3. Lobgesang Heller glänzt Aurorens Schleier. Auf! Beginnt den Lobgesang! Töne d'rein, geweihte Leier! Hall' am Felsen, Wiederklang! Aphroditens Hauch durchdringet, Bis zur Gränze der Natur, Wo die letzte Sphäre klinget, Alle Pulse der Natur. Sie befruchtet Land und Meere, Sie das weite Luftrevier. Wie sie zeuge, wie gebäre, Weiß die Kreatur von ihr. Morgen liebe, was auf nimmer Noch geliebet hat zuvor! Was geliebt hat längst und immer, Lieb' auch morgen nach wie vor! Wie mit Perl' und Edelsteine, Schmückt sie bräutlich unsre Welt; Streuet Blüten auf die Haine, Blumen über Wies' und Feld. Sie enthüllt die Anemonen, Schließt den goldnen Krokus auf; Setzet die azurnen Kronen Prangenden Cyanen auf. Den Päonien entfaltet Sie das purpurne Gewand; Wie der Mädchen Busen, spaltet Junge Rosen ihre Hand. Ichor ihrer Dornenwunde Färbt' einst ihren Silberschein, Und ein Hauch aus ihrem Munde Strömte Wohlgeruch hinein. Morgen liebe, was auch nimmer Noch geliebet hat zuvor! Was geliebt hat längst und immer, Lieb' auch morgen nach wie vor! Liebe segnet die Gefilde, Und beseliget den Hain; Liebe flößt dem rauhen Wilde Wonnigliche Regung ein. Gatten um die Gatten hüpfen Rüstig durch den Wiesengrund. Aphroditens Hände knüpfen Ihren süßen Liebesbund. Alte Sage bringt zu Ohren: Daß sie auf der Hirtenflur Selber einst den Sohn geboren, Den Beherrscher der Natur. Morgen liebe, was auch nimmer Noch geliebet hat zuvor! Was geliebt hat längst und immer, Lieb' auch morgen nach wie vor! Sie entriß Anchisens Laren Dem entflammten Ilion, Und aus tausend Meergefahren Den verfolgten biedern Sohn. Sie schlang um die Hand Äneens Und Laviniens ihr Band, Und die keusche Zone Rheens Löste sie durch Mavors Hand. Sie vermählte Romuls Diener, Halb durch List und halb durch Macht, Mit den Töchtern der Sabiner. Aus der Saat der ersten Nacht Keimten großer Thaten Thäter, Wunder für der Nachwelt Ohr, Und die edlen weisen Väter Ihres Vaterlands empor. Morgen liebe, was auch nimmer Noch geliebet hat zuvor! Was geliebt hat längst und immer, Lieb' auch morgen nach wie vor! Schall', o Maigesang, erschalle! Töne, Cypris Hochgesang! Hört ihr? Singen ihr nicht alle Fluren, alle Wälder Dank? Von dem Anger tönt das laute Lustgebrüll der Herden ihr. Aus Gesträuche, Gras und Kraute Summt sein Lied das Würmchen ihr. Ihr nur schnattert das Gefieder Von den Teichen Dank empor; Und der edlern Vögel Lieder Sind ein Opfer ihrem Ohr. Horcht! Es wirbelt Philomele Tief aus Pappelweiden d'rein. Liebe seufzet ihre Kehle; O wie könnt' es Klage sein? Nicht um Tereus Grausamkeiten Wimmert Prognens Schwester mehr. Soll ich nicht ihr Lied begleiten? Stimmet mich kein Frühling mehr? Ha, erwachte nicht im Lenze Meine Brust zu Lieb' und Sang, So entwelkten mir die Kränze, Die um's Haupt mir Phöbus schlang. Phöbus Huld müßt' ich entbehren; Stimm' und Laute nähm' er mir: Säng' ich, Mai, nicht dir zu Ehren, Nicht zu Ehren, Liebe, dir. Darum werde, wann die Schwalbe Singend ihre Wohnung baut, Werd', o Sang, gleichwie die Schwalbe, Nach der Winterstille laut! Morgen liebe, was auch nimmer Noch geliebet hat zuvor! Was geliebt hat längst und immer, Lieb' auch morgen nach wie vor!