Cornelius Hermann von Ayrenhoff Der Postzug oder die nobeln Passionen Ein Lustspiel in zween Aufzügen Auf das Wiener Theater gebracht im J. 1769 Personen Personen. Baron von Forstheim. Seine Gemahlinn. Leonore, ihre Tochter. Graf von Reitbahn, Leonorens Bräutigam. Graf von Blumenkranz. Major von Rheinberg. Hauptmann von Edelsee. Des Barons Verwalter. Lisette, die Kammerjungfer. Ein Notarius. Ein Bedienter. Bediente, Jäger. 1. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Der Verwalter und Lisette. Sie wissen also nicht, Jungfer Lisette, in welcher Absicht mich die Baroninn schon wieder rufen läßt? Das sagte sie mir nicht, und es wäre Kunst es zu errathen. Sie hat heut so vielerley Dinge im Kopfe, daß sie selbst nicht weiß, was sie will und nicht will. Wenn wir doch diese Festivität schon überstanden hätten! Ja wohl – und Ich von meinem Interims-Haushofmeister-Amte wieder los wäre! Das ist nun diesen Morgen das zwölftemal, daß ich gerufen werde; achtmal bloß des Stalles wegen. Wundert Sie das, Herr Verwalter? Sie kennen doch den Grafen von Reitbahn? Nein! ich hatte eben den Tag, da er hier war, in den herrschaftlichen Weingärten zu thun. So muß ich Ihnen also sagen, daß dieser Herr Bräutigam von unserm Fräulein, der größte, der berühmteste Pferdenarr im ganzen Lande ist – ein Mensch, der nichts anders thut und denkt, als reiten, fahren, und halsbrechen. Darum ist unsre Frau in Sorgen, es möchte wohl gar die ganze Heyrath in Trümmer gehen, wenn dem Grafen bey seiner Ankunft, von ungefähr unsre Stallordnung mißfiele. Ha nun begreif' ich! Denken Sie nur, Lisette! nebst den hochfreyherrlichen Pferden, mußt' ich alle unsre Mayerpferde, meine zween Braunen, und des Pfarrers Rappen in den herrschaftlichen Stall einstellen. Zum Glück ist nicht mehr Platz, sonst kämen wohl des Schulzens Hengste auch dazu. O warum nicht auch des Majors von Rheinberg vier Schäcken? Die wären doch gewiß die schönsten von allen. Das nenn' ich Eitelkeit! Wenn Sie erst wüßten, wie heute der Stall aussieht! Nu? Seit Anbruch des Tages sind zwölf Frohnleute mit Putzen, Fegen und Polieren beschäftiget. Der Fußboden wurde mit weißem Sand ausgerieben, und dick mit Sägespähnen bestreut. Nur? und nicht mit Rosenblättern? Ha! ha! ha! Sie kennen ja die alten Familienportraits von den geharnischten Rittern, die alle das hochfreyherrliche Wappen neben der Schulter, oder zwischen den Füßen, und allmächtig große Perücken auf den Köpfen haben? Soll ich sie nicht kennen? sie hängen in des Barons Gewehrkammer. Nicht mehr. Sie hängen alle im Stalle. Im Stalle? die Ritter in großen Perücken? Das ist ja eine Schmach für die Familie. Für die Familie eben nicht – ob diese Helden im Stalle, oder in der Gewehrkammer hängen. Nur dem feinen Geschmack unserer Frau, dessen sie sich so oft rühmet, dürfte diese Veränderung keine Ehre bringen. O sagen Sie ihr das mit guter Art. Das lass' ich wohl bleiben. Lieber sagen Sie ihrs, Lisette! Die Baroninn hört Niemanden so willig an, wie Sie. Ja, in politischen Sachen, die das Etiquette, und ihre Garderobe betreffen. – Und das geschieht nur, weil ich bey Hose gedient habe. Unter uns, Lisette! Der Herr Baron sollte besser einsehen, was sich schickt oder nicht schickt. Der bekümmert sich wenig um die Ritter in großen Perücken; wenn er nur täglich feinen Hasen erlegt. Stellen Sie sich vor: Am Verlöbnißtage seiner einzigen Tochter, läuft er seit Sonnen- Aufgang auf der Jagd herum; der Bräutigam soll jeden Augenblick eintreffen; es ist bald Mittag; und Er, der Herr vom Hause, streicht noch die Felder ab. Unter uns, Lisette! mir scheinet, der Baron nimmt an dieser Heyrath nicht so warmen Antheil, wie seine Gemahlinn. Vielleicht merkt er, daß seiner Tochter etwas ganz Anders am Herzen liegt, als der angezogene Reitbahn. Der Major? Der ist aber auch ein ander Geschöpf. Gewiß, ich betaure unser Fräulein vom Grunde der Seele. Unter uns, Lisette! Ich verstehe das ganze Wesen nicht. Der Baron ist reich; er liebt seine Tochter; warum zwingt er sie denn zu einer unangenehmen Heyrath? Er zwingt sie nicht: er überläßt nur diese Kleinigkeit seiner Gemahlinn, und besorgt seine Jagd-Geschäfte. Ey, Ey, Ey! – Und wie ist er gegen den Major gesinnt? So so. Seit einigen Tagen, da er mit ihm auf der Jagd herumläuft, ist er ihm so ziemlich hold. Aber wozu kann das dem guten Major nützen? Die Baroninn kann ihn durchaus nicht leiden ... Doch Laut, daß es die kommende Baroninn hören muß. Hier kömmt die gnädigste Herrschaft. 2. Auftritt Zweyter Auftritt. Die Vorigen, und die Baroninn, die der Hauptmann von Edelsee an der Hand führet. im Herausgehen zum Hauptmann. Ich habe nun einige Worte mit meinem Oberverwalter zu sprechen: wollen Sie sich indessen im Garten herumsehen? Ich werde sehen, ob der Herr Gemahl noch nicht zurück kehrt, und – so bald es erlaubt seyn wird – mich wieder um das unschätzbare Vergnügen ihrer Gesellschaft bestreben. Er küßt ihr die Hand, und geht ab. Kommen Sie nur bald wieder. Zur Lisette. Du sieh, ob meine Tochter schon so angezogen ist, wie ich ihrs befahl – oder – laß sie hieher kommen; ich will sie ein wenig mustern. Lisette geht ab. Nun mein lieber Verwalter! ist das nicht fatal? alle Anstalten zur Festivität sind gemacht, und ich schmeichle mir, gut gemacht; es ist Mittag, und noch kömmt weder Bräutigam aus der Stadt, noch mein Gemahl von der Jagd zurück. Der hochgräfliche Herr Bräutigam hat etwas weit heraus. Eben vernehme ich aus einem Schreiben von meiner Schwester, daß er schon um fünf Uhr Früh aus der Stadt abfuhr. Da könnt' er ja lange hier seyn: seine hochgräflichen Gnaden geruhen sonst sehr stark zu fahren, wie ich höre. Ich versteh' es nicht. Wenn ihm nur kein Unglück begegnet ist! Er ist der scharmanteste Cavalier. Er bringt mir auch einen Gast mit – den ich vielleicht mit Furcht empfangen würde, wenn ich mich nicht so gut auf alles vorgesehen hätte. Euer hochfreyherrlichen Gnaden können ohne Scheu alle Fürsten und Ministers vom Hofe empfangen. Und ich glaube, sie würden nicht gewahr werden, daß sie sich außerhalb der Hauptstadt befänden. Mit Euer hochfreyherrlichen Gnaden hoher Erlaubniß: wer ist denn dieser hohe Gast? Ein Cavalier, der seit vier Monaten, da er von Paris zurückkam, das größte Aufsehen in der Hauptstadt macht; der in allen Arten von Galanterie den Ton angibt; der seit Kurzem bey allen Männern andere Schuhschnallen, und bey allen Weibern andere Chignons einführte; ein Mensch, der alles kann, und weiß; und der, wie ich höre, so gar französische Verse macht. Hum! Und mit Euer hochfreyherrlichen Gnaden hoher Erlaubniß, wie nennt er sich? Graf von Blumenkranz. Ich hatte schon die Ehre von ihm zu hören. Er ist ein sehr reicher Herr. Paris soll ihn ein wenig ruinirt haben: dessen ungeachtet ist er noch der brillanteste Cavalier in der Monarchie. – Nur, schreibt mir meine Schwester – soll er wegen seiner überaus feinen Weltkenntniß, sehr delikat und – bisweilen kritisch seyn. Desto besser! Euer hochfreyherrlichen Gnaden Art zu leben, wird endlich die längst verdiente Bewunderung eines Kenners erhalten. Das hoff' ich. Hingegen muß man nichts vergessen, was dieser Festivität Glanz geben kann. Deswegen, mein lieber Verwalter – Er weiß, daß noch zwo vorräthige Livreyen da sind? Ja Euer hochfreyherrliche Gnaden! Ich möchte nicht gerne, daß sie vergebens im Schlosse lägen. Geb' Er sie den zween Gärtnerjungen, und befehl' Er ihnen, damit beym Tafeldienste zu erscheinen. Wahrhaftig ein unvergleichlicher Einfall E.H.F.G. Nebst diesem will ich, daß die Stalleute beym Mittagmahl aufwarten. Ebenfalls sehr gut: nur dächt' ich – unmaßgeblich – der Geruch vom Stalle – Das thut nichts, man läßt räuchern. Ja! das kann man wohl auch thun – Weihrauch – Weihrauch – nichts anders. Aber Er muß auch im Stalle räuchern lassen. Was für Rauch befehlen E.H.F.G. Storax! O ja! das ist ein Wollust düftendes Harz. Riecht wie Vaniglia. Vor allem aber hätte ich gerne, daß Er in Eil eine Tafelmusik zusammenbrächte. Element! auch eine Tafelmusik? Es ist nun schon einmal meine Passion, mich bey dergleichen Gelegenheiten als eine Dame von Geschmack zu zeigen. Aber wo werd ich so gute Musikanten auftreiben? Sie müssen alle von meiner Herrschaft seyn. Am besten wär' es, wenn man alle diejenigen zusammennähme, die bey der letzten Kirchweihe im herrschaftlichen Wirthshause aufspielten. Es ist wahr: diese Leute machen die schönsten Menuets. Und ihre walzerischen Tänze? – Ich bekenne, sie hätten mich zum Tanzen gebracht, wenn mich nicht meine Geburt abgehalten hätte. Bestell' Er mir sogleich diese Leute! Ganz wohl, E.H.F.G. Will abgehen. Auch kann der Schulmeister seine Paucken mitbringen. im Abgehen. Das wird ein vortreffliches Concert werden! 3. Auftritt Dritter Auftritt. Die Baroninn. Fräulein Leonore. Lisette. Nun Leonore! du glückliches Mädchen! komm her, laß dich betrachten – Gut! – recht gut. Das sieht anders aus, als dein erster Anzug. Wenn ich nicht nachgesehen hätte, das wär ein lächerlicher Putz gewesen! – Nur der Schlepp ist mir noch nicht lang genug. Es war kein längerer da. Man trägt sie jetzt erstaunlich lang bey Hofe; und ich fürchte die Kritik des Grafen von Blumenkranz, wie den bösen Feind. – Der Kopf – am Kopfe wird er wohl nichts zu tadeln finden? Gewiß! es wäre nicht möglich mehr Zierrath anzubringen. Ein wahres Bild des blumenreichen Frühlings! Die Girandoles sind wohl auch prächtig genug? Es sind wahre brillantene Kronleuchter – so prächtig, daß mir die Ohren des gnädigen Fräuleins heute um einen Zoll länger scheinen. Aber die Brust – Leonore, die Brust ist gar zu bloß für ein so junges Mädchen. Bey Hofe trägt man sie so bloß. Ja? – so kann mans lassen. – Nur der Halsspitz muß höher hinauf. Sie zieht ihr das Hemd hinauf. Gnädige Mama, nun wird es wohl gar zu hoch seyn. Schmeichle dir nicht etwas besser zu verstehen. – Bist du nett um die Füße? Die Schuhe sind dem Fräulein ein wenig zu enge. Zu enge? das hab ich nicht gern; das genirt, und macht übeln Humor. Das Fräulein könnte ja Pantoffeln anziehen: bey Hofe geht jetzt Alles in Pantoffeln. In Pantoffeln? das wußt' ich gar nicht. Es sind schon zwey Jahre, daß ich nicht bey Hofe war. Diese Mode ist erst zwey Monate alt. So geh also! zieh gleich Pantoffeln an, und komm wieder. Zur Lisette. Du bleib hier! 4. Auftritt Vierter Auftritt. Die Baroninn. Lisette. Lisette! was steckt dem Mädchen im Kopfe, daß sie so betrübt aussieht – zu einer Zeit, da jeder Blick von Vergnügen und Freude zeugen sollte? Gnädige Frau – das Fräulein vertraut mir selten etwas – und ... Hör Lisette! du weißt, daß ich dich eines vorzüglichen Zutrauens würdige – als eine Person, die allzeit in großen Häusern und sogar bey Hose gedient hat, folglich auch mehr Vernunft und Weltkenntniß besitzen muß als Andre ihres gleichen. Hüte dich aber, dieß mein Zutrauen zu verlieren. Sag mir aufrichtig, warum meine Tochter so traurig ist. Ihre bevorstehende Heyrath kann nicht die Ursache seyn. Ich habe sie hierüber schon vor drey Monaten befragt, und sie überließ sich gänzlich meinem Willen. Ich weiß es gnädige Frau – allein, drey Monate sind eine Zeit – während der – in dem Herzen eines Frauenzimmers viele Veränderungen vorgehen können. Was für Veränderungen? Sie hat seit dieser Zeit keine andere Mannsperson gesehen. Die Offiziers, die in unserer Nachbarschaft die Quartiere bezogen, die werden ihr doch den Kopf nicht schwindlich machen. Der Hauptmann achtet sie gar nicht; ich merke nur zu wohl, daß er sich um Meine Gunst bestrebt. Und der abgeschmackte Major, der süße Herr, kann ihr doch unmöglich gefallen. Und doch Euer Gnaden – wer weiß – Nein! das ist nichts. Ich sehe wohl, daß ihr der Major bisweilen von seinen gewöhnlichen Süßigkeiten vorschwatzt, aber ich kann unmöglich glauben, daß sie ihr bis ins Herz dringen können. Und doch, sein Äußerliches – Das Äußerliche macht nicht den Menschen aus. Man lobt auch seine Verdienste, seinen Charakter ungemein. Das kann seyn; allein sein Vermögen? seine Geburt? Ich weiß nichts Gewisses davon; ich meine nur ... Schweig, sie kömmt schon zurück! Dieß Geheimniß werd ich bald enthüllen. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Leonore. Die Vorigen. Hör Leonore! mit welcher Contenance wirst du heute den Grafen von Reitbahn empfangen? Mit derjenigen Höflichkeit, die ich einem Cavalier schuldig bin, den mir Euer Gnaden zum Bräutigam erlesen. Da sprichst du recht schön – nur nicht alles, was ich hören will. Wird aus deiner Höflichkeit auch das Merkmahl derjenigen Liebe blicken, die der Graf von dir erwartet? Wenn er nur nicht zu viel erwartet. Du kannst wohl schließen, daß ein Mann seines gleichen, ein so vornehmer, reicher Cavalier das Recht habe, von seiner Braut recht viel Liebe zu fodern – noch weit mehr als Du von ihm fodern darfst. Ich fodre zwar gar keine Liebe von ihm – allein – mein Bräutigam, dächt ich, könnte sich durch nichts in der Welt das Recht erwerben, mich weniger zu lieben, als ich ihn liebte. Wie zweydeutig! Du foderst keine Liebe von dem Grafen? – Du weißt doch, daß er dein Gemahl wird? Ich weiß, daß mir ihn E.G. bestimmet haben. Mir fängt an bange zu werden. Leonore! du sprichst heute so dumm, wie es kein Mensch von meiner Tochter vermuthen sollte. Ich weiß nicht gnädige Mama – diese Dummheit – sie ist vielleicht eine Folge der Unordnung ... Welcher Unordnung? – heraus damit! Der Unordnung, worin sich mein Herz befindet. Dein Herz sollt aber in der besten Ordnung seyn – es wäre denn, allzuheftige Freude über dein Glück brächt' es aus seiner Fassung. Sag mir doch: bist du denn nicht vollkommen mit der Wahl zufrieden, die ich für dich getroffen habe? – sprich – Gnädige Mama! – ich werde – ich muß mit allem zufrieden seyn, was Sie beschließen. Du mußt? – freylich mußt du – Seitwärts. wahrhaftig, da stecken Geheimnisse verborgen. – Aber gesetzt, ich hätte dir selbst die Wahl überlassen; hättest du denn nicht auch den Grafen von Reitbahn gewählet? Ich zweifle sehr. Wen denn sonst? Kennest du jemanden, der dir anständiger wäre? – Keine Umstände! rede! Ach gnädig Mama! dürft' ich, ohne Sie gegen mich aufzubringen, mein Gefühl, nicht bloß meine Zunge sprechen lassen ... Bloß dein Gefühl soll sprechen! So muß ich also sagen, daß mir der Herr – Major von Rheinberg weit besser gefällt als Graf Reitbahn. Der Major von Rheinberg? Ein allerliebster Gedanke! Da würdest du eine schöne Narrheit begehen. Eine charmante Parthie! Gnädige Mama! nach dem Ausspruche meines unerfahrnen Herzens, ist er ein sehr liebenswürdiger Mann. Ein süßer Coridon, ein empfindsamer Narr ist er; nichts anders. Laß dir den albernen Gedanken verrauchen – zwar ist es ohnehin vergeblich, ihn zu nähren, so viel siehst du wohl selbst ein: allein du würdest in der ganzen Welt lächerlich werden, wenn ein Mensch etwas davon erführe. O ihr Mädchen! wie sehr solltet ihr dem Himmel danken, wann er euch kluge und sorgsame Mütter gibt! – Lisette! bey Leibe sag keinem Menschen etwas davon! 6. Auftritt Sechster Auftritt. Ein Bedienter. Die Vorigen. Euer hochfreyherrlichen Gnaden verzeihen! der Tafeldecker hat einen unterthänigsten Zweifel. Und der ist? Ob er den gipsenen Neptunus allein, oder auch Ludwig den vierzehnten zu Pferde, auf die Tafel stellen soll? Beyde nebeneinander – und die porzelänern Pagodeln alle um sie herum. Doch wart' Er! mein Gemahl will immer etwas von der Jagd im Aufsatze haben: – Er soll es so machen: den alabasternen Hirsch in die Mitte, den Neptunus und Ludwig neben dem Hirsche, und die Pagodeln rings herum. – Wart' Er! – ich muß das Ding schon selbst anordnen, sonst schleichen Fehler ein. – Leonore! vernünftig, aufgeräumt, und alle Hirngespinnste aus dem Kopfe! du kennst mich schon ... Geht mit dem Bedienten ab. 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Leonore. Lisette. Nun, was halten Sie von der Sache, bestes Fräulein? Ach Lisette! wenig Gutes. Ich muß alle Hoffnung aufgeben, den liebenswürdigsten Mann von der Welt verlieren, und meine Hand einem andern reichen, den ich nie werde lieben können. Das wäre gar zu traurig, mein Fräulein! – Wenn mans nur wenigstens dahin bringen könnte, daß das abscheuliche Verlöbniß aufgeschoben würde. Auch Das ist unmöglich. – Legen Sie sich zu Bette, und siellen Sie sich krank! Was könnte das helfen? Das Verlöbniß würde doch vor sich gehen. Verlöbnisse im Bette gelten nichts; besonders, wenn keine Zeugen dabey sind. Und die Zeugen würde man Ihnen doch nicht vor ihr Bette führen. Ach das sind vergebliche Anschläge, Lisette! Meine Ältern würden auf ihrem Entschlusse beharren; und ich überdem noch ihren Zorn gegen mich erwecken. Ich könnte mich aber über ihre Ältern zu tod' ärgern: wahrhaftig, sie verdienen nicht, eine solche Tochter zu haben! Schweig Lisette! Nein! ich sag es frey, sie verdienen's nicht. Eine solche Tochter ist zu vernünftig und zu gut für solche Ältern. Jedermann wundert sich, wie Sie bey dieser Erziehung so haben werden können. Nicht doch Lisette! solche Reden kann ich nicht hören. Ist mein Vater nicht der beste Mann von der Welt? Aber nicht der beste Vater. Hätt' er seine Tochter nicht zwanzigmal um ihre Einwilligung fragen sollen, bevor er seiner eigensinnigen Gemahlinn die Vollmacht überließ, sie zu verheyrathen? 8. Auftritt Achter Auftritt. Hauptmann Edelsee. Die Vorigen. Ha schönstes Fräulein! endlich glückt es mir, Sie ohne die Mama anzutreffen. Ich hab Ihnen die besten Dinge zu erzählen. Ich Ihnen die schlimmsten, mein lieber Herr Hauptmann. Weit weg mit den schlimmen! hören Sie jetzt die guten. Sie wissen, daß gestern Abends, als der Major und ich von hier nach Hause gingen, der Papa uns auf die Hälfte Wegs begleitete? Das weiß ich; mein Herz zitterte vor Freude. Ihr Herz zitterte mit Grund. Ich hab ihren Papa noch nie so freundlich mit dem Major sprechen hören. Sein ganzes Herz stand ihm offen. Und woher diese besondere Vertraulichkeit? ich verwunderte mich schon, daß sie mein Vater so spät begleitete. Der Major hatte ihrem Papa gestern erzählet, daß die Windhunde angekommen seyn, die er sich aus Ungarn verschrieb; und daß diese Hunde, laut Versicherung des ungarischen Cavaliers, der sie ihm schickte, die besten in diesem Königreiche waren. Ihr Vater kam vor Freuden außer sich, und gestand, er könnte den heutigen Morgen kaum erwarten, um diese vortrefflichen Hunde zu probieren. Er ging von diesem Augenblicke dem Major nicht mehr von der Seite. Es ist nicht zu zählen, von wie viel Kuppeln ungarischer Windhunde er uns ganze Lebensbeschreibungen machte. O, sagt' ich ihm, die Hunde des Majors übertreffen noch Alle, die Sie jemals gesehen haben können. Der ganze Papa ward Leben und Freude. Sobald ich das merkte, lenkte ich die Unterredung von den Windhunden auf ihre bevorstehende Vermählung. Der Major schlug ein; und wir sprachen nicht lange davon, als sich ihr Herr Vater erklärte, daß diese Heyrath nicht sein, sondern seiner Frau Projekt war; er hätte aber nichts dagegen einwenden wollen, weil seine Tochter bereits Beruf zum Ehestande blicken ließe, und Graf Reitbahn eine ansehnliche Parthie. wäre. Da konnt' ich mich nun unmöglich enthalten, ein Wort von der Liebe anzubringen, die der Major für Sie ... O Himmel! und was sprach mein Vater? Er erfreute sich, daß ein Mann, wie der Major, seine Tochter liebenswürdig findet. O Sie scherzen, Herr Hauptmann! Mich soll der Donner erschlagen, wenn ich Ihnen nur Ein unwahres Wort sage! Noch mehr! er fragte, ob Sie von des Majors Zärtlichkeit Wissenschaft hätten, und wie Sie sich dagegen bezeigten. Und was antworteten Sie auf diese gefährliche Frage? Ich sagt' ihm gerade heraus, daß Sie in den Major eben so verliebt sind, als Er in Sie? Ums Himmelswillen! da haben Sie was Schönes gestiftet. Gewiß nichts Böses: denn ihr Herr Vater sprach lächelnd zum Major: Herr Major! hätt ich das vor einigen Wochen gewußt; wer weiß, was geschehen wäre! O es ist nicht möglich, daß mein Vater so spricht. Mich soll der Donner erschlagen, sag' ich Ihnen. Um alles in der Welt, nur nicht, so lange Wir bey Ihnen sind! Nun kurz! Der Major läßt Sie inständig bitten, Sie sollen in ihrer Liebe standhaft bleiben; Er habe noch immer Hoffnung der Ihrige zu werden. Eitle, ungegründete Hoffnung! Wer weiß? Vieles kömmt itzt auf die Windhunde an. Sind diese gut, so macht der Major dem Papa ein Präsent damit. Und glauben Sie, daß solch ein Präsent keinen Eindruck auf die Seele ihres Herrn Vaters machen wird? – Und gesetzt auch, die Hunde machten die gehoffte Wirkung nicht; es lohnt doch der Mühe, es zu versuchen. Wahrhaftig Fräulein! Sie können keinen liebenswürdigern Gemahl unter der Sonne finden, als den braven Major, so wie Er keine liebenswürdigere Gemahlinn, als seine liebe Leonore. Sachte, ich sehe die gnädige Frau kommen. für sich. Ach nun muß ich wieder den Verliebten spielen: das ist das Schwerste von der ganzen Unternehmung. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Die Baroninn, und die Vorigen. Sie sind hier, mein Herr Hauptmann? Es ahndete mir, daß ich Euer Gnaden hier antreffen würde. Man findet mich heute nirgends sicher; ich habe an gar viel Orten zu thun. Ja gewiß! ein commandirender General hat an dem Tag einer Schlacht nicht mehr zu bedenken. Man muß ihre Geschicklichkeit besitzen, um so Vieles auf sich zu nehmen. Ein wenig Geschicklichkeit, und ein wenig Geschmack. Doch sagen Sie mir, liebster Herr Hauptmann, haben Sie noch nichts von meinem Gemahl entdeckt? Nichts! Das ist doch sonderbar! Ich verwundere mich nicht so sehr über das Ausbleiben des Herrn Gemahls; vermuthlich macht er heut eine gute Jagd: aber wo die Herren Stadtgäste so lange verweilen, das ist mir unbegreiflich. Es ist schon Mittag vorbey. Itzt wird geblasen. Eine Post – das werden die Grafen seyn. Nein! ich glaub, es war ein Hüfthorn. Vermuthlich kömmt der Herr Gemahl von der Jagd zurücke. Er läßt sonst niemahls blasen. – Man muß auf alle Fälle gefaßt seyn – Lisette! meine Zupferey. Sie setzt sich auf das Kanapee, und Lisette bringt das Zupftrühelchen. zu Leonoren. Gutes Muths Fräulein! Noch sind wir nicht ganz aus dem Felde geschlagen: wer weiß, wer am Ende Victorie schießt! Setzen Sie sich, Herr Hauptmann! Leonore, setze dich! – bringt noch mehr Sesseln her! Lisette setzt Stühle im Kreise. Wie ich gesagt: es ist der Herr Baron. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Baron Forstheim. Der Major. Zween Jäger. Die Vorigen. Glück auf mein Schatz! Glück auf! Glaubtest du nicht, ich käme gar nicht zum Essen nach Hause? Bald hätt ich angefangen es zu befürchten. Der Major küßt der Baroninn die Hand. Es wäre kein Wunder. Eine bessere Jagd hab ich in meinem Leben nicht gemacht. Das wäre ... Herr Major! sprechen Sie! Wir waren sehr glücklich. Zwölf Hasen, ohne einen Schuß zu thun! Hat sie vielleicht das letzte Hagelwetter erschlagen? Was Hagelwetter! Windhunde! mein Schatz! – Woher hast du denn die Windhunde? Dem braven, rechtschaffenen Herrn Major hab ich sie zu verdanken. Er hat sie mir geschenkt. Der Herr Major? hum – Herr Major! sagen Sie meinem Weibe, von welcher Razza diese Hunde sind. O diese Kleinigkeit verdient nicht, in der gnädigen Frau Betrachtung zu kommen. Kleinigkeit? wie modest! jeder Hund sechsmal solo zu fangen; und ihre Genealogie wäre Kleinigkeit? Herr Major! ich weiß was Hunde sind. Lorchen! hast du dem Herrn Major schon dein Kompliment gemacht? indem sie eine Verbeugung macht. Ich habe schon die Ehre gehabt. So – das war artig, freundlich – so seh ichs gerne. Sie hat Leute, gegen die sie die Freundlichkeit sehr leicht ankömmt. Sie kömmt dem Fräulein gegen Niemanden schwer an – und das ist Folge der angebornen Gefälligkeit, und der schönen Grundsätze, die sie von Euer Gnaden ... Holla! bringt mir die Hasen herein! alle! Die Jäger gehen ab. Mein Schatz! ich glaube, es werden die Gäste bald eintreffen: sie würden sich verwundern, so viele Hasen in meinem Sitzzimmer zu finden. Eintreffen? Ist der Bräutigam noch nicht hier? Nein! auch der Graf von Blumenkranz nicht, der sich einladen ließ. Blumenkranz? – der unlängst von Paris zurücke kam? Eben dieser! Wie fällt es dem affektirten Hasenfuß ein, zu mir zu kommen? Du kennst ihn nicht mein Schatz! er ist ein charmanter Cavalier, und ein Verwandter vom Grafen von Reitbahn: deswegen kömmt er auch als ein Zeuge zum Verlöbniß. Meinetwegen! Herr Hauptmann, ich muß lachen, wann ich auf unsern Diskurs von gestern Abends denke. Ich habe die ganze Nacht darüber gelacht. Der arme Major! ha! ha! ha! So viel ich merke, bin Ich der Gegenstand des Gelächters – nur zu, nur zu! leise zum Hauptmann. Was bedeutet denn das? Ich werd Ihnen alles sagen. Man bringt die Hasen. Hier sieh einmal mein Schatz! Hasen in der Menge, und alle Solo gefangen. Des Majors Hunde sind ein Königreich werth. Ich fürchte, du vergrößerst ihren Werth zu sehr. Ja wohl! Indessen schätze ich mich glücklich, daß sie Ihnen Vergnügen bringen. Sehen Sie, Herr Major! das ist der Rammler, den der Sultan viermal gerahmt hat. Ich dächte, jener wär es. Bey Leibe nicht! ich hab ihn bezeichnet; sehen Sie? – Das war ein flüchtiger Teufel! – Und ich glaube, die Bella wird noch besser laufen als der Sultan. Sie werden beyde noch besser laufen; die Reise hat sie abgemattet. Abgemattet – und doch jeder sechsmal Solo. – Mein Schatz! von sechs dieser Hasen mach' ich Dir ein Präsent; die andern sechs schenk' ich dir, Lenore! Was soll Sie damit machen? Nach Gutdünken sie weiter verschenken – aber mit dem Zusatze, daß sie von des Majors Hunden gefangen sind. Ha, ha, ha! ich muß lachen Herr Hauptmann. – Armer Major! warum sind ihre Hunde nicht um einige Wochen eher eingetroffen? Es ist mir leid: sie konnten nicht eher eintreffen. zum Hauptmann. Allgemach fang ich an mich zu ärgern. Warum gnädige Frau? es ist Scherz: ich werd' Ihnen alles erzählen. zum Fräulein, das heimlich mit dem Major spricht. Leonore, hast du nichts zu thun? Laß dir deine Zupferey bringen; und setze dich hieher! Laß ihr ihre Freude, mein Schatz. – Hier legt mir die Hasen ordentlich nebeneinander. So oft ich sie ansehe, erfreue ich mich über meine Hunde. Ungarn – ja, das ist ein ander Land als Deutschland! – Jäger macht Anstalt, daß ich gleich nach dem Essen ein paar Fasanen schießen kann. Und Abends, auf den Anstand! Die Jäger gehen ab. Mein Schatz, nach dem Essen wirst du nicht abkommen können. Warum nicht, mein Schatz? meines Schwiegersohns wegen werd ich wohl meine Lebensart nicht ändern. Man muß doch dem Grafen von Blumenkranz auch etwas zu Gefallen thun. Ha, dem Windbeutel! er kann l'ombre spielen, oder der Gesellschaft etwas von Paris vorlügen. 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Der Verwalter. Die Vorigen. Die fremden Herrschaften sind angekommen. Leonore! geschwind geh ihnen entgegen! Wenn Euer Gnaden befehlen – allein – Mein Schatz, ich glaube, das schickt sich nicht? der Baronesse ins Ohr. Bey Hose ist es nicht gebräuchlich. So bleib hier! Erlauben Sie! ich bin mit dem Grafen Reitbahn recht gut bekannt: ich werd ihn hier einführen. Er und der Verwalter gehen ab. Ja, mein lieber Herr Hauptmann! – Der Hauptmann ist doch ein charmanter Offizier. Aber mein Schatz, laß doch die Hasen wegbringen. Ich wüßte nicht, warum. Diese Cavaliers werden sich doch nicht vor todten Hasen fürchten. Aber es schickt sich nicht. Für sich. O der Mann wird mir Alles verderben! Was der Geyer! wen führet man daher – hinkend, und ein Pflaster im Gesicht? das macht einen schönen Einzug. Wer ist das, mein Schatz? Um des Himmelswillen! das ist gewiß der Graf von Blumenkranz. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Graf Blumenkranz. Der Hauptmann. Die Vorigen. 1 Ja Madam! das ist der unglückselige Graf von Blumenkranz, der bald auf die traurigste Art von der Welt sein Leben eingebüßt hätte. Sie erschrecken mich. Um des Himmelswillen, wie ist das zugegangen? O haben Sie die Gnade, lassen Sie mir einen fauteuil bringen! Gleich – oder setzen Sie sich zu mir auf mein Kanapee! Auch das. Er setzt sich neben der Baroninn. Sie sind also die Frau vom Hause? Die sich erfreut solche Gäste bey ihr zu sehen: nur betaure ich ... Und dieß wird wohl der Herr Baron seyn? Nicht anders, mein Herr Graf. Ich hätte tausend Louisd'or gewettet daß ers ist; ob er mir gleich von Physiognomie gar nicht bekannt war. O ich bitte Sie, lassen Sie mir ihren Chirurgus holen; der meinige hat sich die Nase eingeschlagen, und ist unterwegs in einem Dorfe geblieben. Allons mein Schatz! mach' Anstalt – für sich. Hundert Element! darauf hab ich nicht gedacht. – Wir müssen nur geschwind in die Stadt schicken. Wie Madam? sollten Sie keinen Chirurgus im Schlosse haben? Erlauben Sie! ich werde geschwind in meine Station nach dem Feldscherer schicken: in einer Viertelstunde ist er hier. Geht hinaus, kömmt aber bald wieder zurück. Ja, Herr Major! das wird das beste seyn. Der Herr Major ist also in der Nachbarschaft bequartirt? Auch der Herr Hauptmann. – O setzen Sie sich doch. Alles setzt sich. Es ist angenehm, auf dem Lande Nachbarschaft zu haben. Der Herr Hauptmann ist mir ganz bekannt. Ich habe bisweilen die Ehre gehabt. Sie beym Minister anzutreffen; auch bey Hofe. Ja ja! ich erinnere mich schon. Zur Baroninn. O lassen Sie mir einen Spiegel bringen! mein Gesicht muß erschrecklich zugerichtet seyn. Lisette geht ab. Ist das nicht ihr Fräulein Tochter, die Braut? Und ihre Dienerinn. Leonore macht eine Verbeugung. Mademoiselle Braut! ihr Herr Bräutigam hat mir beynah den Hals gebrochen. Wie? Graf von Reitbahn war also Ursach an diesem erschrecklichen Zufalle? Kein andrer Mensch. Er hat mich gefahren, und umgeworfen. O das sieht ihm ganz ähnlich. Er soll mich sein Tage nicht fahren! Und wo ist denn nun Graf Reitbahn? Er ist hier; konnte sich aber nicht enthalten, sogleich den herrschaftlichen Stall zu besuchen. Er wird nicht viel Rares finden; ich wende nicht viel auf Pferde. Der Graf hat doch eine ungemeine Passion für Pferde. Eine noble Passion! So noble, daß sie heut einen der ersten Grafen der Monarchie um Arm und Bein hätte bringen sollen. Aber er selbst ist doch unbeschädigt geblieben? Er konnte nicht beschädigt werden, denn er saß nicht im Pirutsch. Wie denn? ging er zu Fuße? Man gibt dem Grafen den Spiegel. Er fuhr mich en Postillon, und warf um, ohne etwas zu riskiren. Indem er sich im Spiegel besieht. Himmel! geschunden, depoudrirt, elend zugerichtet – ich werde meine Physiognomie kaum in acht Tagen retabliren. – Hier, müssen Sie wissen, ist einen Dukaten groß, die Haut völlig weg. Das ist erschrecklich. Die ganze Stadt wird von diesem Zufalle sprechen, und es wird viel seyn, wenn man ihn nicht auch in Paris erfährt. Ich bin vor Ängsten außer mir. Sie verlieren nichts dabey, Madam! Sie sind nicht Schuld daran: – Sie gewinnen noch in so weit, als die Welt gelegentlich auch von Ihnen sprechen wird. Der Baron, der Major und das Fräulein sehen einander an. Doch sagen Sie mir: was für ein horribler Geruch? Haben Sie denn gern die stinkenden Hasen in ihrem Zimmer? Herr Graf! die Hasen können unmöglich stinken. Ich fing sie allererst diesen Morgen mit meinen ungarischen Hunden. Sie sind gewiß kein Jäger? Ein Jäger? fi fi! – man hat andere Sachen zu thun. Fi fi? Sie werden doch erlauben, daß die Jagd eine noble Passion ist? Gewesen! aber – verzeihen Sie mir Baron, in diesem Siecle hat man galantere Passionen. verdrüßlich. Ja! die Petitmaitrise vielleicht – Herr Major! kommen Sie! Wo willst du denn hin, mein Schatz? Den Graf Reitbahn aufzusuchen. Geht mit dem Major ab. Er geht wirklich fort. – Der Herr Baron war wohl niemals zu Paris? Nein! aber zu Salzburg, wo er einen Bruder hat, war er einigemal. Sie gibt Lisetten ein Zeichen, und man trägt Hasen weg. höhnisch. Zu Salzburg? Einigemal. Man sagt, der dortige Hof sey sehr brillant. spöttisch. Ja – er brillirt ungemein. Seitwärts. quelles gens! Was fehlt Ihnen, Herr Graf? empfinden sie Schmerzen. Immer mehr und mehr. Wahrhaftig, ich bin Wehmuth außer mir. Wollen Sie schauerischen Balsam nehmen? ich hab ihn so echt als möglich. Bemühen Sie sich nicht, ich nehme mein Tage nichts Chymisches. Aber mit ihrer Erlaubniß werd ich mich etwas commoder machen. Er legt einen Fuß auf den Tisch. Lenore und der Hauptmann sehen einander an. So, Herr Graf! Thun Sie, als ob Sie zu Hause wären! Das Fräulein Braut ist recht charmante – und angezogen – pour se mettre à genoux. – Was haben Sie für eine Kammerjungfer? Die Sie dort sehen. Sie hat zwey Jahre bey Hofe gedient. Aber Sie Madam, sind eben so superieurement bien: recht à quatre epingles – Ich gebe alle selber an – auch meiner Tochter. spöttisch. Sie zeigen ungemein viel Geschmack und Kenntniß der Welt. O Herr Graf, wenn man gleich auf dem Lande lebt, weiß man doch, wie es in der Hauptstadt zugeht. Mademoiselle! Sie machen eine sehr vortheilhafte Parthie – reich und vornehm. Sie müssen wissen, daß der Graf von Reitbahn nahe mit mir alirt ist. Das ist alles, was man sagen kann, um die Vorzüge seiner Familie zu beweisen. zu Lenoren. Der Mensch ist ein unerträglicher Geck. Ich weiß es, daß die Grafen von Blumenkranz sehr alt und vornehm sind. Man braucht nur zu bedenken, daß bey dem großen Turnier zu Worms, unter Friedrich dem dritten, schon Blumenkränze waren. Davon kann ich Zeugniß geben. Ich habe vor wenig Tagen im historischen Bildersaal gelesen, daß bey eben diesem Turnier ein Blumenkranz zweymal aus dem Sattel geworfen ward. Sie haben recht. Sie werden auch gelesen haben, daß damals die Ritter, die aus dem Sattel geworfen wurden, den Preis davon trugen. Schade für diese alte Gewohnheit: Sie hätten sich heut auch Ehre erworben, da Sie aus dem Pirutsch fielen. Das Fallen scheint ihrer Familie ganz eigen zu seyn. Ja wirklich! auch zu Paris fiel ich bey einem sehr prächtigen Karussel vom Pferde, da ich den Kopf mit dem Degen nehmen wollte. Der König konnte nicht aufhören zu lachen, und die ganze Welt war begierig zu erfahren, wer ich wäre. Von dieser Stund an ward mein Nahme in ganz Frankreich bekannt. seitwärts. Eine schöne Epoche! Aber Herr Graf! Paris muß doch ein unvergleichlicher Ort seyn. O Himmel! erinnern Sie mich nicht daran! – Das ist der einzige Ort in der Welt. Das hab' ich schon öfters gehört: Paris und London? Ha London – vilainie, vilainie! Wie so? Ein grobes, unwissendes Volk, das da glaubt, ein Mensch sey so gut wie der andere; und das aus unser Einem, wenn er auch noch so viel Geld verzehrt, weniger macht, als wir hier aus – aus einem französischen Koche. Pfui! ich hätte nie geglaubt, daß man in London so dumm seyn könnte. Trotz in Holland und in der Schweiz. Sind die Schweizer auch so? Die sind die ärgsten. Ich will Ihnen nur Einen Trait erzählen. In Bern fuhr ich über den Platz, als eben der Magistrat en Corps aus der Kirche nach dem Rathhause ging – und ich war in einer recht gar schönen Equipage. Die Passage war ein wenig eng, wo mir diese feinen Herren begegneten; und ein vierschröttiger Rathsherr, anstatt mir Platz zu machen, befahl meinem Kutscher anzuhalten. Ich schrie aus der Kutsche, ich müßte nothwendig passiren: – Nur Geduld! war die Antwort. Mir verging aber die Geduld, wie Sie leicht denken können; und ich sagte mit allem Ernste: ich fey der Graf von Blumenkranz. Was denken Sie, was man mir geantwortet? – Herrchen! weder als Graf, noch als Blumenkranz bist du berechtigt, den Magistrat von Bern auf der Straße anzuhalten. Du sollst aber doch passiren, wenn du uns sagst, warum du ein Graf bist. Diese Frage sürprenirte mich; ich wußte nicht gleich, was ich antworten sollte; und mußte, so wahr ich ein Cavalier bin, warten, bis der ganze Magistrat vorüber war. Wahrhaftig! diese impertinente Frage hätte mich selber embarassirt. Natürlich! wer Teufel kann das Warum von allen Dingen wissen? Wissen Sie, was ich geantwortet hätte? Nun? Ich sey ein Graf, weil es mein Vater war. In der That! das hätten Sie antworten sollen. Wer weiß, ob diese unhöflichen Leute nicht neue Zweifel in dieser Antwort gefunden hätten. Es ist nichts mit ihnen zu thun. Glauben Sie mir Madam, es ist kein Ort in der Welt, wie Paris. 13. Auftritt Dreyzehnter Auftritt. Graf Reitbahn. Baron Forstheim. Der Major und die Vorigen. Ha meine liebste Schwiegermama! Er küßt ihr die Hand. Wie gehts? hat mich Blumenkranz nicht verklagt, daß ich ihn umgeschmissen habe? Das haben Sie aber nicht gut gemacht, Graf von Reitbahn. Ein großer Stein war Ursach. – Und Sie meine schöne Braut! Er küßt ihr die Hand. Da sehen Sie nun, daß es mit uns Beyden Ernst wird. Sie haben es nicht glauben wollen. Wahrhaftig! – schön wie ein Engel – was für Vergnügen – Sie nur zu sehen! Sie hätten dieses Vergnügen eine halbe Stunde früher haben können. Nicht doch! ich war kaum eine Viertelstund'im Stalle – und wäre gewiß länger geblieben, wenn ich nicht meine schöne Braut dort vermißt hätte. Er küßt ihr noch einmal die Hand. Vermißt? – hätte sie dich nicht etwa im Stalle erwarten sollen? O wie würd' ich ihr geschmeichelt haben – dem lieben kleinen Polederchen! Leonore, der Hauptmann, und der Major sehen einander an. Sie sagen mir ja die verbindlichsten Dinge. Wissen Sie Mama, was mich so lang im Stall aufgehalten hat? Vermuthlich die Ordnung, die Sie da fanden? die Portraits? Nein – o das ist ein närrischer Gedanke, die alten Ritter dahinunter zu hängen. Wohl wahr! Wer Geyer mein Schatz, hat alle meine Vorältern im Stall aufgehängt? Ich werd' es dir schon sagen, mein Schatz. Nu Graf Reitbahn? Des Herrn Major seine Schäcken, die im andern Stalle stehen, haben mich so lang' aufgehalten. Der Teufel das sind schöne Thiere! – aber sinds wirklich Böhmen, Herr Major? Böhmische Gestütpferde. Parbleu! Für Böhmen sind sie schön. Und sechsjährig! – aber probieren möcht' ich sie einmal, wenn Sie erlaubten. Von Herzen gern; wann Sie wollen. Parola! nach dem Essen. Wenn sie so gut, als schön sind, so ist das der erste von allen Postzügen, die ich kenne. Der Herr Major hat lauter schöne und gute Sachen. Er hat mir heute zween ungarische Windhunde geschenkt; es sind keine in Europa. Müd und matt, denn sie kamen erst gestern an, hat jeder sechs Hasen solo gefangen. Apropos Frau Schwiegermama! Fräulein Braut! wissen Sie, was mir geschah, als ich das vorigemal von hier nach Hause ritt? Nu? Der schöne Falbe – mein bestes Reitpferd – ich möchte weinen – Was ist ihm geschehen? Der ist hin. Der schöne Falbe, hin? Hin! hin! ich muß ihn etwas zu viel angespornet haben; er wurde mir noch eben die Nacht krank, und krepirte den folgenden Tag. Ich war drey Tage fast närrisch um den Gaul. Daran sind Sie Schuld Fräulein Braut: sehen Sie, was man ihrer Liebe alles aufopfert! Ich betaure Sie recht sehr; aber noch mehr den armen Falben. Er war der beste Grabensetzer, den ich in meinem Leben gesehen habe: auch in England ist keiner. Der Geyer! das wär' ein Gaul zum Hasenhetzen gewesen? Zu jedem Gebrauch; aber in England, beym Wettrennen, hätte man ihn am besten nützen können. Reden Sie nichts von England Herr Schwiegersohn! Graf von Blumenkranz hat uns eben erzählt, welch ein schlechter Ort London, in Vergleichung mit Paris, ist. Blumenkranz weiß den Teufel. Er wußte London nicht zu genießen. Parbleu! ich kam dort manchen Tag auf das achte, neunte Pferd; und gewann öfters meine vier, fünf hundert Guineen in einem einzigen Rennen. Wer kann das von Paris sagen? Aber wie hast du es denn angestellt, daß du dir nicht den Hals gebrochen? Das achtet man dort nicht; man hat Ehre davon. Mein Hals hätte heut weniger riskirt, wenn dir diese Ehre damals zu Theil worden wäre. Aber Fräulein Braut! Sie sprechen gewiß von den schönen Schäcken so viel mit dem Herrn Major? nicht wahr, das wär' ein Postzug für uns? Er gefällt mir ungemein. Dir hat kein Postzug zu gefallen! Lisette! man soll die Speisen auftragen. Ich bitte um Vergebung Mama: mich freut es, wenn sie Pferde liebt. Das sicherste Merkmahl eines nobeln Gemüths. Geduld Fräulein Braut! wer weiß, ob sie uns der Major nicht zukommen läßt? Ein paar hundert Dukaten – Die Herren Offiziers brauchen öfters Geld. Sie nehmen mirs nicht übel; ich rede gern frey. So frey Sie wollen, es geht den Herren Stadtcavaliers auch nicht anders. Eben so! das Geld ist nirgends beständig, als bey den Landjunkern. Die werden täglich reicher, und wir in der Stadt ärmer. Wirthschaftet wie wir! reiset nicht so oft nach Paris! äffet weniger die Windbürschel nach, die euch läppische Moden aus Frankreich bringen; so wird es euch nicht immer am Gelde mangeln! – Auch ich rede gern frey. Gar zu frey, Herr Baron! Sie führen eine insüportable Sprache. Und doch, Blumenkranz! ich finde, daß mein Schwiegervater Recht hat. Ich könnte dir gleich ein halb Dutzend unsrer reichsten Familien nennen, die durch eine einzige Pariserreise arm geworden sind. Und was haben sie dafür? daß sie in Frankreich und Deutschland ausgelacht werden. Da ist London ein andrer Ort: dort kann wenigstens ein guter Reiter reich werden. Ich habe den Geyer von beyden! die Parforcejagd ausgenommen, versteht man weder in Frankreich noch England etwas von der Jagd. Meine zween Windhunde – der Sultan allein, ist mir lieber als alle hochgepriesenen Londner und Pariser Herrlichkeiten. seitwärts gegen das Parterr. Ich kann den ungehobelten Baron nicht ansehen. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt. Der Verwalter. Und Bediente, die an beyden Seiten der Thüre Spalier machen. Die Speisen sind auf der Tafel. Bravo! so gehen wir essen. Gehen wir! – Aber apropos! wann werden wir denn die Ringe wechseln, Fräulein Braut? Ich denke, Abends, ehe Sie zurücke fahren, wird es zu dieser Ceremonie noch immer Zeit seyn. Ja wohl Ceremonie! die Herzen haben wir schon lange gewechselt. O Ciel! wie schwer fällt mir das Aufstehen! Lassen Sie sich führen Herr Graf. Zween Bediente führen ihn. Ha! und ich führe Sie, meine liebe Schwiegermama. Allons Herr Major! nehmen Sie die Lenorl! – Herr Hauptmann! ich muß von Herzen lachen über den armen Major. Warum hab' ich ihn nicht um sechs Wochen eher so gut gekannt! Wer hätte vermuthet, daß er so vortreffliche Windhunde auftreiben würde. Wahrhaftig! ich betaure den ehrlichen Mann. Ende des ersten Aufzugs. 2. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Lisette. Der Verwalter. Zween Bediente, die einen Tisch bringen. Nahmen Sie aber die holländischen Koffetücher, Jungfer Lisette? Die schönsten, die wir haben. Die gnädige Frau empfahl mirs nachdrucksamst. Natürlich! es wär' ein Hauptfehler, wenn heute nicht alle ihre Schönheiten an das Tagslicht kämen. Zu den Bedienten. Hieher den Tisch. Der Tisch wird in einer Entfernung von etlichen Schritten von dem andern Tische gesetzt: Lisette breitet ein Koffetuch darüber; das andere läßt sie einen Bedienten auflegen. Ha, beym Geyer! das sind wirklich schöne Koffetücher! Das glaub ich wohl; die ganze holländische Flotte drauf! – Graf Blumenkranz muß sie schön finden, er mag wollen oder nicht. – Werden sie denn bald aufstehen von der Tafel? Man hat schon das Dessert aufgetragen. Nun die Koffetassen geholt! sie gehören dorthin – die Rosoligläser hieher. Die Bedienten gehen ab, und bringen das Befohlene auf die zween Tische. zu den abgebenden Bedienten. Auch muß man des Majors Schäcken anspannen lassen. Zur Lisette. Graf Reitbahn wird sogleich wegfahren. Ich weiß es: er probirt die Schäcken. – Aber sagen Sie mir, Herr Verwalter oder Interimshofmeister: wie geht es zu an der Tafel? Unter uns gesagt! recht bunt, meine liebe Lisette. Unser Fräulein, däucht mich, hat sich nicht am besten nach dem Sinne der Frau Mama aufgeführt. Wie so? Sie sitzt zwischen dem Major und ihrem Bräutigam; und der Major hört wohl eher hundert Worte von ihr, als der Bräutigam Eines. O weh! und wie bezeigt sich dieser dabey? Zum Glück war er immerfort in die eifrigsten Diskurse vom Reiten und Fahren, und besonders von des Majors Postzuge vertieft. Aber die Baroninn schnitt zuweilen saure Gesichter. Brach aber doch nicht los? Nein! denn Graf Blumenkranz machte ihr von einer andern Seite noch mehr Verdruß. Wodurch denn der charmante Blumenkranz, den sie so sehr erhebt? Er wollte ihr nichts, gar nichts loben. Er fragte sie gleich Anfangs, ob sie einen französischen Koch habe; und sobald er ein langsames Nein aus ihr erpreßt hatte, wollt' ihm durchaus nichts mehr schmecken. Das ist affektirt! die Kocherey war heute gewiß nicht übel. Sie wissen, daß ich wegen der stinkenden Stalljungen, die aufwarten mußten, vor dem Essen Rauch machen ließ? Nu? Graf Blumenkranz kann keinen Weihrauch riechen. Mit einem eau de lavande Fläschchen an der Nase, versicherte er der Gesellschaft, er sey nie mehr als heute von der Stärke seines Naturels überzeugt worden, weil er bey allen dem abscheulichen Geruche nicht in Ohnmacht gefallen. O Himmel! und wurd' über diese Versicherung nicht die Baroninn ohnmächtig? Ich weiß nicht, ob sie es recht verstand. Sie war eben mit einer Ordre an die Musik beschäftigt. Und diese Musik – es ist zum lachen – mit der Hälfte des ersten Menuets mußte sie aufhören. Darum hörte ich nichts davon. Graf Blumenkranz bath um alles in der Welt, man möchte wenigstens seiner Ohren schonen, da schon seine Nase auf viele Wochen verdorben sey. Wie? und die Baroninn zog noch nicht auf ihn los? Sie hatte Lust; aber der Graf fand Mittel, durch zwey, drey französische Wörtchen ihren Zorn zu entwaffnen. Und was unternahm denn der Herr Baron bey allen diesen Umständen? Unter uns gesagt! er trank wacker darauf los, und bekümmerte sich um nichts. Bisweilen erzählte er etwas von der Vortrefflichkeit der ungarischen Windhunde: allein es gab ihm kein Mensch Antwort, als einigemal der Major. Am End' aber, da man das Dessert auftrug, fieng er an lustig zu werden – denn betrunken ist er heute doch nicht – und da mußte die ganze Gesellschaft mit ihm Brüderschaft trinken. Das hätt ich vorher sagen können. Nun wissen Sie genug, Lisette. Ich muß wieder zurück, sonst möchte mich die Herrschaft vermissen. Im Abgehen zum Notarius, der eben kömmt. Gehorsamster Diener, Herr Notarius! 2. Auftritt Zweyter Auftritt. Notarius. Lisette. Sie kommen noch zu früh, Herr Notarius! die Herrschaften sind noch an der Tafel. Vigilantibus jura scripta sunt, Jungfer Lisette. Lieber zu früh als zu spät. Ich weiß wohl, daß die hohen Herrschaften gnädigst resolvirt haben, erst gegen Abend den Heyrathsbrief in Ordnung zu bringen: allein ich kann schon warten. O lieber Herr Notarius! ich zweifle noch, ob aus der Heyrath etwas wird. Warum Jungfer Lisette? äußern sich vielleicht impedimenta? Das nicht: aber der Herr Bräutigam will noch vor dem Verlöbniß mit vier abscheulich schlimmen Hengsten spatzieren fahren; und da wird er sich vermuthlich den Hals brechen. Deus avertat! Der hochgräfliche Herr Bräutigam wird doch die hochfreyherrliche Familie nicht in solchen Jammer versetzen. – Doch Sie scherzen, Jungfer Lisette: immer lustig, immer artig! – wann werd ich denn das Glück haben, auch für Sie einen Contractum matrimonialem aufzusetzen? So schön und artig – sollten Sie nicht auch einst den Anfällen des männlichen Geschlechts nachgeben müssen? Dazu erwart' ich noch ein Beyspiel von ihrer Nachgiebigkeit, Herr Notarius. Jungfer Lisette! ich bin weichherziger, als sie vielleicht glauben. Auch wir Gelehrte sind nicht von Holz. Wenn ich einmal Gelegenheit fände, mich recht mit Muße gegen Sie zu expectoriren – Gegen mich? Ja meine unvergleichliche Mamsell, just gegen Sie. Nu! Wer weiß? ich schätze die Rechtsgelehrsamkeit sehr hoch. Gut! das Zeichen eines billigen Herzens. – 3. Auftritt Dritter Auftritt. Graf Reitbahn der im Herausgehen seine Serviette ablegt. Die Vorigen. Ha, das Sitzen nimmt kein Ende! Lisette, sind des Majors Schäcken angespannt? Befohlen ist es. Der Herr ist gewiß der Notarius? Euer hochgräflichen Gnaden gehorsamst aufzuwarten. Eben recht! versteht sich der Herr auf Pferde? Auf Pferde? – es schlägt zwar nicht in mein Officium ein; allein so – mediocriter, Euer hochgräfliche Gnaden. Studirte Leute sollen sich auf Alles verstehen. Der Herr muß mit mir fahren. Verzeihen Sie gnädiger Herr! es wäre mir zwar eine unaussprechliche Ehre; allein – Keine Komplimente! ich bin nicht aus der Zahl der hoffärtigen Cavaliere; mir ist ein gelehrter Mann so lieb, als ein ungelehrter. Der Herr muß mitfahren. Euer hochgräfliche Gnaden bedenken nur – Da hilft nichts. Geh der Herr hinunter, und seh er, ob angespannt ist. Ich will gehorsamen; aber um des Himmels Willen! – Lisette verhindern Sie doch – Geht ab. 4. Auftritt Vierter Auftritt. Graf Reitbahn. Lisette. Lisette! ich hätte etwas mit dir zu sprechen: aber du müßtest aufrichtig seyn. Ich kann nie anders seyn, mein Herr Graf. Gegen Mich solltest du es von Rechtswegen seyn. Du weißt, daß du mit deinem Fräulein zu mir in den Dienst kömmst? Man sagte mirs zu meiner größten Freude. Du sollst es recht gut bey mir haben – wie meine zweyte Frau. Gut bezahlt, nichts zu arbeiten, und zwey Pferde sammt einem tüchtigen Kutscher, bloß zu deiner Bedienung. O das wär' unvergleichlich! Auch sollst du gleich itzt – aber aufrichtig! – zum voraus ein Zeichen meiner Freygebigkeit erhalten! sieh! – hier sind zwey Souverainsd'or. Das ist zu viel gnädiger Herr – Sie werden alsdann glauben, ich sey nur des Geldes wegen aufrichtig; und ich habe doch mein Lebtage nichts um Geld gethan. Possen! Sage mir, hat dein Fräulein nicht eine Neigung für den Major? für sich. O das ist gut! ich will dir die Lust vertreiben! Zum Grafen. Eine Neigung fragen Sie? – Sie könnten mich verrathen, wenn ichs Ihnen sagte – Ich will den Hals brechen – gleich jetzt mit des Majors Hengsten will ich mir ihn brechen, wenn ich dich verrathe! Wohl! weil Sie mir so theuer schwören, will ich ihnen alles entdecken. Unser Fräulein ist zum Sterben in den Major verliebt. Ha ha! ich bin nicht so dumm, daß ichs nicht merken sollte. Aber das Mädchen war dumm, daß sie mirs merken ließ. Ich werde sie nicht lange hier lassen; und in der Stadt will ich ihr den Zügel so kurz halten, daß der Major seine Schäcken todt fahren soll, eh er sie nur zu sehn bekömmt. Das ist ganz gut – wenn sie sich nur nicht schon zu viel gesehen haben. Ha, du bist nicht gescheid. Die Mutter hat ja beständig das Auge auf dem Mädchen. Die Mutter? – Herr Graf – ich will eben nichts Positives sagen: das sind gar kützliche Sachen – allein – wegen der Mutter – merken Sie denn nichts? – Doch, ich möchte zu viel sprechen – Sprich Lisette! ich will Alles wissen; und mein bestes Pferd soll mir kollerisch werden, wenn ich dich verrathe! Ei, was fragen Sie nach Einem Pferd! Ich selbst will es werden; wenn ich dir nicht Wort halte! – Unsere Baroninn ist ja selbst verliebt. In wen? In den Hauptmann! – Haben Sie denn das nicht bemerkt? – Lisette! Hol mich der Fuchs! Sie sahen während des Essens einander alle Augenblick an. – Potz Wetter! das ist ein übler Umstand. Wenn die Mutter verliebt ist, kann die Tochter freylich machen, was ihr beliebt. Allein etwas Übels müssen sie ja nicht denken! das Fräulein ist viel zu tugendhaft – und auch die Mama – man kann wohl jemanden gerne sehen, ohne seiner Pflicht zu vergessen. Ich selbst war schon mehr als einmal verliebt, und ich könnte gleich schwören, daß meine Ehre noch durch keinen unerlaubten Gedanken – Schwör nicht Lisette! ich sehe schon aus deiner Aufrichtigkeit, daß du ein ehrlich Mädchen bist. Ich vermuthe auch von deinem Fräulein nichts Arges: aber es ist mir schon unangenehm, daß sie einen Andern lieber haben kann, als mich. – Ich bin verdammt, wenn sie der Major nicht durch seine Schäcken verblendet hat. – Ich geb' ihr nicht Unrecht; die Schäcken könnten auch mich verblenden, wenn ich ein Mädchen wäre. O ganz gewiß haben das die Schäcken gemacht; darum will er sie nicht weggeben. Man both ihm schon 200 Dukaten dafür. Wer both sie ihm? Ein Cavalier! sein Nahme ist mir nicht bekannt. Der soll sie nicht bekommen; ich gebe gerne 300 dafür – wenn sie anders gut sind. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Der Notarius. Die Vorigen. Ich habe Euer Gnaden gehorsamst zu referiren, daß das Pirutsch angespannt ist. Gut Herr Notarius! komm der Herr! ich will als Postillion fahren; Er soll im Pirutsch sitzen. Erlauben Euer hochgräfliche Gnaden Ihnen eine unterthänigste Remonstration zu machen. Nichts Remonstration! komm der Herr! Er führet ihn beym Arme weg. Lisette! wir sprechen noch mehr von dieser Sache! itzt hab' ich nicht Zeit. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Lisette allein. O das war unvergleichlich! zwey Souverainsd'or – und vielleicht meinem armen Fräulein gedient. – Wenn er mich nur nicht verräth! – Nein! das thut er nicht: und thät ers – es war ja niemand dabey; ich läugne es rund ab. 7. Auftritt Siebenter Auftritt. der die Thüre öffnet. Lisette! den Kaffe! die Herrschaften sind schon von der Tafel aufgestanden. Lisette und der Verwalter gehen ab. Graf Blumenkranz und der Hauptmann. Ha! wie leicht ist mirs jetzt, daß ich das erschreckliche Mittagmahl überstanden habe! – quelle gargotte! ich wollte gern einge hundert Louisd'or mehr schuldig seyn, wenn ich nicht daheraus gekommen wäre. Warum? es sind doch gute Leute. Wenn sie ihre Sachen nicht auf das Beste anzuordnen wissen; so thun sie doch gewiß alles recht gern, was sie thun. Aber ist unser Einem dadurch geholfen? ich bin, le diable m'emporte, itzt hungriger, als ich vor dem Essen war. Es war nichts zu genießen. Ich bin ganz satt. Und, Herr Graf! es waren doch einige Speisen recht gut zugerichtet. Ich war so unglücklich auf keine zu gerathen. – Und schon der Gestank in dem Speisesaal! die entsetzliche Musik! die elende Bedienung, da die Kerls herumliefen wie die Narren, und keiner wußte, wie er nur einen Teller geben sollte! die bürgermäßigen Propos des Herrn Barons! Alles zusammengenommen, kann ich schwören, daß ich in meinem Leben an keiner execrablern Tafel saß. Sie sind zu delikat Herr Graf, gar zu delikat. Das sagt man hier Landes von uns allen, die wir Paris kennen. Aber ich kann nun nicht helfen, daß mein goût für diese Länder zu fein ist. Kommen Sie denn oft hieher, Herr Hauptmann? Fast täglich, und recht gern. Ihr Herren seyd hier verliebt. Wo man verliebt ist, findet man Alles schön und gut. Ich beneide sie nicht; sie müssen ihr amusement theuer bezahlen. Verliebt? was fällt Ihnen ein? Hum! von Ihnen will ichs noch im Zweifel lassen; denn wahrhaftig! die entreprise wäre zu kühn: aber der Herr Major ist es doch gewiß! Das könnte wohl seyn – doch – Mein dummer Cousin kommt hier übel zu Paß. Ich will eben nicht behaupten, daß er nicht besser thäte, wenn er diese Heyrath gar unterließe ... Wenn es noch möglich wäre, sie zu hintertreiben, so thät ichs gewiß – bloß der barbarischen forschtheimischen Familie wegen. Man kann wahrhaftig keine größere Sottise begehen, als sich mit einer solchen Familie zu encanailliren. Versuchen Sie es! vielleicht können Sie es doch noch verhindern. Nun ist es zu spät. Hätt' ich aber diese Leute, zumahl den Herrn Baron, dieses Muster eines Ours mal lêché, vorher gekannt; es wäre gewiß nicht so weit gekommen. – Was der Landlimmel mich mit seiner Bruderschaft importunirte! Ich habe in meinem Leben keinen so vierschrötigen Bruder gehabt. Was konnt' ich machen? Mit Wölfen muß man heulen. Wenn er mich aber in der Stadt Bruder nennt, so geb' ich ihm, Foi de Cavalier! keine Antwort. Sie handeln klug, daß Sie hier Nachsicht brauchen. Aber wegen der Heyrath könnten Sie, glaub' ich, noch immer Mittel finden. – Wenn zum Exempel das Verlöbniß unter irgend einem Vorwand aufgeschoben würde – und – doch, man kömmt schon. Herr Graf, lassen Sie ihren Unwillen nicht merken! Der Himmel bewahre! der Herr Baron scheint mir très capable, Einem eine Impertinenz anzuthun. 8. Auftritt Achter Auftritt. Der Major, der die Baroninn führt, der Baron. Leonore. Die Vorigen. Sie haben uns plantirt, Herr Graf. Point du tout! Ich gab mir die Ehre, ihren Vortreter zu machen. Gar zu complaisant! Hier sind die Rosoligläser, Major! hieher setze dich! Kaffee mag ich in meinem Leben nicht. Auch ich achte ihn wenig. Mein lieber Major! wir haben doch sehr viel Gleiches in unserm ganzen Wesen. Und Sie setzen sich zu mir, Herr Graf! Mit viel Vergnügen. Man setzt sich. Kaffee und Rosoli wird gebracht und eingeschenkt. Herr Bruder Blumenkranz! du hast heut gar nichts gegessen. Du mußt einen sonderbaren Magen haben. Mon frere! ich glaube, mein Magen ist durch den unglückseligen Fall aus dem Pirutsch derangirt worden – ich will ihn durch die Diät wieder in Ordnung bringen. Durch die Diät wird kein Magen in Ordnung gebracht. Ein paar Gläser Rosoli trink! das wird dir besser thun. Bey Leibe keinen Rosoli, mein Schatz! er könnte dem Grafen Wallungen im Geblüte verursachen. Meinetwegen! es ist mir auch recht. Aber wie empfinden Sie sich itzt Herr Graf? Auf die Diät schon viel besser. Ich denke, es wird heute noch alles gut werden. Das erfreut mich. – Lisette! bereite nun die Spieltische! – Apropos! ich glaube, wir könnten im Garten spielen; oder wenigstens in der Salaterrena? Was glauben Sie Herr Graf? Das Wetter ist schön; spielen wir im Garten. Und was spielen Sie, Herr Graf? Nichts als Ombre. Mein Favoritspiel! Wir zwey also – wer macht den dritten? – Herr Hauptmann? Es geschähe mir eine Gnade; allein das Fräulein spielt gern Ombre. Ja ja! die Braut muß mit uns spielen. Es wäre gefehlt, wenn sie heute nicht am ersten Spieltische säße. Nicht wahr? Wenn Sie so befehlen – Ich hätte ihr eine Parthie mit dem Graf Reitbahn gemacht. Wer weiß noch, wann ihm des Majors Hengste die Rückkehr verstatten werden! Ja wohl: das Fräulein muß mit uns spielen. Wie Sie befehlen. Und was spielst du, mein Schatz? Nichts, mein Schatz. Ich werde mit dem Major im Garten herumgehen. Er ist heute so traurig; ich will ihn ein wenig ermuntern. Aber du gehst doch nicht auf die Jagd? Diesen Nachmittag will ich euch die Jagd sacrificiren. Ich bin dir recht sehr verbunden. – Lisette, also nur einen Ombretisch im Garten! Lisette geht ab. Herr Graf, keinen Kaffee? Ein wenig, aber sehr wenig will ich versuchen. zum Major. Trink Herr Bruder, und sey lustig! Recht gern, aber viel darf ich nicht trinken. Vier, fünf Gläschen, was will das sagen! Der Kaffee ist excellent. Meine Schwester verschafft mir ihn immer; sie hat einen Türken, der sie bedient. – Einen Türken, der sie bedient? Ja, von Alexandria! – Herr Haupt mann! noch eine Tasse! Euer Gnaden kann man unmöglich etwas abschlagen. Mein Herr Schwiegersohn konnte den Kaffee nicht abwarten. Das ist doch eine gewaltige Pferdpassion, die der Cavalier hat! Eine Pferdpassion? Madam, ich fürchte, Sie exprimiren sich dießmal nicht gut: seine Passion ist ja recht plausible – Er zeigt auf Leonoren. Oder eine Passion für die Pferde, wollt ich sagen. Wie kritisch Herr Graf! – doch, von Leuten Ihres gleichen lernet man gern. zum Major ernsthaft. Der Geyer! Blumenkranz ist doch ein gescheider Kerl: das hätt' ich nicht von ihm erwartet. O er strotzet von Pariserwitz! Nun, wer erzählt etwas Neues? nach dem Essen hör ich gern Neuigkeiten. Der Herr Graf könnte uns das Meiste erzählen. Er ist immer bey Hofe und in der großen Welt. Der Hof dermalen so arm an Neuigkeiten, oder so geheim damit, daß man wenig wüßte, wenn man nicht andere Sourcen hätte. Apropos! Ich will Ihnen etwas erzählen. Wissen Sie, daß ihr Nachbar, der Graf Lembrand, das Land verläßt, und künftig für beständig in der Stadt wohnen wird. Da thut er recht vernünftig, ma foi! Vernünftig? Der Narr hat den schönsten Fasangarten in der ganzen Gegend. Die Jagd überhaupt verpachtet er an – einen andern von seinen Nachbarn. Wie kömmt es ihm denn auf einmal in den Kopf, in der Stadt zu wohnen? Man sagt, seine Frau habe ihn überredet. Der dumme Auerhahn! schon drey Jahre verheyrathet, und noch immer in der Faltz! so in der Faltz, daß er nicht einmal merkt, warum seine Frau in der Stadt wohnen will. Alle Menschen wissen von ihrem Amourettel, nur Er nicht. Wer soll nicht von dieser uralten Intrique wissen? sie dauert ja schon bald ein halbes Jahr; und ist darum recht remarquable, weil sie itzo wirklich für die älteste in der Stadt gehalten wird. Vielleicht thut man der armen Lembrand unrecht – wie es uns Weibern öfters ergeht. Kann auch seyn – das ist mein geringster Kummer: ich ärgere mich nur, daß der Dummkopf die schöne Jagd verpachtet. – Blumenkranz! erzähle Du uns etwas Neues – etwas Politisches, das hör' ich gern. Gestern zischte man sich bey Hofe in die Ohren, drey Republiken hätten einen Traktat miteinander geschlossen. Drey Republiken? Holla! das geht gewiß über den Türken los. Major! da kommt ihr auch mit ins Spiel. Ich habe davon gehört – es ist nur ein Commerzientraktat. Der Geyer auch! wozu sollten Republiken Commerzientraktate schließen? Nein, da steckt was anders dahinter. Die Maltheser sollen auch schon in der schwarzen See herumkreuzen: das kann kein Commerzientraktat seyn! Und doch mon frere! an einen Türkenkrieg ist, pour à present, nicht zu gedenken. Wir unsrer Seits fangen keinen an; dafür garantire ich: Sie noch weniger. Der Minister hat vorgestern in meiner Gegenwart die Nachricht erhalten, daß der Sultan gefährlich krank ist. Wer? der Sultan? der Sultan? – Major! ich muß lachen. Das war eine falsche Nachricht mein lieber Blumenkranz! Eine falsche Nachricht? Wer kann denn zuverlässigere Nachrichten haben, als der Minister? Von dieser Sache – Ich. Der Sultan krank – ha ha ha! Ja ja, und man setzt noch hinzu, er liege an einem hitzigen Fieber. Alles erlogen! Da kann man sehen, was für Lügen in der Stadt herumgehen. Blumenkranz, wenn du zum Minister kömmst, so sag' ihm auf mein Wort, daß man ihn belügt, und daß weder der Sultan noch die Bella krank seyn kann, da mir erst heute jeder sechsmal solo gefangen hat. seitwärts. O quelle bête que ce Baron! Mir scheint, sie verstehen einander nicht wohl. Graf Blumenkranz spricht vom Sultan zu Constantinopel, vom türkischen Kaiser. Vom türkischen Kaiser? – Das ist was anders. So soll er ihn mit seinem Nahmen nennen. Der türkische Kaiser kann krank seyn; das bekümmert mich wenig. O Ciel! – Madam! wollen wir nicht unser Spiel anfangen? Ich bin bereit. Sie stehen auf, und der Kaffeetisch wird abgedeckt. So kommen Sie, ich werde die Ehre haben Sie zu führen. So wollt ihr itzt schon spielen? – Major! wir bleiben noch hier. Komm aber bald nach, mein Schatz! Sobald wir das Fläschchen ausgeleert haben. Alle, bis auf den Baron und den Major, gehen ab. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Der Baron und der Major. Es ist mir recht lieb, daß sie uns allein lassen. Armer Major! Du bist noch immer traurig! steckt dir noch das Mädchen im Kopfe? Ach Herr Baron! ich werde sie nie vergessen. Soll ich nicht traurig seyn – erwägen Sie! ich liebe mit aller Zärtlichkeit, deren ein menschliches Herz fähig ist; ich finde auch das Fräulein gegen meine Liebe empfindlich – noch mehr, ihr redlicher Vater tadelt unsere Liebe nicht – und doch muß ich sie in die Arme eines Andern übergehen lassen, der weder die Größe seines Glückes, noch die Verdienste ihrer Tochter zu schätzen weiß. Das ist alles wahr, mein lieber Major; allein da es nicht mehr zu ändern ist, warum willst du dich kümmern? An mir ist die Schuld nicht. Ich sagte dir schon, daß ich das Mädchen lieber Dir gegeben hätte, als dem Reitbahn. Reitbahn ist zwar eine gute Parthie; aber auch en Erznarr, der auch sein Weib zur Närrinn machen wird; wenn er ihr nicht gar einmal im Spatzierenfahren den Hals bricht. Es wäre mir also hundertmal lieber, wenn sie Dein Weib würde. Ich weiß, daß du ein braver Kerl bist, der bey der Armee in Achtung steht. Zu leben würdet ihr auch haben; ich geb' ihr doch jährlich 4000 Gulden, und damit würdet ihr gewiß auslangen. Sterb ich einmal so kriegt sie mein ganzes Vermögen, das, wie du weißt, nicht klein ist. Meine Herrschaft ist nicht schlecht: sie wirft mir 12000 Gulden ab; und man kann sich auch divertiren. Die kleine Jagd hat Niemand im ganzen Lande schöner als ich – ich schieße auch des Jahrs meine fünf, sechs Hirsche, und eben so viel Säue. Aber was nützt alles das? es ist zu spät; und Du, als ein kluger Mann, solltest dir Dinge aus dem Kopfe schlagen, die nicht mehr möglich sind. Auf! lustig Major! es gibt noch mehr Mädchen in der Welt; trink einmal! – auf die Gesundheit aller hübschen Mädchen! O mein lieber Herr Baron! – mein Gemüth ist – Was, Herr Baron? hast du schon vergessen – die Bruderschaft? – Zur Strafe trink sie noch einmal! – allons! Recht gern mein lieber Forstheim! wenn es mir wirklich schaden sollte. Sie trinken. Dieser Rosoli schadet nicht. Du mußt wissen, daß ich nicht jedem davon gebe. Er ist schwer zu haben. Er kömmt aus Pohlen. Es wird Danziger seyn. Nicht Danziger. Bologna steht auf den Flaschen. Bologneser also: der kömmt aus Italien. Das kann auch seyn. Sey nur gutes Muths! Ein Weib bekömmst du noch immer. Und – apropos! – ich selbst weiß eine – der Geyer hole mich, die wäre für dich, – eine Verwandte und Pupille von mir; ein sehr reiches Mädchen – Geduld! da läßt sich etwas thun – sie hat die Offiziers vor ihrem Leben lieb. Nach Dir greift sie mit beyden Händen. Nein, mein lieber Forstheim! da ich deine Tochter nicht bekomme, ist für mich kein Weib in der Welt. Armer Teufel! so wirst du wohl als Junggeselle sterben. Doch – wer weiß? – wenn sich der Reitbahn bald den Hals brechen wollte; ich gebe dir mein Wort, die Lenorl soll dein werden. Das ist alles was ich noch kann. Ich danke dir lieber Forstheim! bey allem meinen Unglücke, werd' ich dir für deine freundschaftlichen Gesinnungen ewig dankbar seyn. Das brauchst du nicht. Ich habe alle Offiziers gern, und dich lieber als alle andern. Ich habe selbst gedient, und weiß, was ein Offizier ist. Du hast beym Militär gedient? Das weißt du nicht? Parbleu! ich war acht Jahre Fähndrich – und wär es gewiß noch länger geblieben, wenn man mir nicht Verdruß gemacht hätte. Welchen Verdruß? Ha! ich schoß einmal, auf dem Marsch, im landesfürstlichen Gehäge, einen Sechzehner. Die Teufels Jäger verklagten mich darüber beym Obersten, und der setzte mich in Arrest. Das Ding verdroß mich, und ich quittirte den folgenden Tag. Ich wäre wohl ein Narr gewesen, wenn ich das nicht gethan hätte. Hier schieß ich ungestört, was mir vor die Flinte kömmt. Und wenn mir ein hundertjähriger Kronhirsch aus dem Landesfürstlichen herüber wechselt, so brenn' ich ihn nieder. Davon wußt ich kein Wort. Recht, mein lieber Forstheim, daß du quittirt hast! Zum Commando einer Armee würdest du doch schwerlich gelanget seyn. Hum! wer weiß? – nach meiner Rechnung ... Und gesetzt, du commandirtest unglücklich? dann würd' es vielleicht für dich und den Staat besser seyn, wenn du nie ... Das ist auch wahr. Ich bin mit meinem Schicksal zufrieden; sey Du es nur auch! – Komm, wir wollen sehen, was der Hasenfuß, der Blumenkranz macht. Mein närrischer Schwiegersohn muß wohl auch bald mit deinen Pferden zurückkommen. Mach' ihm ein wenig Galle, und schwätze brav mit der Lenorl! O mein theurer Freund! wie wenig dienen solche Mittel, mein niedergeschlagenes Herz aufzurichten. im Abgehen. Holla! Lisette kömmt. Lisette! heb mir die Flasche auf! 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Lisette allein. Bagatelle! die halbe Flasche ausgetrunken! Der Major muß aus Verzweiflung so viel hineingetrunken haben. – Ein Gläschen will ich selbst versuchen; ich konnte diesen Wunderrosoli noch niemals verkosten. Sie schenkt sich ein. Reitbahn macht an der Thüre einen Schnalz mit seiner Peitsche, Sie erschrickt darüber und läßt mit einem Schrey die Flasche fallen. 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Reitbahn. Der Notarius. Lisette. Ha ha Lisette! trinkst du gern Rosoli? Ich kann ihn sonst nicht nennen hören. Bloß auf des Herrn Bräutigams Gesundheit wollt' ich einen Schluck wagen: und muß darüber solchen Schrecken ausstehen. Ist mir leid Schätzchen! Trink ein andermal doppelte Portion. Wo sind die Leute alle? Im Garten. Das Fräulein spielt Ombre mit der Mama und dem Graf Blumenkranz; die andern gehen spatzieren herum. – Nu Herr Notarius! Sie sind ja doch lebendig zurückgekommen? Dem Himmel sey es gedankt! doch habe ich ein paarmal mentaliter testiret. Hör Lisette! – Wie stell' ichs an, daß mir der Major seine Schäcken verkauft? Oh! das wird schwer halten. Der Teufel, das sind Pferde! in der Welt muß nichts darüber seyn! Ich gebe gern 100 Souverainsd'or dafür. Er wird sie schwerlich nehmen: aber versuchen Sie es. – Wissen Sie was – mit Ihm ist nichts zu reden; er ist nicht in der besten Laune – sprechen Sie mit dem Hauptmann! Wenn ihn ein Mensch in der Welt bereden kann, so ist es sein guter Freund, der Hauptmann. Nein Lisette! das ist mir zu weitläuftig; ich möchte gern heute noch richtig werden. Aber mach' es so: sieh, daß du den Hauptmann sammt dem Major herauf bringen kannst; und sag dem Hauptmann heimlich, ich schenke ihm ein Reitpferd, wenn er macht, daß ich den Postzug bekomme. Auch das! So wird es vielleicht gehn. Allons Lisette! ich erwarte euch hier. Ich stelle nur den Rosoli ab, und laufe gleich in den Garten. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Reitbahn. Der Notarius. Herr! wenn ich die Schäcken bekomme, so zahl' ich ihm sechsfache Taxe für den Heyrathsbrief. Es ist wahr, Euer hochgräfl. Gnaden, die Pferde sind unvergleichlich. Voll Vermögen! was das arbeitet! was das vorgreift! Sie müssen noch wenig vor dem Pfluge gegangen seyn. Vor dem Pfluge? der Herr ist ein Narr. Wer wird solche Pferde an den Pflug spannen? Und doch, gnädiger Herr, ich sahe schon Schäcken am Pfluge ziehen. Ich sah auch schon Rechtsgelehrte im Narrenhause; gehören deßwegen Alle Rechtsgelehrte dahin? Ey ey ey! gnädiger Herr! Rechtsgelehrte mit Pferden zu vergleichen – mit Thieren, die keinen Intellectum haben, kein Ratiocinium – Kein Ratiocinium? wer sagt das? Alle Philosophi. Philosophi? Dummköpfe, die kein Pferd kennen, und durch ihr ganzes Leben zu Fuße herum laufen. Glaubt der Herr, der romanische Prinz, oder Kaiser, was er war, hat seinen Schimmel ohne Ursache zum Bürgermeister gemacht? Ja, priscis temporibus, vor Seiten – Zu allen Zeiten. Ich selbst hatte Pferde, mit denen ich hundertmal den Hals gebrochen hätte, wenn sie nicht mehr Ratiocinium gehabt hätten als Ich; und ich bin doch ein Cavalier. Der Herr glaubt nicht, was ein Pferd für Verstand hat. Ideas confusas, das haben sie wohl: allein – Still! ich sehe sie schon kommen. Der Herr muß Zeuge vom Handel seyn! Sorgen Euer hochgräfliche Gnaden nicht! wenn sich der Herr Major mit einem halben Worte verfänglich macht, so soll es so viel seyn, als ob er zehn ganze gesprochen hätte. 13. Auftritt Dreyzehnter Auftritt. Die Vorigen. Der Major. Der Hauptmann. Was befehlen Sie Herr Graf? Nichts zu befehlen – ich habe mich für das Vergnügen zu bedanken, das mir ihre Schäcken verursachten. Fanden Sie sie gut? Unvergleichlich Herr Major. Ich sollte sie zwar nicht loben, denn – ich habe Lust, sie zu kaufen. Zu kaufen? – es ist mir leid, daß ich ihre Lust nicht befriedigen kann. Sie könnten nicht? warum nicht? Weil diese Pferde mein einziges Vergnügen in der Welt ausmachen. Wenn ich sie aber recht gut bezahle – Wenn ich 300 Dukaten dafür gebe? Sie kosten mir beynah so viel; hingegen habe ich auch einen Fünften dazu, der noch schöner ist, als diese, und den ich zum Reiten gebrauche. Ich verlange den Fünften nicht, ich gebe Ihnen für diese vier 300 Dukaten. Das wäre gut bezahlt, ich bekenn' es; allein bedenken Sie, daß mich dieser Handel aller meiner Freude berauben würde. Ich kann nicht ohne Pferde seyn. Wohl! so machen wirs so: Ich geb' Ihnen meine Siebenbürger, die ich hier habe; die Schimmeln sind schön, und laufen wie die Gespenster – zwey Posten in zwey Stunden ohne zu schwitzen! und geb' Ihnen noch auf – 150 Dukaten. Leise zum Hauptmann. Herr Hauptmann helfen Sie doch! Hundert und fünfzig Dukaten, und die Schimmeln – Herr Major, ich glaube, Sie sollten sich bedenken. Mich bedenken? ich gestehe, das Anerbiethen ist ganz hübsch: allein – Allein – Ich weiß schon, was Sie denken. Sie sind mir abgeneigt, weil ich die Leonore heyrathe. Das ist in der That wunderlich, Herr Major! Es gibt ja andere Mädchen in der Welt, die noch schöner sind als meine Braut. Aber wer setzt Ihnen solche Irrthümer in den Kopf? ich mache ja keine Ansprüche auf das Fräulein. O ich weiß Alles – Lisette hat mir alles vertraut. – Doch das mag seyn wie es will! Machen wir jetzt unsern Handel um den Postzug aus! diesen sollten Sie mir just desto eher zukommen lassen, weil ich die Lenorl heyrathe; denn er gefällt ihr. Ich weiß gewiß, sie fodert nicht, daß ich mich meines ganzen Vergnügens beraube. Verzeihen Sie mir! Sie sind doch ein eigensinniger Mann. Leise. Herr Hauptmann, machen Sie doch! Sie sehen ja, daß nichts zu machen ist. Noch eins Herr Major! – Betrachten Sie diesen Ring. Er kostet mir 1000 Gulden. Weil Sie kein Geld wollen, geb ich Ihnen diesen Ring und meine Schimmel. Ist das nicht raisonnabel? Ja! ich erkenn' es. Wenn mir aber meine Schäcken lieber sind als alles dieß; warum soll ich sie weggeben? Apropos! mir fällt etwas ein. – Ich merke wohl, es ist Ihnen ohnehin bekannt, daß der Major in das Fräulein Leonore verliebt ist. Was sprechen Sie Herr Hauptmann? Ja ja! läugnen Sie es nicht! ich weiß alles. Gesetzt – Fragen ist erlaubt – gesetzt – der Major gäbe Ihnen den Postzug, und Sie – träten ihm dafür das Fräulein ab? Ha der Teufel! ein verdammter Einfall! Aber Herr Hauptmann! wollen Sie mich denn mit Gewalt um meine Schäcken bringen? Das wär' ein verfluchter Streich. Denken Sie nur, was die Familie sagen würde! – Es ginge gar nicht an! nicht wahr Herr Notarius? Behüte der Himmel! das wäre pactum ignominiosum. leise zum Notar. Herr! ich haue ihm Nasen und Ohren weg. Man hat zwar schon dergleichen Casus erlebt: allein es ist nicht de consuetudine. Ist es deswegen Unrecht, weil es nicht gewöhnlich ist? Zum Notar leise. Herr! der Teufel hole mich: Nasen und Ohren! Man müßte doch wenigstens consensum sponsae et parentum – Das versteht sich: aber das wäre leicht zu bewirken. Leise zum Notar. Herr! 50 Dukaten für Ihn. Sobald Ältern und Braut consentiren – alsdann wohl – ja! da kann es gehen. Ha der Teufel! das Mädchen kratzte mir die Augen aus dem Kopfe. Nein! ich stehe Ihnen gut für ihre Augen. Herr Major, was glauben Sie? Es kömmt auf Sie an: ich will Sie überzeugen, daß ich kein eigensinniger Mann bin, wie Sie mich erst nannten. Und was sagt der Herr dazu, Herr Notar? Warum nicht? wenn ein Eigenthümer sein Recht verkaufen will, wer kann ihms wehren? Das Fräulein ist kein Fideicomissum: consequenter kann sie auch verhandelt werden. Und ich glaube sogar, daß man sich hierüber auf die allerältesten römischen Gesetze berufen könnte? Zuverlässig! und noch mehr auf die orientalischen. Auch? – Eh bien! – der Teufel hole mich, ich thu' es! Es wird wohl ein wenig Lärm entstehn, hingegen sind die Schäcken mein. Dop Herr Major! hier haben Sie meine Hand. Der Herr Hauptmann und der Notarius sind Zeugen. Hier haben Sie die meinige, liebster Graf! Sie sind der liebenswürdigste Cavalier in der Welt. Er küßt ihn. Also ist der Tausch zwischen Ihnen richtig. Ich will sogleich den übrigen Theilen Nachricht geben. Geht eilig weg. Die Schäcken sind also mein. Sagen Sie mir: bin ich nicht ein raisonnabler Kerl? In der Welt ist keiner ihres gleichen. Ich sehe Sie für den Stifter meines Glückes an. Ich Sie ebenfalls. Mädchen kann ich genug auftreiben – das Heyrathen schlägt mir keine ab; aber einen so gleichen und schönen Zug Schäcken bringt man nicht leicht zusammen. Doch, wie ists mit dem fünften; das haben wir vergessen? Den geb' ich Ihnen auch dazu. Bravo! Es freut mich, daß ich mit einem so rechtschaffenen Manne zu thun habe. Da kommen sie schon. Ich bin recht begierig zu hören, was sie dazu sagen. Ich will einige Schritte retrogradiren, um näher an der Thüre zu seyn. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt. Die Vorigen. Der Baron. Die Baroninn. Das Fräulein. Blumenkranz. Der Hauptmann. Lisette. Was der Geyer! ist es wahr Reitbahn, daß du meine Tochter verhandelt hast? Es ist alles richtig; die Schäcken sind mein. Cela est bien drôle Madame. Bien drôle, sagen Sie? – Und wie haben Sie sich unterstehen können, mir einen solchen Affront anzuthun? sagen Sie Herr Major! Dem Grafen Reitbahn waren meine Schäcken lieber als seine Braut; und ich hätte nicht nur meine Schäcken, ich hätte mein Blut für das Fräulein gegeben. Mein Schatz! Nicht der Major, der närrische Reitbahn hat uns beleidigt. Auch ist das Fräulein noch nicht mein: der Graf steht nur von seinen Ansprüchen ab. Mein Glück hängt nun bloß von Dero Gnade und dem Willen ihrer Fräulein Tochter ab. Ja, das ist noch das Beste. Erschrecklicher Affront! Graf Reitbahn! schmeicheln Sie sich nicht, daß ihr abscheulicher Handel Statt finden wird. Ich werde Sie verklagen, bey Hofe werd' ich Sie verklagen; und ich will nicht leben, oder eine hinlängliche Genugthuung erhalten. Der Handel kann nicht mehr zurückgehen, das ist vergebens. Verklagen können Sie mich, wo Sie wollen. Die Schäcken sind mein. Madame! ich dächte, Sie sollten nicht viel aus der Affaire machen. Geschehen ist sie – und bey Hofe werden Sie nicht viel ausrichten; zumal, wenn ich mich meines Cousins annehme. So? – Sie hätten also das Herz, eine so schändliche That zu billigen? Was ist daraus zu machen? Bagatelle! eine Braut ist noch lange keine Gemahlinn: und wie Mancher gäbe seine Gemahlinn für einen schönen Postzug hin! Blumenkranz! du bist ein gescheider Kerl, aber hier hast du dich verstolvert. Sein Weib gibt man viel leichter weg, als seine Braut – ob ich gleich das meinige um nichts in der Welt verhandelte. Même chose mon frere. Ach mein Schatz! ich bin vor Schaam und Zorn außer mir. Mein Schatz! halte dich nicht lange auf! gib dem Major das Mädchen! Dem Major? wie sprichst du? hat er die erforderlichen Eigenschaften? – Verzeihen Sie mir Herr Major! man muß weiter denken. Ich weiß wohl, was du Eigenschaften nennest. Narrheit, mein Schatz! Geld und Geburt – das sind die Eigenschaften. Wenn auch: ich gebe dem Major, was ich dem Reitbahn gegeben hätte; so wird er gut leben. Und die Geburt – sein Vater war Oberster – von Fortune, aber ein braver Kerl, der dem Staate besser gedient hat, als alle Reitbahne. Nach meinem Urtheil ist der Major hundertmal mehr werth, als der stiftmäßige Hasenfuß; und meine Tochter wird glücklicher mit ihm leben. Was sagst Du dazu Lenorl? Ach Papa! Gnädige Frau! sehen Sie mich zu ihren Füßen! Seyn Sie nicht unerbittlich! ich beschwöre Sie, widersetzen Sie sich nicht dem Glück eines Mannes, der ihre Tochter so zärtlich liebt. Was mir an Glücksgütern fehlt, das werd ich zeitlebens durch meine zärtliche Liebe, durch meine Rechtschaffenheit zu ersetzen trachten. die ihr auf einen Wink des Barons ebenfalls zu Füßen fällt. Gnädigste Mama! erlauben Sie, daß ich meine Bitte mit der Bitte des Herrn Majors vereinige. Ich liebe ihn über alles in der Welt: ich werd' Ihnen das Glück meines ganzen Lebens, wie das Leben selbst, zu verdanken haben. Laß dich nicht so lange bitten, mein Schatz! – steh auf! – ein Major knieen! Ach gnädige Frau! seyn Sie nicht so hart – ertheilen Sie ihre Einwilligung! Ja ja, gnädige Frau! Auch ich bitte Sie! Wahrhaftig! unser ganzer Handel hat nicht mehr Zeit gekostet, als dieses Jawort. Stehen Sie auf! – Ihnen zum Trotz, ungebärdiger Graf! ertheile ich meine Einwilligung. Die ganze Welt wird erkennen, daß Sie durch ihren niederträchtigen Tausch, nicht meine Familie, sondern sich selbst beschimpfet haben. Gebt euch die Hände! liebt euch! Weil mein Gemahl in eure Verbindung willigt, so willige ich auch darein. Ach beste Schwiegermutter! Beste Mama. Sie küssen ihr die Hände. Und Sie, mein großmüthiger Schwiegervater – wodurch werde ich im Stande seyn, ihre redliche Freundschaft zu vergelten. Keine Umstände, lieber Schwiegersohn! ich bin dein Schuldner. Du machtest mir keine kleine Freude durch die ungarischen Windhunde: warum soll ich dir nicht wieder eine Gefälligkeit erweisen? – Herr Notarius! Morgen wird die Hochzeit seyn. Mache der Herr gleich den Aufsatz vom Heyrathsbriefe. Ich gebe dem Major jährlich 4000 Gulden Zulage, und wenn ich sterbe, meine Herrschaft. Und wie widerlegen dieses der Herr Major? Mit Allem, was ich besitze, und jemals zu besitzen Hoffnung habe. Gut! aber die Windhunde gehören nicht mehr zu seinem Vermögen. Der fünfte Schäck auch nicht. Nein! den werd' ich Ihnen morgen in die Stadt schicken. Bene, ich werde das Werk sogleich berichtigen. Geht ab. Nun Madame – die Sache war nicht so schwer, wie Sie glaubten. Ma foi! mir ist diese Affaire lieber als 100 Louisd'or. Was für Gelächter werd' ich erwecken, wenn ichs in der Stadt erzähle! Aber man muß sich gut aufs Erzählen verstehen, um alles ridicule hineinzubringen, das hinein gehört. Herr Graf, dafür sorgen Sie nicht: in Ihrem Munde wird jede Erzählung ridicule. Ich bemerkte heute mehr, als einmal, daß Sie sich Mühe geben, Leute lächerlich zu machen, die es weit weniger sind, als Sie selbst: Sie verstehen mich schon – Es ging mich damals nicht an, sonst hätt' ich Ihnen längst den Kitzel benommen. Künftig rathe ich Ihnen, in diesem Hause nichts mehr lächerlich zu finden. Oui oui Monsieur le Major! Ich werde diesem Hause und Ihnen nicht mehr zur Last seyn. Ha! ha! ha! Sie werden besser thun. Was machen Sie, Herr Schwiegersohn? Ich nehme mich Ihrer an: es ist besser, wenn Sie nicht mehr davon wissen. für sich. Quelle grossierté! – Allons mon Cousin! partons! Ich bin schon bereit. Die Schäcken sind angespannt; und mit den Schimmeln kann mein Kerl nachkommen. Allons! aber keinen Galop mehr; das bitt ich mir aus. Im Abgehen. Diese Carabanne ist ohnehin schon funeste genug für mich ausgefallen. Ich empfehle mich allerseits. Nehmen Sie mir nichts übel – Die Schäcken sind mein. Der andere Windbeutel geht fort, ohne sich zu beurlauben. Ha mein Schatz, es ist so recht gut geschehen. Morgen ist die Hochzeit. Unterrichte die Lenorl noch heut, was sie dabey zu beobachten hat. Lade mir alle Nachbarn dazu, Alle, nur den dummen Lembrand nicht! Er soll in seinem Leben keinen Bissen von meinem Wildpret essen! – Und Du Major, komm itzt mit mir auf den Anstand. Ende des Lustspiels. Fußnoten 1 Die Gattung der Petitmaitres, die ich in dem Grafen von Blumenkranz schildere, fodert durchgängig einen sehr gezogenen, schleppenden Ton des Akteurs.