3. O welche Zeit! Wie seltsam und verwirrend Sie, die so wenig Licht und Freude spendet Und dennoch, eine weite Bahn durchirrend, Nach Sonnenaufgang ihre Schritte wendet! Ja, vorwärts eilt die Zeit mit Schwert und Wage; Uns aber ist ein solcher Trost von nöten, Wenn über unsrer Herzen Niederlage Wir noch erschrecken, wenn wir noch erröten. Des Denkers Schätze sind verschmähte Währung; Den Ernst des Weisen trifft des Forums Spott, Der Menge Fluch; denn Mammon heißt ihr Gott In diesen Tagen allgemeiner Gärung. Und des Gerechten Schmerz, so tief begründet, In welchen Herzen kann er Wurzeln fassen Jetzt, wo des goldnen Kalbes Reich verkündet Auf allen Märkten und in allen Gassen Und überall der Feind sich eingenistet, Ein Dämon, der des Geistes Schwingen lähmt, Doch dessen Lächeln oft die Stärksten zähmt, Das oft die Besten, Reinsten überlistet? Verlockend lautet des Versuchers Lehre Und immer größer wird der Narren Gilde, Und in dem Chaos luftiger Gebilde Versinken Manneswert und Mannesehre. Wohin ich blicke: Täuschung, Selbstbetrug, Verstellung, Eitelkeit, erborgter Glanz, Vergoldeter Gerippe Totentanz, Doch auch des Wissens stolzer Adlerflug. Wohin ich flüchte: Selbstsucht und Bethörung, Doch auch der Armut zürnende Gestalten; Und überall, wo falsche Götter walten, Die Schreckenszeichen nahender Empörung. Noch immer rätselhaft und unverstanden Ist diese Zeit, die Großes schon erstritten, Die nach Erlösung seufzt aus alten Banden Und doch sich fortbewegt mit Riesenschritten Und vorwärts strebt zu dem umwölkten Lichte – Es wird die Erde aus der Knechtschaft Schmach Sich doch befrein; was jener Seher sprach: »E pur si muove«, lehrt die Weltgeschichte. Das ist des Forschers Hoffen und Vertrauen, Sein Trost in Zweifeln und in Kümmernissen: Auf kommende Geschlechter niedertauen Wird neue Lebenskraft mit neuem Wissen. – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –