Er löscht sich wie ein hellgefallner Stern, Der Himmel scheint dahinter ewig heiter, Im tiefen Blau verliert er sich so gern. Im Glücke ist ein höheres Berühren, Wir sind vereint von seiner Wunderkraft, Was sollten wir um Zeichen uns noch zieren, Wir hatten uns so lange angegafft: Wie macht's die Rebe, will sie sich erheben? Mit sich allein, sie hat doch keine Ruh! O häng' dich an die Welt wie diese Reben, Und deck ihr dennoch deine Trauben zu! An eine wandernde Malerin Da singt die junge Pilgerin, Gestützt vom Malerstab, Sie zieht zum fernen Kloster hin Und mahnt um letzte Gab', Um fromme Bildchen in ihr Buch, Um ein erbaulich Wort: »Gewarnt, ermahnt bist du genug, Und dennoch ziehst du fort.« Ich schenk' als Bild den Abschiedsblick Als Wort den Händedruck, Du suchst zu fern des Himmels Glück In südlich ird'schen Schmuck: Des Südens Kunde dir verhieß Der Bilder reiche Wahl, Ich sah das schönste Paradies Bei dir im nord'schen Thal. Was du dir suchst, du schönes Kind, Es ist schon alles dein, Dir nach im seltnen Wirbelwind Fliegt mit der goldne Schein, Dir folgt der Strom wie in das Meer, Dir folgt, was du gesandt, Und hier wird alles öd' und leer, Wenn du dich abgewandt. So wie Magnet mit Eisen spielt, Es aus dem Auge zieht, So nimmst du mit, was wir gefühlt, Der süße Schmerz uns flieht; Wir sehen wieder in die Welt Wie in den Wintertag, Das grüne Laub schon wieder fällt Und fliegt dir rauschend nach. Schnabelweide Ach wär mein Kind, mein liebes einz'ges Kind Ein klein geschwind Waldvögelein, Es sänge froh im lust'gen Morgenwind Und ließ sein ew'ges, ew'ges Schrein! Und flöge es mir auch davon, Es flöge doch nicht in die Sonn' Es flög zum Nachbar auf den Ast Und wär des Kirschbaums lieber Gast. Die ganze Welt wär sein, – allein – Nun muß es nach den Kirschen schrein! Ich denke meiner Jugend Pein Und mein', es wird nicht klüger sein, – Es wird ihm auch nicht besser gehn, – Was es nur sieht, das will es haben, Wie schön die Kirschen übersehn, Wie würden uns die Kirschen laben. Ach wär mein Kind, mein liebes einz'ges Kind Ein klein geschwind Waldvögelein, Es brächte mir im lust'gen Morgenwind Der Kirschen viel am Stiel im Schnäblein sein. Heutige Ritterprobe Von allen schweren Ritterproben, Die einst dem Jüngling auferlegt, Gilt eine noch – und hoch zu loben Ist jeder, der sie fest erträgt. Zwar heiße That ist's nicht zu nennen, Doch hat sich mancher dran verbrannt; Weil Worte auf der Zunge brennen, Wird Feuerprobe sie genannt. Zur Probe öffnet Nacht die Pforte, Geheimniß in den Sternen strahlt, Süß tönen schöner Frauen Worte, Womit so gern der Jüngling prahlt. Doch jede legt auf ihre Lippen Den Zeigefinger, eh sie spricht, Es zeiget jede ihm die Klippen, Woran der Ehre Woge bricht. Die Liebste schmückt ihm Lieblingsplätze Mit ihrer Kränze buntem Glanz, Es reihet sich zu dem Geschwätze Der Händedruck im heitern Tanz. Zu bald, – als Morgenlicht erschienen, Er kehret heim in Seligkeit; Es lacht die Welt der frohen Mienen Und frägt ihn aus, was ihn erfreut. Daß ihm allein dies Glück sei eigen, Es drückt ihm fast die Seele ab, Doch wollt' er sich als Ritter zeigen, Müß er's verschweigen bis in's Grab. Beim ersten Wort, das er gesprochen, Schlägt zu die Pforte seiner Lust, Die Sterne haben sich verkrochen, Des Ritters Stern fällt von der Brust. Er reitet auf den hölzern Schranken, Statt auf dem hohen Rittergaul! – Darum sei glücklich in Gedanken, Sei glücklich, Jüngling, halt das Maul! – Kanon auf einen Lichterputzer Gelobt sei, wer die Lichter putzt, Er ist ein Mann, der allen nutzt, Er brauchet gar nicht viel Verstand, Nur eine Lichtscheer in der Hand, Vertrauen und Gewandtheit viel, Sonst wird er aller Spötter Ziel. Ein Licht, das er hat ausgeputzt, Wird ihm von allen aufgemutzt, Und tritt er wieder an das Licht, So schreien alle: Putze nicht, Ein gutes Licht sich selber putzt Und deine Lichtscheer uns beschmutzt. Siegeslied nach Aussprüchen des Paracelsus Über's Haupt des lieben Todten Jagen freud'ge Siegesboten, Seine Ahnung ist erfüllt! Mehr wird noch der Welt enthüllt, Denn die Welt verlangt noch mehr, Frägt nach neuer Neuigkeit, Ihr scheint morgen Kleinigkeit Heut'ge That und heut'ge Lehr'; Auf wohlan, die Zeit ist kommen Und so kommt nun mit der Zeit Das, warum die Zeit ist kommen, Aus dem Streit die Ewigkeit. Einen schlägt des Adlers Flügel, Der sich selber schien ein Siegel, Und ein Schluß der ganzen Zeit, Ihn umschlingt der Zweifel heut, Ihn erdrückt der Kette Last, Die er mit gewandter Hand Hat gezogen über's Land, Frei sind die, die ihn gehaßt: Auf wohlan, die Zeit wird kommen, Und so kommt denn mit der Zeit Das, warum die Zeit will kommen, Wenn wir alle sind bereit. Schlecht Gehorchen, schlecht Regieren Wird zu neuem Streite führen! Weil ihr euch zu kühn vermeßt, Weil die Einheit ihr vergeßt, Sinket vieler Schwerter Schein, Eines glänzet himmelan, Der es führt, ein alter Mann, Wird des Friedens Herold sein: Auf wohlan, die Zeit wird kommen, Und so kommt dann mit der Zeit Das, warum die Zeit will kommen, Und aus Drei'n kommt Einigkeit. Die aus sich die Welt berathen, Stört der Held mit seinen Thaten, Zeiget jedem seinen Zorn, Denn nur ihm gebührt das Horn. Nach dem Tagwerk schläft der Held, Selig, die sein Schlaf erschafft, Seiner Kinder frische Kraft Tanzt um ihn auf blut'gem Feld: Auf wohlan, die Zeit wird kommen, Und so kommt dann mit der Zeit, Das, warum die Zeit will kommen, Das, warum sie sich erneut. Was der alte Mann geträumet, In dem wilden Meere schäumet, Weht heran in Sturmes Nacht, Er hält schlafend gute Wacht. Wie der Fischer aus dem Meer Fische zieht, die niemand sah, Also ist Erfüllung nah, Wenn die Ahnung schien so leer! Auf wohlan, die Zeit ist kommen, Wo die alte Schlangenhaut Dieser Welt ist abgenommen, Knieet nieder, schaut, vertraut. Der Förster Romanze. Die Eichen klüften auf vom Frost, Die Wölfe heulend weichen, Jetzt sucht nur Noth im Walde Trost, Jetzt, Förster, laß dein Schleichen. Die Diebes-Wagen krachten fort, Du hast sie nicht gehöret. Der Wilddieb schoß vor deiner Pfort, Du hast ihn nicht gestöret. Was hieltest du so lange Rast In deines Weibes Armen, Hast große Diebe nicht gefaßt, Mit kleinen hab' Erbarmen. Der Oberförster kommt nun bald, Den soll dein Eifer blenden, Ein Weib keucht fernhin durch den Wald, Die willst du tobend pfänden! Sieh rings, wie mancher Baum erstarrt, Zum Himmel hebt die Ärme, Dich füllt, die Erd' ist eingescharrt, Vom Leichenschmaus die Wärme. Der Schnee glänzt wie ein Leichentuch Im letzten Abendschimmern, Kein Vogel wagt sich auf zum Flug, Schneenadeln einzeln flimmern. Die Glocken schallen kaum noch her, Die ersten Sterne zittern, Zusammenfrieren Land und Meer Zu eines Kerkers Gittern. Die Alte saß in Frostes Haft Beim kranken Enkelkinde, Schnell sucht sie Holz mit letzter Kraft, Daß sie's noch lebend finde. Nun trägt sie, als er Halt! ihr schreit, Ein Reisbund auf dem Rücken, Sie fleht um diese Kleinigkeit Und muß sich vor ihm bücken. Er stößt sie nieder mit dem Bund Und droht mit Straf und Klagen Sie thut die grimme Noth ihm kund, Er soll die Nachbarn fragen. »Die trocknen Zweige brach der Wind, Ich hab sie nicht gebrochen, Gar krank liegt heim mein Enkelkind, Kann ihm nichts Warmes kochen.« »Das Mädchen habt ihr wohl gesehn, Als sie ist eingesegnet, Sie ist so fromm, so wunderschön, Wie Keiner ihr begegnet.« Der Förster lacht: »So schick sie her, Die Schönen kann ich wärmen, Ja trüg sie Kloben fort so schwer, Ich wollte drum nicht lärmen.« – »Du laß das Reisbund und als Pfand Die dick bepelzte Mütze, Die trägst du nur aus Unverstand, Die treibt zum Kopf die Hitze.« Die Alte droht: »Werd' nimmer warm, Wenn mir das Kind erfrieret, Werd' leichenkalt in Weibesarm, Kein Feuer dir gebühret.« »Dein Winter sei die Ofengluth, Dein Athem kaltes Fieber, Beim Weine starre dir das Blut, Als ging' der Tod vorüber!« Die Augen blitzen ihr beim Wort, Er wagt sie nicht zu schlagen, Es überrieselt ihn sofort Wie Fluches Strom in Sagen. Er kehrt nach Hause zum Kamin Und reiches Feuer findet, Doch mag das Feuer knisternd ziehn, Der Fluch die Wärme bindet. Von ihm die Flamm' sich wendet ab, Als ob ein Sturm sie treibe, Sein Federbett ist kaltes Grab, Ihm friert der Wein im Leibe. Ein Kuß der Frau durchschauert ihn, Er hört ein Todten-Läuten, Der Alten Kind ihm da erschien, Und sprach: »Mußt dich bereiten.« Des Försters Herz von Eis zersprang, Sein Blut war ihm gefroren, Indessen rings in Feuers Drang Ihm Hab' und Haus verloren. Der Wilddieb Romanze. Die Mutter hat schon lang' geschaut Von ihrem Giebelfenster, Als kaum der Morgen hat gegraut, Es weckten sie Gespenster: Der Mann, der Sohn, sie blieben aus, Sie wollten Abends schon nach Haus. Da naht der Sohn, sie lacht ihn an, Er keucht mit schwerem Ranzen; Sie räth, was ihm so lasten kann, Was nach der Pfeif' muß tanzen: Ob Hirsch, ob Reh im Tanze fiel? Sie holet Wein zum Freudenspiel! – Der Sohn schleicht scheu und denkt der Noth, Die Nachts von ihm bestanden, Wie viele Jäger ihn bedroht, Im Dunkel ihn nicht fanden; Der Vater nur, der konnt nicht mit, Der rief zu ihm die letzte Bitt'. Der Vater scheut die lange Haft, Fällt er in Jäger-Hände, Erloschen war der Füße Kraft, Der Augen Feuer-Brände; Vom Sohn erfleht er schnellen Tod, Der wartet bis zum Morgenroth. Der Sohn kann fliehen, doch er harrt, Daß sich der Vater stärke, Sein Fuß scharrt leis, sein Auge starrt, Daß es der Vater merke: Kein Jäger weicht von seinem Ort, Sonst trüge er den Vater fort. Der Fuchs, wenn ihn das Eisen fängt, Beißt ab die eignen Glieder; Die gleiche Noth ihn jetzt umdrängt Und das Gesetz der Brüder: »Wer lebend fällt in Jägers Hand, Den tödte, wer ihm noch verwandt.« Sein Kopf wird heiß, kein Thau ihm sinkt, Die Nacht ist so verflossen, Der Vater kniet, als Morgen blinkt, Der Sohn hat abgeschossen, Und wie der Vater niederfällt, Die Jäger fliehn, die ihn umstellt. Sie meinen all ein Jäger, that's Und scheun des Sohnes Rache, Durch Zeichen sind sie eines Raths, Sie fliehn, als ob ein Drache An ihre Fersen sei gebannt, So sind die Jäger fortgerannt. Des Vater Ehr' bedenkt der Sohn, Daß ihn nicht fressen Raben, Daß ihn die Fremden nicht mit Hohn In Kirchhofseck begraben: Er sackt ihn ein und hebt ihn auf Und eilt nach Haus im schnellen Lauf. So tritt er zu der Thüre ein, Die Mutter fröhlich winket: »Heut muß es reiche Beute sein, Das Blut schon fernhin blinket! Da, Mutter, nehmt sie heut für euch, Ich brach mir keinen grünen Zweig.« »Spart auf den Wein zum Todtenmahl, Das Ehbett macht zur Bahre, Wascht Vatern rein vom blut'gen Strahl, Daß keiner es erfahre, Das beste Hemde zieht ihm an Und sprecht, es starb am Schlag der Mann. Ihr sorgt für Schmaus und ehrlich Grab, Für Gäste will ich sorgen, Die Büchs schoß manchen Vogel ab, Die Freunde Kugeln borgen: So viele Jäger uns umstellt, So viele sind zum Schmaus gesellt. Ich ruf' die Freund' um Hülfe an, Daß ich bald fertig werde, Die Jäger treff ich Mann für Mann Rings an des Försters Heerde: Durch's Fenster schießen wir hinein, So lang' sich reget ein Gebein.« Sag, wo kommst du Sänger her Sag, wo kommst du Sänger her? Den Apostel führ' ich ein. Sag, was will denn seine Lehr? Dies zu fassen bin nicht rein. Bist doch klug wie keiner hier? König hör': das sagt nicht viel. Bist als Kämpfer über mir? Herr, das ist ein kleines Ziel. Sänger sprich wie alt du bist? Weiß ich es doch selber nicht. Sage der Vergnügung List? Ich bewahr' mein Lebenslicht. Sprich, wer hat es dir gebracht? Weiber drei, alt, unbekannt, In der großen Mitternacht, Die mich in die Welt gesandt. Eh du dieses Licht verbrannt, Sprach die Eine, die's mir bot, Es ist Nornengeist genannt, Bist du, Kindlein, auch nicht todt; Angezündet hab' ich's nie, Nimmer habe ich gelebt, Andrer Thaten, andrer Müh, Mein Gesang mit Lust erhebt. Sänger, mir verkauf dein Licht, Ich bewahr' es treulich dir, Gebe dir ein Goldgewicht Wie es keiner giebt, dafür. Sieh dies Gold und es versuch, Nirgend giebt es mehr solch Gold! Zwar es ruht darauf ein Fluch, Denn es gab der Schande Sold. Dieses goldne Würfelpaar Hat verloost des Herren Kleid, Der für uns gekommen war Und gelitten alles Leid. Nun so nimm von diesem Wein, Nimm von diesem Brode an, Denn du magst wohl heilig sein Und du bist ein guter Mann. Nein, ein andrer giebt mir Wein, Nein, ein andrer giebt mir Brod, Wenn mein Mund ganz nüchtern rein, Geh ich also in den Tod. Der Apostel bringt sein Blut, Bringt des Herren Fleisch dazu, König, lege ab die Wuth, Wirf dich nieder dort in Ruh. Mit dem Kelche kam er her, Brach mit seiner Hand das Brod, Und so schuf er neue Lehr' In der alten Heiden Noth. Seht den Tisch des Herrn bereit, Doch es fehlet noch das Licht, Aus ist alter Sänger Zeit, Und der alte Sänger spricht: Altes Feuer werde frei, Alte Liebe frei heraus, Daß ich hier ein Zeuge sei, Leuchte ich in diesem Haus. Also zündet er sein Licht, Bringt es zu dem Abendmahl Und empfängt was ihm gebricht, Christi Leib und Gnadenmahl. Also hatte er gelebt, Selig sank er in den Tod, Neues Blut ihn neu belebt, Neuen Leib giebt ihm das Brod, Das Gespinnst der Nornendrei Brennt wie Spinnweb an dem Licht, Altes Leben ist nun frei, Und vom Schicksal keiner spricht. Karsdorfer Kranzlied vor dem Tanze Melodie vom Reiterliede. Frisch auf, ihr Männer, führt die Fraun, Zum Tanzplatz schön geschmücket, Viel tausend Blumen sind zu schaun, Zu einem Kranz gepflücket, Auf, windet lustig an dem Kranz In diesem hellen Morgenglanz. Zur Arbeit brannte manchen Tag Die Sonn auf unsern Rücken, Heut schaut sie milde zum Gelag Mit allen Liebesblicken, Hellstrahlend heut ihr Angesicht Durch alle trübe Wolken bricht. Die Hüthe schwenkt zu Gottes Ehr, Schaut an die fernen Auen, Kein Feld, das nicht gesegnet wär, Könnt ihr vom Buchberg schauen, Und über uns der Wald erklingt, Zu Gottes Ehr der Vogel singt. Zu Gottes Ehr der Tauben Schaar Erschwingt sich durch den Himmel, Zu seiner Ehr den See so klar Durchrauscht der Fisch' Getümmel, Der Wiesen Grün das Auge stärkt, Daß es auf Gottes Gnade merkt. Er schuf die Welt, hat diesen Ort Auf grünem Berg gegründet, Daß einst gelehret, was sein Wort Und frohe Lust verkündet: Doch wer zuerst den Ort erkannt, Den ehre rings das frohe Land. Dem Herrn gebührt der Ehrentrank, Er hat den Platz umgeben Mit bunten Dächern, Tisch und Bank, Gott lass' ihn lange leben; Er giebt uns Speis', er giebt uns Trank, Ihm schalle jubelnd unser Dank. Ihr wisset noch, wie wüst es war, Eh' unser Herr gekommen, Heut geht hieher manch Liebespaar, So froh und so beklommen, Und wird vom Pred'ger eingeweiht, Zum Ehestand bei Lust und Freud. Sie sind beglückt in ihrer Brust, Und sitzen still beiseite, Ein jedes Alter hat hier Lust, Die Kinder schaukeln heute, Es trägt der Greis das Kleinste her Und findet seine Last nicht schwer. Aus Brunnen springt empor der Trank, Den uns der Herr geschenket, Zum Himmel steiget unser Dank, Der uns den Herrn geschenket. Es pflanzte seine Thätigkeit Hier manchen Baum zur Fröhlichkeit. Dafür gedeiht, was er gesät, Und was er baut, das bleibet, Und was er ordnet, das geräth, Weil er's mit Ernst betreibet, Gott geb ihm Freud an seinem Kind, Und mach es so wie ihn gesinnt. Jetzt ist des gnäd'gen Herren Glück In Lieb und Lust vollkommen, Seit unsre gnäd'ge Frau zurück Nach langer Kriegszeit kommen, Sagt, wem gebührt wie ihr der Kranz, Die uns erscheint in mildem Glanz? Wir bringen ihr des Festes Kranz, Woran wir all gebunden, Hat jede Blume eig'nen Glanz, Ihr blühn sie all verbunden, Doch bleibt des Festes schönster Kranz Das frohste Paar im lust'gen Tanz. Das Lied vom verlornen Sohne Auf den Hügel geht alleine Vollmond unser Schäferknabe, Geht an einem Tannenstabe, Seine Schäflein fern alleine, Ihn treibt der Sternenblick Hin und zurück. Lichte Augen reiner Frauen, Wollet euch doch nicht verschleiern, Lasset euch mit Inbrunst feiern, Leuchtet ihm den Weg zu schauen, Des Reinen Liebesblick Deutet zum Glück. Schüchtern sind die jungen Kinder Lieber hinterm Wolkenschleier Schämen sie sich vor dem Freier Ihre Augen aus wie Sünder, Er sucht nach Liebesblick Hin und zurück. Von dem leeren Himmels-Hügel Sieht er zu dem Thale nieder, Sieht sich selbst im Strome wieder, In der Nixen Augen-Spiegel, Es ging ein Liebesblick Hin und zurück. Hell hernieder zu den Schönen Rief er: Süße Kühle, Lieben, Wie ist mir die Zeit vertrieben, Haar und Ohr durchzieht ein Tönen, Im Auge Liebesblick, Hin und zurück. Spieglend werfen ihn die Schönen Sich einander zu wie Bälle, Flüsternd, winkend wie die Welle, Well' auf Welle in dem Sehnen, Sie werfen Liebesblick Hin und zurück. Zarter Knabe, zarte Glieder, Zarte Mädchen, wild im Tanze, Alle Sterne vor dem Glanze Schlagen ihre Blicke nieder. Es schlägt ein wilder Blick. Liebe zurück. Hoch und tief die Nixen schwingen. Ewig tanzen, nichts erfassend, Ewig suchen, um sich lassend, Himmel kann nicht Erde zwingen. Es geht nur Liebesblick Hin und zurück. Ach der arme Knabe klaget: »Meine Schäflein sind verlaufen, Und wie weit hab ich zu laufen, Ach wie spät bin ich vertaget. Es weist kein Sternenblick Mich nun zurück.« Weine nur, du alter Knabe, Auch die Nixen sind verschwunden, Bist ja sichelkrumm gewunden, Wollen dich nicht länger haben, Ein bessrer Lebensblick, Sonnenglück. Ach das will sein Herz ihm brechen, Daß er sich so wild verschwendet, Daß sich alles von ihm wendet; Er will durch die Wolken brechen, Da hält der Sonne Blick Ihn scheu zurück. Sehet ihrer Strahlen Fülle, Faßt und fühlet alles Leben, Alle Stäubchen lusterbeben, Sie nur steht ein fester Wille, Sie strahlet Liebesblick Allen zurück. Darum steht er noch am Himmel Wie ein Geist, sein eigner Schatten, Dünn und weiß und im Ermatten Wie der Wolken hell Getümmel. Es strahlt sein letzter Blick Hin und zurück. Mutter Sonne ruft zum Armen, Seht die Schuld, sie ist doch meine, Daß ich dich so ganz alleine Austrieb ohne viel Erbarmen. Ein treuer Mutterblick Schützte dein Glück. So mit seinem letzten Blicke Sieht er ihre stillen Grüße, Fühlet ihre frommen Küsse, Fühlt ein schmerzliches Entzücken. So kehrt ein Liebesblick Doch noch zurück. Weihnachten Weihnachten, ach Weihnachten, Du warst der Kinder Trost, Die noch im Schlafe lachten, Du Schlaf mir bald entflohst, Die Stunden hell mir schlagen, Wem sagen Sie an den Tag so schnell, Mein Wächter ist da drüben, Er sagt mir an den Tag, In Schmerzen vorzuüben, Was hohe Lust vermag. Zur Kirch bin ich gegangen, Vergangen War mit Verzweiflung schnell, Es bleibt zurück Ein sinnend Glück, Und in dem Traum ein tiefer Blick, Wie in der Kinder Aug' entzückt, Wie ich sie halb noch schlafend drück, Süß springt der Augen Quell. Des Traumes deutend Summen Ich nun ermessen kann: Soll alle Lust verstummen, Erstirbt ein hoher Mann? Die Thränenfluthen brausen Mit Grausen, Der Menschen Haus versinkt! Der Alte steigt als Taube Verjünget aus der Fluth Mit einem grünen Laube Im Schnäblein sorgsam gut, Auf einem Buch sie sitzet, Das blitzet, Und schwimmt und nicht ertrinkt, Mit Perlen ist Beschlagen, wißt, Das war's, was da der Alte liest, Als er die arme Neugier grüßt; Dies Buch such auf, du frommer Christ, Das dir den Frieden bringt. Die Schmerzensfluthen weichen, Der Berg bleibt unverletzt, Die neuen Menschen gleichen Den Stämmen, die versetzt, Es treibt sie edler Leben, Sie geben Nun edle Früchte nur. Es wird aus Erdenschlünden Das Buch der Vorzeit mein, Und ihre schweren Sünden Sind abgewaschen rein, O wollt das Trauren stillen, Will füllen Mosaisch jede Spur, Am Boden hell Der Himmelsquell Ist eingelegt, so Well auf Well, Die Taube bleibet mein Gesell Und trinkt des Buches ew'gen Quell, Gott's Wort in der Natur. Neujahr Altes Jahr, du ruhst in Frieden, Deine Augen sind geschlossen; Bist von uns so still geschieden Hin zu himmlischen Genossen, Und die neuen Jahre kommen, Werden auch wie du vergehen, Bis wir alle aufgenommen Uns im letzten wiedersehen. Wenn dies letzte angefangen, Deutet sich dies Neujahrgrüßen, Denn erkannt ist dies Verlangen, Nach dem Wiedersehn und Küssen. Das Drei-Königs-Fest Es ist so lang' gesprochen, Daß bald ein Aufruhr sei, Drum ist er ausgebrochen, Von dem erstickten Geschrei, Der Pulverthurm sprang auf, Die Fenster klirrten drauf. Wer kann den Herzog hindern, Er zündet wie ein Blitz, Der König mit den Kindern Zieht in des Reiches Spitz, Der Herzog nah dem Thor Steht einsam schon davor. Des Königs Garden singen, Er horchet immer zu, Drei-Königs-Lied sie bringen, Durchziehn die Stadt in Ruh, Der Herzog denkt sich schon, Wie er da zieht zum Thron. Die heiligen drei König, Die ziehen auch vor's Thor, Und wundern sich nicht wenig, Wen sie erblicken davor; Der Herzog sie nicht sieht, Bis ihm Gewalt geschieht. Mit seinem hölzern Schwerte Der Mohr giebt einen Stoß, Da fällt er gleich zur Erde Von seinem hohen Roß, Sie schleppen ihn herein, Wo er sollt' ziehen ein. Wie anders sind die Blicke, Die er auf Straßen kriegt, Der Kluge lacht mit Tücke, Daß ihn das Glück betrügt, Der Arm, der willig ihn zog, Jetzt eine Feige bog. Die Backe will ihm springen Vor Röthe und vor Scham, Als sie zum König bringen Den Herzog wie ein Lamm, Er findet all im Spiel Der muntern Kinder viel. Der Kuchen ist gebacken, Er muß da gleich zum Spiel, Die Krone ist voll Zacken, Ihm gar nicht mehr gefiel, Das Glück giebt ihm den Lohn, Papierne Kron zum Hohn. Der Hofnarr macht viel Späße, Als wär es wie zuvor, Als wenn man ganz vergäße, Daß er empört zuvor, Sein Muth bedienet nun, Die er wollt absetzen thun. Ist Feldherr über alle, Zieht her mit großer Pracht, In seiner Trommeln Schalle Voran in jede Schlacht, Die drei Kön'ge stehn ihn bei, Daß er verbleibe treu. Ostern Vom Erdenstaub zu reinen, blauen Lüften Dringt weit der Blick in ersten Frühlingstagen, Und höher steigt der mächt'ge Sonnenwagen, Die Erde sehnt nach Blättern sich und Düften, Und heilige Geschichten uns dann sagen Was sich geahnet in des Herzens Klüften. Er ist erstanden aus den Todesgrüften, Und wie vergebens war der Menschen Zagen, Ja so ersteht die Welt der Himmelsgaben Mit jedem Jahre neu, die Knospen brechen, Und nichts ist unsrer Liebe zu erhaben, Sie giebt uns alles in den Wonnebächen, Die nach dem Eisgang Flur und Aug' durchgraben, Das Unsichtbarste will zum Lichte sprechen. Die Einsegnung Leise tret ich in die heil'gen Hallen, Kleine Kinder stehen vor der Thür, Wähnen, daß ihr Beten nicht gefalle, Wissen noch kein richtig Wort dafür. Lasset doch die Kindlein zu mir kommen, Wehret ihnen nicht! geschrieben steht Auf der Pforte ihnen zum Willkommen, Wer nicht lesen kann, es nicht versteht. Wahrlich, wahrlich, das sei euch gesaget, Wer nicht ist wie ihr, der tret' nicht ein, Wo bewundrungsvoll so kühl es taget Durch der Fenster bilderreichen Schein. Wie die Kränze mit dem goldnen Schimmer, Wo die Gitterstühle für so manch Geschlecht, Gräber zahllos, ordnungslos wie Trümmer, Und die Orgel wandelnd rein und recht. Nur in diesen ernsten, sanften Tönen Wandelt noch von Gott ein Ebenbild, Nur dein Lispeln kann, was lebt, versöhnen, Und dein Ernst ist dieser Gräber Schild. Alles, was hier dauret, ist vergangen, Die da draußen standen jugendfromm, Gehen nicht mehr ein mit dem Verlangen, Weil der Flamme Funken hier entglomm. Seht sie heilig an, ihr frommen Bilder, Sie verstehn nicht eurer Sehnsucht Blick, Und sie reißen euch in Stücken wilder, Denn ihr steht im Wege ihrem Glück. Schlägt ein Würgeengel die Gebornen, Rieselt auf den Saaten rothes Blut, Dann so zeigen sich auch die Erkornen, Und ich hab sie zu erwarten Muth. Milde hat die Orgel euch gemahnet, Und ich finde doch die Kirche leer, Wenn ein hoher Traum darin geahndet, Wenn ein Geist darin gebannet wär. Nein, wie sollt' ich das alleine hören, Sollt' ich sein alleine so entzückt, Der die Falschen alle kann bekehren Und die Wahren allesammt beglückt. Nein, gelobt der Herr, die Frommen kommen, Mädchenschaaren paarweis, schüchtern, bleich, Wollen sein zur Kirche aufgenommen, Sind am Lebensbaum die frischen Zweig. Wie der Engel überm Taufstein bebet, Wie er freudig seine Hand bewegt, Und die heil'ge, lichte Taube schwebet, Über diese Schaar im Kreis sich trägt. Und von allen diesen glatten Stirnen, Ist nur eine, wo ein Flämmlein brennt, Schön Gestade, laß die Winde stürmen, Der erfahrne Schiffer dich erkennt. Hülflos war sie einst wie andre Kinder, Eh' das heil'ge Wasser sie getauft, Doch das Feuer taufet den geschwinder, Der's mit seiner ganzen Seele kauft. Ernst spricht jetzt der Pred'ger in der Mitte, Ältern, Diener, Freunde weinen fern, Beten, daß der Herr erhör' die Bitte, Säh' in ihrer Prüfungsstund' sie gern. Alle sagen an die Glaubensworte, Geben nach der Vorschrift hin die Hand, Ach wo bleibt die Eine und ich warte, Ach ich seh im öden Meere Land. Eine, jene, könnt' ich sie nur nennen, Ist es jener reine Orgelgeist, Nicht in Schönheit will die Heil'ge brennen, Ihre Locken sind verstecket meist. Eine Trauerahndung in den Augen, Um die Lippen sanfter Duldersinn, Doch zum Sprechen nicht die Lippen taugen, Sie erröthet schwebend bis zum Kinn. Beide Hände legt sie vor die Stirne, Sinket vor dem Pred'ger sprachlos hin, Mitleid lächelt manche kluge Dirne, Doch die Taube schwebet in dein Sinn. Über ihr mit gleichen Flügeln schwebet, Hebt die Nacht von ihrem Auge weg, Daß sie auch für alle heilig lebet, Nimmt sie Schwindel von dem Himmelssteg. Denn sie sah erhoben sich zum Blauen Und den Pred'ger sah sie unter sich, Beide Hände reicht sie mit Vertrauen, Eine ihm, die andre fasse ich. Laß du heil'ger Geist sie nimmer sinken, O so bleibt die Hand auch immer mein, Hohes Kind, du lallest, kannst nur winken, Mache uns von allen Sünden rein. Wie, du hörst nicht in den kühlen Fluthen, Aus der heißen Welt hinaufgeweht, Über dir die ew'gen Morgengluthen Thaues Perlen auf dem Busen seht. Hör' ich doch den Geist noch wieder tönen, In der Orgel ernstem Trauerspiel, Was die Welt im Leichtsinn kann versöhnen, Ist ein Tod in seligem Gefühl. Nein, du lebst noch, aber diese Schrecken Haben ausgetilgt die irdsche Lieb', Keine Rosen können Sehnsucht wecken, Gegen Himmelsrosen sind sie trüb'. O so sei dein Leben ein Verkünden, Und mein Leben meine Demuth sei, Liebe kann uns nimmermehr verbinden, Höh're Liebe läßt dich nimmer frei. Sei gegrüßt wie jene Gnadenbilder, Aus der Vorzeit ihr verlassen steht, Täglich seht ihr gnadenreich und milder, Wenn auch keiner hier euch mehr versteht. Sieh, Maria, wer den Blick empfindet, Den du nieder auf die Welt gesandt, Als der Engel sich dir hat verkündet, Hat dich auch in seiner Höh' erkannt. Nicht um Dienste, nicht um Wallfahrtgaben, Nein, dem Treuen zeigtest du den Sinn, Während auf dem Haupt dir nisten Raben, Überm Herzen hängt ihr Netz die Spinn. Alle Stern' des heiligen Gewandes Sind erloschen vor dem höhern Sohn, Dessen Bild noch heut das Glück des Landes, Sieht sie ihn am Kreuz im höchsten Thron. Ja auf Erden, was aus Liebe kommen, Wird in Leiden sich allein bewußt, Wie ich in der Kirche aufgenommen, Fühlt ich nichts von all der hohen Lust. Trostlos Klügeln war in aller Herzen, Und ein Streiten, was es doch bedeut, Was dreieinig, was das Blut der Schmerzen, Was das Brod des Lebens uns bereit. Alle Stimmen sinken, wenn sie lange, Sangen so alleine in der Ruh; Doch die Orgel hält sie fest im Klange, Und die Noth läßt kein Versinken zu. Harte Zeit nur kann die Kirche füllen, Die verödet stand nach leerem Streit, Und ich ahnd' es gläubig hier im Stillen, Dich und mich trennt heil'gend diese Zeit. Rundgesang gegen die Unterdrücker des Werdenden Auf, ihr meine deutschen Brüder, Feiern wollen wir die Nacht, Schallen soll der Trost der Lieder Eh' der Morgenstern erwacht, Laßt die Stunden uns beflügeln, Daß wir aus der dunkeln Zeit, Wie die Lerchen von den Hügeln Flüchten in die Göttlichkeit. Alter Glanz ist nun verflogen, Gestern ist ein leeres Wort, Scham hat unsre Wang' umzogen, Doch der neue Tag scheint dort. Unerschöpflich ist die Jugend, Jeder Tag ein Schöpfungstag, Wer mit froher, reiner Tugend Fördert was sein Volk vermag. Eine Ernte ist getreten Von dem Feinde in den Koth, Eh' ihn unsre Schwerter mähten, Doch wir wuchsen auch in Noth, Eine Saat ist aufgestiegen, Drachenzähne setzt die Brut, Mag es brechen, will's nicht biegen, Jugend hat ein heißes Blut. Bei gestürzten Edeltannen Steigt die Saat viel freier auf, Als wenn seltne Strahlen rannen Durch der Wipfel Säulenknauf; Ruhmessäulen setzen Gränzen Unsrer Jugend frischem Glück, Frischer Lorbeer soll dich kränzen, Deckt kein alter Kranz den Blick. Hebt die Hüte auf zur Sonne, Lüftet euch im frischen Wind; Athmet ein die Gegenswonne, Erster Athem sei dir's, Kind; Bade rein vom alten Staube, Heb' dein Aug' im Morgenglück, Und es kommt der alte Glaube Mit dem neuen Muth zurück. Der Einsiedler Dreißig Jahr im hohlen Gramm Saß der alte Einsiedler, Bis die reine Andachtsflamm' Durch und durch gedrungen wär; Und nun fühlt er sich so rein, Keine Luft mehr athmen konnt, Er vergeht in heil'gem Schein, Und kein Mensch sich drinnen sonnt, Und vor dieser Heiligkeit Kriegte er nun eine Scheu, Meinte sich von Demuth weit Und begann sein Werk auf's neu. Sonntags ging er in die Stadt, In der Kirch' zur Kanzel klomm, Dort mit faulen Äpfeln hat Er beworfen, die nicht fromm. Welch ein Lärmen, mancher Schlag, Doch das trug der Einsiedler, Andre Thorheit er vermag, Um zu büßen hart und schwer. Bei dem Juden sich verdingt, Der am Markte Fleisch verkauft, Ihm dann alles Fleisch verschlingt, Daß der Jud sein Haar ausrauft, Wird dann stumm und bleibet stumm Bis er sich erst taufen läßt, So geht er mit Juden um, Um zu sorgen für ihr Best. – Sieben Räuber, die er fand, Speist er köstlich auf der Haid, Daß sie Christum zugewandt Alle ziehn in Einsamkeit. – Einen Teufel trieb er aus, Der ein Weib besessen hielt, Als er einsmals kam in's Haus, Und mit ihren Kohlen spielt, Und die Finger nicht verbrannt, Und das Kleid auch nicht versengt, Alles hat sie ihm bekannt, Buße hat er ihr verhängt. – Hofnarr wurd' er alsobald Und bekehrt den Komödiant, Denn er zeigt in der Gestalt, Daß er mehr im Spaß verstand; Seinen Fürsten er blamirt, Wenn der will recht vornehm thun, Bis er recht mit Fleiß regiert, Läßt er ihn auch gar nicht ruhn; Alles das ganz heimlich hielt, Bis er endlich heimlich starb, Jeder bei dem Narren fühlt, Daß er höh're Gnad' erwarb, Als so manche ernste Seel', Die mit Anstand und Moral Nie verschuldet einen Fehl, Auch nichts Gutes that zumal, Und da ging es zum Bericht, Jeder rühmt sich einer Gnad', Schlug er einem in's Gesicht, War es immer Gottes Rath, Wer ihn sonst belächelt hat, Ihn mit Kerzen nun verehrt, Doch ein Windzug kommen that, Löschet aus, die ihm nichts werth. Wer nie mit wilder Faust An die eherne Glocke geschlagen, Worin der Geist gefangen haust, Dem wird nimmermehr Ruhe zusagen, Der hört noch nicht, Der sieht kein Licht, Er wähnt sich Gott, Weiß viel von sich zu sagen. Wem nie das Herz zu schnell In den forschenden Geist eingeschlagen, Der sieht am lichten Tag nicht hell, Der wird über die Zeiten hinjagen, Der hört noch nichts, Der sieht noch nichts, Er wähnt sich Gott, Bis er sich überschlagen. Wem nie mit Liebesmacht Beide glühende Arme gezogen, Bis Sie entwichen, er verlacht, Von stockfinsteren Nächten umzogen, Der hört mich nicht Aus Zuversicht, Der meint sich Gott Und hat sich Lieb' gelogen. Die blinde Leidenschaft Ehre klagender Mensch in dem Staube, Sie führt dich an mit deiner Kraft Auf Klippen den Vögeln zum Raube! Du hörst dich nicht, Du siehst dich nicht, Du fühlest Gott Und betest nun mit Glauben. Wem nie ging aus die Luft, Wo er stürmend vieltausend mitrissen, Wo Leichtsinn zu den Waffen ruft, Der bleibt immerdar ohne Gewissen, Der hört nur sich, Der sieht nur sich, Der wähnt sich Gott, Bis er die Welt zerrissen. Der sonst der Welten Lauf Auf der eigenen Fährte sich dachte, Sieht nun verwundert auf, Wieviel größer sich alles rings machte, Der hörte nicht, Der sahe nicht, Der meinte Gott, Daß er das Glück verachte. Wer lernen kann, der lebt, Der nur immerdar leben wird bleiben, Und der in allem wieder lebt, Du Herr wirst ihn nun höher noch treiben, Er hört in sich Nun dich, nur dich! Er schauet Gott, Und wird in Gott verbleiben. Der Pfalzgraf Romanze. Der Pfalzgraf von dem Rheine Saß in dem Abendscheine, Der Berg und Thal umfloß, Am Heidelberger Schloß, Auf einer hohen Platte Von Gallerien umringt. Da sah der Lebenssatte, So weit sein Auge dringt, Des Glückes Purpurthau, Der Rhein erblinket blau, Der Neckar kommt gewunden, Rechts, links von Lust gebunden. Tief unter Wallnußbäumen Des Alten Blicke säumen Bei einem weißen Haus, Wo Klara schaut heraus, Die seinen Leib erfrischet, Daß er den Geist erträgt, Und sein Getränk ihm mischet, Das ihm den Frohnsinn regt, Wenn er nach Herrscherlast Sucht Abends frohe Rast, Jetzt sieht er sie da spinnen, Auf neu Liebkosen sinnen. Dann sieht er unten sitzen, Bei Wein und guten Witzen Und bei dem lieben Weib, Die frommen Arbeitsleut, Doch wenn sie wollen singen, Da kommt ein groß Geschrei, Daß alle Ohren klingen, Dort von der Sakristei, Der Theologen Schaar Drein sitzet schon ein Jahr, Die pressen ihren Glauben Aus den unreifen Trauben. Der Pfalzgraf die Doktoren Läßt kommen, die wie Thoren Voll Bosheit sind für Gott, Sich hassen auf den Tod: »Heut müßt ihr euch vereinen, Weil still die Welt heut ruht, Wie Gold die Berge scheinen, Ihr Schatten frischen thut, Der Strom rauscht hier noch toll, Wo er recht tragen soll, Muß er still eben fließen, Da werden Schiffer grüßen.« Die Calvinisten rufen: »Die Berge sind nur Stufen Zum reinen Himmelssaal, Sein Bild ist da zumal, Kein irdisches Gepränge Wie in dem Lutherthum, Das hält Vernunft gar enge; Vernunft sei unser Ruhm, Bestimmung unser Gott, Kein Blut hat er zum Spott, Trinkt ihr's im Abendmahle, So klebt ihr an der Schale.« Die Lutheraner schreien: »Ihr wollt uns hier entweihen Die große Gottes Welt Mit eurer Herzenskält, Wozu hat Gott geschaffen Der grünen Wälder Pracht, Der Wolken helle Waffen, Und ihrer Blitze Macht, Wollt ihr nicht sehn um euch, Doch wir verstehen euch gleich; Denn wir verstehn die Welten, Ihr könnet sie nur schelten.« »Das Wort ist Fleisch geworden, Wer will das Wort ermorden? Der Geist ist in dem Blut, Es treibt in Gottes Fluth!« Da schrein die Calvinisten: »Ihr seid ein Pantheist, Wir sind allein nur Christen, Wir kennen eure List!« – Der Lutheraner tobt Und Gott im Himmel lobt, Daß er nicht blos im Geiste, Daß Wahrheit hier das Meiste. Den Graf bewacht ein Leue Der meint bei dem Geschreie Den Herren in Gefahr, Sprengt seine Kett fürwahr Und springt zu seinem Herren, Sich auf die Schulter legt, Den Rachen thut aufsperren, Die Tatze drohend trägt, Die Doktors werden still: »Der euch vereinen will, Das ist des Papstes Schrecken, Der möcht' euch beide strecken.« Der Pfalzgraf sagt mit Lachen: »So stehn nun eure Sachen, Wer hält nun Stich im Tod, Doch streitet ihr ohn' Noth, Nun mag der Streit nur währen, Der Leue sieht euch zu, Wollt ihr ganz ruhig lehren So läßt er euch in Ruh, Ich bind' ihn wieder an, Was ich sonst nicht mehr kann; Der weltlich' Arm soll streiten, Der Geist in Lieb' fortschreiten.« »Wenn einst dies Schloß verfallen, Aus Ritzen Bäumlein wallen Statt Fähnlein auf dem Thurm, Als einz'ge Wach' im Sturm, Manch steinern Bild der Ahnen Nur schwacher Epheu hält; Den Weg sich Wandrer bahnen Zu schaun die öde Welt, Mit Graun durch Säle ziehn, Wo wilde Blumen blühn; Seht wie die Berge grauen, Ich mein' das all zu schauen.« »Seh mein Geschlecht verdränget, Die Löwen all' versprenget, Die in dem Graben brülln, Das Faß will sich nicht fülln, Die heil'ge Lind gehauen Am Wolfsbrunn und kein Tanz Find' ich mehr anzuschauen Bei der Forellen Glanz, Der Glaub' wird überall Ein später Wiederhall Vom Spruch, der lang' vergessen: So wird er neu besessen.« »So wird in allem Trauern, Was Liebe schuf doch dauern, Und aller euer Haß Ist dann der Leute Spaß, Drum wollt ihr ewig leben, Ihr Herren, nun wohlan, So müsset ihr aufgeben Des blut'gen Hasses Bann, Drauf gebt euch Hand und Mund In dieser ernsten Stund, Auf, sondert fromm die Lehren, Ihr sollt euch lieben, ehren.« Die Doktors gar in Nöthen Sich gern die Hände böten, Da legt der Graf auf's neu An seine Kett den Leu: Doch wer kann Teufel ketten, Kaum waren sie bergab, Sich von dem Schwert zu retten, Da schrie – Dickkopf – ein Rab, Den Luthrischen zum Trutz, Aus war der ganze Nutz, Auf zweie thät's nur wirken, Die wurden gar zu Türken. Nur Klara weiß zu lohnen Des Grafen liebreich Schonen, Sie schmückt der Jungfraun Schaar Mit Blumen in dem Haar, Mit Blumen um die Leiber, Mit Blumen um den Hals, Und drei der schönsten Weiber Hochfroh des Stimmenschalls Zum Schlosse gehn empor Mit diesem frohen Chor, Beim letzten Sonnenscheine, Sie singen ihm so feine: Die Neigung nur kann freie Mädchen binden Zu einem Kranz sich tanzend zu umwinden, Daß Arm und Fuß zugleich gezogen In ihrem sanften Bogen Den lieben Fürsten leicht umringen, Ein Loblied ihm zu singen. Ehrwürd'ger Greis, du suchtest auf die Gassen, Daß unsre Noth dich bittend konnt' erfassen, Die Noth hast du geendet weise, Nun hör' auf frohe Weise, Tritt mit in unsern frohen Reihen, Beglückend ihn zu weihen. Wir preisen hoch dein Silberhaar in Locken, Dein helles Aug' macht unsre Augen trocken, Dein Lächeln ist der schönste Segen, Die Furcht vor dir zu legen, So mögen wir in liebendem Vertrauen Dich alle gern anschauen. Heil dir, du hast des Tages Müh getragen, Mit Geist und Muth den Feind geschlagen, Mit Kunst geschmückt der Kirche Hallen, Du bist des Volkes Wohlgefallen, Du bist zu unserm Glück geboren, Dein Glück hat uns erkoren. Heil uns! Laß dir von dreien edlen Schönen Die lichte Stirne rosig krönen, Und lüfte dich im Abendtanze, Im letzten Sonnenglanze, Du bist nicht alt, du wirst verjünget, Wenn dich der Kranz umschlinget. Gleich schön sind wir, die schönsten drei von allen, Gleich Seiten von Krystallen, So sind wir gleich und fest verbunden Zu deinen frohen Stunden, So gleich sind wir, dir eifrig zu gefallen, Des Volkes Wohlgefallen. Kastor an Pollux über seine Zukunft Sei unsterblich, weil zum Mutterschoße Frei ein singend heller Schwan Führte deines Lichtes Bahn, Sterblich lag ich doch in selbem Schoße. Fühlte auch Prometheus Himmelfunken Frühlings überm Herzen ziehn, Daß mir Stirn und Adern glühn, Hoch mein Sinn im frohen Muthe trunken. Laß vereint uns durch die Zukunft dringen, Auf und sei mein Weltgenoß, Mächtig ich auf wildem Roß, Kräft'ger du in Armes schwellend Ringen. Laß uns wagen, wo die Tapfern zagen, Wie zum Spiele, ohne Lohn, Nimmer locket uns ein Thron, Jedes Reich nur wollen wir durchjagen. Jeder trauet, die sich selbst vertrauten, Und in tapfrer Freundschaft gleich, Machen wir die Freunde reich, Streiten, siegen für die Argonauten. Doch es ruft zu unserm alten Hause Uns die Todtenstill zurück, Und wir sehn mit scheuem Blick Einsam grün den Hof vom Grafe. Müssen die gefangne Schwester lösen, Die in fernen Ketten liegt, Doch, von unserm Glanz besiegt, Sinkt von ihr die dunkle Macht der Bösen. Ziehen nun vereint zum Kampf um Liebe Hier vereinzelt trifft mich Tod, Doch mein Leben sinkt in Tod, Wasser gleich im Danaiden Siebe. Denn es rinnet schon zum neuen Tage Aus dem dunklen Felsenschlund, Als mir schenkt dein milder Mund Deiner Ewigkeiten Hälfte-Tage. Nimm zurück die milden Göttergaben, Opfre nicht dein halbes Glück; Nimmer heitert meinen Blick, Was dich nicht vereint kann laben. Was kann mir des Tages Sonne geben, Wenn nicht mehr dein hell Gestirn Leuchtet meiner dunklen Stirn? Mit dem Morgenstern möcht' ich verschweben! – Der Knabe Es sonnte sich ein kranker Knabe Auf seiner armen Mutter Gruft, Da fasset ihn der Ahndung Gabe, Er wittert einer Blume Duft, Die ferne schwebet in dem Meere, Weit von dem Ende aller Welt, In die aus hoher lust'ger Leere Die Sonne wie ein Same fällt. Es glüht auf seiner blassen Wange Nun eine Röthe wunderbar, Es schwebt sein Ohr in tiefem Klange. Es wird sein Auge ihm so klar, Es glänzt auf seinem stillen Herzen Ein Regenbogen wie ein Strauß, Der hat verkündet seine Schmerzen Hoch in des Himmels sel'gem Haus. Dem Himmel hat er ihn verbunden, Zeigt ihm das offne Himmelsthor, Er schauet nun in Schmerzensstunden, Wo Lust ihm nie gezeigt zuvor, Wie kann er nun die Welt verschmerzen Ihm ist verschwunden aller Graus, Sein Herz, gebrochen einst in Schmerzen, Sieht froh die Witterung voraus. Er sieht voraus die Liebestage, Wo Hand in Hand sich gern ergeht, Manch Mädchen zeigt die Hand zur Frage, Weil Er die Linien jetzt versteht; Des Knaben Ruf ist weit erschollen, Denn jeder frägt nach Witterung, Die Alten, weil sie ernten wollen, Und weil sich lieben, die noch jung. Jetzt hat der Schlaf ihn fest umfangen, Da nimmt die Mutter seine Hand, Da sieht er all, was ihm vergangen, Und keine Zukunft er drin fand: O Liebe, wo du gegenwärtig, Da ist das eigne Leben aus, Die Seele ist dann reisefertig, Du trägst sie in ein andres Haus. »O Muttererde laß dich grüßen, Du trugst mich treu in stiller Qual, Laß deine kühlen Lippen küssen, Hast andre Kinder ohne Zahl, Doch ich gehör dem Vaterlande, Dem Vater in dem Himmelreich, Es lösen sich die alten Bande, Zum letztenmal die Hand mir reich.« Er kann sich selber nicht begreifen, Es wird ihm wohl, so auf einmal, Da sieht er dann die Engel schweifen Auf seines Thränenbogens Strahl, Wie sie die bunten Flügel schlagen, Daß jede Farbe klingt im Glanz, Er fühlt von ihnen sich getragen, Den Fuß bewegt in ihrem Tanz. Was ihm das Herz sonst abgestoßen, Das singt er jetzt mit kaltem Blut, Sein Blut hat sich in Lieb' ergossen, Und keine Furcht beschränkt den Muth, Wo sich das Auge sonst geschlossen Da hebt es nun den Blick von hier, Er ruft: Der Himmel ist erschlossen, Ich fürchte mich nicht mehr vor mir. Da ruft er wonnig allen Lieben: »Es kommt ein Tag wie's keinen gab, Die Ernte dürft ihr nicht verschieben, Die Liebe greift zum Wanderstab!« Er ruft: »Brich an du Tag der Sage, Der ew'ges Wetter mir verspricht!« Sein Herz schläft ein – am jüngsten Tage Erwacht es rein zum Weltgericht. Die Hexe Luft und die beiden Jäger Ost und West, die Zwillingssöhne Buhlten um ein Jungfräulein, Ähnlich klangen ihre Töne Vor der Schönen Fensterlein. Luft hieß ihre leichte Schöne, Federn trug sie auf dem Haupt, Daß sie ew'ge Myrthe kröne, Ist ihr Fenster myrthumlaubt. Lange steht sie so im Glanze, Ihr sind beide einerlei, Sie verwechselt beid' im Tanze, Also ähnlich sind die zwei. Und so weit wird es noch kommen, Daß sie stiftet Bruderzwist; Ihren Zweifeln zu entkommen, Denket sie auf eine List. Einen Mann, den muß ich haben, Denkt das arme Jungferlein, Der mir kann das Herz erlaben, Denn ich bin nicht gern allein. Zweifelnd denkt sie an die Künste, Die ihr Mutter Feuer lehrt, Macht am Freitag Weihrauchdünste, Kocht den Zaubertrank am Heerd. Deckt dann vor dem Bett ein Tischlein, Setzt zwei blanke Teller drauf, Und zwei Gläser und zwei Fischlein, Gleich als käm' ein Gast in's Haus. »Wer dann zu dir könnt von allen, Hat die Mutter ihr gesagt, Ist der Stärkste im Gefallen, Und der sei dir zugesagt.« »Der sei deiner Liebe Meister, Mächtig deiner Schönheit Kraft, Denn es wollen stets die Geister, Daß das Mächtigste sich schafft.« Es ist Nacht, die beiden Lauten Klingen vor dem Fensterlein, Und dann schaut sie ihren Trauten; Schweigend tritt er zu ihr ein. Ob es Ost, ob's West gewesen, Denket sie vergebens nun. Gleicher waren nie zwei Wesen, Dieser Zweifel will nicht ruhn! Spricht er nicht, er kann doch sehen, Wie sie ihn zum Tische winkt, Und sie fühlt des Athems Wehen, Wie er aus dem Becher trinkt. Wie er's Tüchlein wohlgefalten Nimmt vom blanken Teller ab, Läßt die Speisen doch erkalten, Und verschmähet ihre Gab. Dennoch muß sie nun empfangen, Eh er sie in's Bette führt, Eine Gabe ohn' Verlangen, Die als Zeichen ihr gebührt. Abgebrannt sind beide Lichter, Und der Freund sitzt noch bei ihr, Macht so drohende Gesichter, Daß sie flieht zur Kammerthür. Er das Messer aus dem Gürtel Ziehet und ganz stille sitzt, Und der Mond aus seinem Viertel Schauet, wie es herrlich blitzt. Nein, sie wagt es nicht zu nehmen, Wie es vorgeschrieben ist, Sei es Schrecken, sei es Schämen, Sie verwünschet jetzt die List. Sie entschlüpfet in die Kammer. Er das Messer wirft nach ihr; Als er flieht mit schwerem Jammer, Steckt das Messer in der Thür. Morgens kommen beide Brüder Sie zu grüßen, doch dem West Fehlt das Messer, seine Lieder Klagen ein gestörtes Fest. Das ihm Traume ihn gequälet Und vergangen ist zu nichts, Weil sich alles hat verfehlet In dem Schrecken des Gesichts. Tröstend giebt sie ihm die Hände, Küsset ihm die müde Brust, Und es drehen sich die Wände Bald in hoher Hochzeitlust. Doch kein Kind will ihn erfreuen Und er wünschet es so sehr, Bis sie sich mit Zaubereien Setzt in schrecklichen Verkehr. Könnte sie's voraus nur wissen, Irrwisch heißt des Zaubers Kind, In dem Kindbett muß sie büßen Ihres Zaubers schwere Sünd. In ein Tuch das Kind zu schlagen, Tritt der Mann zum Schrank der Frau, Hat ihn eilig eingeschlagen, Und es liegt da viel zur Schau. Alles was sie ihm verborgen, Doch er schauet nicht danach, Reisset nur in großen Sorgen Weiche Tücher aus dem Fach; Sieht das Messer draus entfallen, Das sie heimlich drin bewahrt, Das in jener Nacht voll Qualen Er verlor durch Zaubers Art. Jener Traum, der ihm vergessen, Denn der Zauber ist vorbei, Tritt in's Leben; wie besessen Fühlt er sich durch Zauberei; Alles glaubt er schon erlebet, Was ihm jetzo erst geschieht, Und die Qual ihn neu umschwebet, Die ihn jene Nacht durchglüht. »Also du bist es gewesen, Die mich jene Nacht geplagt, Daß ich nie vom Schreck genesen, O, das sei hier Gott geklagt.« »Hast du mich voraus gequälet, Lang im schweren Liebesdienst, Straf ich dich, nun wir vermählet, Und ich zahl' wie du's verdienst.« »Hab' ich auch nicht wollen speisen Von der Fische Zauberei, Ist gehärtet doch dies Eisen, In dem Trank und macht mich frei.« Ihre Brust will er durchstechen, Doch das Kindlein schreit helllaut, Und die kleinen Augen sprechen, Haben sich rings umgeschaut. Blinde Wuth ist ihm verschwunden, Aber nicht der harte Zorn, Als des Herzens Riß verwunden, Schmerzt im Fleische ihm der Dorn. Wenn sie weint bei seinen Schlägen, Zeigt er ihr das Messer nur, Spricht dann: Ohne Lieb' kein Segen, Und du bist die ärgste ... Getrennte Liebe Zwei schöne, liebe Kinder, Die hatten sich so lieb, Daß eines dem andern im Winter Mit Singen die Zeit vertrieb, Diesseit und jenseit am Wasserfall Höret ihr immer den Doppelschall. Der Winter bauet Brücken, Sie beide hat vereint, Und jedes mit frohem Entzücken Die Brücke nun ewig meint; Diesseit und jenseit am Wasserfall Wohnten die Ältern getrennt im Thal. Der Frühling ist gekommen, Das Eis will nun aufgehn, Da werden sie beide beklommen, Die laulichen Winde wehn; Diesseit und jenseit am Wasserfall Stürzen die Bäche mit wildem Schall. Was hilft der helle Bogen, Womit der Fall entzückt, Von ihnen so liebreich erzogen, Zum erstenmal bunt geschmückt; Diesseit und jenseit am Wasserfall Höret sie klagen getrennt im Thal. Die Vögel über fliegen, Die Kinder traurig stehn, Und müssen sich einsam begnügen Einander von fern zu sehn; Diesseit und jenseit am Wasserfall Kreuzen die Schwalben mit lautem Schall. Sie möchten zusammen mit Singen, So wie der Vögel Brut, Den himmlischen Frühling verbringen, Das Scheiden so wehe thut; Diesseit und jenseit am Wasserfall Sehn sie sich endlich zum letztenmal. Der Knabe kriegt zur Freude Ein Röckchen wie ein Mann, Das Mädchen ein Kleidchen von Seide, Nun gehet die Schule an; Diesseit und jenseit am Wasserfall Gehn sie zum Kloster bei Glockenschall. Sie sahn sich lang' nicht wieder, Sie kannten sich nicht mehr, Das Mädchen mit vollem Mieder, Der Knabe ein Mönch schon wär; Diesseit und jenseit am Wasserfall Kamen und riefen sie sich im Thal. Das Mädchen ruft so helle, Der Knabe singt so tief; Verstehn sich endlich doch schnelle, Als alles im Hause schlief; Diesseit und jenseit am Wasserfall Springen im Mondschein die Fische all. Froh in der nächt'gen Frische, Sie kühlen sich im Fluß, Sie können nicht schwimmen wie Fische, Und suchen sich doch zum Kuß; Diesseit und jenseit am Wasserfall Reißen die Strudel sie fort mit Schall. Die Ältern hören singen Und schaun aus hohem Haus, Zwei Schwäne im Sternenschein ringen Zum Dampfe des Falls hinaus; Diesseit und jenseit am Wasserfall Hören sie Echo mit lautem Schall. Die Schwäne herrlich sangen Ihr letztes schönstes Lied, Und leuchtende Wölkchen hangen, Manch Engelein nieder sieht; Diesseit und jenseit am Wasserfall Schwebet wie Blüthe ein süßer Schall. Der Mond sieht aus dem Bette Des glatten Falls empor, Die Nacht mit der Blumenkette Erhebet zu sich dies Chor; Diesseit und jenseit am Wasserfall Grünt es von Thränen nun überall. Des ersten Bergmanns ewige Jugend Ein Knabe lacht sich an im Bronnen, Hält Festtagskuchen in der Hand, Er hatte lange nachgesonnen, Was drunten für ein neues Land. Gar lange hatte er gesonnen, Wie drunten sei der Quelle Lauf; So grub er endlich einen Bronnen, Und rufet still in sich, Glück auf! Ihm ist sein Kopf voll Fröhlichkeiten, Von selber lacht der schöne Mund, Er weiß nicht, was es kann bedeuten, Doch thut sich ihm so vieles kund. Er höret fern den Tanz erschallen, Er ist zum Tanzen noch zu jung, Der Wasserbilder spiegelnd Wallen Umzieht ihn mit Verwandelung, Es wandelte wie Wetterleuchten Der hellen Wolken Wunderschaar, Doch anders will es ihm noch deuchten, Als eine Frau sich stellet dar: Da weichen alle bunte Wellen, Sie schauet, küßt sein spiegelnd Bild, Er sieht sie, wo er sich mag stellen, Auch ist sie gar kein Spiegelbild. »Ich hab nicht Fest, nicht Festes Kuchen, Bin in den Tiefen lang' verbannt!« So spricht sie, möchte ihn versuchen, Er reicht ein Glück ihr mit der Hand; Er kann es gar kein Wunder nennen, Viel wunderbarer ist ihm heut, In seinem Kopf die Lichter brennen Und ihn umfängt ganz neue Freud; Von seiner Schule dumpfem Zimmer, Von seiner Ältern Scheltwort frei, Umfließet ihn ein sel'ger Schimmer, Und alles ist ihm einerlei. Sie faßt die Hand, dem Knaben schaudert, Sie ziehet stark, der Knabe lacht, Kein Augenblick sein Muth verzaudert, Er zieht mit seiner ganzen Macht, Und hat sie kräftig überrungen Die Königin der dunklen Welt, Sie fürchtet harte Mißhandlungen Und bietet ihm ihr blankes Geld. »Mag nicht Rubin, nicht Goldgeflimmer,« Der starke Knabe schmeichelnd spricht, »Ich mag den dunklen Feuerschimmer Von deinem milden Angesicht.« »So komm zur Kühlung mit hinunter!« Die Königin, ihm schmeichelnd, sagt, »Da unten blüht die Hoffnung bunter, Wo bleichend sich das Grün versagt. Dort zeige ich dir große Schätze, Die reich den lieben Ältern hin. Die streichen da nach dem Gesetze, Wie ich dir streiche über's Kinn.« So rührt sie seiner Sehnsucht Saiten, Die Sehnsucht nach der Unterwelt, Gar schöne Melodien leiten Ihn in ihr starres Lagerzelt. Gar freudig klettert er hinunter, Sie zeigt ihm ihrer Adern Gold, In Flammen spielt Kristall da munter, Der Knabe spielt in Minnesold. Er ist so gar ein wackrer Hauer, Mit wilder Kühnheit angethan, Hat um sein Leben keine Trauer, Macht in den Tiefen neue Bahn, Und bringet dann die goldnen Stufen Von seiner Kön'gin Kammerthür, Als ihn die Ältern lange rufen Zu seinen Ältern kühn herfür. Die Ältern freuen sich der Gaben Und sie erzwingen von ihm mehr, Viel Schlösser sie erbauet haben, Und sie besolden bald ein Heer: Er muß in strenger Arbeit geben Worin sie prunken ohne Noth. Einst hört' er oben festlich Leben, Den trocknen Kuchen man ihm bot. Da kann die Kön'gin ihn nicht halten, Mit irdisch kaltem Todesarm, Denn in dem Knaben aufwärts walten, So Licht als Liebe herzlich warm. Er tritt zum Schloß, zum frohen Feste, Die Ältern staunen ihn da an, Es blickt zu ihm der Jungfraun Beste, Es faßt ihr Blick den schönen Mann, Im Bergkleid tritt er mit zum Tanze Und hat die Jungfrau sich erwählt, Und sie beschenkt ihn mit dem Kranze, Er hat die Küsse nicht gezählt. Da sind die Brüder zugetreten Und seine Ältern allzugleich, Die alle haben ihn gebeten, Daß er doch von dem Feste weich. Da hat er trotzig ausgerufen: »Ich will auch einmal lustig sein, Und morgen bring ich wieder Stufen Und heute geh ich auf das Frein!« Da hat er einen Ring genommen, Vom Gold, wie es noch keiner fand, Den hat die Jungfrau angenommen, Als er ihn steckt an ihre Hand, Dann sitzt er froh mit ihr zum Weine, Hat manches Glas hinein gestürzt; Spät schwankt er fort und ganz alleine, Manch liebreich Bild die Zeit verkürzt. Die Lieb' ist aus, das Haus geschlossen Im Schacht der reichen Königin; Er hat die Thüre eingestoßen Und steigt so nach Gewohnheit hin. Die Eifersücht'ge hört ihn rufen, Sie leuchtet nicht, er stürzt herab, Er fand zur Kammer nicht die Stufen, So findet er nun dort sein Grab. Nun seufzt sie, wie er schön gewesen, Und legt ihn in ein Grab von Gold, Das ihn bewahrt vor dem Verwesen, Das ist ihr letzter Minnesold. Die Ältern haben ihn vergessen, Da er nicht kommt zum Licht zurück, Und andre Kinder unterdessen Erwählen neu der Erde Glück, Und bringen andre schöne Gaben, An Silber, Kupfer, Eisen, Blei, Doch mit dem Gold, was er gegraben, Damit scheint es nun ganz vorbei. Die Jungfrau lebet nur in Thränen, Die Liebe nimmt der Hoffnung Lauf, Und meint in ihrer Hoffnung Wähnen, Ihr steh' das Glück noch einmal auf. Glück auf! nach fünfzig sauren Jahren Ein kühner Durchschlag wird gemacht, Die Kön'gin kämpfet mit den Schaaren Und hat gar viele umgebracht. Sie hat gestellt viel böse Wetter, Die um des Lieblings Grabmal stehn, Doch Klugheit wird der Kühnen Retter, Sie lassen die Maschinen gehn; Da haben sie den Knaben funden In kalten Händen kaltes Gold, So hat er sterbend noch umwunden Die Königin, die ihm einst hold. Zur Luft ihn tragend alle fragen, »Weiß keiner, wer der Knabe war, Ein schöner Bursche, zum Beklagen, Gar viele rafft hinweg das Jahr, Doch keiner je so wohl erhalten, Kam aus der Erde Schooß zurück, Denn selbst die flücht'gen Farben walten, Noch auf der Wangen frohem Glück; Es sind noch weich die starken Sehnen, Es zeigt die Tracht auf alte Zeit, Er kostete wohl viele Thränen, Jetzt kennt ihn keiner weit und breit.« Die Jungfrau war tief alt geworden, Seit jenem Fest, wo sie ihn sah, Spät trat sie in den Nonnenorden Und geht vorbei und ist ihm nah; Sie kommt gar mühsam hergegangen, Gestützt auf einem Krückenstab, Ein Traum hielt sie die Nacht umfangen, Daß sie den Bräut'gam wieder hab. Sie sieht ihn da mit frischen Wangen, Als schliefe er nach schöner Lust, Gern weckte sie ihn mit Verlangen, Hin stürzt sie auf die stille Brust. Da fühlt sie nicht das Herz mehr schlagen, Die Männer sehn verwundert zu: »Was will die Hexe mit dem Knaben, Sie sollt' ihm gönnen seine Ruh. Das wär doch gar ein schlimm Erwachen, Wenn er erwachte frisch, gesund, Und sie ihn wollte froh anlachen Und hätte keinen Zahn im Mund.« Jetzt schauet sie sein hart Erstarren An dieser neuen Himmelsluft, Die Farbe will nicht länger harren, Die treu bewahrt der Kön'gin Gruft. Hier ist die Jugend, dort die Liebe, Doch sind sie beide nicht vereint, Die schöne Jugend scheint so müde, Die alte Liebe trostlos weint. Was hülf es ihr, wenn er nun lebte, Und wäre nun ein alter Greis, Ihr Herz wohl nicht mehr zu ihm strebte, Wie jetzt zu dieses Todten Preis. Wie eine Statue er da scheinet Von einem lang' vergeßnen Gott, Die Alte treu im Dienst erscheinet Und ist der jungen Welt zum Spott. Es mag der Fürst sie nimmer scheiden, Er schenket ihr den Leichnam mild, Verlaßne möchten ihr wohl neiden Ein also gleich und ähnlich Bild. Da sitzet sie nun vor dem Bilde, Die Hände sanft gefalten sind, Und sieht es an und lächelt milde, Und spricht: »Du liebes, liebes Kind, Kaum haben solche alte Frauen, Wie ich noch solche Kinder schön, Als meinen Enkel muß ich schauen, Den ich als Bräut'gam einst gesehn.« In Frankfurt am Main Zuweilen that mir das Herz so weh, Als ob es wär gesprungen, Und wenn ich dann recht in mich geh', So hat mir das Ohr geklungen. Was klingt das Ohr, was schlägt das Herz, So laut an die großen Glocken? Es treibt der Himmel im Herzen Scherz, Da ist der Verstand erschrocken, Und schiebt es wohl auf die Witterung Und auf die vergangnen Zeiten, Wer liebt, der ist noch im Himmel jung Und schauet die Erden von Weitem. Nach dem Abschied Was füllte mein träumendes Herze? Vergessener Schein! Schwer trifft sich ein liebendes Herze So ledig allein. Die Schatten sind niedergezogen, Ich ahndet' es nicht, Die schönen Geschichten verflogen, Mein Wundergesicht. Wie Abend sie Seen erreget, Mit fröhlichem Hauch, So nur ein Gedanke beweget, Bewegte mich auch. Ich sinne und suche und springe So hin und zurück, Und locke zum Käfig ihn, singe, Blick einmal zurück. Nicht mehr in dem Spiegel ich sehe Mein lieblich Gestalt, Und wende mich abwärts und flöhe Gern tief in den Wald. Wie wird's ach im Walde so helle, Am Himmel, am Himmel so klar, Es kehret zurück der Geselle, Und alles und alles wird wahr. Mein Auge treu, Mein Ohr so wach, Die Liebe neu Vieltausendfach; Was siehst du fern, Was siehst du gern? Auf Wäldern hoch Das weiße Schloß, Und rascher flog Mein schwarzes Roß, Die Brust, so heiß, Beschäumet sich weiß. Mein Auge treu, Mein Ohr so wach, Die Liebe neu Vieltausendfach. Was hörst du fern, Was ist dein Stern? Das Tüchlein winkt, Das Waldhorn schallt, Die Sonne sinkt, Mein Herz hoch wallt; Das Thor weit auf Durchhallt im Lauf. Ritt im Mondschein Herz zum Herzen ist nicht weit Unter lichten Sternen, Und das Aug', von Thau geweiht, Blickt zu lieben Fernen; Unterm Hufschlag klingt die Welt, Und die Himmel schweigen, Zwischen beiden mir gesellt Will der Mond sich zeigen. Zeigt sich heut in rother Gluth An dem Erdenrande, Gleich als ob mit heißem Blut Er auf Erden lande, Doch nun flieht er scheu empor, Glänzt in reinem Lichte, Und ich scheue mich auch vor Seinem Angesichte. – Die Braut Viel schwächer ich mich fühle, Da mir so nah die Freud, Als da ich fern dem Ziele In Leid und Bitterkeit; Nacht der Nächte, süß und bittre Zeiten, Bald wird seinen Arm der Liebste um mich breiten, Die Jungfrau vergehet, Die Frau dann erstehet, Der Name des Herrn sei gelobt! Der Myrthenkranz so lose Mir schon im Haare spielt, O Liebesbecher, Rose, Wie mich dein Duft hier kühlt; Lieb' ist stärker als der Tod erfunden, Wie ein Lamm zum Opfer bin ich bunden. Mein Hemdlein spielt im Winde, Er ruft mir: Kind, geschwinde, Der Name des Herrn sei gelobt. Viel schwächer ich mich fühle, Da mir so nah die Lust, Als da ich fern dem Ziele An's Sterben denken mußt: Nackt bin ich in diese Welt gekommen, Nackt werd' ich auch wieder aufgenommen. Der Herr hat's gegeben, Der Herr hat's genommen, Der Name des Herrn sei gelobt. Amen. Ein Engel wird dir decken Die blauen Äugelein, Ein Engel überstrecken Sich um die Ohren dein, Niemand, keiner wird dich mehr erblicken. Löscht die Lichter; Finden ist der Lieb' Beglücken! Der Geist ist gegeben, Er mehret das Leben, Der Wille des Herrn soll geschehn. Ich kann sie nicht mehr stören, So wird es dennoch wahr, Dort gehn die Brunnenröhren Im hellen Mondschein klar; Ich muß gehen von der reichen Quelle Trocknen Mundes, Wermuth an der Stelle, Wie ist mir so wüste Vom wilden Gelüste, Sie denket wohl nicht, was in mir tobt. Enteilt ihr Flitterwochen, Ist erste Lieb' vorbei, Will ich an's Thürlein pochen, Dann bin ich frech und frei; Liebeszauber ist dann schon verschwunden Und sie fühlt vom Ehring sich gebunden; Der Mann wird dann schelten, Da werd' ich was gelten, Im Namen des Teufels es geht. Ich liebte sie so stille, Wie Gott die Welt geliebt, Doch es war nicht sein Wille, Daß sie mich wieder liebt; Ewig bleib' ich dennoch ihr so eigen, Gott, dir soll's mein einsam Leben zeigen; Er muß es wohl wissen, Was besser wir missen, Er wußte allein, wie Sie mir lieb. Wie Gold in's Meer versenket, Wird in Verschwiegenheit Die Liebe abgelenket Von ihrem trüben Leid; Meine Liebe muß sie nimmer wissen, Daß sie nimmermehr mich kann vermissen, Ihr Loos ist geworfen, Und ich bin verworfen. Sie liebt ihn; mein Unglück trag' ich fern. Bald bet' ich in der Klause In der Waldeinsamkeit; Herr, schenke ihrem Hause Ach all die Seligkeit, Die ich hoffend hatte mir ersonnen, Sei mein Beten ganz für sie gewonnen. Die Menschen sie denken, Und Gott wird sie lenken, Der Name des Herren sei gelobt. Winterunruhe Ich räume auf für Gäste, Sie hält mich auf dem Neste; Die Wege sind beschneit, Und keiner kommt so weit: »Wie Espenlaub mein Herz hat keine Ruh, O, wäre früher ich geboren, oder später Du.« Ich sitz' bei Ihr, Sie spinnet, Mein Herz in mir, es sinnet, Es treibt mich durch den Wald, Wie ist der Wald so kalt: »Wie Espenlaub mein Herz hat keine Ruh, O wäre früher ich geboren, oder später Du.« Die Tanne sagt vom Schmause, Mich brausend jagt nach Hause; Zu Hause bei dem Heerd, Da werd' ich so beschwert: »Wie Espenlaub mein Herz hat keine Ruh, O wäre früher ich geboren, oder später Du.« In Ihrem Haar ich spiele, Der Träume Schaar ich fühle In Ihrer Locken Nacht: Doch bald bin ich erwacht: »Wie Espenlaub mein Herz hat keine Ruh, O wäre früher ich geboren, oder später Du.« Lichte Streifen von dem Himmel Lichte Streifchen von dem Himmel Leicht zur Erde niederwallen; Will das Licht die Saiten stimmen? Will ein Regen niederfallen? Eilend ist meine Streiferei, Wo das Paradies wohl sei. Viele dichte Dornenhecken Sollen es der Welt verschließen, Tausend Vögel drinnen stecken, Tausend Bäche rauschend fließen; Eilend ist meine Streiferei, Wo das Paradies wohl sei. Wie viel tausend rothe Blicke In dem grünen Klee hier winken, Winkt ihr mir zu meinem Glücke, Blumen, die im Grün ertrinken? Endet hier meine Streiferei, Wo das Paradies wohl sei? Zwei Kaninchen auf zwei Beinen Sitzen da an einem Blatte, Während sie's zu fressen scheinen, Sie sich recht geküsset hatten; Liebet ihr euch im Ehestand, Nehmet mich auf in dem sel'gen Lande. Freundlich mich die Beiden laden, Doch sie beide mein vergessen, Und was könnt' ich ihnen schaden, Wäre ich auch zu vermessen; Gnädig sind wohl die Grafen hier, Aber die Liebe ward nicht mir. Seht, der Wind kommt wie verschlafen, Der der Erde Teppich kehrt, Will den Staub zusammen raffen Und sich gar an mich nicht kehrt; Höflich ist nicht die Dienerei, Wenn's das Paradies auch sei. Von dem höchsten Apfelbaume Schüttelt Wind die Früchte alle, Weckt ein Kindlein aus dem Traume Mit der harten Früchte Falle; Wärest du mein, die Streiferei, Wäre voll Geschrei dabei. Dieses Kind, das sollt' ich kennen, Auch der Bäume Schattenrisse, Doch die Regenstreifen rennen, Herz und Himmel sind zerrissen, Traurig wird meine Streiferei, Wo das Paradies wohl sei. Kindlein, bist du hier alleine? »Ganz alleine mutterselig!« Und was willst du damit meinen; Ist die schöne Mutter selig? Seit die Menschen sind verstört, Ist das Paradies bethört. Eine Ziege kommt gesprungen,, Aus dem Euter Milch verlieret, Ist vom Blumenkranz umschlungen Und sie frißt ihn, der sie zieret: Traurig ist meine Streiferei, Wo das Paradies wohl sei. Diese Wiesen, diese Gänge Wandelt ich in Liebchens Schatten, Durch des Morgens schöne Klänge In dem zärtlichen Ermatten, Und wie ist es mir bewährt, Auch das war der Müh nicht werth. Langeweile gähnt in Blumen, Nichts zum Trinken, nichts zum Schmause, Von dem Zeichnen Semmelkrumen In dem bunten Frühlingshause; Ach und ich weiß es nun auf's Haar, Wo das Paradies einst war. Offen stehn die Paradiese, Und ich stehe drin verlassen, Ewigkeit, die sie verhießen, Würd' ich ohne Kunst doch hassen, Ach und ich fühl' es nun bewährt, Dieses war der Müh' nicht werth. Wie mit geflügelten Heuschrecken ziehend Über die dürr zerfressenen Halme, Zieh ich mit dem Heere glühend, Daß ich die Wurzeln des Grüns zermalme, Such' ich in ewiger Streiferei, Wo das Ende der Welt wohl sei. Der Mantel ist ein lustig Haus Der Mantel ist ein lustig Haus, Drin ist gewölbt ein Keller, Da giebt es manchen schönen Schmaus, Da geht es stets herein, heraus, Und kostet keinen Heller. Ein Ofen ist in diesem Haus, Das ist die Tabackspfeife, Die macht mir Wölklein weiß und kraus, Es scheint recht wie ein Blumenstrauß, Weg ist's, wenn ich nach greife. Der Brenner ist des Teufels Kost, Mit Feuer ich ihn locke, Und für den einzigen Höllentrost Er alle Feinde niederstoßt, Zu Dutzend und im Schocke. Mein Pferdchen, das mit Sprüngen trabt, Hab' ich durch ihn erbeutet, Wie es mir nun das Herze labt, Als hätt' ich es zum Thron gehabt, Wenn es die Mähne breitet. Es ist ein großer Federkrieg In aller Welt entstanden, Die hohe Feder wallt zum Sieg, So weit mein Schwert reicht, alles liegt, Als wüchs es auf dem Lande. Wir sitzen ab im Städtlein drin, Die Bürgermädchen schauen, Die erste fass' ich an das Kinn, Die zweite sieht, daß ich es bin, Und thut mich lieblich hauen. Ich laß mir ein klein Zettelein Von ihrem Rathsherrn schmieren, Dafür läßt mich ein jeder ein, Und bringt mir gleich den Krug mit Wein, Ich und mein Pferd regieren. Das Mädchen führt uns in den Stall, Im Stall da ist es dunkel, Da leuchtet dann ihr Aug' zumal, Wie Sonne über Berg und Thal, Mit lieblichem Gefunkel. Das schöne Kind klatscht mir mein Pferd, Möcht' ihm zu fressen geben. »Nur glühe Kohle frißt mein Pferd, Die Augen dein, die sind der Heerd; Dir ist es ganz ergeben.« Wer das Kommisbrod hat erdacht, Das war ein guter Reiter, Das steht uns frei bei Tag und Nacht, Mein Pferdchen es auch nicht veracht, Es macht uns fest und heiter. Lieder aus einem ungeschriebenen Romane Der Purpurmantel Der König ging vertrieben Durch ein Feindesland, Die mit ihm sind geblieben, Bindet da kein Band. Da sind in Noth nur blieben, Die er oft verkannt, Denn streng sind, die uns lieben, Fest ist der Liebe Band. Er sah wie seine Feinde Dort am Ufer stehn, An Freundes Busen weinte, Wollte schier vergehn. »Ich habe nichts zu geben, Als den Mantel mein, Der gab mir Noth im Leben, Bald auch Todespein.« »War meine Noth beglücken Eurer Tage Preis, Den Purpur reißt in Stücken, Geb' ihn allen preis!« Er faßt, so viel er konnte, Jeder riß sein Stück, Es auf dem Herzen sonnte, Wie ein Stern im Glück. »Nun flieht!« befiehlt der König, »Lasset mich und flieht!« Zum erstenmal der König Ungehorsam sieht. »Der Purpur ist zerrissen, Aus ist nun dein Reich, Wir handeln nach Gewissen, Sind nun alle gleich.« »Wir stehn am jüngsten Tage Schon dem Weltgericht, Auf hoher Himmelswage; König der Könige richt!« »Der Purpurstern kann blitzen, Wärmen euer Herz, Nicht wie ein Harnisch schützen! – Kältend deckt das Erz!« – Die Feinde sahn sie blicken, Sahn die Sterne hell, Und ihre Pfeile drücken In die Herzen schnell. Die purpurrothen Stücke Tauchte in Blutes Farb, Der Feind ging über die Brücke, Nicht den Schmuck verdarb. Es stiftet einen Orden Diesem nach der Feind, Der ordnet seine Horden, Sie durch Treu' vereint. Die Krone Es war ein alter König, Der hatt' 'ne schöne Magd; Da freut' er sich nicht wenig, Weil sie ihm wohl behagt. Er läßt die Ritter laden, Zu seinem Hochzeitfest. »Es wird dir wahrlich schaden!« Sagt Einer seiner Gäst. Da sprechen sie gleich alle: »Wir bleiben dir nicht treu, Wenn du uns aus dem Stalle Die Königin holst herbei.« Er nimmt vom Haupt die Krone, Er sieht sie schweigend noch an, Und wirft sie von dem Throne Auf den ersten, besten Mann. Und ruft: »Wer sie gefangen, Der soll mein König sein, Ich hab' nicht mehr Verlangen Zu herrschen ledig allein.« »Es mag ein jeder werden Was ich gewesen bin, Dieweil ich nun auf Erden Erst lustig worden bin!« Auf den die Kron' gefallen, Dem schlug sie ein das Hirn, Das war der Eine von allen, Der mit der frechen Stirn. Ja wem die Krone fallen, Dem fällt ein schweres Loos, Doch vielen sie gefallen, So wird er sie bald los! Die Doppelkrone Ein König sich einst müde trug An seines Ahnherrn Schwerte, Da schlief er ein auf seinem Thron, Erschien sich selber da zum Hohn Als Zimmermann der Erde. Sein Meister war der Ahnherr gut, Und er im Traum Geselle, Sie zimmerten die Spitz am Thurm, Manch Menschlein unten wie ein Wurm Scheu krümmt sich's vor der Stelle. Der Meister hat den Thurm erdacht, Doch der Geselle meinte, Weil er doch alles mitgemacht, Er hätt' ihn auch allein vollbracht; Vor Gram der Meister weinte. Der Meister nahm in Wuth die Axt, Bestieg des Kreuzes Balken, Der hing da in der Luft allein, Die Axt schlug er am End' hinein, Wo sonst nur Krähn und Falken. Befahl nun dem Gesellen kalt, Die Axt zurück zu holen, Und der Geselle geht als Held; »Ich sehe zwei!« dann schreit und fällt, Der Teufel muß ihn holen. Du rühmst dich, Nachbarkönig, oft, So mag dich darum grauen, Doch siehst du doppelt schon die Kron, Dann stürz' ich mich mit dir vom Thron, Der Teufel möcht' dir trauen, Du könntest lernen schauen. Die dreifache Krone Als die Feinde kamen dräuend, Floh der Mensch von Haus und Hof, Vögel flohn vom Neste schreiend, Nur der König blieb am Hof, Fand die Eier in dem Neste, Noch erwarmet rund und schön, Legt sie unter seine Weste, Dicht an's Herz, sie oft zu sehn. Und in diesen Schmerzenstagen, Wo die Welt in schneller Flucht, Freut es ihn, sie sanft zu tragen, Und der Feind sie fernhin sucht. Sicher hätt' er ihn gefangen, Denn er drang mit Übermuth, Blind vorüber sind gegangen, Die ihn suchten, blind vor Wuth. Süßer Trost, die hellen Augen Sehn schon aus der Schale rein, Und die Schnäblein Thränen saugen, Und mit Pfeifen ihn erfreun; Daß sie ja der Habicht schone, Sperrt er nun die Kleinen ein, Unter der gewölbten Krone, Füttert sie im Schloß allein. Feind' und Freunde sich erschlagen, Helfen kann er nicht dabei, Und nun weiß er ohne Fragen, Wer der letzte Sieger sei; Denn die Kleinen prophezeihen Ihm ein friedlich schönes Reich, Wen noch etwas kann erfreuen, Bleibt im größten Unglück reich. Als die Unterthanen kehren Endlich in's zerstörte Haus, Gar kein Kind hält sie in Ehren, Denn sie ließen sie im Graus, Doch den König sanft umschwebet Singend seiner Kinder Schaar, Weil im Unglück er belebet, Was dem Tod geweihet war. Der Zepter Ein König auf dem Throne, Mit seinem Stab von Gold, Die Räthe schlug zum Hohne, War keinem Menschen hold. Den Hunden an dem Tische Der Rath die Teller hält, Er füttert gut die Fische, Sein Volk in Hunger fällt. Sein Völkchen war beritten, Er ärgert sie so bas, Daß sie sind fortgeritten, Da ward der König blaß. Er konnte sie nicht halten, Sein ganzes Volk ritt fort, Er konnt' allein nun walten An seinem Hundeort. »Wenn mir die Hunde bleiben So bin ich dennoch reich, Die Zeit mir zu vertreiben, Das andre ist mir gleich.« Die Hunde schlecht bedienet, Die wurden falsch und wild, Und als er sich erkühnet, Zerrissen sie sein Schild. Zerrissen seinen Mantel, Da stand er nackt und bloß, Da sah man bei dem Handel, Er hätt' einen Puckel groß. Du mußt die Lehre fassen, Mein edler Fürstensohn, Den schon die Besten verlassen, Der sitzt nicht fest auf dem Thron. Das Schwert Lange hat das Schwert gestanden, Ist magnetisch so geworden, Und es braucht nicht mehr zu morden, Alle Noth ist überstanden, Alles Eisen legt sich an, Schwerter wie Feilstaub hängen daran. Ruhig läßt's der König stehen, Will die Ordnung ja nicht stören, Kein Metall will man mehr ehren, Das magnetisch nicht will gehen, Das verschmähete Metall Sammeln die Feinde nun überall. Plötzlich mit den neuen Waffen Sind wie Pilze sie entstanden, Doch es tönt aus allen Landen, Daß aus Blei sie Schwerter schaffen; Das Verachten ist so leicht, In dem Beachten der Meister sich zeigt. Nun mit gar gewaltger Feier Wird das Eisenschwert erhoben, Jeder muß es wieder loben, Immer nach der alten Leier, Lobten's, weil es Eisen sei, Rostiges Eisen springt gegen Blei. Der Reichsapfel »Sagt, wo unser Apfel ist getrieben? War er Paradieses Zier?« »Auf des Reiches Apfel steht geschrieben: Ich nicht in Versuchung führ'.« Sprecht ihr so zum König, Theologen, Alles weiß ich, was geschieht, Und dies Eine wird mir so entzogen, Wo der Apfel hat geblüht? Jedes Haus von Glas ist ungelogen, Polizei hinein so sieht, Alles ist Maschine und Befehlen, Nichts geschieht, denn jeder sieht, Einer immer muß den andern quälen, Daß er in die Karten sieht; Sollte eines dieser Räder brechen, Wär' wohl alles schlecht bestellt, Alles schreibt und keiner will mehr sprechen, In den Akten sinkt die Welt. »Sagt, wie mag der heil'ge Apfel schmecken, Denn ich hab' danach Gelust?« »König, nein, wir können dich nicht schrecken, Aber Schauder füllt die Brust!« Doch der König geht den Apfel holen In des Domes heil'ge Still', Wo die Chorherrn singen unverhohlen »Die Versuchung in mir still. Und die Chorherrn singen aus der Stille: Mich nicht in Versuchung führ'.« Doch die Uhr, ein fester, ernster Wille, Schlägt, daß sich der Ton verlier. Auf den Thurm der König steigt mit Springen, Der sich schwindlig überbeugt, Wo die hell und dunklen Stunden klingen. Die der Mann im Harnisch zeigt. Mit dem Schwerte schlägt er an die Stunden, Trägt den Apfel in der Hand, König nun hast du den Apfel funden, Hast den Apfel kühn entwandt. Auf dem Apfel liest du nun geschrieben: »Ich nicht in Versuchung führ'!« Doch er beist hinein von Lust getrieben, Seine Zähne brechen schier, Mitten durch hat er ihn aufgebissen Und er liest im Apfelstern: »Reifen muß der Menschen schönes Wissen, Reif und schwarz wird dann der Kern, Ist der Apfel früher aufgerissen, Sinkt verwelkt dein bleicher Stern!« Wie im Traume schrecklich festgehalten, Starrt der König, sieht ihn weiß, Und die Sterne in des Himmels Falten Bergen sich schon alle leis, Mann im Harnisch, du kannst ruhig walten, Diese Stund' verging so leis. Mit dem Schwerte schlägt er an die Stunde. Und der König steht davor, Schlägt in's Hirn ihm eine tiefe Wunde, Seinem Geist ein offnes Thor. Das Kreuz Viel Knaben und Mädlein im Laufe hinauf, Am Berge wie Lerchen, Sie singen: Nun ringelt den Rosenkranz Auf Maien, in Reihen, im Morgenglanz. Die Mädlein bringen mit Rosen im Schoos, Zum Binden und Winden; Sie binden und winden den Rosenglanz, Zusammen sie stecken mit Dornen den Kranz. Die Knaben bezwingen die Maien mit Schrein, Sie brechen und flechten Die Äste zum Kreuze im Sonnenglanz, Sie hängen darauf auch den Rosenkranz. Von Knaben und Mädlein der Wald erschallt, Sie reichen mit Schreien, Ja Ringel, Ringel, Rosenkranz, Sie singen und tanzen im Morgenglanz. Da sehet die Kreuze auf Höhen hell stehn, Zum Freuen an Maien: Die Knaben und Mädlein auf Rasen grün, Sie ringeln und reihen, sich niederziehn. Ein Ritter sie schauet, die Brust voll Lust, Sie lobt und gelobet Zu bauen ein Kloster dem Rosenkranz, Da sollten sie beten bei Ampelnglanz. »Ein Kreuz in die Welt zu hauen, ja schaut, Mein Schwert es euch lehrt. In östlichem, westlichen, sonnigen Glanz, Darum ich es hier in die Erde euch pflanz.« »Das wurzelt und treibet wie balde zum Wald, Es glühet und blühet, Die Rosen umsprossen die Scheide mit Glanz. Sie knüpfen am Hefte den ewigen Kranz.« Die Knaben darauf es so schöne ansehn, Sie sagen und klagen: »Das blühet ja nimmer in Rosenglanz, Wir sehn nur vier Spitzen und blutigen Glanz.« Der Ritter will tanzen, der Stahl zur Qual Drückt nieder die Glieder: Die Kinder, sie singen zum Rosenkranz, Du steifer Geselle bleib weg von dem Tanz. Ein Weiser das Kreuz von ferne sieht gern, Er lehret: »Ja höret!« Vier Temperamente und Element, Sie zeigen sich klar in vier Kreuzesend. Die Kinder sich halten, sie lachen der Sachen, Sie springen und singen: »Dein Mantel, der hat doch vier Zipfeln ich mein', Gieb uns nur den Mantel, die Zipfeln sind dein.« Der Ritter, er geht an die Quelle gar schnell, Und schüttelt und rüttelt; Da fallen die eisernen Schienen hinein, Gesund wird der Brunnen den Kranken allein. Der Weise den Mantel aufschürzet und kürzet, Die Falten zu halten, Er trinket erst frisch aus dem Brunnenglanz, Wird frisch und gesund zu dem Rosentanz. Der Ritter, der Weise, sie springen und singen Mit Kindern geschwinde. Ja Ringel, Ringel, Rosenkranz, Sie tanzen nun mit in dem Morgenglanz. Der Thron Der Krieger baut sich seinen Thron Aus jedem frischen Holz, Da meinet er sich Gottes Sohn Und dehnet sich so stolz, Und baumelt mit den Beinen dann Und knackt mit jedem Glied, Die Welt erzittert vor dem Mann, Wenn sie die Unart sieht. So in der dunklen Kammer sitzt Des Kriegers Poltergeist, Der wie ein Thron zur Sonne blitzt, Sein Schwert heraus schon reißt; Was scheinst du Sonne auch so stark, Siehst so geschwind und weit, Wo sich der gute Fürst noch barg, Verräth ihn Menschenfreud. Der Krieger haut in seinen Thron, Die Splittern fliegen dicht, Holt siegend gleich den andern schon, Eh' noch der alte bricht; Der Krieger holt ihn gleich zum Hohn, Den Fürsten stößt hinab, In dunkler Kammer wird der Thron So dunkel wie das Grab. Seht das geschah am grünen Holz. Wie wird's am dürren sein, Der alte Krieger wird so stolz, Meint alles endlich sein; Vorletzt er nahm den ältesten Thron Aus Eisen fest erbaut, Nach ewig ferner Nordlichtskron Er nun mit Sehnsucht schaut. Er haut auf seinen Eisenthron, Als wär's des Feindes Rest, Da springt sein Schwert in Funkenton, Die Kraft ihn da verläßt, Gestählt war ihm sein Herz so hart, Nun wird es menschlich weich, Es bieget sich nach Menschenart, Und fühlt mit andern gleich. Wie einer, der erwacht aus Wuth, Er sieht mit Schrecken nun, Er sog aus sich fast alles Blut Und meint's dem Feind zu thun; Muß seine Bahn so klein nun sehn, Nur andre zog er groß, Die es verschmähten hoch zu stehn, Weil sie schon übergroß. Noch keiner weiß, wo er da blieb, Bis keiner an ihn glaubt, Das grüne Holz ist allen lieb Und ist so frisch belaubt: Die Schwerter bindet, baut den Thron Aus Eisen, nicht aus Holz, So spricht euch nie ein Fremdling Hohn, Verwirft sich auch nicht stolz. Doch in der Hand, mein Fürstensohn, Halt nicht das scharfe Schwert, Halt einen grünen Zweig zum Lohn, Und pflanz' ihn in die Erd, Wenn sich nicht lobenswerthe That Ereigne nimmer nie, Damit, wenn du einst alt und matt, Ein Wald dich froh umzieh. Daß dich ein Wald mit Lust umblüh, Wie's blaue Firmament, Aus allen Landen Jene zieh, Die man wie Sterne nennt; So sammle rings, was tugendlich, So ist die Welt dein Reich, Und diesem Rath ergebe dich, Die Tugend macht uns gleich. Die Thronfolge Sieger der Welt ist Alexander kommen Zum Abendstrand der Welt, Zum Greis hinaufgeklommen, Der ihm sein Zeichen stellt. Sterne des Tags sich ihm zuerst da zeigen, Nun sieht er erst das Meer, Sieht Well' auf Welle steigen, Und alles Treiben leer. Kreise im Kreis der Greis geruhig drehet, Und er versteht sie nicht, Sein Blick sich da ergehet, Wo Meer zum Himmel dicht. Schwindelnd er sieht vom steilen Felsen nieder Die aufgethane Lust, Wie alles schwingt die Glieder Und alles drehen mußt. »Künde mir, Greis, ist nichts mehr zu vollbringen, Ist hier begrenzt die Welt, Kann ich zum Thron nicht dringen, Der leuchtend hingestellt?« »Halte den Muth und fürchte nur dich selber, Du König aller Welt, Die Eiche stürzet Wälder, Wenn sie hernieder fällt.« »Eines du thust und willst es doch vermeiden, Den Vater tödtest du, Die Welt soll's dir verleiden, Den Menschen zählen zu!« »Nieder, hinab, du Schänder meines Glaubens, Vom Gott ich rein entsproß, Sinkt mit den wilden Tauben, Und lüg' im Meeresschloß!« Nieder in's Meer, sein Bart umwallt ihn helle, Stürzt er den Greis, der ruft: »Wie fall' ich schnell und schneller, Schreib auf den letzten Ruf.« »Dank sei dir, Sohn, du bist's, ich sterb' dein Vater, Versöhn' den Göttern dich, Die deines Glückes, deiner Thaten Voll Neid erzürnten sich.« Wahrlich, der Baum erstirbt in hohem Glücke, Den Schößlingsschatten stickt, So glänzt im höchsten Blicke, Den Sohnes Licht erdrückt. »Wissen stürz' Wissen!« war des Alten Wille. Das Wissen wird gebeugt In tiefe Meeresstille, Wenn es das Thun erzeugt. Größe zeugt Größe, wird vernichtet, Der Thron dem Sohn zu eng, Des Vaters Denkmal ist errichtet. Wenn keiner seiner denkt. Also gelagert, scheinen alle Flötze Des Weltbaus Schicht auf Schicht, Er folget dem Gesetze: »Das Höchste komm' zum Licht!« Götterahnen Der Erde Könige waren Zwei Freunde auf Sonne und Mond, Trabanten mit schießenden Schaaren, Mit Sternen sie wurden belohnt. Und beide, Buhlschaft zu treiben, Zur Erde, der Sklavin, sie sehn, Doch Junggesellen sie bleiben, Einander im Wege sie stehn. Sie halten Feuer in Händen Und theilen's der Liebenden aus, Doch ehe die Buhlschaft sie enden, Fast gehet das Feuer schon aus. Denn ihre Hände, sie zittern, Die Erde das Feuer da stahl, Um unten damit zu gewittern, Als Herrscherin funkelnd in Stahl. Gar tief das kränket die Alten, Sie gehn mit einander zu Rath, Im Winter zusammen sich halten. Sich löschend in leuchtender That. Sie legen aus ihren Händen Des Feuers erneuende Kraft, Sich unter die Thronen zu Bränden Befreiend die Flamme da schafft. Es brennen die heiligen Heerde Und Sonne und Mond da erscheint, Erheben sich schnell von der Erde, Die Erde gar bitterlich weint. Als sie das beide erblicket, Da sehen die Freunde sich an, Und steigen, die Hand sich zu drücken, Wie feurige Kugeln hinan. Und stürzen nun hin auf die Erde, Zu ruhen im Schooße der Braut, Es fanden sie Hirten der Heerde, In Tempeln die Hohen ihr schaut. Sie haben nicht Augen und sehen, Sie fühlen und haben kein Blut, Wir fühlen sie ungesehen, Doch thut uns der Anblick so gut. Sie scheinen nun allen gelinder Und sind wie Steine erstarrt, Doch Ernst nur erziehet die Kinder, Ein göttliches Leben macht hart. Der Erde Kinder vor ihnen Ergreifet die kindliche Zeit, Eh Unglück der Liebe erschienen, Eh Frühling sie wieder befreit. Die Thronen, die leeren, sie steigen Als Sonne, als Mond auf ab, Noch brennet das Feuer die Reigen Von göttlichen Zeiten herab. Drum wendet euch nicht zu der Sonne, Nicht wendet euch dienend zum Mond, Auf Erden noch stehet besonnen Die Gottheit und strafet und lohnt. Und ließen sie nichts vom Geschlechte, Sie schwängern im Geiste die Welt, All jeden, der schaffet das Rechte Als reiner ungöttlicher Held. So schwanket die Erde aus Wettern Der dunklen chaotischen Zeit, Die Andacht erziehet zu Göttern Die treulich erleuchtet ihr Leid. Der Götter Adel Still bewahr es in Gedanken Dieses tief geheime Wort, Nur im Herzen ist der Ort, Wo der Adel tritt in Schranken, Wo die silbernen Drommeten Helllaut rufen aus den Nöthen. Ihr Gedanken seid die Ahnen, Wenn des Zweifels Kampf beginnt, Wie aus Stein die Quelle rinnt, Frischend ihre Geister mahnen, Der Gedanken trockne Blätter Wehen frisch im Frühlingswetter. Nicht vom Leichtsinn abgerissen, Nicht zum Spiele hingestreut, Nimmer es dem Baum gereut, Daß er nun so viel muß missen, Er im Wind sich freudig schüttert. Daß ein Kranz am Halme zittert. Wer vermag es zu vernichten, Was ein Herz ganz eingefühlt, Messet doch wohin es zielt Dieses Nordlicht, hell in Schichten, Nur was häßlich zeigt sich schnelle, Spottend zeigt's die Sonn' recht helle. Geister sind in jedem Hause, Wecken aus dem Schlaf den Muth, Also rinnt das edle Blut, Geistig wie der Wein beim Schmause, Was gesprochen da zusammen, Nimmer kann's von einem stammen. Immer mit dem größten Maaße Mißt des Hauses Geist das Kind, Und das Kind sich dehnt geschwind, Will sich zeigen von der Rasse; Was ihm Göttliches bescheeret, Zeigt sich höher, sichrer währet. Nicht die Geister zu vertreiben Stand des Volkes Geist einst auf, Nein daß jedem freier Lauf, Jedem Haus ein Geist soll bleiben, Nein, daß adlich all' auf Erden, Muß der Adel Märtrer werden. Der Verdienstadel Wer klopft so spät? Kein Schwefelfaden, Kein Kiehn ist mehr in meinem Laden! Nein Mutter, hört es an dem Ton, Vor eurer Thür ist euer Sohn. Nachts kommst du, Tagdieb, im Gewitter! Ihr irrt, ich bin nun reich und Ritter, Und bring euch mit die Fraue mein, Des Fürsten schönes Töchterlein. Steht immer auf, macht auf den Laden, Das Ungewitter war mein Wagen. Frau Schwiegermutter, ihr verzeiht, Ich komm zu euch bestäubt, doch weit. Frau gnäd'ge Tochter, muß mich schämen, Sie müssen hier vorlieb schon nehmen, Ich hab erst heute ausgekehrt, Doch hat sich keiner dran gekehrt. Mein lieber Sohn, dich zu empfangen; Ich bin zu arm und voller Bangen, Das gehet nimmermehr hier an, Hier war noch nie ein Rittersmann. Macht, liebe Mutter, auf das Zimmer Von meiner Jugendzeit voll Trümmer, Da ist der Helm, den ich gemahlt, Mit Schlägen ward er mir bezahlt. Frau Schwiegermutter, seid geküsset, Der edle Zweig, der aus euch spriesset, Ich hang an ihm wie eine Frucht, Und freu' mich eurer guten Zucht. Ach gnäd'ge Fürstin, zu viel Ehre! – Da klopft's, daß uns nur keiner störe, Wer ist schon wieder vor der Thür? Jetzt ist die hohe Fürstin hier! Dem jüngsten Sohn mach auf die Thüre, Lieb Mutter, daß er zu dir führe Die Beute aus dem Mohrenland, Viel Demant und viel goldnen Sand. Mein Gott, was soll ich nun beginnen, Ich kann mich gar nicht mehr besinnen, Wenn das ein Traum! Ich wäre froh, Ich brenn vor Freude lichterloh. Wie soll ich für so hohe Leute, Wie soll ich zu so großer Freude Die Schlüssel kriegen, die versetzt, Die Speise, welche müde letzt. Lieb Mutter, seid doch unbekümmert, Seht doch wie hell das Silber flimmert, Die Speisen, wie sie riechen schön, Ihr Sklaven macht ein schön Getön'. Wie soll ich hier so ruhig sitzen, Kann ich nichts putzen? Wie sie blitzen, Die Teller, seid ihr sicher auch, Denn Stehlen ist hier gar sehr Brauch. Seid unbesorgt! Wollt ihr von diesem? Es ist zu fein, hab's abgewiesen. Frau Schwägerin, habt ihr gehört, Was Mahomed im Koran lehrt? Ja daß wir Christen, wollt ihr zeigen, Ihr laßt im Glase keine Neigen. Ich danke für den frischen Trank; Dies zu der Mutter hoch erklang. Was soll ich sprechen, das sich schicket, Wenn ich die Kostbarkeit erblicket, So hilft nun all mein Sparen nicht, An beiden Enden brennt das Licht: Zwei Ritter sind die Lümmelsöhne, Mein Töchterlein die Fürstin schöne, Und so viel Köstlichkeit ist mein, Als nimmer kam zur Stadt hinein. Da ward sie's Teufels vor Vergnügen, Ein Sohn sie sah im Rauchfang fliegen, Sie sahen sich bestürzet an, Wie sich's so traurig enden kann. Wo ist die Mutter hingeflogen? Auf ihrem Besen weggezogen? Und durch den Rauchfang, daß es kracht, Des Teufels Herr darüber lacht. Hohläugig sahn mich an die Fenster, In jeder Scheibe viel Gespenster. Die Tage sind's, die wir versäumt, Hier eingesperrt, da alles keimt. Wohl wie ein unbewohntes Zimmer Sehr schleunig fällt in Staub und Trümmer, Wenn drin erscheint ein Menschentritt, So rissen wir die Mutter mit. Und alt in einem leeren Leben, Und jung in frischer Freude Schweben Sie hielt nicht aus den Mißverstand, Den Besen nahm sie gleich zur Hand. Ach sieh doch wie die Katzen jammern, Am Feuerhaken aufwärts klammern, Ach lieber Mann, mir wird so bang, Du machst doch nicht denselben Gang? Du mußt doch folgen, wo ich gehe, Gedenke an die heil'ge Ehe, Trau meinem Glück', es löst mich aus An deinem Arm von Stamm und Haus. Adel Zwei Zeiten streiten, Und die veralten Sich nicht mehr halten, Die alten Zeiten Einst waren schöne, Auch Frühlingssöhne! Die Frühlingssöhne Vom kalten Wetter Sind dürre Blätter, Doch von Gewöhnen Noch fest am Stamme, Es hält zusammen. Die Frühlingsstürme Durchziehn die Lüfte, Und selbst die Klüfte Belebt Gewürme, Es kommen Schwärme Mit wildem Lärmen. Wozu der Tadel, Ihr wart einst jünger Und nicht geringer, Ihr Herrn von Adel, Doch nur mit Fechten Könnt ihr jetzt rechten. Der ältste Herzog, Der soll sie führen, Man kann es spüren, Wie lang' sie scherzen, Da ist kein Wachen, Kein Ronden machen. Sie sind umgangen, Noch eh geschlagen; Noch ist kein Zagen, Noch ist kein Bangen, Der Feind mit Listen Will sich schon rüsten. Der graue Nebel Der alten Zeiten, Der will sich breiten, Durchhaun vom Säbel Muß er sich flüchten, Sie stehn im Lichten. Sie sind sich nahe, Sich zu erreichen, Will keiner weichen So weit ich sahe; So wird am Tage Die Welt zerschlagen. Der Adel stehet Mit seinem Blute, Mit hohem Hute, Daß ihr ihn sehet, Sie müssen's fühlen, Die Feinde zielen. Noch stehn die Glieder, Der Herzog grüßet, Und kläglich schießet Der Feind ihn nieder. Der Herzog sinket, Kein Führer winket. Wie Opfertiere Gehn die Soldaten, Sind sie verrathen, Daß keiner führe; Da ist kein Fragen, Sie sind geschlagen. Es sehn mit Reuen, Was nun geschehen, Was ungeschehen Sehr viele scheuen. Wer kann es sagen, Ohn' Scheu zu tragen. Die Helden bilden Nicht Väter, Güter, Nur die Gemüther, Nur Muth kann schilden Nur kluges Schaffen Mit tücht'gen Waffen. Die Holden bilde Mit guter Waffe Und nicht mit Strafe, Mit Ernst und Milde, Und die Gemeinen Muß Freiheit einen. Mit gleichen Tritten, Mit starren Augen, Will keiner taugen; Auch die beritten Ganz trotzig ruhen, Bis nichts zu thuen. Steht auch wie Mauern, Könnt ihr nicht streiten, Wozu soll's leiten, Die Feinde lauern, Die gleichen Glieder, Sie stürzen nieder. Lauft all' zusammen Und kehrt dann wieder, Und eure Brüder, Beschwört das Stammen Aus edlen Samen Die Gottes Namen. Des Adels Wappen Ist da zerstreuet, Doch daß nicht reuet Der bunte Lappen. Seid all' von Adel Ein Volk ohn' Tadel. Wer nicht bei Zeiten Das Feuer kennet, Sich leicht verbrennet, Und wird es meiden; Drum laufen alle Mit lautem Schalle. Wie sollte enden, Was fest gerennet, Sich Weisheit nennet, Das Blatt zu wenden, Ward Krieg auf Erden, Um gleich zu werden. Die neuen Zeiten, Sie nennen Adel, Was ohne Tadel Die Geister leiten. Der Schein, die Plage Versinkt am Tage. Die alten Stämme, Die alten Blätter Herab ein Wetter, Hinweg die Dämme, Der Ehre Fluthen In Allen gluthen. Das Gelehrtenstammbuch Die Wissenschaft ist ewig wahr, Der Mensch nur bis zum jüngsten Tag, Er rühr' sich, wenn noch alles klar, Was er zur jüngsten Nacht vermag. Der Durchbruch der Weisheit Zu Jakob Böhmen kam gezogen Ein jung Gesell vom Böhmerland, Hat seine Kundschaft ausgezogen, Zur Werkstatt führt ihn Meisters Hand. Der Meister lehrt den Pechdrath ziehen, Nach sächsisch Art zu nehmen Maß; Im tücht'gen Werk ist sein Erziehen, Die Weisheit er aus Werken las. Des Meisters Liebe zu gewinnen, Strebt Sela jeden Augenblick, Und seine Lebensstrahlen rinnen Aus Meister Böhmens hellem Blick. Ganz leise führet ihn der Lehrer In Stufenfolge hoch hinauf, Wo ihm, dem englischen Beschwörer, Die Morgensonne gehet auf. »Mein Wort, das schien dir wild zerrissen, Und ohne Sinn mein voller Sinn, Doch jetzt erwachet dein Gewissen, Du reichest zur Gewißheit hin.« »Und wer sie einmal hat gefunden, Der findet sie auch überall, In allem Sein ist sie gebunden, Er löset nun den Geist vom All.« »Geselle, ja, ich bin gerühret, Denn eine Flamme deutet an, Die deine Stirne herrlich zieret, Was Liebe eilig wirken kann.« »So wie die Flammen nächtlich scheinen, Wo einen Schatz die Erde deckt, Der Seher sieht die Flammen scheinen, Den Schatz hat Liebe auferweckt.« Die Völkerwanderung Die Jungfrau thront auf weißen Bergen, Die heil'ge Mystel in der Hand, Die Tannen, eingekrümmt zu Zwergen, Bedecken schwarz ihr ödes Land. So zarte Schönheit sucht Vergnügen In Einsamkeit beim Sternenkreis, Und was die Götter künftig fügen, Sieht sie im Spiegel auf dem Eis. Darum ist sie auch weit verehret, Sie ist der deutschen Fürsten Rath, Und ihr Gestirne sie belehret, Von nie gedachter künft'ger That. Und traurig sieht sie auf der Haide Der Menschen Träume wunderbar, Der Hoffnung täuschend leere Freude, Ihr ist die Zukunft offenbar. Ihr streift das Gold der Wolkenzüge, Mit kaltem Schauer um die Brust, Die nordischen Gedankenflüge Sind solch ein Schauer unbewußt. Sie sieht das leere Spiel des Lichtes Und sieht beglückt so manches Aug', Die Sonne gleichen Angesichtes, Geht ihr vorüber wie ein Rauch. Und alles scheint bei ihr zu leben In ew'ger Unzerstörbarkeit, Das Eingefrorne zu beleben, Ist noch nicht kommen ihre Zeit. Denn vieles kann sie nicht verstehen, Ihr Stern ist stumm, ihr Spiegel blind, Die Liebe nur kann Liebe sehen, Nur Lieb' die Räthselwelt ersinnt. Da kommt der Frühling hergeflogen In stiller Nacht mit hohem Sinn, Die Sonne ist mit ihm gezogen, Wohl mir, daß ich geboren bin. Des Frühlings Flügel seh ich schlagen, Sie reißen auf das dürre Land, Hervor sich alle Keime wagen, Der Schnee ist auf den Berg verbannt. Er hat den Wanderer erhalten, Der in der Kälte niedersank, Doch flieht ihn der, läßt sich nicht halten, Dem Frühling klingt sein Lustgesang. Der Sonne goldne Schale strömet Ein zwitschernd Heer von Süden aus, Der Frühling grün die Wälder krönet, Er bringt den Mädchen manchen Strauß. Das Murmelthier vom Winterschlafe Erwacht zu einem muntern Tanz, Der Mensch ist aller Wesen Affe, Wie Blasen springt Gedankenglanz. Er kann nichts denken, kann nichts träumen, Den Frühling sieht er immer an, Er will nicht gern die Zeit versäumen, Und doch das Schaun nicht lassen kann. Bald opfern ihm des Volkes Schaaren, Ein Festtag wird die weite Welt, Und keiner kommt mehr zu erfahren, Was ihm die Zukunft hat bestellt. Die Jungfrau sieht sich ganz verlassen, Des Berges Weg bewächst mit Moos, Sie glaubt den Frühling nun zu hassen, Und mach die Zauberwaffen los. Sie sieht das Grün am Felsenrande: »Er wähnt im Rausch der Herrschaft Glück, Zerschmettert liegt er bald im Lande, Wohin die Herrschaft trug sein Blick!« Ein Panzerhemd aus Nebelgifte, Die Lanze aus dem späten Reif, Ihr Schild des kalten Nordwinds Düfte, Ihr Ritterpferd der Vogel Greif. So kommt die Zauberin gezogen, O Frühling, du bist waffenlos, Und unter Blumen auferzogen, Die Brust dem Pfeil der Liebe bloß. Die Völker eilen, ihn zu schützen, Die Jungfrau hat sie bald zerstreut; Nichts kann der Menschen Sorge nützen, Der Frühling ist zur Flucht bereit. Der Frühling trauet seinen Flügeln, Er neckt die schöne Kriegerin, Sie drohet, stürmt von allen Hügeln, Doch immer weicher wird ihr Sinn. Sie weht auf ihn des Schnees Blüthen, Er schüttelt leicht die falschen ab, Doch die im Frühlingsschein erglühten, Die Blüthen ziehn sie mit hinab. Und über Felder, Wälder, Seen, Und immer nach dem Süden zu, Weiß sie den Frühling hinzuwehen, Und hinter ihm ist Todtenruh. Ihr Haß weiß selbst zu übersteigen Die Alpen und den schnellen Rhein, Und schon die fremden Ströme neigen Nach Süden ihren grünen Schein. Und Gold-Orangen in den Zweigen, Oliven in dem bleichen Laub, Mit breitem Blatt die süßen Feigen, Der Düfte Geister-Blüthenstaub. Vertreiben ihre Zaubersäfte: Der Nebel steigt, der Reif zerfließt, Der Nordwind giebt die wilden Kräfte Dem Weine ab, der glühend fließt. Verlassen von den Zauberwaffen, Ihr Vogel Greif wird Nachtigall, Sieht sie den Frühling muthig schaffen, Die Liebe dringet durch das All. Sie stehet bei dem Meere stille, Wo sich die Woge donnernd bricht, So wild, so stolz war einst ihr Wille, Bis ihr erschien des Frühlings Licht. Sie meint, der Tod sei ihr geschworen, Als sie den Jüngling nahen sieht, In seiner Schönheit ganz verloren, Sie seinem Arme nicht entflieht. Der Jüngling spricht: »Mit gleichen Waffen Sind wir gerüstet, du wie ich, Doch, unterlieg' ich deinen Waffen, Ja, wahrlich, dann bestrafe mich.« Die Jungfrau spricht: »Sind unsre Waffen Auch nicht in diesem Streite gleich, So wird mein Muth doch Waffen schaffen, Er machet unsre Waffen gleich.« Die Scham giebt ihr die letzten Kräfte, Doch spielend endet er den Streit, Denn vielgeübt im Kriegsgeschäfte, Ist jede Kunst für ihn bereit. Bald liegt sie in dem weichen Moose, Und fühlet nicht und athmet nicht, Aus ihrem Blute eine Rose Beschattet sie mit rothem Licht. Der Frühling ist ihr Sieger worden, Beginnt denn Liebe stets im Streit? Sucht Frühling noch die Lieb' im Norden? Dem Frühling nach zog Liebe weit. So sind die Römer hingezogen In's wilde, alte deutsche Land, Die Deutschen haben sie erzogen, Bis sie von ihnen sind verbannt. So sind dann Völker hingezogen Vom deutschen Heerd zum Römerland, Dem Frühling sind sie nachgezogen, Den noch die Zaubermacht verbannt. Als Sieger sind sie eingezogen, Der Frühling nahm die Waffen ab, Hat dich der Frühling auch betrogen, Die Rose zeigt der Liebe Grab. Und diese Rose dir zu pflücken, Zieh ich in's warme Römerland, Kann dich mein Lied auch nicht entzücken, So sieh des Frühlings Vaterland. Und das Eis auf allen Höhn, Und das Eis im fernen Norden, Wo der Frühling ward gesehn, Ist zur Lust geschmolzen worden. Und die Drachen sind verbannt, Von den Bergen klingen Feste, Dumpfe Wälder sind verbrannt, Alle sind des Himmels Gäste. Mystik des Lebens Als ich ein sinniger Knecht des Herrn die Welt mir erschauet, Lag mir in mystischem Duft, tief am Altare das Herz; Doch ich sah sich entzünden zwei Kerzen, doch erst nur die eine, Streifig sie leuchtete durch, in Jerusalems Nacht. Und ich sahe die Stäubchen durchzückt von Freude im Hirne, Und ich beschrieb es so gern, wie mir der Staub noch so lieb. Doch da haben die Ritter der Wallfahrt gar höhnend gelachet, Und ihr Lachen verdarb's, wirbelnd den ewigen Staub. Traurig dacht' ich zu sinken nun wieder in's mystische Dunkel, Denn die Flamme, sie war ohne den Staub mir nicht lieb; Aber da zündet sich helle die Flamme der anderen Seite, Blumen, die sah ich verwelkt, Knochen vom Opfer des Thiers, Und die Ritter, sie schwanden wie leere Gestalten des Zwielichts Und das heilige Grab war von Pilgern so leer. Doch da rief mir's von oben, das Oben das war nun erleuchtet, Jene, beschreib ich sie wem, der sie nicht selber gesehn. »Lasse dem Staub, was des Staubes, und nehme was Eins und verbunden, Drücke an's höhere Herz Blumen und Thiere mit Lust; Staub ist opfernder Duft, du darfst nicht jenen entziehen, Was da heilet und hilft, frisch ist dein sinniger Sinn. Trete mit rüstigem Fuß, ich zog dich aus Wüsten zur Nähe, Ziehe zu Wüsten nun hin, denn du weißt was mir lieb. Suche mir Blumen die frisch, auf mehre sie glaubend an Dauer, Führe die Heerden dazu, trete im Staube danach. Abends siehst du im Staub, scharf scharrend, den lieblichen Funken, An den Nägeln des Schuh's, wie ein versunkener Stern, Wenn du auch diesen gesehn, so schlag ihn in's offene Auge, So nur fährt er in dich, daß du ihn bringest mit dir, Treibe die Heerden zusammen, und schneide die Blumen, du kennst sie, Lasse die Wurzel zurück, von den Thieren ein Paar. Alle die andern treibe zu mir, mit sicheren Schritten Putze die Lichter heraus, zünde sie wieder am Aug'. Wie sie dann heller und heller und heller und heller sich zünden, Hell dann wirst du mich sehn, freudig der Blumen, des Thiers. Dann erst singe von mir, daß erschöpfet dein Athem versinke, Denn die Schöpfung beginnt, wo der Schöpfer verschwind't.« Und sie verschwand wie Schatten bei sinkender Sonne, unendlich, Alles ward Schattenbild mir, alles geheiligt, nichts Sie, Und ich that wie sie wollt und ging in die Wüste voll Demuth, Blumen und Heerden ich zog, fand auch den Funken der Nacht, Schlug mir in's offene Aug', daß einwärts der Funken gezogen; Blumen zur Wurzel ich schnitt, Heerden zusammen ich trieb. Aber nun hatt' ich vergessen die Wege zum Altar der Wallfahrt, Dunkel ach war mir die Welt, Bergstromgetöse nur blieb, Ließ ich den Funken heraus, die dunkeln Wege zu hellen, Zünde ich immer ihr Licht, sehe nun immer sie selbst, Doch auch wenn ich entbehre zu sehen die Blume der Blumen, Die in Farb' und Gefühl gleich verkündet ihr Sein, Wie sie vom Munde des Thiers ausathmet die ersten der Worte, Denn so athmet nur sie, daß ihr Athem wird Geist, Dennoch ich schlage den Funken heraus, die Wege zu hellen, Daß sie das Opfer empfah, was ich für sie nur erzog. Hat mir der Funken gezeigt die Wege bis hin zum Altare, Schwand doch früher sein Blick, ehe dahinter es hell. Zeit, ach, brauchet das Licht im widerspenstigen Dunkel, Und der Funken der Nacht hat den Augenblick nur: So ich liege im Dunkel und höre nur säuseln die Blumen, Athmen nur hör' ich das Thier, sahe ich Kind schon die Welt? Noch im Dunkel der Mutter ich schwimme, ihr Athem ward Geist mir, Und die Blumen im Duft singen ihr Leben und meins. Der Kunstverein Sonett. Das Jagdhorn schallt, es blinkt der Wald von Rossen, Und wer es hört, der ziehet mit im Zuge, Die Bienen folgen so der Königin im Fluge, So folgen auch der Kunst die Kunstgenossen. So brausen Saiten aus Akkord zur Fuge, Wo kaum noch Lust die stumme Welt erschlossen, Es sammeln sich viel tausend bunte Sprossen, Wo Frühling schien in bunter Vögel Zuge. O Frühlingsschein, du Kunst mir fern und nahe, Im Herzen glüht es mir, dir unterm Herzen, In dir ich mich und alle Welt umfahe. Was du geboren mir in hohen Scherzen, Wird fremd, wenn ich's in deinem Arm nicht sahe, Da mag ich gern auch fremde Kinder herzen. Die Staatsbosheit »Schaut die goldne Wunderuhr, Kinder, Greise sie umstehen, Fremde kommen, sie zu sehen, Denn sie kennt der Sterne Spur.« »Tausend Räder, groß und klein, Greifen klingend eins am andern, Wer hinein da wollte wandern, Würde gleich verloren sein.« »Künstlicher als alle Welt Zeigt sie alle Welt im Kleinen, Sonn' und Mond hindurch da scheinen, Und der Meister steht als Held.« »Jede Stund' zeigt spielend an, Welche Arbeit muß geschehen, Jedes Handwerk kann sich sehen Und bedankt sich bei dem Mann.« »Wunderbare Menschenstärk, Nur der Meister kann's nicht sehen, Ihm ist Unglück da geschehen, Er erblindete beim Werk!« Wie sein Werk die Städter lenkt, Was sie treiben und vollführen, Muß ein Hund am Strick ihn führen, Mehr als ihr ist was ihr denkt. Der Gedanke ist das Licht, So regiert er alle Wesen, Weil sie nur in ihm gewesen, Er aus allen zu uns spricht. Mühsam von dem Hund geführt, Bittet er nun von dem Rathe Seinen Lohn, daß er verrathen, Was des Himmels Witt'rung führt. »Weil nun Schiffe sicher ziehn, Saat und Ernte kann beginnen, Werde ich den Lohn gewinnen, Jugend war mir schwer Bemühn.« »Viel zu viel verspracht ihr mir, Habt bis jetzt noch nichts gegeben, Und ich führ' ein elend Leben, Gebt die Hälfte gleich allhier.« »Du bist doch ein Fremdling nur, Und wir müßten uns ja schämen, Daß kein Bürger anzunehmen, Zu viel Geld für eine Uhr!« »Fremdling bin ich nimmermehr, Wo ich erst den Staat geschaffen: Wart ihr nicht der Väter Affen, Eh' ich Geist geweckt durch Lehr'?« Still geht er nach seinem Haus, Nur von seinem Hund geleitet, Seine Uhr zum Rathsschmaus läutet, Sie vergessen ihn beim Schmaus. Weißes Haar ihn schnell umwallt, Einmal kriecht er noch zum Rathe, Bat nur noch um eine Gnade: »Führt mich noch zur Uhr recht bald.« »Wirklich fühl' ich mich so schwach, Will von euch dann nichts mehr fordern!« Und der Rath läßt dies beordern, Weil die Schuld erlischt danach. Feierlich geht da der Zug, Wohlfeil sind des Volkes Feste, Müßigsein des Rathes Beste, Milde scheinen thut genug. Einer führet ihn am Arme, Kann das Lachen kaum verbeißen, Und zwei Andre Zoten reißen Mit der Mädchen leichtem Schwarm. Zu der Uhr steigt er hinauf, Er umfaßt die Schöpfung wieder, Bricht den Leitstern drin hernieder: »Ewig steht sie! Aus der Kauf!« Wie im jüngsten Strafgericht, Alles leere Treiben schwindet, Und in leerer Luft umwindet Sie der Hölle Flammenlicht. Also stocket jede Hand, Weil der Ordnung still Vertrauen, Dieser Knoten ist zerhauen, Der die Einzelnen verband. Wilder Sturm durchwühlt die Stadt, Wie ein Stier die heil'gen Grüfte, Stößt die Steine in die Lüfte Und den Künstler decken that. Wie ein Licht, das nun verschwand, Vor den Augen Wellen rennen, Wie ein Äthermeer im Brennen, So der Geist sich von euch wandt. Wunderbar die todte Uhr, Die Verfassung wird gezeiget, Doch von fremder Macht gebeuget Folgt die Stadt der fremden Spur. Fürstensicherheit Mit buntem Pfeil aus weiter Ferne Durch einen Fingerring zu schießen, That oft ein Jeder leicht und gerne, Und fern des Ruhmes Wellen fließen, Die Perle fällt herab zum Meere, Die Wellen ringeln bis zur Leere. Sein König läßt den Schützen kommen, Er hörte von der schweren Kunst, Der Hof ist schon zusammgekommen Und er verspricht ihm Gold und Gunst, Daß er durch seiner Krone Ringe Auf Königs Haupt die Pfeile schwinge. Des weigert sich der sichre Schütze, Des Königs Haupt sei heilig ihm, Nur der da oben lenkt die Blitze, Der könne noch darüber ziehn. Der König ruft: »So mußt du sterben: Willst du mein Leben so verderben?« »Daß sicher es vor jeder Wolke, Sich jedem Zufall stellet dar, Daß unter meinem freien Volke Kein Schwert an einem schwachen Haar Mir überm Scheitel ist gehänget, Daß nichts des Volkes Herz beenget.« »Für deine Furcht sollst du nun sterben!« Und auf dem Richtweg fragt man ihn: »Warum er Tod statt Ruhm erwerbe?« »Die Kunst ist Glück und sicher nie.« Sagt er, »sie läßt sich nicht versuchen, Und nur im Spiel läßt sie sich suchen.« Staatsdauer Ich sende ein Fähnlein voll Wohlgeruch Dir, Liebchen, die Zeit zu vertreiben, Fern muß ich von dir noch bleiben, Dir duft' es im spielenden Flug. Ich schicke der Freunde wohl manchen hin, Zu schaun, ob das Fähnlein noch flieget, Mein fröhliches Herze nicht trüget, Dein's flattert in spielendem Sinn. Das Fähnlein ich legte in's Hügelein, Wo Ameisen laufen ich sehe, Da klagete Nachtigall Wehe, Die Ameisen laufen im Hain. Sie hatten ihr wandernd die Brut verzehrt. Sie raubet nun rächend die Kleinen, Sie haben nicht Zeit zum Vereinen, Mit beiden nicht lang' es so währt. Im Haufen, da sah's sonst wie Ordnung aus, Da bauten sie dunkele Gänge, Sie schwitzten im engen Gedränge! Nur davon noch duftet das Haus. Sie schmetterten manche mit Lasten todt, Und keine von allen durft' muchsen, Verstohlen nur mochten sie schluchsen, Das Dunkel ließ munkeln von Noth. Die Königin müßig erdenkt den Bau, Sie weiß nur allein um die Gänge, Wozu ist die Länge der Gänge? Wozu der gewaltige Bau? So fragen die Männer, die denkend sind, Die andern alle noch sinnen, Sie glauben es schon zu ersinnen, Einhaltend mit Arbeit geschwind. Ach wohl, wer die Zukunft ersinnen will, Der siehet die Gegenwart schwinden, Ei wisset, sie sollten sich winden Die Gänge zum Brautgemach still. Die Königin selbst die versprochene Braut, War noch vom Schwure gebunden, Zur Liebe sie war erst verbunden, Wenn herrlich die Kammer erbaut. Die Königin ärgert zu Tode sich, Die Ameisen frierend verschmachten, Ja weil sie zu viel sich bedachten, Ja weil sie nur dachten an sich. Der Hofdienst Der Herr da wird verkommen, Er bloßen Müßiggang treibt, Hat nichts sich vorgenommen, Nicht weibt. Er sitzt auf seinem Hofe Den ausgeschlagnen Tag, Sieht nicht, was er bei Hofe Vermag. Er steigt nicht gerne Stufen, Hoffahrt will haben den Zwang; Wer braucht ihn? der wird rufen: Nicht lang. Er wartet auf ein Rufen Aus seiner innern Brust, Was Schönes je wir schufen, Schafft Lust. Ihm träumt einst Morgens frühe Er sehe von dem Altan, Als trieb ein Hirsch so glühe Bergan. Geweih, die sind verguldet, Es zieht zum Schloß ihn so nach, Zur Fürstin unverschuldet! – Wird wach! Am Brunnen er sie sahe, Ganz trocken war ihm sein Mund, Sprang hin zum Fenster nahe Zur Stund. Da sieht er, sieht er eilen Den Hirsch mit güldnem Geweih, Er springt ihn zu ereilen Herbei. Der Hirsch zieht hin zum Garten Der Fürstin droben im Land, Dem Jäger, dem erstarrten, Verschwand. Er sieht die Fürstin stehen Am Bronn wie dorten im Traum, Noch matt von Kindes-Wehen, Glaubt's kaum. Sie wäscht ihr Kindlein kleine Am kalten Bronnen, daß es schreit, Der Graf steht wie von Steine Nicht weit. Ihr Haar wie Strahlen streuet Der Wind, die Kron' da liegt, Das Kindlein, das sich freuet, Drein wiegt. »Ach Kindlein, du mußt sterben,« Die Fürstin weinend da sagt, »Mein alter Mann sich Erben Versagt.« Der Herr beugt seine Kniee, Nimmt still das Kindlein auf: Nimm auch die Krone, fliehe Berg auf. Er zieht das Kind auf Bergen, Nach Hause darf er nun nicht, Im Wald kann er's verbergen, Da nicht. Doch als die Glocken schallen, Der Fürst gestorben da ist, Zeigt Kron' und Kind er allen Mit List. Die Fürstin hoch ihn preiset, Sie krönt ihr Kindelein zart. Er alle Noth verweiset: Wart, wart! Da unter ihren Räthen Der Herr ihr gehet zu nah, Auf's Goldkleid ihr thut treten, Sie's sah. Sie mißt ihn mit den Augen: »Ihr tretet viel mir zu nah, Mögt wohl für Kinder taugen, Nicht da.« Der Herr sich still verbeuget, Auf's Kind ein Thränelein fällt, Er sagt; »Wer nimmer steiget, Nicht fällt.« Er kehrt mit raschen Schritten Zu seinem Haus zurück, Er meint bald riefen Bitten Zum Glück. Die Fürsten bitten nimmer, Er lebt von trockenem Brod, Und träumt von ihr noch immer Zum Tod. Drum hütet euch vor Fürsten, Denn Freunde werden sie nie, Ihr möget hungern, dürsten Für sie. Dem Vaterlande dienet, Gedenk' des Blutes, des Gut's, Seid, weil ihr's euch erkühnet Gut's Muth's. Darf sich das Blut nicht mischen, Der muß auch Lieb' verschmähn, Der Frost muß ihn erfrischen, Wähl' den. Nur in der Liebe Wählen Hält Zutraun stammende Kraft, Wo Häuser sich vermählen, Kein Saft. Das Hofleben Willkommen ruft die Freude Aus Busch und Hecken laut, Ein weißes Pferd trägt beide Zu ihrem grünen Haus: Gebaut in fernen Stunden Erwacht des Frühlings Haus, Die Frühling hat verbunden, Da leben ewgen Schmaus. Tagtäglich kommen Gäste Im Flug, zu Fuß, zu Pferd, Durch Tag und Nacht zum Feste, Erflammet hell der Heerd: Durch Tanz und Jubelreihen, Die Frau entflammt die Schaar, Die Herren ihr sich weihen, Zur Jagd im Morgenklar. Zu Paaren treiben frühe Sie aus dem Thal die Reh', Den Hirsch aus Haiden glühe Zu ihres Schlosses Höh': Die schmückt sie bunt mit Bändern, Verguldet ihr Geweih, Läßt frei sie, allen Ländern Ein jubelndes Geschrei. Wenn dann die Helden schmausen, So singt der Musen Chor, Nach ihrer Art sie hausen, Nur wo ein offnes Thor, Und offen sind die Thüren, Am Tische immer Raum, Sie weiß sie wohl zu führen Mit ihres Anstands Zaum. Der Mann erkennt die Blume, Sie bleibt ihm ewig neu, Sie ruht im Heiligthume Von seinem Glauben treu: Er kranket nie in Sorgen, Geht keck in dunkle Schlacht, Ihm dann der helle Morgen Aus ihrer Blume lacht. Die Blume heißt nicht Rose, Die schon voll Wunderblut, Sie heißt die Zeitenlose, Weil ihr die Zeit nichts thut. Die Jungfrau früh sie pflanze In frischen Herzensgrund, Sie blüht in vollem Glanze In schönen Kindern bunt. Der todte Hof »Die stehenden Gewässer Sind immer doch viel besser, Als jener Bergstrom wild Der grausend überschwillt.« »Der ist recht gut zum Mahlen, Wir aber müssen zahlen, Daß es über'n Haufen fällt, Zu theuer ist ein Held.« »Viel Unglück wär' vermieden, Wenn wir zu Hause blieben, Wenn alles, wie es war, Noch bliebe auf'n Haar.« So dacht' der Hof und schließet Das Thor, daß keiner grüßet, Die große Gotteswelt Wird gänzlich abbestellt. Was lebt, soll leben bleiben, Doch gar nichts Neues treiben, Die Neigung wird verbannt, Und alles wirkt Verstand. Verstand kommt vom Verstehen, Wer lahm, der kann nicht gehen, Doch kommt es hier nur an, Daß jeder scheinen kann. Allmächtig ist Gewöhnen Mit allem zu versöhnen, Und schrecklich ist Gewalt, Sie zeiget, wer schon alt. Der alte Hahn soll wachen! Wer kann ihn sehend machen? Er geht auf einer Krück', Hat einen kurzen Blick. Die Enten müssen wackeln, Die Hühner immer kackeln, Doch sieht man nahe bei, So ist es doch kein Ei. Die Katze will nicht mausen, Der Hund soll sie zerzausen, Doch hat er keinen Zahn, Er bellt nur oft im Wahn. »Daß Ordnung soll bestehen Muß ich darauf wohl sehen!« So spricht des Hofes Herr: Was macht ihr solch Geplerr! »Die Mäus laßt exercieren Auf allen ihren Vieren, Armirt sie nur recht schwer, So laufen sie nicht mehr.« »Ihr andern sollt euch setzen Zum Spieltisch zum Ergötzen, Weil jedermann betrügt, So wird es nicht gerügt.« »Die Gems kann sich da brüsten, Der Kurr zum Radschlag rüsten, Doch ruhig will ich sein, In der Regierungs-Pein.« Nun wird es still am Hofe, Podagrisch wird die Zofe, Die Feldern fallen aus Aus Langeweil dem Straus. Man sieht so kahle Platten Wie Mondschein auf den Matten, Sie wollen fetter sein, In Reifröck ziehn sie ein. Weil keiner nichts vernommen, An Hof auch keiner kommen, So will das Volk doch sehn, Ob Todschlag da geschehn. Es meinen schon die Erben, Der Hof sei im Ersterben, Das Volk ist oft ein Thor, Jetzt bricht es auf das Thor. Da findet es mit Lachen Die wunderbaren Sachen, Der Kurr wird recht erbost, Und sie zurücke stoßt. Mit einem Marschallstabe, Schlägt er wie mit dem Rade, Das Volk verwundert sich, Daß er so roth in sich. Die Mäuse mit Gewehren Für etwas Geld umkehren, Das Schreiber Fuchs dann spricht, Und giebt der Sache Licht. »Der Hof behindert keinen, Das Volk will gar nicht scheinen, Im wuchernden Verkehr Bedarf es keiner Wehr.« »Das ist des Schöpfers Wonne, Wenn er die helle Sonne In gleichem Gleise sieht, Kein Vorspann sie da zieht.« »Sie scheinet euch zu gehen, Doch soll sie stille stehen, Im rechten Stillestehn, Da ist das rechte Gehn.« Die Staatskunst Elegie. Hingebeuget nach Einer Seite fast alle die Bäume! Sage, was deutet das an? Kommt das vom Sturme der Zeit? Festere ältere Stämme brachen im Zuge der Völker, Nur in dem jüngeren Stamm wächst die Gewohnheit der Noth. Lasse Dein Urtheil nimmermehr richten nach vielen von keinem, Schliff sich der Spiegel doch schief, weil doch alles so schief, »Feuer!« schreit er am Fenster. »Feuer?« lachen die Knaben, »Männchen, ei siehst du denn nicht, daß dir die Mütze hell brennt.« Freilich, die Lampe ergriff die überhangende Kappe, Wo die Schelle versteckt, zeigt uns das Licht und die Angst, Freilich so leuchtet nächtlich die Lampe den Erdkreis erhellend, Wenn sie lange genug nur die Kammer geschwärzt, Zweimal hörtet vergebens ihr Völker Philippische Rede, Schweige zum drittenmal still, dreifach thue was recht. Manches Pulver verknallt zur Übung und fehlet im Kriege, Mancher Vorsatz verfliegt, sage, wo blieb denn das Wort, Sage, wo blieb denn die That, wo blieben die herrlichen Menschen, Lerne des Augenblicks Werth, nur will Worte und That. Wahnsinnig nennt ihr den Mann, der meinte, er sei schon geköpfet, Denn ein anderer Kopf sei ihm gegeben zurück, Werdet wie er und gebet nur auf vergangene Klugheit, Setzet den Kopf nicht darauf, setzet den Kopf nur daran. Der Geschäftsmann Es walten drei Hammer in lustigem Schlag, Sie schmieden in Gluthen mein Leben, Vom Weltrauch gedunkelt erbleichet der Tag, Ich schau sie mit ahndendem Leben. Die Nothdurft ergreift mich mit haltender Zang Und hält mich hier fest und verbogen, Der härteste Hammer ertönet jetzt bang', Er hat mich zum Leben erzogen. Der andere Hammer schlägt dumpfig und breit, Er drückt mich mit Lehren der Alten, Ich bin hier zum Lernen noch gar nicht bereit, Da muß ich beim dritten erkalten. Der schlägt mir durch's Innre ein viereckig Loch, Mich nagelt an's Pflugholz zum Schneiden, Es ziehet mich jedes Paar Ochsen am Joch, Ihr Vorsitz will's Leben verleiden. Ich werde nun dünner, ich werde nun blank, Im Feld' ist kein Blümchen geblieben, Für diese Beschwerden, zum herrlichen Dank Werd' ich nun vom Saatfeld vertrieben. Ausgehn dem Geschäftsmann frühe die Haar', Der Plüsch ist vom Sitzen geschoren; Ein ander Systemchen im anderen Jahr Und alle die Müh' ist verloren. Der Jägersmann Nicht schießen soll der Jägersmann, Er soll das Wild nun schonen, Er giebt es Stück für Stück euch an, Wie viel im Walde wohnen. Vor niemand scheuet sich das Wild, Sich gegen Bauern wehret, Der zahme Bauer leise schilt, Wenn es die Saat verzehret. Verzehrt die Saat kein Hochgewild, Das Jagdroß tritt sie nieder, Der Fürst, der wenn es Hetzen gilt Nicht schont die eignen Glieder. Und ist der Hirsch so lendenlahm Als wie die armen Bauern, Da sieht ihn weinen eine Dam' Und muß ihn sehr bedauern. Das Leben wird ihm dann geschenkt, Die weiche Dam' gepriesen, Der Bauer endlich todt ihn denkt, Sieht wieder ihn auf Wiesen. Er schöß' ihn gern, hat kein Gewehr, Der Fürst hat es genommen, Auf sich genommen aller Ehr', Und so ist sie verkommen. Er denkt, er hat ein großes Heer, Doch wenn einst Feinde kommen, Sie schießen in den Wind so leer, Der Schuß macht sie beklommen. Der Jäger hat darum nicht Rast, Hat Nachts den Wald durchkrochen, Daß er den Dieb gleich find' und faßt, Der Holz im Wald gebrochen. Die Luft ist dünn und schallet kaum, An Sternen ist ein Flimmern, Als fielen sie, der Erde Saum Ist roth und Rädlein schimmern. Es borst der Baum wohl in dem Forst, Laß Jäger, laß dein Schleichen, Die Noth nur suchet da sich Trost, Wo Wild muß heulend weichen. Ein armes altes Weib er sah, Sie kriecht mit Reis vorüber, Der Frost ist ihm dem Marke nah, Er schlägt die Händ' querüber. Nun nimmt er ab, als er nun warm, Das Bündlein Reis mit Tücken, Und schlägt sie noch, daß Gott erbarm' Gar schmählig auf den Rücken. Sie flucht: »So werde nimmer warm, Ein ew'ger Frost dich kälte, Ich bin nicht alt, ich schein' nur arm, Und so das Feuer gelte.« Er kehrt nach Hause zum Kamin, Ein reiches Feuer findet, Verbrennt den Bündel noch darin, Der Fluch das Feuer bindet. Die Flammen wenden sich von ihm Wie von dem wilden Winde, Sie brennen ihn, sie schmerzen ihm, Und kälten ihn geschwinde. Er starrt, die Sonn' beeiset ihn, Die Federn ihn beschneien, Der rasche Tanz durchzittert ihn, Sein Weib muß bei ihm weinen. Der Kirche Anblick macht ihn kalt, Des Pred'gers Wort durchschauert, So ward er jung schon weiß und alt, Von keinem dann betrauert. Die Sklaven machen den Tyrann, Er kann nicht Sklaven schaffen, Wo jeder Bürger fest als Mann, Wer soll da einen strafen. Da ist der Arme nimmermehr Wie Sünder eingefangen, Es ist des reichen Bürgers Ehr', Sie gastlich zu empfangen. Geschichte des Mohrenjungen Pripert war ein mächt'ger Herzog Von dem großen Volk der Pripen, Saß auf einem hohen Schlosse Bei dem dunklen Karpfenteiche, Wo die braunen Frösche hüpfen; Seine Schwester hieß Fikette, Fidibus sein schlankes Weibchen. Als die Schwester in den Jahren, Wo sie könnte sich vermählen, Denn verliebt war sie schon lange, Fordert er von seinen Ständen Ihre Ausstattung ganz schleunig, Sammt und Seide wie gewöhnlich, Und die Stände bringen beides. Doch nachdem er es befühlet Scheint ihm beides also köstlich, Daß er es gern selbst behielte, Um sich einen neuen Schlafrock Statt des alten, der zerrissen, Zu der Cour daraus zu schneidern; Und die schöne junge Schwester Sendet er nun als Äbtissin Nach dem großen Fräuleinstifte, Daß sie es nicht fordern könne. »Sammt und Seide sind jetzt theuer« Sagte ihr der gute Bruder; »Kommen gar viel fremde Prinzen, Wie es bei der Werbung möglich Geht mehr Hafer, Weißbrodt, Kuchen Auf an einem einz'gen Tage, Als du ißt im ganzen Jahre; Auch die alten Livereien Sind dann nöthig umzuwenden, Mancher Knopf geht da verloren, Mancher Flecken kommt beim Essen: Darum ist es mehr gerathen, Daß du bleibest unvermählet.« Traurig fährt Prinzeß Fikette Nach dem alten Fräuleinstifte, Doch gedenkt sie, da zu finden Holde liebliche Freundinnen, Denen sie sich kann vertrauen; Ach was findet sie für alte Ausgedürrte, ausgeschriene, Gelbe Tabacksschnupferinnen, Die im ewigen Gezänke Ihr das Blau im Aug' abstreiten; Alle fluchten, wie die Landsknecht', Kommen stets zu spät zum Singen; Keine wollte Brod abschneiden, Keine das Gebet hersagen. Wenn sie dann in ihren Nöthen Zu dem tapfern Stiftshauptmann Hat gesendet ihre Diener, Da begann erst recht die Fehde, Und der Hauptmann war noch fröhlich, Wenn er ohne Nägelmahle Zu der Thür hinaus geflüchtet; Sicher fand er Reihen Zähne In dem Rocke fest verbissen, Ziegenhaarige Perücken, Lappen Flor in seinen Händen; Ach es sind zu alte Sünder, Um sich jemals noch zu bessern! Zählt zusammen ihre Jahre, Steigen sie zu vielen tausend Bis zu Medern und Assyrern, Und Methusalem dagegen Ist ein elend junges Bürschgen. Also war der Stamm beschaffen, Also war ihr reines Leben; Denn unheil'ger ist wohl nimmer Auf der Erd' ein Stift gewesen, Und geplagter war auch keines. »Sagt was spotten denn die Männer Über uns die alten Jungfern Also frech von allen Seiten, Ist es nicht die Schuld der Männer, Unser Wille war es nimmer!« Also seufzte manches Fräulein, Das recht tückisch war genecket, Wenn die Knaben aus dem Städtchen Mit den flinken Blaseröhren Ihren Kater niederschossen, Der zum Nachbarhaus geschlichen, Auf den Dächern kühnlich irrte. Gab es Schnee, so standen morgens Weiße Männer vor dem Fenster; Jeder Baum, der in der Nähe, Ward bezeichnet mit Skandalen, Und die Früchte weggestohlen; Und für so viel stete Leiden Was war die Entschädigung? Keine reichen Nadelgelder, Keine Leckerein beim Schmause, Gleiche Kost an jedem Tage, Täglich Ziegenfleisch und Erbsen, Damit war das Stift dotiret: – Schwere Kost für alte Magen! Darum suchte jedes Fräulein, Ihre mächtgen Portionen Heimlich solchen zu verkaufen, Die dafür was Leckres brachten; Darum schlichen viele Leute Abends durch des Stiftes Garten, Um zu tauschen, um zu kaufen Ziegenfleisch und gelbe Erbsen, Heimlich, daß doch die Äbtissin Nichts von dem Erwerbe wisse. Arme, arme Fürstentochter! Die in ihren frühen Jahren Mit so manchem schönen Pagen Ein Versteckens oft gespielet, Und nach ihrem frohen Sinne Sie genecket und geküsset. Ach noch denkt sie an den Einen, Der so oft am gläsern Wagen Neben ihrem Sitz gehangen Und mit seiner heißen Liebe Ihr das Spiegelglas behauchte, Bis er ihr darin verschwunden! Ach er ist nicht ganz verschwunden! Seit er ist herangewachsen Reitet er nach der Parade Täglich bei dem Stift vorüber, Als ein prächtiger Dragoner Mit dem Degen an der Seite, Mit der Feder auf dem Hute, Mit den schönen blanken Stiefeln, Mit der weißen Kraus am Hemde, Mit der hohen schwarzen Binde, Mit dem Rock Vergißmeinnicht, Mit den Wangen Milch und Blut, Mit dem schwarzen Knebelbarte; Kommt geritten, sie begrüßend Seinem Pferd hat er gelehret, Sich zu bäumen und zu wiehern, Daß der Puder weit aufflieget, Hat er ab den Hut genommen – Also weicht er von dem Stifte Wie ein schönes Wolkenbild. Alle Nächte denkt sie seiner, Wenn das Dunkel Frieden stiftet, Und kein Blick sie mehr belauschet, Wenn sie wandelt in dem Garten, Süßes Schmachten in dem Herzen, Holde Töne auf den Lippen, Denen sie sich gern vertrauet, Weil sie nicht als Zeugen dienen, Sondern alsogleich versinken Wie der Traum, der sie geschaffen. Leise singt sie ihre Lieder. Wie die Quellen zu den Veilchen, Und im Hauche dieser Veilchen Scheint der Liebling ihr zu nahen, Mit dem Degen, mit dem Hute, Mit der Krause, mit den Spornen, Mit dem Zopfe, mit dem Puder; Und mit ausgespannten Armen, Wie mit Segeln zu dem Hafen, Stürzt sie in den Arm des Theuren: Und da sind es leere Lüfte, Eine Hand, die faßt die andre; Traurig singt sie leise flüsternd: Soll ich's mir wie Strahlen denken, Wie die Veilchen ferne düften Und den Lüften Doch die nahe Wollust schenken? Will der Wind sie zu mir lenken, Muß ich denken Meiner Lieb' in allen Sinnen, Träumend ihn in Liebe grüßen; Ihn zu küssen Mein' ich und mich einzuspinnen In des Vielgeliebten Armen; Süß Erwarmen! Seine Lippen Hyazinthen In dem frischen runden Schnitte Und die Mitte Ist ein Kelch, den zu ergründen Tausend schöne Worte dienen! Welch Erkühnen! Alle möchte ich ergreifen, Ihn zu finden unter allen; Ich muß fallen In ein wüstes leeres Schweifen! Wiederum ein Jahr vergangen Im Verlangen! Etwas muß der Mensch doch lieben, Süßer Duft, du mußt vor allen: Mich umwallen, Flieh die Blumen, die betrüben, Weil von jenes Frühlings Scherzen Zeugen schwärzen; Süßer Duft, nimm mein Vertrauen, Denn zu hart sind die Gespielen Den Gefühlen, Daß sie nie die Liebe schauen; Lieblos sich dem Himmel geben, Ist ihr Leben. Alles hab' ich dir gegeben Schönes fernes Bild im Herzen, Lust und Schmerzen, Nahe endlich, nimm mein Leben! – Wie die Reben niederhängen In den Gängen, Die ich sonst um feste Bäume Mit der eignen Hand geschlungen! Ach umschlungen Hab' ich oft, o süße Träume, Diesen Baum, der dir geweihet, Tief erfreuet! – Also sang die Frau Äbtissin, Glaubt den dunklen Stamm zu fassen, Den sie dem Geliebten weihte, Doch von ihrer Gluth getäuschet Hat sie einen Mann umfasset, Der da heimlich sich gestellet, Als ob er ein Baum gewesen, Daß sie ihn nicht möchte sehen. Und sie meint, sie thäte Wunder Und belebte liebend Bäume; Das ist Schwärmerei nicht Sünde, Denn sie war sonst sehr moralisch; Doch zu groß ist dieses Wunder Für die liebekranke Seele! Ist der Baum zum Menschen worden, Kann sie ihm doch nicht entziehen, Was ihm schon als Baum so eigen, Ihrer Liebe schönen Glauben; Und so sehen wir hier wieder, Daß die Phantasie verbunden Mit der Wahrheit falschem Bilde Sei wie Pulver in der Bombe, Die von Unschuld aufgelesen, Wie alt Eisen in das Feuer Wird geworfen und zersprenget Schuld und Unschuld, falsche Wahrheit, Wahre Phantasie und falsche. Daß der Mann kein Baum gewesen Muß sie endlich doch wohl glauben, Daß es aber der Geliebte, Prächtig glänzende Offzirer, Dem wie Milch und Blut die Wangen, Glaubt sie mit demselben Glauben. Traurig und verlangend schmachtet Die Prinzessin nach zwei Monden, Müde ärgerlich sie fühlet, Sich in ihrem Stift verschlossen, Und in ihrem Innern treibet, Was wohl nicht verschlossen bleibet. Kühnheit haben schwangre Frauen Und Entschluß in den Gefahren; Die Prinzessin setzt sich nieder An den Schrank von bunten Masern, Schneidet eine Pfauenfeder, Schreibt dem Herzog, ihrem Bruder. Bruder, du hast mich verschlossen In dem alten Fräuleinstifte Um die Ausstattung zu sparen, Sammt und Hafer, und das Weißbrod, Von den Ständen mir geschenket. Sieh zur Strafe von dem Himmel Bist du ohne Kind geblieben, Das er mir zur Straf' bescheeret; Doch es stammt von einem Helden, Also wird's ein Held auch werden, Darum seid geneigt dem Rathe, Den ich euch in Demuth gebe. Euer Reich fällt heim den Fremden Und mein armes Kind muß sterben, Und ich geh' in Schand' verloren, Wenn ihr diesem Rath nicht folget, Nicht mein Kind, in Schuld empfangen, Mild zu eurem Kind annehmet. Eure Frau, die Herzoginne Muß sich stellen guter Hoffnung Und ich komme dann im Schlosse Heimlich nieder: Gott wird helfen! Und mein Kindlein wird getragen Heimlich zu der Herzoginne, Als ob sie es hätt' geboren. Denkt darüber nach in Liebe Und dann seid ihr überzeuget, Fühlet recht den Willen Gottes, Wie er Böses gut hier mache, So verzeihet der Äbtissin. Als der Herzog dies gelesen, Schloß er sich in seinem Zimmer Ein mit Ärzten und mit Räthen, Und nach dreien schweren Tagen, Wo sie ohne Schlaf verhandelt, Ist der kühne Plan gebilligt Und mit ihnen angeordnet, Wie er leichtlich auszuführen. In dem Schlosse, wo er thronet; Nach dem Astronomenthurme, In der Mitt' vom Karpfenteiche, Tragen sie den Thron, den weichen, Als Geburtsstuhl ihn zu richten; Aus dem astronomischen Werkzeug Wird die Zange bald geschmiedet Und im Spiegelteleskope Sei die Wiege für das Kindlein. Als dies alles angeordnet Setzt er sich zum Tisch von Pappe, Der mit die Goldpapier bezogen, Schreibt mit einer Kasuarfeder. Pripert Magnus, Herzog aller Groß und kleinen Karpfenteiche, Euch entbiethet Gruß und Gnade! – Schwester, seid ihr ganz des Teufels? Doch es sei euch dies verziehen, Möchte euch nicht gern erschrecken, Könnte eurer Frucht sonst schaden; Euer Vorschlag ist genehmigt Wegen eurer klugen Listen, Und ihr sollt in's Kindbett kommen Auf dem Astronomenthurme; Heimlich reiset ihr zur Hauptstadt, Als ob ihr zum Bade reistet Wegen eines innern Übels Von der schlechten Kost im Stifte; Schreiben ist nicht meine Sache, Sprechen läßt sich alles besser, Ich bin wohl affectioniret. Also hat sie ungesäumet Sich zur Reise angeschicket. Und die Fräuleins alle möchten Mit ihr ziehen nach dem Bade, Doch sie läßt sie all zurücke. Nächtlich kommt sie nach dem Schlosse, Wird vom Leibarzt hingeführet Nach dem hohen Schmerzensthurme. Ach wie viele müß'ge Stunden Sind ihr nun von tausend Uhren, Die im ganzen Hause ticken Vorgerechnet, wo sie müßig Legt im Schooß die schönen Hände, Und sie will Kalender machen, Schauet kalkulirt und rechnet Mit den Ärzten ganze Tage. Während sie so eng verschlossen Trägt die Herzogin die Zeichen Ihrer guten Hoffnung mühsam; Wird begrüßt von allen Ständen, Die nach dem Gelusten fragen, Was sie wünsche, was sie fordre. Äpfel, indiansche Nester Marzipan und Pfeffernüsse, Alles wird herbeigeschaffet, Alle Edlen sind in Sorgen, Alle Landeskirchen beten Um die glückliche Befreiung. Doch die Herzogin viel lieber Wär befreiet von dem Panzer, Den die Ärzte ihr bereitet, Ihr den schlanken Wuchs verstellend: Denn sie war so zart gewachsen, Wie ihr Name es bezeichnet; Wie ein Fidibus für Pfeifen Schien sie sonst im weißen Kleide, Mit den kranken rothen Wangen. Stolz ging jetzt der dicke Herzog Auf und nieder in dem Schlosse, Strich sich seine goldne Weste, Meinte, daß ein jeder sehe, Nun auf ihn, weil bald ein Kindlein Würde auch nach ihm genennet; Denn nach allen Glückwünschungen Meinte er sich wirklich Vater, Sprach von nichts als von der Ehre, Von der Würde eines Vaters, Von der Mühe es zu werden; Gnädig ließ er sich die Hände Küssen von der Herzoginne, That, als wenn er Vater wäre Aller Kinder in dem Reiche. Endlich naht der Tag der Freude, Alle Telegraphen spielen, Kanonir mit brennenden Lunten, Und der Herzog wie ein Puthahn Kullernd in dem ganzen Hause, Und die Herzogin verlegen, Und die Ärzte ängstlich laufend, Daß man ihren Weg nicht sehe Nach dem Astronomenthurme; Und die alten Fraun vom Hofe Sehr erbittert, daß man ihnen Allen Zutritt hat verschlossen; Jede hat ein volles Dutzend Lieblicher Historien Aus dem Rauch dazu genommen, Und nun müssen sie einander In der Kürze alles sagen, Weil es kalt ist auf den Treppen, – Der Effekt ist ganz verloren. Endlich seht das große Zeichen In den tiefen nächt'gen Stunden, Und der Marschall mit dem Schnupftuch Winket zweimal aus dem Fenster, Von den Fackeln wohlbeleuchtet, Also ist ein Prinz geboren, Und die Kanonire schießen, Daß die Scheiben aus den Fenstern, Menschen aus den Thüren fliegen; Und es giebt ein frohes Jauchzen, Daß die Frösche in dem Teiche Nicht alleine nächtlich singen. Als das Wappen eingebrennet Unserm Prinzen an den Hüften, Daß man ihn nicht mög' vertauschen, Merkt man eine eigne Farbe In der Haut, die schwer zu nennen; Doch das ist gar oft an Kindern Die erst neu zur Welt gekommen, Eins ist grün, das andre bläulich, Das vergeht in wenig Wochen. Als die Glückwünschung empfangen, Und die Taufe ist verrichtet, Und noch vierzehn Tage später Dauert unsers Herzogs Freude. Doch da wird der Prinz viel schwärzer Als des Herzogs Dintenfinger, Den er braucht zum Unterzeichnen, Und der Herzog sieht mit Schrecken, Daß es sei ein Mohrenjunge, Was noch keiner von den Ärzten Hat gewagt, ihm zu verkünden. Und der Herzog will verzweifeln, Beißet sich auf seinen Finger Und der schmecket gar nach Dinte; Und die Herzogin erboßet, Daß ihr guter Ruf könnt' leiden, Wüthet ein auf die Prinzessin, – Doch es muß verheimlicht werden. Traurend wird des Thrones Erbe Bei dem Volke todt gesaget, Und ein Affe wird geschlachtet Von den beiden flinken Ärzten, Wohlrasirt und angezogen, Mit dem Myrthenkranz und Degen, In ein kleines Sarg geleget, Schwach beleuchtet ausgestellet, Und mit großem Leichenzuge Beigesetzt in der Kapelle. Ach du Ärmste der Prinzessen, Wie viel Schimpf mußt du ertragen, Heimlich wirst du ausgekiffen Von der bösen Herzoginne, Und du sehnst dich nach dem Stifte. Kinderlos bleibt so der Herzog, Doch genügte ihm am Ruhme, Daß ein Kind von ihm entsprossen; Nur zum Schein hat er gescholten Die Äbtissin, daß sie frevelnd Sich mit Heiden abgegeben. Sie beschwört die eigne Unschuld, Will doch nicht den Vater nennen, Weil sie ihn nicht hat gesehen, Weil sein Leben ihr noch theuer, Hat er's Kind gleich angeschwärzet. Sie erzählt nur wie im Garten Sich belebte jener Nußbaum, Meint, daß sie sich hab' versehen An der Nacht, die gar zu dunkel, Oder daß, wie grüne Schale Von den Nüssen schwärzt die Finger, So auch dieses Kind des Nußbaums Sei in seiner Haut geschwärzet, Und man hätt' es schwefeln sollen, Doch das ist nun viel zu späte: – Als sie ganz gesund zur Reise Kehrt sie heim zum Fräuleinstifte, Alle Lieb' ist ihr vergangen Seit sie Sternenkunst getrieben; Und sie hält sich zu den andern Schwätzend, spielend, zankend, putzend. Bei dem Landvolk aufgezogen, Unbewußt, woher er stamme, Wächst der kleine Mohrenjunge, Und durch seine Wundergaben Alle Nachbarn fast erschrecket. Während noch die andern Kinder Mit ihm spielen ihres Gleichen, Wer gestohlen konnt' er wissen, Wer zu Nachte umgegangen, Wer vom Morgen abgepflüget, Welcher Schneider in die Hölle Hat gepeitschet große Lappen, Welche Kühe würden kalben, Welche Tauben sich verfliegen, Alles wußt' er zu errathen, Und der Kukuk war vor allen Ihm gewogen mit dem Rufen. Wie ein rechtes Meereswunder, Wurde dieser schwarze Flecken In der Ehre der Prinzessin Rings im Lande vorgezeiget; Also kam er auch zum Stifte, Machte schamroth alle Fräuleins, Daß sie ihn ermorden wollten. Doch er bittet, eh' er sterbe, Daß ihn höre die Äbtissin Ganz allein in ihrem Zimmer, Was sie endlich ihm gewähret, Ahndend daß es sei ihr Knabe; Und da zeigt er ihr sein Wappen, Das ihm eingebrannt so frühe Und zu löschen ist vergessen, Er begrüßet sie als Mutter. Und sie frägt ihn freundlich küssend Trotz der aufgeworfnen Lippen: »Da du alles kannst errathen, Sage mir, wer war dein Vater? War es nicht der Herr Offzirer, Der so oft vorbei geritten Mit den Wangen röthlich weißlich?« Und der Knabe spricht mit Lächeln: Nimmer nein, es war ein Pauker, Eypripor, das war sein Name, Bei dem Regiment Dragoner Wovon jener war der Oberst; Sicher habt ihr ihn gesehen, War ein Mohr, ein schwarzer Teufel, Und der Teufel war im Vater, Als er euch in schönem Dunkel Überraschte und besiegte; Also teuflisch sind die Kräfte, Die er mir damit verliehen; Doch weil ihr in reiner Unschuld Seid gefallen von dem Guten, Nur von Einbildung befangen, Wohl so sind mir alle Kräfte Nun zum Guten hingewendet. – Nun erzählt er ihr ausführlich, Wie der Vater, wenn es dunkel, In des Stiftes Garten kommen, Ziegenfleisch und gelbe Erbsen Von den Fräuleins einzuhandeln, Was zu reichlich war dotiret: Und so hab' ihn da Frau Mutter, In dem Wahnsinn alter Liebe, Schmachtend ihn im Kuß umfangen, Hat geglaubt es sei der Oberst, Das sei gar nicht zu verwundern, War doch seine Stimm' nicht schwärzer, Als von allen andern Männern, Trug er doch so gut den Degen Und die Feder auf dem Hute, Schwere Stiefeln, Klapperspornen, Und die Binde und die Krause, Wie der schönste Stabsoffzirer. Die Moral ist nun gewesen: Dieser kleine Mohrenjunge, Der mit recht beredter Zunge, Jetzt geschützt von der Äbtissin, Trat zu ihren alten Fräulein Und mit rechtem scharfen Besen Aus den Winkeln der Gemüther Hat gefeget weltlich Leben. Die Äbtissin schickt ihn heimlich Zu dem Herzog, der gealtert Jetzt nun gar nichts denken konnte, Sondern alles unterschriebe, Seine besten Freund' ließ hängen, Wenn nur zu der rechten Stunde Ihm das Mittagsmahl bereitet. Und der Herzog läßt ihn kommen, Frägt ihn lächelnd, was er könne, Ob er auf dem Seile tanze, Oder Kartenkünste mache, Ob er unverbrennlich wäre? Alles dreies macht der Knabe, Und der Herzog wählt ihn gnädig Sich zum ersten Staatsminister, Und will gerne mit ihm reden Von der wahren Staatsverfassung. Wie ein Buch spricht da der Knabe. Doch der Herzog hat noch nimmer Acht gegeben, was gesprochen; Und der Knabe kann auch singen, Nun verstehet ihn der Herzog, Aber ich verschweig dies Liedchen, Denn es riechet gar zu mystisch. Es beweiset die Verwandlung In dem Kopf des alten Herzogs, Weil er sei der Stein der Weisen, Der Metalle kann verwandeln, Daß zum Chaos alles kehre. Als der Herzog dies vernommen, Wird ihm bange und beklommen, Sieht wie schon in den Gedanken, Alles Runde sich verwandelt Und die Krone ihm als Mühlrad Und als Suppendeckel scheinet, Während viele list'ge Feinde Nach der einen Krone trachten, Die auf seinem Haupte wackelt, Klüglich nimmt er an den Jungen, Sich zum Hof- und Staatspropheten, Daß er ihm die Krone halte: Der nun alles weiß was künftig Bringt die Welt gar bald zum Ende. Und so endet mein Gedicht. Warnung und Ermunterung Siehst du in den hohen Spiegel Deine Locken gleich zu ringeln, Scheint ein Bübchen, das hat Flügel, Dich mit Blumen zu umzingeln: Dann erscheinen in dem Spiegel Noch der holden Mädchen drei, Binden dieses Knaben Flügel, Anmuth bindet Lieb und Treu. Wilt du freundlich gern sie sehen, Bleiben freundlich sie ergeben, Wilt du dich nur spiegelnd sehen, Mögen sie wohl frei vorschweben! Klage nicht, daß Schönheit fliehet, Schneller flieht das Irrlicht dann, Bind es nicht durch Kunst, es glühet, Was uns wärmt auch brennen kann. Sonnenstrahl wie warm und helle, Kannst die Wange bald versengen! Ei wer sieht's im Tanz so schnelle, Alle Farben da sich drängen: Amor schwingt die Fackel helle, Sieht so listig auf den Grund, Sieht so leicht die falsche Stelle, Schminke küsset nicht sein Mund. Wer sich Amor kann verstecken, Kann auch nimmer selig lieben, Wer ihn aus dem Schlaf kann wecken, Kann das Kindlein hart betrüben: Sei auch Lieb durch Schönheit flüchtig, Wir entfliehen ja mit ihr, Blühe Wein und trage tüchtig, Schönre Kinder bleiben hier. Statt des einen Amor viele, Viele Amors ohne Flügel Kränzen Grazien im Spiele Und du siehst dich ohne Spiegel: Siehst du deine Schönheit wieder In den Kindern, die einst dein, Schlage nicht die Augen nieder: Ach wie schön, so schön zu sein. Still bewahr' es in Gedanken Still bewahr' es in Gedanken Dieses tief geheime Wort, Nur im Herzen ist der Ort, Wo der Adel tritt in Schranken, Wenn die Jugend in den Nöthen Helllaut rufet mit Trommeten. In den Schranken stehn die Ahnen, Wenn der Zweifel Kampf beginnt, Wie aus Fels die Quelle rinnt, Frischend ihre Geister mahnen, Geister werden zu Gedanken, Halten fest wo alle wanken. Geister sind in jedem Hause. Wecken aus dem Schlaf den Muth. Also rinnt das edle Blut, Geistig wie der Wein beim Schmause, Daß vereinet, die getrennet, Eine Lieb' in allen brennet. Immer mit dem größten Maße Mißt des Hauses Geist das Kind, Und das Kind sich dehnt geschwind, Will sich zeigen von der Rasse, Was ihm Herrliches bescheeret, Zeigt sich höher, sicher währet. Nicht die Geister zu vertreiben, Steht des Volkes Geist jetzt auf, Rein, daß jedem freier Lauf, Jedem Haus ein Geist soll bleiben: Nein, daß adlig all auf Erden, Muß der Adel Bürger werden. Auf Menschen soll man nicht vertrauen Auf Menschen sollst du nicht vertrauen, Sie kennen nur die eigne Noth, Es überkommt sie leicht ein Grauen, Und du lebst einsam in dem Tod. Vertrau dem Wort in deiner Seele, Das dir nicht eigen, du bist sein, Es dringt aus freudensel'ger Kehle, Es klingt in deinem Jammerschrein. Die Glocke wird umsonst geschwungen, Trifft sie kein harter Hammerschlag, So wird das Wort von dir errungen, Du lebst dem Klange lange nach. Der Kindheit Schrein und Freudenlallen Hat manchen ernsten Mann belehrt, Das Wahre muß uns erst gefallen, Das jeden in sich selbst bekehrt. Des Paradieses Frucht bewahre, Der Apfel reift zur Weihnachtszeit, Und du wirst selbst das Ewigwahre, Suchst du des Schönen Seligkeit. Wie doch das Wissen Wie doch das Wissen Steigert die Menschen, Sterbliches Streben Theuert die Welten. Siechende Männer Streben im Geiste Sternen entgegen, Setzen die Namen Kennen sie wieder. Schwächliche Weiber Fühlen im Geiste Ewige Pulse, Künden die Zukunft, Herrschen im Leben, Ja bei den Sternen, Selbst in dem großen Leben der Erde Scheinet die Schwäche Ewige Kraft. Reisefluch Ach was treibt der Erde Söhne Sich zu suchen ferne Leiden? Grüßen uns die schönsten Töne, Klagen sie ihr schnelles Scheiden, Und es schließet eine Stille Unsrer Hoffnung reiche Fülle. In der Fremde stehen Tische, Jungfraun schwingen Rosenketten, Lieblich wohnet da die Frische, Und wer möcht' sich da nicht betten, Und wer bliebe wohl zu Hause Von dem festlich hohen Schmause? All ihr Wandrer, bleibt zu Hause, Denn ihr sucht, was nicht zu finden, Denn die Rose welkt beim Schmause Und die Dornen euch umwinden, Und zerreißt ihr nicht die andern, Müßt ihr selbst zerrissen wandern. Dennoch treibt's mich zu den Bergen, Aus der gleichen breiten Fläche, Mich der Sonne zu verbergen Und zu sehn den Quell der Bäche, Und den Demant aufzufinden, Der so selten in den Gründen. Dort erstarrt der Liebe Athem, Demant wird die flüssige Quelle, Meinst du dann, du hast's errathen, Wo des Demanthauses Schwelle, Kommst vom Berge mit dem Eise, Es zerschmilzt in Thränen leise. Luftfahrt Dein Haupt leg nach Morgen, So fliehen die Sorgen, Und schimmernde Träume Zu kommen nicht säumen, Durchstrahlen die Locken Von Luft umwallt, Von Vöglein schallt Ein himmlisches Locken. 1. »Es tragen dich Flügel Vom schwellenden Hügel Und alles ist offen, Du schauest betroffen Unendliche Bläue, Voll Freundlichkeit, Voll Zärtlichkeit Die Erde im Maie.« »Hoch über dem Blauen Da hast du zu schauen, Der Sterne Gestalten In Kreisen da walten; Erst wandelt mit Schrecken Der Löwe wild. Die Jungfrau mild Will zärtlich dich necken.« »Von Sternen strahlt nieder, Was kräftig und bieder, Es doppeln die Heere Sich spiegelnd im Meere, Sie schreiten, sie ziehen Voll Göttlichkeit; Zum höchsten Streit Die Schwerter erglühen.« »Nach Ruhme sie werben Und können nicht sterben, Im ew'gen Gesunden Verschwinden die Wunden; Sie wünschen sich wieder Die Sterblichkeit, Zur Menschlichkeit Sie sinken hernieder.« »In ganzen Geschlechtern Von stattlichen Fechtern Verbluten die Götter Wie tosende Wetter; Die Erde versinket, In Blutes Fluth, Des Muthes Gluth In Jammer ertrinket.« 2. »Die Blumen dich wecken, Die erst dich bedecken, Mit fröhlichem Regen Sich alle bewegen; Gebadet im Thaue Gestählt die Brust, Mit neuer Lust Nun Mensch dich schaue.« »Was trittst du auf Sklaven, Gleich glühenden Laven, Sie scheinen zu kriechen, Verzehrend doch siegen; Was willst du dich kränzen Mit Bruderblut, Nein, thue gut, Die Sonne laß glänzen.« »Wie willst du entscheiden, Was dunkel bei beiden, Steh dir nicht im Lichten, Ein andrer wird richten; Dir singet der Hirte: O Lorbeerblatt Wie bist du platt, Wie zierlich ist Myrthe.« »Ich grüß euch ihr Myrthen, Ach Freunde wir irrten, Uns waren die Welten Zu enge zum Schelten; Die Ecke der Laube Voll Düsterkeit Ist überweit Der girrenden Taube.« »Ihr fröhlichen Seelen, Euch will ich erwählen, Die über das Leben Mit Flügeln entschweben, Ich möcht euch erdrücken Mit süßem Kuß, – Ich will, ich muß, Ich kann euch beglücken.« Auf der Erde ist es schwül Auf der Erde ist es schwül, In den Wassern ist es kühl, Sonne, Mond und alle Sterne Stürzen sich hinein so gerne, Denn im Wasser wird's so klar, Wie's auf Erden traurig war. Ruhig schlaft ihr bei uns ein In der Wasser grünem Schein, Höret keine Kinder schrein, Fühlet keine Liebespein, Liebet ohne Eifersucht, Findet alles, was ihr sucht. Was verloren in dem Meer, Stehet da im Haus umher, Alter Zeiten Schätz und Kunst Brauchet ihr durch unsre Gunst, Jeder Sturm bringt neue Gäst' Zu dem ew'gen Freudenfest. Wenn wir tanzen in dem Kreis, Wirbelt sich die Welle weiß, Wenn wir unten lustig sind, Stürmet über uns der Wind, Stürmt in unsrer Haare Glanz, Und das kühlet in dem Tanz. Morgengruß Mel. von J.Fr. Reichardt. Wonne, Wonne still in Schauern Dich umfangen, frische Luft, Sinnend auf die Strahlen lauern Spielend durch den Morgenduft. Sonne, Sonne, dich belauern Glühendroth im Morgenduft. Athmen, Athmen, nahend Leben, Wellen in dem Ährenstrom, Wie des Morgensterns Erheben Sich verlieret im blauen Dom. Wie der Lerche laut Erheben Sich verliert im blauen Dom. Flügel, Flügel der Gedanken Heben mich zur Sonnenpracht; Wie die Ströme silbern ranken, Aus der Berge Mondennacht. Enge sind des Mondes Schranken, Weit, o weit die Sonne lacht. Blumen, Blumen, stille Wesen. Fülle winkt im tiefen Grund, Ihr zu Flammen auserlesen Sinkt auf seinen rothen Mund. Nieder müde Blüthen thauen, Einen Strauß von ihrer Brust, Durch die Gluthen sie zu schauen, Wirft der Liebe Sonnenlust. Athmen, athmen, nahes Leben, Bebend Herz im Blumenstaat, Wie zwei Schmetterlinge schweben, Mund auf Mund gelebet hat. Wonne, Wonne, still in Schauern Dich umfangen hell Gesicht, Sonne, Sonne, soll es dauern, Wie mein Auge taucht in Licht. Nachtgruß O deinem Athemzuge Horche ich feiernd leis', Er hebet mich im Fluge Über den Erdenkreis. Dein Athem sanft im Schlafe Tönt in die Saiten ein, Du sprichst aus mir im Schlafe Worte, sie sind nicht mein. O lieblich waches Schlafen Einzige einige Ruh' In der Gedanken Hafen Singe, ich höre zu. Der Alp, der mich gedrücket Fliehet vor deinem Klang, Sein Roß mich fern anblicket, Hörst du den Hufschlag bang; Du hörst mein Herz nun schlagen, Bebt nicht die Erd' entzückt, Sie soll dem Himmel sagen Wie sie so hoch beglückt. Du hauchest kühles Feuer Nieder in meine Ruh', Viel tönt mein Busen freier, Schlafe und träume du. Ich schweb' in deinen Träumen Schon in dem Morgenroth, Und säus'le in den Bäumen Mitten im Feuertod. Ja wie ein wilder Leue Nächtlich im Walde brüllt, Bewachet er die Treue, Die ihm den Schmerz gestillt: So ruf' ich an die Erde, Die mir mein Haus verschlang, Daß sie am heil'gen Heerde Uns dann zugleich umfang. Nein stürz' mich in den Becher, Glühend noch raucht der Berg, Und trink, du schöner Zecher, Alles, was ich verberg'. Ach all, was birgt dein Auge, Alles, was birgt dein Herz; Ich würde Himmel saugen Mitten im schönsten Schmerz. Nein dieser Stunde Feuer, Nimmer o nimmer vergeht, Nein dieser Töne Feier Nimmer o nimmer verweht. Wir leben ohn' Besinnen, Sind wir wohl außer uns? Die Tropfen Thau schon rinnen, Auf uns und über uns. Wir ruhen auf Silbersaiten Regend die Melodien; Tanzend die Elfen schreiten Über's erwachende Grün. Ausbildung Sternlein des Abends am Leuchtthurm der Höhen, Willst du im Kreise ewig uns drehen, Keiner erblicket, wo du gegangen, Warum von Abend nach Morgen verlangen? Lieber in Blitzen möcht' ich erblinden, Als in den thauenden Wolken verschwinden, Hinter den Wolken harrend zu stehen, Ist nur ein langsam verzweifelnd Vergehen. Kindlein ich leuchte dir nicht alline, Komm in des Südens himmlische reine Immer verklärte, verklärende Lüfte, Nimmer bestehn da umnebelnde Düfte. Sonnendurchstrahlet müssen sie sinken, Schöner in glühenden Früchten zu winken, Bilden sie weichlich das Bette der Sonne, Immer sich opfernd, sich ehrend in Wonne. Ich nur bestehe den Menschen zum Zeichen, Flügel den Armen unfühlbar zu reichen, Werth ist das Glück nur der menschlichen Mühe, Genius bin ich der ahndenden Frühe. Will sich der Wärme feuriger Regen Abends und Morgens auf Ferne hinlegen, Warum verschmachten danach und erfrieren? Laß dich zur goldenen Ferne hinführen. Schuldlose Herzen trauen der Ferne, Nimmer veralten ihnen die Sterne, Warnen heut, lächeln dann morgen auch wieder, Abend und Morgen sind himmlische Brüder. Ja ich komm wieder! Schwankt dann der Boden, Fangen die Netze des Dunkels den Oden; Siehe nach mir, denn wisse mein Flügel Wecket dich auf an dem römischen Hügel. Ja das ist Roma, selber die Trümmer Fügen sich wieder zum herrlichen Schimmer, Lasset die Erde taumelnd nur schwanken, Trägt sie mein Glück doch und meine Gedanken. Schimmern die Tempel bei Kirchen so dichte, Himmlische Wüste umschließet sie lichte, Langsam die Tiber, Sehnsucht im Blicke, Fließt sie zum Meere und wünscht sich zurücke. Bin ich geworden, bin ich vollkommen, Gestern ein Kindlein, bang' und beklommen; Heut in Italien findet mein Sehnen Endlich des Busens hochherrliches Dehnen. Ist dies die Heimath? Ist dies die Fremde? Wie ist es kommen, daß ich mich grämte? Schwimmen die Äpfel nicht golden im Bache, Wenn ich erinnernd und hoffend erwache? Wißt, wo die fröhlichen Mädchen noch hausen, Nimmer die Stürme des Nordens einbrausen, Merkt, daß Italien die schwimmende Insel, Fliehend das stürmische Menschengewinsel. Lachet ihr Mädchen, sehet sie weilet, Nicht mit dem Morgenroth wieder zertheilet, Alle Erinnrung im Schilfe da rauschet, Alles Ersinnen im Athem sich tauschet. Sehet auf tausend hellströmenden Wellen Herrliche Freunde zu uns sich gesellen Und in dem blumigen Meere der Wiesen Lasset die Stimmen tauchen und fließen. Saget, was sind das für heil'ge neun Schwestern, Ferne auf Sternen erblickt ich sie gestern, Kommen mit Masken und Flöten und Leiern, Jeglichen Morgen Italiens zu feiern? Musensohn, kennest du noch nicht die Musen Fühlst du nicht Liebe zu ihnen im Busen, Fühlst du nicht Pochen im innersten Herzen, Und auf den Lippen ein zärtliches Scherzen? Nur im Genusse kannst du dich bilden, Und nur die Armuth machet den Wilden, Alles ist nahe, was zu erstreben, Was unerreichbar, laß es verschweben. Grüner Wald im deutschen Lande Grüner Wald im deutschen Lande Könnte ich dich wiedersehen, Wiederfühlen dein kühles Wehen Ohne Schande. Rhein, du bringst das Gold im Sande, Spiegelst Sonne an die Trauben, Füll' den Becher mit altem Glauben Bis zum Rande. Wein, du kühlest mich im Brande, Wie die feuerrothen Rosen, Die mit kühlenden Lippen kosen Meine Schande. Rosen, die mit kühlem Bande Hier die heiße Stirne kränzen, Stächen mich bei den heitern Tänzen Deutscher Lande. Deutsches Blut zerreiß die Bande, Deutsche Berge stehen feste, Und der Adler entsteigt dem Neste Ohne Schande. Hatte nicht der frische Morgen Hatte nicht der frische Morgen Dich in seinem Arm gewiegt, Haben dich die müden Sorgen Vor dem Abend schon besiegt. Hatte nicht die Sonnenhelle Dich mit ihrem Strahl umspielt, Müde liegst du an der Schwelle Einer Nacht, die alle kühlt. Hatten nicht des Muth's Gedanken Dich zum heitern Tanz geführt, Mußten deine Tritte wanken, Als dein Herz da tief gerührt. Hatten nicht die frohen Töne Deine Stirne kühl umkränzt, Ach wo ist nun alles Schöne, Wo dein Blick, der uns umglänzt. Hatte nicht die erste Liebe Dich mit süßem Wort geweckt; Ach bald ist's die letzte Liebe Die mit Erde dich bedeckt. Mutter und Tochter Mädchen laß die schmachtend süßen Blicke, Mach die Augen nicht so klein, Denn zu ihrem schmerzlichsten Geschicke Alle Männer sehn hinein, Jeder meint, daß er gemeinet wäre. Laß sie doch so eitel sein. Nein, es schadet endlich deiner Ehre, Meide wenigstens den Schein. Mutter, sprich, wie soll ich denn nun lassen, Was mir angeboren ist, Wenn ich auch mit niemand möchte spaßen, Bebt mir doch die Wang' von List. Nein, das ist kein Blick, der bloß zum Lachen, Du verwirrest jederman, Willst du einen wirklich glücklich machen, Sieh allein auf Einen Mann. Mädchen, nicht bei stillen, edlen Frauen Kannst du solches Auge sehn, Einige so ruhig vor sich schauen, Andre gar verschämet gehn. Meine Augen flüchtig sich bewegen, Müde von dem Stillestehn, Keinen Ausdruck mag ich drinnen hegen, Gleich hinaus muß er da gehn. Mutter, sprich, von wem die Deutungsaugen, Gerngeb ich sie dem zurück, Denn zum Glücke sie wohl nimmer taugen, Und ich fürchte meinen Blick. Tochter, könntest du den Vater finden, Diesen Flüchtling ohne Ruh', Gern vergäb' ich alle seine Sünden Und vergäb' dir auch dazu. Laß mich einsam, daß ich keinem schade, Denke still bei mir an ihn, Und erfleh' für ihn des Himmels Gnade, Und so will ich fromm verblühn. Alte Jungfer will ich bei dir werden, Blühen unter Schnee und Eis, Denn kein Jüngling, den ich sah auf Erden, Hat verstanden meine Weis'. Wie ein Vogel, der im Fluge träumte, Sinket auf des Sees Fluth, Siehst du bald im Spiegel die versäumte Aufgeschreckte Liebesgluth, Daß der Jugend goldne Zeit verrinne, Lieblos über Lieb' hinaus; Sieh hinaus, was dir dein Aug' gewinne, Ob's ein Hüttchen, ob's ein Haus. Herzenserleichterung Schwere, harte, scharfe Stunden Sich wie Kiesel an mir runden, In des Lebens Wellenschlag, Und ich fühl', was ich vermag; Fromme Freundin, ich durft' weinen, Durft' auf deinen Händen weinen, Und gedeckt von deinen Händen Konnte Schwachheit mich nicht schänden. Regentropfen höhlen Steine, Was ich tief verschlossen meine, Höhlet meines Unglücks Stein, Füllt ihn bald mit Freudenwein; Freundin, nimm vom Freudenweine, Komm zu mir, du heil'ge, reine, Und beselige mein Mahl, Bin ich frei von aller Qual. Fühlend kannst du an mich glauben, Was mir lieb, nicht spottend rauben, Was ich aus der Seele sprach, Klingt dir aus der Seele nach. Fromme Freundin aller Reinen, Du kannst trösten, du kannst weinen, Wenn du mich auch nicht verstehst, Alles dir im Geist erhöhst. Was jagt mich Was jagt mich, So matt und müde? Ich such' dich In meinem Liede, Ich such' dich In meinem Jagen; Hier muß ich Die Buchen fragen. Die Frage Im Wiederhalle Wird Klage, Daß Laub schon falle; Es falle Weil es ermattet, Es walle, Wenn es dir schattet. Das Windspiel Mit deinem Bande, Vergißt Spiel Und spürt im Sande; Es legt sich Mit seinem Munde, Es hört dich, Verliert die Kunde. Es weint dann, Wie Kinder weinen, Und gräbt dann Mit seinen Beinen; Begräbt sich Im tiefen Sande; Begrabt mich Im Heldenlande. In weichen Armen In stillem Kuß, Zu lang mir Armen Fehlt der Genuß. Begrab' mich Und meine Lieder, Bald komm ich Und hol' dich wieder. Der Himmel ist oft hell, kann dann bald weinen Der Himmel ist oft hell, kann dann bald weinen, Deckt seine klare Augen zu, Die auch verhüllet noch zu trauren scheinen, So glänzest du, so scheinest du. So traure du, so sei verlassen trübe, Ja regen Thränen ohne Zahl, Wenn wandelbar einst unsre Liebe, Denn solches Glück besorgt den Fall. In wunderbar geflochtner stummer Liebe Ist so besorglich schon die Qual, Daß sie so gern zur Todtenfeier hübe Den frohsten Blick zum Sternensaal Du stiller Winter wehest schon vom Himmel Ihr weißen Wolken, ew'ger Schnee, Ihr zieht schon vor die Sterne mit Getümmel, Der Mond stürzt weinend in die See. Hier blüht der Garten, Lilien deine Wangen Mit Tausendschönen mischen sich, Wo keusche Rosen schwankend überhangen, Schwül ist die Luft für mich und dich. Lieg' ich in der Freundin Armen Lieg' ich in der Freundin Armen, Weine und nicht weiß warum, Sie ist traurig, ich bin stumm, Bis die Lippen mir erwarmen, Ach dann schwebt es auf der Zunge, Wäre ich doch nur ein Junge! Wäre ich doch nur ein Junge, Gingen wir in die weite Welt, Treulich wären wir gesellt, Hielten uns noch fest umschlungen, Wenn sich an der Welten Ende, Mein Italien einst fände. Wenn ich mein Italien fände, Höhlten wir ein kleines Haus Uns in Herkulanum aus, Wo die schön bemahlten Wände; Wie die Schwalben in dem Sande Bauten wir uns an im Lande. Bauten wir uns an im Lande, Steckten manches Flügelkind In das Körbchen schnell geschwind, Und verkauften's ohne Schande; Leutchen, wer kauft Liebesgötter Ach, es ist so liebreich Wetter. Ach es ist so liebreich Wetter, Kauft ihr Mädchen jung und schön! Eine kommt sie anzusehen, Spricht: Das sind die Liebesgötter? Ei bewahre, das sind Tauben, Eine nur gehört zum Glauben. Eine, die gehört zum Glauben, Doch die Liebe alle braucht, Und zum Boten jede taugt, Läßt sich nicht ihr Brieflein rauben, Als wo sie den Liebsten wittert, Der sie oft mit Zucker füttert. Der Liebe Furcht ist Fackel meiner Liebe Der Liebe Furcht ist Fackel meiner Liebe Die meinen Traum mit Strahlen Nachts erfreut, Damit mich nicht die Einsamkeit betrübe, Mir Sterne auf die dunkle Erde streut, Und meiner Liebe Flamme höher treibt, Daß dir ein Zeichen bleibt. In Liebesfurcht ich seh die Wolken jagen Dort über'm Mond, daß er zu wanken scheint. Wohin, wohin will euch der Sturmwind tragen?, Zu meinem Lieben, der es treulich meint! Der Blume Blätter warf ich in den Wind, Er bringt sie dir geschwind. Der Liebe Furcht durchbebet mich so sachte, Zu schauen, ob mein Kind noch athmen kann, Es sah mich an, und drehte sich und lachte. Ich sah es schon wie dich, wenn es ein Mann; So schauet aus der Liebe ödem Haus Ein frommer Geist voraus. Wird Liebe Furcht, so laß die Furcht mich lieben, Und liebe mich, dieweil ich furchtsam bin, So kann die Furcht die Liebe nie betrüben, Und Furcht und Liebe haben gleichen Sinn, Es wächst die Furcht der Liebe zum Gewinn In deiner Liebe Sinn. Sie gab, was mich verarmet Sie gab, was mich verarmet, Mir scheidend ihren Mund, Sie hat sich mein erbarmet, Ach Gott, wem thu' ich's kund! Ich kann's nicht in mir lassen, Es sprenget meine Brust, Es kann's die Welt nicht fassen, Was mir allein bewußt. Wie mir der Abend röthet, Noch niemand wissen muß; Ach hätt' sie mich getödtet Im ersten, ersten Kuß! Von Schmerzen könnt' ich ruhen, Im Jubel vieles thun, In schweren Reiseschuhen Tanz' ich so thörigt nun! Mädchen, führet dich dein Knabe Mädchen, führet dich dein Knabe In dem letzten Abendscheine Hier zu meinem stillen Grabe, Und er wagt es nicht alleine, Küß' ihn einmal mir zu Ehren, Das sind meine Seelenmessen; Kann ich euch das Küssen lehren, Werd' ich nimmermehr vergessen. Neue Melodieen kommen Und verdrängen meine Lieder, Doch so viel ich hab' vernommen, Kommt das Küssen immer wieder, Und von diesen Liebesnoten, Die ich liebend hab' erfunden, Schallen mir noch bei den Todten Alle Wiederholungsstunden. Mein Liebchen hinterm Pillenbaum Mein Liebchen hinterm Pillenbaum Versteckt ihr lieblich Angesicht Mit ihren beiden Händen, So meinte sie, sie säh' mich nicht, Und sieht mich durch die Finger kaum, Und trüg' mich doch gern auf beiden Händen! Einerlei Ihr Mund ist stets derselbe, Sein Kuß mir immer neu, Ihr Auge noch dasselbe, Sein freier Blick mir treu; O du liebes Einerlei, Wie wird aus dir so mancherlei! Statt dich Andern zu vertrauen Statt dich Andern zu vertrauen, Schreibe mir in bösen Stunden, Dich zu schauen, Sei's in Rosen, sei's in Wunden, Und umwunden, Sei's von Armen, sei's von Schlangen, Nähret Ferne mein Verlangen. Wenn ich zurück im Fenster wäre Wenn ich zurück im Fenster wäre! Ja wäre! Hier unten ziehet Wind und Regen; Mach auf, mach auf! und sprich den Segen, Bin draußen bei der Windmühl, Wo der Müller mahlt, Wenn der Wind geht. Ach wär' ich heut nur klug gewesen, Gewesen. Ich hätte dich in Arm genommen, So ständ' ich nicht so ganz verklommen, Hier draußen bei der Windmühl, Wo der Müller mahlt, Wenn der Wind geht. Wenn ich in deinem Herzen stände, Elende! Du würdest nicht das Licht ausmachen, Und durch die Fensterladen lachen, Und mich hier stehen lassen, Wo die Zither springt, Und die Zähne klappern. Verabredung zum Ball Es lag der Schnee so drückend, Daß meine Laube brach, Der Frühling kam entzückend, Macht ihr ein buntes Dach; Es wird mir alles noch werden. Die Schwalbe kam geflogen Und flog in meine Hand, O sprich, wer mir gewogen, Wer dich mir zugesandt; Es wird mir alles noch werden. Und darfst du es nicht sagen, Ich laß dich dennoch frei, Du magst der Jungfrau klagen, Daß ich nicht bei ihr sei; Es wird mir alles noch werden. Und sag' ihr, wie ich pflanze Und wie die Saat hier grünt, Und daß ich wohl zum Tanze Mir ihre Hand verdient; Es wird mir alles noch werden. Und bring' die Blumen alle Zu ihrer freien Wahl, Und wenn ich ihr gefalle, So trägt sie die im Saal; Es wird mir alles noch werden. Und trägt sie die am Herzen, So soll's ein Zeichen sein, Daß ich nach Tanz und Scherzen Zu ihr darf gehen ein; Es wird mir alles noch werden. Die Bienlein summen Lehren Und warnen uns davor, Ich schwör's, du bleibst bei Ehren, Ich bin ein frommer Thor; Es wird mir alles doch werden. Der Durstige Ach Gott, wie thät mir gut Ein Kuß auf meinem Mund, Die Lippe wär' nicht wund Von Durst und heißer Gluth; Ich wäre dann gesund Und ruhig lief mein Blut, Ach Gott, wie thät mir gut Ein Kuß auf ihrem Mund. Die Liebe wär' dann aus, Ich würde fleißig sein, Es fiel mir manches ein, Ich bliebe dann zu Haus; Ich flieg' dem Leuchtwurm nach, Ihn löscht kein Dunkel aus, Er fliegt zu Liebchens Haus, Wenn niemand drinnen wach. Ach Gott, so muß ich hin In jeder nächt'gen Stund', Es wird schon allen kund, Daß ich verliebet bin; Ob ich geliebet bin, Ach Gott, thu es mir kund, Durch ihren schönen Mund, Zu ihr muß ich jetzt hin. Ach Gott, heut schließ' mich ein In ihre Lippen dicht, Im nächtlichen Gesicht, Sind sie wie Wellenschein, Ach brennen heiß und licht, Erlösche mich darein, Es kann nicht anders sein Und ich versag's mir nicht. Liebe und Lust Seufzend geht die Lieb' von hinnen, Heimlich übermannt die Lust, Nimmt gleich jegliches Besinnen, Es geschieht so unbewußt, Wenn die Sünde dann vorüber, Und die Lust sich hat gestillt, Ach dann scheint der Seufzer lieber, Und die Lust hat nichts erfüllt. Die Spinnerin Laß sie ziehen, laß sie ziehen, Diese schweren grauen Wolken, Faden, Faden, laß dich ziehen. Laß sie ziehen, diese Riesen, Brechen sie des Schlosses Zinnen, Brich nicht, Faden, wie vor diesem. Ruprecht, Knecht mit deiner Ruthe, Jag' die Prinzen nicht hinunter, Faden, ich bin auf der Huthe. Giebt es denn schon wieder Neues, Weil die Krähen auf dem Schlosse, Ach des vielen wild Geschreies. Die drei Kön'ge mit dem Sterne, Sind dies Jahr schon ausgeblieben, Sieh, wen tragen sie da ferne? Ist's die Königin, die schöne, Ach wie krank, wie die verändert, Hört sie gern die Klagetöne. Bin heut nicht beim Königsspiele, Ach welch Unglück ist regieren, Seien's wenig, seien's viele. Laß sie ziehen, laß sie ziehen, Prinzen im Soldatenröckchen, Gott wird sie umsonst nicht mühen. Laß sie ziehen, laß sie ziehen, Diese schweren grauen Wolken, Faden, Faden, laß dich ziehen. Thränen müssen ihn schon netzen, Wellen steigen ja zum Himmel, Wozu hilft doch alles schwätzen. Kalte Hände, warmes Herz Kalte Hände, warmes Herz, Hab' ich wohl empfunden, Nahe Thränen, fernen Schmerz In den Abschiedsstunden; In der Hände letztem Druck Froren sie zusammen; Doch das Herz war heiß genug, Löste sie in Flammen. Kalt, so fühl' ich deine Hand, Noch in meiner liegen, Und des Herzens heißen Brand An mein Herz sich schmiegen: Kalte Hände, warmes Herz Mußt du mir erhalten, Keinem drück' die Hand zum Scherz, Daß nicht Herzen kalten. Die freie Nacht ist aufgegangen Die freie Nacht ist aufgegangen, Unsichtbar wird ein Mensch dem andern, So kann ich mit den Thränen prangen Und hin zu Liebchens Fenster wandern. Der Wächter rufet seine Stunden, Der Kranke jammert seine Schmerzen, Die Liebe klaget ihre Wunden, Und bei der Leiche schimmern Kerzen. Die Liebste ist mir heut gestorben, Wo sie dem Feinde sich vermählet, Ich habe Lieb' in Leid geborgen, Ihr Thränen mir die Sterne zählet. Wie herzhaft ist das Licht der Sterne, Wie schmerzhaft ist das Licht der Fenster, Ein dichter Nebel deckt die Ferne, Und mich umspinnen die Gespenster. Im Hause ist ein wildes Klingen. Die Menschen mir so still ausweichen, In Mitleid mich dann fern umringen: So bin ich auch von eures Gleichen? Mich hielt der Wald bei Tag verborgen Die schwarze Nacht hat mich befreiet. Mein Liebchen weckt ein schöner Morgen, Der mich dem ew'gen Jammer weihet. Wie oft hab' ich hier froh gesessen, Wenn alle Sterne im Erblassen, Ach alle Welt hat mich vergessen, Seit mich die Liebste hat verlassen: Nichts weiß von mir die grüne Erde, Nichts weiß von mir die lichte Sonne, Der Mondenglanz ist mir Beschwerde, Die Nacht ist meiner Thränen Bronne. Mit dem Dolch rühr' ich die Zither »Mit dem Dolch rühr' ich die Zither, Gift ist meiner Stimme Hauchen; Doch sie tobt, nicht wie Gewitter, Bebt nicht, wie Vulkanes Rauchen: Lieblich weiß sich in den Tönen Zorn und Rache zu versöhnen. Sinke Schlummer auf Entzückte! Ach, dies wünschet der Verückte; Dies Erheben im Vergeben Kann Verrath euch nicht erstreben Und der Liebe, die sich so verklärt, Wird noch höh're Lust gewährt.« »Nur die Lust der Melodieen, Nicht des Worts verhaltne Schmerzen Dringen durch der Küsse Glühen; Denn sie liebt nicht mit dem Herzen. Ja, ihr geht es, wie dem Kinde, Ihr verfliegt das Wort im Winde. Keinem ist die Schönheit eigen, Allen möchte sie sich zeigen, So in Worten wie in Werken, Um durch Beifall sich zu stärken; Lobst du sie, so ist sie doppelt schön, Sie ist nichtig, wenn sie ungesehn.« Zum Geburtstage, mit einem Hut An Antoinette Schw. 1807. Antoinette! Antoinette! Aus dem Bette, aus dem Bette! Hör' mein Singen, hör' mein Pfeifen, Sieh die hellen lichten Streifen! Auf, erwache! denn im Nacken sitzet Dir ein Schelm, der Pfeile spitzet, Und es ruft zu aller Ohren, Daß du heute wardst geboren. Antoinette! Antoinette! Wenn ich hätte eine Kette, Würde ich dein Zünglein legen In die Kette, denn verwegen Bist du in dem Wahrheitsagen! Heut will ich dir Wahrheit sagen! Klingen dir nicht schon die Ohren Links und rechts? Es geh' dir nichts verloren! Antoinette! Antoinette! Ach ich wette, ach ich wette, Daß du wirst den Trotz bereuen! Denn der Schelm in deinem Nacken Wird dich selber endlich zwacken, Und du wirst vergebens dräuen, Diesen Tag hat er sich recht erkoren, Weil du heute wardst geboren. Antoinette! Antoinette! Sieh, ich rette, sieh, ich rette Dich durch diesen Hut von Fortunaten, Der dich unsichtbar kann machen. Sei auf deiner Hut nicht stets zu lachen, Hör' was Andre sagen, muß ich rathen! Manches kleidet dich vor Thoren, Denke, daß kein Jahr für dich verloren. Antoinette! Antoinette! Wie so nette, wie so nette Könnt' ich dir was Schönes sagen! Doch ich will dich mir verstecken In dem Hut um dich zu necken, Denn sonst würde ich's nicht wagen; Furcht vor Augen oder Ohren, – Schone meiner, weil du heut geboren! Sie saß ganz einsam an dem Teiche Sie saß ganz einsam an dem Teiche, Ich war versteckt von grünem Zweige, Und wußte nicht mich zu erklären, Ihr Frühstück sollt' sie erst verzehren, Sie hatte da des Brods so viel, Daß sie's verkrümelte zum Spiel, Die kleinen Fische blinkten munter, Und sprangen aufwärts, tauchten unter, Sie sah in Ruh' dem Drängen zu Und warf mit ihrem seidnen Schuh Statt Brod viel kleine Steine nieder, Das that mir leid, war mir zuwider, Die stummen Thierchen so zu necken, Ich unterließ mich zu entdecken, Ich meinte tief in sie zu blicken, Beglücken kann sie nicht, nur zwicken, Sie führte jeden lieber an, Als daß sie einen nähm' zum Mann. Du schwerer Wein, kannst du nicht brechen Du schwerer Wein, kannst du nicht brechen Das tiefgebeugte müde Herz? Ich will mit Wasser dich nicht schwächen, Und nicht mit Thränen meinen Schmerz; An mir soll ihre Schuld sich rächen, Ich opfre mich zu ihrem Scherz. Wie glühend Gold ich stürz' dich nieder, Bis meine Kehle sich dir schließt; Mitleid'ge Seelen, singt mir Lieder Vom Lethe her, der mich umfließt! Es dreht und wirbelt sich im Saale, So geht es in der andern Welt, Die Geister nehmen Sitz beim Mahle, Das ich in Einsamkeit bestellt; Ihr scheinet mir bekannt, und gleichet Der Einen, ha! nun kenn' ich euch! Ihr Lügenbilder all, entweichet, Und sinkt zurück in's dunkle Reich! So dacht' ich sie in goldnen Zeiten, So log sie sich in meinen Sinn, – Zerstreut euch in den leeren Weiten! Ihr weichet nicht? ihr setzt euch hin? Wie kommt ihr mir so ungeladen, Und steiget aus der Flaschen auf? Auch goldner Wein ist mir zum Schaden! Wo thut sich Trost und Heil mir auf? Nur was ich liebe, das ist mein Nur was ich liebe, das ist mein, Und kann nur immer meiner werden; Du weißt von nichts, du läßt mich ganz allein, Was ich in dir geliebt, das bleibt doch mein. Gehört dem Flügel dieser Ton Den meine Finger traurig weckten? Nein, du bist mein, dir selber recht zum Hohn, Was ich in dir erweckt, gehört mir schon. Dein Haus ist mein, denn ach von dir Umschließt es so viel schöne Kinder; Ist mein die Perle, so gehört auch mir Die Schale, deines Leibes schöne Zier. Ich geb' die Seele, du bist mein, Du schöner Teufel mußt mir dienen, Hast mich verführt mit schönem Augenschein, Sei alles falsch und leer, du bist doch mein. Ich liebte sie Ich liebte sie, Verschlossen war sie, stille; Und ihrer Schönheit Fülle Versiegte nie. Der Blume gleich, Glaubt' ich die Welt verstecket, Wo nie ein Ton erwecket, Ihr Herz wie reich. Du liebe Zeit, Da fängt sie an zu sprechen, Will mir das Herze brechen, Ach, wie sie schreit; Ich fühl' mich arm, Nun sie sich reicher fühlet, Wie ist mein Herz erkühlet, Was einst so warm! Die arme Schönheit Mir gegenüber das schöne Kind, Strickte sonst fleißig um's liebe Brod, Barfuß doch lief sie bei Regen und Wind, Schwarz war ihr Kopftuch, ihr Röckchen war roth; Wenn ich sie grüßte, dankte sie schön, Und ich mocht gern ins Auge ihr sehn. Mir gegenüber sitzt nun das Kind Müßig am Fenster, daß jeder sie schaut, Hat sich gelocket die Haare geschwind, Putzt sich in Seide wie eine Braut; Wenn ich sie sehe, winket sie mir, Wenn du sie grüßest, winket sie dir. Hör' gegenüber du armes Kind, Schande macht reich und die Schönheit ist arm, Schande, die tauscht mit der Schönheit geschwind, Daß sich doch Gott nur der Schönheit erbarm. Siehst du zum Himmel, Gott siehet dich nicht, Sieht kein geschminketes Angesicht. Mir ist zu licht zum Schlafen Mir ist zu licht zum Schlafen, Der Tag bricht in die Nacht, Die Seele ruht im Hafen, Ich bin so froh verwacht! Ich hauchte meine Seele Im ersten Kusse aus, Was ist's, daß ich mich quäle, Ob sie auch fand ein Haus! Sie hat es wohl gefunden, Auf ihren Lippen schön, O welche sel'ge Stunden, Wie ist mir so geschehn! Was soll ich nun noch sehen, Ach alles ist in ihr, Was fühlen, was erflehen, Es ward ja alles mir! Ich habe was zu sinnen, Ich hab', was mich beglückt; In allen meinen Sinnen Bin ich von ihr entzückt. Wer wacht in dieser hellen Nacht Wer wacht in dieser hellen Nacht, Und regt um mich die Hände? Und reißt mich aus der Schlafes Macht? Ich seh nur weiße Wände, Die rings der Mondenglanz bescheint, Am Fenster manches Tröpfchen weint, Gern küßt' ich die in raschem Lauf, Wie eisig kalt ist diese Nacht. Nach solchem warmen Tage, Wer hat die Wärme angefacht, Wer bringt der Kälte Plage, Bald wärmet mich dein erstes, Bald wärmet mich dein Händedruck, Bald deiner Lippen rother Schmuck. So schleich' ich wie ein Nachtdieb hin Und geh' auf rechten Wegen, Die Treue ist mir kein Gewinn, Der Glaube giebt nicht Segen, Und selbst der Reichthum mich nur quält Im armen Land, dem Freiheit fehlt, Die Liebe einzig lohnet mir Was ich durch Tugend hier verlier'. Abschied für immer Ist's ein Wunder, daß dich alle lieben, Die nach meinem Scheiden sich dir nahen, Meine Seufzer sind bei dir geblieben Und als Luftgeist sehnlich dich umfahen, Wer zu athmen wagt an deinem Munde Zieht sie unbewußt zu seinem Herzen, Diese Seufzer mancher trüben Stunden, Diese Geister, mir entflohn in Schmerzen. Zu lebendig war des Herzens Hoffen, Es vergeht nicht mit den Schmerzenstagen, Ja es liegt die Welt jetzt vor mir offen, Meine Liebe fühl' ich drinnen schlagen; Leb' ich nun in Andern, die dich lieben, Mag ich wohl der armen Mutter gleichen, Die ihr Kind von ihrer Brust vertrieben, Ihre Brust dem fremden Kind zu reichen. Hoffnungsgeister, die mit schönen Bildern Mich getäuschet wie die Jugendzeiten, Meiner Nächte Einsamkeit zu mildern, Ich entlaß euch in die blauen Weiten, Einen Händedruck gebt noch zum Scheiden, Sei's die Jugend, die ich heut entlassen, Was auch komme, nichts will ich vermeiden, Was vorbei, das läßt sich nicht mehr fassen. Die Wanderung Lustig, auf, der Kapuziner, Unser kleiner Wettermann, Macht mit bloßem Kopf den Diener, Nimmt den guten Morgen an, Gutes Wetter fühlt er tagen, Und die leichten Schritte tragen Uns so lustig auf das Land. Ein Schritt gegangen, dreie gesprungen, Wie es die Grillen uns vorgesungen. Keiner wird sich heut bedecken, Scheint die Sonne noch so warm, Duft'ger Wind strömt aus den Hecken, Wischt die Stirne ohne Harm, Neben mir ist hier ein Wehen, Wie beim Blitz und Tanzes Drehen. Ein Schritt u.s.w. Guten Morgen sag' ich täglich, Doch versteh' ich es nur heut, Weil mir Lustigkeit unsäglich Füllt mit Luft die Brust so weit, Wer der Früheste gewesen, Hat die kühlste Zeit erlesen. Ein Schritt u.s.w. Schaut die Spur von diesem Wagen, Laßt uns folgen immer zu, Keiner muß den Weg erfragen, Und wir gehn in guter Ruh, Wärmung, Kühlung in den Lüften, Ebne Wege, weite Triften. Ein Schritt u.s.w. Nimm es mit, du gute Seele, Was dir heut geboten wird, Und was ist's, daß ich mich quäle, Was mir um die Ohren schwirrt, Fliegen meine wachen Sorgen, Weckt ihr nicht zum schönsten Morgen. Ein Schritt u.s.w. Wer mir ins Gesicht geschlagen Ist der wilde Rosenbusch, Und ich haue ohne Zagen, Alles ab in Rusch und Busch, Daß ich kann die Mädchen decken, Wenn sie in das Gras sich strecken: Ein Schritt u.s.w. Heute weilen deine Blicke, Ziehest nicht den Arm zurück, Morgen weiß ich schon mit Tücke Ist dein Haus mein ganzes Glück, Und dein Wesen ist Verschwinden, Wenn ich ahnde ein Verkünden: Ein Schritt u.s.w. Ruhig kann ich dich nun lieben, Weil du mich nicht wieder liebst, Denn eh' nicht die Sonne drüben, Du mich heut nicht mehr betrübst; Hab' mich heut schon ausgeweinet, Spott und Sonne wieder scheinet. Ein Schritt u.s.w. Daß du nicht in mich verliebet, Davon liegt in dir die Schuld, Rache wird bald ausgeübet, Wenn vergangen meine Huld, Mich zu rächen will ich sagen, Daß du mich hast ausgeschlagen: Ein Schritt u.s.w. Das ist grob, so sagst du lachend, Wenn ich liebe, bin ich grob, Komme bald den Hof euch machend, Wenn die Liebe ganz verstob, Lasset immer keck mich reden, Es gelinget doch nicht jedem: Ein Schritt u.s.w. Kindchen, viel läßt sich verschmerzen, Was mich dir gefangen hält, Schon gesteh' ich's unter Scherzen Find' ich nirgends auf der Welt, Weh, o weh, daß ich kann scherzen Mit dem Dolche in dem Herzen! Ein Schritt u.s.w. Mädchen, laßt's Zusammenrotten, Schneidet keine Namen ein, Ohne Mitleid muß ich spotten, Schenk euch ein den klaren Wein, Laßt das jüngferliche Necken, Bienen ihre Arbeit decken: Ein Schritt u.s.w. Bei Gelegenheiten Lehrbrief des Schicksals Wie so gerne fließt ihr Thränen, Fühlt zur Freiheit himmlisch Sehnen, Gott aus Wasser schuf die Erde, Daß zu Wasser alles werde, Alles sinket drin in Schimmer, Goldne Schlösser scheinen Trümmer. Schatten streichen durch die Hallen, Wo die Lichter sonst einfallen, Viel Geschlechter ruhen stille, Also ruhet auch mein Wille, Was ich suchte, ist vergessen, All mein Hoffen war vermessen. Was geboren ist verloren, Was verloren ist erkoren Dem stets neuenden Geschicke, Und wo irren unsre Blicke! – Ach wir liebten, die verstorben, Eine Vorzeit unverdorben. Wehe, wen die Zeit geboren, Seine Zeit geht ihm verloren! Wehe, wer nicht bessre kannte, Und sein Lebenslicht verbrannte! Wehe, wer die bessre kannte, Der vom Paradies Verbannte. Nun er aus die Arme breitet, Nach dem Bild noch sehnlich schreitet, Stehet er in Wolkenleere, Niedersenket ihn die Schwere; Was geschieht, wer kann's verstehen, Wer kann durch den Panzer sehen. Schicksal in dem Eisenkleide, Winkst du mir zu neuem Leide? Welchen Brief willst du mir geben? Kann ich auch das Siegel heben? Starre nicht mein Aug' gebrochen, Ja der Brief ist nun erbrochen. Bin ich nicht im Traum gewesen, Und wer kann im Traume lesen, Ihn behalten ist ein Wunder, Funken schlägt er in den Zunder; Flamme ist der Sonnenatmosphäre Durchbruch in die ird'sche Leere. Ohne Ausflucht, ohne Hoffen Lag im Traum der Lehrbrief offen, Schwarz auf weiß, es stand darinnen: »Wenn in Andacht Thränen rinnen, Thränen in die Arbeit rinnen, Mag sie wohl den Preis gewinnen.« »Schweiß vom Angesicht der Treuen Wird die dürre Erd' erneuen, Schöner als der Thau in Blüthen Frischet er die Schwerbemühten, Und dies schmerzliche Gebären Läßt die Liebe nicht verjähren.« »Nicht zu Wasser wird die Erde, Daß sie ganz zu Feuer werde, Opfert sie sich zum Kometen, Wird mit Drohn die Ferne röthen, Kreutzend durch des Nordlichts Strahlen, Hoch erhöhet unter Qualen.« Das Schicksal Muth begrüße schon die Lieb', Ganz verfinstert plötzlich sich die Sonne, Licht von ihrer Scheibe trieb, Muth hätt' ohne Lieb' wohl nichts gewonnen; Doch durch Lieb' wird's erste Nacht. Sacht, sacht! daß keines erwacht! Raserei ergreift die Frau, Als sie aufwacht und von einer Schlange Ihren Mann umfangen schaut, Ohne ihn sie wär' in Angst vergangen; Er faßt die Schlang' entzückt, Es glückt! die Schlang erdrückt! Also schleicht des Krieges Wuth, Zwar verkündet von der finstern Sonne, Doch vergessen von dem Muth, Mitten in der reinen Liebe Wonne, Läßt der Muth nicht länger ruhn, Wach auf! Was giebt's zu thun? Der Muthwille Wißt ihr, wie ich möchte ziehen In die Stadt, wo Liebchen wohnt, Ach, wohin ich oft geschrieen In den Wind, ganz unbelohnt: Wie weit ist die Zeit! Nicht als Pilger, nicht als Sänger, Nicht wie Geister unsichtbar, Nicht wie Vögel, nein viel länger Blieb' ich da, weit über's Jahr: Wie weit ist die Zeit! Nicht mit Blumen, nicht mit Bändern Schlich ich hin vor Liebchens Thür, Sehnsucht opfern alle Länder, Singen blühend hin zu ihr: Wie weit ist die Zeit! Nein, als Sieger möcht' ich ziehen, Sprengen auf die Thür zum Scherz, Wie die Bombe springend glühen, Durch den Mund ihr in das Herz: Wie weit ist die Zeit! Um von unten auf zu dienen, Meint ihr, wär' ich nun zu alt, Obenein möcht' ich verdienen So die himmlische Gestalt: Wie weit ist die Zeit! Wenn ich mit dem Säbel klopfe, Liebchen macht die Thüre auf, Und sie kniet, hat Angst im Kopfe, Sie als Krone höb' ich auf: Wie weit ist die Zeit! Setzte sie auf meinen Scheitel, Trüg' wie Atlas meine Welt, Alle Welt schien mir dann eitel, Und ich wär' der einz'ge Held: Wie weit ist die Zeit! Die Bekehrung Wer nie mit wilder Faust An die eherne Glocke geschlagen, Worin der Geist gefangen haust, Dem wird nimmermehr Ruhe zusagen, Der hört noch nicht, Der sieht kein Licht, Er wähnt sich Gott, Weiß viel von sich zu sagen. Wem nie das Herz zu schnell In den forschenden Geist eingeschlagen, Der sieht am lichten Tag nicht hell, Der wird über die Zeiten hinjagen, Der hört noch nichts, Der sieht noch nichts, Er wähnt sich Gott, Bis er sich überschlagen. Wem nie ging aus die Luft, Wenn er fliehend viel Tausend mitrissen Wo Leichtsinn zu den Waffen ruft, Der bleibt immerdar ohne Gewissen; Der hört nur sich, Der sieht nur sich, Der wähnt sich Gott, Hat küssend sich zerbissen. Wem nie mit Liebesmacht Beide glühende Arme gezogen, Bis sie entwichen, er verlacht Von stockfinsteren Nächten umzogen, Der hört mich nicht Aus Zuversicht, Der meint sich Gott Und hat sich Lieb' gelogen. Wer sonst der Welten Lauf Auf der eigenen Fährte sich dachte, Sieht nun verwundert auf, Wieviel größer sich alles rings machte. Der hörte nicht, Der sähe nicht, Der meinte Gott, Daß er das Glück verachte. Die blinde Leidenschaft Ehret der klagende Mensch in dem Staube; Sie führt dich an mit deiner Kraft Auf Klippen den Vögeln zum Raube, Du hörst dich nicht, Du siehst dich nicht, Du fühlest Gott Und betest nun mit Glauben. Wer lernen kann, der lebt, Der nur immerdar leben wird bleiben, Und die in allem wieder lebt, Die Sonn' wird ihn nun höher noch treiben, Er hört in sich Nur dich, nur dich! Er schauet Gott Und wird in Gott verbleiben. Warnung Ufer von Sand, du rauschend verschwiegne Öde Zermalmeten Gebeins, Ich flieh dich nicht so schnöde! Ich wähne und ich mein', Daß ich den Strom noch sehe, Er war so hell und blau, Die Fischlein sah ich gehen, Und was ich nunmehr schau! – Felsen von Eis voll Wiederhall ohne Stimme! Wo ist mein altes Haus. Verscholl'n in deinem Grimme, Zerschmettert in deinem Graus! Zerrissen flattert die Decke Des blauen heitern Saals, Schwankt über sich im Schrecke, Euch schaue ich zumal – Hohläugig weiße Gasse, die verstellte, Du flüssiger kalter Stein, Das Licht erlischt von Kälte, Da giebt's nur leeren Schein, Des Sandes Körner sinken Wie helle Sternensaat, Und allesammt ertrinken In der getäuschten Stadt. Willst du im Zufall deine Hoffnung schauen, So laß die Kräfte frei, Mußt eigner Kraft vertrauen, Die fremde ist nicht treu; Willst du der fremden trauen, Saug ein den Siegerstrom, Im neuen Land laß bauen, Den neuen höhern Thron. Willst du das Eis im Strom noch träge wähnen, Wenn schon der Strom erwacht, Eis wird an's Land zu lehnen, Durchreißen in die Nacht. Im Sturm kein ruhig Leben, Er wühlt dir schon ein Grab, Du mußt dir Dämme geben, Sonst reißt er dich hinab. Willst du versöhnen, was im Sturme tobet, Der Sturm belebt die Welt, Und wen die Welt nur lobet, Ist der, der sie erhält; Entschlag' dich den Gedanken, Den Sturm löscht Gegensturm, Die Sonne steigt ohn' Wanken, Glänzt hell am kleinsten Wurm. Winke mir nicht zu gehn und still zu schweigen, Wirf keine Muschel hin, So lang' noch etwas dein, ich will nicht scheiden, Es lieget mir im Sinn, Daß müde meiner Klagen, Erdrückst den Treuen dein, Dir Vaterland zu sagen: »Siehst du des Wahnsinns Schein?« Tod der kleinen Prinzeß Wunderbar nenn' ich den Tod und gütig möcht ihr ihn preisen, Der das fürstliche Kind, eingesungen so früh, Von der traurigen Zeit erkannt' es nur wechselnde Farben, Flüchtend am öden Gestad', lacht es ins schwankende Meer. Vernstein gab ihm das Meer zum Spielen mit lieblichem Weihrauch, Steine der Krone die fiel, legt es zerschellet dabei, Also erblickte es froh das Ende des ödesten Landes, Sah das Jenseit der Welt, schön von Fluthen umtanzt. Sah Paradiese von fern, so nennen nur Preußen die Öde, Ihm erschien es so schön auf dem schwebenden Sarg, Denn im Schiffe da blies ein Engel auf eilendem Sturmwind Seine Seele ihm aus und das Kindlein verschied. Lieblich lächelt es noch, als sähe es Himmelsgefilde, Hörte Sirenen im Meer, glückliche Völker am Land, Rauh wir finden dies Land, umstürmet umfluthet von Schrecken, Es schlief ruhig davor, wie der Schiffer am Mast, Es schläft ruhig am Land, wenn drüber ihr Feinde auch tobet, Habt ihr selber nicht Lust, so zu ruhn wie das Kind? Einz'ge Bewohner des Strands, ihr ewig klagenden Vögel, Stürzt euch ins stürmende Meer, nicht erweckt es der Schrei. Trauerstimmen Wenn die Vögel aufwärts steigen, Hebt sich, schwindet ihr Gesang, Meint ihr, daß sie droben schweigen? Wir nur hören nicht den Klang. Ich sog das erste Leben Aus warmer blauer Luft, Aus blumenfrohem Duft Der Freude hingegeben. Die Wolken zogen trübe, Der hohe Glanz verschien, Da ward mir so viel Liebe, Der Himmel drin erschien. Da leb' ich erstes Leben, Bei euch wie süßer Duft, In Stellen warmer Luft, So werd' ich euch umschweben. Wenn die Blüthen sind verblühet, Flieget weit der Blüthenstaub, Daß die weite Welt erblühet, Sinken Blüthen in den Staub. Regnet es in schöne Blüthe, Sinket sie uns ohne Frucht, Morgenlicht so hell verglühte, Schönes Leben ruht in Flucht. Der Fürst mit dem wunderbaren Saitenspiele Der Fürst ging in den Garten Mit seinem Saitenspiel, Und aller Augen warten, Der schönen Blumen viel; Er ging vor sich spazieren Und sang bald dies, bald das, Und konnt' sie alle rühren, Die Augen wurden naß. »Das Nest ist ausgenommen. Der Adler mußte fliehn, So weit ist es gekommen, Und ich muß weiter ziehn.« Die Bäume ließen fallen Der süßen Früchte viel, Es mußte wohl gefallen Das edle Saitenspiel. »Kein Glück, das ewig währet, Kein Thau am Mittag liegt, Der Becher wird geleeret, Der hellste Ton verfliegt.« Rings sammeln sich so viele Der Vögel allgemach, Auf jedem Blätterstiele Saß einer, sang ihm nach. »Ihr Vögel könnt wohl spielen, Ihr habt kein Vaterland, Was würdet ihr nicht fühlen, Wenn euer Nest in Brand.« Ein Vogel kommt mit Springen Und springt ins Saitenspiel, Er sinkt hinein mit Singen, Wer das kann, hat noch viel. »Mein Vogel sitzt im Boden, Des regen Saitenspiels, Es hebet sich dein Odem Voll ähnlichen Gefühls.« Er singt durch's Saitengitter: »Ich ruhe wie im Nest, Hoch über ein Gewitter Durchzittert alle Äst'.« »Wo ist der Hirt der Heerde, Die Heerde irrt herum, Und jegliche Beschwerde Trüg' sie doch gern darum.« Die Heerde hört ihn singen, Der Glocken klingen viel, Doch all' zusammen klingen, Just wie das Saitenspiel. »O leichte Kunst Regieren, Zieht andre Saiten auf, Der Scepter muß sie führen, Blies er als Pfeife drauf.« Die jungen Lämmer tanzen Nach seinem Pfeifen gleich, So geht die Welt im Ganzen Und auch im größten Reich. Der Fürst ließ gern ihn singen, Den Vogel nimmt mit fort, Das Herz wollt ihm zerspringen, Ihn sah kein andrer dort. Dort strömen seine Klagen Gleich wie ein schneller Bach, Die raschen Wellen jagen Und ziehn das Grün sich nach. »Mein Sohn liegt krank darnieder Von dieser harten Flucht, Hab' ich mein Kind nur wieder, So hab' ich, was ich sucht.« Da klang das Echo wieder: »Wenn du mich hast besucht, Nichts schlüge dich mehr nieder, Die Krankheit schlag' in Flucht.« »Schlag' an die Schmerzenstöne, Was nur dein Herz beschwert, Das athmet all versöhnet Vom hohen Opferheerd; Recht wie ein Opfer flammet Zum Himmel für den Sohn, Dein Lied der Brust entstammet Und dringet leicht zum Thron.« »Das könnt ihr schönen Töne, So ruft der Wiederhall, Das kann auch mich versöhnen, Daß ich ein bloßer Schall!« Der Sohn kam da gegangen In seinem Krankenkleid, Das Fieber war vergangen, Er spielte neu in Freud. Die Fürstin kam ganz leise, Umfaßte beide mild, Der Wald sang eine Weise, Als wär's ein Wunderbild So muß es immer bleiben Hier sei ein Stillestand, Wer will die Zeit vertreiben, Die all dies Glück gesandt. Ein Bote kommt gegangen: »Dich höret unser Feind, Vom süßen Ton befangen Und gar kein Schwert erscheint.« Da ward im Volk ein Singen. Ein Rufen, lebet hoch, Daß alle Saiten klingen, Die Ohren klingen noch. Sie klingen nicht von Schwänen, Nein, wie die Äolsharf, Bald freudig bis zu Thränen, Wie es das Herz bedarf. Kein Sturm kann sie zersprengen, Ihr Ton ist nie zu schwach, Der Sturm weicht den Gesängen, Die tief im Ohre wach. Hoffnung des Zusammentreffens Waldige Hügel, grüne Auen, Frühlingsheimath, heimisch Glück, Freude, endlich euch zu schauen, Freude strahlet ihr zurück. Sieh wie dein befriedigt Lächeln Ziehet über'm grünen Wald, Und die Winde dich umfächeln, Alles dir entgegenschallt. Wie der Frühling wieder waltet, Neu gestaltet ist mein Glück. Weiße Unschuld sich entfaltet, Hell in deinem frohen Blick. Unschuld findet hier den Frieden. Frieden finden hier die Müden. Alle Waffen sanken nieder In der warmen stillen Flur, Ew'ge Feinde wurden Brüder In der himmlischen Natur. Keiner kann sich mehr begreifen, Was ihn hielt in Stahl so fest, Nun sie leicht durch Wälder schweifen, Baut die Taub' im Helm ihr Nest. Als wenn gar nichts wär' geschehen Sieht das neue Grün uns an. Pfauen stolz die Farben drehen, Sehen drauf die Blumen an. Diesen Baum hab' ich gepflanzet, Diese Blumen rings gesät. Die der Schmetterling umtanzet Und der Duft zum Himmel weht. Unvergänglich ist Vertrauen. Sehnsucht kennen nur die Frauen. Blätter dringen zu dem Himmel, Worte dringen aus dem Mund, Sel'ge Fülle, froh Gewimmel, Grün ist Hoffnung, Freude bunt. Wie die Farben niedersinken Von dem Himmel tagelang, Alle Wesen froh sie trinken, Ach so such' ich Hoffnung bang. Und ich muß hier niedersinken Hier an meiner Rasenbank, Betend zu dem Himmel winken: Bleibt der Vater denn noch lang? Fromme Priester, heil'ge Bäume, Alte Freunde bleibt ihr stumm? Hörst du nicht der Vögel Träume, Und der Bienen Sum, Sum, Sum? Nein der Vater müßte kommen, Daß mich freute der Gesang, Bienenfleiß ist mir willkommen, Daß der Tag nur nicht so lang. Mach' uns beide nicht beklommen, Frühlingsluft macht schon so bang. Wie in den gewohnten Orten Mir des Vaters Bild noch weilt, Und ich meine, daß von dorten Er schon grüßend zu uns eilt. Sieh die Bilder in dem Bache, Jedes Bild hat seine Blum'. Schwimmend Auge, wache, wache, Balde kehrt er zu uns um. Wenn es doch recht bald geschähe, Sag' es Kukuk in dem Wald. Kukuk rufend in der Nähe, Wie von Vaters Stimme schallt! Schmerzen wußt' ich zu ertragen, Aber diese Freude nicht. Frühling hilf mir Freude tragen, Daß mein Herz davon nicht bricht. Die Wahrsagerin Vater von allen, Was soll ich flehen? Klagen erschallen, Müde Seufzer ergehen; Woher der Wind mag wehen, Wohin die Fahnen stehen, Fürchten und Hoffen, Donnernd steht der Himmel offen. Was soll ich beten, Bittend abwenden? Über dem Beten Schon mit uns kann es enden. Woher die Boten kommen, Sind alle schon beklommen, Fürchten nicht Hoffen Lebet in der Erd' verschlossen. Löse entbinde Meine Geschwinden Über dem Winde, Ahndend Schicksal zu künden! Bin meines Schicksals müde, Der Zauberkessel siede, Fürchten und Hoffen, Brause zu der Erde offen. Lasse die Karten Friedlicher fallen, Menschlich wir warten, Halten's zürnend mit allen; Wer kann Vernichten künden, Es weht in allen Winden, Läßt sich nicht bannen, Thränen von dem Himmel rannen. Blaugrüne Reihen Drängen wie Wellen, Fürchterlich dräuen, An der Küste zerschellen! Ich kann nicht Sieger finden! Ein Geist will sich verkünden! Alle betroffen! Schrecken scheidet Streit und Hoffen! Keiner geht weiter, Alle beklommen; Wer ist der Streiter, Der für uns kommen? Um den wir all' noch weinen, Er führet an die Reinen, Über den Höhen Könnt ihr ihn als Stern schon sehen. Reißen im Eise Drohende Spalten, Endet die Reise, Laßt gewarnet euch halten! Es stürzt ein Sturm die Wälder Und trennt die blut'gen Felder; Nein ich vergehe, Über'm Sehn vergeht das Sehen. Vater von allen, Was soll ich flehen? Klagen erschallen, Schmerzensseufzer ergehen, Woher der Wind mag wehen, Wohin die Fahnen stehen, Fürchten und Hoffen, Donnernd steht der Himmel offen. Nächtliche Feuer, Feindegetümmel, Stören die Feier, Stürmten gern den Himmel. Er läßt sich nicht erstürmen, Die Fahnen stehn auf Thürmen. Gott wird sie halten, Wird der Feinde Wuth erkalten. Löse in Ruhe Menschlich Geschäfte, Winter umthue All' sünd'gende Kräfte, Mit kalter weißer Decke, Daß Unglück sich verstecke, Augen voll Thränen Mögen sie in Unschuld wähnen. Fliehen die Feinde, Brennen mit Lachen Tobende Freunde Hirtenhäuser zum Wachen; Vom Heerd ist nichts geblieben, Die Heerden sind vertrieben. Lieber Gott! schreiend, Flieht der Hirt dem Himmel dräuend. Lämmlein, von allen Einzig ihm blieben, Wölfe anfallen, Kommend witternd von drüben, Sie sind vom Wind geladen, Die Todten zu begraben, Heldenlied schweiget, Heulend sie der Wolf umreiget. Schon ist vergessen Eigenes Leiden, Nimmer vermessen Stör' ich ahndend die Freuden. Und sollt' es auch geschehen, Ich will's voraus nicht sehen, Fürchten und Hoffen, Wie mir steht die Zukunft offen. Wisset es glühet Heilig im Sitze, Über mir ziehet Kühlung labend im Blitze, Die Thränen fallen alle Im Becher ein mit Schalle, Trink' sie du Rächer, Schrecklich ist ein Thränenzecher. Lächelnd verzweifeln Ist ein Entsetzen Nicht in den Zweifeln Ist des Zaubers Ergötzen, Die Sterne stehen feste, Es geht noch all auf's beste, Glaubet dem Hoffen, Bläulich steht der Himmel offen. Auge der Liebe Über den Schlachten, Nimmermehr trübe, Laß dich wieder betrachten, Wie von Erinnerungen Von Sternen so durchdrungen, Glauben und Hoffen Hält dich segnend für uns offen. Die Elfenkönigin bei der Taufe Brennen die Lampen am Morgen noch alle, Löschen die himmlischen Sterne bedacht, Nach der Hochzeit lautem Schalle War das Schloß sehr schlecht bewacht. Doch ein Geist wacht über alle, Amor wachte diese Nacht, Liebet einer, lieben alle, Und so ward die Zeit vollbracht. Seht Ungeduld ungenügsamer Freude, Alle die Bäche reißt an sich der Fluß, Wo recht glücklich sind zwei beide, Wird die Welt ein Mitgenuß. Blumenflur und dürre Haide, Alles dränget sich zum Gruß, Doch die Welt vergessen beide, In dem nächsten längsten Kuß. Größter der Höfe bei glücklichen Seelen, Bäume sich drängen zum Schatten so dicht, Und auf ihren Wipfeln fehlen Auch die holden Sänger nicht. Unbemerkt sie selber wählen, Einsamkeit zu ihrem Glück, Denn geschaffen sie zu quälen Ist der Neugier kalter Blick. Leuchtend der Sonne entgegen sie treten, Steigend aus erster und seligster Nacht, Morgenwinde leise wehen, In der hellen Purpurtracht. Als das Licht von Nacht geschieden, Freute sich erst recht die Welt, Denn es giebt nun einen Frieden, Der ein doppelt Glück enthält. Gluthen der Unschuld ihr himmlischen Flammen, Wie ihr durchstrahlet die Fürstin so licht, Daß wir noch von Gott herstammen Zeigt des Fürsten Angesicht. Himmel ist und Erd' beisammen, Küsset er ihr süß Gesicht, Seht ihr wohl die heil'gen Flammen, Auf dem Scheitel über Licht. Ungenügsam bist du immer, Nimm auch diese Rose hin, Meine Myrthen sind in Trümmer Zeige die den neuen Sinn. Glücklich bist du dadurch worden, Oder ich bin ewig arm, Und der keusche Blumenorden Macht mich roth und macht mich warm. Glücklich bin ich, wer kann's sagen, Der nicht glücklich ist wie ich, Und ich fühl' in diesen Tagen, Wie ein Kind so denk' ich mich. Selig saug' ich junges Leben, Nun mich Schönheit wieder schützt, Glück ist mit dem Tag gegeben, Nächte fröhlich hell durchblitz. Also wie ich niemals dachte, Schlummernd blieb Erinnerung, Was ich nimmermehr dir sagte, Weil es niemals wiederklung. Also war mir in der Wiege, Und ich denk's zum ersten mal, Als in jenem Schreckenskriege Ich vernahm so süßen Schall. Wie er zu mir war gedrungen Ahndete ich damals nicht, Wer von Herzen hat gesungen, Aus dem Himmel zu uns spricht. Leise hört' ich sie und sachte Wie ein ferner Erntekranz, Der den Dank dem Herren brachte Bei der Sensen hellen Glanz. Blut'ger Zauber war vertrieben Und die Stimme kam mir nah, Mich zu herzen, mich zu lieben, Ich der Mutter Schwester sah. Jene Königin der Elfen Kam zum Schutz zurück ins Land, Mich zur Taufe zu verhelfen, Mich heut segnet ihre Hand. Elfenbein mit Adernbläue Und mit Steinen wunderbar, Und ihr Kopf in hoher Freie Und ihr Auge sonnenklar. Und wie sie sich auch mag wenden, Immer schöner, immer schön, Wie der Demant an den Händen Rein und durch und durch zu sehn. Kindlich ihre sanfte Mienen, Und ihr Wesen gnadenreich, Spielend schon wollt ich ihr dienen, Und doch schien sie mir so gleich. Alles blieb mir in den Sinnen, Doch vor allem blieb ihr Sang, Sah ich doch die Töne rinnen, Wie ein Quell der allen sprang. Mit Entzücken einzusingen Sang sie aus der Ferne her, Die Entzücken mich durchdrangen, Als wenn ich im Himmel wär'. Gleich als ob ich dort erzogen, Heute klingt ein Wiederhall, Und des Blickes Farbebogen Spannst du fesselnd überall. Deine sanften Kinderblicke Von der hohen edlen Stirn, Dieses Lächeln von dem Glücke, Kann wie damals mich verwirrn. Also schimmerten die Töne In mein dunkles Zimmer hin, Ewig sah ich nun das Schöne, Denn ich sah die Königin. Ach wo ist sie doch geblieben, Tanzt sie mit der Elfenschaar, Wohl auf jenen Blumen drüben? Klingen blaue Glöckchen klar? Sie versucht nur ihre Schritte Und es ist ein hoher Tanz, Und aus ihrer Elfen Mitte Ragt sie mit dem Lilienglanz. Wie erleichternd Seufzer klingen, Klinget es mir in das Ohr, Die durch Äolsharfen dringen, Und kein Ton sich drinn verlor. Wie ich war so bang beklommen, Eh' ich Liebe dir bekannt, O so hat sie weggenommen Sorge von dem weiten Land. Wo die Schönheit sich verweilet, Drehte sich das Weltgeschick, Und zurück zur Erde eilet Das zum Himmel flücht'ge Glück. Krank war sie hinweg getragen, Blühend kam sie da zurück, Wer das Unglück kann ertragen, Der versöhnet sein Geschick. Glücklich bin ich ohne maßen, Heut in jenem alten Glück, Und in dir glaub' ich zu fassen, Was mir damals nur ein Blick. Und du taufest mich hier wieder, Feurig kühl mit Rosenglanz, Und durch deine Augenlieder Seh' ich selig mich so ganz. Du bist einer jener Töne, Die sie in die Welt gesandt, Daß mein Schicksal sich verschöne, Kamst du Kind aus fernem Land. Schönheit ist ein himmlisch Zeichen, Eine Krone wunderbar, Keine Macht kann sie erreichen, Nur auf Liebe sinkt sie wahr. Ja der Herr hat sie gegeben, Und der Herr nimmt sie zurück, Immer neuer Schönheit Leben Knüpft uns an's vergangne Glück. In der Schönheit Rosenketten Sticht sich nur die rohe Welt, Ungeheuer kann sie ketten, Glücklich frei fühlt, spielt darin der Held. Die traurige Wasserfahrt Saß ich wie jetzt auf der Weide Wohl über den blanken Teich, Wo ich die Pfeifen schneide, So lang' ich Rohr erreich; Abend mit kaltem Flügel Das letzte Rohr mir bricht, Bestreicht den Himmelsspiegel Und auch mein Angesicht. Mitten aus Nebelhülle Drang damals ein goldnes Schiff, Rings lastet flüsternde Stille, Auf Wiesen ein Schnarrvogel pfiff, Wollte doch nichts gelingen, Im Schiffe sie blieben so still, Drei Völker drinn saßen zum Singen, Doch jedes was anderes will. Grün war das Volk, das eine, Das andere war schon ganz roth, Und blau, so ging das meine, Beschirmten der Königin Noth; Seufzten so tief die Ruder, Sang droben ein Kranichzug; »Komm mit, du armer Bruder, Hier bleiben schon genug.« Stritten sich jene noch immer, Die himmlische Königin, Sah fröhlich in die Schimmer Und sah nicht auf Zeichen hin, Sah ich's doch an dem Grünen, Es schwankt und knickt wie Rohr, Das Roth war auch verschienen, Die Himmelsbläu hielt vor. Also vom bunten Bogen Die Königin saß umringt, Wie Regen kommt durchgezogen, Ein Nachen im Dunkel singt: »Dumpfig und schwermuthvoll Geläute, Du einzige letzte Gab', Dein warten junge Bräute, Der Bräutigam hat kein Grab.« Keiner ihn wagt zu stören, Doch wird es da allen kalt, Nur sie kann ruhig hören, Was traurig schön erschallt; Himmlisches Loos der Frauen, Sie dulden stets ohne Schuld, Den Leiden sie vertrauen, Wie naher Himmelshuld. Also sie ist mir blieben, Nie schöner ich je sie schau, Kein Zeichen konnt' betrüben Die unschuldvolle Frau; Wär' noch ein Mensch auf Erden, So mahlt' ich ihr Gesicht, Doch es soll keinem werden, Mein Weidenast mir bricht. Abschied Heimlich und versteckt dem Kriege Zog ich diese liebe Blume, Darum trägt sie alt bekannte Züge, Aus des Friedens Heiligthume. Bald werd' ich nun weiter ziehen In das Feld der hohen Ehre, Sehn nicht wo unten Blumen blühen, Wo ich trete, ich zerstöre. Werde ich den Lorbeer finden, Der beschattet, was ich störe? Blume, kannst du ahndend mir verkünden, Ob zu dir ich wiederkehre? Ach wer schützt dich liebe Kleine, Wird die Sonne immer scheinen? Ach sie flüstert: »Bleib' ich so alleine, Muß ich in den Thau noch weinen.« »Ja,« sie flüstert innig leise: »Dieser Tag ist die Verklärung, Und zwei Sonnen leuchten dir zur Reise, Sind vom Frühling mir Bewährung.« Deutend seh ich deine Augen, Leg' die Blume dir zu Füßen, Laß in deinem Blick sie Frühling saugen, Magst du mich darin begrüßen? Ja mit diesen beiden Sonnen Hast du heut die Welt begrüßet, Laß auch diese Blume sich drinn sonnen, Daß im Duft sie überfließet. Bin ich einmal wiederkommen, Wenn ich niemals wiederkehre, Bin ich ihretwegen dir willkommen, Oder sie die letzte Ehre. Kennst du das Land, wohin du Freund willst ziehn, Der Boden wird dir unterm Fuße glühn, Kein sanfter Wind vom trüben Himmel weht, Und ein Gewitter überm Haupte steht, Kennst du es wohl? Glück auf! Glück auf! Wir hielten gern dich länger bei uns auf. Kennst du das Haus, zwar niedrig ist sein Dach, Doch offner Tisch, ein Bette im Gemach, Und schöne Kinder stehn und sehn dich an, Warum gehst du die rauhe Kriegerbahn? Kennst du sie wohl? Glück auf! Glück auf! Wir hielten gern dich friedlich bei uns auf. Kennst du den Teich und seinen Spiegelglanz, Der bunten Blumen ringsgeflochtnen Kranz, So wie der Spiegel, so ist alles Glück, Bald rauh, bald platt, das nennen wir Geschick. Kennst du es wohl? Glück auf! Glück auf! Erfaß das Glück in seinem schnellen Lauf. Kennst du uns wohl, so kennen wir dich auch, Ein Abschiedswort ist unter Freunden Brauch: Ja denk an uns, wenn es dir wohl ergeht, Vergiß uns nicht, wenn es dir übel geht. Kennst du uns wohl? Glück auf! Glück auf! Besteig dein Pferd und reite fröhlich drauf. Liebes Kind, du forderst eine Locke, und ich schneide sie so gern mir Ab, denn fühllos ich sie meine Immer, sie gehöret nicht zu mir. Keines weiß von allen diesen Haaren, was darunter trieb zu Qual und Lust, die Farbe will verschießen Keinem, weiß ist keines noch zur Stund' Grünet doch noch wie in andern Jahren, jenes Schlachtfeld, das verschließt ein Volk; wie viele werden wandern Drüber, keinem fällt die Schlacht da ein. Liebes Kind, so mag dir eben Scheinen, was jetzt neben dir bewegt die Welt, darauf nicht acht zu geben Brauchest, Schauer leicht dich faßt wie sie. Leicht! wie in den Haaren ziehen Schauer, dir vorüber bei des Schauspiels Trug, die Lebensflammen glühen Sichrer, nach dem Fieber des Gefühls. Sicher wird mein Haar dir halten Farbe, wenn auf mir es mir schon untreu Wird, in diesem Sturme walten Immer, jenes immer bei dir sei. An dem Halse wie in Hafen Ruhe, zwischen Gläsern in kristallner Fluth; die Blicke, die es trafen Glühend, fallen in das platte Meer. Geduld bricht Rosen Was soll ich noch erleben? Wär' mir's bekannt! Mein Vaterland Muß ich schon überleben. Dir wird die Liebe geben Ein schönres Vaterland. Der ich beim ersten Blicke Mein Leben schenkt, An mich nicht denkt, Die Liebe folgt dem Glücke. Daß Liebe dich entzücke, Nur Gottes Sohn dir schenkt. Die Feinde hör' ich schießen, Die Lieb' mich flieht, Nicht mit mir zieht, Herr Christus laß dich grüßen. Sieh seine Wunden fließen, Doch er so mild dich sieht. O trockne meine Thränen In deinem Strahl, Befrei von Qual, Wenn unerhört mein Sehnen. Er beugt das Haupt nur denen, Die in der Frommen Zahl. Er beugt das Haupt den Klagen, O Wunderton! Die Dornenkron' Auf's Haupt mir fiel mit Plagen. Die Kugel sahst du schlagen Nach Gottes Sohn! Sie nahm ihm Dorn und Schmerzen, Ich leid' für ihn, Wie froh und kühn Bin ich im stillen Herzen. Kannst du dein Leid verschmerzen, So werden Dornen blühn. Die Knospe fühl' ich glühen, Die bald aufbricht, Ich fühl' mich licht, Da Dornenrosen blühen. In allen Lebensmühen Geduld die Rosen bricht. Einsamkeit Wird mir von Trauerlarven Die Straße gar bedrängt, Und fühl' ich Schmerz den scharfen, Wie er den Hals beengt, Dann leg' ich den Kopf in den Rachen Von meinem zahmen Leu, Und lieg' da wie im Nachen Und laß mich treiben frei. So ruh' ich in den Schranken Der reichen Einsamkeit, Und sehe in Gedanken Noch über meine Zeit; Da kann ich der anderen lachen Und schrecklich lustig sein, In meinen Schreckensnachen Dringt nie das Schrecken ein. Da will ich ruhig bleiben Und schreiet auch die Welt, Der Leu will dich entleiben Und sich nur ruhig stellt; Er wird mich doch nimmer erdrücken, Doch läßt er mich nicht los, Bis er mir mit Entzücken Zeigt meine Hoffnung groß. Mag auch sein Auge funkeln, Er schrecket euch zurück, Ich ruhe hier im Dunkeln Und finde hier mein Glück; Entsteig' dann geblendet dem Rachen, So helle war mir's nie, Die alten Freunde lachen, Weil ich den Mund nicht verzieh. Wo bin ich hingetrieben, Dies ist der alte Baum, Er ist noch grün geblieben, Und größer ist er kaum; Den Freunden erzähl' ich mit Freuden Nun manchen lust'gen Streich, Und auf das bittre Leiden Leg' ich die grünenden Zweig'. Wo einer ist erschlagen, Legt jeder grüne Zweig'. Doch wo ein Volk geschlagen, Da lacht ein jeder gleich; Nicht schmerzliches Lachen zu sehen Bedeckt der Schmerz mein Aug', Wenn eisende Winde klar wehen, Da trübet sie mein Hauch. So sollen alle wecken, Empfindung, die verlacht, Und die Empfindung necken, Wo sie sich überwacht: Dann kehrte das sichere Wetter Zu unsrer Erd' zurück, Und alle wären Retter Von unserm alten Glück. Die Wetterfahne Viel Fahnen sind verloren, Doch eine ist erkoren, Sie schwebt noch obenauf Und zeigt der Stürme Lauf. So steht die Wetterfahne, Daß sie uns all' ermahne Zu künft'ger Wachsamkeit, In Leid und auch in Freud'. Sie drehet sich geschwinde, Und steht doch fest im Winde, Es spielt drinn der Wind, Wie ein unartig Kind. Er kommt nicht, wenn wir glauben, Doch steht die Fahn' im Glauben Auf eines Kirchthurms Spitz Und leitet ab den Blitz. Das Glück kann Gott nur geben, Die Sonne will sich heben. Die Fahne klirrt in Glanz, Das Wetter ändert ganz. Und wo die Thränen flossen, Die grünen Blätter sprossen, Die Blüten allzumal, Ich grüß dich freundlich Thal. Ich grüß dich von der Höhe, Vom Thurme weit ich sehe, Ich seh' der Erde Rand, Die Wellen ohne Stand. Hoch auf des Thurmes Zinnen, Will ich den Geist gewinnen, Daß er mir frei und klar Das Schicksal sage wahr. Das Land ist aufgeräumet, Das Meer hat ausgeschäumet, Die Taub' den Ölzweig bringt, Ihr armen Völker singt. Laßt euer Lied ertönen, Den Erdkreis zu versöhnen, Gott in der Höh' sei Ehr', Er straft euch nun nicht mehr. Gott hat von uns entrücket Den Feind, der uns erdrücket, Die Vögel singen laut, Daß sie den Herrn geschaut. Verschiedenheit 1808. Wie Ketten, die in Höllengluth verbunden, So schaute ich in unsrer Zeit die Bösen, Die Guten sind gefesselt und geschunden Und jeder möchte sich daraus erlösen, Doch keiner kann den anderen verstehen, Und einzeln müssen sie zu Grunde gehen. Woher der Bösen Macht, der Guten Schwäche? Es trockneten des Glaubens Segensbäche Im Glücke aus, und nun das Unglück kommen, Hält Zweifel eure Herzen noch beklommen, Ihr theilt euch zwischen Gott und eurem Zweifel, Und jene sind ganz eins mit ihrem Teufel. Der Sklave Ihr Götter! wenn ich schwebend Nah' euerm heil'gen Kreis, In euern Wolken strebend Euch ahne auch schon leis: Wer wagt die goldnen Flügel Zu reißen tief herab, Bis zu dem dunkeln Hügel Wo nüchtern gähnt mein Grab! Die Furcht macht Luft so dünne, Die Federkron fiel aus, Eh' ich mich recht besinne, Wo euer festes Haus! Ein Sturmwind kommt geflogen, Nimmt mich auf seinen Arm, Hat mich hinab gezogen Zum Winter kalt und arm. Ich lieg' an dürrem Boden, Das Aug' schließt sich beschämt, Gehemmt ist mir der Odem, Mein Flügel war gelähmt; Der Frost bestrickt mit Eise, Die Federn leicht und frei, Aus ist es mit der Reise, Der Jäger kommt mir bei! – Der Hund mich schlau umstehet, Und bellt und lockt den Herrn, Der Jäger eilender gehet, Nimmt mir die Freiheit gern; Er legt mir um die Augen Die Kappe eng und dicht, Kann nicht die Flügel brauchen, Ich sehe ja kein Licht. Zieht dann mir ab die Kappe, Ich denk', nun bin ich frei Und flücht von seinem Stabe, Zu euch ihr Götter treu. Von seinem Ruf bezwungen Aus freier Luft ich raub' Die fromme Lerch', gelungen Ist mir der freche Raub! Das ist der Knechtschaft Schande, Daß ich gezwungen bin, Zu legen in die Bande Auch andrer Freien Sinn! So klagt der Falk' mit Trauern, Da rief sein Herr ihm bald: Du klagst! – nun sollst du lauern Auf deine Jungen im Wald! Der Falke wollt sich wehren; Er stand in Herrensold, – Die nackte Brut muß er stören, Dem Herrn er sie zitternd holt. Sie sind mir noch nicht flügge, Doch dien' dir dies zur Lehr': Jetzt nimm sie noch zurücke, Und meine Großmuth ehr'! Schill 1809. Alle Straßen stehen voller Leute, Keiner sieht den Andern an, Wie viel Thränen fallen heute Um den einen Mann, Doch von Tausend war nicht einer Der ist wie Schill, nein keiner, keiner; Wenn für uns der Herrlichste gefallen, Wofür leben wir in Schand', Laßt die Feuerglocken schallen, Zeigt der Liebe Brand, Daß sie in der Gluth der Rache Ihm die Todtenfeier mache. Scharfe Sensen hebet zu dem Streite, Eure Hände hebt empor, Betet, daß euch Gott begleite, Allesammt im Chor, So wie Schill vor's Thor, Und dann frisch mit Gottes Segen Gleich dem bösen Feind entgegen. Allen Deutschen hat es Schill beschworen, Jeder Deutsche lebe frei, Die sich ihren Tod erkoren, Ihrem Lande treu, Aber nicht wie Opferthiere fallen Fremden Götzen zu Gefallen. Hundert Meilen ist er hingezogen, Aus Chursachsen nach Stralsund, Zu verkünden, wie betrogen Die im Rheinschen Bund, Daß sie nur Franzosenknechte Zeigt er ihnen im Gefechte. Hört, es schlug bei Todtendorf so prächtig, Hieb mit seiner Reiterei Die Franzosen, die so mächtig, Ließ Westphalen frei, Daß sie alle Ohren dann verkünden, Wie es sie vom Joche wollt' entbinden. Zeigen wollte er da allen Seinen, Die Kanonen sei'n zum Spott, Wo's die Leute ehrlich meinen, Ist mit ihnen Gott, Ihre Säbel hau'n zusammen, Alle wilde Pulverflammen Festung Dömitz hat er eingenommen Mit der Ohrfeig' ganz allein, Die die Schildwach hat bekommen, Und sie ließ ihn ein. Bei Hitzacker die Holländer, Machten sich noch viel elender. Bei Damgarten er mit Macht zerstreute Selbst das mecklenburgsche Heer, Und Stralsund vom Feind befreite, Der es drückte schwer; Hat erstürmt dreihundert der Kanonen, Die Franzosen tödtet ohne Schonen. Hier vernimmt er, daß sein König zürne, Und der Gram verzehrt ihn ganz, Ew'ge Unruh martert ihn im Hirne Und ihn drückt der Kranz; Sterben will er da mit allen Seinen, Seine Treue soll darin erscheinen. Er verweilet bis sein Schiff verbrennet, Bis ein mächtig dänsches Heer, Mit Gewalt ihn hat berennet, Fiel mancher Schuß so schwer, Bis sie ins Thor gedrungen Ist mancher Kopf gesprungen. Alle Seinen sind ihm treu gefallen, England schicket ihm ein Boot, Daß er sie einst räche Alle, Doch er will den Tod, Reitet ganz allein zurücke, Ruhig wie im alten Glücke. Ihm entgegen vor dem Regimente Reitet Genral Carteret, Und den schießt er wie die Ente, Daß er untergeht. Doch die Kugeln speihen ihm entgegen, Unsern Schill zur Ruhe legen. Lag er doch schon todt bei Vierzehnheilgen, Doch er träumte neuen Sieg, Wachte auf nach einem Weilchen, Machte seinen Krieg Mit drei Männern, die sich ihm verbunden, So genas er erst von seinen Wunden. Die Gesunden all' sich übergeben. Er, verwundet, macht sich frei, Weiß ganz Pommern zu beleben, Colberg bleibet treu. Und aus Dreien werden Tausend, Die den Feinden wurden grausend. Liegt er jetzt vielleicht an seinen Wunden, Er vergißt uns sicher nicht, Alles Glück hält seine Wunden, Wie das Tageslicht. Auf, bereitet euch zum muth'gen Streiten, Und er kommt, wird unserm Sieg begleiten. Hört! die schwarzen Rächer ziehen, Todtenköpfe vor der Stirn, Rachegluth in ihren Herzen glühen, Glühn in ihrem Hirn. Schill hat ihren Weg gebahnet, Hört ihr, wie das Horn euch mahnet Mitzuziehen euch ermahnet. Nachtfeier nach der Einholung der hohen Leiche Ihrer Majestät der Königin Eine Cantate. In Musik gesetzt von Herrn Kammermusikus G.A. Schneider; aufgeführt den 18. und 25. August 1810 im Saale des Königl. Opernhauses. An die Leser Ich erfülle die Bitte vieler Freunde dieses Gedichts, indem ich es nochmals dem Drucke übergebe. Es ist in wenigen Stunden durch die ehrenvolle Aufforderung des Königl. Kammermusikus Herrn Schneider entstanden; die Aufführung drängte, es konnte wegen dieser Eile so wenig erschöpfend sein, daß es sehr bald von mehreren Gedichten übertroffen worden; inzwischen hat es durch die frühe Bekanntmachung und musikalische Aufführung ein gewisses öffentliches Dasein erhalten. Es drückt die Volksgesinnung am nächsten aus: fremdartiger Kirchenstyl und poetische Eigenthümlichkeit sind darin vermieden und so mag es wohl als musikalisches Gelegenheitsgedicht einigen Werth behalten. Da ich es einige Tage früher verfertigte, ehe der wirkliche Einzug der hohen Leiche erfolgte, so können sich die Leser erklären, daß ich die Empfindungen des Volkes, die schönste Verklärung der Verewigten, bei dem geöffneten Sarge auszusprechen suchte, ungeachtet der Sarg gegen die frühere Einrichtung, aus dringenden Ursachen verschlossen bleiben mußte. Leicht hätte ich es ändern können. Dieses Verschließen war so rührend und ergreifend, da ich aber niemand rühren, sondern mich und andre trösten wollte, so ließ ich diese Gelegenheit, mich den härteren Herzen zu empfehlen, unbenutzt, um alle Aufmerksamkeit, alles Gefühl der guten Seite des Schmerzes, seiner stärkenden begeisternden Kraft zuzuwenden. Da jedes Gedicht, das der Musik bestimmt ist, ohne Musik seiner wesentlichsten Hälfte beraubt ist, so habe ich durch die, für die Musik ausgelassenen Zwischensätze diese Lücken nicht zu füllen, sondern zu decken gesucht. Ruhige Zeiten werden tausend bessere Lieder hervorbringen, ich bitte auf mich selbst gütig anzuwenden, was ich im Namen einiger Sänger, die in der ersten Probe durch das Rührende des wirklichen Ereignisses an der Darstellung verhindert wurden, den Zuhörern in den folgenden Stanzen zur Entschuldigung gesagt habe. Die Sänger an die Zuhörer Die Kunst versucht, die allgemeine Trauer Durch uns in Melodien zu verkünden, Wir gäben gern dem flücht'gen Troste Dauer, Wir möchten edle Liebe ewig binden; Doch hemmet unsern Sang ein ird'scher Schauer! Wir können keinen Trost in Tönen finden, Gedenken wir, wie lieblich Sie gesungen, Um deren Tod uns tiefer Schmerz durchdrungen. Wohin ist Ihrer Töne schönes Leben, Die von den Lippen sanft verbunden klangen; Sie mögen wohl die Selige umschweben, Sie sind für uns wie Jugendzeit vergangen! Sie schützte Kunst und war der Kunst ergeben, Wer schützt uns jetzt? Uns faßt ein zweifelnd Bangen, Wir könnten nicht die eignen Schmerzen singen! O möcht' in unsrer Lieb' es uns gelingen. Prolog Das erste Wort wird einem tiefen Schmerze So schwer zu denken, – schwerer noch zu sagen, Unendlich scheint der Schmerz, kein Wort genügt; Doch haben Blicke sich erst still besprochen, Da dringt der Strom, der in dem Busen dränget, Zum trüben Licht der Welt, die uns verleidet, Und reißt sie mit in seinen öden Lauf; – Vergebens sucht der Stärkste sich zu halten, Umsonst schämt sich der ernste Mann der Thränen, Die Trauer hat ihr Recht so wie die Liebe, Der Schmerz macht menschlich schwach und göttlich stark, Was alle trifft, schlägt keinen ganz darnieder. Mitleid'ger Wiederhall der öden Klagen, Aus jedem Mund, aus jedem Sinn erschollen, Du lehrest uns, daß unser Schmerz verstanden; Wir blicken alle zur Vergangenheit, Und staunen, daß sie neu in uns belebt, Die Trauer hat sie uns zurück gebracht, Wir leben neu in der vergangen Lust, Als hohe Schönheit uns noch froh beherrschte: – Wir theilen gern, was so zum Trost gewonnen, Und gleichen Trost giebt jeder uns zurück, – So wird um uns, noch ehe wir es wissen, In jeder Trauer eine Trauerfeier, Wo sich das Herz mit jedem Wort erleichtert. Doch das genügt noch nicht den treuen Seelen! Wir suchen schon von Lebenden ein Bild, Das sie bewahrt in ihres Lebens Blüte, Doch wie viel mehr ist uns ein Bild der Todten, Die in des Lebens Blüte uns entrissen! – Das todte Bild giebt mehr als alle Worte, Es wird zum Denkmal, heilig ist's dem Schmerz, Es lebet uns, es scheinet uns zu trösten, Und nichts ist Schein, was unser Herz gefühlt. – O seid gesegnet Bilder der Verehrten, Wir möchten opfernd alle Pracht euch weihen, Zu eurer Ehre alle Kunst erschöpfen; – Doch was an Sie uns mahnt, das wird verklärt, Manch einfach Wort, das aus der Seele dringet Verherrlicht sich zu einer Todtenfeier, Ihr liebreich Bild, woran der Blick gewöhnt, Ist herrlicher als aller Künste Pracht. Nach diesem Wort, das unsern Sinn gedeutet, Sei euch enthüllt das Bild der hohen Todten 1 , Zu deren Feier wir allhier versammelt, Es giebt dies Bild uns Zeichen ihrer Nähe, Sie scheint noch unter uns wie sonst zu wohnen; Weh uns, daß wir der Hohen Tod hier feiern, Die noch vor wenig Monden hier in Trauer Den Tod des Welterlösers hat gefeiert 2 , Der auch für Sie den frühen Tod gestorben: Er hörte das Gebet der Frühverstorbnen In ihrer Krankheit letztem Schmerzensruf, Womit Sie ihn um Beistand angeflehet, Er gab Ihr die Geduld und auch den Glauben, Entführte Sie im sanften Schlaf dem Leiden. Zum Angedenken ihres schönen Todes, Steht ihr Geduld und Glauben fest zur Seite, Des Glaubens Kreuz und das geduld'ge Lamm, Und über Ihr da glänzt der Sternenkranz: Der ew'ge Lohn aus unsichtbarer Hand. – Rings zeigt der dunklen Thränenweide Laub, Zur Erde wallend wie die Trauerfahne, Wie unser Blick gesenkt in tiefer Trauer, – Doch zu dem Himmel flammt das Todtenopfer! So schaut das kleine Denkmal, das wir schufen, Ihr Bild ist jedes Denkmals schönste Zierde, Es mildert aller Trauer scharfe Härte. Wie ich bei ihrem Anblick mich vertiefe, So mindern sich die Schrecken dieser Zeit, So schweben mir im Geist die Trauertage Wie schwarze Genien, doch zornlos über; Es bleibt vor allen einer in der Seele, Der ernste Tag, als diese große Stadt Der hohen Leiche schwarz entgegen wallte. Es schien die Stadt erstorben überall Und alles Leben zu der Leiche hingebannt, Die, von den Würdigsten so ernst begleitet, Geheimnißvoll verhüllt vorüberzog. Der Zug ging langsam unter stillen Thränen, Und leise hob sich dann des Volkes Rede, Und jeder rühmte Sie, der Sie gekannt, Und jeder Arme rühmte ihre Milde. Es ward die Nacht der Todten schönste Feier. – Ihr Lob hat unser Herz mit Sang erfüllt, Mit Wiederhall der allgemeinen Stimme; So sei die Feier dieser Nacht zur Feier Der hohen Todten von uns angestimmt: – Zu aller Armen Trost schallt unser Lied, Daß Sie auch nach dem Tode Segen spende, – Es giebt ihr Geist uns dazu Kraft und Muth. Nachtfeier Hohe Häuser, ach ihr seid zu eng den Schmerzen, Lieget Nachts wie Felsen auf dem Herzen, Das dem Himmel möchte seine Leiden klagen. Allen Lüften möcht' ich meinen Jammer sagen, Denn die Lüfte rastlos wehen, Da die Stunden stille stehen, Da kein heller Stundenschlag Mir verkündet nahen Tag. Langsam ziehn die schwarzen Stunden, Einsam schweigend weint das Herz, Bis es Herzen hat gefunden, Die erfüllt von gleichem Schmerz. Seufzer haben uns verbunden, Liebe wird nun Klageton, Daß die Herrlichste verschwunden Von dem hohen Herrscherthron. Du, die lächelnd uns beglücket In des Lebens Fröhlichkeit, Du, zu der wir aufgeblicket In der ernsten, bösen Zeit; Ach, wohin bist Du entrücket, Nun der Friede uns erfreut, Nun das Feld, mit Glanz geschmücket, Grüßt die goldne Erndtezeit. Goldner Strom der vollen Ähren, Wogend wallend, Lerchenschallend In dem Wind, Du wirst auch nicht lange währen, Denn geschwind Stürzen Schlossen im Gewitter, Oder ziehen ein die Schnitter; O Sichelschall, du heller Klang, Du machst die trauernde Seele so bang. Des Todes Sichel schnitt die schönste Blume Und reichte sie in Gottes Hand, Er pflanzt sie in ein bessres Land, Da blühet sie in ew'gem Ruhme. Sie ist von uns hinweggenommen, Sie war für diese Welt zu schön! Ich muß zu fernen Sternen sehn, Sonst wird mein Herz von Gram beklommen. Zu uns alle Sterne scheinen Wie ihrer Augen Licht; Mit uns alle Sterne weinen Den kühlen Thau der Nacht; Mit uns alle Winde stöhnen So ruhlos durch die Nacht; Mit uns alle Echo tönen, Das Herz in Klagen bricht. Du trauerst treues Volk, Das Sie geliebt, Um dich hat sie so oft getrauert, Als dich die Übermacht umlagert. Ich sah die Thränen fließen, Als Sie an unserm Meeresstrande weilte, Mit mildem Blick die wilden Wogen zwang, Daß sie sich demuthsvoll zu ihren Füßen legten; Ich kam von Preußens meerbestürmter Küste, Und wollte Ihr des Bernsteins goldne Perlen bringen, Die dort das Meer auf ihrer Tritte Spur, Auf die verlassnen Wege, Die einst von Ihr betreten grünten, An jedem Morgen reichlich streut. Jetzt fühle ich, Da meine Thränen an den Perlen glänzen, Der alten Fabelsage innre Wahrheit, Daß jene Perlen Thränen sind der Meeresgeister, Die ahnend großes Unheil uns verkünden. Du sahst Sie nur in Unglücksjahren Und fühlest doch, was du verloren, Wie soll ich meinen Schmerz ermessen, Ich sah zu Ihr empor in so viel schönen Tagen, Und jeder Tag vermisset Sie mit anderm Schmerz. Wie die Gedanken mich an tausend Gnadenblicke mahnen! Als Kind ging ich mit buntem Fähnlein Ihr entgegen, Wo ich Ihr hoffte zu begegnen; Ich wuchs empor, von Ihr zwar ungekannt, Doch unter ihren Augen, Und feierte als Bürger unter Waffen Die letzte frohe Wiederkehr der Hochverehrten: Wie weile ich so gern in jenen Tagen! – Ich denke ihrer Güte, ihrer Milde Und ihrer Schönheit Wunderpracht, Ich denk' des hohen Tags vor allen, Wo Sie in erster Jugendzeit, Von dieser Stadt so froh empfangen, Durch die geschmückten Pforten zog; Wie Sie zuerst uns angeblicket Und jedem Gruße hold gedankt, Ich glaubte da, ich finge an zu leben Und dieses Leben wäre Ewigkeit. Ich denk' der Feier jener schönen Tage, Die Sie dem Gatten zugeführt, – So kam der erste Frühling auf die Erde, Der Ärmste war in ihrem Glücke reich. Ich denk' der feierlichen Huldigungen, Die Sie als Königin von uns empfing, Auf ihrer Stirne schien die Krone glänzend, Und doch verschwand sie in dem Segensblick! – Ich denk' der Freud', als viele Kinder Den Thron mit Hoffnung grün geschmückt, Und rings im Kreise Sie umstanden, Wie einer Sonne Sternenkranz. Schöne Tage, ach, wohin entschwunden, Schmerzlich brechen auf die alten Wunden, Die der wilde Krieg uns dann geschlagen. Wenig Tage hatten uns vernichtet, Ferne war Sie uns in diesen Tagen, Doch die Hoffnung war zu Ihr geflüchtet, Und es stärkte uns ihr Angedenken; Und der Friede mußte Sie uns wiederschenken. Gedenk' wie du mit Freudeschauern Nach schwerer Winter Dunkelheit, Im ersten hellen Sonnenstrahle Sie, bei der Nückkehr frohem Fest, Weit vor den Thoren schon begrüßt; Und fandest Sie so gnadenreich, So mild, so gütig und so schön, Wie in den ersten Jugendtagen, Als Sie zuerst uns zugeführt; Es war die harte Zeit vergessen, Als wär' das Unglück nur ein Traum. Es schien ein Traum die dunkle Schlacht, Die unsrer Brüder Blut vergossen, Des blauen Himmels Freudenmacht Ließ erste Frühlingsblumen sprossen. O wär' ein Traum die dunkle Nacht, Die ihrer Leiche Einzug heut beschlossen; O wären wir vom Traum erwacht, Wie viele Thränen sind dem Traum geflossen. Es war kein Traum die blut'ge Schlacht, Es war kein Traum der Hohen Wiederkehr als Friedenszeichen, Es war kein Traum, der schwarze Trauerzug; Die Wahrheit läßt uns keinen Schlaf, Wir schwanken all' im ungewissen Leben. Vor wenig Monden kam Sie segnend In jenem hochgeschmückten Wagen, Den Sie von ihrem Volke gnädig angenommen, Der heute ihrer Leiche leer gefolgt. Der Schmerz riß mich bei diesem Anblick nieder. Ich höre noch der Glocke Ton, Der durch die Abendröthe traurig Sie begrüßte. Sie hörte nicht den lauten Klang, Sie hörte nicht der Sänger klagend Lied, Sie hörte nicht den dumpfen Trauermarsch der Krieger, Sie lag vom engen Sarg umschlossen. Es glänzte über Ihr der Linden grünes Laub, Sie sah es nicht. Ein schwarzer Teppich hatte Sie mit Nacht bedeckt, Sie sah uns nicht. Auch uns hat jetzt die schwarze Nacht umschlossen; Wir wandeln schlaflos durch die dunklen Straßen. Ach alles ist vorüber! Wie furchtbar ist die Stille! Ich hör' mein Herz, Das heftig leidend schlägt; Ach hörte Sie uns noch, Sie würde milden Trost vom Himmel strahlen! Wo strahlt ein Trost der Seele, Da alle Sterne sich verhüllen, Des Himmels schwarze Höhle Will sich mit Wolken ganz erfüllen. Vergebens schauen wir empor; Der ist ein Thor, Der ihn mitleidig unsrer Trauer wähnt, Als jedes Aug' gethränt, Da lachte er in heitrer Bläue, Nun jedes Auge zu ihm blickt, Ist jeder Stern erstickt. Er hat Sie uns geraubt, Wir haben, ach umsonst! an ihn geglaubt. Er hat Sie gegeben, Er hat Sie genommen, Der Name des Herren sei gelobt. Sie war des Ew'gen schönstes Lob, An ihrer Andacht Hat sich entzündet ihres Volkes Glaube; Ach hatten wir noch nicht genug verloren; Ach Vater, hast du uns so ganz verlassen! Zu ihrem Vater ist Sie heimgegangen, Er hat zu sich sein liebstes Kind gefordert, Und Sie war folgsam seinem ew'gen Willen. Zu ihrem Vater ist Sie heimgegangen Nach langer Jahre Trennungszeit, Von keiner Reise so erfreut, Bei keiner je mit solcher Lust empfangen, Des Vaters Freude war das höchste Fest. Zu ihrer Ehrenpforte buntem Kreise Die fernste Blume sich verband. Der Blume aus dem eignen Land, So finden sich vereint durch ihre Reise Des Hauses viele, die sonst weit zerstreut. Sie überläßt sich froh den heitern Scherzen Im fremden luft'gen Lebensmeer, Doch bald wird ihr der Athem schwer, Es dringt die fremde Luft zu ihrem Herzen, Da wird ihr Blick von schwerer Krankheit ernst. Sie sieht zum letztenmal die Abendsonne. Sie geht, die Blume hell und groß, Durch Blumenpforten in das Schloß Und weilet noch mit letzter Strahlenwonne, Die Blumen sehen ihr so sehnlich nach. Weh', wie meine Seele bebt, Zwischen Furcht und Hoffnung lebt. Stille löschet aus die Feste, Löset alle Freudenkränze, Stumme Blicke Sie bewachen, Hoffnung geben Ihr die Freunde, Doch die Meister in der Heilkunst zagen, Und die Thränen heimlich fließen, Und Gebete zu dem Himmel dringen! – Boten eilen zu dem fernen König, Doch der Ahndung bleicher Geist, Der in alten Schlössern hauset, Zeigt sich früher und verkündet, Daß Sie uns verloren sei. Geister, die ihr uns umwacht In der Mitternacht, Könnt ihr nur die Müden wecken, Sie zu schrecken, Könnt ihr nicht die Leiden mindern, Schmerzen lindern? Stille ist die Mitternacht, Wenn das Schmerzliche vollbracht. Den letzten Lebensblick gewährt das Schicksal noch dem Gatten, Er kommt zum Schloß noch vor der Schreckensstunde, Und eine Klarheit herrscht in ihrer Seele Wie in dem Aufgang eines neuen Morgenroths, Durch das die Sterne schimmern, Und ihre Stimme grüßt ihn hell mit letzter Liebe. Ihr Hauch ist letzter Segen ihrem Sohne, Der einst den hohen Thron besteigt. Dann ruft ihr Schmerz zu dem Erlöser aus: Erlöse, Jesus, mich vom Leiden, Dir übergeb' ich meinen Geist. Er giebt Kraft den Seinen, Laßt uns weinen. Sie ruhet still, die Farbe kehrt zurück In Ihres Lebens höherer Genesung, Und viele zweifeln, ob Sie sei geschieden, Doch ach, ihr Herz ist still. Und ihre Kinder legen sich die kalten Hände Noch segnend auf die Stirnen, Und streuen Rosen auf ihr Bette; Ihr Anblick scheuchet noch der Schmerzen Bitterkeit hinweg. Doch als die Nacht ist eingebrochen, Da dringt der Schrecken in die Seele, Es geht des Schmerzes Abgrund auf, Der nimmer sich erfüllt, Die Erde scheint ein offnes Grab, Das Leben eine Sehnsucht nach dem Tode. Sehnsucht nach dem heil'gen Lande, Das uns Jesus hat gewonnen, Löset unsres Lebens Bande, Löschet aus der Erde Sonnen, Ihre Blumen, ihre Sterne, Blickt in tiefe Nacht zur Ferne. Zu ihrem Vater ist Sie heimgegangen, Er hat zu sich sein liebstes Kind gefordert, Und Sie war folgsam seinem ew'gen Willen, Uns bleibet nur, was sterblich ist gewesen, Doch bleibt uns auch der Güte Angedenken. Die Krone war von ihrem Haupt gefallen Und lag auf dem verschloßnen Sarg, Der nun die Herrliche verbarg; In frischem Glanz die Blumen wallen Noch an dem hohen Blumenbogen, Durch den Sie glänzend eingezogen, Durch den ihr Sarg wird ernst getragen Zu jenem schwarzen Wagen, Der ihn zu uns gebracht. O welche Reise! Wie traurig leise Durchzogen wir der schwarzen Fichten Nacht. Es fielen unsre Thränen in den Sand; Sie gab einst Schönheit diesem Land, Als Sie noch lebend es durchflogen, Als noch die Armen Ihr so froh entgegenzogen, Gefaltet still lag jetzt die milde Hand. Von ihrer Güte rühmen die Armen, Doch sind wohl die Ärmsten, die traurig sind, Daß Sie uns verloren, ist unser Verarmen, Daß weinet der Greis und auch das Kind; Lang wandelt die Trauer in schwarzem Gewand, Schwarz flaggen die Schiffe am fernesten Strand. Wie viel wir auch verloren, Mehr als wir Alle, ach, verlor der Eine, Den Gott als König über Alle setzte, Dem Sie von Gott ward zugesandt, Der schweren Zeiten Sorge zu verscheuchen; Ich sah ihn heut mit hohem Muth Im schwarzen Eingang seines Schlosses, Im Kreise seiner Kinder, Ihr lang zurückgehaltnes Weinen unterbrach die feierliche Stille, Das Kleinste, unbewußt der Schmerzen Sah lächelnd auf das schwarze Kissen, Worauf es ruhte. Er stand nach seines Hauses ernstem Brauch, Empfing die Todte, Die langsam dumpf herangerollt, Wie er die Lebende so oft empfangen; Er ging voran dem Sarg zum Trauersaale Es ist zu schwer, es sagt dies nie ein Mund, Gerührt erschienen mir die hohen Ahnenbilder, Doch Gott gab ihm die Kraft es zu ertragen. Er steht nun einsam in dem Leiden, Dem hohen Eichbaum gleichend im Gewitter. Das nach dem schönsten Sommertage Die hohe Zeder neben ihm zerschmetterte, Die Einzige, die seine Krone kühlte. Die hohen Häupter dieser Erde, Sie stehen heiß im Himmelsglanz, Sie sammeln rings die fromme Heerde, Und alle kühlt ihr Schattenkranz. Sie wissen nicht, wen sie beglücket, Denn nur das Leiden thut sich kund, Und wer von ihnen ist entzücket, Dem schließt die Scheu den frohen Mund. Sie sind vertheilt auf weiter Erde Und stehen einsam und allein; Da fühlet jedes die Beschwerde Vom Sturm und heißen Mittagsschein: Doch stehen zwei vertraut beisammen, Da werden sie zu einer Welt Und nur des Blitzes Himmelsflammen Zerreißen, die so schön gesellt. Du hohes Haupt, laß dich nicht blenden Vom Blitzstrahl, der Dein Glück geraubt, Du stehest noch in Gottes Händen, Für Aller Glück noch grün belaubt: Doch kannst Du nicht den Himmel sehen, Denn Thränen hüllen Deinen Blick. Von Allen, die Dich heut umstehen, Traf Dich das größte Mißgeschick. König, sieh auf unsre Herzen, Komm in Deines Volkes Mitte, Das Dich liebte, für Dich stritte, Unser sind auch Deine Schmerzen. Vater, sieh der Kinder Thränen, Die von Ihr so wenig wissen, Und doch alle Sie vermissen; Sieh der Trauer süßes Sehnen. Senke Trauer in die Trauer, Ist das Schönste Dir entnommen, Sei der Schmerz auch ganz vernommen, Dring' zum Wohnsitz aller Schauer. Was die ganze Seele füllet, Sei es Liebe oder Schmerzen, Das erhebt die edlen Herzen; Und das ird'sche Leiden stillet. Laß, o Herr, Sie uns noch schauen, Wie wir Sie zum letzenmale Sahen in dem grünen Thale Hoffnungsvoll und voll Vertrauen. Gern hätt' ich mich hingegeben, Frühen Tod für Sie zu leiden. Alle würden mich beneiden, Mich erfreut nun nichts im Leben. Nach dem Schein der Trauerkerzen, Die im hohen Schlosse strahlen, Dringen unsrer Sehnsucht Qualen; Lebend scheint sie da dem Herzen. Des Herrschers Wink erfüllt Dein Flehn, Wir dürfen zu dem Schloß eingehn. Es öffnet sich des Schlosses Thor, Wir steigen an zu Ihr die Stufen, Die schwarzen Zimmer traurig rufen, Was unser hohes Haus verlor. Wehe, wehe, seht die Zeiten Sitzend an des Sarges Ecken, Alle Blumen, die Sie wecken, Sie zu ihren Füßen streuten. Es hört das tiefbewegte Ohr Des Volkes Ruf an Grabes Stufen, Der Sarg sich öffnet unserm Rufen, Sie hört uns milde wie zuvor. Wehe, daß ich nicht kann glauben. Seht, ihres ganzen Lebens Güte, Schwebt noch auf ihrem stillen Mund, Es thut sich freundlich ihr Gemüthe Auch ohne Worte Allen kund. Wehe, daß ich nicht kann hoffen. Sie lebt noch, fühlt das Herz so stark, Die Schönheit ist dem Tod nicht eigen, Zu der sich jetzt die Himmel neigen Und Sie erheben aus dem Sarg. Segne uns mit neuem Glauben. Es schweben Engel in den Lüften Mit bunten Flügeln hellbeschwingt, Und heben Sie auf Weihrauchdüften Zum blauen Himmel neu verjüngt. Segne uns mit neuem Hoffen. Mit ew'ger Schönheit ausgeschmückt, Sieht Sie im Sarg ihr irdisch Leiden, Sie möcht' uns trösten in dem Scheiden, Sie so zu schaun, hat uns beglückt. Farbig wie ein Regenbogen Haben Engel Sie umzogen, Mondesschimmer Sie umwallt Und Gesang der Engel schallt. Du, von uns zu lang geschieden, Komm in unsern Kreis zurück. Deinem Volk gabst du den Frieden, Kehre heim zu unserm Glück. Flüchtig ist der Menschen Leben, Eilig folgen sie Dir nach; Die zu Dir im Dunkel streben, Sehen bald auch deinen Tag. Wiederschein von deinem Blicke Sieh in deinen Kindern blühn, Laß sie deinem Volk zum Glücke, Da wir Dich zum Himmel ziehn. Nimm die Krone nach dem Leiden, Diese Palmen grünen schön; Bald vorüber ist das Scheiden, Nahe ist das Wiedersehn. Wiedersehn, o Wiedersehn, Frühlingsruf aus lichten Höhn, Ätherglanz nach Grabesnacht, Palmenkranz in Himmelspracht, Du erhebst die müden Augenlider, Die von lieber Hand geschlossen; Lieblich Volk der Engel seh' ich wieder, Kenn' die freundlichen Genossen, Die auf Strahlen mich umspielt, Eh' ich Erdenlust gefühlt! – Alle, alle kenn' ich wieder, Tausend lächeln zu mir nieder, Winken mir in süßem Sehnen; Dreie weinen Freudenthränen, Haben mich so still umflogen, Ihre Kniee sind gebogen; Ihre Hände sind gefalten, O, der lieblichen Gestalten: Streckt ihr eure Händchen aus, Bietet Lilien mir zum Strauß. Süße Mutter komm nach Haus. Gleicher Schwung dehnt eure Flügel, Eure Augen sind mir Spiegel, Daß ich selber mich beschaue Und dem Ruf der Engel traue. Wiedersehn, o Wiedersehn, Himmel Gottes, wie so schön; Süße Kinder, früh verloren, Unter Schmerzen mir geboren, Ja ich seh' euch, kenn euch wieder, Wie ihr streckt die Händchen aus. Süße Mutter komm nach Haus, Auf der Erde ist es kalt, Ew'ge Wärme uns umwallt, Komm' zur ew'gen Freudenschwelle. Aus der lichten Gnadenquelle Blickt zu mir, ihr süßen Kinder, Und es geht mein Flug geschwinder; Singet Trost den lieben Meinen, Die noch auf der Erde weinen, Hier entschwindet aller Graus. Eure Mutter kommt nach Haus! Mitten in dem Weltgetümmel Lebt die Lieb' im hohen Himmel, Überm dunklen Erdenraum Schwebt der Liebe lichter Traum, Ahndet in den dunklen Stunden, Wer im Himmel einst verbunden. Wiedersehn ist euch so nah. Ach, wie ist der Himmel nah, Wie die Lüfte euch umfließen, Wird mein Athem euch begrüßen; Lebe wohl, Du Vielgeliebter Tiefbetrübter, Nur ein Kuß der Geisterwelt Uns im stillen Traum gesellt. Vater, Brüder, all' die Meinen Seh' ich lange trostlos weinen, Nur die Zeit wird tröstend scheinen. Lebet wohl ihr süßen Kinder, Ihr entwachst dem Schmerz geschwinder; Wiedersehn, o Wiedersehn Einet uns in goldnen Höhn. Lebet lang dem treuen Volke, Das, bedeckt von schwarzer Wolke, Durch die Erdennächte irrt; Wie des Adlers Flügel schwirrt Durch die Nacht zum Licht der Sonne, Ahndend ferne Siegeswonne, Also wandelt unverzagt, Bis es tagt; Großes soll durch Euch geschehn, Großen Schmerz müßt Ihr bestehn: Wie die Ströme nach dem Meere, Schwellen durch des Landes Krümmen, Also zieht durch Noth die Ehre, Euch zu Großem zu bestimmen. – Lebe wohl Du hohes Schloß, Das der Strom so hell umfloß; Lebe wohl, du Heimath-Flur, Die mit Blumen mich empfangen, Die Natur Hat ein himmlisches Verlangen, Treibt die Blumen hoch empor, Höher noch die süßen Düfte In die Lüfte. Denket mein im Blumenflor, Denket mein im Glanz der Bäume, Wenn der Nachtigallen Träume In der Morgenröthe sterben; Morgenröthe mir begegnet: – Singen kann der Schwan im Sterben, Segnen kann die Lieb' im Sterben, Seid gesegnet Mit dem Glauben, mit dem Hoffen, Seht den goldnen Himmel offen. Offen ist des Himmels Thor, Dich begrüßt des Himmels Chor. Sie steigt empor, Knieet nieder, Hohe Lieder Schallen aus dem Himmels-Thor! Sagt, wessen ist das Leben? Ihr könnt es nicht bewahren, In allen euren Jahren Seid ihr vom Tod umgeben. In Christus ist das Leben, Er ist für euch gestorben Und hat die Lieb' erworben, In ihm ist Lieb' und Leben. Sagt, wessen ist das Herz? In schwerem Liebesschmerz Tragt ihr das Herz zu Grabe, Doch mit dem Kreuzesstabe, Durchbricht der Herr den Sarg Und was die Erde barg, Im Herzen bleibt geborgen, Und dringt zum ew'gen Morgen, Er ist das Herz der Welt, Das ew'ge Liebe schwellt. Schaut empor; Ach schon schweigt der hohe Chor; Nun des Himmels Thor geschlossen, Hat uns alte Nacht umflossen, Doch mit neuer Zuversicht Harren wir auf Tageslicht. Eine Kraft hat uns durchdrungen, Ew'ger Muth ist uns erklungen, Laßt uns nach den Palmen trachten Im Gebet und in den Schlachten; Dieses Lebens kurze Schmerzen Zwingen nicht die edlen Herzen. Frisch zur Arbeit, frisch zum Streiten Gehen wir aus Trauerzeiten, All' in einer Lieb' vereint, Wenn die Sonne wieder scheint. Verschwunden ist die dunkle Nacht, Ihr lieben Christen seid munter und wacht, Und lobet Gott den Herrn. Lobt den Herrn, Lobt den Herrn! Schaut! es glänzt der Osten helle, Schaut! es spiegelt jede Welle, Schaut zum Himmel, aus der Nacht Steigt der Sonne Herrscherpracht. Ahndung glänzt in nassen Blicken, Wie der junge Tag im Thau, Auf der Trauer ruht Entzücken, Himmel auf der grünen Au. Ihrer Asche, Eurer Liebe, Baut ein Denkmal, Das zu späten Zeiten rede, Das euch sei ein Ort der Trauer, Wo von Thränen Blumen sprießen, Wo die dunklen Bäume schatten, Wo der Strom vorüberwallet, Und dem fernen Meer verkündet Eure Liebe, eure Trauer. – Sie braucht des Ruhms der Todten nicht, Sie lebt, Sie wachet über Euch, Wird Euer Schutzgeist sein. Uns umstrahlet die Entfernte, Frisch zur Arbeit, frisch zur Erndte, Wie die Sonne kehret wieder, Blickt die Herrscherin hernieder. Triumph, Triumph! Sie bleibt uns nah! Singt dem Herrn Halleluja. Unser Adler dringt Durch die hohe Luft, Und die Lerche singt Durch den Morgenduft, Triumph, Triumph, sie bleibt uns nah, Singt dem Herrn Halleluja. Fußnoten 1 Bei diesen Worten wurde der schwarze Vorhang von dem beschriebenen Denkmale hinweg gezogen. 2 Die Hochselige besuchte den Opernsaal zum letztenmal bei der Aufführung der Cantate vom Tode Jesu.