Das Lied von Treue Wer gern treu eigen sein Liebchen hat, Den necken Stadt Und Hof mit gar mancherlei Sorgen. Der Marschall von Holm, den das Necken verdroß, Hielt klüglich deswegen auf ländlichem Schloß Seitweges sein Liebchen verborgen. Der Marschall achtet' es nicht Beschwer, Oft hin und her Bei Nacht und bei Nebel zu jagen. Er ritt, wann die Hähne das Morgenlied krähn, Um wieder am Dienste des Hofes zu stehn, Zur Stunde der lungernden Magen. Der Marschall jagte voll Liebesdrang Das Feld entlang, Vom Hauche der Schatten befeuchtet. »Hui, tummle dich, Senner! Versäume kein Nu! Und bring' mich zum Nestchen der Wollust und Ruh, Eh' heller der Morgen uns leuchtet!« Er sah sein Schlößchen bald nicht mehr fern, Und wie den Stern Des Morgens das Fensterglas flimmern. »Geduld noch, o Sonne, du weckendes Licht, Erwecke mein schlummerndes Liebchen noch nicht! Hör' auf, ihr ins Fenster zu schimmern!« Er kam zum schattenden Park am Schloß Und band sein Roß An eine der duftenden Linden. Er schlich zu dem heimlichen Pförtchen hinein, Und wähnt' im dämmernden Kämmerlein Süß träumend sein Liebchen zu finden. Doch als er leise vors Bettchen kam, O weh! da nahm Der Schrecken ihm alle fünf Sinnen. Die Kammer war öde, das Bette war kalt. – »O wehe! Wer stahl mir mit Räuber-Gewalt So schändlich mein Kleinod von hinnen?« – Der Marschall stürmte mit raschem Lauf Treppab, treppauf, Und stürmte von Zimmer zu Zimmer. Er rufte, kein Seelchen erwiderte drauf – Doch endlich ertönte tief unten herauf Vom Kellergewölb' ein Gewimmer. Das war des ehrlichen Schloßvogts Ton. Aus Schuld entflohn War alle sein falsches Gesinde. »O Henne, wer hat dich herunter gezerrt? Wer hat so vermessen hier ein dich gesperrt? Wer? Sag mir geschwinde, geschwinde!« – »O Herr, die schändlichste Frevelthat Ist durch Verrat Dem Junker vom Steine gelungen. Er raubte das Fräulein bei sicherer Ruh, Und eure zwei wackeren Hunde dazu Sind mit dem Verräter entsprungen.« Das dröhnt dem Marschall durch Mark und Bein. Wie Wetterschein Entlodert sein Sarras der Scheide. Vom Donner des Fluches erschallet das Schloß. Er stürmet im Wirbel der Rache zu Roß, Und sprenget hinaus auf die Heide. Ein Streif im Taue durch Heid' und Wald Verrät ihm bald, Nach wannen die Flüchtling' entschwanden. »Nun strecke, mein Senner, nun strecke dich aus, Nur dies Mal, ein einzig Mal halt nur noch aus, Und laß mich nicht werden zu Schanden! Hallo! Als ging' es zur Welt hinaus, Greif aus, greif aus! Dies letzte noch laß uns gelingen! Dann sollst du für immer auf schwellender Streu, Bei goldenem Haber, bei duftendem Heu Dein Leben in Ruhe verbringen.« Lang streckt der Senner sich aus und fleucht. Den Nachttau streicht Die Sohle des Reiters vom Grase. Der Stachel der Ferse, das Schrecken des Rufs Verdoppeln den Donnergaloppschlag des Hufs, Verdoppeln die Stürme der Nase. – Sieh, da! Am Rande vom Horizont Scheint hell besonnt Ein Büschel vom Reiher zu schimmern. Kaum sprengt er den Rücken des Hügels hinan, So springen ihn seine zwei Doggen schon an, Mit freudigem Heulen und Wimmern. »Verruchter Räuber, halt an, halt an, Und steh dem Mann, An dem du Verdammnis erfrevelt! Verschlänge doch stracks dich ihr glühender Schlund! Und müßtest du ewig da flackern, o Hund, Vom Zeh bis zum Wirbel beschwefelt!« Der Herr vom Steine war in der Brust Sich Muts bewußt, Und Kraft in dem Arme von Eisen. Er drehte den Nacken, er wandte sein Roß, Die Brust, die die trotzige Rede verdroß, Dem wilden Verfolger zu weisen. Der Herr vom Steine zog mutig blank, Und rasselnd sprang, So Dieser, wie Jener, vom Pferde. Wie Wetter erhebt sich der grimmigste Kampf. Das Stampfen der Kämpfer zermalmet zu Dampf Den Sand und die Schollen der Erde. Sie haun und hauen mit Tigerwut, Bis Schweiß und Blut Die Panzer und Helme betauen. Doch Keiner vermag, so gewaltig er ringt, So hoch er das Schwert und so sausend ers schwingt, Den Gegner zu Boden zu hauen. Doch als wohl Beiden es allgemach An Kraft gebrach, Da keuchte der Junker vom Steine: »Herr Marschall, gefiel' es, so möchten wir hier Ein Weilchen erst ruhen, und trautet ihr mir, So spräch' ich ein Wort, wie ichs meine.« Der Marschall, senkend sein blankes Schwert, Hält an und hört Die Rede des Junkers vom Steine: »Herr Marschall, was haun wir das Leder uns wund? Weit besser bekäm' uns ein friedlicher Bund, Der brächt' uns auf Einmal ins Reine. Wir haun, als hackten wir Fleisch zur Bank, Und keinen Dank Hat doch wohl der blutige Sieger. Laßt wählen das Fräulein nach eigenem Sinn, Und wen sie erwählet, der nehme sie hin! Beim Himmel, das ist ja viel klüger!« Das stand dem Marschall nicht übel an. »Ich bin der Mann!« So dacht' er bei sich, den sie wählet. »Wann hab' ich nicht Liebes gethan und gesagt? Wann hats ihr an allem, was Frauen behagt, So lang' ich ihr diene, gefehlet? Ach, wähnt er zärtlich, sie läßt mich nie! Zu tief hat sie Den Becher der Liebe gekostet!« – O Männer der Treue, jetzt warn' ich euch laut: Zu fest nicht aufs Biedermanns-Wörtchen gebaut, Daß ältere Liebe nicht rostet! Das Weib zu Rosse vernahm sehr gern Den Bund von fern Und wählte vor Freuden nicht lange. Kaum hatten die Kämpfer sich zu ihr gewandt, So gab sie dem Junker vom Steine die Hand. O pfui! die verrätrische Schlange! – O pfui! Wie zog sie mit leichtem Sinn Dahin, dahin, Von keinem Gewissen beschämet! Versteinert blieb Holm an der Stelle zurück, Mit bebenden Lippen, mit starrendem Blick, Als hätt' ihn der Donner gelähmet. Allmählich taumelt' er matt und blaß Dahin ins Gras, Zu seinen geliebten zwei Hunden. Die alten Gefährten, von treuerem Sinn, Umschnoberten traulich ihm Lippen und Kinn, Und leckten das Blut von den Wunden. Das bracht' in seinen umflorten Blick Den Tag zurück, Und Lebensgefühl in die Glieder. In Thränen verschlich sich allmählich sein Schmerz. Er drückte die guten Getreuen ans Herz, Wie leibliche liebende Brüder. Gestärkt am Herzen durch Hundetreu, Erstand er neu Und wacker, von hinnen zu reiten. Kaum hatt' er den Fuß in den Bügel gesetzt, Und vorwärts die Doggen zu Felde gehetzt, So hört' er sich rufen vom weiten. Und sieh! auf seinem beschäumten Roß, Schier atemlos, Ereilt' ihn der Junker vom Steine. »Herr Marschall, ein Weilchen nur haltet noch an! Wir haben der Sache kein Gnügen gethan; Ein Umstand ist noch nicht ins Reine. Die Dame, der ich mich eigen gab, Läßt nimmer ab, Nach euern zwei Hunden zu streben. Sie legt mir auch diese zu fodern zur Pflicht. Drum muß ich, gewährt Ihr in Güte sie nicht, Drob kämpfen auf Tod und auf Leben.« – Der Marschall rühret nicht an sein Schwert, Steht kalt und hört Die Mutung des Junkers vom Steine. »Herr Junker, was haun wir daß Leder uns wund? Weit besser bekommt uns ein friedlicher Bund, Der bringt uns auf Einmal ins Reine. Wir haun, als backten wir Fleisch zur Bank, Und keinen Dank Hat doch wohl der blutige Sieger. Laßt wählen die Köter nach eigenem Sinn, Und wen sie erwählen, der nehme sie hin! Beim Himmel! das ist ja viel klüger.« Der Herr vom Steine verschmerzt den Stich Und wähnt in sich: Es soll mir wohl dennoch gelingen! Er locket, er schnalzet mit Zung' und mit Hand, Und hoffet bei Schnalzen und Locken sein Band Bequem um die Hälse zu schlingen. Er schnalzt und klopfet wohl sanft aufs Knie, Lockt freundlich sie Durch alle gefälligen Töne. Er weiset vergebens sein Zuckerbrot vor. Sie weichen und springen am Marschall empor, Und weisen dem Junker die Zähn