3. An Nikolaus Lenau – Geschrieben zu Ischl, Juli 1841. – Du bist es, Schwan der Magyaren, Du mit der liederreichen Kehle? Mann, schwarz von Augen, schwarz von Haaren, Schwarz in der schmerzenreichen Seele? Ja, das sind die Mephisto-Falten, Die auf der Stirn zusamenlaufen, Aus diesen Blicken flammt verhalten Savonarolas Scheiterhaufen! Und darum bist Du fortgeschwommen Durch der Atlantis blaue Wogen, Darum verwundet heimgekommen, Wohin Dein Herz Dich heiß gezogen, Daß hier im stillen Alpentale Dein volles Leben sich verblute Und – kaum geküßt vom Sonnenstrahle, Hinab ins Meer des Todes flute? Was willst Du in den engen Bergen, Auf diesen Seen voll Grabesfrieden, Genüber jenen Menschen-Zwergen, Von Deines Gleichen abgeschieden? Du selbst ein Gletscher, ragest mächtig Doch kalt und einsam in die Höh' Und spiegelst Dich mild und bedächtig In Deiner Lieder grünem See. Komm, flieh ein Land, wo sich die Dichter Verleugnen müssen und verstecken, Wo Mönchsgezücht und Hofgelichter Den Staub an Kreuz und Szepter lecken, Wo nur die sinnliche Begierde Nach neuen Opfern täglich schmachtet, Und was sonst gilt als Volkes Zierde Zertreten wird und roh verachtet. Die Seele gib, die zweifel-kranke, Nur preis den Strömungen des Lebens! Erhellen wird sich Dein Gedanke Im Spiegel des verwandten Strebens, Du wirst nicht säen bloß, auch ernten, Dein Ruhm tritt für die Heimat ein, Und die Dir jetzo die Entfernten, Sie werden Deine Nächsten sein! Schüttle den Staub von Deinen Schwingen Und eil dem Bann Dich zu entraffen, Du sollst uns noch was anders singen Als immer Faust und Papst und Pfaffen! Steig mit den Lerchen, mit den Aaren, Was schert der Kauz Dich und die Eule? Stirb nicht, Du Schwan der Magyaren, Als Heiliger auf einer Säule!