Calderón de la Barca Der wundertätige Magus Personen Personen Cyprianus Der Dämon Lysander, ein Greis Justina, seine vermeintliche Tochter Der Statthalter von Antiochia Lälius, sein Sohn Florus Livia, Justinas Dienerin Clarin, Moscon, Cyprianus' Diener Fabius, Diener des Statthalters Gefolge Volk 1. Akt Erster Aufzug Eine anmutige Berggegend. Cyprianus tritt auf, in der Tracht eines Gelehrten; ihm folgen Clarin und Moscon, als Studenten gekleidet. Die letzteren tragen einige Bücher. In der holden Einsamkeit Dieses stillen Aufenthaltes, In dem schönen Labyrinthe Dieser Bäume, Blumen, Pflanzen Lasset mich allein, und bei mir Laßt, die ich mir g'nügend achte Zur Gesellschaft, diese Bücher, Die auf mein Geheiß ihr traget. Denn ich, während Antiochia Feiert mit so hohem Glanze Die Vollendung jenes Tempels, Heut gewidmet dem erhabnen Jupiter, da man im Pompe Des Triumphzugs seine Statue Dahin trägt, wo sie den würd'gern, Ehrenvollern Platz erhalte – Ich will, fliehend das Getöse Jener Märkte, jener Gassen, Hier mit Studien verbringen, Was noch übrig ist vom Tage. Geht ihr zwei nach Antiochia, Freut euch ihrer mannigfachen Fest' und kehrt hierher zurück, Wann die Sonn herniederwallend Sich bestattet in den Wogen, Die, von Wolken schwarz umhangen, Jenen großen goldnen Leichnam Kühl umfahn im Silbergrabe. Hier dann trefft ihr mich. Ich muß, Wie gewalt'ge Lust ich habe Zu dem Feste, dennoch, Herr, Eh ich geh, es zu betrachten, Dir vorher zum mindsten vier- Bis fünftausend Worte sagen: Wie? An einem Tage solcher Festlichkeiten, solchen Glanzes Und Genusses, kannst du dabei Mit vier Büchern einsam wandern Auf das Land und allen seinen Jubel mit dem Rücken ansehn? Mein Gebieter tut sehr wohl; Denn es ist nichts abgeschmackter Als ein Prozessionentag, Wo's nur Gaukler gibt und Pfaffen. Du, Clarin, der vorn und hinten Nichts als List und Trug geladen, Bist ein achselträgerischer Schmeichler, weil du stets in allem Recht ihm gibst und niemals sprichst, Wie du denkst. Du irrst dich, Alter (Höflicher läßt kein: du lügst! Einem ins Gesicht sich sagen), Und ich sage, was ich denke. G'nug, Clarin! G'nug, Moscon! Lasset Eure Zänkerei; denn immer Seid ihr beiden Ignoranten Im Gefecht, das Widerspiel Einer von dem andern haltend. Geht hinweg, und, wie gesagt, Suchet mich, wann niederwallend Dann die Nacht den wundervollen Bau der Welt in ihre Schatten Einzuhüllen naht. Was gilt's? Ob du's gleich zum Grundsatz machtest, Es sei gut, das Fest nicht sehen, Gehst du, es zu sehn? Die klare Folg ist das; denn keiner eben Tut, was er zu tun den andern Rät. Um Livia zu sehn, Wünscht ich Flügel anzuhaben. Ab. Sag ich Wahrheit: Livia ist es, Die mir alle Sinne raubte. Aber da dein Name mehr Als den halben Weg schon machte, Mach die andre Hälfte nun: Livia, komm, sei mein Livianchen! Ab. Jetzt bin ich allein und kann, Wenn dies mein Gedank erlanget, Untersuchen das Problem, Welches mir die Seele spannet, Seit im Plinius ich las In geheimnisvoller Sprache Die Definition von Gott; Denn nicht findet mein Gedanke Diesen Gott, der in sich solche Merkmal und Mysterien fasset. Diese tiefverborgne Wahrheit Hab ich zu erspähn. Er setzt sich zum Lesen. Der Dämon tritt auf, in reicher Kleidung. für sich. Trotz allem Diesem Forschen, Cyprianus, Sollst du nimmer sie erlangen; Denn ich berge sie vor dir. Ein Geräusch hör ich im Walde. Wer da? Wer ist hier? Ein Fremder, Edler Herr, der diesen ganzen Morgen schon, verirrt, umher Im Gebirge zieht, so lange, Daß sein Roß, von Müdigkeit Ganz erschöpft, auf dem Smaragde, Dieser Berge grünem Teppich, Weidet nun zugleich und rastet. Antiochia such ich auf Wichtiger Geschäfte halber; Und indes ich, jene Leute, Welche mit mir ziehn, verlassend, Überdachte meine Sorgen (Ein Besitz, der keinem mangelt!), Irrt ich ab vom Weg, und ab Von den Dienern und Kamraden. Sehr verwundert's mich, daß Ihr Angesichts von den erhabnen Türmen Antiochias so Euch verirrt. Von allen Pfaden Dieses Berges gibt es keinen, Lauf er schräge, lauf er grade, Der Euch nicht zu ihren Mauern Wie zu ihrer Mitte bringet. Welchen Ihr auch immer wählt, Geht Ihr recht. Das ist die Plage Der Unwissenheit: stets blind sein Angesichts der Wissenschaften. Und da es nicht ratsam scheinet, Daß ich als ein Unbekannter Mich in eine fremde Stadt Wage, ganz allein und fragend, So gedenk ich hier zu weilen, Bis die Nacht obsiegt dem Tage; Denn die Tracht und diese Bücher Um Euch her, worin Ihr laset, Machen einen tiefgelehrten Mann mir kund; und groß Gefallen Hat mein Herz an jedem echten Freund der edlen Wissenschaften. Er setzt sich. Habt Ihr auch studiert? Das nicht; Doch ich weiß genug, das glaub ich, Um kein Ignorant zu sein. Welche Wissenschaften habt Ihr? Viele. Selbst das längste Studium G'nügt nicht, eine ganz zu fassen; Und Ihr habt (o Eitelkeit!) Ohne Studium so viele? Ja; aus einem Lande bin ich, Wo die tiefsten Wissenschaften Ohne Studium man besitzt. Wär ich doch aus diesem Lande! Denn hier weiß bei längerm Forschen Man nur wen'ger. Was ich sagte, Ist so wahr, daß, ohne Studium, Ich verwegen g'nug mit andern Eifrig um den ersten Lehrstuhl Mich bewarb; und fast gelang es, Denn ich hatte viele Stimmen. Und verlor ich ihn, so acht ich G'nug, daß ich gestrebt; denn oft Kann Verlust auch Ruhm verschaffen. Wenn Ihr dies nicht glauben wollt, Sagt, was Ihr studiert, und lasset Wetten uns: obwohl ich nicht Weiß den Standpunkt, den Ihr einnehmt, Will ich, wär es auch der richt'ge, Kühn den Widerpart Euch bieten. Sehr erfreut's mich, daß Eur Geist Sich an solche Dinge waget. Eine Stell im Plinius ist's, Welche tausendfach mich martert, Um herauszubringen, wer Sei der Gott, von dem sie redet. Diese Stelle (wohl entsinn ich Ihrer mich) spricht solchermaßen: Gott ist eine höchste Güte, Wesen, durch sich selbst vorhanden, Ist allwissend, ist allmächtig. Ja, so spricht sie. Und was fandet Ihr für Anstoß? Nicht zu finden Den Gott, von dem Plinius handelt. Soll er sein die höchste Güte, Da die höchste Güte mangelt Selbst dem Jupiter? Denn sündhaft Sehn wir ihn in manchem Falle; Danae sag es, die Bezwungne, Sag's Europa, die Geraubte: Wie nun kann die höchste Güte, Deren ewig heil'ges Handeln Göttlich sein muß, Raum gewähren Menschlich niedern Leidenschaften? Das sind Märchen nur, worein Die profanen Schriftverfasser Mit der Götter Namen künstlich Einzuhüllen sich vermaßen Die Moralphilosophie. Das genügt nicht, was Ihr saget; Denn die Würde Gottes sollte Solche sein, daß anzutasten Seinen Namen frecher Vorwurf Nie vermöcht, und wenn auch falscher. Und um tiefer einzudringen: Kommt den Göttern zu der Name Höchste Güte, muß ihr Wille Allzeit nach dem Besten trachten; Wie nun wollen ein'ge dieses, Andre jenes? Solches aber Findet sich in ihrer Bilder Oft zweideutigen Orakeln; Damit Ihr nicht sagt hernach, Ich berief mich auf Profane. Zweien Herren ward von zwei Götterbildern Sieg im Kampfe Zugesagt, und eins verlor: Ist nun hieraus nicht der klare Schluß zu folgern, daß zwei Willen, Ganz im Widerspruch befangen, Nimmer auf denselben Zweck Können gehn? Drum, als einander Widersprechend, muß, wenn einer Gut ist, böse sein der andre. Böser Wille wird in Gott Schon gesetzt durch den Gedanken; Folglich wohnt nicht höchste Güte Jenen bei, wenn Eintracht mangelt. Euern Vordersatz vernein ich; Denn es gehen die Orakel Solcher Art auf einen Zweck, Unserm Scharfsinn zu erhaben. Dies ist Vorsehung; und mehr Vorteil bringen mußt im Kampfe Dem Verlierer zu verlieren Als dem Siegenden zu siegen. Zugegeben; doch es mußte Jener Gott (denn Götter schaffen Keine Täuschung) nicht den Sieg Erst versichern; g'nügend war es, Zu gestatten den Verlust, Ohne Sieg erst zuzusagen. Folglich nun: ist Gott allwissend, Mußte jeder Gott der Sache Ausgang klar und deutlich sehn Und, ihn sehend, nicht zusagen, Was geschehn nicht sollte. Folglich: Mag die Gottheit auch sich spalten In Personen, dennoch muß, Auch in jedem kleinsten Falle, Sie nur eine sein im Wesen. Nötig war's bei dieser Sache, Zu entflammen die Gemüter Durch Orakel. War Entflammen Nötig, gibt es Genien doch, Welche die Gelehrten alle Gut und böse nennen; Geister, Die, dem Aug unsichtbar, wandern Unter uns umher, einflößend Gute so wie böse Taten. Die Unsterblichkeit der Seele Ruhet ganz auf diesem Satze. Und wohl konnte jener Gott Durch sie, ohn als lügensagend Sich zu zeigen, die Gemüter Zur Genüg entflammen. Achtet Hierauf nur, daß Widersprüche Solcher Art sich wohl vertragen Mit der heil'gen Götter Einheit; Denn nie wichen sie in Sachen Von Bedeutung ab; und wohl Wird dies an dem wundersamen Bau des Menschen klar, denn ihn Schuf ein einziger Gedanke. Folglich: schuf ihn nur ein einz'ger, So hat dieser vor den andern Viel voraus; und sind sie gleich (Da Ihr findet, daß einander Wohl sie können widerstehn, Was Ihr nicht zu leugnen waget), Konnte bei des Menschen Schöpfung, Wenn im Sinn sie einer hatte, Wohl vielleicht ein andrer sprechen: Ich will nicht, daß man ihn schaffe. Hieraus folgt, ist Gott allmächtig, Daß, wann ihn der eine machte, Ihn der andre stracks vertilgte. Wenn nun beid allmächtig waren, Ganz einander gleich an Macht, Aber ungleich im Verlangen: Welcher dann von beiden siegt? Mit unmöglichen und falschen Sätzen gibt es keinen Streit. Und was folgert Ihr aus allem Diesem? Sprecht! Es sei ein Gott, Höchste Güte, höchste Gnade, Allmacht und Allwissenheit; Als unfehlbar stets wahrhaftig, Als der Höchste nimmer kämpfend, Gott, nicht seinesgleichen habend, Uranfänglich, sonder Anfang, Wesen durch sich selbst vorhanden, Eine Kraft, ein einz'ger Wille. Und mag er als solcher haben Eine, zwei und mehr Personen: Eine Gottheit ohne Schranken Muß nur eine sein im Wesen, Urgrund von den Gründen allen. Er steht auf. Wär es möglich wohl, zu leugnen, Was so augenscheinlich klar ist? So verdrießt es Euch? Wen sollt es Nicht verdrießen, macht ein andrer Ihm den Preis des Scharfsinns streitig? Und ob Antwort mir nicht mangelt, Halt ich dennoch sie zurück, Weil ich Leute hör im Walde; Auch ist es für mich nun Zeit, Weiter nach der Stadt zu wandern. Geht in Frieden. Bleibt in Frieden. – Beiseite: Da dein Studium das erlangte, Mach ich, daß du es vergessest, Bald von seltner Schönheit Glanze Festgebannt; denn auch Justina Zu verfolgen ward gestattet Meiner Wut. Mit einem Schlag Nehm ich so an beiden Rache. Ab. Nimmer sah ich solchen Mann! Doch da meine Diener lange Zögern, will ich meiner Zweifel Gegenstand nochmals betrachten. Er setzt sich wieder zum Lesen. Lälius und Florus treten auf. Gehn wir weiter nicht voran! Diese Felsen, diese Schatten Dichter Zweige, die den Zugang Auch der Sonne selbst versagen, Sollen unsers Kampfes einz'ge Zeugen sein. Herausgefahren Mit dem Schwert! Jetzt gilt die Tat, Wenn vorhin die Worte galten. O ich weiß, auf freiem Kampfplatz Darf der stumme Mund des Stahles So nur reden. Sie fechten. zwischen sie tretend. Was ist dieses? Halt ein, Lälius! Florus, halte! G'nug, ich steh hier zwischen euch, Steh ich gleich hier ohne Waffen. Sprich, von wannen, Cyprianus, Kommst du, störend meine Rache, Jetzt heran? Bist du Geburt Dieser Berge, dieses Waldes? Moscon und Clarin treten auf. Lauf geschwind, denn unsern Herrn, Glaub ich, hat man überfallen. Mich zu nähern solchen Dingen, Pfleg ich nicht zu laufen, wahrlich; Doch mich zu entfernen, ja. Herr! zu den Dienern. Kein Wort mehr sollt ihr sagen! – Nun, was gibt es hier? Zwei Freunde, Die durch Blut und Ruf dermalen Als des ganzen Antiochia Augenmerk und Hoffnung prangen, Einer des Statthalters Sohn Und der andre von dem alten Hohen Hause der Colaltos, Setzen so aufs Spiel und wagen So zwei Leben, die zum Ruhm Könnten sein dem Vaterlande? Cyprianus, wenn die Achtung, Die ich, vieler Gründe halber, Dir geweiht, auch meinen Degen Jetzt vermag zurückzuhalten, Dennoch, in die Ruh der Scheide Kannst du nicht ihn wieder bannen. Mehr von Wissenschaften weißt du Als vom Zweikampf, nicht gewahrend, Daß nie Achtung, welch es sei, Auf dem Platz zwei Herrn vom Adel Kann versöhnen; was nur dadurch Wird bewirkt, daß einer falle. Dies sag ich dir auch, und bitte, Geh mit deinen Leuten abwärts; Aber uns laß unsern Kampf Ohne Fahr und Vorteil halten. Dünkt euch schon, daß unbekannt Mein Beruf mich läßt mit allem Brauch des Zweikampfs, den der Mut Und die Tapferkeit beachten, Dennoch irrt ihr euch; auch mir Macht nicht minder als euch andern Die Geburt zur Pflicht das Wissen, Welches Ehr ist, welches Schande; Und nicht hat, daß ich den Studien Lebte, mir den Mut erschlaffet, Denn oft reichten schon die Hand Wissenschaften sich und Waffen. Wenn, sich auf den Platz zu stellen, Die Bedingung ist des Kampfes, So seid ihr, die ja gekämpft, Jener Schmähung schon entgangen; Und so könnt ihr wohl den Grund Eures Zwistes mir entfalten. Denn wofern ich nach Anhörung Des Berichts die Einsicht habe, Daß der eine von euch beiden Muß Genugtuung verlangen, Geb ich euch mein Wort, sogleich Hier euch beid allein zu lassen. Wohl denn; unter der Bedingung, Daß, wenn du den Grund erfahren, Du nicht hindern wirst den Kampf, Biet ich an, ihn dir zu sagen: Eine Dame lieb ich hoch, Und auch Florus liebt die Dame. Siehe nun, ob hier Vereinung Möglich ist; denn nicht verlange, Daß zwei edle Nebenbuhler Über Neigung unterhandeln. Ja, sie lieb ich, und nicht soll Er sie anzuschauen wagen, Noch die Sonne selbst; und da Nichts hier half und du versprachest, Unsern Zweikampf nicht zu hindern, So begib dich nun von dannen. Halt! Denn mehr zu wissen noch Gibt es hier: Bei dieser Dame, Sprecht, ist ein Erlangen denkbar, Ist undenkbar ein Erlangen? So glänzt ihre Würd und Tugend, Daß, wenn mit der Sonne hadern Florus wollt in Eifersucht, Wär's ein grundlos Unterfangen; Denn ich glaub nicht, daß die Sonne Selbst sie anzuschauen waget. zu Florus. Würdest du dich ihr vermählen? Das ist einzig mein Verlangen. zu Lälius. Und du? O gefiel's dem Himmel, Daß ich solches Glück erlangte! Denn, wie äußerst arm sie ist, Tugend g'nügt als Morgengabe. Da ihr also auf Vermählung Beide hofft: ist's nicht ein falsches, Sträfliches, unwürd'ges Treiben, Ihrem Ruf vorher zu schaden? Was wohl sagte man, nähm einer Von euch beiden sie zur Gattin, Wenn er ihrethalb den Gegner Umgebracht? Denn ob's an allem Grund zu solchem Sagen fehle, G'nügt auch ohn ihn solches Sagen. Das nicht sag ich, daß gleichzeitig Huld'gung ihr und Liebestrachten Sollet dulden; denn nicht führen Zu so schimpflichem Vertrage Will ich, weil, wes Eifersucht Mitbewerbung eines andern Anfangs übersieht, hernach Übersehn wird auch die Schande. Doch dies sag ich: ihr müßt forschen, Wer von euch ihr mag gefallen; Und deshalb ... Halt ein! Nicht weiter! Welch ein niedrig feiges Handeln Wär's, zu wollen, daß sie selber, Wen sie wählt, uns solle sagen! Denn mich wählt sie oder ihn. Wählt sie mich, so wird die Plage, Die mich drückt, nur um so schlimmer; Denn wohl plagt es, daß ein andrer Da sei, der, die mich liebt, liebe; Wählt sie ihn: dann noch gewalt'ger Martert's mich, daß, die ich liebe, Einen andern liebt. Drum aber Ist es unnütz, daß sie spreche, Weil ja doch in jedem Falle An des Degens Endurteil Wir zuletzt uns müssen halten: Der, den sie erwählt, aus Ehre, Der, den sie verwirft, aus Rache. Ich gesteh es, diese Meinung Wird als recht und gut betrachtet, Doch nur bei verliebten Frauen, Die bald wählen, bald verlassen. Drum beim Vater will ich werben Heut; und da ich g'nügend achte, Auf den Kampfplatz mich gestellt Und das Schwert entblößt zu haben, Aus dem Grund hauptsächlich, weil Uns ein Dritter stört im Kampfe: Laß ich, hinlänglich befriedigt, Lälius, in die Scheid es fallen. Er steckt den Degen ein. Einesteils hat mich dein Grund Überzeugt, und ohne langes Grübeln will ich ihn befolgen, Sei's ein wahrer, sei's ein falscher. Heut beim Vater will ich werben. Er steckt den Degen ein. Festgesetzt, daß diese Dame Davon, daß ihr beid ihr huldigt, Keinen Nachteil kann erfahren, Da ihr beide sie, einmütig, Tugendhaft und strenge nanntet: Sagt mir, wer sie ist; denn ich, Der ich in der Stadt des Ansehns Viel besitze, will bei ihr Führen euer beider Sache, Daß sie vorbereitet sei, Wenn ihr Vater davon anfängt. Du hast recht. Wer ist's? Justina, Tochter des Lysander. Wahrlich, Dieser Name zeigt, wie arm Eure Lobesworte waren; Denn sittsam ist sie und edel. Gleich nun will ich ihr mich nahen. Lenk, o Himmel, mir zum Besten Das Gemüt der Undankbaren! Ab. Krön, o Liebe, nennt er mich, Meine Hoffnung mit dem Kranze! Ab. Laß, o Himmel, mir's gelingen, Daß ich Unheil wehr und Schaden! Ab. Hat Eur Gnaden wohl gehört, Unser Herr sei auf dem Wege Zu Justina? Ja, mein Herr; Geh er oder nicht: was macht es? So viel macht es: nichts zu tun Hat Eur Gnaden dort. Wieso denn? Weil Justinas Kammermädchen, Livia, tödlich mich entflammet; Und ich will nicht, daß die Sonne Selbst sie anzuschauen wage. Schon genug; denn schlagen will Ich mich nicht um eine Dame, Welche meine Frau soll werden. Dieser Satz hat mein Gefallen; Und so mag denn sie erklären, Wer ihr mißfällt, wer ihr ansteht. Laß uns zu ihr gehn; sie selbst Wähle dann. Kein übler Handel! Fürcht ich gleich, sie wird dich wählen. Woher kommt dir solches Bangen? Weil's die undankbaren Livias Immer mit dem Schlechtsten halten. Beide ab. Zimmer in Lysanders Haus. Justina und Lysander treten auf. Nein, nie tröst ich mich fürwahr, Daß ich heute, Herr, gesehen Dies entsetzliche Vergehen, Da des Volks gesamte Schar Weihte Tempel und Altar Einem Bilde, welches nimmer Kann ein Gott sein; denn wär immer Ihm davon auch nur ein Schein, Gibt der Höllengeist allein Stummen Erzen Lebensschimmer. Teures Kind, du wärest nicht, Die du bist, wenn deiner Zähren Ströme nicht geflossen wären, Als vor deinem Angesicht Unsrer heil'gen Glaubenspflicht Heut so bittre Schmach geschah. Deine Tochter bin ich ja; Und nicht wär ich dir entsprossen, Wenn nicht meine Tränen flossen Bei dem Jammer, den ich sah. Ach, Justina, nicht als zarte Tochter warst du mir gewährt; Solch Glück war mir nicht beschert. – Gott! wie kam's? Ich offenbarte, Was so lang ich tief bewahrte; Schmerz war's, der mich überkam. Herr, was sagst du? Ach! der Gram Macht mich ganz verwirrt, beklommen. Oft hab ich von dir vernommen, Was ich jetzt von dir vernahm; Aber nie, bis diese Stunde, Wagte mein verschüchtert Herz Zu ergründen deinen Schmerz, Zu erforschen meine Wunde. Doch nun seh ich, tiefre Kunde Wäre mir ein bessrer Rat; Drum, und sei es schwere Tat, Fleh ich, Herr, mir ohne Weilen Dein Geheimnis mitzuteilen, Das in dir nicht Raum mehr hat. Ein Geheimnis wicht'ger Art Barg ich, Teure, dir bis heute: Deine Herkunft; denn ich scheute, Was sich der Entdeckung paart. Doch da ich bei dir gewahrt Reifer Überlegung Gabe, Und gewahrt, daß ich am Stabe Schon zur Erde, längst ergreist, Hin mich beuge, welches heißt Klopfen an die Tür zum Grabe, So darf in Unwissenheit Ich dich länger nun nicht halten; Denn durch weitres Vorenthalten Würde meine Pflicht entweiht. Höre denn, zu meinem Leid, Deine Lust. Mit Angst und Zagen Kämpf ich. Schwer sind meine Plagen; Doch so will's Vernunft und Pflicht. Herr, laß mich zum Raube nicht Dieser Qual. So laß dir sagen: Teures Kind, ich bin Lysander, Und nicht mag es dich befremden, Daß ich anfing mit dem Namen; Denn obwohl du schon ihn kennest, Muß ich, um der Folge willen, Dir ihn rufen ins Gedächtnis, Weil du nichts von mir noch weißt Als nur meinen Namen eben. Ja, Lysander bin ich, Sohn Jener Stadt, auf sieben Bergen Eine Hydra schier von Stein, Weil sie sieben Häupter zählet; Jener Stadt, anjetzt der Thron Römischer Gewalt, Herberge Und Asyl der Christenheit, Denn nur Rom ist würdig dessen. Dort ward ich erzeugt von niedern Eltern, darf man niedrig nennen Jene, die als reiche Güter So viel Tugenden vererbten. Beide, Christen von Geburt, Rühmten sich entstammt von Vätern, Die mit ihrem Blut die Wahrheit Einst bezeugt und aus des Lebens Hartem Kampf hervorgegangen Mit des Todes Siegstrophäen. In der Religion der Christen Wuchs ich auf, so wohl belehret, Daß ich gern, sie zu verteid'gen, Opfre tausendmal das Leben. Jüngling war ich, als in Rom Heimlich ankam der verständ'ge Alexander, unser Papst, Der den apostol'schen Sessel Innehatt, allein nicht hatte, Wo er hin ihn konnte stellen; Denn dieweil die Tyrannei Der grausamen Götzenknechte Löschet ihren Durst mit Blute, Welches sie entzieht den Märt'rern, Muß die erstgeborne Kirche Ihre Söhne jetzt verbergen, Nicht weil sie zu sterben weigern, Nicht weil sie die Marter fürchten, Sondern daß nicht auf einmal Allesamt sie der Rebellen Wut vertilg und nach der Kirche Untergang es keinen gebe, Der die Heiden unterrichte, Ihnen pred'ge, sie belehre. Nun, nach Rom kam Alexander, Und ich, der mit gläub'gem Sehnen Heimlich ihn besucht, empfing Seinen Segen, und aus gnäd'ger Hand die heil'gen Orden alle, Deren Würde selbst der Engel Neid erregt; denn ihr Besitz Ist ein Vorrecht nur des Menschen. Mir befahl der Papst, ich solle Mich gen Antiochia wenden, Um dort im geheimen Christi Wort zu pred'gen. Dem Befehle Folgsam und so vieler Völker Roher Willkür preis mich gebend, Zog ich schnell gen Antiochia; Und als ich von jener Berge Gipfel nun zuerst erblickte Ihrer Kuppeln goldne Menge, Da gebrach die Sonne mir, Und mit sich den Tag entfernend, Ließ sie freundlich zur Gesellschaft Mir die Stern als Stellvertreter Ihres Lichts und ihrer bald'gen Rückkehr gleich als Unterpfänder. Mit der Sonne schwand der Weg, Und in Traurigkeit des Berges Labyrinth durchirrend, fand ich Mich in düsterm Waldgehege, Wo sogar die regen Strahlen Solcher Menge von lebend'gen Fackeln nicht sich ließen sehn; Denn in dunkelndem Gedränge Dienten hier als schwarze Wolken Die am Tage grünen Blätter. Hier nun denkend zu verziehn, Bis die Sonne wiederkehrte, Und der Phantasie das Recht, Das ihr zukommt, gern gewährend, Hielt ich mit den Einsamkeiten Tausend wechselnde Gespräche. So demnach war meine Lage, Als von einem leisen Ächzen Ein nicht wohl belehrtes Echo Gab dem Herrn zurück die Hälfte; Und nun, alle meine Sinne In mein Ohr zusammendrängend, Hört ich nochmals jenen Hauch, Deutlicher, obwohl schon schwächer, Stumme Sprache der Betrübten, Die sich nur in ihr verstehen. Eines Weibes war der Seufzer, Und als dieser Hauch verschwebte, Hört ich eines Mannes Stimme Leisen Tones also sprechen: »Eher, du, so edlen Blutes Schandfleck, stirb von meinen Händen, Ehe du den Tod empfangest Von der Hand ehrloser Henker.« Dieses unglücksel'ge Weib Sprach mit abgebrochner Rede: »Schenke Mitleid deinem Blute, Da du mir kein Mitleid schenkest!« Nahen wollt ich mich alsdann, Um so grauser Tat zu wehren; Doch vergebens, denn verstummt Sind die Stimmen, und ich sehe Einen Mann zu Roß im Dickicht Des Gebüsches sich entfernen. Für mein Mitleid ein Magnet War die Stimme, die entkräftet Und schon stammelnd sprach, begleitet Bald von Seufzern, bald von Tränen: »Ich bin Märtyrin, dieweil ich Schuldlos und als Christin sterbe.« Und dem Pol der Stimme folgend, Kam ich bald in einen engen Hohlweg, wo ich fand ein Weib, Das ich kaum nur konnt erkennen, Im Begriff, den letzten Kampf Mit dem Tode zu durchkämpfen. Kaum vernahm sie mich, und sammelnd Ihre Kräfte, sprach sie: »Kehre Nur zurück, mein blut'ger Mörder; Laß mir nicht auch diesen letzten Lebensblick!« – »Ich bin nur«, sagt ich, »Einer, den der Zufall sendet, Und vielleicht geführt vom Himmel, Um Euch beizustehn im Schrecken Dieses Augenblicks.« – »Der Beistand«, Sprach sie, »den Eur Mitleid spenden Meinem Leben will, ist fruchtlos, Denn schon ist es im Vergehen; Doch gewährt ihn dieser Armen, Die, aus meinem Grab ihr Leben Heut empfangend, nach des Himmels Willen wird mein Unglück erben.« Sie verschied; da sah ich ... Livia tritt auf. Herr, Dieser Kaufmann, dem du Gelder Schuldig bist, kommt mit den Dienern Des Gerichts, dich festzunehmen. Du seist nicht zu Hause, sagt ich; Jene Tür dort kann dich retten. Wie betrübt's mich, daß er jetzt Eben muß dich unterbrechen, Da an deines Munds Erzählung Hingen Seele, Geist und Leben! Aber gehe nun, o Herr! Nicht darf das Gericht dich treffen. Wehe mir! Wie vieles Leid Hat die Armut zu bestehen! Er geht durch die Seitentür ab. Sicher kommen sie hierher, Denn ich höre draußen gehen. Sie nicht, Cyprianus ist es. Was kann Cyprianus eben Bei uns wollen? Cyprianus, Clarin und Moscon treten auf. Euch zu dienen Ist mein einziges Bestreben. Da ich sah aus Euerm Hause Die Gerichte gehn, so dränget Meine Freundschaft sich herein, In Lysanders Schuld sich sehend, Nur um zu erspähn (ein Schwindel Faßt mich!), ob vielleicht (welch heft'ger Frost durchschauert mir die Adern!) Mein Bestreben Euch im kleinen Dienen kann. (Wie übel sprach ich! Nicht Frost, Glut fühl ich im Herzen.) Gott erhalt Euch lange Jahre, Daß Ihr auch in wicht'gern Fällen Meinen Vater einst mit Eurer Gunst beehren mögt. Beständig Bin ich ganz zu Euerm Dienste. (Was verstört mir Sinn und Rede?) Jetzo ist er nicht zu Hause. Also kann ich jetzt, o Herrin, Euch den eigentlichen Grund, Der hierher mich führt, entdecken; Denn nicht der, den Ihr vernommen, Ist's allein, der mich beweget, Euch zu suchen. Was verlangt Ihr? Mir ein kurz Gehör zu schenken. – O Justina, Ihr, in deren Reiz die menschliche Natur Uns mit Stolz gebeut, die Spur Einer göttlichen zu ehren! Heut Euch Ruhe zu gewähren, O wie fänd ich mich beglückt! Aber seht, wie hart es drückt, Was ich jetzt an mir erlebe, Daß ich Euch die Ruhe gebe Und Ihr meine mir entrückt. Lälius, ganz von Lieb entzündet (Nie war Liebe so vollkommen!), Florus, ganz von Lieb entglommen (Nie war Schwachheit so begründet!), Fielen, sonst so fest verbündet, Für Euch auf den Tod sich an; Für Euch stört ich sie (o Wahn!). Aber seht, wie mich's betrogen, Daß ich sie dem Tod entzogen, Um von Euch ihn zu empfahn. Nun, um Aufsehn zu vermeiden Und des Stadtgerüchts Erfrechen, Komm ich, um für sie zu sprechen. (O daß ich nie kam!) Entscheiden Soll der Wettkampf dieser beiden Sich vor Euerm Tribunal Durch den Ausspruch Eurer Wahl; Aber seht, welch hartes Fügen! Jenen schaff ich Lieb und G'nügen, Ihr mir Eifersucht und Qual. Euch zu sprechen, Herrin, bot Ich mich an, damit Ihr sollet Wählen, welchen Ihr nun wollet, Daß beim Vater (bittre Not!) Er um Euch (es ist mein Tod!) Werben darf. Das ist mein Trachten; Aber seht (mich will's umnachten!), Ist es billig (ich muß sterben!), Daß ich soll für jene werben, Daß ich soll für mich verschmachten? So erstaunt mich das Erfrechen Eures schnöden Antrags hier, Daß Gedank und Rede mir Jetzt zu gleicher Zeit gebrechen. Nie, daß so Ihr durftet sprechen, Bot ich Florus, nie fürwahr Lälius einen Anlaß dar; Und wenn Gutes zu erkiesen Ihr vermögt, so nehmt an diesen Meiner Strenge Beispiel wahr. Wenn Ihr liebtet irgendeinen, Und ich würb um Eure Liebe, Dann gehörten meine Triebe Zu den niedern und gemeinen; Doch weil ich Euch sah erscheinen Als ein Fels, vom Meer umrollt, Lieb ich Euch, und nimmer wollt Jene mir zum Beispiel geben; Denn nicht will ich, daß Ihr eben Mich wie jene lieben sollt. – Was sag ich dem Lälius? Scheiden Soll er von dem Liebeswahn, Der so lang ihm weh getan. Florus denn? Er soll mich meiden. Und mir? Nicht sei unbescheiden Eure Liebe! Ist sie mir Doch ein Gott! Empfinget Ihr Mehr als jene seiner Gaben? Ja. Nun wohl denn, Antwort haben Lälius, Florus und auch Ihr. Beide zu verschiedenen Seiten ab. Pst, pst, Livia! Livia, pst! Alle beide sind wir hier. Was verlangt Ihr denn? Und Ihr, Was verlangt Ihr? Daß Ihr wißt, Wenn's Euch noch nicht kundbar ist, Wie wir zwei um Euch uns quälen, Eben schon uns an die Kehlen Wollten wir: doch daß ein Mord Aufsehn nicht erreg im Ort, Sollt ihr einen von uns wählen. Mich betrübt in solchem Grad, Was Ihr jetzt zu mir gesprochen, Daß der Kummer schier gebrochen Mir Verstand und Rede hat. Einen wählen? Herber Rat! Ewig müßt ich das beweinen. Einen ich? Wär's denn für meinen Geist (o Gott) nicht Spielerei, Nähm ich auch auf einmal zwei? Warum wählen soll ich einen? Zwei auf einmal? Im Vertrauen: Wär's nicht ein zu großer Bissen? O das nicht! Wir Weiber wissen Zwei bei zwei sie zu verdauen. Doch wie meinst du denn, laß schauen, Das zu machen? Dumme Frage! Lieben werd ich, wie ich sage ... Wie? Alternative . Was Heißt alternative ? Das: Jeden stets an einem Tage. Ab. Diesen ersten Tag wähl ich. O das macht mir keine Sorgen; Länger ja ist der von morgen. Livia, weiß ich sicherlich, Lieb ich heut, heut liebt sie mich; Schnell, daß ich mein Glück empfange! Er will gehen. Hört, mein Herr, Ihr kennt mich lange. Wozu sagst du das? Nur her! Wißt, sie ist nicht Euer mehr Mit dem zwölften Stundenklange. Beide ab. Platz vor Lysanders Haus; im Hintergrund das Meer. Es ist Nacht. Lälius tritt auf. Kaum erst hat die dunkle Nacht Ausgedehnt die schwarze Hülle, Und schon komm ich, voll Verehrung Diese Schwelle zu begrüßen; Denn ich muß, um Cyprianus Willen, zwar den Degen zügeln, Doch nicht mein Gefühl; denn nimmer Zügeln lassen sich Gefühle. Florus tritt auf von der andern Seite. Hier soll mich Aurora finden; Denn gezwungen weilen müßt ich Überall sonst; überall Wär ich fern von meinem Glücke. Mag doch Amor bald den Tag Und herbei die Antwort führen, Die mir Cyprianus bringet, Glück mir oder Leid verkündend! Ein Geräusch dort an dem Fenster Hört ich. Ein Geräusch verspürt ich Dort auf dem Balkon. Der Dämon erscheint auf dem Balkon von Lysanders Haus. Ein Mensch Kommt heraus dort, wenn's mir glückte, Recht zu sehen. Jemand zeigt sich Dort, wenn nicht das Dunkel trüget. für sich. Um das Unheil, das Justina Ich bestimmt, nun anzuschüren, Will ich ihre Tugend so Zu verlästern mich erkühnen. Er steigt auf einer Strickleiter herab. Weh mir Armen! Was erblick ich? Weh mir Armen! Was verspür ich? Vom Balkon zur Erde nieder Steigt ein Mensch in schwarzer Hülle. Ja, ein Mann kommt aus dem Hause. Himmel, töte mich nicht früher, Als bis ich erfuhr, wer's ist. Kennen muß ich ihn, ergründen Nun auf einmal, wem das Glück Spendet, was ich eingebüßet. Beide nähern sich dem Haus mit gezogenem Degen. für sich. Nicht allein soll dies mein Tun Jetzt Justinas Schmach bewirken, Sondern Hader auch und Morde. Ha, sie kommen! Schnell, ihr Schlünde, Öffnet euch, und Blindheit laßt Ihren Augen! Er versinkt. Mich gelüstet, Kavalier, wer Ihr auch sein mögt, Euern Namen zu enthüllen; Und bereit auf jeden Fall, Bitt' ich Euch, mir zu verkünden, Wer Ihr seid. Wenn Ihr gedenket Durch so trotziges Erkühnen Zu erspähn, wer das Geheimnis Eurer Lieb erfuhr, so dürfte Mehr nach Euerm Namen mich Als nach meinem Euch gelüsten; Denn Euch treibt die Neugier nur, Mich der Eifersucht Bestürmen. Ha, bei Gott, wer dieses Hauses Meister ist, muß ich ergründen, Und wer jetzt, herniedersteigend Vom Balkon, gewann die Früchte, Die, an diesen Gittern weinend, Ich verlor. Fürwahr, nicht übel, Daß Ihr eben jetzt gedenket, Mir der Sinne Licht zu trüben Und den Frevel, den allein Ihr begingt, mir aufzubürden. Wissen muß ich, wer Ihr seid, Töten den, der, niederschlüpfend Vom Balkon, durch Eifersucht Mich getötet. Überflüss'ge Vorsicht, sich verhüllen wollen, Wenn die Liebe schon enthüllte! Nur umsonst erspäht die Zunge, Was der Stahl mit leichter Mühe Wird erspähn. Mit ihm antwort ich. Sie fechten. Wissen will ich, wer, begünstigt Als Geliebter, bei Justina Zutritt fand. Dasselbe wünsch ich; Sterben oder Euch erkennen! Cyprianus, Clarin und Moscon treten auf. Hemmt, ihr Kämpfer, euer Wüten, Wenn dazu euch kann bewegen, Daß der Zufall her mich führte. Nichts bewegt mich, abzustehn Von dem Ziel, das mich entzündet. Florus? Ja; denn meinen Namen, Bei entblößtem Schwert, verhüll ich Nimmer. Dir zur Seite steh ich; Sterbe, wer dich angreift! Fürchten Werd ich weniger euch alle, Als ich ihn allein gefürchtet. Lälius? Ja. zu Florus. Nicht dir zur Seite, Zwischen euch zu stehn gebührt mir. – Wie? Zweimal an einem Tage Find ich not, euch zu versöhnen? Dieses sei das letzte Mal, Denn wir sind bereits versöhnet, Weil, indem ich ihn erkenne Als Justinas Eigentümer, Auch der mindeste Gedanke Meiner Hoffnung von mir flüchtet. Sprachest du noch mit Justina Nicht von meiner Leiden Bürde, Meinem Mißgeschick, so bitt ich, Tu es nicht, weil ich ergründet, Daß sie Florus im geheimen Schon mit ihrer Gunst beglückte. Vom Balkon kam er herab, Vom Genuß, der mir entschlüpfet; Und so schlecht ist meine Liebe Nicht, daß sie noch lieben müßte, Wenn die Eifersucht auf Zeichen So vollkommner Art sich gründet. Ab. will ihm nach. Warte! ihn zurückhalten. Nicht ihm folgen darfst du (Was er sprach, wird mich erwürgen!), Denn wofern, was du gewannest, Er verlor und sich begnüget Zu vergessen: ist's nicht recht, Die Geduld ihm zu ermüden. Du und er, ihr habt die meine Längst durch dies Geschwätz ermüdet. Und so sprich nur mit Justina Nicht für mich; denn ob's mich lüstet, Mich für dies Verschmähn zu rächen, Wenn ich auch erliegen müßte: Dennoch schwand, sie zu besitzen, Jede Hoffnung; denn nicht würdig Handelt, wer beharrt, wenn so Sich die Eifersucht begründet. Ab. Himmel, was ist dies? Was hör ich? Diese zwei, zugleich entzündet Von der gleichen Eifersucht? Und auf sie ich eifersüchtig? Ganz gewiß hält eine Täuschung Beid umstrickt, und danken müßt ich Ihnen wohl, denn beide schon Gaben sie, sich selbst betrügend, Ihren Anspruch auf. – Ach! Unglück Werd ich, ob auch bang erwünschten Trost mir das Vernommne gab, Dieser Täuschung danken müssen. – Moscon, bring ein Festkleid morgen, Du, Clarin, die Federbüsche Samt dem Degen; denn es freut An des bunten Schmuckes Fülle Sich die Liebe ja; und nicht Will ich Studien mehr noch Bücher: Sage man denn auch, die Liebe Sei der Wißbegierde Würger! Ab. 2. Akt Zweiter Aufzug Platz vor Lysanders Haus. Cyprianus, Clarin und Moscon treten auf, alle in Festkleidern. Meine schwindelnden Gedanken, Wohin, wohin reißt ihr mich? Wisset ihr doch sicherlich, Wahnsinn eines Fieberkranken Sei so frecher Kühnheit Grund, Wann ihr, stolz gen Himmel wallend, Dann, auf einmal niederfallend, Stürzt hinab zum Höllenschlund! Ach! mein Auge sah Justina In so heil'gem Glanz! O wäre Dieses Licht der vierten Sphäre Nimmer, nimmer mir erschienen! Ihre Hand begehren zwei, Keiner sie dem andern lassend; Und ich, alle beide hassend, Weiß nicht, wer mein Gegner sei; Weiß nur, daß des Argwohns Bangen Aus Verschmähung mich in Glut, Aus Beleidigung in Wut Peitscht mit grimmen Höllenschlangen. Nichts als dies kann ich erkennen; Und seit diese Qual begann Ist Justina mein Tyrann, Muß ich für Justina brennen. – Moscon! Herr? Sieh nach Lysandern, Ob er heim ist. Wohl. Wohl nein! Ich muß gehn; denn da hinein Darf der Moscon heut nicht wandern. Muß eur Zank zu jeder Frist Mich beläst'gen, frech und dumm? Warum darf er nicht? Warum? Herr, weil heut sein Tag nicht ist, Sondern meiner; gern besorgen Werd ich, was dein Mund gebeut, Denn ich darf hineingehn heut, Aber Moscon nicht vor morgen. Welche Torheit neuer Art Soll ich, zu dem Zank, noch leiden? Gehn soll keiner nun von beiden, Denn ihr Glanzlicht offenbart Dort Justina. Von der Gasse Geht sie in ihr Haus. Justina und Livia treten auf, in Mänteln, von der Gasse kommend. Weh mir! Livia, Cyprianus hier! für sich. Daß ich nur nicht merken lasse, Wie mich Eifersucht verzehrt, Eh ich besser sie ergründet! Nur die Liebe sei verkündet, Wenn's die Eifersucht gewährt. Laut. Herrin, nicht umsonst, fürwahr, Hat sich meine Tracht verwandelt, Daß ich, als Eur Knecht behandelt, Euch zu Füßen immerdar Dienen mag. Sei meinen Trieben Dies zum mindsten nicht geraubt! Euch zu dienen sei erlaubt, Da Ihr nicht erlaubt zu lieben. Über Euch, Herr, wenig Macht Hat mein Wort, so wie ich sehe; Da es nicht einmal ... O wehe! Zum Vergessen Euch gebracht. Cyprianus, sagt, wie stelle Ich Euch vor, es sei vergebens Die Beharrlichkeit des Strebens, Das Euch bannt an meine Schwelle? Bliebt Ihr Tage, Monde, Jahre Und Jahrhunderte noch hier, Dennoch hoffet nie von mir, Daß ich glimpflicher verfahre; Denn so hart ist meine Not, So die Strenge mein Tyrann, Daß ich nicht Euch lieben kann, Cyprianus, als im Tod. Sie geht ins Haus. Wahrlich, diese Hoffnung ist Mir ein teurer Trost geblieben; Wollt Ihr mich im Tode lieben, Setzet Ihr nur kurze Frist. Wohl, es sei! Euch zu erwerben, Naht die Zeit mir bald heran; Fanget Ihr zu lieben an, Denn schon fang ich an zu sterben. Livia, da mein Herr einstweilen Steht wie ein Skelett, das lebt, Und, in Gram versunken, strebt, Sich vom Liebeswahn zu heilen, So umarme mich. Geduld! Denn vor allem muß ich wissen, Ob dein Tag ist; mein Gewissen Halt ich gerne frei von Schuld. Freitag, ja; Sonnabend, nein. An den Fingern zählend. Nun, was hast du noch zu zählen? Moscon schweigt ja. Er kann fehlen, Aber ich will sicher sein; Denn Gerechtigkeit muß leben, Und nie soll mich mein Gericht Strafen, weil ich jedem nicht, Was ihm zugehört, gegeben. Doch heut kann's dem Recht nicht schaden, 's ist dein Tag. Umarme mich! ihn umarmend. Tausendmal umarm ich dich. Meine Fürstin, Ihro Gnaden! Seht, mit welcher Liebesmacht Ihro Gnaden ihn umfangen; Was ich sag, um zu erlangen, Daß Ihr's morgen auch so macht. Daß ich Euch nicht G'nüge leiste, Dieser Argwohn tut mir weh. Hüte Jupiter, daß je Ich des Frevels mich erdreiste, Mehr für diesen zu erwarmen Als für den; kommt Eure Zeit, Nach der strengsten Billigkeit Werd ich dann auch Euch umarmen. Sie geht ins Haus. Nun, zum mindsten muß dergleichen Ich nicht sehn. Was liegt daran? Sag, ob's mich beschimpfen kann, Zuzusehen solchen Streichen, Ist das Mädchen nur nicht mein? Nein. Dahero, wie ich sage, Was nicht ist an meinem Tage, Kann mir nicht zum Schaden sein. – Doch, wie in Gedanken hier Unser Herr versinkt! Ich will Horchen, wenn er spricht; sei still! Ich will's auch tun. Indem sie von verschiedenen Seiten sich dem Cyprianus nähern, macht dieser eine heftige Bewegung mit den Armen und trifft sie beide. Wehe mir, Daß ich jeden Trost verliere! Wehe mir! Und weh mir auch! Diesen Ort nennt künft'ger Brauch Füglich: Land der Wehemire. Wart ihr beide hier soeben? Freilich war ich hier, ich schwöre. Ich auch, ganz. CYPRIANUS Unglück, zerstöre Auf einmal mein elend Leben! Hat ein menschlich Herz so eigen Je gemartert sich gesehn? Moscon, sprich, wohin wir gehn. Wenn wir da sind, wird sich's zeigen. Doch zur Stadt hinausspazieren Laß uns jetzt. Aufs Land hinaus? Unnütz wär uns das durchaus, Da wir beide nicht studieren. Geh nach Haus, Clarin. Und ich? Gelt, du dächtest hier zu passen? Beide sollt ihr mich verlassen. Gehen heißt er dich wie mich. Die Diener ab. Dunkle Bilder meiner Seele, Waltet nicht so mächtig hier, Mich beredend, daß in mir Jetzt ein andrer Geist befehle! Götzendienst, Ehrgeiz umgraute Meinen Blick, seit mir's geschah, Daß ich eine Schönheit sah, Daß ich eine Gottheit schaute; Doch zweideut'ge Strenge schreckt Also die verworrnen Triebe, Daß ich weiß zwar, wer mir Liebe, Nicht, wer Eifersucht mir weckt. Und so die Vernunft entwunden Hat mir diese Leidenschaft, So ist jede Sinneskraft Mir in dieser Angst entschwunden, Daß ich (denn ein kühner Mann Wird stets seiner Zagheit Meister) Selbst dem teuflischsten der Geister (Ja, die Hölle ruf ich an!), Daß ich ihm, da Qual und Pein Schon mich rettungslos umschließen, Gäb, um dies Weib zu genießen, Meine Seele. von innen. Sie sei mein! Es erhebt sich ein Ungewitter mit Donner und Blitz. Was, Himmel, muß ich schauen? Bist du zugleich nun heiter und voll Grauen? Der Tag hüllt sich in Dunkel, Und Donner, Blitz und Wetterstrahlgefunkel Gebären tausend Schrecken, Die länger nicht ihr Schoß vermag zu decken. Der Himmel gürtet sich mit Wolkenzonen, Und grauenschwanger will er nicht verschonen Des Berges krauses Haupt mit wildem Streite. Des Horizontes Weite Ist Ätnas Schlund, ein Nebelungeheuer Die Sonne, Dampf die Luft, der Himmel Feuer. Bin ich so lang, o Weisheit, dir entfremdet, Daß dieses Tages Wirkung mich befremdet? Hoch über Wolken scheint das Meer in Haufen Von Trümmern zu zerlaufen; Denn wirbelnd treibt es über Windesräume In leichten Flocken, Aschen gleich, die Schäume. Ein scheiternd Schiff, von Winden Gejagt, weiß auf dem Meer nicht Raum zu finden; Denn nichts dient sichrer ihm zum Schirm und Schilde, Als wenn es flieht des Ports unsichre Milde. Das Hilferufen, Angstgestöhn und Klagen Scheint gräßlich anzusagen Den nahen Tod, nur zögernd mit Verderben, Damit die Harrenden noch länger sterben. Nicht Himmel bloß und Elemente, schauen Läßt auch der Tod ein wunderhaftes Grauen; Denn sicher dient der Sturm ihm zum Gewande, Und rettungslos treibt er das Schiff zum Strande. Jetzt stößt es an die Erde! Daß nicht das Meer allein ihm furchtbar werde, Dräut ihm ein Fels entgegen, Um neuen wilden Krieg ihm zu erregen, Damit der Schaum sich färb aus blut'ger Wunde. Der Sturm braust heftiger. hinter der Szene. Wir alle gehn zugrunde! hinter der Szene. Zu meines Plans Gelingen Soll dieses Brett mich an das Ufer bringen. Dem wilden Meer, zum Staunen, Entrinnt ein Mensch, verspottend seine Launen. Allein das Schiff, bedeckt vom Flutenschwalle, Sinkt unter, suchend der Tritonen Halle, Und ist im Sturz der Wogen Leichnam des Meers, in Trümmer ganz verflogen. Der Dämon tritt auf, durchnäßt, wie aus dem Meer kommend. hinter der Szene. Meinen Vorsatz zu vollstrecken, Mußt ich ihn mit Truggebilden Auf saphirenen Gefilden Täuschen durch dies Wunderschrecken; Und nun, ihm mit neuen Streichen Drohend, nicht in der Gestalt, Die er sah, als dort im Wald Ihm mein Wissen mußte weichen, Komm ich her, und besser werde Jetzt ich nutzen, als Getriebe, Seine Wißbegier und Liebe. – Laut. Gib, o süße Mutter Erde, Schutz mir vor dem Ungeheuer, Das mich von sich speit in Wut! Freund, belebe deinen Mut! Halte deinen Geist von neuer Qualerinnerung verschont, Und in deiner größten Trauer Sieh, daß keines Glückes Dauer Sei zu hoffen unterm Mond. Wer bist du, zu dessen Füßen Mich mein Schicksal hat geführt? Einer, den dein Unglück rührt, Der dein Leiden zu versüßen Wünscht und hofft mit Zuversicht. Ganz umsonst ist dein Verlangen; Nie Erleichtrung kann empfangen Meine Qual. Und warum nicht? All mein Gut ist nun dahin; Doch ich will nicht Klag erheben, Denn Erinnerung und Leben Geb ich dem Vergessen hin. Jetzo, da nicht mehr der wilde Sturm durchtobt des Meeres Hallen Und der Himmel, hell, kristallen, Wiederkehrt zur vor'gen Milde So geschwind, als ob man sollte Denken bei so kurzer Wut, Daß ihr Toben in die Flut Nur dein Schiff versenken wollte: Laß mich wissen, wer du bist, Meinem Mitgefühl zum Frommen. Mehr wohl kostet mich mein Kommen, Als zu sagen möglich ist, Viel mehr, als dein Auge sah; Denn bei solchem Leid, wie meines, Ist der Schiffbruch nur ein kleines. Willst du sehn, ob's wahr ist? Ja. Ich bin, da du's wissen willst, Inbegriff und Wunderkrone So des Unglücks, drob ich weine, Wie des Glücks, das ich verloren. So war glänzend ich durch Gaben, So durch Herrlichkeit gehoben, So geadelt durch Entstammung Und durch Weisheit so vollkommen, Daß in seiner Huld ein König, Er, der Höchste aller Hohen, Weil vor ihm sie alle zittern, Sehn sein Antlitz sie von Zorne Glühn in seiner Burg, bedeckt Mit Demanten und Pyropen (Und wenn man sie Sterne nennte, Wär es nicht zu kühn gesprochen), Mich erkor zu seinem Günstling; Welche große Huld zu solchem Übermut mein Herz entflammte, Daß ich, nach der Königskrone Strebend, setzen meine Füße Wollt auf seine goldnen Throne. Daß es war tollkühnes Trachten, Hat die Zücht'gung mir bewiesen. Ich entwich als Tor, doch wär es Törichter, bereun zu wollen; Denn ich will in meinem Trotz, Bei dem Starrsinn meines Stolzes, Lieber doch als Mut'ger fallen, Denn als Zagender gehorchen. War's Verwegenheit, so fehlt' es Doch nicht so mir an Genossen, Daß nicht seiner Kronvasallen Viele sich zu mir gerottet. Kurz, besiegt, wenngleich zum Teile Sieger noch, mußt ich vom Hofe Fortziehn, sprühend aus den Augen, Aus dem Munde gift'ge Tropfen, Und für solchen offenkund'gen Schimpf grausame Rache drohend, Stiftend unter seinen Völkern Aufruhr, Räuberein und Morde. Nun, ein blutiger Pirat, Streif ich durch des Meeres Wogen, Als ein Argus seiner Klippen, Als ein Lynkeus seiner Golfe. Auf dem Schiffe, das der Wind Hat in leichte Luft zerstoben, Auf dem Schiffe, das im Meer Trümmer ohne Staub geworden, Streift ich heut durch die kristallnen Fluren hin, um unverdrossen, Stein für Stein und Stamm für Stamm, Ein Gebirge zu durchforschen, Weil auf ihm ein Mensch verweilet, Den ich such, um einem Worte, Das er gab und das ich annahm, Die Erfüllung einzufordern. Da ergriff mich dieser Sturm; Und wenngleich mein wundervoller Geist auf einmal konnte fesseln Wind aus Ost, aus Süd und Norden, Dennoch, andrer Zwecke wegen, Wollt ich nicht, obschon verloren, In anmut'gen Westwinds Hauch Sie verwandeln jetzt; ich konnt es, Sag ich, und ich wollt es nicht. (Dies soll seinen Geist, ich hoffe, Arg bestricken, denn ich mache So ihn der Magie gewogen.) Staune nicht ob meinem Grimme, Nicht ob seinen Wunderfolgen; Denn im Zorne wär ich fähig, Auch mich selber zu ermorden, Sollte nicht mein Wissen Graun Noch verleihn der hellen Sonne. Der Magie bin ich so mächtig, Daß ich der Gestirne volle Kenntnis habe; Zug um Zug Hab ich alle sie durchforschet. Und damit du nicht vermutest, Daß ich ohne Grund mich lobe: Sprich, soll jetzt im Augenblick Dieser unbebaute, rohe Felsen-Nimrod, schreckensreicher Als einst jener babylon'sche, Mildern dir sein Graun, und doch nicht Abtun seine Wälderkrone? Der bin ich: verwaister Gastfreund Dieser Erlen, dieser Ornen; Und obwohl ich's bin, doch will ich Kniend deinen Beistand fordern, Und ich will für solche Gabe Dir ein Gut verleihn, erworben Durch die Mühe meiner Forschung, Die sich stützt auf sichre Proben; Denn herbeiziehn will ich dir (Dies soll seine Liebe locken), Was dein geizigstes Verlangen, Deiner Wünsche kühnster fordert. Und wofern, dumm oder höflich, Du verschmähst, was ich geboten, Labe denn dich am Verlangen, Wenn ich's nicht dir tilgen konnte. Denn um deines Mitleids willen, Das ich dankbar wahrgenommen, Bleib ich nun so fest dein Freund, Daß fortan nicht der Erfolge Wechselnd Ungeheur, das Glück, Das, verlästert und erhoben, Günstig und ungünstig, Kargheit So wie Großmut läßt erproben, Noch die Zeit, im steten Tagwerk Ihren ew'gen Kreis verfolgend, Der Jahrhunderte Magnet, Noch der Himmel selbst, der hohe Himmel, der die Welt so herrlich Schmückt durch seine Sternengloben, Mich von deiner Seit auf einen Augenblick entfernen sollen, Wenn du hier mir Schutz verleihest. Doch dies sind nur schwache Worte Gegen das, was ich gewähre, Wenn, was ich gewünscht, erfolget. Wohl muß ich hohen Dank dem Meere sagen, Das dich, vom Weg verschlagen, Ließ dies Gebirg erreichen, Wo du die klaren Zeichen Der dir geweihten Freundschaft wirst erkennen, Darf ich Beglückter meinen Gast dich nennen. Komm mit mir denn, ich bitte; Schon acht ich dich als Freund von echter Sitte. Solange dir mein Haus mag dienstlich scheinen, Sei du mein Gast. Schon nimmst du als den Deinen Mich auf? ihn umarmend. Des Arms Umwindung Knüpf unsrer Freundschaft ewige Verbindung! – Beiseite. O könnt ich ihn doch lenken, Mir Unterricht in der Magie zu schenken! Durch sie vielleicht geläng es meiner Liebe, Daß sie zum Teil doch meine Qual vertriebe; Vielleicht auch könnt es ihr durch sie gelingen, Was diese Qual bewirkt, ganz zu erringen, Was mich zur Wut, zum Rasen treibt, zum Bangen! beiseite. Schon halten Lieb und Wißgier ihn gefangen. Clarin und Moscon treten auf, von verschiedenen Seiten herbeilaufend. Herr, lebst du noch? Das nenn ich Höflichkeiten Zu ungelegnen Zeiten! Du siehst ihn ja, so muß er wohl noch leben. Den Ausdruck des Erstaunens braucht ich eben, Edler Lakai, erwägend dieses Wunder, Daß ihm von allen Blitzen, so jetzunder Getroffen diesen Berg, kein Leid geschehen. Beruhigt dich denn das nicht, ihn zu sehen? zum Dämon. Mir dienen diese beiden. – Zu den Dienern. Weswegen kommt ihr wieder? Dir zum Leiden. Sie haben lust'gen Sinn. Um mich zu quälen, Läßt's keiner je an Albernheiten fehlen. Herr, sag uns im Vertrauen, Wer ist der Mann? Mein Gast; laßt euch nicht grauen. Warum denn jetzt mit Gästen dich befassen? Des Mannes Wert kann dein Verstand nicht fassen. Mein Herr hat recht; bist du vielleicht sein Erbe? Das nicht; doch das Gewerbe Wird dieser Gast, wenn ich nicht irre, treiben, Ein Jahr im Haus und noch ein Jahr zu bleiben. Dein Grund? Von einem Gast, der vor dem Schmause Davongeht, sagt man: Er erregt im Hause Nicht vielen Rauch; dochder ... Sprich! Wird hingegen ... Was? Uns im Hause vielen Rauch erregen. Um von dem Zorn der Wellen Und ihrem Unglimpf jetzt dich herzustellen, Begleite mich. Nach dir werd ich mich richten. Ich will dich pflegen. Komm! Ab. für sich. Ich dich vernichten; Und da zu deiner Nähe Den Zugang schon ich mir geöffnet sehe, So soll nun meiner Rache Wut beizeiten Justina auch den Untergang bereiten. Ab. Weißt du wohl, was ich dachte? Nun? Sicher, als vorhin die Erde krachte, Barst ein Vulkan; es riecht so stark nach Schwefel. Das kommt vom Gaste, glaub ich ohne Frevel. Er führt schlecht Räucherwerk; doch ich vermute Den Grund. Sag an! Gewißlich hat der Gute Die Krätze wohl und salbte, will ich schwören, Mit Schwefelsalbe sich. Das läßt sich hören. Beide ab. Lälius und Fabius treten auf. Kommst du wiederum hierher? Hier verlor ich ja mein Leben, Hier es suchen ist mein Streben; Lieb, o fänd ich's nimmermehr! Weh mir! Zu Justinas Wohnung Führten dich die alten Triebe. Wohl; denn heut soll meine Liebe Sich erklären ohne Schonung. Sah ich, daß sie sich bei Nacht Andern zu vertrauen wage, So ist's wenig, daß bei Tage Nun mein Kummer Luft sich macht. – Besser ist es, unbegleitet Dort zu sein; drum geh nur, Alter. Da mein Vater als Statthalter Dieses Orts Verwaltung leitet, Darf ich wohl – denn mich entraffen Zorn und Wut zu wildem Graus – Eingehn in Justinas Haus Und Genugtuung mir schaffen. Fabius geht ab. Lälius geht auf das Haus zu; in dem Augenblick tritt Justina heraus. ins Haus sprechend. Livia ... Sie erblickt Lälius. Wer ist's, den ich sehe? Ich. Zu wie verwegnem Schritte Hat Verachtung aller Sitte Dich gereizt? Wenn ich vergehe, Ganz verzehrt von Eifersucht, Glaubst du, daß ich schüchtern bliebe? O vergib! Denn mit der Liebe Nahm die Achtung auch die Flucht. Mit wie rasendem Beginnen Dringst du ... Mich zernagt die Wut! Frecher ... Ha, wie kocht mein Blut! Hier herein? Ich bin von Sinnen! Und bedenkest nicht, wie sehr Meinem Ruf dies freche Spiel Muß ... Sei ruhig, denn nicht viel Hast du zu verlieren mehr. Lälius, meiner Ehr hab acht! Ha, Justina, besser sagen Würdst du diese deine Klagen Dem, der vom Balkon bei Nacht Niedersteigt; denn du sollst wissen, Daß ich deinen Leichtsinn weiß, Damit länger nicht der Preis Meiner Liebe werd entrissen Von der Starrheit deiner Ehre; Wenn sie gleich mir strenger ist, Weil du andern günstig bist, Als weil sie so kitzlich wäre. Schweige, schweige, sprich nicht zu! Wer wagt's, in mein Haus zu brechen? Wer, durch Handeln oder Sprechen Mich zu schmähn? So blind bist du, So von tollem Wahn umnachtet, Daß du wolltest durch Erdichten Leeren Trugs den Glanz vernichten, Der die Sonne selbst nicht achtet? Hier ein Mann im Hause? Ja. Vom Balkon herab? Bewähre Dir's mein Schmerz! Beschütz, o Ehre, Dich und mich vor diesem da! DerDämon tritt aus der Tür von Justinas Haus, hinter ihrem Rücken. für sich. Jetzo führ ich, wutentglommen, Meinen Doppelvorsatz aus, Und durch mich soll dieses Haus Nun um Ehr und Ansehn kommen. Diesen Liebenden umstricken Grimm und Zorn; und daß sein Blut Heft'ger noch gerat in Glut, Zeig ich jetzt mich seinen Blicken, Um sodann, wenn er mich sah, Schnell ins Haus zurückzuspringen. Er tut, als wollte er aus dem Hause gehn, und da Lälius ihn erblickt, verhüllt er sich und geht schnell wieder hinein. JUSTINA, die den Dämon nicht gleich gesehen hat, zu Lälius. Kommst du, Mensch, mich umzubringen? in heftiger Bewegung. Nein, zu sterben. Was geschah, Das aufs neue dich verwandelt? Ich erblicke deinen Trug; Sage jetzt, es sei nur Lug, Daß du schmählich mich behandelt. Eben aus dem Hause schleichen Wollt ein Mann; und wie er mich Ward gewahr, verhüllt' er sich Und ging schnell zurück. Ein Zeichen, Daß Gebilde ohne Wahrheit Du dir schaffest. Lälius will ins Haus gehen, Justina hält ihn zurück. Eitle Macht! Lälius, g'nügt es nicht bei Nacht? Denkest du des Lichtes Klarheit Auch bei Tage zu betrügen? Mag's Betrug sein oder nicht: Sehn will ich der Wahrheit Licht. Er macht sich von ihr los und geht in das Haus. Ich will diesem Schritt mich fügen, Daß, gestützt auf solch Erlauben, Wiedergeben nun der Tag Mir den Glanz der Unschuld mag, Den die Nacht mir wollte rauben. Lysander tritt auf, von der Gasse her. Ha, Justina! beiseite. Das noch fehlte! Weh, wenn Lälius, da Lysander Hier ist, aus dem Hause tritt! Meine Leiden, meine Qualen, Lindern will ich sie bei dir. Was ist dir geschehn? Dein Antlitz Zeugt von Gram und tiefer Trauer. Ach! kein Wunder wär's, zerkrampfte Sich mein Herz; nicht weitergehen Läßt mich dieser bittre Jammer. Er setzt sich im Vordergrund nieder. Lälius kommt wieder aus dem Haus. für sich. Jetzo glaub ich in der Tat, Eifersucht schafft Traumgestalten; Denn der Mann, den ich gesehen, Ist im Hause nicht, auch hatt er Keinen Ausgang. leise zu Lälius. Nahe nicht, Lälius; denn hier ist mein Vater. Warten, bis er weggeht, will ich, Schon geheilt von meinen Plagen. Er tritt in den Hintergrund. zu Lysander. Herr, was seufzest du und weinest? Was bedrücket, was zernagt dich? Mich bedrückt der schwerste Kummer, Mich zernagt der tiefste Jammer, Den je weiches Mitleid sah, Seit mit Schaudern ich gewahrte, In wieviel unschuld'gem Blut Jetzt die Grausamkeit sich badet. Dem Statthalter übersendet Kaiser Decius ein furchtbares Mordgebot – ich kann nicht reden. beiseite. Wer sah je so bittre Qualen! Tief bekümmert um der Christen Schweres Leid, läßt sich Lysander Zu mir aus und ahnet nicht Als Zuhörer seiner Klagen Lälius, des Statthalters Sohn. Kurz, Justina ... Unterlasse, Herr, wenn dies so sehr dich schmerzet, Im Gespräche fortzufahren. Laß mich alles dir verkünden, Dies wird mir Erleichtrung schaffen. Er befiehlt ... Nicht weiter, Herr; Billig ist es ja, dein Alter Durch mehr Ruhe zu erquicken. Wenn ich, daß du mit mir tragest Diese Last gewalt'ger Schmerzen, Die mich schier zu Tode martern, Dir die grausamste Verordnung Melde, die am Tiberstrande Je geschrieben ward mit Blut, Zu besudeln seine Wasser: Lenkest du mich ab? Justina, Ehmals hörtest du auf andre Weise meine Klagen. Herr, Auch die Zeiten wohl sind anders. Nur in abgebrochnen Worten Hör ich, was sie dort sich sagen. Florus tritt auf. für sich. Freiheit hat ein Eifersücht'ger, Welcher kommt, um zu entlarven Eine heuchlerische Tugend, Ohn auf Ehrfurcht noch zu achten. Dieser Vorsatz führt mich her ... Aber bei ihr ist ihr Vater; Andre Zeit will ich erspähn. Wer will dieser Schwelle nahen? beiseite. Wehe mir! Ich kann nicht wieder Gehn, ohn etwas ihm zu sagen. Suchen muß ich einen Vorwand. – Laut. Ich bin's. Du bei mir? Ich habe, Wenn du es vergönnst, dir Dinge Von Bedeutung vorzutragen. beiseite. Habe Mitleid mit mir, Schicksal! Wahrlich, hart ist meine Lage. Nun, was willst du mir? beiseite. Was red ich, Das mich dieser Not entraffe? im Hintergrund. Florus, in Justinas Hause Kühnlich ein und aus gelassen? Nein, nicht ohne Grund ist jene Eifersucht; hier ist die wahre. zu Florus. Wie? Dein Angesicht erbleicht? Staune, wundre dich nicht lange; Denn ich muß dir eine Kunde Bringen, die dein Leben angeht: Einen Feind besitzest du, Der nach deinem Tode trachtet; Laß dir, was ich sag, genügen. beiseite. Florus hat gewiß erfahren, Ich sei Christ, und kommt deshalb, Um vor der Gefahr zu warnen, Die mir droht. – Laut. Sprich weiter, Florus, Und verbirg mir nichts von allem. Livia tritt auf. Herr, der Statthalter gebot mir, Dich sogleich zu ihm zu laden, Und er wartet an der Tür. Besser, daß ich deiner harre (Unterdes ersinn ich Täuschung). Suche bald dich loszumachen. Dank für deine Höflichkeit! Einen Augenblick nur warte. Ab. zu Justina. Ha, bist du die Tugendreiche, Die gelinder Lüfte sanfte Schmeichelei als unerträglich Rauhe Mißhandlung betrachtet? Wie denn konntest du der Ehre Und des Hauses Schlüssel andern Überliefern? Florus, schweige! Lästre nicht so frechermaßen Einen Ruf, den selbst die Sonne, Nach dem schärfsten Prüfungsbade, Hell und lauter fand. Zu spät Kommt dies übermäß'ge Prahlen; Denn schon weiß ich, wem du freien Zutritt gabst ... Das darfst du sagen? Über den Balkon ... Halt ein! In dein Zimmer. Das ertrag ich? Ja; denn solch ein heuchlerischer Tugendschein verdient nichts andres. im Hintergrund. Florus stieg nicht vom Balkon; Da wir zwei es nun nicht taten, Gibt's noch einen andern Buhlen. Lästre nicht, wenn du erhabnen Bluts dich rühmest, edle Frauen. Edle Frau? Wenn in die Arme Du ihn aufnimmst? Wenn von deinem Erker ich ihn steigen sah? Glanz besiegte dich; denn weil Der Statthalter ist sein Vater, Riß dich fort die Eitelkeit, Daß der einst gebiet im Lande ... Von mir spricht er. Und nicht sahst du Auf so manchen größern Mangel Seiner Sitten, seines Blutes, Überdeckt von Rang und Ansehn. Aber nimmer ... tritt hervor. Laß ab, Florus, Hinterm Rücken mich zu tadeln! Denn vom Mitbewerber schlecht Sprechen ist der Feigen Sache; Und ich komm, um dir's zu wehren, Aufgebracht, daß von so manchen Zwisten, die wir hatten, keiner Dich zu töten war imstande. Wer sah, ohne Schuld, sich jemals In so schauderhafter Lage? Was ich hinter deinem Rücken, Auch im Antlitz werd ich's sagen, Und unleugbar ist die Wahrheit. Beide greifen an den Degen. Lälius, Florus, halt! Was macht ihr? Da nehm ich Genugtuung, Wo Beleid'gung ich empfangen. Was ich sprach, werd ich behaupten, Wo ich's sprach. O Himmel, schaffe Rettung mir aus solchem Unglück! zu Florus. Und ich werde dich bestrafen. Sie fechten. Der Statthalter, Lysander und Gefolge treten auf. Haltet ein! Ich Unglücksel'ge! Was ist dies? Doch sind die nackten Schwerter nicht Beweis genug, Um mir Kunde zu verschaffen? Welches Unglück! Welcher Schmerz! Herr ... Schweig, Lälius; schweige, sag ich. Du, mein Sohn, ein Ruhestörer? Du bedienst dich meiner Gnade, Um zu schrecken Antiochia? Herr, vernimm ... zum Gefolge. Führt sie von dannen! Denn Ausnahmen soll's nicht geben; Und kein Vorrecht höhern Standes Darf, bei gleichem Grad der Schuld, Die Bestrafung ungleich machen. Nun, zur Eifersucht noch Schimpf! Qualen fügen sich zu Qualen. indem man sie abführt. In verschiedne Kerker bringt sie, Und mit starker Wache haltet Beide fest. – Und ist es möglich, Daß, Lysander, Ihr den Adel Eurer Seele so beflecket, Da Ihr zugebt ... Nein, nicht lasset Durch des Scheines Trug Euch täuschen; Denn Justina weiß des Handels Anlaß nicht. Wie? So unwissend Sollt im Hause sie sich halten, Da sie schön ist, jene jung? Ich üb in so schwerem Falle Mäßigung, damit's nicht heiße, Daß ich, leidenschaftlich handelnd, Als Partei das Urteil spreche. – Zu Justina. Doch Ihr, Anlaß dieses allen! Da Ihr schon die Scham verloren, Werdet Ihr, ich weiß, nicht lange Die Gelegenheit verzögern, Die ich wünsch, um zu entlarven Eure lügenhafte Tugend Durch wahrhafte Lastertaten. Ab mit Gefolge. Antwort sei'n Euch meine Tränen. Eitles und zu spätes Klagen! O wie sehr, Justina, fehlt ich Jenes Tags, als ich dir sagte, Wer du bist! O hätt ich niemals Dir verkündet, daß am Rande Eines Bachs, dort im Gebirge, Dich zur Welt ein Leichnam brachte! Ich ... Entschuld'ge dich nur nicht. Recht wird mir der Himmel schaffen. Ach, zu spät! Nein, keine Frist Kommt zu spät im Erdenleben. Um zu züchtigen das Böse. Um zu reinigen das Wahre. Dich verdammet, was ich sah. Und dich, was du nicht erkanntest. LYSANDER Laß mich nur; denn sterbend geh ich, Daß mich bald mein Schmerz begrabe. Sterben dir zu Füßen will ich, Wirst nur du mich nicht verlassen. Beide ab. Eine offene Galerie, zur Seite eine Tür, im Hintergrund eine bergige Landschaft. Der Dämon, Cyprianus, Clarin und Moscon treten auf. Schon seitdem ich zu dir kam, Sah ich fern dich vom Vergnügen, Und in allen deinen Zügen Malt sich tiefer Seelengram. Unrecht ist's, dem Trost zu wehren, Da du dich verbirgst vor mir; Denn losreißen will ich schier Alle Klammern jener Sphären Um des kleinsten Wunsches willen, Der dir Qual und Sorge schafft. Nimmer ja kann Zauberkraft Ein unmöglich Streben stillen; Unvertilgbar ist mein Leid. Schenk aus Freundschaft mir Vertrauen. Wiß, ich lieb ein Weib. Bei Frauen Fürchtest du Unmöglichkeit? Wüßtest du nur, wer es ist! Aufmerksam horcht dir mein Ohr, Kommt es gleich mir lustig vor, Daß du so bedenklich bist. Frühe Wieg am Himmelsrande, Wenn die junge Sonn, erwachend, Tränen trocknet, heiter lachend Im Karmin- und Schneegewande; Grüner Kerker, dessen Bande Sprengt die Rose, wenn der Flur Sie enthüllt des Maien Spur Und, bei kühlem Hauch, der hehren Morgengöttin Himmelszähren Lächeln sind für die Natur; Wiesenbächlein, das nicht fließt Und nicht darf zu murmeln wähnen, Selbst nicht zwischen seinen Zähnen, Weil der Frost sie ihm verschließt; Nelke, die gen Himmel sprießt, Ein Gestirn von Meerkorallen; Frühlingsvogel, der vor allen Prangt im Farbenschmuck der Glieder, Schnelle Zither mit Gefieder Bei der Orgel von Kristallen: Jäher Fels, der Sonne Kraft Täuschend, die ihn denkt zu schmelzen, Doch nur Schnee ihm kann entwälzen, Nimmer das Gestein entrafft; Lorbeer, der den starren Schaft Badet in des Schnees Wogen Und, von keiner Furcht betrogen, Ein Narzissus, grün belaubt, Hat mit Strahlen sich das Haupt. Sich den Fuß mit Eis umzogen; Wiege, Schnee, Karmin, sie alle, Sonne, Rose, Bach und Au, Lächeln mit dem Perlentau, Vogel mit dem Wonneschalle, Nelke, welche trinkt Kristalle, Fels, der jedes Feindes lacht, Lorbeer, der sich Kronen macht Aus der Sonne goldnem Scheine: Alle bilden im Vereine Dieses Weibes Götterpracht. Ich bin so blind, so besessen, Daß ich (solltest du es meinen?), Um ein andrer Mensch zu scheinen, Andrer Kleidung mich vermessen. Weisheit gab ich dem Vergessen, Tugendruhm der Lästerbrut, Geisteskraft der Liebesglut, Meinen Tränen das Empfinden, Meine Hoffnungen den Winden Und der Schmach mein höchstes Gut. Ja, ich sagt und halt es kühn, Daß ich einem Geist der Tiefen Meine Seele will verbriefen (Schließ auf meines Herzens Glühn!), Wenn für meine Liebesmühn Diesen Lohn ich darf erheben. Doch umsonst ist all mein Streben; Denn die Seele selbst, ich weiß, Ist ein zu geringer Preis, Dafür wird man sie nicht geben. Krönt auch jemals ein Erfolg Das verzweiflungsvolle Treiben Solcher Liebenden, die mutlos Sich beim ersten Angriff zeigen? Sind so ferne die Exempel Schöner Frauen, welche neigten Ihren Übermut den Bitten, Ihren Stolz den Schmeicheleien? Willst du deinen Wunsch im holden Kerker ihrer Arm erreichen? Kannst du zweifeln? Wohl, so sende Diese Diener fort, und bleiben Laß uns beide hier allein. Auf, entfernet euch, ihr beiden! Ich gehorche. Ab. Und ich auch. – Beiseite. Satan steckt dem Gast im Leibe! Er versteckt sich. Fort sind jene. beiseite. Daß Clarin Hier zurückblieb, kann ich leiden. Was verlangst du jetzt? Verschließe Diese Tür. nachdem er es getan. Nun stört uns keiner. Sagtest du nicht hier, du würdest, Zu genießen dieses Weibes, Deine Seele geben? Ja. Wohl, ich will den Handel eingehn. Wie? Was sagst du? Eingehn will ich's. Wie? Da ich dir mitzuteilen Eine Wissenschaft vermag, Mittels welcher du herbeiziehn Kannst die Schöne, die du liebst (Denn ich kann, obschon so weise, Sie herbeiziehn keinem andern). Laß zuvörderst uns mit eignen Händen die Verschreibung machen. Willst du noch durch neue Leiden Meine bittre Pein verlängern? Was ich biete, steht in meiner Hand, doch was du bietest, nicht In der deinen; denn, ich weiß es, Weder Zauber noch Beschwörung Kann den freien Willen meistern. Nun, so schreib auf die Bedingung Den Kontrakt mir. verborgen. Hol's der Geier! Dieser Teufel ist nach dem, Was ich sah, kein ungescheiter. Ei, Kontrakt? Nun wahrlich, ständen Meine Zimmer auch ohn einen Mietsmann zwanzig Säkula, Nimmer tät ich's. Täuschereien Sind für frohgestimmte Freunde, Nicht für solche, die verzweifeln. Wohl, ich geb, um dir mein Können Und Vermögen zu beweisen, Dir ein Merkmal, wär's auch nur Meiner Macht ein schwaches Zeichen. Was zeigt hier sich deinem Auge? Vieler Himmel, viele Weiden, Ein Gebüsch, ein Bach, ein Berg. Was gefällt dir nun am meisten? Dieser Berg, weil er als Bild Der Geliebten mir erscheinet. Stolzer Nebenbuhler du Der gesamten Jahreszeiten, Der als König der Gefilde Krönt mit Wolken seine Scheitel, Rege dich, durchmiß die Lüfte! Siehe, dir gebeut dein Meister. – Zu Cyprianus. Und sieh, ob du nicht ein Weib Wirst, wie ich den Berg, herbeiziehn. Ein Berg bewegt sich von einer Seite der Bühne zur andern. Nie sah ich ein seltner Wunder, Nie ein grauenvoller Zeichen! Vor Erstaunen und vor Furcht Bebt zweimal mein Herz im Leibe. Vogel, der die Luft durchflieget, Dem als Flügel dienen Zweige, Schiff, das durch die Lüfte segelt, Dem Gesträuche dient zu Seilen, Geh an deinen Ort, und laß Staunen und Bewundrung schweigen! Der Berg kehrt an seinen vorigen Platz zurück. Reicht die Probe nicht, so will ich Eine zweite noch dir zeigen. Wünschest du das Weib zu sehn, Das du liebst? Ja. So zerreiße, Ungeheur der Elemente, Du dein hartes Eingeweide; Laß die Schönheit, die dein dunkler Schoß mir aufbewahrt, erscheinen! Ein Fels öffnet sich, und Justina erscheint schlafend. Ist es diese, die du liebst? Die, der ich Anbetung weihe. Sieh, ob ich sie dir kann geben, Da ich so sie kann herbeiziehn. Göttlich Weib! In deinen Armen Will das Zentrum meiner heißen Lieb ich finden, Sonne trinkend Strahl bei Strahl und Schein bei Scheine! Indem er sich Justina nähern will, schließt sich der Fels. Halt! Denn eh du das Versprechen, Das du gabst, nicht unterzeichnest, Rührst du sie nicht an. O harre, Dunkle Wolke dieser heitern Sonne, die zum Heil mir aufging! Doch nur Luft ist's, was ich greife. – Zum Dämon. Ja, ich traue deinem Wissen, Ja, dir geb ich ganz mich eigen. Sprich, was soll ich tun für dich? Wes bedarfst du? Eines Scheines, Den, zur Vorsicht, deine Hand Muß mit deinem Blute schreiben. Meine Seele gäb ich ihm, Hätt ich nur nicht hier verweilet. Dien als Feder dieser Dolch, Als Papier dies weiße Leinen, Und das Blut aus meinem Arme Dien als Tinte mir zum Schreiben. Er schreibt mit dem Dolche auf ein Schnupftuch, nachdem er sich Blut aus dem Arme gelassen hat. Ich, der große Cyprianus (Welcher Frost, welch Gram mich peinigt!), Gebe hier die ew'ge Seele (Welcher Wahnsinn mich ergreifet!) Dem, der eine Kunst mich lehret (Welches Grausen mich durchschneidet!), Daß ich zu mir her Justina Könne ziehn, die strenge Feindin. Dies bescheiniget mein Name. beiseite. Jetzt ward meinen Täuschereien Auf das gültigste gehuldigt, Wenn er gleich an Leib und Seele Zagt' und bebte. – Laut. Schon geschrieben Hast du? Ja, und unterzeichnet. Er gibt ihm das Tuch. Dein ist deines Lebens Sonne. Dein auf ew'ge Zeit ist meine Seele nun, die ich dir biete. Seele dir für Seel erteil ich, Denn Justinas geb ich dir Für die deine. Welche Weile Nimmst du dir zum Unterricht Der Magie? Ein Jahr wird reichen; Doch beding ich ... Fürchte nichts. Daß auf diese Zeit wir beide Uns in eine Höhle schließen, Ohn ein andres Werk zu treiben Und ohn einen andern Diener Zu gebrauchen als den einen, Der aus Neugier sich versteckt; Er zieht Clarin herbei. Denn indem wir ohne Weitres Diesen mit uns nehmen, sichern Auf die Art wir das Geheimnis. Wär ich nie doch hiergeblieben! Warum, da auf Horchereien Sich so viele Nachbarn legen, Holt kein Teufel sie bisweilen? Trefflich! Wißbegier und Liebe Haben zwiefach mich bereichert; Denn Justina wird nun mein, Und als neuen Wissens Meister Werd ich sein der Erde Staunen. Gut; mein Plan ward nicht vereitelt. Meiner wohl! zu Clarin. Komm mit uns! Beiseite. Sieger Bin ich schon des größten Feindes. Glücklich seid ihr, meine Wünsche, Wenn ich solches Gut erreiche! beiseite. Nimmer ruhen soll mein Haß, Bis ich Meister bin von beiden. – Laut. Komm! Du kannst im tiefen Dickicht Dieser Bergeseinsamkeiten Heut in der Magie den ersten Unterricht empfahn. Ich eile! Hat mein Scharfsinn solchen Lehrer, Meine Liebe solchen Meister, Dann wird ewig auf der Welt Magus Cyprianus bleiben. 3. Akt Dritter Aufzug Gebirg und Wald; im Hintergrund eine Höhle. Cyprianus tritt aus der Höhle hervor. Heut, undankbare Schöne, Erscheint der Tag der frohen Jubeltöne, Der Hoffnung Ziel, der Liebe Termin, die Frist des Wandels deiner Triebe; Denn heute zu begehen Hoff ich das Siegsfest über dein Verschmähen. Der Berg hier, dessen Stirne Emporragt bis zur Festung der Gestirne, Und dieser Höhle Grausen, Ein düstres Grab, wo zwei Lebend'ge hausen, Sie sind die rauhe Schule, Wo ich Magie erlernt am Lehrerstuhle; Und so besitz ich diese, Daß ich den Meister selbst wohl unterwiese. Und sehend, daß die Sonne heut ihr Wandern Von einer Sphäre hat vollbracht zur andern, Tret ich aus meinem Kerker, um am Lichte Zu schaun, was ich vermag, was ich verrichte. Du reiner Himmel dorten, Merk auf die Kraft von meinen Zauberworten! Du Luft, dein lindes Kosen Halt ein bei meiner Stimme mächt'gem Tosen! Du starre Felsenmauer, Beb auf bei meines Donnerrufes Schauer! Ihr grünen Waldessöhne, Erzitternd hört mein schreckenvoll Gestöhne! Ihr blühnden Pflanzen alle, Erbangt vor meiner Klagen Widerhalle! Hold singend Haingefieder, Schreck meiner Wunder hemme deine Lieder! Du Wild im Waldesgrauen, Komm, meiner Arbeit Erstlinge zu schauen! Und blind, von Furcht beklommen, Verwirrt, unruhig, mutlos, angstentglommen, Staunt solcher Wissenschaft, ihr Himmel, Lüfte, Wild, Vögel, Bäume, Pflanzen, Felsenklüfte! Denn nicht die Frucht entbehren Soll Cyprianus von der Hölle Lehren. Der Dämon tritt auf. Wie? Cyprianus? O mein weiser Meister! Weshalb, befolgend deine Willkür dreister, Als was ich vorgeschrieben, Von welchem Zwecke, Grunde, Wunsch getrieben, Frech oder unbesonnen, Trittst du hervor ans helle Licht der Sonnen? Da ich mich seh imstande, Zu schrecken schon des Abgrunds düstre Lande, Weil ich mit solchem Streben Mich der Magie ergeben, Daß auch du selbst mußt sagen, Du kannst mir gleichen, nicht mich überragen; Da ich mich seh im wahren Besitz all ihrer Teile, durch Gefahren, Müh und Beschwerd errungen, Weil die Nekromantie ich ganz durchdrungen, Durch deren düstre Klänge Ich mir zu öffnen weiß der Gräber Enge Und mache, daß gebären Ihr Schoß die Leichen muß, die dort vom schweren, Hartnäck'gen Druck der alten Tyrannin Erd habsüchtig festgehalten, Und daß die bleichen Toten Mir Antwort geben, wie ich es geboten; Und da ich seh, es endet Der Sonne Lauf, der mir zur Frist gespendet, Weil sie – die jeden Tag, nach ihrem Wahne, Auf weitem Himmelsplane Forteilt mit raschem Gange, Und dennoch, trotz dem angebornen Drange, Zurück, sich selbst ein Staunen, immer weichet – Heut das verhängte Jahresziel erreichet: So soll mir nun der bangen Drangsale Lohn herbeiziehn mein Verlangen. Heut wird die seltne Schönheit, der ich diene, Die göttliche Justine, Wenn sie den Ruf vernommen Der mächt'gen Lieb, an meinen Busen kommen; Denn länger nicht verschieben Will ich Befried'gung meinen heißen Trieben. Kann dies dein Sehnen lindern, So will ich die Befriedigung nicht hindern. Drück ein dem Erdengrunde Die stumme Zeichenschrift, die Luft verwunde Mit schneidender Beschwörung, Zu deiner Hoffnung, deiner Lieb Erhörung. Wohlan, bald sollst du schauen, Daß Erd und Himmel ich versenk in Grauen. Ab. Es sei dir unverwehret, Weil dein und meine Wissenschaft mich lehret, Daß, folgsam deinem Worte, Die wilde Hölle dir an diesem Orte Durch mich und mein Vergönnen Justinas Reiz wird überliefern können. Denn kann mein mächtig Walten Den freien Willen nicht in Knechtschaft halten, Doch kann es ihm Genüsse Von solchem Reiz vorspiegeln, daß er müsse Sich fangen in den Schlingen, Und lenken kann ich ihn, wenn auch nicht zwingen. Clarin kommt aus der Höhle. Heut, undankbarer Engel, Nicht die vollkommne Livia, die voll Mängel, Heut hoff ich zu erfahren, Ob deine Lieb auch sein mag von den wahren; G'nug werd ich ja verstehen, Um, ob du keusch bist oder tust , zu sehen. Denn seit ich hier verblieben, Hab ich so eifrig die Magie getrieben, Daß ich durch sie will sehn (o weh mir Armen!), Ob du mich auch verrietst in Moscons Armen. Wässriger Himmel (rein, sprach jener dorten), Merk auf das Graun von meinen Zauberworten! Gebirg... Clarin, was soll's? O weiser Meister! Ich ward durch die Gesellschaft solcher Geister So stark in der Magie, daß sie mir endlich Entdecken soll, ob Livia, unerkenntlich So sehr wie schön, derweil ich hier mich plage, Nicht manchmal mich betrügt an meinem Tage. Laß diese Narrenposse, Und such im Dunkel jener Felskolosse Nach deinem Herrn, damit von deinem Bangen (Trägst du nach solchem Wunder ein Verlangen) Du könnest dich befreien; Denn einsam will ich sein. Und ich zu zweien; Und wenn die hohe Gabe Von deiner Kunst ich noch verdient nicht habe, Weil ich dir freilich eben Noch keine Schrift mit meinem Blut gegeben, Er zieht ein schmutziges Schnupftuch hervor. So schreib ich auf dies Leinen (Kein reiners führt, wer oftmals pflegt zu weinen) Jetzt den Kontrakt, und dir zum Mißbehagen Will ich zuvor mich auf die Nase schlagen; Es ist ja gleich viel nütze, Ob's aus der Nas, ob's aus dem Arme spritze. Er schlägt sich auf die Nase, daß sie blutet, und schreibt mit dem Finger auf das Schnupftuch. Ich will, Clarin der Große, wenn ich sehen Die Livia darf, dem Teufel zugestehen ... Ich will, du sollst enteilen, Und deinen Herrn aufsuchen ohne Weilen. Ich tu es, nur gelassen! Denn weigerst du die Schrift, die abzufassen Ich gerne bin erbötig, So glaubst du sicher sie bei mir nicht nötig. Ab. Auf, ihr, des Abgrunds Mächte, Verzweiflungsvolles Reich der Höllennächte! Aus eures Kerkers Enge Entlasset eurer Geister geile Menge, Und des Verderbens Fülle Stürzt auf Justinas jungfräuliche Hülle! In tausend Truggestalten Laßt schändliche Phantome sich entfalten Der keuschen Phantasie; von heißem Triebe Schwell ihre Brust und öffne sich der Liebe Beim süßen, luftdurchglühten Wechselgesang der Vögel, Pflanzen, Blüten. Nichts seh ihr Auge heute Als nur der Liebe wonnevolle Beute; Nichts soll ihr Ohr umschwirren Als nur der Liebe zauberisches Girren, Damit sie, unbeschützt von ihrem Glauben, Den Cyprianus such in diesen Lauben, Durch seine Kunst bewogen, Durch meinen dunklen Geist herbeigezogen. Beginnet jetzt; ich schweige, Daß eur Gesang sein mächtig Wirken zeige. Gesang hinter der Szene. Welches sind die schönsten Triebe Dieses Lebens? Liebe, Liebe! Während des Gesanges geht der Dämon ab. Die Bühne verwandelt sich in Justinas Zimmer. Justina tritt auf in heftiger Unruhe. Alles wird in der Natur Von der Liebe Glut getrieben; Menschen leben, wo sie lieben, Mehr, als wo sie atmen nur; Bäum und Blumen auf der Flur, Vögel in der Luft, sie leben Ganz der Liebe hingegeben; Folglich sind die schönsten Triebe Dieses Lebens: Liebe, Liebe! Dunkles Hirngespinst, das mir Schmeichelnd nahet, lind und leise, Welchen Anlaß gab ich dir, Daß du mich auf solche Weise Quälst mit peinlicher Begier? Was verhindert, daß ich bliebe, Die ich war? Und was für Triebe, Gluten, Flammen fühlt mein Herz? Was ist dieser fremde Schmerz, Der mich ängstigt? Liebe, Liebe! Antwort, glaub ich, hat mir eben Jene Nachtigall erteilt, Die mit treuem Liebesstreben Lockt den Gatten, der daneben Auf dem Nachbaraste weilt. Schweig, o schweige, Philomele! Daß nicht, bei so süßem Harm, Ahnung in mein Herz sich stehle, Wie erst fühlt des Menschen Seele, Fühlt ein Vogel schon so warm! – Nein, es war der Rebe Lied, Die verlangend sucht und flieht, Bis sie hält mit grünen Sprossen Den geliebten Stamm umschlossen Und ihn ganz bezwungen sieht. Laß ab, Rebe, mir zu zeigen Dein sehnsüchtiges Erwarmen! Denn mir ahnt bei diesem Neigen, Wenn sich Zweige so umarmen, Wie erst Arme sich verzweigen. – Aber war's die Rebe nicht, War's die Blume wohl, die immer, Schauend nach der Sonne Licht, Wendet nach dem reinen Schimmer Ihr verliebtes Angesicht. Hemm, o Blume, dieses Sehnen, Deiner Schönheit stillen Feind! Denn es ahnt mein banges Wähnen, Weinen Blätter solche Tränen, Wie das Aug erst Tränen weint. – Schweige, Sängerin im Wald! Lös, o Rebe, dein Getriebe! Wandelbare Blume, halt! Oder nennt mir die Gewalt Eures Zaubers! Liebe, Liebe! Liebe? Hab ich je getrachtet Ihr zu huld'gen? Eitler Wahn! Stets vergessen und verachtet Hab ich, die für mich geschmachtet, Lälius, Florus, Cyprian. Hab ich Lälius nicht verbannt? Nicht verschmähet Florus' Hand, Und den Cyprian durch Hohn So geschreckt, daß er entflohn, Von Verzweiflung übermannt, Und ganz meinem Aug entschwunden? – Aber, weh! ich glaube, hier Hat den Anlaß aufgefunden Meine sehnende Begier, Um so frech mich zu verwunden. Denn seit mir dies Wort entfuhr, Daß er fern sei meinetwegen, Fühl ich, weh mir! eine Spur Fremder Qual in mir sich regen. – Aber Mitleid war's wohl nur, Weil ein Mann, so hoch geachtet Von der Welt, die ihn umgab, Nun durch mich vergessen schmachtet und weil ich den Anlaß gab, Daß solch Dunkel ihn umnachtet. – Aber sollt es Mitleid sein, Flößten dann nicht gleich Bedauern Lälius mir und Florus ein, Welche meinetwegen trauern In des Kerkers rauher Pein? Doch Gedanken, haltet ein! Wenn allein schon Mitleid g'nüget, Schließet nicht mit ihm Verein. Denn so drängt mich eur Gelüste, Daß ich zweifle, wehe mir! Ob ich jetzt nicht, wenn ich wüßte, Wo er ist, ihn suchen müßte. Der Dämon tritt auf. Komm nur, komm! Ich sag es dir. Wer bist du, der sich vermißt, Einzudringen in mein Zimmer, Da es rings verschlossen ist? Sag, ob du ein Blendwerk bist, Meines Wahnsinns Truggeflimmer? Das nicht; sondern mich verbindet Mitleid, da im mächt'gen Streite Leidenschaft dich überwindet, Daß ich an den Ort dich leite, Wo sich Cyprian befindet. Nimmer wird dir das gelingen; Denn die Qual, die Leidenschaft, Die mein schwach Gemüt durchdringen, Konnten zwar den Sinn bezwingen, Aber nicht die Willenskraft. Weil du's dachtest mit Verlangen, Ist die Hälfte schon getan; Da die Sünde nun begangen, Nimm den Willen nicht gefangen Auf schon halb durchschrittner Bahn. Mich verwirret nicht dein Rat. Ja, ich dacht es, und wohl hat Schon begonnen, wer da denket; Aber meine Willkür lenket Den Gedanken nicht, die Tat. Meinen Fuß muß ich bewegen, Dir zu folgen; diesem nun Setzt mein Wille sich entgegen. Er vermag's; denn eins ist Tun Und ein andres Überlegen. Doch wenn fremde Wissenschaft Wider dich, Justina, streitet: Wie wird dir der Sieg verschafft, Wenn mit solcher Macht sie leitet, Daß sie zwingt der Schritte Kraft? Um den Sieg mir zu erringen, Steht mir freier Wille bei. Mein Zwang wehrt ihm das Vollbringen. Wäre denn der Wille frei, Wenn er je sich ließe zwingen? sucht vergebens sie fortzuziehen. Komm, Genuß ist dir bereit. Teuer müßt ich ihn erwerben. Er ist Fried und Seligkeit. Er ist Elend und Verderben. Er ist Glück. Ist bittres Leid. Ha, wer wird dir Schutz verleihn? Schon bist du in meinen Banden! Er zieht sie gewaltsamer. Mein Schutz liegt bei Gott allein. sie loslassend. Weib, der Sieg, der Sieg ist dein, Weil dem Sieg du widerstanden. Aber da, wie sichtbar ist, Gottes Arm dir dient zum Schilde, Soll nun meiner Rache List Dich entführen als Gebilde, Weil du selbst gesichert bist. Einen Geist send ich alsbald, Welchen meiner Kunst Gewalt Soll in deine Bildung kleiden, Und durch diese Truggestalt Sollst du Schimpf und Schmach erleiden. Durch zwei Siege will ich zwier Mich an deiner Tugend rächen: Erst die Ehre raub ich dir, Und ein Scheingenuß soll hier Gelten für ein wahr Verbrechen. Ab. Hilf mir, Himmel, daß ich finde, Schutz bei dir vor solchem Wüten! Mache, daß der Schein verschwinde, Wie die Flamme vor dem Winde Und wie vor dem Frost die Blüten! – Du kannst nicht ... Weh! Was geschah? Zu wem sag ich dieses Wort? War ein Mensch nicht eben da? Ja – doch nein, leer ist der Ort; Nein – und doch, ich sah ihn ja. Kann er denn verschwunden sein? Hat ihn meine Furcht geboren? Die Gefahr dringt auf mich ein! Vater! Herr! – Ich bin verloren! – Livia, komm! Lysander und Livia treten von verschiedenen Seiten auf. Welch Schrein? Welch Schrein? Saht ihr einen Mann, der sich – Weh mir – fort soeben schlich? O wie schreckt mich sein Erscheinen! Hier ein Mann? So saht ihr keinen? Herrin, nein. Ich aber, ich. Wie nur kann das sein, da immer Ganz verschlossen war dies Zimmer? beiseite. Sicher, daß sie Moscon sah, Der in meiner Stube da Sich versteckt. Ein Truggeflimmer Deiner regen Phantasie Ist der Mann gewiß gewesen, Blendwerk der Melancholie, Das aus Sonnenstäubchen sie Dir zusammen hat gelesen. Was mein Herr spricht, glaub ich dreist. Nein, nicht täuschte sich mein Geist, Und ich ahne größre Tücke, Weil man, fühl ich, Stück für Stücke, Aus der Brust das Herz mir reißt. Irgendeine Zaubermacht, Die sich gegen mich verschworen, Hatte mich so weit gebracht, Daß ich sicher war verloren, Hätte Gott mich nicht bewacht. Aber Er wird mich behüten, Und nicht einzig vor dem Wüten Dieser mächt'gen Grausamkeit; Meiner Unschuld stille Blüten Schützet er vor jedem Leid. Livia, gib den Mantel mir; Denn ich will, bedrängt von Sorgen, Zu dem Tempel gehn, wo wir Gläub'ge Christen, still verborgen, Uns versammeln. hängt ihr den Mantel um. Er ist hier. Mäß'gen wird die Glut sich dort, Die mir tobt durch alle Glieder. Ich geh mit zum heil'gen Ort. beiseite. Und, gottlob, ich atme wieder, Schaff ich sie nur endlich fort. Himmel, dir vertrauet sich Meine Tugend an; die Schwache Schütze du! Komm, fasse dich. Dein, o Herr, ist meine Sache. Auf! Verteid'ge dich und mich! Lysander und Justina gehen ab. Moscon tritt auf, umherspürend. Gingen sie? Ich sah sie gehn. Das war Angst, ich muß gestehn. Aber wie war's möglich immer, Daß du fortgingst aus dem Zimmer Und vor ihr dich ließest sehn? Strafe Gott mich, meine Gute, Ging ich aus dem Kämmerlein Fort, auch nur auf die Minute. Wer kann jener Mann denn sein? Satan war's, wie ich vermute. Was weiß ich? Doch mache dir Deshalb, Schätzchen, keine Sorgen. seufzend. Deshalb nicht! Was gibt's denn hier? Wie er fragt! Und ist mit mir Einen ganzen Tag verborgen Eingesperrt? Weinend. Und sieht er, hat Nicht der andre, sein Kamrad, Auch vonnöten, daß ich seine Lange Trennung heut beweine, Da ich's gestern gar nicht tat? Darf mich treffen der Verdacht, Ich gehörte zu den Frechen, Daß ein halb Jahr, zugebracht In Entfernung, könne brechen Den Vertrag, den ich gemacht? Halb Jahr? Da er weggeblieben Und ihn schon ein ganzes bricht? Das ist falsch; denn angeschrieben Hab ich ihm die Tage nicht, Wo ich ihn nicht durfte lieben. Denn wofern ich (wehe mir!) Gab des Jahres Hälfte dir: Wär's nicht ungerecht alsdann, Schrieb ich ihm ein ganzes an? Falsche! Da ich dachte schier, Du seist gänzlich mir ergeben, Macht ein zartes Mitleid eben Solche Rechnung? Moscon, ja; Denn ist gleiche Rechnung da, Das erhält der Freundschaft Leben. Morgen denn! Wie tröstlich ist Treue mir von dem Kaliber! Aber werde, da zur Frist Du mein Wechselfieber bist, Nicht mein überspringend Fieber. Nun, in mir, das siehst du ein, Ist kein Arges. Wahrlich, nein! Heute siehst du mich nicht mehr; Aber morgen, bitt ich sehr, Laß kein Schicken nötig sein. Beide ab. Gebirg und Wald. Cyprianus tritt auf, in Staunen versenkt; Clarin folgt ihm lauschend. Ja, es haben sich empört In den Reichen des Azures Die Heerscharen der Gestirne, Denn sie wollen nicht mir huld'gen; Ja, ein Aufruhr ist entstanden In des Abgrunds tiefem Schlunde, Denn er weigert den Gehorsam, Der mir zukommt zum Tribute. Tausendmal die Luft erschüttern Meine mächt'gen Zauberrufe; Tausendmal den Grund durchpflügen Meine magischen Figuren, Und doch zeigt sich die lebend'ge Sonne nimmer, die ich suche, Der lebend'ge Himmel, dessen Harrt mein Arm. Ist das ein Wunder? Denn schon tausendmal beschreib ich Rings die Erde mit Figuren, Und schon tausendmal betäub ich Rings die Luft durch lautes Fluchen, Und gleichfalls kommt Livia nicht. Einmal noch soll meines Mundes Ruf ertönen: Auf, vernimm mich! Komm, Justina! Ein Phantom, in Justinas Gestalt und Kleidung, erscheint, wie in gewaltsamer Bewegung. Schon, gezwungen Von dem Ruf, den ich vernommen, Eil ich durch des Bergwalds Dunkel. Was begehrst du? Was begehrst du, Cyprianus? Ich verstumme! Und da jetzt ich ... Ich erstarre! Auf die Weise ... Weshalb stutz ich? Wie mich Liebe fand ... Was schreckt mich? Bin gekommen ... Was noch such ich? Wohin du mich rufst ... Was fürcht ich? Und nun so dem Zauberspruche Mich gefügt: entflieh ich dir In des Bergs verwachsne Schluchten. Sie verhüllt ihr Gesicht in den Mantel und geht ab. Harre, warte doch, Justina! Doch was sinn ich und verstumme? Auf, ihr nach! Und dies Gebirge, Wohin sie mein Zwang gerufen, Werde nun belaubter Schauplatz, Wenn nicht Lager des Genusses, Für die wundervollste Liebe, Die der Himmel sah. Ab. schnüffelnd. Die Jungfer Mag ich nicht, die, eben Braut, Schon so stark nach Rauche duftet. Sicher hat des Zaubers Macht Sie im Augenblick bezwungen, Da sie blies in eine Lauge Oder kochte eine Suppe. Nein! Im Mantel in der Küche? Anders muß ich sie entschuld'gen. Ohne Zweifel kommt es daher (Jetzt bin ich beim rechten Punkte), Weil ein ehrlich Weib nie besser Riecht, wenn Angst sie überrumpelt. – Hinaussehend. Schon erreicht er sie, und nun, In des Tals verborgnem Grunde Ringend mit geschloßnen Armen (Denn mit offnem Arm, vermut ich, Würd ein Ringen solcher Art Auch dem Kräftigsten nicht fruchten), Schleppt er sie hierher zurück. Lauern will ich dort im Busche, Um zu sehn, wie man auf Erden Anstellt so etwas Verruchtes. Er versteckt sich. Cyprianus tritt auf, die Gestalt mit sich ziehend, die ihr Gesicht mit dem Mantel verhüllt. Jetzt, o reizende Justina, Im verborgnen Waldesdunkel, Welches nie der Sonne Strahlen, Nie der Lüfte Hauch durchdrungen, Wird dein Reiz zur Siegstrophäe Meines magischen Triumphes; Denn dich zu erlangen, scheu ich Nicht Gefahr noch Hinderungen. Zwar du kostest mir die Seele; Doch, Justina, sagen muß ich, Daß der Preis ein kleines ist Für den Einkauf solchen Gutes. – Zieh der Gottheit ab den Schleier! Nicht verberge hinter dunklem Wolkenflor die Sonne sich; Zeige sie des Glanzes Funkeln! Er enthüllt die Gestalt und erblickt einen Leichnam. Weh mir, wehe! Was erblick ich? Ha! die Arme streckt ein stummer, Starrer Leichnam nach mir aus! Wie, in wenigen Minuten, Konnte diese bleich verfallne Schreckgestalt zusammenschrumpfen Aus der Anmut frischer Röte, Aus dem Purpurglanz der Jugend? Also, Cyprianus, geht Aller Glanz der Welt zugrunde. Sie verschwindet. Clarin stürzt eilig heraus und stößt mit Cyprianus zusammen. Braucht nicht jemand Furcht? Bei mir Wird sie klein und groß gefunden. Harre, leichenhafter Schatten! Jetzt zu anderm Zweck dich such ich. Ich bin leichenhafter Körper; Hat dein Kopf es nicht empfunden? Ha! wer bist du? Wer ich bin, Glaub ich, macht mir selber Skrupel. Sachst du in den leeren Lüften, In dem Schoß des Erdengrundes Einen starren Leichnam, der, Aufgelöst in Staub und Dunste, Schwinden ließ die hehre Pracht Seines jugendlichen Schmuckes? Weißt du nun, daß ich gewöhnlich Muß die Unglücksfälle dulden Des, der lauert? Was ging vor? Unter ging's in der Minute. Schnell ihm nach! Nicht schnell ihm nach! Diesen Spuk aufklären muß ich. Ich nicht, Herr. Der Dämon tritt auf, ohne die anderen zu sehen. Gerechter Himmel! Wenn mein Wesen einst verbunden Wissenschaft besaß und Gnade, Als ich war ein Geist der Tugend: So verlor ich nur die Gnade, Nicht das Wissen. Was befugt dich, Ungerechter, mir zu wehren, Daß ich jetzt mein Wissen nutze? Luzifer, mein weiser Meister! Ruf ihn nicht, denn ich vermute, Daß er kommt als zweiter Leichnam. Was verlangst du? Daß die dumpfen Sinne du mir jetzt vom Grauen Lösest, das sie hält gebunden. Ich, der keine Lösung fordert, Will auf dieser Seit enthuschen. Ab. Über den verletzten Boden Hatt ich Sprüche kaum gemurmelt, Als Justina mir sich zeigte, Meiner Lieb und meines Wunsches Göttlich hoher Inbegriff. Doch warum, was schon dir kund ist, Soll ich lange noch erzählen? Sie erschien; der fest Umschlungnen Zog ich ab den Schleier – wehe! Und statt ihrer holden Jugend Sah ich ein Geripp, ein Scheusal, Eine Statue, des dunklen Todes Abbild, das mit lauter Stimme sprach (o gräßlich Wunder!): »Also, Cyprianus, geht Aller Glanz der Welt zugrunde.« – Sagen, daß in deiner Kunst, Die ich ausgeübt, des Truges Grund sich barg, ist schier unmöglich, Denn ich führte Punkt für Punkt Alles aus; nicht irren konnt ich Nur in einem Zug der stummen Charaktere, nur in einem Laut der mächt'gen Zauberrufe. Folglich hast du mich betrogen, Da ich sicher nichts verschuldet; Denn ein Truggebilde find ich, Wo ich eine Schönheit suche. Cyprianus, weder dir Noch auch mir kommt dies zuschulden: Dir nicht, wenn du bei dem Zauber Mit gewandtem Geist verfuhrest; Mir nicht, denn der meine lehrte Dich gewiß, so viel er wußte. Dieses Graun, das dich betroffen, Stammt von einem höhern Grunde. Doch sei ruhig, denn ich will, Zur Vertilgung deines Kummers, Um Justina dir zu schaffen, Andre, beßre Mittel suchen. Nein, dies ist mein Zweck nicht mehr; Denn so hat dies Graun durchdrungen Meine Seele, daß ich nimmer Deine Mittel will benutzen. Folglich, da du nicht erfüllt Die bedungnen Forderungen Meiner Liebe: gib die Handschrift Mir zurück, weil ich zur Stunde Dich verlassen will, der nicht'gen Übereinkunft ganz entbunden. Ich versprach dir, dich zu lehren Solcher Wissenschaften Kunde, Die imstande sei'n, Justina Auf den Antrieb deines Rufes Herzuziehn; und da die Lüfte Dir hierher Justina trugen, So ist gültig der Vertrag, Und ich tat nach unserm Bunde. Du versprachst, daß meiner Liebe Sollte jener Same fruchten, Den die Hoffnung ausgesät In des Berges rauhen Schlüften. Ich verband mich, Cyprianus, Nur sie herzuziehn . Verbunden Hast du dich, sie mir zu geben . Hielt dein Arm sie nicht umschlungen? Schatten war's. Ein Wunder war es. Wessen? Des, der seines Schutzes Sie gewürdigt. Wer ist dieser? zitternd. Das kommt nicht aus meinem Munde. Meine Wissenschaft gebrauch ich Gegen dich. Auf, gib mir Kunde, Ich beschwöre dich: Wer ist's? Ein Gott, der Justinas Tugend Nahm in Schutz. Was kann ein Gott? Viele gibt's von gleichem Ruhme. Dieser hat die Macht von allen. So ist's einer nur im Grunde, Wirkt sein einz'ger Wille mehr, Als die übrigen verbunden. Nichts mehr weiß ich, nichts mehr weiß ich. Jetzt entsag ich ganz dem Bunde, Den wir schlossen; und im Namen Dieses Gottes heisch ich Kunde: Was war seines Schutzes Absicht? mit Zwang. Rein zu halten ihre Tugend. So ist dieser Gott allgütig, Weil er nicht Entehrung duldet. Aber was verlor Justina, Wenn sich's hier verbarg im Dunkel? Ihren Ruf, sobald des Pöbels Bosheit nur es hätt erkundet. So ist dieser Gott allwissend, Denn er sah zukünft'ges Unrecht. Aber konnten nicht so stark Etwa sein des Zaubers Fugen, Daß er nicht ihn brechen konnte? Alles wird von ihm bezwungen. So ist dieser Gott allmächtig, Denn was er nur will, das tut er. Sage, wer ist dieser Gott, Von dem heut ich hab erkundet, Daß er sei die höchste Güte Mit der höchsten Macht verbunden, Alles wissend, alles könnend, Den ich schon so lange suche? Ha, ich weiß nicht. Sprich, wer ist es? Schaudernd geb ich diese Kunde! Wiß, es ist der Gott der Christen. Aber was hat ihn gedrungen, Mich zu hindern? Sie ist Christin. So sehr schützt er, die ihm huld'gen? in Wut. Ja; allein zu spät, zu spät Ist's für dich, ihn anzurufen, Denn da du mein Sklave bist, Kannst du ihm als Herrn nicht huld'gen. Ich dein Sklav? In meiner Macht ist Deine Handschrift. Die Urkunde Ward bedingungsweis gegeben, Und ich will mit Fug und Recht Sie dir nehmen. Auf was Art? Auf die Art. Er zieht den Degen und stößt auf den Dämon, ohne ihn zu verletzen. Obwohl du tapfer, Wütend, mit entblößtem Degen Auf mich eindringst: mich verwunden Wirst du nicht. Und daß die Sinne Dir vergehn im grausen Dunkel Der Verzweiflung, so vernimm: Satan ist's, dem du gehuldigt. Ha, was sagst du? Daß ich's bin. O die schaudervolle Kunde! Und nun weißt du, daß du Sklav Und auch wessen Sklav du wurdest. Ich, der Sklave Satans? Ich, So ruchlosem Herrscher huld'gen? Ja, du botest mir die Seele, Und mein ist sie seit der Stunde. Also gibt's für mich nicht Hoffnung, Gnade, Beistand oder Schutzwehr, Um ein solch Vergehn zu tilgen? Nein. Genug denn des Verzuges! Müßig soll in meinen Händen Dieser scharfe Stahl nicht ruhen; Schleunig, als mein eigner Henker, Bohr ich ihn in meinen Busen. – Doch was sag' ich? Der Justina Deinen Händen hat entrungen, Kann er nicht auch mich befrein? Nein, dich bindet dein Verschulden. Er beschützet nicht das Laster, Nur die Tugend. Ist er Urquell Aller Macht: entströmt Verzeihung Ihm und Lohn in einem Flusse. Aber so auch Lohn und Strafe; Denn nur was gerecht ist, tut er. Niemand straft den Unterwürf'gen; Und ich bin's, weil ich ihm huld'ge. Mein Sklav bist du, du kannst keines Andern sein. Bezweifeln muß ich's. Wie? Ist nicht in meiner Macht Jene Schrift, die mit des Blutes Eignen Tropfen du geschrieben? Der Allmächt'ge, der Allgute, Welcher keinem andern weicht, Wird besiegen meinen Unstern. Auf was Art? Er ist allwissend, Hat des besten Mittels Kunde. Sie ist mein! Er ist allmächtig, Lösen wird er, was gebunden. Eher sollst in meinen Armen Als ein Leichnam du verstummen! Sie ringen. Großer Gott der Christen, höre, Wie in meiner Angst ich rufe! Er reißt sich los. Dieser gab das Leben dir. Mehr noch gibt er, denn ich such ihn. Beide auf verschiedenen Seiten ab. Saal im Palast des Statthalters. Der Statthalter tritt auf mit Fabius und Gefolge. Nun? Wie fingst du diese Rotte? Alle hatten ohne Sorgen In der Kirche sich verborgen, Wo sie dienten ihrem Gotte. Ich nun mit bewehrter Schar Ließ das ganze Haus umringen, Fing sie ein und ließ sie bringen In verschiedene Gewahr. Und bei diesem Überfalle Fing ich endlich mit den andern Auch Justina nebst Lysandern, Ihrem Vater, in der Halle. Wohnt nach Reichtum, Stellen, Ehren, Fabius, denn kein Wunsch in dir? Solche Nachricht bringst du mir, Ohne Dienstlohn zu begehren? Wenn du so mein Tun erhebest, Wüßt ich freilich wohl den Lohn. Welchen? Daß du deinem Sohn Und dem Florus Freiheit gebest. Scheinen muß es zwar, als sollte Ihre harte Straf allein Dieser Stadt ein Beispiel sein; Doch gesteh ich's nur: ich wollte, Fabius, zu ganz andern Zwecken Im Gefängnis sie ein Jahr, Um, als Vater, vor Gefahr Meinen Lälius zu decken. Florus, sein Rival, besitzt Mächtiger Verwandten viele; Und da sie zu einem Ziele Lieb und Eifersucht erhitzt, Fürchtet ich die Wiederkehr Von dem vorigen Verdruß, Und so faßt ich keinen Schluß, Bis vorbei der Anlaß wär. Deshalb sucht ich mit Begier Einen Vorwand aufzuraffen, Um Justina fortzuschaffen, Aber stets gebrach er mir. Doch da ihre Heuchelein Jetzt mir guten Grund gewannen, Nicht allein sie zu verbannen, Auch dem Tode sie zu weihn, Geb ich jene frei nunmehr; Drum zu ihrem Kerker eile, Fabius, und bring ohne Weile Lälius und Florus her. Für so seltner Gnade Pfand Laß mich deine Knie umfangen. Ab. Wohl! Justina ist, gefangen, Überführt, in meiner Hand. Worauf wartet meine Wut, Um den Frevel, von der Frechen Längst an mir verübt, zu rächen? Hand des Henkers soll ihr Blut Heut vergießen! – Zum Gefolge. Merkt die Worte, Die ich sag, und zaudert nicht: Schleppt sie her vor das Gericht, Zum Erstaunen diesem Orte. Einige aus dem Gefolge gehen ab. Mit dem Tode muß sie büßen, Ist sie nur erst im Palast. Lälius, Florus und Fabius treten auf. Sie, die du gerufen hast, Sind schon hier zu deinen Füßen. Ich, nur diesmal voll Verlangen, Als dein Sohn hier zu erscheinen, Sehe heut dich nicht als meinen Richter, mit des Schuld'gen Bangen, Nein, als zorn'gen Vater nur, Mit dem Bangen eines Sohnes, Der gehorchet. Üblen Lohnes, Da ich dein Gebot erfuhr, Muß ich, Herr, mich wohl versehen, Den ich nicht verdiente zwar; Doch ich biete dir mich dar. Lälius, Florus, eingestehen Müßt ihr, daß ich recht gehandelt, Weil ich, hätt ich euch verziehn, Vater nur, nicht Richter schien. Aber da ich weiß, es wandelt Sich der edlen Seelen Groll Schleunig um, und da zum Zwist Euch der Grund genommen ist, So begehr ich gnadevoll, Euch als Freunde zu verbinden; Und den festgeknüpften Bund Machet durch Umarmung kund. Hoch beglückt werd ich mich finden, Künftig Florus' Freund zu sein. Daß ich dein bin, geb ich Wort Dir und Hand. Sie umarmen sich. Ich will sofort, Dem vertrauend, euch befrein; Denn wie könntet ihr nicht wollen Freunde sein, da ihr vom Wahn Eurer Lieb euch abgetan? hinter der Szene. Flieht den Tollen! Flieht den Tollen! Was ist dies? Ich werd es sehn. Er geht an die Tür. Solch Getöse wird vernommen Im Palast? Wie kann das kommen? Großes muß gewiß geschehn. kommt zurück. Dies Getöse, Herr, verursacht (Hör ein seltsames Ereignis!) Cyprianus, der nach vielen Tagen, toll und sinnlos scheinend, Wiederkehrt nach Antiochia. Ganz gewiß hat seines Geistes Übermäßig scharfes Grübeln Diesen Zustand ihm bereitet. hinter der Szene. Flieht den Tollen! Flieht den Tollen! Cyprianus tritt auf, halb nackt, von einer Volksmenge begleitet. Niemals war ich noch so weise, Denn ihr andern seid die Tollen. Cyprianus, welch ein Treiben? Oberhaupt von Antiochia, Statthalter des großen Kaisers Decius; ihr, Florus, Lälius, Deren Freund ich war mit Eifer; Würd'ger Adel, großes Volk, Höret mich mit gutem Fleiße; Denn ich komm in den Palast, Mich euch allen mitzuteilen. Ich bin Cyprianus, ich, Durch Gelehrtheit, durch des Geistes Mächtigkeit der Schule Staunen, Wunder in des Wissens Reiche. Was aus allem ich gewann, War ein Zweifel; und dem einen Zweifel konnt ich nie entrinnen In dem Dunkel meiner Einsicht. Da sah ich Justina; plötzlich, Ihr nur meine Neigung weihend, Hieß ich die gelehrte Pallas Der verliebten Venus weichen. Abgewehrt von ihrer Tugend, Blieb ich dennoch ganz ihr eigen, Bis mein Liebeswahn, von jenem Äußersten zu diesem schreitend, Einem Gastfreund, dem das Meer Meinen Fuß zum Port erteilte, Für Justina bot die Seele; Denn er schmeichelte zu gleicher Zeit durch Hoffnung meiner Liebe Und durch Weisheit meinem Geiste. Dieses Mannes Schüler war ich, Dort im Waldgebirge weilend, Und ich danke solche Kunst Seinem tiefgelehrten Eifer, Daß ich kann von Ort zu Orte Selbst die Berge wandern heißen; Aber dennoch, kann ich gleich Jetzt so große Wunder leisten, Kann ich eine Schönheit nicht Auf der Sehnsucht Ruf herbeiziehn. Und der Grund, daß ich nicht kann Diese Wunderschönheit meistern, Ist, daß sie ein Gott beschützet, Den ich nach erlangter Einsicht Als den unermeßlich Höchsten Nun gekommen bin zu preisen. Jenen großen Gott der Christen, Ihn bekenn ich als den einz'gen; Denn obwohl ich jetzt der Hölle Als ihr Sklave bin leibeigen Und mit eignem Blut geschrieben Hab ein Unterwerfungsschreiben, Hoff ich's doch mit meinem Blute Bald als Martyr auszustreichen. Wenn als Richter jetzt die Christen Du verfolgst mit blut'gem Eifer: Wohl, ich bin's; dort im Gebirge Ward von einem würd'gen Greise Jene Weihe, so ihr erstes Sakrament ist, mir erteilet. Auf! Was harrst du? Laß den Henker Kommen, daß er mit dem Beile Mir das Haupt vom Nacken trenne Oder auf die strengste Weise Prüfe meinen Mut durch Martern; Denn gehorsam, ohne Weigern, Tausendfachen Tod erdulden Will ich, weil mir ward die Einsicht: Daß ohn ihn, den großen Gott, Den ich such, anbet und preise, Alle Glorien der Welt Staub, Wind, Rauch und Asche seien. Er fällt, wie ohnmächtig, mit dem Gesicht zur Erde. Solches Staunen, Cyprianus, Hinterläßt mir dein Erdreisten, Daß, auf schwere Strafen sinnend, Ich für keine mich entscheide. Fort! Steh auf! Er stößt ihn mit dem Fuß. Ohnmächtig ist er, Eine Statue schier von Eise. Justina wird gefangen herbeigeführt. Hier ist, hoher Herr, Justina. Sehen will ich sie nicht weiter. Lassen wir mit dem lebend'gen Leichnam sie allein verweilen; Denn so eingesperrt, verändern Ihren Sinn vielleicht die beiden, Hier einander sterben sehend: Oder, beten sie nicht meine Götter an, laß ich mit tausend Martern sie zu Tode quälen. Ab mit dem Gefolge und Volk. Schwankend zwischen Lieb und Grauen, Zitternd und verwirrt enteil ich. Ab. So viel leidet jetzt mein Herz, Daß ich nicht weiß, was ich leide. Ab. Ohn ein Wort enteilt ihr alle? Da ich freudig hier erscheine, Um zu sterben, weigert ihr Selbst den Tod, weil ich ihn heische? Indem sie ihnen nachgeht, stößt sie auf Cyprianus. Doch gewiß ist meine Strafe Die, hier eingesperrt zu bleiben Und langsamen Tod zu sterben In Gesellschaft einer Leiche, Denn ein Toter nur ist hier. – O du, der zurück schon eilte Nach dem Urquell seiner Abkunft, Glücklich du, wenn diesen freien Zustand dir der Glaub erwarb, Dem ich diene! aus seiner Betäubung erwachend. Stolzer Eifrer, Weshalb zögerst du? Soll noch Nicht mein Leben ... Er erblickt Justina und sieht auf. Gute Geister! Hier Justina? Kann ich's glauben? Cyprianus! Wer begreift es? Doch sie ist es nicht; aus Wind Schafft mein Hirn sich Gaukeleien. Doch er ist es nicht; Phantome Schafft die Luft, mich zu verleiten. Schatten meiner Phantasie! Blendwerk meiner Träumereien! Grauen meiner regen Sinne! Schreckbild meines schwachen Geistes! Was begehrst du? Was begehrst du? Jetzt ruf ich dich nicht; was leitet Dich hierher? Weswegen suchst du Mich? Jetzt nicht gedenk ich deiner. Nein, nicht such ich dich, Justina. Nicht auf deinen Ruf erschein ich. Wie denn bist du hier? Gefangen. Und du? Auch gefangen, scheint es. Doch, Justina, welchen Frevels Läßt sich deine Tugend zeihen? Nicht ein Frevel führt mich her, Nein, der Abscheu jener Heiden Vor dem Glauben an den Christ, Den als meinen Gott ich preise. Wohl ist's deine Pflicht, Justina; Denn er wacht – so mild erzeiget Sich dein Gott – zu deinem Schutze. Mache, daß er mir sich neige! Rufst du gläubig ihn, er tut's. Gläubig ruf ich ihn; doch leider, Obschon nicht ich ihm mißtraue, Macht mein schwer Vergehn mich zweifeln. Trau ihm! Ach! Unendlich ist Meine Schuld! Unendlich reicher Seine Gnade. Wird er Gnade Haben auch für mich? Ich weiß es! Wie? Wenn ich dem Satan selber Meine Seel als deiner Reize Preis verpfändet? Es gibt nicht So viel Stern' am Himmelskreise, So viel Funken in den Flammen, So viel Sand in Meeresweiten, So viel Vögel in den Lüften, So viel Staub im Sonnenscheine, Wie er Sünden kann vergeben. Ja, Justina, nicht mehr zweifl ich, Und ihm geb ich tausend Leben. – Doch ich sehe Leut erscheinen. Fabius bringt Livia, Moscon und Clarin als Gefangene herein. Geht hinein; mit eurer Herrschaft Sollt ihr hier gefangen bleiben. Wenn sie Christen wollen sein, Welche Schuld wird uns zu Teile? O genug! denn arme Diener Haben immer Schuld, und reichlich. Meine Flucht aus jenen Bergen Bracht aus Leiden mich in Leiden. Ein Diener tritt auf. Cyprianus und Justina Heißt Aurelius erscheinen, Der Statthalter. Mich Beglückte Führt dies zum ersehnten Heile! Sei nicht bange, Cyprianus. Glauben hab ich, Mut und Eifer; Denn, wofern von meinem Joch Mich des Lebens Preis befreiet: Sollte, wer für dich die Seele, Nicht für Gott den Leib verschreiben? Ich versprach dir Lieb im Tode; Und nun, da ich dir zur Seite Sterbe, Cyprianus, nun Geb ich dir, was ich verheißen. Justina, Cyprianus, Fabius und der Diener gehen ab. Wie zufrieden sie zum Tode Gehn! Sehr viel zufriedner bleiben, Denk ich doch, wir drei am Leben. Sehr viel nicht, denn zu entscheiden Bleibt ein Streit noch; und obwohl Dies der Ort nicht ist, da keiner Sonst sich findet, wär es unrecht, Jetzt die Zeit nicht zu ergreifen. Welcher Streit? Ein ganzes Jahr War ich ... Sprich! Abwesend, leider, Und ein ganzes Jahr war Moscon Ungestört dein Herr und Meister; Und nun, nach Verhältnis, mußt du, Um den Nachteil auszugleichen, Mir ein andres Jahr gehören. Also kannst du von mir meinen, Daß ich dich beleid'gen würde? Alle Tage, da mir Weinen Zukam, hab ich ganz durchweint. Zeugnis muß ich ihr erteilen: An dem Tage, der nicht mein war, Hielt sie deine Freundschaft heilig. Unwahr! denn sie weinte nicht, Als ich heut zu ihr hineinging In ihr Haus; und dort, bei ihr, Fand ich dich, ganz seßhaft weilend. Aber heute war kein Bußtag. Ja, er war's; denn ohne Zweifel War der Tag, da ich verschwand, Eben mein. Du irrst handgreiflich. Klar ist mir der Grund des Irrtums, Denn ein Schaltjahr war's; drum bleiben Sich an Zahl die Tage gleich. Nun, ich will nicht länger streiten; Denn nicht alles ja ergründen Soll der Mensch. – Doch, welch ein Treiben? Es erhebt sich plötzlich ein heftiges Ungewitter. Der Statthalter und Gefolge treten auf; dann nacheinander Fabius, Lälius und Florus, alle in großem Schrecken. Nieder stürzt das ganze Haus! Welcher Lärm! Welch Wunderzeichen! Weh! Aus allen seinen Fugen Scheint des Himmels Bau zu weichen! Blitz und Donner. Kaum, auf jenem Blutgerüst, Fielen unterm Henkersbeile Cyprianus und Justina, Als die Erd in wildem Kreisen Bebt' und schwankte. Eine Wolke, Deren brennend Eingeweide, Als entsetzliche Geburt, Schleudert Blitz' und Donnerkeile, Sinkt auf uns herab. Ein greulich Mißgestaltet Scheusal steiget Draus hervor auf dem beschuppten Rücken einer Schlang und scheinet, Niedersinkend aufs Schafott, Ringsum schweigen uns zu heißen. Der hintere Vorhang geht auf. Man erblickt das Schafott mit den enthaupteten Leichnamen und den Dämon auf einer Schlange, über demselben schwebend. Höret, Staubgeborne, hört, Was die Himmel von mir heischen, Zur Verteidigung Justinas Kundzutun dem Erdenkreise. Ich war's, der in Truggestalt, Ihre Tugend zu begeifern, Einstieg in ihr Haus und wagte Selbst in ihr Gemach zu schleichen. Und um ihren reinen Ruf Der Entwürd'gung zu entreißen, Komm ich nun, als Wiederbringer Ihrer Ehr, auf solche Weise. Cyprianus, der bei ihr Ruht, ein Monument des Heiles, War mein Sklav; allein, vertilgend Mit dem Blute seines Leibes Die mir ausgestellte Schrift, Hat er jenes Tuch gebleichet: Und die beiden, mir zum Gram Zu den höchsten Sphären steigend, Bis zu Gottes heil'gem Thron, Leben jetzt in besserm Reiche. Dies ist Wahrheit, und ich selbst Sage sie, weil Gottes eigner Wille sie zu sagen zwinget Mich, dem sie so wenig eignet. Er versinkt in die Erde. Welcher Schrecken! Welches Graun! Welches Wunder! Welche Zeichen! Alles dies sind Zauberkünste, Die der Magus dort verscheidend Noch bewirkte. Ich weiß nicht, Soll ich glauben, soll ich zweifeln. Staunen muß ich, nur es denkend. Ich will dieses nur entscheiden: War ein Magus der, so war Magus er vom Himmelreiche. Nun, beiseite lassend unsrer Wohl verteilten Liebe Zweifel, Fleht, dem wundertät'gen Magus Seine Fehler zu verzeihen.