Am dreizehnten Sonntage nach Pfingsten Ev.: Vom Tauben und Stummen. Und er legte seine Finger in die Ohren desselben, und rührte seine Zunge an, sah gen Himmel, seufzte, und sprach: »Ephephata«, das ist »tu dich auf«, und alsbald waren seine Ohren geöffnet, und das Band seiner Zunge gelöst, und er redete recht. Rühr' meine Zunge an, Du kannst sie lösen; Brich meines Ohres Bann, Ich mag genesen! Nein, nicht verloren bin ich, milder Gott. Ob eingezwängt, ob meines Feindes Spott; Dich ruf' ich, Herr, bekämpfe du den Bösen! Gebrochen hat er mir Der Nerven Fäden; Nur durch der Augen Tür Gehn ein die Reden, Wenn fassend frommer Mienen Gotteslust, Das Herz sich wenden möchte in der Brust, Aus bluten möchten die verborgnen Schäden. So bin ich gänzlich doch Nicht aufgegeben, So lang mir irgend noch Sich regt das Leben, Und wär' es nur, wie in des Irren Stirn Zuckt leise auf das schlummernde Gehirn: Es lebt, es atmet, möchte sich erheben. Nur Worte, Worte sind Mir nicht Verwandte. Wie abwärts prallt der Wind Von Berges Kante: So prallt, was andre rührt und andre schreckt, Von jener Rinde, die mein Hirn bedeckt Und die ich einstens Wacht und Mauer nannte. Nicht immer ist es gleich; Zuweilen schleichen Sich aus der Töne Reich Gewalt'ge Zeichen, Wie eine Träne sich zum Herzen drängt, Wie Bergeskluft den fernen Donner fängt: O! dann vor Freude fühl' ich mich erbleichen. Nein, meine Lippe kann Es aus nicht sprechen, Wie aus der Tiefe dann Die Tränen brechen. Nein, was so fremd sich in die Seele flößt, Das hat noch nicht der Zunge Band gelöst, Rinnt halbverstanden nur in warmen Bächen. O lege, starker Hort, Die gnäd'gen Hände An meines Ohres Port! O aufwärts wende Um mich auch deiner Blicke friedreich Flehn, Und sprich »Ephephata«, dann ist's geschehn, Ich bin erlöst, der Fluch, er hat ein Ende!