Joseph der Zweite Vorgelesen bei dessen Namensfeier 1783. Joseph baut, und seinen Tempel gründet Hohe Weisheit; Schönheit schmücket ihn; Stärke, die mit beiden sich verbindet, Gibt ihm Dauer, und vollendet ihn. Weisheit war es, die einst wie der helle Thau des Himmels auf Ihn niedersank, Weisheit war's, aus deren reiner Quelle Er mit nie gestilltem Durste trank. Sie nur war es, die nach fernen Zonen Seines Geistes Forscherblicke zog, Sie, auf deren Schal' Er Nationen Gegen Nationen maß und wog. Dort erweiterten die scharfen Blicke Seines Geistes sich an ihrer Hand, Eines Geist's, der nun mit Einem Blicke Eine ganze Völkerwelt umspannt. Dort arbeitete sein Blick zur Klarheit Eigener Beschauung sich hinan, Sicher, daß Ihn nun nicht mehr der Wahrheit Angeborgter Schimmer täuschen kann. Weisheit und mit ihr Erfahrung liehen Ihm die Schätze zu dem großen Plan, Grösser als der Herrschertheorieen Schönste jemals einen geben kann. Weisheit war's, die Ihn zum Menschenschätzer, Nicht zum Seelenschätzer werden ließ, Und den guten Menschen auch im Ketzer Oder Juden gleich willkommen hieß. Sie zerbrach die schwere Sklavenkette, Die an's Joch den armen Landmann schloß, Dessen Schweiß einst auf die Pflügerstätte Nicht für ihn und seine Kinder floß. Sie nur räumte willig dem Verstande Seine Freiheitsrechte wieder ein, Und gebot ihm, ferner ohne Bande, Nur der Wahrheit unterthan zu sein. Sie nur war's, die Kirch' und Staat geschieden, Wie man Geist und Körper scheiden kann, Sie wies Fürsten ihren Platz hienieden, Und den Papst in höhern Sphären an. Sie verbannte Klöster aus den Staaten, Wo man nur mit Beten Brod erwarb, Wo mit jedem neuen Kandidaten, Für den Staat ein junger Bürger starb. Sie verbot dem blinden Aberglauben Mädchen mit Gelübden einzuweih'n, Die den Bürgern ihre Bräute rauben, Und die Menschheit mit sich selbst entzwei'n. Doch der Weisheit folgte Schönheit: beide Hatten sich in Josephs Geist vermählt, Und gebaren laute Völkerfreude, Als sie sich vereinigten, zur Welt. Ebenmaaß wird mit Geschmack sich gatten, Wenn sein Geist nach äuß'rer Schönheit strebt, Ohne diese Prunksucht zu verrathen, Die den Blick mehr niederdrückt als hebt. Alle seine Gärten und Gebäude, Einfach, aber groß wie die Natur, Schuf nicht Pracht, nur Nutzen oder Freude, Denn Er baut für seine Völker nur. – Aber das, was Josephs großen Tempel Der Vollendung näher rückt, Ist die Stärke, die darauf den Stempel Einer ewigfesten Dauer drückt. Nicht die Stärke, welche Millionen Menschen in dem Todessolde zählt, Und das Wohl von ganzen Nationen Kühn auf ihres Schwertes Spitze stellt; Die mit Wuth von einem Pol zum andern Menschen würgt, um sie dem Ruhm zu weih'n; Diese hätt' Er ja mit Alexandern, Und der Menschheit Geiseln nur gemein. Jene Stärke, die nur da sich findet, Wo den Bau ein weiser Mann regiert, Wo sich alles reihet und verbindet, Und ein Theil des andern Stütze wird; Die das Wohl beglückter Nationen Auf die weisesten Gesetze baut, Und dem Wechsel kommender Aeonen Kühn und festen Blicks entgegen schaut; Diese Stärke nur, die das Gepräge Jenes grossen, festen Geistes trägt, – Den auf seinem schönen Herrscherwege Keine Macht der Welt zurücke schreckt; Diese selt'ne wundervolle Stärke, Die sich aufschwingt über Raum und Zeit, Diese schreibt dem grossen Schöpfungswerke Josephs an die Stirn': – Unsterblichkeit!