Friedrich Rudolph Ludwig Freiherr von Canitz Geistliche Gedichte Das Neue Jahr Sonnet So bleibt auf ewig nun das alte Jahr zurücke: Wie theilt der Sonnen Lauff so schnell die Zeiten ab! Wie schleppet uns so bald das Alter in das Grab! Das heißt wol schlecht gelebt die kurtzen Augenblicke, In welchen viel Verdruß, vermischt mit schlechtem Glücke, Und lauter Unbestand sich zu erkennen gab! Das heißt wol schlecht gewohnt, wenn uns der Wander-Stab Nie aus den Händen kömmt; Wenn wir durch List und Stricke Hinstraucheln in der Nacht, da wenig Licht zu sehn, Und Licht, dem allemahl nicht sicher nachzugehn! Denn, so der Höchste nicht ein eignes Licht will weisen, Das, wenn wir uns verwirrt, uns Sinn und Auge rührt, Ist alles Licht ein Licht, das zur Verdamniß führt! O gar zu kurtze Zeit! O gar zu schweres Reisen!