Zweiter Traum Holder Sänger der Nacht! Schön ist im bebenden Mondenschimmer dein Lied, wenn der gelinde West Sich im sprossenden Wipfel Kühler Maiengebüsche wiegt, Wenn die Gegend umher duftender Knospendrang Still durchathmet, und nur, nur der entfesselte Fernher lispelnde Waldquell Deiner Kehle Begleiter ist. Schön ist, Sänger! dein Lied. Aber wer horchet ihm? Buchen ragen um dich, ragen, und horchen nicht. Hügel steigen um dich her, Triften liegen, und horchen nicht. Taub ist alles und todt. Ungehört, unbelohnt Strömt dein heller Gesang dennoch die Nächte durch, Federbarde, Verschwender Deiner göttlichen Liederkraft! Auf, und hasse den Hain ohne Gefühl und Dank! Auf, und lenke den Flug milderen Gegenden, Und verdienteren Zeugen Deiner reizenden Künste zu! Wo manch dürstendes Ohr, Sänger! dich ganz versteh't; Wo manch fühlendes Herz deinem Geseufze schmilzt, Und vom zärtlichen Auge Deinen Klagen entgegenthau't. Oder liebst du den Hain ohne Gefühl und Dank, Willst du bleiben, so schweig', schwelge dich satt und fett An dem Sommergewürme, Buhl' und schnäble die Tage durch, Und durchschlumm're die Nacht an der gefälligsten Freundinn Seite! Warum folgtest du, Sänger! nicht Andern Vögeln des öden Haines ohne Gefühl und Dank? – Doch du bleibest und ström'st deine Gesänge fort, Hör'st mein Warnen nicht an. Ha, ich verstehe dich! Zeugen sind dir entbehrlich, Federbarde! Du sing'st für dich. O so singe denn fort, sicher der Göttlichkeit Deiner Klänge! Geneuß einsam, geneuß dich selbst, Bis mit klügeren Sängern Dich dein Winter verstummen heißt!