Karl IX. nach der Bartholomäusnacht Der König Karl war leichenfahl: Er wankte durch den leeren Saal. »Wie lang doch eine Novembernacht, Wenn man sie einsam still durchwacht! Wie flog die gestrige vorbei Mit Schießen und brüllendem Mordgeschrei! – Ich kann nicht Menschen um mich haben: Sie riechen nach Blut wie Leichenraben. – Bei dem ersten Rapport, – wie dem schwarzen Tavannes Schon das Blut so rot aus dem Barte rann! Und zu neuem Jagen lief er fort, Seine gellende Losung: ›Tod und Mord!‹ Und des jungen Guise zerkratztes Gesicht! Er lachte: ›Das half der Ketzerin nicht! Ich hab' sie gezwungen und dann erschossen!‹ Daß er mir's erzählte, das hat mich verdrossen: Und wie in die Seine sprangen zwei Schwestern – –: Ich kann sie nicht sehn, die Genossen von gestern. Wenn nur die Sekunde vorüber wär', Da die Glocke des Louvre, dumpf und schwer, Das Zeichen gab, wie wir's ausgemacht: Das war ein Viertel vor Mitternacht: Wie rasch gleich drauf das Pistol gekracht! – O Mutter, ich wälz' es auf dein Gewissen! Du hast an der zögernden Hand mir gerissen! Ich wollte nicht dran! – Es ward mir bang: – Du schobst in die Faust mir den Glockenstrang Und zerrtest mich plötzlich ... – Horch! Welch' ein Klang! – Hui weh! Da schlägt es Dreiviertel! – Weh! – Rings blutige Schatten, wohin ich seh'! Luft! Luft! Ich ersticke! Rings wirbeln Gespenster! Rasch auf mit dem Laden! – Weh, das ist das Fenster: Hier schoß ich heraus! Angoulême lud! – Was wirbelt herein wie Nebelflut? Aus dem Nebel schwillt eine weiße Gestalt –: Ach, ich kenne dies Haupt mit dem klaffenden Spalt, Mit den rieselnden Wunden ohne Zahl – Mit dem silbernen Haar! – Ich nicht, Admiral! Der Guise war's und Paul Medici, – Ich war nicht darunter, Coligny! Er greift mich! Zu Hilfe! Wachen, herbei!« – – Durch das schweigende Louvre schrillt sein Schrei. – – Der König hat nach dieser Nacht Nicht eine mehr allein verbracht: Zumauern ließ er das Erkerfenster: Doch es schwebten durch Ziegel und Kalk die Gespenster, Und sie haben ihn blaß und schweigend umschwebt In jeder Nacht, die er noch gelebt. – –