Dritte Rolle Verliebter Gedanken, oder Zunder Unversehener Zuneigungen An Ihro Gn. Fraülein Catharina geb. Fraülein von Bössin Fraülein voller Hurtigkeit, Charithea unsrer Zeit, Derer Tritte, Blick und Sachen Alle Gratien belachen. Eurer Anmuth süsse Macht Hat mich auf das Seil gebracht: Daher trag ich ungebeten Catharina Eure Keten. Ob es Ernst ist oder Schimpff Weiß ich voller Treu und Glimpff Euch nicht auf der Post zu sagen: Göttin, ihr must Euch drum fragen. 1. Das Härteste, das Hertzlichste Wann unsre Hertzen ich mir bilde, Göttin, ein: Ist deines und zugleich auch meines wie ein Stein. Zwar deins, weil es die Angst des Meinen nicht erwegt, Und meins, weil es den Grimm des Deinen so erträgt. Jedoch, bedenck ich ie mein Leiden umb und an, Das du mir schickest zu, und ich ertragen kan: Fält grosses ungleich für. Dann sind die Hertzen Stein, Ist es, daß mein an Treu, das Dein an grausam seyn. 2. Biß auf den Mund Alles, was ich seh an dir, Deiner Stellung, Wonn und Zier: Deiner Wangen freundlich Lachen, Wann sie Rosengrüblein machen, Deiner Augen Schertz und Spiel, Wann sie sind der Meinen Ziel: Deiner Lippen lieblich Küssen, Wann sie sich zusammen schliessen: Deiner Hände Deuteley: Deiner Füsse Schockeley: Aller deiner Glieder Sitten, Wenn sie mich sehn dich so bitten; Nymphe, sprechen sämmtlich Ja: Nein, spricht blos der Mund allda. Wann es sol zum halten kommen, Daß er müste gar verstummen. 3. Kleider Sprache Wie daß die Göttin ihr die Farbe hat erkiest, In die das schöne Reich der Lufft gekleidet ist. Bedeut es Hoffarth? Nein. Dann sie ist allen gut: Bestand? Nein. Dann sie braucht in etwas Wanckelmuth. Geht es auf Eyfer? Nein. Dann ihr gilt alles gleich. Auf heimlich Leiden? Nein. Dann sie ist sonst so bleich. Ich deute diese Farb auf Freud und Hoffnung mir, Denn eines Theil spielt blau, das andre grün herfür. 4. Ie heimlicher, ie inbrünstiger Deine Hand wie Marmorstein Fügst du ja der meinen ein: Und erlaubst mir sie zu küssen, Wilst sie auch drauf stärcker schlüssen. Heimlich läst du dis geschehn, Wann uns niemand kan zu sehn: Bald hast du sie ausgewunden, Wann sich iemand beygefunden. Fraülein, es gefält mir wol, Daß es niemand wissen sol, Wie wir miteinander stehen, Laß mich, laß mich weiter gehen. Diese Freyheit deiner Hand Sey und bleibe mir bekannt, Biß du sie wirst, o mein Leben, Einem vor dem Priester geben. 5. An die Augen der Gegen über stehenden Göttin Allezeit lichte bey dieser Sonnen Ihr könnt mir Himmel und zugleich auch Hölle seyn: Ihr schönen Augen ihr durch euern Glantz und Schein, Schaut ihr mich gnädig an, seh ich den Himmel offen, Schaut ihr mich zornig an, hab ich die Höll antroffen. Hier Pein, und dort ist Lust, doch wil mit euch in Pein Ich lieber als ohn euch in Lust und Freude seyn. 6. Hertze, der beste Spiegel Weil ihr vor dem Spiegel steht, Und mit ihm zu Rathe geht, Fraülein, habe ich euch erschlichen, Drüber etwas ihr verblichen. Über Eurer Achsel hin Seht ihr mein Gesichte ziehn In des Spiegels reinen Plätzen Sich zunechst an Eures setzen. Das entsetzen ließ ja nach, Weil mich Euer Mund besprach, Daß vom Putzen auf der Stellen Ich ein Urtheil solte fällen. Zier und Antlitz voller Schein, Fraülein, sprach ich, treffen ein: Aber kehrt der Augen Kertzen Dort in Spiegel, hier zum Hertzen. 7. Der Sonnen und Augen Vergleichung Wie der Sinn, so die Sache Die Sonn ist hell und klar, auch deiner Augen Licht, Die Sonne brennt die Welt, dein Augen kühlen nicht; Die Sonn ist hoch und groß, dein Augen sind erhaben; Die Sonne liebt das Gold, dein Augen goldne Gaben; Ist gleich die Sonne so, doch sol sie fleckicht seyn; Sind gleich dein Augen so, ist doch was falsch ihr Schein. 8. Der beste im Hause der Wirth Auff einen Handschuch Herberg einer schönen Hand, Zarter Finger Wohn Gebaüde, Sonnenschild, mein Ehr und Freude, Welch ich diese Nacht erkannt. Handschuch, weil du diese Nacht Mein Anfechtung bist gewesen, Hast du besser zu genesen In die Heimath dich gemacht. Wann du heimkommst, sprich zu ihr, Fraülein, nehmt mich an in Gnaden, Gieng es euch, wär es ohn Schaden, Gleich auch diese Nacht, wie mir. 9. Eine Schnure Schmeltz Glaß Überall seh ich meinen Fall Du Schmeltz Glas schwartz als Pech, das du umkettelt hast Die Lilgen weisse Hand, und zehnmal umgefast: Ich zürne doch mit mir, ob meiner Farbe du, Die mein Betrübnüs zeigt, gleicht triffst am nechsten zu: Nicht mache dich so groß: Du bist und bleibest Glas: Die Reiffen sind zu schlecht umb ein so edles Faß. Ach Göttin! Diese Schnur erkieß ich nicht umbsonst, Die Farb ist meine Pein, das Glas ist deine Gunst. 10. Über einem Pistol Schuß Verschonen heisset Straffen Göttin, ist das Recht gethan Weil ich auf und nieder gehe, Und am Fenster stille stehe, Stellest du dich Seiten an. Höfflich redest du mit mir, Als ich mich zu dir wil bücken, Reicht dein Knabe hinterm Rücken Ein gespanntes Hand Rohr dir. Eh, als ich nehm es in acht, Giebst du Feuer. Ach! Der Laugen! Fenster aus vor meinen Augen, Daß es auf dem Marckte kracht. Aber, was ist dieser Schuß? Deiner Augen Blicke machen, Daß ich stündlich sonder Krachen Hundertmal vergehen muß. Kan dein Liedermacherlein Göttin, eine Gnad erwerben: Laß mich ungemartert sterben, Her Rohr. Weg der Augen Schein. 11. An eine Kette und Armband Wer frey ist, ist am minsten frey Warum schleust du den Hals und deine weisse Hand An diese goldne Kett', an dieses goldne Band? Indem du dich geziert, und gehest wie gefangen, So führst du mich herumb, und bindest mein Verlangen. Die Schönheit ist mein Joch. Drumb ist es recht gethan, Daß ich, und nicht daß du die Ketten trägest an. 12. Im Mittel das Beste Nymphe, weil ich werffe mich, Dir gebückter vor die Füsse: Und den Saum des Rockes Küsse, Ey so laß erbitten dich. Zwar, du wilt mit deiner Hand Von der Erden mich aufheben, Mit ein schönes Antlitz geben: Doch dein Hertz ist unverwand. Nun ein Circkel ist der Saum: Drüber wolt ich gerne kommen, Davon hast du nichts vernommen, Drumb erlang ich da nicht Raum. 13. Aus wiedrigem größere Vereinigung Ihr Sinn ist voller Eyß, ihr Augen voller Glut, Voll Feuer ist mein Sinn, mein Augen kalt wie Fluth. Das macht, daß seinen Sitz der Gott der süssen Schmertzen Bey ihr in Augen hat und bey mir in dem Hertzen. Ach! daß er wechseln wolt, und nehmen sonder Pein In ihr das Hertze zwar, in mir die Augen ein. 14. Der Liebe Azoth Göttin, du bist Stall und Stein, Sol ich meine Lieb und Pein In dein hartes Hertze graben, So muß ich was härters haben. Was ist härteres als du: Das mich reitzt so starck dazu. Es sind die standhafften Flammen, Die aus Witz und Tugend stammen. Es bringt einen Azoth mir Die Beständigkeit herfür: Der wird dich voll Lieb und Lachen Rauer Felsen mürbe machen. Und so mürbe, daß man mich Göttin, oder selber dich, In dir würd abdrucken können, Doch du must mich lieb gewinnen. 15. Haus Diebe, Haus Verräther Wie artig ist mein Schalck. Sie nahm ihr goldnes Haar, Druckt es an Mund, und warff dadurch der Augen Paar: Nicht Haar, vielmehr ein Netz: in dem ich mich verfitzt, Dadurch viel tausend Blick auf mich gefach geplitzt. Nicht Netz, ein schlauer Raub: weil sie durch diesen Strahl Mir Hertze, Seel und Muth und Sinn u. Leben stahl. Niemand nahm es in acht. Nun es hat keine Noth, Der Diebstahl ist entdeckt. Wie? Sie ward drüber roth. 16. Alles auf Eines So viel Wellen in der See: Wann die Fluth steigt in die Höh, So viel Stern in hellen Nächten: Derer Zahl nicht zu verfechten. So viel Blätter in der Welt, Wenn der Herbst sie runter fält; So viel Stipchen in der Sonnen, Wenn der Ausfluß kommt geronnen. So viel Anschläg auf der Post, Wältz ich täglich in der Brust: Ist ein Anschlag doch vor allen, Denn bloß dir wil ich gefallen. 17. Von seinem Feuer. Das Leben komt vom Tode Wann durch der Flammen Krafft der Phoenix sich gebiert, Sehn wir, daß die Geburt von seinem Sterben rührt. Aus seinem Grabe kan sich seine Wieg erheben, Aus seiner Asche springt und bricht hervor das Leben. So sterb und leb ich auch. Es machen mich, o Noth, Dein Augen lebendig, mein liebes Feuer todt. 18. Ohne Nachtheil Weil die Angel offen stunden, Hab ich mich zu euch gefunden: Fraülein, in der Kammer Thür, Euer Mensch verrieth sie mir. Fangt nicht auf sie an zu schmähen, Denn ich habe nichts gesehen, Als wie ihr des Todes Bild In den blossen Armen hielt. Ich zog ab den leisen Fuß, Legt aufs Bettuch einen Kuß: Eh auch Euch was solte wecken, Wolt ich Euch selbst selbst zudecken. 19. Kein Rath ohne Liebe Wann ich nicht bey dir bin, lieg ich in solcher Noth, Als einer, welcher stirbt und ringet mit dem Tod: Und komm ich ie zu dir, so kan ich nicht bestehen, Und sterbe so dahin, und kan doch nicht vergehen: Mein Abseyn kräncket mich von Liebe gegen dir, Dein Beyseyn tödtet mich durch Härte gegen mir. 20. Vergessenheit. Des Liebhabers beste Tugend Fraülein, wie viel Lieder ich Dir geschrieben, dir gesungen, Muß ich doch geseegnen dich, Weil mein Unglück mich gedrungen. Bisher hat die treue Hand Deines Knechtes dich erhaben, Bisher hab ich dich genannt, Und gepriesen deine Gaben. Numehr wirst du, schönstes Licht, Meiner gantz und gar vergessen, Numehr wird sich dieser Pflicht Mancher Held und Gast vermessen. Castalis ist ja vor dich: Du wilt mir aus Lethe schencken: Beyde heissen dich und mich, Fraülein, dencken und nicht dencken.