2. Klaglied Das Gebet im Garten Es war nun umb die Nacht und umb das volle Liecht, Der Monde wich' am Glantz auch schier der Sonnen nicht. Sie stehen auff, der Herr selbst vierter ist verschwiegen Den Oeleberg hinauff sehr hoch betrübt gestiegen, Den Berg, der ausserhalb der Stadt viel Oele trägt, Vnd eine Garten-Lust auff seinem Gipffel hegt. Hie ist zu weinen fug, hie irrt ihn kein Getümmel, Die reinen Hände hebt er hie empor gen Himmel. Er denckt an die Gestalt der tausendfachen Noht, Schmach, Geisseln, Backenstreich, Creutz, Dornen, Bande, Tod. In dem er nun beginnt der Laster Grimm und Grawen, Die sein unschuldigs Haupt ihm drucken, anzuschawen, Erseufftzt er tieff, sein Hertz ist Angst und Schreckens voll, Durch Trawrigkeit, die Gott auch selbst empfinden sol. Sein Leib muß Schweiß, sein Häupt viel Trhänen ihm gewehren, Der Schweiß war aber Blut, Blut waren auch die Zähren. Wo Vater, spricht er: dich je Blut versöhnen kan, Schaw her, dein lieber Sohn vergeust es, nimm es an. Legst du das höchst' auff mich? hier ist das höchste Leiden, Aus dessen Furcht ich auch von hinnen schier muß scheiden. Doch ist der Schweiß nicht gnug, versöhn' ich erst durch Blut, Das Geisseln sampt dem Speer vergiessen, deinen Muth? Hie bin ich; wenn man mich auch wird getödtet haben, So mag der Spies mein Hertz ausleeren und durchgraben. Der Vater selbst erbarmt sich über seinen Sohn, Schickt einen Engel her von seinem hohen Thron, Der ihn sol trösten, ihm sol trucknen seine Wangen, Von dem er doch dabey ein hart Gebot empfangen. Was holst du, Christe, Trost vom Himmel? hat denn Gott Nicht Krafft gehabt behertzt zu leiden diesen Todt? Ich merck es, ach! Du wilst dir selber Trost versagen, Auff daß du kanst Gedult mit unsrer Schwachheit tragen.