1 Vielleicht, weil's heute draußen schneit, Fühl' ich mich so elegisch weit. Der Winter ist's, der Seelen weckt Und nicht allein den Dreck bezweckt. Im Sommer war man draußen heiter, Und davon ward der Körper breiter, Man saß im Garten bei dem Bier Und legte von sich alle vier; Im Winter aber schön bescheiden Hält man sich zu den Eingeweiden; Die Seele, die im Leib verschlossen, Wird jetzt so seelenvoll genossen. Doch Menschen, die von heute sind, Kennen die Seele nur als Kind. Wir sind ein seelenlos Geschlecht, Und keine Gottheit macht's uns recht; Doch immer hab' ich's so gefunden: Der Mensch hat seine schwachen Stunden, Sie lassen keinen ungeschoren, Sie sind uns einfach angeboren. Die Seele läßt sich nicht verneinen, Und kommt sie, will sie bei dir weinen. Doch uns Modernen heutzutage Uns ist die Seel die größte Plage, Wir haben für die schwächsten Stunden Als Wehr den Übermensch erfunden. Wir sprechen, wenn wir seelisch sind, Gar sehr bedeutend in den Wind Und fragen nicht, warum und wo, Denn es gehört sich einmal so. Und anders wär es gar zu schwer, Weil es ja dann nicht seelisch wär; Meist ist der Schluß vom Seelischsein, Man legt sich ab und fühlt sich rein. Und da ich heute mal so bin, Sagt meine Seele: »Gehe hin, Bekenne, wie es dir gegangen; Ein großer Dieb wird nicht gehangen, Es hört dich nur dein Schreibpapier, Stuhl, Feder und die Tinte hier; Und willst du dir nicht alles schreiben, So kann ja manches unterbleiben. Du deutest es nur an von ferne, Geheimes denkt sich jeder gerne; Von allen die dich lesen werden, Macht's jeder, wie er muß, auf Erden.« Ich sprach zu meiner hohen Seele, Daß sie mir ganz die Ruhe stehle, Sie möchte mir das Schreiben lassen; Doch mit der Seel war nicht zu spaßen, Die hohe Seele sprach nur wieder: »Schweig, Balthasar, und setz dich nieder!« Ich, Kaspar Melchior Balthasar, Setzte mich hin und schrieb, wie's war. Mein Schreiben stündlich mich erfreut, Wenn man erwartet, daß mich's reut.