Die Zigeunerin Liebe Frau, daß Gott dich segne, Und daß dir sein Glück begegne! Sei willkommen altes Männlein! Da mit deinem schönen Kindlein! Gar willkomm' auf unserm Pfade, Schwester mein, daß Gott dir gnade, Deiner Schuld Verzeihung sende, Der barmherzig ist ohn' Ende. Pilger, ihr müßt wohl gar müd sein, Und ich glaub', ihr armen Leutlein Mögt ein Obdach gern erreichen, Die lieb Frau auch gern absteigen. Ihr, wer seid ihr, Schwester meine? Ihr seid höflich ungemeine, Ihr seid recht erfüllt mit Güten, Mir die Hülfe anzubieten. Ich bin ein Zigeunerweiblein, Und wenn gleich ein armes Schelmlein, Lad' ich euch zu meiner Hütte, Nehmt's vor Liebe an, ich bitte. Immer sei gedankt, gelobet Gott der Herr im Himmel droben, Deine freundlich lieben Reden Trösteten mein Herz in Nöten. Schnell, steig ab, o meine Fraue! Eine Göttin ich dich schaue, Ich die Kreatur mit Bangen Fühl' dies Herz mit Lieb umfangen! Wir von Nazareth herkommen, Fanden nirgends Unterkommen, Müd vom Weg und ohn' Bekannte, Sind wir nun im frenden Lande. Ich hab' einen kleinen Stall hier, Da kann stehen euer Saumtier, Heu und Stroh will ich drin streuen, Daß wir all uns drin erfreuen. Liebe Frau, ist's nicht nach Würden, So verzeiht, wie mag bewirten Eine Königin ich Arme, Ach daß Gott sich mein erbarme! Und du Alterchen sitz nieder, Kamst zu Fuß, hast müde Glieder, Schöne Tochter ohn' Verweilen Machtet ihr dreihundert Meilen. Eine Königin der Gnaden Bist du, wie's mein Herz erraten, Dieser ist dein Eh'herr, denk ich, Ei wie ist er gut und freundlich! Und gefällt dir's, liebe Fraue, Daß ich in die Hand dir schaue, Wenn gleich arm und zu beklagen, Will ich dir dein Glück wahrsagen. Doch was ich werd' sagen müssen, Wirst du all schon besser wissen, Denn es läßt dein schönes Wesen, Eine große Weisheit lesen. Töricht werd' ich noch vor Freude, Glücklich war mein Ausgang heute, Du bist, ich kann's unterscheiden, Auserwählt von Ewigkeiten. Du warst stets die Gottgeliebte, Reine, keusche, ungetrübte, Du bist Mutter von dem Sohne Dessen Vater himmlisch wohnet. Gott zum Boten dir bestellte Gabriel, den Glanz umhellte, Dir im Kämmerlein verschlossen, Hat die Botschaft sich ergossen. Wußtest, daß und wie der Willen Gottes, sich ins Fleisch zu hüllen, O was Trost ist aufgegangen, Weib in deinem Gottempfangen. Gnadenvoll bist du gewesen, Himmelskönigin erlesen, Als er sprach mit Worten süße, Ave Maria, Gott dich grüße! Und als er dich so gegrüßet, Angst dein reines Herz durchfließet, Deine Frucht sei benedeiet, Die die Welt erlöst, befreiet. Und von Demut ganz erfüllet, Mir gescheh', wie Gott gewillet Mir der Magd des Herrn, es komme, Der Erlöser, sprachst du fromme. Aber Joseph dort der gute Dachte nach in trübem Mute, Und ob deines Leibes Segen Tät sein Herz viel Sorgen hegen. Doch vom Engel unterrichtet, Ward mit Trost er aufgerichtet, Und dich Schöne Gottbegehrte Höher er fortan verehrte. Und als nun die Zeit gekommen, Hast du Joseph mitgenommen, Um nach Bethlehem zu gehen, Mußtest viele Not ausstehen. Konntest nirgend Obdach finden, Deiner Frucht dich zu entbinden, Ach du mußtest, Weib der Ehren, Einsam unterwegs gebären. O welch arm elende Stätte, Ohne Feuer, ohne Bette, In dem Stall, du Gottbeschwerte, Unter dir die harte Erde. In der heil'gen Weihnacht Taue, Da gebarst du o lieb Fraue, Diesen schönen Gottesknaben, Hirten ihn verehret haben. Betetest ihn Lieb erfüllet An, ins Schleierlein gehüllet Legtest du dein schönes Knäblein, Zwischen's Öchslein und das Es'lein. In der Krippe statt der Wiege, Schöne Frau dein Kindlein lieget, So gebarst du Gott hienieden, Krieg nahm er und gab den Frieden. Solcher Glanz die Nacht entzückte, Daß die Welt erstaunend blickte, Alle Hirten sangen Lieder, Der Erlöser kam hernieder. Und der Engel Melodeien, Konnten alle Welt erfreuen, O du Nacht der Seligkeiten Ganz voll Licht und Himmelsfreuden. Hirten kamen ihn zu ehren, Gaben groß ihm zu bescheren, Ihr Geschrei drang zu den Ohren, Der Messias ist geboren. Und weil ihr so mild und huldreich Zeigt mir auch, lieb Frau, ich bitt' euch, Zeigt, mir Armen, euer Kindlein, Den Erlöser in den Windlein. Schwester, blick zum Himmelskinde, Zum Erlöser aller Sünde, Ach schau wohl, in seinen Blicken Paradiesisches Entzücken. Ach du lieb Frau Kaiserinne, Bin nur eine Sünderinne, Doch wem kann geliebter sein Dies mein liebes Jesulein. Ach mein Weg war wohl gesegnet, Daß ich euch allhier begegnet, Drum schlug mir mein Herz voll Bangen, Da ich hier herausgegangen. Doch weil es der Himmel wollte, Daß ich dir wahrsagen sollte, Ich dir mit betrübter Seele, Des Erlösers Leid erzähle. Schöne Mutter voller Güte, Duldsam bist du im Gemüte, Deine Äuglein nur bereite, Weinen solln wir alle beide. Jesus beten wird im Garten, Gottes Stärkungskelch erwarten, Blut'ger Angstschweiß wird ihn decken, Ach mein Herz erbebt vor Schrecken. Dann kömmt Judas hergegangen, Küßt verratend seine Wangen Und um dreißig Silberlinge Wird verkauft der Herr geringe. An die Säule fest gebunden Und geschlagen voller Wunden Und gekrönet, ich ihn schaue, Ach mit Dornen, liebe Fraue. Von des Kreuzes Last gebeuget, Traurig er zum Berge steiget, Und erschöpfet und entkräftet Wird er an das Kreuz geheftet. Liebe Frau, nach seinem Ende Wird er in das Grab gesenket, Und nach dreien Tagen wieder Hebt er lebend auf die Glieder. Und zwölf Jahr nach diesem Tage, Liebe Frau, wie ich euch sage, Kehrt er sich zum andern Leben, Wird zum Himmel sich erheben. Dann o Mutter voller Leiden, Wirst du für uns Sünder streiten, Weil du kamst zu solchen Ehren Um die Schlange zu zerstören. Liebe Frau, nun will ich schweigen, Euch nicht länger niederbeugen. Gebt, daß ich nach meinem Ende Wieder schau in eure Hände.