Aus ihrem Tagebuche »For thou hast been As one, in suffering all, that suffers nothing« Hamlet. Seit Du mich verlassen Ersticke ich schier In meinen Gemächern. Wo Alles mich mahnt An das Vergang'ne, Und Deine Gestalt – Wohin ich nur blicke – Entgegen mir tritt, Wo Alles noch spricht Mit einer Stimme So wohl mir bekannt, In einer Sprache, Die Niemand versteht, Als meine Seele ... Wo für mich noch weht Der Hauch Deines Athems, Wo für mich noch schwebt Der Duft Deiner Locken; Wo für mich noch bebt Im Ticken der Uhren Ein ruhiger Pulsschlag Der schlanken Hände, Die auf meinem Haupt Nur flüchtig lagen Oh flüchtig und kühl, Als Du mich verlassen Für alle Zeit! ... Wüßt' ich nur einmal Dich noch zu finden So wie Du gewesen, Als ich Dich sah Am ersten Tage. Ich würde gehen Dornige Wege Mit nackten Füßen Und blutigen Sohlen, Stumm, ohne Klage ... Ich würde Dich holen Aus Noth und Elend, Dein Heil erflehen, Deine Sünden büßen! Wüßt' ich nur einmal Noch so Dich zu sehen Wie Du gewesen Am ersten Tage, Ich würde suchen Suchen ... suchen ... Aber ich weiß es, Wenn ich Dich finde, Bist Du ein Andrer, Bist wieder so hart Wie an dem Tage, Als ich Dich gesehen Zum letztenmal. So bist Du ein Andrer! Dein schönes Haupt Ruht an einem Herzen, Das nimmer Dich liebt, Das nicht an Dich glaubt. Du lebst in Qual, Nichtswürdige Schmerzen Verzehren Dich, Du fühlst, es giebt Für Dich keinen Frieden, Du fühlst, es wich Dein Glück, seit wir schieden. Ich aber, die stumm, Ohne Hoffnung und Trost, Gesucht Dich ... gesucht Und endlich gefunden – Ich stehe wiederum Einsam, verstoßen, Vor Deinem Haus, Vor Deinem Herzen – Verstoßen ... einsam! Oh fehlte nur Erinnerung an die Stunde, Die ich verlebt in fieberndem Entzücken, Entgegenträumend Deinen ernsten Blicken, Dem Druck der Hand, dem Wort aus Deinem Munde. Und nun liegt Alles todt auf tiefstem Grunde, Das ganze Traumglück sah ich Dich zerstücken, Und uns zusammen führen keine Brücken ... Oh fehlte nur Erinnerung an die Stunde! Wenn in dieses Sterben Der Glocke Schall Oft plötzlich tönet, Dann fliegen die Pulse, Mein mattes Herz Erzittert lauschend, Als stünde das Leben Vor meiner Thür Und trüge versöhnt Deine schönen Züge, Die nur im Traum Mich zärtlich grüßen. Jäh ist mir manchmal durch den Sinn gegangen, Was wohl geschieht, wenn wir uns nun begegnen? Ich dachte mir, ich könnte Dich nicht segnen, Wenn Deine Augen fremd an meinen hangen. Doch als Dein kalter Blick jetzt traf den meinen, Da schwankten rings die Menschen, Häuser, Gassen, Ich aber wollte Deine Hand erfassen, Anklammern mich und weinen, laut aufweinen ... Die Welt ist so groß – Leicht kann sich verbergen Ein trauerndes Weib. Wir können nicht weilen Am selben Ort, Es giebt kein Meiden. Mir unbewußt führt Mein Herz mich die Wege, Die täglich Du gehst. Und still wie Dein Schatten Folg' ich Dir nach Und bebe zusammen, Wenn träumend oft hängt Dein prüfendes Auge An einem Antlitz. In Jugend und Schöne, Lächelnd, blühend, Wie vormals das meine. Die Welt ist so groß, – Leicht kann sich verbergen Ein glückloses Weib.