Auf den Oberdruiden an der Rur 1 Gerne schwindet Sined In des Mondes kühlen Wandelstunden Aus dem lauten Kreise seiner Freunde weg; Nur gefolgt von seinen Liedern Sucht er stille Lindenwipfel 2 , Unter welchen seine Seele Mit entferneten Geliebten Sich bis hin zur Mitternacht ergeht. Da lächelt oft vom Ufer, wo die Rur Sich in die Maas verströmt, ein hohes Bild Im Oberpriesterschmucke sanft auf ihn; Da kehren Tage, die zur Ewigkeit Hinüber sind, vor seinen Geist zurück. Sein Busen schwillt empor. Er wendet sich Nach seinen Liedern um, und spricht entzückt: Dort, Kinder meines Herzens! dort seht ihr ihn Den ehrenvollen Bardenbegünstiger, Durch den ihr seyd, auf dessen Zuspruch Zögernden Lippen ihr euch entrisset, Dem Veilchen ähnlich, welches in Erde schlief, Und jetzt den Ruf des Flurenermunterers Des Lenzes höret, und den blauen Busen der suchenden Jugend aufthut. Hier unter diesen Linden erging er sich In Mitte seiner Sorgen. Ein wichtiges Geschäft zum Wohl der Folgezeiten Hatte die Fürstin ihm aufgeladen, Die Zucht der Heldenkinder. Noch war't ihr nicht, Noch scholl im Opferkreise der feiernden Druiden nicht, und nicht im Mahle Spiegelnder Helme der Name Sined. Da sah er mir ins Auge. Dein Blick verräth In deinem Busen lodernde Bardenglut. So sprach er: Weile nicht in helle Flammen die lodernde Glut zu fachen. Ein Loos von oben war mir des Weisen Rath. Ich thats. Ihr wurdet, Lieder! da gaben mir Die Barden Eichenkranz, und Rhingulph Namen 3 , und Ehre mein Volk, und Beyfall. Und er der Weise freute der Wege sich, Die Sined ging zum Ruhme. Durch ihn erschwang Sich mein Gesang und meiner Harfe Lispel zu Menschengebieterohren 4 . Und nun geneußt er seiner Verdienste Lohn In jenen Fernen; aber er freut sich noch Der Wege Sineds, liebt euch, Lieder! Wenn ihr sein hohes Gewölb' besuchet. Ha! sind auch deiner Liebe, mein Vaterland! Die Lieder würdig, welche dir Sined singt, O so vergiß es nie: die Lieder Bist du dem Oberdruiden schuldig. Vermöchten meine Saiten ein Denkmaal ihm Zu stiften, welches Zeiten besiegete, Mit ihrem grossen, hellen Auge 5 Sähe die Mitternacht jetzt es werden. Die Dankbarkeit ist frommer Barden Pflicht; Zum Harfenspiele, das sie nicht bewohnt, Gab ein vom Blitz entflammter Baum das Holz, Die Saiten ein vom Wolf' erwürgtes Lamm. Fußnoten 1 Heinrich Joh. von Kerens, Bischoff von St. Pölten, Vorsteher des k.k. Theresianums. 2 Ein Schattengang im Garten des Theresianums. 3 Rhingulph war der erste, der dem Barden den Namen Sined beilegt. 4 Er empfahl unsern Dichter der Monarchin. 5 Dem Monde.