14. Santos Peréz 1. In fernen und gewitterschwangern Tagen Floh durch die Pampa hin ein Reisewagen. Ein Gaucho, auf der Stirn das Todesmal, Ein Häuptling saß darin, ein General, Quiroga – von der heimatlichen Erde Nur eines fordernd: Pferde, frische Pferde! »Ha, ein Gespann!« – das war sein steter Ruf – »Mein Schicksal hängt an eines Rosses Huf.« Sein blutgetränktes Banner war zerrissen; Doch durch die Wildnis trieb ihn sein Gewissen. Er mußte sterben – und umsonst gewarnt Kam er von Córdova, verfolgt, umgarnt. »Fort, fort!« – Ein Dämon spornte seine Flanken; Nach Buenos-Ayres flogen die Gedanken Dem Feinde zu, den die Geschichte kennt 1 – Santos Peréz war dessen Instrument. Ein Sohn der Pampa, grimmig, racheschnaubend, Dabei an eine hohe Sendung glaubend; Durchtobt von zügelloser Leidenschaft, Und doch – ein junger Baum voll edler Kraft. Beritten hält er dort mit Kameraden Im Busche, die Pistolen scharf geladen. Quiroga naht – Galopp und Peitschenknall Verkünden ihn. – Vorwärts! – Ein Schuß – ein Fall – – Durchs Auge ist die Kugel ihm geflogen, Die schwarze That, der grause Mord vollzogen. »Jetzt«, ruft Peréz, »das andre abgethan: Begleiter, Diener – alle müssen dran; Die Messer her, die Hälse abgeschnitten!« Da kommt er auf den einen losgeschritten Und fragt: »Wer ist der kleine Postillon Dort auf dem Schimmel?« – »Meiner Schwester Sohn,« Antwortet jener; »o es wäre schade Für diesen Jungen; Gnade, Señor, Gnade –!« »Was Gnade!« rast der Mörder; »er wie du! – Blut fordert Blut.« Ein Fluch – dann stößt er zu. Und von dem Leichnam wieder aufgesprungen, Faßt er am Fuß den armen Gauchojungen. Ein Knabe ist's – acht Jahre oder zehn –, Die Mutter hat ihn ungern ziehen sehn. Er aber, um den Onkel zu begleiten, Um einmal recht nach Herzenslust zu reiten, Bat lange, lange – und sie ließ ihn ziehn. Jetzt ist's zu spät, zu ihr zurückzufliehn. Wohl greift er krampfhaft in des Schimmels Mähne; Umsonst – zu Boden reißt ihn die Hyäne. Er fällt – des Henkers Messer ist gezückt, Und auf des Kindes Brust sein Knie gedrückt. Der Knabe windet sich in Todesschrecken; Die Thränen, ach, die sein Gesicht bedecken, Der Schweiß, der seine blonden Locken näßt, Die Angst, die keine Worte finden läßt, Des Kindes Wimmern, seiner Schwäche Zeichen – Nichts kann des Ungeheuers Herz erweichen, In seine Seele fällt kein Sonnenstrahl – Und in die Gurgel bohrt er ihm den Stahl. Er läßt die Leiche unbegraben liegen, Und sprengt davon – die Toten sind verschwiegen. Fußnoten 1 Juan Manuel de Rosas.