Mutter und Tochter Am warmen Juniusabend Wie duftig weht es, wie labend Von Bohnenblüten und Heu! Wo durch Kastaniendunkel Erzittert rothes Gefunkel, Hier lacht die Jugend und schäkert frei. Vor allen aber ist Hedchen Ein ausgelaßenes Mädchen Und sizt auf jeglichem Knie. Still kömmt die Mutter gegangen: »Mein Kind, wie glühn Dir die Wangen! Dich warnt Erfahrung und Alter: flieh! Hast Du gesehn, wie die Taube Mit grünlich goldner Haube Dem Täuber bietet den Mund? Sie gurrt und picket und schnäbelt, Von Brautentzücken umnebelt – Was folgt, mein Töchterchen, ist Dir kund.« »O Mutter lächelte Hedchen, Warum so mürrisch? Ein Mädchen Muß doch nicht wunderlich sein. Man will ja gerne gefallen, Und beßer scherzt man mit allen Als einem freundlichen Mann allein.« »Behüte, Mädchen, behüte! Willfährst Du allen mit Güte, So fängst Du nimmer ein Herz. Nimm Einen Mann für das Leben; Ein Schäferstündchen daneben Vergönnt mit anderen wol den Scherz.« »Bereit nur Mütterchen halte Den Brautkranz! Otto der alte Hat Geld und eignen Herd. Ich meint, ihr nähmet fürs Leben Den Ehmann euch und daneben Sei nie ein Stündchen dem Scherz geweiht.«