784. Der Kaiser im Guckenberge Bei Gemünden liegt der Guckenberg; von diesem geht die Sage, ähnlich der vom Barbarossa im Kyffhäuser, daß vor langen Zeiten ein Kaiser mit seinem ganzen Heere in ihn versunken sein soll. Nun sitzt er darin an einem steinernen Tische, und wann sein Bart dreimal um den Tisch gewachsen ist, so wird der Kaiser mit all seinen Wappnern wieder hervortreten. Einstmals kam ein armer Knabe auf den Berg, welcher in der Gegend Semmeln zum Verkaufe trug, und traf daselbst einen steinalten Mann an, der sprach freundlich mit dem Knaben; dieser klagte ihm sein Leid, daß er so wenig verkaufen könne und sein Verdienst so gering sei. Da sprach der Alte: Höre, Kleiner, ich will dir wohl einen Ort zeigen, wo du alle Tage so viel Wecke verkaufen kannst, als du zu tragen imstande bist; aber du darfst beileibe niemandem etwas davon offenbaren. Darauf führte der alte Mann den Buben in den Berg hinein, und es war im Berg wie in einer großen Stadt und gar ein reges Leben darin. Viele Leute trieben Handel und Wandel, andere gingen in die Kirche, noch andere hielten einen Bittgang. Und an einem Tische saß der Kaiser gewaltig, und sein langer Bart war schon zweimal um den Tisch gewachsen. Dahin brachte nun tagtäglich der Knabe seine Semmelwecke und empfing dafür uraltes Geld. Da aber nun in seinem Orte dessen bald zu viel umlief, wurden die Leute stutzig, mochten es nicht mehr annehmen und drangen endlich in den Jungen, zu sagen, wo er dieses alte Geld bekäme. Da offenbarte er seinen ganzen Handel. Ein junger Freund von ihm drang sich ihm nun beim nächsten Berggang zum Begleiter auf, um des Guckenberges innere Herrlichkeit auch wahrzunehmen; allein der Semmelbube fand nicht nur den Eingang nicht wieder, sondern nicht einmal den Berg, und kam ihm die ganze Gegend anders und schier verwandelt vor.