19. Ein unverdientes Los, ein blindes, schnödes – Und was wird meines sein? wie kann ich wissen Ob mein Geschick ein edles oder ödes? Wir alle sind umringt von Finsternissen. Nicht immer sichtbar ist des Abgrunds Rand, Nicht zu beschwören jegliche Bedrängnis. Der Zufall waltet mehr als der Verstand, Und mehr als Lebensweisheit das Verhängnis. Es sichtet keine Gottheit die Atome, Um die zu retten, jene zu verderben; Entscheidend zwischen Leben oder Sterben Liegt oft ein Strohhalm in der Zeiten Strome. Wo sind die heißersehnten Paradiese Und wo die Dunkelheit und wo das Licht? Wen trifft die Schuld, wenn unser Gleichgewicht Erschüttert wird durch jede kleine Brise? All unsre Wünsche langen Wohlergehens Sind Gaukelspiel, wenn wir als brave Nauten Der Windsbraut todeskühn ins Auge schauten, Um über Bord zu fallen unversehens; Dann, wenn die Wasser uns emporgeschnellt Zum letztenmale, sehn wir aus der Ferne Des Schiffes weiße Segel, hochgeschwellt, Und sehen droben noch die stummen Sterne Erblassend durch des Himmels Dunkel schimmern, Trostlose Sterne, kalt herniederblickend, Bis, in der Wasserdecke sich verstrickend, Zum Abschied sie um unsre Augen flimmern. O dann, bevor es durch den Tod besiegelt, Bevor es ausgelöscht ist und verschollen, Mag wohl, im innern Auge abgespiegelt, Ein ganzes Dasein uns vorüberrollen, Ein Menschenleben, aber ohne Plage. All die vergangnen Schmerzen sind verwischt; Nur Wonnen werden wieder aufgefrischt Dort in dem ungeheuren Sarkophage. Und frommt es, wenn in Hütten und Palästen Wir unsre Eigenliebe eingemauert? Die Krankheit naht, das Unglück späht und lauert, Und keine Vorsicht schützt vor rohen Gästen. Die Glücklichsten, wenn sie zurückgeblieben Zu spätem Scheiden, drückt des Alters Last, Und selbst der Sieche sucht die letzte Rast, Die einzig ungetrübte, zu verschieben! Und alle, trotz Enttäuschung und Beschwerden, Der in der Höhe, jener in der Tiefe – – Und keiner doch, der nicht zum Himmel riefe: »Das Leben ist nicht wert gelebt zu werden!«