Jung und Alt im Frühling 1. Aus der Berge dunklen Klüften Braust nicht mehr die kalte Fluth, Fenster öffne ich den Lüften Und das Thor dem Jugendmuth; Springend geht's zum Thale nieder, Leicht beflügelt ist das Herz, Frühling breitet das Gefieder, Luft erklingt wie edles Erz. Neue Vögel sind erschienen, Fort in's Freie, in die Luft, Neues Schauspiel, grüne Bühnen, Nachtigall so sehnlich ruft: Seht das Schauspielhaus geschmücket Mit dem Dach aus Himmelblau, Wolken-Schäflein sehn entzücket Nach dem hocherhabnen Bau. Alle schweben im Verlangen Nach des Tages Neuigkeit: Ist der Vorhang aufgegangen? Welches Schauspiel giebt man heut? Soll ein Heldenspiel beginnen, Rüstet sich die frische Kraft? Soll die Lieb' in Lieb' zerinnen, Daß sich neues Volk erschafft? Alles drängt sich noch zusammen, Herz an Herz und Baum an Baum, All aus einer Erde stammen, Flammend einer Liebe Traum: Himmlisch Spiel, die frischen Kränze Decken all mit gleichem Grün, Jenen, daß er siegend glänze, Diese, daß sie drunter blühn. 2. Eine bange Reiselust Weht in Frühlingstagen, Füllt mit Wehmuth unsre Brust Will zum Himmel tragen, Wo die ganze Seligkeit Schimmert in dem Lichte Und ein Bild der Ewigkeit Wird des Jahrs Geschichte. Erste Jugend stellt sich dar Mit verwirrtem Leiden In den Blättern, die so klar Alles erst umkleiden, Wie wir aus erschloßner Haft In die Welt gedrungen, Wie in neuer Schöpfungskraft Vieles uns gelungen. Öffnet dann die Blüthenzeit Des Triumphes Pforte, Wird ihr Fall in Luft geweiht Durch die schönsten Worte; Jedes Wort, es dringt hinauf, Eh' wir es noch meinen, Aufwärts zu dem Sonnenlauf, Daß wir strahlend scheinen. Ja dies ist die Himmelfahrt Die wir heute feiern, Bis die Wolken golden zart Uns die Welt verschleiern: Ach dann fraget wohl die Welt, Wo wir sind geblieben, Vieles dann von uns gefällt, Manches lernt sie lieben.