Michael Beer Der Paria Trauerspiel in einem Aufzuge Personen Personen. Gadhi, ein Paria. Maja, sein Weib. Ihr Kind. Benascar. Ein Bramine. Indianer. Ort: Hütte des Paria. 1. Auftritt Erster Auftritt. Gadhi. Maja. Gadhi ist beschäftigt, mit Matten und Buschwerk eine Lücke der Hinterwand zu verstopfen. erschreckt und ängstlich ausrufend. Mein Kind! Sie eilt in die Kammer und kommt bald etwas beruhigter zurück. Geliebtes Weib! schläft unser Knabe? Er schläft. Horch, wie die Stürme brausen! Fürchterlich Dräut das Gewitter, und der Regen gießt In Strömen nieder. Was die schwache Hand Des Menschen baut, kann heute nicht beschützen. Wie ich's vermocht, hab' ich die Wand gesichert, Ein ew'ges Dach wölbt uns der heil'ge Baum; Sein greises Haupt hat oft das Flammenauge Des Blitzes unversehrt geschaut. Der Donner Rollt machtlos über ihm, – ich zitt're nicht. O wär' ich stark wie du, und schlüge frei, Sich keiner Schuld bewußt, dies bange Herz! Dein edler Blick, der in die reinen Tiefen Der eignen Brust geschaut, darf muthgestählt Sich zu des Himmels dunkelm Antlitz wenden. Ich aber zitt're, wenn die Erde zittert; Und wie der Sturmwind durch die Wipfel saust, Bewegt ein nimmer schlummerndes Gefühl Dies schuld'ge Herz. – Geliebte, frevle nicht! Wer nennt sich rein, wenn du dein edles Selbst Mit strengem Worte unbedachtsam schmähst? Nicht, was du Frevel nennst, erschüttert dich Bei dieses Donners Schlägen; nicht den Muth, Der freudlos mich beseelt, ersehne dir. Den herben Keim zu dieser bittern Frucht Hat Schmach gesät auf öden Lebenssteppen. Ihr Thau sind Thränen, und dem Jammer nur Wächst sie zum blutigen Genuß empor. Nicht die gemeinen Schrecken der Natur, Gleichmäßig dräuend jeglichem Geschöpf, Nicht feindlich offene Gewalt befürcht' ich. Hinausgetrieben aus des Lebens Reihen, Geschleudert aus der Welt gesell'gem Strome, Bin ich befreundet in der Wälder Nacht, Wo die Hyäne und das Pantherthier In friedlich blutiger Gemeinschaft hausen. Mein Leben wag' ich täglich, es zu fristen, Und furchtlos, nicht der Felsen steile Höh', Nicht list'ger Tiger blut'ge Nähe scheuend, Jag' ich der Beute nach: doch tief entsetzt Erbebt mein Herz, wenn des Maquarah Schall In diesem gräßlich ungeheuern Kampf Des Menschen fürchterliche Näh' verkündigt, Die Trommel dröhnt, und von verborg'ner Senne Des list'gen Jägers schwirrt der ehrne Pfeil, Das Unthier schreckend mit durchbohrten Weichen, Da theilt's noch einmal die bewegten Lüfte, Ein zweiter Pfeil, – er trifft mein zuckend Herz – Der Jäger jauchzt und schlägt den Freudenwirbel; Denn Brama lächelt, wenn ein Paria fällt. Heftiger Blitz und Donner. O Gadhi! Donn're nicht, gewalt'ger Gott! Dein Zorn ist furchtbar. Furchtbar! Weine, weine, Unglücklich Weib, und dank dem Himmel noch, Daß er dir Thränen ließ, – ich habe keine. Mein Leben ist ein elendes Gewimmer, Der leise Seufzer des getret'nen Wurms, Den vor dem Dasein schon ein ew'ger Fluch Verdammt, im Staub sich ächzend hinzuwenden, Indeß vor seinem Blick in Sonnenhöhe Die Mitgeschöpfe, reich beflügelt, schwinden, Laß diese Thränen der Erinn'rung fließen; Einst hast auch du des Lebens Glanz geschaut, Und deine Kindheit sah beglückte Tage. Nicht jene Tage sehn' ich mir zurück; Dein ist dies Leben, das du mir gerettet; Und säh' ich dich zufrieden, wähnst du wohl, Mich drückten diese niedrigen Beschwerden? Was kümmert mich der äußern Güter Schein? Des Weibes Herz kennt nur ein Glück auf Erden; Dies Glück heißt: lieben und geliebt zu sein. O meine Liebe ist ein elend Glück! Verworfen – Du – verworfen? – Bin ich's nicht? Ist's nicht das Kind, das deine Brüste säugten? – Wird's nicht der Enkel mit gebeugtem Haupt, Wird's nicht mit heißen Thränen der Bedrückung Ein ganzes folgendes Geschlecht beweinen, Daß unsre Liebe ihm das Dasein gab? – Wenn deine Stimme Donner ist, dein Name Gerechtigkeit und Langmuth, großer Brama, Gieb Antwort: Warum folgt dein ew'ger Haß Dem unglücksel'gen Stamm, der mich erzeugt? Weil einst, vielleicht in grauer Fabelzeit, Ein Paria die Huld'gung dir geweigert, Den Gott verhöhnt, der zu der Erde Prüfung Sein lichtes Dasein mit Gestalt umgürtet, Lehrt deiner Priester Schar, so weit die Fluth Des Ganges wogt, daß unsre Nähe schändet, Daß sich allein von uns in Zornes Gluth Dein heilig, Gnade strömend Antlitz wendet. Nein, nein! das Meisterwerk der Schöpfung ist Ein Herz, das edel fühlt wie deines. – Der Schöpfer nicht Wird solch ein Herz mit seinen Flüchen drücken; Die Priester lügen. Ja, sie lügen, Maja, Und glaubt' ich's nicht, mein Glaube würde irr' An dem, dem ihre Opfer Läst'rung dampfen. Brama ist gut und freundlich: strömt sein Blick Nicht den befruchtend segensreichen Strahl? Hat seine Hand mit sturmesfesten Zweigen Nicht der Banane schützend Dach gewölbt? Ist er der Vater nicht der ew'gen Mutter, Der allumfassend liebenden Natur? Ihr heiliges Gesetz heißt Lieb' und Duldung, Und was sie gleich gebildet an Gestalt, Knüpft friedlich auch ein gleiches Band der Seele. In ihrem Reich ist nichts gering und fremd: Das weite Meer verschmäht den Tropfen nicht, Den dieser Regen gießt aus trüben Wolken; Mit brüderlichen Armen wälzt der Strom Ihn fort und fort in seinen ew'gen Wellen, Gleich seiner bergentstürzten Silberfluth. Der Mensch allein zerstört mit frecher Hand Den gleichen Spiegel seines edeln Wesens, Und Glauben, – Glauben nennt er seinen Wahn. Doch Brama lächelt schonend, sich ins Licht Der Wahrheit tauchend, bis auch wir zum Tag Des Wissens aus der Nacht des Irrthums scheiden. So will ich dich, mein Gadhi! Du entbehrst Das Schlecht're nur; des Lebens bess're Güter Sind dein in unvergänglichem Besitze! Dein edler Glaube und mein treues Herz, Das mit dir fühlt und mit dir glaubt und leidet. sie umfassend. Zwei Edelsteine unschätzbaren Werths, Die ich gefunden in dem Schacht des Elends. Ihr Glanz erleuchtet meine dunkle Bahn, Beglückt mein Herz, erfüllt, was ich bedarf Als Mensch; doch ich bin Mann – der Mann will mehr. Im Männerbusen drängend wohnt die Kraft, Die nur am Licht der That sich kann entfalten. Dürft' ich nur Mensch sein unter Menschen! – Ach! Es ist so wenig doch begehrt, so wenig! Sie schmeicheln ihrem Hund und ihrem Rosse, Und scheuen uns, als hätt' uns die Natur Zur Larve Menschenbildung nur gegeben. Stellt mich euch gleich und seht, ob ich euch gleiche! Mit steigender Kraft. Ich hab' ein Vaterland, ich will's beschützen. Gebt mir ein Leben und ich zahl's mit Wucher, Wo die Gefahr der Schlacht mit ehrnen Zungen Die Opfer heischt, und an des Lebens Fülle Sich bis zur Uebersätt'gung nährt und stirbt. Wagt's und erprobt des Unterdrückten Kraft! Schon seh' ich mich mit thatensücht'gem Muth Hinstürzen in das tödtlichste Gewühl, Umsaust von Speeren und umblitzt von Pfeilen; Fest steh' ich, wie beim Donner des Gewölks. Mir nach, mir nach! – Seht ihr den Knaben mir Zur Seite steh'n? Das ist mein Kind – mein Kind! Aus meinem Blut ist er entsprossen; seht, Wie er die Lanzen wirft! getroffen sinkt Der Feind, ihm fluchend: – segn' ihn, Vaterland, Es ist mein Kind; es hat für dich gestritten, Sein Vater ist für dich gefallen. – Nein, Du bleibst – verlaß mich nicht – du kannst nicht fort, Und wenn du's könntest, nimmer solltest du's. Was ist dir, Maja? Was ergreift dich? Weh! Dich ängstet nur ein Traum – ein Paria bin ich, Ich darf nicht streiten für mein Vaterland. Kein Traum – mich ängstet Wirklichkeit – ich kann, Ich darf dir's länger nicht verschweigen – mich Ergreift die Ahnung von Gefahren – Rede, rede! Erzitt're und vergieb mir, mein Geliebter – – Dies Felsenthal, das unsre Hütt' umschließt – Das ich dich nimmer zu verlassen bat? Verlassen hab' ich es – in höchster Angst. Und wardst gesehen. bejaht es schweigend. wendet sich mit einem Laute des Entsetzens ab. nach einer Pause. Kaum sind sechs Sonnen unter – und ich ging Ins nahe Gärtchen, Früchte suchend. Ruhig Ließ ich den Knaben, auf der Matte schlummernd, In unsrer Hütte. – Als ich wiederkehre, Ist Matt' und Hütte leer, das Kind ist fort. Umsonst durchsuch' ich Thal und Garten, ruf' umsonst Den theuren Namen, leer bringt mir die Luft Die eig'nen Jammertöne nur zurück. Da, mich ergriff die fürchterlichste Angst, Mit scheuem Blick rings an der Felswand späh' ich – Wir sind verloren! Wir? Fragt eine Mutter, Was außer ihrem Kind noch lebt und wünscht, Wenn sie ihr Kind vermißt? – Ein steiler Pfad Führt aufwärts; raschen Schritts erklimm' ich ihn, Und finde jenseits mich des Thals, umschattet Von einem Hain, der seine Palmendächer Weit über viel verschlung'nen Wegen breitet. Nicht Mühe scheu' ich noch Gefahren, winde Mich durchs Gebüsch, und plötzlich vor mir seh' ich Mein Kind – und einen Jäger neben ihm Vom Stamm der Rajahs, Früchte mit ihm theilend. Hin stürz' ich, meinen Knaben fest umschlingend, Und halt' ihn lang' – bis des Entzückens Gluth Den Quell des Aug's, den mir die Angst erstarrte, In reichen Strömen heißer Thränen löste. Aufblickend endlich trifft mein feuchtes Auge Das glühende des Jägers; Angst ergreift mich; Dank stammelnd, meinen Knaben fassend, will Ich flieh'n; er aber, fest mich haltend, ruft: »Weib! wunderbar ergriff dein Anblick mich, Mein Herz durchzucken nie gefühlte Flammen, Wer du auch seist – du folgest mir.« Hörst du's, Brama! Ich aber ihm erwiedernd: »Herr! mein harrt Und meines Kindes der besorgte Gatte In ferner Hütte« – will entwinden mich Den starken Armen, doch nur fester drückt Der Rasende mich an sein wallend Herz, Bestürmend mich mit frechen Liebesworten. Die Angst der Mutter – jetzt der Gattin Qual – Ein Nebel deckte mir die Sinne – da Zischt eine Natter aus dem Grase auf, Die giftigste von allen – streckt das Haupt Mit Gier nach meinem Kinde aus: ich seh's, Und Mutterliebe giebt mir Riesenkraft. Weit von mir schleudr' ich den gewalt'gen Mann, Und hoch mein Kind mit beiden Händen schwingend, Flieh' ich, das Unthier deutend dem Verweg'nen. Nichts hemmt die Eil' der Flucht, und als ich scheu Die Blicke wende, den Verfolger fürchtend, War er entschwunden in der Nacht des Waldes. Entschwunden! wenn er's nicht auf immer wäre? Wenn ihn die List der wüthenden Begier Den Weg zu unsrer Hütte finden lehrte! Halt' fest, mein Herz – ich kenne diese Rajahs, Sie scheuen uns, gleich wie der Pest Berühren; Doch wallt ihr Blut von frecher Lust durchglüht, Gleich gilt es diesem rasenden Geschlecht, Ob es Befried'gung findet im Palast, Ob in des Paria fluchbelad'ner Hütte. Er komme nur – er wag' es nur zu nahen! Es rächt ein Gott mit unverhofften Blitzen, Doch wenn er dem verworf'nen Bettler droht Sein letztes Gut zu rauben – – ihm in die Arme sinkend. Soll's der Tod Eh' als der Räuber unsers Glücks besitzen. Mein Weib! mein theures, heißgeliebtes Weib! aus seinen Armen aufschreckend. Horch, Gadhi! hörst du nichts? Das dumpfe Rollen Des fernen Donners. Schrecklicher als Donner Schallt's näher mir und näher – Stimmen! horch, Und Tritte naher Menschen! von außen. Hierher! Licht! Wir sind verloren! Schütz' uns, großer Brama! In jener Kammer, theures Weib, verbirg dich. Nicht ohne dich. Hier will ich weilen. Nimmer! Schnell reizt die Rohen der unsel'ge Anblick Des Paria zu rascher Wuth. – Verbirg dich! Ein Blick auf diese Hütte wird sie's lehren, Wer sie bewohnt, und wenn ihr Auge nicht Dem Wirth begegnet, flieh'n sie rasch von dannen. Wenn sie verirrt – Nicht der erzürnte Himmel, Nicht das Entsetzen öder Wildniß schreckt Sie mehr als deine unheilvolle Nähe. Hinweg! sie nah'n! Dort sind wir sicher. ihr mit Widerstreben folgend. Sicher? Entsetzenvolle Sicherheit der Schmach! Beide ab ins zweite Gemach. 2. Auftritt Zweiter Auftritt. Man hört von außen ein verworrenes Geräusch; kurz darauf stürzen mehrere Indianer, einer nach dem andern, in die Hütte, scheu umherblickend. Indianer. Gleich darauf Benascar. hereinstürzend. Hier Licht und Niemand hier – kommt Alle – kommt! Wir sind geborgen. nachdem er sich umgesehen und die Bauart genau betrachtet. Fort, wir sind verloren! Hier wohnt ein Paria. Hilf, Brama, hilf! gegen den Eingang fliehend. Ein Paria! ein Paria! an der Thür. Flieh', Herr! hier muß ein Paria hausen. von zwei Indianern geführt, am linken Arm verwundet, erschöpft eintretend. Laßt mich! Und müßt' ich auch hier begegnen Dem Geist des Unheils selbst; ich kann nicht weiter, Mein Blut entströmt und meine Kraft verläßt mich. Er sinkt auf den Sitz ermattet nieder. Schmerzt dich die Wunde, Herr? Sie brennt wie Feuer. Die Jagd war heiß, und grimmig war der Tiger. Fehl ging des Speeres Wurf, und gierig schnappte Das Unthier nach der vorgestreckten Rechten; Ich stieß dafür ihm bis ans Heft das Schwert In den verruchten Schlund. Er sank getroffen. – Und sank, denk' ich, nie wieder aufzusteh'n. Jetzt aber geht und schaut, wohin die Nacht Die dunkelstürmende uns irr' geleitet. Die Hälfte eurer Schar umstellt die Hütte, Daß sie mich schütze vor Verrath; die and're Durchstreife spähend dieser Felsen Grund; Und bietet euch ein Mann von reinem Stamm Ein gastlich Dach, so fleht für mich um Hülfe. Hier willst du weilen, Herr? Ich kann nicht weiter. Doch nicht um meinetwillen sollt ihr euch Bestecken mit des Gottverhaßten Nähe. Ich selber will – wenn anders nicht der Tod Den Willen mit dem morschen Leben bricht – Mich neunmal tauchen in die heil'gen Fluthen, Und streng es büßen, wie man's büßen kann, Daß ich geruht, wo die Verworf'nen ruhten. Doch Herr! allein, verlassen – Krank und hülflos – Geht, sag' ich, geht! – Jedweder Augenblick Häuft eure Schmach und mein Vergeh'n an euch. Thut, wie ich euch gesagt – ich bleibe hier. ziehen sich besorgt zurück. 3. Auftritt Dritter Auftritt. allein. Wenn du's beschlossen, Brama, jetzt die Blüthe Des Lebens, eh' sie Früchte trug, zu brechen, Wenn mir der Tod bereitet ist, – er komme! Nicht scheut' ich ihn in dem Gewühl der Schlachten; Doch Eins nur fleh' ich, Eins, Gewaltiger: In deinem Zorn nicht rufe mich zu dir, Nicht in des Paria Hütte laß mich sterben! Weh'! welche Schmerzen, wehe! wehe! weh'! 4. Auftritt Vierter Auftritt. Gadhi. Benascar. leise auftretend. Fort sind sie Alle, und doch schien es mir, Als hört' ich ächzen – Benascar erblickend und den Bogen spannend. Ha! dort! dort – ein Kranker, Verwundet, hülflos und allein. – Hinab In deinen Abgrund, dunkler Geist der Rache! Die Senne abspannend. Hernieder perlenhelles Mitleid, lösche Mit Himmelsthau die Flammen dieser Brust. Vergebung, Herr – – Fort! Ungeheuer! Fort! Nimm dies für deine gottverhaßte Brust! Er schleudert einen Dolch nach ihm, der vor Gadhi niederfällt. den Dolch emporhebend. Sieh, Herr! so schwach, so machtlos bist du, daß Des Hasses Waffe, die mich tödten sollte, Zur Wehr in meiner Hand wird gegen dich. Mit diesen Fäusten selbst zerreiß' ich dich, Wenn du dich nah'st. Befürcht' es nicht, du sollst Mit meinem Blute nicht die Hand beflecken. Ihm den Dolch zurückschleudernd. Nimm deinen Stahl zurück und lohn' mit Mord Dem Wirth, der dir ein gastlich Dach gewährt. Vergebend scheidet er, und seine Rache Trägt in sich selbst des Undanks schwarze That. der sich aufrichtete, den Dolch zu verbergen, sinkt nun in großer Erschöpfung auf den Sitz zurück. Du zitterst und erbleichst; der nahe Tod Löscht von den Wangen deines Zornes Gluth. Sei mild und scheide mit versöhntem Blick. Ich lebe noch; willst du mich höhnen? Höhnen? Dir helfen möcht' ich, wenn – – Er hat sich Benascar genähert und seinen Arm ergriffen. Ja, noch, ich seh' es, Gelobt sei Brama! noch ist Hülfe möglich; Noch rettet dich ein Balsam, den mein Weib Aus segensvollem Kraut des Thals bereitet. In wen'gen Augenblicken ist's zu spät, Schon färbt dein Blut ein Tod verkündend Schwarz. Wenn du zu retten mich vermagst, – so rette. für sich. Nicht Edelmuth und Wohlthat nicht verkehrt Zu Taubensinn der Schlangen gift'ge Art. Dem Feinde meines Stamms erzeig' ich Gutes! Ob's weis', ob's thöricht ist, ich weiß es nicht; Doch folgen muß ich dem gewalt'gen Drang, Dem lauten Schlag des tiefbewegten Herzens. Er eilt in die Kammer. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. allein. Er geht, und – Sich mühsam emporrichtend und in die Scene rufend. Auf! Gefährten! von außen. Herr! Seid wachsam, Gewärtig meines Rufs – mir droht Verrath! Man hört zum Zeichen der Antwort Schwerter an einander schlagen. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Gadhi tritt ein, Maja führend, die verschleiert ist und ein Gefäß und Linnen in der Hand trägt. Benascar. Gadhi. Maja. zu Gadhi. Was thatest du! wenn's jener Fremdling – Straft Mit gleichem Blitz der Himmel Schuld und Wohlthat? Ich will's nicht denken – nein – er wird's nicht sein. Zu Benascar. Sieh, Herr, mein Weib, das mit dem kund'gen Blick Das Kraut erspäht, das heilende, im Thale; Sie wird den Balsam träufeln in die Wunde Und dich mit sanfter Hand vom Schmerz befrei'n. So komm! für sich. Er ist's! gerechter Brama! Fassung! Sie ermannt sich und geht mit schnellen Schritten zu Benascar, der auf dem Sitze ruht, indeß sie vor ihm hinknieet und die Wunde verbindet. Wenn ihr Verrath und List, Verworf'ne, sinnt, Und jetzt vielleicht mit heißem Gift mein Blut Zu Leben fressender Empörung reizt, So wisset: eine Schar umstellt die Hütte, Mir unterthan, die das Verbrechen rächt Und euren Mord mit tausendfachem Tod Euch lohnen wird. Sucht den Verrath bei euch! Verworfen nennt ihr uns – erkennet jetzt, Ob wir es sind. zu Maja, die von sichtbarer Angst bewegt wird. Was zitterst du? – hat den Verband vollendet und will sich entfernen. ihre Hand ergreifend. Dein Balsam Kühlt lindernd mir den Schmerz; doch fühl' ich mich Erschöpft, mich dürstet. – Ach! nur einen Trunk! will gehen. Weh' mir! Verworf'ner, bleib! der Trank, Den du mir reichst, kann mir nicht Labsal sein. Die Quelle ist verflucht, aus der du schöpfst, Und die krystallene Erquickung trübt Zu schnödem Gift sich in verworf'ner Hand. Dank sei's dem Himmel! hier bewahr' ich mir Noch eine Frucht, die ich im Walde pflückte; Sie labe mich – ihm die Frucht entreißend. Unglücklicher, halt ein! Du bist des Todes! giftig ist die Frucht. Was hör' ich! welche Stimme! Ja, sie ist's! Das ist die hohe, reizende Gestalt! Den Schleier nieder, daß ich bebend schaue Den Blick, der, wie der Sonn' umwölktes Licht, Das Leben weckt im tiefen Schooß der Erde, Von Thränen schwer, dies Herz entflammend traf. Herab den Schleier –. Was ergreift dich, Herr? Dies ist mein Weib! Dein Weib, Verworf'ner? Fort! Den Schleier nieder – Gadhi, schütze mich! Er ist's. Der Fremdling? Wehe! weh'! er ist's. Du bist's, und wieder kennst du mich, und birgst Voll Schauder dein Gesicht? Ich habe dein In flammend heißer Sehnsucht stets gedacht, Und will dich schauen, kostet es mein Leben. Hinweg, sag' ich, Verwegener! dies Weib Ist mein, und Keiner soll es wagen, Die freche Hand an dieses Haupt zu legen. Es gab den Schwächsten Waffen die Natur, Und diese schwache Hand hier wird zur Keule, Die dich zerschmettern soll, wenn du dich nahst. Mir trotzest du, Verworf'ner, feiger Sklave! So nimm den Tod – Er will den Dolch nach ihm schleudern. sich zwischen Beide werfend. Halt' ein! mich schauen willst du? Sich entschleiernd. So schaue, Wüth'rich, die unsel'gen Züge; Und legte jetzt erbarmend die Natur Des Basilisken Mordkraft mir ins Auge, Erwiedern wollt' ich dir mit raschem Blick Die freche Gluth, die dich durchflammt. Sie ist's! Und Liebe fordert mit gewalt'gem Schlag Dies tief bewegte Herz. Begehrst du Liebe, Du – du von mir, Wahnwitz'ger, so vernimm, Daß ich dich hasse wie die Nacht der Sünde. Und wie ich hier mit bangen Armen fest Den Heißgeliebten an den Busen drücke, So bin ich sein auf ewig. Meine Liebe Folgt treu, nach Brama's heiligem Gebot, Wie durch das Leben ihm, bis in den Tod. Wie dieses Zornes Purpur, gleich dem Roth Des Morgens, das der Sonne Glanz erhöht, Mit unnennbarem Reize dich verklärt! Wie schön bist du! wie fühl' ich ganz zu dir Mit schwellendem Gefühl mich hingezogen! Mit erwachendem Stolze. Doch war's nicht Haß, was du mir zugeschworen? Verschmähst du nicht des freien Mannes Triebe? So siege denn Gewalt, wenn nicht die Liebe! Zu meiner Sklavin hab ich dich erkoren! In die Scene rufend. Herbei, Gefährten! Was beginnt er – mit einem Blick gen Himmel. Brama! Jetzt wär's zu donnern Zeit – und du bist stumm! 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Die Indianer. Die Vorigen. zu den eintretenden Indianern, die sich beim Anblick des Paria nicht zu nähern wagen. Ergreift dies Weib! Des Paria Weib?! Wer murrt hier? Zum Sklavendienst erkor ich sie. Hinweg! zu Maja. Umklamm're dich nur fester, fester noch. zu den Indianern, indem er Maja aus ihres Gatten Armen reißt. Was zögert ihr? vor ihm niederstürzend. Barmherzigkeit! ich flehe; Ich lieg' im Staub vor meines Glückes Räuber, Ich habe Haß mit Liebe dir vergolten, Und wie vergiltst du meine Liebe mir? Eindringst du in des Bettlers arme Hütte, Das letzte Kleinod ihm hinweg zu stehlen. Nichts nenn' ich mein auf dieser weiten Welt, Als dies geliebte Weib – – Du nennst nichts dein! Du bist ein Paria. Ha! ist's dies allein, Was dir zur Schandthat Muth giebt, so vernimm – zu Gadhi. Was willst du thun? Dich retten und mich tödten. Vernehmt, sie ist aus meinem Stamme nicht. Frei laßt sie, Sklaven, werft euch bebend nieder Und fleht im Staube, daß sie euch vergebe: Denn eines Rajahs Tochter nennt sie sich. Was hör' ich!– Wahrheit – und die Wahrheit tödtet: Denn wie die Flamme der verschwieg'nen Erde Den Mutterschooß zerberstend auf sich wälzt, So wird das Wort der lang verschloss'nen Brust, Das jetzt verräth'risch von den Lippen flieht, Mich selbst verdammend, mir den Tod bereiten. Sprich! sprich! mich foltert grauenvolle Ahnung. Ihr seht dies Weib – Von Rührung überwältigt. O komm an dieses Herz! Vergönnt mir nur noch einmal, sie zu drücken An diese Brust. O mein geliebter Freund! Mein Weib! – einst hatt' ich Muth, dich zu erretten; Dich zu verlieren, fühl' ich mich zu schwach. Gefaßter zu Benascar. Verflucht ist mein Geschlecht. Wo sich das Leben In friedlicher Gemeinschaft fröhlich eint, Wo Haus an Haus, wo Mensch an Mensch sich reiht, Wo sich der Tempel heil'ge Dächer wölben, Darf nimmer ein Verworfener sich nah'n. Mir hat der Tag nur in der Wälder Nacht, Nur in der Höhlen dunkelm Grund geleuchtet, Doch drängend zog mich's zu des Lebens Freuden; Denn menschlich wie mein Antlitz ist mein Herz. Und wenn des Tags verrätherischer Glanz Erlosch, die Nacht sich hüllend niedersenkte, Dann schlich ich bebend in der Städte Nähe, Und weilte gern, wo auf dem Feld des Friedens Die Menschen schlummern sonder Lieb' und Haß Den Schlaf des Todes in dem dunkeln Bette. Einst – – Weh' uns! Heil uns, ruf' ich, Heil! Wir haben einen kurzen Tag gelebt, Doch war's ein Tag an heißer Liebe reich. Einst ruht' ich so; die Nacht war rein und mild, Und vor den Blicken weitgebreitet lag Das herrliche Benares, leicht verhüllt Vom Silberschleier der gestirnten Nacht. Erstorben war das tosende Gewühl, Und tiefe Stille herrschte rings umher. Selbst die geschwätz'ge Luft entführte leise Dem vollen Kelche reich durchwürzte Düfte. Nur ferne her aus leuchtenden Pagoden Klang der Braminen nächtliches Gebet, Und friedlich an die blüh'nden Ufer trieb Des Ganges edler Strom die Silberwellen, Treu in der vielbewegten Wogenbrust Das ew'ge Bild des bleichen Lichtes tragend. So trug auch ich ein ewiges Gefühl In dem zerriss'nen Herzen. Sehnsucht war's Nach Liebe und Erbarmen. Diese Schöpfung, Die mich verwarf, war so unendlich schön! Ich war ein Fremdling unter gleichen Wesen, Und doch vertilget, wie mit einem Hauch, War all mein Haß – mein ganzes Wesen Liebe. Ein Thränenstrom drang aus dem heißen Aug', Da blickt' ich auf, und vor mir hingegossen In tiefem Schmerz, auf einem Grabe seh' ich In namenloser Schönheit – dieses Weib. Halt ein! Die Wunden bluten der gequälten Brust. Entsetzliche Erinn'rung! Meine Mutter! Auf ihrem Grabe war's, wo er mich sah. Verloren früh hatt' ich die Eltern beide, Und war verbunden einem greisen Gatten, Dem Pflicht, nicht Liebe mich zu eigen gab. Krank lag er mir daheim. Ein gräßlich Uebel Brach ihm die morschen Glieder, und der Tod Traf uns, nach furchtbarem Gesetz, vereint. Ich sah das Flammengrab, die frische Jugend Dahingegeben gräßlicher Verwesung, Und in der stillen Nacht, mit heißen Thränen, Verzweiflungsvoll, netzt' ich der Mutter Grab. Da sah ich ihn. Nur einen Augenblick Entsetzte mich die angeborne Scheu Vor der Verworf'nen Stamm. Der Wahrheit Licht Traf sonnenhell den nachtumhüllten Blick. Bald, bald erkannt' ich dieses schöne Herz. Und wie den innersten Gedanken schnell Das Wort zurückgiebt mit beredtem Flügel, So leuchtete die Liebe wahr und hell Aus seines Auges demantreinem Spiegel. Allnächtlich schmückt' er mir mit frischen Blumen Der Mutter theures Grab, und bebend wand ich, Bethaut vom Perlenschmucke meines Jammers, Die stillen Zeichen edler Lieb' zum Kranz, Mein elend Haupt zu krönen in der Stunde, Die mich zum Tode rief mit glüh'ndem Munde. Neun Nächte harrt' ich – und die Stunde kam, Mein Gatte starb – Und du, Unglückliche, Du lebst? Entsetzlicher! klagst du sie an, Daß sie des Daseins allgewalt'gem Ruf, Dem ew'gen Trieb gehorcht der ird'schen Brust? Durchspähe die Natur: welch ein Geschöpf Verleugnete in wüthender Verblendung Der Selbsterhaltung angeborne Wehr? – Sie kam in jener Nacht, ein bleiches Bild Des blühenden Entsetzens. Dunkle Locken, Gelöst von der Verzweiflung Schreckenshand, Umschlugen, Geißeln ähnlich, ihr die Brust, Und hoch auf wallte der empörte Busen, Und schlug im Wettstreit mit den frechen Lüften Zurück des Hauptes fessellose Zier. Das glüh'nde Auge starrte kalt und todt In die erhellte Nacht, und lautlos zuckten Die bleichen Lippen – da erblickt sie mich, Und plötzlich in gewalt'gen Jammerschrei Löst sich der starre Schmerz – »Mein Gatte starb!« Ruft die Unglückliche – »und ich, Geliebter, Ich sterbe mit ihm!« Zu Benascar. Zücke deinen Dolch, Zeig mir den Tod in jeglicher Gestalt; Was ich empfand bei jenem Schreckenswort, Empfind' ich nie mehr – nie. Kein Laut, kein Wort Erschütterte die grauenvolle Nacht; Mit stummen Thränen netzten wir das Grab. Da schwand das Dunkel, – und mit glüh'nden Sohlen Und Purpurwangen, wie ein festlich Kind Beschritt der Tag die Höh'n, mit heißen Lippen Hinweg die nächt'gen Thränen alle küssend Der lichtberaubten Erde. Wir allein Wir blickten weinend noch empor – da strahlte Mit blut'gem Schein, das heit're Licht entsetzend, Ein zweiter, ferner, dampfumhüllter Tag. Der Holzstoß flammte, er schlug empor, Und schien hochlodernd zu begehren Die köstliche Beute zu verzehren. – Schauerlich hallten die Todtengesänge, Aber schon wogte in gräßlichem Chor Fernher die Opfer suchende Menge, Listige Priester mit heiligem Munde Luden segnend zum feurigen Bunde, Und die Weiber mit jubelndem Schrei'n. Drängen sich in die entsetzlichen Reih'n, Alle umschlungen die wallenden Locken Mit dem fröhlichen Immergrün. Aber wir sehen sie näher zieh'n, Und fühlen das Blut uns wie Flammen glüh'n, Und fühlen's wie Eis in den Adern stocken. Sie erbleichte und wankte und stöhnte: »Erbarmen!« Da rief ich ihr zu: »Genügt dir ein Herz Voll unendlicher Lieb' und ein Dasein voll Schmerz, So trag' ich dich fort mit männlichen Armen.« Sie blickte empor, sie sprach keinen Laut, Doch fühlt' ich's lebendig, sie hatte vertraut. Fest umschlang ich den sinkenden Leib, Rettend entführt' ich die Flammengeweihte, Und mir gehörte, mir die Befreite, Sie ward mein – ward mein liebendes Weib. Sie ward dein Weib, und Brama's Rache schwieg! Wie durch des Himmels Plan die Wetterwolke, Durchzieht ein Unheil kündendes Gefühl Die ahnungsvolle Brust. – Verworf'ner, nenne Den Namen ihres Vaters mir. – Halt ein! In dunkeln Kreisen wälzet nah und näher Sich die Erinn'rung lang vergang'ner Zeit. Die Ahnung ist ein dräuendes Gespenst, Sie ist der Tod, wenn sie die Wahrheit ist. O schweig, Geliebter, nenn' den Namen nicht! zu Gadhi. Nenn' ihn! soll ich nicht eitel Truggespinnst Die list'ge Rede halten. So vernimm: Die ich mein Weib mit stolzer Liebe nenne, Des Rajahs Tochter ist's – Delhi-Benascar. stößt einen Schrei des Entsetzens aus. wenden sich bestürzt ab. verhüllt sich. zu Benascar. So groß einst – jetzt so elend, und du willst Sie tiefer stürzen in unnennbar Leid? Dich rührt, ich seh's, der Treue heil'ge Macht, Du bist gerührt – Gerührt? – es ist die Wuth, Die auf den Lippen mir das Wort erstarrt. Zu Maja. Verruchte, rede: lebt denn Keiner dir, Der Rechenschaft von deinem Handeln fordern Und deiner Väter Ehre rächen darf? Was fragst du? Die Eltern starben früh; den einz'gen Bruder Entführte mir in früher Kindheit schon Ein ferner Krieg, ich sah ihn niemals wieder. Wenn du ihn wiedersähest, wenn er käme Und fragte: »Weib! was hast du mir gethan? Wo ist das Kleinod meiner Ehre? Wo Der unbefleckte Name meiner Väter?« Mein Blut erstarrt. Laß seine rothen Wellen Den Frost des Todes überfliegen. Rede, Gieb Antwort, wenn du kannst, – ich bin dein Bruder. stürzt zu Boden. nach einer Pause zu Benascar. Herr, ich bin schuldig, tödte mich! Das will ich. Doch rasch, eh' sie erwacht! Der Rath ist gut, Er sei dein letztes Wort! Indem er mit gezücktem Dolche auf Gadhi eindringen will, erwacht Maja. abwesend, starr auf Benascar blickend. Wo bin ich? Weh'! Die Gräber geben ihren Raub zurück, Mit bleichem Antlitz, zürnend naht mein Vater, Das ist sein Geist! Mit zurückkehrendem Bewußtsein. Mein Bruder – ja – mein Bruder! O wie so süß der ungewohnte Klang Des theuren Namens mir zum Herzen dringt! Mein Bruder, du wirst menschlich sein – Den Dolch in seiner Hand erblickend. Weh' mir! Dein Herz ist Eisen, deine Blicke Mord, Und dein Umfangen Tod. zu Benascar. Was zögerst du? Ich bin bereit zu sterben. Ich zu tödten. Empfange deinen Lohn! sich zwischen Beide werfend. Entsetzlicher! Halt' ein! was willst du thun? Die Gottheit rächen, Die du geschändet hast, wie meine Ehre. Entweiht' ich diesen Gott durch Lieb' und will Er Blut dafür, so sag' dich los von ihm Und stell' dir in dein gold'nes Heiligthum Ein friedlich Lamm, es knieend anzubeten. Es ist mehr Göttliches in ihm als in Dem Rachedürstenden, den du verehrst. Weh'! Fluch dir! Ja, auf mich die Flüche! Auf mich die Rache! mein ist das Verbrechen! Und freveln werd' ich, ist die Liebe Sünde, So lang' ein Hauch des Lebens mich beseelt! Denn dieses Herz ist ein unsterblich Buch, Deß voller Inhalt Liebe ist für ihn, Für ihn, für den Verworf'nen. Hörst du's, Bruder? Triff rasch und räche deine Schmach. zu Benascar. Sie ras't. O höre sie nicht an! Mein ist der Frevel. Beredet hab' ich sie und überlistet, Verführt zum Bruch des heiligen Gesetzes, Gekettet an mich mit den Zauberbanden Verweg'ner Lieb', und deiner Rache Donner Entlade sich auf dieses Haupt. Sei gnädig Und tödte rasch! Er wirft sich vor ihm nieder. sich ebenfalls vor Benascar hinwerfend. Du wirst barmherzig sein Und nicht die einz'ge Gunst der Schwester weigern. Der Rasende mit thatensücht'ger Wuth Stürzt sich in diesen Tod: ich aber lebe, Ein traurig Angedenken deiner Schmach. Du bist entehrt, wenn nicht im stummen Grabe Mit meinem Dasein meine Schande schläft; Drum end' es, – wähle – – einfallend. Wähle mich zum Opfer. Ich bin's, nur ich bin schuldig. Beide seid ihr's. Zu Maja. Drängst du dich zu dem Tod der Schande? Lebe, Ein stilles Leben reuevoller Buße, Und dank' es meiner unnennbaren Liebe, Dem mächtig ungeheueren Gefühl, Das auf für dich in diesem Busen flammte, Seit ich zum ersten Mal dich sah. Zu Gadhi. Du stirbst! Und wie sich hier vor den Gefährten frei Die Schmach enthüllt, die mein Geschlecht getroffen, So will ich auch, daß sichtbar jedem Auge Das Schreckensbeispiel meiner Rache sei. Zu seinen Gefährten. Nicht mich allein, Gott selbst hat er geschändet, Und wenn er fällt, und wenn er blutig endet, Sei's am Altare durch des Priesters Beil. Gadhi und Maja sinken einander in die Arme und halten sich fest umschlungen. zu den Indianern. Der Morgen graut. Ihr eilt hinweg und sucht Den Diener Brama's in dem nahen Tempel. Bescheidet ihn hierher; aus meiner Hand Empfang' er dieses Opfer. gehen ab. für sich. Fassung, Herz! Er ist gekämpft, der schwere Kampf der Pflicht. 8. Auftritt Achter Auftritt. Gadhi. Maja. Benascar. zu Maja. Unglückliche! Kein Wort des Trostes, Bruder! Geschehen muß, ich fühl' es, was geschieht. Nur eine Bitte hab' ich. Ich bin Mutter. O woran mahnst du mich! mein Kind! mein Sohn! Sein Sohn – doch auch der meine. Rett' ihn mir. Du wirst ihm Vater werden, wirst ihn lehren Erkennen deinen Gott und sein Erbarmen. Mein Gatte sterbe, nur den Knaben nicht Gieb Preis dem opferlechzenden Braminen. Was willst du ihm ein traurig Leben fristen? Laß den Verwaisten sterben. Nein, er lebe! Ich soll ja leben; gönne mir den Trost. Zu Benascar. Dort schläft das Kind den sorgenlosen Schlummer Und ahnet nicht, daß um die blüh'nde Stirne Der Todesengel schon den Fittich schlägt. O sei barmherzig, Bruder, rett' ihn mir; Durch treue Diener send' ihn rasch hinweg, Eh' der Bramine naht. Welch ein Gefühl Hat in der starken Brust mein Herz gewandelt! – Die Stimme der Natur, der Menschlichkeit Spricht laut zu dir; vernimm den heil'gen Ruf Und rette mir den Sohn. in die Kammer eilend. Ich will ihn retten. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Vorige, ohne Benascar. Was thatest du? die sich mit der Freude eines gelungenen Entwurfs aus ihres Gatten Arm gerissen. Was mir der Himmel eingab. Die brennende Fackel vom Baumstamme reißend. Die Fackel schleudern will ich in die Kammer, Und Vater, Mutter, Kind und Feind verderben. ihr die Fackel entreißend. Weh' dir! das ist des Unglücks höchster Jammer, Daß es zur Rettung das Verbrechen ruft. Die Fackel umstürzend. Stirb, Flamme! Wie ich lebte, will ich sterben, Versöhnt und rein geh' ich hinab zur Gruft. Großherziger! Gewalt'ger! Die giftige Frucht am Boden erblickend; für sich. Dank dir, Himmel! So bleibt ein and'res Mittel, wir sind frei. Sie verbirgt die Frucht, ohne daß es Gadhi bemerkt. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Vorige. Das Kind. Benascar. von innen. Wer löscht das Licht? Der Tag ist angebrochen, Die Nacht ist aus, was braucht's der Leuchte mehr? vor Benascar fliehend. O! Vater! Mutter! Gott! mein Kind! Mein Sohn! Schnell! Schnell! Verzug ist Tod, nur Eile rettet. den Knaben fest umklammernd. Weh' mir! Ich will nicht mit dem fremden Manne. Folg' ihm: Er führt dich in das helle, grüne Thal Des Lebens ein. Wie hold es ist und schön, Weiß Der allein, der es verlassen soll. hat sich indessen entfernt, und kehrt nun zurück. ihn erblickend. Er kommt! er kommt! er will ihn mir entreißen. Der Tag bricht an, und Brama's Diener naht: Gebt mir den Knaben. niedersinkend und das Kind an sich pressend. Meine Kraft verläßt mich. ihr den Knaben entreißend. So tödtest du dein Kind. Mein Kind! Benascar mit dem Knaben ab. 11. Auftritt Elfter Auftritt. Gadhi. Maja. aufspringend. Jetzt Muth! Was hast du vor? ihm die Frucht zeigend. Sieh, Gadhi, diese Frucht: Entrissen hab' ich sie dem Wütherich, Den die Natur zum Bruder mir gegeben. Mitleidig gönnt' ich ihm ein feindlich Leben. Ich sä'te Liebe, und ich ernte Tod. Versteh' ich dich – Du wähntest doch wohl nicht, Ich könnte leben ohne dich? Mein Freund, Das – sage nein – das hast du nie geglaubt. In dieser kleinen Frucht ist für uns Beide Des Todes gnug. Ich theile sie mit dir. Weib! heldenmüth'ges Weib! Und ich – ich murrte. Wem neid' ich jetzt das schönste Dasein noch, Wenn solch ein Tod der Wonne mir beschieden! hat den Saft der Frucht in einen Becher gedrückt; ihn emporhebend. Willkommen, Tod der Wonne! nur die Schuld Erbleicht, wenn sich die dunkle Stunde naht. Mit hellem Blick und muthvoll stirbt die Treue. Auf Wiederseh'n, mein Freund! Sie trinkt. O Gott! ihm den Becher reichend. Und dies für dich. leert den Becher. Dank! Sie sinken einander in die Arme. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Vorige. Benascar. Geborgen ist der Knab' – So fliege muthig Aus deiner dunkeln Haft, gebeugte Seele, Du wandelst dich zu glänzender Gestalt Und schwebst mit schützend hellen Flügeln dann Um des geliebten Kindes Haupt. Jetzt – trennt euch! Der Priester naht, und eurer Hütte Wand Stürzt nieder unter schnell geschäft'ger Axt; Daß nicht beflecke auf verworf'ner Schwelle Den reinen Fuß der Diener des Gewalt'gen, Der neunmal deinem Stamm und dir geflucht. Dein Gott des Fluches ist ein Gott des Abscheus. Ich glaub' an seine Lieb'; von seinem Haß Spricht Blödsinn, Habgier oder Frevel nur. Wer sich's von seinen Priestern überliefern, Von ihren Ammenmährchen lehren läßt, Was Glaube sei und Gott, der schmäht sich selbst. Er ist unleugbar wie sein himmlisch Licht; Des eignen Busens flammende Erkenntniß Macht seine Welt zum Spiegel seines Wesens. Und hast du ihn erkannt, – mußt du ihn – glauben; Nothwendiger ist Dasein nicht und Tod. Ich war verworfen, und mit reinem Herzen Blick' ich zurück auf meines Lebens Bahn. Gefunden hab' ich, was des Bettlers Hütte Zum Paradiese stiller Lust geschaffen; In treuer Brust für mich ein glühend Herz ... droht zu sinken. Weh' mir! Die Gluth wird kalt. Wie bleich du wirst! zu Benascar. Was starrst du so? Es war dein eigner Wille. Du wähnst, ich liebte, und ich könnte nicht Für meine Liebe sterben – – Welche Ahnung! Die Frucht – die gift'ge – Die du mir entrissen? Sie giebt uns Beiden jetzt den Tod. zu Gadhi. Ha, Ungeheuer! das hast du gethan! Ich selbst – ich selbst – oh, wie das schmerzt – wie's brennt! Schleier und Stirnband abreißend. Hinab den ird'schen Tand – ah! Freiheit! Luft! Das Leben ist ein Feuermeer und sprengt Gewaltsam mir die Adern, um hinaus, Hinauszuströmen in die ew'gen Lüfte. Mir wird die Welt zu eng. in die Hütte stürzend. Nieder mit des Paria Hütte! Nieder mit dem Paria selbst! Heil Brama! Heil! Die Hütte wird niedergerissen. Man erblickt ein reizendes Thal. Morgenröthe. Aus dem Hintergrunde naht langsam, unter rauschender Musik, der Zug mit dem Braminen. Mein theurer Freund, Du schauderst! – O geliebte Sonne, komm, Laß deiner gold'nen Wangen Purpurglanz Erröthen mir das bleiche Angesicht; Daß ihn der Tod, den er erleiden soll, In dieser Ungestalt nicht schrecke. Gott! Es war ein kurzer Kampf – es ist vorbei! Kein Schmerz – Entzücken – Freiheit – Licht – Mein Gadhi – folge mir – – Sie stirbt. Ich folge bald – ich fühle schon – den Tod. – – So recht – laßt unter diesem Dach das Leben Sich schmerzenfreier lösen; diese Lust Und dieses Licht ist Allen gleiche Wohlthat. Ueberall Nur Liebe, Lieb' – und ihr seid nichts als Haß. So dunkel – Nacht – dort! dort! das Licht, Und Alle – Alle – gleich – mein Kind – an Maja's Leiche, von seinem Gefühl überwältigt, ihm die Hand reichend. Ich schütz' es dir. heftet den Blick starr auf ihn und stirbt. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt. Vorige. Der Zug mit dem Braminen, der auf einem Palankin getragen wird, ist in den Vordergrund gekommen. Wo ist das Opfer? Zwei für eins, Bramin': Frag' deinen Brama, ob sie ihm gefallen!