Mithridates Im goldgeschmückten Marmelsaal, Zu seiner Pontusstadt, Auf Rosen lag beim prächtigen Mahl Der König Mithridat. Und rings um ihn der Freunde Kreis, Die Feldherrn seines Heers; Sie tafelten – so strahlt um Zeus Die Götterschaft Homers. Die Harfe blitzt in schöner Hand, Gesang und Tanz voll Reiz! Den Mann im purpurnen Gewand Nicht kümmert und erfreuts. Es sprudelte des Weines Schaum Im Kelch, krystallen schwer, Er schmauste nicht, er nippte kaum, Und schaute still aufs Meer. Ihr Römeradler seid zur Hand! Sind eure Schwingen matt? Euch zürnt der Herr über Meer und Land Der König Mithridat. Wohl unterm freien Säulendach Trinkt Kühlung jeder Gast, Die Abendlüfte werden wach, Der Wind ein Segel faßt. Ein kleiner Nachen treibt ans Land, Das säuselnde Gebüsch Verhüllt den blühnden Gartenstrand Den Fröhlichen am Tisch. Da klinget auf das ehrne Thor Am riesigen Portal, Es tritt ein Krieger rasch hervor Mit frech entblößtem Stahl. Und steigt hinan zum hohen Thron Der römische Legat, Und spricht mit stolzem Herrscherton Zum König Mithridat: »Das Römervolk und sein Senat Bringt Frieden unbedingt, Wenn ihm der König Mithridat Des Reiches Hälfte bringt. Doch wenn der König solchen Brauch Hält seiner Weisheit fern, Verschlingen die Legionen auch Die andre Hälfte gern!« Da ruft der König Mithridat: »Geh, sage dem Senat, Gern löscht den Durst nach seinem Staat Der König Mithridat. Auf! sendet euern Consul nur! Die Hälfte, die ihr wollt – Poseidon höret meinen Schwur – Seis, die ihr schlingen sollt! Den Consul schick ich selbst und sein Lechzend Legionenheer In diese Hälfte des Reichs hinein, – Diese Hälfte ist das Meer.« Der König winkt. Da brechen all Die Schwelger auf vom Schmaus, Und herrlicher Posaunenschall Tönt weit ins Meer hinaus. Der Westwind wich, der Ostwind streicht Vom Felsgebirg herab; Des Herrn smaragden Scepter däucht Dem Volk ein Zauberstab. Nun taucht die Sonne in die Flut, Nun wieder dreht sich der Wind, Und ferner aus der Wogenglut Posaunenschall beginnt. Ihr Römeradler seid zur Hand, Wenn Sturm von Osten naht! Euch zürnt der Herr über Meer und Land, Der König Mithridat.