Zum Herbst: Fabel Ein jüngst noch dick belaubter Baum Sah seines Wipfels Pracht erbleicht zu seinen Füssen, Und, wie des Bodens runder Raum, Den die so angenehm begrünten Schatten So oft geschützt, so oft bedecket hatten, Den lieben Kinderchen zum Kirch-Hof werden müssen. Es riß der kalt' und rauhe Nord Den dünnen Ueberrest noch immer mit sich fort, Sie taumelten recht Schaaren-weis' herab, Und suncken in das finstre Grab. Er schien, in dunckler Farb', ihr sterben zu betrauren, Und, in der Kinder Fall, sich selber zu bedauren. Dieß heimliche Geseuftz, dieß still' und bange Klagen Vermochten einige der Blätter, die noch grün, Und deren frische Farb' fast unverwercklich schien, Nicht zu vertragen. Sie sprachen: Traure nicht! wir wollen bey dir bleiben, Uns wird kein Wind, kein Frost vertreiben. Sieh nur, wie grün wir noch, wie frisch; wir fühlen nicht, Daß uns, an Kraft, an Schönheit, was gebricht. Allein, fast in derselbigen Secunde, Erstarrt' ihr kühnes Wort in ihrem kleinen Munde. Ein kalter Hauch den Eurus von sich bließ, Der ihnen seine Stärck', und ihre Schwäche wies, Griff ihren zarten Leib so grimmig an, Daß ihnen Leben, Muth, und alle Kraft Vergieng, entwich, zerrann. Es stockt ihr Lebens-Saft; Es schrumpft ihr Cörper ein; sie zittern jämmerlich; Ein ängstlich Seufzen scheint ihr lispelndes Gezische; Sie beben, und sie krümmen sich: Es scheint, als ob man sie recht von den Zweigen wische. Sie hielten bloß darüm, dieweil die Reih Sie etwas später traff, sich fast vom welcken frey. Lasst diese Blätterchen, ihr noch gesunden Alten, Bey euch des Lehrers Amt verwalten! Ein Augenblick stürtzt sie herab: Ein Augenblick stürtzt euch ins Grab.