Am dreiundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten Ev.: Vom Könige, der rechnen wollte. »Herr! habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen!« – Da sprach der König: »Du schalkhafter Knecht, ich habe dir die ganze Schuld erlassen, weil du mich batest, solltest denn nicht auch du dich erbarmen über deinen Mitknecht!« – Und er überantwortete ihn den Peinigern, bis er die ganze Schuld bezahlte. Wenn oft in kranken Stunden Sich auf mein Schuldbuch schlägt, Der Skorpion an Wunden Hat stechend sich gelegt: Weiß ich dann noch Was zu beginnen? Der Leib ein modernd Joch Und ein Gespenst was drinnen! Hab' ich so viel begangen Denn in so kurzer Zeit, Was wohl zur Schmach gelangen Möcht' einer Ewigkeit? Ich bin zerstört, Ich bin vernichtet, Und langsam abgekehrt Ins Nichts mein Blick sich richtet. In solchen Augenblicken Steht meine Seele still, Darf nicht Gedanke rücken, Gefesselt liegt der Will'. Und Schlafes Macht Muß ich beschwören Die angsterfüllte Nacht In Träume zu verkehren. Doch jetzt, wo klar die Sinnen, Wo mein Gedanke frei, Jetzt darf mein Flehn beginnen, Allgnäd'ger, steh mir bei! Zu solcher Zeit Ohn' Trost und Beten, O dann an meine Seit' Laß deinen Engel treten, Daß ich im Kampf bestehen Die dunkle Stunde kann, Und nicht verloren gehen In meiner Ängsten Bann. Herr, nicht wirst du Umsonst mich quälen, Hast wohl ein Ziel der Ruh' Für mattgehetzte Seelen! Wüßt' ich aus mir zu tragen Den Balsam in den Gift, Wer hat mich so geschlagen Wie deine heil'ge Schrift: Dem, der vergibt, Wird Heil und Leben! Wie mich es, Herr, betrübt, Daß nichts ich zu vergeben: Vielleicht ein Mißbehagen, Ein armes Fünkchen Neid; Es tat ja meinen Tagen Noch keiner rechtes Leid, Und unverdient War nur das Lieben. So ist was, ach, dich sühnt, Kein Opfer mir geblieben. Doch weil du es geboten, Spricht aus des Herzens Grund So Lebenden als Toten Vergebung aus mein Mund. Und was noch mag Mir sein beschieden An Kränkung oder Schmach, Was noch vielleicht hienieden In meiner Zukunft Buch Hast gnädig angeschrieben, Ich kann es nicht genug Ersehnen, schätzen, lieben, Den Hoffnungsstern In meinen Qualen. Herr, hab' Geduld, denn gern Will alles ich bezahlen!