Die Luft 1. Sehen wir der dünnen Lüfte Grossen Kreis und weite Bahn, Samt dem Wesen dieser Düfte, Mit Verstand und Sinnen an; Spürt ein reges Hertz aufs neue, Wie sich recht die Seele freue, Weil sie drin, für Lust entzückt, Gott unsichtbarlich erblickt. 2. Dieser unumschränckten Weite Grentzen-losem Wunder-Reich, Dieser Höhe, Gröss' und Breite Ist kein' irdsche Grösse gleich, Weil sie alle Dinge füllet, Deckt, umgiebet und umhüllet, Ja den gantzen Kreis der Welt, Wie das Meer ein Fischlein, hält. 3. Ihre Kraft, wie schwach sie scheinet, Ist dennoch unendlich groß, Da sie Felsen selbst ensteinet Ohne Schlag und ohne Stoß. Stahl wird durch die Luft zerstöhret; Marmor selbst durch sie verheeret, Ja sie heisst mit Billigkeit Ein Gewehr, ein Zahn der Zeit. 4. Und dennoch sind ihre Theile So behende, dünn und klein, Daß, wie scharf der Augen Pfeile, Sie doch nicht zu treffen seyn. Ob sie gleich rings um uns spielen, Kann man sie gleichwol nicht fühlen, So daß zwischen Leib und Geist Sie vielleicht ein Mittel heisst. 5. Ihrer Grösse unerachtet Scheint sie dennoch unsichtbar. Wie genau man sie betrachtet, Wird man ihrer kaum gewahr. Dieß kann uns zur Lehre dienen, Wenn wir uns so oft erkühnen, Alle Dinge zu verstehn, Da wir doch so wenig sehn. 6. Dennoch kann man deutlich weisen, Daß derselben Eigenschaft, In den ausgedehnten Kreisen, Aller ird'schen Cörper Kraft, Daß das Wesen aller Lüfte Bloß aus Erd' und Wasser düfte: Daß sie von so mancherley Ein Geruch und Ausfluß sey. 7. Worin Thier und Menschen leben, Der, was athmet auf der Welt, Nährt, erfrischet und darneben Deckt, erfüllet und erhält. Gar kein Feuer könnte brennen, Nichts würd' einer hören können, Nährte nicht so Ton als Gluht Unsrer Lüfte zarte Fluth. 8. Wie man solches klärlich siehet, Wenn man sie von einem Ort Durch die Luft-Pump' auswärts ziehet, Daß die Flammen alsofort Löschen, schwinden und vergehen. Gleichfalls kann kein Ton entstehen Für das menschliche Gehör, Wenn ein Ort von Lüften leer. 9. Dieses Wunder muß vor allen Wohl erwegt seyn und bedacht. Aller Stimmen Saiten Schallen, Aller Töne süsse Macht Werden in der Luft erzeuget, Wenn sie sich in Circkeln beuget, Und wie sich ein Wasser rührt, So den Klang zum Ohre führt. 10. Wer kann dieses Wunder fassen, Daß sich einer Stimme Klang So gar oft muß theilen lassen, Da ein Wörtchen, ein Gesang Dergestalt die Luft erreget, Daß sie wallend sich beweget, Und viel tausend Ohren füllt, Was aus einem Munde quillt. 11. Wie ein Prediger mit Worten So die Lüfte treiben kann, Daß, an vielen tausend Orten Von viel tausend, jedermann Sein gantz Wort zugleich empfindet; Hat kein Mensch annoch ergründet. Nur so viel kann man verstehn; Durch die Luft muß es geschehn. 12. Wenn ich dieses überlege, Was für ungemeine Kraft Unser Luft-Kreis in sich hege, Und wie aller Pflantzen Saft, Wie die Theil' aus allen Dingen Sich beständig aufwärts schwingen, Und in Luft verwandelt seyn; Nimmt mich ein Erstaunen ein. 13. Was wird nicht, durch Gluht und Flammen, In die Luft hinein geschickt? Wenn ein Holtz-Stoß fällt zusammen, Wird nur wenig Asch' erblickt. Alles andre wird verstäubet, Und dem Luft-Kreis' einverleibet. Alles, was der Brand verzehrt, Wird, durch Rauch, in Luft verkehrt. 14. Kurtz, fast alles, was enstehet, Stammet aus der Lüfte Reich, Und fast alles, was vergehet, Senckt sich wiederum so gleich In derselben weite Schlünden. Welcher Mensch kann nun ergründen, Welch ein Schatz, wie vielerley In der Luft verborgen sey? 15. Es vereint sich und verbindet Mit der all durchgeh'nden Luft, Was man auf der Erde findet. Aller Cörper Dunst und Duft, Die sich, wenn sie etwa brennen, Oder faulen, alsbald trennen, Steigen in die Luft hinein, Um mit ihr vereint zu seyn. 16. Dünste, die aus grossen Seen, Aus Morasten, aus dem Meer, Oder aus der Erd' enstehen, Lassen nie den Luft-Kreis leer. Auch nebst des Salpeters Theilen Sieht man Schwefel aufwärts eilen. Alles, was man Cörper heisst, Zins't dem Luft-Kreis seinen Geist. 17. Es erstaunet meine Seele, Wenn sie ernstlich überlegt, Was die unumschränckte Höle Für ein Meer von Wunder hegt; Wer es dencket zu ergründen, Wird ein wahres Chaos finden, Wie noch jüngst ein weiser Geist Ein Chaotisch Reich sie heisst. 18. Ist demnach der Kreis der Lüfte Aller ird'schen Säfte Schatz, Und der allgemeinen Düfte Ungemessner Sammel-Platz. Süsse, scharf- und bittre Säfte, Saur' und saltzig-fette Kräfte Stecken in den dünnen Höhn, Die zwar groß, doch nicht zu sehn. 19. Hier ein Beyspiel von zu geben, Was für viele Cörperlein Müssen in den Lüften schweben, Die uns unbegreiflich seyn? Und die dennoch von den Hunden Werden Wunder-voll empfunden. Nimmer träfen sie die Spur, Thät es nicht der Luft Natur. 20. Daß die Luft, die uns umringet, Und nur ein Geruch der Welt, Uns nicht durch die Nase dringet, Uns nicht in die Sinne fällt, Kommt daher, weil gleich auf Erden Wir der Luft gewohnt schon werden; Weil man sie sogleich empfindt, Wenn wir kaum gebohren sind. 21. Wenn die Lüfte dünner wären; Könnt' die Dünn- und Seltenheit Unsre Lunge nicht ernähren, Durch die linde Feuchtigkeit. Könnte sie sich sehr verdicken, Müsten Vieh und Mensch ersticken, Ja der Sonnen Lebens-Schein Würd uns dann geraubet seyn. 22. Sie wirckt in den Elementen Mit so sonderbarer Kraft, Daß sie nicht bestehen könnten Sonder ihrem Lebens-Saft. Wasser fault, die Erde schwindet, Wenn nicht jedes Luft empfindet. Sie verlieren alsobald Fruchtbarkeit, Kraft und Gestalt. 23. Was sich aber sonst aus Dingen, Welche riechen, aufwärts drengt, Und auf unsichtbaren Schwingen Sich mit unsrer Luft vermengt, Wird so bald von uns verspüret, Als es unsre Nase rühret, Die die Süss- und Bitterkeit Wunderbarlich unterscheidt. 24. Alle Luft, die um uns schwebet, Ist zwar leib- und cörperlich, Doch sehr dünn und zart gewebet, Und ihr Wesen dehnet sich. So hieß GOTT sie sich bereiten, Daß sie, starck sich auszubreiten Und zu spannen, wär geschickt, Sich verdünnet und verdickt. 25. Wann sie Wärm' und Hitze spüret, Spannt sie sich, und wird verdünnt: Ist es aber kalt und frieret; Wird, was ausgedehnt, geschwind Wieder in sich selbst gedrücket, Starck gedrenget und verdicket. Hat sie also, wenn es kalt, Einen kleinern Aufenthalt. 26. Wunderbarlich ist ihr Wesen, Wenn man recht mit Ernst bedenckt, Was wir von ihr sehn und lesen. So, wann sie uneingeschränckt, Als auch, wann sie in der Enge, Sieht man, an der Theilchen Menge, Eine sonderbare Spur Ihres Wesens und Natur. 27. Wenn man Luft in ein Gefässe Von Metall, das starck und fest, Von geraumer Maaß' und Grösse, Durch ein Werckzeug, drengt und presst, Lässt sie sich so feste drücken, Und so wunderbar verdicken, Daß sie fühlbar, und so dicht, Als ein Wasser am Gewicht. 28. Da ein Körnchen Luft hingegen Im Gefäß, das ausgeleert, Durch ein wunderbar Bewegen Sich viel tausendfach vermehrt, Und sich rings auf allen Seiten Unvermerckt weiß auszubreiten, Daß es tausendmahl so klein, Ja ein Nichts fast, scheint zu seyn. 29. Alle Luft, die uns umschräncket, Und den Erden-Kreis umfasst, Da sie sich stets abwärts sencket, Drückt sich selbst durch eigne Last. Daher wird durch ihr Gewichte Unsre niedre Luft so dichte, Daß sie leicht die obre trägt, Der sie sich zum Grunde legt. 30. Wie man denn gar deutlich spüret, Daß die Luft auf allen Höhn Ihre Schwere gleich verlieret. Wenn wir auf Gebürgen stehn, Kann kaum unsre Lung' und Magen Solche dünne Luft vertragen. So schnell, ja fast sichtbarlich, Aendert unser Luft-Kreis sich. 31. Kann man also leicht erweisen, Daß die Luft nicht einerley, Sondern in verschiednen Kreisen Gleichsam abgesondert sey. Wie denn dieß die Wolcken zeigen, Die bald sincken und bald steigen, Bloß nachdem sie dünn und feucht, Frey, gepresset, schwer und leicht. 32. Welches nicht geschehen würde, Wenn die Luft stets leicht, stets schwer, Und in allzeit gleicher Bürde Jedes Orts vertheilet wär. Alle müsten auf uns liegen, Oder sämtlich aufwärts fliegen, Wie nichts still im Wasser bleibt, Sondern sincket oder treibt. 33. Dieser Nutz ist unbeschreiblich. Fiel der Wolcken Last herab; Fünden wir unhintertreiblich Ein beeistes plötzlichs Grab In derselben Eingeweide. Bäume, Felsen und Gebäude Würden unter sich gedrückt, Und was lebte, würd' erstickt. 34. Da der weise GOTT hingegen Durch die Luft sie droben hält, Daß ihr Leib allein im Regen, Und zwar tröpfelnd, abwärts fällt, Und die Welt nicht überschwemmet. Durch die Luft wird auch gehemmet, Daß sie uns nicht näher stehn, Sonst müst' man für Frost vergehn. 35. Denn die Wolcken sind gezeuget Bloß aus einem Duft, der friert, Wenn er mählig aufwärts steiget, Und solch eine Höh berührt, Wo die Wärme von der Erden Nicht mehr kann empfunden werden, Und der Strahlen Gegenschlag Sie nicht mehr erreichen mag. 36. Alsdann werden augenblicklich Ihre Theilchen Schnee und Eis, Welche denn die Luft geschicklich Trägt, und sie zu stützen weiß, Weil sie sie erfüllt, umringet, Ihren lockern Leib durchdringet, Daß die Wolcke droben bleibt, Wie ein Rohr im Wasser treibt. 37. Bis sie endlich sich verdicket, Wenn sich Flock auf Flocken legt, Da, von eigner Last gedrücket, Sie zuletzt zu sincken pflegt, Und der Wärme Wiederprallen Sie zerschmeltzt, im Niederfallen, Daß sie wieder auf die Welt Tropfenweis' herunter fällt. 38. Welche Tropfen oftmals frieren, Nemlich dann, wenn Blitz und Hitz' Mit zu starckem Strahl berühren Einer Wolcken obre Spitz, Alsdann schmiltzt das Eis; hingegen Wird der schon formirte Regen Durch der Lüfte kalten Kreis In den Schlossen wieder Eis. 39. Ferner muß man nicht verschweigen, Was wir mehr in Lüften sehn, Wie sich Thau und Nebel zeugen, Wie sie uns zum Nutz enstehn. Dieses recht zu überlegen, Muß man dieß erst wohl erwegen: Hitze, Kält' und Feuchtigkeit Steh'n, um Ruhe, stets im Streit. 40. Ob sie noch so wiedrig scheinen; Sucht doch diese fort und fort Sich mit jener zu vereinen, Durch des Höchsten Wunder-Wort. Und aus diesem Triebe stammen Die Bewegung zusammen, Aller Witt'rung Unterscheid Und derselben Fruchtbarkeit. 41. Denn wenn Fluth und Erde glühet Durch der Sonnen Lebens-Strahl, Und die Sonne sich entziehet; Wird der Luft-Kreis allemahl Kälter, als der Kreis der Erden: Um nun gleich gemischt zu werden; Steigt die Hitz' aus Erd' und See Alsbald wieder in die Höh. 42. Daher wir die Nebel-Düfte Meist im Herbst und Winter sehn, Als die nimmer, wenn die Lüfte Wärmer werden, auch entstehn, Sondern, wie mans täglich lernet, Denn, wenn sich die Sonn' entfernet, Da sodann so Wärm', als Licht, Alsobald der Luft gebricht. 43. Ferner, wie wirs innen werden, Druckt die Luft nicht sich allein, Sondern alle Ding' auf Erden, Die ihr unterworfen seyn, Und zwar dieß mit solcher Bürde, Wie ein Wasser drucken würde, Welches zwantzig Ellen tief, Wenn es über etwas lief. 44. Daß wir aber dieß nicht spüren Und empfinden, kommt daher, Daß die Lüfte, die uns rühren, Allenthalben gleiche schwer, Daß sie uns nicht nur umringen, Sondern selber durch uns dringen, So daß, wenn mans recht erwegt, Eine Luft die andre trägt. 45. Wie kein Fisch im Meer ersticket, Ob ihn gleich der Wellen Last Unaufhörlich presst und drücket: Denn weil sie ihn rings umfasst, Kann er auch, in tiefsten Gründen, Kein zu schwer Gewicht empfinden; Denn der Druck im Wasser-Reich Ist von allen Seiten gleich. 46. Dennoch ist die Last der Lüfte Allemahl nicht gleiche schwer: Sondern, wenn die nassen Düfte Von den Feuchtigkeiten leer; Wenn die Welt vom Regen feuchte, Wird sodann der Luft-Kreis leichte, Und die Erde trägt und fasst Einen Theil von ihrer Last. 47. Doch spürt man auch nach dem Regen, Daß sie sich noch abwärts senckt, Weil sonst durch der Welt Bewegen, Die sich stets im Circkel lenckt, Sie bald würde von uns fliehen, Und sich in die Höhe ziehen; Drum schafft Gottes weise Kraft, Daß sie stetig an uns hafft; 48. Drückt sie also und umringet, Wie den Erd-Kreis, auch die Fluth. Daß sie aber nicht durchdringet, Sondern gleichsam auf ihr ruht, Kommt, daß diese dicht- und feuchter, Da die Luft so dünn- als leichter, Drum sie sie zwar sanfte drengt, Doch sich nicht mit ihr vermengt. 49. Wie sich nun die Erde rühret, Und sich jäh- und täglich dreht, Wird die Luft auch umgeführet, Daß sie nimmer ruht, noch steht: Drum die Welt, die sie bedecket, Als in einer Schaale stecket, Welche Schaal' in einem Stück Bis auf sieben Meilen dick. 50. Das ist klärlich zu ersehen An der Dämm'rung Schimmer-Licht. Denn die könnte nicht entstehen, Stieß der Strahl der Sonnen nicht Auf des Luft-Leib's äussre Gräntzen: Die denn wiederprallend gläntzen: Welches früher würd' geschehn, Wenn die Luft sollt' höher stehn. 51. Ja, wenn sie nur zwantzig Meilen Höher, als sie itzt ist, wär; Wär von allen Erden-Theilen Keiner je von Dämm'rung leer: Denn das Licht würd' an sie prallen, Und drauf wieder abwärts fallen; Aber ohne Gegenstand Sieht man nicht der Sonnen Brand. 52. Daß auch in der Lüfte Kreise Ein beständig Feuer brennt, Zeiget auf besondre Weise Folgendes Experiment: Wenn man in ein hohl Gefässe, Dran ein Hals von kleiner Grösse, Nur ein Licht von unten hält, Und es dann aufs Wasser stellt; 53. Hört das Licht bald auf zu brennen. Wenn wir, durch ein krummes Rohr Und den Blasbalg, Luft ihm gönnen, Brennt es aber nach, wie vor: Doch erlischet es zur Stunde, Wenn man Luft aus unserm Munde, Die schon in der Lung' gewest, In dieselbe Röhre bläst. 54. Hieraus scheinet nun zu fliessen, Und, weils die Erfahrung lehrt, Kann man draus gantz deutlich schliessen, Daß die Luft, die uns genährt, Durch die Lunge das verlieret, Was dem Feur zur Kost gebühret, Und daß von der Luft das Blut Eben das braucht, was die Gluht. 55. Nun in dieser Lüfte Kreise, Den man Atmospära nennt, Lebt auf wunderbare Weise Alles, was man sieht und kennt. Ausser ihr müst' alles sterben; Alles würde schnell verderben, Das sich nun durch sie erhält; Sie ist bloß der Geist der Welt. 56. Durch sie schwinget sich und schwebet Jeder Vogel in der Höh. Was der Sonnen Strahl erhebet Von der Erd' und aus der See, Wird von ihr, als wie im Wagen, Rings um unsre Welt getragen. Was die Fruchtbarkeit gebiehrt, Wird in ihr herum geführt. 57. Sie erhält die Lebens-Flamme, Die in unserm Blute brennt. Sie wird wohl mit Recht die Amme Unsrer innern Wärm' genennt, Ja man sieht, wie sie die Fische Und die Pflantzen selbst erfrische, Welche durch ihr löchricht Grün Athem, wie die Thiere, ziehn. 58. Lust ist fähig anzunehmen Licht und Töne, ja sie kann Sich zu Hitz' und Frost bequemen, Gluht und Wasser nimmt sie an. Der Geruch aus allen Dingen Kann in ihr sich aufwärts schwingen, Und es drenget ihr Gewicht Ueber sich Rauch, Flamm' und Licht. 59. Welche, stets von ihr umgeben, Rings umher gedrenget sind: Wie sich Wasser-Blasen heben, Nicht nur durch den innern Wind; Sondern weilen ihre Leichte An des Wassers Last nicht reichte, Drückt die Fluth sie heftiglich Allenthalben über sich. 60. Wann die Sonn' uns nahe stehet, Wird sie warm, erhitzt, geschwühl: Wann der Wind hingegen wehet, Wird sie alsbald wieder kühl, Wie man oft mit Schmertzen lernet, Falls die Sonne sich entfernet, Daß die Luft, wenn sie verdickt, Uns beschweret, sticht und drückt. 61. Aber, kehrt die Sonne wieder; Aendert sich so gleich die Luft: Gleich empfinden unsre Glieder, Wie derselben lauer Duft Uns mit süssem Hauchen streichelt, Uns mit sanftem Säuseln schmeichelt, Die zu starcke Hitze kühlt, Und, wie Wellen, um uns spielt. 62. Wollen wir nun nach den Gründen Der Chymie die Luft besehn; So wird sich gar deutlich finden, Sie muß hieraus meist bestehn: Ihr unfühlbar-dünner Schleyer Heget Feuchtigkeit und Feuer. Ist also der Luft Natur Etwas Schwefel und Mercur. 63. Ferner hat man zu erwegen, Wie die Lüfte, durch den Wind, Solch ein unschätzbarer Seegen Kräutern, Thier- und Menschen sind. Durch die Winde werden droben Alle Wolcken fortgeschoben, Wodurch in der gantzen Welt Allenthalben Regen fällt. 64. Durch die Winde sind die Lüfte Ohne Fäulniß stets bewegt, Und gereiniget vom Gifte, Der sich drin zu sammlen pflegt. Durch die Wind' und durch die Blitze Wird die gar zu grosse Hitze, Die man oft im Sommer fühlt, Ausgedehnt und abgekühlt. 65. Durch die Winde sind die Kräfte, Die der Kreis der Luft begreifft, Und die Lebens-Balsam-Säfte, Wenn sie sich durch ihn gehäufft, In die Cörper eingetrieben; Welche sonst unfruchtbar blieben. Keine reiche Erndt' entsteht, Wenn die Winde nicht geweht. 66. Keine Handlung könnte bleiben; Keine Schiff-Fahrt vor sich gehn, Deren Nutz nicht zu beschreiben, Wie ein jeder muß gestehn: Trieben nicht der Winde Kräfte Dieß so nöthige Geschäffte, Wie so manches schöne Land Wär' uns ewig unbekannt? 67. Alle Vortheil' sind ungläublich, Die man durch den Wind verspürt. Ist der Nutz nicht unbeschreiblich, Wenn er Wasser aufwärts führt? Wenn er Mühlen-Räder treibet, Länder trocknet, Korn zerreibet, Tücher stampfet? Holtz und Stein Schneiden uns die Winde klein. 68. Fragt man nun: was sind die Winde, Und wo kommen sie doch her? So bekenn' ich, daß die Gründe Des Beweises etwas schwer. Denn die meisten sind gebrechlich: Doch dieß ist unwidersprechlich, Daß die Winde bloß allein Unsrer Luft Bewegung seyn; 69. Welche durch der Sonnen Strahlen Oft gedehnet, oft gedrückt, Oft gespannet, oftermahlen Dünn gemachet, oft verdickt. Wechselt dieses nun gelinde; So entstehn gemeine Winde: Aber wenn ein Sturm sich regt, Scheint die Luft, wie folgt, bewegt. 70. Glaublich ist, daß dieß entstehet, Wenn der Sonnen Wunder-Licht Eine Menge Dünst' erhöhet, Ihre Cörperchen zerbricht, Und dadurch die Luft vermehret, Da die erste rückwärts fähret, Aber bald, aufs neu gedehnt, Sich nach ihrer Stelle sehnt. 71. Und dadurch die neuern Theile Von sich drenget, stösst und treibt, Deren jede nun in Eile Sich an andern Theilen reibt, Da sich denn die Luft ergiesset, Und in Strichen gleichsam fliesset, Wie ein strenger Wasser-Fluß, Vor dem alles weichen muß. 72. Doch so schrecklich auch von Stärcke Solche Stürme manchmahl sind; Spürt man gleichwohl Gottes Wercke Augenscheinlich, Der den Wind Dennoch Maasse zwingt zu halten, Da, dieß alles zu verspalten, Dem erzürnten Lüfte-Heer Sonsten nicht unmöglich wär. 73. Daß der West-Wind wärm- und nasser, Als der Ost-Wind, kommt daher: Weil die Sonn' ein duftig Wasser Aus dem Theil von Erd' und Meer, Die sie kurtz vorher berühret, Aufgezogen. Dadurch führet Stets der Wind aus diesem Strich Viele Feuchtigkeit mit sich. 74. Da der Morgen-Wind hingegen Stets aus solchem Orte bläst, Welcher in der Sonnen Wegen Eine Zeitlang nicht gewest; Sinckt also der Dunst hinwieder, Durch der Nächte Kälte, nieder; Darum ist die Morgen-Luft Kühl, und leer von Dunst und Duft. 75. In der Erden innern Gründen, Wo der Mittelpunct sich schliesst, Soll sich ein Behälter finden, Woraus stets sich Luft ergiesst, Die aus Süden theils entspringet, Theils sich durch den Nord-Pol dringet, Wovon diese Süd-wärts fährt, Jene sich nach Norden kehrt. 76. Und durch dieses Luft-Geists Regen Soll der leitende Magnet Sich so wunderbar bewegen, Daß er immer Nord-wärts steht, Weil die Erd-Luft, wie man meynet, Sich mit seiner Luft vereinet, Als die beyde gleiche klein, Und von einer Grösse seyn. 77. Daß im Winter, wenn es frieret, Es nicht immer gleich kalt, Daß man nicht im Sommer spüret, Gleicher Hitz' und Gluht Gewalt; Dieß, wie viele Weise gläuben, Ist dem Luft-Geist zuzuschreiben, Ja der frechen Winde Zucht Ist wohl gar derselben Frucht. 78. Diese Gründ' und mehr dergleichen Glaubt man: denn sie scheinen klar. Gleichwohl will ich gerne weichen, Werd' ich bessere gewahr. Um nur Gottes Werck zu preisen, Und nicht, meinen Witz zu weisen, Schreib' ich, und es hat mein Kiel Gottes Ruhm, nicht sich, zum Ziel. 79. GOTT, der Du der Winde Rasen Fassest, als in einem Schlauch, Du versperrst ihr stürmisch Blasen In der Erden dunckelm Bauch. Woher aller Winde Schaaren Kommen, und wohin sie fahren, Fasst kein menschlicher Verstand. Dir ist es allein bekannt!