Chios 1 Der Dichter »Auf! wach auf! entsetzlich müssen Fieberträume dich erschrecken, Krampfhaft stöhnst du, – laß mit Küssen Dich dein treues Weib erwecken.« – Dank dir, Weib; verscheuchst die bangen Träume, hegst mich traut umfangen, Und noch starrt mein Haar empor; Noch, wohin die Blicke schweifen, Seh ich blut'ge Leichen schleifen, Schwebt der Greuel Bild mir vor. Dieses Buch 1 – es ist vergebens! Laß an deiner Brust mich weinen, Nimmer wird die Lust des Lebens Wieder lächelnd mir erscheinen. Chios, blühnder Friedensgarten, Weh! du unterliegst dem harten, Dem entmenschten Blutgericht; Deine neunzig tausend Bürger Sind erwürgt, es zürnt der Würger, Daß an Opfern es gebricht. Allah! ruft der Moslim, hauet Greise nieder, Kinder, Frauen; Christus! ruft der Raja, schauet Himmelwärts mit Hochvertrauen; Er begehrt die heil'ge Palme; – Menschen mähet der, wie Halme, Jauchzet auf, ob Allahs Sieg. – Das ist zu des Himmels Rache, Das ist für die heil'ge Sache Völker- und Vernichtungskrieg! Die dem Wüterich zu Willen Christensklaven hier verladen, Schnöden Goldesdurst zu stillen Sich in Blut und Tränen baden, Die nach Stambul blut'ge Glieder Liefern der erschlagnen Brüder – Weh mir! – sind – o Schand und Spott! Wagt mein Mund es auszusprechen? – Franken sind es, und die Frechen Nennen Christum ihren Gott. Und die Pairs von Frankreich haben Eines hohen Rats gepflogen, Solcher Schandtat, solchen Knaben Recht und Strafe zugewogen. Du – Villele, sollst mir sagen, Der den Rat zu unterschlagen Du dich nicht entblödet hast: Kennst du noch des Schlafes Mächte? Nicht die Träume meiner Nächte Tauscht ich gegen deine Rast! Fußnoten 1 Pouquevilles »Geschichte der Wiedergeburt Griechenlands«. VI. Buch.