Versöhnungslied an die Schwestern 1784. Euch, Schwestern, die ich allzulang Geneckt, und manche Pille zwang In Gnaden zu verschlingen, Will ich ein Lobgedicht anheut', So schön, als wie ihr selber seid, Zum Söhnungsopfer bringen. Ja, Schwestern, um euch noch weit mehr, Als je ein Panegyriker Es konnte, zu verbinden, So sollt ihr selbst in dem Gedicht, Das heut zu eu'rem Lobe spricht, Kein Wort erdichtet finden. Ihr Schwestern, war't vom Anbeginn Die Blume Tausendschön, worin Sich alle Reize gatten: Uns aber pflanzte die Natur In diese Welt als Bäume nur, Um euch zu überschatten. Ihr seid – mit Ehrfurcht sag' ich es – Das auserwählete Gefäß Von aller Menschen Leben: Ihr seid es, die des Mannes Haupt, Damit er nicht ein Thier sich glaubt, Empor zum Himmel heben. Ihr seid der Menschlichkeit Magnet, Der alles, was auf Füssen geht Und kriecht, kann attrahiren: Ihr seid der Mittelpunkt, worin Sich Heid' und Christ und Mandarin Und Bettler concentriren. Der Knabe, Jüngling und der Mann Sind euch mit Liebe zugethan: Der Greis thut seine Triebe Euch noch als Wärterinnen kund, Und so seid ihr das Alpha und Omega uns'rer Liebe. Ihr waret schon im Paradies So klug, durch einen Apfelbiß Das Sterben einzuführen, Damit's an Wechsel nicht gebricht, Und wir am Ewigleben nicht Zu Tod uns ennuiren. Und hättet ihr uns nebst dem Tod Nicht auch noch Seuchen, Hungersnoth, Und Pestilenz gegeben, Wie könnten jetzt die Medicer, Die Bäcker und das ganze Heer Von Apothekern leben? Ja, hätten wir von eu'rer Hand Nicht auch zu Wasser und zu Land Oft Krieg und Donnerwetter, Held Cäsar wär' ein Donquixot, Und Franklin, der dem Blitz gebot, Nichts als ein Pflasterfreter. Und wären in der biblischen Pandora-Büchse unbeseh'n Die Güter all' geblieben, Sagt selber, hätte Leibnitz je Die göttliche Theodicee Zu unserm Trost geschrieben? Doch all' dies und des Guten mehr, Wofür euch der Profanen Heer Mit lautem Danke preiset, Ist nicht zu achten gegen das, Was ihr noch stets ohn' Unterlaß Der Maurerei erweiset. Euch danken wir es, Schwesterchen, Daß wir die meisten Suchenden Schon vorbereitet finden: Ihr lehret sie Verschwiegenheit, Geduld und Unterwürfigkeit, Ihr lehret sie erblinden. Bei euch gewöhnet ohne Müh' Der junge Maurerzögling früh Im Finsteren zu sitzen: Ihr gebt ihm auch wohl gar den Muth, Um einen Blick von euch sein Blut Im Zweikampf zu verspritzen. Ihr lehret auch den Suchenden Als Maurer reisen, lehrt ihn geh'n Auf Wegen, gleich dem Glase: Ihr thut hierin noch mehr als wir; Wir führ'n ihn an der Hand – und ihr – Ihr führt ihn bei der Nase. Durch euch hat uns're Bruderschaft An Wachstum, Grösse und an Kraft So mächtig zugenommen; Die Künste die der Maurer liebt, Die Tugendregeln, die er übt, Hat er von euch bekommen. Der Wind, den ihr mit eu'rer Pracht Aus unserm Gold und Silber macht, Ist Anlaß uns gewesen, Daß wir uns auch der theuern Kunst Ergaben, unser Gold in Dunst Hermetisch aufzulösen, Ihr Schwestern, lehrtet uns zugleich Die Kunst, den Teufel, der in euch Als Weibern steckt, zu bannen, Und überzeugt uns anbei, Daß es vergeb'ne Mühe sei, Ihn je zu übermannen. Nur ihr erfüllt den Maurer früh Mit Weisheit und Philosophie Vom Fuß bis auf zum Scheitel. Von euch belehrt, rief frühe schon Der Urgroßmeister Salomon: Wie ist doch alles eitel! Ihr, Schwestern, wart die ersten d'ran, Der Güter Ungleichheit, die man Auf Erden sieht, zu heilen: Ihr fanget bei euch selber an, Und lehret jeden Ehemann Sein Gut mit andern theilen. Und, Schwestern, wäre nicht zugleich Der Männer Menschenlieb' an euch So sichtbar oft zu schauen, Wie könnten wir als Maurer nun Den armen Waisen Gutes thun, Und Findelhäuser bauen? – Um euch nun, liebe Schwesterchen, Für alles, was durch euch gescheh'n, Nach Würden zu belohnen, So geben wir zur Dankbarkeit Ein dreifach Feuer euch anheut' Aus unseren Kanonen.